Die Dolchstoßlegende: Eine Geschichtsfälschung im Dienst des deutschen Imperialismus und Militarismus [Reprint 2021 ed.] 9783112582763, 9783112582756


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German Pages 152 [153] Year 1963

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Die Dolchstoßlegende: Eine Geschichtsfälschung im Dienst des deutschen Imperialismus und Militarismus [Reprint 2021 ed.]
 9783112582763, 9783112582756

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DEUTSCHE A K A D E M I E DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN SCHRIFTEN DES INSTITUTS FÜR GESCHICHTE R E I H E I: A L L G E M E I N E U N D D E U T S C H E

GESCHICHTE

B A N D 18

JOACHIM PETZOLD

Die Dolchstoßlegende Eine Geschichtsfälschung im Dienst des deutschen Imperialismus und Militarismus

AKADEMIE-VERLAG- BERLIN.

1963

Erschienen im Akademie-Verlag GmbH, Berlin W 8, Leipziger StraBe 3 - 4 Copyright 1962 by Akademie-Verlag GmbH Lizenznummer: 202 • 100/144/62 Gesamtherstellung: IV/2/14 • V E B Werkdruck Gräfenhainichen • 1874 Bestellnummer: 2083/I/18 • E S 14 E • Preis 1 2 , - DM

INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung

i

I. Kapitel Die Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende

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I I . Kapitel Die Entstehung der Dolchstoßlegende

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I I I . Kapitel Die Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende

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IV. Kapitel Der Streit um die Dolchstoßlegende

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V. Kapitel Die Dolchstoßlegende in der Gegenwart

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Literaturverzeichnis

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Personenregister

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EINLEITUNG

Es gibt kaum ein Buch über die Geschichte Deutschlands im ersten Weltkrieg, in dem nicht von der Dolchstoßlegende die Rede wäre. Es gibt keinen Historiker, den die Beschäftigung mit der Novemberrevolution nicht zur Parteinahme in den Auseinandersetzungen um die Dolchstoßlegende gezwungen hätte. Wer auch immer von der ideologischen Vorbereitung der faschistischen Diktatur und des zweiten Weltkrieges in Deutschland spricht, der kann an der Dolchstoßlegende nicht achtlos vorübergehen. Wo ein Beispiel für eine als Legende verschleierte Geschichtslüge der deutschen Vergangenheit gesucht wird, dort wird man sich der Dolchstoßlegende erinnern. Es gibt wahrhaftig nur wenige Geschichtsfälschungen, die eine für das deutsche Volk ebenso verhängnisvolle Bedeutung erlangten und die gleichermaßen zum Inbegriff der politischen Zwecklüge wurden wie die Dolchstoßlegende. In ihr verkörpert sich die Ideologie des deutschen Imperialismus - der Geist des Militarismus und des Faschismus. In ihr äußert sich eine jahrzehntelange, systematische Verfälschung der nationalen Interessen des deutschen Volkes und der Ursachen seiner Katastrophen. Der Dolchstoßlegende liegt die Behauptung zugrunde, daß das deutsche Heer im ersten Weltkrieg militärisch nicht überwunden, sondern durch innenpolitische Auseinandersetzungen zu Fall gebracht wurde und daß die Verantwortung für die nationale Katastrophe des deutschen Volkes der „Dolchstoß der Heimat" trägt. Darunter verstanden die Vertreter der Dolchstoßlegende in erster Linie den revolutionären Kampf der Spartakusgruppe gegen Imperialismus und Krieg, der in den großen Streikkämpfen der Jahre 1917 und 1918 und schließlich in der Novemberrevolution am sichtbarsten zum Ausdruck gekommen war, und die politische Tätigkeit der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei, in der sich während des ersten Weltkrieges der größte Teil des revolutionären deutschen Proletariats politisch organisiert hatte. Darunter verstanden zahlreiche Vertreter der Dolchstoßlegende aber auch die Politik der vor der Novemberrevolution die Reichstagsmehrheit bildenden Parteien; denn die von Sozialchauvinisten geführte Sozialdemokratische Partei, der linke Flügel des katholischen Zentrums und die liberalisierende Fortschrittliche Volkspartei hatten in kritischen Situationen aus Furcht vor der heranreifenden Revolution und der militärischen Niederlage innenpolitische Reformen und einen Kompromißfrieden mit der Entente gefordert. Der unmittelbare Ausdruck dieser Politik waren die sogenannte Friedensresolution des Reichstages vom Juli 1917, die Debatten um die Abschaffung des preußischen Dreiklassenwahlrechtes und schließlich die als „Revolution von oben" gekennzeichnete politische Tätigkeit der Regierung des Prinzen Max v. Baden gewesen.

2

Einleitung

Die Dolchstoßlegende war jedoch lediglich eine Erscheinungsform der imperialistischen Ideologie und keineswegs die einzige Geschichtsfälschung über den ersten Weltkrieg. Mit ihrer Hilfe sollte die Verantwortung für die Niederlage im Kriege von den deutschen Imperialisten und Militaristen abgewälzt werden. Sie stand im engsten Zusammenhang mit der Kriegsschulddiskussion in Deutschland, deren Zweck war, den deutschen Imperialismus und Militarismus von der Verantwortimg für die Entfesselung des Krieges zu entlasten und alle Schuld der Entente - vor allem Rußland - zuzuschieben. In beiden Fällen ging es um die Verschleierung der Ursachen und der Urheber für die mit dem ersten Weltkrieg verbundene nationale Katastrophe des deutschen Volkes im Interesse einer Erhaltung der kapitalistischen Klassenherrschaft und der Vorbereitung eines Revanchekrieges. Dem gleichen Ziele diente auch die unausgesetzte Glorifizierung der Leistungen und Fähigkeiten des deutschen Generalstabes unter Hindenburgs und Ludendorffs Führung. Alle diese Geschichtsfälschungen entsprachen unmittelbar den Interessen und Plänen der deutschen Imperialisten und Militaristen. Sie waren untrennbar verbunden mit solchen grundlegenden Erscheinungsformen der deutschen imperialistischen Ideologie wie dem Antikommunismus und dem Antisemitismus und ordneten sich ein in das weitgespannte System neuer ideologischer Kriegsvorbereitungen des deutschen Imperialismus. Erst in diesem Rahmen erlangte die Dolchstoßlegende ihre volle Wirkungskraft und Bedeutung. Erst in diesem Zusammenhang konnte sie in den Jahren zwischen 1918 und 1945 eine für das deutsche Volk so verhängnisvolle Rolle spielen und wirksam zum Wiedererstarken des deutschen Imperialismus und Militarismus, zur Auflösung der Weimarer Republik, zur Errichtung der faschistischen Diktatur und insgesamt zur Vorbereitung des zweiten Weltkrieges und zu seiner rücksichtslosen Durchführung beitragen. Allgemein gesehen war die Dolchstoßlegende vor allem eine ideologische Reflexion und ein wesentlicher Bestandteil des Klassenkampfes zwischen Bourgeoisie und Proletariat. In ihr spiegelte sich der antagonistische Konflikt zwischen den deutschen Imperialisten und Militaristen auf der einen und dem revolutionären Flügel der deutschen Arbeiterbewegung auf der anderen Seite. In ihr kamen aber auch die Richtungskämpfe innerhalb der herrschenden Klasse zum Ausdruck, denen letzten Endes ökonomische Interessen zugrunde lagen und die sich vornehmlich um die Beherrschung des Staatsapparates drehten. Infolgedessen entbrannte der Streit um die Dolchstoßlegende zur Zeit der Weimarer Republik mit besonderer Schärfe und stand jahrelang im Vordergrund der innenpolitischen Auseinandersetzungen in Deutschland. Die Bedeutung der Dolchstoßlegende beschränkt sich jedoch keineswegs nur auf die Vergangenheit. Die in ihr enthaltenen politischen Zwecklügen haben ihre Rolle bis heute noch nicht ausgespielt. Sie erweisen sich vielmehr als wesentliche Bestandteile der imperialistischen Ideologie schlechthin. Sie haben in der Gegenwart zumeist nur die Form gewechselt und in neuen, ähnlich gearteten Geschichtslegenden Ergänzung gefunden. Das bestätigten - abgesehen von direkten Neuauflagen der Dolchstoßlegende - schon allein die Diffamierung der kommunistischen

Einleitung

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Widerstandsbewegung gegen den Faschismus und die Verfälschung der Geschichte des zweiten Weltkrieges in der westdeutschen Geschichtsschreibung. Genau wie nach dem ersten Weltkrieg bedienen sich die deutschen Imperialisten und Militaristen in der Gegenwart der Geschichtslegende, der Geschichtsfälschung, um ihre Verbrechen zu verschleiern, ihre längst anachronistisch gewordene Herrschaft zu rechtfertigen und erneut die ideologische Voraussetzung für die Verwirklichung ihrer Kriegspläne zu schaffen. Somit ergibt sich für eine wissenschaftliche Untersuchung der Dolchstoßlegende von vornherein die Notwendigkeit, bei der Erforschung dieser Teilerscheinung der imperialistischen Ideologie in der Vergangenheit ihre Ausdrucksformen und ihre Wirksamkeit in der Gegenwart zu beachten. Es kann dabei jedoch nur auf die wichtigsten Beispiele und Zusammenhänge verwiesen werden. Es ginge auch zu weit, den zahlreichen Vertretern der Dolchstoßlegende und ihren oftmals sich widersprechenden Auffassungen in allen Einzelheiten nachzugehen. Es kommt vielmehr darauf an, die wesentlichen Züge der Dolchstoßlegende am Beispiel ihrer wichtigsten und bekanntesten Vertreter herauszuarbeiten. Methodisch wird auf eine genaue, zumeist wortgetreue Wiedergabe der markantesten Stellungnahmen Wert gelegt werden. Auf diese Weise soll ein exaktes, anschauliches und leicht überprüfbares Bild von den verschiedenen Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende und ihren Hauptvertretern entstehen. Es wird sich dabei zeigen, daß die scheinbar verwirrende Vielfalt der Meinungen, in denen die Dolchstoßlegende zum Ausdruck kam, auf einige wenige Grundformen zurückgeführt werden kann. Eine ausführliche und umfassende Darlegung der Rolle, welche die Dolchstoßlegende in den politischen Auseinandersetzungen zwischen 1918 und 1945 gespielt hat, ist nicht vorgesehen. Sie würde auf die Behandlung vieler Einzelheiten der deutschen Geschichte während dieser Zeit hinauslaufen; denn es gibt kaum größere innenpolitische Konflikte, in denen die Dolchstoßlegende nicht in dieser oder jener Form in Erscheinung getreten wäre. Es ist auch nicht beabsichtigt, den Niederschlag und die Funktion der Dolchstoßlegende in der faschistischen Propaganda eingehender zu untersuchen. Besondere Aufmerksamkeit wird stattdessen der Frage gewidmet: Wie wurde und wer hat mit Hilfe der Dolchstoßlegende grundlegend zur Zerstörung der Weimarer Republik, zur Wegbereitung für die faschistische Diktatur und insgesamt zur Vorbereitung des zweiten Weltkrieges beigetragen? Da die Beurteilung der Dolchstoßlegende untrennbar mit dem Charakter des ersten Weltkrieges und den Ursachen für die Niederlage des deutschen Imperialismus einerseits und der Einschätzung des revolutionären Kampfes gegen Imperialismus und Krieg andererseits verbunden ist, wird von der Beantwortung dieser Grundfragen ausgegangen. Diese Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende fußt auf Analysen und Schlußfolgerungen Lenins. Sie stützt sich ferner auf Reden und Artikel von Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Franz Mehring, Wilhelm Pieck, Ernst Thälmann und Walter Ulbricht sowie auf die Ergebnisse der marxistischleninistischen Geschichtsforschung über den ersten Weltkrieg und die November-

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Einleitung

revolution.1 Zur Frage der Gesetzmäßigkeit der Niederlage des deutschen Imperialismus im ersten Weltkrieg seien außer den Bemerkungen von Walter Ulbricht2 in erster Linie die Ausführungen der sowjetischen Historiker G. A. Deborin, G. F. Sastawenko und B. S. Telpuchowski3 genannt. Die nationale Bedeutung des revolutionären Kampfes gegen Imperialismus und Krieg wurde überzeugend in den Thesen des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands zum 40. Jahrestag der Novemberrevolution und zum 10. Jahrestag der Gründung der D D R 4 , in den Erläuterungen durch Walter Ulbricht5 und in den Arbeiten von Walter Bartel, Albert Schreiner und Leo Stern6 dargestellt. Die Auseinandersetzung mit den bürgerlichen Einwänden gegen die Dolchstoßlegende knüpft an die Untersuchungen des sowjetischen Historikers A. I. Danilow über die deutschen Historiker der „liberalen" Schule während des ersten Weltkrieges

1

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5

6

Vgl. Literaturverzeichnis, Teil I : Marxistisch-leninistische Literatur zu den Problemen des ersten Weltkrieges und der Novemberrevolution. Ulbricht, Walter, Die Unvermeidlichkeit der Niederlagen des deutschen Imperialismus in zwei Weltkriegen und die Lehren daraus. In: „Einheit", 14. Jg., Heft 3, März 1959, S. 361—377. Deborin, G.A./ Sastawenko, G. F. / Telpuchowski, B. S., Zu den Ursachen der Niederlage des deutschen Imperialismus in den beiden Weltkriegen. In: „Sowjetwissenschaft. Gesellschaftswissenschaftliche Beiträge", J g . 1959, Heft 9, S. 1018—1044. (Übersetzung aus: „Bonpocu hctophh" J g . 1959, Nr. 5.) Die Novemberrevolution igi8 in Deutschland. Thesen des Zentralkomitees zum 40. Jahrestag der Novemberrevolution. In: „Einheit", 13. Jg., Heft 10, Oktober 1958, S. 1 3 7 7 - 1 4 0 3 . Thesen des Politbüros des ZK zum 10. Jahrestag der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik. In: „Einheit", 14. Jg., Heft 9, September 1959, S. 1 2 4 3 - 1 2 6 3 . Ulbricht, Walter, Begründung der Thesen über die Novemberrevolution 1918. Referat auf der 2. Tagung des Zentralkomitees der S E D . In: „Einheit", 13. Jg., Heft 10, Oktober 1958, S. 1404—1427. Ulbricht, Walter, Des deutschen Volkes Weg und Ziel. In: „Einheit", 14. Jg., Heft 9, September 1959, S. 1169—1242. Bartel, Walter, Die Linken in der deutschen Sozialdemokratie im Kampf gegen Militarismus und Krieg, Berlin 1958. Schreiner, Albert, Zur Geschichte der deutschen Außenpolitik 1871—1945. Bd. 1 : 1871—1918. Von der Reichseinigung bis zur Novemberrevolution, Berlin 1955. Schreiner, Albert, Auswirkungen der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution auf Deutschland vor und während der Novemberrevolution. In: Kommission der Historiker der D D R und der U d S S R . Protokoll der wissenschaftlichen Tagung in Leipzig vom 25. bis 30. November 1957 zwei Bänden. Bd. 1 : Die Oktoberrevolution und Deutschland. Referate und Diskussion zum Thema: Der Einfluß der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution auf Deutschland. Verantwortlich für die Redaktion: Albert Schreiner, Berlin 1958. Stern, Leo, Der Einfluß der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution auf Deutschland und die deutsche Arbeiterbewegung, Berlin 1958.

Einleitung

5

und der Novemberrevolution an.7 Die Bemerkungen zur westdeutschen Geschichtsschreibung über den zweiten Weltkrieg stützen sich vornehmlich auf die Protokolle der beiden deutsch-sowjetischen Historikertagungen von 1957 und 1959.8 Den vorliegenden Ausführungen über die Dolchstoßlegende liegt meine Dissertation zugrunde, die auf Anregung und unter Betreuung von Herrn Prof. Dr. Albert Schreiner am Institut für Geschichte bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin entstand und im Juni 1961 an der Humboldt-Universität zu Berlin verteidigt wurde. Ich bin Herrn Prof. Dr. Albert Schreiner, der in zahlreichen Konsultationen besonderes Gewicht auf die Herausarbeitung des Klassencharakters der Dolchstoßlegende und der nationalen Bedeutung des revolutionären Kampfes gegen Imperialismus und Krieg legte, für seine wertvollen Ratschläge und seine helfende Kritik zu großem Dank verpflichtet. Mein Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. Heinrich Scheel, der sich freundlicherweise bereit erklärte, die Dissertation zusammen mit Herrn Prof. Dr. Albert Schreiner zu begutachten und dessen Einwände bei der Überarbeitung der Dissertation Berücksichtigung fanden. Vor der Drucklegung wurde das Manuskript schließlich von Freunden und Kollegen am Institut für Geschichte gelesen und diskutiert. Für diese Unterstützung meiner 'Arbeit danke ich vornehmlich Frau Dr. Marion Einhorn, Frau Esther Paulus, Herrn Dr. Fritz Klein und Herrn Günter Schmidt. Berlin, im Dezember 1 9 6 1 Joachim Petzold 7

8

Danilow, A.I., Die deutschen bürgerlichen Historiker der „liberalen Schule" während des ersten Weltkrieges und der Revolution von 1 9 1 8 bis 1919. In: ,,Sowjetwissenschaft. Gesellschaftswissenschaftliche Beiträge", Jg. 1959, Heft 3, S. 300—317 (Übersetzung aus: „HoBan h H O B e ö m a n hctophh" J g . 1958, Nr. 5.) Kommission der Historiker der D D R und der U d S S R . Protokoll der wissenschaftlichen Tagung in Leipzig vom 25. bis 30. November 1957 zwei Bänden, Berlin 1959; Bd. 1 : Die Oktoberrevolution und Deutschland, Bd. 2: Probleme der Geschichte des zweiten Weltkrieges. Der deutsche Imperialismus und der zweite Weltkrieg. Materialien der wissenschaftlichen Konferenz der Kommission der Historiker der D D R und der U d S S R zum Thema: „Der deutsche Imperialismus und der zweite Weltkrieg" vom 14. bis 19. Dezember 1959 in Berlin, Bd. 1 : Hauptreferate und Dokumente der Konferenz, Berlin i960. Bd. 2 : Beiträge zum Thema: Die Vorbereitung des zweiten Weltkrieges durch den deutschen Imperialismus, Berlin 1961.

I. K A P I T E L

Die Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende Warum ist die Dolchstoßlegende eine Geschichtsfälschung? Die Antwort auf diese Frage bildet die Grundlage für die Beurteilung der Dolchstoßlegende; denn sie führt unmittelbar an den historischen Kern und den politischen Zweck der Lüge vom Dolchstoß der Heimat im ersten Weltkrieg heran. Die Antwort auf diese Frage geht aber auch weit über den Rahmen einer Polemik gegen die Dolchstoßlegende hinaus ; denn sie berührt entscheidende Lebensfragen unseres Volkes in Vergangenheit und Gegenwart. Die Probleme, die eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende zum Inhalt hat, heißen : Wer vertrat im ersten Weltkrieg die nationalen Interessen des deutschen Volkes? und Wer trägt die Schuld an seiner nationalen Katastrophe? An dieser Fragestellung scheiden sich die Geister. Im allgemeinen wird zwar gegenwärtig die Dolchstoßlegende als eine Geschichtslüge angesehen. Die Kriterien jedoch, an denen die marxistisch-leninistischen und die bürgerlichen Historiker die Dolchstoßlegende messen, stimmen keineswegs überein. Lediglich die militärische Niederlage des deutschen Imperialismus im ersten Weltkrieg wird nicht mehr umstritten, die Frage nach ihrer Vermeidbarkeit dagegen findet bereits eine unterschiedliche Beantwortung. Vor allem aber wird von bürgerlicher und sozialdemokratischer Seite weiterhin der Versuch gemacht, einen Widerspruch zwischen den nationalen Interessen des deutschen Volkes auf der einen und den revolutionären Zielen und internationalen Verpflichtungen der deutschen Arbeiterbewegung auf der anderen Seite zu konstruieren. So kommentierte der belgische Historiker Henri Haag - der sich ansonsten deutlich von der Dolchstoßlegende abgrenzte - in seinem Referat über „Die deutsche Sozialdemokratie und der erste Weltkrieg" auf dem Stockholmer Historikerkongreß von i960 die Bewilligung der Kriegskredite am 4. August 1914 mit den Worten: „Die Sozialisten . . . waren gezwungen, sich zwischen ihrem Internationalismus und ihrer Treue zum Vaterland zu entscheiden." 1 Noch klarer wurde seine Auffassung sichtbar, als er den kommunistischen Historikern unterstellte: „Das Wohl des deutschen Vaterlandes spielt keine Rolle mehr, sondern einzig und allein das Wohl der kommunistisch-bolschewistischen Revolution." 2 Es ist offensichtlich, daß mit 1

Haag,

Henri,

L a S o c i a l - D é m o c r a t i e A l l e m a n d e et la première guerre mondiale.

I n : C o m i t é I n t e r n a t i o n a l des Sciences Historiques. X I e Congrès International des Sciences Historiques. S t o c k h o l m 21—28 A o û t i 9 6 0 : R a p p o r t s . V . Histoire Contemporaine, G ö t e b o r g / S t o c k h o l m / U p p s a l a i960, S. 70. 2 E b e n d a , S. 75.

