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German Pages 210 [213] Year 1963
D E U T S C H E A K A D E M I E D E R W I S S E N S C H A F T E N ZU B E R L I N SCHRIFTEN DES INSTITUTS FÜR GESCHICHTE R E I H E I: ALLGEMEINE UND DEUTSCHE GESCHICHTE BAND 17
BERTHOLD PUCHERT
DER W I R T S C H A F T S K R I E G DES DEUTSCHEN IMPERIALISMUS G E G E N POLEN 1925-1934
AKADEMIE-VERLAG
•
BERLIN
1963
Erschienen im Akademie »Verlag GmbH, Berlin W 8, Leipziger Straße 3-4 Copyright 1 9 6 2 by Akademie-Verlag GmbH Lizenznummer:
202
•
101/143/62
Gesamtherstellung: IV/2/X4 V E B Werkdruck Gräfenhainichen • 1 8 3 0 B e s t e l l n u m m e r : 2 0 8 3 / 1 / 1 7 • E S 1 4 D/5 B 2
INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort
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Einleitung
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Kapitel I Zur Vorgeschichte des deutsch-polnischen Wirtschaftskrieges . 1. Die einseitige Meistbegünstigung 2. Der Dawes-Plan 3. Die Oberschlesien-Konvention 4. Die Bedeutung des polnisch-deutschen Handels im Jahre 1924 für Polen 5. Die Bedeutung des deutsch-polnischen Handels im Jahre 1924 für Deutschland Kapitel II Der Ausbruch des Wirtschaftskrieges 1. Das Provisorium vom 13. Januar 1925 und der Beginn der Handelsvertragsverhandlungen 2. Die Kriegserklärung 3. Die Hauptstreitpunkte im Jahre 1925 a) Die Kohlenfrage b) Die Niederlassungsfrage Kapitel III Der mißlungene Blitzkrieg 1. Spekulationen auf einen Blitzkrieg 2. Erste Schläge auf Polen 3. Kriegsschauplatz USA 4. Ein neues „Marne-Wunder" a) Siegesfanfaren und beginnende Ernüchterung in Berlin . . b) Polnische Abwehrmaßnahmen 5. Erste Auswirkungen des Wirtschaftskrieges auf die deutsche Wirtschaft 6. Außenpolitische contra wirtschaftspolitische Ziele 7. Dauernde Schäden für die deutsche Wirtschaft 8. Piisudski-Putsch und Besserung der Wirtschaftslage in Polen 9. Bittere Erkenntnisse in der Wilhelmstraße
11 11 18 22 32 39
48 48 56 68 68 76
80 80 83 90 92 92 93 98 103 104 106109
Inhaltsverzeichnis
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Kapitel I V Verhandeln oder nicht verhandeln? 1. Zuspitzung der Interessenwidersprüche innerhalb der herrschenden Klasse Deutschlands 2. Stresemanns Bemühungen um Verhandlungen mit Polen . . 3. Stresemann — ein Friedens- und Verständigungspolitiker? 4. Die Industriellen werden ungeduldig 5. Die Bedeutung des Holzprovisoriums 6. Die Delegationsverhandlungen a) Die neuen Delegationsleiter b) Der Verlauf der Verhandlungen bis zum Frühjahr 1929
in in 116 119 124 130 132 132 136
Kapitel V Kurs auf Verständigung mit Polen 1 . Beweggründe für den neuen Kurs 2. Die Verhandlungen vom Oktober 1929 bis März 1930 . . . 3. Der Wirtschaftsvertrag vom 17. März 1930 4. Störmanöver Hindenburgs 5. Die Verlagerung der* taktischen Hauptstoßrichtung des deutschen Revanchismus Kapitel V I Die Verzögerung der Beilegung des Wirtschaftskrieges . . . . 1. Die Weltwirtschaftskrise und das Schicksal des deutschpolnischen Wirtschaftsvertrages 2. Der Wirtschaftskrieg in der Agonie
152 152 153 157 159 161
164 164 169
Kapitel V I I Der unheilvolle Friedensschluß
173
Nachwort
177
Quellen- und Literaturverzeichnis
179
Namenregister
188
Sachregister
204
VORWORT
Die vorliegende Arbeit entstand aus der Dissertation, mit der ich im März 1961 an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin promovierte. Sie stellt die erste umfassende und auf die Primärquellen gestützte Untersuchung des deutsch-polnischen Wirtschaftskrieges von 1925 bis 1934 und seiner Vorgeschichte, also eines wichtigen Abschnitts der deutsch-polnischen Beziehungen überhaupt, dar. Daß die Arbeit zustande kam, verdanke ich der großzügigen Unterstützung durch die Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, die Polnische Akademie der Wissenschaften in Warschau sowie die Archive beider Staaten. Meinem verehrten Lehrer, Prof. Dr. Jürgen Kuczynski, meinem polnischen Gutachter, Prof. Dr. Leon Grosfeld, sowie Dr. habil. Hans Radandt sage ich an dieser Stelle herzlichen Dank für viele wertvolle Ratschläge. 10. 7. 1962
Berthold Puchert
EINLEITUNG
Am i . September 1939 begannen die Hitlerfaschisten den Revanchekrieg gegen die Republik Polen, der sich später zum Weltkrieg ausweitete. Die von der deutschen Wehrmacht Überfallenen Völker opferten Unmengen von Gut und Blut zur Verteidigung ihrer Länder und zur Vernichtung der Eindringlinge. Das deutsche Volk, dem es nicht gelungen war, die faschistischen Verbrechen gegen Frieden und Menschlichkeit zu verhindern, verlor Millionen Menschen, die auf den Schlachtfeldern und in den zerbombten deutschen Städten sinnlos starben, sowie einen beträchtlichen Teil des vor dem Kriege von ihm bewohnten Territoriums. So unermeßlich groß die Schuld der Hitlerfaschisten auch ist, es wäre falsch, die Schuldigen nur in den Reihen der Braunhemden Hitlers zu suchen. Der im Jahre 1939 begonnene Revanchekrieg war die Konsequenz der seit dem Ende des ersten Weltkrieges vom deutschen Finanzkapital betriebenen Propaganda und Politik des Revanchismus. Was ist Revanchismus? In der Großen Sowjet-Enzyklopädie wird hierfür folgende Definition gegeben: „Revanchismus: (franz. revanchisme, von revanche — Abrechnung, Vergeltung, Strafe) — eine Politik, gerichtet auf die Kriegsvorbereitung unter dem Vorwand, eine erlittene Niederlage zu vergelten. Die Propaganda des Revanchismus ist für d'e Bourgeoisie eines der Mittel der Vorbereitung imperialistischer Kriege. Mit Hilfe der Propaganda des Revanchismus versuchte Hitlerdeutschland die Pläne der Eroberung der Weltherrschaft zu maskieren, um deren Erringung willen es den zweiten Weltkrieg 1939 bis 1945 entfesselte." 1 Mit Recht wird im letzten Satz dieser Definition auf Hitlerdeutschland verwiesen. Der deutsche Revanchismus fand im zweiten Weltkrieg seinen grausamsten Ausdruck. Das heißt aber nicht, der deutsche Revanchismus wäre zeitlich auf die Periode der faschistischen Diktatur in Deutschland begrenzt gewesen. Ihn gab es in der Weimarer Republik und gibt es wieder in der Bonner Bundesrepublik. Die vorliegende Arbeit wird sich auf die Zeit der Weimarer Republik sowie die ersten vierzehn Monate der Hitler-Diktatur beschränken. Der Revanchismus ist nicht ein Ausdruck der psychischen Eigenart der deutschen Nation, sondern eine Erscheinungsform des Imperialismus, der höchsten und letzten Stufe des Kapitalismus. Daraus ergibt sich, daß in der Deutschen Demo1
BoJibuia« CoBeTCKan 3mjHK;ioneÄHH (Große Sowjet-Enzyklopädie), Moskau 1955, 2. Aufl., Bd. 36, S. 169.
Einleitung
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kratischen Republik nicht zufällig der Revanchismus nicht auftritt, sondern gar nicht auftreten kann, weil hier der Imperialismus mit den Wurzeln ausgerottet ist. Weiter ergibt sich daraus, daß auch in anderen imperialistischen Staaten revanchistische Bestrebungen wirken können und mit dem Verfall des kapitalistischen Weltsystems tatsächlich in zunehmendem Maße wirken. Es geht dem Revanchismus nicht nur darum, eine im imperialistischen Krieg erlittene Niederlage zu vergelten und an andere imperialistische Staaten verlorene Gebiete zurückzuerobern. Dieses Ziel des im ersten und im zweiten Weltkrieg unterlegener) deutschen Imperialismus bleibt zwar bestehen und tritt gelegentlich sogar in den Vordergrund, wie die erste Periode des zweiten Weltkrieges zeigte, als der faschistische deutsche Imperialismus zunächst seine Revancheforderungen gegen das kapitalistisch-gutsherrliche Polen und das imperialistische Frankreich durchsetzte. Angesichts der allgemeinen Krise des kapitalistischen Systems, der Entstehung zunächst eines sozialistischen Staates, später eines ganzen Lagers sozialistischer Staaten sowie des erfolgreichen nationalen Befreiungskampfes der Völker in den Kolonien und Halbkolonien des Imperialismus sieht der Revanchismus sein Hauptziel jedoch in der Rückgängigmachung der sozialistischen und national-demokratischen Umwälzungen in anderen Ländern. Der Revanchismus gegenüber sozialistischen Staaten bezweckt nicht nur die Wiedergewinnung einzelner Landesteile, die früher längere oder kürzere Zeit zu anderen Staaten gehörten, zum Beispiel des sowjetischen Gebiets Kaliningrad (Nord-Ostpreußen), der polnischen Wojewodschaft Olsztyn (Süd-Ostpreußen), der polnischen Wojewodschaften Katowice, Opole, Wroclaw, Zielona Göra (Schlesien), Szczecin, Koszalin (Pommern) sowie der nördlichen Bezirke der ÖSSR (Sudetenland), sondern die Rückverwandlung der sozialistischen Staaten in Gebiete der kapitalistischen Ausbeutung. Die ebenfalls auf die Rückgängigmachung der historischen Vorwärtsbewegung gerichteten, also vom Revanchestreben diktierten Aktionen der imperialistischen Mächte gegen die jungen antiimperialistischen Nationalstaaten in Afrika, Asien und Amerika bezwecken nicht nur die Wiedergewinnung ehemals zu imperialistischen Weltreichen gehöriger Territorien, sondern auch die Wiederherstellung von Privilegien der Imperialisten in solchen Ländern, die früher lediglich formell selbständige Staaten waren, jetzt aber eine wirklich selbständige, nationale Politik betreiben. Die Durchsetzung revanchistischer Forderungen soll den Imperialisten nicht nur frühere Profitquellen im Ausland neu erschließen, sondern zugleich der Arbeiterklasse und allen fortschrittlichen Kräften in den imperialistischen Staaten selbst die Zuversicht und die Kraft zu ihrer eigenen Befreiung von der Ausbeutung rauben. Der Revanchismus widerspricht also auch zutiefst den Interessen der Völker der imperialistischen Länder selbst. Revanchismus, Antikommunismus und Neokolonialismus sind eng miteinander verbunden. Sie ergänzen einander, gehen teilweise ineinander über. Wegen der in der kapitalistischen Produktionsweise begründeten Widersprüche können aber bestimmte Revanchebestrebungen der verschiedenen imperialistischen Staaten miteinander in Konflikt geraten.
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Einleitung
Die vorliegende Arbeit wird hauptsächlich den deutschen Revanchismus gegen das kapitalistische Polen behandeln. Es wird aber auch von gewissen Widersprüchen zwischen diesen Revanchebestrebungen des deutschen Imperialismus und dem antisowjetischen Revanchestreben des Weltimperialismus zu sprechen sein. Leider stößt die Untersuchung dieser Probleme wie überhaupt der Haltung des amerikanischen, englischen und französischen Finanzkapitals zu den in dieser Arbeit behandelten Fragen auf große Hindernisse, vor allem deswegen, weil die Akten der entscheidenden Gremien dieser Länder noch nicht der freien wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung stehen. Mit Recht bezeichnet es die zitierte Definition als das Ziel der revanchistischen Propaganda, „die Pläne zur Eroberung der Weltherrschaft zu maskieren". Eine offene Propagierung von Weltherrschaftsplänen ist für die Imperialisten äußerst gefährlich, da die Völker den Frieden wollen und den Eroberungskrieg verabscheuen. Bei der Auswahl der Methoden ihrer Propaganda stellen die Revanchisten in Rechnung, daß seit den Erlebnissen des ersten Weltkrieges die offene Verkündung von Eroberungszielen auf entschiedene Ablehnimg in den werktätigen Volksmassen stößt und daß, angespornt durch das Beispiel der russischen Arbeiter, die im Jahre 1917 die Kriegsregierung stürzten und den ersten Friedensstaat der Geschichte errichteten, der Widerstand der Volksmassen immer organisiertere Formen annimmt. Dieser Massenbewegung für den Frieden suchen die Revanchisten durch die Schaffung einer Massenbewegung zur Unterstützung ihrer eigenen Ziele entgegenzuwirken. In ihrer Propaganda- und Organisationstätigkeit knüpfen sie an ehrliche Gefühle der Volksmassen an. Jeder Mensch liebt seine Heimat. Die „einfachen Leute" wünschen, daß allen Menschen Gerechtigkeit zuteil und alles Unrecht aus der Welt geschafft werde. Sie sind bereit, Opfer auf sich zu nehmen, um notleidenden Mitmenschen zu helfen. Diese und ähnliche ehrliche Gefühle der Volksmassen suchen die Revanchisten für ihre eigenen verbrecherischen Ziele zu mißbrauchen. Dazu nutzen sie die Tatsache aus, daß die Masse des werktätigen und friedliebenden Volkes nicht jenen hohen Grad politischen Bewußtseins besitzt, der den fortschrittlichsten Teil der Arbeiterklasse, die marxistisch-leninistische Partei, auszeichnet. Sie bauen nicht nur auf das mangelnde politische Wissen, sondern unternehmen alles, um die Massen systematisch zu verdummen. Mängel, die im Wachstumsprozeß des Sozialismus oder in einem gerade erst selbständig gewordenen Lande bei der Uberwindung des von den ehemaligen Unterdrückern hinterlassenen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Erbes noch längere Zeit auftreten, werden als typische Merkmale der neuen Ordnung hingestellt. Etwaige tatsächliche Fälle von Benachteiligung nationaler Minderheiten werden maßlos übertrieben. Mit Hilfe dieser Propagandaflut erregen die Revanchisten bei den politisch rückständigen Schichten des eigenen Volkes Mitleid für „notleidende Brüder" und säen Haß gegen die Regierungen anderer Länder. Zur angeblichen Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechts der Völker rufen sie dazu auf, die Völker dieser Länder oder Teile der dortigen Bevölkerung oder auch Angehörige der eigenen Nation, die dort ihre Vorrechte eingebüßt haben, von der „Not" zu „befreien". Durch solche
Einleitung
9
verlogene Propaganda wird versucht, dem eigenen Volke den Glauben einzugeben, daß der Revanchekrieg der einzig mögliche und gerechte Ausweg sei. Auf die mannigfaltigen Methoden der Volksverhetzung, die in der Weimarer Republik und weit mehr noch im Nazireich ungeheure Ausmaße erreichte und auch heute in der Bonner Bundesrepublik wieder erreicht hat, soll hier der Vollständigkeit halber hingewiesen werden. Sie können in der vorliegenden Arbeit nur ganz am Rande behandelt werden, ohne sie würden die zu untersuchenden Geschehnisse aber nicht zu erklären sein. Ebenso sind die revanchistischen Vereine und dergleichen nicht Gegenstand der Untersuchung. Sie nutzten die zu untersuchenden Ereignisse für ihre Tätigkeit und übten auch selbst aktiven Einfluß auf sie aus. Eine einleitende Bemerkung ist auch über die Möglichkeiten erforderlich, die den deutschen Revanchisten während des hier zu behandelnden Zeitraumes für die Verwirklichimg ihrer Ziele zur Verfügung standen. Im Unterschied zur Zeit vor 1918 und nach 1935 besaß das Deutsche Reich in der Weimarer Zeit und in den ersten Jahren der faschistischen Herrschaft nur eine nach Mannschaftsstärke und Bewaffnung schwache Armee. Die durch den Versailler Friedensvertrag begrenzte Reichswehr wurde zwar durch legale und illegale militärische und halbmilitärische Formationen ergänzt, doch die gesamte Streitmacht des deutschen Imperialismus reichte in dieser Zeit nicht aus, um einen Revanchekrieg durchführen zu können. Die Reichswehr, die Polizei, der deutschnational geführte Stahlhelm, die nazistische SA und SS, die reaktionären Freikorps in den ersten Jahren der Weimarer Republik, die von der Reichswehrführung illegal organisierte Schwarze Reichswehr und andere bewaffnete Formationen des deutschen Imperialismus dienten in erster Linie innenpolitischen Aufgaben. Der Staat, das Herrschaftsinstrument des deutschen Finanzkapitals, benötigte und benutzte sie vorrangig gegen die revolutionäre Arbeiterbewegung, die für die Verwirklichung der in der Weimarer Reichsverfassung versprochenen bürgerlich-demokratischen Freiheiten des Volkes und für den gesellschaftlichen Fortschritt, die sozialistische Revolution, kämpfte. Für diese Aufgabe der gewaltsamen Unterdrückung der fortschrittlichen Bewegung reichte die bewaffnete Macht des deutschen Imperialismus aus. Für die unmittelbare Durchführung eines Krieges gegen andere Staaten war sie jedoch zu schwach. Das heißt nicht, daß der deutsche Imperialismus in der Weimarer Zeit etwa an Aggressivität eingebüßt hätte. Im Gegenteil. Nachdem er bei seinem ersten Versuch zur Erringung der Weltherrschaft, dem ersten Weltkrieg, unterlegen war, hatte seine Aggressivität sich noch erhöht. Zu den im Jahre 1914 in Angriff genommenen Zielen trat jetzt noch das Ziel, die für den deutschen Imperialismus ungünstigen Ergebnisse des ersten Weltkrieges rückgängig zu machen, hinzu. War die Reichswehr auch den ausländischen Armeen gegenüber schwach, so leistete sie dem deutschen Imperialismus doch durch systematische Kaderausbildung und umfangreiche Spionagetätigkeit große Dienste bei der planmäßigen Vorbereitung eines künftigen, mit einer großen Armee zu unternehmenden zweiten Versuchs zur Erringung der Weltherrschaft.
IO
Einleitung
Der deutsche Revanchismus äußerte sich also nicht nur in der Propaganda und in der Tätigkeit einzelner Vereine, die in ihren Programmen offen die Revanche forderten. Sein Einfluß auf den Staat beschränkte sich aber auch nicht auf die Reichswehr, die durch und durch reaktionär war und in deren Zusammensetzung und Tätigkeit nicht einmal die geringen Errungenschaften der Revolution vom November 1918 zum Ausdruck kamen. 2 ^Tatsächlich übte der Revanchismus auf alle Reichskabinette der Weimarer Republik bestimmenden Einfluß aus, wenn auch aus Gründen der Opportunität die Revancheabsichten in offiziellen Erklärungen der Minister meist nur versteckt auftraten und oftmals abgestritten wurden. Sie leisteten den revanchistischen Verbänden und ihren Beauftragten im Ausland finanzielle, moralische und Rechtshilfe. Auf diese Ausdrucksformen der revanchistischen Politik der Reichsregierungen der Weimarer Zeit sei nur hingewiesen, sie werden hier nicht näher erörtert werden. Angesichts der militärischen Schwäche des deutschen Imperialismus besaß damals seine Außenhandelspolitik eine besonders große Bedeutung als Machtmittel gegenüber anderen Staaten. Je mehr ein Land vom deutschen Imperialismus wirtschaftlich und finanziell abhängig war, desto wirksamer konnte das Wirtschaftsleben eines solchen Landes durch handels- und kreditpolitische Restriktionen gestört und geschädigt werden. Hauptsächlich anhand bisher nicht veröffentlichten Materials aus den Ministerialakten beider Staaten wird die vorliegende Arbeit zeigen, daß und wie die Außenhandelspolitik gegenüber Polen in der Zeit der Weimarer Republik den Revanchezielen des deutschen Imperialismus untergeordnet wurde. Damit wird sie dazu beitragen, einem Mangel der bisherigen anti-revanchistischen Literatur abzuhelfen, die zwar — was natürlich äußerst wichtig und richtig ist — die Revanche-Propaganda bekämpfte, jedoch die revanchistische Praxis in der Wirtschaftspolitik nicht genügend analysierte. Trotz den inzwischen vor allem durch die Entstehung und Festigung des sozialistischen Weltsystems erfolgten entscheidenden Veränderungen des internationalen Kräfteverhältnisses versucht der deutsche Imperialismus von seinem auf den Westen Deutschlands eingeengten Machtbereich aus manche der vor Jahrzehnten angewendeten Praktiken zur Durchsetzung seiner Revanche-Pläne wieder anzuwenden. Den deutsch-polnischen Wirtschaftskrieg 1925 bis 1934 und seine Vorgeschichte zu untersuchen, besitzt also auch aktuelle Bedeutung für den gegenwärtigen Kampf der Friedenskräfte gegen die revanchistische, aggressive, imperialistische Politik des Bonner Staates, der zum Hauptgegner der friedlichen Koexistenz, der Abrüstung und Entspannung in Europa geworden ist. 3
Nach dem SPD-Mitglied Noske, der sich selbst als „Bluthund" gegen die Arbeiterklasse bezeichnete, wurde nie wieder ein Mitglied dieser Partei zum Reichswehrminister ernannt. Einerseits war der Posten des Reichswehrministers für die rechten SPD-Führer zu gefährlich, da hier ihre Rolle als Diener der Reaktion zu offensichtlich gewesen wäre. Andererseits brauchte das von Noske durch die Stürme der Revolution hindurchgerettete reaktionäre Offizierkorps kein Feigenblatt mehr.
KAPITEL I
Zur Vorgeschichte des deutsch-polnischen Wirtschaftskrieges
i. Die einseitige Meistbegünstigung Im Januar 1925 verloren die den deutschen Außenhandel betreffenden Artikel des Friedensvertrages von Versailles ihre Geltung. Betrachten wir zunächst einige dieser Bestimmungen. Artikel 264: „Deutschland verpflichtet sich, die Waren, Roh- oder Fertigerzeugnisse irgendeines der alliierten oder assoziierten Staaten bei der Einfuhr iu das deutsche Gebiet ohne Rücksicht auf den Abgangsort keinen anderen oder höheren Gebühren oder Abgaben, einschließlich der inneren Steuern, zu unterwerfen als denen, welchen die gleichen Waren, Roh- oder Fertigerzeugnisse irgendeines anderen der genannten Staaten oder irgendeines anderen fremden Landes unterworfen sind. Deutschland darf gegen die Einfuhr von Waren, Roh- oder Fertigerzeugnissen der Gebiete irgendeines der alliierten oder assoziierten Staaten bei der Einfuhr in das deutsche Gebiet, ohne Rücksicht auf den Abgangsort, keinerlei Verbote oder Beschränkungen beibehalten oder erlassen, die sich nicht in gleicher Weise auf die Einfuhr der gleichen Waren, Roh- oder Fertigerzeugnisse irgendeines anderen der genannten Staaten oder irgendeines anderen fremden Landes erstrecken." Artikel 265: „Deutschland verpflichtet sich ferner, in seinen Grundsätzen für die Regelung der Einfuhr keine unterschiedliche Behandlung zum Nachteil des Handels irgendeines der alliierten oder assoziierten Staaten gegenüber irgendeinem anderen der genannten Staaten oder irgendeinem anderen fremden Lande eintreten zu lassen, auch nicht mittelbar etwa durch seine Zollverwaltungs- oder Zollabfertigungsvorschriften, seine Untersuchungs- oder Analysiermethoden, seine Zahlungsvorschriften für die Gebühren, seine Tarifierungs- oder Tarifauslegungsgrundsätze oder durch Monopole." Artikel 266 enthält die gleichen Bestimmungen für die Ausfuhr aus Deutschland. Artikel 267: „Alle Vergünstigungen, Befreiungen oder Vorzugsrechte in bezug auf die Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr von Waren, die von Deutschland irgendeinem der alliierten oder assoziierten Staaten oder irgendeinem anderen fremden Lande eingeräumt werden, treten gleichzeitig und bedingungslos ohne besonderen Antrag und ohne Gegenleistung für sämtliche alliierten oder assoziierten Staaten in Geltung."
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I. Zur Vorgeschichte
Artikel 281: „Treibt die deutsche Regierung internationalen Handel, so soll sie in dieser Hinsicht keinerlei Rechte, Vorrechte und Freiheiten der Souveränität haben, auch nicht so angesehen werden, als ob sie solche hätte." 1 In diesen wie auch in den Artikeln über die Schiffahrt, den unlauteren Wettbewerb, die Behandlung ausländischer Staatsangehöriger und anderen ist inhaltlich und teilweise auch buchstäblich das Prinzip der Gegenseitigkeit ausgeschlossen. Was bezweckten die Vertragskontrahenten Deutschlands, in erster Linie die imperialistischen Regierungen Englands und Frankreichs, mit diesen Bestimmungen, und was bedeuteten sie für die weitere Entwicklung Deutschlands? Im ersten Jahrzehnt des zwanzigsten Jahrhunderts hatte die industrielle Produktion Deutschlands die Englands überholt. Sein Anteil an der Weltindustrieproduktion belief sich im Jahre 1 9 1 3 auf 16 Prozent 2 , womit Deutschland zwar weit hinter den USA, aber doch vor allen übrigen Ländern rangierte. Diesen Anteil hatte Deutschland seit 1900 halten können, während der Anteil Englands und Frankreichs zugunsten des Anteils der USA im Sinken war. Ähnlich entwickelte sich sein Anteil am Welt-Außenhandel, der sowohl 1900 wie vor Ausbruch des Krieges 13 Prozent ausmachte, während der Englands und Frankreichs sank und der der USA seit Jahrzehnten gleichgeblieben war. So stand der deutsche Kapitalismus hinsichtlich seines Anteils am Weltaußenhandel knapp hinter dem englischen an zweiter Stelle. Erschien schon diese rein quantitative Entwicklung des deutschen Außenhandels den anderen imperialistischen Staaten bedrohlich, so stellte doch seine qualitative Entwicklung die eigentliche Konkurrenz für sie dar: „Uberdurchschnittliche Steigerung der Einfuhr von Rohstoffen und unterdurchschnittliche Erhöhung ihrer Ausfuhr" einerseits und „überdurchschnittliche Steigerung der Ausfuhr von Fabrikwaren und unterdurchschnittliche Erhöhung ihrer Einfuhr" andererseits, wobei im Jahre 1 9 1 3 der Anteil der Produktionsgüter an der Ausfuhr von industriellen Fertigwaren das Übergewicht erlangt hatte. 3 Erstrebten die deutschen Imperialisten durch den Krieg einen ihrer gewachsenen industriellen Macht entsprechenden Besitz von Rohstoffquellen in Europa und Übersee, so wünschten ihre imperialistischen Kriegsgegner die deutsche Konkurrenz auf den Weltmärkten auszuschalten und das Wirtschaftspotential Deutschlands empfindlich einzuschränken. Den imperialistischen Kriegszielen entsprach der imperialistische Friedensvertrag, den die Sieger diktierten. Lenin bezeichnete den Versailler Vertrag als einen „Vertrag von Räubern und Wegelagerern' ' 4 , der,,unvergleichlich barbarischer ist als der berüchtigte Brester Frieden, von dem so viel Aufhebens gemacht worden ist." 5 1 2
3 4 5
Reichsgesetzblatt (RGBl.) 1919, S. 1073—1075 und 1089. Kuczynski, Jürgen, Die Geschichte der Lage der Arbeiter in Deutschland von 1789 bis in die Gegenwart. Berlin 1954, 6. Aufl., Bd. I, 2. Teil, S. 20. Ebenda, S. 24—25. Lenin, W. I., Werke, Berlin 1959, Bd. 31, S. 3 1 7 . Ebenda. S. 295.
i . Einseitige Meistbegünstigung
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Die Handelsbeschränkungen trafen zwar in erster Instanz das deutsche Kapital. Als herrschende Klasse hatte dieses aber die Möglichkeit, den größten Teil der Auswirkungen dieser und anderer Bestimmungen des Versailler Vertrages auf die werktätigen Massen abzuwälzen, so daß diese, wie stets im Kapitalismus, die letztlich Leidtragenden waren. Zugleich konnten die deutschen Imperialisten und ihre Propagandisten die so besonders verschärfte Verelendung der Massen zu deren chauvinistischer Verhetzung ausnutzen. Nicht zuletzt Hitlers lautstarken Angriffen gegen das Versailler Diktat verdankte es der deutsche Faschismus, daß Millionen Deutscher ihm ihre Stimme und schließlich ihr Blut gaben. Der von Imperialisten diktierte Versailler Vertrag trug den Keim zum neuen Krieg in sich. Demgegenüber ist der von der sozialistischen Sowjetunion im Januar 1959 projektierte Vertrag eine wirkliche Friedenssicherung, weil er einerseits verlangt, die deutschen Militaristen aus dem öffentlichen Leben auszuschalten, und andererseits Ansatzpunkte für die Revanchehetze vermeidet. So sagt er über den deutschen Außenhandel im Artikel 32: „Deutschland werden keinerlei Beschränkungen in der Entwicklung seiner Friedenswirtschaft auferlegt, die dem Wachstum des Wohlstandes des deutschen Volkes dienen soll. Deutschland wird ebensowenig Beschränkungen im Handel mit anderen Ländern, in der Seeschiffahrt und im Zugang zu den Weltmärkten ausgesetzt sein", und im Artikel 39: „1. Deutschland ist bereit, mit jeder Verbündeten und Vereinten Macht in Verhandlungen zu treten und Verträge oder Abkommen über den Handel und die Seeschiffahrt abzuschließen, wobei jeder Verbündeten und Vereinten Macht auf der Grundlage der Gegenseitigkeit die Stellung der meistbegünstigten Nation eingeräumt wird. 2. Deutschland wird in allem, was seinen Handel mit den Verbündeten und Vereinten Mächten betrifft, keine Diskriminierung und künstliche Beschränkung zulassen. Die Verbündeten und Vereinten Mächte werden sich ihrerseits im Handel mit Deutschland an den gleichen Grundsatz halten." 6 Dieser ständigen Betonung des Grundsatzes der Gegenseitigkeit im sowjetischen Friedensvertragsentwurf steht der ausdrückliche Ausschluß der Gegenseitigkeit im Versailler Vertrag gegenüber. „Was also ist der Versailler Vertrag? Ein ungeheuerlicher Raubfrieden, der Millionen und aber Millionen Menschen, darunter die zivilisiertesten, zu Sklaven macht." 7 Der erste Weltkrieg hatte zwar zur militärischen Niederlage Deutschlands, nicht aber zur Zerstörung seines Wirtschaftspotentials geführt. Wenn auch wichtige Teile der Industrie endgültig (Elsaß-Lothringen) oder vorläufig (Saargebiet) aus dem deutschen Wirtschaftskörper herausgetrennt waren, so war doch klar, daß die deutsche Industrie einen beträchtlichen Teil ihrer Produkte im Ausland abzusetzen versuchen würde. Ihr Exportbedürfnis mußte größer als vor dem Kriege sein. Die vor dem Kriege für die Aufrüstung verwendete und die im Krieg 6
Neues Deutschland
7
Lenin,
vom 11. 1. 1959.
W. /., Werke, a. a. O., S. 3 1 7 .
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I. Zur Vorgeschichte
neu entwickelte Kapazität würde jetzt für andere Produktion frei sein. Andererseits würde die durch Kriegs- und Reparationslasten gesunkene Kaufkraft der breiten Massen eine Einengung des inneren Marktes bewirken. Dabei würde sich die Nachfrage nach den verschiedenen Waren nicht gleichmäßig verringern, vielmehr würden die Massen nach den Hungerjähren des Krieges vorwiegend Lebensmittel verlangen. Diese aber müßten in starkem Maße importiert werden. Infolgedessen würde das Exportbedürfnis der deutschen Industrie noch größer als vor dem Kriege sein. Der deutsche Kapitalismus mußte zudem an einem hohen Export in valutastarke Länder interessiert sein, um die für die finanziellen Reparationsverpflichtungen nötigen hochwertigen Devisen zu erhalten. Hinzu kam, daß Deutschland selbst, abgesehen von einem Teil Ostpreußens, nicht Kriegsschauplatz gewesen war, während die Materialschlachten in Nordfrankreich und Belgien, aber auch die Kämpfe in Polen und auf dem Balkan einen Wiederaufbaumarkt geschaffen hatten, um den sich die deutsche Industrie bewerben würde. Da Deutschland mit zahlreichen Staaten im Kriege gelegen hatte, waren für die deutsche Industrie die dortigen Märkte zunächst politisch verbaut, womit sie sich selbstverständlich nicht abzufinden bereit war. Nach dem Mißlingen der militärischen Expansion würde der deutsche Imperialismus jetzt alles unternehmen, um wenigstens die alten Märkte, die inzwischen, wenn überhaupt, vom englischen, französischen und amerikanischen Kapital beliefert worden waren, für seinen Export zurückzugewinnen. Die Furcht der Imperialisten Englands, Frankreichs und der USA vor dieser Konkurrenz, vor diesem nun fühlbarer werdenden ökonomischen Expansionsdrang diktierte die eingangs zitierten Artikel des Versailler Vertrages. In diesen Artikeln gewährte das Deutsche Reich seinen Kriegsgegnern und den übrigen Signatarmächten, zu denen auch die Republik Polen gehörte, die Rechte der meistbegünstigten Nation. In der Regel spielt unter diesen Rechten die Gewährung des niedrigsten mit irgendeinem Lande vereinbarten Einfuhr-Zollsatzes die Hauptrolle. Ein derartiger niedriger Konventionalzollsatz ist stets das Ergebnis ausgiebigen Feilschens zwischen den Verhandlungspartnern. Er wird nur für solche Waren gewährt, an deren Einfuhr der Kontrahent ganz besonders interessiert ist, so daß er dafür beträchtliche Gegenkonzessionen zu machen bereit ist. Nur weil jedes der beiden Vertragsländer so seine spezifischen Ausfuhrprodukte stark zollbegünstigt in das andere Land exportieren kann, ist es bereit, dem Kontrahenten durch niedrige Zölle die Einfuhr und damit die Konkurrenz auf dem Binnenmarkt zu erleichtern. Will ein dritter Staat in den Genuß der gleichen Vorrechte gelangen, so muß er seinerseits die Meistbegünstigung gewähren. So beruht die Meistbegünstigung fast stets auf Gegenseitigkeit. Eine einseitige Meistbegünstigung finden wir nur im Verhältnis kleiner schwacher Länder, zum Beispiel einiger arabischer Fürstentümer am Anfang dieses Jahrhunderts, gegenüber den imperialistischen Großmächten. Die Folge der einseitigen Meistbegünstigung ist, daß der gewährende Staat wirtschaftlich und politisch völlig von den Großmächten abhängig wird, wobei gänzlich unerheblich ist, ob er formell souverän bleibt oder auch offiziell zur Kolonie erklärt wird. In eine ähnliche Lage sollte
i . Einseitige Meistbegünstigung
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nun das hochindustrialisierte Deutschland durch den Versailler Vertrag versetzt werden. Die arabischen Fürstentümer waren indes angesichts der geringen Kaufkraft ihrer Bevölkerung nur mäßige Abnehmer von Fertigwaren der imperialistischen Mächte. Dort war also die Meistbegünstigung der Einfuhr nur von untergeordneter Bedeutung. Diese Länder waren für die Imperialisten vor allem Rohstoffressourcen, weshalb die Meistbegünstigung der Niederlassung, des Grunderwerbs und schließlich der Kapitalanlage die Hauptrolle spielte. Deutschland dagegen war ein hochentwickeltes Industrieland und als solches Konkurrent auf dem Weltmarkt. Daher liegt die Hauptbedeutung der einseitigen Meistbegünstigung hier in der Erschwerung der Bedingungen für die deutsche Ausfuhr. Die Siegermächte konnten ihre Binnenmärkte durch erhöhte Zollschranken und Einfuhrverbote gegen die Einfuhr aus Deutschland sperren, ohne entsprechende Gegenmaßnahmen fürchten zu müssen. Wohl durfte die deutsche Regierung die Einfuhrzölle erhöhen oder Einfuhrverbote erlassen. Letztere mußten sich dann aber gegen alle Staaten, nicht nur gegen denjenigen Staat, der Prohibitivzölle einführte, richten. Durch jedes derartige allgemeine Einfuhrverbot würde sich das deutsche Kapital aber seiner restlichen Handelspartner berauben, die selbstverständlich Repressalien gegen die deutsche Einfuhr in ihre Länder ergreifen würden. Eine allgemeine Erhöhung der Zölle war aber noch schwieriger. Sie war gegenüber den Kontrahenten des Versailler Vertrages nur dann wirksam, wenn mit keinem beliebigen Staate Zollbindungen unterhalb des Niveaus galten, auf das die Zölle allgemein erhöht werden sollten. Auf feste Zollsätze legte natürlich jeder Handelspartner bei Abschluß eines Vertrages Wert. Es blieb für das deutsche Kapital nur eine Alternative: Entweder mit seinen traditionellen Abnehmerländern Handelsverträge auf für beide Seiten günstiger Zollbasis zu schließen und in Kauf zu nehmen, daß gleichzeitig allen Staaten des Versailler Vertrages die Einfuhr erleichtert würde. Selbstverständlich war kein Staat bereit, die Kosten (in Gestalt eigener Zollsenkung) dafür zu tragen, daß zugleich mit ihm seine Konkurrenten kostenlos leichteren Eingang zum deutschen Markt fanden. Oder Deutschland mußte auf jeden Handelsvertrag verzichten, wodurch es zwar die Versailler Meistbegünstigung wertlos machte, aber seinerseits auf vertraglich gesicherte Absatzbedingungen im Ausland verzichtete. Das deutsche Finanzkapital beauftragte seine Minister, den zweiten Weg zu beschreiten. Werfen wir einen Blick auf die tatsächlich erfolgte Ein- und Ausfuhr 8 : 8
Für 1909—1913 laufende Werte, für 1920—1924 Werte, die unter Zugrundelegung der Einheitswerte des Jahres 1913 errechnet wurden. Die Angaben wurden dem Statistischen Jahrbuch für das Deutsche Reich 1914, S. 181 (für 1909 und 1910), 1923, S. 108/109 (für 1920 und 1921) sowie 1924/25, S. 141 (für 1913, 1922, 1923, 1924)
entnommen
und
teilweise
umgerechnet,
um
annähernd
vergleichbare
Warengruppen zu bilden. Auf die Gruppe „ L e b e n d e Tiere" wurde wegen ihrer Bedeutungslosigkeit
für den deutschen Außenhandel verzichtet.
Die
Gruppe
„Lebensmittel und Getränke" enthält 1909 und 1910 auch Genußmittel. Zahlen gebiets.
beziehen
Alle
sich auf den jeweiligen U m f a n g des deutschen Wirtschafts-
i6
I. Zur Vorgeschichte Deutschlands
Einfuhr
in Millionen
Lebensmittel Jahr
Gesamt
1909
8526,9
1910
8934.1 11206,1
2807,8
3947.2
1922
5 75o,7 6299,1
1923 1924
1913 1920 1921
u n d
G e t r ä n k e
Fertigwaren
1219,3 1392,2
1606,9
1691,7
558
i99i,7 1294,1
2844,7
741,8 1100,7
4819
1123,3
3003,9
642,6
6951,1
2118,5
345o,5
1129,6
Ausfuhr
in Millionen
Lebensmittel Jahr
R o h s t o f f e und Halbfabrikate 4833,1 5231,9 6280
Deutschlands
2324,3 2215,7
Mark
Gesamt
u n d
G e t r ä n k e
3824,7
1138,4
Mark R o h s t o f f e und Halbfabrikate
Fert.gwaren
1909
6594,2
662,3
1848,6
4172,2
1910
7474,7 10198,6
751.1 1069,5
1976,7 2274,1
4737,1 6746,2
3724,o 3002,6
73 144,2
502,9
3129,6
1921
405,7
2 436,5
1922
6204,7
201,6
5 100,5
1913 1920
1923
5 352,4
126,1
874,4 687,1
1924
5I54.0
336
785,1
4521,4 398I,6
Vergleicht m a n die N a c h k r i e g s jähre m i t d e m l e t z t e n vollen V o r k r i e g s j a h r 1 9 1 3 , so zeigt sich g a n z deutlich ein beträchtliches A b s i n k e n sowohl der E i n f u h r als a u c h der A u s f u h r , w a s sich in folgenden relativen Zahlen ausdrückt. Einfuhr Jahr
Gesamt
1913
100
Lebensmittel u n d
G e t r ä n k e
100
R o h s t o f f e und Halbfabrikate 100
Fertigwaren 100
1920
35,2
57,2
26,9
40,0
1921 1922
51.3 56,2
70.9 46,1
45.3 60,9
53.3 79,1
1923
43,0
40,0
47,8
46,2
1924
62,0
75,5
54,9
8i,I
Ausfuhr Lebensmittel Jahr 1913
Gesamt 100
u n d
G e t r ä n k e
100
R o h s t o f f e und Halbfabrikate 100
Fertigwaren 100
1920
36,5
6,8
22,1
46,4
1921
29,4
13,5
17,8
36,1
1922
60,8
18,8
38,5
75,6
1923
52,5
3°.2
67,0
1924
50,5
34,5
59,0
31,4
i. Einseitige Meistbegünstigung
17
Bei Vergleichen mit der Vorkriegszeit wird im allgemeinen das Jahr 1913 als Basis zugrunde gelegt. Es scheint mir nicht richtig zu sein, in jedem Falle vom Jahre 1913 auszugehen. Man muß die der kapitalistischen Wirtschaft immanente zyklische Entwicklung beachten. Das Jahr 1913 war ein Jahr höchster Konjunktur, während im Jahre 1924 in Deutschland die Belebung nach der Nachkriegskrise erst begann. Daher wäre das Jahr 1924 eher in Vergleich zu dem Jahr 1909 zu setzen, um die Auswirkung des Krieges und des Versailler Vertrages auf den deutschen Außenhandel festzustellen. Index
der deutschen
Einfuhr
Jahr
Gesamt
Lebensmittel und Getränke
Rohstoffe und Halbfabrikate
1909 1924
100
100
100 7M
Index
81,5 der deutschen
Jahr
Gesamt
1909 1924
100 78,2
90,7
Fertigwaren 100 99.2
Ausfuhr
Lebensmittel und Getränke 100 • 50,7
Rohstoffe und Halbfabrikate 100 42,5
Fertigwaren 100 95,4
Der deutsche Import und Export hatten sich also nach dem Kriege bereits wieder so weit entwickelt, daß sie im Gesamtwert (nach Vorkriegspreisen) im Jahre 1924 nur noch um ein Fünftel unter dem Niveau der entsprechenden Phase des letzten Vorkriegszyklus lagen. Diese Differenz aber erklärt sich zum erheblichen Teil aus der Verringerung des deutschen Territoriums, seiner Bevölkerung und Produktion.9 Bedenkt man noch, daß in den Jahren 1923 und 1924 10 das rheinischwestfälische Industriegebiet kaum statistisch erfaßt wurde (wodurch sich erklärt, warum die genannten Summen der Ein- und Ausfuhr im Jahre 1922 zum Teil höher als im Jahre 1924 sind), so kann man feststellen, daß es dem deutschen Kapital trotz der Hindernisse, die der Versailler Vertrag aufrichtete, im großen und ganzen gelungen ist, seine Außenmärkte wiederzugewinnen oder verlorene durch neugewonnene zu ersetzen. Besonders deutlich zeigt sich das in der Ausfuhr von Fertigwaren, die nicht nur den Wert vom Jahre 1909 nahezu erreichte, sondern deren relativer Anteil an der Gesamtausfuhr von weniger als zwei Drittel vor dem Kriege auf etwa vier Fünftel angestiegen ist. Das bedeutete keinenfalls, daß diese Entwicklung nicht große Opfer erfordert hätte. Doch wurden diese Opfer, wie im Kapitalismus üblich, zum größten Teile auf die Werktätigen abgewälzt. Dabei spielte die Inflation der deutschen Mark 9
10
2
Abgetretene Fläche etwa 13 Prozent des Reichsgebiets von 1910, dort lebende Bevölkerung knapp 10 Prozent der Reichsbevölkerung von 1910. Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich 1924/25, S. 137, Vorbemerkung 3. Puchert, Wirtschaftskrieg
i8
I. Zur Vorgeschichte
eine besondere Rolle. Den Exporteuren aber ermöglichte sie, im Ausland durch Dumpingpreise neue Käufer zu werben. Da sie nur gegen fremde Valuta verkauften, brachten ihnen selbst stark herabgesetzte Verkaufspreise angesichts der schnellen Entwertung der deutschen Währung und des Steigens der Devisenkurse beträchtliche Gewinne ein. Durch die Inflation, die zur maßlosen Verelendung der deutschen Volksmassen führte, gelang es den Kapitalisten des Fertigwaren-Exports, die Auswirkungen des Friedensvertrages, der sie vom Weltmarkt ausschalten sollte, faktisch zu überwinden. Als mit dem Ende der Inflation die Möglichkeit des Valutadumping, dem kein Prohibitivzollsatz gewachsen war, ausschied, mußten jedoch neue Wege gefunden werden, um die nach dem Kriege wieder- oder neugewonnenen Absatzmärkte zu halten. Jetzt war aber auch der Zeitpunkt herangerückt, an dem die Handelsschranken des Versailler Vertrages, die den Abschluß von Handelsverträgen inopportun gemacht hatten, fallen sollten. Der Artikel 280 des Versailler Vertrages besagte ja: „Die Deutschland . . . auferlegten Verpflichtungen erlöschen fünf Jahre nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages." 1 1 (Er trat am 10. Januar 1920 in Kraft). Zwar folgt im Text dieses Artikels die Einschränkung: „ . . . sofern nicht der Rat des Völkerbunds spätestens zwölf Monate vor Ablauf dieser Frist entscheidet, daß die Verpflichtungen mit oder ohne Abänderung für einen weiteren Zeitraum aufrechterhalten bleiben . . , " 1 2 , doch zur Jahreswende 1923/24, als eine solche Verlängerung der einseitigen Meistbegünstigung hätte beschlossen werden können, berieten die Hauptkontrahenten des Versailler Vertrages bereits über einen neuen Plan, der wesentlich auf einer gewissen Belebung des deutschen Handels basierte. Der Fortfall der einseitigen Meistbegünstigung am 10. Januar 1925 stärkte die Stellung des deutschen Außenhandels. Wollten seine Handelspartner, darunter Polen, weiterhin die Rechte der meistbegünstigten Nation genießen, so mußten sie jetzt mit Deutschland verhandeln und ihrerseits dem deutschen Handel Erleichterungen zugestehen.
2. Der Dawes-Plan Etwa zur gleichen Zeit, da Deutschland seine Selbständigkeit in der Gestaltung seines Außenhandels zurückerlangte, trat der Dawes-Plan in Kraft, der den deutschen Außenhandel erheblich beeinflußte und dessen Verwirklichung wesentlich vom deutschen Außenhandel abhing. Dieser als „Sachverständigen-Gutachten" am 9. April 1924 der Reparationskommission vorgelegte Plan stellte einen Versuch dar, die Erfüllung der Deutschland im Versailler Vertrag auferlegten und in zahlreichen internationalen Konferenzen in den seit dem Kriegsende verflossenen Jahren näher fixierten Reparationsverpflichtungen gegenüber den Alliierten zu garantieren. An der Lösung "
RGBl. 1919, S. 1087.
»2 Ebenda, S. 1089.
2. Dawes-Plan
19
dieses Problems waren besonders die Vereinigten Staaten von Amerika interessiert, die auf diesem Wege die westeuropäischen Staaten in die Lage versetzen wollten, ihre Kriegsschulden an die U S A abzutragen. Der Dawes-Plan legte die Höhe der jährlichen deutschen Zahlungen auf unbestimmte Zeit sowie die Methoden zur Aufbringung der erforderlichen Geldmittel fest. Aufbringungspflichtig wurden der Reichshaushalt, die neuorganisierte Reichsbahn und die Unternehmer aller industriellen, gewerblichen und Handelsbetriebe mit einem vermögenssteuerpflichtigen Betriebsvermögen von mehr als 50000 Goldmark. Selbstverständlich wurden die erforderlichen Beträge nicht vom Monopolkapital, das den Krieg vorbereitet, durch Kriegslieferungen Extraprofite erzielt, also die Reparationsverpflichtungen eigentlich zu verantworten hatte, getragen, sondern durch Steuererhöhungen, Preissteigerungen und Rationalisierung in den Betrieben letzten Endes auf die werktätigen Massen abgewälzt. Den Reparationsgläubigern, vertreten durch den amerikanischen Generalagenten für Reparationszahlungen, waren aber die genannten Institutionen haftbar. Die Erfüllung der Verpflichtungen war von der Erhöhung der Produktion und des Absatzes dieser Produktion abhängig. Die Realisierung der Waren aber konnte nicht auf dem inneren Markt, der wegen der niedrigen Reallöhne unzureichend war, erfolgen, sondern mußte durch Gewinnung von Märkten für den deutschen Export bewerkstelligt werden. Von der Erhöhung des Exports hing jedoch der Transfer der von den Aufbringungspflichtigen tatsächlich dem Generalagenten eingezahlten Gelder ins Ausland ab. Während also die deutsche Industrie, wollte sie mehr produzieren, mehr Rohstoffe importieren mußte, hatte der Export nicht nur die für die Bezahlung der Importe erforderlichen Devisen zu beschaffen, also die Handelsbilanz auszugleichen, sondern darüber hinaus einen solchen Ausfuhr-Überschuß zu erzielen, daß Deutschland auch die nötigen Summen ausländischer Währung für die Verzinsung und Tilgung der Auslandsanleihen und die Übertragung der Reparationszahlungen zur Verfügung standen. 13 Außer Barleistungen hatte Deutschland auch Reparationen in Form von Sachleistungen zu tätigen. Diese Sachlieferungen (vor allem Kohle) stellten aber häufig eine Konkurrenz für die eigene Industrie der Empfängerländer dar, weshalb die Kapitalisten dieser Länder, besonders Frankreichs, nur bedingt und zeitweilig an dieser Form der Reparation interessiert waren. Der vom Dawes-Plan gewiesene Weg der Steigerung des deutschen Exports, um genügend Devisen zur Barleistung der Reparationen zu erwerben, mußte erst recht zur Verschärfung des Konkurrenzkampfes auf dem Weltmarkte führen. 13
2»
Bereits seit Mai 1921 hatte die englische Regierung auf Grund ihres Reparation Recovery Act eine Abgabe von allen deutschen Importen nach England erhoben, so daß Deutschland nur 74 Prozent der dort erzielten Erlöse in Pfund Sterling zur Verfügung standen. Die französische Regierung setzte ein gleiches Gesetz für die deutsche Einfuhr nach Frankreich am 1. Oktober 1924, also nach Anlaufen des Dawes-Planes, in Kraft. Die Abgabe wurde in England bis 1924, in Frankreich bis 1928 erhoben. Vgl. Zehn Jahre Versailles. Berlin 1929, Bd. I, S. 286.
20
I. Zur Vorgeschichte
Als Reichskanzler Dr. Luther am 19. Januar 1925 sein Kabinett dem Reichstag vorstellte und unter anderem erklärte: „ . . . Wir müssen deutsche Erzeugnisse mehr als bisher ausführen, um dadurch mit der Erhöhung unserer Kaufkraft zur Steigerung des Warenverbrauchs der Welt beizutragen . . . Nur auf diesem Wege kann die Passivität der Handelsbilanz überwunden und mit ihrer Aktivierung die Erfüllung unserer internationalen Verpflichtungen gesichert werden . . ." 1 4 , hielt ihm die kommunistische Fraktion in ihrer Stellungnahme zur Regierungserklärung entgegen: „ . . . D i e Hebung des Exports ist unmöglich, denn das Entente-Kapital braucht zwar ein produzierendes Deutschland, aber es kann nicht ertragen und hat keine Absatzmärkte für eine große, blühende Fertigwarenindustrie Deutschlands . . .", wovon gerade die jüngste englische Industrieschutzgesetzgebung zur Ausschaltung der deutschen Konkurrenz zeuge. 15 Die Empfehlung des Dawes-Komitees hatte kurz zuvor, am 3. Oktober 1924, der britische Premierminister Baldwin sehr deutlich erläutert: „ . . . Die Deutschen haben stets den größten Handel mit Rußland getrieben, denn sie befinden sich in der geographisch günstigsten Lage, kennen die russische Sprache und die russischen Handelsmethoden. Meines Erachtens wäre es für den Welthandel am vorteilhaftesten, den Handel mit Rußland unter Mitwirkung Deutschlands zu entwickeln, damit Deutschland seinen Exportüberschuß, der die Zahlung der Reparationen, einigermaßen also auch die Zinsentilgung unserer Schulden an Amerika ermöglichen soll, auf dem russischen Markt realisiert, anstatt, daß es diese Masse von Exportwaren in unserem Lande oder in unseren Kolonien auf den Markt wirft." 1 6 Aber die Sowjetunion war selbstverständlich nicht gewillt, nachdem sie die militärische Intervention der Imperialisten erfolgreich abgewehrt hatte, nun etwa ihre Fortsetzung mit ökonomischen Mitteln zum Zwecke der Verhinderung des sozialistischen Aufbaus zu dulden. J. W. Stalin erklärte auf dem XIV. Parteitag der KPdSU (B): „ . . . Der zweite Teil dieses Planes, demzufolge Deutschland aus den russischen Märkten die Kopeken für Europa herauspressen soll, ist ebenfalls eine Rechnung, die ohne den Wirt gemacht wurde. Weshalb? Weil wir gar nicht daran denken, uns zu einem Agrarland für irgendein anderes Land machen zu lassen, auch nicht für Deutschland. Wir werden selbst Maschinen und andere Produktionsmittel produzieren. Deshalb ist die Spekulation, wir würden bereit sein, unser Heimatland in ein Agrarland für Deutschland zu verwandeln, eine ohne den Wirt gemachte Rechnung . . . " 1 7 Damit warder von den westlichen Imperialisten mit den größten Hoffnungen errichtete Pfeiler, noch ehe er zum Tragen kam, zerstört, zugleich aber der ganze DawesPlan aussichtslos geworden. Um so mehr aber mußte von den wenigen noch relativ leicht zugänglichen Märkten der polnische Markt die Aufmerksamkeit der deut14
Verhandlungen des Reichstags. Bd. 384, S. 94.
15
Ebenda, S. 129.
16
Zit. bei Kuczynski,
17
Stalin, J. W., Werke. Berlin 1952, B d . 7, S. 236—237.
Jürgen, Die Geschichte . . ., a. a. O., S. 198.
2. Dawes-Plan
21
sehen Industrie finden. Immerhin waren im Jahre 1913 vom Gesamtwert der deutschen Ausfuhr nach dem ganzen Russischen Reich allein zwei Drittel auf dessen polnische Gebiete entfallen.18 Diesen günstigen Absatzmarkt aus der Vorkriegszeit jetzt wieder zu erschließen und darauf womöglich den Dawes-Plan umzustellen, war allerdings nicht möglich. Die Wirtschaft des sogenannten Königreichs Polen war vor dem Kriege eben ein Bestandteil, und zwar ein wichtiger Bestandteil der gesamtrussischen Wirtschaft gewesen. Wenn sie vor dem Kriege so viele hochwertige Waren, darunter viele Produktionsmittel, aus Deutschland einführen konnte, so deshalb, weil ihr der weite russische Markt zollfrei offenstand, weil das verhältnismäßig stark industrialisierte Russisch-Polen über ein ausgedehntes agrarisches Hinterland verfügte. Da die deutsch-russische Zollgrenze mit der Westgrenze des Königreichs Polen zusammenfiel und der russische Zolltarif die Einfuhr zahlreicher deutscher Fertigwaren erschwerte, wurden diese nicht selten als weniger hoch zu verzollendes Halbfabrikat über die Zollgrenze gebracht, von der polnischen Industrie weiterbearbeitet und ins Innere Rußlands verkauft. Der hohe Anteil der polnischen Gebiete am deutschen Import nach dem Russischen Reich vor dem Kriege ergab sich also zum Teil aus dieser ihrer Rolle als Weiterverarbeitungs- und Veredlungswerkstatt für deutsche Waren, die schließlich im eigentlichen Rußland verbraucht wurden. Diese Rolle konnte die polnische Industrie nach dem Kriege aber nicht mehr spielen. Sie befand sich jetzt außerhalb des sowjetischen Zollgebiets und hatte ihre früheren außerpolnischen Absatzgebiete fast völlig verloren, einesteils wegen der antisowjetischen Politik der polnischen Regierung, die es zu keinem Handelsvertrag zwischen Polen und der Sowjetunion kommen ließ, anderenteils auch deshalb, weil die Sowjetregierung die früher vernachlässigten Landesteile jetzt selbst zu industrialisieren begann. Der polnische Markt konnte der deutschen Ausfuhr also keinen auch nur annähernd vollwertigen Ersatz für die riesigen Absatzgebiete der Sowjetunion bieten, noch dazu, wenn man bedenkt, daß es sich ja bei der Sowjetunion um einen Staat handelte, der nach der Überwindung der Kriegsschäden zum Aufbau des Sozialismus übergehen wollte, wovon selbst diejenigen, die den Mißerfolg dieses „Experiments" voraussagten, einen wenigstens zeitweise steigenden Bedarf an allen möglichen Industriegütern erwarteten. Den Platz, den der Dawes-Plan dem Sowjetmarkt zugedacht hatte, konnte der polnische Markt also nicht übernehmen. Doch er war zusammen mit anderen wenig bedeutenden Märkten das letzte Ventil, das die deutsche Industrie unbedingt in ihre Hand bekommen mußte, um wenigstens zu einem gewissen Teil die bestehende Kalamität zu überwinden. 18
Diese Tatsache versuchten die deutschen Imperialisten bei der Aufstellung ihrer Annexionspläne im Jahre 1 9 1 5 als Argument für die Angliederung der bisher zu Rußland gehörigen Teile Polens (des sog. Königreichs Polen) an das Deutsche Reich auszunützen. Vgl. Deutsches Zentralarchiv Potsdam (weiterhin geführt als D Z A Potsdam), Reichskanzlei 2444/1 betr. Vorschläge zu Friedensverhandlungen, Bl. 172—194.
22
j.
I. Zur Vorgeschichte
Die
Oberschlesien-Konvention
Der Versailier Vertrag, der unter anderem die Staatsgrenzen der Republik Polen festzulegen hatte, sah im Artikel 88 für Oberschlesien eine Volksabstimmung vor. Bis zur endgültigen Grenzziehung sollte dieses Gebiet von Truppen dritter Mächte besetzt werden. Scheinbar wurde hier das Selbstbestimmungsrecht der Nationen gewahrt, in Wirklichkeit aber stellte diese Entscheidung ein Kompromiß zwischen den imperialistischen Hauptmächten dar. Die französischen Imperialisten wünschten Polen zu ihrem relativ starken Vasallen, einesteils gegen den jungen Sowjetstaat, anderenteils gegen Deutschland zu machen. Deswegen traten sie auf der Friedenskonferenz zunächst für die Angliederung ganz Oberschlesiens an Polen ein. Der englische Imperialismus dagegen wollte, — getreu seiner traditionellen Politik, die jeweils stärkste Macht des Kontinents zu schwächen, um mit Hilfe des Gleichgewichts der Kräfte selbst den entscheidenden Einfluß auf den Kontinent ausüben zu können — nicht Frankreichs Vasallen Polen, sondern den geschlagenen deutschen Imperialismus stärken. Deshalb setzte sich Lloyd George zunächst dafür ein, daß Oberschlesien bei Deutschland verbleibe. 19 Wenn der französische Imperialismus energisch für die Eingliederung Oberschlesiens in den polnischen Staat eintrat, so spielte dabei gewiß auch die Hoffnung mit, auf diese Weise doch noch eine Möglichkeit zu erschließen, daß die französischen Großbanken einen Teil ihrer dem russischen Zaren gewährten Anleihen zurückerstattet bekämen. Es ließe sich vielleicht arrangieren, daß Polen als ein Nachfolgestaat des Russischen Reiches einen Teil der Zarenschulden übernähme. Da es auf absehbare Zeit diese Schulden aus seinen Staatseinnahmen zu tilgen nicht fähig wäre, könnte durch die Überlassung von bisher dem preußischen Fiskus gehörenden Bergwerken in Oberschlesien an das französische Finanzkapital eine Regelung zustande kommen, daß auf diesem Umwege ein Teil der durch die Oktoberrevolution aussichtslos verlorenen Kapitalien in die Pariser Banken zurückflösse.20 Auch in dieser Frage liefen die Interessen des englischen und des französischen Imperialismus auseinander.
19
20
Diese Streitigkeiten auf der Versailier Konferenz behandelt J$dru,szczak, Tadeusz, Polityka Polski w sprawie Görnego Öl^ska 1918—1922. (Die Politik Polens in der Oberschlesien-Frage 1918—1922), Warszawa 1958, im I. Abschnitt. In der Oberschlesien-Frage macht sich besonders stark der Mangel bemerkbar, daß die Archivalien der entscheidenden Unternehmen und Organisationen des französischen, englischen und amerikanischen Finanzkapitals noch nicht der freien wissenschaftlichen Forschung .zur Verfügung stehen. Solche Erwägungen bildeten noch Anfang des Jahres 1922 in oberschlesischen Industriellenkreisen Gesprächsstoff, wie aus Berichten „gut informierter V-Leute" an den. Reichskommissar für die öffentliche Ordnung hervorgeht. DZA Potsdam, Reichskommissar für die öffentliche Ordnung Nr. 499 betr. Lageberichte Oberschlesien, Spezialbericht Nr. 737/22 vom 21. 4. 1922.
3. Oberschlesien-Konvention
23
Trotz dieser Gegensätze mußten die alliierten Hauptmächte eine gemeinsame Lösung finden, einmal, damit der Friedensvertrag überhaupt zustande kam, zum anderen deswegen, weil die revolutionäre Bewegung der oberschlesischen Arbeiter und die wachsende nationale Befreiungsbewegung der polnischen Bewohner Oberschlesiens den Imperialisten die Entscheidung aus der Hand zu nehmen drohten. So einigten sich Lloyd George, Wilson und Clemenceau auf die Kompromißlösung einer Volksabstimmung mit nachfolgender Teilung Oberschlesiens. Diese Regelung besaß weit über den Rahmen Oberschlesiens hinausreichende Bedeutung. Der Artikel 88 war, wie der ganze Versailler Vertrag, von dem Streben nach Sicherung und Stärkung der imperialistischen Herrschaft diktiert. Eine Angliederung ganz Oberschlesiens an Polen hätte in der damaligen Situation dem Weltimperialismus ebenso schaden können wie die Belassung ganz Oberschlesiens bei Deutschland. Im ersteren Falle wäre durch den Kraftzuwachs, den die einheitlich für Klassenforderungen kämpfende Arbeiterschaft Oberschlesiens für die revolutionäre Arbeiterbewegung ganz Polens bedeutet hätte, die Herrschaft der Bourgeoisie und damit die von den Westmächten inspirierte antisowjetische Politik der polnischen Regierung in Frage gestellt worden. Die dem polnischen Staat zugedachte Rolle eines Vorpostens gegen den Sowjetstaat stand auf dem Spiel. Die Gefahr, die die geschlossene Belassung des oberschlesischen Industriegebiets und seiner Arbeiterklasse bei Deutschland für den Imperialismus in sich barg, war kaum geringer. Die revolutionäre Bewegung der Proletarier Deutschlands, die im November 1 9 1 8 zunächst zur Verjagung der Dynastien und zu einigen Reformen geführt hatte, war Anfang des Jahres 1919 von der Reaktion mit aktivster Unterstützung der rechten sozialdemokratischen Führer zwar zeitweilig niedergeschlagen worden. Bei einem neuen Ansturm zur Vollendung der bürgerlichen und zu ihrer Überleitung in die sozialistische Revolution hätte die Arbeiterklasse im östlichsten Industriezentrum des damaligen Deutschland eine bedeutende Kraft darstellen können. Eine Revolution in Deutschland nach russischem Vorbild fürchteten nicht nur die unmittelbar bedrohten deutschen, sondern auch die Imperialisten der anderen Staaten, weil sie den Sozialismus mitten nach Westeuropa bis an die Grenze Frankreichs und Belgiens herangetragen hätte. Indem nun die Westmächte das oberschlesische Industriegebiet spalteten und die endgültige Entscheidung der Grenzfrage noch dazu verzögerten, trugen sie nationalistischen Hader in die dortige Arbeiterklasse. Für die polnischen Arbeiter fielen Klassenkampf und nationale Frage weitgehend zusammen; da die herrschende Klasse dort hauptsächlich aus Deutschen bestand. Die dort lebenden, häufig etwas besser bezahlten deutschen Arbeiter aber sollten durch die Verlagerung des Kampfes von der sozialen auf die nationalistische Ebene zu Gegnern ihrer polnischen Klassenbrüder gemacht werden. Gewiß hätte eine revolutionäre Führung eine solche Spaltung der Arbeiterklasse weitgehend verhindern können. Die einflußreiche sozialdemokratische Führung jedoch hatte sich ungeachtet mancher internationalistischen Worte auf ihren Parteitagen in der Tat völlig dem Nationalismus gegen Polen verschrieben. Das zeigte sich bereits am
24
I. Zur Vorgeschichte
17. Mai 1919 auf einer Sitzung im von Sozialdemokraten beherrschten preußischen Staatsministerium, an der unter Vorsitz von Ministerpräsident Hirsch Vertreter Westpreußens, Ostpreußens, Posens, Schlesiens, der Reichsregierung, des Reichspräsidenten sowie einige preußische Staatsminister teilnahmen und deren Thema die Gebietsabtretung im Osten war. Nachdem dort allgemein davor gewarnt worden war, es auf Volksabstimmungen ankommen zu lassen, erklärte der sozialdemokratische preußische Innenminister Heine: „Ein getrennter deutscher Gebietszustand wäre nicht von langer Dauer, denn die deutsche Gegenarbeit würde bei der polnischen Wirtschaft sehr bald einsetzen." 21 Wenn die alten Hakatisten eines Ablasses für ihre bisherige und einer Sanktion ihrer künftigen nationalistischen Betätigung bedurften, hier wurden sie ihnen von führender sozialdemokratischer Seite erteilt. Die Furcht vor der einheitlichen Klassenfront des oberschlesischen Proletariats und die Hoffnung, die polnischen und die deutschen Arbeiter nationalistisch gegeneinander aufzuhetzen und dadurch ihre Klassenkampfkraft zu lähment dürften maßgeblichen Einfluß auf die Einigimg der Imperialisten über Oberschlesien ausgeübt haben. Mit der im Artikel 88 des Versailler Vertrages enthaltenen Ankündigung, daß ein erst später, nach dem Plebiszit, zu bestimmender Teil Oberschlesiens Polen angegliedert werde, schufen die westlichen Imperialisten sich ein leicht zugängliches Terrain für ihren Kapitalexport. Wie der Artikel 297, Punkt b) des Versailler Vertrages besagt, „behalten sich die alliierten oder assoziierten Mächte das Recht vor, alle den deutschen Reichsangehörigen oder den von ihnen abhängigen Gesellschaften im Zeitpunkt des Inkrafttretens des gegenwärtigen Vertrags gehörenden Güter, Rechte und Interessen innerhalb ihrer Gebiete, Kolonien, Besitzungen und Protektoratsländer, einschließlich der Gebiete, die ihnen durch den gegenwärtigen Vertrag abgetreten werden, zurückzubehalten und zu liquidieren. Die Liquidation erfolgt nach den Gesetzen des beteiligten alliierten oder assoziierten Staates, ohne dessen Zustimmung der deutsche Eigentümer auch weder über diese Güter, Rechte und Interessen verfügen noch sie belasten darf. Deutsche Reichsangehörige, die auf Grund des gegenwärtigen Vertrages von Rechts wegen die Staatsangehörigkeit einer alliierten oder assoziierten Macht erwerben, gelten nicht als deutsche Reichsangehörige im Sinne dieses Absatzes." 22 Das deutsche Kapital konnte also im polnischen Teil Oberschlesiens ausgeschaltet werden. Hierbei handelte es sich aber nicht um eine entschädigungslose Enteignung zugunsten des Staates, wie nach dem 2. Weltkrieg, sondern der Artikel 92 des Versailler Vertrages legte fest: „ . . . In allen deutschen Gebieten, die auf Grund des gegenwärtigen Vertrags übergehen und endgültig als Bestandteil Polens anerkannt werden, dürfen die Güter, Rechte und Interessen der deutschen 21
22
Deutsches Zentralarchiv, Abt. Merseburg, Rep. 77, Tit. 856, Nr. 17, Bd. 1, Protokoll der genannten Sitzung (weiterhin geführt als DZA Merseburg). RGBl. 1919. S. 1127.
3. Oberschlesien-Konvention
25
Reichsangehörigen auf Grund des Artikels 297 von der polnischen Regierung nur nach Maßgabe nachstehender Bestimmungen liquidiert werden: 1. Der Liquidationserlös muß unmittelbar an den Berechtigten ausgezahlt werden; 2. falls letzterer vor dem in Abschnitt IV, Teil X (wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags vorgesehenen Gemischten Schiedsgerichtshof oder vor einem von diesem Gericht bezeichneten Schiedsrichter nachweist, daß die Verkaufsbedingungen oder daß von der polnischen Regierung außerhalb ihrer allgemeinen Gesetzgebung ergriffene Maßnahmen den Preis unbillig beeinflußt haben, ist der Gerichtshof oder der Schiedsrichter befugt, dem Berechtigten eine angemessene Entschädigung zuzusprechen, die von der polnischen Regierung bezahlt werden muß . . .' D Z A Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 65464, Bl. 25, Nota slowna der polnischen Gesandtschaft vom. 13. 1. 25 an das Auswärtige Amt (amtliche Übersetzung).
15
i. Das Provisorium vom 13. Januar 1925
55
Diese Verhandlungen wurden zwar am 3. März aufgenommen, brachten aber bis zum Ablauf des Provisoriums am 1. April kaum Fortschritte. In der für Polen akutesten Frage war das deutsche Angebot äußerst gering. Danach sollte das Kontingent für die Einfuhr ostoberschlesischer Kohle nach Deutschland künftig nur 60000 t monatlich, also etwas mehr als ein Zehntel der im Jahre 1924 tatsächlich erfolgten Lieferungen betragen. Polen erklärte sich daher zur Verlängerung des Provisoriums nur unter der Bedingung bereit, daß auch die am 15. Juni 1925 ablaufenden Oberschlesien-Kontingente bis zum Ablauf des neuen Provisoriums verlängert würden. Das lehnte die deutsche Delegation ab. Obwohl also das Provisorium, das während der Dauer der Verhandlungen den Status quo aufrechterhalten sollte, nach dem 1. April 1925 nicht verlängert wurde, wurden die Verhandlungen der Delegationen über den Handelsvertrag doch nicht abgebrochen. Dabei standen diese Verhandlungen erst im allerersten Anfang, und es gab keinen Zweifel, daß noch längere Zeit bis zu ihrem erfolgreichen Abschluß erforderlich sein würde. Es herrschte ja nicht einmal Einigkeit über die Grundlage, auf der der Handelsvertrag beruhen sollte. Die deutsche Delegation forderte die allgemeine Meistbegünstigungsklausel. Im Interesse der Fortsetzung der Verhandlungen erklärte die polnische Delegation ihre Bereitschaft, diese Klausel, sofern sie sich auf das Gebiet der Zolltarife bezieht, zum Ausgangspunkt der Diskussion zu nehmen. Das war bereits ein Entgegenkommen der polnischen Seite, da die zolltarifarische Meistbegünstigung zunächst wohl dem deutschen, nicht aber dem polnischen Handel Vorteile einräumte, denn Deutschland hatte anderen Staaten noch keine Konventionszölle zugestanden. Da es in Polen keine Außenhandelsreglementierung mehr gab, in Deutschland aber noch zahlreiche Einfuhrverbote aus der Kriegs- und ersten Nachkriegszeit her gültig waren, warf Polen gleichzeitig den Grundsatz des freien Handels in die Diskussion. Das hätte bedeutet, daß Deutschland ebenfalls auf Verbote verzichtete und seinen Außenhandel nur mit dem Mittel des Zolltarifes steuerte. Die deutsche Delegation erwiderte, die Aufhebung der Reglementierung wäre vom Verlauf der Arbeiten an der Zollreform abhängig, die aber noch längere Zeit in Anspruch nehmen würden. Das Verzeichnis der Waren, für die die Einfuhrverbote beibehalten bzw. aufgehoben werden sollten, könnte sie Polen aber erst mitteilen, wenn diese Arbeiten weiter fortgeschritten seien. So weit war die Antwort verständlich. Die deutsche Delegation erklärte aber weiter, daß sich die Reichsregierung auf jeden Fall das Recht zur Aufstellung einer Liste einfuhrverbotener Waren bis zum Zeitpunkt der Ratifikation des künftigen deutschpolnischen Handelsvertrages vorbehalte. Das war ein unehrliches Spiel, denn es bedeutete, Polen könnte noch nach der Unterzeichnung des Handelsvertrages, also nachdem es im Vertrauen auf vorteilhafte Ausfuhrmöglichkeiten seiner Waren nach Deutschland diesem Vergünstigungen eingeräumt hätte, davon in Kenntnis gesetzt werden, daß eine Reihe seiner Waren gar nicht die deutsche Grenze passieren dürfe. Eine ähnliche Taktik wandte die deutsche Delegation auch in anderen Fragen an. Mitte des Monats Mai z. B. wünschte die polnische Delegation das für sie dringendste Problem, die Kohlenfrage, zu diskutieren. Doch
56
II. Der Ausbruch des Wirtschaftskrieges
die detitsche Delegation antwortete, die Kohlenfrage sei in diesem Augenblick, also ganze vier Wochen vor Ablauf der entsprechenden Bestimmungen der Oberschlesien-Konvention, noch nicht völlig spruchreif. Sie könne darüber erst sprechen, nachdem Polen prinzipielle Zugeständnisse in den Fragen, an denen Deutschland besonders gelegen sei, besonders hinsichtlich der Niederlassung, gemacht habe. 17 Wir sehen also, die deutsche Delegation verstärkte getreu der ihr auf der Ressortbesprechung der Reichs- und preußischen Ministerien am 5. Januar gegebenen Richtlinie mit dem Herannahen des 15. Juni den Druck auf Polen. Als aber die polnische Delegation diesem Druck nicht nachgab und nicht bereit war, politische Vorbedingungen für die Wirtschaftsverhandlungen anzunehmen, setzte die deutsche Regierung rigoros ihre schärfste wirtschaftliche Waffe ein.