Kapitel I. Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende

7

diesen Behauptungen auch die Problematik einer Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende berührt wurde; denn es kann schließlich nur dann von einem „Dolchstoß" der Heimat oder der revolutionären Arbeiterbewegung gesprochen werden, wenn die Politik des deutschen Imperialismus dem Wohle des deutschen Volkes gedient und der revolutionäre Kampf gegen Imperialismus und Krieg im Widerspruch zu den nationalen Interessen gestanden hätte. Die beste Probe auf diese Unterstellung ist die Geschichte des ersten Weltkrieges selbst. Es liegt ohnehin auf der Hand, daß die Widerlegung der Dolchstoßlegende eine Auseinandersetzung mit den politischen und militärischen Ereignissen der Kriegsjahre erfordert; denn durch die Dolchstoßlegende wurden schließlich die Ursachen für die Niederlage des deutschen Imperialismus verfälscht. Der erste Weltkrieg ist aber auch das Ergebnis und die Fortsetzung einer jahrzehntelangen ökonomischen und politischen Entwicklung in der Welt und ganz besonders in Deutschland. Er verkörpert gleichsam die Folgen einer imperialistischen und militaristischen Politik. Im Kampf gegen den Krieg kommen dagegen die Traditionen und Ziele der revolutionären Arbeiterbewegung zum Ausdruck. Die Probleme des ersten Weltkrieges sind deshalb Probleme einer ganzen Geschichtsperiode, die durch die Herrschaft der imperialistischen Bourgeoisie und den Ansturm des revolutionären Proletariats gegen das kapitalistische Gesellschaftssystem gekennzeichnet ist. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen um den ersten Weltkrieg steht das Urteil über seinen Charakter. Die Politiker und Ideologen des deutschen Imperialismus waren sich der entscheidenden Bedeutung dieser Frage wohl bewußt. Sie versuchten mit allen Mitteln, den Eindruck zu erwecken, als sei der erste Weltkrieg von Seiten Deutschlands ein gerechter Verteidigungskrieg gegen die Drohungen der Entente und vornehmlich des zaristischen Rußlands gewesen. Mit der gleichen Behauptung begründeten die rechten sozialdemokratischen Führer ihre berüchtigte Burgfriedenspolitik und die Bewilligung der Kriegskredite. Die Unterstellung, daß der erste Weltkrieg deutscherseits ein gerechter Verteidigungskrieg gewesen wäre und daß demzufolge eine entschiedene Kriegführung den nationalen Interessen des deutschen Volkes entsprochen hätte, bildete auch die Grundlage der Dolchstoßlegende. Sie gestattete ein moralisches Verdammungsurteil über alle jene politischen Kräfte, welche die Kriegspolitik der deutschen Imperialisten bekämpft oder nicht rückhaltlos unterstützt hatten. In Wahrheit jedoch ist der erste Weltkrieg von vornherein und von beiden Seiten ein ungerechter, ein imperialistischer Krieg gewesen. Sein wesentlichster Inhalt war - wie Lenin bereits unmittelbar nach Kriegsbeginn feststellte - der Kampf tun die Neuaufteilung der Welt unter die imperialistischen Großmächte. 3 Auf der einen Seite standen der ökonomisch starke, durch die Ungleichmäßigkeit der kapitalistischen Entwicklung aber bei der Aufteilung der Welt zu spät gekommene deutsche Imperialismus und sein von innerer Auflösung bedrohter und daher außenpolitische Erfolge suchender wichtigster Bundesgenosse Österreich-Ungarn. 3

Lenin,

W. I., Werke, B d . 21, Berlin i960, S. 1 bzw. S. i 3 f .

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Kapitel I. Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende

Auf der anderen Seite standen die nach Erhaltung und Erweiterung ihrer Macht strebenden und die deutsche Konkurrenz fürchtenden englischen und französischen Imperialisten. Mit ihnen verbunden waren der russische Zarismus, welcher im Kriege gleichermaßen Rettung vor der Revolution als auch territoriale Eroberungen suchte, und zahlreiche von den Mittelmächten bedrohte oder auf ihre Niederlage spekulierende Länder. Im Rücken der Entente stand schließlich der amerikanische Imperialismus, der den Krieg vor allem als eine ungeheure Profitquelle betrachtete. Der deutsche Imperialismus und sein österreichisch-ungarischer Bundesgenosse hatten seit der Zeit um die Jahrhundertwende bereits mehrfach Anlauf genommen, um ihren Einfluß und ihre Territorien gewaltsam zu vergrößern. Die Folgen waren die an den Rand von Kriegen heranführenden Marokkokrisen und eine Zuspitzung der ohnehin komplizierten Lage auf dem Balkan. Im Sommer 1914 hielt der deutsche Imperialismus schließlich - gestützt auf seine gewaltige Kriegsmaschine und seine Blitzkriegspläne - die Zeit zur großen Auseinandersetzung für gekommen und trieb zu einem Kriege, auf den zwar auch seine Konkurrenten Kurs genommen hatten, der aber dennoch vor allem durch den deutschen Imperialismus entfesselt wurde. In Erkenntnis dessen schrieb Lenin schon kurz nach Kriegsbeginn: „Die deutsche Bourgeoisie, die das Märchen auftischt, sie führe einen Verteidigungskrieg, hat in Wirklichkeit den von ihrem Standpunkt aus günstigsten Zeitpunkt für den Krieg gewählt, um ihre letzten Errungenschaften in der Kriegstechnik auszunutzen und den von Rußland und Frankreich bereits vorgesehenen und beschlossenen neuen Rüstungen zuvorzukommen."4 Der ungerechte Charakter des Krieges von seiten Deutschlands zeigt sich mit besonderer Deutlichkeit in den Kriegszielen der deutschen Imperialisten und Militaristen. Selbst der bekannte bürgerliche Historiker Hans Delbrück, der zwar unablässig bemüht war, die Kriegsschuld des deutschen Imperialismus in Abrede zu stellen und die Verantwortung für den Kriegsausbruch ausschließlich der Entente zuzuschieben, mußte eingestehen, daß von deutscher Seite im Kriege eine Welthegemonie angestrebt worden war.5 Gegenwärtig aber verschleiert und verfälscht die überwiegende Mehrzahl der bürgerlichen Historiker in Westdeutschland nach wie vor diese Tatsache. Im allgemeinen lassen sich dabei zwei Hauptrichtungen erkennen. Die einen leugnen neben der Kriegsschuld auch die Weltherrschaftspläne des deutschen Imperialismus und verurteilen lediglich die Kriegstreibereien und die Kriegspläne der Entente. Als ein typischer Vertreter dieser Richtung kann Walther Hubatsch angesehen werden.6 Die anderen versuchen mehr oder weniger 4 5

6

Ebenda, S. 14. Das Werk des Untersuchungsausschusses der Deutschen Verfassunggebenden Nationalversammlung und des Deutschen Reichstages 1919—1928. Vierte Reihe: Die Ursachen des Deutschen Zusammenbruchs im Jahre 1918, B d . 3, S. 278. Die vierte Reihe des Werks des Untersuchungsausschusses wird fortan zitiert: Die Ursachen des Deutschen Zusammenbruchs im Jahre 1918. Hubatsch, Walther, Der Weltkrieg 1914—1918. In: Handbuch der Deutschen Geschichte. Begründet von Prof. Dr. Otto Brandt. Fortgeführt von Prof. Dr.

Kapitel I. Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende

9

alle imperialistischen Regierungen von der Verantwortung für den Krieg zu entlasten und den Völkern einen Drang zum Kriege zu unterstellen. Diese nicht minder den Interessen der deutschen Imperialisten und Militaristen dienende Geschichtsfälschung wurde neuerdings vornehmlich von Karl Dietrich Erdmann vertreten.7 Sehr oft findet sich dazu noch die besonders bei Walther Hubatsch ausgeprägte Behauptung, daß die bekannten deutschen Annexionsprogramme lediglich von den angeblich unbedeutenden alldeutschen Kreisen und den rechtsstehenden Parteien aufgestellt worden seien und keinen Einfluß auf die Regierungspolitik erlangt hätten.8 In Wahrheit aber war der Alldeutsche Verband die ideologische Zentrale und das wichtigste Sprachrohr der deutschen Imperialisten und Militaristen vor und während des ersten Weltkrieges. In Wahrheit hat gleich nach Kriegsbeginn eine Welle des Annexionismus begonnen, die ganz im Zeichen der berüchtigten Denkschrift von Heinrich Claß9, des Vorsitzenden des Alldeutschen Verbandes, stand und die den räuberischen Charakter des Krieges von Seiten des deutschen Imperialismus unmißverständlich enthüllte. Vorbei war das Gerede vom ausschließlichen Schutz der deutschen Grenzen, das man in den ungewissen Augusttagen von 1914 noch für notwendig erachtet hatte. Nachdem die deutschen Armeen tief in die an Deutschland grenzenden Länder der Entente eingedrungen waren, wurde die Maske des Verteidigungskrieges fallengelassen. Aus allen Kreisen der Bourgeoisie und des Großgrundbesitzes bestürmte man die deutsche Regierung, der aus innenund außenpolitischen Gründen an und für sich ein Verschweigen der wahren Kriegsziele lieber gewesen wäre, mit Annexionsforderungen. Im Hintergrund dieser Bewegung standen als Drahtzieher die entscheidenden Vertreter des deutschen Monopolkapitals. So forderten Stinnes, Kirdorf, Hugenberg - damals noch Direktor der Kruppwerke - und schließlich Krupp von Bohlen und Halbach selbst die Annexion Belgiens, des Erzbeckens von Briey und Longwy sowie großer Gebiete im Osten Deutschlands, ganz zu schweigen von einer gewaltigen Ausdehnung des deutschen Kolonialreiches. Neben ihnen standen die großen Industrieund Agrarverbände mit den gleichen Forderungen.10 In ihrem Sinne verfaßten führende Vertreter der bürgerlichen Intelligenz an den Universitäten und Schulen die berüchtigte „Professoren"-Petition. Selbst in den sich liberal und kompromiß-

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8 9

10

Arnold Oskar Meyer. Neu herausgegeben unter Mitwirkung zahlreicher Historiker von Prof. Dr. Just, Mainz, Bd. 4, Abschnitt 2, Konstanz o. J . (1955), S. 7. Erdmann, Karl Dietrich, Die Zeit der Weltkriege. In: Gebhardt, Bruno: Handbuch der deutschen Geschichte, Achte, völlig neu bearbeitete Auflage, herausgegeben von Herbert Grundmann, Bd. 4, Stuttgart 1959, S. 22. Hubatsch, Walther, a. a. O., S. 32. Claß, Heinrich, Denkschrift betreffend die national-, wirtschafts- und sozialpolitischen Ziele des deutschen Volkes im gegenwärtigen Kriege (als Handschrift gedruckt), o. O. und o. J . (1914). Vgl. Petzold, Joachim, Zu den Kriegszielen der deutschen Monopolkapitalisten im ersten Weltkrieg (Dokumentation). In: „Zeitschrift für Geschichtswissenschaft", V I I I . Jg., i960, Heft 6, S. 1396—1415.

10

Kapitel I. Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende

bereit nennenden Kreisen der deutschen Bourgeoisie wurden in Zeiten militärischer Erfolge Kriegsziele vertreten, die sich nur graduell von den alldeutschen Manifesten unterschieden. Der rücksichtsloseste Verfechter imperialistischer Annexionsprogramme war jedoch der deutsche Generalstab. Die Oberste Heeresleitung unter Hindenburgs und Ludendorffs Führung hatte sich die Kriegsziele des deutschen Monopol- und Agrarkapitals voll und ganz zu eigen gemacht und mit ihren militärischen Plänen zu einer unlösbaren Einheit verschmolzen. Im Sinne dieser Verquickung von Imperialismus und Militarismus forderte Ludendorff als - wie er ausdrücklich betonte - unerläßliche Voraussetzimg für den nächsten Krieg den gewaltsamen Anschluß Belgiens an Deutschland, die Verschiebung der deutsch-französischen Grenze nach Westen und die Annexion des Erzbeckens von Briey und Longwy, die Einverleibung großer polnischer und baltischer Gebiete in das deutsche Reich sowie die Bildung eines riesigen Kolonialreiches in Afrika mit weitverzweigten Flottenstützpunkten. 11 Die kaiserlichen Regierungen von Bethmann Hollweg bis Hertling benutzten weit entfernt von der ihnen angedichteten Bereitschaft zu einem Kompromißfrieden mit der Entente — jede Gelegenheit, um die imperialistischen Annexionsprogramme entsprechend den Wünschen der Obersten Heeresleitung in die Tat umzusetzen. Davon zeugt ihre Entschlossenheit, sowohl das Erzbecken von Briey und Longwy zu annektieren als auch die Herrschaft des deutschen Imperialismus über Belgien aufrechtzuerhalten. Davon zeugt aber vor allem der Raubfrieden von Brest-Litowsk, in dem es den deutschen Imperialisten für kurze Zeit gelang, ihre Pläne im Osten zu einem großen Teil zu verwirklichen. Allein schon am Beispiel dieser wenigen Tatsachen erweist sich die ungeheure Verlogenheit der Behauptung, daß der erste Weltkrieg deutscherseits ein gerechter Verteidigungskrieg gewesen wäre und daß die Politik der deutschen Imperialisten den nationalen Interessen des deutschen Volkes entsprochen hätte. In Wahrheit wurden Millionen Menschen um des Profit- und Machtstrebens der Bourgeoisie und der Großgrundbesitzer willen in den Tod getrieben und unermeßliche Werte vernichtet. Es deutet sich aber auch zugleich das ganze Ausmaß der Geschichtsfälschung an, die gerade auf diesem Gebiet von der bürgerlichen Geschichtsschreibung begangen wurde und noch immer begangen wird. Nur vereinzelt traten in Vergangenheit und Gegenwart Stimmen in Erscheinung, die nicht die Kontinuität und das Ausmaß der imperialistischen Annexionspolitik im ersten Weltkrieg verleugneten oder verschleierten. Zu ihnen gehört in jüngster Zeit der Hamburger Historiker Fritz Fischer, der auf Grund seines Aktenstudiums viele Einzelheiten der deutschen Kriegsziele enthüllte und zu der bemerkenswerten Erkenntnis gelangte, daß sich die Absichten Bethmann Hollwegs von denen Ludendorffs nur in Ausmaß, Formen und Methoden unterschieden.12 Die 11

12

Die Ursachen des Deutschen Zusammenbruchs im Jahre igi8, Bd. 2, S. 102—106. Ludendorff, Erich, Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18, zweite, durchgesehene und ergänzte Auflage, Berlin 1921, S. 428—433. Fischer, Fritz, Kontinuität des Irrtums. Zum Problem der deutschen Kriegszielpolitik im Ersten Weltkrieg. In: „Historische Zeitschrift", Bd. 191 (i960), S. 95.

Kapitel I. Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende

II

Spartakusgruppe ist sich dieser Tatsache bereits während des ersten Weltkrieges bewußt gewesen. Die bürgerliche Geschichtsschreibung aber hat bisher - von wenigen Ausnahmen abgesehen - stets das Gegenteil behauptet. Die Aufgaben der internationalen Arbeiterbewegung im Falle eines imperialistischen Krieges waren bereits lange vor dem ersten Weltkrieg Gegenstand emster Erörterungen in der II. Internationale gewesen. Auf dem Kongreß in Stuttgart (1907) wurde beschlossen, daß ein imperialistischer Krieg mit revolutionären Aktionen beantwortet werden sollte. In der entsprechenden Resolution, die auf den Kongressen von Kopenhagen (1910) und Basel (1912) ihre Bestätigung fand, heißt es: „Droht der Ausbruch eines Krieges, so sind die arbeitenden Klassen und deren parlamentarische Vertretungen in den beteiligten Ländern verpflichtet, unterstützt durch die zusammenfassende Tätigkeit des Internationalen Büros, alles aufzubieten, um durch die Anwendung der ihnen am wirksamsten erscheinenden Mittel den Ausbruch des Krieges zu verhindern, die sich je nach der Verschärfung des Klassenkampfes und der Verschärfung der allgemeinen politischen Situation naturgemäß ändern. Falls der Krieg dennoch ausbrechen sollte, ist es die Pflicht, für dessen rasche Beendigung einzutreten und mit allen Kräften dahin zu streben, die durch den Krieg herbeigeführte wirtschaftliche und politische Krise zur Aufrüttelung des Volkes auszunutzen und dadurch die Beseitigung der kapitalistischen Klassenherrschaft zu beschleunigen." 13 Der Kongreß von Basel warnte die herrschenden Klassen aller Staaten besonders nachdrücklich vor kriegerischen Aktionen und erinnerte daran, daß auf den deutsch-französischen Krieg von 1870/71 die Pariser Kommune und auf den russisch-japanischen Krieg die Revolution von 1905 gefolgt sei. Mit größter Entschiedenheit betonte der Kongreß: „Die Proletarier empfinden es als ein Verbrechen, aufeinander zu schießen, zum Vorteile des Profits der Kapitalisten, des Ehrgeizes der Dynastien oder zu höherer Ehre diplomatischer Geheimverträge." 14 Die Resolutionen der II. Internationale von Stuttgart, Kopenhagen und Basel gegen den imperialistischen Krieg entsprachen voll und ganz den nationalen Interessen der Völker. Aber die Opportunisten in der internationalen Arbeiterbewegung verrieten diese Beschlüsse und stellten bereits in den ersten Kriegstagen fast alle Parteien der II. Internationale in den Dienst der imperialistischen Kriegführimg. Sie bemäntelten ihren Verrat mit der Begründung, daß die Arbeiterklasse in einem gerechten Verteidigungskrieg die Nation nicht im Stich lassen dürfe. Mit Hilfe dieser Verfälschung des Kriegscharakters erreichten die Sozialchauvinisten die Bewilligung der Kriegskredite durch die sozialistischen Parlamentsfraktionen. Mit dem gleichen Argument versuchten sie auch, ihre Beteiligung an den imperialistischen Regierungen zu rechtfertigen. Es beirrte sie dabei Vgl. auch Fischer, Fritz, Deutsche Kriegsziele, Revolutionierung und frieden im

Osten

1914—1918.

In:

„Historische

Zeitschrift",

B d . 188

Separat(1959),

S. 2 4 9 - 3 1 0 . 13

Abgedruckt in: Dokumente und Materialien zur Geschichte der deutschen bewegung, Reihe I I : 1914—1945, Bd. 1, Juli 1914 bis Oktober 1917, S. 3.

14

Ebenda, S. 7.

Arbeiter-

12

Kapitel I. Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende

in keiner Weise, daß sich die opportunistischen Arbeiterführer in allen am Krieg beteiligten Ländern im Grunde auf die gleichen Verteidigungsphrasen beriefen und daß es demzufolge - wollte man ihnen Glauben schenken - überhaupt keine Angreifer gab. Sie benutzten vielmehr jede geeignete Einzelheit - wie die frühzeitige russische Mobilmachung oder den deutschen Einfall in Belgien - , um den Arbeitern die bürgerliche Propaganda von einem Verteidigungskrieg glaubhaft zu machen und die Kriegspolitik zu unterstützen. Die Folge dieses abgrundtiefen Verrates war eine große Verwirrung innerhalb der sozialistischen Parteien und darüber hinaus in der Arbeiterklasse, die zu einem großen Teil bis zuletzt den Aufruf zum Kampf gegen den Krieg erwartet hatte. In allen kriegführenden Ländern triumphierte infolgedessen zunächst der Geist des bürgerlichen Chauvinismus über den proletarischen Internationalismus und damit zugleich über die nationalen Interessen aller Völker. Inmitten dieses Zusammenbruchs der II. Internationale wirkten aber auch die Kräfte, die an den Beschlüssen von Stuttgart und Basel festhielten und den Kampf gegen den imperialistischen Krieg und seine Urheber aufnahmen. An ihrer Spitze standen die bolschewistische Sozialdemokratische Arbeiterpartei Rußlands unter Lenins Führung und die Linken in der deutschen Arbeiterbewegung um Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Im November 1914 stellte ein von Lenin entworfenes Manifest des bolschewistischen Zentralkomitees der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands den imperialistischen Charakter des ersten Weltkrieges fest und forderte seine Umwandlung in einen Bürgerkrieg. 15 In aller Deutlichkeit wurde wenige Monate später von den bolschewistischen Auslandssektionen erklärt: „In keinem Lande darf der Kampf gegen die eigene, am imperialistischen Krieg beteiligte Regierung vor der Möglichkeit haltmachen, daß dieses Land infolge der revolutionären Agitation eine Niederlage erleidet. Eine Niederlage der Regierungsarmee schwächt die betreffende Regierung, fördert die Befreiung der von ihr geknechteten Völkerschaften und erleichtert den Bürgerkrieg gegen die herrschenden Klassen." 16 Im ähnlichen Sinne heißt es in einem illegalen Flugblatt der „Gruppe Internationale" - die sich schließlich zum Spartakusbund entwickelte - aus dem Jahre 1915: „Der Hauptfeind des deutschen Volkes steht in Deutschland: der deutsche Imperialismus, die deutsche Kriegspartei, die deutsche Geheimdiplomatie." 17 Mit diesem, von Karl Liebknecht verfaßten Aufruf wurde der Standpunkt der Linken in der deutschen Arbeiterbewegung, der bereits unmißverständlich in der Ablehnung der Kriegskredite durch Karl Liebknecht am 2. Dezember 1914 und in der Zeitschrift „Die Internationale" zum Ausdruck gekommen war, in wenigen, charakteristischen Worten zusammengefaßt. Die revolutionären Kräfte der internationalen Arbeiterbewegung standen nach dem Zusammenbruch der II. Internationale jedoch vor einer außerordentlich schwierigen Situation. Sie sahen sich einer Front gegenüber, die von den extremsten 15 16 17

Lenin, W. I., a. a. O., Bd. 21, S. 13—21. Ebenda, S. 152. Dokumente und Materialien zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd. 1, S. 165.

a. a. O.,

Kapitel I. Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende

13

Imperialisten bis zu den Sozialchauvinisten und sogar bis zu den aus den ehemaligen Zentristen hervorgegangenen Sozialpazifisten reichte. Ihr eigener Einfluß auf die Volksmassen war zunächst gering. Viele Hoffnungen auf den proletarischen Internationalismus waren durch den Verrat der Opportunisten ins Wanken geraten. Viele falsche Vorstellungen über die Vaterlands Verteidigung hatten sich durch die nationale Demagogie der Bourgeoisie und ihrer sozialchauvinistischen Bundesgenossen gebildet. W a r

es unter diesen U m s t ä n d e n

nicht

vermessen,

weiterhin an ein revolutionäres Zusammenwirken der Arbeiter aller Länder im Kampf gegen Imperialismus und Krieg im Geiste des proletarischen Internationalismus zu glauben? War nicht vielmehr der Kampf gegen die eigene Regierung unter den Bedingungen des Krieges eine direkte Unterstützung des Gegners - des räuberischen deutschen Imperialismus oder des nicht minder volksfeindlichen Imperialismus der Entente - und damit zum Schaden für das eigene Volk? Es schien auf den ersten Blick, als seien tatsächlich die nationalen Interessen und die internationalen Verpflichtungen des Proletariats in einen Konflikt geraten, und es erforderte ein hohes Maß von Klassenbewußtsein und von Einsicht in die gesellschaftlichen Zusammenhänge, um auf alle diese Fragen eine richtige Antwort zu geben. Diese Aufgabe wurde in einer besonders hervorragenden Weise von Lenin gelöst. Am ausführlichsten hat Lenin die Politik der Bolschewiki und aller wahrhaft revolutionären Kräfte unter den Bedingungen eines reaktionären Krieges in seinem Artikel „Über die Niederlage der eigenen Regierung im imperialistischen Krieg" erläutert und zu dem Zusammenhang zwischen militärischer Niederlage und revolutionärer Aktion Stellung genommen. Da er damit grundlegend auf Probleme einging, die für die Widerlegung der Dolchstoßlegende von entscheidender Bedeutung sind, seien die wichtigsten Teile seiner Ausführungen im Wortlaut wiedergegeben: „Die revolutionäre Klasse kann in einem reaktionären Krieg nicht umhin, die Niederlage ihrer eigenen Regierung zu wünschen . . . Revolutionäre Aktionen gegen die eigene Regierung während des Krieges bedeuten aber zweifellos, unbestreitbar nicht nur den Wunsch nach einer Niederlage der eigenen Regierung, sondern auch die praktische Mitwirkung an einer solchen Niederlage . . . die Umwandlung des Krieges der Regierungen in den Bürgerkrieg wird einerseits durch militärische Mißerfolge (durch die .Niederlage') der Regierungen erleichtert; andererseits ist es faktisch unmöglich, eine solche Umwandlung anzustreben, ohne damit zu der Niederlage beizutragen. Vor der .Losung' der Niederlage bekreuzigen sich die Chauvinisten . . . eben deshalb, weil einzig und allein diese Losung die konsequente Aufforderung zu revolutionären Aktionen gegen die eigene Regierung während des Krieges bedeutet. Ohne solche Aktionen aber sind Millionen von höchst rrrevolutionären Phrasen über den Krieg gegen den .Krieg und die Verhältnisse usw.' keinen roten Heller wert. Wer die .Losung' Niederlage der eigenen Regierung im imperialistischen Krieg ernsthaft widerlegen wollte, der müßte eines von drei Dingen beweisen: entweder 1. daß der Krieg 1914/1915 nicht reaktionär ist; oder 2. daß die Revolution im Zusammenhang mit dem Krieg unmöglich ist; oder 3. daß ein gegenseitiges Einvernehmen und Zusammenwirken der revolutio2

Petzold, Dolchstoßlegende

Kapitel I. Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende

14

nären Bewegung in allen kriegführenden Ländern unmöglich ist . . . Eine Vereinbarung über revolutionäre Aktionen selbst in einem Lande, geschweige denn in einer Reihe von Ländern, ist nur zu verwirklichen kraft des Beispiels ernster revolutionärer Aktionen, ihrer Inangriffnahme und ihrer Fortentwicklung. Eine solche Inangriffnahme ist aber wiederum unmöglich ohne den Wunsch nach der Niederlage und ohne die Mitwirkung an der Niederlage. Die Umwandlung des imperialistischen Krieges in den Bürgerkrieg kann ebensowenig .gemacht' werden, wie man Revolutionen .machen' kann - sie wächst heraus aus einer ganzen Reihe von mannigfaltigen Erscheinungen, Seiten, Zügen, Merkmalen und Folgen des imperialistischen Krieges. Und ein solches Herauswachsen ist unmöglich ohne eine Reihe von militärischen Mißerfolgen und Niederlagen eben der Regierungen, denen ihre eigenen unterdrückten Klassen Schläge versetzen. Die Losung der Niederlage ablehnen heißt seinen Revolutionismus zu einer leeren Phrase oder zu bloßer Heuchelei machen . . . Man kann den Haß gegen die eigene Regierung und die eigene Bourgeoisie nicht wecken, ohne ihnen die Niederlage zu wünschen - und man kann nicht ein nicht heuchelnder Gegner des .Burgfriedens' ( = des Klassenfriedens) sein, ohne den Haß gegen die eigene Regierung und gegen die eigene Bourgeoisie zu wecken!!" 1 8 Die Partei der Bolschewiki hat dieses Programm konsequent verwirklicht. Sie hat den Kampf gegen die eigene imperialistische Regierung auch unter den Bedingungen des Krieges fortgesetzt und wirksam zur Niederlage des zaristischen und des bürgerlichen Regimes in Rußland beigetragen. Sie hat mitten im Krieg zur Revolution aufgerufen und im Oktober 1917 selbst die politische Macht ergriffen. Sie hat sich unentwegt von den Grundsätzen des proletarischen Internationalismus leiten lassen und gerade dadurch die nationalen Interessen der Völker Rußlands verfochten. Man braucht sich nur den Weg, der von dem Rußland unter Nikolaus II. bis zur Sowjetunion in unseren Tagen geführt hat, vor Augen zu halten, um nicht nur die internationale, sondern auch die nationale Bedeutung des revolutionären Kampfes der Bolschewiki zu ermessen. Es ist der Aufstieg eines der rückständigsten Länder Europas, das während des ersten Weltkrieges in völlige Abhängigkeit von den Westmächten zu geraten drohte, zum mächtigsten Staat der Welt, dessen Bürger bereits mit dem Aufbau des Kommunismus begonnen haben. Die Geschichte der Sowjetunion ist der lebendige Beweis für die unlösbare Übereinstimmung zwischen den Interessen der Arbeiterklasse und den Interessen der Nation. Wenn sich auch die Spartakusgruppe nicht zu der prinzipiellen Klarheit und Konsequenz Lenins durchgerungen hatte, so handelte doch der revolutionäre Teil der deutschen Arbeiterbewegung unter Führung von Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg und Franz Mehring im Geiste der Bolschewiki. Bereits die Ablehnung der Kriegskredite am 2. Dezember 1914 durch Karl Liebknecht war ein Fanal, das nicht nur in Deutschland zum Kampf gegen Imperialismus und Krieg aufrief, sondern das auch weit über die Grenzen Deutschlands hinaus wirkte. Seine Losung 18

Lenin,

W. /., a. a. O., Bd. 21, S. 273—279. (Hervorhebungen im Original)

Kapitel I. Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende

15

„Nicht Burgfrieden, sondern Burgkrieg!" wurde zu einem Programm und sein Name zu einem Symbol der internationalen revolutionären Antikriegsbewegung. Unermüdlich enthüllten die Vertreter des linken Flügels der deutschen Sozialdemokratischen Partei den imperialistischen Charakter des Krieges und brandmarkten die antinationale Politik der deutschen Imperialisten. Aufopferungsvoll stellten sich die Mitglieder der Spartakusgruppe an die Spitze der großen Streikbewegungen während des Krieges und in den Dienst der Antikriegspropaganda unter den Soldaten. Ihr Ziel waren die revolutionäre Beendigung des Krieges und die Beseitigung der kapitalistischen Klassenherrschaft. Ihr Kampf entsprach voll und ganz den wahrhaft nationalen Interessen des deutschen Volkes, die genau wie die der anderen Völker keine imperialistische Neuaufteilung der Welt, keine blutigen Auseinandersetzungen um die Vergrößerung der Einflußsphären, sondern den Frieden und eine grundlegende Änderung der Verhältnisse, unter denen derartige Kriege möglich geworden waren, erforderten. Es liegt demnach auf der Hand, daß durch die Dolchstoßlegende die nationalen Interessen des deutschen Volkes verfälscht und die revolutionäre Arbeiterbewegung diffamiert wurden; denn die Vorbereitung und Durchführung eines reaktionären, eines ungerechten Krieges ist ein nationales Verbrechen, der Kampf gegen einen solchen Krieg und seine Urheber aber verkörpert ein nationales Verdienst. Infolgedessen war - um mit dem Vokabular der Dolchstoßlegende zu sprechen - nicht die revolutionäre Tätigkeit der Linken in der deutschen Arbeiterbewegung, sondern die Kriegspolitik der deutschen Imperialisten und ihre Unterstützung durch die Sozialchauvinisten ein Dolchstoß in den Rücken des deutschen Volkes. Karl Liebknecht - den Wilhelm Pieck mit vollem Recht als den kühnen und edlen Sachwalter der nationalen Interessen des deutschen Volkes bezeichnete 19 - hatte tausendmal recht, als er - des Hoch- und Landesverrates angeklagt - vor dem Gericht ausrief: „Aber den Vorwurf des Landesverrats schleudere ich denen zurück, die diesen räuberischsten aller Raubkriege in schnöder Weise und unter einer infamen Regie um ihrer wirtschaftlichen und politischen Interessen willen entfesselt haben und weiterführen; denen die Verelendung ganz Europas zu Last fällt; an deren Händen das Blut von Millionen klebt: der deutschen Regierung, den deutschen Imperialisten . . ." 2 0 Es gibt demnach auch keinen Widerspruch zwischen den nationalen Interessen eines Volkes und den internationalen Verpflichtungen des Proletariats. Das Wohl des Vaterlandes - um mit den Worten von Henri Haag zu sprechen - und das Wohl der Revolution sind letztlich und ganz besonders in der Periode eines imperialistischen Krieges untrennbar miteinander verbunden. Die Dolchstoßlegende ist aber nicht nur unter dem Gesichtspunkt der nationalen Interessen, sondern auch als Erklärung der Ursachen, die zur Niederlage des deutschen Imperialismus im ersten Weltkrieg führten, eine Geschichtsfälschung. 19

Pieck,

Wilhelm,

Reden und Aufsätze. Auswahl aus den

Jahren

1908—1950,

Berlin 1954, Bd. 1, S. 490. 20

2*

Liebknecht, Karl, Ausgewählte Reden, Briefe und Aufsätze, Berlin 1952, S. 427.

i6

Kapitel I. Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende

Die Behauptung, daß der revolutionäre Kampf gegen Imperialismus und Krieg die Niederlage verursacht hätte, ist eine Lüge. Der deutsche Imperialismus hat den ersten Weltkrieg auch keineswegs zufällig verloren. Seine Niederlage war von vornherein unvermeidbar, sie war gesetzmäßig. Der deutsche Imperialismus war aus historischen Gründen bei der Aufteilung der Welt unter die imperialistischen Großmächte zu spät gekommen. Sein rasches ökonomisches Wachstum und der vorherrschende, auf den feudalistisch-militaristischen Traditionen des Preußentums beruhende Einfluß des Offizierkorps auf die Politik bedingte und beflügelte zugleich sein Streben nach einer gewaltsamen Revision der bestehenden Verhältnisse - nach einem „Platz an der Sonne" - auf Kosten seiner Konkurrenten und der in ihrer Entwicklung zurückgebliebenen oder schwachen Länder. Diese vom Geist des Imperialismus und Militarismus diktierte und den Profitinteressen der Monopol- und Agrarkapitalisten dienende Aggressivität, welche in maßlosen Eroberungsplänen und in einer abenteuerlichen, an brutalen Aktionen reichen Außenpolitik ihren Ausdruck fand und von einer beispiellosen nationalistischen Überheblichkeit begleitet war, lief letzten Endes auf das Streben nach einer Welthegemonie hinaus. Sie stützte sich zwar auf ein mächtiges, gut ausgebildetes und ausgerüstetes Heer und auf eine moderne, sich rasch vergrößernde Flotte, aber sie trug dennoch die Ursache der unvermeidlichen Niederlage in sich; denn sie führte zwangsläufig dazu, daß sich die vom deutschen Imperialismus bedrohten Staaten, die nichts sehnlicher als die Vernichtung des Konkurrenten wünschten, zusammenfanden und von vornherein eine für die Verwirklichung seiner Pläne aussichtslose Mächtekonstellation schufen. Infolgedessen war der deutsche Imperialismus trotz einiger Verbündeter seinen Gegnern sowohl an Menschen als auch an Fabrikanlagen, Rohstoffen und Nahrungsmitteln weit unterlegen. Die sowjetischen Historiker G. A. Deborin, G. F. Sastawenko und B. S. Telpuchowski charakterisieren die entstandene Situation folgendermaßen: „Da in den Ländern der beiden imperialistischen Gruppierungen die gleichen sozialökonomischen Systeme gegeben waren (in der einen wie der anderen herrschte der Kapitalismus im Stadium des Imperialismus), war die Überlegenheit an materiellen Ressourcen und Kräften entscheidend. Diesen Vorteil seiner Gegner vermochte Deutschland durch keine anderen (beispielsweise militärischen) Mittel wettzumachen. Die Erfahrungen der Kriege lehren, daß der militärische Faktor bei gleichen sozialökonomischen Systemen der kriegführenden Länder die materiellökonomische Überlegenheit der einen Seite nur in einem gewissen, begrenzten Maße ausgleicht. Bei aller relativen Selbständigkeit wird der militärische Faktor (Zahl und Qualität der Waffen, Kampfstärke der Truppen, Qualifikation des Kommandobestandes usw.) letzten Endes doch vom materiellen Faktor bestimmt, hängt er von diesem ab. Diese Abhängigkeit des militärischen Faktors vom materiellen ignorierten die herrschenden Kreise Deutschlands. Sie überschätzten die Möglichkeiten ihrer Streitkräfte." 2 1 21

Deborin,

G. A. / Sastawenko,

G. F. / Telpuchowski,

B. S., a. a. O., S. 1024.

Kapitel I. Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende

17

Die Hoffnungen des deutschen Generalstabs auf einen Blitzkrieg, in dem das aktivere militärische Potential der Mittelmächte triumphieren würde, noch bevor die ganze Machtfülle der Entente zum Einsatz gekommen wäre, waren demnach auf der einen Seite der militärischen Ausdruck des Widerspruchs zwischen Kräften und Zielen und auf der anderen Seite die Bestätigung seiner Unfähigkeit, den objektiven Verhältnissen Rechnung zu tragen; denn ein Krieg von derart gewaltigen Ausmaßen konnte auf keinen Fall durch blitzartige Überfälle und überraschende Anfangserfolge entschieden werden. Somit war der erste Weltkrieg bereits vor seiner Auslösung für den deutschen Imperialismus, dessen ganze Politik auf eine Änderung des status quo hinauslief, verloren. Diese Ursache der Niederlage des deutschen Imperialismus im ersten Weltkrieg mußte sogar von einigen bürgerlichen Historikern anerkannt werden. So spricht Fritz Fischer von einer „Kontinuität des Irrtums" und versteht darunter die ständige „Überschätzung der eigenen Kräfte" und die „Unterschätzung der Kräfte der übrigen Welt" 22. Diese zur Charakteristik der Verbrechen des deutschen Imperialismus keineswegs ausreichende, aber gerade im Hinblick auf die politische Entwicklung in Westdeutschland hochaktuelle Feststellung, die Fischer ausdrücklich für „alle deutschen politisch führenden Gruppen" im Lager der Bourgeoisie gelten läßt 23 , untergräbt zugleich auch das ganze Gerede von der Möglichkeit eines Verständigungsfriedens zwischen den Großmächten. An ein Kompromiß, dem die Verhältnisse von vor 1914 zugrunde lagen, war - selbst von dem Heranreifen einer revolutionären Krise in vielen Ländern als unausbleibliche Folge des Krieges einmal abgesehen - nicht zu denken. Es wurde auch zu Zeiten militärischer Erfolge von keiner Fraktion der deutschen Großbourgeoisie ernsthaft in Erwägung gezogen. Der status quo ante spielte lediglich bei militärischen Rückschlägen propagandistisch und angesichts der für den deutschen Imperialismus katastrophalen Entwicklung während der letzten Kriegsmonate auch politisch eine Rolle. Das konnte gar nicht anders sein; denn einmal bestimmte in Deutschland der reaktionärste und aggressivste Flügel der Bourgeoisie die Regierungspolitik, und zum anderen hatten schließlich die deutschen Imperialisten und Militaristen aller Schattierungen den Krieg nicht begonnen, um Bestehendes zu konservieren, sondern um ihre Macht weiter auszudehnen und die Konkurrenz zu vernichten. Das gleiche Ziel verfolgten auch die englischen, französischen, russischen und amerikanischen Imperialisten. Beide kriegführenden Lager waren entschlossen, ihre Vorteile - die allerdings auf Seiten der Mittelmächte nur einen zeitweiligen, auf Seiten der Entente aber einen dauernderen Charakter trugen - bis zum äußersten auszunutzen. An ein „Gleichgewicht der Kräfte" als eine Voraussetzung für einen imperialistischen Kompromißfrieden, der lediglich eine Atempause zur Vorbereitung neuer Auseinandersetzungen bedeutet hätte, war angesichts der 22

Fischer, Fritz,

23

Ebenda, S. 100.

Kontinuität des Irrtums, a. a. O., S. 99.

i8

Kapitel I. Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende

unterschiedlichen Kraftreserven nicht zu denken. Der Konkurrenzkampf überschattete sogar den gemeinsamen Haß auf den Bolschewismus. Ein besonderes Verbrechen des deutschen Imperialismus war jedoch, daß er - die unvermeidliche Niederlage vor Augen - durch eine wahnwitzige Kriegführung die Opfer des deutschen Volkes ins Unermeßliche steigerte und dadurch die deutsche Nation immer tiefer in die Katastrophe hineinführte. Die Kräftekonstellation während des Krieges war derart ungleich, daß selbst das Ausscheiden Rußlands keinen nachhaltigen Vorteil für die Mittelmächte gebracht hat, zumal der offene Kriegseintritt der USA die ökonomische und militärische Überlegenheit der Entente wieder sicherstellte. Stattdessen beschleunigte die Intervention des deutschen Imperialismus in Sowjetrußland seine Niederlage. Oberflächlich betrachtet, bedeutete zwar der Raubfrieden von Brest-Litowsk einen Erfolg für den deutschen Imperialismus. In Wahrheit jedoch bezahlte das deutsche Monopol- und Agrarkapital seinen Raubkrieg gegen den ersten sozialistischen Staat der Welt mit der Revolutionierung eines großen Teils seines Heeres. Viele deutsche Soldaten erkannten den ungerechten Charakter des Krieges. Der allgemeinen Friedenssehnsucht wurde durch das russische Beispiel und durch die Antwort der deutschen Militaristen Weg und Ziel gewiesen. Mit vollem Recht sagte Lenin bereits am 28. August 1918: „Die deutschen Imperialisten konnten die sozialistische Revolution nicht abwürgen. Die Niederwerfung der Revolution im roten Lettland, Finnland und in der Ukraine bezahlte Deutschland mit der Zersetzung seiner Armee." 24 Unter all diesen Umständen erwies sich die deutsche Frühjahrsoffensive von 1918 in einem noch höheren Maße als der Schlieffenplan von vornherein als ein aussichtsloses Hasardspiel. Sie mußte genauso zwangsläufig mit einer - nur noch folgenschwereren - strategischen Niederlage enden. Selbst ein geglückter Durchbruch hätte weder England noch die Vereinigten Staaten von Amerika entscheidend getroffen. Der deutsche Imperialismus dagegen verausgabte in dieser Offensive seine letzte militärische Kraft. Ein aufmerksamer und gut informierter Beobachter der politischen und militärischen Ereignisse, der schweizer Kriegshistoriker Stegemann, warnte über Conrad Haußmann am 16. Februar 1918 vor einer Offensive, weil diese höchstens bis Amiens und Reims kommen würde. 25 Der deutsche Generalstab aber schlug alle Bedenken in den Wind und bewies einmal mehr seine strategische Unfähigkeit. Schon im Januar 1918 schrieb Max Weber, der bekannte Soziologe und Politiker: „Die große Offensive im Westen ist beschlossen. Die Verluste für uns sind auf 600000 Tote allein (!) kalkuliert".26 Mit dem gleichen menschenverachtenden Zynismus, der diese Planung bestimmte, antwortete Ludendorff auf die Frage „Was geschieht, wenn die Offensive mißlingt?": „Dann

25 26

Lenin, W. I., a. a. O., B d . 28, Berlin 1959, S. 73. Die Ursachen des Deutschen Zusammenbruchs im Jahre igi8,

Bd. 2, S. 96.

Zitat aus einem unveröffentlichten Brief von Max Weber an Marianne Weber bei Mommsen, Wolf gang J., Max Weber und die deutsche Politik 1890—1920, Tübingen 1959, S. 271. (Hervorhebungen im Original)

Kapitel I. Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende

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muß Deutschland eben zugrunde gehen". 27 Aus einer solchen Anschauungsweise sprach nicht nur die ganze Auswegslosigkeit des seiner unvermeidbaren Niederlage entgegengehenden deutschen Imperialismus, sondern auch die tiefe Fäulnis des sterbenden Kapitalismus. Es offenbarten sich das Denken und die Politik einer untergehenden Klasse, die ihr Schicksal untrennbar mit dem der Nation verketten wollte. Mit großer Befriedigung und voller Stolz können sich die deutsche Arbeiterklasse und das ganze deutsche Volk daran erinnern, daß der Kampf gegen Imperialismus und Krieg viele Pläne der deutschen Militaristen im ersten Weltkrieg durchkreuzt hat. Davon zeugen die revolutionären Erfolge der Spartakusgruppe, die großen Streikkämpfe der Arbeiterschaft und schließlich die allmähliche, aber unaufhaltsame und keineswegs nur aus militärischen Gründen erfolgte Auflösung der kaiserlichen Armee. Es widerspricht den historischen Tatsachen, die gerade von der marxistisch-leninistischen Geschichtsschreibung in den letzten Jahren überzeugend dargestellt wurden, wenn behauptet wird, daß die revolutionäre Bewegung des deutschen Proletariats keinen Einfluß auf die militärische Niederlage des deutschen Imperialismus ausgeübt hat. Es bestand vielmehr ein dialektischer Zusammenhang. Je schwieriger sich die Lage an den Fronten gestaltete, um so erfolgreicher war die revolutionäre Tätigkeit; je schneller aber eine revolutionäre Situation heranreifte, um so rascher ging der deutsche Imperialismus seiner unvermeidlichen Niederlage entgegen. Gerade im Hinblick auf die politische Zersetzung der deutschen Truppen an der Ostfront hatte Lenin in seiner Rede vom 28. August 1918 betont: „Deutschlands Niederlage an der Westfront ist zum großen Teil darauf zurückzuführen, daß die alte Armee in Deutschland schon nicht mehr existiert". 28 Die revolutionäre Arbeiterbewegung Deutschlands hat durch ihren Kampf gegen Imperialismus und Krieg den Arbeitern und Bauern aller Länder - ganz besonders aber der um ihre Existenz ringenden Sowjetmacht - eine wesentliche Hilfe und dem deutschen Volk einen großen Dienst erwiesen; denn nur über die Niederlage und die Vernichtung des Imperialismus und Militarismus führt der Weg zu Frieden und Wohlstand für alle Menschen. Der offene Verrat der Sozialchauvinisten und die zwielichtige Politik der Sozialpazifisten auf der einen und das Fehlen einer marxistisch-leninistischen Kampfpartei auf der anderen Seite haben jedoch in Deutschland eine revolutionäre Beendigung des Krieges verhindert. „Der militärische Zusammenbruch" - so schrieb Wilhelm Pieck 1946 - „erfolgte auf Grund der Überlegenheit der gegnerischen Kräftekoalition. Die revolutionäre Erhebung in der Heimat begann, als die militärische Niederlage an der Front bereits besiegelt war." 29 So ergab es sich, daß der deutsche Imperialismus nur eine Niederlage erlitt, die in erster Linie durch die militärische und ökonomische Überlegenheit seiner 27

28

Max,

Prinz

v. Baden,

Erinnerungen und Dokumente,

1927, S. 235. Lenin, W. /., a. a. O., B d . 28, Berlin 1959, S. 73.