2. Die Kriegserklärung Am 12. Juni 1925 erteilte der Reichswirtschaftsminister dem Reichskommissar f ü r Aus- und Einfuhrbewilligung die Anweisung, wie die verschiedenen Waren, von denen bisher auf Grund der Genfer Oberschlesien-Konvention bestimmte Kontingente von Polen nach Deutschland zollfrei eingeführt werden durften, vom 15. Juni an behandelt werden sollten. Einige dieser Waren wurden jetzt nicht nur zollpflichtig, sondern für sie traten die noch aus der Kriegs- und ersten Nachkriegszeit her gültigen Einfuhrverbote in Kraft. Diese Einfuhrverbote bedeuteten an sich nicht, daß diese Waren überhaupt nicht eingeführt werden durften, sondern daß für jeden Posten eine besondere Einfuhrbewilligung beantragt werden mußte. In der genannten Anweisung ermächtigte nun der Reichswirtschaftsminister den Reichskommissar, unter bestimmten Bedingungen für Schwefelsäure, kalziniertes Glaubersalz, Zinkstaub, Bleimennige, Bleiglätte und Kadmiumoxydpulver Bewilligungen zu erteilen, während er sich für schweflige Säure die Entscheidung jeweils vorbehielt. Doch „ f ü r alle anderen Waren sind die Anträge abzulehnen". 19 Dieser kürzeste und zugleich wichtigste Satz der ganzen Anweisung bezog sich vor allem auf Polens Hauptexportartikel, die Kohle. Demgemäß wurde vom 15. Juni 1925 an die weitere Ausstellung von Einfuhrbewilligungen für polnische Kohle verweigert. 20 Am 17. Juni kündigte die polnische Regierung das Verbot der Einfuhr von gewissen Obstsorten, Kakao, Tee, Heringen, Häuten, Pelzen, Möbeln, Porzellanwaren, Erzeugnissen aus Gußeisen, Dampfkesseln, Draht, Schreibmaschinen, 17
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 65364, Bl. 187—191, Aufzeichnung Marckwalds v. 26. 5. 25 für Staatssekretär v. Schubert. 18 Vgl. S. 53. 19 D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 64288, Bl. 82—83, Reichswirtschaftsminister i. A. Posse, 12. 6. 25, an den Reichskommissar für Aus- und Einfuhrbewilligung betr. Einfuhr aus Oberschlesien. 20 Vgl. hierzu Kap. II, 3 a.
2. Die Kriegserklärung
57
Personenkraftwagen, Karosserien, Textilien, Teppichen, Wäsche, Hüten, Galanteriewaren und anderem an. Diese Verordnung richtete sich zunächst generell gegen alle Länder, wofür es zwei Beweggründe gab. Die polnische Regierung wollte den Import möglichst weitgehend einschränken, um den Devisenabfluß zu bremsen und dem damit verbundenen Währungsverfall Einhalt zu gebieten. Die schlechte Ernte des Jahres 1 9 2 4 hatte erhebliche Getreideeinfuhren notwendig gemacht, was die Devisenreserven nahezu erschöpfte. Diese Währungssituation hatte durch das schlagartige Aufhören der Lieferung großer Mengen polnischer Kohle nach Deutschland eine gefährliche Verschärfung erfahren, denn die polnische Handels- und Zahlungsbilanz gegenüber Deutschland, die vor dem 1 5 . Juni 1 9 2 5 aktiv gewesen war, wurde ohne den Kohlenexport sofort passiv. Zugleich war die Verordnung vom 17. Juni eine Mahnung an die deutsche Regierung, ihre Haltung nochmals zu überprüfen, um den Wirtschaftskrieg zu vermeiden. Erst am 24. Juni traten die Verbote in Kraft mit der ausdrücklichen Bestimmung, daß sie nur gegen Waren deutscher Herkunft anzuwenden seien. Wertmäßig entsprach die hiervon betroffene Warenmenge den nicht mehr nach Deutschland zugelassenen polnischen Kohlenlieferungen. A m 1 . Juli verbot die deutsche Regierung die Einfuhr vieler polnischer Waren, darunter fast aller Produkte der ostoberschlesischen Eisen-, Stahl- und Zinkwerke. Diese Verbotsliste wurde am 8. Juli noch erweitert, besonders auf Naphthaprodukte. Um der Grenzsperre eine schlagartige Wirkung zu verleihen, erklärte der Reichskommissar für Aus- und Einfuhrbewilligung am 2. Juli alle von ihm bereits erteilten Einfuhrbewilligungen für polnische Waren für ungültig. Handelte es sich bei allen bisher genannten Maßnahmen beider Seiten um Einfuhrverbote, so belegte die deutsche Regierung am 2. Juli eine Reihe von Artikeln polnischer Herkunft mit Kampfzöllen, die das Mehrfache der normalen Zölle betrugen. Hiervon waren betroffen: Roggen, Gerste, Kartoffeln, Gemüse, Schweine, Fleisch, Speck, Eier, Mehl, Stärke, Kalk, Dolomit, Bau- und Nutzholz, Fässer, Steinröhren, Blechwaren, Draht und andere. Die polnische Regierung antwortete am 1 1 . Juli mit der Erweiterung der Verbotsliste auf folgende Waren deutscher Herkunft: Reis, Hopfen, Speck, Fische, Konserven, Margarine, Küchengeräte, Fayence- und Glaswaren, Koks, Salz- und Essigsäure* gewisse chemische Präparate, Eisen- und Stahlwaren, Handwaffen, Lokomotiven und Tender, Nähmaschinen, Musikinstrumente und andere. Mit den genannten Verordnungen 21 war von beiden Seiten der Handelskrieg eröffnet. Welche dieser Maßnahmen ist nun als Kriegserklärung zu werten, wann begann der Handelskrieg? Welche Seite trug die Schuld an diesem Handelskrieg? Diese beiden Fragen fanden damals keine einheitliche Beantwortung. Sogar in den herrschenden Kreisen jeder einzelnen der beiden Seiten gab es unterschiedliche Meinungen, besonders zur ersten Frage. 21
Die deutschen Verordnungen vom 31. August, 25. September und 9. Oktober 1925 brauchen hier nicht näher aufgeführt zu werden, da sie faktisch keine Änderung des bestehenden Zustandes gegenüber Polen brachten.
58
II. Der Ausbruch des Wirtschaftskrieges
Bei den deutschen Regierungsstellen dominierte die Ansicht, daß die polnische Verordnung vom 17. Juni in Verbindung mit der Durchführungsbestimmung vom 24. Juni die Kampfmaßnahmen eingeleitet hätte. 22 Dementsprechend erklärte am 24. Juni die deutsche Delegation, die Einführung dieser Einfuhrverbote während der in Gang befindlichen Verhandlungen sei ein unfreundlicher Akt und der erste Schritt zum Wirtschaftskrieg. 23 Die Kokswerke & Chemische Fabriken A G zu Berlin, die nicht diplomatische Vorsicht walten zu lassen brauchte, sprach in ihrem Geschäftsbericht für das J a h r 1925 offen aus, daß der „Wirtschaftskampf gegen Polen am 15. Juni 1 9 2 5 " mit der Kohlensperre begann.24 Der deutsche Gesandte in Warschau durfte sich solche Offenheit bei seiner am Morgen des 15. Juni unternommenen Démarche beim polnischen Außenminister Skrzynski nicht erlauben. Seine Aufgabe war es ja gerade, die Schuld daran, daß bis zu diesem kritischen Zeitpunkt keine Vereinbarungen zustande gekommen waren, dem Verhandlungsgegner zuzuschieben. So behauptete er denn, „nicht wir, sondern Polen habe status quo verändert durch im Mai erfolgte Zollerhöhung." 25 Ganz wohl fühlte er sich aber offenbar hierbei nicht, vor allem, weil er selbst aus taktischen Rücksichten auf die internationale Meinung intern dafür eintrat, plumpe Provokationen bei der Entfesselung des Wirtschaftskrieges zu vermeiden.26 In seiner Aufzeichnung vom 23. J u n i an den Reichsaußenminister widerlegte er selbst die Behauptung, die er Skrzynski gegenüber aufgestellt hatte. Hier seine Beurteilung der am 19. Mai 1925 erfolgten polnischen Zollerhöhungen : „Dieser Schritt war eine ausgesprochene Stützungsaktion für den Zloty und war in der Auswirkung mehr gegen andere Länder . . . gerichtet als gegen uns . . , " 2 7 Seiner Befürchtungen, die deutsche Regierung könnte einen ungünstigen Anlaß für die Entfesselung des Wirtschaftskrieges nehmen, war er inzwischen durch die polnischen Einfuhrverbote enthoben, 22
DZA Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 65737, Bl. 156—157, Ministerialdirektor Ritter 27. 6. 1925 an den Staatssekretär der Reichskanzlei betr. Beratungen im Handelspolitischen Ausschuß der Reichsregierung über Gegenmaßnahmen gegen Polen. 23 AMSZ Warschau, Gesandtschaft in Berlin w. 164, Bericht des Gesandten Olszowski vom 26. 6. 1925 an das polnische Außenministerium. 2/1 Staatliches Wojewodschafts-Archiv in Katowice (weiterhin geführt als WAP Katowice), Abt. Gliwice, Borsigwerke Nr. 126. 25 DZA Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 65737, Bl* 43» Telegramm des Gesandten Rauscher, Warschau 15. 6. 25, an das Auswärtige Amt. 26 Ebenda, Bl. 92—96, Gesandter Rauscher, Warschau 19. 6. 25, an Geheimrat Zechlin im Auswärtigen Amt: ,,. . . Ist man in Berlin zum Handelskrieg entschlossen, . . ., so scheint mir die Hereinziehung der Liquidation nicht günstig. Lassen wir daran Verhandlungen scheitern, so bleibt den Polen immer der billige Einwand, wir hätten wirtschaftliche Fragen mit politischen vermischt, insbesondere mit solchen, die auf eine Abänderung des Versailler Vertrags hinzielen . . .". -7 Ebenda, Bl. 115—120, Rauscher, Berlin 23.6.1925, an Reichsaußenminister Stresemann.
2. Die Kriegserklärung
59
und so bezeichnete auch er jetzt die Maßnahme, die seiner Meinung nach als Pressionsmittel für die deutsch-polnischen Verhandlungen gedacht war, als Beginn des Wirtschaftskrieges. Weniger einheitlich war die Meinung der polnischen Seite. Hier dominierte zunächst die Auffassung, daß die Sperrung der deutschen Grenze für polnische Kohlenlieferungen am 15. Juni den Wirtschaftskrieg eröffnet habe. Der (Polnisch-) Oberschlesische Berg- und Hüttenmännische Verein in Katowice hatte zwar schon Monate vorher28 darauf hingewiesen, daß die deutsche Regierung zu dieser Maßnahme durch die Genfer Konvention berechtigt sei, jetzt gab es jedoch zwei Einwände: die vorzeitige Verweigerung von Einfuhrscheinen durch den Reichskohlenkommissar29 und besonders die Tatsache der schwebenden Verhandlungen.30 Zum Unterschied von dieser in Polen vorherrschenden Ansicht meinte der polnische Gesandte in Berlin, Olszowski, daß erst die Anfang Juli ausschließlich gegen Polen verhängten deutschen Einfuhrverbote und Zollerhöhungen den Wirtschaftskrieg eröffnet hätten. 31 Wie der polnische Delegationsleiter Pr^dzynski, der am 19. Juni dem deutschen Gesandten in Warschau erklärt hatte, daß noch keine polnischen Kampfmaßnahmen beschlossen seien32, so hielt auch Olszowski die Einfuhrverbotsliste vom 17. Juni nicht für eine Kampfmaßnahme gegen Deutschland: „Polen hatte lediglich ein Einfuhrverbot erlassen, und zwar ein bedingtes Einfuhrverbot, d. h. daß gegebenenfalls gegen spezielle Bewilligung auf Grund normaler Zölle die Einfuhr gestattet werden kann. Dabei griff Polen nicht zur Vergeltungswaffe, die der Artikel 5 der polnischen Verordnung vom 1 1 . Juni 1920 über den Zolltarif sowie die Verordnung vom 22. November 1924 über die Maximalzölle bieten." 33 ' 34 28
W A P Katowice, Schlesisches Wojewodschaftsamt, Abteilung Industrie und Handel Nr. 294, Anlage zur Denkschrift des Oberschlesischen Berg- und Hüttenmännischen Vereins Katowice vom 26. 1 1 . 1924 über die Notwendigkeit der Verlängerung der Kontingentliste. 29 A M S Z Warschau, Gesandtschaft in Berlin w. 129, Eingabe des Oberschlesischen Berg- und Hüttenmännischen Vereins Katowice, Przybylski — Behaghel, vom 27. 6. 1925 an das polnische Außenministerium, das Ministerium für Industrie und Handel und die Gesandtschaft in Berlin betr. Verletzung des Art. 224 des Genfer Abkommens. 30 A M S Z Warschau, Gesandtschaft in Berlin w. 164, Bericht des Gesandten Olszowski vom 26. 6. 1925 an das polnische Außenministerium, sowie Antwort der polnischen Handelsdelegation vom 25. 6. 25 auf die Erklärung der deutschen Delegation vom 24. 6. 1925. 31 Ebenda, Bericht des Gesandten Olszowski vom 2 1 . 12. 1 9 2 5 an das polnische Außenministerium. 32 D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 6 5 7 3 7 , Bl. 92—96, Rauscher 19. 6. 25 an Zechlin. 33 A M S Z Warschau, Gesandtschaft in Berlin w. 164, Gesandter Olszowski, Berlin, 2 1 . 12. 25, an das Außenministerium. 3/ > Die geradezu kuriose Meinung, es handele sich überhaupt nicht um einen Wirtschaftskrieg, die der polnische Außenminister Skrzynski am 3. August (!) 1925
6o
II. Der Ausbruch des Wirtschaftskrieges
In den späteren Verhandlungen über die Beilegung des Wirtschaftskrieges stimmte die polnische Delegation jedoch zu, diese Verordnung vom 17. Juni 1925 an erster Stelle in die Liste der aufzuhebenden beiderseitigen Kampfmaßnahmen aufzunehmen, während als erste deutsche Kampfmaßnahme die Verordnung vom 1. Juli bezeichnet wurde. 35 Der Streit darum, welche der ergriffenen Maßnahmen die eigentliche formelle Kriegserklärung darstellte, ist meines Erachtens müßig. In der Periode der allgemeinen Krise des Kapitalismus, in der die Völker mit wachsender Aufmerksamkeit über die Handlungen ihrer Regierungen wachen, unternehmen die Imperialisten alles, um ihre Kriegsvorbereitungen zu tarnen und in einem Moment zuzuschlagen, in dem sie die Schuld dem Gegner zuschieben können. Laut der von der deutschen und der polnischen Delegation im Dezember 1927 vereinbarten Liste war also die polnische Verordnung vom 17. Juni 1925 die erste Kampfmaßnahme. Doch sie war ja nur eine Vorankündigung an Unbekannt. Eine wirkliche Kampfmaßnahme wurde sie erst, als am 24. Juni bestimmt wurde, daß sie nur gegen deutsche Waren anzuwenden sei. Am Morgen des 17. Juni aber, also ehe die Vorankündigung in Warschau ausgesprochen war, verhandelte im Reichswirtschaftsministerium in Berlin ein Vertreter der Borsigwerke mit dem Regierungsrat Goldmann über die von deutscher Seite vorgesehene Sperrung der oberschlesischen Grenze. Es ging speziell darum, daß die Werke Westoberschlesiens nicht ohne polnische Schwefelsäure auskommen konnten. ,,. . . Herr Goldmann meinte, daß diese Mitteilung wenig ermutigend sei und daß demnach wohl auf eine Sperrung der Grenze verzichtet werden muß . . . " Doch der Borsig-Vertreter war nicht verlegen: „Ich bin dann noch näher auf unseren Vorschlag eingegangen, den Mehrpreis, den die oberschlesischen Verbraucher beim Bezug deutscher Säure 36 zu zahlen hätten, unter Umständen vom Reich zahlen zu lassen . . . Aus seinen37 Antworten ging hervor, daß die Regierung offensichtlich schon erwogen hatte, die gesamte Mehrfracht, die durch den Bezug von deutscher Säure entsteht, auf irgendeinem Wege zu ihren Lasten zu übernehmen . . . Hinsichtlich der Kesselwagen-Frage bat er, in dem Schreiben an die Grafen Henckel 38 nicht die Möglichkeit zu erwähnen, daß von deutscher Seite die Grenze gesperrt wird. Er empfahl aber, über die Kesselwagen vorsichtig zu disponieren . . ," 39 in einem Interview mit der B Z in Berlin äußerte, ist nur als Versuch zu werten, sich für seine Anleihe-Verhandlungen in den U S A
ein günstigeres
K l i m a zu
bereiten. 35
Archiv Neuer A k t e n (weiterhin geführt als A A N Warschau), H a n d a k t e n J. T w a r dowskis Nr. 60, Anlage 6 v o m 6. 12. 1927, sowie D Z A Potsdam,
Auswärtiges
A m t Nr. 65273, Bl. 26. 36
Aus Mittel- und Westdeutschland.
37
Goldmann.
38
Schwefelsäure-Lieferfirma in Polnisch-Oberschlesien.
39
WAP
Katowice,
A b t . Gliwice,
Borsigwerke
Nr. 1846,
Niederschrift
Berlin 17. 6. 1925, betr. E i n f u h r von polnischer Schwefelsäure.
Erhard,
2. Die Kriegserklärung
6l
Alle Behauptungen, die deutsche Regierung sei durch die polnische Maßnahme vom 17./24. Juni überrascht und durch sie zur Abwehr gezwungen worden, sind also unwahr: Der Wirtschaftskrieg gegen Polen war vorbereitet! In der Schuldfrage herrschte auf beiden Seiten weitgehende Einigkeit insofern, als man die Schuld am Ausbruch des Wirtschaftskrieges und am Scheitern der Verhandlungen eben der anderen Seite zuschob. Eine Ausnahme hiervon machte jedoch der rechtssozialistische Sejm-Abgeordnete Herman Diamand, der im Jahre 1925 selbst Mitglied der polnischen Delegation bei den Verhandlungen vor und unmittelbar nach dem 15. Juni gewesen war. Anfang Januar 1930, als im Haushaltsausschuß des Sejm über die Wirtschaftskrise und ihre Ursachen debattiert wurde, erklärte Diamand in einem Streitgespräch mit einem Abgeordneten des Regierungsblocks, „Polen sei bei Ausbruch des Handelskrieges der offensive Teil gewesen. Als Mitglied der polnischen Handelsdelegation könne er bezeugen, daß in dem Augenblick, als er nach Berlin reiste, um dort Verhandlungen über die Wege zur Vermeidung des Handelskrieges zu führen, von Warschau aus, gewissermaßen hinter seinem Rücken, der Handelskrieg telegraphisch von polnischer Seite erklärt worden sei. . ." 4 0 Dieser von der bürgerlichen deutschen Presse gern aufgegriffene Ausspruch Diamands ist jedoch kein schlüssiger Beweis, sondern eine recht oberflächliche Betrachtung der Dinge. Man kann die Schuldfrage nicht beantworten, ohne die objektiven Bedingungen zu berücksichtigen, auf denen die beiden Staaten und ihre Beziehungen miteinander aufgebaut waren. In beiden Staaten herrschte die kapitalistische Produktionsweise, die wirtschaftliche Entwicklung beider Staaten war also ursächlich durch die ökonomischen Gesetze des Kapitalismus bestimmt. Der grundlegende Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der Produktion und der privatkapitalistischen Form der Aneignung der Produktionsergebnisse, die sich aus dem Privateigentum an den Produktionsmitteln ergibt, äußert sich unter anderem in der wachsenden Differenz zwischen der steigenden Erzeugung von Produkten und der niedrigeren zahlungsfähigen Nachfrage der Vclksmassen. Gleichzeitig verhindert das Privateigentum die Einhaltung der objektiven Proportionen in der Herstellung der verschiedenen Produktenarten. Jeder Kapitalist sucht einen möglichst großen Teil des für die gesamte kapitalistische Produktion zu kleinen Absatzmarktes für die Erzeugnisse seines Betriebes zu gewinnen. In diesem Konkurrenzkampf bedienen sich die Kapitalisten besonders im Außenhandel, sei es zur Fernhaltung ausländischer Waren vom Markte des eigenen Landes, sei es zur Erleichterung des Eindringens in ausländische Märkte, der Staatsgewalt. 40
Berliner Tageblatt, Abendausgabe vom 4. 1. 1930. Laut „Kurjer Warszawski" vom 9. 1. 1930 sagte Diamand wörtlich: „ W i r haben ihn entfesselt. Ich war Zeuge. Ich hatte das Versprechen der Regierung, daß dieser Krieg nicht stattfinden werde. Kaum war ich nach Berlin gefahren, da entfesselte man ihn telegraphisch . . .".
62
II. Der Ausbruch des Wirtschaftskrieges
Warum nahm nun der Konkurrenzkampf des deutschen Kapitals gerade mit dem polnischen und nicht mit den größeren Konkurrenten die Form des Wirtschaftskrieges an? Ein Wirtschaftskrieg gegen die USA oder England hätte allen Wirtschaftszweigen von Anfang an riesige Opfer auferlegt, und die Aussichten, die gewünschten Handelserleichterungen mit den Mitteln des Wirtschaftskrieges zu erreichen, wären äußerst gering gewesen. Zudem war das deutsche Kapital zu diesem Zeitpunkt finanziell auf diese Länder angewiesen. In der Hauptsache hatte der Ausbruch des tiefgreifenden Wirtschaftskrieges zwischen Deutschland und Polen jedoch nicht wirtschaftliche, sondern politische Gründe. Der deutsche Imperialismus, der 1914 das Schwert gezogen hatte, um die Welt zu seinen Gunsten neu zu verteilen, hatte statt dessen sogar einen Teil seines alten Herrschaftsgebietes eingebüßt. Neben Elsaß-Lothringen war das vor allem Ost-Oberschlesien und Posen-Westpreußen. An den ökonomischen Machtverhältnissen in Deutschland hatte sich nach dem ersten Weltkrieg nichts Grundsätzliches verändert. Das imperialistische Streben nach der Neuverteilung der Erde war also nach wie vor vorhanden, wenn auch die deutschen Imperialisten vorläufig noch nicht stark genug waren, um einen zweiten Versuch zur Verwirklichung ihrer alten »veitreichenden Pläne unternehmen zu können. Angesichts dessen richtete sich ihre Gier zunächst auf die verlorenen polnischen Gebiete, die sie sogar trotz ihrer damaligen militärischen Schwäche nach außen mit den ihnen verbliebenen Machtmitteln wiedergewinnen zu können hofften. Sie legten alles darauf an, die angebliche Lebensunfähigkeit des jungen polnischen Staates vor den Großmächten zu demonstrieren. Deshalb war die Wirtschaftspolitik der Weimarer Republik gegenüber Polen stets dem Revanchestreben untergeordnet/*1 Die Entscheidung, gegen Polen den Wirtschaftskrieg zu führen, fiel ]edoch nicht ohne heftige Kämpfe innerhalb der herrschenden Klasse Deutschlands. Hier sind einmal die Wirtschaftskreise, vor allem in Schlesien, zu nennen, die vorwiegend auf den Handel mit Polen orientiert waren, schon die Rückschläge der erpresserischen Ausfuhrsperre von 1920 bis 1922 erlitten hatten und energisch für enge Handelsbeziehungen zu Polen eintraten. So sandte der Bund niederschlesischer Industrieller am 2. April 1925 aus Hirschberg folgendes Telegramm an das Auswärtige Amt: „ . . . A l s Interessenvertretung gesamter niederschlesischer Industrie protestieren wir gegen alle Bestrebungen polnisch-oberschlesische Grenze zu schließen oder Ein- und Ausfuhr zu erschweren. Unsere Industriewerke sind Kohlen- und Eisen Verbraucher größten Stils. Vermeidung von Preissteigerungen Lebensfrage . . ," 4 2 Auch der Präsident der Handelskammer Breslau, Grund, der an der Katowicer Concordia-Import-Export A G beteiligt war, sprach sich gegen die Grenzsperre aus. Auf der Sitzung der deutschen Delegation und der Generalsachverständigen am 21. März 1925 trat er dem Generaldirektor Stähler 43 , 41
Siehe auch K a p . I. 5.
42
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t N r
4;!
Heinrich Stähler war Generaldirektor der Donnersmarckhütte
65364, Bl. 3. Oberschlesische
Eisen- und Kohlenwerke A G in Hindenburg sowie Vorsitzender des Oberschle-
63
2. Die Kriegserklärung
einem der eifrigsten Verfechter der Grenzsperre, entgegen: „ . . . I n normalen Zeiten, d. h., wenn die westoberschlesische Industrie in vollem Maße beschäftigt ist, wäre die westoberschlesische Kohlenindustrie wohl kaum in der Lage, die übrige Industrie West-Oberschlesiens mit den genügenden Mengen billiger Kohlen zu versorgen. Ohne billige Kohlen aber sei die unter ungünstigen Bedingungen arbeitende westoberschlesische Industrie nicht in der Lage, auf den inländischen und ausländischen Märkten zu konkurrieren . . ," 4 4 Zu harten Auseinandersetzungen kam es unter den Revanchisten selbst. Die eine Gruppe vertrat den Standpunkt, daß die Wirtschaftspolitik des Reiches darauf gerichtet sein müsse, der deutschen Kapitalisten gehörenden Industrie Ost-Oberschlesiens den deutschen Markt offenzuhalten, sie also wirtschaftlich und als Bollwerk der deutschen Nationalisten stark zu erhalten. Diese Meinung vertraten in erster Linie solche Leute, die an der ostoberschlesischen Industrie beteiügt waren. Die Auseinandersetzungen führten im April 1925 zum Austritt von drei führenden Vertretern dieser Gruppe, des Generaldirektors Heinrich Werner von der Verwaltung des Grafen Schaffgotsch in Gleiwitz 45 , des Generaldirektors Franz Pieler von der Verwaltung des Grafen Ballestrem in Gleiwitz 46 und des Generaldirektors der Preußengrube A G in Miechowitz 47 , Gustav Williger, dessen Unterschrift unter der Kriegsziel-Resolution der oberschlesischen Industriellen vom Jahre 1917 steht 48 , aus dem Vorstand des (Deutsch-) Oberschlesischen Berg- und Hüttenmännischen Vereins Gleiwitz. Kurz zuvor hatte die Deutsche Allgemeine Zeitung vom 17. März 1925 unter der Überschrift „Desperado-Politik" die Widersacher dieser Gruppe angegriffen und davor gewarnt, auf den Zusammenbruch der Industrie Polnisch-Oberschlesiens hinzuarbeiten:,,. . . große Teile der ost-oberschlesischen Montanindustrie könnten bankerott werden. Das würde ein Trümmerhaufen des deutschen Kapitals werden, aber noch lange kein Trümmerhaufen der Betriebe an sich! Die Betriebe, die heute in der Mehrzahl dem deutschen Kapital gehören, würden für ein Spottgeld an sischen Berg- und Hüttenmännischen Vereins
Gleiwitz, des
Kohlensyndikats
Gleiwitz und des Arbeitgeberverbandes der oberschlesischen B e r g - und H ü t t e n industrie. 44
DZA
Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 65 464, Bl. 38—41, Aktennotiz v. Behrs
über die Delegations-Sitzung am 21. 3. 25. 45
Schaffgotsch war u. a. Hauptaktionär der Godulla A G in Polnisch-Oberschlesien.
46
Ballestrems Grubenbesitz lag zum größten Teil auf polnischer Seite. Außerdem war er direkt und über die „Oberbedarf" indirekt an der Friedenshütte A G in Katowice stark beteiligt.
47
Die Preußengrube war der im deutschen Reichsgebiet verbliebene und in eine besondere Aktiengesellschaft umgewandelte Teil der K a t t o w i t z e r A G für Bergbau und Eisenhüttenbetrieb, die nach wie vor überwiegend deutschen Kapitalisten (Flick) gehörte.
48
DZA
Merseburg,
Stoephasius,
Rep. 87, Nr. 5, B d . 2, Handelskammer
Oppeln,
Williger —
1 1 . 12. 1917, an den Staatssekretär des Äußern, v. Kühlemann,
Abschrift an den Preußischen Minister für Landwirtschaft.
64
I I . Der Ausbruch des Wirtschaftskrieges
Kapitalisten anderer Nationen oder an Polen übergehen . . . Mit der Industrie steht und fällt ganz zweifelsohne das Deutschtum in Oberschlesien. Das flache Land (d. h. die Bauernschaft und große Teile der Grubenarbeiterschaft) hat überwiegend polnisch g e s t i m m t . . . Man kann nicht Methoden empfehlen, die das Deutschtum in Ost-Oberschlesien vernichten müssen und deshalb den Wiedererwerb Oberschlesiens illusorisch machen." Die andere Gruppe der deutschen Revanchisten trat für den rücksichtslosen Wirtschaftskrieg ein, der Polnisch-Oberschlesien in die Katastrophe stürzen und dadurch die polnische Regierung den Revisionsforderungen der deutschen Imperialisten gefügig machen sollte. Von dieser zahlreichen Gruppe seien hier nur einige wenige Stimmen angeführt. Der Syndikus der Handelskammer Oppeln, v. Stoephasius, der neben Williger die Raubkriegs-Forderungen unterzeichnet hatte, riet auf einer Sitzung im Reichswirtschaftsministerium am 5. Februar 1925, keine Kontingente für Ostoberschlesien einzuräumen und den Zollkrieg gegen Polen zu führen/*9 Generaldirektor Stähler, zusammen mit dem Generaldirektor des Borsigwerkes, Euling, Hauptscharfmacher in der Leitung des Oberschlesischen Berg- und Hüttenmännischen Vereins Gleiwitz, schloß sich der Meinung Stoephasius' an und erklärte, „er trage keine Bedenken, in einen Handelskrieg mit Polen einzutreten." 5 0 Auch auf der Sitzung der deutschen Delegation und der Generalsachverständigen am zi. März 1925 bezog er diese Linie und bezeichnete gegenüber den vom Reichsfinanzministerium geäußerten Befürchtungen die aus dem Wirtschaftskrieg für die deutsche Wirtschaft erwachsenden Folgen als „nicht sehr groß", wobei er von den Vertretern der preußischen Staatsregierung unterstützt wurde. 51 A m 21. April 1925 faßte der Ausschuß für Handel und Industrie des Wahlkreisverbandes Oberschlesien der großindustriellen Deutschen Volkspartei eine Entschließung zu dieser Frage und sandte sie mit dem Hinweis, daß sie nicht für die Öffentlichkeit, sondern als Parteiangelegenheit gedacht sei, an den Parteivorsitzenden und Reichsaußenminister Stresemann. Darin wandten sich die Ausschußmitglieder gegen die öffentlichen Erklärungen einiger Abgeordneter der Deutschen Volkspartei, Deutschland müsse mit Rücksicht auf die deutschen Kapitalinteressen in Polnisch-Oberschlesien Polen Zugeständnisse machen. „ . . . Unsere örtlichen Erfahrungen im Grenzgebiet gehen dahin, daß die bisherige hinhaltende Führung der Verhandlungen bereits einen heilsamen Einfluß auf das Verhalten der polnischen Regierung gegenüber der ostoberschlesischen deutschen Industrie ausgeübt hat, weil die polnische Regierung erkannt hat, daß sie nur mit Hilfe des Deutschtums in Ostoberschlesien ein einigermaßen für sie günstiges Ergebnis der Verhandlungen erzielen kann . . . " 5 2 40
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 67386, Bl. n — 1 3 , Protokoll der genannten Sitzung.
60
Ebenda.
51
DZA
Potsdam,
Auswärtiges A m t Nr. 65 464, Bl. 38—41, Aktennotiz v. Behrs
über die genannte Sitzung. 52
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 67 386, Bl. 65—67, Deutsche Volkspartei, Dr. Rachner, Gleiwitz 21. 4. 1925, an Stresemann.
2. Die Kriegserklärung
65
Die verschiedenen Gruppen machten auch noch nach dem Beginn des Wirtschaftskrieges ihren Einfluß auf die verschiedenen Regierungsstellen geltend. Dirauf ist das Hin und Her der Instruktionen zurückzuführen, über das sich der deutsche Gesandte in Warschau bitter beklagte. 53 Doch das entscheidende Wort sprach weder die Gruppe von Industriellen und Großkaufleuten, die sich von der Entfaltung des friedlichen Handels die größten Vorteile versprach (Wortführer Grund), noch die Gruppe, die ihre revanchistischen Ziele durch die Stärkung der deutschen Industriewerke in Polnisch-Oberschlesien durchzusetzen hoffte (Williger). Zur Anwendung gelangte die innerhalb der deutschen Verhandlungsdelegation von Stähler verfochtene revanchistische Linie der westoberschlesischen Konzerne, die selbst keine größeren Kapitalinteressen in Polnisch-Oberschlesien besaßen, für die im Gegenteil die Ausschaltung der ostoberschlesischen Konkurrenz durchaus vorteilhaft war. Diese Linie setzte sich durch, weil sie zugleich mit den Gesamtinteressen des deutschen Finanzkapitals übereinstimmte. Bei den Beziehungen zu Polen ging es ja nicht nur um wirtschaftliche Tagesfragen, sondern mehr noch um weitreichende politische Ziele. Die entscheidende Weisung des Finanzkapitals erhielt die Reichsregierung durch Ernst u. Conrad v. Borsig, die an der westoberschlesischen Industrie beteiligt waren, zugleich aber zu den Spitzen des deutschen Finanzkapitals gehörten.54 Ihr Privatsekretär übergab am 15. Juni 1925 den höchsten Beamten des Auswärtigen Amtes eine Denkschrift unter dem Titel „Der Standpunkt der deutsch-oberschlesischen Industrie bei den deutsch-polnischen Wirtschaftsverhandlungen" 55 , in der gegen die Kreise des deutschen Kapitals zu Felde gezogen wird, die, aus welchen Gründen auch immer, Bereitschaft zu wirtschaftlicher Verständigung mit Polen an den Tag legten. Vom Gesichtspunkt des Konkurrenzkampfes wurde in der Denkschrift die starre Ablehnung so begründet: „Unter dem Druck der unnatürlichen Verhältnisse sucht heute die oberschlesische Kohle Absatzgebiete, in denen sie anderen deutschen Produktionsstätten (z. B. der Ruhrkohlenindustrie) Konkurrenz macht, die fortfallen würde, wenn die polnische Kohle die deutsch-oberschlesische nicht mehr aus ihren natürlichen Absatzgebieten verdrängen würde." Eindeutig legte die Denkschrift schließlich die Marschrichtung auf Intervention und Revanche fest: „ . . . Wenn überhaupt Aussicht vorhanden ist, diesen Polonisierungsprozeß56 aufzuhalten, so kann dies nur auf dem Wege geschehen, daß man die Abhängigkeit Polens von dem deutschen Markte in einer Weise festlegt, die es uns ermöglicht, ständig einen Druck auf die polnische Regierung zur Erreichung dieses Zieles auszuüben.". . P 53
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 65 737,
Bl. 92—96, Rauscher,
Warschau
19. 6. 1925, an Zechlin. 54
Ernst v. Borsig war u. a. Vorsitzender der Vereinigung der deutschen geberverbände,
Präsidialmitglied
im Reichsverband
der Deutschen
Arbeit-
Industrie
und Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bank. Conrad v. Borsig saß u. a. im Zentralausschuß der Reichsbank. 55
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 65737, Bl. 53—56.
56
In Polnisch-Oberschlesien.
5
Puchert, Wirtschaftskrieg
57
Hervorhebung im Original.
66
II. Der Ausbruch des Wirtschaftskrieges
Die Borsigs verlangten also nicht mehr und nicht weniger als die Einmischung des Deutschen Reiches in innere Angelegenheiten des polnischen Staates. Durch den Wirtschaftskrieg sollte die polnische Regierung in der Wahrnehmung ihrer souveränen Rechte auf polnischem Territorium behindert werden. Dieser Marschbefehl des Finanzkapitals wurde dann auch von der Reichsregierung befolgt. Indes lebte man ja in einer „Demokratie", daher brachte der rechte Gewerkschaftsführer W. Eggert die Befehlsempfänger des Finanzkapitals frühzeitig auf die Idee, dem Publikum den Wirtschaftskrieg gegen Polen als eine Arbeiterforderung hinzustellen.58 Selbstverständlich litten die oberschlesischen Arbeiter unter der Kohlenkrise, selbstverständlich protestierten sie gegen die Verschlechterung ihrer Lebenslage und forderten Abhilfe, selbstverständlich sandten sie ihre Proteste an ihre Werkleitungen, aber daß die Vereinigung der Ausbeuter, der Berg- und Hüttenmännische Verein, diese Proteste sammelte und selbst an die Reichsregierung befürwortend weitergab, das war doch sonst nicht üblich! Hier wurde die berechtigte Empörung der Arbeiter über die kapitalistische Ordnung, die ihnen keine kontinuierliche Arbeit sichern konnte, von ihren Ausbeutern für revanchistische Zwecke mißbraucht. Der Betriebsrat der Karsten-Centrum-Grube Beuthen schrieb am 23. März 1925: „ . . . Infolge der Feierschichten hat nach unserer Feststellung im Monat Februar bei nur 20 Arbeitstagen ein Arbeiter mit 2 Kindern 61 Mark verdient. Nach Abzug der Sozialversicherungen, Steuern pp. verbleibt dem Betreffenden ein Nettolohn von 45 Mark, welcher auf die Woche 11.25 Mark ausmacht. Unter diesen Umständen ist es der Arbeiterschaft nicht möglich zu existieren, und wir ersuchen dringend um Abhilfe . . ." 5 9 Der Betriebsrat des Gräfin Johanna-Schachts in Bobrek teilte am 27. März 1925 mit, „daß auf der Grube seit Januar 16 Feierschichten eingelegt und die Arbeiter dadurch insgesamt um ca. 200000 Mark Lohn geschädigt worden sind . . Z' 60 Die Not der Bergarbeiter wurde weidlich ausgenützt, und als am 15. Juli die Verhandlungen der beiderseitigen Delegationen wegen der Unvereinbarkeit der Standpunkte abgebrochen wurden, sagte Reichsaußenminister Stresemann dem polnischen Delegationsleiter Prqdzynski nicht etwa, daß die deutschen Monopolherren, sondern „daß die sozialistischen Gewerkschaften sich der Erhöhung des Kontingents über 100000 Tonnen widersetzen." 61 War die polnische Regierung am Wirtschaftskrieg schuldlos? Selbst wenn man einräumt, daß die Fernhaltung der deutschen Fertigwaren die Entwicklung der 58
59
60 61
D Z A Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 65464, Bl. 38—41, Aktennotiz v. Behrs über die Sitzung der deutschen Delegation und der Generalsachverständigen am 2 1 . 3. 1925. D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 65364, Bl. 8—13, Oberschlesischer Bergund Hüttenmännischer Verein, SchaSrath, Gleiwitz 2. 4. 1925, an das Auswärtige Amt. Ebenda. A M S Z Warschau, Gesandtschaft in Berlin w. 164, Regierungsbevollmächtigter Prqdzyilski, Berlin 15. 7. 1925, an das polnische Außenministerium.
2. Die Kriegserklärung
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jungen polnischen verarbeitenden Industrie begünstigte, so steht doch fest, daß der Zeitpunkt des Ausbruchs des Wirtschaftskrieges für Polen äußerst ungünstig lag. Der Führer der Christlich-Demokratischen Partei Polens, Korfanty, behauptete zwar am 2 1 . März 1 9 2 5 in einer Zuschrift an die Zeitung „Rzeczpospolita": „ . . . Die polnische Position ist stark . . . Wir bangen nicht um den Absatz unserer Kohle . . . Wir fürchten den Zollkrieg nicht. . . " , doch kann man diese Worte in dem gegebenen Zeitpunkt nur als Aufschneiderei bezeichnen. In der kritischen Situation, in der sich Polens Wirtschaft damals befand, veröffentlichte der Krakauer „ C z a s " am 3. Mai 1 9 2 5 einen Leitartikel, der sich absolut für eine Einigung mit Deutschland und sogar für ein Zugeständnis in der Niederlassungsfrage aussprach. Der Name des Verfassers dieses aufsehenerregenden Artikels wurde streng geheim gehalten, so daß der deutsche Konsul in Krakau nach mehreren vergeblichen Erkundungsversuchen zu der Ansicht gelangte, daß der Leitartikel von der polnischen Regierimg lanciert worden sei. 62 Der damalige polnische Ministerpräsident W. Grabski betont in seinen Memoiren, daß in den Wochen vor Beginn des Wirtschaftskrieges in polnischen Regierungskreisen durchaus keine einheitliche Auffassung in diesen Fragen herrschte: „Hinsichtlich der A r t und Weise, wie man sich auf den deutschen Angriff vorbereiten solle, entstanden sofort zwei Meinungen: die eine, man solle sich passiv verhalten und im Falle der Schließung der deutschen Grenze für unsere Kohle protestieren, warnen und in Verhandlungen eintreten, um eine Freigabe für unsere Ausfuhr zu erreichen, die andere, man solle die Herausforderung annehmen und mit dem Verbot der Einfuhr verschiedener Waren aus Deutschland nach Polen darauf reagieren. Die Delegation teilte eigentlich die erste Ansicht, ebenso übrigens wie die meisten Vertreter der Ministerien. Aber diese Ansicht wurde nicht klar und deutlich ausgesprochen. Ich sah, daß die meisten eigentlich im Zwiespalt waren, was geschehen solle. Man begriff, daß Deutschland geneigt und bestrebt war, uns zu demütigen, und daß es wert wäre, seine Attacken gebührend zurückzuweisen. Doch man .fürchtete, daß uns das zu teuer zu stehen kommen könnte, daß Deutschland es dann nicht bei der Kohle bewenden lassen und noch andere Beschränkungen gegen uns anwenden werde, daß auf der ganzen Linie der Zollkampf entbrennen werde, der zu unserer völligen Niederlage führen könne. Man blickte auf mich, weil nur ich allein sagen konnte, ob wir es uns erlauben könnten, bewußt in den Zollkrieg mit Deutschland zu gehen. . . . Ich zog . . . in Erwägung, daß, wenn Deutschland uns den Krieg erklären will, unsere Nachgiebigkeit ihm gegenüber uns keineswegs vor diesem Krieg bewahrt. . . Ohne im geringsten den Abbruch der Zollbeziehungen mit Deutschland zu wünschen, welcher jedenfalls ein großes Element des Risikos in sich barg, sagte mir doch die Vernunft, daß wir uns grundsätzlich nicht davor fürchten dürften, sondern uns nur gut darauf vorbereiten, also im Augenblick der ersten und der 62 5*
DZA Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 65364, Bl. 129—137.
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II. Der Ausbruch des Wirtschaftskrieges
weiteren Attacken von deutscher Seite eine ganze Serie von Gegenmaßnahmen fertig geplant haben müßten. Ich entschied daher, daß wir im Falle des deutschen Angriffs in den Zollkrieg gehen . . ," 6 3 So klar es ist, daß die polnische Bourgeoisie zum mindesten in diesem Augenblick keinen Wirtschaftskrieg mit ihrem größten Handelspartner wünschte, so ist sie doch nicht von der Mitschuld loszusprechen. Sie hatte sich durch ihre ganze Politik jener bedeutenden Rückenstärkung begeben, ohne die sie dem Druck der großen imperialistischen Mächte, besonders Deutschlands, auf die Dauer nicht widerstehen konnte und schließlich im Jahre 1939 vollständig erlegen ist. Ihre antisowjetische Politik hatte sich nicht in der militärischen Intervention erschöpft, sondern fand auch in der Ablehnung aller Vorschläge der Sowjetregierung und der Kommunistischen Partei Polens zur Herstellung guter Handelsbeziehungen zwischen beiden Staaten ihren Ausdruck.64 Damit versperrte sich die polnische Bourgeoisie selbst den gewaltigen Markt der Sowjetunion, wohin vor dem Kriege viele Waren von der polnischen Industrie verkauft worden waren, deren Aufbaubedarf der darniederliegenden Wirtschaft Polens schon damals eine wesentliche Belebung hätte verschaffen können und deren Entwicklungsperspektive ohne Krisen ständig wachsende Absatzmöglichkeiten für die Zukunft in Aussicht stellte. Es ist sehr zu bezweifeln, daß die deutschen Imperialisten gegen ein wegen seiner guten Handelsbeziehungen mit der Sowjetunion wenig verwundbares Polen auch zum Wirtschaftskrieg geschritten wären. Durch ihre Ablehnung jeder Zusammenarbeit mit der Sowjetunion ermutigte die polnische Regierung geradezu die deutschen Revanchisten. 3. Die Hauptstreitpunkte im Jahre 1925 a) Die K o h l e n f r a g e Das Problem der Belieferung des deutschen Marktes mit oberschlesischer Steinkohle, an dem sich der Wirtschaftskrieg entzündete, entstand nicht erst im Jahre 1925. Es war älter als die Republik Polen selbst. In ihm kam der Konkurrenzkampf zwischen den Steinkohlenkonzernen des rheinisch-westfälischen und des oberschlesischen Reviers, der seinerseits von der internationalen Konkurrenz beeinflußt wurde, zum Ausdruck. 63
64
Grabski, Wiadyslaw, Dwa lata pracy u podstaw paiistwowoSci naszej 1924—1925. (Zwei Jahre Arbeit an den Grundlagen unseres Staatswesens 1924—1925), Warszawa 1927, S. 1 7 1 — 1 7 3 . Die wissenschaftliche Beweiskraft von Memoiren kann nur unter starken Vorbehalten anerkannt werden, im allgemeinen deshalb, weil die persönliche Erinnerung an Einzelheiten im Laufe der Jahre an Exaktheit einbüßt, im besonderen aber bei gestürzten Politikern deshalb, weil die Möglichkeit besteht, daß sie, um sich zu rechtfertigen, gewisse ihrer Handlungen oder Unterlassungen nicht völlig wahrheitsgetreu darstellen. Vgl. Kowalski, Jözef, a. a. O., S. 2ioff.
3. Die Hauptstreitpunkte im Jahre 1925
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Die bedeutendsten Kohlenproduzenten waren vor dem ersten Weltkrieg die USA (418 Mill. t Stein- und Braunkohle), Großbritannien (268 Mill. t Stein- und Braunkohle), Deutschland (148,8 Mill. t Stein- und 68,7 Mill. t Braunkohle), ferner Frankreich (37 Mill. t Stein- und 0,7 Mill. t Braunkohle), Rußland (26,7 Mill. t Stein- und Braunkohle), Belgien (23,5 Mill. t Steinkohle) und Österreich-Ungarn (15 Mill. t Stein- und 33,7 Mill. t Braunkohle).®» Von den genannten Ländern wiesen nur Großbritannien, Deutschland und die USA einen Ausfuhr-Überschuß auf. Dabei hatte sich der englische Kohlenexport auf Grund der früheren Industrialisierung Englands auf zahlreichen europäischen Märkten festsetzen können. Das zeigte sich z. B. im Jahre 1909 darin, daß Deutschland zwar mit 3 1 3 Mill. Mark der zweitgrößte Steinkohlen-Exporteur, zugleich aber mit 166,3 Mill. Mark der drittstärkste Steinkohlen-Importeur der Welt war.6G Die Konkurrenz besonders auf dem norddeutschen Markt wurde der englischen Steinkohlenindustrie nicht zum mindesten dadurch erleichtert, daß ihre Gruben in relativer Nähe zu den Seehäfen liegen, während die Steinkohle sowohl aus dem Ruhr- und Aachener Revier als auch aus Oberschlesien weite Strecken mit der Eisenbahn befördert werden mußte. Der Export der westdeutschen Kohle über die nahe Grenze nach Frankreich und Belgien und der oberschlesischen Kohle über die nahe Grenze nach Osten und Süden war dadurch erschwert, daß auf der anderen Seite der Grenze sich ebenfalls Kohlenreviere befanden. So mußten beträchtliche Mengen der westfälischen und der schlesischen Kohlen auf dem innerdeutschen Markt konkurrieren. Die nicht im oberschlesischen Industriegebiet selbst verbrauchten Kohlenmengen fanden ihren nächsten Markt im 200 km entfernten Breslau, wo sie lediglich auf die lokale Konkurrenz der niederschlesischen Kohle (Jahresförderung 1908: 5,3 Mill. t)67 stießen. Die verhältnismäßig nahe gelegene sächsische Industrie wurde zum größten Teil vom sächsischen Steinkohlenbezirk (Jahresförderung 1908: 5 Mill. t)68 selbst versorgt. Das Gebiet westlich der Elbe schied als Absatzgebiet für oberschlesische Kohle allein schon wegen der geringeren Entfernung zum Ruhrgebiet mehr oder weniger aus. Diejenigen Teile des ostelbischen Gebiets, die für Oberschlesien geographisch günstiger als für das Ruhrrevier liegen, boten wegen ihrer schwachen Industrialisierung nur geringe Absatzmöglichkeiten für Steinkohle, wobei sich gerade hier zusätzlich die Konkurrenz der Niederlausitzer Braunkohle bemerkbar machte. Ein Gebiet gab es aber, dessen starke Industrie und hohe Bevölkerungszahl große Absatzmöglichkeiten für Kohle boten: Berlin und Umgebung. Dieser Raum war vom Ruhrgebiet und von Oberschlesien etwa gleich weit entfernt. Hier kulminierte also der Konkurrenzkampf dieser beiden Reviere sowie der englischen Kohle. Tatsächlich lieferten im Jahre 1 9 1 1 nach Berlin mit Vororten: Oberschlesien 65
Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich 1914. Anhang „Internationale Übersichten", Tabelle 19. Genannte Zahlen jeweils für das Jahr 1909. 66 Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich 1 9 1 1 . Tabelle 3 6 / 1 1 . 67 Ebenda, S. 102—103. «8 Ebenda.
70
II. Der Ausbruch des Wirtschaftskrieges
1629000 t, das Ruhrgebiet 1415000 t und England 1412000 t Steinkohle.69 Diese Absatzziffern besagen, daß der Konkurrenzkampf auf dem Berliner Markt zu diesem Zeitpunkt nicht entschieden war und die oberschlesische Kohle ein ganz leichtes Übergewicht über die Ruhrkohle beziehungsweise die englische Kohle besaß. Das Bild wird jedoch klarer, wenn man die Entwicklungstendenz berücksichtigt : Anteil der oberschlesischen Kohle an der Belieferung des Berliner Zyklus 1880-1887 1888-1894 1895-1902 1903-1909 1910-1913
Marktes70
Anteil 69,6 68,7 58,3 49,4 40,5
Die oberschlesische Kohle wurde also vor dem Weltkrieg immer mehr vom Berliner Markt verdrängt. 71 Nach dem Kriege trat zeitweilig eine gewisse Milderung des Konkurrenzkampfes zwischen dem Ruhrrevier und dem oberschlesischen Revier ein. Maximal 20 Mill. Tonnen deutscher Steinkohle mußten j ährlich an Frankreich als Wiedergutmachung für die Beschädigung französischer Gruben während des Krieges und 25 Mill. Tonnen an Frankreich, Belgien, Italien und Luxemburg geliefert werden.72 Diese 45 Mill. Tonnen kamen der im Jahre 1908 vom rheinisch-westfälischen Revier insgesamt verkauften Kohlenmenge nahe.73 Oberschlesien mußte monatlich 200000 Tonnen an Österreich, 20000 Tonnen an Italien und 250000 Tonnen an Polen liefern.74 Diese Zwangslieferungen von 506400001 Steinkohle entsprachen 38,5 Prozent der tatsächlich im Jahre 1920 im verbliebenen deutschen Territorium (noch einschl. Ost-Oberschlesiens) geförderten Menge, so daß trotz der schwächeren Nachfrage der deutschen Industrie Kohlenmangel herrschte. 69
70
71
72 73 7i
Osborne, Sydney, Die oberschlesische Frage und das deutsche Kohlenproblem. Berlin 1 9 2 1 , S. 223—224. Popkiewicz, Jözef und Ryszka, Franciszek, Przemysl ciezki Görnego Slqska w gospodarce Polski miedzywojennej. (Die Schwerindustrie Oberschlesiens in der Wirtschaft Polens zwischen den beiden Weltkriegen), Opole 1959, S. 34. Nach Ettling, Karl, Die Kartelle im oberschlesischen Steinkohlenbergbau. Jena 1939, S. 23, sollen die Opfer des Kampfes um den Berliner Markt in der Hauptsache von den west-oberschlesischen Gruben getragen worden sein. R G B l . 1919. S. 1035—1039, Versäiller Vertrag, Teil V I I I , Anlage V, §§ 1—7. 52,5 Mill. t. — Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich 1 9 1 1 . S. 103. D Z A Merseburg, Rep. 77, Tit. 856, Nr. 17, Bd. 3, Auswärtiges A m t Friedensabteilung 16. 2. 1920 an den Preußischen Minister des Innern.
3. Die Hauptstreitpunkte im Jahre 1925
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In dieser Situation erfolgten die Teilung Oberschlesiens, der Abschluß der Genfer Oberschlesien-Konvention am 1 5 . Mai 1 9 2 2 und die Festlegung der darin vorgesehenen zollfreien Einfuhrkontingente. Bereits in diesen Verhandlungen bemühten sich die deutschen Delegierten, sich Druckmittel gegen Polen zu verschaffen. Allerdings waren diese Versuche, da der Versailler Vertrag, dessen Präzisierung und Durchführung die Genfer Konvention diente, bindende Bestimmungen enthielt, die die deutschen Imperialisten zu diesem Zeitpunkt noch respektieren mußten, erschwert. Ihre ohnmächtige W u t darüber, daß sie gegen Polen noch nicht nach Wunsch vorgehen konnten, spürt man unter anderem aus folgendem Satz, der einer vertraulichen Darlegung eines Mitglieds der deutschen Delegation in Genf entnommen ist: „ . . . Mit einem gewissen Raffinement ist auch dafür gesorgt, daß die wirtschaftlichen Zugeständnisse, die Deutschland sonst hätte teuer verkaufen können, ohne weiteres zu gewähren sind, so daß Deutschland nicht in der Lage wäre, einen Wirtschaftskrieg an seiner Grenze gegen die polnische Zone zu führen. . Z' 7 5 Hierbei handelte es sich um die im Versailler Vertrag enthaltene und in Genf für Ost-Oberschlesien übernommene Bestimmung, daß aus dem abgetretenen Gebiet 3 Jahre lang bestimmte Waren nach Deutschland zollfrei und ohne Behinderung eingelassen werden mußten. Nach Abschluß der Genfer Konvention mußten noch die genauen Mengen dieser Einfuhrkontingente vereinbart werden. Zwar war schon in Versailles festgelegt worden, daß diese Kontingente den im Durchschnitt der Jahre 1 9 1 1 bis 1 9 1 3 aus den abzutretenden Gebieten nach dem übrigen Deutschland gelieferten Mengen entsprechen sollten; die genauen Zahlen festzustellen, war aber äußerst kompliziert, da die Statistiken der Vorkriegszeit natürlich nicht die im Jahre 1 9 2 1 gezogene Grenze berücksichtigt hatten und insbesondere die Differenzierung des Verbrauchs innerhalb des vordem einheitlichen oberschlesischen Industriegebiets sich kaum einwandfrei ermitteln ließ. Daher stießen viele der von der polnischen Regierung benannten Zahlen auf den Sitzungen der Vertreter beider Staaten am 9. September 1 9 2 2 in Katowice und am 2 1 . Oktober 1 9 2 2 in Berlin auf Widerspruch und wurden gesenkt. Nur bei Kohlen und Koks, an denen damals in ganz Europa großer Bedarf herrschte, forderte die deutsche Delegation auf Antrag des Syndikus der Handelskammer Oppeln, v. Stoephasius, sogar eine Erhöhung zugunsten der Oberschlesischen Kokswerke in Zabrze 7 6 , 7 6 a . Allerdings tat die deutsche Delegation einen Schachzug, auf den die polnischen Vertreter angesichts der bestehenden Situation ohne weiteres eingingen, was sich 75
Archiv der Wojewodschaft und der Stadt Wroclaw (weiterhin geführt als W A P Wrociaw), Oberpräsident der Provinz Oberschlesien in Oppeln Nr. 96, Anlage zu: Regierungspräsident Oppeln 1. 9. 1922 an die Landräte, Oberbürgermeister und den Polizeipräsidenten in Zabrze. 70 A M S Z Warschau, Gesandtschaft in Berlin w. 129, Oberschlesischer Berg- und Hüttenmännischer Verein Katowice, Przybylski — Behaghel, 27. 6. 1925, an das polnische Außenministerium, das Industrie- und Handelsministerium und die Gesandtschaft in Berlin. 7,ia Die Stadt Zabrze wurde 1925 in Hindenburg umbenannt.
72
I I . Der Ausbruch des Wirtschaftskrieges
im Juni 1925 rächen sollte. Sie schlug nämlich vor, die bereits vereinbarten Positionen 35 Steinkohle 36 K o k s
1 3 3 2 6 1 7 8 t, 1 9 4 1 1 4 t und
37 Steinkohlenbriketts
83360 t
nicht formell in der endgültigen Kontingentliste aufzuführen, angeblich „zur Erleichterung des Verkehrs mit diesen Erzeugnissen". 77 Dieser Antrag erscheint auf den ersten Blick tatsächlich für beide Seiten vorteilhaft, da durch diese Regelung die ganze Prozedur der Beschaffung, Vorlage und Kontrolle der Ursprungszeugnisse für diese Waren überflüssig wurde. Worum es den Antragstellern wirklich ging, enthüllt die bereits zitierte vertrauliche Darlegung des Teilnehmers der Genfer Verhandlungen. Bereits dort hatte die deutsche Delegation sich geweigert, für die Vertragsdauer ein bestimmtes Kohlekontingent einzuräumen „in der Annahme, daß die polnische Zone in große Absatznot geraten wird und daß wir besser tun, die Mengen und die Sorten, die wir brauchen, am freien Markt zu kaufen . . . " Diese Linie wurde bei der Vereinbarung der endgültigen Kontingentsliste im Oktober 1922 befolgt: Herrschte in Deutschland großer Bedarf, so konnte die deutsche Regierung von der polnischen verlangen, daß sie für die Lieferungen der im Protokoll genannten maximalen Mengen sorge. Wurde die polnische Kohle aber den deutschen Kohlenbaronen lästig, so konnte man darauf hinweisen, daß in der Kontingentliste überhaupt keine Kohlen aufgeführt waren. Dieses Spiel war auf weite Sicht berechnet. Vorläufig bestand gar kein Interesse, die polnische Kohle fernzuhalten, im Gegenteil: Als im Januar 1923 französische und belgische Truppen das Ruhrgebiet besetzten, konnte die ostoberschlesische Kohle sogar einen vorübergehenden Vormarsch antreten. Während im Dezember 1922, also vor der Ruhrbesetzung, 550856 t Steinkohle aus Polnisch-Oberschlesien auf den deutschen Markt gelangt waren, stiegen die monatlichen Lieferungen im Januar 1923 auf 775865 t, im Februar 1923 auf 797848 t und im März gar auf 967504 t, und das trotz der allgemeinen Flaute in der deutschen Industrieproduktion.78 Diese starke Abnahme polnisch-oberschlesischer Kohle dürfte jedoch nicht so sehr auf entsprechend hohen Bedarf der deutschen Industrie zurückzuführen sein, sondern sehr darauf, daß diese sich vor dem angesichts der Abschnürung des Ruhrgebiets zu erwartenden Preisanstieg mit Kohlen für einige Zeit eindecken wollte. Von dieser Hochkonjunktur für die oberschlesischen Kohlenkonzerne zeugt auch die Tatsache, daß die Fürstlich Plessische Bergwerks77
D Z A Merseburg, Rep. 120C X I I I 6b, Nr. 8, Bd. 2, Bl. 1 5 2 - 1 5 9 ,
Deutsch-pol-
nisches Protokoll v o m 21. 10. 22 über die Durchführung der Bestimmungen des Artikels 224 des Abkommens über Oberschlesien v o m 15. 5. 22, Artikel 4. 78
DZA
Potsdam,
Reichswirtschaftsministerium
Nr. 2793,
Bl. 362,
Bericht
des
deutschen Generalkonsuls in Katowice, Frank, v o m 18. 4 . 1 9 2 3 an das Auswärtige Amt.
3. Die Hauptstreitpunkte im Jahre 1925
73
direktion, die jahrzehntelang die Preußischen Staatsbahnen beliefert hatte, während der sogenannten Ruhraktion dem Ersuchen des Reichsbahn-Zentralamtes, einen langfristigen Liefervertrag über größere Mengen abzuschließen, nicht nachkam und es den anderen oberschlesischen Kohlenkonzernen überließ, mit diesem Großabnehmer Kontrakte auf vier Jahre zu vereinbaren.79 Im Jahre 1924 gelangten 6775000 t 80 , also im Monatsdurchschnitt knapp 565000 t polnischer Kohle nach Deutschland. In den ersten $ i / 2 Monaten des Jahres 1925, also bis zum Fortfall der in der Genfer Konvention festgelegten Zollfreiheit, verkauften die Kohlenkonzerne Polnisch-Oberschlesiens nach Deutschland im Januar im Februar im März im April im Mai v. 1 . - 1 4 . Juni
478 566 t, 438093 t, 5 1 2 4 4 3 t, 457 773 t, S^SSt, 2 9 0 5 3 5 t, 8 1
also im Durchschnitt gut 490000 t pro Monat. Inzwischen veränderte sich die Situation. Die Reparationsgläubiger hatten festgelegt, daß die französischen und belgischen Truppen bis zum 3 1 . Juli 1925 das Ruhrgebiet räumen sollten. Damit mußte der Konkurrenzkampf der Ruhrkohle mit der oberschlesischen Kohle sich wieder verschärfen. Da im internationalen Maßstabe eine Kohlenabsatzkrise herrschte, mußte dieser Kampf dadurch noch eine Zuspitzung erfahren. Während im Ruhrrevier im Januar 1925 mit 3 7 8 6 1 4 1 täglich fast genau so viel gefördert wurde wie vor dem Kriege, sank die Förderung vom Februar an rapide ab und machte im April nur noch etwa 87 Prozent der Vorkriegsförderung aus. Gleichzeitig wuchsen die Haldenbestände bis zum April auf 6,7 Mill. t an, die der Förderung von 20 Tagen entsprachen. Während im Januar 1925 insgesamt 183 000 Feierschichten eingelegt wurden, mußten die Bergarbeiter im Februar 661000 und im März 619000 Schichten zwangsfeiern, so daß sie in diesen beiden Monaten annähernd je 4 Mill. Mark an Lohn einbüßten.82 Unter der Absatzkrise litten auch die Gruben im deutsch gebliebenen Teil Oberschlesiens. In ihrem Geschäftsbericht für das Jahr 1925 wies die Borsigwerk AG 79
80
81 82
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 6 5 6 9 1 , Bl. 7, Fürstlich Plessische Bergwerksdirektion, Generaldirektor Pistorius, 24. 3. 1925, an den Reichsverkehrsminister und das Auswärtige Amt. W A P Katowice, Hohenlohe Nr. 1946, Arbeitgeberverband der oberschlesischen Bergwerks- und Hüttenindustrie, Katowice 30. 8. 1925, an den polnischen Minister für Industrie und Handel. Ebenda. Nach: D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 65680, Bl. 269, Verein für die bergbaulichen Interessen, Essen 26. 4. 1925 an Delegationsleiter Lewald. — Eine im Auswärtigen A m t für Staatssekretär v. Schubert angefertigte Zusammenstellung spricht sogar von einem Haldenbestand von 10 Mill. t im Ruhrgebiet für Ende April 1925.
II. Der Ausbruch des Wirtschaftskrieges
74
darauf hin, daß im ersten Halbjahr 1925 „zahlreiche Feierschichten" eingelegt wurden und dennoch „ein gewaltiges Anwachsen der Haldenbestände" stattfand. 83 Die Schlesische Bergwerks- und Hütten-AG (Schlesag) in Beuthen berichtete über das Geschäftsjahr 1925: „Der bei Beginn des Berichtsjahres gegenüber den letzten Monaten des Jahres 1924 eingetretene Rückschlag im Kohlenabsatz hielt während der ersten sechs Monate ununterbrochen an, so daß bis Ende Juni annähernd 30000 Tonnen Kohle gestürzt werden mußten und die Bestände zu diesem Zeitpunkt fast 40000 Tonnen betrugen.. Z'84 Zusammenfassend meldete der (Deutsch-) Oberschlesische Berg- und Hüttenmännische Verein Gleiwitz für das erste Halbjahr 1925 die Einlegung von 457833 Feierschichten.85 In der gleichen Zeit stiegen die Haldenbestände wie folgt: Ende Ende Ende Ende Ende
Januar Februar März April Mai
257 990 281 381 3 1 3 772 327353 430851
t t t t t. 86
Eine besonders schwere Absatzkrise machte der niederschlesische Bergbau um Waldenburg durch. Dort wurde die Rekordhöhe des Haldenbestandes vom Jahre 1 9 1 1 (2124311) bereits im Februar 1924 überschritten (2480001). Im Februar 1924 mußten die Arbeiter 48764 Schichten feiern und verloren dadurch 181000 Mark an Lohn. Im August 1924 wurden sie durch 90411 Feierschichten bereits einer Lohnsumme von 378 000 Mark beraubt.87 Der besonders starke Absatzrückgang niederschlesischer Kohle rührte daher, daß vor dem Kriege 40 Prozent der Förderung an die tschechische Industrie geliefert worden waren, während diese jetzt von den tschechischen Gruben selbst versorgt wurde. Zwar hatte das Niederschlesische Kohlensyndikat im Schatten der Ruhrbesetzung Teile des süddeutschen Absatzmarktes erobern können, war hier aber allein schon durch die Länge und die Kosten des Antransportes gegenüber dem Rheinisch-Westfälischen und sogar gegenüber dem Gleiwitzer Syndikat im Nachteil. Von Waldenburg aus war die Bahnstrecke zwar kürzer als von Gleiwitz, die vor und nach dem Kriege von den niederschlesischen Kohlenindustriellen geführten Kämpfe um günstigere Eisenbahntarife hatten aber immer nur das Ergebnis gebracht, daß ihre Kohle mit höheren Frachtsätzen als die Gleiwitzer Kohle belegt wurde. Im sächsischen Steinkohlenrevier sank die Förderung von 3840001 im Monat Januar 1925 auf 3060001 im April. 83
W A P Katowice, Abt. Gliwice, Borsigwerk Nr. 157. Staatliches Kreisarchiv Tarnowskie Göry, Schlesag Nr. 110. 85 W A P Katowice, Jahresbericht des Oberschlesischen Berg- und Hüttenmännischen Vereins Gleiwitz für das Geschäftsjahr 1925, S. 4. »e Ebenda, S. 5. 87 D Z A Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 63793, Bl. 104—107, Denkschrift des Niederschlesischen Steinkohlensyndikats und des Vereins für die bergbaulichen Interessen Niederschlesiens vom September 1924. 84
3. Die Hauptstreitpunkte im Jahre 1925
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Über die beiden letztgenannten Reviere sagt eine im Auswärtigen Amt angefertigte Aufzeichnung: „Besonders katastrophal ist die Lage in Niederschlesien und Sachsen, wo unter den Bergarbeitern fast schon Hungersnot besteht." 88 Welchen Weg schlugen die Kohlenindustriellen und die leitenden Beamten der Regierung angesichts dieser Situation vor? Den einzigen endgültigen Ausweg aus der Absatzkrise, die revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft, wollten sie natürlich aus egoistischen Gründen nicht beschreiten. Auch die Lösung, die reguläre Arbeitszeit der Bergleute zu verkürzen, lehnten sie im Interesse der gesamten Kapitalistenklasse ab, da dann die Arbeiter der anderen Industriezweige ebenfalls für die Verkürzung des regulären Arbeitstages kämpfen würden. Stärkerer Druck auf die Arbeiter durch Arbeitsintensivierung und Lohndruck schuf noch keine neuen Käufer, wohl aber Gegendruck. So stellten sie denn eine Forderung auf, die auch von Seiten der Arbeiterorganisationen Unterstützung finden konnte. Sie forderten, keine ausländische Kohle nach Deutschland hereinzulassen. Tatsächlich hätte das eine gewisse Milderung der Absatzkrise bedeutet. Allerdings müssen bei der Anerkennung der krisenmildernden Wirkung einer solchen Einfuhrsperre Einschränkungen gemacht werden. Bei der durch die Ausschaltung der ausländischen Lieferungen steigenden Nachfrage nach inländischer Kohle würden viele Grubenverwaltungen Investitionen vornehmen, die zur Steigerung der Produktion und bald zu neuem Uberangebot führen würden. Würden die Syndikate dem aber Einhalt gebieten, so würden Erhöhungen der Kohlenpreise erfolgen, die in der anarchischen kapitalistischen Wirtschaft allgemeine Teuerung und damit wieder neue Absatzschwierigkeiten hervorrufen müssen. Andererseits war die völlige Kohleneinfuhrsperre damals eine Forderung, die das deutsche Finanzkapital gar nicht konsequent vertreten konnte, wenn es sich nicht auf anderem Gebiete schaden wollte. Deshalb sprach der Verein für die bergbaulichen Interessen in Essen in seiner Eingabe an das Auswärtige Amt nur von „einer sachgemäßen nur den Bedürfnissen unseres Landes rechnungtragenden Handhabung der Zulassung ausländischer Kohle." 89 Was waren das für Bedürfnisse? Gewiß wurden in dem einen oder anderen Werk bestimmte ausländische, z. B. englische, Kohlensorten aus technischen Gründen bevorzugt. Ausschlaggebend war aber die ökonomische Erwägung, daß solchen Ländern, die gegen den deutschen Export Repressalien ergreifen konnten, weiterhin Kohlen abgekauft werden müßten. Für die Kohleeinfuhr nach Deutschland kamen aber in größerem Umfang nur England (1924= 6 Mill. t) und Polen (1924 etwa 6,8 Mill. t) in Betracht. Das englische Kapital war imstande, der deutschen IndustriewarenAusfuhr nicht nur nach England selbst, sondern auch in andere Länder, die mehr oder weniger von ihm abhängig waren, empfindliche Gegenschläge zu versetzen. 88 89
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 65364, Bl. 192—194. D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 65680, Bl. 269—271, Verein für die bergbaulichen Interessen Essen 26. 4. 25 an Delegationsleiter Lewald.
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II. Der Ausbruch des Wirtschaftskrieges
Von Polen aber glaubten die herrschenden Kreise Deutschlands, daß es ohne deutsche Industriewaren nicht leben könne, also gegen eine Kohlensperre wehrlos sei. Das deutsche Einfuhrverbot für Kohle galt zwar allgemein, also für England ebenso wie ab 15. Juni 1925 für Polen. Doch dieses Verbot besagte nur, daß die Kohleeinfuhr bewilligungspflichtig war. Noch ehe die britische Regierung bei den Verhandlungen über den deutsch-englischen Handelsvertrag Bedenken wegen des Weiterbestehens dieses Einfuhrverbots erheben konnte, beeilte sich die deutsche Regierung am 2. Dezember 1924 ihre Bereitschaft zu erklären, „den jetzigen Zustand für die Einfuhr englischer Kohle nach Deutschland für die Dauer des deutsch-englischen Handelsvertrages nicht zum Nachteil des englischen Handels zu verändern . . . Die Folge der Erklärung i s t . . . , daß Deutschland unter denselben Voraussetzungen wie bisher die Einfuhr englischer Kohle zulassen wird. . ."90 Gegenüber Polen aber wurde die Ausstellung von Einfuhrbewilligungen für Kohle ausdrücklich dem zuständigen Reichskommissar untersagt, denn „ . . . Eine solche Verpflichtung, wie sie Deutschland gegenüber England eingegangen ist, beruht auf den besonders gelagerten Beziehungen zu einem bestimmten Lande und läßt sich nicht ohne weiteres auf Beziehungen zu einem anderen Lande übertragen . . ," 9 1 , ja, der Reichswirtschaftsminister beugte einer eventuellen Einigung bei den deutsch-polnischen Wirtschaftsverhandlungen vor, indem er dem Auswärtigen Amt seinen Standpunkt darlegte: „Polen könnte . . . auch bei Gewährung der vollen Meistbegünstigung nicht verlangen, daß seine Kohle ebenso behandelt wird wie die englische."92 Angesichts dieser Diskriminierung muß man den 15. Juni 1925 als den Tag des Beginns des Wirtschaftskrieges bezeichnen. b) Die N i e d e r l a s s u n g s f r a g e Als den „Hauptstreitpunkt bei den deutsch-polnischen Handelsvertragsverhandlungen von Anfang an" bezeichnete Reichsaußenminister Stresemann im Reichstag am 18. Mai 1925 „das Niederlassungsrecht deutscher Kaufleute in Polen". Der industrielle Kapitalist ist in der Regel nicht daran interessiert, seine Waren selbst bis zu den Verbrauchern zu bringen. In der Zirkulationssphäre wird ja kein Mehrwert erzeugt, im Gegenteil, die Zirkulationskosten müssen aus dem von den Industriearbeitern geschaffenen Mehrwert gedeckt werden. Es ist für den industriellen Kapitalisten in der Regel vorteilhaft, einen Teil seines Profits dem Handelskapitalisten abzutreten, indem er ihm seine Waren unter dem Produktionspreis überläßt. Dieser deckt aus der Differenz die Zirkulationskosten und behält 90
Ebenda, Bl. 19—20, Reichswirtschaftsministerium Posse 6. 2. 1925 an das Auswärtige Amt. 9» Ebenda. 92 Ebenda.
3. Die Hauptstreitpunkte im Jahre 1925
77
für sich den kommerziellen Profit entsprechend dem Durchschnittsprofit. Für den industriellen Kapitalisten bedeutet diese Abtretung eines Teils seines Profits kein Opfer. Er spart den Teil seines Kapitals, den er sonst für die Einrichtung von Handelshäusern, für die Bezahlung der Handelsangestellten und für die anderen Handelskosten ausgeben müßte. Diesen Teil kann er zusätzlich in der Produktion anlegen. Verkauft er seine Waren an einen Handelskapitalisten statt an viele einzelne Verbraucher, so beschleunigt er den Umschlag seines Kapitals. Diese Verkürzung der Umschlagszeit führt zur Erhöhung seines Profits. Die deutschen Industriefirmen hätten also gar kein Interesse daran haben können, eigene ständige Handelsvertretungen in Polen einzurichten. Welcher Nationalität der Handelskapitalist war, der ihre Ware in Polen weiterverkaufte, hätte ihnen gleich sein können. Im konkreten Fall kann man diese Frage nicht beantworten, ohne den Gebrauchswert der Ware zu berücksichtigen. Nicht jeder Händler ist in der Lage, die notwendige Verbindung zwischen dem Produzenten hochwertiger, komplizierter Maschinen und den Konsumenten dieser Waren anzuknüpfen und aufrechtzuerhalten. Er müßte über viel Kapital verfügen, um diese Waren auf eigene Rechnung zu handeln oder um vom Produzenten eines längeren Warenkredits für würdig befunden zu werden. Hinzu kommt, daß der Käufer einer Maschine sehr oft gezwungen ist, Ersatzteile für diese Maschine von dem gleichen Produzenten zu kaufen, da andere kapitalistische Produzenten diesen Maschinen typ nicht herstellen. Der Händler müßte also zusätzlich Kapital besitzen, um ein umfangreiches Ersatzteillager zu halten. Reparaturen an gewissen komplizierten Maschinen können nur von wenigen Spezialisten ausgeführt werden. Selbst wenn der industrielle Kapitalist, der zwecks Ausschaltung der Konkurrenz sich die Reparaturen vorbehält, dem vermittelnden Kapitalisten das Recht zu Reparaturen an seinen Fabrikaten konzedierte, so erforderte das wieder Kapital, um für solche Spezialisten Lohn und Reisekosten vorschießen zu können. War der polnische Handel damals derartigen Anforderungen gewachsen? Infolge der 150jährigen Dreiteilung des Landes hatte sich die kapitalistische Wirtschaft in Polen zentrifugal, also als jeweiliges Anhängsel der Volkswirtschaft der drei Teilungsmächte Rußland, Österreich-Ungarn und Preußen-Deutschland entwickelt. Das hatte zur Folge, daß nach der Wiederherstellung des eigenen Staates Polens Handel, Verkehr und Bankwesen rückständig und schwach waren. Das traf auch noch zu, als im Jahre 1925 die Verhandlungen über einen deutsch-polnischen Handelsvertrag begannen. Vom wirtschaftlichen Standpunkt war es also notwendig, daß Vertreter deutscher Industriefirmen, besonders des Maschinenbaus, in Polen das Recht und die Möglichkeit zur Niederlassung erhielten. Dieses Niederlassungsrecht war in allen Staaten, selbst in hochentwickelten Industrieländern, selbstverständlich, lediglich einzelne damit zusammenhängende Rechte, z. B. zum Grunderwerb, wurden von den einzelnen Staaten unterschiedlich gehandhabt. Auch Polen gewährte in seinen Handelsverträgen ein weitgehendes Niederlassungsrecht. Darauf gestützt, forderte die deutsche Regierung
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II. Der Ausbruch des Wirtschaftskrieges
die Meistbegünstigung auch in dieser Frage, also das kaum beschränkte Niederlassungsrecht für deutsche Reichsangehörige. Im Verhältnis zwischen Polen und Deutschland hatte die Niederlassungsfrage jedoch nicht nur wirtschaftliche, sondern vielmehr hochpolitische Bedeutung. Besonders in den Jahrzehnten vor dem Weltkrieg hatte die herrschende Klasse Deutschlands eine systematische Germanisierungspolitik in den unter deutscher Herrschaft stehenden polnischen Gebieten betrieben. Neben der Unterdrückung der polnischen Sprache und Kultur, die den Bewohnern das Bewußtsein ihrer polnischen Nationalität rauben sollte, spielte die Niederlassung Hunderttausender deutscher Menschen eine besondere Rolle. Das waren nicht nur Beamte, Offiziere und Lehrer, die, wenigstens zu einem Teile, nach gewisser Dienstzeit wieder abwanderten. Für die Germanisierung wichtiger war die Ansiedlung deutscher Bauern und Handwerker, die ihren Landbesitz auf polnischem Boden nicht frei verkaufen konnten oder durch Ansiedlungskredite gebunden waren, so daß das deutsche Bevölkerungselement auf polnischem Boden immer zahlreicher wurde. Hinzu kam, daß der zunehmende deutsche Guts- und Industriebesitz immer mehr deutsche Agronomen, Veterinäre, Ingenieure und Facharbeiter heranzog. Nach 1 9 1 8 hatten viele von ihnen, teils freiwillig, teils auf amtlichen polnischen Druck, das Land wieder verlassen, aber viele Angehörige gerade der wohlhabenden Schichten der deutschen Bevölkerung, die auf Wunsch der deutschen Regierung die polnische Staatsangehörigkeit angenommen hatten und deshalb nicht ausgewiesen werden durften, waren in Polen geblieben und waren nach wie vor Eigentümer großer landwirtschaftlicher und industrieller Betriebe. Die polnische Regierung wehrte sich gegen die generelle Gewährung der Meistbegünstigung für die Niederlassung deutscher Bürger, weil sie eine starke Vergrößerung des deutschen Bevölkerungselements und eine Intensivierung der feindlichen Tätigkeit des von der Reichs- und preußischen Regierung dirigierten Deutschen Volksbundes in Polen befürchtete. Die weitgehende Niederlassungsfreiheit für sonstige Ausländer, selbst die im polnisch-österreichischen Handelsabkommen vom 25. September 1922 den Bürgern dieser ehemaligen Teilungsmacht gewährte Meistbegünstigung bei der Niederlassung, stellte für Polen nicht die gleiche Gefahr dar, weil diese Staaten keine gemeinsame Grenze mit dem polnischen Staat besaßen. Die Zulassung eines breiten Zugangs deutscher Bürger nach Polen beschwor jedoch die Gefahr herauf, daß die Behauptung der deutschen Revanchisten, Posen, Pomerellen und Ost-Oberschlesien seien deutsche Gebiete, bei den Westmächten Zustimmung fände und daß dann möglicherweise von ihnen eine Verschiebung der westlichen Staatsgrenze Polens nach Osten unterstützt würde. Daß diese Befürchtung der polnischen Regierung berechtigt war, zeigen uns die folgenden Sätze aus einer Aufzeichnung des Geheimrats Zechlin vom Auswärtigen Amt: „ . . . D a aber der Handelsvertrag für Polen politisch einen wesentlichen Vorteil bedeutet, wird auch Deutschland sich gewisse politische Vorteile sichern müssen, und zwar auf dem Gebiete der Deutscherhaltung der abgetretenen Provinzen. Das in den abgetretenen Gebieten noch vorhandene Deutschtum — etwa 350000 von 1,3 Mill. — muß durch Sicherstellung seiner wirtschaftlichen Existenz
3. Die Hauptstreitpunkte im Jahre 1925
79
gekräftigt werden, um später die Aufrollung der Frage der Grenzrevision zu erleichtern. . . Das Niederlassungsabkommen muß eine Form erhalten, die unserer Absicht der Erhaltung und Stärkung des Deutschtums in Polen Erfolg verheißt. . ," 9 3 93
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t N r . 64422, Bl. 67—68, Aufzeichnung Zechlins vom 5. 10. 1926.
K A P I T E L III
Der mißlungene Blitzkrieg
i. Spekulationen auf einen Blitzkrieg Wie in den beiden von ihnen begonnenen Weltkriegen, so glaubten die deutschen Imperialisten auch im Wirtschaftskrieg gegen Polen, binnen weniger Wochen ihren Gegner zu Boden ringen und ihm dann ihre „Friedens-" Bedingungen diktieren zu können. Zweifellos gab es einzelne Fakten, auf die die Blitzkriegsstrategen ihre Spekulationen stützten. Das war schließlich auch bei der Entfesselung des ersten und des zweiten Weltkrieges so gewesen. In unserem Falle war die wirtschaftliche Situation in Polen zur Jahresmitte 1925 keineswegs stabil. Polen hatte im Jahre 1924 eine Mißernte erlebt, die ihre Rückwirkungen auf die Industrie und auf die Währung ausübte. Die Gesamternte war um 18 Prozent niedriger als im Jahre 1923 gewesen, bei Getreide hatte die Einbuße sogar 33,4 Prozent betragen. Daraus ergab sich, daß Polen im Frühjahr und Sommer 1925 nicht Getreide exportierte, sondern in großen Mengen importieren mußte. Trotz der gestiegenen Getreidepreise sank infolge der Mißernte die Kaufkraft der Bauernmassen für Industriewaren. Infolge der höheren Ausgaben für Lebensmittel sank natürlich auch die zahlungsfähige Nachfrage der Arbeiter nach vielen Industriewaren. Dadurch war bedingt, daß sich die Industrie nach der vom dritten Quartal 1923 bis zum Juli 1924 währenden Krise nicht in dem Maße erholte, wie das ohne die Mißernte möglich gewesen wäre. Nach anfänglichem Anstieg stagnierte die Produktion im ersten Halbjahr 1925 schon wieder, obwohl die, allerdings weit hinter der vorgesehenen Summe zurückbleibende, Dillon-Anleihe die Investitionstätigkeit belebte. Die Mißernte führte zu einem erheblichen Import-Uberschuß in der gesamten Handelsbilanz, der die erst kürzlich eingeführte Zloty-Währung schwächte, was wieder die ausländischen Anleihegeber zur Zurückhaltung veranlaßte. 1 Es gab also im polnischen Wirtschaftsleben einen Schwächezustand, der Interessenten an einem Wirtschaftskrieg gegen Polen ermuntern konnte. Hinzu kam, daß auch im politischen Leben Polens im Frühjahr und Sommer 1925 die Labilität zunahm. Die Regierung Grabski sah sich nicht nur den revolutionären Kräften der Arbeiter und Bauern, sondern auch einer wachsenden Opposition innerhalb der Bourgeoisie gegenüber. Um der Regierungskrise zu entgehen, hatte Grabski, seinen Opponenten teilweise nachgebend, teilweise sie noch mehr verstimmend, 1
Vgl. Lipiiiski, Edward, u.a., Konjunktura gospodarcza w Polsce 1924—1927. (Die Wirtschaftskonjunktur in Polen 1924—1927), Warszawa 1928.
i. Spekulationen
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im Frühjahr 1925 seine Wirtschaftspolitik umzustellen begonnen. Er schreibt darüber in seinen Memoiren: „ . . . Der neue Kurs meiner Wirtschaftspolitik, der das ganze erste Vierteljahr 1925 über andauerte, war zweifellos ein Fehler, wenn man die Sache vom Standpunkt ihrer Folgen betrachtet. Die vergrößerte Kreditaktivität zugunsten des Wirtschaftslebens erhöhte zweifellos nicht nur die Produktion, sondern auch die Konsumtionskraft der Gesellschaft. Und diese für ein Jahr der Mißernte übermäßige Konsumtion war ein verderblich wirkender Faktor. Der neue Kurs meiner Politik war ein Zugeständnis meinerseits an die öffentliche Meinung. Zum Glück erkannte ich, daß ich einen fatalen Schritt getan hatte und daß es nötig war, zur Politik der harten Hand zurückzukehren . . . Ich orientierte mich so: Wenn ich weiterhin den Wünschen der Gesellschaft nachkomme, begehe ich einen Fehler, der fatale Folgen haben kann. Im zweiten Vierteljahr 1925 machte ich eine neue Wendung in der Wirtschaftspolitik, eine Wendung zu der Linie, unsere Handelsbilanz durch die Verminderung des Imports zu schützen. Meine frühere Losung war: den Export vergrößern. Diese Losung war richtig, gesund und vernünftig unter der Bedingung, daß die Gesellschaft kräftig und gesund wäre. Ich hatte gedacht, daß ich mit Hilfe von Krediten die Kräfte und die Gesundheit stärken werde. Aber ich überzeugte mich, daß man darauf nicht rechnen kann, daß ich auf diesem Wege keine schnellen Resultate erhalte, also beschloß ich, andere Mittel anzuwenden und die Wirkung der Zölle in Richtung einer Verminderung des Imports zu verstärken sowie die Paßschwierigkeiten zu vermehren . . . " 2 Also: Die Spekulanten auf einen schnellen Zusammenbruch Polens im Ergebnis eines Wirtschaftskrieges konnten durchaus auf gewisse Realitäten verweisen, die ihre Ansichten zu bestätigen schienen. Der Fehler, den die deutschen Militaristen am Beginn beider Weltkriege und den die im Grunde gleichen Kräfte am Beginn des Wirtschaftskrieges gegen Polen begingen, war der, daß sie reale Einzelfakten für das Ganze nahmen und andere Fakten, vor allem auch die zu erwartenden Rückwirkungen, außer acht ließen. So ergab sich aus der einseitigen und übertriebenen Bewertung einzelner Realitäten und der mangelnden Erkenntnis anderer Realitäten sowie der Wechselwirkungen zwischen ihnen stets in der Summe die Irrealität der Pläne der deutschen Imperialisten, was zum wenigsten subjektiv, vor allem aber objektiv im Wesen des Imperialismus begründet ist. In seiner Blitzkriegs- Spekulation ließ sich das ausführende Organ des deutschen Imperialismus, die Reichsregierung, gern und vorzugsweise von jenen Junkern und Hakatisten bestärken und anfeuern, die es vorgezogen hatten, das Feld ihrer Ausbeuter- und Germanisatorentätigkeit in Großpolen und Pomerellen zu räumen und sich westlich der Grenze, in der neu errichteten Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen niederzulassen, die aber ihre Absicht, wieder über die polnische Bevölkern ig zu herrschen, nicht aufgegeben hatten. Im Gegenteil: Jetzt, da ihr Landsmann, der Junker und kaiserliche Generalfeldmarschall v. Hindenburg Reichspräsident der deutschen Republik geworden war, witterten sie nicht zu Unrecht Morgenluft. 2
6
Grabski, Wladyslaw, a. a. O., S. i 3 8 f . Puchert, Wirtschaftskrieg
82
I I I . Der mißlungene Blitzkrieg
So hagelte es denn in den Monaten Juli und August 1925 Resolutionen. Da behauptete die Landwirtschaftskammer für die Grenzmark, „daß in der Bevölkerung der Grenzmark die Sorge auftaucht, daß die Deutsche Regierung in dem Wirtschaftskrieg mit Polen Nachgiebigkeit zeigen würde und durch Gewährung von Konzessionen einen Frieden herbeizuführen geneigt sei. . . Einen Wirtschaftskrieg . . . kann Polen nur kurze Zeit ertragen . . . " „Der Pole" müsse völlig niedergerungen werden, in dem rücksichtslosen Kampf liege nichts Unmoralisches.3 In ähnlichen Worten betätigten sich der Waldbesitzer-Verband und der Landbund der Grenzmark als Scharfmacher. Der Waldbesitzer-Verband fügte den bisherigen Forderungen noch hinzu, die Reichsregierung solle sich in die polnische Agrarreform einmischen, um den in Polen gelegenen deutschen Großgrundbesitz zu schützen.4 Der Landbund forderte, „zu den schärfsten Maßnahmen zu greifen, da die polnischen Kampfmaßnahmen uns keinerlei Nachteile bringen" 5 , was sogar einer der Beamten im Auswärtigen Amt mit zwei Fragezeichen in Zweifel zog. Über die Meinung seiner „ehemaligen Schul- und Regimentskameraden, die in Posen und Pomereilen begütert waren" 6 , berichtete der Attaché im deutschen Generalkonsulat in Poznan, zu Putlitz, dem Auswärtigen Amte: „ . . . A n dem unvermeidlichen Zusammenbruch des gesamten heutigen polnischen Systems in absehbarer Zeit besteht bei jedem, der die Entwicklung Polens in den letzten Jahren selbst davon betroffen miterlebt hat, nicht der geringste Zweifel. . . nur aus einem völligen Zusammenbruch des heutigen Systems, der bei konsequenter Durchführung des Handelskrieges unvermeidlich ist, erhofft das hiesige Deutschtum seine Zukunft. Ein Nachgeben Deutschlands, bevor dieses Ziel nicht erreicht ist, würde von den hiesigen Deutschen nicht nur nicht verstanden, sondern geradezu als eine Verschacherung durch das Deutsche Reich . . . empfunden werden . . ." 7 3
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 65469, Bl. 7—9, Landwirtschaftskammer für die
Grenzmark
Posen-Westpreußen,
Vorsitzender
Weber,
Schneidemühl
20. 7. 25, an den Reichskanzler, den Reichsaußenminister und den Preußischen Innenminister. 4
Ebenda, Bl. 52, Waldbesitzer-Verband, Geschäftsführer Eiselen,
Schneidemühl
28. 7. 25, an den Reichskanzler. 5
Ebenda, Bl. 149, Landbund
Grenzmark Posen-Westpreußen,
Hauptgeschäfts-
führer Heyne, Schönlanke 7. 8. 25, an den Reichskanzler. 6
Putlitz, Wolf gang Gans Edler Herr zu, Unterwegs nach Deutschland. Erinnerungen eines ehemaligen Diplomaten. Berlin 1956, S. 64. — Als rühmliche Ausnahme unter den deutschen Diplomaten verließ Putlitz aus Protest gegen die E n t fesselung des zweiten Weltkrieges im September 1939 seinen Posten im auswärtigen Dienst des Deutschen Reiches und floh nach England. Angesichts der Wiedergeburt des deutschen Imperialismus und Revanchismus in der Bundesrepublik siedelte dieser adlige Patriot und Antifaschist, der „ehemalige Gardeoffizier aus den Revolutionstagen von 1918, der nach langer Irrfahrt endlich den W e g zu seinem Volk gefunden h a t t e " (S. 372), im Jahre 1952 in die D D R über.
7
D Z A Merseburg, Rep. 87b, Nr.-5, B d . 8, A t t a c h é v. Putlitz, Posen 27. 1. 1926, an das Auswärtige A m t .
2. Erste Schläge auf Polen
83
Wo es um die Revanche gegen Polen ging, konnte auch der Oberpräsident der Grenzmark, der frühere Regierungspräsident in Bromberg, v. Bülow, nicht fehlen. Er hatte bereits bei der Verlängerung der Ausfuhrsperre vor 1922 mit seinen scharfmacherischen Berichten gedient, die damals in der These gipfelten: „Wenn man den Slawen nicht ständig unter Respekt hält, so kann man mit ihm nicht auskommen." 8 Jetzt schlug er vor, bei den Handelsverhandlungen mit Polen die Taktik anzuwenden, die deutschen Forderungen ständig höher zu schrauben, um Polen zum „Respekt vor Deutschland" zu zwingen. Dann „werden die Früchte sich nicht nur auf wirtschaftlichem, sondern ebenso auch auf politischem Gebiete zeigen".9 Als am 1 1 . Juli der Vorsitzende der deutschen Delegation bei den Handelsvertrags Verhandlungen mit Polen, Lewald, aus rein taktischen Gründen sich dem Kontrahenten gegenüber bereit erklärte, auf der Grundlage der für Polen unbefriedigenden deutschen Angebote vom 20. Juni 1925 (Einfuhrkontingent für 1000001 Kohle monatlich, Aufhebung einiger Einfuhrverbote nach einer Frist von 6 Monaten) die Verhandlungen wieder aufzunehmen, hielt es der deutschnationale Reichswirtschaftsminister Neuhaus für geboten, persönlich beim Reichsaußenminister zu intervenieren und zu verlangen, daß von deutscher Seite keine Schritte zur Anbahnung einer Verständigung unternommen würden.10
2. Erste Schläge auf Polen
Der Ausbruch des Wirtschaftskrieges traf Polnisch-Oberschlesien besonders hart, da die dortige Industrie bereits seit längerer Zeit eine Absatzkrise durchlebte. In einem von der Zoll- und Handelsvertrags-Abteilung des (Polnisch-) Oberschlesischen Berg- und Hüttenmännischen Vereins für den Departementsdirektor im Industrie- und Handelsministerium, H. Gliwic, ausgearbeiteten Bericht wurde dazu rückblickend gesagt: „Das Jahr 1924 war für die polnisch-oberschlesische Montanindustrie bereits ein Krisenjahr erster Ordnung. Immerhin war der wirtschaftliche Druck zur Not noch eben tragbar. Ab Mitte 1925 jedoch steigerte sich die Wirtschaftskrise geradezu zur Wirtschaftskatastrophe und nahm einen Umfang und eine Schärfe an, wie man sie wohl seit 55 Jahren in Polnisch-Oberschlesien nicht mehr erlebt hatte . . . " 1 1 8
D Z A Merseburg, Rep. 87, Nr. 5, Bd. 3, Bericht v. Bülows vom 14. 3. 1921 an den Preuß. Innenminister.
9
D Z A Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 65469, Bl. 138—139, v. Bülow, Schneidemühl 29. 7. 25, an den Preußischen Innenminister, mit Abschriften an den Reichskanzler, den Reichsaußen- und den Reichswirtschaftsminister.
11
6*
D Z A Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 6 5 2 1 5 , Bl. 40—41, Reichswirtschaftsminister Neuhaus, Berlin 13. 7. 25, an Reichsaußenminister Stresemann. W A P Katowice, Giesche Nr. 4654, Referat vom 26- 1. 1926.
III. Der mißlungene Blitzkrieg
84
Nachdem von Jahresanfang 1925 bis zum Ausbruch des Wirtschaftskrieges zwei Kohlengruben, die Waleska- und die Karol-Grube, stillgelegt worden waren, stellten in den ersten 8 Wochen des Wirtschaftskrieges sechs weitere Gruben den Betrieb ein. Diese sechs Gruben hatten im Januar noch 1 2 1 3 3 2 t und im Mai noch 99622 t Steinkohle gefördert. 12 Insgesamt sank die Steinkohlenförderung PolnischOberschlesiens im Durchschnitt der Monate Juli und August 1925 gegenüber dem Durchschnitt der Monate Januar bis Mai des gleichen Jahres um 347000 t, d. h. um 18,26 Prozent. 13 Wie der Arbeitgeberverband der Oberschlesischen Bergwerks- und Hüttenindustrie in Katowice am 30. August 1925 dem Industrie- und Handelsminister nach Warschau mitteilte, waren alle verfügbaren Haldenplätze bereits gefüllt, so daß sich keine Kohle mehr stürzen ließ.14 In der Eisenindustrie waren die Auswirkungen des Wirtschaftskrieges sehr unterschiedlich. Einige Hütten litten derart unter der Wirtschaftskrise, daß sie bereits vor der Verhängung der deutschen Einfuhrsperre wesentliche Teile ihrer Anlagen stillgelegt hatten. Am meisten wurden jetzt die Bismarckhütte und die Baildonhütte getroffen, die ihre Produkte, besonders Edelstahl, bis zum 15. Juni überwiegend nach Deutschland abgesetzt hatten. In der Bismarckhütte wurden einige Abteilungen, die noch im Mai voll beschäftigt waren, ganz, andere teilweise stillgelegt. Ähnlich stand es in der Baildonhütte. Im allgemeinen konnte der Wirtschaftskrieg allerdings auf die Eisenindustrie nicht den gleichen Einfluß ausüben wie auf die Kohlenbergwerke, weil sie nicht so sehr auf den deutschen Absatzmarkt orientiert war wie diese. Die Zinkindustrie Polnisch-Oberschlesiens wurde durch das deutsche Einfuhrverbot für Zinkbleche betroffen. Am 27. Juli wurde das Zinkwalzwerk Antonienhütte und am 26. August das Walzwerk Silesia stillgelegt, in anderen wurde die Produktion eingeschränkt. Infolge der Stillegung und Einschränkung der Produktion wurden viele Arbeiter Polnisch-Oberschlesiens arbeitslos. Die Gesamtbelegschaft des Steinkohlenbergbaus sank von 89221 im Mai 1925 auf 78579 im August 1925, also um 10642 oder fast 12 Prozent. Gewiß war dieser Abbau nicht nur Auswirkung des Wirtschaftskrieges, die allgemeine Kohlenabsatzkrise hatte auch in den vorangegangenen Monaten Tausende von Bergleuten um den Arbeitsplatz gebracht. Mit der Sperrung der deutschen Grenze wuchs aber der Anteil der Kumpel, die nicht mehr einfahren durften, sprunghaft an, was sich aus der folgenden Tabelle ergibt«: 12
Nach „Zeitschrift des Oberschlesischen Berg- und Hüttenmännischen Vereins zu Katowice", Oktober-Heft 1925. S. 619.
« Ebenda. S. 618. 14
W A P Katowice, Hohenlohe Nr. 1946. 15 Nach „Zeitschrift des Oberschlesischen Berg- und Hüttenmännischen Vereins zu Katowice", Oktober-Heft 1925. S. 619.
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2. Erste Schläge auf Polen
Entlassungen im polnisch-oberschlesischen Steinkohlenbergbau in den ersten 8 Monaten des Jahres 1925
Monat Januar Februar März April Mai Juni Juli August
Gesamt , , , ,, belegschaft 97575 95 701 92116 90872 89221 86970 82278 78579
Zahl der Anteil der Entlassenen _ ,, an der BelegschaftsEntlassenen starke des Vormonats 1874 3585 1244 1651 2251 4692 3699
1.9 3.7 1.4 1,8 2,5 5.4 4.5
Aus den Zinkwalzwerken wurden infolge der deutschen Einfuhrsperre für Zinkblech 27 Prozent der Belegschaft entlassen. 16 Von den Werken der Eisenindustrie, von denen die meisten, wie schon gesagt, durch den Wirtschaftskrieg nicht betroffen wurden, reduzierte die Baildonhütte ihre Belegschaft bis Jahresende auf 800 Mann (Normalstärke: 3000—4000). Insgesamt gab es in der Schlesischen Wojewodschaft am 15. Januar 1926 72000 registrierte Arbeitslose 17 gegenüber 41990 Arbeitslosen am 25. März 1925. 1 8 In dieser Notlage waren viele polnische Bergleute, wie vor ihnen schon Hunderttausende ihrer Landsleute, bereit, die Heimat zu verlassen und sich im deutschen Bergbau Arbeit zu suchen. Aus einigen deutschen Revieren wurden Werber ausgesandt, um aus Polnisch-Oberschlesien billige Arbeitskräfte heranzuziehen. Zum Beispiel schickte die Erzgebirgische Steinkohlengewerkschaft in Oelsnitz unter anderem einen Steiger nach Oberschlesien19, in der Kattowitzer Zeitung vom 15. Juli 1925 erschien eine Aufforderung an ledige Bergleute, sich beim Arbeitsnachweis in Ratibor für das Waldenburger und Landeshuter Revier zu melden, und der Leiter des Arbeitsamtes Gleiwitz bat den deutschen Generalkonsul in Katowice um Unterstützung bei der Anwerbung von 400 Arbeitern für die westoberschlesische Industrie und 600 Arbeitern für den sächsischen Bergbau. 20 Im 16 17
18
19
20
Ebenda, S. 621. WAP Katowice, Giesche Nr. 4654, Referat des Oberschlesischen Berg- und Hüttenmännischen Vereins anläßlich der Anwesenheit des Departementsdirektors Gliwic am 26. 1. 1926. WAP Katowice, Schlesisches Wojewodschaftsamt, Abt. für Industrie und Handel Nr. 316, Abteilungsleiter Rudowski, Katowice 2. 4. 25, an das polnische Ministerium für Industrie und Handel. DZA Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 66165, Bl. 10, Präsident der Reichsarbeitsverwaltung, Berlin 16. 10. 25, an das Landesamt für Arbeitsvermittlung in Dresden. DZA Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 65691, Bl. 120, Generalkonsul v. Grünau, Katowice 1. 8. 25, an das Auswärtige Amt.
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III. Der mißlungene Blitzkrieg
Einverständnis mit dem Auswärtigen Amt verweigerte das Generalkonsulat jedoch allen Bewerbern die Visa. Der Reichsarbeitsminister forderte die Arbeitsämter auf, Firmen, die Arbeitskräfte aus Polnisch-Oberschlesien einstellen, namhaft zu machen. Das Reichswirtschaftsministerium kündigte Repressalien gegen diese Firmen an. 21 Der Präsident der Reichsarbeitsverwaltung schließlich ließ die Steinkohlengewerkschaft in Oelsnitz auffordern, von der Anwerbung von Arbeitskräften in Oberschlesien Abstand zu nehmen, weil sie „unerwünscht und den deutschen Interessen zuwiderlaufend" sei.22 Sinn dieser Maßnahmen war natürlich nicht, die deutschen Arbeiter vor der Gefahr des Lohndrucks zu schützen, sondern es ging darum, jedes noch so kleine Ventil aus dem, wie man hoffte, bald platzenden Kessel Ost-Oberschlesien zu verstopfen. Die Zahl der Betriebsstillegungen und der entlassenen Arbeiter gibt jedoch bei weitem kein vollständiges Bild von dem Schlag, der die Industrie Polnisch-Oberschlesiens und ihre Arbeiter mit dem Ausbruch des Wirtschaftskrieges traf. Die polnische Regierung bat immer wieder die Industriellen, „während der Handelsvertragsverhandlungen die in Oberschlesien notwendigen Entlassungen nach Möglichkeit nicht in die Öffentlichkeit dringen zu lassen", denn die „Nachrichten über die bevorstehenden Betriebseinschränkungen und Stillegungen erschwerten ungemein die Stellung der polnischen Handelsvertrags-Delegation".23 So fand der Wirtschaftskrieg vor allem seinen Niederschlag in Kurzarbeit und Feierschichten, über die sich ein vollständiger Überblick nicht gewinnen läßt. In dem bereits zitierten Referat für Gliwic findet sich folgende vergleichende Zusammenstellung für die Kohlenindustrie: „1923: 1924: 1925:
100000 Feierschichten 2000000 Feierschichten 3200000 Feierschichten."
Von letzteren entfielen allein 473093 auf die vier Wochen vom 29. Juni bis zum 26. Juli, also kurz nach Beginn des Wirtschaftskrieges.24 Im Monat Juni standen 1558000 verfahrenen Schichten rund 500000 Feierschichten gegenüber.25 Auf diese Weise blieben viele Arbeiter vor der Voll-Arbeitslosigkeit bewahrt, aber die Masse der Arbeiter wurde teilarbeitslos. 21
22 23
24
25
D Z A Potsdam, Reichswirtschaftsministerium Nr. 2797, Bl. 580, Protokoll der Besprechung vom 25. 8. 25 im Reichsarbeitsministerium über Maßnahmen gegen die Heranziehung ausländischer, namentlich polnischer Arbeitskräfte. D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 6 6 1 6 5 , Bl. 10. W A P Katowice, Hohenlohe Nr. 1946, Rundschreiben des Arbeitgeberverbandes der oberschlesischen Bergwerks-und Hüttenindustrie, Krause, Katowice 13. 7. 25, an die Chefs der Verbandswerke. Ebenda, Arbeitgeberverband . . ., Katowice 2. 9. 25, an die Chefs der Steinkohlengruben. Ebenda, Arbeitgeberverband . . ., Katowice 30. 8. 25, an den polnischen Minister für Industrie und Handel.
2. Erste Schläge auf Polen
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Außerhalb Oberschlesiens litten unter der Verhängung der deutschen Einfuhrsperre besonders die Land- und Forstwirtschaft sowie die Sägewerke2® in den noch stark mit dem deutschen Markt verbundenen ehemaligen preußischen Provinzen Posen und Westpreußen. In der Landwirtschaft, die im Gegensatz zum Vorjahr eine reiche Ernte einbrachte, wurden besonders schwer die kleineren Bauern betroffen, die nicht wie die Großagrarier ihr Getreide zu Spekulationszwecken aufspeichern konnten und auf dem Binnenmarkt zusätzlich zu der aus der Wirtschaftskrise resultierenden schwächeren Nachfrage auch noch dem Preisdruck des sonst exportierten Getreides begegneten. Der Verfall der polnischen Währung erfuhr durch den Ausbruch des Wirtschaftskrieges zeitweilig eine Verschärfung.27 Die Auswirkungen des Wirtschaftskrieges waren jedoch nicht nur wirtschaftlicher Art. Aus den wirtschaftlichen Schäden erwuchsen der polnischen Regierung auch innenpolitische Schwierigkeiten. Am 23. Juni 1925 meldete der Oberpräsident der Provinz Oberschlesien dem preußischen Innenminister, daß die Nachrichten vom wahrscheinlichen Abbruch der Wirtschaftsverhandlungen mit Deutschland in der Bevölkerung PolnischOberschlesiens Niedergeschlagenheit und Unruhe hervorgerufen hätten. Auf Betriebsversammlungen in einigen Bergwerken wäre die polnische Regierung aufgerufen worden, sich mit der deutschen Regierung zu einigen. Mit Entrüstung wies der Oberpräsident Vermutungen der polnischen Rechtspresse zurück, diese Versammlungen seien von deutscher Seite arrangiert worden. Nun ist es zwar ein alter Trick der herrschenden Kapitalistenklasse, die gegen die Ausbeutung kämpfenden Arbeiter zu Agenten des Auslandes zu stempeln und sie dadurch als „antinational" zu diffamieren. In diesem Falle aber widerlegte der Oberpräsident in Oppeln ungewollt selbst sein Dementi, denn in seinem Bericht hieß es weiter: „ E s ist in der letzten Zeit immer häufiger vorgekommen, daß in den Versammlungen der Arbeitslosen Plakate mit Aufschriften: .Gebt uns Arbeit oder Brot, oder wir hissen schwarz-weiß-rot' oder ,Die Schornsteine werden wieder rauchen, wenn sie werden die Deutschen brauchen' verteilt wurden." 28 Wer waren denn die Verteiler, wer druckte die Plakate, wer bezahlte sie, und wem galten schwarzweiß-rot als die deutschen Staatsfarben? Hier läßt sich doch nicht abstreiten, daß die deutschen Revanchisten ihre Hand im Spiele hatten, die aus der Not der polnischen Arbeitslosen Kapital zu schlagen und sie zu Aktionen für die Revision der Grenze aufzuputschen suchten. Die deutschen Revanchisten wandten nicht nur diese plumpe Methode an. Bereits Wochen vor dem 15. Juni 1925 arbeiteten die Leiter der Montanindustrie Polnisch-Oberschlesiens, die, wenn nicht selbst Deutsche, so doch zum größten Teil mit dem deutschen Kapital verbunden waren, Pläne aus, wonach sofort bei Beginn des Wirtschaftskrieges ganze Heere von Arbeitern auf die Straße geworfen ~6 Über die Folgen des Wirtschaftskrieges auf dem Holzsektor siehe Kap. I V , 5. 27 Siehe hierzu Kap. IV, 6 b. 28 D Z A Potsdam Auswärtiges A m t Nr. 6 5 2 1 4 , Bl. 7—10.
88
III. Der mißlungene Blitzkrieg
werden sollten. Es ist bezeichnend für den engen Kontakt, den die deutschen Monopolherren Polnisch-Oberschlesiens mit den Reichsbehörden hielten, wenn der deutsche Generalkonsul in Katowice über vertrauliche Verhandlungen der polnisch-oberschlesischen Industriellen mit der polnischen Regierung fast ohne Verzug nach Berlin berichten konnte. So meldete er am 6. Juni 1925, die Werksleitungen beabsichtigten, „die Belegschaften im ganzen Industrierevier, und zwar sowohl im Kohlenbergbau als auch in der Hüttenindustrie um mindestens ein Drittel zu reduzieren . . . Man richtet sich jetzt schon darauf ein, unverzüglich die erforderlichen Entlassungen vorzunehmen, sobald sich die deutsche Grenze schließt. . . Insgesamt schätzt man die Zahl der Arbeiter, die bei einem Scheitern der Handelsvertragsverhandlungen zur Entlassung kommen müßten, auf etwa 30000 in den Gruben und etwa 35000 bei den Hütten . . . " 2 9 Am 2. Juni 1925 hatte sich der Oberschlesische Berg- und Hüttenmännische Verein Katowice schriftlich an den polnischen Ministerpräsidenten gewandt und ihm mitgeteilt, daß sich bei Verhängung der Grenzsperre die Arbeitslosenzahl verdoppeln werde, so daß dann einschließlich der Familienangehörigen mindestens 240000 Menschen im Elend lebten, eine Zahl, die doch angesichts des kleinen Gebietes Oberschlesiens große Gefahren in sich berge.30 Doch man begnügte sich nicht damit, die Regierung auf schriftlichem Wege unter Druck zu setzen. Gleichzeitig reiste eine Delegation nach Warschau, der angehörten: Generaldirektor Falter von der Robur-VerkaufsGesellschaft, Generaldirektor Ciszewski von den Hohenlohe-Werken, Direktor Przybylski vom Berg- und Hüttenmännischen Verein und Generaldirektor Kaltenborn von der Bismarckhütte. Diese Delegation sollte mit dem Ministerpräsidenten verhandeln, ihr gehörten aus taktischen Gründen vorwiegend Polen an, doch in Warschau führte der Reichsdeutsche Kaltenborn das Wort, worüber der deutsche Generalkonsul nach Berlin meldete, Kallenborn habe „mit allem Nachdrück betont, daß sofortige umfangreiche Arbeiterentlassungen unvermeidlich seien, wenn das Absatzgebiet Deutschland der oberschlesischen Industrie verloren geht. Die Ausführungen sollen auf Grabski einen starken Eindruck gemacht... haben." 3 1 Gewiß waren die Industriellen auch daran interessiert, die polnische Regierung zu veranlassen, ihnen verschiedene finanzielle Vorteile einzuräumen. Doch das war in diesem Moment nicht ihr Hauptbestreben. Sie wollten die Regierung nötigen, den deutschen Forderungen, besonders in der Niederlassungsfrage, nachzugeben. Die Delegierung Kallenborns war hierfür bezeichnend, denn die Bismarckhütte genoß in der deutschen Reichsregierung den Ruf, das stärkste Bollwerk des deutschen Nationalismus in Polnisch-Oberschlesien zu sein. In ihr waren alle leitenden Posten in deutscher Hand geblieben32, und dank ihrer Einmischung in den Wahl29
30
31
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 6 5 7 3 7 , Bl. 24—25, Generalkonsul v. Grünau, Katowice 6. 6. 25, an das Auswärtige Amt. W A P Katowice, Schlesisches Wojewodschaftsamt, Abt. für Industrie und Handel Nr. 294, Oberschlesischer Berg- und Hüttenmännischer Verein, Przybylski-Behaghel, Katowice 2. 6. 25, an Ministerpräsident Grabski. D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 65 737, Bl. 24—25, Generalkonsul v. Grünau, Katowice 6. 6. 25, an das Auswärtige Amt.
2. Erste Schläge auf Polen
89
kämpf gab es in dieser Gegend eine Mehrheit sogenannter deutscher Stimmen. Die Regelung der Niederlassungsfrage sollte ermöglichen, die anderen Werke zu ebensolchen Bollwerken zumachen, so daß dann eine eventuelle neue Volksabstimmung die Zugehörigkeit des Reviers zum polnischen Staate in Frage stellen könnte. Mit den schlagartigen Massenentlassungen verbanden die deutschen Monopolherren eine dritte Methode der Verfolgung ihres Zieles. Die Arbeitslosigkeit und die daraus entsprungene Erbitterung der Arbeiter war für die herrschende Klasse ein eminentes politisches Problem. Zu gut hatte die polnische Bourgeoisie noch die mit brutaler Gewalt niedergeschlagenen Aktionen der Arbeitslosen in den Vorjahren in Erinnerung, in denen die Kommunisten eine führende Rolle gespielt hatten. Als der Demobilmachungskommissar mit den Industriellen über ein Entlassungs-Limit verhandelte, tat er das „ a u s hochpolitischen Gründen" 3 3 , und der polnische Innenminister forderte vom schlesischen Wojewoden 1 4 tägliche Sonderberichterstattung über den Stand der Arbeitslosigkeit und die Stimmung der Arbeitslosen, denn „die Wirtschaftskrise mit allen ihren unangenehmen Folgen übt entscheidenden Einfluß auf den Stand der Sicherheit nicht nur in den Industriegebieten aus, sie schadet auch der gesamten Sicherheit im ganzen Staate". 3/ * Die deutschen Imperialisten, die doch wahrlich nichts mit dem Proletariat gemein haben, scheuten sich in diesem Falle nicht, sogar die Verschärfung des proletarischen Klassenkampfes innerhalb Polens in ihre revanchistischen Pläne einzusetzen. Durch eilige Betriebsschließung und die gerade in diesem Augenblick noch zusätzlich in Angriff genommene Rationalisierung bemühten sie sich, schlagartig ein derartiges Massenelend im polnischen Teil Oberschlesiens herbeizuführen, daß es zu großen Protestaktionen kommen mußte. Bei diesen Aktionen würden die A r beiter auf der Straße natürlich nicht mit den deutschen Industrieherren, sondern mit der polnischen Polizei zusammenstoßen. Solche Unruhen aber böten den deutschen Imperialisten den gewünschten Anlaß, vor die Westmächte hinzutreten mit dem Antrag: Warschau ist nicht fähig, mit dem Kommunismus fertig zu werden. Gebt Oberschlesien wieder in unsere Gewalt, wir werden dort Ordnung schaffen. Unsere Reichswehr hat Erfahrung im Arbeitermord! 32
33
34
Die Bismarckhütte versandte im Herbst 1925 gedruckte „Merkzettel" folgenden Wortlauts: „Das Kapital der Bismarckhütte befindet sich ausschließlich in deutschen Händen. Die Generaldirektion ist rein deutsch, im Gegensatz zu anderen Unternehmungen in Polnisch-Oberschlesien. Ingenieure und Beamte sind, abgesehen von ganz vereinzelten Ausnahmen, deutsch. Die Arbeiterschaft ist vorwiegend deutsch. E s besteht in Bismarckhütte eine deutsche Minderheitsschule, und die Bismarckhütte unterhält selbst eine durch Schwestern geleitete deutsche Schule". D Z A Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 64288, Bl. 150. W A P Katowice, Hohenlohe Nr. 1946, Arbeitgeberverband der oberschlesischen Bergwerks- und Hüttenindustrie, Katowice 13. 7. 25, an die Chefs der Verbandswerke. W A P Katowice, Schlesisches Wojewodschaftsamt, Abt. für Industrie und Handel Nr. 222, Erlaß des polnischen Innenministers vom 26. 9. 25 an den Wojewoden von Polnisch-Oberschlesien.
90
III. Der mißlungene Blitzkrieg
Bei der Einbringung eines solchen Antrages machte es sich besonders gut, wenn man mit dem Gespenst des Kommunismus operierte. Deshalb schlug die deutsche Gesandtschaft in Warschau Mitte des Monats Juli 1925 Alarm und meldete unter Berufung auf den deutschen Senator, Gewerkschaftssekretär und Abgeordneten des Schlesischen Sejm, Mayer, daß angeblich die Kommunisten, wenn die Verhältnisse sich nicht binnen 14 Tagen änderten, in Oberschlesien eine kommunistische Revolution machen und die Räterepublik errichten wollten.35 So versuchten die deutschen Revanchisten diesseits und jenseits der Grenze beim Ausbruch des Wirtschaftskrieges auf drei Wegen, die von ihnen gesteigerte Not der Arbeiter Polnisch-Oberschlesiens für die Erreichung ihres Zieles, der Revision der deutsch-polnischen Staatsgrenze, auszunutzen. 3. Kriegsschauplatz
USA
Der Wirtschaftskrieg wurde nicht nur an der deutsch-polnischen Grenze und nicht nur mit den Mitteln des Kampfzolls und des Einfuhrverbots geführt. Ist die übliche Bezeichnung „Zollkrieg" strenggenommen bereits bei Anwendung von Kampf-Einfuhrverboten nicht richtig, so ist sie gerade in unserem speziellen Fall, dem deutschpolnischen Konflikt, völlig fehl am Platze. Es handelte sich um einen umfassenden Wirtschaftskrieg, der sogar auch fern von beiden Ländern ausgetragen wurde. Für den Monat August 1925 war ein Besuch des polnischen Außenministers, Graf Skrzynski, in den USA angekündigt. Skrzynski sollte in Williamstown (Massachusetts) einige Vorlesungen halten. Hauptgrund seiner Reise war jedoch, neue Anleihequellen für Polen zu erschließen. Die polnische Regierung legte auf den Erfolg der Mission Skrzynskis jetzt um so mehr Wert, als die polnische Währung durch den Ausbruch des Wirtschaftskrieges mit Deutschland einen zusätzlichen Stoß erhalten hatte. Diese Bedeutung der Reise des polnischen Außenministers erkannten auch die deutschen Revanchisten. Am 8. und 9. Juli 1925 forderte der außenpolitische Experte der deutschnationalen Partei, Hoetzsch, den Reichsaußenminister und seinen Staatssekretär zu Störaktionen auf: „Wir müssen versuchen,. . . dem Grafen Skrzynski seine Bemühungen um die Anleihe zu zerschlagen, weil die Polen nur durch derartige .Erfolge' klug werden." 36 Das Auswärtige Amt hatte allerdings auch ohne diese Aufforderung bereits begonnen, Skrzynskis Reise zu stören. Am 16. Juli gab der deutsche Botschafter in den USA die erste Meldung über die Ausführung dieses ihm in einem Privatbrief Zechlins am 27. Juni erteilten Auftrages: „Habe den Besuch erwähnten Außenministers in Chicago vorbereitet. Bei heutiger Besprechung im Staatsdepartement hervorgehoben Tatsache, daß ein Außenminister in einer so kritischen Zeit sein Land verlasse, um jetzt nach dem heißen Washington zu 35
:1S
DZA Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 64268, Bl. 136—138, Deutsche Gesandtschaft, Geschäftsträger v. Pannwitz, Warschau 17. 7. 25, an das Auswärtige Amt. DZA Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 67367, Bl. 224—225, Hoetzsch, Berlin 9. 7. 25, an Staatssekretär v. Schubert.
3. Kriegsschauplatz U S A
91
kommen, genüge eine hinreichende Perspektive über den Zustand seines Landes zu eröffnen. Im übrigen Anhaltspunkte Erlasses hier und Chicago verwertet. Verwertung wird morgen in New York bei einem mir von Owen Young gegebenen Frühstück fortgesetzt. Erfolg zweifelhaft." 37 Der deutsche Botschafter reiste also in den Großstädten der USA umher, um führenden Vertretern des amerikanischen Finanzkapitals, unter anderen Morgan, Kahn, Schiffkrech, sowie den Beherrschern der Presse, z. B. McCormick, ein tristes Bild von der Lage der polnischen Wirtschaft zu malen, um sie zu veranlassen, aus Furcht vor mangelnder Sicherheit kein Kapital nach Polen zu verleihen. Gleichzeitig erhielten auch die deutschen diplomatischen Vertreter in England und Holland den Auftrag, zu verhindern, daß Polen in diesen Ländern Anleihen erhalte, worauf der Gesandte Lucius am 21. Juli meldete: „Auf Amsterdamer maßgebende Finanzkreise wird entsprechend eingewirkt. Höre aus diesen Kreisen, daß Polen bisher keine Kredite nachgesucht hat und gegebenenfalls auch keinerlei Aussicht hat, von Holland Geld zu bekommen, da ungünstige Finanzlage hier bekannt. Bin in befohlenem Sinne überall tätig." 3 8 Am 16. Juli gab der deutsche Delegationsleiter Lewald dem Berliner Korrespondenten der amerikanischen Nachrichten-Agentur United Press, Dr. Bing, ein Interview über die deutsch-polnischen Handelsverhandlungen, das in den vielen Ländern, deren Zeitungen UP-Meldungen abdruckten, vor allem in Nord- und Südamerika, Frankreich, der Tschechoslowakei und Italien, den polnischen Kredit untergraben sollte. Der Erfolg dieser Störaktionen blieb nicht aus. Die von der Dillon-Bank auf dem amerikanischen Geldmarkt angebotenen polnischen Anleihepapiere fanden nur mäßigen Absatz 39, und als der polnische Außenminister nach seiner Rückkehr aus den USA am 21. August den deutschen Gesandten in Warschau, Rauscher, zu einer Unterredung empfing, erklärte er diesem unumwunden, „ebenso wie in Europa sei er in Amerika Schritt auf Schritt der deutschen antipolnischen Propaganda begegnet." 40 37
Ebenda, Bl. 195, Telegramm v . Maltzan, Washington 16. 7. 25, an Zechlin.
a8
Ebenda, Bl. 222, Gesandter Lucius, H a a g 21. 7. 25, an das Auswärtige A m t .
39
Landau,
Zbigview,
Polskie zagraniczne p o z y c z k i panstwowe 1 9 1 0 — 1 9 2 6 .
(Pol-
nische ausländische Staatsanleihen 1 9 1 8 — 1 9 2 6 ) , Warszawa 1961, S. 243, ist der Meinung, „ d a ß Dillon nichts am Erfolg der emittierten Anleihe gelegen
war.
I m Zusammenhang mit dem Engagement seiner Firma in Deutschland konnte es i h m recht sein, daß es Polen
im Augenblick des Ausbruchs des polnisch-
deutschen Zollkriegs unmöglich war, auf dem amerikanischen M a r k t Anleihen zu erhalten. Angesichts
der in Polen
herrschenden Finanz- und Währungs-
schwierigkeiten und der Unmöglichkeit, in anderen Ländern Kredithilfe zu erhalten, würde es Deutschland dadurch möglich sein, sich die Wirtschaft unseres L a n d e s unterzuordnen." Man kann Landau nur begrenzt zustimmen, denn Polens B o n i t ä t wurde, besonders
in jener Krisenzeit, allgemein
am
internationalen
G e l d m a r k t nicht sehr hoch veranschlagt. 10
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 6 5 2 1 5 , Bl. 49, Rauscher, Warschau 22. 8. 25, an das Auswärtige A m t .
92
I I I . Der mißlungene Blitzkrieg
4. Ein neues,,Marne - Wunder'' a) S i e g e s f a n f a r e n und b e g i n n e n d e E r n ü c h t e r u n g in B e r l i n „Was Polen anbelangt, so kann ich meine Wahrnehmungen kurz dahin zusammenfassen, daß Deutschland in dem sogenannten Zollkrieg völlig und restlos gesiegt hat.".. .« Diese Einschätzung gab dem Auswärtigen Amt am 16. September 1925 der in diesem Hause als „ein sehr gründlicher Kenner des polnischen Wirtschaftslebens" angesehene Generaldirektor der Deutschen Continental-Gas-Gesellschaft in Dessau, des größten Gas- und Elektrizitätskonzerns Deutschlands, Bruno Heck. So sachverständig er auch auf diesem Gebiete gewesen sein mag 42 , Hecks Fanfarenstoß glich den Siegesmeldungen von der Marne. Die leitenden Beamten des Auswärtigen Amtes mit Staatssekretär von Schubert an der Spitze nahmen Hecks Nachricht vom Endsieg zur Kenntnis, ließen sich aber nicht von der Meinung abbringen, zu der sie sich inzwischen durchgerungen hatten, nämlich „ . . . daß Polen jetzt noch nicht bereit sein wird, auf den erwähnten drei Gebieten nennenswerte Konzessionen zu machen, und man könnte deshalb erwägen, ob es nicht am richtigsten wäre, den Wiederbeginn der Verhandlungen noch hinauszuschieben, um den Wirtschaftskrieg noch weiter auf Polen wirken zu lassen und es mürbe zu machen'' ,43 Das war ein deutliches Zeichen der beginnenden Ernüchterung, das Eingeständnis, daß der Blitzkrieg mißglückt war. Bei den „erwähnten drei Gebieten" handelte es sich gerade um die entscheidenden revanchistischen Forderungen, deren nicht wirtschaftlicher, sondern rein politischer Charakter in der zitierten internen Aufzeichnung ausdrücklich betont wurde. Sie bestanden „1. in der Optanten frage, 2. in dem Aufgeben der Liquidation reichsdeutschen Eigentums, 3. in der Regelung aller aus Artikel 256 des Friedensvertrages sich ergebenden Streitfragen, wie z. B. Wiederkaufsrecht, Entschädigung der annullierten Ansiedler usw., eventuell auch Regelung der sich aus dem neuen Agrargesetz ergebenden Fragen." 44 Ende August hatte der deutsche Gesandte in Warschau, Rauscher, berichtet, daß die Wirkung des Wirtschaftskrieges noch zu gering sei, um die gewünschten Erfolge zu zeitigen. „Ganz besonders aber ist die Auswirkung bezüglich der Agrar41
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 65824, Bl. 1 1 .
42
Die Deutsche Continental-Gas-Gesellschaft
Dessau
war
u. a. Eigentümer
des
Gaswerks in Warschau, wo Heck sich vor 1918 o f t aufhielt. 49
DZA vom
Potsdam, Auswärtiges
wärtigen Amts. 44
Amt
Nr. 64450, Bl. 1—8, Aufzeichnung
Zechlins
15. 9. 25 für den Reichsaußenminister und den Staatssekretär des Aus-
Ebenda.
4- Ein neues „Marne-Wunder"
93
produkte noch minimal. . ." 4 5 Anfang September 1925 bemühte sich der in der Schweiz weilende deutsche Delegationsleiter Lewald um eine „private" Unterredung mit dem sich in Genf aufhaltenden polnischen Außenminister Skrzynski. Während die deutschen Vertreter bei den offiziellen Verhandlungen sich bemühten, das tatsächlich von ihnen verfolgte enge Junctim zwischen Handelsund politischen Fragen zu leugnen, erhielt Lewald aus Berlin die Weisung, bei diesem „privaten" Gespräch mit Skrzynski anzudeuten, „daß Handelsvertrag bei Fortsetzung polnischer Entdeutschungspolitik im abgetretenen Gebiet schwerlich zustande kommen werde". 46 Von diesem „privaten" Gespräch wurde natürlich kein Protokoll angefertigt; offenbar ließ sich aber der polnische Außenminister von Lewaids Drohung nicht beeindrucken, was das Auswärtige Amt in seiner bereits reifenden Erkenntnis bestärkte, daß der Blitzkrieg mißglückt sei und man sich auf einen längeren Krieg umstellen müsse. In seiner Aufzeichnung vom 15. September wies Zechlin aber seinen Minister und seinen Staatssekretär auf die daraus erwachsenden Schwierigkeiten hin: „ E s ist aber zweifelhaft, ob die deutsche Wirtschaft so lange sich einigermaßen ruhig verhalten wird. . . Man kann auch nicht verkennen, daß bei der ungünstigen Situation, in der sich die deutsche Wirtschaft im allgemeinen befindet, sich auch die verhältnismäßig geringen Verluste, die sie durch den Wirtschaftskrieg mit Polen erleidet, sehr unangenehm fühlbar machen." 47 b) P o l n i s c h e A b w e h r m a ß n a h m e n Was hatte bewirkt, daß sich die Hoffnungen der deutschen Imperialisten auf einen Blitzkrieg gegen Polen nicht erfüllten? Sie hatten die Widerstandskraft des Gegners wieder einmal unterschätzt. Neben der direkten Wirkung ihrer Schläge hatten sie in ihrer Rechnung andere im Wirtschaftsleben Polens wirkende Faktoren außer acht gelassen. Hierbei war besonders wichtig, daß die Wirtschaftskrise in Polen durch den Wirtschaftskrieg wohl eine teilweise (in den besonders im Handel mit Deutschland engagierten Unternehmen) und zeitweise Verschärfung, aber doch keine Verewigung erfahren konnte. Schließlich war der Umsatz des Außenhandels doch nur ein Bruchteil des Gesamtumsatzes der polnischen Wirtschaft. Das Abebben der Krise mußte eine Erweiterung des inneren Marktes mit sich bringen, so daß allein schon dadurch wenigstens ein Teil des durch die Grenzsperre verlorenen auswärtigen Absatzes kompensiert werden könnte. Damit soll nicht gesagt sein, daß etwa automatisch die Schläge der deutschen Imperialisten zunichte geworden wären. Der polnische Staat mußte große An45
46
47
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 6 5 2 1 5 , Bl. 58—59, Rauscher, Warschau 28. 8. 25, an das Auswärtige Amt. Ebenda, Bl. 80, Telegramm Dirksen, Berlin 9. 9. 25, an das deutsche Generalkonsulat in Genf. D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 64450, Bl. 1—8.
I I I . Der mißlungene Blitzkrieg:
94
strengungen unternehmen, um diese Schläge zu parieren. Da der Sinn und Zweck des kapitalistischen Staates darin liegt, den Interessen der kapitalistischen Ausbeuterklasse zu dienen, wurden die Lasten der Abwehr des Wirtschaftskrieges im wesentlichen den Volksmassen aufgebürdet. Für schnelle und wirksame Abwehrmaßnahmen benötigte die polnische Regierung vor allem Geld, das in der erforderlichen Menge jedoch nicht sofort in Form von Steuern aus dem Volke herauszupressen war und auch nicht auf dem Wege der inneren Anleihe bei den Kapitalbesitzern flüssig gemacht werden konnte. Daher forcierte die polnische Regierung ihre seit längerer Zeit laufenden Bemühungen, aus dem Auslande Geld zu erhalten. Ministerpräsident Grabski stellte im Sejm die Vertrauensfrage, drohte also mit der Regierungskrise, und nötigte ihn damit zur schnellen Beschlußfassung über die Monopolisierung der Streichholzindustrie und die Verpachtung dieses Monopols an die schwedisch-amerikanische International Match Corporation.48 Zur Begründung erklärte Grabski, die aus der Verpachtung zu erwartende Staatseinnahme „sei unentbehrlich . . ., besonders aber zur Beihilfe für Oberschlesien . . ." 4 9 Worin bestand diese Beihilfe? Die Massenarbeitslosigkeit und die Proteste der Arbeiterschaft, die, wie wir wissen, deutsche Agitatoren für revanchistische Zwecke zu mißbrauchen sich bemühten, hinderten die polnischen Behörden daran, nur die Kapitalisten für ihre Absatz- und Profiteinbuße zu entschädigen. Solche Überlegungen hatte es zwar einige Wochen vor Ausbruch des Wirtschaftskrieges gegeben; das Projekt, aus dem Arbeitslosenfonds den Kohlenkonzernen Prämien für die Gewinnung neuer Märkte zu zahlen50, war aber wieder fallen gelassen worden. Statt dessen wurden nach heftigen Verhandlungen mit den Industriellen einige Maßnahmen zu einer gewissen Dämpfung der Arbeitslosigkeit getroffen. Zwar wurden alle vor dem 29. Juni 1925 dem Demobilmachungskommissar angekündigten Betriebsstillegungen genehmigt, in der Zeit vom 29. Juni bis zum 17. September 1925 durften die Werke jedoch nicht mehr als 5 Prozent ihrer Arbeiter entlassen. Daraufhin mußte die Masse der Belegschaften kurz arbeiten, was meist in der Form geschah, daß in jeder Woche nur an einigen Tagen gearbeitet wurde. Für die Unterstützung der Teil-Arbeitslosen stellte die Regierung 600000 Zloty bereit. Unterstützungsgeld erhielten aber nur diejenigen Kurzarbeiter, die innerhalb von 14 Tagen nicht mehr als 6 Schichten arbeiteten, also mindestens die Hälfte ihres Lohnes einbüßten. Die an diese Teil-Arbeitslosen ausgezahlten Beträge glichen selbst im günstigsten Falle nur ein Drittel des Lohnverlustes aus.
48
Über Einzelheiten und Charakter dieser Transaktion siehe Grosfeld, Leon, PaiistwO' przedwrzeäniowe
w
sluzbie
monopoli
kapitalistycznych.
(Der
Vorseptember-
S t a a t im Dienste der kapitalistischen Monopole), Warszawa 1951, S. n i f . , sowie Landau, Zbigniew, a. a. O., S. 2 5 0 — 2 7 7 . 49
„ O s t - E x p r e ß " v o m 9. 7. 1925.
50
W A P Katowice, Schlesisches W o j ewodschaftsamt, A b t . für Industrie und Handel Nr. 316,
Abteilungsdirektor
Rudowski,
Ministerium für Industrie und H a n d e l .
Katowice
2. 4. 25,
an
das
polnische
95
4. E i n neues „ M a r n e - W u n d e r "
Durch diese Maßnahme wurden die ohnehin dürftigen Einkommen sehr vieler Arbeiterfamilien noch erheblich geschmälert, andererseits blieben aber Tausende Arbeiter vor der Vollarbeitslosigkeit bewahrt. Die polnische Regierung gewann hierdurch zwei Vorteile. Einmal war der Plan der deutschen Revanchisten, durch riesige Massenentlassungen die innenpolitische Situation der polnischen Regierung unhaltbar zu machen, vereitelt. Zum anderen war sie durch diese Regelung eher imstande, politische und gewerkschaftliche Aktionen der Arbeiterklasse zu unterdrücken. Mannigfaltig waren die Maßnahmen zur Beihilfe für das oberschlesische Großkapital. Es wurde bis zum Ende des Jahres 1926 von allen Steuerverpflichtungen befreit und sollte lediglich für jede exportierte Tonne Kohle V2 Zloty an die Staatskasse abführen. 51 Eine weitere Maßnahme war die erhebliche Senkung der Frachttarife der polnischen Staatsbahnen für Kohlen und andere Exportprodukte der oberschlesischen Montanindustrie. Hierfür setzte sich im April 1925 das Wojewodschaftsamt in Katowice energisch ein.52 Allerdings konnte der Effekt nur gering sein, solange für den Kohlenexport der Landweg beschritten wurde, denn die Eisenbahnstrecke von den Gruben bis zur Landgrenze war ja nur kurz. Dagegen könnten beim Transport auf dem Seewege über Danzig Ausnahmetarife der Staatsbahnen die Konkurrenzfähigkeit der polnischen Kohlen auf dem Auslandsmarkte erhöhen. Aber auch dieser Weg war nicht unbegrenzt gangbar, weil die Verladeeinrichtungen in Danzig für größeren Kohlenumschlag nicht ausreichten und die Waggons auf die Abfertigung lange warten mußten. Die Senkung der Standgelder allein war hierfür keine Lösung. Die Klagen der oberschlesischen Konzerne über die geringe Kapazität Danzigs nahmen von Monat zu Monat zu, und die Forderung nach einer Ausrüstung des Danziger Hafens mit modernen Kränen und Kippvorrichtungen sowie nach dem beschleunigten Ausbau des neuen Hafens von Gdynia, in dem 1925 erst jeweils ein Schiff be- oder entladen werden konnte, wurden immer lauter. 53 In welchem Maße der polnische Staat über die Eisenbahnen auf Kosten der übrigen Transporte, letztlich also der Verbrauchermassen, den oberschlesischen Kohlenkonzenren half, ihren Konkurrenten auf den ausländischen Märkten entgegenzutreten, zeigt die folgende Tarifstaffel: 61
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 65691, B l . 169, Reichs- und Staatsvertreter bei der Gemischten Kommission für Oberschlesien Büdding, Beuthen 25. 9. 25, an das Auswärtige A m t .
52
WAP
Katowice,
der O S K K ,
Oberschlesische
Kohlenkonvention
Przybylski-Proskauer,
Katowice
Nr. 10,
Geschäftsführung
14. 4. 25, an die
Vorstandsmit-
glieder der O S K K . 53
W A P Katowice, Schlesisches W o j e w o d s c h a f t s a m t , A b t . für Industrie und Handel Nr. 316, verschiedene Schriftstücke, u. a. Oberschlesischer Berg- und
Hütten-
männischer Verein, Przybylski-Proskauer, K a t o w i c e 19. 12. 25, an die A b t e i l u n g H a f e n und Wasserwege in Danzig.
9
6
I I I . Der mißlungene Blitzkrieg
Tonnen-Transportpreis auf den Polnischen Staatsbahnen für 602 km (= von Oberschlesien nach Danzig bzw. Gdynia)5i Datum des Inkrafttretens _ .,
Normaltarif ZI
d e s T a n f s
^„^ ^ h l ^ t r n rt , „ , T , innerhalb des Landes ZI
Entfernung
Ausnahmetarif für den Kohlentransport ZI
1. Januar 1924
15.40
12,78
12,20
1. J a n u a r 1 9 2 5
22,50
12,78
11,70
1. M a i 1 9 2 5
22,50
12,78
7,—
1925
22,50
12,78
6,50
1. Juli
Der polnische Kohlenexport entwickelte sich in den ersten Monaten des Wirtschaftskrieges wie folgt 5 5 : Ausfuhr polnischer Kohle in einige Länder 1923 (in 1000 t) Nach Österreich Tschechoslowakei Ungarn Danzig Jugoslawien Rumänien Schweiz Dänemark Italien Lettland Schweden Zusammen (ohne Deutschland) Deutschland Zusammen mit Deutschland 64
55
Monatsdurchschnitt des x. Halbjahres
Juli
Aug.
Sept.
Okt.
Nov.
Dez.
Moaatsdurchschnitt des 2. Halbjahres
193.6 47,3
209,9
214.7
241,6
274.3 51,8
289,9
298,7
254.9
36,2
56,6
62,4
102,6
89,6
26,6
34,8
33.9 6,7
8,5 6,0
2,4
2,1 0,8
65,6
11,8
9,9 3,6 14,5 8,4
76,2
6,6
7,2
17,2
51,3 95,9 43.9 18,4
8,3 4.8 17.5
52,7
54,9 96,3 35,8 7.9
56,7 13,6 3,6
4!-9
6,1
6,1
6,1
53,4 6,3
56,5 8,6
49,4
24,6
28,4
10,8
16,6
4,1
10,2
83.9 41,2 12,5
7.1 5.7 34.8 13.8 15.9 57.0
10,2
6,0
36,3 10,4
o,3
32.5
49,9
58,8
72,3
79,3
49,3
325,5 45o,6
457,3
529,2
572,4 o,7
679,6
689,5
640,2
0,2
0,9
o,7
2,8
594.7 o,9
776,1
457.5
529,3
573.1
680,5
690,2
643.0
595.6
0,6
0,2
15.0
12,9
58,8
Paszkowski, Witold, Organizacja polskiego przemyslu weglowego, ze szczegölnym uwzglednieniem zaglebia görnoSlqskiego. (Die Organisation der polnischen Kohlenindustrie, mit besonderer Berücksichtigung des oberschlesischen Reviers), Poznaii 1931, S. 1 1 2 . Statystyka Przemyslu Weglowego w Paristwie Polskim za rok 1925. Wedlug danych Departamentu Görniczo-Hutniczego Ministerstwa Przemyslu i Handlu. (Statistik der Kohlenindustrie im polnischen Staate für das Jahr 1925. Nach Angaben des Bergbau- und Hüttendepartements des Ministeriums für Industrie und Handel), Dqbrowa Görnicza 1927, S. 35.
97
4- E i n neues „ M a r n e - W u n d e r "
Der Verlust des deutschen Marktes wurde also im zweiten Halbjahr 1925 allein im Export mengenmäßig bereits zu durchschnittlich 60 Prozent wettgemacht. Die Gründung der Allgemeinen Polnischen Kohlenkonvention schuf den oberschlesischen Konzemen eine Möglichkeit, ihren Inlandsabsatz zu erweitern, vor allem aber sich für die zur Eroberung der Auslandsmärkte erforderlichen Preisnachlässe am polnischen Konsumenten schadlos zu halten. Bisher hatten in Polen die Kohlenkonvention der Reviere von Dqbrowa und Krakau und die Oberschlesische Kohlenkonvention 56 miteinander konkurriert. Am 1. Juli 1925 schlössen beide Gruppen miteinander die Allgemeine Polnische Kohlenkonvention, die Quoten, Preise und Verkaufsbedingungen für Polen, Danzig, Österreich, Deutschland, Ungarn, die Tschechoslowakei, Jugoslawien, Bulgarien, Rumänien und die europäische Türkei festlegte. Wenn auch die Gründung der Allgemeinen Polnischen Kohlenkonvention nicht auf den deutsch-polnischen Wirtschaftskrieg zurückzuführen ist, so kann man doch annehmen, daß die im Februar 1925 zwischen beiden Gruppen begonnenen Verhandlungen angesichts des drohenden Wirtschaftskrieges forciert wurden. Auf jeden Fall führte die Bildung des neuen Kartells in dem für die oberschlesischen Konzerne kritischsten Augenblick dazu, daß im Inland der Absatz oberschlesischer Kohle sich vergrößerte 57 und die Verkaufspreise anstiegen.58 Die breiten Volksmassen ganz Polens mußten also als Steuerzahler und Verbraucher die Kosten für die Abwendung der Folgen des Wirtschaftskrieges tragen. Die Herren der oberschlesischen Montanindustrie wollten aber die Gelegenheit auch benutzen, um den Grad der Ausbeutung ihrer Arbeiter auf die Dauer zu erhöhen. Unter dem Vorwand der durch die deutsche Grenzsperre geschaffenen akuten Schwierigkeiten sollten Tausende von Arbeitern für immer aus den Gruben und Hütten hinausrationalisiert und für die verbleibende Belegschaft sollte die tägliche Arbeitszeit verlängert werden. Die Arbeiter reagierten jedoch auf diesen 56
Die Oberschlesische K o h l e n k o n v e n t i o n b e s t a n d n o c h aus der Zeit, d a g a n z O b e r schlesien z u m D e u t s c h e n R e i c h gehört h a t t e . Mitglied waren (mit der S t i m m e n z a h l vom
i.Juni
1925):
Rybniker
Steinkohlen-Gewerkschaft
und
Gewerkschaft
C h a r l o t t e (41), Fürstlich Plessische Bergwerksdirektion (36), Giesche S. A . (36), Vereinigte K ö n i g s - und L a u r a h ü t t e A G (34), H o h e n l o h e - W e r k e (33), K a t t o w i t z e r A G für B e r g b a u und Eisenhüttenbetrieb (32), F ü r s t l i c h v o n D o n n e r s m a r c k s c h e Verwaltung
(30),
Gräflich Henckel
von
Donnersmarcksche
Verwaltung
(23),
G o d u l l a S. A . (21), G r ä f l i c h v o n Ballestremsche V e r w a l t u n g (20), Schlesische A G für B e r g b a u und Z i n k h ü t t e n b e t r i e b L i p i n y (12), F r i e d e n s h ü t t e S. A . (6), G e w e r k s c h a f t W a t e r l o o (5) sowie m i t beratender S t i m m e die
Kohlenhandelskonzerne
„ R o b u r " ehemals Friedländer und „ P r o g r e s s " ehemals Cäsar W o l l h e i m . — W A P K a t o w i c e , Giesche Nr. 4864, sowie Paszkowski, 57
Witold,
a. a. O .