29 Pieck,

Wilhelm, a. a. O., B d . 2, S. 94-

Stuttgart/Berlin/Leipzig

20

Kapitel I. Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende

imperialistischen Konkurrenten bedingt wurde. Das Bündnis zwischen dem revolutionären Rußland und einem revolutionären Deutschland kam nicht zustande. Die Imperialisten der Entente konnten ungehindert ihren Sieg vollenden und das Diktat von Versailles erzwingen. ,,Es ist also" - um nochmals mit Worten von Wilhelm Pieck aus dem Jahre 1944 zu sprechen - „als Lehre festzustellen, daß die Volkserhebung igi8 zu spät kam, um entscheidend den Ablauf des Krieges und damit auch die Bedingungen des Friedens zugunsten des deutschen Volkes beeinflussen zu können."30 Das marxistisch-leninistische Urteil über die Dolchstoßlegende unterscheidet sich demnach prinzipiell von der Ablehnung bestimmter Seiten der Dolchstoßlegende durch den ausschließlichen Hinweis auf die militärische Entwicklung im Jahre 1918. Die Kommunisten und die aufrechten Sozialdemokraten bekennen sich voller Stolz zum revolutionären Kampf gegen Imperialismus und Krieg. Sie beklagen, daß diesem Kampf im ersten Weltkrieg kein voller Erfolg beschieden war und daß die Macht des deutschen Imperialismus nicht nach dem Beispiele Rußlands ein für allemal gebrochen wurde. Sie sind sich dabei bewußt - und die geschichtliche Entwicklung hat ihnen voll und ganz recht gegeben daß ihr Kampf gegen den Krieg und seine Urheber in Deutschland nicht nur der Sache des proletarischen Internationalismus, sondern vor allem den nationalen Interessen des deutschen Volkes gedient hat. Die Dolchstoßlegende war und ist demgegenüber lediglich ein Versuch, um durch die Diffamierung der revolutionären Arbeiterbewegung und die Verteidigung der verbrecherischen Politik der deutschen Imperialisten und Militaristen die nationalen Interessen des deutschen Volkes zu verfälschen und die Gesetzmäßigkeit der Niederlage des deutschen Imperialismus im ersten Weltkrieg zu verschleiern. 30 Ebenda, B d . 1, S. 410/411. (Hervorhebung im Original)

II. K A P I T E L

Die Entstehung der Dolchstoßlegende Die Dolchstoßlegende entstand in der Schlußphase des ersten Weltkrieges und im Verlaufe der Novemberrevolution. Sie entwickelte sich unter politischen Verhältnissen, die sowohl durch das Fiasko der Kriegspolitik des deutschen Imperialismus als auch durch die Erfolge und Rückschläge der revolutionären Bewegung gekennzeichnet waren. Die Dolchstoßlegende brachte in erster Linie den grenzenlosen Haß zum Ausdruck, den die deutschen Imperialisten und Militaristen gegenüber der revolutionären Arbeiterbewegung hegten. Der Kampf der Spartakusgruppe gegen Imperialismus und Krieg hatte das Lügengewebe um den „Geist von 1914" und um die „Vaterlandsverteidigung" durchbrochen. Angesichts der gewaltigen Streikbewegungen während des Krieges waren die Hoffnungen der Reaktion auf die Erhaltung des ihren Interessen dienenden Burgfriedens zerstoben. Das Beispiel der bürgerlich-demokratischen Februarrevolution und der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution in Rußland hatte den revolutionären Elan der deutschen Arbeiter und Soldaten beflügelt und die Entschlossenheit im revolutionären Kampf um den Frieden gesteigert. Der Bolschewismus war zum Alpdruck für die deutsche Bourgeoisie geworden. Der polare Gegensatz zwischen den Zielen des Monopol- und Agrarkapitals, deren Verwirklichung von den Reichsregierungen und den Obersten Heeresleitungen angestrebt wurde, und den Zielen des revolutionären Proletariats, um deren Realisierung die Spartakusgruppe kämpfte, lag allen Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende zugrunde. Der Klassenkampf zwischen der Bourgeoisie und dem Proletariat, der sich im imperialistischen Krieg immer mehr verschärft und schließlich in der Novemberrevolution seinen Höhepunkt erreicht hatte, bildete auch den Hintergrund ihrer Entstehungsgeschichte. Die Dolchstoßlegende spiegelte in zweiter Linie die politischen und ökonomischen Gegensätze im Lager der herrschenden Klasse wider. Der reaktionärste und aggressivste Flügel der deutschen Bourgeoisie, vornehmlich die Rüstungsindustriellen und die preußischen Junker, ideologisch repräsentiert vom Alldeutschen Verband und politisch geführt von der Obersten Heeresleitung und der Deutschen Vaterlandspartei, suchte den Ausweg aus der Krise, in die sich die deutsche Bourgeoisie durch ihre Kriegspolitik manövriert hatte, nahezu ausschließlich in der Gewalt. Er forcierte den Angriff auf Sowjetrußland, er veranlaßte die brutale Unterdrückung der Streikbewegungen und setzte schließlich mit der Frühjahrsoffensive des Jahres 1918 an der Westfront alles auf eine Karte. Der sich liberal und verständigungsbereit gebende Flügel der deutschen Bourgeoisie, der sich

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Kapitel II. Entstehung der Dolchstoßlegende

politisch und ideologisch durch die bürgerlichen Parteien der sogenannten Reichstagsmehrheit vertreten ließ und der auf eine Zusammenarbeit mit der sozialdemokratischen Parteiführung besonderen Wert legte, erkannte allmählich die für die deutschen Imperialisten immer schwieriger werdende militärische Lage. Er war sich vor allem der Gefahr bewußt, welche von dem unüberhörbar gewordenen Ruf nach Frieden für die Herrschaft der Bourgeoisie ausging. Ihm saß der Schreck über die russischen Revolutionen am meisten in den Knochen. Er sah in den revolutionären Ereignissen, die das zaristische und das bürgerliche Rußland aus den Angeln hoben, weniger eine militärische Chance als eine tödliche Bedrohung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung in der ganzen Welt. Infolgedessen begann der liberalisierende Flügel der deutschen Bourgeoisie, innen- und außenpolitische Kompromisse anzustreben. Ein erster Ausdruck dieser politischen Neuorientierung waren bereits die Wilhelm II. abgerungene Osterbotschaft vom April 1917, in welcher eine Reform des preußischen Dreiklassenwahlrechtes versprochen wurde, und die Friedensresolution des Reichstages vom Juli 1917 gewesen. Diese politische Initiative des liberalisierenden Flügels der deutschen Bourgeoisie führte jedoch zu einer Zuspitzung der Meinungsverschiedenheiten innerhalb der herrschenden Klasse Deutschlands. Der reaktionäre und aggressive Flügel sah prinzipiell in allem, das nicht jederzeit seine Politik unterstützte, eine Untergrabung des Krieges- und des Siegeswillens. Er war auch gegen die kleinsten demokratischen Zugeständnisse, weil er nicht gewillt war, auf die geringsten Privilegien zu verzichten. Er begriff nicht, daß der liberalisierende Flügel unter dem Zwang der Verhältnisse handelte, und beschuldigte ihn des Nachgebens gegenüber der Entente und der Arbeiterbewegung. Für ihn war die sozialdemokratische Parteiführung trotz ihres offenen Überganges in das Lager der Bourgeoisie das rote Tuch oder zumindest ein fragwürdiger Bundesgenosse geblieben. Er wollte aus seinem bornierten Klassenstandpunkt heraus nicht wahr haben, daß die von ihm zutiefst verachteten Volksmassen unter Führung der Spartakusgruppe und der revolutionären Obleute in den Betrieben immer mehr die Initiative an sich rissen und die Regierungsbehörden immer machtloser wurden. Die Ohnmacht der „Männer", die - nach der bürgerlichen Ideologie - „die Geschichte zu machen hatten", erschien ihm als der Ausdruck der Unfähigkeit und bot die willkommene Gelegenheit zum Vorwurf des Verrates. Der sich aus den Klassenschranken ergebende katastrophe Mangel an Verständnis für die politische Entwicklung und die durch die Klasseninteressen diktierte Absicht, die historischen Zusammenhänge zu verschleiern und zu verfälschen, begannen sich zu einer untrennbaren Einheit zu verschmelzen. Die mit diesen Meinungsverschiedenheiten innerhalb der herrschenden Klasse verbundenen Konflikte verschärften sich im gleichen Maße, wie die militärische Lage immer aussichtsloser und die politische Krise immer offensichtlicher wurden. Die alte Eintracht bei der Diffamierung der revolutionären Arbeiter und Soldaten blieb zwar erhalten, die Methoden der Bekämpfung wurden jedoch umstritten. Die Oberste Heeresleitung und die Deutsche Vaterlandspartei forderten die brutale

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Anwendung der Gewalt. Die Regierungsbehörden und die Reichstagsmehrheit neigten mehr zur Demagogie und zur Zurückhaltung. Das Motiv war auf beiden Seiten das gleiche: die Furcht vor der Revolution und die Sorge um die Erhaltung der damals bestehenden gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse. Ubereinstimmung bestand auch in dem unausgesetzten Bemühen, die nationale Katastrophe des deutschen Volkes nicht aus der Kriegspolitik des deutschen Imperialismus, sondern lediglich aus der drohenden Niederlage zu erklären, um damit die Bereitschaft zur Fortsetzung des Krieges wieder hochzupeitschen. Der Streit um die Verantwortung für den Verlust des Krieges und den sich andeutenden Zusammenbruch des Kaiserreiches vertiefte jedoch immer wieder die Gegensätze innerhalb der herrschenden Klasse Deutschlands. Der reaktionäre Flügel der deutschen Bourgeoisie, der durch das System der Diktatur Ludendorffs bis zum Rücktritt der Regierung Hertling die Politik in Deutschland weitgehend bestimmt hatte, unternahm die größten Anstrengungen, um sich der Verantwortung für den Verlust des Krieges zu entledigen. Er berief sich auf die großen Streikbewegungen während des Krieges und die Beispiele revolutionärer Gehorsamsverweigerungen an der Front. Er beschuldigte die Parteien der Reichstagsmehrheit und die Regierung des Prinzen Max v. Baden des Defätismus und der Sabotage eines erfolgreichen Widerstandes gegen die Entente und sprach in allgemeiner Form von einem Versagen der Heimat. Diese Verleumdungskampagne, aus der sich immer mehr die Dolchstoßlegende herauskristallisierte, diente dabei von vornherein keineswegs nur der eigenen Rechtfertigung, sondern vor allem der Bekämpfung der Arbeiterbewegung und der liberalisierenden Strömungen innerhalb der deutschen Bourgeoisie. Sie bildete weitvorausschauend eine Grundlage für die ideologische Offensive der Reaktion in der Nachkriegszeit. Der sich liberal nennende Flügel der deutschen Bourgeoisie, der - unterstützt von der sozialdemokratischen Partei- und Gewerkschaftsführung - zur Rettung des imperialistischen Systems Anfang Oktober 1918 die politische Macht ergriffen hatte, verwahrte sich gegen diese Unterstellungen und verwies auf die militärische und politische Kurzsichtigkeit der Obersten Heeresleitung und der alldeutschen Kreise. Die sozialdemokratischen Partei- und Gewerkschaftsführer, die sich der militärischen und politischen Krise wohlbewußt waren und die um ihren Einfluß auf die Volksmassen fürchteten, drängten auf innenpolitische Reformen und verhüllten ihre aktive Unterstützung der imperialistischen Kriegspolitik durch gelegentliche Angriffe auf die reaktionärsten Vertreter der Bourgeoisie. Sie griffen die Forderung nach der Abdankung Wilhelms II. zur Rettung der Monarchie auf und verstärkten dadurch wiederum das Mißtrauen der Reaktion. Die Krise des politischen Systems in Deutschland während der letzten Kriegswochen war vollkommen. Die revolutionäre Erhebung der Matrosen, die gewaltigen Demonstrationen der Arbeiter und der Sturz Wilhelms II. am 9. November 1918 in Berlin machte den Hoffnungen der Bourgeoisie auf die Fortsetzung des Krieges und die Verhinderung der Revolution ein Ende. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen den ver-

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schiedenen Fraktionen der Bourgeoisie und der sozialdemokratischen Parteiführung traten demgegenüber in den Hintergrund. Das Bündnis zwischen Groener und Ebert - zwischen dem Vertreter der Obersten Heeresleitung und dem sozialdemokratischen Vorsitzenden des Rates der Volksbeauftragten - brachte den innenpolitischen Frontverlauf besonders sichtbar zum Ausdruck. Dieser gemeinsame Kampf gegen den revolutionären Flügel der Arbeiterbewegung unter der Losung des Antibolschewismus wirkte sich auch auf die verschiedenen Erscheinungsformen und den Inhalt der Dolchstoßlegende aus. Sie wurde zu einem wichtigen Bestandteil der ideologischen Konterrevolution und zu einer besonderen Ausdrucksform des Antibolschewismus. Das „Nein" Karl Liebknechts gegen die Kriegskredite, die großen Streikkämpfe während des Krieges, die revolutionäre Bewegung auf der Hochseeflotte, die Auflösungserscheinungen innerhalb des Heeres und schließlich die Novemberrevolution selbst dienten der Reaktion als Beweis für den „Dolchstoß" der Heimat in den Rücken des angeblich im Felde unbesiegten Heeres. Das bedeutete keineswegs, daß die Angriffe der äußersten Rechten auf die Politik der Reichstagsmehrheit und der Regierung des Prinzen Max v. Baden - von der sozialdemokratischen Parteiführung ganz zu schweigen - aufhörten. Nach wie vor wurde den liberalisierenden Strömungen innerhalb der Bourgeoisie und den Zivilbehörden während des Krieges mangelnde Energie und ein außen- wie innenpolitisch gleichermaßen verhängnisvoller Defätismus vorgeworfen und die sozialdemokratische Parteiführung einer revolutionären Tätigkeit bezichtigt. Die Stoßrichtung der Dolchstoßlegende in den politischen Auseinandersetzungen zur Zeit der Novemberrevolution und der Weimarer Republik konnte durchaus variieren. Sie hing ab von der jeweiligen Situation und dem politischen Standpunkt der Parteien und Organisationen, die sich der Dolchstoßlegende als Propagandawaffe bedienten. Der Hauptstoß in der Klassenauseinandersetzung zwischen Bourgeoisie und Proletariat galt jedoch der revolutionären Arbeiterbewegung der Spartakusgruppe als der Keimzelle der Kommunistischen Partei Deutschlands und darüber hinaus allen revolutionären Kräften innerhalb und außerhalb der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei. Es ist demnach offensichtlich, daß die Entstehung der Dolchstoßlegende keineswegs nur aus den politischen Konflikten während der Schlußphase des ersten Weltkrieges erklärt werden kann. Ihr Wesen und ihre Erscheinungsformen wurden nicht minder entscheidend durch die politischen Auseinandersetzungen während der Novemberrevolution bestimmt. Auch der Erfolg ihrer propagandistischen Verbreitung ist untrennbar mit den revolutionären Ereignissen nach November 1918 bis zum Januar 1919 verbunden. Ein Sieg der Revolution hätte die Dolchstoßlegende im Keime erstickt, die innen- und außenpolitischen Folgen ihrer Niederlage aber wurden zu einem Nährboden aller mit der Dolchstoßlegende verbundenen oder ihr zugrunde liegenden Geschichtsfälschungen. Die bürgerliche Geschichtsschreibung ist zumeist einer Analyse der Faktoren, die zur Herausbildung der Dolchstoßlegende führten, und der politischen Auseinandersetzungen, unter denen sich diese Entwicklung vollzog, aus dem Wege

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gegangen. Sie hat stattdessen mit besonderer Vorliebe die Frage nach dem Urheber der Dolchstoßlegende gestellt und dabei auf Propagandamanöver zurückgegriffen, wie sie von den Vertretern der Dolchstoßlegende angewandt wurden. Die alldeutsch-vaterlandsparteilichen Kreise, die zusammen mit der Obersten Heeresleitung die Dolchstoßlegende geschaffen hatten, waren sich wohl bewußt, daß ihre Geschichtsfälschung auf schwachen Füßen stand. Sie bemühten sich deshalb, den Anschein zu erwecken, als sei die Dolchstoßlegende keineswegs auf deutschem Boden entstanden. Mit besonderer Vorliebe wurde die Behauptung verbreitet, daß ein englischer General zuerst von einem „Dolchstoß der Heimat" in Deutschland als kriegsentscheidendem Faktor gesprochen und damit die offizielle englische Meinung wiedergegeben hätte. Die Anhänger der Dolchstoßlegende hofften auf diese Weise, an Glaubwürdigkeit zu gewinnen; denn vom Gegner war im allgemeinen kaum eine Herabsetzung seiner eigenen militärischen Leistungen zu erwarten. Viele bürgerliche Historiker, die sich mit der Dolchstoßlegende auseinandersetzten, schlössen sich diesen Auffassungen an. Für die einen, die sich selbst zur Dolchstoßlegende bekannten, war es eine Bestätigung ihrer These, daß der erste Weltkrieg durch das Versagen der Heimat entschieden worden sei; für die anderen, die als Gegner der Dolchstoßlegende auftraten, war es eine Erklärung auf die Frage, warum die Dolchstoßlegende eine derart große propagandistische Wirkung erlangen konnte. Die Suche nach dem Urheber der Dolchstoßlegende sollte gleichermaßen von den Ursachen, die zur Entstehung der Dolchstoßlegende führten, und den Kräften, welche die Dolchstoßlegende geschaffen hatten, ablenken. Die Behauptung, daß ein englischer General zum erstenmal das Schlagwort vom „Dolchstoß der Heimat" gebraucht hätte, nahm der Dolchstoßlegende bei oberflächlicher Betrachtung den Charakter einer bewußten, aus politischen Gründen erfolgten Geschichtsfälschung. Obwohl vom wissenschaftlichen Standpunkt aus die ganze Fragestellung nach einem Urheber der Dolchstoßlegende zwecklos ist - denn die Dolchstoßlegende wurde weder von einer einzelnen Person erfunden, noch kann ihre Entstehimg auf einen bestimmten Tag fixiert werden - , ist es nicht ohne Interesse, den Behauptungen der bürgerlichen Geschichtsschreiber im einzelnen nachzugehen. Es wird sich dabei zeigen, mit welcher Bedenkenlosigkeit eine wissenschaftlich unhaltbare, politisch aber durchaus brauchbare These aufgegriffen und verbreitet wurde. Lange Zeit galt der englische General Sir Frederick Maurice als Schöpfer des Schlagwortes vom „Dolchstoß der Heimat". Als Beweis wurde die „Neue Zürcher Zeitung" vom 17. Dezember 1918 zitiert, in der von einem Londoner Korrespondenten über die Anschauungen von General Maurice berichtet und abschließend behauptet wurde, daß nach englischer Ansicht die deutsche Armee „von der Zivilbevölkerung von hinten erdolcht" worden sei. 1 General Maurice, der im Frühjahr 1918 seines Postens als Leiter der militärischen Operationen im englischen Generalstab enthoben worden war, hatte in zwei in den „Daily News" und 1

„Neue

Zürcher

Zeitung",

Nr. 1675, vom 17. 12. 1918.

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im „Star" veröffentlichten Artikeln über den deutschen Zusammenbruch unter besonderer Betonung der moralischen Faktoren an der Front und im Hinterland geschrieben. Nachprüfungen ergaben jedoch, daß Maurice in keinem Artikel von einem „Dolchstoß der Heimat" gesprochen hatte. Diese Behauptung findet sich schließlich auch gar nicht in der „Neuen Zürcher Zeitung". Trotzdem galt Maurice jahrelang als Schöpfer der Dolchstoßlegende. Daran konnte nicht einmal sein offizielles Dementi etwas ändern, das 1922 durch Oberst Schwertfeger in Deutschland verbreitet wurde und folgenden Wortlaut hat: „Ich habe niemals an irgendeiner Stelle der Meinung Ausdruck verliehen, daß der Kriegsausgang, so wie er sich abgespielt hat, der Tatsache zu verdanken sei, daß das deutsche Heer von dem deutschen Volke rückwärts erdolcht worden sei (Dolchstoß der Heimat). Im Gegenteil habe ich immer die Meinung vertreten, daß die deutschen Heere an der Westfront am 11. November 1918 aus militärischen Gründen eines weiteren wirksamen Widerstandes nicht mehr fähig waren. Ich habe gesagt, daß, wenn man den deutschen Heeren Zeit gelassen hätte, sich zu erholen, diese dann wahrscheinlich den Kampf noch verlängert haben würden, daß aber ihre endliche Niederlage unvermeidlich war." 2 Selbst in jenen Kreisen, die um dieses Dementi wußten, wurde die Legende, daß ein englischer General das Schlagwort vom „Dolchstoß der Heimat" geprägt haben soll, weiterhin konserviert. An die Stelle von General Sir Frederick Maurice trat lediglich der Leiter der englischen Waffenstillstandskommission General Sir Neill Malcolm. 1946 schilderte der westdeutsche Historiker Siegfried A. Kaehler in einem Vortrag ein Gespräch zwischen Ludendorff und General Malcolm, das angeblich bald nach dem Waffenstillstand vom 11. November 1918 in Berlin stattgefunden haben soll.3 Dabei wäre Ludendorff mit scharfen Anklagen gegen die Reichsregierungen und die Zivilbevölkerung in Deutschland aufgetreten, die ihn nicht hinreichend unterstützt, sondern im Stich gelassen hätten. General Malcolm habe Ludendorffs breite Ausführungen in einem Satz zu kristallisieren versucht und gefragt: „You mean that you were stabbed in the back?" (Sie meinen, daß Ihnen der Dolch in den Rücken gestoßen wurde?). Mit leuchtenden Augen habe Ludendorff diesen Satz aufgegriffen, und so sei das Schlagwort vom „Dolchstoß der Heimat" entstanden. Als Quelle gab Kaehler ein während des zweiten Weltkrieges in England erschienenes Buch von Lindley Fräser an.'1 Offensichtlich 2

Abgedruckt bei Herz, Ludwig, Geschichte, Sinn und Kritik des Schlagwortes v o m „Dolchstoß". In: Die

Ursachen des Deutschen Zusammenbruchs

im Jahre

1918,

Bd. 6, S. 120. 3

Kaehler, S[iegfried] A., Neuere Geschichtslegenden und ihre Widerlegung. Vortrag auf dem geschichtspädagogischen

Lehrgang des Göttinger Instituts für

Erziehung und Unterricht am 14. Dezenjber 1946. I n : Vorurteile und Tatsachen. Drei geschichtliche Vorträge, Hameln 1949, S. 20. 4

Fräser, Lindley,

Germany between two wars. A s t u d y of propaganda and war-

guilt, 2. Auflage, London/New York/Toronto 1945, S. 16. (Übersetzung:

Fräser,

Lindley, Kriegsschuld und Propaganda. Deutschland zwischen zwei Weltkriegen, Zürich 1947, S. 31/32)

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Kapitel II. Entstehung der Dolchstoßlegende

haben sich bei dieser Erklärung des Ursprungs der Dolchstoßlegende die Gewichte bereits weitgehend verschoben. Der englische General erscheint nur noch als Erfinder des Terminus „Dolchstoß". Stattdessen wird die Dolchstoßkonzeption auf Ludendorff zurückgeführt, der tatsächlich mit an der Wiege der Dolchstoßlegende gestanden hat. Der Grundgedanke jedoch, daß die Dolchstoßlegende nicht deutschen Ursprungs sei, zumindest aber ausländischen Vorstellungen entsprochen hätte, blieb bei einer oberflächlichen Betrachtung erhalten. In diesem Sinne ist die Malcolm-Version auch in die Literatur eingegangen. Das beweist z. B. das Buch von Walter Görlitz über den deutschen Generalstab. 5 Neuerdings hat sie Karl Dietrich Erdmann im vierten Band von Gebhardts Handbuch der deutschen Geschichte aufgegriffen. 6 Als Quelle wird von Erdmann wiederum Lindley Fräser genannt. Er übersah dabei jedoch genau wie Kaehler, daß sich Lindley Fräser in einer Anmerkung auf ein 1936 erschienenes Buch von Wheeler-Bennett über Hindenburg beruft. 7 Dort wird über die Entstehung der Dolchstoßlegende und die Rolle des ominösen englischen Generals berichtet. Leider schildert Wheeler-Bennett das Gespräch zwischen Ludendorfl und General Malcolm ohne Quellenangabe. Im Grunde genommen sind jedoch nur die Zeit und Ortsbestimmung von Bedeutung. Bei Wheeler-Bennett ist von keinem „bald nach dem Waffenstillstand vom 11. November 1918" die Rede. Dieser Zusatz stammt von Lindley Fräser. Dafür kann man Wheeler-Bennett entnehmen, daß die Unterredung in Berlin stattgefunden hat. Eine einfache Überlegung beweist jedoch, daß die Unterhaltung zwischen Ludendorff und General Malcolm auf keinen Fall als Ursprung der Dolchstoßlegende und nicht einmal als Quelle des Terminus „Dolchstoß" betrachtet werden kann. Ludendorff hat sich bekanntlich nach dem Ausbruch der Novemberrevolution verborgen gehalten und schon am 16. November 1918 Deutschland verlassen. Zu diesem Zeitpunkt war noch keine englische Waffenstillstandskommission in Berlin. Erst am 22. Februar 1919 kehrte Ludendorff aus Schweden nach Deutschland zurück.8 Die Unterredung mit General Malcolm hat daher nach Angaben von Wilhelm Breucker, der Ludendorff persönlich nahestand, erst im Frühsommer des Jahres 1919 stattgefunden. 9 Spätestens aber am 17. Dezember 1918 war das Schlagwort vom „Dolchstoß der Heimat" in Deutschland bekannt; denn die „Deutsche Tageszeitung", ein alldeutsch orientiertes Blatt der preußischen Junker, berichtete unter der Uberschrift „Die .erdolchte' deutsche Armee" am gleichen 5

Görlitz, Walter, Der deutsche Generalstab. Geschichte und Gestalt

1657—1945,

Frankfurt a. M., o. J., S. 291. 6 7 8

Erdmann, Karl Dietrich, a. a. O., S. 115. Wheeler-Bennett, John W., Hindenburg. T h e wooden titan, London 1936, S. 238. Ludendorff,

[Erich],

Vom

Feldherrn zum Weltrevolutionär und

Wegbereiter

Deutscher Volksschöpfung. Meine Lebenserinnerungen von 1919—1925, München 1940, S. 33/34, 45/46. 9

Breucker,

Wilhelm,

Die Tragik Ludendorffs. Eine kritische Studie auf

persönlicher Erinnerungen an den General und seine Zeit, Stollhamm 1953, S. 68.