N a c h der „ Z e i t s c h r i f t des Oberschlesischen B e r g - und H ü t t e n m ä n n i s c h e n Vereins zu K a t o w i c e " , O k t o b e r - H e f t 1925, S. 618, l a g der A b s a t z oberschlesischer K o h l e in Polen im D u r c h s c h n i t t der M o n a t e Juli und A u g u s t 1925 u m 1 5 7 2 0 4 T o n n e n
=
2 0 % höher als im D u r c h s c h n i t t der Monate J a n u a r bis M a i 1925. 58
WAP
Katowice,
Oberschlesische
Kohlenkonvention
Nr. 2,
„Zur
K o n v e n t i o n s v e r l ä n g e r u n g . E r w ä g u n g e n und V o r s c h l ä g e . . . " , S. 3—4. 7
Puchert, Wirtschaftskrieg
Frage
der
98
I I I . Der mißlungene Blitzkrieg
Anschlag der Unternehmer so eindrucksvoll, daß sich die Behörden gezwungen sahen, die Werkleitungen zur Zurücknahme ihrer bereits getroffenen Anordnungen über die Verlängerung des Arbeitstages unter Tage zu veranlassen. 59 Außer den bisher genannten Maßnahmen des polnischen Staates und der Unternehmer selbst, durch die auf Kosten der Volksmassen die Folgen des Wirtschaftskrieges für das polnische Kapital gemildert wurden, gab es noch einige Faktoren, die der von den deutschen Imperialisten erwarteten Wirkung des Wirtschaftskrieges entgegenwirkten. Einmal ist die Tatsache zu erwähnen, daß es wichtige Teile der polnischen Industrie gab, die kaum mit dem deutschen Markt verbunden waren und deshalb nicht oder doch nur indirekt und unerheblich geschädigt wurden. Hierzu gehörte u. a. die Textilindustrie von t ö d z 6 0 , der die Kampfverordnungen sogar einen gewissen Schutz vor der deutschen Konkurrenz boten. Schließlich bewirkte die, besonders angesichts des Devisenmangels und der Währungslage, rigoros betriebene Einfuhrdrosselung, daß trotz der Verminderung der Ausfuhr die polnische Handelsbilanz im August 1925 zum ersten Male seit langer Zeit wieder aktiv wurde und der Ausfuhrüberschuß in den folgenden Monaten noch zunahm. Das genügte zwar nicht, um den Zloty zu stabilisieren, verhinderte aber doch den von den deutschen Imperialisten erwarteten völligen Bankrott des polnischen Staates. Durch die Gesamtheit aller geschilderten Faktoren wurde die Wirkung der deutschen Kampfmaßnahmen auf die polnische kapitalistische Wirtschaft erheblich abgeschwächt. Zwar litten Teile von ihr und besonders die Volksmassen, auf die der Hauptteil der Lasten abgewälzt wurde, trotz allem schwer unter den Folgen des Wirtschaftskrieges. Seine Wirkung war jedoch nicht so, wie sie sich die revanchistischen Kreise der herrschenden Klasse Deutschlands in ihrer dünkelhaften Überheblichkeit vorgestellt hatten. Es war ihnen nicht gelungen, im Blitzkrieg die polnische Regierung zur Kapitulation vor ihren Bedingungen zu zwingen. Ein neues „Marne-Wunder" war geschehen.
5. Erste Auswirkungen des Wirtschaftskrieges auf die deutsche Wirtschaft Das plötzliche Fernbleiben von rund 500000 Tonnen polnischer Kohle brachte selbstverständlich dem Absatz der deutschen Kohlenreviere eine sprunghafte Erhöhung. Dieser Boom machte sich besonders stark in Deutsch-Oberschlesien bemerkbar, da die polnische Kohle ja zu einem großen Teil von der schlesischen Industrie gekauft worden war, für die ein Ersatz durch Ruhrkohle wegen des langen Transportweges kaum in Frage kam. Bei der Schlesischen Bergwerks- und 59
W A P Katowice, Schlesisches Wojewodschaftsamt, A b t . für Industrie und Handel Nr. 222, Bericht dieser A b t . v o m 8. 10. 25 an die A b t . öffentliche Sicherheit im gleichen A m t e .
60
DZA
Potsdam,
Auswärtiges A m t Nr. 65824, Bl. 134—135,
Deutscher
Hofimann-Fölkersamb, Eödz 4. 11. 25, an das Auswärtige A m t .
Konsul
5. Erste Auswirkungen
99
Hütten A G (Schlesag) betrugen die Haldenbestände im Juni 1 9 2 5 fast 4 0 0 0 0 1 . Infolge des Wirtschaftskrieges war es nicht nur möglich, diese Halden bis Ende September zu räumen, sondern auch die Förderung von 7 0 0 0 0 1 im Monat J u n i auf über 1 0 0 0 0 0 1 monatlich im September und den folgenden Monaten zu steigern und diese wesentlich erhöhte Produktion zu verkaufen. Dabei gestattete die Ausschaltung der polnischen Konkurrenz in Schlesien selbst eine Erhöhung der Preise, während in den weiter entfernten deutschen Absatzgebieten die Konkurrenz der westfälischen und der englischen Kohle die westoberschlesischen Konzerne zu stärkeren Preisnachlässen zwang, die erst vom Oktober 1 9 2 5 ab, also mit dem Beginn der kalten Jahreszeit, nach und nach abgebaut werden konnten. 61 Da auch die Sperre der Einfuhr von polnischem Zinkblech der Schlesag erhöhte Absatzmöglichkeiten eintrug, erhielten die Aktionäre dieser Gesellschaft für 1 9 2 5 eine Dividende von 1 0 Prozent gegenüber 6 Prozent für 1924. Der Wirtschaftskrieg brachte also den Herren der deutschen Montanindustrie erhöhte Profite. Die Schlesag stellte dabei keine Ausnahme dar. Mit dem Beginn des Wirtschaftskrieges setzte in allen Kohlenkonzernen Deutsch-Oberschlesiens eine erhebliche Erhöhung der Förderung ein 62 : Kohlenförderung Deutsch-Oberschlesiens vor und nach Beginn des Wirtschaftskrieges 1925 Januar Februar März April Mai Juni Monatsdurchschnitt Januar — Juni Juli August September Oktober
1038841t 938836 t 1085087 t 949113 t 956517 t 948018 t 986068 t 1266640 1 332058 1403797 1518000
t t t t
Die Einfuhrsperre für polnische Kohle konnte die allgemeine Kohlenabsatzkrise allerdings nicht beseitigen, zumal, wie wir eben sahen, das Profitstreben dazu führte, daß ein beträchtlicher Teil der bisherigen Einfuhr aus Polen durch erhöhte Förderung auf deutscher Seite ersetzt wurde. Deshalb hörten auch die Klagen der Kohlenindustriellen besonders des Waldenburger Reviers nicht auf. Hier waren zwar die Haldenbestände von 1 3 0 0 0 0 1 Kohle und 9 0 0 0 0 1 Koks im Juni auf 99000 t 61
62
7»
Staatliches Kreisarchiv Tarnowskie G6ry, Schlesag Nr. n o , Geschäftsbericht für 1925. D Z A Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 63793, Bl. 63, Anlage zu: Oberschlesisches Steinkohlen-Syndikat, Gleiwitz 2. 1 1 . 25, an Delegationsleiter Lewald.
100
III. Der mißlungene Blitzkrieg
Kohle und 66000 t Koks im September abgesunken, und die Förderung wurde von 170001 täglich im Juni auf 21000 t im September erhöht63, doch ließ sich diese Besserung überhaupt nicht mit dem Gleiwitzer Revier vergleichen. Das rührte daher, daß die niederschlesischen Kohlesorten von anderer Beschaffenheit waren als die polnisch-oberschlesischen, weshalb sie diese auch gar nicht ersetzen konnten. Andererseits litt das niederschlesische Kohlenrevier selbst unter dem Wirtschaftskrieg, denn bisher hatte die Industrie Polnisch-Oberschlesiens bestimmte Kokssorten von hier gekauft, was durch die polnische Verordnung vom 1 1 . Juli 1925 nun verboten war. Die Absperrung der polnischen Kohle wirkte sich besonders für die deutschen Kohlenverbraucher nachteilig aus, da die Kohlenkonzerne, soweit es die Konkurrenz der anderen Reviere zuließ, die Preise erhöhten und die Verkaufsbedingungen verschlechterten. Der Protest eines bestimmten Kreises von KohlenGroßverbrauchern kam in der Fachpresse zum Ausdruck. So schrieb die in München erscheinende Zeitschrift „Das Gas- und Wasserfach" in ihrem Heft 37/1925: „Die Fortdauer der Sperre oberschlesischer Kohlen beginnt eine einigermaßen ausreichende Ersatzbeschaffung aus dem westoberschlesischen Revier ernstlich zu gefährden. Trotz Anspannung aller technischen Hilfsmittel und Zuhilfenahme von Haldenbeständen ist es nicht mehr möglich, dem starken Andränge der Besteller zu begegnen. Besonders gilt dies von Stück-, Würfel- und Nußkohlen, welche nur mit erheblichen Verspätungen zur Abfertigung gelangten. Diese Schwierigkeiten wachsen täglich, und wenn nicht bald wieder die frühere Gleichgewichtslage der Versorgung aus beiden Gebieten hergestellt wird, erscheint die Winterbevorratung der Landwirtschaft, der Industrie und des Platzhandels ernstlich in Frage g e s t e l l t . . . " Sofort erhielt die Zentrale der Kokswerke & Chemische Fabriken AG in Berlin empörte Beschwerden ihrer oberschlesischen Betriebsdirektion in Hindenburg. Dabei ließ sich die Richtigkeit dieser Darstellung der Lage gar nicht einmal abstreiten: „Wenn den Ausführungen auch eine gewisse Berechtigung nicht abzusprechen ist, so halten wir es doch für außerordentlich töricht, einen solchen Standpunkt in der Öffentlichkeit auszusprechen."64 Noch am gleichen Tage trat die Leitung der Kokswerke & Chemische Fabriken Berlin an den Reichskohlenkommissar heran, er solle auf die Schriftleitung einwirken. Dieser versuchte zunächst über den Vorstand der Zentrale für Gasverwertung E. V. Berlin den Schriftleiter Lempelius zum Widerruf seiner Meldung zu bewegen, was dieser jedoch ablehnte. Auch der Vorwurf, er gefährde die deutsche Verhandlungsstellung gegen Polen, blieb erfolglos. Nachdem der Versuch des Reicjiskohlenkommissars, den Schein der Pressefreiheit zu wahren und nur indirekt Druck, auszuüben, mißlungen war, ging er dazu über, die Forderungen seiner Auftraggeber nun mit amtlichem Druck durchzusetzen. So las der Reichskohlenkommissar dem Schriftleiter des „Gas- und Wasserfach" eine Lektion über 63 Ebenda, Bl. 98. 64 W A P Katowice, Abt. Gliwice, Borsigwerke Nr. 1 8 3 1 , Betriebsdirektion, Hindenburg 2 1 : 9 . 25, an Abt. D Berlin.
5- Erste Auswirkungen
IOI
die Pressefreiheit des kleineren gegenüber dem größeren Kapitalisten, und die Direktion der Kokswerke in Oberschlesien wurde von ihrer Berliner Zentrale informiert: „Die Sache ist nach den Mitteilungen des Herrn Reichskohlenkommissars im günstigen Sinne erledigt worden." 65 Da der Wirtschaftskrieg den deutschen Kohlenindustriellen fast ausschließlich Vorteile einbrachte, waren sie die eifrigsten Befürworter einer starren Haltung der deutschen Delegierten bei den Verhandlungen mit Polen.66 Zahlreiche andere Wirtschaftszweige aber benachteiligte der Wirtschaftskrieg. Davon zeugen zahlreiche Anfragen, die von einzelnen Kapitalisten und Kapitalistenverbänden an die Regierungsstellen gerichtet wurden, wann mit dem Ende der Handelssperre gerechnet werden könnte. Die Industrie- und Handelskammer Hagen z. B. klagte darüber, daß ihren Mitgliedern bereits in Arbeit genommene Aufträge polnischer Firmen annulliert worden seien67, ein Dresdener Bauwaren-Großhändler darüber, daß er Waggons mit Portland-Zement auf eigene Kosten wieder von der polnischen Grenze zurückexpedieren mußte68, der Textil-Exportverband Nürnberg darüber, daß die tschechoslowakischen Konkurrenten bereits die Gelegenheit benützt hätten, um den polnischen Markt zu erobern69, und zahlreiche Schleppdampfer-Genossenschaften und Reeder darüber, daß sie wegen der Einfuhrsperre nicht mehr mit der als Bunkerkohle gut geeigneten ostoberschlesischen Grobkohle beliefert würden, so daß sie mit Verlust die kleineren Sorten aus West-Oberschlesien feuern müßten. 70 Die Opfer und Verluste, die der Wirtschaftskrieg zahlreichen deutschen Kapitalisten zufügte, fanden nicht nur in solchen Anfragen und schwachen Protesten ihren Niederschlag. Sehr übel vermerkt wurde bei den Verfechtern des Wirt65
Ebenda, Kokswerke & Chemische Fabriken A G , Berlin 22. 10. 25, an die Betriebsdirektion in Hindenburg.
66
Siehe dazu u . a . : 1. D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 63793, Bl. 129 und 132, Rheinisch-westfälisches Kohlensyndikat,
Essen
n . 11. 25, an den Reichskanzler und
an
Delegationsleiter Lewald. 2. Ebenda,
Bl. 70—73,
Niederschlesisches
Steinkohlen-Syndikat,
Waldenburg
5. 11. 25, an Delegationsleiter Lewald. 3. Ebenda, Bl. 61—62, Oberschlesisches Steinkohlensyndikat, Gleiwitz 2. 11. 25, an Delegationsleiter Lewald. 67
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 67367, Bl. 179, Industrie- und Handelskammer Hagen/Westfalen, 11. 7. 25, an das Auswärtige A m t .
68
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 65469, Bl. 24, Oskar Wennrich, Dresden 24. 7. 25, an das Auswärtige A m t .
69
DZA
Potsdam,
Nürnberg
Auswärtiges
16. 10. 25,
an
das
Amt
Nr. 65824,
Auswärtige
Bl. 78,
Amt:
Textil-Exportverband,
,,. . . Unsere
Mitglieder . . .
haben . . . das Gefühl, als ob es an gewissen Stellen an dem nötigen Ernst und Nachdruck fehle, um auch mit diesem Lande zu einem Abschluß zu gelangen . . .". 70
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 64288, Bl. 129—131, Vereinigte
Schlepp-
dampfer-Genossenschaft e G m b H . zu Spandau u. a., Breslau 2. 9. 25, an den Reichskanzler, das Auswärtige A m t und das Reichswirtschaftsministerium.
102
III. Der mißlungene Blitzkrieg
schaftskrieges ein Artikel des Reichstagsabgeordneten Dr. Carl Cremer von der Deutschen Volkspartei, der am 14. Juli 1925 in der Mährisch-Ostrauer „Morgenzeitung" erschien und worin Cremer öffentlich, noch dazu im Ausland, zum Ausdruck brachte, was viele deutsche Industrielle und Großhändler bewegte, nämlich „daß der deutsch-polnische Zollkrieg für Deutschland ein schlechtes Geschäft ist". Ein anderer Reichstagsabgeordneter der gleichen Partei, der Direktor der Maschinenbau A G vormals Starke & Hoflmann in Hirschberg, Max Schmidt, unterstützte bei Stresemann die Beschwerde der großen Leinenfabrik Rinkel A G in Landeshut gegen die Grenzsperre und dagegen, „daß die Regierung die Interessen der Montanindustrie allzu stark in den Vordergrund rückt und die Kosten des Zollkampfes der übrigen Industrie aufbürdet". 71 Eine ähnliche Anspielung enthielt auch die Eingabe des Vereins Ostdeutscher Holzhändler und Sägewerke, der als Entschädigung für in Polen bereits bezahltes, aber nun einfuhrverbotenes Holz staatliche Kredithilfe forderte und darauf verwies, „daß auch der Ruhrkrieg seinerzeit vom Reiche weitgehend durch Kreditgewährung finanziert worden ist. Was damals der Ruhr-Industrie recht war, scheint uns heute dem Holzimporthandel billig zu sein." 72 Eine besondere Häufung von durch den Wirtschaftskrieg geschädigten deutschen Unternehmen wies Schlesien auf. Die Grenzsperre beraubte besonders seine Textilindustrie eines bedeutenden Absatzmarktes. Aber auch der schlesische Maschinenbau wurde betroffen, denn von ihm vor allem hatte Polen bisher seine Maschinen für die Papierfabrikation, für Müllereibetriebe, für die Holzbearbeitung und besonders größere Landmaschinen bezogen. Selbst die Großgrundbesitzer, denen aus der Fernhaltung polnischer Lebensmittel höhere Preise für ihre Produkte winkten, beklagten sich, weil sie fürchteten, daß sie infolge des Wirtschaftskrieges künftig nicht mehr die billigen polnischen Erntearbeiter ausbeuten könnten.73 Diese Klagen wurden schon nach wenigen Wochen des Wirtschaftskrieges in offiziellen Denkschriften vorgetragen. So übersandten die Provinzialverwaltung der Provinz Niederschlesien, der Magistrat der Stadt Breslau und der Verband niederschlesischer Industrieund Handelskammern am 29. Juli 1925 dem Reichskanzler eine Denkschrift 74 , in der sie sich darüber beschwerten, daß die für Preußen und das Reich traditionelle Vernachlässigung Schlesiens nun durch den Wirtschaftskrieg gegen Polen fortgesetzt werde. Jede Beeinträchtigung der Handelsbeziehungen zu Polen sei für die schlesische Wirtschaft äußerst schädlich, denn es sei „der polnische Markt, dessen Bearbeitung von jeher eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Blüte 71
72
73 74
DZA Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 65469, Bl. 130—131, Schmidt, Hirschberg 2 5- 7- 25> a n Stresemanns Privatsekretär Bernhardt. Ebenda, Bl. 75—78, Verein Ostdeutscher Holzhändler und Sägewerke, Berlin 22. 7. 25, an das Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft und das Reichs wirtschaf tsministeriu m. „Schlesische Volkszeitung" vom 13. 7. 25. DZA Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 65469, Bl. 91—103.
6. Außenpolitische contra wirtschaftspolitische Ziele
103
der Wirtschaft Schlesiens gewesen ist." Sie erhoben dagegen Einspruch, daß nach den Erfahrungen der „verhängnisvollen" Ausfuhrsperre gegen Polen in den Jahren 1920 bis 1922 erneut Kampfmaßnahmen gegen Polen getroffen wurden, die Schlesien schwer schädigten, und stellten einige konkrete Anträge auf Verbesserung der Verkehrsverbindungen zwischen Schlesien und den anderen Teilen des Reiches, auf Steuer- und Krediterleichterungen und stärkere Berücksichtigung Schlesiens bei der Vergabe von Aufträgen der staatlichen Verwaltungen. Schließlich forderten sie, zur Herstellung eines guten Handelsvertragsverhältnisses mit Polen „kein irgend Erfolg versprechendes und vertretbares Mittel unangewendet zu lassen, auch, solange es möglich ist, alles zu vermeiden, was die Lage unnötig verschärfen könnte." Die wenigen hier angeführten Beispiele zeigen schon, daß der Wirtschaftskrieg keineswegs nur Polen Schaden zufügte. Da aber der Anteil des Handels mit Polen für die deutsche Wirtschaft geringer war als der Anteil des Handels mit Deutschland für die polnische, kann grob zusammengefaßt festgestellt werden, daß der Wirtschaftskrieg in der ersten Zeit Polen weit mehr schadete als Deutschland. Innerhalb Deutschlands aber konzentrierten sich die schädlichen Auswirkungen dieses Konflikts auf Mittel- und Niederschlesien. Das veranlaßte den gewiß nicht polenfreundlichen Fürsten von Hatzfeldt zu Trachenberg, in einem privaten Brief den deutschen Delegationsleiter Lewald zu mahnen, „nichts zu unterlassen, um zu einem Modus vivendi mit unserem östlichen Nachbarn zu kommen", denn „ob wir oder Polen durch diese Abschnürung mehr geschädigt werden, ist schwer zu sagen."7®
6. Außenpolitische contra wirtschaftspolitische Ziele Die zahlreichen Klagen aus verschiedenen Kreisen der deutschen Kapitalistenklasse entsprungene Erkenntnis, daß der Wirtschaftskrieg gegen Polen ein zweischneidiges Schwert darstellt, veranlaßte das Auswärtige Amt um die Jahreswende 1925/26 ernsthaft zu überlegen, ob seine Fortsetzung noch zweckmäßig ¿ei. Im Februar 1926 entstand ein ausführlicher vertraulicher Bericht über die entstandene Lage an den Reichskanzler. 76 Dieser Bericht wurde zwar nicht abgesandt, er büßt dennoch nicht seine Aussagekraft ein, denn außer dem Minister und dem Staatssekretär hatten ihn alle zuständigen leitenden Beamten des Auswärtigen Amts, nämlich der für die Wirtschaftspolitik zuständige Ministerialdirektor Ritter, der Leiter der Abteilung IV, Ministerialdirektor Wallroth, der Ministerialdirigent für Osteuropa, v. Dirksen, und der Vortragende Legationsrat Zechlin, bereits unterzeichnet. Der Bericht begann mit der bezeichnenden Feststellung: „Bei den Handelsvertragsverhandlungen mit Polen tritt jetzt ein offener 75
Ebenda, Bl. 1 7 7 - 1 7 8 .
76
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 6 7 1 1 8 , Bl. 178—185.
io4
I I I . Der mißlungene Blitzkrieg
Gegensatz zwischen den wirtschaftspolitischen und den außenpolitischen Zielen zu Tage." Vom Standpunkt der Wirtschaftspolitik ergebe sich jetzt die Notwendigkeit „ f ü r eine positive Einstellung zu den Handelsvertragsverhandlungen mit Polen", weil „die Waffe des Wirtschaftskrieges sich mit der Länge seiner Dauer abnutzt." Alles spreche dafür, „den Wirtschaftskrieg mit Polen bald zu beendigen . . . " Demgegenüber erfordere das rein außenpolitische Ziel eine negative Einstellung zu den Verhandlungen über einen deutsch-polnischen Handelsvertrag. Die Hoffnung, Polen durch den Wirtschaftskrieg zum Verzicht auf seine Rechte im früheren deutschen Teilgebiet (Optantenausweisung, Liquidation reichsdeutschen Vermögens, Agrarreform) zu zwingen, habe sich nicht erfüllt. Statt aber daraus zu folgern, die Spannungen zwischen beiden Staaten durch Beendigung des Wirtschaftskrieges zu mildern, gelangten die Verfasser des Berichts einhellig zu dem Schluß, daß der Druck auf Polen noch verstärkt werden müsse, bis die wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten den polnischen Staat zur Nachgiebigkeit gegenüber den Grenzwünschen der deutschen Imperialisten zwängen. Daher dürfe die Reichsregierung die Waffe des Wirtschaftskrieges nicht aus der Hand geben. Der „Gegensatz zwischen den wirtschaftspolitischen und den außenpolitischen Zielen" bestand also darin, daß die deutschen Kapitalisten regen Handelsverkehr brauchten, um Profite auch auf dem polnischen Markt realisieren zu können, während die revanchistischen Kreise der herrschenden Klasse im Interesse späterer höherer Profite, die sie nach dem R a u b polnischen Territoriums zu erzielen hofften, die bestehenden Differenzen und Spannungen mit dem Nachbarland noch zu verschärfen trachteten. 77 Der Revanchismus schadet also nicht nur den Massen des Volkes, sondern auch weiten Kreisen der Kapitalistenklasse selbst.
7. Dauernde Schäden für die deutsche Wirtschaft Während in den ersten Monaten des Wirtschaftskrieges, abgesehen von Niedeischlesien, hauptsächlich kleinere Kapitalisten über ihre Verluste aus diesem Anlaß geklagt hatten, während diese Verluste zum großen Teile nur als zeitweilige Erscheinungen der schlagartigen Grenzsperre angesehen werden konnten, häuften sich im Jahre 1926 die Klagen über dauernde Schädigungen durch den Wirtschaftskrieg, wobei die Beschwerden aus Kreisen des Großkapitals zunahmen. 11
In
einer
Anfrage
forderte
die
deutschnationale
Reichstagsfraktion
29. Januar 1926 den völligen Abbruch der Handelsvertragsverhandlungen
am mit
Polen. Die Handelsdelegationen beider Staaten waren trotz des Wirtschaftskrieges einige Male zusammengetreten, ohne jedoch irgendwelche
Fortschritte
zu erzielen. Stresemann beantwortete am 16. 2. 1926 die Anfrage der Deutschnationalen ausweichend.
7. Dauernde Schäden
105
Bereits im Januar 1926 führten die Handelskammer und der Senat von Hamburg darüber Klage, daß infolge des Wirtschaftskrieges viele polnische Importeure ihre Waren aus Übersee nicht mehr über Hamburg, sondern über Danzig bezögen.78 Im März teilte der Verband Sächsischer Industrieller dem Auswärtigen Amt mit, daß zahlreiche sächsische Betriebe dringend polnische Aufträge suchten.79 Im April klagte der Verein zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie Deutschlands darüber, daß infolge des Wirtschaftskrieges der früher stark von ihr belieferte polnische Markt für Essigsäure an die tschechoslowakische und österreichische Konkurrenz verloren gehe.80 Im gleichen Monat wandte sich die Opel-Direktion an das Reichswirtschaftsministerium. Die Giesche-Werke in Jaworczno (Polnisch-Oberschlesien) hatten nämlich die Absicht, von Opel eine größere Anzahl von Kraftfahrzeugen zu kaufen, deren Einfuhr die polnische Regierung aber nur unter der Bedingung genehmigen wollte, daß dafür eine gewisse Menge polnischer Kohle nach Deutschland hereingelassen würde. Opel bat nun, „im Interesse der deutschen Wirtschaft" eine Ausnahmegenehmigung zur Einfuhr polnischer Kohle zu erteilen.81 Dieser Antrag war gewiß bezeichnend für die Auffassung, die Monopolkapitalisten von den von ihnen so gern in den Mund genommenen „nationalen Belangen" haben. Sein privates Profitinteresse gab Opel als „Interesse der deutschen Wirtschaft" aus. Während man im Kriege vom Arbeiter verlangte, im angeblich nationalen Interesse treu hinter der Regierung der Ausbeuterklasse zu stehen und Opfer zu bringen, hielt es Opel durchaus nicht für „ehr- und vaterlandslos", in diesem so ernst genommenen Wirtschaftskrieg gegen Polen, der nicht hauptsächlich handelspolitische Ziele verfolgte, der Regierung seiner eigenen Klasse den „Dolchstoß" durch das Verlangen zu versetzen, seines speziellen Vorteils wegen die wirkungsvollste Waffe zu entschärfen. Der Wirtschaftskrieg als Mittel zur Durchsetzung revanchistischer Ziele widersprach zwar tatsächlich den nationalen Interessen des deutschen Volkes, aber das war ja nicht Opels Beweggrund. Da sein Antrag der Linie des Finanzkapitals insgesamt widersprach, mußte er in dieser Form vom Reichswirtschaftsministerium abgelehnt werden. Der sonst für diese Angelegenheiten zuständige Regierungsrat Goldmann wagte es allerdings nicht, den ablehnenden Bescheid wie üblich selbst zu unterzeichnen, sondern bemühte darum den Minister. Die Begründung war aufschlußreich: E s lägen viele 78
79
80
81
DZA Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 63793, Bl. 208—213, Anlage zu: Hamburgische Gesandtschaft, Strandes, Berlin 25. 1. 26, an das Auswärtige Amt. DZA Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 6 7 1 1 8 , Bl. 187, Verband Sächsischer Industrieller, Schubert, Dresden 20. 3. 26, an das Auswärtige Amt. DZA Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 67086, Bl. 4—7, Verein zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie Deutschlands, Dietrich, Berlin 9. 4. 26, an das Auswärtige Amt und das Reichswirtschaftsministerium. DZA Potsdam, Reichswirtschaftsministerium Nr. 2799, Bl. 257—259, Adam Opel, Rüsselsheim 19. 4. 26, an das Reichswirtschaftsministerium.
io6
I I I . Der mißlungene Blitzkrieg
Anträge ähnlicher Art vor, die abgelehnt würden. Eine Ausnahme würde also zahlreiche Berufungen zur Folge haben.82 Neben die anfänglichen Kritiker, vor allem die Industriellen Mittel- und Niederschlesiens, traten jetzt immer stärker die Großhändler und Reeder in Hamburg und Stettin und sogar einzelne Vertreter des Monopolkapitals mit der Forderung, die Handelsvertragsverhandlungen mit Polen zu beschleunigen. So sah sich das Präsidium des Reichsverbandes der deutschen Industrie veranlaßt, auf seiner Sitzung im Juni 1926 über den Stand der deutsch-polnischen Handelsvertragsverhandlungen zu beraten. Das Ergebnis dieser Diskussion war noch nicht die Festlegung einer neuen Linie für die Verhandlungen. Einerseits einigten sich die Industriellen dahin, daß Polen ein „zukunftsreiches Absatzgebiet" sei, daß der Abschluß eines deutsch-polnischen Handelsvertrages, dem „kaum geringere Bedeutung" gebühre als einem Handelsvertrag mit Frankreich, erwünscht sei, andererseits wurde erklärt, daß „vom wirtschaftlichen Standpunkt aus keine Notwendigkeit besteht, die Verhandlungen zu überstürzen". Schließlich wurde der Reichsregierung aufgetragen, „die deutsch-polnischen Verhandlungen wie bisher mit ruhiger Zielsicherheit fortzuführen". 83 In der Sitzung waren also erhebliche Interessenwidersprüche zutage getreten, die Befürworter der Beschleunigung der Handelsverhandlungen hatten sich aber noch nicht genügend durchsetzen können.
8. Pilsudski-Putsch
und Besserung der Wirtschaftslage in Polen
Im Sommer 1926 wurde im Auswärtigen Amt die Frage aufgeworfen und untersucht, ob die durch den Militärputsch am 14. Mai 1926 in Warschau an die Macht gekommene Pilsudski-Clique „germanophil" sei. Im Zusammenhang damit sollte der deutsche Gesandte Rauscher den neuen polnischen Ministerpräsidenten Bartel aufsuchen, um mit ihm das deutsch-polnische Verhältnis gründlich zu erörtern. Wie sich das die deutsche Diplomatie vorstellte, zeigt uns ein Brief Rauschers an Zechlin: „ . . . Ich werde ihn von neuem vor das Gesamtproblem des Verzichtes auf die ganze Liquidation stellen. Ich werde ihm klar zu machen versuchen, daß nicht ein Entgegenkommen da oder dort das deutsch-polnische Verhältnis entgiften kann, sondern einzig und allein die Aus82
Ebenda, Bl. 387 f. — Der Reichswirtschaftsminister erklärte sich bereit, Opel den Verkauf an Giesche durch die Gewährung von Einfuhrscheinen für Edelstahl zu ermöglichen. Obwohl das Einfuhrverbot für Stahl ebenfalls eine Maßnahme des Wirtschaftskrieges war, lag dem deutschen Finanzkapital und seiner Regierung daran, die Bismarckhütte, die stärkste Festung der deutschen Nationalisten in Polnisch-Oberschlesien, durch Abkauf eines Teils ihrer Produktion zu stützen.
83
DZA
Potsdam, Auswärtiges A m t
Nr. 67086,
Bl. 56—57,
Reichsverband
der
Deutschen Industrie, Kastl, Berlin 16. 6. 26, an das Auswärtige A m t und das Reichswirtschaftsministerium.
8. Piisudski-Putsch
107
derweltschaffung des Gesamtproblems . . . " 8 4 So weit entsprach Rauschers A u f fassung völlig der seiner Amtskollegen in Berlin. Man nahm die Machtergreifung der Sanacja-Faschisten zum Anlaß, um die politischen Forderungen der deutschen Imperialisten aufzuwerfen. Rauscher sollte den völligen Verzicht Polens auf die Liquidation fordern. So weitgehend diese Forderung schon war, sie stellte doch nur einen ersten Schritt dar. In einer Unterredung mit dem Sekretär der polnischen Gesandtschaft in Berlin, Elmer, hatte Zechlin diesem mitgeteilt, daß Reichspräsident v. Hindenburg sich lebhaft für den Piisudski-Putsch interessiere, und da diese Unterredung einen beide befriedigenden Verlauf nahm, hatte Zechlin auch den Wunsch nach Regelung der sogenannten Korridorfrage angedeutet, auf den Protest Elmers hin sich aber hinter die Erklärung zurückgezogen, daß die Reichsregierung das nicht als eine „aktuelle" Frage, sondern als eine Frage der Zukunft ansehe.85 Wenn Rauscher jetzt von Bartel „ n u r " den völligen Verzicht auf Liquidation verlangen sollte, so besaß diese „Bescheidenheit" lediglich taktische Bedeutung. Daß die Außenpolitiker des deutschen Imperialismus jetzt die rein politischen Forderungen stellten und überhaupt nicht den Handelsvertrag erörtern wollten, kann man sich nur so erklären, daß sie hofften, Pilsudski werde wie 1920 einen derart scharfen antisowjetischen Kurs steuern, daß er gern bereit sein müßte, die Streitfragen mit dem deutschen Imperialismus in dessen Sinne beizulegen, um den Rücken für Abenteuer im Osten frei zu haben. Rauscher war nicht so optimistisch wie seine Berliner Kollegen und meinte, Bartel werde nicht völlig einseitig den deutschen politischen Forderungen zustimmen, sondern auf dem Handelsgebiete Kompensationen verlangen, womit Rauscher „nicht Zugeständnisse in der oder jener Position" meinte, sondern „überhaupt unseren Willen und Entschluß, einen Handelsvertrag abzuschließen". 86 Wenn Rauscher also auch nicht so weit ging wie Dirksen, Zechlin u. a., so hielt er es doch für angebracht und möglich, von der Pilsudski-Regierung die Erfüllung derart weitreichender politischer Revisionsforderungen als Vorbedingung dafür zu verlangen, daß das imperialistische Deutschland überhaupt ernsthaft über den Handelsvertrag verhandele. Die ganze Dreistigkeit dieser (sogar gemäßigten) Vorstellung Rauschers wird noch deutlicher, wenn wir uns der zunehmenden Klagen der deutschen Kapitalisten erinnern, die doch zeigen, daß der Handelsvertrag keineswegs nur im polnischen Interesse lag. „ I s t Pilsudski germanophil?" war jedoch eine ganz falsche Fragestellung. Faschistische Diktatoren sind ebensowenig wie andere bürgerliche Staatsmänner unabhängig von den Interessen und Aufträgen der herrschenden Klasse. Pilsudski war
8/
> D Z A Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 6 7 1 1 8 , Bl. 232—234, Rauscher, Warschau, 25. 6. 26, an Zechlin. 85 A M S Z Warschau, Gesandtschaft in Berlin w. 166, t. 988 k, Gesandter Olszowski, Berlin 9. 6. 26, an den polnischen Außenminister. 86 D Z A Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 6 7 1 1 8 , Bl. 232—234, Rauscher, Warschau, 25. 6. 26, an Zechlin.
108
I I I . Der mißlungene Blitzkrieg
von der polnischen Reaktion an die Macht gebracht worden, als sie erkannte, daß sie mit den bisherigen Methoden den Staat nicht mehr regieren, das Volk nicht mehr niederhalten konnte. Ähnlich wie Hitler kam auch Pilsudski zu einem Zeitpunkt, der sich gut für soziale Demagogie ausnutzen ließ, an die Regierung. Die Wirtschaft begann gerade, sich wieder zu beleben, Produktion und Absatz stiegen langsam, die Kurzarbeit wurde mehr und mehr von vollen Schichten abgelöst, und, abgesehen von Oberschlesien, ging vom April 1926 an die Arbeitslosigkeit in der Industrie Polens zurück. Diese Entwicklung, die bereits vor dem Putsch eingesetzt hatte und auf den ökonomischen Gesetzmäßigkeiten beruhte, buchte die Sanacja eifrig auf ihr Konto, um Pilsudski mit dem Nimbus des „Retters des arbeitenden Volkes" zu umgeben, wie sie die Tatsache, daß die Invasion der polnischen Pans gegen Sowjetrußland 1920 infolge dessen übermäßiger Belastung an allen Fronten des Interventions- und Bürgerkrieges nicht mit der vollständigen Zerschlagung der Pitsudski-Armee endete, dazu umgemünzt hatte, ihn als „Retter des Vaterlandes" zu preisen. Die Propaganda allein genügte jedoch nicht, um die demokratische und Arbeiterbewegung zu unterdrücken. Neben dem Terror gegen die konsequenten Kräfte dieser Bewegungen sah sich die Piisudski-Regierung gezwungen, in Teilfragen begrenzte Zugeständnisse an das Volk zu machen. So unterstützte sie im Haupt-Industriezentrum Polens, in Oberschlesien, wo sozialer und nationaler Kampf eng miteinander verflochten waren, eine Zeitlang bestimmte Forderungen der polnischen Arbeiter gegen die dortigen deutschen Konzernherren.87 Da die Sanacja, um ihre Herrschaft über das polnische Volk zu festigen, bestrebt sein mußte, sich eine Massenbasis zu schaffen, durfte sie in dieser Periode den revanchistischen Forderungen der deutschen Imperialisten nicht nachgeben. Hatte der Übergang von der Krise zur Belebung schon vor dem Piisudski-Putscli langsam eingesetzt, so erfolgte bald nach dem Putsch durch äußeren Anstoß eine stürmische Entwicklung des Kohlenexports. In England waren im Mai die Kohlenbergarbeiter in einen Streik getreten, der sich bis zum Jahresende hinzog. Polnische Kohle fand jetzt in großen Mengen ungehinderten Zugang nicht nur in die bisher mit englischer Kohle belieferten skandinavischen Länder, sondern auch nach England selbst. Die plötzlich gewaltig gestiegene Nachfrage nach deutscher und polnischer Kohle drängte den im Wirtschaftskrieg zum Ausbruch gekommenen Konflikt der beiderseitigen Kohlenindustriellen für einige Zeit in den Hintergrund. Die Kapazität des Danziger Hafens reichte nur für einen Teil der Kohlenexporte aus, und die deutsche Reichsbahn stellte bereitwillig Waggons zur Verfügung, um Kohle aus Polnisch-Oberschlesien zur Verschiffung nach Hamburg, Altona, Harburg, Stettin und außerdeutschen Häfen zu transportieren und daran zu profitieren. 87
Orzechowski,
Marian,
Korfantego.
(Einige
Kilka p r z y c z y n k ö w Beiträge
do biografii politycznej
zur politischen
Biographie
Wojciecha
W . Korfantys),
„Slqski Kwartalnik Historyczny Sobötka", Wrociaw, Jg. 1959, H e f t 4.
in:
log
9- Bittere Erkenntnisse
Kohlenexport Polnisch-Oberschlesiens im Jahre iQ26m (in iooo t) Monat Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember
nach England insgesamt 589
5°7
520
209 420 514 518 136 226 90
613 619 1244 I53I 1616 1505 920 1264 1072
Als der Streik beendet und die Förderung in England wieder aufgenommen wurde, ging den polnischen Kohlenkonzernen zwar der englische Markt wieder verloren, in anderen Ländern konnten sie jedoch ihre während des Jahres 1926 gewonnenen Positionen zum Teil behaupten. Damit war die Wirkung der deutschen Kohleneinfuhrsperre und des Wirtschaftskrieges überhaupt für dauernd erheblich abgeschwächt. 9. Bittere Erkenntnisse in der Wilhelmstraße Nachdem sich die Hoffnungen, Polen in einem wirtschaftlichen Blitzkrieg den Forderungen der deutschen Imperialisten gefügig zu machen, schon lange zerschlagen hatten, begann man im Auswärtigen Amt im Herbst 1926 immer intensiver nach einem Ausweg aus der Lage zu suchen. Die leitenden Beamten waren sich darüber einig geworden, daß es „außerordentlich schwer" sei, „den Abschluß eines günstigen Handelsvertrages aus einer rein politischen und ihrer Natur nach doch immerhin ungewissen Spekulation heraus zu verweigern".89 Aus den Erfahrungen des bereits über ein Jahr andauernden Wirtschaftskrieges zogen sie die Schlußfolgerung, es sei ein „Irrtum, daß Polen durch den Wirtschaftskrieg völlig auf die Knie zu zwingen sei". 90 Die Suche nach dem Ausweg war allerdings damit noch nicht abgeschlossen, denn nach wie vor widersprachen sich unmittelbar wirtschaftliche und revanchistisch-außenpolitische Ziele. Immerhin hatte die 88
89
90
Statystyka Przemyslu Weglowego w Panstwie Polskim za rok 1926 . . . (Statistik der Kohlenindustrie im polnischen Staate für das Jahr 1926), D^browa Görnicza 1928, S. 43. D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 6 7 1 1 8 , Bl. 305, Zechlin, Berlin 5. 8. 26, an Ministerialrat v. Schenk (Privatbrief). Ebenda.
no
III. Der mißlungene Blitzkrieg
Ernüchterung doch so weit geführt, daß Staatssekretär v. Schubert es für ratsam hielt, seine inoffizielle Unterredung am 17. September mit dem neuen polnischen Außenminister Zaleski nicht, wie Rauscher es gleich nach dem Pilsudski-Putsch gegenüber Bartel getan hatte, mit rein politischen Fragen, sondern mit der Erörterung von Handelsfragen zu beginnen.9! Auf der Grundlage dieser Unterredung beriet das Reichskabinett im Oktober 1926 zum ersten Male über den Handelsvertrag mit Polen. Dazu hatte das Auswärtige Amt eine lange Aufzeichnung über den gesamten Fragenkomplex vorgelegt.92 Darin wurde festgestellt, daß „der deutschen Industrie, die neue Absatzmärkte dringend braucht, ein günstiger Handelsvertrag nur schwer vorenthalten werden könne". Zugegeben wurde, daß sich die Wirtschaftslage in Polen während der letzten Monate erheblich gebessert habe. Allerdings fehlte auch jetzt nicht die Spekulation auf eine künftige Verschlechterung, hauptsächlich der Finanzlage des polnischen Staates. Daher sollten die Verhandlungen hinausgezögert werden, um die erhoffte Zwangslage auszunützen. Zugleich wurden die alten politischen Forderungen erneut erhoben. Das Reichskabinett beschloß, die politischen Forderungen als conditio sine qua non für die Unterzeichnung des Handelsvertrages zu stellen, allerdings die Entscheidung darüber, in welchem Stadium der Handelsverhandlungen die politische Bedingung den polnischen Unterhändlern mitgeteilt werden sollte, dem Reichsaußenminister zu überlassen.93 Das war keineswegs eine grundsätzliche Änderung der Haltung gegenüber Polen. Immerhin hatten die Erfahrungen des Wirtschaftskrieges die Minister des deutschen Imperialismus jedoch zu der Einsicht genötigt, daß sie die Erfüllung ihrer revanchistischen Forderungen nicht zur Vorbedingung für ernsthafte Handelsvertragsverhandlungen machen konnten, sondern erst einmal ernsthaft auch über die polnischen Handelswünsche verhandeln müßten, um politische Fragen, besonders hinsichtlich der Liquidation, aufwerfen und dann auch auf Zugeständnisse der polnischen Regierung in dieser Beziehung rechnen zu können. 91
92
93
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 64422, Bl. 36—40, Aufzeichnung des Staatssekretärs v. Schubert über seine Bootsfahrt mit Zaleski, Jackowski und Dirksen, Genf 17. 9. 26. Ebenda, Bl. 64—68, Aufzeichnung Zechlins, Berlin 5. 10. 26, über die Frage, ob und wann mit Polen ein Handelsvertrag abgeschlossen werden soll. Ebenda, Bl. 70—72, Zechlin, Berlin 12. 10. 26, an Rauscher.
K A P I T E L IV
Verhandeln oder nicht verhandeln? i. Zuspitzung der Interessenwidersprüche Deutschlands
innerhalb
der herrschenden
Klasse
Als gegen Ende 1926 die wirtschaftliche Lage Polens sich besserte und in herrschenden Kreisen des deutschen Kapitals die Ansicht an Boden gewann, daß die verfügbaren Mittel, hauptsächlich die Waffe der Handelssperre, nicht ausreichten, um den schnellen Zusammenbruch des polnischen Staates zu erzwingen, wurden die Delegationsverhandlungen wieder aufgenommen. Im Januar 1927 wurde wirklich ernsthaft über Zollermäßigungsfragen verhandelt. Als jedoch am 29. Januar 1927 unter wesentlicher Beteiligung von Deutschnationalen das Reichskabinett eine Umbildung erfuhr, war eine seiner ersten Amtshandlungen der Abbruch der Handelsverhandlungen mit Polen, was es mit der Entscheidung des Wojewoden von Polnisch-Schlesien, Grazynski, vier reichsdeutschen Direktoren der Oberschlesischen Kleinbahn-Elektrizitätswerke-AG die zeitweilige Aufenthaltserlaubnis nicht zu verlängern, begründete. Im bisherigen Verlauf des Wirtschaftskrieges und auch vorher waren die Verhandlungen zwar häufig faktisch unterbrochen worden, einen solchen auch formellen Abbruch der Verhandlungen hatte es bisher aber niemals gegeben. Die polnische Regierung erblickte hierin eine Kundgebung des Desinteresses der neuen Reichsregierung an der Herstellung vertraglicher Handelsbeziehungen und löste deshalb am 15. Februar 1927 ihre Verhandlungsdelegation auf. Daß es gar nicht um die vier Personen ging, sondern nur darum, einen Anlaß zu finden, bekannte der deutschnationale Abgeordnete Thomsen in der Reichstagssitzung vom 16. März 1927: „Meine Freunde haben erleichtert aufgeatmet, als wir erfuhren, daß die Handelsvertragsverhandlungen mit Polen abgedrosselt seien." 1 Indes betrieb die herrschende Klasse Deutschlands keineswegs eine einheitliche Politik hinsichtlich des deutsch-polnischen Handels. Davon zeugte ja bereits der ständige Wechsel von (kurzen) Perioden ernsthaften Verhandeins und (längeren) Perioden des Boykotts. In der zwiespältigen Handelspolitik gegenüber Polen kam jetzt vor allem der Widerspruch der Interessen derjenigen Gruppen der herrschenden Klasse, die ihre Profite vornehmlich aus der Landwirtschaft schöpften, zu denen der Fertigwaren exportierenden Kapitalisten zum Ausdruck. Hauptexponenten der gegensätzlichen Standpunkte innerhalb der Reichsregierung waren damals der Außenminister Dr. Stresemann (Deutsche Volkspartei) und der deutschnationale Landwirtschaftsminister Dr. Schiele. Im Blatt der deutschen Industriellen „Der deutsche Volkswirt" vom 6. Mai 1927 nahm sein Herausgeber 1
V e r h a n d l u n g e n des R e i c h s t a g s . B d . 392, S. 9550.
112
IV. Verhandeln oder nicht
Gustav Stolper zu diesen Widersprüchen Stellung. Er führte zunächst Auszüge aus Reden dieser beiden Reichsminister an: „Sicheren Boden hat ein Volk erst unter seinen Füßen, wenn es sich im wesentlichen selbst erhalten und selbst ernähren kann. Alle größeren Staaten der Welt streben heute nach nationaler Autarkie . . . Ausgeglichenheit unserer Wirtschaft im eigenen Land muß das Ziel unserer Wirtschaftspolitik sein" (Schiele auf einer Versammlung in Bielefeld). Dagegen Stresemann auf der Tagung des Vereins deutscher Maschinenbauanstalten: „Man muß sich auch darüber klar sein, daß wir in unserer Enge keine deutsche Wirtschaftsautarkie treiben können, sondern daß wir die großen Weltzusammenhänge betonen und aussprechen müssen, daß wir bereit sind zu nehmen, was andere zu geben bereit sind, soweit wir es brauchen." Ihm sekundierte nun Stolper: „Stresemann und Schiele kämpfen um die Entscheidung, ob die Verhandlungen mit Polen weitergeführt werden sollen oder nicht. Der Außenminister bejaht die Frage mit aller Entschiedenheit, und er stützt sich dabei auf die Teile der Wirtschaft, deren Ausfuhrinteressen bedroht sind, der Ernährungsminister verneint die Frage, weil er die agrarischen Interessen des deutschen Ostens gefährdet glaubt und eine Außenpolitik der Befriedung verwirft oder zu skeptisch beurteilt, um ihr wirtschaftliche Opfer zu bringen . . . Es ist ja der Agitation glücklich gelungen, den Streitgegenstand so gründlich zu verzerren, daß die Wenigsten mehr wissen, um was es eigentlich geht. Hört man die Versammlungsreden, so würde es sich um nichts Geringeres handeln, als daß Ost- und Mitteldeutschland von Polen her mit Roggen, Kartoffeln und lebenden Schweinen überschwemmt würde. Davon kann natürlich ernsthaft nicht die Rede sein. Es ist den Polen, die freilich — und selbstverständlich — freie Einfuhr von Lebendvieh und Fleisch gefordert haben, nie mehr als die Zulassung von iooo geschlachteten Schweinen wöchentlich nach Deutsch-Oberschlesien, also in das Gebiet, das ohnehin seit jeher von heute polnischen Gebieten versorgt wird, und unbeschränkte Fleischeinfuhr an besonders zu bestimmende deutsche Wurstfabriken zugestanden worden. Mit anderen Worten: Auf den deutschen Markt würde polnisches Vieh unmittelbar überhaupt nicht gelangen, weder in lebendem noch in geschlachtetem Zustand, die deutschen Wurstfabriken versorgen sich schon heute zum sehr großen Teil mit ausländischem Fleisch . . . Welche Übertreibung, wenn deshalb der deutsche Osten, vor allem Ostpreußen, als gefährdet hingestellt wird. . , " 2 Auch im Handelspolitischen Ausschuß des Reichstages stand im Jahre 1927 die Frage der Beziehungen zu Polen fast auf jeder Sitzung zur Debatte. 3 Daran beteiligten sich auch führende Vertreter der SPD, die im Handelspolitischen Ausschuß stets stark vertreten war, den Vorsitz jedoch der Zentrumspartei (Perlitius) und danach den Deutschnationalen (Lejeune-Jung und Graf Westarp) überließ. Im Protokoll der 86. Sitzung des Ausschusses am 20. Oktober 1927 lesen wir: „Abg. Dr. Hilferding bezweifelt nicht, daß der Vorredner (Ministerialdirektor 2 3
„Der deutsche Volkswirt", J g . I, S. 995. Die Protokolle über diesen Punkt sind äußerst knapp gefaßt und geben höchst selten Auskunft über den Verlauf der Debatte.
i. Zuspitzung der Interessenwidersprüche
113
Dr. Ritter vom Auswärtigen Amt — B. P.) mit seinen Beamten die Verhandlungen mit Polen anstrebt. Doch sei ihm (Redner) bekannt, daß dem A. A. mancherlei Schwierigkeiten bereitet würden. Wir haben aber wirtschaftlich das größte Interesse daran, daß die Verhandlungen wieder aufgenommen werden. Die deutschnationale Obstruktionspolitik schädige das deutsche Wirtschaftsinteresse. Dieser Kriegszustand mit Polen müsse ein Ende nehmen, das sage Redner mit allem Nachdruck für seine Partei." 4 Was Hilferding mit dem Ausdruck „Deutsches Wirtschaftsinteresse" meinte, geht aus dem Protokoll nicht hervor. Diß die Beherrscher der deutschen Wirtschaft in dieser Frage keine gemeinsamen, sondern äußerst unterschiedliche Interessen besaßen, war ja gerade der Grund für den andauernden Streit. In diesem Streit ging es den Industriellen nicht darum, den Großgrundbesitz als solchen zu bekämpfen. Hatte die junge Kapitalistenklasse 1848 angesichts des zumeist noch spontanen revolutionären Schwunges der Arbeiter und Hmdwerksgesellen in den deutschen Städten bereits mit der junkerlichen Reaktion Frieden geschlossen, so war ihr grundsätzliches Bündnis gegen den gesellschaftlichen Fortschritt im Zeitalter des Imperialismus und der allgemeinen Krise des kapitalistischen Systems, angesichts einer zahlreichen, stark organisierten und von der marxistisch-leninistischen Partei in zunehmendem Maße zum Bewußtsein ihrer geschichtlichen Aufgabe gebrachten Arbeiterklasse historisch selbstverständlich für beide Teile der herrschenden Klasse. Die Herren der Großindustrie hatten im Grunde auch nichts dagegen, daß sich die Großgrundbesitzer mit Hilfe hoher Zölle auf Agrarprodukte bereicherten. So solidarisch sie aber auftreten, wenn es nur gilt, die werktätigen Massen auszubeuten und zu unterdrücken, so empfindlich reagieren sie, wenn die Bereicherungsmaßnahmen der einen die Profitmöglichkeiten der anderen indirekt beeinträchtigen. Dann toben innerhalb der herrschenden Klasse heftige „Familienstreitigkeiten". Solch einen Konkurrenzkampf zwischen zwei großen Gruppen der herrschenden Klasse beobachten wir auch in den Jahren nach 1925 in Deutschland, dessen Regierung nach dem Wegfall der Außenhandelsbeschränkungen aus dem Versailler Friedensvertrag nun mit zahlreichen Staaten neue Handelsverträge abzuschließen begann. Das oben zitierte Duell zwischen Schiele und Stresemann über die Frage „Autarkie oder Erweiterung des Außenhandels" war kein professoraler Streit um theoretische Prinzipien. Alle ökonomischen Theorien sind stets Ausdruck der wirtschaftlichen Interessen bestimmter Klassen und Klassengruppen. Die in der zyklischen Aufschwungsphase befindliche, mit Hilfe vorwiegend amerikanischen Kapitals modern ausgerüstete deutsche Industrie wollte, um den durch die gleichzeitige Rationalisierung in höherem Maße von den Arbeitern geschaffenen Mehrwert zu realisieren und die für die Modernisierung aufgenommenen Schulden zu verzinsen und zu tilgen, neue Märkte gewinnen. Der Dawes-Plan wies sie auf die ost- und südosteuropäischen Märkte. Sollte der Industriewaren-Export in diese Länder seinen Zweck erfüllen, nämlich umfangreich und hochprofitabel sein, so mußte man 4
8
D Z A Potsdam, Reichstag Nr. 3249, Bl. 16. Puchert, Wirtschaftskrieg
H4
IV. Verhandeln oder nicht
Zollerleichterungen erreichen, also deutscherseits auch den Exportinteressen dieser Staaten entgegenkommen. Die vorwiegend agrarischen Interessen dieser Länder widersprachen aber den Profitinteressen des ostelbischen Großgrundbesitzes. Während des Krieges und unmittelbar danach war besonders in den USA, Kanada und Argentinien die landwirtschaftliche Produktion dank dem hohen Bedarf der alliierten Armeen und dem Ernteverlust auf den Schlachtfeldern stark angestiegen. Mit dem Kriegsende und der allmählichen Erholung der europäischen Landwirtschaft verschärfte sich der Konkurrenzkampf, in dem die amerikanischen Großfarmen mit ihrer modernen technischen Ausrüstung im Vorteil waren. Der Erhöhung des Angebots stand jedoch die Beschränkung der Kaufkraft der breiten Massen gegenüber, die Ausdruck der im Kapitalismus gesetzmäßigen absoluten Verelendung der Arbeiterklasse war, eine Verschärfung besonders in Deutschland aber noch durch die auf die Werktätigen abgewälzten Kriegs- und Reparationslasten erfuhr. Um das Sinken der Preise landwirtschaftlicher Produkte zu vermeiden, setzten die politisch von der Deutschnationalen Partei vertretenen Großgrundbesitzer, die die ebenfalls von der Agrarkrise betroffenen Bauernmassen vor ihren Karren spannten, bereits im Jahre 1925 einige, nach 1927 dann zahlreiche Zollerhöhungen durch, die auf Kosten der Verbrauchermassen die ausländische Konkurrenz fernhalten sollten. Da angesichts des zahlenmäßigen Übergewichts der industriellen und städtischen über die ländliche Bevölkerung in Deutschland unter den damaligen Bedingungen der relativ schwachen technischen Ausrüstung der deutschen Landwirtschaft das Angebot inländischer Agrarprodukte allein zur Deckung der Nachfrage nicht ausreichte, konnten durch die Importbeschränkung mit Hilfe von. Einfuhrzöllen die Verbraucherpreise in die Höhe getrieben werden, wodurch sich die Profite der Handels- und der Agrarkapitalisten erhöhten. Zollbindungen oder gar Zollsenkungen agrarischen Staaten in Handelsverträgen zuzugestehen hätte bedeutet, diese Möglichkeit zur Erzielung von Extraprofiten zu beschränken. Man muß sich fragen, warum der Widerstand der Agrarier gegen Handelsverhandlungen mit westlichen Ländern nicht so wirkungsvoll war wie gerade gegenüber Polen. Dafür gibt es zwei Gründe. In den westlichen Ländern traf der deutsche Industrieexport auf seine stärksten Konkurrenten. Wollte er sich gegen diese durchsetzen, so mußte er sehr weitgehende Zugeständnisse im Handelsvertrag erreichen, was natürlich auch weitgehende Gegenkonzessionen auf Gebieten, an denen die Exporteure dieser Länder interessiert waren, also auch auf landwirtschaftlichem Gebiet erforderte. Dem Widerstand der Agrarier gegen den Handel mit westeuropäischen und überseeischen Ländern trat das industrielle Kapital also viel hartnäckiger und entschiedener entgegen als bei Verhandlungen mit den ost- und südosteuropäischen Ländern. In diesen hatte es hauptsächlich mit schwächeren Konkurrenten zu kämpfen, gegen sie konnte es sich auf Grund der höheren Arbeitsproduktivität in der deutschen Industrie auch trotz gewisser Zollschranken durchsetzen. Zwar hätte das Industriekapital weitere Erleichterungen für die deutsche Industrie-
i. Zuspitzung der Interessenwidersprüche
"5
wareneinfuhr in diese Länder lieber gesehen, würden sie ihm doch höhere Profite ermöglichen. Doch hier war es eher geneigt, seine unmittelbaren wirtschaftlichen seinen innenpolitischen Interessen unterzuordnen, die Front aller Teile der herrschenden Klasse gegen die Ausgebeuteten in Stadt und Land durch Kompromisse zwischen den widersprüchlichen Profitinteressen der Exportindustrie und des Großgrundbesitzes zu festigen. Letzterer war ja, besonders in Ostdeutschland, ein unersetzlicher Pfeiler des imperialistischen deutschen Staates. In den weiten ländlichen Gebieten Ostelbiens war das Junkertum der direkte Träger der reaktionären Staatsgewalt. Der zweite und schwerer wiegende Grund dafür, daß die ostelbischen Junker auf die Verhandlungen mit Polen größeren Einfluß gewannen als auf die mit westlichen Staaten, dürfte darin liegen, daß sie ihre Ansprüche für die deutsch-polnischen Verhandlungen viel energischer anmeldeten und verfochten. Die Konkurrenz des polnischen Agrarimports hätten sie stärker zu fühlen bekommen als jede andere, weil er sich wegen der geringen Entfernung, der bestehenden Verkehrswege und der während der Zeit der Zugehörigkeit Posens und Pomerellens zu Deutschland entstandenen Geschäftsverbindungen in erster Linie in die ostdeutschen Industriezentren gerichtet hätte, auf die Märkte, die Jahrzehnte hindurch mit pflanzlichen und tierischen Produkten aus Posen und Pomereilen beliefert worden waren. Darin lag gerade das Paradoxe der junkerlich-deutschnationalen Propaganda: Einerseits rief sie, Deutschland könne sich ohne Posen-Westpreußen nicht ernähren, andererseits protestierte sie gegen jede Einfuhr von dort, weil dadurch angeblich der Zusammenbruch der ostdeutschen Landwirtschaft heraufbeschworen würde. Diese beiden entgegengesetzten Losungen wurden je nach Gelegenheit angewandt, sieliefen aber auf ein und dasselbe Ziel hinaus: Die preußischen Junker wollten wieder uneingeschränkt über polnisches Land herrschen. Ein Mittel, dieses Ziel möglichst schnell zu erreichen, sollte der Boykott des Imports polnischer Agrarprodukte sein, der fast ausschließlich aus den vordem preußischen Gebieten Polens kam. Die durch den Boykott heraufbeschworenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten sollten zu Unruhen der notleidenden Bevölkerung führen, was den deutschen Revanchisten zwei Argumente im internationalen Forum liefern würde: 1. Polen sei nicht fähig, die „kommunistische Gefahr" zu bannen, daher müßten die Weltmächte diese Gebiete den deutschen Imperialisten unterstellen, damit diese dort „Ordnung" schüfen. 2. Die polnische Bevölkerung wolle gar nicht von „Warschau" regiert werden, sie sehne die preußisch-deutschen Behörden zurück. Tatsächlich wurden die Agenten des Reichskommissärs für die öffentliche Ordnung nicht müde, in diese Richtung laufende Berichte nach Berlin zu senden, um den Revanchisten scheinbare Beweise für die „Berechtigung" ihrer territorialen Forderungen an die Hand zu geben. Solange es aber noch nicht so weit war, daß die ostelbischen Großagrarier ihre Herrensitze in Polen errichten könnten, jammerten sie, vom deutsch-polnischen Handelsvertrag hinge das Schicksal der ostdeutschen Landwirtschaft ab, und widersetzten sich jedem Fortschritt der Handelsverhandlungen mit Polen, wodurch sie in heftigen Streit mit dem deutschen Industriekapital gerieten, das zwar den Gedanken an die Revision der Ostgrenzen 8*
Il6
IV. Verhandeln oder nicht
auch nicht aufgegeben hatte, im Augenblick aber an der Steigerung des Exports seiner Waren nach Polen vordringlich interessiert war. 2. Stresemanns Bemühungen um Verhandlungen mit Polen Daß die deutschen Industriellen und ihr Exponent in der Regierung, Außenminister Stresemann, sich mit dem von den Deutschnationalen im Februar herbeigeführten Abbruch der Verhandlungen nicht zufrieden gaben, zeigt die Tatsache, daß Stresemann selbst einige Wochen später, gelegentlich der Tagung des Völkerbundsrates in Genf im März, sich mit dem polnischen Außenminister Zaleski traf, um die Verhandlungen wieder anzuknüpfen. Allerdings suchte er jetzt vor allem, die durch den Streit zwischen Industrie und Großgrundbesitz brüchig gewordene deutsche Front dadurch wieder zu festigen, daß er gegenüber Polen einen politischen Erfolg errang, der gleichzeitig dem Expansionsdrang der deutschen Exportindustrie und der Schaffung von Stützpunkten für die spätere Revision der deutsch-polnischen Grenze diente, also gemeinsamen Forderungen der verschiedenen Gruppen der herrschenden Klasse Deutschlands entspräche. Beide Außenminister einigten sich, daß vor der Wiederaufnahme regulärer Verhandlungen die Grundsätze des künftigen Vertrages hinsichtlich der Niederlassungsfrage sowie der hauptsächlichen polnischen Postulate wirtschaftlicher Natur auf diplomatischem Wege festgelegt werden sollten. Stresemanns Erfolg lag besonders darin, daß diese beiden Problemkreise voneinander getrennt zur Beratung gelangten. Vom 22. März bis 18. Juli 1927 konferierten in Warschau der Ministerialrat im polnischen Außenministerium, Lipski, und der deutsche Gesandte in Warschau, Rauscher, über die Niederlassungsfrage und erreichten eine durch Notenaustausch von beiden Regierungen im Prinzip angenommene Einigung. Danach sollten die Bürger jeder der vertragschließenden Seiten hinsichtlich der Einreise in das Gebiet der anderen vertragschließenden Seite, des Reisens und des Aufenthalts daselbst die gleichen Rechte genießen wie die Bürger des meistbegünstigten Staates. Meistbegünstigung sollten auch diejenigen Personen genießen, die sich zu wirtschaftlichen Zwecken niederlassen, und zwar sowohl selbständige Kaufleute und Gewerbetreibende als auch Mitarbeiter in leitenden und Vertrauensstellungen, sofern diese Funktionen eine spezielle Fachausbildung erfordern. Das galt auch für Mitarbeiter dieser Kategorien in Mühlen, Molkereien, Brennereien, anerkannten Saatzüchtereien mit Ausnahme von Vermehrungsbetrieben, sowie für Personen in solchen freien Berufen, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Handel und Industrie stehen. Ausgenommen wurden Handwerker, Kleinhändler und Wanderhändler. 5 Mit diesem äußerst wichtigen Zugeständnis hoffte die polnische Seite ihren deutschen Verhandlungspartner dahin zu bewegen, daß er wenigstens seinen klaren Standpunkt zu prinzipiellen Fragen darlegte, worauf man dann konkrete Verhandlungen über die Details hätte auf5
A A N Warschau, Handakten J. Twardowskis Nr. 60, Anlage 1, „Résultats des conversations entre Rauscher et Lipski . . . 22. 3.—18. 7. 27".
2. Stresemanns Bemühungen
117
bauen können. Bereits am 25. März, also zu Beginn der diplomatischen Besprechungen, hatte Lipski dem Gesandten Rauscher die folgende Notiz zur Weiterleitung an die deutsche Regierung überreicht: „Aus dem Gesamtkomplex der im künftigen Handelsvertrag zu regulierenden Wirtschaftsfragen wären gegenwärtig folgende herauszugreifen, hinsichtlich welcher eine Aufklärung über den grundsätzlichen deutschen Standpunkt erwünscht ist: 1. Die Zusicherung eines entsprechenden fixen Einfuhrkontingents für polnische Kohle nach Deutschland, dessen Höhe einerseits den polnischen Ausfuhrinteressen, andererseits auch den Wünschen der deutschen Konsumenten entspricht. Die Einfuhr des so festgesetzten Kohleneinfuhrkontingents soll durch keinerlei Verwaltungsmaßnahmen welcher Art immer beschränkt oder erschwert werden, sie soll sich vielmehr in jeder Hinsicht frei und ungehindert abspielen können. 2. Die Bereitwilligkeit, dem Handelsvertrag ein Protokoll betr. Veterinärfragen anzuschließen, welches als integrierender Bestandteil des Handelsvertrages zu gelten hätte und welches folgende Verpflichtungen deutscherseits enthalten würde: a) daß keine besonderen Bewilligungen veterinärpolizeilicher Natur für die Einfuhr und Durchfuhr von Tieren zu Schlachtzwecken und von jeder Art Produktion tierischen Ursprungs aus Polen gefordert werden sollen, b) daß die Einfuhr und die Durchfuhr von Tieren zu Schlachtzwecken und von jeder Art Produkten tierischen Ursprungs aus Polen nicht beschränkt werden soll außer in jenen Fällen, welche im Protokoll betr. Veterinärfragen genau festzusetzen sein werden." 6 Diese Notiz, die wohlgemerkt keine ultimative Forderung, sondern lediglich die Bitte um Meinungsäußerung enthielt, würdigte die deutsche Regierung nicht einmal einer Antwort, womit sie die Wiederaufnahme der Handelsvertragsverhandlungen weiterhin verhinderte. Ende August erließ dann die polnische Regierung eine Verordnung, durch die die Zollsätze gegen Länder, die mit Polen keine geregelten Handelsbeziehungen unterhielten, verdoppelt wurden, sofern diese Länder polnische Waren bei der Einfuhr schlechter als die Waren anderer Länder behandelten. Das aber traf vor allem auf Deutschland zu. Allerdings darf man die Absicht, die mit dieser Verordnung verfolgt wurde, wohl weniger in der Absperrung des polnischen Marktes als vielmehr darin sehen, die deutsche Regierung zu bewegen, nun endlich an die vertragliche Regelung der deutsch-polnischen Handelsbeziehungen heranzutreten. Eine Antwort auf die zitierte polnische Anfrage vom 25. März erfolgte indes auch jetzt noch nicht. Um nun, Monate nach Erledigung des ersten Teils der Stresemann-Zaleski-Vereinbarung, die Behandlung auch ihres zweiten Teiles nicht länger verzögern zu lassen, fuhr im November 1927 der Direktor des Politischen Departements im polnischen Außenministerium, Jackowski, nach Berlin und erfuhr von Stresemann nun endlich, daß die deutsche Regierung den polnischen Wünschen nicht nachkommen könne, ja, es mit Rücksicht auf die innenpolitische Lage nicht einmal für möglich erachte, die seinerzeit 6
Ebenda, Anlage 2 „Notatka wreczona p. Rauscherowi przez p. Lipskiego w dniu 25. 3. 1 9 2 7 " (Originaltext).
IV. Verhandeln oder nicht
Il8
von dem deutschen Delegationsleiter Lewald gemachte Offerte 7 weiter aufrechtzuerhalten, daß angesichts dessen also ein vollständiger Handelsvertrag vorläufig nicht in Betracht komme.8 Immerhin einigten sich Stresemann und Jackowski darüber, daß beide Seiten Verhandlungen über den Abschluß eines zeitweiligen modus vivendi aufnähmen. Sie schufen für diese Verhandlungen sogar eine gewisse Grundlage durch die Unterzeichnung des sogenannten Berliner Protokolls vom 22. November 1927. In ihm wurden zuerst die weit voneinander abweichenden Standpunkte beider Seiten hinsichtlich der Einfuhr aus Polen nach Deutschland niedergelegt: Ware
Deutsches Angebot
Poln. Forderung
Kohle Schweinefleisch
monatlich 200000 t jährlich 200000 dz nach Fleischund Wurstfabriken nichts nichts
monatl. 350000 t freie Einfuhr
Rindfleisch Lebende Schweine
Durchfuhr von Fleisch Durchfuhr lebender Tiere
freie Einfuhr zu fixierendes Kontingent nach Schlachthäusern u. Fabriken mit Bahnanschluß
nichts
ohne Beschränkung
nichts
ohne Beschränkung mit Nachweis d. Seuchenfreiheit des exportierenden Bezirkes
Da ein umfassender und endgültiger Handelsvertrag nicht sofort möglich erschien, sollte der modus vivendi sich auf solche Gebiete beschränken, über die bald Einigung erzielt werden könnte. Ausgehend von den deutschen Angeboten sollte der modus vivendi einen „Warenaustausch unter normalen Bedingungen" zur Folge haben. Die polnischen Konzessionen für deutsche Waren sollten den deutschen Konzessionen für polnische Waren entsprechen. Nach Abschluß des modus vivendi sollte dann im verzüglich über den Handelsvertrag verhandelt werden. Schließlich einigten sich Stresemann und Jackowski, daß „in den nächsten Tagen" Bevollmächtigte beider Seiten in Warschau Detailbesprechungen beginnen sollten.9 Damit waren die im Februar von der deutschen Regierung abgebrochenen Verhandlungen nach 9 Monaten wieder in Gang gebracht. 7 8
9
Vgl. Kap. III, 1. Nach einer Aufzeichnung Twardowskis in seinen Handakten Nr. 60. — Die Zurückziehung des alten Angebots setzte Reichsernährungsminister Schiele in der Sitzung des Reichskabinetts am 27. 10. 1927 durch. Siehe D Z A Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 65597, Bl. 54—55, Telegramm Wallroth 2 8 . 1 0 . 27 an Rauscher. D Z A Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 65597. Bl. 155—157, Berliner Protokoll v. 22. 1 1 . 1927.