Grund (Oldb.)

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Kapitel II. Entstehung der Dolchstoßlegende

Tage: „Nach der .Neuen Zürcher Zeitung' erklärt General Maurice in den ,Daily News': . . . Die deutsche Armee ist von der Zivilbevölkerung von hinten erdolcht worden". 10 Die Berufung auf einen englischen General als Erfinder der Dolchstoßlegende hat sich damit in jeder Hinsicht als eine Irreführung erwiesen. Die tatsächliche Entstehungsgeschichte der Dolchstoßlegende dagegen wurzelt tief in den politischen und ideologischen Auseinandersetzungen vor und während des ersten Weltkrieges. Die Dolchstoßlegende war von vornherein nichts anderes als eine besondere Ausdrucksform der imperialistischen Ideologie und der deutschen Militaristen ureigenste Schöpfimg. Ein wesentliches Merkmal, im Grunde genommen das Kernstück der Dolchstoßlegende - die Behauptung, daß der revolutionäre Kampf gegen Imperialismus und Krieg Verrat an den nationalen Interessen des deutschen Volkes gewesen wäre - findet sich bereits, wenn auch unter anderen Aspekten, in den politischen Auseinandersetzungen vordem Kriege. Es entwickelte sich im Zusammenhang mit der allgemeinen Hetze gegen die Arbeiterbewegung. Das zur Charakteristik der sozialdemokratischen Arbeiter viel gebrauchte Schmähwort von den vaterlandslosen Gesellen legt davon ein beredtes Zeugnis ab. Auch die Auseinandersetzungen um die Bewilligung der Heeresvorlagen und der Flottennovellen im deutschen Reichstag waren im hohen Maße davon gekennzeichnet. Noch viel deutlicher wird diese Wurzel der Dolchstoßlegende in den Jahren des ersten Weltkrieges sichtbar. Das beweisen die zügellose Hetze gegen den revolutionären Flügel in der deutschen Arbeiterbewegung vor allem gegen Karl Liebknecht - und die Bekämpfung der großen Streikaktionen während des Krieges. So ließ z. B. General Groener, damals noch Chef des Kriegsamtes, aus Anlaß des Aprilstreiks von 1917 einen Aufruf verbreiten, in dem es heißt: „Ein Hundsfott, wer streikt . . . Die schlimmsten Feinde stecken mitten unter uns - das sind die Kleinmütigen und die noch viel Schlimmeren, die zum Streik hetzen. Diese müssen gebrandmarkt werden vor dem ganzen Volke, diese Verräter am Vaterlande und am Heere." 1 1 Auch ein weiteres Merkmal der Dolchstoßlegende, so die Behauptung, daß die Parteien der Reichstagsmehrheit und die ihr nahestehenden Reichsregierungen durch ihre Politik die Position Deutschlands im ersten Weltkrieg geschwächt hätten, hat seine Traditionen. Es trat vor allen Dingen im Verlaufe der Auseinandersetzungen um die Kriegsziele und um innenpolitische Reformen während des Krieges in Erscheinung. Die Anhänger eines Siegfriedens mit umfangreichen Annexionen und Kontributionen - vornehmlich die entscheidenden Teile des Monopol- und Agrarkapitals, das hohe Offizierkorps und die alldeutschen Kreise der Intelligenz - beschuldigten die in militärisch schwierigen Lagen zu einem Kompromißfrieden mit beschränkten Annexionen und Kontributionen neigenden Kreise der deutschen Bourgeoisie, die Interessen Deutschlands nicht entschieden genug wahrzunehmen. Sie behaupteten, daß durch die Vorbehalte gegen ihre 10 11

,,Deutsche Tageszeitung", Nr. 641, vom 17. 12. 1918. Dokumente und Materialien zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, a. a. O., Bd. i, S. 629.

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nahezu grenzenlosen Kriegsziele und die gelegentliche Beteuerung der Friedensbereitschaft die Zukunft Deutschlands in Frage gestellt und die Siegeshoffnungen der Entente gestärkt würden. Diesen Vorwurf richteten sie auch gegen die Politik des Reichskanzlers Bethmann Hollweg. Im besonderen Maße aber galten ihre Angriffe der Sozialdemokratischen Partei, deren Führung unter dem Druck der Arbeiterklasse stand und deshalb oftmals gezwungen war, ihre Zusammenarbeit mit der Bourgeoisie zu verschleiern. Dadurch erregte sie jedoch immer von neuem den Argwohn der reaktionären Kreise im Lager der deutschen Bourgeoisie, denen jedes Gefühl für das innen- und außenpolitische Kräfteverhältnis abhanden gekommen war und die alle Fragen im Stile eines preußischen Leutnants zu lösen versuchten. So wandte sich die Konservative Partei grundsätzlich gegen innenpolitische Reformen, vor allem gegen die Abschaffung des Dreiklassenwahlrechtes in Preußen. Sie unterstellte den Regierungsbehörden, die revolutionären Bestrebungen ungenügend zu bekämpfen, und der sozialdemokratischen Parteiführung, die revolutionäre Bewegung in Schutz zu nehmen und sogar zu unterstützen. Zur Charakteristik ihrer politischen Gegner im Lager der Bourgeoisie prägten die reaktionären Kräfte das Schlagwort vom Defätismus. Die Schärfe des Konfliktes zwischen dem reaktionärsten und aggressivsten Flügel des deutschen Monopolund Agrarkapitals einerseits und den sich liberal und gemäßigt nennenden Kreisen andererseits hing jedoch von der Entwicklung der militärischen und innenpolitischen Lage ab. In Zeiten deutscher Erfolge an den Fronten und geringerer Aktivität der deutschen Arbeiterklasse traten die Differenzen fast bis zur völligen Einmütigkeit zurück. In Zeiten schwerer Niederlagen und großer Streikbewegungen aber verschärften sich die Meinungsverschiedenheiten von neuem. Schon daraus . ergibt sich, daß diese Differenzen nicht prinzipieller Natur waren, sondern vornehmlich der Frage entsprangen, wie am besten die Sache des deutschen Imperialismus verfochten und zum Siege über die Entente und die revolutionäre Arbeiterbewegung geführt werden konnte. Das dritte und augenfälligste Merkmal der Dolchstoßlegende, das Bestreben, den Nimbus von der Unbesiegbarkeit um die Armee zu wahren und die Verantwortung für die militärische Niederlage von der Heeresleitung abzuwälzen, gehört zum eisernen Bestand des preußisch-deutschen Militarismus. Schon vom älteren Moltke stammt der Satz, daß es eine Pflicht der Pietät und der Vaterlandsliebe sei, gewisse Prestigen nicht zu zerstören, die die Siege der Armee an bestimmte Persönlichkeiten knüpfen. 12 Zum geflügelten Wort aber entwickelte sich geradezu eine unwillige Bemerkung Blüchers über die Feder, die verdarb, was das Schwert erwarb. Ganz in diesem Sinne wurde bereits während des ersten Weltkrieges die Vorstellung erweckt, als sei der deutsche Generalstab, dieser Repräsentant von Militarismus und Imperialismus, unfehlbar, die politische Führung aber unfähig und jegliche gemäßigte Politik das Verderben Deutschlands. Alle diese Tendenzen wirkten in der reaktionären Propaganda zusammen und erreichten im zweiten Halbjahr 1 9 1 8 angesichts der sich immer deutlicher ab12

3

Moltke, [Helmuth], Graf v., Ausgewählte Werke, Bd. 2, Berlin 1925, S. 449. Petzold, Dolchstoßlegende

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Kapitel II. Entstehung der Dolchstoßlegende

zeichnenden Niederlage des deutschen Imperialismus eine außerordentliche Verstärkung. Sie verbanden sich mit den Bemühungen der deutschen Bourgeoisie, ihre Politik zu rechtfertigen und ihren nationalen Führungsanspruch zu erhalten. Besonders das hohe Offizierkorps mit der Obersten Heeresleitung an der Spitze begriff, daß es seine Rolle in Zukunft nur weiterspielen konnte, wenn es gelang, sich von der unmittelbaren Verantwortung für die Niederlage freizuhalten und die Liquidierung des Krieges der Reichsregierung und der Reichstagsmehrheit zu übertragen. Dieses objektiv im Interesse des deutschen Militarismus und Imperialismus liegende Streben verband sich auf das engste mit dem subjektiven Ehrgeiz eines Ludendorff und seiner Mitarbeiter in der Obersten Heeresleitung. Die Taktik der Obersten Heeresleitung war in dieser Hinsicht sehr erfolgreich. Jahrelang hatte der Generalstab die ihm vertrauenden Teile des deutschen Volkes in den größten Siegeshoffnungen bestärkt. Selbst nach dem Scheitern der deutschen Offensive im Frühjahr 1918 gestanden Hindenburg und Ludendorff die Niederlage nicht ein. Systematisch wurde zunächst an der alten Methode festgehalten und der angeblich schwankenden Heimat der feste Siegeswille der Heerführung gegenübergestellt. Am 24. Juni 1918 wagte der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, v. Kühlmann, die im Grunde selbstverständliche Feststellung, daß eine rein militärische Entscheidung des Krieges ohne diplomatische Verhandlungen kaum erwartet werden könnte. 13 Wenige Tage später wurde er durch die Oberste Heeresleitung gestürzt und durch den deutschen Gesandten in Norwegen, Admiral v. Hintze, ersetzt. Die schwere Niederlage am 8. August 1918 vor Amiens erklärte Ludendorff jedoch bereits mit dem Nachlassen des kriegerischen Geistes bei einem Teil der Divisionen. Es sei vorgekommen, daß einer angreifenden Division von Truppen, die aus vorderer Linie zurückkamen, die Worte „Streikbrecher" und „Kriegsverlängerer" zugerufen worden wären. 14 Dieser Hinweis auf die Auflösungserscheinungen innerhalb des deutschen Heeres diente Ludendorff zur Verschleierung des strategischen Fehlschlags der deutschen Offensive und legte einen wichtigen Keim für die Dolchstoßlegende. Die katastrophalen Rückschläge im Juli und August an der Westfront veranlaßten Ludendorff aber selbst bei einer Besprechung des Kronrates am 14. August 1918 zu keinem Eingeständnis der militärischen Niederlage. Er änderte sogar im offiziellen Protokoll die Schlußbemerkung Hindenburgs: er „hofft, daß es dennoch gelingen werde, auf französischem Boden stehen zu bleiben und dadurch schließlich den Feinden unsem Willen aufzuzwingen" um in: „Generalfeldmarschall von Hindenburg führt aus, daß es gelingen werde, auf französischem Boden stehen zu bleiben und dadurch schließlich den Feinden unsern Willen aufzuzwingen"! 15 13 Verhandlungen des Reichstags, X I I I . Legislaturperiode, II. Session, Bd. 313, S. 5611/5612. 14 Niemann, Alfred, Kaiser und Revolution, Berlin 1922, S. 42. 15 Amtliche Urkunden zur Vorgeschichte des Waffenstillstandes igi8. Auf Grund der A k t e n der Reichskanzlei, des Auswärtigen Amtes und des Reichsarchivs herausgegeben v o m Auswärtigen A m t und vom Reichsministerium des Innern, 3. A u f lage, Berlin 1927, S. 5. (Hervorhebung im Original)

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Vertraulich hatte jedoch Ludendorff Admiral v. Hintze tags zuvor mitgeteilt: „. . . er (Ludendorff - J . P.) habe mir (Hintze - J . P.) im Juli gesagt: er sei sicher, mit der in Gang befindlichen Offensive den Kriegswillen des Feindes zu brechen und ihn zum Frieden zu nötigen; diese Sicherheit habe er jetzt nicht mehr."i 6 Offensichtlich beabsichtigte Ludendorff, die Regierung zu Friedensverhandlungen zu veranlassen, ohne durch die Oberste Heeresleitung den offiziellen Anstoß zu geben. Selbst solch ein Verehrer Ludendorffs wie der ehemalige Präsident der Forschungsanstalt für Kriegs- und Heeresgeschichte, Wolfgang Foerster, charakterisierte die Politik der Obersten Heeresleitung bis in den September 1918 hinein folgendermaßen: „Man wird zugeben müssen, daß . . . die politische Reichsleitung über den starken Wandel der militärischen Lage zuungunsten der deutschen Waffen nur unzureichend unterrichtet wurde" und fährt fort: „ E r (Ludendorff J . P.) suchte sich und anderen einzureden, daß es . . . Sache des Staatsmannes sei, von sich aus die Initiative zur Liquidierung des Krieges zu ergreifen." 17 Erst die unaufhaltsame Verschlechterung der militärischen Lage, das Friedensgesuch Österreich-Ungarns an die Entente und der Abfall Bulgariens auf der einen und der zunehmende Zerfall der Armee, der sich in hohen Gefangenenzahlen und Befehlsverweigerungen äußerte, auf der anderen Seite zwangen Ludendorff zu einer Änderung seiner Taktik. Die Abhängigkeit der Regierung Hertling von der Obersten Heeresleitung war so groß, daß eine selbständige Initiative nicht zu erwarten war, und so offenkundig, daß Ludendorffs Rechnung nicht aufzugehen drohte. Ein weiteres Zögern jedoch beschwor die Katastrophe für die deutschen Armeen herauf. Deshalb sahen sich Hindenburg und Ludendorff auf dem Kronrat von Spa am 29. September 1918 endlich gezwungen, die militärische Niederlage offiziell einzugestehen und die sofortige Aufnahme von Waffenstillstandsverhandlungen mit dem amerikanischen Präsidenten Wilson zu verlangen.18 Gleichzeitig aber forderten sowohl Ludendorff als auch v. Hintze die Bildung einer neuen Regierung auf breiter parlamentarischer Basis. Dadurch sollte die Kreditwürdigkeit der deutschen Regierung im Ausland wiederhergestellt und durch eine Art „Revolution von oben" den drohenden innenpolitischen Gefahren für den deutschen Imperialismus vorgebeugt werden. Zugleich spielte der Gedanke eine große Rolle, die Verantwortung für den Kriegsausgang mit größeren Erfolgs16 Ebenda, S. 7. Vgl. auch: Die Ursachen des Deutschen Zusammenbruchs im Jahre 1918, Bd. 2, S. 388. 17 Foerster, Wolf gang, Der Feldherr Ludendorff im Unglück. Eine Studie über seine seelische Haltung in der Endphase des ersten Weltkrieges, Wiesbaden 1952, S. 61, 62, 84. 18 Eine ausführliche Schilderung des Kronrates in Spa und der Waffen stillstandsforderung der Obersten Heeresleitung findet sich in dem reich mit Dokumenten belegten Gutachten des Sachverständigen Oberst Schwertfeger, Die politischen und militärischen Verantwortlichkeiten im Verlaufe der Offensive von 1 9 1 8 (Die Ursachen des Deutschen Zusammenbruchs im Jahre 1918, Bd. 2, insbesondere ab S. 260). 3*

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Kapitel I I . Entstehung der Dolchstoßlegende

aussichten von der Obersten Heeresleitung abzuwälzen und an Stelle des in ihrem Kielwasser schwimmenden Schattenkabinetts Hertling eine vom Parlament getragene und von den Mehrheitsparteien gebildete Regierung mit dem Odium der Niederlage zu belasten. Das beweist sehr deutlich die Tagebuchaufzeichnung eines Abteilungschefs in der Obersten Heeresleitung vom i . Oktober 1918. Der Oberst im Generalstab, Albrecht v. Thaer, schildert darin den Bericht Ludendorffs über den Kronrat vom 29. September 1 9 1 8 und zitiert ihn wörtlich: „Ich habe aber S. M. (Wilhelm II. - J . 'P.) gebeten, jetzt auch diejenigen Kreise an die Regierung zu bringen, denen wir es in der Hauptsache zu danken haben, daß wir so weit gekommen sind. Wir werden also diese Herren jetzt in die Ministerien einziehen sehen. Die sollen nun den Frieden schließen, der jetzt geschlossen werden muß. Sie sollen die Suppe jetzt essen, die sie uns eingebrockt haben!" 1» Im Vordergrund stand aber zunächst die rasche Einleitung von Waffenstillstandsverhandlungen, denn es ging um die Existenz des deutschen Heeres. Auf Thaers Befürchtung, daß das Waffenstillstandsgesuch die Truppen demoralisieren und zum Signal der Revolution werden könnte, antwortete Ludendorfl: „ ,Mein lieber Thaer, Sie werden mir zutrauen, daß ich mir das alles hundertmal selbst vor Augen geführt habe. E s ist aber jetzt so meine letzte Hoffnung, vielleicht der Strohhalm, an den ich mich klammere, daß vielleicht unserer Armee auf diese Weise erspart werden könnte, vernichtend geschlagen zu werden mit allen dann 19

Thaer, Albrecht v., Generalstabsdienst an der Front und in der O. H . L. Aus Briefen und Tagebuchaufzeichnungen 1915—1919. Unter Mitarbeit von Helmuth K . G. Rönnefarth herausgegeben von Siegfried A. Kaehler. I n : Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Philologisch-Historische Klasse, Dritte Folge, Nr. 40, Göttingen 1958, S. 235. Die Angaben Thaers sind in vieler Hinsicht aufschlußreich. In seiner Tagebuchaufzeichnung vom 7. 1 1 . 1918 findet sich auch das Stichwort,,Dolchstoß" (S. 254). Der Herausgeber Siegfried A. Kaehler vermutet: „Vielleicht ist das . . . Schmähwort hier zum ersten Mal literarisch festzustellen" (S. 14). Leider wurden die Briefe und Tagebuchaufzeichnungen nach 1920 von Thaer überarbeitet. So heißt es z. B. unter dem 9. 1 1 . 1 9 1 8 : „ S P D und K P D (sie! — J . P.) hatten sich vereinigt und erklärten die Republik unter 6 Volksbeauftragten, 3 von jeder Partei" (S. 258/259). E s liegt daher der Schluß nahe, daß die Hinweise auf die Dolchstoßlegende nachträglich eingefügt wurden, zumal sich Thaer in einer Tagebuchaufzeichnung zwischen dem 22. 12. 1918 und dem 2. 1 . 1 9 1 9 wahrscheinlich auf die berüchtigte Dolchstoßerklärung Hindenburgs vom 18. 1 1 . 1 9 1 9 beruft (S. 286). Trotz dieser — merkwürdigerweise vom Herausgeber Siegfried A. Kaehler nicht beachteten — quellenkritischen Bedenken, besteht kein Grund, die tatsächlichen Berichte Thaers anzuzweifeln, denn es ist zumindest nicht anzunehmen, daß Thaer nachträglich Angaben gemacht hat, die seiner eigenen politischen Anschauung zuwiderliefen und vor allem Ludendorff grundlos belasteten. Wohl aber kann man vermuten, daß Thaer nachträglich die Bedeutung der revolutionären Bewegung im Sinne der Dolchstoßlegende unterstrichen hat. (Hervorhebungen im Original)

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noch viel schlimmeren Folgen.'" 2 0 In den Tagen nach dem 29. September 1 9 1 8 überstürzten sich die Telegramme und Telefonate aus dem Großen Hauptquartier, in denen die sofortige Absendung des Friedensangebotes gefordert wurde. Ihr Tenor war: 48 Stunden kann die Armee nicht mehr warten. Jeden Augenblick könne ein Durchbruch erfolgen, jederzeit irgendwo eine Division versagen. 21 Der Vertreter des Auswärtigen Amtes bei Wilhelm II., v. Grünau, telegraphierte z. B . am 1. Oktober 1 9 1 8 aus dem Großen Hauptquartier: „General Ludendorff sagte mir eben in Gegenwart von Oberst Héye und Lersner, Euerer Exellenz seine dringende Bitte zu übermitteln, das Friedensangebot sofort hinausgehen zu lassen und damit nicht erst bis zur Bildung der neuen Regierung zu warten, die sich verzögern könne. Heute hielte die Truppe noch und wir seien noch in einer würdigen Lage, es könne aber jeden Augenblick ein Durchbruch erfolgen und dann käme unser Angebot im allerungünstigsten Moment. E r käme sich vor wie ein Hasardspieler, und es könne jederzeit irgendwo eine Division versagen . . . " 2 2 Der neuernannte Reichskanzler. Prinz Max v. Baden, der sich zu einem „ethischen" Imperialismus bekannte und seine Regierung mit Vertretern der Sozialdemokratischen Partei, des Zentrums und der Fortschrittlichen Volkspartei bildete, sträubte sich vergebens gegen eine derart überstürzte Aktion. A m 3. Oktober 1 9 1 8 forderte Hindenburg schriftlich, „den Kampf abzubrechen", denn „Die Lage verschärft sich . . . täglich und kann die Oberste Heeresleitung zu schwerwiegenden Entschlüssen zwingen." 2 3 A m nächsten T a g wurde die von Ludendorff geforderte, aber vom Reichskanzler unterzeichnete Note an Wilson abgesandt. Die Taktik Ludendorffs hätte zu einem ersten großen Erfolg geführt. Entgegen der üblichen Gepflogenheit war das Waffenstillstandsersuchen offiziell nicht von der Heeresführung, sondern von der Regierung ausgegangen. Ein Sündenbock für die Zukunft war gefunden. Geschickt auf die Rücksichtnahme gegenüber der militärischen Lage anspielend, ersuchte die Oberste Heeresleitung am 9. Oktober 1 9 1 8 durch Major Würz die Presse dringend, die „ F r a g e nach der Verantwortung" für die Waffenstillstandsforderung nicht zu untersuchen und ließ am 16. Oktober 1 9 1 8 gleichfalls durch Major Würz vor der Presse erklären: „Unter allen Umständen muß der Eindruck vermieden werden, als gehe unser Friedensschritt von militärischer Seite aus. Reichskanzler und Regierung haben es auf sich genommen, den Schritt von sich ausgehen zu lassen. Diesen Eindruck darf die Presse nicht zerstören. Sie muß immer wieder betonen, daß die Regierung es ist, die getreu ihren wiederholt geäußerten Prinzipien sich zum Friedensschritt entschloß." M Unmittelbar nach ihrer Waffenstillstandsforderung begann die Oberste Heeresleitung einen Propagandafeldzug zu starten, dessen Aufgabe war, den Eindruck 20 21

22 23 24

Ebenda, S. 236. (Hervorhebungen im Original) Vgl. Amtliche Urkunden zur Vorgeschichte des Waffenstillstandes 1918, a. a. O., S. 59 ß. Ebenda, S. 61. Ebenda, S. 73. Die Ursachen des Deutschen Zusammenbruchs im Jahre 1918, Bd. 6, S. 110.

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Kapitel II. Entstehung der Dolchstoßlegende

zu erwecken, als sei lediglich ein „ehrenvoller" Friede gemeint und anderenfalls eine Fortsetzung des Krieges, bei dem der „ H e i m a t " die entscheidende B e d e u t u n g zukäme, geplant. Schon am 2. Oktober 1918 erklärte der Vertreter der Obersten Heeresleitung, Major Freiherr von dem Bussche, vor den Parteiführern des Reichstages: „Gleichzeitig mit dem Friedensangebot m u ß eine geschlossene F r o n t in der Heimat erstehen, die erkennen läßt, daß der unbeugsame Wille besteht, den Krieg fortzusetzen, wenn der Feind uns keinen Frieden oder nur einen demütigenden Frieden geben will. Sollte dieser Fall eintreten, dann wird das Durchhalten des Heeres entscheidend von der festen Haltung der Heimat und dem Geist, der aus der Heimat zum Heere dringt, abhängen." 2 5 In Wirklichkeit bestand selbstverständlich keinerlei Aussicht auf einen „ehrenvollen" Frieden, wie ihn die deutschen Imperialisten verstanden. E s war einfach lächerlich und bezeichnend für die geistige Verfassung Hindenburgs, den Wunsch zu äußern, bei Friedensschluß die Annexion von B r i e y und L o n g w y durchzusetzen. 2 6 E s war aber zielbewußte Berechnung, wenn Ludendorff folgenden Standpunkt v e r t r a t : „Die Oberste Heeresleitung zieht, falls es nicht anders geht, die Aufgabe geringer, französisch sprechender Teile Elsaß-Lothringens in Betracht. Abtretung deutschen Gebiets im Osten kommt für sie nicht in Frage."27 E s war klar, daß diese Bedingungen niemals eine aussichtsreiche Verhandlungsgrundlage bilden konnten. Sie waren vielmehr ein Bestandteil des Ludendorffschen Planes, das Ansehen der Obersten Heeresleitung bei der deutschen Bourgeoisie zu wahren, die Reichsregierung in eine ungünstige Position zu manövrieren und die innenpolitische Situation für den Verlust des Krieges - und damit Elsaß-Lothringens und der polnischen Gebiete verantwortlich zu machen. Ganz in diesem Sinne begann er über Hindenburg die „ernste Sorge auszusprechen, daß die gegenwärtige Stimmung im Innern des Reiches unsere militärische L a g e und unsere Aussichten bei Verhandlungen immer ungünstiger g e s t a l t e t . . ." 2 8 . Noch offensichtlicher zeigt sich die T a k t i k Ludendorffs bei der Ablehnung der von Wilson geforderten Einstellung des uneingeschränkten U-Boot-Krieges. U m das A b r ü c k e n der Obersten Heeresleitung von ihrer Waffenstillstandsforderung zu bemänteln, begann Ludendorff ein optimistischeres Bild v o n der militärischen Lage vorzuspiegeln und die entschiedene Fortsetzung des K a m p f e s bis zu einem „ehrenvollen" Frieden zu fordern. Diesem Zwecke dienten vor allem die Antworten Ludendorffs auf die Fragen der Regierung a m 17. Oktober 1918 in Berlin. 2 9 Schließlich trat Ludendorff offen für den A b b r u c h der Waffenstillstandsverhandlungen ein, wohl wissend, daß sein Vorschlag unmöglich von der Regierung des Amtliche Urkunden zur Vorgeschichte des Waffenstillstandes igi8, a. a. O., S. 68. Die Ursachen des Deutschen Zusammenbruchs im Jahre igi8, Bd. 2, S. 401 (Bericht von Hintze). 27 Ludendorff, Erich, Urkunden der Obersten Heeresleitung . . ., a. a. O., S. 541. (Nachträgliche Hervorhebung von Ludendorfi) 28 Amtliche Urkunden zur Vorgeschichte des Waffenstillstandes 1918, a. a. O., S. 112. Telegramm Hindenburgs vom 14. 10. 1918 an Prinz Max v. Baden. 29 Ebenda, S. 128—153. 26

26

Kapitel II. E n t s t e h u n g der Dolchstoßlegende

35

Prinzen Max v. Baden akzeptiert werden konnte. Mit vollem Recht, aber ohne das Spiel Ludendorffs beim Namen zu nennen, stellte Staatssekretär Solf am 17. Oktober 1918 gegenüber Ludendorff die Frage: „Zu Anfang dieses Monats ist die politische Leitung des Reiches von der Obersten Heeresleitung gedrängt worden, die Gegner um Waffenstillstand zu bitten und Frieden vorzuschlagen. Gegen den Willen und gegen die Auffassungen des Reichskanzlers hat er sich entschließen müssen, diesen Schritt mit seiner Verantwortlichkeit zu decken. . . Jetzt ist die Antwort Wilsons gekommen, die uns vor schwere Entschlüsse stellt, und sofort ändert sich das Bild, so daß wir die Lage noch halten können, ja, daß, wenn wir die nächsten vier Wochen überdauern, wir sogar viel besser dastehen als bisher. Davor stehe ich wie vor einem Rätsel. Was ist der wirkliche Grund, weshalb geht jetzt, was vorher für unmöglich erklärt worden war?" 3 0 Ludendorff ließ sich bei der Verfolgung seines Planes durch nichts beirren. Zunächst galt es, die Verantwortimg für den weiteren Notenwechsel mit Wilson abzulehnen. Am 20. Oktober 1918 verweigerte er durch Hindenburg die Zustimmung zur bedingungslosen Einstellung des U-Boot-Krieges und forderte die Entschlossenheit von der Regierung, im Falle des Scheiterns der Verhandlungen mit Wilson „den Kampf bis zum letzten Mann unserer Ehre halber auszukämpfen." 31 Am 21. Oktober 1918 stimmte er jedoch zu, daß Oberst v. Haeften folgende - ausgerechnet von der Regierung inspirierte - Erklärung abgab: „Die Oberste Heeresleitung hält sich für keinen politischen Machtfaktor, sie trägt daher auch keine politische Verantwortung. Ihre politische Zustimmung zu der Note (an Wilson - J. P.) ist daher auch nicht erforderlich." 32 Mit dieser Erklärung sollte der Widerstand der Obersten Heeresleitung gegen die Annahme der Wilsonschen Forderungen gebrochen und zugleich das Primat der politischen Führung gegenüber der militärischen Führung demonstriert werden. In Wirklichkeit jedoch wurde Ludendorff unmittelbar in die Hände gearbeitet; denn der Zusatz „Die Oberste Heeresleitung wird sich in der Angelegenheit gegenüber der Regierung durchaus loyal verhalten; sie wird alles vermeiden, was geeignet wäre, der Regierung Schwierigkeiten in der Vertretung der Note gegenüber der Öffentlichkeit zu machen" 33 stand lediglich auf dem Papier, die Distanzierung der Obersten Heeresleitung vom Notenwechsel aber wurde von größter Bedeutung für die Zukunft. Der Reichsregierung blieb indessen gar nichts anderes übrig, als den uneingeschränkten U-Bootkrieg aufzuheben und die Verhandlungen mit Wilson weiterzuführen; denn eine rasche Beendigung des Krieges war sowohl aus militärischen als auch innenpolitischen Gründen für die deutschen Imperialisten lebenswichtig. Ludendorff dagegen sprach - nach den Aufzeichnungen des Kronprinzen Rupprecht v. Bayern - „jetzt wieder, wie wenn wir den Krieg noch lange fortsetzen 30

Ebenda, S. 149.

31 Ebenda, S. 166. 32

Ebenda, S. 172. Vgl. zur Entstehungsgeschichte dieser Erklärung Max, v. Baden, a. a. O., S. 471.

33 Ebenda.

Prinz

Kapitel I I . Entstehung der Dolchstoßlegende

36

könnten, und daß, wenn dies nicht geschehe und wir den Krieg verlören, die Schuld hieran die jetzige Reichsleitung treffe." 3 4 Er besaß sogar die Stirn, durch Hindenburg Verwahrung einlegen zu lassen gegen „Gerüchte, die dahin gingen, der Generalfeldmarschall habe seinerzeit ein sofortiges Friedensangebot verlangt und dabei darauf hingewiesen, es handele sich um eine Sache von Stunden." 3 5 Zugleich benutzte Ludendorff Wilsons Note vom 23. Oktober 1918 - in der Sicherheiten gegen eine Fortsetzung des Krieges nach dem Waffenstillstand durch Deutschland gefordert und Friedensverhandlungen mit den „militärischen Beherrschern und monarchistischen Autokraten Deutschlands" abgelehnt wurden 3 6 um folgende Erklärung Hindenburgs an alle deutschen Truppen verbreiten zu lassen: „ . . . Die Antwort Wilsons fordert die militärische Kapitulation. Sie ist deshalb für uns Soldaten unannehmbar . . . Wilsons Antwort kann daher für uns Soldaten nur die Aufforderung sein, den Widerstand mit äußersten Kräften fortzusetzen. Wenn die Feinde erkennen werden, daß die deutsche Front mit allen Opfern nicht zu durchbrechen ist, werden sie zu einem Frieden bereit sein, der Deutschlands Zukunft gerade für die breiten Schichten des Volkes sichert." 3 7 Dieser Aufruf war Demagogie sondergleichen. Der ganze rechte Flügel des deutschen Heeres zwischen Verdun und der Kanalküste war in schwere Rückzugskämpfe verwickelt. Ausgebaute rückwärtige Stellungen fehlten. Dieser Mangel spielte gerade bei der geringen Motorisierung des für den Stellungskrieg ausgerüsteten deutschen Heeres eine entscheidende Rolle. Die Bataillonsstärken waren auf wenige hundert Mann zusammengeschmolzen. Die materielle und personelle Überlegenheit der Entente wuchs durch die amerikanische Hilfe von Tag zu Tag. Der Balkan war nach dem Ausscheiden Bulgariens aus dem Kriege weitgehend von Truppen der Mittelmächte entblößt. A m 24. Oktober 1918 begann eine große italienische Offensive in Norditalien, die rasch zur Zertrümmerung des ohnehin auseinanderfallenden österreichisch-ungarischen Heeres führen sollte. Schon mußte die Bereitstellung deutscher Truppen zum Schutze der Grenzen Bayerns erwogen werden. Der Vertreter des Auswärtigen Amtes bei der Obersten Heeresleitung, v . Lersner, warnte daher auf „ G r u n d seiner langjährigen Erfahrung im Großen Hauptquartier und seiner über die gegenwärtige militärische Lage gemachten Beobachtungen und eingezogenen Informationen . . . auf das dringendste" die Reichsregierung, „etwaigen Versprechungen der Obersten Heeresleitung Glauben zu schenken und uns in der einmal eingeschlagenen Friedenspolitik auch nur im geringsten beirren zu lassen. Die militärische Lage sei heute mindestens ebenso hoffnungslos wie vor drei Wochen, da eine Besserung nicht zu erwarten und es nur eine Frage von Wochen, höchstens wenigen Monaten sei, wann der Feind bei uns im Lande stehe." 3 8 Selbst Oberst Thaer schrieb am 34

Rupprecht, Kronprinz

35

Amtliche

v. Bayern, Mein Kriegstagebuch, Berlin 1929, Bd. 2, S. 465.

Urkunden zur Vorgeschichte des Waffenstillstandes

(Hervorhebung im Original) 36

Ebenda, S. 189/190.

37

Ebenda, S. 194.

38

Ebenda, S. 199. (Hervorhebung im Original)

1918, a. a. O., S. 201.

37

K a p i t e l I I . Entstehung der Dolchstoßlegende

28. Oktober 1918 in sein Tagebuch: „Allein werden wir im Frühjahr völlig untergekriegt. Also beim besten Willen kann ich auch nicht sehen, wie es durch die Fortsetzung des Krieges sich bessern könnte . . . " 39 Ludendorff war sich ohne Zweifel völlig darüber im klaren, daß an einen Abbruch der Waffenstillstandsverhandlungen und eine Weiterführung des Krieges nicht zu denken war. Die Folge wären eine völlige militärische Katastrophe und wahrscheinlich der sofortige Ausbruch der Revolution gewesen. Ludendorff hatte auch genügend Zeugnisse, daß große Teile der deutschen Truppen nicht mehr bereit waren zu kämpfen. Sie hielten sich in der Etappe auf oder gaben sich gefangen. Der Ruf „Streikbrecher" gegenüber weiterkämpfenden militärischen Einheiten war in vieler Munde und der Krieg hatte nach Ludendorffs eigenem Urteil den „Charakter eines unverantwortlichen Hasardspieles" angenommen.40 Die Waffenstillstandsforderung der Obersten Heeresleitung vom 29. September 1918 entsprach somit voll und ganz der militärischen Lage und bot für die deutschen Militaristen und Imperialisten die einzige Möglichkeit, die deutschen Armeen vor der völligen Auflösung und Zertrümmerung zu bewahren. Sie war keineswegs wie viele bürgerliche Historiker immer und immer wieder behaupten - der Ausdruck eines Nervenzusammenbruches von Ludendorff. 41 Die Forderung nach Abbruch der Waffenstillstandsverhandlungen in den letzten Oktobertagen 1918 durch Ludendorff dagegen erfolgte aus dem sicheren Gefühl der Unannehmbarkeit heraus und bezweckte vor allem, die Oberste Heeresleitung freizuhalten von der offiziellen Verantwortimg für den schließlichen Abschluß eines Waffenstillstandes, dessen Bedingungen naturgemäß nicht vom Besiegten, sondern vom Sieger diktiert werden würden. Ludendorff wollte den Zeitgenossen und der Nachwelt als ein Hort des Widerstandswillens erscheinen und den Eindruck erwecken, als ob die Oberste Heeresleitung durch die Reichsregierung an der Weiterführung des Krieges gehindert worden wäre. Allmählich begannen auch der Reichskanzler Prinz Max v. Baden zu ahnen, „daß es dem General Ludendorff weniger darauf ankam, unseren Entschluß zu ändern als gegen ihn zu demonstrieren" und Vizekanzler v. Payer zu fürchten, daß „wir es sein" sollen, „die den verlorenen Krieg verloren machen."42 Am 25. Oktober 1918 entschloß sich daher Prinz Max v. Baden, die Entlassung Ludendorffs zu fordern und anderenfalls dem Kaiser mit seinem Rücktritt zu drohen.43 Nach dem Aufruf an die Armee war Ludendorff sowohl außen- als auch innenpolitisch untragbar geworden. Eine Verabschiedung vor der Beendigung des Krieges paßte durchaus auch in die Pläne Ludendorffs. Deshalb benutzte er - durch Oberst v. Haeften 39

Thaer, Albrecht v., a. a. O., S. 246. (Hervorhebung im Original)

40

Ludendorff,

41

Vgl. z. B . neuerdings

Erich, Meine Kriegserinnerungen 1914—19x8, Berlin 1919, S. 551. Kaehler,

Siegfried

A.,

Zur

Beurteilung

Ludendorffs

im

Sommer 1918. I n : Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, I. Philologisch-Historische Klasse, Jg. 1953, Nr. 1. 42

Max,

43

Ebenda, S. 500.

Prinz v. Baden, a. a. O., S. 462/463. (Hervorhebung im Original)

38

Kapitel II. Entstehung der Dolchstoßlegende

über die Absicht des Reichskanzlers informiert44 - am 26. Oktober 1918 den Vorwurf Wilhelms I I : „daß er ihn (den Kaiser - J . P.) in eine furchtbare Lage gebracht habe, da er vor knapp vier Wochen Waffenstillstand verlangt habe, nun wieder weiterkämpfen und Wilson ablehnen wolle" kurzerhand, um seine Entlassung zu fordern. Der Kaiser „sei darauf auch ziemlich heftig geworden, habe gesagt, davon sei vorläufig keine Rede, jedenfalls, wann und ob Ludendorff ginge, das werde er, der Kaiser, bestimmen. Ludendorff sei aber absolut festgeblieben Daraufhin habe Wilhelm II. ihm zwar die Ablösung von seiner Funktion in der Obersten Heeresleitung zugestanden, aber die Leitung einer Heeresgruppe angeboten, denn „von einer Entlassung aus dem Dienst jetzt im Kriege könne keine Rede sein." Ludendorff „habe dann gesagt, das käme gar nicht in Frage, habe sich mit einer kurzen Verbeugung empfohlen und das Lokal verlassen." 45 Mit dieser einerseits durch die Regierung veranlaßten und andererseits durch Ludendorff geradezu erzwungenen Verabschiedung in Form einer Dienstverweigerung erreichte Ludendorff sein Hauptziel. Er schied aus der Verantwortung, bevor noch der Waffenstillstand geschlossen und die völlige militärische Niederlage auch für den letzten offensichtlich geworden war. Er blieb auf diese Art für große Teile der deutschen Bourgeoisie die Personifizierung des angeblich im Felde unbesiegten deutschen Heeres und schuf eine wichtige Grundlage für die Dolchstoßlegende. In diesem Sinne schrieb er bereits am 31. Oktober 1918 in einer an Entstellungen reichen Rechtfertigung seiner Handlungsweise: „Die Heimat tat nicht genug für ihre Armee. Es fehlte ein Zusammenfassen der Kraft, es fehlte die starke Regierung." 46 Ludendorffs Nachfolger wurde General Groener. Sofort zeigte es sich, daß die Taktik Ludendorffs keineswegs nur persönlichen Motiven entsprungen war, sondern mit den Interessen der Obersten Heeresleitung und des deutschen Imperialismus überhaupt übereinstimmte. Am 28. Oktober 1918 hatten die Generale v. Mudra und v. Gallwitz die ungünstige „moralische Einwirkung der Heimat" auf die Truppen hervorgehoben und ein relativ günstiges Bild von der militärischen Lage vorgespiegelt.47 Am 5. November 1918 behauptete General Groener, daß die Heimat das ungeschlagene Heer zugrunde richte und daß der „schlimmste Feind, dessen das Heer sich zu erwehren hat . . . die Entnervung durch die Einflüsse der Heimat, . . . der drohende Bolschewismus" sei.48 Schließlich erreichte Groener, daß kein Offizier, sondern der Abgeordnete des Zentrums, Matthias Erzberger, die Leitung der Waffenstillstandskommission übernahm. In seinen Lebenserinnerungen bekennt Groener ausdrücklich: „Mir konnte es nur lieb sein, wenn bei diesen unglückseligen Verhandlungen, von denen nichts Gutes zu erwarten war, das Heer und die Heeresleitung so unbelastet wie möglich blieb . . . 44

45 46 47 48

Ludendorff, Erich, Meine Kriegserinnerungen 1914—1918, a. a. O., S. 616. Vgl. auch Max, Prinz v. Baden, a. a. O., S. 504. Thaer, Albrecht v., a. a. O., S. 247. (Hervorhebung im Original) Die Ursachen des Deutschen Zusammenbruchs im Jahre 1918, Bd. 2, S. 363. Amtliche Urkunden zur Vorgeschichte des Waffenstillstandes igi8, S. 2 1 1 — 2 1 7 . Ebenda, S. 248.

Kapitel II. Entstehung der Dolchstoßlegende

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Die Heeresleitung stellte sich bewußt auf den Standpunkt, die Verantwortung für den Waffenstillstand und alle späteren Schritte von sich zu weisen. Sie tat dies, streng juristisch gesehen, nur mit bedingtem Recht, aber es kam mir und meinen Mitarbeitern darauf an, die Waffe blank und den Generalstab für die Zukunft unbelastet zu erhalten." 49 Auf diese Weise verstanden es die deutschen Militaristen im Jahre 1918, sich vor der Öffentlichkeit der Verantwortung für den Kriegsausgang zu entziehen und den Boden für eine großangelegte Verfälschung der Ursachen für die Niederlage des deutschen Imperialismus im ersten Weltkrieg zu bereiten. Sie waren sich der propagandistischen Bedeutung der in ihrer Entstehung begriffenen Dolchstoßlegende von vornherein wohlbewußt. Schon am 9. November 1918 erklärte Graf v. d. Schulenburg, der Generalstabschef der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz, bei den Beratungen über die Revolution und die Abdankung Wilhelms II. im Großen Hauptquartier zu Spa: „Voraussetzung" für die Wiederherstellung der Befehlsgewalt und der Autorität der Obrigkeit „ist eine richtige Parole. Unter unsern Leuten wird die Parole unter allen Umständen ziehen, daß ihre Schwesterwaffe, die Marine, mit jüdischen Kriegsgewinnlern und Drückebergern ihnen in den Rücken gefallen ist. . ." 50 Die Absichten der Obersten Heeresleitung fanden selbstverständlich die Billigung der alldeutsch orientierten konservativen und nationalliberalen Kreise. Sie wurden schließlich mit einer von Woche zu Woche steigenden Energie und Zielstrebigkeit unterstützt. Die Rechtspresse hatte ohnehin während des ganzen Krieges nicht mit Vorwürfen gegen die Politik der Reichstagsmehrheit gespart und die Streikkämpfe des Proletariats - ganz zu schweigen von der revolutionären Tätigkeit der Spartakusgruppe - als Unterstützung der Entente diffamiert. Zwar führte die - für diese Kreise vielfach unerwartete - Nachricht, daß die Oberste Heeresleitung ultimativ die Einleitung von Waffenstillstandsverhandlungen gefordert hatte, zunächst zu einer großen Verwirrung. Doch schon bald machte man sich die Tatsache zunutze, daß die Notschreie der Obersten Heeresleitung entsprechend den Presseanweisungen durch Major Würz nicht an die Öffentlichkeit gelangt waren und die Reichsregierung die Einleitung von Waffenstillstandsverhandlungen übernommen hatte. Infolgedessen fiel es den der Deutschen Vaterlandspartei nahestehenden Presseorganen leicht, zu behaupten, daß die Reichstagsmehrheit den Bittgang zu Wilson veranlaßt habe. Am 22. Oktober 1918 bezeichnete Graf Westarp als Sprecher der Konservativen Partei im Reichstag das Waffenstillstandsangebot als erste Tat der Regierung des Prinzen Max v. Baden. 51 Am 16. Oktober 1918 hatte die konservative Fraktion in der „Kreuzzeitung" bereits die Waffenstillstandsaktion für gescheitert erklärt und zur „nationalen 49

Groener, Wilhelm,

Lebenserinnerungen.

Jugend—Generalstab — Weltkrieg,

Göt-

tingen 1957, S. 449, 466. 50

Niemann,

Alfred,

Revolution von oben — Umsturz von unten, Berlin 1927, S. 322

(Denkschrift des Generals Graf v. d. Schulenburg v o m 7. 12. 1918). 51

Verhandlungen S. 6179.

des

Reichstags,

X I I I . Legislaturperiode,

II. Session,

B d . 314,

40

Kapitel II. E n t s t e h u n g der Dolchstoßlegende

Verteidigung" aufgerufen.52 Ganz im Sinne der Taktik Ludendorffs wurden aus den Kreisen der Deutschen Vaterlandspartei die Weiterführung des Krieges bis zu einem „ehrenvollen" Frieden und der Abbruch der Waffenstillstandsverhandlungen gefordert. Die Entlassung Ludendorffs bot schließlich den willkommenen Anlaß, um den Verlust des Krieges mit noch größerer Entschiedenheit auf innenpolitische Faktoren zurückzuführen. Zugleich stand aber auch hinter der hektischen Propaganda für eine „nationale Verteidigung" und gegen eine „Untergrabung des Widerstandswillen" die Angst vor dem militärischen Zusammenbruch und der heranreifenden Revolution. Es war den verschiedenen Fraktionen der Bourgeoisie nicht verborgen geblieben, daß die Sehnsucht nach Frieden sowohl an der Front als auch in der Heimat allmächtig geworden war und sich immer mehr mit der Erkenntnis verband, daß nur eine Erhebung der Volksmassen weiteres Blutvergießen verhindern und eine gründliche Veränderung der politischen Verhältnisse herbeiführen konnte. Die revolutionäre Bewegung griff in den Betrieben, auf den Kriegsschiffen und in den Schützengräben immer mehr um sich. An ihrer Spitze stand die zahlenmäßig zwar kleine, politisch aber außerordentlich aktive Spartakusgruppe, die in ihren Flugschriften unermüdlich zur Revolution aufrief und die Unabhängige Sozialdemokratische Partei zu revolutionären Aktionen drängte. Mit allen Mitteln versuchte deshalb die herrschende Klasse, der drohenden Revolution entgegenzuwirken und ihr politisches System vor dem Zusammenbruch zu retten. Eine wichtige Rolle spielte dabei die aufkeimende Dolchstoßlegende. Das beweist vor allem ein Blick in die Presse. Seit den schweren militärischen Rückschlägen im Juli und August 1918 häuften sich die Artikel über die Bedeutung der Heimat für die Front. Bald nach dem Bekanntwerden des Waffenstillstandsgesuches läßt sich der Beginn einer Schulddiskussion feststellen, die unmittelbar zur Herausbildung der Dolchstoßlegende führte. Das Signal hatte der Alldeutsche Verband gegeben. Am 8. Oktober 1918 erschien in der „Deutschen Zeitung" eine Leitartikelfolge von Prof. Dr. Hans Freiherr v. Liebig unter dem Titel „Anklage!". 5 3 Darin wurde von einem führenden Vertreter des Alldeutschen Verbandes der Versuch unternommen, jegliche Verantwortung für den Kriegsverlauf von der Vaterlandspartei und der Obersten Heeresleitung auf die Politik von Bethmann Hollweg und der Reichstagsmehrheit abzuwälzen. Am 26. Oktober 1918 schrieb die „Deutsche Zeitung" in einem Artikel über Hindenburg von der Notwendigkeit, „im Rückzüge zu siegen bei einer zusammengebrochenen Heimatfront" und von dem schleichenden „Gift des Mißtrauens", das „von der Heimat zur Front kroch . . . und denen da draußen die furchtbare Gewißheit geben mußte, daß die Heimat ihrer vergaß". Die damit verbundenen Angriffe gipfelten in den Worten: „Wehe denen, die dem deutschen Volke den Glauben an sein Heer und seine Flotte genommen haben, wehe denen, die durch Schauermären die Heimatfront ent52

„Neue

53

,,Deutsche Zeitung",

Preußische Zeitung"

(Kreuzzeitung), Nr. 529, v o m 16. 10. 1918.