3. Stresemann — Friedens- und Verständigungspolitiker?
119
3. Stresemann — ein Friedens- und Verständigungspolitiker? Der Streit zwischen Stresemann und Schiele um die Verbesserung oder Verschlechterung der Beziehungen zu Polen darf keineswegs so aufgefaßt werden, als ob Außenminister Stresemann etwa der Verständigungs- und Friedenspolitiker par excellence gewesen wäre, als der er oft dargestellt wurde. So verlieh man ihm im Jahre 1 9 2 7 den Friedens-Nobelpreis, und im Jahre 1 9 5 6 feierte ihn Göhring in seiner Gedenkrede anläßlich der Wiedererrichtung des Stresemann-Ehrenmals in Mainz wegen seiner Verständigungspolitik, indem er an einige Aussprüche Stresemanns erinnerte: „Der .Heroismus des Krieges' hat wenig Platz mehr. Aber .mich dünkt, daß das weite Gebiet der Siege der Menschheit über die Natur genügend Möglichkeiten gibt zum Heroismus, auch zur Hingabe des Lebens für große Ideen'. Dem Politiker stellt sich als Aufgabe des Augenblicks, ,die Völker einander näher zu bringen, ihre Gegensätze zu überbrücken'." 1 0 Tatsächlich aber trat Stresemann den deutschnationalen Hasardspielern, deren völkische Brüder sogar Mordpläne gegen den „Landesverräter" Stresemann spannen, nicht deshalb so scharf entgegen, weil er etwa den Eroberungskrieg verabscheute, sondern weil er mit den realen Möglichkeiten rechnete und seine imperialistische Außenpolitik statt auf starres Draufgängertum auf die Taktik des schrittweisen, „gemäßigten", auf die Dauer aber desto wirkungsvolleren Vorgehens aufbaute. Stresemann dachte nüchtern genug daran, daß der deutsche Imperialismus, nachdem es ihm im Kriege nicht einmal mit seiner starken, gut bewaffneten Armee gelungen war, die ganze Welt niederzuringen, jetzt mit seinem kleinen, nur leicht bewaffneten Heer erst recht keine Expansionsaussichten hätte, wenn er sich durch Revanchehetze und Säbelrasseln gegen alle Länder wendete. Deshalb suchte Stresemann mit den stärksten imperialistischen Staaten zu einer Verständigung zu gelangen und, gestützt auf diese Rückendeckung, möglichst von ihnen sogar auch direkt unterstützt, die ganze Expansivkraft des imperialistischen Deutschland auf eine Richtimg, wo schwächerer Widerstand zu erwarten war, zu konzentrieren. Z u diesem Zweck strebte er vor allem eine Verständigung mit dem französischen Imperialismus an, der seinerseits durchaus daran interessiert war, den deutschen Imperialismus zum Vorstoß nach Osten, gegen die junge Sowjetunion, zu ermuntern. Daß Stresemann, um mit dem französischen Imperialismus einig zu werden und gewisse Konzessionen in der Rheinlandfrage zu erlangen, den endgültigen Verzicht auf die Rückgewinnung Elsaß-Lothringens erklärte, trug ihm den Haß des rechten Flügels der herrschenden Klasse ein. So sehr er sich, diesem zum Trotz, im Westen feierlich band, so hartnäckig kämpfte er darum, im Osten die Hände frei zu behalten. Wie er dem ehemaligen Kronprinzen am 7. September 1 9 2 5 schrieb, hätte „die deutsche Außenpolitik . . . für die nächste absehbare Zeit drei große Aufgaben: . . . die dritte große Aufgabe ist die Korrektur der Ostgrenzen:
10
Göhring, Martin, Stresemann. Mensch, Staatsmann, Europäer. Wiesbaden 1956, S. 48.
120
IV. Verhandeln oder nicht
die Wiedergewinnung Danzigs, des polnischen Korridors und eine Korrektur der Grenze in Oberschlesien . . . " 1 1 Wohl erklärte er bei verschiedenen Gelegenheiten, so am 7. März 1925 in einer Pressekonferenz über den Sicherheitspakt (Locarno): . . wir müssen uns die Möglichkeit vorbehalten, diese Dinge auf friedlichem Wege zu lösen. Wir können uns dafür auf die Satzungen berufen, die sich der Völkerbund gegeben hat, denn da ist im Artikel 19 ausgedrückt, daß unanwendbar gewordene Verträge geändert werden können . . , " 1 2 Diese Betonung des „friedlichen Weges" war jedoch nur wieder Ausdruck seiner nüchternen Einschätzung der realen Möglichkeiten des deutschen Imperialismus, worin er sich besonders von den Deutschnationalen unterschied: „ . . . Ich sehe immer wieder in Kreisen, die informiert sind und informiert sein können, eine gewisse Uberschätzung unserer militärischen Kraft. Ich habe einmal als Reichskanzler den Chef der Heeresleitung über unsere Lage im Osten befragt. Es ist mir damals . . . von ihm dezidiert gesagt worden, wir könnten selbst bei einem Defensivkrieg gegen Polen unsere Grenzen nicht halten. An einen Offensivkrieg sei bei unseren Mitteln überhaupt nicht zu denken. Keine deutsche Regierung kann es wagen, das Volk in einen solchen hoffnungslosen Krieg hineinzujagen . . . " 1 3 So klar Stresemann erkannte, daß im gegebenen Zeitpunkt Polen nicht mit militärischen Mitteln den Wünschen der deutschen Imperialisten gefügig gemacht werden konnte, so hartnäckig weigerte er sich, auf die Dauer sich zu friedlichen Beziehungen zu Polen zu verpflichten. In seinem Auftrag erklärte der Leiter der Rechtsabteilung im Auswärtigen Amt, Ministerialdirektor Gaus, dem polnischen Außenminister Graf Skrzynski: „Deutschland lehnt eine Diskussion über die Anerkennung der Grenzen ab, Deutschland lehnt eine Diskussion über Verzicht auf Krieg ab und ist lediglich bereit, über andere Fragen zu diskutieren." 14 Und Stresemann selbst teilte der Arbeitsgemeinschaft deutscher Landsmannschaften in Groß-Berlin am 14. Dezember 1925 mit: Der tschechoslowakische Außenminister Benesü und der polnische Außenminister Graf Skrzynski „wollten einmal das, was man mit dem englischen Ausdruck Non-Agression-Pakt nennt, nämlich einen Pakt, bei dem wir uns verpflichteten, von jedem Angriff abzusehen. Diese Verpflichtung sind wir im Westen eingegangen, wir haben sie für den Osten abgelehnt. Auch der Eintritt in den Völkerbund schließt den Krieg nicht aus Der Völkerbund läßt den Krieg frei, wenn in politischen Fragen eine Einigung nicht zu erzielen i s t . . . " 1 5 Was ist das für ein „Friedenspolitiker", der sich ausdrücklich den Angriffskrieg vorbehält! Da dieser für die deutschen Imperialisten damals noch Zukunftsmusik war, sie aber mit der Durchsetzung ihrer Forderungen gegen Polen nicht erst warten wollten, bis sie wieder eine große Armee beisammen 11
Stresemann, Gustav, Vermächtnis. Der Nachlaß in drei Bänden. Berlin 1932, Bd. II. S. 553« Ebenda. S. 69. 13 Ebenda. S. 72. 14 Ebenda. S. 234. 15 Ebenda. S. 233.
3. Stresemann — Friedens- und Verständigungspolitiker?
121
hätten, stellte sich Stresemann den Weg fürs erste so vor, „daß wenn einmal Verhältnisse entstehen, die den europäischen Frieden oder die wirtschaftliche Konsolidierung Europas durch die Entwicklung im Osten bedroht erscheinen lassen, und wenn man zur Erwägung kommt, ob diese ganze Nichtkonsolidierung Europas nicht ihren Grund in unmöglichen Grenzziehungen im Osten mit hat, daß dann Deutschland auch die Möglichkeit haben kann, mit seinen Forderungen Erfolge zu erzielen, wenn es sich vorher mit den ganzen Weltmächten, die darüber zu entscheiden haben, politisch auf einen freundschaftlichen Verständigungsfuß und auf eine wirtschaftliche Interessengemeinschaft auf der anderen Seite gestellt hat. Das ist meiner Meinung nach die einzig praktische P o l i t i k . . , " 1 6 Solange also der deutsche Imperialismus nicht in der Lage wäre, den Angriffskrieg zu führen, würde er in anderer Weise gegen seinen östlichen Nachbarn Druck ausüben und ihn damit erpressen, daß dieser auf Beistand seitens der imperialistischen Westmächte, die den polnischen Staat in dieser Form in Versailles inaugurierten, nicht mehr zu rechnen hätte. Stresemanns Politik gegenüber Polen entsprach also trotz vieler Meinungsverschiedenheiten in taktischen Fragen grundsätzlich durchaus dem gemeinsamen Ziel der ganzen herrschenden Klasse Deutschlands, ihrem Revisions- und Expansionsdrang. Das bestreitet der heutige westdeutsche Ostforscher Hans Roos, wenn er schreibt: „Für gewisse Kreise der deutschen Generalität und der deutschen Großindustrie — nicht eigentlich für Stresemann selbst — galt Polen als der infolge des Zusammenbruchs der drei Teilungsmächte zufällig entstandene, Saisonstaat', der insbesondere durch den Handelskrieg niedergezwungen werden könnte." 17 Für die Ausklammerung Stresemanns beruft sich Roos lediglich darauf, daß Stresemann im Jahre 1927 in der unbestimmten dritten Person bemerkt hat, daß „man" „Wetten darauf gemacht habe, wie lange der Staat Polen noch bestehen würde". 18 Diese Argumentation überzeugt nicht. Sie vermag unsere Meinung über Stresemann, die wir aus seinen eigenen ausführlichen Worten gewannen, nicht zu erschüttern. Lassen wir nach den Worten jetzt aber Taten sprechen. Das Auswärtige Amt, dessen Chef Stresemann war, unternahm nicht nur im Sommer 1925, also zu Beginn des Wirtschaftskrieges, antipolnische Aktionen in den USA und anderen Ländern. 19 Als im Jahre 1927 die polnische Regierung sich besonders nachdrücklich um eine größere amerikanische Anleihe zur Stabilisierung der polnischen Währung bemühte, wandte sich das Reichswirtschaftsministerium, das innerhalb der deutschen Regierung die speziellen Interessen der Industriellen zu vertreten hatte, deshalb an einen der engsten Mitarbeiter Stresemanns, den Geheimrat Zechlin, und erhielt von diesem die Auskunft: „ . . . Das Auswärtige Amt habe sich vor Ostern an den Herrn Reichsbankpräsidenten Schacht gewandt, mit dem Wunsche, er möge in amerikanischen Kreisen StimEbenda, S. 236. Roos, Hans, Polen und Europa, Studien zur polnischen Außenpolitik 1931—1939. Tübingen 1957, S. 3, Fußnote 8. (Hervorhebung von mir. — B. P.) 18 Ebenda. >9 Vgl. Kap. III, 3. 16 17
I V . Verhandeln oder nicht
122
mung gegen die Anleihe machen. Schacht habe mit Harrison von der Federal Reserve Bank Fühlung genommen; er sei mit ihm zusammen nach Frankreich gefahren, um auch hier im antipolnischen Sinne zu arbeiten . . . Was die Frage einer deutschen Beteiligung bei dieser großen Anleihe angehe, so soll Amerika vor einiger Zeit Deutschland nahegelegt haben, sich zu beteiligen. Schacht hätte sich sehr stark zurückhaltend geäußert. Die Polnische Regierung werde naturgemäß die Beteiligung Deutschlands nicht wollen; auf den Willen Polens käme es indes wohl weniger an . . ." 2 0 Das deutsche Finanzkapital wollte jede große, eine Stärkung der polnischen Wirtschaft und Währung bewirkende Anleihe verhindern und dann mit einem eigenen Projekt auftreten, „nämlich eine kleinere Spezialanleihe für die Bank Polski. An einer derartigen Anleihe würde sich Schacht nach seinen bisherigen Erklärungen beteiligen wollen." 21 Das hätte bedeutet: Polen erführe keine wesentliche Stärkung seiner Wirtschaftskraft. Es müßte notgedrungen um deutsche Kapitalhilfe bitten, sich also schließlich auch den Forderungen der deutschen Imperialisten fügen. Diese würden, da die Anleihe an spezielle Zwecke gebunden wäre, Einfluß auf die innere Wirtschaftspolitik Polens erlangen. Durch die Untergrabung seines Kredits in den westlichen Ländern würde Polen in wachsendem Maße vom deutschen Finanzkapital abhängig werden. Von vornherein aber hätte die polnische Regierung ihrem Retter aus der gröbsten Finanznot, dem deutschen Monopolkapital, weitgehende Handelserleichterungen gewähren müssen, ohne, wie bisher, hartnäckig entsprechende Gegenkonzessionen, zum Beispiel auf landwirtschaftlichem Gebiete, fordern zu können. Die Verwirklichung dieses Projektes hätte also nicht nur die Erreichung der revanchistischen Ziele der Außenpolitik des deutschen Imperialismus nähergebracht, sie hätte zugleich die aus den widersprüchlichen Handelsinteressen erwachsenen Gegensätze innerhalb der herrschenden Klasse Deutschlands abgeschwächt, also die Macht der deutschen Imperialisten nach außen und innen gestärkt und gefestigt. Bei der Verfolgung dieser Linie, sich den polnischen Staat zunächst finanziell und wirtschaftlich unterzuordnen, standen die deutschen Imperialisten nicht isoliert da. Wenn weite Kreise der polnischen Bourgeoisie gehofft hatten, dem Drang der deutschen Imperialisten nach Osten dadurch besser widerstehen zu können, daß sie sich enger an das amerikanische Kapital banden, so unterschätzten sie die kapitalmäßigen und persönlichen Verbindungen zwischen dem amerikanischen und dem deutschen Finanzkapital. Die amerikanischen Kapitalisten hatten, als sie nach der Inflation der deutschen Mark die deutsche Industrie modernisierten, damit doch nicht die Absicht verfolgt, deren Konkurrenzfähigkeit auf den westeuropäischen und überseeischen Märkten, also gegen sich selbst zu vergrößern. Sie hatten ihr im Dawes-Plan deutlich den Weg nach Osten gewiesen. Das oben zitierte Schacht-Projekt entsprach dieser Linie des amerikanischen Finanzkapitals, ja, eine Variante dieses Projekts war der polnischen Regierung schon 20
DZA
Potsdam,
Reichswirtschaftsministerium
vermerk Ministerialrat Sjöberg 3. 5. 27. 21
Ebenda.
Nr. 2801,
Bl. 464—465,
Akten-
3. Stresemann — Friedens- und Verständigungspolitiker?
123
ein Jahr zuvor von amerikanischen Finanzkreisen selbst vorgelegt worden, wie aus einem Geheimbericht hervorgeht, den der polnische Gesandte in Washington am 30. Januar 1926, also zu einem Zeitpunkt, da Polen noch schwer unter dem Wirtschaftskrieg mit Deutschland litt, seinem Außenminister nach Warschau sandte. Es handelte sich um „die Empfehlung, die uns der Gouverneur der Federal Reserve Bank in New York, Herr Strong, gab, wir sollten in engere Beziehungen zu Dr. Schacht treten, der seiner Meinung nach, da er eine so große Autorität in Fragen der Finanz- und Geldreform ist, zur Unterstützung Polens in seinen Schwierigkeiten beitragen könnte. . . " 2 2 Diese amerikanische Empfehlung erfolgte vermutlich im Einvernehmen mit Schacht, der sich zu diesem Zeitpunkt in den USA aufhielt. Für die Mitwirkung des deutschen Kapitals bei der Sanierung des Zloty verlangte Schacht mit Wissen und Zustimmung Stresemanns die Abtretung des sogenannten Korridors und Ost-Oberschlesiens an das Deutsche Reich als polnische Vorleistung.23 Infolge des englischen Bergarbeiterstreiks vom Mai bis Dezember 1926 gelang es Polen allerdings bald, seine Kohlenausfuhr enorm zu steigern. Dadurch, sowie durch die gute Ernte des Jahres 1926, die weitere Getreideimporte erübrigte, veränderte sich die Devisenlage Polens bedeutend, so daß die Währung nicht weiter verfiel und die polnische Regierung dem ultimativen „Hilfs-"Angebot Schachts nicht nachzugeben brauchte. Im Vorangegangenen sollte gezeigt werden, daß in der Konsequenz hinsichtlich der Stellung zum polnischen Staat keine Gegensätze zwischen der öffentlich von Stresemann repräsentierten Richtung und der deutschnationalen Richtung innerhalb des deutschen Imperialismus bestanden. Sie waren sich darin völlig einig, daß sie auf die in Versailles wieder verlorengegangene Beute aus den Teilungen Polens nicht verzichteten und auf den möglichst baldigen Untergang der polnischen Selbständigkeit hinarbeiteten. Es ist aber wieder bezeichnend für Stresemanns nüchternes Berechnungsvermögen, wenn er, statt direkt auf das momentan unerreichbare Ziel zuzusteuern, 1927 scheinbar den Weg zur Verständigung einschlug. Als die für den Frontalangriff so günstige schwierige innere und äußere Wirtschaftslage Polens im Laufe des Jahres 1926 sich etwas stabilisierte und sich herausstellte, daß eine Fortführung des totalen Wirtschaftskrieges immer fühlbarere Rückschläge auf die Profitmöglichkeiten der deutschen Industrie 22
23
A M S Z Warschau, Botschaft in Washington w. 152, t. Pozyczki obce (auswärtige Anleihen). Ratynska, Barbara, Niemcy wobec stabilizacji waluty polskiej w latach 1 9 2 5 — 1926. (Deutschlands Haltung zur Stabilisierung der polnischen Währung in den Jahren 1 9 2 5 — 1 9 2 6 ) in: „ S p r a w y Mi^dzynarodowe", J g . i960, H. 9, S. 70—83, veröffentlichte einige Dokumente aus dem Büro des Reichsaußenministers vom Januar, April und Mai 1926 in polnischer Übersetzung. Siehe auch Landau, Zbigniew, Misja Kemmerera. (Die Mission Kemmerers), in: „Przegl^d Historyczny", J g . 1957, Heft 2, S. 281.
124
IV. Verhandeln oder nicht
zeitigen mußte, verfocht Stresemann immer energischer die Linie, mit Polen gewisse Handelsvereinbarungen zu treffen. Daß seine Initiative zur Wiederanknüpfung der deutsch-polnischen Handelsverhandlungen im Jahre 1927 nicht etwa als grundsätzlicher Umschwung in der von ihm repräsentierten Außenpolitik des deutschen Imperialismus gegenüber Polen zu bewerten ist, geht aus einer Denkschrift über das „Internationale Abkommen zur Abschaffung der Ein- und Ausfuhrverbote und -beschränkungen" hervor, die er gemeinsam mit dem Reichswirtschaftsminister am 13. Dezember 1927 an den Reichstag sandte. Hier wurde auf Seite 14 betont, daß auf Drängen der deutschen Delegierten die Anlage zum Artikel 6 dieses Abkommens es Deutschland erlaubte, nach wie vor die Ein- und Ausfuhr von Steinkohle, Koks, Torf, Braunkohle, Briketts und die Ausfuhr von Schrott und Abfällen von anderen Metallen und Legierungen zu verbieten.24 Wenn man bedenkt, daß diese Verbote bis dahin zwar theoretisch gegen alle Länder gerichtet, praktisch aber nur gegen Polen konsequent durchgeführt worden waren, so sieht man, daß der deutsche Imperialismus und sein Außenminister trotz seiner neuen Taktik der Verhandlungsbereitschaft keineswegs auf massiven wirtschaftlichen Druck gegen Polen verzichteten.
4. Die Industriellen werden ungeduldig Die Wiederanknüpfung der Handelsvertragsverhandlungen mit Polen war keine Extratour Stresemanns. Kein Staatsmann eines kapitalistischen Landes kann Politik nach irgendwelchen „persönlichen Idealen" treiben, er ist stets an die Meinung der Mächtigen der Wirtschaft gebunden. Wenn auch die von Stresemann wieder angeknüpften Handelsbesprechungen mit Polen innerhalb des Reichskabinetts als Extratour erscheinen mochten und auf den hartnäckigen Widerstand verschiedener mit dem Junkertum verbundener Minister stießen, so handelte er doch im Auftrage des Reichsverbandes der Deutschen Industrie. Das wurde so recht deutlich, als der Reichsverband, ungeduldig über den langsamen Fortschritt der vom deutschnational beherrschten Reichskabinett gebremsten amtlichen Gespräche mit Polen, selbst Kontakt mit den Spitzen der polnischen Wirtschaft aufnahm. Organisatoren dieser Kontaktaufnahmen waren das stellvertretende Direktionsmitglied der Daimler-Benz-AG, Friedrich Cassel, und das Vorstandsmitglied der Metallgesellschaft, Metallbank und Metallurgische Gesellschaft AG, Theodor Schott. Ihr Projekt sah vor, einen Kongreß einzuberufen, auf dem es weniger um sofortige konkrete Resultate als vielmehr um die Beseitigung des bestehenden 24
Diese und ähnliche Ausnahmebestimmungen veranlaßten die Parlamente verschiedener Staaten, die Ratifizierung des sog. Zollfriedens-Abkommens zu verweigern, so daß es niemals in Kraft trat.
4- Die Industriellen werden ungeduldig
125
Mißtrauens, um die Schaffung einer für fruchtbare Verhandlungen günstigen Atmosphäre ging.25 In gewissem Sinne hatte ihnen das im Januar 1927 gegründete „Verständigungskomitee", dem neben Pazifisten wie Helmut von Gerlach Reichstagsabgeordnete verschiedener Parteien wie Loebe und Breitscheid (SPD), Schmidt-Hirschberg (DVP), Künzer und Schreiber (Zentrum), Erkelenz, Richthofen, Nuschke (Demokratische Partei) und Bredt (Wirtschaftspartei) unter dem Vorsitz von Julius Wolf angehörten, den Boden bereitet. Diese hatten sich bemüht, mit polnischen Parlamentariern über politische, wirtschaftliche und kulturelle Streitfragen ins Gespräch zu kommen, es waren auch mehrmals schon Termine für die Zusammenkunft festgelegt worden. Wegen der Verschlechterung der staatlichen Beziehungen, die von der neuen, deutschnational beherrschten Reichsregierung mit dem Abbruch der Handelsverhandlungen heraufbeschworen worden war, wurden diese interparlamentarischen Gespräche jedoch immer wieder verschoben. 26 So sab sich der Reichsverband der Deutschen Industrie veranlaßt, den Spitzen verband des polnischen Kapitals zu Besprechungen auf privater Ebene einzuladen. Am 10. Meli 1927 nahmen die führenden Mitglieder des „Zentralverbandes der Polnischen Industrie, des Bergbaus, des Handels und der Finanzen" zu dem von „einer Gruppe von Personen, die eine wichtige Rolle im Wirtschaftsleben Deutschlands spielen" 27 , durch Vermittlung des Direktors der Bank Miçdzynarodowy (Internationale Bank) Warschau, Marek Badior, an sie herangetragenen Vorschlag Stellung. Der Hauptdirektor des Zentralverbandes, Andrzej Wierzbicki, empfahl, als Ausdruck des guten Willens auf die Einladung einzugehen, dabei aber einige Bedingungen zu stellen. Aus der Erkenntnis heraus, daß die entscheidenden Kreise der deutschen Landwirtschaft der Verbesserung der Handelsbeziehungen zu Polen ablehnend gegenüberstanden, hatte der deutsche Vorschlag eine reine Industriellenkonferenz vorgesehen. Daran konnte natürlich Polen nichts gelegen sein, weil dann doch die Frage des Exports landwirtschaftlicher Produkte, an deren Regelung die polnische Seite brennend interessiert war, gar nicht berührt worden wäre. Daher forderte Wierzbicki, daß in beide Delegationen auch Vertreter der Landwirtschaft unbedingt aufgenommen werden müßten. Auch der Vorsitzende der Spitzenorganisation der Vereinigten Industrie und Landwirtschaft Westpolens, Jözef Zychlinski, dessen persönliche Interessen in der Landwirtschaft und der Zuckerindustrie lagen, empfahlZurückhaltung, da „die Frage des Vertrages für Polen nicht brennend" sei. Die Haltung derübrigen Ratsmitglieder war
25
A M S Z Warschau, Gesandtschaft in Berlin w. g, t. 5, Bericht des Handelsrates Sokolowski vom 14. 5. 27 an den Leiter der Westabteilung des polnischen A u ß e n ministeriums, Romer, über seine Unterredung mit Schott.
26
Ebenda, Leiter der Westabteilung Romer, Warschau 1. 3. 27, an den polnischen Gesandten in Berlin. Ferner: Gesandter in Berlin, 3. 3. 27, an Wolff. Ferner: Polnischer Chargé d'affaires, Berlin 24. 4. 27, an das polnische Außenministerium.
27
A M S Z Warschau, Westabteilung P I I des Außenministeriums w. 27, t. 3, Protokoll der Sitzung im Zentral verband der Polnischen Industrie . . . am 10. 5. 1927.
126
I V . Verhandeln oder nicht
unterschiedlich. Einige erklärten ihren Pessimismus damit, „daß die politische Situation und die in Deutschland herrschenden Stimmungen, deren Ausdruck in den letzten Tagen die Rede des Vizekanzlers Hergt 28 war, zu Zweifeln an der Ehrlichkeit der deutschen Absichten, die den Vorschlag diktierten, berechtigen. In diesem Zusammenhang kann man gewisse Befürchtungen haben, ob eine allzu bereitwillige Annahme dieses Vorschlags nicht als gewisse Schwäche unsererseits ausgelegt würde". Ihr Mißtrauen und ihr Unglaube an konkrete Ergebnisse beruhe auf drei Merkmalen des deutschen Vorschlages: i . dem Wunsch, den Themenkreis zu begrenzen, 2. dem Ausschluß landwirtschaftlicher Vertreter und 3. der Bedingung der Diskretion. Andere beurteilten den Vorschlag optimistischer, wobei sie unter anderem darauf hinwiesen, daß ein solches Treffen führender Vertreter der Wirtschaft beider Länder dem deutschen Außenminister Stresemann bei seinem Bemühen, die deutsche Regierung zur Wiederaufnahme der Handelsvertragsverhandlungen zu bewegen, den Rücken stärken würde. Schließlich einigte man sich dahin, daß man sich keine allzu weit gespannten Hoffnungen hinsichtlich der zu erreichenden Ergebnisse machen dürfe, aber grundsätzlich den Vorschlag annehmen solle unter der Bedingung, daß der Reichsverband der Deutschen Industrie eine ausdrückliche und formelle Einladung an die maßgebenden Vertreter der polnischen Wirtschaftsorganisationen richten, ein Gegenbesuch in Warschau ins Auge gefaßt und vorher noch über die Möglichkeit der Einbeziehung landwirtschaftlicher Vertreter beraten werde. Als Vertrauensleute der polnischen Industriellen fuhren Geisenheimer und Drzazdzynski nach Berlin. In einer privaten Unterredung gab Geisenheimer am 19. Mai dem geschäftsführenden Präsidialmitglied des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, Kastl, die genannten Bedingungen bekannt, die noch ergänzt wurden durch die Forderung, für ihre negative Haltung gegenüber der deutsch-polnischen Verständigung bekannte Persönlichkeiten von der Teilnahme am Kongreß auszuschließen. Dabei ging es, wie Geisenheimer dem Handelsrat der polnischen Gesandtschaft in Berlin, Sokolowski, vertraulich mitteilte, vor allem um Borsig, Hilger und Stähler. 29 Am 18. und 19. Mai 1927 beriet das Präsidium des Reichsverbandes der Deutschen Industrie über die polnische Antwort. Nach langer und lebhafter Diskussion, in der besonders stark Schott pro und Stähler contra auftraten, wurde eine Resolution des Inhalts angenommen, daß der Reichsverband die persönliche Zusammenkunft von deutschen und polnischen Industriellen sowie von Industriellen des östlichen und des westlichen Teils Oberschlesiens für erwünscht hält. Jedoch könne der Kongreß nicht, wie ursprünglich beabsichtigt, Mitte Juni, sondern erst bedeutend später stattfinden. Die Arbeiten des Kongresses müßten so exakt wie möglich vorbereitet werden, wenn er zur Verbesserung und nicht zur Verschlechte28 29
Deutschnational. A M S Z Warschau, Westabteilung P I I des Außenministeriums w. 37, t. 3, Bericht des Handelsrates vom 21. 5. 27 ministeriums.
a n die Westabteilung des polnischen
Außen-
4. Die Industriellen werden ungeduldig
127
rung der Situation führen solle. Besonders halte es der Reichsverband für angebracht, daß auch Vertreter der deutschen Landwirtschaft teilnehmen, zumal da die polnische Seite die Teilnahme von Vertretern ihrer Landwirtschaft plane. Daher sei es unbedingt notwendig, daß der Reichsverband sich mit den landwirtschaftlichen Organisationen verständigt und eine gemeinsame Richtlinie festlegt. 30 Wegen der Weltwirtschaftskonferenz in Genf und der Tagung der Internationalen Handelskammer in Stockholm, an denen die führenden Mitglieder des Reichsverbandes teilnahmen, sowie wegen der gespannten Beziehungen zwischen beiden Staaten wurde der Kongreß noch mehrmals verschoben. Schließlich fand er dann am 6. und 7. Dezember 1927 in Berlin und am 27. und 28. Januar 1928 in Warschau statt. Wie breit auf beiden Seiten das Interesse an der Entwicklung der deutsch-polnischen Handelsbeziehungen war, zeigt bereits ein Blick auf die Teilnehmerliste. Aus Polen fuhren unter anderen nach Berlin: Jözef ¿ychlinski, Präses der Posener Kredit-Landschaft, Präses der Spitzenorganisation der Vereinigten Industrie und Landwirtschaft Westpolens, Präses des Leitungsrates der Polnischen Zuckerindustrie; Roger Baron Battaglia, Rats- und Leitungsmitglied des Zentralverbandes der Polnischen Industrie, des Bergbaues, des Handels und der Finanzen, Vizepräses des Verbandes der Konfektionsindustrie, Warschauer Delegierter der Vereinigung der Industrieverbände West- und Südpolens, Mitglied der GutachterKommission beim Wirtschaftskomitee des Ministerrates, Mitglied der EnquSteKommission; Aleksander Ciszewski, Generaldirektor der Hohenlohe-Werke; Alfred Falter, Generaldirektor der Robur Katowice, Aufsichtsratsmitglied der Bank Polski; Paul Geisenheimer, Vizepräses und Generaldirektor des Oberschlesischen Berg- und Hüttenmännischen Vereins Katowice sowie der Oberschlesischen Kohlenkonvention, Mitglied der Gutachter-Kommission beim Wirtschaftskomitee des Ministerrates, Mitglied des Verwaltungsrates der Spitzenorganisation der Vereinigten Industrie und Landwirtschaft Westpolens; Jözef Kiedron, Generaldirektor der Vereinigten Königs- und Laurahütte; Antoni Olszewski, Direktor der Kohlenkonvention von Dqbrowa; Fürst Janusz RadziwiU, Großgrundbesitzer; Edmund Trepka, Direktor des Vereins der chemischen Industrie; Gustav Williger, Generaldirektor der Kattowitzer A G für Bergbau und Hüttenbetrieb, Präses des Oberschlesischen Berg- und Hüttenmännischen Vereins Katowice, Präses der Oberschlesischen Kohlenkonvention, Präses der Gesamtpolnischen Kohlenkonvention, Präses der Spitzenorganisation der Vereinigten Industrie und Landwirtschaft Westpolens. Neben diesen nahmen an der zweiten Tagung in Warschau noch viele andere teil, darunter vor allem Fürst Stanislaw Lubomirski, Präsident des Zentralverbandes der Industrie, des Bergbaus, des Handels und der Finanzen, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Bank Handlowy in Warschau, Vorsitzender des Börsenrates. Von deutscher Seite waren sowohl in Berlin als auch in Warschau anwesend: Abraham Fr owein, 1. Stellvertretender Vorsitzender des Reichsverbandes der 30 Ebenda. — Handelsrat Sokoiowski beruft sich auf das Original der Resolution das er einsehen konnte.
128
I V . V e r h a n d e l n oder n i c h t
Deutschen Industrie, Vorsitzender des Vereins deutscher Seidenwebereien; Rudolf Brennecke, Generaldirektor der Vereinigten Oberschlesischen Hüttenwerke A G ; Gottfried Dierig, Textilindustrieller; Bernhard Grund, Präsident der Industrieund Handelskammer Breslau; Ludwig Kastl, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Reichsverbandes der Deutschen Industrie; Otto Keinath, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Reichsverbandes des Groß- und Überseehandels; Graf Keyserlingk, Vorsitzender des Reichsverbemdes der land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgeber-Vereinigungen; Karl Lange, Direktor des Vereins Deutscher Maschinenbau-Anstalten ; Edmund Pietrkowski, Geschäftsführender Vorsitzender des Vereins zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie; Ernst Preißner, Präsident der Direktion der Preußag; Theodor Schott, Vorstandsmitglied der Metallgesellschaft, Metallbank und Metallurgischen Gesellschaft A G ; Hermann Stähler, Vorsitzender des Oberschlesischen Berg- und Hüttenmännischen Vereins Gleiwitz. Von den zahlreichen anderen, die an einer der beiden Tagungen teilnahmen, seien nur genannt: Borsig, Deutsch, Lammers und Simson (IG Farben), Opel, Flick, Sempell (Vereinigte Stahlwerke) und Silverberg (Rhein. A G für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation). Diese (stark gekürzte) Liste zeigt nicht nur, wie viele Wirtschaftszweige am Handel zwischen Deutschland und Polen interessiert waren, sondern auch, daß führende Vertreter des deutschen Finanzkapitals persönlich auf die Entwicklung der Handelsbeziehungen zu Polen Einfluß nahmen. Nachdem jede Delegation ein Grundsatzreferat 31 gehalten hatte, traten die Kommissionen zu den eigentlichen Beratungen zusammen. Das Protokoll der Beratungen der Industriekommission (Vorsitzende Stähler und Trepka) ist so allgemein gehalten, daß man ihm nichts entnehmen kann. 32 Um so aufschlußreicher ist das Protokoll der Landwirtschaftskommission 33 , in der Graf Keyerlingk und der Präsident der Großpolnischen Landwirtschaftlichen Gesellschaft, Plucinski, den Vorsitz führten. Während in den amtlichen Verhandlungen der Konkurrenzkampf in die Veterinärfrage verkleidet ausgefochten wurde, stand er bei diesen Diskussionen der unmittelbaren Interessenten offen im Vordergrund: „ . . . Gefahren wurden auf deutscher Seite namentlich in der zeitweiligen Häufung der polnischen Exportüberschüsse — besonders auch an Bodenerzeugnissen — und den dadurch erzwungenen starken Preissenkungen erbhekt, die den deutschen Markt um so mehr belasten müßten, als sie erfahrungsgemäß mit einem gleichzeitigen entsprechenden Anschwellen des Verkaufsdrucks der deutschen Landwirtschaft zusammenfallen . . .". Es ging also ganz einfach darum, daß die deut31
I i I I Z j a z d P r z e m y s l o w c ö w i R o l n i k ö w Polski i Niemiec . . . (Der erste und zweite K o n g r e ß der Industriellen und L a n d w i r t e Polens und D e u t s c h l a n d s . . .),
War-
s z a w a — P o z n a n 1928. 32
DZA
Potsdam,
Reichswirtschaftsministerium
N r . 2803,
B l . 355—359,
v e r b a n d der D e u t s c h e n Industrie, Berlin 8. 12. 27, an den minister. 33 E b e n d a . A n l a g e I.
Reichs-
Reichswirtschafts-
129
4. Die Industriellen werden ungeduldig
sehen Großagrarier sich ihre fetten, durch hohe Zölle gesicherten Sonderprofite auf Kosten der Konsumenten nicht gefährden lassen wollten. „ . . . Von polnischer Seite wurde darauf erwidert, daß ein Export nach Deutschland nur in Frage kommt, soweit die Preise in Deutschland sich höher gestalten als in anderen Ländern, zu denen die polnische Landwirtschaft in Beziehungen stehe . . Also auch die polnischen Agrarier wollten nicht nur den aus ihren Landarbeitern gepreßten Mehrwert realisieren, sondern sich zusätzlich an den den deutschen Konsumentenmassen abgeforderten hohen Preisen bereichern. Ihre Argumentation lief darauf hinaus, daß sie wegen ihres Interesses an hohen Preisen in Deutschland gar keine gefährlichere Konkurrenz als die Landwirtschaft anderer Länder seien. Daraufhin klagten die deutschen Agrarier ihr Leid, daß sie wegen ihrer hohen Produktionskoster der Konkurrenz der billiger produzierenden polnischen Landwirtschaft nicht würden standhalten können, was die andere Seite wieder bestritt. Wie zu erwarten, kam es in dieser Kommission, abgesehen von der Spezialfrage des Holzhandels und einigen belanglosen Redensarten, zu keiner Einigung. Auf der Januar-Tagung in Warschau erhob Kastl zunächst „sehr scharfen Widerspruch" gegen die polnische Grenzzonen-Verordnung. Die polnischen Industriellen ließen sich auf eine Diskussion darüber nicht ein, gestanden aber schließlich zu, „daß sie. . . in allen Fällen, wo ein längeres Verbleiben der gelernten Monteure, Meister und Ingenieure aus Deutschland in Polen für die polnische Industrie selbst von Nutzen ist, immer bestrebt sind, die größten Erleichterungen zu erlangen". 34 Gegenüber der bisher in den amtlichen Verhandlungen und in der Presse vertretenen polnischen Einstellung, daß die Meistbegünstigung für Polen von Nachteil sei, kam es jetzt zur „Übereinstimmung. . . darüber, daß es im beiderseitigen Interesse liege, einen langfristigen und umfassenden Vertrag abzuschließen, der selbstverständlich auf der Grundlage der Meistbegünstigung aufgebaut sein müsse". Die Kohlenindustriellen einigten sich, „daß zunächst über die Preisfrage und erst nach Abschluß diesei Verhandlungen über das Kontingent verhandelt werden soll. . womit sie die Grundlage für ihre spätere Verkaufsgemeinschaft zur Hochhaltung der Kohlenpreise schufen. Dagegen ließen sich die deutschen Hüttenindustriellen noch nicht auf Diskussionen über Kontingente für die Einfuhr polnischen Rohstahls und die Ausfuhr deutschen Schrotts ein. Hartnäckig wehrte sich die junge chemische Industrie Polens gegen die Zollermäßigungsforderungen ihrer mächtigen deutschen Konkurrentin. Der polnische Metallindustriellen-Verband aber erklärte sich nicht nur damit einverstanden, „daß auch weiter, wie bis jetzt, auf die Maschinen, die im Lande nicht produziert werden, Zollnachlässe erteilt werden", was für ihn ja kein Opfer bedeutete, ihm im Gegenteil sogar die Errichtung neuer Produktionsanlagen erleichterte, sondern er ging auch so weit zuzugestehen, „daß diese Nachlässe auf gewisse Arten der deutschen Erzeugnisse auf die ganze Vertragsdauer bestimmt werden". D i man
34
DZA
Potsdam,
Reichswirtschaftsministerium
Nr. 2804,
Bl. 162—168,
Bericht
des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, Berlin 2. 2. 28, an Ministerialdirektor Posse, nebst Anlage „Niederschrift über die Plenarsitzung am 28. 1. 28". 9
Puchert, Wirtschaftskrieg
130
I V . Verhandeln oder nicht
sich gerade auf die Langfristigkeit des abzuschließenden Handelsvertrages geeinigt hatte, war dieses Zugeständnis praktisch ein Verzicht auf die Weiterentwicklung des eigenen Maschinenbaus Polens.
j. Die Bedeutung des Holzprovisoriums Die durch das Stresemann-Jackowski-Protokoll vom November 1927 verkündete grundsätzliche Verhandlungsbereitschaft ermöglichte sehr schnell einen Teilerfolg: die getrennt von den eigentlichen Handelsvertiagsverhandlungen geführten Besprechungen des deutschen Gesandten in Warschau mit der polnischen Regierung wurden beschleunigt, und am 30. November 1927 kam neben einem Abkommen über polnische Wanderarbeiter ein Holzprovisorium für vorläufig ein Jahr zustande. Diese erste Handelsübereinkunft nach nunmehr über zweijährigem Wirtschaftskrieg lag im Interesse beider Seiten. Wie schon im Kapitel I dargelegt, war Holz einer der wichtigsten polnischen Ausfuhrposten. Im Jahre 1924 kaufte Deutschland 62 Prozent aller aus Polen exportierten Holzmengen, darunter 11107000 Doppelzentner Schnittholz ( = 31 Prozent des Gesamtexports) und 1880000 Doppelzentner Rundholz ( = 48 Prozent des Gesamtexports). Die polnischen Sägewerke waren weitgehend auf den deutschen Markt eingestellt. Durch den Wirtschaftskrieg und die damit verbundene Grenzsperre für polnisches Schnittholz kamen sie in arge Schwierigkeiten. Diese vermehrten sich noch dadurch, daß die Preise für Rundholz stiegen, weil die deutsche holzverarbeitende Industrie jetzt mehr Rundholz aus Polen kaufte und es in deutschen Sägewerken schneiden ließ. Die Absatzkrise der polnischen Sägewerke wurde zwar dadurch gemildert, daß der Zlotysturz den Dumpingexport nach anderen Ländern, besonders nach England, ermöglichte. Auf die Dauer aber konnte das kein Ersatz für den deutschen Markt sein. Von Teilen der deutschen Holzwirtschaft wurde die Grenzsperre zunächst begrüßt. Durch, die Eulenfraßkatastrophe bedingte Mehreinschläge im eigenen Lande und größere Holzverkäufe aus den Privatwaldungen der in der Agrarkrise steckenden Güter hatten die Holzpreise gedrückt, so daß die Ausschaltung der Schnittholzeinfuhr aus Polen die Preise wieder ansteigen ließ. Andererseits gerieten zahlreiche Holzhan delsfirmen, vor allem in Schlesien, in finanzielle Schwierigkeiten. Im Holzhandel herrschte nämlich der Geschäftsbrauch, daß die deutschen Käufer den polnischen Lieferanten Vorschüsse zahlten. Die damit bereits bezahlten, vor Verhängung der Sperre aber noch nicht in Deutschland eingetroffenen Holzmengen blieben nun aus. Zahlreiche Firmen hatten nicht nur große Teile ihres Betriebskapitals, sondern auch Bankkredite und Vorschüsse ihrer Kunden verwendet, um ihren polnischen Lieferanten beim Kauf des Holzes Anzahlung zu leisten. Um diese Zahlungskrise zu überwinden, hatte die Reichsregierung schon bald nach Verhängung der Grenzsperre verschiedene Ausnahmekontingente erteilen müssen. Die durch die Schnittholzsperre verursachte Absatzkrise der polnischen
5. Das Holzprovisorium
131
Sägewerke, besonders in Posen und Pomerellen, traf, neben den ihres Arbeitsplatzes beraubten Arbeitern, sehr häufig auch die deutschen Kapitalisten selbst, denn gerade bei den dortigen Sägewerken war in den meisten Fällen nach 1918 die Polonisierung auf ihr Firmenschild beschränkt geblieben. Die wegen der Schnittholzsperre verstärkte Rundholzeinfuhr aus Polen war für die deutschen Holzindustriellen nur scheinbar vorteilhaft, nicht nur weil in dem Rundholz auch das sonst bereits in Polen beim Sägen und Trocknen abfallende Gewicht antransportiert werden mußte, sondern auch weil die Arbeitskraft in den deutschen Sägewerken nicht so billig wie in Polen war. Hinzu kam, daß die polnische Regierung als Repressalie gegen die deutsche Schnittholzeinfuhrsperre die Einführung eines Prohibitivzolls für die Rundholzausfuhr erwog. Alle diese Gründe bewirkten, daß die Holzindustriellen in beiden Ländern von ihren Regierungen Verhandlungen forderten. Diese Verhandlungen führten zum Abkommen über die vorläufige Regelung des Holzverkehrs aus Polen nach Deutschland, das in Form eines Notenaustauschs am 30. November 1927 in Warschau geschlossen wurde. Deutschland gewährte Polen ein Einfuhrkontingent für 1250000 Kubikmeter Schnittholz, für welches der bestehende Zollsatz gebunden wurde (Punkt 1). Für die Laufzeit des Abkommens, also vom 1. Dezember 1927 bis zum 30. November 1928, wurden für verschiedene Sorten von Langholz und Klötzen die polnischen Ausfuhrzölle vertraglich festgelegt (Punkt 2). Das unter Punkt 1 und 2 fallende Holz sollte in beiden Ländern meistbegünstigt behandelt werden, wovon allerdings die Anwendung von Vertragszöllen ausgenommen war (Punkt 5). 35 Gleichzeitig wurde vereinbart, daß die beiderseitigen Staatsbahnen nicht durch Tariferhöhung die vereinbarte Nichterhöhung der Zölle hinfällig machen sollten. Man muß sich fragen: Waren die Holzindustriellen im imperialistischen Deutschland so stark, daß sie einen Wandel in der Außenhandelspolitik erzwingen konnten? Eine solche Annahme würde bedeuten, daß in der Weimarer Republik die mittlere Bourgeoisie eine größere, mindestens aber gleich große Rolle wie das Finanzkapital gespielt hätte. Das ist nicht der Fall. Wenn im imperialistischen Staat die Interessen der kleinen und mittleren Kapitalisten denen des Finanzkapitals widersprechen, so läßt der Staat die Wünsche der kleinen und mittleren Kapitalisten unberücksichtigt. In unserem Falle wurde Forderungen der Holzhändler und -industriellen Genüge getan, weil das im Interesse großer Teile des Finanzkapitals lag. Darauf, daß das Holzprovisorium letzten Endes gar nicht den unmittelbar Beteiligten zuliebe geschlossen wurde, weist auch die Präambel des Abkommens hin, wo es heißt: „ I m Hinblick auf die bevorstehende Wiederaufnahme der Handelsvertragsverhandlungen sind die Deutsche und Polnische Regierung dahin übereingekommen, die Wiederaufnahme geregelter Handelsbeziehungen dadurch einzuleiten, daß zunächst folgendes Abkommen über die 35
9«
A M S Z Warschau, Westabteilung P II des Außenministeriums w. 20, t. 13, Note des deutschen Gesandten Rauscher vom 30. 1 1 . 1927 an den polnischen Außenminister.
132
I V . Verhandeln oder nicht
vorläufige Regelung des Holzverkehrs von Polen nach Deutschland abgeschlossen wird." 36 Die Erweiterung des Handels mit Polen lag im gegebenen Zeitpunkt im Interesse großer Teile des deutschen Finanzkapitals. Daß sie dem Holzhandel gewissermaßen den Vortritt ließen, lag nur daran, daß eine günstige Atmosphäre für die bevorstehenden großen Verhandlungen geschaffen werden sollte, was sich auf dem Holzsektor besonders leicht machen ließ, weil hier die Beteiligten beider Seiten verhältnismäßig viele gemeinsame und nur wenige gegensätzliche Interessen hatten. In allen anderen Branchen wäre eine gesonderte Vereinbarung kaum zu erreichen gewesen, da die beiderseitigen Interessen einander widersprachen und Konzessionen in einer Branche von der Gegenseite durch Zugeständnisse in einer anderen Branche hätten kompensiert werden müssen, was langwieriges Verhandeln erfordert hätte. Daß das Holzabkommen nur als Bindemittel im Gesamtrahmen der Handelsvertragsverhandlungen zu werten ist, wird auch dadurch bestätigt, daß seine Laufzeit auf ein Jahr begrenzt war und daß es nur so lange verlängert wurde, wie die herrschenden Kreise beider Länder am Erfolg der Verhandlungen über einen Handelsvertrag interessiert waren. Als das nicht mehr der Fall war, wurde auch das Holzprovisorium nicht mehr verlängert. Der Abschluß des Holzprovisoriums am 30. November 1927 brachte der deutschen Fertigwarenindustrie auch sofortigen Nutzen dadurch, daß die polnische Regierung ihr einige kleine Einfuhrkontingente für Autos, Fahrräder, Turmuhren, Porzellanwaren für Labors, Glasröhren und Trikotagen einräumte.37
6. Die Delegationsverhandlungen a) D i e n e u e n D e l e g a t i o n s l e i t e r Für die zwischen Stresemann und Jackowski vereinbarten Verhandlungen wurden auf beiden Seiten neue Delegationsleiter ernannt. Um den Verlauf dieser Verhandlungen besser zu verstehen, wird es nützlich sein, wenn wir uns mit diesen beiden Persönlichkeiten bekannt machen. Gewiß kann der Leiter einer Verhandlungsdelegation nicht unabhängig von seiner Regierung grundsätzliche Fragen regeln, er ist an die Weisungen seiner Regierung gebunden. Andererseits kann die Regierung nur Richtlinien vorschreiben, deren Anwendung in der Verhandlung mit der anderen Delegation doch weitgehend dem Bevollmächtigten überlassen werden muß. So kann ein Bevollmächtigter, ohne den Rahmen der Richtlinien zu überschreiten, durch geschicktes Aufwerfen und Betonen einzelner Punkte seiner Richtlinien ihre Behandlung forcieren und andere Punkte verzögern. Die Auswahl der Person des Delegationsleiters ist also keine Nebensächlichkeit. Wenn 36 Ebenda. 37
„ D e r Osteuropa-Markt", Berlin, vom 1. 12. 1927.
6. Delegationsverhandlungen
133
die an den Verhandlungen interessierten Wirtschaftskreise eines kapitalistischen Landes einander widerstreitende Forderungen für diese Verhandlungen aufstellen, kann von der persönlichen Bindung des Delegationsleiters an die einen oder anderen Kreise sogar der Ausgang der Verhandlungen abhängen. Die polnische Regierung ernannte zu ihrem Bevollmächtigten Juliusz Twardowski. Aus einer alten polnischen Adelsfamilie stammend» wohnte er zeit seines Lebens (außer während des zweiten Weltkrieges) in Wien, trat 1898 in den österreichischen Staatsdienst, wurde 1 9 1 1 ins österreichische Ministerium für Galizien berufen und war von 1917 bis 1918 selbst Minister für Galizien. Daher rührten seine persönlichen Beziehungen zu höchsten Kreisen der österreichischen und auch der deutschen herrschenden Klasse. Diese Beziehungen waren wohl auch der eigentliche Grund, weshalb ihn die polnische Regierung mit der Führung der Verhandlungen über den deutsch-polnischen Handelsvertrag betraute. Außer dieser Mission bekleidete er niemals offizielle polnische Staatsfunktionen, selbst die ihm in den Jahren 1921 bis 1923 mehrmals von den Ministerpräsidenten Ponikowski und Sikorski angebotenen Posten des Innenministers und des Wojwoden von Oberschlesien lehnte er ab.38 Seine politische Einstellung bezeichnete er selbst in einem Brief als die eines „glühenden, aber mit keiner Partei verbundenen Konservativen". Wie aus dem Ernennungsschreiben des Industrieund Handelsministers Kwiatkowski hervorgeht, war Twardowskis Unabhängigkeit von politischen Parteien für die faschistische polnische Regierung, die zu diesem Zeitpunkt die parlamentarische Opposition noch nicht völlig hatte ausschalten können39, einer der entscheidenden Gründe für seine Ernennung. Twardowskis Tätigkeit in der kapitalistischen Wirtschaft war umfangreich. Im Jahre 1921 gründete er die österreichisch-Polnische Handelskammer in Wien40, deren Präsident er bis zur Zerschlagung der Selbständigkeit Österreichs im Jahre 1938 blieb. Er war Mitglied von Aufsichts- und Verwaltungsräten verschiedener Unternehmen, allerdings wohl weniger wegen seines Aktienbesitzes als wegen seiner engen Beziehungen zu Regierungskreisen. So finden wir ihn im Verwaltungsrat und Direktionsrat der Austro-Polnischen Bank A G Wien, als Präsident des 38
39
40
Daten nach der im Archiv Neuer Akten Warschau angefertigten Einführung in die Handakten J . Twardowskis. — Nachdem Twardowski im Jahre 1939 nach Krakau übergesiedelt war, wurde er Vorsitzender des polnischen Beirates bei der faschistischen deutschen Bürgermeisterei von Krakau. Außer einigen Denkschriften über den Wiederaufbau des Wirtschaftslebens ist in seinem im Archiv Neuer Akten in Warschau befindlichen Privatarchiv nichts über seine Zusammenarbeit mit den Okkupationsbehörden vorhanden. Twardowski starb im Juni 1945. Im Unterschied zu den Faschisten anderer Länder, vor allem Deutschlands und Italiens, besaßen die Faschisten Polens keine eigene straffe Parteiorganisation. Man darf wohl annehmen, daß die Erfahrungen, die Twardowski in dieser Funktion bei der Entwicklung der Handelsbeziehungen Polens zu Österreich, einem seiner wichtigsten Handelspartner, gesammelt hatte, ebenfalls ein Beweggrund für seine Ernennung zum Bevollmächtigten für die Verhandlungen mit Deutschland waren.
134
IV. Verhandeln oder nicht
Verwaltungsrats der Danubia Mineralölindustrie A G Wien 4 1 , im Aufsichtsrat der Vereinigten Königs- und Laurahütte (auf Empfehlung des Wiener Bankiers Bösel). Im Jahre 1929 bahnte er der British and European Timber-Trust Ltd. of London den Weg zu Privilegien in Polen 42 , in den folgenden Jahren saß er in dem unter deutscher Leitung stehenden Aufsichtsrat der Huta Poköj Katowice 4 3 und im Aufsichtsrat der Wspolnota Interesöw Görniczo — Hutniczych S. A . « Allgemein läßt sich also feststellen: Twardowski war nicht mit denjenigen Gruppen der polnischen Wirtschaft verbunden, die einen starken Schutz durch Zoll- oder Verbotsmaßnahmen gegen die deutsche Einfuhr wünschten, mehr oder weniger enge Beziehungen bestanden dagegen mit Kreisen, die eine Erweiterung des Handels, speziell des Exports nach den Nachbarländern wünschten. Dies sowie Twardowskis Beziehungen zum internationalen Kapital bewogen den polnischen Industrie- und Handelsminister Kwiatkowski offenbar, Twardowskis Ernennung zum Delegationsleiter manchen Widerständen in der polnischen Regierung zum Trotz durchzusetzen. Die deutsche Regierung ernannte zu ihrem Bevollmächtigten den ehemaligen Reichsminister Dr. Andreas Hermes. Nach dem Studium der Landwirtschaftswissenschaften trat er für kurze Zeit als Feldverwalter in den Dienst des Rittergutes Stechau in der Provinz Sachsen, wo er unter anderem polnische Saisonarbeiter beaufsichtigte. Dann wechselte er zur wissenschaftlichen Forschung über, in der er bis zum ersten Weltkrieg verblieb und, besonders auf zootechnischem Gebiet, internationalen Ruf errang. Als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter bei der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft erwarb er sich das Vertrauen des deutschen Großgrundbesitzes, der ihm nicht nur wichtige Auslandsaufträge übertrug, sondern ihn sogar im Jahre 1 9 1 1 als ersten Deutschen in das Internationale Agrarinstitut in Rom entsandte, wo er Direktor der landwirtschaftlichtechnischen Abteilung wurde. Bei Kriegsausbruch wurde er auf Grand einer Empfehlung des Generalfeldmarschalls Freiherrn von der Goltz in den Stellvertretenden Generalstab der deutschen Armee berufen, wo er leitende Funktionen in der Auslandsstelle des Kriegspresseamtes sowie im Kriegsausschuß für Ersatzfutter bekleidete. 41 42
43
44
A A N Warschau, Handakten J . Twardowskis Nr. 73 und 74. Ebenda, Handakten J . Twardowskis Nr. 73, Twardowski im Mai 1929 an William Good in London: , , . . . Always at Service where ever British interest in my country can be increased". Friedenshütte. 1. Vorsitzender: Franz Pieler, Gleiwitz, 2. Vorsitzender: Rudolf Brennecke, Gleiwitz. Interessengemeinschaft für Bergbau und Hüttenbetrieb A G . — Sie stand unter der Kontrolle der amerikanisch-deutschen Holdinggesellschaft Consolidated Steel Corporation und hatte im Jahre 1936 folgenden Anteil an der polnischen Gesamtproduktion: Koks 30%, Roheisen 3 7 % , Stahl 44%, Walzwerkserzeugnisse 40%, Schmiedewaren und Weiterverarbeitung 55,5%. — Vgl. Grosfeld, Leon, Paiistwo przedwrzeSniowe . . ., a. a. O., S. 10.
6. Delegationsverhandlungen
135
Nach Kriegsende leitete Hermes die land- und forstwirtschaftliche Abteilung im Reichswirtschaftsministerium. Hier setzte er u. a. die Gründung des Reichsforstwirtschaftsrates, der Interessenvertretung der großen Forstbesitzer, durch. Nachdem er mit „maßgeblichen Vertretern der Landwirtschaft" 4 5 ausführlich den Plan zur Schaffung eines selbständigen Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft besprochen hatte, nutzte er die durch den Kapp-Putsch 4 6 hervorgerufene Verwirrung in der Regierung aus, um nach der Niederschlagung des Putsches durch die einheitlich handelnde Arbeiterklasse diesen Plan zu verwirklichen. Auf Vorschlag der Zentrumspartei wurde er Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft. Nachdem er dieses A m t vom März 1920 bis zum März 1922 in vier Kabinetten innegehabt hatte, leitete er bis zum August 1923 das Reichsfinanzministerium.
Im Jahre 1927 nahm er an der Weltwirtschaftskonferenz in
Genf als Generalberichterstatter des Landwirtschaftsausschusses teil. Obwohl Hermes selbst kein landwirtschaftlicher Unternehmer war, muß man ihn auf Grund seiner bereits dargestellten und auch seiner späteren 47 wicklung als Interessenvertreter des deutschen Großgrundbesitzes
Ent-
charakteri-
sieren. Diese W o r t e (S. 62) sowie die F a k t e n seines L e b e n s l a u f e s sind der B i o g r a p h i e v o n Reichardt, Fritz, Andreas Hermes. N e u w i e d a m R h e i n 1953, e n t n o m m e n . D e r B i o g r a p h weist im V o r w o r t auf seine persönliche B e k a n n t s c h a f t m i t H e r m e s hin. 46 W ä h r e n d des K a p p - P u t s c h e s b e t ä t i g t e sich H e r m e s z u n ä c h s t als Streikbrecher. „ E r selbst n a h m seinen Dienst i m Reichswirtschaftsministerium wieder auf und k o n n t e m i t einem Ausweis der neuen M a c h t h a b e r ungestört seiner A r b e i t n a c h g e h e n " , schreibt sein B i o g r a p h (S. 64). Angesichts des W i d e r s t a n d e s der A r b e i t e r klasse e r k a n n t e H e r m e s j e d o c h schnell, d a ß die P u t s c h i s t e n keine C h a n c e besaßen, und v e r s t a n d es, sich öffentlich nicht zu kompromittieren.
45
47
E n d e des Jahres 1928 w u r d e H e r m e s P r ä s i d e n t der V e r e i n i g u n g der christlichen B a u e r n v e r b ä n d e . Diese hauptsächlich in W e s t - und S ü d d e u t s c h l a n d f u n d i e r t e Organisation w a r keineswegs ein K a m p f i n s t r u m e n t der w e r k t ä t i g e n B a u e r n gegen den Großgrundbesitz, sondern i m Gegenteil l a g ihre A u f g a b e darin, die w e r k t ä t i g e n B a u e r n v o n Bestrebungen n a c h einer wirklichen B o d e n r e f o r m fernzuhalten. H e r m e s g a b den B a u e r n v e r b ä n d e n die L o s u n g : „ D a h e r wollen w i r keinen K a m p f der K l e i n e n gegen die Großen, . . ., sondern in ehrlicher, i m Geiste der Solidarität geführter Auseinandersetzung d e n angemessenen A u s g l e i c h innerhalb des Berufsstandes s u c h e n " . (Zitiert n a c h der B i o g r a p h i e S. 118.) M i t diesem Mann, der die K l e i n b a u e r n zur Solidarität m i t dem G r o ß g r u n d b e s i t z e r ermahnte, schlössen sich die vornehmlich im R e i c h s l a n d b u n d organisierten ostelbischen Junker i m folgenden Jahre 1929 gern zur „ G r ü n e n F r o n t " , der „ F ü h r e r g e m e i n s c h a f t " der landwirtschaftlichen Organisationen D e u t s c h l a n d s , zusammen. I m Geiste dieser Solidarität m i ß b r a u c h t e H e r m e s d a n n im J a h r e 1945 seine F u n k t i o n als Vorsitzender der C D U in der s o w j e t i s c h e n B e s a t z u n g s z o n e , als er versuchte, die demokratische B o d e n r e f o r m zu verhindern. Seine schändliche Rolle als „ B a u e r n f ü h r e r " im Dienste der Großagrarier k o n n t e er seitdem nur noch im westlichen Teil Deutschlands weiterspielen.
136
IV. Verhandeln oder nicht
Die Durchsetzung der Ernennung von Hermes zum Delegationsleiter war der Gegenschlag der Großagrarier gegen die wider ihren Willen von Stresemann im Interesse der Industriellen herbeigeführte Wiederaufnahme der Handelsverhandlungen mit Polen. Damit war der Erfolg dieser Verhandlungen weitgehend in Frage gestellt. b) D e r V e r l a u f d e r V e r h a n d l u n g e n b i s z u m F r ü h j a h r 1 9 2 9 Die im Berliner Protokoll zwischen Stresemann und Jackowski vereinbarten Verhandlungen der beiderseitigen Delegationen begannen bereits wenige Tage nach seiner Unterzeichnung, am 2. Dezember 1927, in Warschau. Man einigte sich sofort grundsätzlich, daß der „ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden" solle. Während aber die deutsche Delegation hierunter nur die Aufhebung der ausdrücklichen Kampfmaßnahmen verstand, erklärte Twardowski, daß die polnische Regierung die Wiederherstellung des Zustandes vom Juni 1 9 2 5 meine, also auch freie Einfuhr von Fleisch, ohne deutsche Einfuhrbewilligungen und polnische Veterinärzeugnisse, nur unter Anwendimg des Reichsfleischbeschaugesetzes vom Jahre 1900. Diese Meinungsverschiedenheit wurde jedoch noch nicht weiter ausgetragen. An einer anderen Frage wären dagegen beinahe die Verhandlungen sofort gescheitert. Nachdem Hermes am Eröffnungstage seinen „unbedingten Wunsch" ausgesprochen hatte, das Provisorium bis Weihnachten fertig zu haben, um gleich nach Neujahr mit der Ausarbeitung des endgültigen Vertrages zu beginnen, stellte er am folgenden Tage, am 3. Dezember, ein Ultimatum. Entsprechend dem Lipski-Rauscher-Protokoll vom Juli 1 9 2 7 war Polen bereit, die Niederlassungsregelung in den endgültigen Handelsvertrag aufzunehmen. Hermes aber forderte, daß Polen dieses Zugeständnis bereits für das provisorische Abkommen mache, und drohte für den Fall, daß Polen dieser Forderung nicht nachkomme, an, er werde seine Mission niederlegen und es werde dann kein Nachfolger für ihn ernannt werden. In dieser kritischen Situation schlug Twardowski sofort persönlich, zwei Tage später auch offiziell vor, das Berliner Protokoll dahin zu revidieren, daß an Stelle des vorgesehenen engbegrenzten vorläufigen Warenaustauschabkommens ein breiteres Wirtschaftsabkommen ausgearbeitet werden solle, in dem unter anderem auch die Niederlassungsfrage Platz finden könne. Die schnelle Beilegung dieses gefährlichen Streites, die durch das sogenannte Warschauer Protokoll vom 8. Dezember 1 9 2 7 4 8 vollzogen wurde, war zweifellos auf den Druck der am Fortschritt der Verhandlungen interessierten Wirtschaftskreise beider Länder zurückzuführen. Wie die weitere Entwicklung allerdings bewies, war damit die Regelung der Handelsbeziehungen in weite Ferne gerückt. Ein breites Abkommen verlangte nämlich die Lösung zahlreicher Streitfragen, die man wegen ihrer Kompliziertheit im Berliner Protokoll gerade ausgeklammert hatte. 48
D Z A Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 65273, Bl. 35. — Die vorangegangene Darstellung der ersten Verhandlungstage stützt sich auf verschiedene protokollartige Aufzeichnungen Twardowskis in seinen Handakten Nr. 52.
6. Delegationsverhandlungen
137
Folgende Punkte waren jetzt auf die Tagesordnung gesetzt 49 : 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Aufhebung der Kampfmaßnahmen Niederlassungs-, Aufenthalts- und Einreiserecht Allgemeine Rechte der natürlichen und juristischen Personen Ein-, Aus- und Durchfuhr Zolltarifarische Meistbegünstigung Zolltarifabkommen Zollförmlichkeiten.
Der deutsche Delegationsleiter Hermes forderte zunächst die polnische Seite auf, ihre Offerten zu erweitern, lehnte selbst aber eine Erweiterung der deutschen, im Berliner Protokoll für das damals in Aussicht genommene vorläufige Abkommen gemachten Offerten ab.50 Der deutschen Delegation ging es vor allem um die Senkung polnischer Einfuhrzölle, was Twardowski am 21. Dezember 1927 ablehnte, indem er auf das Berüner Protokoll verwies, in dem nur von einem „Warenaustausch unter normalen Bedingungen" die Rede war, und dieser sei „ein von allen Kampfmaßnahmen, also von anormalen Behinderungen befreiter Warenaustausch; Zollermäßigungen schaffen bereits einen begünstigten Warenverkehr . . , " 5 1 Er schlug jedoch vor, sich die Beschlüsse der Genfer Weltwirtschaftskonferenz zu eigen zu machen und den Handel von jeglichen Zöllen und Beschränkungen zu befreien. Das aber lehnte Hermes ab, da dieser Vorschlag außerhalb des Rahmens des Berliner Protokolls läge. Am 13. Januar 1928 einigte man sich schließlich in einem Zusatzprotokoll dahin, daß man nicht nur über den Warenaustausch und die faktische Ermöglichung dieses Austauschs, sondern auch über weitere gegenseitige Konzessionen verhandeln wollte. Über Zollnachlässe würde jedoch nur nach dem Grundsatz strikter Gegenseitigkeit hinsichtlich ihres Wertes verhandelt werden. Diese Einigung konnte allerdings den Fortschritt der Verhandlungen im gegebenen Zeitpunkt nicht sicherstellen, solange keine Klarheit über die Basis der Zollverhan dlungen bestand. Am 5. November 1927 hatte nämlich der polnische Staatspräsident die Verordnung über die Umrechnung der polnischen Valuta in die neue monetarische Einheit unterzeichnet. Seit dem Zusammenbruch der polnischen Mark und der Einführung des Zloty zum Kurse von 1 Zloty = 1 Schweizer franc im Jahre 192452 hatte der Zloty 49
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 65273, Bl. 36.
50
Von
der tatsächlich, bereits erfolgten Zurückziehung
aller bisherigen
Offerten
durch das Reichsernährungs- und anschließend das Reichswirtschaftsministerium wurde die Delegation in Warschau durch das Auswärtige A m t nicht informiert. A u c h hierin kam der Interessenstreit der verschiedenen Gruppen des deutschen Kapitals zum Ausdruck. Ebenda, Bl. 57ff., Eisenlohr (Auswärtiges Amt) 10. 12. 27 an Posse (Reichswirtschaftsministerium). 51
A A N Warschau, Handakten J. Twardowskis Nr. 60, Anlage 12.
52
A m 1. Juli 1924 verlor die Mark ihren Charakter als gesetzliches Zahlungsmittel in Polen.
138
I V . Verhandeln oder nicht
beträchtlich an Wert verloren. Wenn Roos 53 allerdings schreibt, daß der Ausbruch des deutsch-polnischen Wirtschaftskrieges „die von der Regierung Wladysiaw Grabski vor kaum einem Jahr beseitigte Inflation erneut zu entfesseln drohte", hat er nur bedingt recht. Zwar setzte die starke Entwertung des Zioty im Juli 1925, also fast gleichzeitig mit dem Wirtschaftskrieg, ein und führte zu einem Dollarkurs von 9,10 Zloty im Dezember 1925 gegenüber 5,18 Zloty im Jahre 1924, doch darf man dem deutsch-polnischen Wirtschaftskrieg nur quantitativen Einfluß auf die inflationäre Entwicklung zuerkennen.54 Ihre Ursache liegt im Wesen der polnischen Wirtschaft und des polnischen Staates jener Zeit. Von 1924 bis 1926 durchlebte die polnische Wirtschaft eine Krise. Dem durch Produktionsrückgang und Massenarbeitslosigkeit in der Industrie und die Mißernte des Jahres 1924 bedingten niedrigen Steueraufkommen standen riesige Militärausgaben (40 Prozent des Staatsbudgets) gegenüber. Diese und andere Gründe veranlaßten die Regierung zu übermäßiger Emission von Scheidemünzen. Hinzu kam, daß durch die seit 1924 passive Handelsbilanz (nicht gegenüber Deutschland) die Devisenvorräte nahezu verbraucht waren. So war der Währungssturz bereits akut, ehe der Wirtschaftskrieg begann. Letzterer verschärfte die Währungssituation, indem er die Kohlenausfuhr schlagartig stoppte und dadurch die Krise in diesem Wirtschaftszweige sowie den Devisenmangel verschlimmerte, gleichzeitig aber bot er die Möglichkeit, durch Einfuhrverbote den Devisenabfluß zu verringern und durch Zollerhöhung die Staatsfinanzen zu verbessern. Nach mehreren Schwankungen kam es im zweiten Quartal 1926 zu einem Kurse von etwa 9 Zloty = 1 Dollar. Obwohl der Wirtschaftskrieg unvermindert anhielt, blieb dieser Kurs beständig, weil die innere Ursache, die Wirtschaftskrise, sich abschwächte, Produktion und Absatz, auch ins Ausland, sich belebten. Gestützt auf die, allerdings mit schweren Bedingungen verbundene, ausländische Stabilisierungsanleihe in Höhe von 62 Millionen Dollar und 2 Millionen Pfund Sterling konnte daher der Staatspräsident die faktische Entwertung des Zloty, die sich seit Mitte 1926 nicht mehr fortgesetzt hatte, im Oktober 1927 legalisieren. 100 Zloty der ursprünglichen Parität vom Jahre 1924 entsprachen jetzt 172 neuen Zloty (1 Dollar = 8,91 Zloty) .55 Die Verhandlungen der beiden Delegationen in Warschau hatten von Beginn an unter der Ungewißheit gelitten, welche Auswirkungen diese Währungsreform auf die Zölle nehmen würde. Welchen Sinn hatte es, Zollsätze auszuhandeln, solange weder die fordernde noch die gewährende Seite wußte, welcher Multiplikator bei 53 54
55
Roos, Hans, a. a. O., S. 2. Grabski, Wladysiaw, a. a. O., S. 176, schreibt unter der Kapitelüberschrift „Der Zloty-Sturz": „ . . . Der Zollkrieg mit Deutschland ergab im Bereich der Handelsbilanz Plus und Minus, die sich ausglichen, entscheidenden Einfluß konnte er also nicht ausüben . . . " . Siehe u. a. Krynicki, Jözef, Problemy handlu zagranicznego Polski. (Probleme des Außenhandels Polens.) Warszawa 1958, S. 1 3 5 f r . , sowie Ostrowski, Karol, Polityka flnansowa Polski przedwrzeäniowej. (Die Finanzpolitik Vorkriegspolens), Warszawa 1958, S. 1 7 3 ff.
6. Delegationsverhandlungen
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der bevorstehenden Zollvalorisation in Anwendung käme. Der polnische Delegationsleiter Twardowski konnte am 1 3 . Dezember 1 9 2 7 nur erklären: ,,. . . Die Polnische Regierung führt diese Umrechnung durch, sie hat jedoch nicht die Absicht, das in den nächsten Monaten zu tun . . .' < 5 6 Hermes erkannte diese Erklärung nicht als ausreichende Verhandlungsgrundlage an, und als auch auf der Januarsitzung der Delegationen noch keine nähere Aufklärung gegeben wurde, kam es faktisch zur Vertagung auf unbestimmte Frist. Diese Verzögerung der Verhandlungen war keine taktische Maßnahme einer der beiden Delegationen, sondern Ausdruck der Meinungsverschiedenheiten innerhalb der interessierten Kreise Polens. Diejenigen, die die baldige Fortsetzung der Verhandlungen wünschten, mußten für eine schnelle Festlegung des Zollmultiplikators eintreten, denn ohne sie fehlte ja die Verhandlungsgrundlage. Andererseits traten nach nunmehr 2V2 Jahre dauerndem Wirtschaftskrieg einflußreiche Vertreter der polnischen Industrie und auch der Landwirtschaft zunächst hinter den Kulissen, einige Monate später bereits ganz offen gegen einen möglichen Handelsvertrag mit Deutschland auf. Ihnen konnte nur daran gelegen sein, durch Verzögerung der Entscheidung die Fortsetzung der Verhandlungen zu verhindern. Doch selbst für die ersteren bedeutete die Umrechnung der Zölle ein gewisses Risiko. Diese Umrechnung beschwor die Gefahr herauf, daß dritte Staaten, mit denen auf der Basis der bisherigen Zölle Handelsverträge abgeschlossen waren, deren Revision verlangten oder sie gar kündigten, was Polens Verhandlungsstellung gegenüber Deutschland schwieriger gestalten und die deutsche Delegation zu weitergehenden Forderungen ermutigen würde. Twardowski, der, wie uns seine privaten Aufzeichnungen bestätigen, den Fortschritt der Verhandlungen wünschte, ließ durch seinen Mitarbeiter Adamkiewicz auf den Konferenzen beim Vizeminister für Industrie und Handel am 5. Dezember 1 9 2 7 und am 17. Januar 1 9 2 8 vorschlagen, allgemein den Multiplikator 1 anzuwenden. E r notierte später, seine Anwendung „hätte nicht jene Komplikationen hervorgerufen, die später auch im Verhältnis zu Frankreich, Österreich und der Tschechoslowakei entstanden" 5 7 , was zweifellos zutrifft, denn der Multiplikator 1 hätteja eine Lockerung des Zollschutzes bedeutet. Verächtlich nannte er die im Ministerrat geführten zahlreichen Debatten über die Zollvalorisation einen „Krakauer Feilsch-Markt" 5 8 . Hierbei muß man allerdings bedenken, daß die Minister der polnischen Regierung nicht nur, wie das im Kapitalismus nicht anders sein kann, an die Aufträge der hinter ihnen stehenden Kapitalgruppen ihres Landes gebunden waren, sondern daß obendrein die Regierung auf Grund der Bedingungen der Stabilisierungsanleihe gar nicht über die volle Souveränität in Zollfragen verfügte, sondern wenn auch nicht formell, so doch faktisch gezwungen war, auf die „Meinungen" ihres ausländischen Finanzberaters zu hören. 59 56 57 58 59
A A N Warschau, Handakten J . Twardowskis Nr. 60, Anlage 16. A A N Warschau, Handakten J . Twardowskis Nr. 61. „Targ krakowski". Ebenda. Der Anleihedienst war durch die Bruttoeinnahmen aus den Ein- und Ausfuhrzöllen gesichert.
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I V . Verhandeln oder nicht
Alle diese Widersprüche spiegelten sich schließlich in dem Alternativ-Vorschlag wider, den der Industrie- und Handelsminister am 19. Januar 1928 dem Wirtschaftskomitee des Ministerrates übergab. Das Komitee sollte sich für eine der beiden folgenden Lösungen entscheiden: „ 1 . Man soll vorläufig die Umrechnung der Zollsätze nicht verkünden, jedoch Deutschland die Erklärung abgeben, daß wir auf der Grundlage der umgerechneten Sätze /172 zu 100/ verhandeln, wobei wir uns die Möglichkeit vorbehalten, eventuell unabhängig von den Ergebnissen der Verhandlungen auf Grund der der Polnischen Regierung erteilten Ermächtigungen die Zollsätze autonom zu senken. 2. Man soll die Umrechnung der Zollsätze /172 zu 100/ sofort verkünden und in Kraft setzen und gleichzeitig durch Dekret eine Reihe von Sätzen auf das gegenwärtige Niveau senken. Der Entwurf der Umrechnungs-Verordnung sowie der Senkungs-Verordnung muß bis zum 10. Februar 1928 vorbereitet sein, damit sie am 15. Februar 1928 in Kraft gesetzt werden. Die Verhandlungen mit Deutschland werden auf der Grundlage des faktisch festgelegten Zolltarifs stattfinden." 60 Bei der Begründung dieses Antrages räumte Unterstaatssekretär Dolezal selbst ein, daß die erste Version kaum durchführbar sei, und nach einigen Hin und Her kam die zweite Version mit Abänderungen zur Annahme. Drei Tage vor ihrer Verkündigung, am 10. Februar 1928, wurde der Text der Verordnung über die Umrechnung der Zölle in die neue Valuta dem deutschen Delegationsleiter Hermes übersandt. Sie legte drei verschiedene Multiplikatoren fest: Die Zölle für Luxus- und Halbluxuswaren sollten im Verhältnis 100:172, also entsprechend der Abwertung des Zloty umgerechnet werden, für Waren des ersten Bedarfs sollte der Multiplikator 1 und für alle übrigen Waren der Multiplikator 1,3 gelten. Hiermit war der Grund für die im Januar erfolgte Vertagung der Verhandlungen hinfällig, und beide Seiten hätten ihre Debatten über gegenseitige Zollnachlässe aufnehmen können. Doch die erfolgte Verzögerung der Verhandlungen hatte bereits Wasser auf die Mühlen der an der Verbesserung der Handelsbeziehungen nicht interessierten Kreise der deutschen Wirtschaft, deren Repräsentant Hermes war, getrieben. In einem mehrmaligen Briefwechsel forderte Hermes, die Inkraftsetzung der polnischen Verordnung über die Zollmultiplikatoren aufzuschieben, was Twardowski jedesmal ablehnte. Die polnische Regierung hatte ihrem Verhandlungspartner noch einen Ansatzpunkt zur Verzögerung der Verhandlungen gegeben. Am 23. Dezember 1927 hatte der Staatspräsident eine Verordnung über die Staatsgrenzen erlassen. Sie bezweckte einen besseren Schutz der polnischen Grenzzone und lag durchaus im Bereich der souveränen Rechte des polnischen Staates. Im gegebenen Zeitpunkt mußte diese Maßnahme aber störend auf die Handelsverhandlungen wirken, da sie nach Auffassung der deutschen Regierung die als Voraussetzung für die Handelsverhandlungen im Juli 1927 zustande gekommene Einigung über das Niederlassungsrecht in Frage stellte. Zwischen dem deutschen Gesandten Rauscher und dem 60
A A N Warschau, Präsidium des Ministerrates, Wirtschaftskomitee des Ministerrates w. 228.
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polnischen Außenministerium kam es zu zahlreichen Unterredungen über diese Angelegenheit, die sich monatelang hinzogen. Am 29. Februar 1928 hatten Twardowski und Hermes sich zwar geeinigt, daß die im Januar abgereiste deutsche Delegation am 15. März nach Warschau zurückkehren solle, doch kam es auch dann noch nicht zur Wiederaufnahme der Verhandlungen, weil der Streit über die Grenzzonen Verordnung noch andauerte. Erst als am 19. März eine Novelle zu dieser Verordnung erschien und der deutschen Regierung erläutert wurde, schlug Hermes vor, anläßlich des Osterfestes in Wien mit Twardowski unter vier Augen über die Fortsetzung der Verhandlungen zu beraten. Dieses private Gespräch zwischen den Leitern der beiden Delegationen am 12. und 13. April 1928 endete mit der Vereinbarung des sogenannten Wiener Protokolls. Beide einigten sich, die seit einem Vierteljahr unterbrochenen Verhandlungen wieder aufzunehmen. Dabei sollten die Probleme, die sich aus der Grenzzonenverordnung ergaben, von den eigentlichen Handelsfragen abgetrennt werden. Aus beiden Delegationen sollte eine Rechtskommission gebildet werden, die am 20. April zusammentreten und vor allem über Niederlassungsfragen beraten sollte. Auch der Kohlenkommission wurde ein fester Termin (30. April) für die Fortführung der Verhandlungen gesetzt.61 Die Bedeutung des Wiener Protokolls lag darin, daß es die Gefahr des endgültigen Versiegens der Verhandlungen bannte. Aber es war zunächst nur eine private Abmachung, die erst wirksam werden konnte, wenn beide Regierungen sie billigten. Daran aber scheiterte die baldige Wiederaufnahme der Verhandlungen. Monatelang wurden zwischen den beiden Regierungen und zwischen den beiden Delegationsleitern Noten gewechselt, zu sachlichen Unterhandlungen kam es jedoch erst im September, also nach fast dreivierteljähriger Pause. Die privaten Aufzeichnungen Twardowskis vermitteln uns einen kleinen Einblick in die Kämpfe, die innerhalb der herrschenden Klasse Polens geführt wurden und bei denen es um die prinzipielle Frage ging, ob ein Handelsvertrag mit Deutschland überhaupt wünschenswert sei. In einem Brief, den Twardowski vermutlich Ende April 1928 an seine Frau nach Wien schickte, lesen wir: „ . . . Die Tage meiner Abwesenheit hat die hiesige aus Beamten und Wirtschaftspolitikern bestehende vertragsfeindliche Clique, die den Vertrag mit Deutschland teils aus Gründen ihrer mehr russischen Einstellung nicht wünscht, teils nicht haben will, daß sein Zustandebringen mir gelingt, dazu benützt, eine konzentrische Intrige gegen mich zu organisieren . . . In meine Wiener Verabredung mit Hermes hatte man Dinge hineininterpretiert, die gar nicht darin stehen, und ein Kesseltreiben gegen mich veranstaltet. . ," 6 2 Die persönlichen Antipathien können hier ausgeschaltet werden, denn kein Kapitalist wird ihretwegen einen Handelsvertrag bekämpfen, wenn er ihm Profitmöglichkeiten bietet. Wer waren aber die Leute mit einer „mehr russischen Einstellung"? Zweifellos handelte es sich hierbei nicht 61 62
A A N Warschau, Handakten J . Twardowskis Nr. 60, Anlage 28. A A N Warschau, Handakten J . Twardowskis Nr. 72, Heft 1928 (Originaltext)
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um Freunde der Sowjetmacht, sondern um Kapitalisten jener Industriezweige, die vor dem Kriege ihre Waren in Rußland verkauft hatten und auch jetzt an einer Verbesserung der Handelsbeziehungen zur Sowjetunion interessiert waren. Hierbei handelte es sich in erster Linie um Vertreter der Textil- und sonstigen Fertigwaren-Industrie Polens, die ihrerseits sich von einem Handelsvertrag mit Deutschland keine günstigen Exportmöglichkeiten versprechen konnten, sondern im Gegenteil eine Verstärkung der Konkurrenz für ihre Produkte auf dem Binnenmarkt befürchten mußten. Tatsächlich hieß die Frage für Polen aber nicht „Handel mit Deutschland oder mit der Sowjetunion", sondern eine Verbesserung der Beziehungen zur Sowjetunion hätte die Verhandlungsstellung Polens gegenüber Deutschland zweifellos gestärkt, zur relativen Gesundung seiner Wirtschaft beigetragen und es dadurch für Erpressungsversuche der deutschen Imperialisten weniger anfällig gemacht. Wegen der in Warschau angetroffenen Widerstände forderte Twardowski eine Ministerkonferenz, die am 21. April unter Vorsitz des stellvertretenden Ministerpräsidenten Bartel stattfand. Hier stellte Twardowski die Frage: „ .Will die Regierung den Vertrag oder nicht? Ohne Klarheit kann ich nicht weiterverhandeln!' B a r t e l . . . meinte, die Ministerkonferenz könne keine Entscheidung treffen, die Sache müsse vor den vollen Ministerrat. . . Ich sagte darauf: .Schon heute erkläre ich, daß wenn meine Wiener Abmachung nicht genehmigt wird, ich abtrete, weil ich darin ein Mißtrauen sehen müßte.' Bartel: ,Von Mißtrauen kann keine Rede sein.' — Ich war entschlossen, im Ministerrat meine Demission zu geben . . , " 6 3 Dazu kam es jedoch gar nicht erst, denn plötzlich erhielt Twardowski die Zustimmung der Regierung zum Wiener Protokoll, ihm wurde sogar ein hoher Orden verliehen. Den Grund für den plötzlichen Umschwung nennt uns Twardowski nicht, offenbar war er darüber selbst im ungewissen. Doch einen Anhaltspunkt finden wir in seiner Notiz über die Abendgesellschaft in der rumänischen Gesandtschaft, die in jenen Tagen stattfand: ,,. . . Im Konzert war der amerikanische Gesandte Stetson zu mir gekommen und hat mich für Montag solo zum Frühstück gebeten, um mit mir über die Verhandlungen sprechen zu können." 6 4 Was trieb den amerikanischen Gesandten, sich vertraulich über den Stand der Handelsvertragsverhandlungen Polens mit Deutschland informieren zu lassen? Das USA-Finanzkapital war nicht nur daran interessiert, daß die deutsche Industrie, in die in den vergangenen Jahren so viel amerikanisches Kapital eingeflossen war, ihren Export nach Osten erhöhte. Durch die Sanierung der Giesche S. A. und andere Transaktionen sowie als Folge der Stabilisierungsanleihe für den polnischen Staat hatten Harriman und andere amerikanische Konzerne bedeutende Beteiligungen in der polnisch-oberschlesischen Industrie erworben. Dieser aber hätte die Öffnung des deutschen Absatzmarktes hohe Profitmöglichkeiten geboten, sie war am stärksten am Abschluß des Handelsvertrages mit Deutschland interessiert. Es ist also nicht ausgeschlossen, daß der amerikanische Gesandte Stetson direkt 63
Ebenda.
6'>
Ebenda.
6. Delegationsverhandlungen
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oder über den „Finanzberater" der polnischen Regierung, den Amerikaner Charles S. Dewey, bei dieser intervenierte, um gegen den Widerstand immer größerer Kreise der polnischen Bourgeoisie die Wiederaufnahme der Handelsverhandlungen mit Deutschland durchzusetzen. Die erste Zusammenkunft der beiden Delegationen erfolgte allerdings erst am 10. September 1928, also nach fast dreivierteljähriger Pause. Twardowski legte als zusammenhängende Diskussionsgrundlage einen Entwurf der allgemeinen Umrisse des Wirtschaftsabkommens vor. Neben den Punkten, über die schon seit langem Ubereinstimmung bestand65, enthielt dieser Entwurf auch die möglichen Zugeständnisse und die Forderungen der polnischen Seite. Die deutschen Forderungen aufgreifend, wurde vorgeschlagen: „Beiderseitige Zolltarif arische Verständigung unter Anwendung der Meistbegünstigungsklausel, wobei polnischerseits betont wird, daß der praktische Wert dieser Klausel gegenwärtig für die deutsche Seite größer ist als für die polnische, was bei der allgemeinen Zusammenstellung der beiderseitigen Konzessionen zu berücksichtigen sein wird." Da unter den bestehenden Umständen die Meistbegünstigung allein noch nicht für die wichtigsten polnischen Ausfuhrprodukte den Weg nach Deutschland ebnete, sagte der polnische Entwurf weiter: „ . . . Mit Berufung auf die Grundsätze der Genfer Konvention betr. die Aufhebung der Ein- und Ausfuhrverbote besteht polnischerseits die Bereitschaft, den Warenverkehr mit dem Deutschen Reich auf die Beobachtung der Freiheit des Warenaustausches zu stützen." Für den Fall, daß die deutsche Regierung weiterhin auf dem Einfuhrverbot für Kohle und den Veterinären Beschränkungen bestehen wolle, forderte der polnische Entwurf die quantitativ unbegrenzte Zulassung von frischem und zubereitetem Schweine-, Rind- und Schaffleisch sowie Einfuhrkontingente für 50000 Stück Hornvieh jährlich, 600000 Schweine jährlich, 500000 t Kohle monatlich und ein Ausfuhrkontingent für 300000 t Schrott.66 Diese Mengen entsprachen etwa den Kontingenten bzw. den tatsächlich erfolgten Lieferungen vor Beginn des Wirtschaftskrieges. Dieses Projekt enthielt in der Tat ein weitgehendes Entgegenkommen der polnischen Seite, denn die Gewährung der Meistbegünstigung beschwor für Teile der polnischen Industrie die Gefahr schärfster deutscher Konkurrenz herauf. Indem der polnische Entwurf vorschlug, die Reglementierung aufzugeben, wies er einen Ausweg aus der Sackgasse, in die die bisherigen Verhandlungen um Kontingente geführt hatten. Ehe aber die deutsche Regierung diesen bemerkenswerten Vorschlag prüfte, ließ sie ihren Gesandten in Warschau, Rauscher, am 18. September beim Direktor des Politischen Departements im polnischen Außenministerium, Jackowski, intervenieren. Rauscher erklärte den polnischen Vorschlag von vornherein für- unannehmbar, obwohl er, wie der Gesandte sagte, noch gar nicht von 65
66
Beendigung des Wirtschaftskrieges durch Aufhebung der beiderseitigen K a m p f verordnungen, Amnestie für Verstöße gegen diese Verordnungen, Regelung des Niederlassungsrechts. A A N Warschau, Handakten J . Twardowskis Nr. 60, Anlage 38.
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den deutschen Stellen geprüft worden war. Offensichtlich wollte man den Entwurf nicht offen ablehnen und damit vor aller Welt die Verantwortung für das Scheitern der Verhandlungen auf sich laden, sondern ihn auf andere Weise zu Fall bringen. Deshalb tat Rauscher so, als ob er ganz persönlich der polnischen Regierung einen guten Rat gäbe. Seiner Meinung nach hätte Twardowski einen taktischen Fehler begangen, indem er seinen Entwurf Hermes überreicht habe. Dieser Fehler wäre um so größer, als Twardowski den Vorschlag nicht als seine persönliche Anregung, sondern als Meinungsäußerung der polnischen Regierung bezeichnet habe. Das war eine hinterhältige Methode, mit der Rauscher offenbar versuchte, die (der deutschen Regierung gewiß nicht verborgen gebliebenen) Auseinandersetzungen innerhalb der herrschenden Kreise Polens im Zusammenhang mit dem Wiener Protokoll, in denen auch leitende Beamte des polnischen Außenministeriums gegen Twardowski aufgetreten waren, erneut zu entfachen. Das hätte, nachdem die Verhandlungen nach langer Unterbrechung gerade wieder aufgenommen worden waren, zu neuer Verzögerung geführt und der Propaganda der deutschen Revanchisten willkommenen Anlaß geboten, der Weltöffentlichkeit einzureden, daß man mit Polen nicht verhandeln könne. Mit seiner Denunziation Twardowskis traf Rauscher jedoch bei Jackowski auf energischen Widerstand. Dieser erwiderte nämlich, daß der polnische Bevollmächtigte in so wichtigen Fragen selbstverständlich nicht auf eigene Faust, sondern im Einvernehmen mit der Regierung handele. Auf Rauschers Vorwurf, die polnische Delegation erschwere die Verständigung, antwortete er scharf, „daß die uns vor ein paar Tagen von der deutschen Delegation vorgelegten Forderungen auf dem Gebiete der Zollsenkungen so phantastisch und so sehr bar wirklichen Verständnisses sind, daß das für unsere ohnehin nicht allzu leichten Verhandlungen unnötigen Ballast schafft". 67 In der anschließenden sachlichen Erörterung der beiderseitigen Forderungen erläuterte Rauscher die umfangreiche deutsche Zollwunschliste. Sie sei nur die Zusammenstellung aller Wünsche der einzelnen deutschen Industriezweige. Von diesem Maximum würde die deutsche Delegation im Laufe der Verhandlungen in verschiedenen Punkten Abstriche vornehmen. Mit dieser Auskunft gab sich Jackowski nicht zufrieden, denn die Forderung von 450 Zollsenkungen sei selbst für ein Maximum nicht real. Andererseits könne er die Behauptung Rauschers, daß die polnische Forderung nach freiem Absatz von Fleisch und Zulassung von 600000 lebenden Schweinen für Deutschland a priori eine Situation non possumus schaffe, nicht verstehen, denn bei seinen Besprechungen mit Stresemann im November 1927 sei ihm für das damals vorgesehene kleine provisorische Abkommen bereits ein Kontingent von 200000 Schweinen zugestanden und für einen großen Vertrag die Möglichkeit einer bedeutenden Erhöhung dieser Ziffer angedeutet worden. Angesichts der Erklärung Rauschers, daß solche Forderung eine Situation non possumus schüfe, fragte Jackowski, was die deutsche Regierung denn überhaupt als Gegenleistung für polnische Zollsenkungen bieten wolle, und 67
A A N Warschau, Handakten J . Twardowskis Nr. 53, Aufzeichnung Jackowskis über sein Gespräch mit Rauscher am 18. 9. 28.
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erhielt darauf zu hören, „daß doch nicht jeder Handelsvertrag, den Polen abschließt, für uns68 aktiv vom Gesichtspunkt der Handelsbilanz sein muß, daß doch unser69 Vertrag mit den Vereinigten Staaten auch eine ungünstige Handelsbilanz bewirkt, daß wir durch den Abschluß eines Handelsvertrages mit dem Reich Vorteile auf einem anderen Gebiete erhalten, z. B. die Vermittlung deutscher Banken bei der Erlangung ausländischer Anleihen etc." 70 Eine geradezu klassische Antwort des diplomatischen Vertreters des von den Versailler Handelsfesseln gelösten, vom amerikanischen und englischen Kapital wieder aufgepäppelten deutschen Imperialismus. Das verschlug Jackowski anscheinend die Sprache, denn in seiner Aufzeichnung fügte er dieser Antwort nur noch resümierend hinzu: „Alle diese Ausführungen des Herrn Rauscher bestätigten den Eindruck, den vor einigen Tagen der Herr Außenminister aus seinem Gespräch mit dem Reichskanzler in Genf gewann, daß das neue deutsche Kabinett, wenn es um die Politik gegenüber Polen geht, die vom vorherigen Rechts-Kabinett festgelegten Richtlinien absolut nicht geändert hat." 7 1 Jawohl, die neue, vom sozialdemokratischen Reichskanzler Müller geführte Reichsregierung ließ Polen durch den sozialdemokratischen Gesandten Rauscher mitteilen, daß es gefälligst nicht Handelsgleichheit verlangen solle, sondern Schuldner des großen Nachbarn und abhängig von der Gnade des deutschen Kapitals zu sein habe. Einige Tage nach diesem Auftritt Rauschers bei Jackowski teilte Hermes am 24. September dem polnischen Verhandlungsführer Twardowski in einer Note kurz und bündig mit, „daß die Deutsche Delegation es im gegenwärtigen Verhandlungsstadium nicht für angezeigt erachtet, den von Euer Exzellenz mir übermittelten Vorschlag der Polnischen Regierung betr. die allgemeinen Umrisse des vorgesehenen künftigen Wirtschaftsabkommens zum Gegenstand einer Aussprache zu machen." 72 Die feste Haltung, auf die Rauscher im polnischen Außenministerium (Jackowski) gestoßen war, hatte jedoch ihre Wirkung auf die herrschenden Kreise Deutschlands nicht verfehlt. Am 14. Oktober erteilte Hermes nämlich der polnischen Delegation eine ausführliche Antwort auf deren Vorschlag vom 15. September. Voller Heuchelei erklärte er, daß die deutsche Delegation den polnischen Vorschlag, den Warenverkehr zwischen beiden Ländern auf die Freiheit des Warenaustausches zu stützen, begrüße, da Deutschland schon lange nach diesem Prinzip handele. Die von der Genfer Wirtschaftskonferenz proklamierte Handelsfreiheit sei jedoch „nicht dahin aufzufassen, daß die beteiligten Länder gegenseitig einen es Polen. 69 Polens. 'O Ebenda. 71 Ebenda. 72 Ebenda, Note Hermes an Twardowski vom 24. 9. 28. — Diese Antwort war am 20. 9. 28 im Handelspolitischen Ausschuß der Reichsregierung festgelegt worden. D Z A Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 6 3 8 1 5 , Bl. 97. 10
Puchert, Wirtschaftskrieg
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IV. Verhandeln oder nicht
Anspruch auf unbeschränkte Einfuhr für jede Handelsware besitzen. Ziel der Konferenz war vielmehr nur die Beseitigung der Ein- und Ausfuhrbeschränkungen wirtschaftlichen Charakters. Dagegen hat die Konferenz ausdrücklich anerkannt, daß solche Ein- und Ausfuhrbeschränkungen nicht als Handelshemmnisse im Sinne des Abkommens anzusehen sind, die nicht wirtschaftliche Absichten verfolgen, sondern den Schutz gewisser für alle Länder lebenswichtiger Interessen bezwecken. Unter diese Gruppen fallen vornehmlich gesundheits-, Veterinär- und sicherheitspolizeiliche Beschränkungen . . . " 7 3 Das sollte die Begründung für die Ablehnung der Einfuhr von lebenden Tieren und frischem Fleisch in den freien Verkehr sein. Tatsächlich hatte aber die Genfer Konferenz nicht die generelle Fernhaltung dieser Waren, sondern nur zeitweilige Sperren bei konkreter Gefahr der Seuchenübertragung gestattet. Für die Ablehnung des anderen wichtigen polnischen Ausfuhrartikels, der Kohle, fand Hermes auch eine Begründung: „ . . . Deutschland hat von Anfang an die Forderung vertreten, daß sie (die rein wirtschaftlichen Ein- und Ausfuhrbeschränkungen. — B. P.) ausnahmslos abgeschafft werden sollten . . . Entsprechend der Haltung anderer Länder, die gewisse, für die deutsche Wirtschaft besonders wichtige Waren auch weiterhin einem Einfuhrverbot unterwerfen wollen, sah sich Deutschland veranlaßt, für einige Artikel entsprechende Vorbehalte anzumelden . . , " 7 4 Formal hatte Hermes hier recht, denn die Genfer Konferenz hatte die Beibehaltung des deutschen Kohleeinfuhrverbots gestattet. Sachlich war diese Begründung gegenüber Polen unberechtigt, da Polen deutsche Waren nicht benachteiligte (wenn man von den Kampfmaßnahmen des Wirtschaftskrieges absieht, deren beiderseitige Aufhebung beim Vertragsabschluß ja bereits vereinbart war) und die deutsche Regierung für Kohle aus England Einfuhrbewilligungen ausstellte. Der deutsch-polnische Handelsvertrag sollte also auf dem Grundsatz des freien Warenverkehrs beruhen. Dieser Grundsatz sollte aber gerade auf die wichtigsten und entscheidenden polnischen Exportartikel keine Anwendung finden. Das wäre allerdings ein ganz einseitiger, für die polnische Seite wertloser Vertrag gewesen. Daher bat Twardowski am 16. Oktober Hermes um Uberprüfung seines Standpunktes und erklärte die Kommissionsarbeiten für den Augenblick für gegenstandslos, worauf Hermes die deutschen Mitglieder der Zolltarifkommission nach Berlin zurückberief. Die Verhandlungen waren damit erneut auf unbestimmte Zeit unterbrochen. Die erneute Unterbrechung der deutsch-polnischen Handelsverhandlungen übte auf die polnische Öffentlichkeit keineswegs einen deprimierenden Eindruck aus, der etwa die Bereitschaft zur Unterwerfung unter die Forderungen der deutschen Imperialisten hätte anspornen können. Das Interesse an diesen Verhandlungen hatte schon seit einiger Zeit nachgelassen. Werfen wir einen kurzen Blick auf die 73
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A A N Warschau, Handakten J . Twardowskis Nr. 53, Hermes Twardowski. Ebenda.
14. 10. 28 an
6. Delegationsverhandlungen
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polnische Presse jener Wochen: Bereits anläßlich der Wiederaufnahme der Verhandlungen hatte der „Ilustrowany Kurjer Codzienny" am 1 2 . September 1 9 2 8 die Meinung geäußert, daß der wirtschaftliche Wert eines Handelsvertrages mit Deutschland zu diesem Zeitpunkt für Polen kleiner als je zuvor sei. Die „Polonia", die die Ansichten eines Teils der polnischen Industriellen Oberschlesiens zum Ausdruck brachte, fügte am 23. September der gleichen Meinung nur noch hinzu, die wichtigsten polnischen Exportzweige seien „trotzdem nicht uninteressiert". Allgemein empfahl die Presse Vorsicht, denn ein Handelsvertrag werde hauptsächlich der deutschen Industrie zugute kommen. Der „Kurjer Poznanski" vom 8. Oktober schlug sogar vor, man solle erst eine „Probezeit" anstreben, ehe man ein schwer kündbares langfristiges Abkommen schließe. Ein Provisorium würde zeigen, welche Folgen die vertragliche Regelung auf die polnische Industrie haben würde. U n d der „ C z a s " vom 22. Oktober sagte ganz offen: „ . . . Wenn die Folge dieses Vertrages die Niederringung unserer Industrie wäre und wenn dies gar unter Beibehaltung der landwirtschaftlichen und montanindustriellen Einschränkungen geschähe, dann wäre es polnischerseits ein Unsinn, einen solchen Vertrag zu unterzeichnen. Auch uns erscheint dann ein Zollkrieg, bei welchem wir, wie es scheint, doch einigermaßen leben und uns entwickeln können, als vorteilhafter . . . " Die Wirtschaftskreise, die während der Auseinandersetzungen über das Wiener Protokoll nicht zum Zuge gekommen waren, gewannen jetzt immer stärkeren Einfluß. Zeigte sich das schon darin, daß die ganze bürgerliche polnische Presse ziemlich einmütig zur Vorsicht bei den Verhandlungen riet, so kam die Meinung der entscheidenden Faktoren des polnischen Kapitals noch eindeutiger in einigen internen Äußerungen zum Ausdruck. Bereits am 9. Oktober 1928, also zu einem Zeitpunkt, an dem der polnische Entwurf für die Umrisse des Wirtschaftsabkommens noch nicht endgültig von Hermes abgelehnt worden war, rief der Präsident der Warschauer Handelskammer, Czeslaw Klarner, in einer Sitzung des Lewiatan 7 5 dazu auf, den polnischen Verhandlungsführer Twardowski T a g und Nacht mit Denkschriften zu überschütten und ihm keine Minute Ruhe zu geben. 76 Die endgültige Ablehnung des polnischen Vorschlages und die dadurch herbeigeführte erneute Unterbrechung der Verhandlungen bewirkte, daß die führenden Leute der polnischen Wirtschaft nahezu geschlossen gegen einen Vertrag mit Deutschland auftraten. Das wurde am 1 . November bei einem Tee beim Ministerpräsidenten Bartel offenbar, als sich außer Klarner auch der Hauptdirektor des Zentralverbandes, Wierzbicki, der Metallindustrielle Okolski und andere gegen den Vertragsabschluß aussprachen und nur der Generaldirektor des oberschlesischen Kohlenhandelskonzerns „ R o b u r " , Falter, trotz Wierzbickis Versuch ihn umzustimmen, für einen Vertrag eintrat. 77 Bei einem Essen bei Andrzej Rotwand am 28. November 1928, an dem auch Außenminister Zaleski und der Bevoll-
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Kurzbezeichnung für den Zentralverband der Polnischen Industrie, des Bergbaus, des Handels und der Finanzen. A A N Warschau, Handakten J . Twardowskis Nr. 61. Nach Notizen Twardowskis, ebenda.
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IV. Verhandeln oder nicht
mächtigte Twardowski teilnahmen, schlössen sich den Vertragsgegnern auch der Direktor der Kohlenkonvention von D^browa, Olszewski, und der Direktor des Vereins der chemischen Industrie, Trepka, an. Wie breit ihre Front schon geworden war, zeigte vor allem die Äußerung eines führenden Vertreters des Agrarkapitals, das doch neben den Montanindustriellen eigentlich Nutznießer des Vertrages werden sollte. Der Direktor des Warschauer Landwirtschaftlichen Syndikats, Zygmunt Chrzanowski, sprach nämlich vom „désintéressement der Landwirtschaft am Handelsvertrag mit Deutschland, wenn dieser Vertrag mit Opfern für die Industrie verbunden sein sollte." 7 8 Gewiß wird man diese Äußerung nicht in jedem Wort als Ergebnis sachlicher Überlegung werten können, denn Handelsverträge zwischen kapitalistischen Staaten mit konkurrierenden Produktionszweigen beruhen immer auf Kompromissen, also auf gewissen Opfern auf Teilgebieten. Wollte man jeden Kompromiß vermeiden, so hätten die deutsch-polnischen Vertrags Verhandlungen gai nicht erst begonnen werden dürfen. Berücksichtigt man also die erhitzte Atmosphäre, in der diese Worte fielen, so bleibt als wichtiger neuer Faktor in der Haltung der polnischen Wirtschaft das stark geminderte Interesse des Agrarkapitals am Zustandekommen eines Handelsvertrages mit Deutschland. A m gleichen 28. November 1 9 2 8 hielt der Vizepräsident der Bank Polski, Feliks Mlynarski, in einer geschlossenen Versammlung des Towarzystwo Badania Zagadnien miçdzynarodowych 79 einen Vortrag über die Auswirkungen eines Handelsvertrages mit Deutschland auf den polnischen Geldmarkt. Hierbei dämpfte er die von manchen polnischen Wirtschaftlern gehegte und von der deutschen Propaganda genährte Hoffnung, daß der Abschluß des Vertrages mit Deutschland den Zufluß ausländischer Kapitalien zur Belebung der polnischen Wirtschaft zur Folge haben würde. Die Aktivität gegen den Vertrag beschränkte sich nicht auf den Kreis der führenden Leute der polnischen Wirtschaft. In der Öffentlichkeit wurde vom 28. Oktober bis 4. November 1928 eine „Woche der Selbstgenügsamkeit" veranstaltet. Ihr demonstrativer Abschluß, die „Guillotine des Imports" auf dem Plac Saski im Zentrum Warschaus fand allerdings ein ungewolltes Nachspiel in den Protesten der diplomatischen Vertreter Frankreichs, Englands und Österreichs. Die Erwägungen, von denen sich die führenden polnischen Kapitalisten jetzt leiten ließen, legte Wierzbicki am 4. Dezember 1928 in einer längeren Aufzeichnung dar, die e r unter der Uberschrift „Polens Gewinne im Ergebnis des Zollkrieges mit Deutschland" an den Leiter der Westabteilung des Außenministeriums, Lipski, sandte.?0 Diese Gewinne sah Wierzbicki darin, daß drei Aufgaben, die sowieso vor dem jungen polnischen Staat gestanden hatten, unter dem Druck des Wirtschaftskrieges beschleunigt gelöst werden mußten und auch gelöst wurden: die innige Vereinigung Oberschlesiens mit der Republik, der Ausbau der pol78 79 80
Ebenda. Gesellschaft zur Erforschung internationaler Probleme. A M S Z Warschau, Westabteilung P II des Außenministeriums w. 25, t. 2.
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6. Delegationsverhandlungen
nischen Häfen, die Schaffung neuer bzw. Entwicklung bestehender Industriezweige. Betrachten wir diese drei Prozesse etwas näher. Wierzbicki erklärte rundweg: „Der Zollkrieg bewies, daß Deutschland Oberschlesien wirtschaftlieh nicht braucht und daß Oberschlesien Deutschland wirtschaftlich nicht braucht." Tatsächlich war die Produktion Oberschlesiens trotz des gewaltigen Rückgangs seines Exports nach Deutschland erheblich gestiegen, und diese erhöhte Produktion hatte ihren Markt hauptsächlich in den anderen Landesteilen Polens gefunden. Durch den Versailler Vertrag hatte die Republik Polen nur formal den Zugang zum Meer erhalten. Es besaß jetzt zwar 140 km Küste, aber keinen Hafen. Die einzige an diesem Abschnitt vorhandene Hafenstadt, Danzig, wurde zur Freien Stadt erklärt, in der Polen lediglich gewisse Privilegien genoß. Vor dem jungen polnischen Staat stand also die Aufgabe, diese Privilegien so weit wie möglich auszunutzen und sich einen eigenen Hafen zu errichten, was allerdings wegen der enormen Kosten wohl überlegt sein wollte, wobei die Entscheidung wesentlich von der tatsächlichen Entwicklung des seewärtigen Handelsverkehrs abhängig gemacht werden mußte. Die Sperre der deutschen Grenze drängte nun zur Erweiterung der Handelsbeziehungen mit anderen ausländischen Märkten und damit zum Ausbau des Danziger Hafens und zum beschleunigten Aufbau Gdynias. Gegenüber dem Jahre 1912 stieg die Zahl der aus dem Danziger Hafen auslaufenden Schiffe im Jahre 1924 auf 112 Prozent, im Jahre 1927 aber auf 234 Prozent, die Tonnage der verladenen Güter auf 125 Prozent im Jahre 1924 und auf 266 Prozent im Jahre 1927. Noch eindeutiger zeigte sich diese Entwicklung in Gdynia: Be- und entladene Güter im Hafen von Gdynia
Jahr
1000 t
Index
1924 1925 1926 1927
9 51 414 886
100 533 4260 9170
Zum Beweis seiner dritten These wies Wierzbicki auf die während des Wirtschaftskrieges besonders starke Entwicklung der elektrotechnischen, Gummi-, chemischen, Metall- und Strickwaren-Industrie Polens hin. Da die polnischen Kapitalisten auf Grund ihrer Erfahrungen mit dem Wirtschaftskrieg und den endlosen Verhandlungen immer deutlicher ihr schwindendes Interesse bekundeten, zugleich aber die Angst der deutschen Industrie vor dem Verlust des polnischen Marktes zunahm, sah sich der deutsche Bevollmächtigte Hermes genötigt, am 4. Dezember 1928 die Fortsetzung der Verhandlungen anzuregen. Er offerierte jetzt zwar ein Kohlenkontingent von 275000 t und erklärte sich bereit, bei entsprechenden Gegenleistungen dieses bis 3500001 zu erhöhen, aber sein Angebot für polnisches Vieh, das er zudem als äußerstes
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IV. Verhandeln oder nicht
Zugeständnis bezeichnete, war weit von den polnischen Wünschen entfernt. Als Gegenleistung forderte Hermes u. a., daß Polen noch vor der Aufnahme der Kommissionsverhandlungen zusage, die deutschen Wünsche hinsichtlich der Höhe der Einfuhrkontingente zu erfüllen sowie den deutschen Zollwünschen für Leder und Lederwaren, Chemikalien, Eisen und Stahl, Eisenwaren, Maschinen und elektrotechnische Erzeugnisse, Textilwaren und Spielwaren „weitestgehend Rechnung zu tragen." 8 1 Angesichts der durch diese Vorbedingungen geschaffenen Atmosphäre ist es nicht verwunderlich, daß die Sitzungen der beiden Delegationen im Dezember 1928 und Januar 1929 erfolglos verliefen. Mit dem vom Großgrundbesitz und seinen Vertretern in den Regierungsstellen provozierten und von seinem Vertrauensmann, dem Delegationsleiter Hermes, vollzogenen faktischen Wiederabbruch der Verhandlungen gaben sich die am Handel mit Polen interessierten Kreise des deutschen Kapitals nicht zufrieden. Die Auseinandersetzungen innerhalb der herrschenden Klasse Deutschlands näherten sich dem Höhepunkt. Zur gleichen Zeit, da die beiden Delegationen auseinandergingen, entfaltete das Auswärtige A m t eine rege Tätigkeit zur Entschärfung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern. A m 19. Januar 1929 wurde auf diplomatischem Wege ein neues Holzabkommen abgeschlossen. Auch diesmal ging die Bedeutung dieser Vereinbarung weit über den engen Rahmen einer Regelung des Holzhandels hinaus. 82 Die deutsche Industrie erhielt wieder, wie schon im Zusammenhang mit dem Abschluß des ersten Holzprovisoriums, einige Kontingente für die Einfuhr von Kraftwagen, Fahrrädern, Uhren und Uhrenteilen, technischen Gläsern u. a. nach Polen. Noch wichtiger war aber der anläßlich des Abkommens vollzogene Notenaustausch zwischen dem polnischen Außenminister Zaleski und dem deutschen Gesandten Rauscher. Darin erklärte jede Seite, „ d a ß sie für ihren Teil — unter der Bedingung der Gegenseitigkeit — während der Geltungsdauer des genannten Holzabkommens sowie während der Dauer der Besprechungen über den Abschluß eines Handelsvertrages die bestehenden Prohibitivmaßnahmen in bezug auf den Warenaustausch zwischen Deutschland und Polen nicht vermehren wird . . ." 8 3 Unabhängig vom Fortgang der Delegationsverhandlungen sicherten sich also beide Seiten zu, daß der Wirtschaftskrieg nicht verschärft werden sollte. Das war zwar kein Waffenstillstand oder gar eine Abrüstung, sondern nur eine Rüstungsbegrenzung auf den status quo. Dieser status quo sollte aber beibehalten werden, solange die Vertragsverhandlungen, die j a faktisch ruhten, nicht vollends abgebrochen waren. Ein formeller Abbruch der Verhandlungen war aber im ganzen Verlauf des Wirtschaftskrieges nur einmal, im Februar 1927, erfolgt und auf scharfe Proteste seitens der an der Ablenkung des deutschen Exports nach Osten interessierten Westmächte gestoßen. Auf eine Wiederholung dieser Erfahrung würde es keine der beiden Regierungen jetzt ankommen lassen.
A A N Warschau, Handakten J. Twardowskis Nr. 60, Anlagen 49, 50, 52, 53 und 54. 82 Vgl. Kap. IV, 5. 8 3 D Z A Potsdam, Reichstag Nr. 1521, Bl. 106—110. 81
6. Delegationsverhandlungen
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Das Stillhalteabkommen war ein Erfolg des deutschen Industriekapitals, das sich damit die Möglichkeit offenhielt, selbst bei weiterer Verzögerung des Handelsvertrages den trotz der bisherigen Kampfmaßnahmen nicht unerheblichen Absatz vieler seiner Waren nach Polen beizubehalten. Das unter maßgeblichem Einfluß der Großindustrie stehende Auswärtige A m t unternahm nun weitere Schritte, um, wieder unter Ausschaltung des Delegationsleiters Hermes, des Beauftragten des Agrarkapitals, auf dem Wege zum Handelsvertrag voranzukommen. Jetzt bediente es sich nicht einmal seiner Diplomaten, deren Berichte ja auch Vertretern des Agrarkapitals in der Regierung zugänglich gemacht werden mußten. Der jetzt beschrittene Weg schloß aus, daß die Vertragsgegner eingreifen konnten, ehe gewisse Fortschritte erzielt waren. Nach genauester Absprache mit den leitenden Beamten des Auswärtigen Amtes reiste der deutsche Chemieprofessor Nikodem Caro in kurzen Abständen dreimal nach Polen zu seinem Bekannten, dem Chemieprofessor Moscicki, Staatspräsident der Republik Polen, um mit diesem und den zuständigen Ministern zu verhandeln. E r brachte aus Warschau drei Alternativ-Vorschläge der polnischen Regierung mit, die sich voneinander in der Höhe der polnischen Kontingentforderungen und -angebote unterschieden.84 Daraufhin fuhr der für die gesamte Wirtschaftspolitik im Auswärtigen Amte verantwortliche Ministerialdirektor Ritter nach Warschau und verhandelte inoffiziell 85 vom 23. bis 26. März 1929 mit dem Industrie- und Handelsminister Kwiatkowski auf der Grundlage des mittleren Vorschlages. Wenn auch in verschiedenen Fragen keine Übereinstimmung der Standpunkte erreicht wurde, so ergab sich doch in anderen eine Annäherung, so in der Frage der Kontingente für polnische Schweine, Kohle und andere Produkte der oberschlesischen Industrie, in der Frage der gegenseitigen Zollermäßigungen, der Begünstigung des deutschen Zwischenhandels und der Zulassung deutscher Schiffahrtsgesellschaften zur Beförderung von Auswanderern. 86 Ritters Versuch, die Verhandlungen voranzutreiben, stieß in Berlin auf starken Widerstand. Ihm wurde vorgeworfen, er sei „zu entgegenkommend" gewesen. 87 Diese Meinungsverschiedenheiten über die Haltung zum Handel mit Polen sowie die einsetzende Politik der Erhöhung der Agrarzölle, die die polnische Regierung als neue Kampfmaßnahme auffaßte 88 , verhinderten monatelang die Wiederaufnahme der Verhandlungen. Nach nunmehr vier Jahren Wirtschaftskrieg bestand noch immer keine Aussicht auf einen Handelsvertrag. H
'* D Z A Potsdam, Büro des Reichspräsidenten Nr. 722, Bl. 214—235, Caro 26. 2. 29 an Staatssekretär Meißner. 85 Das von polnischer Seite angefertigte Protokoll unterzeichnete Ritter nicht, weil er keine Vollmacht dazu besaß. E r erkannte es aber als richtig an, indem er es zur Grundlage der Beratung innerhalb des Auswärtigen Amtes machte. 86 A A N Warschau, Handakten J . Twardowskis Nr. 60, Anlage 58. 87 Ebenda, Anlage 59, Ritter, Berlin 4. 4. 29, an den polnischen Minister für Industrie und Handel, Kwiatkowski. 88 Ebenda, Anlage 72.
KAPITEL V
Kurs auf Verständigung mit Polen
i. Beweggründe für den neuen Kurs Auf der Vollversammlung des Völkerbundes in Genf im September 1929 trafen sich die Außenminister Polens und Deutschlands, Zaleski und Stresemann. Dabei wurde vereinbart, die Delegationsverhandlungen ohne weiteren Verzug wieder aufzunehmen. Die Reichsregierung beauftragte ihre Delegation, statt wie bisher dilatorisch, jetzt mit dem Ziel des baldigen Abschlusses eines Handelsvertrages zu verhandeln. Angesichts dieser Instruktion erklärte Hermes seinen Rücktritt. In seinem Rücktrittsgesuch vom 25. September 1929 an den Reichskanzler beklagte Hermes sich darüber, daß die Reichsregierung seinem Verlangen, die Wiederanknüpfung von Verhandlungen mit Polen ihm zu übertragen, nicht stattgegeben, sondern den diplomatischen Weg über die Gesandtschaft in Warschau benutzt habe. 1 Mit Recht sah er hierin nicht nur eine Formfrage, sondern den Ausdruck einer Umorientierung in der Haltung zum Handelsvertrag mit Polen. Hermes, der Vertreter des vertragsfeindlichen Großgrundbesitzes und Führer der „Grünen Front", war der bestgeeignete Delegationsleiter, solange es galt, die Verhandlungen endlos zu verzögern. Zur Durchsetzung der neuen Linie brauchte man jedoch einen wendigen Unterhändler, der nicht an vertragsfeindliche Kreise gebunden war. Was bewog die Reichsregierung, sich jetzt zur vertraglichen Regelung des deutschpolnischen Handels positiv einzustellen? Nach den noch gedämpften Auseinandersetzungen zwischen industriellen Kapitalisten und Großgrundbesitzern im Jahre 1927 war insbesondere der Verein Deutscher Maschinenbau-Anstalten gegen Ende des Jahres 1928 in einer streng vertraulichen Denkschrift seines Direktors Karl Lange 2 schon energischer gegen die Sabotage der Verhandlungen durch das Agrarkapital aufgetreten. 3 Angesichts der beginnenden Weltwirtschaftskrise fiel im Herbst 1929 jede Zurückhaltung, 1 2
3
D Z A Potsdam, Büro des Reichspräsidenten Nr. 723, Bl. 153—157. Der deutsch-polnische Handelsvertrag und die Lage der deutschen Landwirtschaft. Als Handschrift gedruckt. Streng vertraulich. — U. a. in: D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 63815. ,,. . . Es ist nicht richtig, daß die polnische Agrarausfuhr eine .ungeheure Gefahr' für die deutsche Landwirtschaft darstellt. . ." (S. 3). Mit detaillierten Berechnungen widersprach Lange allen vom Agrarkapital vorgetragenen Argumenten gegen den Handelsvertrag mit Polen. Er bezifferte die „Zollkriegsverluste der deutschen Maschinen-Ausfuhr nach Polen" von Mitte 1925 bis Mitte 1928 auf 76,5 Millionen R M (Anlagen, Bild 2).
2. Die Verhandlungen 1929/1930
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und jetzt setzte sich das Präsidium des Reichsverbandes der Deutschen Industrie mit allem Nachdruck für den Abschluß des Vertrages mit Polen ein. Dagegen blieb sowohl der Rücktritt Hermes vom Posten des Delegationsleiters als auch der fünf Wochen später vollzogene Rücktritt des Königsberger Generallandschaftsdirektors v. Hippel vom Posten des landwirtschaftlichen Generalsachverständigen der Delegation ohne den vom Großgrundbesitz gewünschten Effekt. In dem verstärkten Druck der Industrie lag ein Grund für die neue, positive Einstellung des Reichskabinetts zum Handelsvertrag. Ein weiterer entscheidender Anstoß ging vom internationalen Finanzkapital aus. Im Zusammenhang mit den Verhandlungen über den Young-Plan forderten die Reparationsgläubiger die Regelung der strittigen gegenseitigen finanziellen Forderungen Deutschlands und Polens. Die deutsche Regierung sollte in dieser Frage und in der Frage des Handelsvertrages Polen entgegenkommen und dafür von Polen gewisse Zusicherungen in der Frage der Agrarreform im ehemaligen PosenWestpreußen erhalten. Stresemann beschwor seine Ministerkollegen, hierauf einzugehen, weil „die Deutsche Regierung in eine sehr prekäre Situation käme, wenn die Streitpunkte aus dem ersten Verhandlungskomplex (Liquidation und Finanzforderungen — B. P.) isoliert auf der zweiten Regierungskonferenz im Haag zum Austrag kämen. Die Deutsche Regierung stünde dann voraussichtlich vor der Frage, ob sie den polnischen Standpunkt anerkennen oder die glatte Annahme des Young-Planes durch alle beteiligten Regierungen in Frage stellen will." 4 Beide angeführten Gründe bewirkten, daß vom Oktober 1929 ab ernsthaft und zielstrebig verhandelt wurde, wobei mit der Führung aller bisher formell voneinander getrennten Verhandlungen von deutscher Seite der Gesandte in Warschau, Rauscher, beauftragt wurde. ,M 2. Die Verhandlungen vom Oktober 1929 bis März 1930 Rauscher unterbreitete der polnischen Delegation den Vorschlag, den „großen Handelsvertrag" zurückzustellen und einen „kleinen Vertrag" mit Zolltarifarischer Meistbegünstigung, also ohne Konventions-Zollsenkungen5, und ohne Kontingente für Produkte der Viehzucht abzuschließen. Dieser Vorschlag war von dem Wunsche diktiert, durch Ausschaltung der bisherigen Streitfragen schnell zur Beendigung des vertragslosen Zustandes und des Wirtschaftskrieges zu gelangen. Doch bei den Streitfragen handelte es sich natürlich nicht um die nebensächlichsten Dinge, sondern, wie im Falle des polnischen Schweinefleischexports, 4
5
D Z A Potsdam, Büro des Reichspräsidenten Nr. 723, Bl. 160—164, Reichsaußenminister Stresemann, Berlin 2. 10. 29, an den Staatssekretär der Reichskanzlei betr. die Besprechung der Reparationsminister in Paris. Angesichts der im Juli erfolgten Erhöhung der deutschen Agrarzölle waren die Aussichten einer Einigung in Zollfragen jetzt noch geringer als vorher.
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V. Kurs auf Verständigung
um Probleme, ohne deren Lösung der Handelsvertrag fast sinnlos bleiben mußte. Die polnische Regierung stimmte der Einengung der Verhandlungsgegenstände prinzipiell zu. Auch sie stand offensichtlich unter dem Druck des internationalen Kapitals. Anders läßt es sich nicht erklären, daß auf der Ministerkonferenz am 25. September 1929 gegen die Stimme desiandwirtschaftsministers Niezabytowski beschlossen wurde, „äußerstenfalls sogar ohne ein Schweine-Kontingent" den Vertrag zu schließen.6 Zunächst versuchte die polnische Regierung aber doch ein Kontingent für Schweine zu erreichen. Deshalb übergab Twardowski am 12. Oktober 1929 der deutschen Delegation einen Vertragsentwurf, der u. a. vorsah: Gegenseitige zolltarifarische Meistbegünstigung, Laufzeit des Vertrages mindestens ein Jahr, beiderseitige Aufhebung der Kampfmaßnahmen, Einfuhrkontingent für polnische Kohle in Höhe von 320000 t monatlich per Saldo, Einfuhrkontingent für polnische geschlachtete Schweine in Höhe von 200000 dz jährlich mit einer Progression von je 75000 dz im zweiten und dritten Jahr 7 , entsprechende Kontingente für deutsche Industrieprodukte, freie Durchfuhr für Fleisch aller Art. 8 Diese polnischen Vorschläge wurden (mit geringer Kürzung des Kohlekontingents) von der Reichsregierung angenommen, wobei besonders bemerkenswert ist, daß in dem Beschluß des Reichskabinetts vom 24. Oktober 1929 ausdrücklich dem Schweinekontingent einschließlich der Progression zugestimmt wurde. Auf Drängen des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft stellte das Kabinett für das erste Jahr des deutsch-polnischen Handelsvertrages 6 Mill., für das zweite Jahr 8 Mill. und für die folgenden Jahre je 10 Mill. RM zur Preisstützung auf den Viehmärkten aus Reichsmitteln bereit.9 Diese Zustimmung zum polnischen Entwurf des Wirtschaftsvertrages ermöglichte es, daß zwischen beiden Staaten am 31. Oktober 1929 das Liquidationsabkommen unterzeichnet wurde. Im Artikel II dieser „Übereinkunft" verzichtete das Deutsche Reich auf alle mit dem Kriege oder dem Friedensvertrage in Zusammenhang stehenden Forderungen finanzieller oder vermögensrechtlicher Art aus der Zeit vor Inkrafttreten des Young-Planes. Im Artikel I I I verzichtete die Republik Polen auf jede Liquidation deutscher Güter, Interessen und Rechte in Polen auf Grund des Versailler Vertrages, soweit sie sich am 1. September 1929 noch in der Hand ihrer Eigentümer oder ehemaligen Eigentümer befunden hatten. 10 6
A A N Warschau, Handakten J . Twardowskis Nr. 55, Aufzeichnung Twardowskis über die Ministerkonferenz am 25. 9. 29. 7 Nach A A N Warschau, Handakten J . Twardowskis Nr. 6o, Anlage 74: Jährlich 300000 Stück mit Progression von 78000 Stück jährlich. 8 Nach: D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 64025, Bl. 101, Sitzungsprotokoll des Handelspolitischen Ausschusses der Reichsregierung vom 24. 10. 29, sowie A A N Warschau, Handakten J . Twardowskis Nr. 60, Anlage 74. 9 D Z A Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 64025, Bl. 142—143, Auszug aus der Niederschrift über die Sitzung des Reichsministeriums/Ministerbesprechung vom 24. 10. 1929. »0 R G B l . 1930. Teil II, S. 5 4 9 - 5 5 1 .
2. Die Verhandlungen 1929/1930
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Mit dem Verzicht auf weitere Liquidationen gab Polen ein wichtiges Recht aus dem Versailler Vertrag preis, zumal gerade viele der größten Besitzungen deutscher Kapitalisten und Junker in Polen bis dahin nicht liquidiert worden waren. Das Abkommen fand trotzdem nicht den ungeteilten Beifall der herrschenden Klasse Deutschlands. Während die junkerlichen Chauvinisten sich wie stets jeder Verständigung mit Polen widersetzten, wurde von industrieller Seite die Bestimmung angegriffen, wonach nicht nur auf die staatlichen, sondern auch auf die privaten deutschen Forderungen an Polen verzichtet wurde. Hierunter fielen die Ansprüche verschiedener deutscher Industriefirmen auf Erhöhung der E n t schädigungssummen für ihre bereits liquidierten Besitzungen. Insbesondere protestierte die Deutsche Continental-Gas-Gesellschaft Dessau, die sich bisher Hoffnungen gemacht hatte, daß die polnische Regierung ihr statt geldlicher Entschädigung Beteiligungen an polnischen Industriebetrieben zugestehen würde, was ihr neue Profitmöglichkeiten in Polen eröffnet hätte. Im Auftrag solcher Interessenten wie der D C G G forderte der Reichsverband der Deutschen Industrie, die Verhandlungen über den Handelsvertrag jetzt intensiv voranzutreiben und dabei eine Revision des Liquidationsabkommens oder wenigstens die Aufnahme einer Klausel in den Handelsvertrag anzustreben, die solche privaten Verhandlungen zwischen den liquidierten deutschen Unternehmen und der polnischen Regierung auch nach Inkrafttreten des Liquidationsabkommens zuließe. 11 Die unterschiedliche Einstellung dieser beiden großen Gruppen der herrschenden Klasse Deutschlands zum Liquidationsabkommen bewirkte eine Versteifung ihrer gegensätzlichen Standpunkte in der Frage des deutsch-polnischen Handelsvertrages. A m 4. November, dem Tage der Fortsetzung der Verhandlungen zwischen den beiden Handelsdelegationen, gab der Reichsverband der Deutschen Industrie dem Auswärtigen Amte auf, sich durch die Presseerklärung des Reichslandbundes gegen den Handelsvertrag nicht beirren zu lassen, sondern sobald als möglich mit Polen zum Ausgleich zu gelangen. Dabei betonte Kastl, daß ein reiner Meistbegünstigungsvertrag ohne Senkung der polnischen Industriezölle zwar dringende Anträge deutscher Exporteure außer acht lasse, aber „trotz dieses Mangels. . . glaubt die Industrie, sich mit dem sich in Umrissen bereits abzeichnenden Ergebnis der Verhandlungen einverstanden erklären zu können, da nach ihrer festen Uberzeugung auch der Abschluß eines Meistbegünstigungsvertrages eine erhebliche Ausweitung der deutschen Ausfuhr verspricht." 1 2 Die Verhandlungen der Delegationen gingen jetzt in fast allen Fragen zügig voran, und am 1 1 . Dezember 1 9 2 9 meldete Rauscher nach Berlin, daß der Handelsvertrag 11
12
D Z A Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 64025, Bl. 154—158, Reichsverband der Deutschen Industrie, Berlin 25. 1 1 . 29, an Delegationsleiter Rauscher und das Auswärtige Amt. Ebenda, Bl. 1 1 5 , Reichsverband der Deutschen Industrie, Kastl, Berlin 4. 1 1 . 29, an das Auswärtige Amt.
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V. Kurs auf Verständigung
bis auf Einzelheiten fertiggestellt sei. Allerdings gab es noch einen kritischen Punkt, der den ganzen Vertrag zum Scheitern zu bringen drohte. Nachdem die Reichsregierung den polnischen Wünschen hinsichtlich der Höhe des Schweinekontingents zugestimmt hatte, bemühten sich die im Reichsinnenministerium und im Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft sitzenden Vertreter des Agrarkapitals, durch immer neue veterinärpolizeiliche Bedenken derartig diskriminierende Bestimmungen in den Vertrag einzufügen, daß die Einfuhr polnischer Schweine nach Deutschland faktisch fast völlig verhindert worden wäre. Die nächsten Wochen und Monate waren nur mit der Diskussion der Art und Weise der Schweineeinfuhr ausgefüllt. Schließlich schaltete sich der Reichsverband der Deutschen Industrie direkt in die Regierungsverhandlungen ein, um den dringend erwünschten Handelsvertrag noch zu retten. Im Januar 1 9 3 0 konferierte in Genf der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, v. Schubert, mit dem polnischen Außenminister Zaleski und schlug ihm vor, „den polnischerseits verlangten subsidiären freien Markt für Schweinefleisch im Rahmen des Einfuhrkontingents durch die effektive Garantie einer bedeutenden privaten Organisation zu ersetzen, welche sich zur Abnahme aller im Wege der Seegrenzschlachthäuser oder Fleischfabriken nicht abgesetzten Mengen zu normalen handelsüblichen Preisen verpflichten w ü r d e . " 1 3 A m 27. J a nuar 1 9 3 0 nahm das geschäftsführende Präsidialmitglied des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, Kastl, selbst an der Sitzung der Delegationen in Warschau teil und erklärte, „daß der Verband garantiert, daß die vertraglichen Schweinekontingente in Deutschland vollständig abgenommen werden." 1 4 Dieses Angebot zeigt, wie stark die Kapitalisten der deutschen Exportindustrien und besonders des Maschinenbaus an der vertraglichen Regelung der Handelsbeziehungen zu Polen interessiert waren. Kontingente in Handelsverträgen bedeuten im allgemeinen nur, daß bis zur Höhe des Kontingents die jeweilige Ware einbzw. ausgeführt werden darf. Ob das Kontingent ausgeschöpft wird, hängt ganz davon ab, daß sich Käufer finden. In unserem Falle aber erklärte die Spitzenorganisation des Industriekapitals, daß auf jeden Fall das ganze Kontingent ausgeschöpft werde. Sofern sich keine Abnehmer für die polnischen Schweine mehr fänden, würde der Reichsveiband den ganzen Rest ohne Rücksicht auf Absetzbarkeit zu den durchschnittlichen Marktpreisen aufkaufen. So hatten die polnischen Unterhändler zwar nicht erreicht, daß die diskriminierenden „veterinärpolizeilichen" Maßnahmen gegen den polnischen Export fortfielen, was der Ausfuhr polnischer Schweine in andere Länder schaden konnte, aber sie besaßen die Sicherheit, daß das Kontingent vollständig zu den in Deutschland üblichen hohen Preisen realisiert werden würde. Damit war das bedeutendste Hindernis, das seit dem Herbst 1926 immer mehr in den Vordergrund geschoben worden war, aus dem Wege geräumt, und nach 13
14
A A N Warschau, Handakten J . Twardowskis Nr. 60, Außenminister Zaleski, Genf 22. 1. 30, an Twardowski. A A N Warschau, Handakten J . Twardowskis Nr. 56, Protokoll der Plenarkonferenz der polnischen und der deutschen Delegation am 27. 1. 30.
3. Wirtschaftsvertrag vom 17. März 1930
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der Klärung vieler Einzelfragen dieser Abnahmegarantie wurde endlich nach fast fünf Jahre währendem Wirtschaftskriegszustand am 17. März 1930 der Wirtschaftsvertrag zwischen beiden Staaten unterzeichnet.
3. Der Wirtschaftsvertrag vom 17. März
1930
Der am 17. März 1930 unterzeichnete deutsch-polnische Wirtschaftsvertrag bestand aus 35 Artikeln und 7 Anlagen, welche durch einige Noten Rauschers und Twardowskis und ein Schreiben des Reichsverbandes der Deutschen Industrie an den polnischen Minister für Industrie und Handel, Kwiatkowski, ergänzt wurden.15 Die beiden vertragschließenden Seiten sicherten einander die Behandlung als meistbegünstigte Nation in Zollfragen zu (Art. 1). Die in dem einen oder dem anderen der beiden Länder weiter in Kraft bleibenden Ein- und Ausfuhrverbote und -beschränkungen sollten auf den Vertragspartner nur Anwendung finden, wenn alle anderen Länder ihnen ebenfalls unterlägen (Art. 5). Man gewährte sich gegenseitig die Freiheit des Transits 16 (Art. 8). Die gegenseitige Meistbegünstigung vereinbarten beide Seiten auch für die Einreise, das Reisen und den Aufenthalt ihrer Bürger im Gebiet der anderen Seite (Art. 18) sowie für die Niederlassung ihrer Bürger zu wirtschaftlichen Zwecken (Art. 19), wobei die Begrenzung des Personenkreises aus dem Lipski-Rauscher-Protokoll vom 18. Juli 1927 übernommen wurde.17 Auch in einer Reihe anderer Fragen gewährten beide Seiten einander die Rechte der meistbegünstigten Nation. Hierzu gehörte auch die zeitweise heiß umstrittene Zulassung deutscher Schiffahrtsunternehmen zur Beförderung von polnischen Auswanderern (Art. 34). Deutschland erkannte Polen ein monatliches Einfuhrkontingent für 3200001 Kohle per Saldo zu. Die Lieferung und der Absatz dieser Mengen wurde bis ins kleinste festgelegt, um zu gewährleisten, daß die deutschen Kohlenkonzerne ihre Verkaufspreise hochhalten konnten (Anlage I). Besondere Aufmerksamkeit verdient die Bestimmung, daß Kohlen, die auf Wunsch einer der beiden Regierungen aus dem anderen Lande eingeführt würden, nicht auf das Kontingent anzurechnen seien. Das bedeutete u. a., daß die Regierungen sich bereits über Mittel zur Abwürgung von Streiks im Kohlenbergbau verständigten, ehe die Bergarbeiter überhaupt an Streiks dachten. Ein weiteres Kontingent gewährte die deutsche Regierung für Bleioxyd und Bleimennige, wovon jährlich 10000 Doppelzentner aus dem polnischen Zollgebiet eingeführt werden durften (Anlage II). 15
Deutscher Reichs-und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 70 v. 24. 3. 1930 (deutscher Text) und A A N Warschau, Handakten J . Twardowskis Nr. 63 (polnischer Text). Die Noten und das Schreiben des Reichsverbandes der Deutschen Industrie sind in der erstgenannten Quelle nicht wiedergegeben. 16 Mit den üblichen Ausnahmen: a) aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, b) aus gesundheitspolizeilichen Gründen, c) Kriegsmaterial. " Vgl. Kap. IV, 2.
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V . Kurs auf Verständigung
Jährlich durften aus Polen 200000 lebende oder geschlachtete Schweine nach Deutschland geliefert werden; dieses Jahreskontingent sollte sich nach 18 Monaten auf 275000 und nach weiteren 1 2 Monaten auf 350000 Stück erhöhen. Auch hier wurden zahlreiche Einzelheiten festgelegt, die zum Teil für den Seuchenschutz erforderlich waren, hauptsächlich aber ein Absinken der Preise auf den deutschen Fleischmärkten verhindern sollten (Anlage III). Die polnischen Schweine sollten überhaupt nicht auf die großen Fleischmärkte gelangen, sondern in Seegrenzschlachthäusern und bestimmten Fleischfabriken verarbeitet werden. Von den in einer Note Rauschers an Twardowski, die bei der Unterzeichnung des Vertrages überreicht wurde, genannten 122 Fleischfabriken, die zur Einfuhr geschlachteter Schweine aus Polen zugelassen waren, lagen 16 in Berlin, 9 in Gleiwitz, 8 in Breslau, 2 in Stettin und 1 in Spremberg, also in dem durch den Handelsvertrag angeblich dem Untergang geweihten Gebiet östlich der Elbe nur 36, dagegen allein in Bayern und Franken 25, in Thüringen 7, in der Provinz Sachsen 4, im Freistaat Sachsen 3, und die übrigen 47 Fleischfabriken verteilten sich auf Nordwest-, West- und Südwestdeutschland. War der besonders von den märkischen Junkern angestimmte Jammergesang „Rettet den Osten" schon wegen der im Vergleich zum deutschen Gesamtverbrauch an Schweinefleisch geringen Höhe des Polen gewährten Kontingents lächerlich, so wird seine Absurdität noch deutlicher, wenn man bedenkt, daß das Haupt-Schweinemastgebiet Deutschlands im Nordwesten, wo sich viele Bauern hierauf spezialisiert hatten, durch den Verteilungsschlüssel wenigstens ebenso belastet wurde wie der Großgrundbesitz des Ostens. Zu diesem Komplex gehörte auch das Schreiben des Reichsverbandes der Deutschen Industrie an den polnischen Minister für Industrie und Handel, das faktisch Bestandteil des Vertrages war. In diesem Schreiben erklärte der Reichsverband, „daß er die Polnische Seite völlig von dem wirtschaftlichen Risiko hinsichtlich des Absatzes der im deutsch-polnischen Wirtschaftsvertrag vom heutigen Tage festgelegten Kontingente für Schweine und Schweinefleisch befreit, indem er für die Geltungsdauer des Wirtschaftsvertrages für die vollständige Unterbringung dieser Waren auf dem deutschen Markte sorgt". 18 Ein Anhang enthielt Einzelheiten der praktischen Verwirklichung dieser Garantie. In weiteren Anlagen zum Vertrage erteilte die deutsche Regierung die Genehmigung zur Ausfuhr von Schrott nach Polen, wodurch eine private Vereinbarung zwischen deutschen und polnischen Eisenindustriellen vom Dezember 1928 staatlich sanktioniert wurde (Anlage V), und gewährte ein Jahreskontingent für die Ausfuhr von Steinkohlenrohteer aus dem deutschen ins polnische Zollgebiet in Höhe von 100000 Doppelzentnern (Anlage VI). In der Anlage VII gewährte die polnische Regierung zahlreiche Einfuhrkontingente für solche Waren aus Deutschland, die in Polen allgemeinen Einfuhrverboten unterlagen. Hierbei handelte es sich um Grütze, Saatkartoffeln, Obst, Konserven, 18
A A N Warschau, Handakten J . Twardowskis Nr. 63. Rückübersetzung aus dem Polnischen.
4- Störmanöver Hindenburgs
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Bonbons, Marmeladen, Fruchtsäfte, Weine, Schaumwein, Fische, Rauchwaren, Schuhe, lebende Bäume, Blumen, Porzellanwaren, Spiegelglas, Kosmetika, Seifen, Gold- und Silberwaren, Klaviere, Personenautos, Motorräder, Gewebe verschiedener Art, Teppiche, Wirkwaren, Wäsche, Kleidung, Hüte, Pelze, Schirme, Spielwaren u. a. Weit wichtiger als diese Kontingente war für die deutsche Industrie die Aufhebung der Kampfmaßnahmen des Wirtschaftskrieges und die Gewährung der Meistbegünstigung. Besonders der Maschinenbau war jetzt durch kein Verbot mehr behindert, er genoß die gleiche Zollbehandlung in Polen wie seine schärfsten ausländischen Konkurrenten auf dem polnischen Markt, und im Schlußprotokoll des Vertrages wurde ihm noch ausdrücklich zugesichert, daß er auch bei der Gewährung autonomer Zollermäßigungen Meistbegünstigung genießen sollte.
4. Störmanöver Hindenburgs Die Unterzeichnung des Vertrags wäre noch, als alle Meinungsverschiedenheiten der beiden Delegationen bereits beigelegt und die Paraphierung vollendet war, fast vereitelt worden. Während die Exportindustrien über den Reichsverband der Deutschen Industrie das Reichskabinett zur Forcierung der Vertragsverhandlungen gedrängt und durch Entsendung Kastls nach Warschau das letzte Hindernis für die Fertigstellung des Vertrages aus dem Wege geräumt hatten, hatten die vertragsfeindlichen Kräfte, voran die ostpreußischen und grenzmärkischen Großagrarier, nach der Verdrängung ihrer Beauftragten aus der Verhandlungsdelegation alles darangesetzt, ihren Landsmann, Klassengenossen und „treuen Kameraden", den auf das höchste Staatsamt der deutschen Republik geschobenen kaiserlichen Generalfeldmarschall v. Hindenburg zum Eingreifen zu bewegen. Sie erreichten als erstes, daß Hindenburg am 4. Dezember 1929 sich in einem schriftlichen Erlaß an den Reichsaußenminister Curtius gegen das Liquidationsabkommen aussprach, was er wie folgt begründete: „ G a n z abgesehen von den Zweifeln, die ich allgemein in die Vertragstreue der Polen setze, scheint mir die Gefahr vorzuliegen, daß eine künftige polnische Regierung die politischen Zwecke, die die früheren und gegenwärtigen Regierungen durch die Liquidationen verfolgten, nämlich die Entfernung des deutschen Elements aus dem abgetretenen Gebiet, trotz des Liquidationsabkommens . . . auf anderem Wege und mit anderen Mitteln aufs neue verfolgt. Die Handhabe dazu bieten die polnischen Agrarreformgesetze . . . und die Grenzzonen-Verordnung . . . " Curtius erhielt von Hindenburg den Auftrag, zu prüfen, „ob und durch welche Maßnahmen diese beiden Gefahren durch eine Ergänzung der bisherigen Fassung des Liquidationsabkommens beseitigt werden können". 1 9 In diesen Worten spiegelten sich die maßlos über19
D Z A Potsdam, Büro des Reichspräsidenten Nr. 724, Bl. 141—142, Reichspräsident v. Hindenburg, Berlin 4. 12. 29, an Reichsaußenminister Curtius.