Nr. 513 und 514, v o m 8. 10. 1918.

Kapitel II. Entstehung der Dolchstoßlegende

41

nervt haben." 54 In ähnlichem Sinne äußerten sich auch die übrigen der Vaterlandspartei nahestehenden Zeitungen. Es ist demnach offensichtlich, „daß die Dolchstoßlegende bereits geboren wurde, ehe die Novemberrevolution ausbrach." 55 Eine Illustration dieser Feststellung enthalten auch die Lebenserinnerungen von Friedrich Meinecke: „Eine Nummer des Lichterfelder oder Steglitzer Anzeigers, eines ganz vaterlandsparteilichen Blattes, kam Anfang oder Mitte Oktober ins Haus, in der ich mit Erstaunen las, daß die eigentlich Schuldigen an unserer militärischen Lage die Flaumacher und Defätisten im Lande seien. Die Dolchstoßlegende also noch vor dem 9. November! Kurz darauf versammelte der neue Rektor Seeberg die Dozenten der Universität in der alten Aula, um mit uns über die Not des Vaterlandes zu sprechen. Troeltsch sprach heiß empfundene Worte über den deutschen Geist, den wir jetzt retten müßten, und die von ihm vorgeschlagene Resolution wurde auch angenommen. Aber vorher brach Wilhelm Schulze, ein großer Forscher, eine anima Candida, aber ein blinder Hitzkopf in politicis, mit heftigen Anklagen gegen die Flaumacher heraus. Wiederum wurde die Dolchstoßlegende damit antizipiert." 56 Sehr interessant für die Entstehungsgeschichte der Dolchstoßlegende ist auch eine Episode, über die der Reichstagsabgeordnete der Fortschrittlichen Volkspartei, Ernst Müller (Meiningen), in seinen Erinnerungen an die Revolutionszeit in Bayern berichtet: Am 2. November 1918 veranstaltete der Liberale Verein „Frei-München" eine Volksversammlung im Löwenbräu-Keller von München. „Meine Wendung: .Solange die äußere Front aushält, haben wir die verdammte Pflicht zum Aushalten in der Heimat. Wir müßten uns vor unseren Kindern und Kindeskindern schämen, wenn wir der Front in den Rücken fielen und ihr den Dolchstoß versetzten', wurde mit ohrenbetäubendem, minutenlangem Radau begrüßt.. . ,Der Krieg ist endgültig verloren. Aller Widerstand ist umsonst.' Diese Wendung wurde weidlich gegen mich ausgenützt, da ich immer wieder das Thema variierte, daß ,die Heimat der Front durch Revolution auch jetzt nicht den Todesstoß versetzen dürfe'." 57 Wenn man diesen Angaben Glauben schenken darf, so gehörte ein Abgeordneter der Reichstagsmehrheit zu den ersten, die das Wort vom „Dolchstoß der Heimat" im Munde führten. Der Ausbruch der Novemberrevolution und der von der nationalistischen und konterrevolutionären Propaganda imtner wieder hervorgehobene zeitliche Zusammenfall des revolutionären Umsturzes mit dem Waffenstillstandsabkommen am 11. November 1918 brachte der Dolchstoßlegende neue und letztlich bestimmte Impulse. Es wurde auf den Zusammenhang zwischen den großen Streikbewegungen 54

,.Deutsche Zeitung",

55

Herrmann, Karin,

56

Meinecke,

Nr. 546, vom 26. 10. 1918. Der Zusammenbruch 1918 in der deutschen Tagespresse, Diss.

Phil., Münster 1958, S. 212. (Hervorhebungen im Original) Friedrich,

Straßburg/Freiburg/Berlin

1901—1919.

Erinnerungen,

Stuttgart 1949, S. 254/255. 57

Müller

(Meiningen),

Ernst,

Aus Bayerns schwersten Tagen. Erinnerungen und

Betrachtungen aus der Revolutionszeit, Berlin/Leipzig 1923, S. 27/28. (Hervorhebung im Original)

42

Kapitel II. Entstehung der Dolchstoßlegende

während des Krieges und den revolutionären Aktionen im November 1918 einerseits und dem allmählichen Zerfall der militärischen Macht des deutschen Imperialismus andererseits verwiesen. Viele Bestandteile der imperialistischen Ideologie flössen zusammen: abgrundtiefer Haß auf die revolutionäre Arbeiterbewegung und die Revolution überhaupt, Antisemitismus, Chauvinismus, grenzenlose Überschätzung der eigenen militärischen Kraft. Das Gesicht der Dolchstoßlegende wurde auch in seinen Einzelheiten immer sichtbarer. Aller Zorn über den Ausgang des so erfolgreich begonnenen Raubkrieges, aller Haß auf die innenpolitischen Veränderungen und die Novemberrevolution prägten seine Züge. Mit besonderer Wut wandten sich die Ideologen der Bourgeoisie gegen die revolutionären Matrosen der deutschen Hochseeflotte, von denen das Signal zur revolutionären Erhebung ausgegangen war, und gegen die Vertreter der Spartakusgruppe, die an der Spitze der revolutionären Bewegung standen. Der Antibolschewismus wurde zum Banner der Konterrevolution, die ihm wesensverwandte Dolchstoßlegende zu einer ihrer wirksamsten Waffen. Angesichts des gemeinsamen Kampfes gegen die revolutionäre Arbeiterbewegung traten die Gegensätze zwischen den verschiedenen Fraktionen der Bourgeoisie und der sozialdemokratischen Parteiführung zurück. Am 10. Dezember 1918 begrüßte Friedrich Ebert als Mitglied des Rates der Volksbeauftragten Seite an Seite mit General Lequis und Berlins Oberbürgermeister Wermuth am Brandenburger Tor die heimkehrenden, in Wahrheit aber gegen die revolutionäre Arbeiterbewegung aufmarschierenden Garderegimenter mit den Worten: „Eure Opfer und Taten sind ohne Beispiel. Kein Feind hat Euch überwunden. Erst als die Übermacht der Gegner an Menschen und Material immer drückender wurde, haben wir den Kampf aufgegeben." 58 Mit diesen Worten übernahm Friedrich Ebert einen wesentlichen Teil der Dolchstoßlegende. Es ist charakteristisch für die Haltung der sozialdemokratischen Parteiführung gegenüber dem deutschen Militarismus und dabei auch nicht ohne Ironie, daß gerade Friedrich Ebert, den später die Dolchstoßlegende bis ins Grab verfolgen sollte, daß ausgerechnet der Vorsitzende einer Partei, zu deren Bekämpfung die Dolchstoßlegende wesentlich beigetragen hat, diese für die weiteren politischen Auseinandersetzungen hochbedeutsamen Worte von dem „im Felde unbesiegten" Heer gesprochen hat. Begünstigt durch die Tatsache, daß die politische Macht in Deutschland nicht unter die Kontrolle der Spartakusgruppe gekommen, sondern in die Hände der sozialdemokratischen Parteiführung übergegangen war und dadurch die Konter58

Ebert, Friedrich, Schriften, Aufzeichnungen, Reden, Dresden 1926, Bd. 2, S. 1 2 7 . In seinen „Vier quellenkritische(n) Untersuchungen zum Kriegsende 1 9 1 8 " weist Siegfried A. Kaehler darauf hin, daß die badische vorläufige Volksregierung am 16. 1 1 . 1 9 1 8 in einer Kungebung „ A n die badischen Soldaten" bereits erklärt hatte: „Nicht besiegt und geschlagen kommt Ihr zurück. Gegen eine Welt von Feinden habt Ihr die Heimat verteidigt." (In: Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. I. Philologisch-Historische Klasse, J g . i960, Nr. 8, Göttingen 1961, S. 479) Der Abdruck des Originals findet sich bei: Öftering, W. E.„ Der Umsturz 1 9 1 8 in Baden, Konstanz 1920, S. 258/259.

Kapitel II. Entstehung der Dolchstoßlegende

43

revolution ungestört ihre Kräfte sammeln konnte, wagten sich die reaktionären Kräfte bereits in den ersten Tagen der Revolution wieder mit der Dolchstoßlegende hervor. Am 17. November 1918 schrieb z. B. Stresemann in seiner Zeitschrift „Deutsche Stimmen", daß die Front bis zum letzten Augenblick gekämpft, die Heimat aber zusammengebrochen sei.59 Die „Deutsche Tageszeitung" sprach von dem unbesiegten und unbesiegbaren Hindenburg, der nicht mehr kämpfen konnte, „weil die Heimat nicht mehr wollte und diesen ihren negativ gerichteten Willen in einem von Jahr zu Jahr steigenden Maße auf das Heer übertragen hatte." 60 Die „Deutsche Zeitimg" identifizierte sich in ihrem Leitartikel vom 3. Dezember 1918 mit der Auffassung: „die Heimat ist uns in den Rücken gefallen . . . wir hatten den Sieg in sichern Händen." 61 Am 17. Dezember 1918 übernahm die „Deutsche Tageszeitung" die bereits zitierte Dolchstoßversion der „Neuen Zürcher Zeitung". 62 Sieben Tage später behauptete sie in einem Artikel über Ludendorff erneut, daß die „Zersetzungsarbeit der ,Heimatfront'" im Vereine mit Northcliffe die „eigentliche, maßgebende Ursache der Mißerfolge und des schließlichen Unglücks" war.63 Es würde zu weit führen, die Zahl dieser Beispiele fortzusetzen. Der Nachweis, daß die Dolchstoßlegende aus den politischen Auseinandersetzungen in Deutschland herauswuchs, ist erbracht. Es sei lediglich noch ein Dokument zitiert, das nicht nur besonders plastisch den Inhalt der Dolchstoßlegende zum Ausdruck bringt, sondern auch ihren geistigen Urheber in Erscheinung treten läßt. Am 16. Februar 1919 trat der Alldeutsche Verband, der wie keine andere politische Organisation des Kaiserreiches zur nationalen Katastrophe des deutschen Volkes beigetragen hatte und geradezu als ideologisches Zentrum des deutschen Imperialismus und Militarismus gelten konnte, mit folgender provokatorischer Erklärung an die Öffentlichkeit: „Entgegen den immer von neuem wiederholten Behauptungen der wirklich Schuldigen und Mitschuldigen hält sich der Alldeutsche Verband an die erwiesene geschichtliche Tatsache, daß für diesen Zusammenbruch weder die oberste Heeresleitung, noch die völkisch gerichteten Bürger verantwortlich gemacht werden können, sondern daß er gewissenlosen Volksverrätern zur Last fällt, die sich offen als seine Urheber bekannt haben, sowie den Regierenden im Reiche und in den Bundesstaaten, die nicht den Mut und Entschluß fanden, dem drohenden Umsturz entgegenzutreten. Der Alldeutsche Verband . . . weist die Verantwortung für dieses schmachvolle Ende denen zu, die den Siegeswillen unseres Volkes -planmäßig untergraben und mit feindlicher Unterstützung in der Heimat und vor dem Feinde Verrat geübt und verbreitet haben." 64 59 60 61 62 63

64

„Deutsche Stimmen", Nr. 46, vom 17. 11. 1918. „Deutsche Tageszeitung", Nr. 588, vom 18. 11. 1918. ,,Deutsche Zeitung", Nr. 615, vom 3. 12. 1918. ,.Deutsche Tageszeitung", Nr. 641, vom 17. 12. 1918. ,.Deutsche Tageszeitung", Nr. 654, vom 24. 12. 1918. (Hervorhebung in der Zeitung) Northcliffe war Leiter der englischen Propaganda. Beilage zur ,.Deutschen Tageszeitung", Nr. 115, vom 4. 3. 1919. (Hervorhebungen in der Beilage)

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Kapitel II. Entstehung der Dolchstoßlegende

In einer besonders augenfälligen und wirksamen Weise wurde die Dolchstoßlegende in den neugewählten Parlamenten vertreten. Am 20. Februar 1919 erklärte der deutschnationale Abgeordnete Dr. Traub vor der Nationalversammlung: „Der Hauptgrund, warum wir den Krieg verloren haben, beruht nämlich darin, daß in unserem deutschen Heer in einer unverantwortlichen Weise gewühlt worden ist." 6 5 Die Abgeordneten Gothein von der Deutschen Demokratischen Partei 66 und Kahl von der Deutschen Volkspartei 67 interpretierten die Dolchstoßlegende ganz im Geiste des Antibolschewismus. In der Preußischen Landesversammlung richtete der deutschnationale Abgeordnete v. Kardorff seine Angriffe im Sinne der Dolchstoßlegende ausdrücklich auch gegen die Vertreter der Sozialdemokratie.68 In gleicher Weise nahmen die Sprecher der Deutschnationalen Volkspartei während der Auseinandersetzungen um die Anerkennung des Versailler Vertrages, bei denen die Dolchstoßlegende propagandistisch eine große Rolle spielte, Stellung. Der Abgeordnete v. Graefe behauptete vor der Nationalversammlung, „daß einzig und allein die Zermürbung unseres Heeres den tatsächlichen Zusammenbruch unserer Armee herbeigeführt hat und daß . . . einzig und allein die Revolution schließlich der Durchführung dieser Zermürbung, diesem Erfolge, den letzten kraftvollen Stoß gegeben hat . . . Die Männer, die das deutsche Volk damals, im November, entwaffnet haben, sie tragen die Verantwortung für die furchtbare Katastrophe in Versailles . . ." 6 9 Auch der Abgeordnete v. Kardorff führte vor der Preußischen Landesversammlung das Diktat von Versailles nicht auf den Krieg, sondern auf die Revolution zurück und identifizierte demagogisch die Niederlage des deutschen Imperialismus mit der nationalen Katastrophe des deutschen Volkes.70 Angesichts der unaufhörlichen Auseinandersetzungen um die Probleme des ersten Weltkrieges und der damit verbundenen politischen Konsequenzen gewann der Plan, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß einzusetzen, immer mehr Beachtung. Es ist dabei bezeichnend, daß dieser Vorschlag ausgerechnet von Ludendorff ausging. In seiner Regierungserklärung vom 13. Februar 19x9 vor der Nationalversammlung hatte Scheidemann von der Unvermeidbarkeit der Niederlage im ersten Weltkrieg gesprochen und Ludendorff einen genialen Hasardeur genannt. 71 Ludendorff, der bei seiner Rückkehr aus Schweden von «5 Verhandlungen

der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung,

Bd. 326,

S. 208. (Hervorhebungen im Original) 86

Ebenda, S. 213.

67

Ebenda, S. 221/222.

48

Sitzungsberichte der verfassunggebenden Preußischen

Landesversammlung,

Tagung

1919/21, Bd. 1, S. 722 ff. 89

Verhandlungen

der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung,

B d . 328,

S. 1914/1915. 70

Sitzungsberichte der verfassunggebenden Preußischen

Landesversammlung,

Tagung

1919/21, Bd. 2, S. 2532. 71

Verhandlungen S. 46.

der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung,

B d . 326,

Kapitel II. Entstehung der Dolchstoßlegende

45

reaktionären Elementen begeistert gefeiert worden war, forderte daraufhin die Einsetzung eines Gerichtshofes über seine Handlungsweise im ersten Weltkrieg. 72 Die sozialdemokratische Vorlage zur Schaffung eines Staatsgerichtshofes stieß jedoch bei den bürgerlichen Parteien auf Ablehnung. Statt dessen wurde ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß gegründet, dessen Aufgabe es lediglich sein sollte, Tatsachen festzustellen und die historische und moralische Schuld der Verantwortlichen zu prüfen. Dieser 1 5 . Untersuchungsausschuß trat am 2 1 . August 1 9 1 9 erstmalig zusammen und beschloß auf seiner 2. Sitzung die Bildung von vier Unterausschüssen. Dem ersten Unterausschuß wurde aufgetragen, die Frage der Schuld am Ausbruch des Krieges zu prüfen; dem zweiten, zu untersuchen, ob es vor dem völligen militärischen Zusammenbruch Möglichkeiten eines Friedens aus günstiger Position gegeben hat; dem dritten, sich mit den Vorwürfen der Gegner wegen Verletzung des Völkerrechts auseinanderzusetzen; dem vierten endlich - nach einigen Änderungen - , die unmittelbaren Ursachen für den Zusammenbruch im Jahre 1 9 1 8 klarzustellen. 73 Der zweite Unterausschuß begann am 2 1 . Oktober 1 9 1 9 seine Tätigkeit mit einer umfangreichen Zeugenvernehmung, zu der u. a. Bethmann Hollweg und schließlich auch Hindenburg und Ludendorff geladen wurden. In diesem Zusammenhang ist lediglich von Interesse, welche Rolle die Dolchstoßlegende bei diesen Vernehmungen gespielt hat. A m 1 5 . November 1 9 1 9 lehnte es der ehemalige Staatssekretär und damalige Abgeordnete der Deutschnationalen Volkspartei Helfferich ab, auf Fragen des Mitgliedes der Nationalversammlung Dr. Cohn zu antworten. Als Begründung gab er an, daß Dr. Cohn als Abgeordneter der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei und als Verbindungsmann zur sowjetrussischen Botschaft in Berlin unmittelbar zum Zusammenbruch von 1 9 1 8 beigetragen habe. 74 Drei Tage später, am 18. November 1 9 1 9 , erschienen Hindenburg und Ludendorff, die bezeichnenderweise bei Helfferich Quartier genommen hatten, vor dem Untersuchungsausschuß. Ungerührt von den verschiedenen Einsprüchen des Vorsitzenden und zahlreichen Zwischenrufen verlas Hindenburg eine von 72 73

74

4

,.Deutsche Tageszeitung", Nr. 106, vom 27. 2. 1919. Zur Geschichte des 15. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses und seiner Unterausschüsse vgl. Fischer-Baling, Eugen, Der Untersuchungsausschuß für die Schuldfragen des ersten Weltkrieges (In: Aus Geschichte und Politik. Festschrift zum 70. Geburtstag von Ludwig Bergsträsser, Düsseldorf 1954, S. 117—137) und Philipp, Albrecht, Die Ursachen des deutschen militärischen Zusammenbruchs 1918. Die Geschichte einer „parlamentarischen Untersuchung" 1919 bis 1925, Berlin 1925. Eugen Fischer-Baling war als Abgeordneter der Deutschen Demokratischen Partei Generalsekretär des Gesamtausschusses. Albrecht Phillipp war als Abgeordneter der Deutschnationalen Volkspartei Vorsitzender des 4. Unterausschusses. Stenographische Berichte über die öffentlichen Verhandlungen des Untersuchungsausschusses der Verfassunggebenden deutschen Nationalversammlung. 15. Ausschuß, Berlin 1919, 12. Sitzung des 2. Unterausschusses, S. 59off. Petzold, Dolchstoßlegende

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Kapitel II. Entstehung der Dolchstoßlegende

Ludendorff ausgearbeitete Erklärung. 75 Darin wurde behauptet, daß die Sorge, „ob die Heimat fest genug bliebe, bis der Krieg gewonnen sei", die dritte Oberste Heeresleitung nie verlassen und zu wiederholten Warnungen bei der Reichsregierung geführt habe. Die planmäßige Zersetzung von Flotte und Heer sei eine Fortsetzung ähnlicher Erscheinungen im Frieden gewesen und wäre nicht verhindert worden. „ S o mußten unsere Operationen mißlingen, es mußte der Zusammenbruch kommen; die Revolution bildete nur den Schlußstein. Ein englischer General sagte mit Recht: ,Die deutsche Armee ist von hinten erdolcht worden'. Den guten Kern des Heeres trifft keine Schuld. Seine Leistung ist ebenso bewunderungswürdig wie die des Offizierkorps. Wo die Schuld liegt, ist klar erwiesen. Bedurfte es noch eines Beweises, so liegt er in dem angeführten Ausspruche des englischen Generals und in dem maßlosen Erstatmen unserer Feinde über ihren Sieg." 7 6 Mit dieser Erklärung hatten sich Hindenburg und Ludendorff in die erste Reihe derjenigen gestellt, welche die Dolchstoßlegende vertraten. Ihre Erklärung am 18. November 1 9 1 9 vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuß war keineswegs der Geburtsakt der Dolchstoßlegende, wie gelegentlich in der Literatur behauptet wird 77 , sondern viel eher der Schlußstein und der abschließende Höhepunkt ihrer Entstehungsgeschichte. Die Saat der Obersten Heeresleitung und des Alldeutschen Verbandes in den letzten Monaten des Krieges war weithin sichtbar aufgegangen. Die Lüge vom Dolchstoß der Heimat im ersten Weltkrieg war zu einem der wichtigsten politischen Schlagworte der Reaktion, die Dolchstoßlegende zu einer ihrer wirksamsten Waffen im Kampf gegen die revolutionäre Arbeiterbewegung und die Weimarer Republik geworden. 75

76

77

Ludendorff, [Erich], Vom Feldherrn zum Weltrevolutionär... Meine Lebenserinnerungen von 1919—1925, a. a. O., S. 75. Stenographische Berichte, a. a. O., 14. Sitzung des 2. Unterausschusses, S. 701. (Hervorhebung im Original) Vgl. z. B. Bonn, M. J., So macht man Geschichte? Bilanz eines Lebens, München 1954, s - 2 4 ° -

III.