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V. Kurs auf Verständigung
triebenen Klagen der deutschen Großagrarier wider, die Ländereien in Posen und Pomereilen besaßen. Ebenso wie die Liquidation war auch die Agrarreform von der Zahlungsfähigkeit des polnischen Staates abhängig, so daß gerade die größten Grundbesitzer in den meisten Fällen ungeschoren blieben, zumal die verschiedenen polnischen Behörden ihnen nicht einheitlich gegenübertraten. Als die Verhandlungen über den Handelsvertrag kurz vor dem Abschluß standen, wurde Hindenburg am 7. März 1930 eine Aufzeichnung über den Inhalt des Vertrages vorgelegt.20 Diese Aufzeichnung scheint von einer Stelle, die Störaktionen gegen den Vertrag vorbauen wollte, speziell für Hindenburg angefertigt worden zu sein. Anders läßt sich die völlig einseitige, jedes Moment, das Hindenburg zum Widerspruch reizen konnte, meidende Darstellung nicht erklären. Einige für das spätere Schicksal des Handelsvertrages bedeutsame Punkte der genannten Aufzeichnung seien hier wiedergegeben: „ 1 . Der Vertrag enthält keine zolltariflichen Abmachungen, die von der Landwirtschaft gefürchtet wurden. Wir sind also in der Gestaltung unserer landwirtschaftlichen Zölle durchaus unbehindert. 2. Die Wirkung der Aufhebung der sogenannten Kampfzölle (Roggen, Eier usw.) kann also nach deutschem Ermessen durch Zollerhöhungen ausgeglichen werden . . . 4.. . . Da der Vertrag eine Mindestdauer von lediglich einem Jahr hat, also nach 9 Monaten auf das Jahresende gekündigt werden kann, besteht die Möglichkeit, daß die Progressionen (für das Schweinekontingent. - B. P.) überhaupt nicht zum Zuge kommen . . . 8. Bei den von polnischer Seite bewilligten Einfuhrkontingenten für die nach Aufhebung der Kampfmaßnahmen noch einfuhrverbotenbleibenden Waren ist die deutsche Landwirtschaft verhältnismäßig weitgehend berücksichtigt worden." Diese zur Vorbeugung bestimmte Aufzeichnung konnte jedoch nicht verhindern, daß Hindenburg den bereits paraphierten Handelsvertrag noch in Gefahr brachte. Am 13. März 1930 unterzeichnete er das vom Reichstag angenommene Rahmengesetz über die Haager Konferenz, das u. a. den Young-Plan enthielt, weigerte sich aber, das auch dazu gehörige deutsch-polnische Liquidationsabkommen zu ratifizieren. Er wollte erst prüfen lassen, ob es nicht verfassungsändernden Charakter trage. Das hätte bedeutet, daß seine Annahme im Reichstag der Zweidrittelmehrheit bedurft hätte, die bei der Abstimmung nicht erreicht worden war. Nun waren aber die Verhandlungen über den Handelsvertrag seit dem Herbst 1929 unter der Voraussetzung geführt worden, daß die deutsch-polnische Übereinkunft vom 31. Oktober 1929, das sog. Liquidationsabkommen, im Zusammenhang mit dem Young-Plan in Kraft träte. Erst nachdem der Reichskanzler, der Justizminister und der Leiter der Rechtsabteilung des Auswärtigen Amtes am 17. März 1930 Hindenburg davor gewarnt hatten, es erst auf diplomatische Schritte dritter Staaten, besonders Frankreichs, ankommen zu lassen 21 , gab Hindenburg seinen 20
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D Z A Potsdam, Büro des Reichspräsidenten Nr. 725, Bl. 6 5 f . ; Name und Dienststelle des Verfassers sind aus der Aufzeichnung nicht ersichtlich. Der damalige französische Botschafter in Warschau, Laroche, spricht in diesem Zusammenhang von einer „Aktion der französischen Regierung, die nicht auf-
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5- Verlagerung der taktischen Hauptstoßrichtung
Widerstand gegen die Ratifikation des Liquidationsabkommens und die Unterzeichnung des Handelsvertrages auf. Doch er knüpfte daran weitreichende Bedingungen zugunsten seiner junkerlichen Freunde, die er in einem langen Schreiben an den Reichskanzler formulierte. Hierin machte er sich alle ihre Forderungen nach Finanzhilfe, Umschuldung, Verlängerung der Industriebelastung, höheren Agrarzöllen usw. zu eigen und schloß: „ . . . es ist mir eine Gewissenspflicht, die Reichsregierung eindringlich aufzufordern, mit aller Beschleunigung auf solcher Grundlage ein Ost-Programm aufzustellen und . . . durchzuführen . . . Nur in der bestimmten Erwartung, daß dies geschieht, habe ich meine eigenen Bedenken gegen das deutsch-polnische Liquidationsabkommen und das gestern paraphierte deutsch-polnische Handelsabkommen zurückzustellen vermocht und dem Gesetz meine Unterschrift geben können." 2 2 So sollten auch der nach jahrelanger Verzögerung durch Junker und andere revanchistische Kreise endlich zustande gekommene deutsch-polnische Handelsvertrag und das Liquidationsabkommen, das in erster Linie die in Polen gelegenen Besitzungen der großen Agrar- und Industriekapitalisten schützte, dazu herhalten, den deutschen Werktätigen den „Osthilfe-Volksbetrug" 23 schmackhaft zu machen.
5. Die Verlagerung der taktischen Hauptstoßrichtung des deutschen Revanchismus Der Kampf für die Beilegung des deutsch-polnischen Wirtschaftskrieges, den die Herren des Maschinenbaus und anderer deutscher Industriezweige gegen die Widerstände anderer Teile der herrschenden Klasse bis zum Frühjahr 1930 mit wachsender Energie führten, darf nicht nur als eine Erscheinung auf dem begrenzten Felde der Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Staaten angesehen werden. Man muß ihn als einen Ausdruck der Gesamtentwicklung der internationalen Lage werten. Die allgemeine Krise des kapitalistischen Weltsystems zeigte sich unter anderem darin, daß sich das Problem der Märkte für alle kapitalistischen Länder immer mehr verschärfte. Der Produktionsaufschwung in der Zeit der relativen Stabilisierung spitzte den Konkurrenzkampf auf dem gesamten internationalen kapitalistischen Markte noch zu, förderte also die Gegensätze gehört hatte, Brüning zu stimulieren". Laroche, Souvenirs d'une ambassade
1926—1935.
Jules,
L a Pologne de Pilsudski,
(Das Polen Pilsudskis.
Erinnerungen
einer Botschaft 1926—1935), Paris o. J. (1953), S. 69. Demnach hätte die französische Regierung doch den in Berlin befürchteten diplomatischen Druck ausgeübt. Die Glaubwürdigkeit dieser Mitteilung Laroches leidet jedoch darunter, daß er von Brüning spricht, dessen K a b i n e t t tatsächlich erst einige Wochen nach der Ratifikation gebildet wurde. 22
DZA
Potsdam,
Büro
des
Reichspräsidenten
Nr. 725,
Bl. 1 1 1 — 1 1 6 ,
Reichs-
präsident v. Hindenburg, Berlin 18. 3. 30, an Reichskanzler Hermann Müller. 23
Titel einer kommunistischen Broschüre mit Enthüllungen über die wirkliche Verwendung
der Osthilfegelder.
(i93i)11
Puchert, Wirtschaftskrieg
Internationaler Arbeiter-Verlag,
Berlin
o. J.
IÖ2
V . Kurs auf Verständigung
zwischen den verschiedenen kapitalistischen Staaten. Andererseits führten diese allen gemeinsamen Absatzsorgen aber auch zu fortschreitender Einigung der Imperialisten der verschiedenen miteinander konkurrierenden Länder in dem Streben, den einzigen „freien Markt", die den Sozialismus aufbauende Sowjetunion, wieder der kapitalistischen Herrschaft zu unterwerfen. Ohne die Gegensätze zwischen den herrschenden Klassen Polens einerseits und Deutschlands andererseits zu bagatellisieren, muß man doch feststellen, daß der neue Kurs der deutschen Wirtschaftspolitik gegenüber Polen, der sich im Abschluß des Liquidationsabkommens vom Oktober 1929, des Roggenabkommens vom Februar 1930 und schließlich des Wirtschaftsvertrages vom März 1930 geäußert hatte, den Hauptzweck verfolgte, zur Schaffung der Einheitsfront des Weltkapitals gegen die Sowjetunion beizutragen. Deshalb handelte die K P D völlig richtig, wenn sie, die Führerin der am meisten am Frieden interessierten gesellschaftlichen Kräfte in Deutschland, warnend darauf hinwies, daß die, für sich genommen, erfreuliche Tatsache der Beilegung einiger gefährlicher Streitfragen zwischen dem deutschen und dem polnischen Staat neue, größere Gefahren für die Völker, für den Frieden eröffnete. „Hinter der Tatsache, die in letzter Zeit von größter Bedeutung geworden ist, dem Abschluß des deutsch-polnischen Liquidationsabkommens, verbergen sich dunkle Abmachungen zwischen dem deutschen und polnischen Imperialismus gegen die Sowjetunion" 24 , sagte Ernst Thälmann am 1 1 . Februar 1930 im Reichstag, als er den Young-Plan analysierte und nachwies, daß er „ein internationales Kriegsprogramm der Weltbourgeoisie gegen die werktätigen Massen in Deutschland und gegen die Sowjetunion darstellt." 25 Wenn aus der gesonderten Betrachtung der deutsch-polnischen Wirtschaftsbeziehungen, wie sie in den vorangegangenen Abschnitten dieser Untersuchung erfolgte, der Eindruck erwachsen sein mag, daß seit etwa 1927 entscheidende Teile des deutschen Industriekapitals sich im Gegensatz zu den Junkern vom Revanchismus abgewandt oder zumindest ihre Revisionsforderungen zugunsten wirtschaftlicher Verständigung zurückgestellt hätten, so zeigt sich, sobald man die Frage des Verhältnisses der beiden Staaten Deutschland und Polen zueinander in den großen Zusammenhang der Weltpolitik stellt, daß ein solcher Eindruck falsch ist. Es gab, abgesehen von kleinen Gruppen innerhalb der mittleren Bourgeoisie und der bürgerlichen Intelligenz, die grundsätzlich für Frieden und Verständigung mit allen Völkern eintraten (v. Gerlach, Nuschke u. a.), in der herrschenden Klasse Deutschlands lediglich Differenzen hinsichtlich der taktischen Hauptstoßrichtung des Revanchismus. Die Junker vor allem stellten die ihnen vorläufig näherliegenden Revancheforderungen gegen Polen in den Vordergrund (ohne etwa auf antisowjetische Politik zu verzichten), während die Herren der Großindustrie nach dem Mißerfolg des Wirtschaftskrieges eine Verbesserung der Beziehungen zu Polen anstrebten (ohne auf Revancheforderungen gegen Polen 2
< Thälmann, Ernst, Reden und Aufsätze zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Berlin 1956, Bd. II, S. 302. 25 Ebenda. S. 279.
5. Verlagerung der taktischen Hauptstoßrichtung
163
völlig zu verzichten) und, gemeinsam mit den Imperialisten der anderen Staaten, die Interventionspolitik gegen die Sowjetunion forcierten. Der antisowjetische Revanchismus verfolgte sowohl außen- als auch innenpolitische Ziele. Das Außenhandelsmonopol des • sozialistischen Sowjetstaates sollte gebrochen, die gewaltigen Ressourcen und Märkte der UdSSR der kapitalistischen Ausbeutung wieder unterworfen werden. Durch die Herbeiführung wirtschaftlicher Schwierigkeiten in der Sowjetunion sollte aber auch die Kraft des Beispiels, das die Errungenschaften der sozialistischen Revolution der Arbeiterklasse der kapitalistischen Staaten boten, geschwächt und dadurch der revolutionäre Kampf der Arbeiter Deutschlands, Englands, Frankreichs, Polens usw. gedämpft werden. Schließlich sollten immer neue Spannungen in den zwischenstaatlichen Beziehungen provoziert werden, die den herrschenden Klassen als „Begründung" für Polizeischikanen gegen die revolutionäre Bewegung und für die Unterdrückung und das Verbot der angeblich von Moskau gelenkten kommunistischen Parteien und Organisationen dienen könnten. Der Ruf der K P D an die deutschen Arbeiter „Verteidigt die Sowjetunion!" war also nicht nur Ausdruck des proletarischen Internationalismus, sondern zugleich auch eine zutiefst nationale Aufgabenstellung. Die Schaffung der Einheitsfront aller imperialistischen Mächte gegen die Sowjetunion konnte die sich aus dem Wirken der objektiven ökonomischen Gesetze ergebenden Widersprüche und Gegensätze wohl zeitweise und teilweise überdecken, sie aber nicht beseitigen. Im Gegenteil, der Verlauf der Geschichte der der Vereinbarung des Young-Planes folgenden Monate bewies, daß auch dieser Plan irreal war.
i i *
K A P I T E L VI
Die Verzögerung der Beilegung des Wirtschaftskrieges i. Die Weltwirtschaftskrise und das Schicksal des deutsch-polnischen vertrages
Wirtschafts-
Bereits im Jahre 1929 verzeichneten mehrere wichtige kapitalistische Länder eine Stagnation und dann einen Rückgang ihrer Produktion. Die Weltwirtschaftskrise brach aus. Während die gesamte industrielle Produktion Deutschlands im Jahre 1929 trotz des Beginns der Krise insgesamt noch auf gleicher Höhe wie im Jahre 1928 lag, sank sie im Jahre 1930 um 13 Prozent ab. 1 In der Eisenindustrie jedoch verringerte sie sich im Jahre 1930 um fast 30 Prozent gegenüber dem Jahre 1929. 2 Die Zahl der in Betrieb befindlichen Hochöfen sank von November 1929 bis Februar 1930 von 101 auf 93.3 Die arbeitstägliche Kohlenförderung im Ruhrgebiet verringerte sich von November 1929 bis Januar 1930 stetig von 437100 t auf 425500 t und im Februar 1930 sprunghaft auf 390700 t. 4 In der Maschinenindustrie ließ der Auftragseingang in den ersten Monaten des Jahres 1930 besonders stark bei Werkzeug-, Textil- und Kraftmaschinen nach. 5 Die Arbeitslosigkeit stieg von 14,6 Prozent im Jahre 1929 auf 22,7 Prozent im Jahre 1930 6 , der Prozentsatz der Kurzarbeiter, also der Teil-Arbeitslosen, von 7,5 Prozent im Jahre 1929 auf 13,8 Prozent im Jahre 1930.7 Allein im Januar 1930 registrierten die Arbeitsnachweise etwa 1 Million Arbeitsuchende mehr als im November 1929.8 In seinem Bericht vor dem Zentralkomitee der K P D über die Tagung des erweiterten Präsidiums des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale sprach Ernst Thälmann am 20. März 1930 noch vom „Heranreifen der Weltwirtschaftskrise" 9 , „deren erste Anzeichen bereits vorhanden sind". 10 Knapp vier Monate später, auf dem Plenum des Z K der K P D am 16. und 17. Juli 1930 betonte er die „besondere Beschleunigung der Wirtschaftskrise in Deutschland" 1 1 , die 1 2 3 4 5 6 7 8
9 10 11
Kuczynski, Jürgen, a. a. O., S. 183. Ebenda, S. 214. Thälmann, Ernst, a. a. O., S. 353. Ebenda, S. 354. Ebenda. Kuczynski, Jürgen, a. a. O., S. 236. Ebenda, S. 237. Thälmann, Ernst, a. a. O., S. 355. Thälmann betont: „Das sind amtliche Zahlen, die wir an und für sich schon skeptisch beurteilen müssen." Ebenda, S. 332. Ebenda, S. 353. Ebenda, S. 453.
i. Wirtschaftskrise
165
sich daraus notwendigerweise ergebende „tiefgehende politische K r i s e " 1 2 und die „drohende kapitalistische Katastrophe". 1 3 In diesen Monaten war offensichtlich geworden, daß mit einer baldigen Wiederbelebung des Wirtschaftslebens nicht zu rechnen war, daß vielmehr diese Krise eine bis dahin ungekannte Schärfe annehmen werde. Daraus erklärt sich auch das Schicksal des deutsch-polnischen Wirtschaftsvertrages. Als der Reichsverband der Deutschen Industrie im Winter 1929/30 die Reichsregierung zum schnellen Abschluß des Vertrages drängte und schließlich durch die Schweinegarantie seine Unterzeichnung am 17. März ermöglichte, war die Krise zwar bereits ausgebrochen. Die Industriellen glaubten aber noch an vorübergehende Schwankungen, denen sie mit der Erweiterung des Exports begegnen wollten. Tatsächlich ging der deutsche Außenhandel insgesamt von 1929 bis 1930 in der Einfuhr um 22 Prozent, in der Ausfuhr um 11 Prozent zurück. Dieser im Vergleich mit den anderen Ziffern geringe Rückgang der Ausfuhr bewirkte, daß der Aktivsaldo der Handelsbilanz im gleichen Zeitraum von 100 Millionen auf 1,6 Milliarden Mark stieg. 14 Welche Aussichten bot nun der polnische Markt dem deutschen Export in dieser Zeit? In Polen nahm die Krise noch verheerendere Formen an als in anderer} Ländern. Dabei handelte es sich hier, im Gegensatz zu den großen imperialistischen Staaten, nicht um einen Rückgang der Produktion von früher nicht gekannten Konjunkturhöhen, sondern von einem Niveau aus, das im Jahre 1928 außer bei Kohle und Eisenerz sogar wesentlich unter dem Produktionsstand vom Jahre 1913 lag. Insgesamt betrug die industrielle Produktion im Jahre 1929 nur 86,56 Prozent des Vorkriegsstandes. 15 Während der ohnehin nicht sehr hohe Stand der Produktion vom Jahre 1928 im Jahre 1929 noch etwa beibehalten wurde (99,8%), sank die Produktion im 1. Quartal des Jahres 1930 rapide auf 84,6 Prozent ab. 1 6 Die Kohlenförderung in den polnischen Revieren verringerte sich von 1929 bis 1930 um 19 Prozent. 17 Trotz der starken Exportorientierung des polnischen Kohlenabsatzes war der wichtigste Abnehmer doch die inländische Industrie, so daß sich in dem Rückgang der Kohlenförderung die erhebliche Produktionseinschränkung der polnischen Hütten und der verarbeitenden Industrie widerspiegelte. 12
Ebenda. 13 Ebenda, S. 457. 14
Kuczynski, Jürgen, a. a. O., S. 2 0 7 :
1929 1930 15
Einfuhr 13,4 Mrd. Mark 10,4 Mrd. Mark
Ausfuhr 13,5 Mrd. Mark 12,0 Mrd. Mark
Grosfeld, Leon, Polska w latach kryzysu gospodarczego 1929—1933. (Polen in den
Jahren der Wirtschaftskrise 1929—1933), Warszawa 1952, S. 20. »6 Ebenda, S. 26. 17 Ebenda, S. 33: 1929 = 46,1 Mill. t. 1930 = 37.5 Mill. t.
VI. Die Verzögerung
i66
Da 73 Prozent der polnischen Bevölkerung auf dem Lande wohnten und die Landwirtschaft einen höheren Anteil an der polnischen Gesamtproduktion innehatte als die Industrie18, hing der Absatz deutscher Exportwaren sehr stark von der Wirtschaftslage der polnischen landwirtschaftlichen Betriebe und der Kaufkraft der Landbevölkerung ab. Doch die Welt-Agrarkrise, die bald nach dem Kriege begonnen hatte und die mit Resten feudaler Verhältnisse belastete polnische Landwirtschaft besonders hart traf, fand gerade hier durch den Ausbruch der Weltwirtschaftskrise eine besondere Verschärfung, so daß sich die Möglichkeit, deutsche Industriewaren abzusetzen, erheblich verringerte. Insgesamt sank der Verbrauch von Industriewaren im polnischen Dorf von 1929 bis 1930 um etwa 14 Prozent. 19 Eine noch klarere Antwort auf unsere Frage nach den deutschen Exportaussichten gibt die folgende Ziffer: Landwirtschaftliche Maschinen und landwirtschaftliches Inventar, also Artikel, die nicht selten aus Deutschland stammten, wurden in Polen im Jahre 1930 um 42 Prozent weniger als im Jahre 1929 und sogar um 56 Prozent weniger als im Jahre 1928 gekauft. 20 Im 2. Quartal 1930 wurde also nicht nur offensichtlich, daß es sich in Deutschland nicht um vorübergehende Schwankungen, sondern um eine schwere Krise handelte, die deutschen Industriellen mußten sich auch davon überzeugen, daß der nach jahrelangem Wirtschaftskrieg am 17. März 1930 zustande gekommene Handelsvertrag angesichts der sich auch in Polen immer mehr vertiefenden Wirtschaftskrise vorläufig keine Belebung ihres Warenexports bringen konnte. Aus prinzipiellen Gründen wollten sie ihm aber doch Rechtskraft verschaffen. Einerseits geboten die im vorigen Kapitel behandelten Tendenzen der Außenpolitik eine gewisse Beruhigung der Beziehungen zwischen den deutschen und polnischen Kapitalisten, andererseits befürchteten die deutschen Exportindustriellen, daß sie durch die Nicht-Ratifikation des Vertrages den polnischen Markt endgültig und auf die Dauer an die Kapitalisten anderer Länder, die in vertraglichen Beziehungen zu Polen standen, verlieren würden. So wurde dann der deutsch-polnische Wirtschaftsvertrag vom 17. März 1930 dem Reichstag am 25. Juni 1930 in Verbindung mit dem Etat des Auswärtigen Amtes zur ersten Lesung vorgelegt. Reichsaußenminister Curtius gab einen Überblick über die Handelsvertragsverhältnisse Deutschlands mit den verschiedenen Staaten, wobei er betonte, daß sich Deutschland allein „mit Polen tatsächlich immer noch im Wirtschaftskrieg" 21 befand. Er bemühte sich, durch beruhigende Erklärungen die Vertreter der Großagrarier und der Kohlenbarone zur Aufgabe ihres Widerstandes zu bewegen: Ebenda, S. 220. 19 Ebenda, S. 249: 1928 = 100 1929 = 104,6 1930 =5 89,8 18
20
Ebenda, S. 250: 1928 = 100 1929 = 76,2
21
Verhandlungen des Reichstags. Bd. 428, S. 5818.
1930 = 43.9
i. Wirtschaftskrise
167
„Beim Abschluß des Handelsvertrages mit Polen mußte es daher (wegen der landwirtschaftlichen Situation — B. P.) in erster Linie unsere Aufgabe sein, Zollbindungen oder gar Zollherabsetzungen zu vermeiden. Dies ist gelungen . . . Wir haben volle Freiheit, unsere Zölle, insbesondere die landwirtschaftlichen Zölle,, nach dem eigenen Bedürfnis zu gestalten . . . Die Reichsregierung. . . hat sich dazu (zur Gewährung des Kohlenkontingents — B. P.) erst dann verstanden, als offenbar war, daß eine Beendigung des Wirtschaftskrieges ohne eine solche Konzession nicht möglich war. Durch Abmachungen über die Regelung des Kohlenabsatzes und des Kohlenpreises ist Vorsorge getroffen worden, um einen übermäßigen Preisdruck auf den deutschen Kohlenmarkt zu verhüten . . . Volkswirtschaftlich ist zu betonen, daß die allgemeine Wirtschaftskrise es uns zur Pflicht macht, nach neuen Absatzgebieten für unsere Ausfuhr zu suchen . . . Die Beendigung des Wirtschaftskrieges mit Polen liegt in dieser Richtung." 2 2 Sein Fraktionskollege v. Rheinbaben (Deutsche Volkspartei) ging auf die politische Bedeutung des Vertrages ein: Er halte, zum Unterschied von einigen seiner Parteifreunde (wohl den Montanindustriellen Deutsch-Oberschlesiens) „das deutsch-polnische Problem für das allerwichtigste für die nächste Zukunft und glaube nicht, daß es für die deutsche Außenpolitik irgend etwas Wichtigeres gibt als dieses". 23 Deshalb sei seine Partei zum deutsch-polnischen Handelsvertrag „positiv eingestellt". Ihm antwortete der kommunistische Abgeordnete Schneller: „ . . . Die deutschpolnische Schicksalsgemeinschaft ist zugleich das Weltproblem: Kampf des Kapitalismus gegen die Sowjetunion." 24 Scharf gegen den Vertrag trat die deutschnationale Fraktion auf. Ihr Redner, Stubbendorff, beantragte, „daß der polnische Handelsvertrag nicht an den Ausschuß überwiesen wird, sondern daß der Deutsche Reichstag direkt das ungeheuerlichste Machwerk, das man in diesen Notzeiten der deutschen Landwirtschaft dem deutschen Volke anbieten kann, als völlig indiskutabel ablehnt". 25 Die Rednerin der Sozialdemokratischen Partei, Sender, wies auf den Widerspruch in der Haltung der Rechten hin, die einerseits immer behaupteten, Deutschland könne ohne die abgetretenen Gebiete nicht existieren, andererseits aber die Einfuhr aus denselben Gebieten ablehnten. Sie forderte, die Osthilfe nicht einseitig aufzufassen, sondern „in erster Linie dafür (zu) sorgen, daß das natürliche Absatzgebiet eröffnet, daß also der polnische Handelsvertrag gerade im Interesse des deutschen Ostens ratifiziert wird". Dabei dachte sie jedoch nicht an die Not der Arbeitslosen, sondern an die Angst der Unternehmer vor der Konkurrenz. Deshalb „müßten wir das größte Interesse daran haben, jetzt noch rechtzeitig ins Geschäft zu kommen, damit uns nicht andere den ganzen Markt weggenommen haben, ehe wir überhaupt beginnen, mit Polen in rege Handelsbeziehungen einzutreten". 26 22 Ebenda, S. 23 Ebenda, S. 24 Ebenda, S. 25 Ebenda, S. 2« Ebenda, S.
5818-5819. 5847. 5851. 5905. 5895.
i68
VI. Die Verzögerung
Nachdem der Reichsrat bereits mit starker Mehrheit den Vertrag angenommen hatte, ergab also die erste Lesung im Reichstag, daß auch hier die Mehrheit für die Ratifikation eintrat. Zur Erörterung der Details wurde der Vertrag an den zuständigen Ausschuß überwiesen. Die Zukunft sollte jedoch zeigen, daß der kommunistische Abgeordnete Edwin Hoernle mit seiner nüchternen Einschätzung der Situation, die er am Ende der Reichstagsdebatte am 27. Juni gab, recht hatte: „Der neue Vertrag. . . bedeutet keineswegs eine Beendigung des Zollkrieges mit Polen, sondern im Gegenteil nur einen gewissen kurzfristigen Waffenstillstand mit dem Ziele, den Zollkrieg noch besser vorzubereiten, der über kurz oder lang wieder ausbrechen muß." 27 Auf polnischer Seite konnte der Vertrag lange Zeit hindurch aus innenpolitischen Gründen nicht ratifiziert werden. Am Tage der Unterzeichnung des Vertrages stürzte das Kabinett Bartel. Das neugebildete Kabinett des Obersten Slawek begann ohne das Parlament zu regieren. Es bot der Reichsregierung an, eine Reihe von Bestimmungen des Vertrages auf dem Verordnungswege in Kraft zu setzen. Die Reichsregierung verlangte jedoch die Inkraftsetzung des gesamten Vertrages, was jedoch nach der polnischen Verfassung nur mit Zustimmung des Parlaments geschehen konnte. Slawek weigerte sich jedoch, das Parlament einberufen zu lassen, weil dieses, ehe es sich mit der Beratung von Staatsverträgen befassen würde, zunächst der Regierung wegen ihres Verfassungsbruchs das Mißtrauen ausgesprochen hätte. So verflossen viele Monate, während derer die Wirtschaftskrise immer verheerendere Ausmaße annahm. Schließlich kam der Handelsvertrag doch noch vor den Sejm und den Senat der Republik Polen. Zwar machten in den Debatten Redner sowohl des Regierungsblocks als auch der Opposition zahlreiche Vorbehalte gegen den Vertrag aus wirtschaftlichen und aus politischen Gründen. Doch im Grunde genommen ging es bei der Ratifikation gar nicht mehr um die Inkraftsetzung des Vertrages zum Zwecke einer Belebung des Handels, wofür angesichts der inzwischen immens vertieften Krise gar keine Aussichten mehr bestanden, sondern um eine Demonstration gegenüber den Westmächten. Das ergab sich deutlich aus den folgenden Worten des Außenministers Zaleski, mit denen er sich am 1 1 . März 1931 vor dem Sejm für die Ratifikation einsetzte: „ . . . Ich bin zutiefst überzeugt, daß die internationale Meinung mit Befriedigung die Entscheidungen aufnehmen wird, die heute vom Sejm gefällt werden. Sie wird hierin einen sehr reellen Beweis für den Willen der polnischen Nation zur friedlichen Zusammenarbeit erblicken . . . Wenn jedoch trotz der Ratifikation durch die polnische Regierung der Handelsvertrag mangels Ratifikation durch die andere Seite nicht in Kraft tritt, so hat die polnische Nation durch Ihren Mund, meine Herren, ihren Willen zur friedlichen Zusammenarbeit mit allen denen manifestiert, die die Besserung der wirtschaftlichen Weltlage wünschen, und es ist nicht Polen, auf das dann der Makel fällt, diese Besserung behindert zu haben." 28 27 28
Ebenda, S. 5911. „Messager Polonais" v. 12. März 1931.
2. Wirtschaftskrieg in der Agonie
169
Auf Empfehlung der Ausschüsse stimmten schließlich nach langer und erregter Debatte am 12. März 1 9 3 1 die Mehrheit des Sejm und am 1 7 . März 1 9 3 1 , also genau ein J a h r nach der Unterzeichnung des Vertrages, auch die Mehrheit des Senats für die Ratifikation. Daraufhin regten Abgeordnete der deutschen Mittelparteien an, daß auch der Reichstag seinen guten Willen bekunde und den Vertrag ratifiziere. Doch dieser Versuch besaß von vornherein keine Aussicht auf Erfolg. Die Mehrheitsverhältnisse im Reichstag hatten sich nämlich inzwischen verschoben. Dank umfangreicher Geldspenden der Kohlen- und Chemiekonzerne war die Nazipartei im September 1 9 3 0 zur zweitstärksten Fraktion des Reichstages geworden, und der „Nationalsozialistische Pressedienst" vom 18. März 1 9 3 1 kündigte an: „Sollte der Vertrag zur Debatte stehen, so würden die aus dem Reichstag ausgezogenen Abgeordneten geschlossen zu dieser Sitzung erscheinen, um den gegen die Ostmark und die Landwirtschaft gerichteten vernichtenden Schlag abzuwehren. Sie werden alsdann den Reichstag wieder verlassen." Eine Demonstration des guten Willens gegenüber Polen paßte nicht in die Anti-YoungDemagogie der Nazis.
2. Der Wirtschaftskrieg in der Agonie Die Worte des kommunistischen Reichstagsabgeordneten Hoernle, daß der Handelsvertrag nicht die Beendigung des Wirtschaftskrieges mit Polen bedeute, bewahrheiteten sich sehr schnell. Der Wirtschaftskrieg lebte wieder auf. Die Behauptung Seraphims, Polen habe durch die Erhöhung seiner Einfuhrzölle für Industriewaren im Januar 1 9 3 1 den Handelsvertrag für Deutschland wertlos gemacht 29 , ist allerdings nur als eine von diesem Revanchisten beabsichtigte Irreführung der öffentlichen Meinung zu werten. Die Reichsregierung hatte ja unmittelbar nach Unterzeichnung des Vertrages dem Reichstag seine Ratifizierung gerade mit dem Hinweis empfohlen, daß der Vertrag die Erhöhung der Zölle zulasse, woraufhin die deutschen Einfuhrzölle für eine ganze Reihe von landwirtschaftlichen Produkten erheblich erhöht worden waren. Dieselbe Freiheit besaß natürlich auch Polen. Die beiderseitigen Zollerhöhungen widersprachen nicht dem Wortlaut des Vertrages. Faktisch wurde jedoch dadurch der Warenaustausch zwischen Deutschland und Polen weiter gedrosselt. Die polnische Regierung hatte dieser Entwicklung vorzubeugen versucht. Nachdem am 24. März 1 9 3 0 die Genfer Zollstop-Konvention unter anderem auch von der deutschen und der polnischen Regierung unterzeichnet worden war, unterbreitete Polen in Berlin den Vorschlag, über die Verwirklichung dieser Konvention zu verhandeln. Die Reichsregierung lehnte das aber kategorisch ab. Sämtliche vor der Unterzeichnung des Handelsvertrages ergriffenen Kampfmaßnahmen wurden also in den Jahren 1 9 3 0 und 1 9 3 1 weiterhin angewandt. Vor dem 1 7 . März 1 9 3 0 war wenigstens noch verhandelt und eine Verständigung 29
Seraphim, Peter-Heinz, Die Handelspolitik Polens. Berlin 1935, S. 96.
V I . Die Verzögerung
versucht worden, jetzt aber wurde der Wirtschaftskrieg total geführt. Allerdings hätten auch Verhandlungen nicht die Krise, die die Wirtschaft beider Länder wie der ganzen kapitalistischen Welt gepackt hatte, beseitigen können. Im Gegenteil, die schrankenlose Zollfreiheit erleichterte den beiderseitigen Monopolen ihre Politik zur Hochhaltung der Preise.30 Diese auch in den anderen kapitalistischen Staaten betriebene Politik führte dazu, daß faktisch ein Zollkrieg aller gegen alle herrschte. Im Zuge dieser Entwicklung erließ die polnische Regierung am 21. Dezember 1931 eine Verordnung, wodurch die Einfuhr einer ganzen Reihe von Industriewaren verboten wurde. Diese Verbote betrafen 22 Prozent des Einfuhrwertes des Jahres 1930. Mit dieser Maßnahme verfolgte die polnische Regierung das Ziel, ganz allgemein die Einfuhr zu drosseln, um eine Passivierung der Handelsbilanz zu verhindern und die Währung vor neuem Verfall zu bewahren. Da immer noch die meisten Importe Polens aus Deutschland kamen, wurde von dieser Verordnung am härtesten das deutsche Kapital betroffen. So wurde fast der ganze Import deutscher elektrotechnischer Erzeugnisse, der im Jahre 1931 etwa 44 Prozent der gesamten polnischen Einfuhr dieser Waren ausgemacht hatte, und der Import der meisten Erzeugnisse der deutschen Papierindustrie, der im Jahre 1931 mehr als 5 1 Prozent der polnischen Papiereinfuhr ausgemacht hatte, sowie die Einfuhr wesentlicher Textilwarengruppen lahmgelegt. Als verschiedene Staaten, vor allem die Schweiz, ankündigten, daß sie ihre Handelsverträge mit Deutschland außer Kraft setzen wollten, arbeitete die deutsche Regierung einen Obertarif gegen Nicht-Vertrags-Staaten aus, der von der Kündigung von Handelsverträgen abschrecken sollte, sich aber zwangsläufig in erster Linie gegen Kanada und Polen, mit denen keine gültigen Handelsverträge bestanden, auswirken mußte. In dieser Situation begannen wieder Handelsverhandlungen zwischen der deutschen und der polnischen Regierung. Die Initiative zu diesen Verhandlungen ging von beiden Seiten aus. Als der Obertarif noch innerhalb der deutschen Regierung diskutiert wurde, ließ das Auswärtige Amt durch seinen Gesandten v. Moltke am 20. Februar 1932 die polnische Regierung bereits über Einzelheiten dieses prohibitiven Tarifs informieren und Verhandlungen über die teilweise Suspendierung der beiderseitigen Restriktivmaßnahmen anregen, damit „ein gewisser Warenaustausch zwischen unseren beiden Ländern weiter aufrechterhalten werden könne". 31 Zur gleichen Zeit fragte die polnische Gesandtschaft in Berlin inoffiziell, über den Beauftragten schlesischer Städte und Handelskammern, Dr. Haßlacher, bei Reichskanzler Brüning und dem Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, v. Bülow, an, ob ein eventueller offizieller polnischer Vorschlag, „wenigstens das 30
31
In der Krise sanken in der nichtmonopolisierten Wirtschaft die Preise erheblich wegen der niedrigen Nachfrage. Die Monopole jedoch drosselten die Produktion und hielten die Preise hoch. D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t 66000, Bl. 22—33, Bericht des Gesandten v. Moltke, Warschau 24. 2. 32, an das Auswärtige Amt über seine Unterredungen mit dem polnischen Vize-Außenminister Beck.
2. Wirtschaftskrieg in der Agonie
171
heutige handelspolitische Verhältnis beider Länder etwa auf die Dauer von 6 Monaten zu stabilisieren", von der Reichsregierung „freundlich aufgenommen" werden würde.32 Um ihrem Vorschlag mehr Nachdruck zu verleihen, kündigte die polnische Regierung an, sie werde im Falle der Inkraftsetzung des deutschen Obertarifs sofort mit Maximalzöllen antworten, die jegliche Einfuhr deutscher Waren nach Polen unmöglich machen würden.33 Nach vier Wochen währenden Verhandlungen, die mehrmals zu scheitern drohten, kam am 26. März 1932 ein Abkommen in Form eines Notenaustausches zustande. Hierin erklärte die polnische Regierung, sie werde ihren Maximaltarif nicht auf deutsche Waren anwenden, soweit sie nicht unter die Kampfverordnungen vom 17. Juni und 1 1 . Juli 1925 fallen. Außerdem gewährte sie Kontingente für solche deutsche Waren, die unter die jüngsten polnischen Einfuhrverbote fielen, in Höhe von etwa 80 Prozent der tatsächlich im Jahre 1931 erfolgten Einfuhr. 34 Die deutsche Regierung erklärte entsprechend, daß sie ihren Obertarif nur auf solche polnische Waren anwenden werde, die bereits durch die Kampfverordnungen aus dem Jahre 1925 erfaßt waren.35 Die Einfuhrverbote wurden also durch die Sätze des Obertarifs ersetzt, während die übrigen Waren dem, inzwischen mehrmals erhöhten, autonomen Zolltarif unterliegen sollten. Für Butter, woran die polnische Regierung jetzt hauptsächlich interessiert war, wurde ausdrücklich auf die Anwendung des am 19. Januar 1932 eingeführten Spezialzolls von 170 Mark pro Doppelzentner verzichtet.36 In dem Abkommen versprachen beide Regierungen einander also die Zulassung der gegenseitigen Einfuhr in ungefähr gleicher Höhe, wie sie im Jahre 1931, vor Einführung der neuen Restriktivmaßnahmen, erreicht worden war. Dieser Feststellung widerspricht praktisch auch nicht die Begrenzung der polnischen Kontingente für deutsche Waren auf 80 Prozent der Lieferungen des Jahres 1931. Die deutschen Kapitalisten rechneten angesichts der andauernden Krise nicht einmal mit der vollen Ausschöpfung dieses Kontingentes. Umgekehrt war der deutsche Verzicht auf den Obertarifsatz für polnische Eier und den Spezialzoll für polnische Butter nur theoretisch ein Zugeständnis. Der in Deutschland gültige autonome Zoll für Eier lag nämlich höher als der bisher gegen Polen angewandte Kampfzoll, der noch aus dem Jahre 1925 stammte, und für Butter war der autonome deutsche Zollsatz jetzt doppelt so hoch wie im Jahre 1931. Auch beim autonomen Zollsatz von 100 Mark pro Doppelzentner konnte die polnische Butter, wie sich in der Praxis bald herausstellte, mit der infolge der Krise im Preis gesunkenen deutschen Butter nicht konkurrieren. 32 33
34
35
36
Ebenda, Bl. 37—41, Haßlacher, Berlin 25. 2. 32, an Staatssekretär v. Bülow. Ebenda, Bl. 22—33, Anlage zum Bericht v. Moltkes vom 24. 2. 32 : Aide-mémoire Becks vom 22. 2. 32. Ebenda, Bl. 145—149, Außenminister Zaleski, Warschau 26. 3. 32, an den deutschen Gesandten v. Moltke. Ebenda, Bl. 151—152, Gesandter v. Moltke, Warschau 26. 3. 32, an den polnischen Außenminister Zaleski. Ebenda.
172
V I . Die Verzögerung
Was bewog die herrschenden Kreise Deutschlands, gerade im Jahre 1 9 3 2 durch dieses Abkommen und weitere Vereinbarungen der Beilegung des Wirtschaftskrieges näherzutreten? E s gab wirtschaftliche Gründe. Die Kapitalisten der deutschen verarbeitenden Industrie befürchteten die völlige Stillegung ihres Exports nach Polen und ihre endgültige Ausschaltung vom polnischen Markt, auch für die Zeit nach der Krise, zugunsten ihrer ausländischen Konkurrenten und der während des Wirtschaftskrieges neu entstandenen oder erstarkten Industriezweige Polens. 37 Dringender waren aber politische Gründe. Im Februar 1 9 3 2 begann in Genf die sogenannte Abrüstungskonferenz, die wegen der Gegensätze zwischen den imperialistischen Mächten ergebnislos verlief. Auf dieser und einigen mit ihr im Zusamhang stehenden Konferenzen des Jahres 1 9 3 2 versuchten die Imperialisten Staatenblöcke, Konföderationen und andere Bündnisse für einen allgemeinen Kreuzzug gegen die Sowjetunion zu zimmern. Die deutschen Imperialisten bemühten sich dabei, die Zustimmung der anderen Mächte zur „Rüstungsgleichheit", das heißt zur offenen Aufrüstung Deutschlands zu erlangen und ihren Führungsanspruch gegenüber den Staaten Südosteuropas durchzusetzen. Besonders für das letztere Ziel wollten sie die Unterstützung der polnischen Regierung gewinnen. Deshalb erteilte Reichskanzler Brüning, als er sich im Februar 1 9 3 2 nach Genf begab, dem Auswärtigen Amte die strikte Weisung, mit Polen in Handelsfragen zu einer Einigung zu gelangen, auf keinen Fall aber die begonnenen Verhandlungen abzubrechen, denn das „wäre uns gegenwärtig aus allgemeinen Gründen, insbesondere im Hinblick auf im Gange befindliche internationale Besprechungen über Donausanierung unbequem". 3 8 Allein auf Grund der Weisung Brünings gab Reichsernährungsminister Schiele, der auch die deutsch-polnische Handelsabmachung vom 26. März 1 9 3 2 , diesmal wegen der angeblichen Gefährdung des deutschen Buttermarktes, zu torpedieren versuchte, seinen Widerstand auf, woraufhin der deutsche Gesandte in Warschau, Moltke, ermächtigt wurde, den Notenaustausch vorzunehmen, also ein Abkommen zu schließen, das ohne Befragung des Reichstags Rechtskraft besaß. 37
Ebenda, Bl. 48—52, Deutsch-polnische Handelskammer Breslau-Berlin, Präsident Grund, Breslau 29. 2. 32, an den Reichskanzler, das Auswärtige Amt, das Reichswirtschafts- und das Reichsfinanzministerium. 38 Ebenda, Bl. 124, Telegramm des Staatssekretärs v. Bülow, Berlin 2 1 . 3. 32, an die deutsche Gesandtschaft in Warschau.
K A P I T E L VII
Der unheilvolle Friedensschluß
Als die mächtigsten Gruppen des deutschen Finanzkapitals am 30. Januar 1933 die Staatsmacht den Hitlerfaschisten anvertrauten, wurde das von Anfang an von einflußreichen Kräften in den imperialistischen Staaten Westeuropas begrüßt. Wie jene, so sahen auch diese in Hitler und seiner Partei die Kraft, die vor nichts zurückschrecken würde, um die fortschrittlichen Kräfte in Deutschland, die der Vorbereitung und Entfesselung des Krieges gegen die Sowjetunion im Wege standen, auszuschalten und den ersten sozialistischen Staat, das leuchtende Vorbild und den von Jahr zu Jahr ergiebigeren Kraftquell der internationalen Arbeiterklasse, zu vernichten. Dennoch überwog auch in den herrschenden Kreisen jener Staaten noch das Mißtrauen und die Furcht, daß ein wiederaufgerüstetes Deutschland unter Führung der Hitlerfaschisten sich nicht nur gegen die Sowjetunion, sondern auch gegen seine kapitalistischen Nachbarn wenden und die Weltherrschaft erstreben könnte. So befand sich das faschistische Deutschland im Jahre 1933 außenpolitisch in der Isolierung. Sichtbarer Ausdruck dessen war nicht zuletzt sein Austritt aus dem Völkerbund im Oktober 1933, weil dieses von den französischen und britischen Imperialisten beherrschte Gremium ihm die offizielle Zustimmung zur schnellen Aufrüstung seiner Armee verweigerte. In dieser Situation, da Hitlerdeutschland isoliert, aber doch noch zu schwach war, um gegen die ganze Welt vorzugehen, bemühte es sich, wenigstens die Regierung des einen oder anderen Landes zum Bündnispartner zu gewinnen. In diesen Bemühungen spielte Polen eine besondere Rolle. Ein deutsch-polnisches Bündnis, in dem die Führerrolle dem ökonomisch und bald auch militärisch stärkeren deutschen Imperialismus zufallen mußte, hätte diesem die Aggression sowohl nach Osten, gegen die Sowjetunion, als auch nach Westen, gegen Frankreich, dessen Verteidigung gegen eine deutsche Aggression wesentlich auf dem französisch-polnischen Militärbündnis beruhte, erleichtert. Die Anregungen der deutschen Faschisten kamen den Wünschen und Zielen des Führers der polnischen Sanacja-Faschisten, Jözef Pilsudski, und des hinter ihm stehenden Teils der herrschenden Klasse Polens entgegen. Nach der Lektion, die ihnen von der jungen Arbeiter- und Bauernarmee Sowjetrußlands im Jahre 1920 erteilt worden war, hatten sie ihre Pläne zur Unterwerfung der Sowjetukraine bis zum Schwarzen Meer zwar zeitweilig beiseite gelegt, aber doch nicht aufgegeben. Die Erfüllung eben dieses Traumes versprachen ihnen jetzt die deutschen Faschisten. Als Ausgleich sollte Polen den sogenannten Korridor an Deutschland
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V I I . Der unheilvolle Friedensschluß
abtreten. Dieser Plan entsprach zwar genau der Linie, die Piisudski bereits unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg verfolgt hatte 1 , stieß aber auf energischen Widerstand nicht nur der fortschrittlichen Kräfte Polens, sondern wegen seines zweiten Teils auch der Kreise der herrschenden Klasse, deren wirtschaftliche Basis in Posen, Pomereilen und Oberschlesien lag. Piisudski griff deshalb zu einem Täuschungsmanöver: Er schlug der französischen Regierung einen Präventivkrieg gegen Deutschland vor, um nach der zu erwartenden und prompt erfolgten Ablehnung aus Paris die Verständigung mit Hitler als unumgänglich hinstellen zu können. So kam es schließlich am 26. Januar 1934 zur Abgabe einer gemeinsamen Erklärung der deutschen und der polnischen Regierung, worin beide ihren Verzicht auf Gewaltanwendung bei der Regelung strittiger Fragen aussprachen. Dieser Nichtangriffspakt wurde für die Dauer von 10 Jahren, also bis zum Jahre 1944, abgeschlossen. Die weiterreichenden Ziele dieses Paktes der deutschen und polnischen Faschisten wurden mit der Phrase umschrieben: „Die durch diese Grundsätze geschaffene Friedensgarantie wird den beiden Regierungen die große Aufgabe erleichtern, für Probleme politischer, wirtschaftlicher und kultureller Art Lösungen zu finden, die auf einem gerechten und billigen Ausgleich der beiderseitigen Interessen beruhen." 2 Abgesehen von den hinter dieser Erklärung versteckten Absichten und den in den folgenden Jahren gepflogenen Geheimverhandlungen Görings, Himmlers und anderer Naziführer mit polnischen Stellen liegt die Bedeutung dieses Abkommens vor allem darin, daß die deutschen Faschisten mit Hilfe der polnischen Regierung auf dem Parkett der europäischen Diplomatie salonfähig wurden und daß die polnische militärische Führung bis zum Ende des Jahres 1938 im Vertrauen auf diesen Nichtangriffspakt die Stärkung der Verteidigungskraft Polens gegen eine deutsche Aggression vernachlässigte. Am 7. März 1934 wurde dann ein deutsch-polnisches Protokoll 3 unterzeichnet, durch das die gegenseitigen Kampfmaßnahmen des Wirtschaftskrieges aufgehoben wurden (Punkt I). Beide Seiten sicherten einander die Anwendung des autonomen Zolltarifs zu (Punkt III). Die Reichsregierung sagte zu, „bei der Einfuhr von Butter die polnischen Interessen in angemessener Weise zu berücksichtigen" (Punkt V), und bewilligte die Ausfuhr von Schrott nach Polen in einer Menge, über die sich die beteiligten Firmen bereits im Oktober 1933 geeinigt hatten (Punkt VI). Außerdem wurden Einzelheiten über die Durchfuhr von Tieren, tierischen Teilen und tierischen Erzeugnissen vereinbart. Detailverhandlungen mit dem Ziele, ein Handelsabkommen abzuschließen, sollten folgen. 1
Der Delegierte Polens auf der Pariser Friedenskonferenz, L . Wasilewski, erhielt von Piisudski 1 9 1 9 die Instruktion: ,,. . . Alles, was Polen an Grenzen im Westen erhält, wird ein Geschenk der Koalition sein, denn dort verdanken wir nichts der eigenen Kraft. Die Beute im Osten dagegen werden wir ausschließlich uns selbst verdanken . . . " Zitiert von Zieliiiski, Henryk in Maleczynski, Karol, u. a., a. a. O., S. 297. 2 R G B l . 1934. Teil II, S. 1 1 8 . 3 Ebenda, S. 99—106.
Friedensschluß
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Dieses sogenannte Zollfriedensabkommen, durch das der seit 9 Jahren andauernde Wirtschaftskrieg zwischen beiden Staaten formell beendet wurde, war die handelspolitische Ergänzung der Erklärung vom 26. Januar 1934. Seine Hauptbedeutung ist also eine politische: Es sollte das Bündnis zwischen Nazi-Deutschland und Sanacja-Polen noch festigen. Wohl von untergeordneter, doch nicht von geringer Bedeutung war daneben das Verlangen der deutschen Exportindustriellen und -händler, den Wirtschaftskrieg, der sich schon seit Jahren als Bumerang erwiesen hatte, endlich zu beenden, damit sie nach dem Abklingen der Weltwirtschaftskrise auf dem polnischen Markt mindestens zu gleichen Bedingungen wie ihre wichtigsten ausländischen Konkurrenten nach dem Profit jagen konnten. Hierauf hatten sie schon im Jahre 1932 abgezielt und dabei Teilerfolge erreicht. Daraufhin hatte der Leiter der Volkswirtschaftlichen Abteilung der I G Farbenindustrie AG, Reithinger, im November 1932 eine Reise durch Polen unternommen, auf der er mit polnischen Industriellen und Ministern Aussprachen führte. Der Bericht, den er über diese Reise anfertigte, endete mit den Worten : „ . . . E s war nicht unsere Aufgabe, bestimmte Einzelheiten einer möglichen Beziehung zwischen Deutschland und Polen zu erörtern, aber wir wollen in diesem Bericht nicht verhehlen, daß wir das deutsche Abwarten insofern für verhängnisvoll halten, als wir annehmen müssen, daß dabei der stärkere Deutsche schwächer und der schwächere Pole stärker wird . . . Jeder verlorene Tag bedeutet eine Erschwernis. Denn täglich wächst in Polen das Bewußtsein der eigenen Notlage und die Erkenntnis der Hilfsmittel, und nach Realisierung noch so sinnloser Handels- und Gewerbepläne befestigt sich ein Zustand, der sich selbst bei gutem Willen und auch durch Gewalt nicht mehr ändern läßt." 4 Da die Spannungen zwischen Deutschland und Polen immer fühlbarer bewirkten, daß sich der polnische Außenhandel von Deutschland ab- und anderen Ländern zuwandte, sowie daß die Ein- und Ausfuhr Polens, durch verschiedenartige staatliche Prämien angeregt, zugunsten des neuerbauten Hafens Gdynia immer mehr den Transit durch Deutschland und den vom deutschen Kapital beherrschten Freistaat Danzig mied, hatte Reithinger in seinem Bericht die Dringlichkeit der Normalisierung der Handelsbeziehungen Deutschlands zu Polen betont. Doch das Jahr 1933 hatte im Gegenteil einen fühlbaren Rückschlag gebracht. Die ersten Judenverfolgungen, die die Nazis gleich nach ihrem Machtantritt veranstalteten, hatten in verschiedenen Ländern, besonders aber in Polen, wo sich ein großer Teil des Handels in jüdischen Händen befand, eine breite Boykottbewegung gegen deutsche Waren hervorgerufen. Das Auswärtige Amt wurde mit Beschwerden deutscher Handelskapitalisten überschüttet, die durch den Boykott feste Kunden in Polen verloren, weil diese ihre Aufträge in andere Länder vergaben, bereits abgeschlossene Kaufverträge mit deutschen Finnen annullierten und sogar Geschäftsbriefe ungeöffnet zurücksandten. Dem protestierenden deutschen Gesandten v. Moltke antwortete
4
Reithinger, Anton, Bericht über eine Reise nach Polen im November Maschinenschrift, verfaßt 16. 1. 33, S. 16.
1932.
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der polnische Außenminister Beck im Mai 1933 zwar, „er habe zusammen mit dem Innenminister Maßnahmen getroffen, um antideutsche Stimmungsmache zu unterbinden"5, doch der Boykott ging mit solcher Schärfe weiter, daß noch im Februar 1934 die Reichsstelle für Außenhandel dem Auswärtigen Amt mitteilte, „eine der größten deutschen chemischen Fabriken" habe sich beklagt, daß infolge der Boykottbewegung ihr Absatz in Polen seit 1933 rückläufig sei. . ,6 Zum ersten Male seit dem Kriege war im Juni 1933 Deutschland von seinem ersten Platz in der polnischen Einfuhrstatistik verdrängt worden, und die USA, England, Italien und andere Länder erhöhten ihren Anteil am polnischen Import. In der deutschpolnischen Handelsbilanz verwandelte sich der deutsche Aktivsaldo vom Januar 1933 in Höhe von 2,2 Mill. Zloty in einen Passivsaldo von 3,5 Mill. Zloty im Juni 1 933-7 Als schließlich die polnische Regierung für den Oktober 1933 einen neuen Zolltarif ankündigte, der vor allem elektrotechnische und feinmechanische Erzeugnisse stark belastete, trat der Deutsche Industrie- und Handelstag an die Reichsregierung mit der Forderung nach „Wiederherstellung geordneter Wirtschaftsbeziehungen mit Polen" heran und betonte: „ . . . Währt der Zollkrieg mit Polen noch lange, so wird die polnische Industrie immer leistungsfähiger werden, während die deutsche Industrie endgültig das Nachsehen h a t . . . " 8 So beschloß dann wenige Tage später, am 21. September 1933, der Handelspolitische Ausschuß der Reichsregierung, „die Gesandtschaft in Warschau zu Besprechungen mit der Polnischen Regierung zu ermächtigen, die das Ende des bisherigen Wirtschaftskrieges mit Polen herbeiführen sollen".9 Formeller Abschluß dieser Besprechungen war schließlich das Protokoll vom 7. März 1934, dem also sowohl die wirtschaftlichen Bedürfnisse des Exportkapitals als auch die, letztlich entscheidenden, politischen Pläne der im Antikommunismus einigen Faschisten beider Länder zugrunde lagen. Der fast neunjährige deutsch-polnische Wirtschaftskrieg war zu Ende. Im Juni 1925 hatten die deutschen Imperialisten den Wirtschaftskrieg entfesselt, um ihre Revancheforderungen gegen Polen durchzusetzen. Im März 1934 beendeten sie den Wirtschaftskrieg mit Polen, um ihren großen Revanche- und Raubkrieg gegen die Sowjetunion und jeden anderen Staat, der ihrem Verlangen nach der Weltherrschaft im Wege stand, mit voller Kraft vorzubereiten. 5
6
7
8
9
D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 6 5 6 1 4 , Bl. 83, Telegramm v. Moltke, Warschau 20. 5. 33, an das Auswärtige Amt. D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 66324, Bl. 56—57, Reichsstelle für Außenhandel, Berlin 24. 2. 34, an das Auswärtige Amt. D Z A Potsdam, Auswärtiges A m t Nr. 6 6 1 3 2 , Bl. 186, v. Moltke, Warschau 30. 8. 33, an das Auswärtige Amt. D Z A Potsdam, Auswärtiges Amt Nr. 66000, Bl. 323—324, Deutscher Industrieund Handelstag, Berlin 13. 9. 33, an das Reichswirtschaftsministerium. Ebenda, Bl. 325, Niederschrift über die Sitzung des Handelspolitischen Ausschusses der Reichsregierung am 2 1 . 9. 33.
NACHWORT
Wir haben festgestellt, daß die deutschen Revanchisten mit dem von ihnen im Juni 1925 entfesselten Wirtschaftskrieg gegen Polen ihr Ziel, den Zusammenbruch der polnischen Wirtschaft und in dessen Gefolge die Erfüllung der deutschen Revancheforderungen hinsichtlich der polnischen Wojewodschaften Pomorze (Pomerellen), Poznan (Posen) und Slfisk (Ost-Oberschlesien), nicht erreichten. Dabei war das damalige Polen, das diesen wirtschaftlichen Frontalangriff abwehrte, ein kapitalistisch-gutsherrlicher Staat mit vielfältigen sozialen und nationalen inneren Gegensätzen, ein Staat, der seine Hauptaufgabe darin sah, äußerster Vorposten des Weltkapitals gegen die sozialistische Sowjetunion, den zuverlässigsten Freund und Helfer der kleineren Völker in ihrem Unabhängigkeitskampf gegen die Herrschaftsgelüste der imperialistischen Mächte, zu sein. Diese Feindschaft der herrschenden Klasse Polens gegen die Sowj etunion führte schließlich dazu, daß der polnische Staat im Jahre 1939 dem Revanchekrieg des deutschen Imperialismus zum Opfer fiel, Millionen polnischer Menschen durch die deutschen Faschisten ermordet und ihre Städte und Dörfer verwüstet wurden. Dank dem heldenhaften Kampf der Sowjetarmee und der wahren Patrioten Polens konnte der polnische Staat im Jahre 1944 wieder erstehen. Das polnische Volk zog die Lehren aus den schrecklichen Erfahrungen der Vergangenheit und nahm die Führung des Staates in die eigenen Hände. Seitdem betreibt die Volksrepublik Polen eine Politik der festen Freundschaft mit der Sowjetunion. Auch das deutsche Volk lernte aus der Geschichte und errichtete, zunächst in einem Teil seines Landes, seinen eigenen Staat, die Deutsche Demokratische Republik. Die Volksrepublik Polen und die Deutsche Demokratische Republik sind heute untrennbare Freunde und Verbündete. Sie gehören dem ständig mächtiger werdenden Lager der sozialistischen Staaten an, das die sichere Gewähr bietet, daß der in Westdeutschland restaurierte Revanchismus nie wieder politische, militärische oder wirtschaftliche Erfolge gegen sie erringen kann. Politischer Druck imperialistischer Staaten war und ist stets nur gegen solche Länder wirksam, die selbst schwach und ohne starke, zuverlässige Freunde in der Welt sind. Militärische Angriffe auf die sozialistischen Staaten sind wegen ihrer wachsenden politisch-moralischen, ökonomischen und militärischen Stärke zum Scheitern verurteilt. 12
Puchert, Wirtschaftskrieg
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Nachwort
Doch die westdeutschen Revanchisten haben nicht einmal die Möglichkeit, mit wirtschaftlichen Mitteln, mit einem Wirtschaftskrieg, gegen die sozialistischen Staaten Erfolge zu erringen. Es gibt keine wirtschaftliche Abhängigkeit Polens vcm deutschen oder irgendeinem anderen Imperialismus mehr. Die Erfahrungen des bald nach dem zweiten Weltkrieg von den Imperialisten entfachten Kalten Krieges, der auch ein Wirtschaftskrieg ist, bestätigen, daß die sozialistische Wirtschaft unverletzbar ist und immer mehr erstarkt. Im Jahre 1961 gingen 61,0 Prozent des polnischen Exports in Länder mit sozialistischer Planwirtschaft (in die UdSSR 32,3 Prozent, in die DDR 7,3 Prozent), 61,1 Prozent der polnischen Importe stammten im gleichen Jahre aus sozialistischen Staaten (aus der UdSSR 29,0 Prozent, aus der DDR 12,0 Prozent).1 Auch wenn der Außenhandelsumsatz Polens mit der westdeutschen Bundesrepublik den im Jahre 1961 tatsächlich erreichten Anteil von 4,8 Prozent überschritte, könnte daraus doch keine Abhängigkeit Polens erwachsen, weil der polnische Staat heute durch die Stärke seiner eigenen Wirtschaft und durch seine Mitgliedschaft im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe davor geschützt ist, Bedingungen eingehen zu müssen, die dem Prinzip des gegenseitigen Vorteils widersprechen. Alle Bestrebungen des westdeutschen Revanchismus gegen die Volksrepublik Polen wie auch gegen die DDR und die anderen sozialistischen Staaten sind also in jeder Hinsicht ohne Aussicht auf dauerhaften oder auch nur zeitweiligen Erfolg. Damit die Völker, ob sie nun dem Sozialismus oder vorläufig noch dem Kapitalismus den Vorzug geben, in Frieden leben können, ist es notwendig, den Revanchismus in Westdeutschland und in allen Ländern, in denen er auftritt, zu bändigen. Das erfordert in aller Welt den Kampf der Volksmassen für eine Politik der friedlichen Koexistenz, die jegliche Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder ausschließt. Gegen den westdeutschen Revanchismus als die Hauptkriegsgefahr in Europa heißt die aktuelle Aufgabe: Kampf für den Abschluß und die Erfüllung eines demokratischen Friedensvertrages mit beiden bestehenden deutschen Staaten. 1
Nach: Maiy Rocznik Statystyczny 1962. (Kleines Statistisches Jahrbuch 1962) Warszawa 1962, S. 144 und 146.
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Gesandtschaft der Republik Polen in Berlin t. 5
t. 988k Generalkonsulats der Rep. Polen in Berlin 457 Botschaft der Rep. Polen in Washington t. Pozyczki obce
D . Archiwum Akt Nowych (Archiv neuer Akten), Warschau I) Akten des Präsidiums des Ministerrates der Rep. Polen, Wirtschaftskomitee des Ministerrates w. 7 5 - 5 6 228 392 545 793 II) Handakten Juliusz Twardowskis Nr. 49 bis 74 sowie Einführung E. Wojewödzkie Archiwum Paiistwowe w Katowicach (Staatliches Wojewodschafts-Archiv in Katowice) I) Akten des Schlesischen Wojewodschaftsamtes, Abteilung für Industrie und Handel Nr. 222 294
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NAMENREGISTER
(Personen, Firmen, Institutionen, Organisationen, Zeitungen, Länder und Orte außer Deutschland, Polen, Berlin, Warschau) Aachen 69 Adamkiewicz (Mitglied der polnischen Handelsvertragsdelegation) 139 Afrika 7 Altona 108 Amerika, amerikanisch, USA 7, 8, 12, 19, 20, 22, 33, 34, 35, 38, 40, 42, 43, 60, 62, 69, 90, 91, 94, 113, 114, 121, 122, 123, 142, 143, 145, 176 Amsterdam 91 Antonienhütte 84 Arabisch 14, 15 Arbeitgeberverband der oberschlesischen Berg- und Hüttenindustrie 63, 73, 86, 89 Argentinien 40, 42, 43, 114 Asien 7, 46 Austro-Polnische Bank A. G. Wien 133 Auswärtiges Amt des Deutschen Reiches 26, 32, 46, 47, 49, 5°. 53. 54. 56, 58, 59, 62-66, 73, 75, 76, 78, 79, 82, 85, 86, 90, 92, 93, 101, 102, 103, 105, 106, 109, 110, i 2 i , 137, 150, 151, 155, 160, 166, 170, 172, 175, 176 Automobil- und Maschinenfabrik Komnick, Elbing 44 Badior, Marek (Direktor der Bank Miedzynarodowy, Warschau) 125 Badische Anilin- und Sodafabrik Ludwigshafen 32 Baildonhütte 84, 85 Baldwin, Stanley (britischer Premierminister 1923—1924, 1924—1929 und 1935-1937) 2 0
Ballestrem, Gräflich von Ballestremsche Güterdirektion 63, 97 Bank Handlowy, Warschau 127 Bank Miedzynarodowy, Warschau 125 Bank Polski 122, 127, 148 Bartel, Kazimierz (polnischer Ministerpräsident 1926, 1928—1929, 1929 bis 1930, Unterrichtsminister 1926—1928) 106, 107, 110, 142, 147, 168 Battaglia, Roger 127 Bayer-Leverkusen 32 Bayern 158 Beck, Jözef (Kabinettschef Pilsudskis 1926—1930, Vizeministerpräsident 1930, Unterstaatssekretär im Außenministerium 1930—1932, polnischer Außenminister November 1932 bis September 1939) 170, 171, 176, 183 Behaghel, G. (stellvertretender Geschäftsführer der Oberschlesischen Kohlenkonvention) 59, 71, 88 Behr, Baron von (Handelsrat an der Deutschen Gesandtschaft in Warschau) 63, 64, 66 Belgien 14, 23, 33, 38, 48, 69, 70, 72, 73 Benes, Eduard (tschechoslowakischer Außenminister 1918—1935, Ministerpräsident 1921—1922, Staatspräsident 1935— i 938 und 1945—1948) 120 Berliner Tageblatt 61 Bernhardt, Henry (Privatsekretär Stresemanns 1923—1929) 102 Bertsch, Eugen 183 Beskid, Lidia (polnische Ökonomin) 186 Beuthen siehe B y t o m
Namenregister Bielefeld 1 1 2 Bing (United Press-Korrespondent in Berlin) 91 Bismarckhütte 84, 88, 89, 106 Borsig, Conrad von (Mitglied des Zentralausschusses der Reichsbank, Aufsichtsratsmitglied der Ilse Bergbau A. G. und der Eisenbahn-Verkehrsmittel A. G. Berlin) 65, 66 Borsig, Ernst von (außer den auf S. 65 genannten Funktionen: Aufsichtsratsmitglied der Oberschlesische Kokswerke & Chemische Fabriken A. G. Berlin, der R. Stock & Co. Spiralbohrer-, Werkzeug- und Maschinenfabrik A. G. Berlin-Marienfelde) 65, 66, 126, 128 Borsig-Werke 60, 64, 73, 74 Bösel, Siegmund (Präsident der UnionBank Wien) 134 Braeutigam, Harald 183 Braun, Otto (preußischer Ministerpräsident 1920—1932, preußischer Landwirtschaftsminister 1918—1921) 44 Bredt, Johann Viktor (Reichstagsabgeordneter der Reichspartei des deutschen Mittelstandes [Wirtschaftspartei], Reichsjustizminister 1930) 125 Breitscheid, Rudolf (Reichstagsabgeordneter der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, preußischer Innenminister 1918—1919) 125 Brennecke, Rudolf (Generaldirektor der Oberhütten, 2. Vorsitzender des Aufsichtsrates der Huta Poköj S. A. Katowice, Vorsitzender des Oberschlesischen Berg- und Hüttenmännischen Vereins Gleiwitz) 128, 134 Breslau siehe Wroclaw Brester Frieden 12 Brey er, Richard 183 British and European Timber Trust Ltd. of London 134 Bromberg siehe Bydgoszcz Brüning, Heinrich (Reichstagsabgeordneter der Zentrumspartei, deutscher Reichskanzler 1930—1932) 161, 170, 172
189 Brüssel 34, 35 Büdding (Reichs- und Preußischer Staatsvertreter bei der Gemischten Kommission für Oberschlesien) 95 Bulgarien 97 Bülow, Bernhard Wilhelm von (Staatssekretär des Auswärtigen Amtes) 170, 1 7 1 , 172 Bülow, von (Regierungspräsident in Bromberg bis 1918, danach Oberpräsident der Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen und Regierungspräsident in Schneidemühl) 83 Bund deutscher Fabriken feuerfester Erzeugnisse 45 Bund niederschlesischer Industrieller 62 Bydgoszcz 83 Bytom 66, 95 Caro, Nikodem (Vorsitzender des Vorstandes der Bayerische Stickstoffwerke A. G., Vorstandsmitglied des Stickstoff- Syndikats, Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bank) 1 5 1 Cassel, Friedrich (Stellvertretendes Direktionsmitglied der Daimler-Benz A. G., Vorstandsmitglied der Porzellanfabrik Kahla A. G., Direktor der Hermsdorf-Schomburg-Isolatoren GmbH.) 124 Ceres Maschinenfabrik A. G., Liegnitz 44 Chicago 90, 91 China 38 Chlebowczyk, Alojzy (polnischer Ökonom) 186 Chrzanowski, Zygmunt (Direktor des Landwirtschaftlichen Syndikats Warschau) 148 Ciszewski, Aleksander (Generaldirektor der Zakiady Hohenlohego S. A. Welnowiec) 88, 127 Clemenceau, Georges (französischer Ministerpräsident 1906—1909 und 1917 bis 1920, Innenminister 1906—1909 und 1914, Kriegsminister 1917—1920) 23 Comité des Forges 26 Comptoir des houilleres 26
igo Concordia-Import-Export A. G., Katowice 62 Consolidated Steel Corporation 134 Cremer, Carl (Reichstagsabgeordneter der Deutschen Volkspartei) 102 ÖSR, ÖSSR, tschechoslowakisch 7, 30, 33, 34. 35. 38, 40. 4i. 42, 91, 96, 97. 101, 105, 120 Curtius, Julius (Reichswirtschaftsminister 1926—1929, Reichsaußenminister 1929—1931, Deutsche Volkspartei) 159, 166 Czas (Zeitung in Kraköw) 67, 147 Czerwiiiski, Witold (polnischer Ökonom) 183 Czgstochowa 29 Dq,browa 97 Daimler-Benz A. G. 124 Dänemark 41, 42, 48, 96 Danubia Mineralölindustrie A.G., Wien 134 Danzig siehe Gdansk Das Gas- und Wasserfach (Zeitschrift in München) 100, 101 Daumann (Beamter im Reichsinnenministerium) 49 Dawes, Charles Gates (US-amerikanischer Bankier, Vizepräsident der U S A 1925—1929, Botschafter in London 1929—1932) siehe Dawes-Plan Dawes-Plan 18—21, 113, 122 Den Haag 91, 153, 160 Der deutsche Volkswirt (Zeitschrift in Berlin) 111, 112 Der Osteuropa-Markt (Zeitschrift in Berlin) 132 Deutsch, Felix (Vorsitzender des Direktoriums der A E G , Präsidialmitglied des Reichsverbandes der Deutschen Industrie) 128 Deutsche Allgemeine Zeitung 63 Deutsche Bank 65 Deutsche Bundesrepublik 4, 6, 9, 10, 27, 82, 177, 178 Deutsche Continental-Gas-Gesellschaft, Dessau (DCGG) 92, 155 Deutsche Demokratische Partei 125
Namenregister Deutsche Demokratische Republik 4, 6, 82, 177, 178 Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft 134 Deutsche Volkspartei 64, 102, 111, 125, 167 Deutscher Industrie- und Handelstag 45, 176 Deutscher Volksbund in Polen 78 Deutsches Kali-Syndikat 44 Deutschnationale Volkspartei, deutschnational 90, 104, i n — 1 1 6 , 119, 120, 123, 125, 126, 167 Deutsch-polnische Handelskammer Breslau-Berlin 172 Dewey, Charles S. (US-amerikanischer Finanzberater der polnischen Regierung) 143 Diamand, Herman (Abgeordneter des Sejm der Republik Polen, führendes Mitglied der Polnischen Sozialistischen Partei, Mitglied der polnischen Handelsvertragsdelegation) 61 Dierig, Gottfried (Textilindustrieller) 128 Dietrich (Verein zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie Deutschlands) 105 Dillon, Read & Co. (US-amerikanisches Bankhaus) 8o, 91 Dirksen, von (Ministerialdirigent im Auswärtigen Amt) 93, 103, 107, 110 Disconto-Gesellschaft 45 Dolezal, Franciszek (Unterstaatssekretär im polnischen Ministerium für Industrie und Handel) 140 Donnersmarck, Fürstlich von Donnersmarcksche Verwaltung 97 Donnersmarck, Gräflich Henckel von Donnersmarcksche Verwaltung 60, 97 Donnersmarckhütte Oberschlesische Eisenund Kohlenwerke A.G., Hindenburg/ OS. 62 Dresden 47, 85 Drzazdzyiiski, Tadeusz (Direktor des Verbandes der westpolnischen Zuckerindustrie, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Hauptverbandes der Vereinigten Industrie und Landwirtschaft Westpolens) 126
Namenregister Eggert, W. (Sekretär des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes) 66 Eiselen (Geschäftsführer des Waldbesitzerverbandes der Grenzmark PosenWestpreußen) 82 Eisenlohr (Legationsrat im Auswärtigen Amt, Stellvertreter Ritters) 137 Elmer, Benedykt (Erster Legationssekretär der polnischen Gesandtschaft in Berlin) 107 Elsaß-Lothringen 13, 40, 62, 119 England, englisch 8, 12, 19, 20, 22, 33, 34. 35. 38, 40. 4 8 . 49, 62, 69, 70, 75, 76, 82, 91, 99, 108, 109, 114, 120, 123, 130, 145, I4 6 . M 8 . I ö3. 173. I 7 6 Erhard (Beamter der Borsigwerke) 60 Erkelenz, Anton (Reichstagsabgeordneter der Deutschen Demokratischen Partei) 125 Erzgebirgische Steinkohlengewerkschaft, Oelsnitz 85, 86 Essen 73, 75 Ettling, Karl (Generaldirektor der Borsigwerk A. G.) 64, 70, 183 Europa 20, 26, 91, 114, 121 Falter, Alfred (Generaldirektor des ,,Robur" Zwi^zek Kopalii G6rnosl%skich Spölka Komandytowa Katowice, Aufsichtsratsmitglied der Bank Polski, der Godulla S. A. Katowice und der Wirek Kopalnia S. A. Chebzie) 88, 127, 147 Farbwerke Höchst 32 Federal Reserve Bank, New York 122, 123 Finnland 48 Flick, Friedrich (u. a. Aufsichtsratsmitglied der Kattowitzer A. G. für Bergbau und Eisenhüttenbetrieb und der Görnoäl^skie Zjednoczone Huty Krölewska i Laura S. A. Katowice) 63, 128 Frank, (deutscher Generalkonsul in Katowice) 26, 72 Franken 158 Frankreich, französisch 7, 8, 12, 14, 19, 22, 23, 26, 27, 33, 34, 35, 38, 39, 40,
191 48, 49, 50, 53, 69, 70, 72, 73, 91, 106, 114, 119, 122, 148, 160, 161, 163, 173, 174 Friedenshütte A. G. (Huta Pokój S. A.) 63. 97- 134 Frowein, Abraham (Erster Stellvertretender Vorsitzender des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, Vorsitzender des Vereins deutscher Seidenwebereien) 127 Gaus (Ministerialdirektor, Leiter der Rechtsabteilung im Auswärtigen Amt) 120 Gdañsk 39, 40, 49, 95, 96, 97, 105, 108, 120, 149, 175 Gdynia 95, 96, 149, 175 Geisenheimer, Paul (außer den auf S. 127 genannten Funktionen: Aufsichtsratsmitglied der Kattowitzer A. G. für Bergbau und Eisenhüttenbetrieb und der Górnoál^skie Zjednoczone Huty Królewska i Laura S. A. Katowice) 126, 127 Genf 29, 31, 38, 53, 59, 71, 72, 73, 93, 110, J 35. 137. I 43. 145. 146. 156, 169, 172 Gerlach, Helmuth von (Redakteur der „Welt am Montag") 125, 162 Gersdorff, Gero Wolf gang Frhr. von 183 Gesandtschaft der Republik Polen in Berlin 51, 52, 54, 71, 107, 125 Siehe auch Olszowski, Sokolowski Gewerkschaft Charlotte 97 Gewerkschaft Waterloo 97 Giesche S. A. 97, 105, 106, 142 Gleiwitz siehe Gliwice Gliwic, Hipolit (Vizemarschall des Senats der Republik Polen, Departementsdirektor im Ministerium für Industrie und Handel, Aufsichtsratsmitglied der Kattowitzer A. G. für Bergbau und Eisenhüttenbetrieb und der Górnoál%skie Zjednoczone Huty Królewska i Laura S. A. Katowice) 83, 85, 86. Gliwice 30, 58, 64, 85, 100, 158 Godulla S. A. 63, 97
N amenregister
192 Göhring, Martin (westdeutscher H i s t o riker) 119, 183 Goldmann (Regierungsrat im Reichswirtschaftsministerium) 60, 105 Goltz, Kolmar Freiherr von der (Generalfeldmarschall) 134 Good, William (englischer F i n a n z b e r a t e r ausländischer Regierungen) 134 Göring, Hermann (Reichsluftfahrtminister 1933—1945, preußischer Ministerpräsident u. a.) 174 Górnoílqskie Zjednoczone Huty Królewska i Laura S. A. Katowice siehe V e r einigte K ö n i g s - und L a u r a h ü t t e A . G. Grabski, Wladyslaw (Polnischer Ministerpräsident 1920 und 1923—1925, Finanzminister 1919—1920 und 1923 bis 1925, Unterrichtsminister 1923) 67, 68, 80, 81, 88, 94, 138, 183 Gräfin Johanna-Schacht Bobrek 66 Grazynski ( W o j e w o d e v o n Schlesien) I i i Grenzmark Posen-Westpreußen 81, 82, 83, 159 Grosfeld,
Leon
5, 94. *34>
(Polnischer
Historiker)
1 6 6 , 183
Großpolen siehe Poznaii Großpolnische Landwirtschaftliche Gesellschaft 128 Grünau, Freiherr von (Deutscher Generalkonsul in K a t o w i c e ) 85, 88 Grund, Bernhard (Präsident der H a n d e l s k a m m e r Breslau, Präsident der Deutsch-Polnischen H a n d e l s k a m m e r Breslau-Berlin, Generalsachverständiger des H a n d e l s in der deutschen Handelsvertragsdelegation) 62, 65, 128, 172 Hamburg 46, 105, 106, 108 Handelskammer Berlin 49 Handelskammer Breslau 62, 128 Handelskammer Hamburg 105 Handelskammer Hagen/Westfalen iox Handelskammer Königsberg 44 Handelskammer Oppeln 63, 64, 71 Harburg 108 Harriman, William Avereil (u. a. A u f sichtsratsmitglied der Kattowitzer
A . G. f ü r B e r g b a u und E i s e n h ü t t e n betrieb und der Görnosl^skie Z j e d noczone H u t y K r ö l e w s k a i L a u r a K a towice) 142 Harrison, George Leslie (1920—1928 Stellvertretender G o u v e r n e u r , seit 1928 G o u v e r n e u r der Federal R e s e r v e Bank)122 Hatzfeld, Fürst Hermann von, Herzog zu Trachenberg (Großgrundbesitzer, A u f sichtsratsmitglied der D e u t s c h e n B a n k und der P r e u ß e n g r u b e A . G. Miechowitz) 103 Haßlacher, Fritz (Geschäftsführer schlesischer S t ä d t e und H a n d e l s k a m m e r n in Berlin) 44, 45, 170, 1 7 1 Hayn, Gerhard 183 Heck, Bruno (Generaldirektor der D e u t schen Continental- G a s - G e s e l l s c h a f t Dessau) 92 Heine, Wolfgang (Preußischer Justizminister 1918—1919, Preußischer Innenminister 1919—1920, Sozialdemokrat) 24 Hergt, Oskar (Preußischer Finanzminister 1917—1918, Vorsitzender und Reichstagsabgeordneter der D e u t s c h nationalen Volkspartei, V i z e k a n z l e r und Reichsjustizminister 1927—1928) 126 Hermes, Andreas ( K u r z b i o g r a p h i e S. ! 3 4 — j 3 6 ) i 34~~ i 37> i 4 ° . 1 4 1 > i 4 4 b i s 147, 1 4 9 - 1 5 3 Heye, Wilhelm (Generalmajor, Chef des T r u p p e n a m t e s der Heeresleitung i m Reichswehrministerium, a b 1926 Chef der Heeresleitung) 44 Heyne ( H a u p t g e s c h ä f t s f ü h r e r des L a n d b u n d e s der Grenzmark) 82 Hilferding, Rudolf (Reichstagsabgeordneter der Sozialdemokratischen P a r tei Deutschlands, Reichsfinanzminister 1923 und 1928—1929) 112, "3 Hilger, Ewald (Generaldirektor der V e r einigten Königs- und Laurahütte, S c h a t z m e i s t e r des R e i c h s v e r b a n d e s der D e u t s c h e n Industrie) 126
Namenregister Himmler, Heinrich (Reichsführer SS, Chef der deutschen Polizei u. a.) 174 Hindenburg, Paul von Beneckendorf und von (Generalfeldmarschall, deutscher Reichspräsident 1925—1934) 81, 107, 159-161 HindenburgjOS. siehe Zabrze Hippel, von (Generallandschaftsdirektor in Königsberg, Generalsachverständiger der Landwirtschaft in der • deutschen Handelsvertragsdelegation) 153 Hirsch, Paul (Preußischer Ministerpräsident 1918-1920, Preußischer Innenminister 1918—1919, Sozialdemokrat) 24 Hirschberg siehe Jelenia Gòra Hitler, Adolfi), 13, 30, 108, 173, 174 Hoernle, Edwin (Reichstagsabgeordneter der Kommunistischen Partei Deutschlands, nach 1945 Präsident der Zentralverwaltung für Landwirtschaft) 168, 169 HOetzsch, Otto (Reichstagsabgeordneter der Deutschnationalen "Volkspartei, später der Volkskonservativen Vereinigung) 90 Hoffmann-Fölkersamb (Deutscher Konsul in Eiódz) 32, 98 Hohenlohe-Werke, Zaklady Hohenlohego S. A. Welnowiec 26, 88, 97, 127 Holland 33, 35, 40, 41, 42, 91 Höltje, Christian (westdeutscher Historiker) 27, 183 IG Farbenindustrie A. G. 128, 175 Ilustrowany Kurjer Codzienny (polnische Zeitung) 147 Indien 42, 43 Internationale Handelskammer 127 Internationales Agrarinstitut Rom 134 International Match Corporation 94 Island 48 Italien 33, 38, 42, 43, 48, 70, 91, 96, 176 Jackowski, (Direktor des politischen Departements im polnischen Außenministerium) 110, 117, 118, 130, 132, 136, 143, 144, 145 13
Puchert, Wirtschaftskrieg
193 Jacob, Arthur (Generaldirektor der Hohenlohe-Werke bis 1922, Generaldirektor der Oehringen Bergbau A. G. und der Preußengrube A. G. Miechowitz) 26 Jadasch, Anton (Reichstagsabgeordneter der Kommunistischen Partei Deutschlands) 30 Janicki, St. 183 J$druszczak, Tadeusz (polnischer Historiker) 22, 183 Jelenia Göra 62 Jugoslawien 48, 96, 97 Kahn, Otto Hermann (US-amerikanischer Bankier, Vorsitzender der Kommission für Finanzen und Währung bei der Handelskammer des Staates New York) 91 Kaliningrad 7 Kaltenborn, Klaus (Generaldirektor der Bismarckhütte) 88 Kamienna Göra 85 Kanada 114, 170 Kapp-Putsch 135 Karlowski, Stanislaw (Bevollmächtigter der polnischen Regierung bei den Verhandlungen mit Deutschland) 52 Karol-Grube 84 Karsten-Centrum-Grube Beuthen 66 Kastl, Ludwig (Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Reichsverbandes der Deutschen Industrie) 106, 126, 128, 129, 155, 156, 159 Katowice, Kattowitz 7, 26, 58, 59, 85, 88, 95 Kattowitzer A. G. für Bergbau und Eisenhüttenbetrieb 63, 97, 127 Kattowitzer Zeitung 85 Keinath, Otto (Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Reichsverbandes des Großund Überseehandels, Reichstagsabgeordneter der Deutschen Volkspartei) 128 Kemmerer, Walter Edwin (Berater der Bank Dillon, Read & Co.) 123 Keyserlingk, Graf R. (Vorsitzender des Reichsverbandes der land- und forst-
194 wirtschaftlichen Arbeitgeber-Vereinigungen) 128 Kiedroii, Jözef (Generaldirektor der Görnoäluskie Zjednoczone H u t y Krölewska i Laura S. A.) 127 Kielce 29 Klarner, Czeslaw (Präsident der Handelskammer Warschau, Vorsitzender der Bergindustrie-Werke A. G. in Starachowice, polnischer Finanzminister 1926) 147, 183 Kohlenkonvention Allgemeine Polnische Kohlenkonvention 97, 127 Kohlenkonvention von D^browa 97, 127, 148 Kohlenkonvention von Krakau 97 Oberschlesische Kohlenkonvention (OSKK) 95. 97. 127 Kokswerke & Chemische Fabriken A. G. Berlin 58, 71, ioo, 101 Kommunistische Internationale 24, 164 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) 20, 30, 113, 162, 163, 164, 167, 168, 169 Kommunistische Partei Oberschlesiens 30 Kommunistische Partei Polens (KPP), Kommunistische Arbeiterpartei Polens (KPRP) 30, 68, 89, 115 Kommunistische Partei der Sowjetunion (KPdSU), Bolschewiki 20, 25 Kongreß-Polen 32 Korfanty, Wojciech (Abgeordneter des Sejm der Republik Polen, führendes Mitglied der Christlich-Nationalen Arbeitspartei, polnischer Ministerpräsident 1922, Aufsichtsratsmitglied der Zaklady Hohenlohego S. A. Welnowiec) 67, 108 Körting, Ingenieurbüro in Poznan 44 Kossow, Marjan 183 Koszalin 7 Kowalski, Jözef (polnischer Historiker) 33. 68, 183 Kraköw, Krakau 67, 97, 139 Krause (Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes der oberschlesischen Bergwerks- und Hüttenindustrie, Katowice) 86
Namenregister Krencik, Wieslaw (polnischer Ökonom) 186 Królekowski, S. Fr. (polnischer Ökonom) 183 Krynicki, Jözef (polnischer Ökonom) 138, 183 Kuczynski, Jürgen (deutscher Wirt. schaftshistoriker) 5, 12, 20, 164, 165, 184 Kühlmann, Richard von (Staatssekretär des Äußeren 1917—1918, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Neunkircher Eisenwerke A. G., Neunkirchen/Saar) 28, 63 Künzer, Franz (Oberbürgermeister der Stadt Posen 1892—1919, Mitglied des Zentralausschusses der Reichsbank) 125 Kurjer Poznaiiski (polnische Zeitung) 147 Kurjer Warszawski (polnische Zeitung) 61 Kwiatkowski, Eugeniusz (polnischer Minister für Industrie und Handel 1926—1934, Finanzminister 1935 bis 1939) r 33. 134. 151. 157 Lammers, Clemens (Mitglied des Aufsichtsrates der I G Farbenindustrie A. G., Präsidialmitglied des Reichsverbandes der Deutschen Industrie) 128 Landau, Ludwik (Polnischer Ökonom) 184 Landau, Zbigniew (Polnischer Wirtschaftshistoriker) 91, 94, 123, 184 Landbund der Grenzmark 82 Landeshut siehe Kamienna Gòra Landwirtschaftliches Syndikat Warschau 148 Landwirtschaftskammer für die Grenzmark 82 Lange, Karl (Direktor des Vereins Deutscher Maschinenbau-Anstalten) 128, 152 Laroche, Jules (Französischer Botschafter in Warschau 1926—1935) 160, 161, 184
Namenregister Leitungsrat der Polnischen Zuckerindustrie 127 Lejeune-Jung, Paul (Reichstagsabgeordneter der Deutschnationalen Volkspartei, später der Volkskonservativen Vereinigung, Geschäftsführer des Vereins deutscher Zellstoff-Fabrikanten) 1 1 2 Lempelius, E, V. (Direktor der Zentralstelle für Gasverwertung, Schriftleiter der Zeitschrift „Das Gas- und Wasserfach") 100 Lenin, Wladimir Il'ic 12, 13, 25, 184 Leningrad 46 Lettland 38, 96 Lewald, Theodor (Ministerialdirektor 1910—1917 und Unterstaatssekretär 1917—1918 im Reichsamt des Innern, Staatssekretär im Reichsministerium des Innern 1920—1921, Leiter der deutschen Delegation für die Handelsverhandlungen mit Polen 1925—1927) 73, 75, 83. 9.1. 93. 99. 101, 103, 118 Lipitiski, Edward (Polnischer Ökonom) 80, 184 Lipiiiski, Jan (Polnischer Ökonom) 186 Lipski, J6zef (Ministerialrat und Leiter der Westabteilung im polnischen Außenministerium bis 1933, dann Botschafter in Berlin) 116, 1 1 7 , 136, 148, 157 Lloyd George, David (Britischer Handelsminister 1905—1910, Schatzkanzler 1908—1915, Munitionsminister 1915 bis 1916, Kriegsminister 1916, Premierminister 1916—1922) 22, 23 Lobe, Paul (Reichstagsabgeordneter der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Reichstagspräsident 1920 bis 1932, Vizepräsident 1932—1933, Mitglied des Preußischen Staatsrates 1921—1933) I 2 5 Locarno 27, 120 Lödi 32, 34, 98 Lombard, Benno 184 Lubomirski, Fürst Stanislaw (außer den auf S. 127 genannten Funktionen: 13*
195 Aufsichtsratsmitglied der G6rno£l%skie Zjednoczone Huty Krölewska i Laura S. A. Katowice) 127 Lucius, Hellmuth Freiherr . . . von Stoedten (Deutscher Gesandter in Stockholm 1914—1919, Deutscher Gesandter im Haag seit 1921) 91 Lüdemann, Hermann (Preußischer Finanzminister 1920—1921, Sozialdemokrat) 43. 44 Ludendorff, Erich (General, Chef des Generalstabes des Oberkommandos Ost 1915, Erster Generalquartier. meister der deutschen Armee 1916 bis 1918, Teilnehmer am Kapp-Putsch 1920, am Hitler-Putsch 1923, Reichstagsabgeordneter der Deutschvölkischen Freiheitspartei 1924—1928) 28 Luther, Hans (Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft 1922 bis 1923, Reichsfinanzminister 1923—1924 und 1925, Reichskanzler 1925—1926, Reichsbankpräsident 1930—1933, Botschafter in Washington 1933—1937, parteilos) 20 Luxemburg 48, 70 MacKenna, Reginald (Erster Lord der britischen Admiralität 1908—1911, Innenminister 1911—1915, Schatzkanzler 1915—1916, ab 1919 Bankdirektor) 186 Mainz, Karl 184 Mainz 1 1 9 MaleczyAski, Karol (Polnischer Historiker) 31, 174, 184 Maltzan, Ago Freiherr von (Staatssekretär im Auswärtigen Amt bis 1924, Deutscher Botschafter in Washington 1925—1927) 50, 91 Marchwald (Legationsrat im Auswärtigen Amt) 56 Maschinenbau A. G. vormals Starke & Hoff mann, Hirschberg 102 Mayer (Gewerkschaftssekretär in Polnisch-Oberschlesien, Senator, Abgeordneter des Schlesischen Sejm) 90 McCormick (US-amerikanische Zeitungsverleger) 91
igö Meißner, Otto (Chef des Büros des Reichspräsidenten bzw. der „Präsidialkanzlei des Führers und Reichskanzlers" 1920—1945, Staatssekretär, ab 1937 Staatsminister) 151' Messager Polonais (Polnische Zeitung) 168 Metallgesellschaft, Metallbank & Metallurgische Gesellschaft A.G., Frankfurt)Main 44, 124, 128 Minc,Bronislaw (Polnischerökonom) 186 Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Republik Polen 50, 51, 58, 59, 66, 71, 91, 117» 123. I4 1 - 143. 144. 145. Siehe auch Skrzyiiski, Zaleski, Beck Ministerium für Galizien (in ÖsterreichUngarn) 133 Ministerium für Industrie und Handel der Republik Polen 50, 51, 52, 71, 73, 83, 84, 85, 94, 133, 139; 140, 158. Siehe auch Kwiatkowski Ministerium für Innere Angelegenheiten der Republik Polen 89, 133, 176 Mlynarski, Feliks (Vizepräsident der Bank Polski) 148, 184 Moltke, Adolf von (Deutscher Gesandter, ab 1934 Botschafter in Warschau 1931-1939) 170, 171, 172, 175, 176 Morgan, John Pierpont (US-amerikanischer Bankier) 91 Morgenzeitung (Zeitung in MährischOstrau) 102 Moicicki, Ignacy (Staatspräsident der Republik Polen vom Juni 1926 bis September 1939, vorher Chemieprofessor in Lwow) 151 Moskau 32 Mosler, Eduard (Geschäftsinhaber der Disconto-Gesellschaft, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank und Disconto-Gesellschaft, Aufsichtsratsmitglied der Kattowitzer A. G. für Bergbau und Eisenhüttenbetrieb, der Görnoälqskie Zjednoczone Huty Krölewska i Laura, u. a.) 45 Müller, Hermann (Reichstagsabgeordneter der Sozialdemokratischen Par-
Namenregister tei Deutschlands, Reichsaußenminister 1919—1920, Reichskanzler 1920 und 1928—1930) 145, 161 Mussehl (Ministerialrat im Preußischen Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten) 53 Nationalbank für Deutschland 26 Nationalsozialistischer Pressedienst 169 Nazipartei, NSDAP 169, 173 Neuhaus, Albert (Reichswirtschaftsminister 1925, deutschnational) 83 New York 91 Niederlausitz 69 Niederrheinische Handelskammer Duisburg-Wesel 45 Niederschlesisches Steinkohlen-Syndikat, Waldenburg 74, 101 Niezabytowski, Karol (Polnischer Minister für Landwirtschaft) 154 Noske, Gustav (Reichswehrminister 1919 bis 1920, Oberpräsident der Provinz Hannover 1920—1933, Sozialdemokrat) 10 Nürnberg 26 Nuschke, Otto (Reichstagsabgeordneter der Deutschen Demokratischen Partei, Preußischer Landtagsabgeordneter, Redakteur, Mitbegründer und seit 1948 Vorsitzender der ChristlichDemokratischen Union, Stellvertreter des Ministerpräsidenten der DDR) 125, 162 Oberbedarf, Oberschlesische Bedarf s-A. G. 63
Eisenbahn-
Oberhütten, Vereinigte Oberschlesische Hüttenwerke A. G. 29, 128 Oberschlesische Kleinbahn-Elektrizitätswerke A. G. i n Oberschlesische Kohlenkonvention siehe Kohlenkonvention Oberschlesische Kokswerke, Zabrze 71, 100, 101 Oberschlesischer Berg- und Hüttenmännischer Verein, Gleiwitz 62, 63, 64, 66, 74. 128
Namenregister Oberschlesischer Berg- und Hüttenmännischer Verein, Katowice 59, 7 1 , 83, 84, 85. 88, 95, 97, 1 2 7 Oberschlesisches Steinkohlensyndikat Gleiwitz 63, 99, 1 0 1 Oberschlesien 22—31, 49, 5 1 , 52, 55 56, 57, 60, 62—66, 68—73, 78, 83—90, 94—101, 104, 106, 108, 109, i n , 1 1 2 , 120, 123, 126, 133, 142, 147, 148, 149 1 5 1 , 167, 174, 1 7 7 Oberschlesien-Konvention 22—31, 38, 52, 53. 56, 59. 71, 73- Siehe a u c h Genf Odessa 46 Okolski, Stanislaw Jan (Vizepräsident d e s Vereins P o l n i s c h e r M e t a l l i n d u strieller, Aufsichtsratsmitglied der Górnoál^skie Z j e d n o c z o n e H u t y K r ó l e w s k a i L a u r a S. A. Katowice) 1 4 7 Olszewshi, Antoni ( D i r e k t o r d e r K o h l e n k o n v e n t i o n v o n D ^ b r o w a ) 127, 148 Olszowski, Kazimierz (Gesandter der R e p u b l i k Polen in Berlin) 46, 50, 58, 59. 107 Olsztyn ( f r ü h e r Allenstein) 7 Opel, Adam 105, 106, 1 2 8 Opole, Oppeln 7, 28, 87 Orzechowski, Marian (Polnischer H i s t o riker) 108, 184 Osborne, Sydney 70, 184 Österreich 33, 34, 35, 38, 40, 41, 42, 47, 48, 49, 70, 78, 96, 97, 105, 133, 148 Österreichisch-Polnische Handelskammer in Wien 1 3 3 Österreich-Ungarn 32, 69, 77, 1 3 3 Osteuropa-Institut Breslau 27 Osteuropa-Markt (Wirtschaftszeitschrift) 132 Ostmarkenverein 43 Ostpreußen 7, 14, 24, 33, 34, 43, 45, 49, 112, 159 Ostrowski, Karol (Polnischer Ö k o n o m ) 138, 184 Pannwitz, von ( G e s c h ä f t s t r ä g e r d e r D e u t s c h e n G e s a n d t s c h a f t in W a r s c h a u 1925) 90 Paris 22, 26, 153, 174 Paszkowski, Witold (Polnischer Ö k o n o m ) 96, 97. 184
197 Peiser, Kurt 184 Perlitius, Ludwig (Reichstagsabgeordneter der Zentrumspartei) 1 1 2 Pieck, Wilhelm 30 Pieler, Franz ( G e n e r a l d i r e k t o r der G r ä f lich B a l l e s t r e m s c h e n G ü t e r d i r e k t i o n Gleiwitz, V o r s i t z e n d e r d e s A u f s i c h t s rates der Oberhütten und der H u t a P o k ö j S. A. K a t o w i c e , u . a.) 63, 134 Pietrkowski, Edmund (Geschäftsführend e r V o r s i t z e n d e r d e s Vereins z u r W a h r u n g d e r I n t e r e s s e n d e r chem i s c h e n I n d u s t r i e , Mitglied des P r ä s i d i u m s des R e i c h s v e r b a n d e s der Deutschen Industrie) 128 Pilsudski, Jözef (Marschall v o n Polen, S t a a t s p r ä s i d e n t 1920—1922, M i n i s t e r p r ä s i d e n t 1926—1928 u n d 1930, H e e r e s m i n i s t e r 1 9 1 8 — 1 9 1 9 u n d 1926 b i s 1935) 30. 106, 107, 108, 1 1 0 , 1 7 3 , 174 Pistorius, Arwed ( G e n e r a l d i r e k t o r d e r F ü r s t l i c h Plessischen B e r g w e r k s d i r e k t i o n , u. a.) 73 Pleß, Fürstlich Plessische Bergwerksdirektion 72, 73, 97 Plucitiski, Leon ( P r ä s i d e n t d e r G r o ß p o l n i s c h e n L a n d w i r t s c h a f t l i c h e n Gesellschaft) 1 2 8 Polnische Vereinigte Arbeiterpartei 30 Polonia (Polnische Zeitung) 147 Pomereilen 24, 32, 44, 62, 78, 8 1 , 82, 87, 104, 107, 1 1 5 , 120, 123, 1 3 1 , 1 5 3 , 160, 1 7 3 , 174, 1 7 7 Pommern 7, 43 Ponikowski, Antoni (Polnischer Minis t e r p r ä s i d e n t 1921—1922) 1 3 3 Popkiewicz, Jözef (Polnischer Ö k o n o m ) 70, 184 Poralla, Curt 184 Posen siehe P o z n a i i Posse, Hans Ernst (Ministerialrat i m Preußischen Ministerium f ü r Handel u n d Gewerbe, a b 1924 Ministerialdirektor im Reichswirtschaftsminis t e r i u m , a b 1 9 3 3 S t a a t s s e k r e t ä r ) 56, 76, 129, 1 3 7
ig8 Poznan, Posen, Großpolen 24, 32, 44, 62, 78, 81, 82, 87, 104, 107, 1 1 5 , 120, 123, 131,153,160,173,174,177 Prqdzyiiski, Witold (Bevollmächtigter der polnischen Regierung für die Verhandlungen mit Deutschland 1925, Nachfolger Kariowskis) 59, 66 Preißner, Ernst (Präsident der Direktion der Preußischen Bergwerks- und Hütten-A. G./Preußag) 128 Preußag 128 Preußen, preußisch 24, 26, 27, 30, 32, 43, 44. 45. 56, 77. 78. 87, 102, 1 1 5 Preußengrube A. G. Miechowitz/O. S. 63 Preußischer Landtag 30 Preußischer Ministerpräsident 24, 44 Preußisches Ministerium der Finanzen 43
Preußisches Ministerium des Innern 24, 43. 44. 45. 82. 83. 87 Preußisches Ministerium für Handel und Gewerbe 26, 45 Preußisches Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten 44, 53, 63 Progress Sp. z ogr. por.. Zjednoczone Kopalnie Górnoèlqskie 97 Proskauer (Geschäftsführer der Oberschlesischen Kohlenkonvention) 95 Przybylski (Direktor im Oberschlesischen Berg- und Hüttenmännischen Verein Katowice, Geschäftsführer der Oberschlesischen Kohlenkonvention) 59, 71. 88, 95 Pszczólkowski, Stanislaw (Polnischer Ökonom) 184 Putlitz, Wolfgang Gans Edler Herr zu (Attaché im Deutschen Generalkonsulat in Poznaii, bis 1939 auf verschiedenen diplomatischen Posten in USA, Haiti, England, Holland) 82, 184 Rachner (Funktionär im Wahlkreisverband Oberschlesien der Deutschen Volkspartei) 64 Racibórz 85 Radandt, Hans (Deutscher Wirtschaftshistoriker) 5
Namenregister Radziwill, Fürst Janusz (Polnischer Großgrundbesitzer, Aufsichtsratsmitglied der Kattowitzer A. G. für Bergbau und Eisenhüttenbetrieb und der GörnoÄl^skie Zjednoczone Huty Krölewska i Laura S. A. Katowice) 127 Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe 178 Ratibor siehe Racibörz RatyAska, Barbara (Polnische Historikerin) 123, 185 Rauscher, Ulrich (Pressechef der Reichsregierung 1919—1920, Deutscher Gesandter in Tiflis 1921, Deutscher Gesandter in Warschau 1922—1930, Leiter der deutschen Handelsvertragsdelegation von September 1929 bis März 1930) 50, 53, 58, 59, 65, 91, 92, 93, 106, 107, 110, 116, 1 1 7 , 118, 1 3 1 , 136, 140, 143, 144, 145, 150, 153, 155. 157. 158 Reichardt, Fritz 135, 185 Reichsarbeitsministerium, Reichsarbeitsverwaltung 85, 86 Reichsaußenminister 82, 83, 93, 110, 1 1 2 , 123, 124. Siehe auch Auswärtiges Amt, Stresemann, Curtius Reichsbahn 73, 108 Reichsbank 65, 1 2 1 . Siehe auch Schacht Reichskabinett, Reichsregierung 10, 20, 24, 8i, 82, 87, 88, 101, 104, 106, 107, 1 1 0 , i n , 118, 1 2 1 , 124, 125, 130, 135, 140, 143, 144, 145, 1 5 1 - 1 5 4 , 156, 157, J 59> JÖS, I 68, 169, 1 7 1 , 174, 176 Reichskanzler, Reichskanzlei 20, 58, 82, 83, 101, 102, 103, 120, 145, 152, 160, 161 Reichskohlenkommissar 59, 76, 100, 101 Reichskommissar für die öffentliche Ordnung 22, 1 1 5 Reichskommissar für Ein- und Ausfuhrbewilligung 44, 56, 57 Reichslandbund 155 Reichsministerium der Finanzen 64, 135 Reichsminister der Justiz 160 Reichsministerium des Innern 49, 156 Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft 102, 1 1 2 , 118, 135, 137, 154, 156, 172
Namenregister Reichspartei des deutschen Mittelstandes (Wirtschaftspartei) 125 Reichspräsident 24, 81, 107, 159, 161. Siehe auch Hindenburg Reichsrat 168 Reichstag 20, 30, 102, 111, 112, 124, 125, r6o, 162, 166—169, 172 Reichsverband der Deutschen Industrie 65, 106, 124—129, 153, 155-159, 165 Reichsverband der land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgeber- Vereinigungen 128 Reichsverband des Groß- und Überseehandels 128 Reichsverkehrsministerium 73 Reichswehr, Reichswehrministerium 9, 10, 44. 89 Reichswirtschaftsministerium 26, 44, 45, 49, 50, 56, 60, 64, 76, 83, 86, 101, 102, 105, 106, 121, 124, 128, 135, 137 Reithinger, Anton (Leiter der Volkswirtschaftlichen Abteilung der IG Farbenindustrie A. G.) 175, 185 Rheinbaben, Werner Freiherr von (Reichstagsabgeordneter der Deutschen Volkspartei, Staatssekretär der Reichskanzlei 1923) 167 Rheinische A. G. für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation 128 Rheinisch-westfälisches Kohlensyndikat Essen 101 Richthofen, Hartmann Freiherr von (Reichstagsabgeordneter der Deutschen Demokratischen Partei, vor 1914 Diplomat) 125 Rießer, Jakob (Präsident des Zentralverbandes des deutschen Bank- und Bankiergewerbes, Aufsichtsratsvorsitzender der Darmstädter und Nationalbank) 45 Rigaer Frieden 46 Ringman, Aleksander (Polnischer Ökonom) 185 Rinkel A. G. Landeshut 102 Ritter (Ministerialdirigent, ab 1926 Ministerialdirektor im Auswärtigen Amt, verantwortlich für dieWirtschafts- und Reparationspolitik) 58, 103, 113, 151
199 Robur Zwiqzek Kopalti Görnoilqskich Sp. Rom. Katowice, ehemals Friedländer 88, 97, 127, 147 Roguszczak, Jözef (Polnischer Ökonom) 185 Romer, Tadeusz (Leiter der Westabteilung im polnischen Außenministeriüm) 125 Roos, Hans (Westdeutscher Historiker) 121, 138, 185 Rotwand, Andrzej 147 Rudowski, Szymon (Leiter der Abteilung Industrie und Handel im Schlesischen Wojewodschaftsamt, Aufsichtsratsmitglied der Zaklady Hohenlohego S. A. Welnowiec) 85, 94 Ruhrgebiet 69, 70, 72, 73, 98, 102, 164 Rumänien, rumänisch 33, 34, 35, 38, 48, 96, 97, i 4 2 Rußland, russisch 8, 20—23, 25> 26, 32, 33, 69, 77, 141, 142. Siehe auch Sowjetunion Rybniker Steinkohlengewerkschaft 97 Ryszka, Franciszek (Polnischer Jurist und Historiker) 70, 184, 185 Rzeczpospolita (Polnische Zeitung) 67 Rzepecki, Borys (Mitarbeiter des Zentralverbandes der Polnischen Industrie, des Bergbaus, des Handels und der Finanzen) 185 SA 9 Saargebiet 13 Sachsen, sächsisch 69, 75, 85, 158 Schacht, Hjalmar (Stellvertretendes Vorstandsmitglied der Dresdner Bank 1908—1915, Vorstandsmitglied der Nationalbank f ü r Deutschland bzw. der Darmstädter und Nationalbank 1916—1923, Reichswährungskommissar 1923, Präsident des Reichsbankdirektoriums 1923—1930 und 1933—1939, Reichswirtschaftsminister 1934—1937, Reichsminister ohne Geschäftsbereich 1937—1944, seit 1953 Mitinhaber der Außenhandelsbank Schacht & Co. Düsseldorf) 26, 121, 122, 123 Schaffgotsch, Gräflich Schaffgotsch' sehe Verwaltung, Gleiwitz 63
200 Schaffrath (Geschäftsführer des Oberschlesischen Berg- und Hüttenmännischen Vereins Gleiwitz) 66 Schenk, E. von (Ministerialrat im Preußischen Finanzministerium, Mitglied des Verwaltungsrates der Deutschen Rentenbank-Kreditanstalt) 109 Schiele, Martin (Reichsinnenminister 1925, Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft 1927—1928 und 1930-1932, Landbundführer) 1 1 1 , 112, 113, 118, 119, 172, 185 Schiffkrech (US-amerikanischer Bankier) 91 Schlesien, schlesisch 7, 24, 27, 29, 31, 43, 44, 62, 69, 75, 99, 100, 102, 103, 104, 106, 130. Siehe auch Oberschlesien Schlesische A. G. für Bergbau und Eisenhüttenbetrieb Lipiny 97 Schlesische Bergwerks- und Hütten-A. G. (Schlesag) Beuthen 74, 98, 99 Schlesische Volkszeitung 102 Schmidt, Max (Reichstagsabgeordneter der Deutschen Volkspartei) 102, 125 Schneller, Ernst (Reichstagsabgeordneter der Kommunistischen Partei Deutschlands) 167 Schott, Theodor (Vorstandsmitglied der Metallgesellschaft, Metallbank und Metallurgische Gesellschaft A.G.) 124, 125, 126, 128 Schreiber, Georg (Reichstagsabgeordneter der Zentrumspartei 1920—1933, Mitglied des Parlamentarischen Beirats der Reichszentrale für Heimatdienst, Direktor des Amerika-Instituts Berlin) 125 Schubert, Carl von (Staatssekretär im Auswärtigen A m t 1925—1930, Deutscher Botschafter in R o m 1930—1932) 5 6 . 73. 90, 92, 110, 156 Schubert (Verband Sächsischer Industrieller) 105 Schweden, schwedisch 41, 42, 94, 96 Schweiz 40, 41, 42, 48, 93, 96, 170 Schwerer, A. 185 Sempell, Oskar (Vorstandsmitglied der Vereinigte Stahlwerke A . G. Düssel-
Namenregister dorf, der Mitteldeutsche Stahlwerke A . G. Berlin, der Siemens & Halske A . G. Berlin und der Gelsenkirchener Bergwerks-A. G. Essen) 128 Senat der Republik Polen 168, 169 Sender, Tony (Reichstagsabgeordnete der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands) 167 Sejm der Republik Polen 61, 94, 168, 169 Sejm der Schlesischen Wojewodschaft 90 Seraphim, Peter-Heinz (Faschistischer deutscher, jetzt westdeutscher Ökonom und Ostforscher) 169, 185 Sikorski, Wiadystaw (Polnischer Ministerpräsident 1922—1923 und im E x i l 1939—1943, Innenminister 1922—1923, Heeresminister 1924—1925) 133 Silverberg, Paul (Generaldirektor 1903 bis 1926 und Aufsichtsratsvorsitzender 1926—1933 der Rheinischen A . G. für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation, Präsident der Handelskammer Köln) 128 Simson, Ernst von (Staatssekretär z, D., Aufsichtsratsmitglied der I G Farbenindustrie A. G., Vorsitzender der Handelspolitischen Kommission des Reichsverbandes der Deutschen Industrie) 128 Sjöberg (Ministerialrat im Reichswirtschaftsministerium) 122 Skandinavien 108 Skrzyiiski, A leksander (Polnischer Außenminister 1922, 1922—1923 und 1924—1926, Ministerpräsident 1925 bis 1926) 51, 52, 58, 59, 90, 93, 120 Slawek, Walery (Polnischer Ministerpräsident 1930, 1930—1931 und 1935) 168 Sokolowski, Mieczyslaw (Handelsrat an der Polnischen Gesandtschaft Berlin) 125, 126, 127 Sokulski, H. (Polnischer Historiker) 185 Sowjetunion 13, 20—23, 2 5. 28, 38, 45, 46, 47, 68, 107, 108, 119, 142, 162, 163, 167, 172, 173, 176, 177, 178. Siehe auch Rußland, K P d S U
Namenregister Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) 112, 113, 125. 145. 167 Spitzenorganisation der Vereinigten Industrie und Landwirtschaft Westpolens 125, 127 Spremberg 158 SS g Staatsbahnen, Polnische 95, 96, 131. Siehe auch Eisenbahn Staatsbahnen, Preußische 73 Stähler, Heinrich (außer den auf S. 62 bis 63 genannten Funktionen: Generalsachverständiger der Industrie in der deutschen Handelsvertragsdelegation) 62, 64, 65, 126, 128 Stahlhelm 9 Stalin, Josif Visarionovic 20, 185 State Department (Außenministerium der USA) 90 Stetson, John B. (USA-Gesandter in Warschau) 142 Stettin siehe Szczecin Stochhammern, Edler von (Ministerialdirektor und Kommissar für Wirtschaftsverhandlungen im Auswärtigen Amt) 46, 50 Stoephasius, Walther von (Syndikus der Handelskammer Oppeln) 28, 63, 64, 71 Stolper, Gustav (Herausgeber der Zeitschrift „Der Deutsche Volkswirt", Berlin) 112 Strandes, Justus (Senator seit 1911, Stellvertreter des Bürgermeisters von Hamburg, Hamburgischer Gesandter in Berlin seit 1925) 105 Stresemann, Gustav (Syndikus des Verbandes Sächsischer Industrieller 1902 bis 1918, Vorsitzender des Zentralvorstandes der Deutschen Volkspartei, Reichskanzler 1923, Reichsaußenminister 1923—1929, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutsch-Amerikanischen Wirtschaftsverbandes) 58, 64, 66, 76, 83, 102, 104, i n , 112, 113, 116—124, i 2 6i 130, 132, 136, 144, 152, 153, 185 Strong, Benjamin (Gouverneur der Federal Reserve Bank in New York) 123
201
Stubbendorff, Walter (Reichstagsabgeordneter der Deutschnationalen Volkspartei, Rittergutsbesitzer) 167 Studnicki, Wladyslaw (Funktionär des polnischen Nationalen Volksbundes) 50. 185 Sudetenland 7 Südosteuropa 14, 113, 114, 172 Szczecin 7, 106, 108, 158 Tennenbaum, Henryk (Direktor des Handelsdepartements im polnischen Ministerium für Industrie und Handel, ab 3. 3. 1925 Zweiter Delegierter der polnischen Regierung zu den Handelsverhandlungen mit Deutschland) 185 Textil-Exportverband Nürnberg 101 Thälmann, Ernst (Vorsitzender des Zen : tralkomitees der Kommunistischen Partei Deutschlands, Reichstagsabgeordneter 1924—1933) 30, 162, 164, 185 Theißen, Willi 186 Thomsen, Richard (Reichstagsabgeordneter der Deutschnationalen Volkspartei) i n Thüringen 158 Tomaszewski, Jerzy (Polnischer Wirtschaftshistoriker) 186 Towarzystwo Badania Zagadnieik miqdzynarodowych 148 Trepka, Edmund (Direktor des Vereins der chemischen Industrie der Republik Polen) 127, 128, 148 Türkei 48, 97 Twardowski, Juliusz (Kurzbiographie S. 133-134) " 8 , 133. 134. 136, 137. 139-148, 187
154, 156,
157,
158,
181,
Ungarn 33, 38, 96, 97 United Press 91 USA siehe Amerika Verband der Konfektionsindustrie (Polens) 127 Verband niederschlesischer Industrie- und Handelskammern 102 Verband Sächsischer Industrieller 105
Namenregister
202 Verein der chemischen Industrie (Polens) 127, 148 Verein deutscher Maschinenbau-Anstalten 112, 128, 152 Verein deutscher Seidenwebereien 128 Verein für die bergbaulichen Interessen Essen 73, 75 Verein für die bergbaulichen Interessen Niederschlesiens 74 Verein Ostdeutscher Holzhändler und Sägewerke, Berlin 102 Verein zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie Deutschlands 105, 128 Vereinigte Königs- und Laurahütte AG 97, 127, 134 Vereinigte Schleppdampfer-Genossenschaft eGmbH. zu Spandau 101 Vereinigte Stahlwerke A. G. 128 Vereinigung der christlichen Bauernverbände 135 Vereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände 65 Vereinigung der Industrieverbände Westund Südpolens 127 Versailler Vertrags, 11, 12, 14, 15, 17, 18, 2 2 - 2 5 , 27, 31, 45, 48, 53, 58, 71, 92, 113, 121, 123, 145, 149, 154, 155 Völkerbund 18, 47, 152, 173 Walbrzych, Waldenburg 74, 85, 99 Waldbesitzerverband der Grenzmark 82 Waleska-Grube 84 Wallroth (Ministerialdirektor, Leiter der Ostabteilung im Auswärtigen Amt) 5°, 53. 103, 118 Walzwerk Silesia 84 Washington 90, 91, 123 Wasilewski, Leon (Polnischer Außenminister 1918, Delegierter Polens zur Pariser Friedenskonferenz 1919) 174 Weber (Vorsitzender der Landwirtwirtschaftskammer für die Grenzmark Posen-Westpreußen) 82 Weimarer Republik 6, 9, 10, 27, 62, 81 Wennrich, Oskar (Bauwaren-Großhändler in Dresden) 101
Werner, Heinrich (Generaldirektor der Verwaltung des Grafen Schaffgotsch in Gleiwitz) 63 Westarp, Kuno Graf von (Reichstagsabgeordneter der Konservativen 1908 bis 1918, der Deutschnationalen Volkspartei 1920—1930, der Konservativen Volkspartei 1930—1932) 112 Westfalen, rheinisch-westfälisch 69, 70, 99 Westpreußen siehe Pomereilen Wielun 29 Wien 32, 50, 133, 141, 142, 144, 147 Wierzbicki, Andrzej (Generaldirektor des Zentralverbandes der Polnischen Industrie, des Bergbaus, des Handels und der Finanzen, Aufsichtsratsmitglied der Giesche S. A . Katowice) 125, 147, 148, 149, 186 Williamstown (Massachusetts) 90 Williger, Gustav (Vorsitzender der Handelskammer Oppeln bis 1918, Vorstandsmitglied des Reichsverbandes der Deutschen Industrie 1919—1922, Generaldirektor der Preußengrube A . G. in Miechowitz, Aufsichtsratsmitglied der Dresdner B a n k und der Oberschlesischen Eisenindustrie A . G. f ü r Bergbau und Hüttenbetrieb Gleiwitz. Weitere Funktionen auf S. 127) 28, 63, 64, 65, 127 Wilson, Thomas Woodrow (Präsident der U S A 1913—1921) 23 Wiiniewski, Jan (Polnischer Ökonom) 184 Wojewodschaft Schlesien, Schlesisches Wojewodschaftsamt 88, 89, 94, 95, 98, 133 Wolf, Julius (Deutscher Nationalökonom) 125 Wroclaw 7, 27, 62, 69, 102, 158 Wspölnota Interesöw Görniczo-Hutniczych S. A. 29, 134 Wyrozembski, Zygmunt Ökonom) 186
Jan
(Polnischer
Young, Owen D. (Mitglied der DawesKommission 1923, Präsident des Sachverständigen-Ausschusses zur Rege-
Namenregister lung der Reparationsfrage in Paris 1929) Young-Plan 91, 153, 154, 160, 162, 163, 164, 169 Zabrze 71, 100, 101 Zaleski, August (Polnischer Außenminister 1926—1932 und im E x i l 1939 bis 1941) 110, 116, 117, 147, 150, 152, 156, 168, 171, 186 Zechlin, Walter (Legationsrat, später Ministerialdirektor im Auswärtigen A m t , Leiter der Vereinigten Presseabteilung der Reichsregierung) 58, 59, 65. 78> 79, 90—93. i ° 3 . 106, 107, 109, 110, 121 Zentrale für Gasverwertung E. V. Berlin 100
203 Zentralverband der Polnischen Industrie, des Bergbaus, des Handels und der Finanzen (Leviatan) 125, 127, 147 Zentralverband des deutschen Bank- und Bankiergewerbes E. V. 45 Zentrum (Partei) 112, 125, 135 Zieliiiski, Henryk (Polnischer Historiker) 3 i . 174 Zielitiski, Stanislaw (Polnischer Generalkonsul in Berlin) 186 Zielona Gòra (früher Grünberg) 7 Zychliiiski, Józef (außer den auf S. 127 genannten Funktionen: Mitglied des Aufsichtsrates der K a t t o w i t z e r A . G, f ü r Bergbau und Eisenhüttenbetrieb und der Górnoàl%skie Zjednoczone H u t y Królewska i Laura S. A . K a t o wice) 125, 127
SACHREGISTER
Abkommen über polnische Wanderarbeiter 130 Abrüstung 10, 150, 172 Absatz, Absatzbedingungen 15, 19, 46, 67, 70, 7 2 - 7 5 . 9i, 93. 94. 97. 98, 108, 138, 144, 1 5 1 , 157, 158, 162, 167, 176 Absatzgebiet, Absatzmarkt 18, 20, 2 1 , '29. 32, 44. 45. 49, 61, 65, 69, 84, 88, 99, 102, 106, 1 1 0 , 167 Aggression, Aggressivität 9, 51, 173, 174 Agrar-Hinterland 32 Agrarland 20, 1 1 4 Agrarprodukt 92, 93, 1 1 3 , 125. Siehe auch Landwirtschaft Agrarreform 82, 92, 104, 135, 153, 159, 160 Agrar- und Industriestaat 35 Agronom 78 Aktien 26, 133 Aktienkapital 26, 27 Alliierte 1 1 , 18, 24, 28, 1 1 4 . Siehe auch Entente Angebot 137, 149 Anleihe 19, 22, 80, 90, 91, 94, 1 2 1 , 138, 139, 142, 145, 148 Annexionspläne 21 Ansiedlung 78, 92 Antikommunismus 7 Apparate 37 Arbeiter, Arbeiterklasse 7—10, 23, 25, 30, 33, 42, 64, 66, 73, 75, 76, 78, 80, 84, 86—90, 95, 97, 102, 105, 108, 1 1 3 , 1 1 4 , 123, 130, 1 3 1 , 135, 157, 173 Arbeitsamt, Arbeitsnachweis 85, 86, 164 Arbeitsgesetzgebung 30 Arbeitsintensivierung 75 Arbeitskräftewerbung 85, 86 Arbeitslosenfonds 94
Arbeitslosigkeit 84—89, 94, 138, 164, 167 Arbeitsproduktivität 1 1 4 Arbeitstag, Arbeitszeit 75, 97, 98 Armee 6, 9, 28, 32, 108, 1 1 4 , 1 1 9 , 120, 134 Aufbringungspflicht 19 Aufrüstung 13, 172, 173 Auftrag 1 0 1 , 103, 105, 175 Ausbeutung, Ausbeuter 7, 30, 66, 8t, 87, 97, 105, 163 Ausfuhr 1 1 , 12, 13, 15, 16, 17, 19, 20, 21, 3 4 - 3 8 , 40, 41, 43-46, 49, 5 1 - 5 5 , 62, 67. 69. 75. 80, 81, 87, 95—98, i o i , 109, 1 1 2 , 114—117, 123—125, 128—131, 134, 137. 138, 143. 146, 147. r 49. 150. 153. 155. i 5 6 . l 6 5 . i 6 7 . I75> T 76. ! 7 8 Ausfuhrbewilligung 158 Ausweisung 26 Außenhandel 1 1 , 12, 13, 17, 18, 32, 33, 38, 42, 49, 55. 61, 93. " 3 . 138, 175. 178 Außenhandelsmonopol 163 Außenhandelspolitik 10, 1 3 1 . Siehe auch Handelspolitik, Wirtschaftspolitik Außenhandelsreglementierung 55 Außenhandelsstelle 46, 176 Außenpolitik 90, 103, 107, 109, 1 1 2 , 119, 1 2 1 , 122, 124, 163, 166, 167, 173 Autarkie 1 1 2 , 1 1 3 , 148 Außenmarkt siehe Markt, auswärtiger Bank, Bankwesen 22, 77, 145 Bauern 64, 78, 80, 87, 1 1 4 , 135 Bäume 159 Baumwolle 35 Beamte 78, 89, 141 Bergbau, Bergwerk, Grube 22, 65, 75, 84-88, 95, 97, 157
Sachregister Betriebseinschränkung 86 Betriebsrat 66 Betriebsstillegung 84, 86, 89, 94 Betriebsversammlung 87 Binnenmarkt siehe Markt, innerer Blei 37, 56, 1 5 7 Bleierz 28 Bleihütten 28 Blitzkrieg 78—81, 92, 93, 98, 109 Blumen 1 5 9 Bonbons 1 5 9 Bourgeoisie 6, 23, 30, 68, 8o, 89, 122, 1 3 1 , 143. 162 siehe auch Kapitalismus Boykott 44, i n , 1 1 5 , 175, 1 7 6 Butter 1 7 1 , 172, 174 Chauvinist 1 5 5 Chemieprodukte 5 1 , 57, 1 5 0 Chemische Industrie siehe Industrie Dampfkessel 56 Demobilmachungskommissar 89, 94 Denkschrift 102, 124, 1 3 3 , 147, 148 Devisen 14, 18, 19, 43, 57, 98, 123, 1 3 8 Diskriminierung 13, 76, 1 5 6 Dolomit 3 1 , 57 Donausanierung 1 7 2 Dumping 18, 1 3 0 Durchfuhr, Transit 11, 39, 45, 46, 47, 52, 1 1 7 , 1 1 8 , 154, 1 5 7 , 174, 1 7 5 Eier 38, 57 Einfuhr 11, 12, 14—17, 19, 2 1 , 3 1 , 3 4 ~ 4 3 . 46, 54. 55. 57. 62, 69, 7 1 , 75, 80, 81, 83, 98, 102, 105, 1 1 2 , 1 1 5 , 1 1 7 , 1 1 8 , 123, 130, 137, 143, 146, 150, 154, 1 5 7 , 158, 165, 167, 170, 1 7 1 , 174, 1 7 5 , 176, 178 Einfuhrbewilligung 56, 57, 59, 76, 105, 106, 136, 146, 1 7 1 Einfuhrsperre 84, 85, 87, 99, 100, 1 0 1 , 109, 1 3 1 Einfuhrverbot 11, 15, 55—59, 67, 76, 83, 84, 90, 106, 133, 138, 143, 146, 157, 171 Einfuhrzoll 14, 15, 59, 1 1 4 , 137, 169 Eisen 3 1 , 5 1 , 56, 57, 62, 150, 1 5 8
205 Eisenerz 28, 29, 3 1 , 1 6 5 Eisenhütten 28, 57, 84 Eisenbahn 32, 34, 39, 45, 46, 69, 74, 95. Siehe auch Reichsbahn, Staatsbahnen Eisenbahnfracht, -tarif 26, 74, 95, 96, 131 Eisenbahnmaterial 3 1 , 57 Elektroindustrie siehe Industrie Elektrowaren 37, 38, 150, 170, 1 7 6 Entdeutschungspolitik 93 Enteignung 24 Entente 20, 25. Siehe auch Alliierte Entschädigung 24, 25, 92, 102, 1 5 5 Erdöl, Erdölprodukte 36, 37, 38, 57 E r n t e 57, 80, 81, 87, 102, 1 1 4 , 1 2 3 , 1 3 8 Ersatzteile 77 Erz 37, 38, 39. Siehe auch Bleierz, Eisenerz, Zinkerz Essigsäure 57, 105 Expansion 14, 1 1 6 , 1 1 9 , 1 2 1 E x p o r t siehe Ausfuhr Exporteur 18, 1 1 4 , 1 5 5 , 1 7 5 Fabrikwaren siehe Industriewaren Farbstoffe 32 Faschismus, Faschisten, faschistisch 6 , 9 , 13. 30, 133. 173. 174 176. J 7 7 Fässer 57 Feierschicht 66, 73, 74, 86 Fertigwaren 11, 12, 15, 16, 1 7 , 20, 2 1 , 3 i . 34. 35. 36, 4 I — 4 4 . 46. 66, i n , 1 3 2 Finanzkapital 6, 8, 9, 15, 22, 26, 65, 66, 75, 9 1 , 106, 122, 128, 1 3 1 , 1 3 2 , 1 7 3 Fische 56, 57, 1 5 9 Fleisch 37, 38, 57, 1 1 2 , 1 1 8 , 136, 143, 144, 146, 1 5 3 , 154, 156, 1 5 8 Forstwirtschaft 87, 1 3 5 Freikorps 9, 30 Friedensverhandlungen 2 1 . Siehe auch Versailler Vertrag Galanteriewaren 57 Garantie 154, 1 5 7 , 165 Gebrauchswert 77 Geflügel 37, 38 Gegenseitigkeit 12, 13, 14, 1 3 7 , 150, 1 5 7 Gemüse 57 Genußmittel 15, 56 Germanisierung 27, 78, 8 1
Sachregister
2o6 Getränke 16, 17, 34, 35, 36, 41
148, 151—156, 158, 160, 161, 166—170.
Getreide 57, 80, 87, 112, 123, 160, 162
Siehe auch Wirtschaftsvertrag Handelsvertragsverhandlungen
Gewerkschaften 66, 95
31,
48
Glaswaren 57, 132, 150, 159
bis 51. 53. 54. 55. 64. 76. 77. »3. 86.
Glaubersalz 56
88, 91, 92, 103, 104, 106, 110,
Gleichgewicht 22, 26
115, 117, 118, 124, 126, 130—133, 136,
112,
139, 140, 143, 146, 147, 150, 153, 155,
Goldwaren 159 Grenzfrage, Grenzregelung 23, 28,
121
Grenzrevision 78, 79, 87, 90, 104, 115,
159, 160, 172. (Abbruch der Verhandlungen:) i n ,
116, 125, 150
Handelsvertretung 77
xi6, 119, 120, 123 Grenzsperre 62, 63, 84, 88, 93, 97, 102,
Handwerker 78, 113, 1 1 6 H ä u t e 56
104, 130, 149 Grenzzonenverordnung
129,
140,
141,
Großgrundbesitz,
Gutsbesitzer
78,
Holding-Gesellschaft 26, 134 Holz 31, 37, 38, 39, 57, 87, 102, 129—132,
159 Großagrarier 87, 136, 159, 160, 166 82,
150 Hopfen 57
102, 1 1 3 - 1 1 6 , 134, 135, 150, 152, 153,
H ü t e 57
158
Hüttenindustrie 28, 57, 84, 88, 97, 129,
Großkaufleute 65, 102, 106
159, 165
Gruben siehe Bergbau
Imperialismus,
Grunderwerb 15, 77
Imperialisten,
imperia-
listisch 6—10, 12, 13, 14, 20, 22, 23,
Grütze 158
25, 28, 32, 39, 49, 60, 62, 64, 68, 7 1 ,
H a f e n 39, 40, 45, 46, 69, 95
80, 81, 82, 89, 93, 107, 108, 110, 113,
Hakatisten 24, 30, 81
119—123, 142, 145, 146, 162, 163, 165,
Halbfabrikate 16, 17, 21, 29, 34, 35, 36,
172, 173, 176, 177, 178 Import siehe Einfuhr
41. 42
Industrialisierung, industrialisiert 15, 21,
Halden 84, 99, 100 Handel 11, 18, 20, 36, 39, 40, 41, 43, 46,
32. 69
104.
Industrie 13, 19, 20, 21, 29, 31, 32, 33,
116, 122, 128—132, 134, 142, 149, 152,
35. 45. 46. 47. 6 2 - 6 5 , 68, 69, 7 ° . 72, 74.
168, 175. Siehe auch Außenhandel
76, 77, 78, 80, 83, 85, 86, 88, 98, 100,
47. 49. 55. 62, 65, 77, 93.
i°2.
Handelsabkommen 78, 174
108, IIO, 114, 115, 116, 122, 123, 128,
Handelsangestellte 77
129, I38, I39, I42, I44, I47—I5O, I54,
Handelsbeschränkungen 13, 18, 54, 113, Handelsbilanz 19, 20, 34, 36, 40—43, 57, 80, 81, 98, 138, 145, 165, 170, 176
176 Industrie, Eisen- 36, 84, 85, 158, 164 Industrie, Elektro- 149
Handelshaus 77 Handelspolitik, handelspolitisch 10, 50,
Industrie, Metall- 129, 149 Industrie, Montan- 36, 83, 87, 95, 99,
105, 145, 171, 175 Handelspolitischer Ausschuß der Reichs-
102, 147, 148, 167, 169 Industrie, Textil- 32, 34, 98, 102, 149
regierung 58, 145, 154, 176 Handelssperre 43—46, 60, 62, 75, 76, 83, 101, 103, I I I Handelsvertrag
155, 162, l66, 176 Industrie, chemische 32, 129, 149, 169,
114, 124, 137, 145, 146
Industrie, verarbeitende 21, 28, 35, 42, 67, 130, 134.
15,
18,
21,
39,
45,
i65.
!72
Industrie, Zucker- 125
4 7 - 5 ° . 52, 53. 55. 76. 77. 7 8 - 93. 103,
Industrielle 22, 65, 86, 88, 89, 102, 106,
106, 107, 109, 110, 113, 114, 115, 117,
i n , 113, 116, 121, 124, 125, 126, 129,
118, 130, 136, 139, 141, 142, 145, 146,
131, 136, 147, 152, 158, 166, 167, 175,
Sachregister Industrieland 15 Industrieproduktion 12, 14, 17, 19, 33, 53. 7 2 . 75. 80, 164, 165 Industrieschutzgesetzgebung 20 Industriewaren 12, 21, 75, 80, 1x3, 1 1 5 , 166, 169 Inflation 17, 122, 138 Ingenieur 78, 89, 129 Innenpolitik 115, 1 1 7 , 163, 168 Intervention 20, 65, 68, 108, 163 Investition 25, 75, 80 Judenverfolgung 175 Junker 81, 1 1 3 , 1 1 5 , 124, 135, 155, 158, 161, 162 Siehe auch Großagrarier, Großgrundbesitz Kadmiumoxydpulver 56 Kalk 57 Kampfmaßnahmen, Kampfverordnungen 59, 60, 61, 98, 136, 137, 143, 146, 1 5 1 , 154, 159, 160, 169, 1 7 1 , 174 Kapital 14, 15, 20, 24, 26, 27, 30, 39, 53, 62, 63, 64, 75, 77, 87, 89, 91, 98, i n , 122, 134, 137, 145, 148, 154, 176. (Agrarkapital:) 39, 114, 148, 1 5 1 , 152, 156, 161. (Handelskapital:) 76, 114, 175. (Industriekapital:) 39, 76, 114, 1 1 5 , 141, 1 5 1 , 152, 156, 161, 162 Kapitalanlage 15, 25, 1 1 3 Kapitalbeteiligung 27, 35, 65, 142, 155 Kapitalexport 24 Kapitalismus, Kapitalist, kapitalistisch 6, 7, 8, 12, 13, 14, 17, 18, 19, 25, 26, 28, 29, 32, 36, 42, 46, 48, 60, 61, 63, 64, 66, 75, 76, 77, 87, 94, 98, 101, I03, 104, 1 1 3 , 1 3 1 , 133, 139, 141, 142, 148, r J 55. I5Ö. 66, 167, 170, 1 7 1 , 172, 177, 178 Kapitalumschlag 77 Karosserien 57 Kartell 97 Kartoffeln 57, 112, 158 Kaufkraft 14, 15, 20, 80, 114, 166 Klassenkampf 23, 89, 108, 163, 177 Kleidung, Konfektion 37, 38 Koexistenz, friedliche 10, 178
207 Kohle 19, 28, 29, 31, 36, 37, 38, 51, 52, 53. 55-59, 62, 63, 65-76, 83-86, 88, 94—101, 105, 108, 109, 1 1 7 , 118, 123, 124, 129, 134, 138, 141, 143, 146, 147, 149, 1 5 1 , 154, 157, 164—168 Kolonie 7, 14, 20, 24 Kompensation 107, 132 Konjunktur 17, 72, 80, 155 Konkurrenz 12, 14, 15, 19, 25, 36, 39, 61, 62, 63, 65, 68, 69, 70, 73, 77, 95, 97—101, 105, 1 1 3 , 114, 1 1 5 , 122, 128, 129, 143. r59> 161, 167, 172, 175 Konserven 57, 158 Konsumtion, Verbrauch, Konsument, Verbraucher 20, 62, 77, 81, 95, 100, 114, 1 1 7 , 129, 158 Kontingent 31, 51, 55, 56, 59, 64, 66, 71, 72, 83, 1 1 7 , 118, 129, 1 3 1 , 132, 143, 144, 149, 150, 1 5 1 , 154, 1 5 6 - 1 5 9 , 167 Konventionalzoll 14, 15, 52, 53, 55, 1 3 1 , 153 Konzentration 29 Konzern 28, 29, 39, 65, 68, 72, 73, 92, 94, 95, 97, 100, 108, 109, 157 Kosmetika 159 Kraftfahrzeuge 53, 57, 105, 132, 150, 159 Kredit 10, 77, 78, 81, 90, 91, 102, 103, 122, 130 Krieg 7, 8, 9, 13, 17, 28, 105, 114, 119, 120, 1 2 1 , 134, 154, 162, 173, 176. Siehe auch Weltkrieg Kriegsforderungen 64 Kriegsmaterial 19, 47 Kriegsschulden 19, 20 Krise 7, 17, 60, 66, 68, 73, 74, 75, 80, 83, 84, 87, 89, 90, 93, 99, 108, 1 1 3 , 1 1 4 , 130, 138, 152, 161, 164—168, 170, 175 Siehe auch Weltwirtschaftskrise Küchengeräte 57 Kurzarbeit 86, 94, 108, 164 Landwirtschaft 32, 36, 78, 87, 100, 1 1 1 , 1 1 2 , 114, 1 1 5 , 122, 1 2 5 - 1 2 9 , 134, 139, 147, 153, 167, 169 Lebensmittel 14, 16, 17, 34, 35, 36, 41, 42, 43, 80, 102 Leder 150 Lehrer 78
208 Liquidation 24, 25, 27, 45, 58, 92, 104, 106, 107, 110, 153, 154, 155, 159—162
Lohn 25, 66, 73, 75, 77, 86, 94 Margarine 57 Markt 20, 21, 29, 31, 39, 43, 46, 49, 68, 69. 70, 72, 87, 90, 94, 97, 98, 101, 102, IO5, I09, 112, I I 3 , 115, I I 7 , 122, 128, I30, I49, 156, 158, l 6 l , 162, 165, l66,
172. 175 Markt, auswärtiger, Außenmarkt 14, 17,
Sachregister Obertarif 170, 171 Obst 56, 158, 159 Obstruktionspolitik 113 Offizier 78 Opposition 133 Optanten 92, 104 Option 26, 27, 50 Ostforscher 121 Osthilfe 30, 161, 167
N a t i o n 11, 13, 14, 15, 18, 49, 51—55,
Papier 170 Paßschwierigkeiten 81, 86 Pelze 56, 159 Plakat 87 Planwirtschaft 178 Polizei 9, 89 Polonisierung 131 Porzellan 56, 132 Prämie 94, 175 Präventivkrieg 174 Präzisionsinstrumente 53 Preis 18, 19, 35, 36, 60, 72, 75, 80, 87,
76, 78, 116, 129, 131, 137, 143, 153,
96, 97, 99, 100, 114, 128, 129, 130, 154,
19, 61, 63, 95, 97. 149
Markt, innerer, Binnenmarkt 14, 15, 19, 32, 39, 61, 63, 69, 87, 93, 142
Maschinen 20, 37, 38, 39, 47, 53, 56, 57, 77, 102, 129, 150, 166
Maschinenbau 77, 102, 130, 156, 159, 161, 164
Maximalzöll 53, 54, 59, 171 Mehl 57 Meistbegünstigung, meistbegünstigte
I54>
155. 157. 159 Meister 129 Metallindustrie siehe Industrie Militaristen 13, 43, 81 Möbel 56 Modus vivendi 51, 103, 118 Monopol 11, 94, 170. (Ummonopolisierung:) 29 Monopolherren 87, 88, 105, 106 Monopolkapitalismus, Monopolkapital 30, 122
Monopolstellung 38 Montanindustrie siehe Industrie Monteur 129 Musikinstrumente 57, 159 Nachfrage 14, 61, 75, 80, 87, 108, 114 Nation, national, Nationalität 6, 7, 8, 23, 27, 30, 64, 77, 78, 87, 105, 168, 177
Nationalismus, nationalistisch 23, 27, 30,
156, 167, 170, 171
Presse 61, 67, 87, 91, 100, 101, 120, 129, 134. J 47 Privileg 7, 11, 12, 134, 149 Produktion 77, 81, 84, 99, 106, 108, 138, 149, 161, 166, 170. Siehe auch Industrieproduktion Produktionsgüter, -instrumente, -mittel 12, 20, 21, 36, 61
Produktionskosten 129 Produktionspreis 76 Produktionsstandort 36 Produktionsweise 7, 61 Profit, Gewinn 7, 18, 35, 76, 94, 99, 104, 105, 108, i n , 113, 115, 123, 129, 141, 142, 155, 175. (Extraprofit:) 19, 114 Prohibitivzoll 15, 18, 131, 170 Propaganda 6, 10, 27, 108, 115, 144, 148 Protest, Beschwerde 45, 89, 94, 100—104, 107, 148, 150, 155, 156
Neokolonialismus 7 Nichtangriffspakt 120, 174
Protokoll 31, 46, 48, 72, 117, 118, 128, 13°. I 3ö, 137. H 1 . !42, 144. H7. I5 1 » 157. r74> i 7 6
Niederlassung 15, 56, 67, 76—79, 88, 89,
Provisorium 48—55, 130, 136, 147
63, 88, 106
n 6 , 136, 137, 140, 141, 157
Pufferstaat 25
209
Sachregister Quote 97 Räterepublik 90 Ratifikation 168 Rationalisierung 19, 89, 1 1 3 Regierungserklärung 20 Regierungskrise 80, 94 Reichshaushalt 19 Reis 57, 62 Reise, Einreise 77, 137, 157 Reparationen 14, 18, 19, 43, 70, 73, 1 1 4 , 153 Reparatur 77 Revanche, Revanchismus, revanchistisch 6—10, 13, 27, 63, 65, 66, 68, 78, 82, 87, 89, 90, 92, 94, 95, 104, 105, 108, 109, 1 1 0 , 1 1 5 , 1 1 9 , 1 2 1 , 122, 144, 162, 163, 169, 177, 178 Revancheforderungen, Revisionsforderungen 7, 62, 64, 65, 83, 107, 162, 176, 177 Revanchekrieg 6, 9, 176, 177 Revolution 22, 23, 90, 163 Risiko 158 Rohstoffe 1 1 , 12, 15, 16, 17, 19, 29, 3 1 , 34. 35. 36, 41, 42, 43 Saisonstaat 1 2 1 Salzsäure 57 Samen 37, 38 Sanacja 107, 108, 133, 173, 175 Schiedsgericht 25 Schiffahrt 12, 13, 39, 45, 46, 95, 1 0 1 , 106, 108, 1 5 1 Schirme 159 Schrott 37, 38, 124, 129 Schuhe 159 Schule 89 Schwefelsäure 3 1 , 56, 60 Schweine 37, 38, 57, 1 1 2 , 1 1 8 , 144, 1 5 1 , 153. 154, 156, 158 Seife 159 Selbstbestimmungsrecht 8, 22 Sequestration 26 Seuchenschutz 158 Silberwaren 159 Souveränität, souverän 12, 14, 66, 139, 140 14 Puchert, Wirtschaftskrieg
Sozialgesetzgebung 30 Sozialismus, sozialistisch 7—10, 13, 20, 2 1 , 23, 47, 66, 162, 173, 177, 178 Sozialversicherung 66 Speck 57 Spielwaren 150, 159 Spionage 9 Staatsangehörigkeit 50, 78 Staatsfinanzen 22, 94, 138 Stabilisierung, relative 1 6 1 Stahl 5 1 , 84, 106, 129, 134 Stahlwerk 57 Standgeld 95 Stärke 57 Status quo 52, 55, 58, 150 Steinröhren 57 Steuern 1 1 , 19, 94, 95, 97, 103 Stillhalteabkommen 1 5 1 Streik 30, 108, 109, 123, 157 Syndikat 75 Teilung Polens 32, 77, 1 2 3 Teppiche 57, 159 Terror 108 Textilien 57, 1 0 1 , 132, 150, 159, 170 Textilindustrie siehe Industrie Textilmaterial 37, 38 Tiere, lebende 15, 34—38, 4 1 , 1 1 2 , 1 1 7 , 1 1 8 , 143, 146, 149, 1 5 3 Transfer 19, 35 Transit siehe Durchfuhr Transport 36, 39, 45, 46, 47, 74, 95, 98, 1 0 1 , 108. Siehe auch Eisenbahn, Schiffahrt Übersee 12, 105, 122 Umsatz 33, 40—43, 46, 93, 178 Valuta siehe Währung Verarbeitende Industrie siehe Industrie Verbrauch, Verbraucher siehe Konsumtion Veredlung 2 1 , 29 Verelendung 13, 18, 28, 1 1 4 Verkaufsbedingungen 97, 100 Verkaufsgemeinschaft 129 Verkehr 45, 75. Siehe auch Transport Verkehrsmittel 37, 38. Siehe auch Eisenbahn, Schiffahrt
210 Verkehrsverbindung 36, 39, 103, 1 1 5 Verladeeinrichtungen 95 Vermittlung, Vermittlungshandel 39, 145. 1 5 1 Verschuldung 22, 43 Vertrauensfrage 94 Veterinär, veterinärpolizeilich 78, 1 1 7 , 128, 136, 143, 146, 156 Vieh siehe Tiere, lebende Viehfutter 37, 38 Volksabstimmung 22, 23, 24, 27, 30, 89. (Abstimmungsberechtigung) 28. (Abstimmungsgebiet:) 25 Volksmassen 8, 94, 95 Vorkriegszeit (vor 1914) 16, 17, 2 1 , 3 1 , 32, 69, 70, 71, 73, 78, 142, 165 Vorrecht siehe Privileg Waffen 57 Wahlkampf 88, 89 Währung 14, 18, 19, 43, 57, 80, 87, 90, 98, 1 2 1 , 122, 123, 130, 137, 138, 140, 170 Wäsche 57, 159 Wein 159 Weiterverarbeitung siehe Industrie, verarbeitende Weltaußenhandel 12, 20 Weltherrschaft 6, 8, 9, 173, 176 Weltindustrieproduktion 12 Weltkrieg 6, 24, 25, 28, 32, 43, 62, 80, 81, 82, 134, 174, 178. Siehe auch Krieg Weltmarkt 12, 13, 15, 18, 19, 36 Weltwirtschaftskonferenz 127, 135, 137, 1 4 1 , 145, 146, 169 Weltwirtschaftskrise 152, 164, 166, 175. Siehe auch Krise Werkleitung 88, 98 Werktätige 8, 13, 17, 30. Siehe auch Arbeiter, Volksmassen Wettbewerb, unlauterer 12
Sachregister Wiederaufbaumarkt 14 Wiederkaufsrecht 92 Wirtschaftsabkommen 147 Wirtschaftskatastrophe 83 Wirtschaftskrise siehe Krise, Weltwirtschaftskrise. Wirtschaftspolitik 10, 62, 63, 81, 103, 104, 1 1 2 , 122, 1 4 1 , 1 5 1 , 162. Siehe auch Außenhandelspolitik, Handelspolitik Wirtschaftspotential 12, 1 3 Wirtschaftsvertrag (vom 17. März 1930) 157-165 Wohlstand 13 Zahlungsbilanz 34, 57 Zirkulationskosten 76 Zink, Zinkerz 28, 3 1 , 37, 38, 56 Zinkhütten, Zinkindustrie 28, 57, 84, 85 Zoll, Zolltarif 1 1 , 21, 32, 52—55, 57, 59, 90, 1 1 3 , 129, 137, 140, 143, 146, 153, 154, 160, 174, 176 Siehe auch Einfuhrzoll, Konventionalzoll, Maximalzoll, Obertarif, Prohibitivzoll Zollabgabe 31 Zollbindung 48, 1 1 4 , 1 3 1 , 167 Zollerhöhung 58, 59, 1 1 4 , 1 1 7 , 138, 1 6 1 , 169 Zollfrei 2 1 , 29, 3 1 , 52, 53, 56, 7 1 , 73 Zollgebiet 21, 3 1 , 54, 157, 158 Zollgrenze 2 1 , 29, 32 Zollreform 55 Zollschranken 15, 81, 1 1 4 , 134 Zollunion 40 Zollvalorisation 138, 139, 140 Zollvergünstigung, Zollermäßigung 26, 53. m . " 4 . I 2 9 . 137. !4°. J44> I 5 I . 155, 157. 159, 167 Zollvorschriften 1 1 , 137 Zollwünsche 48, 150 Zuckerindustrie siehe Industrie Zyklische Entwicklung 17, 1 1 3