KAPITEL

Die Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende Der allgemeine politische Zweck der Dolchstoßlegende liegt klar auf der Hand. E r ergab sich aus den Motiven, die zu ihrer Entstehung führten, und aus den Zielen, welche die deutschen Imperialisten und Militaristen nach dem ersten Weltkrieg verfolgten. Die unmittelbaren Absichten, die von den verschiedenen politischen Richtungen der Reaktion mit der Dolchstoßlegende verbunden wurden, waren aber keineswegs immer die gleichen. Sie spiegelten mannigfaltige Parteiinteressen wider und änderten sich mit den politischen Verhältnissen. Dennoch lassen sich gewisse Grundzüge erkennen, die bei allen Varianten der Dolchstoßlegende mehr oder minder ausgeprägt zum Ausdruck kamen und die ihre Wurzel in den Grundinteressen des deutschen Monopol- und Agrarkapitals hatten. Die deutschen Imperialisten und Militaristen verfolgten nach dem ersten Weltkrieg im wesentlichen zwei Ziele. Einmal waren sie bestrebt, ihre durch den verlorenen Krieg und durch die Novemberrevolution erschütterte Herrschaft innerhalb Deutschlands wieder zu festigen und in einem noch vollkommeneren Maße als vor dem ersten Weltkrieg auszubauen. Das setzte eine weitgehende Unterdrückung der durch die Kommunistische Partei verkörperten revolutionären Arbeiterbewegung als des Haupthindernisses für die Verwirklichung ihrer Pläne voraus. Das bedingte aber auch eine Beseitigung der Weimarer Republik und eine Zurückdrängung aller liberalen und sozialdemokratischen Einflüsse. Zum anderen waren die deutschen Imperialisten und Militaristen entschlossen, den Kampf um die Neuaufteilung der Welt wieder aufzunehmen. Ihre politischen, ökonomischen und ideologischen Unternehmungen dienten letzten Endes der Vorbereitung eines Revanche- und Eroberungskrieges. Diese Ziele konnten nur erreicht werden, wenn es gelang, die Mehrheit des deutschen Volkes emeut unter den politischen und ideologischen Einfluß reaktionärer und nationalistischer Parteien zu bringen. Die Kreise des Kleinbürgertums und der Bauernschaft hatten aber genau wie die der Arbeiterklasse während des Krieges schwer unter Entbehrungen und Kriegsverlusten gelitten. Sie wurden schließlich durch die Inflation weitgehend um ihr Vermögen oder wenigstens um ihre Ersparnisse gebracht. Es kam deshalb für die Reaktion darauf an, die Vorstellung zu erzeugen, als seien die revolutionäre Bewegung und das „Versagen der Heimat" für die nationale Katastrophe des deutschen Volkes und für das Diktat von Versailles verantwortlich. Die zutiefst antinationale Politik des deutschen Imperialismus und Militarismus sollte nicht nur verborgen bleiben, ihre Folgen 4'

48

Kapitel III. Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende

wurden sogar benutzt, um große Teile des deutschen Volkes noch fester an das imperialistische und militaristische System zu ketten. Es ist offensichtlich, daß das Rechtfertigungsmotiv nur den Ausgangspunkt der Dolchstoßlegende bildete. Entsprechend den Zielen der Reaktion ging es in erster Linie um die Diffamierung der Kommunisten und um ihre Isolierung von der Mehrheit des deutschen Volkes; denn es wurde behauptet, daß der Kampf gegen Imperialismus und Krieg Verrat an den nationalen Interessen gewesen wäre. Es ging damit zugleich um die Diskriminierung des Kampfes um den Frieden; denn es wurde versichert, daß die Forderung nach einem Verzicht auf Annexionen und Kontributionen, die Verbrüderung an den Fronten und schließlich der Aufruf zum Sturz der Kriegstreiber zum Verhängnis für das deutsche Volk geworden seien. Mit der Verurteilung jeglicher Friedensbestrebungen, die nicht den Forderungen der Deutschen Vaterlandspartei und der Obersten Heeresleitung entsprachen, sollten auch jene politischen Kräfte getroffen werden, die - wie die Vertreter des liberalisierenden Flügels der deutschen Bourgeoisie und die sozialdemokratische Parteiführung - im ersten Weltkrieg unter dem Druck der militärischen und politischen Verhältnisse eine zwar durchaus imperialistische, aber zu innen- und außenpolitischen Kompromissen bereite Politik betrieben hatten. Sie wurden darüber hinaus angegriffen, weil sie auf dem Boden der Weimarer Republik standen und dem reaktionärsten Flügel der deutschen Imperialisten und Militaristen im Wege waren. Insofern trug die Dolchstoßlegende sogar dazu bei, daß sich die Anhänger der Sozialdemokratischen Partei und die liberalen Vertreter des Bürgertums gemeinsam mit den Kommunisten von der Reaktion diffamiert sahen. Andererseits unfernahmen die Führungsgremien der Weimarer Koalitionsparteien alles, um sich bei der Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende von der Spartakusgruppe und damit von der Kommunistischen Partei zu distanzieren. Sie fanden dabei die Unterstützung jener Kreise, die sich der Dolchstoßlegende ausschließlich im Kampf gegen die revolutionäre Arbeiterbewegung bedienten und die Spaltung der Arbeiterklasse im Auge hatten. Die Vergiftung des politischen Bewußtseins vieler Menschen mit Hilfe der Dolchstoßlegende im antikommunistischen, chauvinistischen und antidemokratischen Sinne spielte eine wichtige Rolle beim Wiedererstarken des deutschen Imperialismus und bei der Zerstörung der Weimarer Republik. Die Dolchstoßlegende diente aber auch der unmittelbaren ideologischen Vorbereitung des von den 'deutschen Imperialisten und Militaristen angestrebten Revanche- und Eroberungskrieges. Durch die Behauptung, daß die deutschen Armeen unter Hindenburgs "und Ludendotffs Führung in der Lage gewesen wären, den ersten Weltkrieg mehr oder minder siegreich zu beenden, wurde der Generalstab - das Zentrum des Militarismus - von der Verantwortung für den Verlust des Krieges und der Schuld am Unglück des deutschen Volkes enthoben. Durch die Unterstellung, daß die Arbeiterbewegung alle Aussichten auf einen erfolgreichen Kriegsausgang zunichte gemacht und damit die nationale Katastrophe des deutschen Volkes verursacht 'hätte, wurde der konterrevolutionäre und faschistische Terror zur verdienten

Kapitel III. Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende

49

Abrechnung und notwendigen Voraussetzung für den angeblichen Wiederaufstieg. Deutschlands erklärt. Durch die Lüge, daß die deutschen Fronttruppen im Felde unbesiegt - auf jeden Fall aber unüberwunden - geblieben und erst durch den „Dolchstoß" der Heimat und der Etappe unterlegen seien, wurde die militärische Niederlage im ersten Weltkrieg verschleiert, ihre Unvermeidbarkeit geleugnet und der Geist des Revanchismus genährt. Der Sinn dieser Argumentation ist klar. E s sollte der Eindruck entstehen, daß die rücksichtslose Kriegführung und eine Realisierung der räuberischen Annexionsprogramme den nationalen Interessen des deutschen Volkes entsprochen hätten und zu seinem Schaden an einer angeblich landesverräterischen revolutionären Bewegung und an einer defätistischen Handlungsweise der die Reichstagsmehrheit bildenden Parteien gescheitert wären. E s sollte die Vorstellung entstehen, daß sich die nationale Katastrophe erst aus dem verlorenen Krieg ergeben hätte und daß ein zukünftiger Krieg unter einer entschlossenen politischen Führung und ohne jegliche innenpolitischen Opposition gewonnen werden könnte. Auf diese Weise erwies sich die Lüge vom „Dolchstoß der Heimat" als ein wesentlicher Beitrag zur Vorbereitung eines Revanchekrieges unter den Bedingungen des uneingeschränkten Terrors gegen alle Gegner des Krieges und alle potentiellen Anhänger einer kompromiß- und friedensbereiten Politik in Deutschland. Entsprechend dieser Zielstellung wurde die Dolchstoßlegende in erster Linie von den rechtsstehenden Parteien und den zahlreichen militaristischen Organisationen in Deutschland vertreten. Die führende Rolle spielte zunächst die Deutsche nationale Volkspartei. In ihr vereinten sich die preußischen Junker und der größte Teil des kaiserlichen Offizierkorps mit den reaktionärsten Kreisen des deutschen Monopolkapitals. Infolgedessen war die Deutschnationale Volkspartei eine Hochburg der Reaktion und des Militarismus. Eine ihrer wichtigsten Propagandawaffen bildete die nationale Demagogie. Das beweist bereits ihr Name; denn ausgerechnet die Verderber des deutschen Volkes gaben sich den Anschein einer nationalen Volkspartei. Das beweist auch die propagandistische Verwertung der Dolchstoßlegende, zu deren Entwicklung die Deutschnationale Volkspartei wesentlich beigetragen hatte. Ihre wichtigsten Stellungnahmen in der Deutschen Nationalversammlung und in der Preußischen Landesversammlung wurden bereits erwähnt. Nicht minder groß - vornehmlich gestützt auf das mächtige Hugenbergsche Presse- und Verlagssystem - war ihre Rolle bei der Verbreitung der Dolchstoßlegende. Die Skala der Erscheinungsformen, in denen die Dolchstoßlegende vertreten wurde, reichte von der Behauptung, daß der sogenannte Dolchstoß der Heimat die Ursache für die Niederlage im ersten Weltkrieg gewesen sei, bis zu dem mehr oder minder verschleierten Eingeständnis, daß auch noch andere Faktoren, wie die Überlegenheit des Gegners und die Blockade, eine bestimmende Rolle gespielt hätten. Naturgemäß verband sich damit eine Verteidigung der konservativen Politik und der Monarchie. Wichtige Bundesgenossen der Deutschnationalen Volkspartei bei der Verbreitung der Dolchstoßlegende waren die deutschvölkischen Kreise, aus denen schließlich

50

Kapitel I I I . Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende

die Faschisten hervorgingen. Ihre Führer - wie z. B. der Großgrundbesitzer v. Graefe - bedienten sich der Dolchstoßlegende in ihrer primitivsten und radikalsten Form. Nach ihren Behauptungen hatten Juden und Marxisten den Sieg im ersten Weltkrieg verhindert und das im Felde unbesiegte deutsche Heer zur Kapitulation gezwungen. Der Deutschnationalen Volkspartei zur Seite bei der Verbreitung der Dolchstoßlegende stand schließlich - wenn auch in einem weit geringeren Maße - die Deutsche Volkspartei, die unter Stresemanns Führung die Interessen großer Teile des Industrie- und Finanzkapitals verfocht. Sie verband damit ihren Konkurrenzkampf gegen die Deutsche Demokratische Partei, die als Nachfolgerin der Fortschrittlichen Volkspartei zur Verteidigung der alten Reichstagsmehrheit und der Regierung des Prinzen Max v. Baden gezwungen war. So erklärte z. B . Stresemann auf dem I.Parteitag der Deutschen Volkspartei am 13. April 1919 in Jena: „Dieses Verhalten des Prinzen Max v. Baden am 9. November war ein schmählicher Verrat an der von ihm vertretenen Sache. Das war nicht mehr Schwäche, sondern grenzte an Charakterlosigkeit." Dieser ohnehin scharfe Angriff veranlaßte den Parteitagsvorsitzenden Kahl noch zu dem Zwischenruf „ H o c h v e r r a t " ! 1 Der rechte Flügel des Zentrums, der die Interessen katholischer Kreise des Monopolund Agrarkapitals und nicht zuletzt des hohen Klerus vertrat, stand ebenfalls auf dem Boden der Dolchstoßlegende. E r sah sich jedoch durch die Rücksichtnahme auf den linken Flügel gehemmt, dessen Politik im ersten Weltkrieg vornehmlich in der Person von Matthias Erzberger das Ziel heftiger Angriffe im Sinne der Dolchstoßlegende bildete. Das hinderte allerdings Brüning am 25. Februar 1932 keineswegs, im Reichstag zu erklären: „Meine Herren, wagen Sie es bitte nicht, mich in irgendeiner Weise mit dem 9. November in Verbindung zu bringen! . . . am 9. November war ich in der Truppe, die die Spitze der Gruppe Winterfei dt zur Niederwerfung der Revolution gebildet h a t . " 2 Das geistige Zentrum, von dem aus die Dolchstoßlegende geprägt und verbreitet wurde, bildete aber ohne Zweifel der Alldeutsche Verband. Das Gift seiner Propaganda wirkte besonders über die in Deutschland vorherrschenden Vertreter der reaktionären Intelligenz von den Kathedern der Schulen und Universitäten und von den Kanzeln der Kirchen. Es ging - wie einmal in der Nationalversammlung berichtet wurde - soweit, daß alldeutsche Lehrer in der Schule den Satz diktierten: Die Revolution ist der siegreichen deutschen Armee in den Rücken gefallen. 3 Unter dem Einfluß des Alldeutschen Verbandes standen auch die zahlreichen militaristischen Organisationen. An erster Stelle seien die Kriegervereine, die sich 1921 zum Deutschen Reichskriegerbund Kyffhäuser zusammenschlössen und schließlich mehr als vier Millionen Mitglieder umfaßten, genannt. Gerade 1

Bericht über den Ersten Parteitag der Deutschen

Volkspartei am 13. April 1919 in

den Akademischen Rosensälen in Jena, Berlin 1919, S. 18. 2

Verhandlungen

des

Reichstags,

V . Wahlperiode

1930,

Bd. 446,

S. 2330/2331.

(Hervorhebung im Original) 3

Verhandlungen

S. 3557-

der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung,

Bd. 330,

Kapitel I I I . Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende

51

diese militaristischen Vereinigungen hatten die Losung „im Felde unbesiegt" auf ihre Fahnen geschrieben und waren in Verbindung mit den Offiziersverbänden und dem Bund deutscher Frontsoldaten „Stahlhelm" von großer Bedeutung für die Verbreitung der Dolchstoßlegende. Die Grundlage für diese intensive Propaganda wurde von einem ganzen Heer von Ideologen des deutschen Imperialismus in Gestalt von Generälen, Politikern, Militärwissenschaftlern, Historikern und Schriftstellern geschaffen. In vorderster Reihe standen dabei die Repräsentanten der dritten Obersten Heeresleitung und der Deutschen Vaterlandspartei, die ihr bereits während der letzten Kriegsmonate begonnenes Werk fortsetzten und durch eine Flut von Publikationen die Dolchstoßlegende entwickelten und verbreiteten. Ihre systematische Verfälschung der Geschichte des ersten Weltkrieges und der Novemberrevolution wurde durch die große Zahl der ihnen nahestehenden Historiker und Publizisten aufgegriffen und mit dem Schein der Wissenschaftlichkeit umgeben. Es entstanden dabei verschiedene Varianten der Dolchstoßlegende, deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede den Gegenstand der folgenden Untersuchungen bilden. Einer der frühesten und zugleich radikalsten Vertreter der Dolchstoßlegende war der ehemalige Mitarbeiter Ludendorffs in der Obersten Heeresleitung, Oberst Max Bauer. Schon 1918, wenige Wochen nach dem Waffenstillstand und inmitten der Novemberrevolution, erschien im Scherl-Verlag eine Flugschrift unter dem Titel: „Konnten wir den Krieg vermeiden, gewinnen, abbrechen?" Ihr Verfasser war Oberst Max Bauer. Der Tenor seiner Ausführungen ist: „Ja, der Krieg war, namentlich im Anfang glatt zu gewinnen . . . Verloren worden ist er nur und ausschließlich durch das Versagen der Heimat. Insbesondere hat die Revolution im schwersten Augenblick Deutschlands Schicksal besiegelt. Ein festes, einiges Deutschland hätte sicher noch solange standhalten können, bis unsere Gegner friedensbereit gewesen wären. Wir haben den Krieg durch eigene Schuld um eine Nasenlänge verloren." 4 Die gleiche Behauptung findet sich auch in seinen 1921 unter dem Titel „Der große Krieg in Feld und Heimat" erschienenen Kriegserinnerungen.5 Für Bauer beschränkte sich der sogenannte Dolchstoß der Heimat keineswegs nur auf die Tätigkeit der revolutionären Arbeiterbewegung und die Schlußphase des ersten Weltkrieges. Seine Angriffe richteten sich auch auf die Politik des „Liberalismus" und der „Sozialdemokratie" vor und während des Krieges. Ganz im Stile der Faschisten forderte er, daß ein demokratischer Professor - offensichtlich war Hans Delbrück gemeint der die Revolution aus der militärischen Niederlage abgeleitet sehen will, als ein „für Deutschlands Wiedergenesung gemeingefährlicher Lügner unschädlich gemacht" werden solle; denn für den Erzmilitaristen Bauer trug die ,,Revolution . . . die Schuld an der Katastrophe von Versailles". 6 4

Bauer, [Max],

Konnten wir den Krieg vermeiden, gewinnen, abbrechen? Flug-

schriften des „ T a g " , Nr. 2, Berlin 1918, S. 62. (Hervorhebung im Original) 5

B auer, [Max],

Der große Krieg in Feld und Heimat. Erinnerungen und Betrach-

tungen, Tübingen 1921, S. V I I I . 6

Ebenda, S. 278. (Hervorhebung im Original)

52

Kapitel I I I . Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende

A u s diesen B e h a u p t u n g e n u n d F o r d e r u n g e n s p r i c h t die D o l c h s t o ß l e g e n d e in ihrer w e i t g e h e n d s t e n F o r m . A l l e , die n i c h t in j e d e m F a l l u n d z u j e d e r Z e i t i m S i n n e der O b e r s t e n Heeresleitung g e h a n d e l t h a t t e n u n d f ü r einen Siegfrieden m i t u m f a n g reichen A n n e x i o n e n u n d K o n t r i b u t i o n e n eingetreten w a r e n , b e k a m e n die V e r a n t w o r t u n g f ü r den verlorenen K r i e g ü b e r t r a g e n . D i e militärische N i e d e r l a g e w u r d e n i c h t n u r verschleiert, sondern g e r a d e z u in ihr G e g e n t e i l -

in die M ö g l i c h k e i t

eines Sieges - u m g e k e h r t . Selbst W i l h e l m I I . u n d L u d e n d o r f f blieben v o n B a u e r s A n g r i f f e n n i c h t v e r s c h o n t : „ D e r K a i s e r ist schuldig, a b e r n i c h t , w e i l er d e n K r i e g gewollt, Eroberungspolitik getrieben und den Frieden verhindert hat,

-

im

G e g e n t e i l . . . Ludendorff ist schuldig, a b e r n i c h t , w e i l er z u v i e l g e w o l l t u n d eing e g r i f f e n h a t , sondern z u w e n i g . " 7 N a c h B a u e r b r a u c h t e i m H e r b s t 1 9 1 8 n u r „ein Mann zu erstehen, der d a s V o l k w i e d e r z u m Siegeswillen b r a c h t e " , u n d die E n t e n t e h a t t e verspielt. 8 Mit d e r a r t i g e n B e h a u p t u n g e n w u r d e B a u e r z u einem u n m i t t e l b a r e n ideologischen W e g b e r e i t e r der faschistischen P r o p a g a n d a u n d P o l i t i k . Sein eigener V e r s u c h , die politische M a c h t in D e u t s c h l a n d in seine u n d seiner Gesinnungsgenossen G e w a l t z u bringen, scheiterte i m K a p p - P u t s c h s c h m ä h l i c h a m W i d e r s t a n d der d e u t s c h e n A r b e i t e r k l a s s e . Seine L a n d s k n e c h t s n a t u r u n d sein H a ß auf d e n B o l s c h e w i s m u s f ü h r t e n ihn schließlich in die A r m e e T s c h i a n g K a i - s c h e k s . Seine Ä u ß e r u n g e n ü b e r den ersten W e l t k r i e g u n d die N o v e m b e r r e v o l u t i o n a b e r b i l d e t e n einen w e s e n t lichen B e s t a n d t e i l d e r D o l c h s t o ß l e g e n d e . Sie repräsentierten g e r a d e z u eine ihrer grundlegenden Erscheinungsformen und fanden tausendfache Verbreitung. D e r b e k a n n t e s t e V e r t r e t e r der D o l c h s t o ß l e g e n d e u n d der d a m i t

verbundenen

G e s c h i c h t s f ä l s c h u n g e n ist j e d o c h ohne Z w e i f e l G e n e r a l L u d e n d o r f f . I n k o n s e q u e n t e r F o r t s e t z u n g seiner T a k t i k w ä h r e n d d e r l e t z t e n K r i e g s m o n a t e w a r er m i t allen M i t t e l n b e s t r e b t , seine P o l i t i k u n d seine S t r a t e g i e w ä h r e n d d e s

ersten

W e l t k r i e g e s z u r e c h t f e r t i g e n u n d die H a u p t s c h u l d a n der N i e d e r l a g e

seinen

politischen

dieser

Gegnern

zuzuschieben.

Wiederum

B e m ü h u n g e n w e i t ü b e r die rein persönliche

reichte

die

Bedeutung

S p h ä r e h i n a u s , denn

Ludendorff

h a t t e w i e k a u m ein anderer d e n Geist des d e u t s c h e n Militarismus u n d I m p e r i a lismus repräsentiert u n d in die p r a k t i s c h e P o l i t i k u n d S t r a t e g i e

übertragen.

A u ß e r d e m g a l t er n o c h l a n g e n a c h d e m ersten W e l t k r i e g als einer d e r a u s s i c h t s reichsten K a n d i d a t e n d e r R e a k t i o n i m K a m p f u m die politische M a c h t in D e u t s c h land. S o v e r f o l g t e z. B . H u g o Stinnes, d e r m ä c h t i g s t e d e u t s c h e I n d u s t r i e m a g n a t der N a c h k r i e g s z e i t , f o l g e n d e n P l a n : „ E r ( L u d e n d o r f f -

J . P.) soll i m A u f t r a g e

meiner F i r m a oder, w e n n er d a s n i c h t will, f ü r d a s w e l t w i r t s c h a f t l i c h e I n s t i t u t in K i e l o d e r f ü r eine andere z u diesem Z w e c k n e u z u g r ü n d e n d e G e s e l l s c h a f t eine z u n ä c h s t a u f 3 J a h r e b e r e c h n e t e A u s l a n d s r e i s e a n t r e t e n . . . D i e Reise finanziere i c h u n d g a r a n t i e r e i h m a u ß e r d e m ein G e h a l t , d a s seinem bisherigen E i n k o m m e n 7

8

Bauer, [Max], Konnten wir den Krieg vermeiden, gewinnen, abbrechen?, a. a. O., S. 65/66. (Hervorhebung im Original) Bauer, [Max],

Der große Krieg in Feld und Heimat, a. a. O., S. 202. (Hervor-

hebung im Original)

Kapitel I I I . Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende

53

entspricht. . . Mein Gedanke dabei ist: Ich will Ludendorff aus den innenpolitischen Kämpfen, die in Deutschland kommen werden, heraushalten. Er soll die Welt kennen lernen. Kehrt er dann nach 3 oder auch 5 Jahren zurück, dann wird sich bei uns vieles konsolidiert haben und er kann, universal gebildet und mit persönlichen Beziehungen zum Ausland, als Führer einer großen Partei oder einer vaterländischen Bewegung die Rolle übernehmen, die ihm zukommt." 9 In dem Rechtfertigungs- und Anklagesystem Ludendorffs spielte die Dolchstoßlegende eine entscheidende Rolle. Am 18. November 1919 hatte er sich zusammen mit Hindenburg vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuß ausdrücklich auf die angebliche Äußerung eines englischen Generals „Die deutsche Armee ist von hinten erdolcht worden" berufen. Auch die von Wheeler-Bennett zitierten Angaben General Malcolms zeugen davon, daß die Dolchstoßlegende voll und ganz den Anschauungen und Absichten Ludendorffs entsprach. Bereits unmittelbar nach Kriegsende - während seines Aufenthaltes in Schweden - hatte Ludendorff seine Kriegserinnerungen niedergeschrieben. Binnen weniger Monate war ein Werk von über sechshundert Druckseiten entstanden, dessen erste Auflage schon im Jahre 1919 erschien und das bis 1945 in Hunderttausenden von Exemplaren verbreitet wurde.10 Zwar fehlten in diesen Aufzeichnungen die Formulierung „Dolchstoß der Heimat" und die hektische Schärfe seiner späteren Veröffentlichungen, der Geist der Dolchstoßlegende aber ist unverkennbar. Die Herausgabe des amtlichen Weißbuches „Vorgeschichte des Waffenstillstandes" Ende Juli 1919 enthüllte das Drängen der Obersten Heeresleitung in den letzten September- und den ersten Oktobertagen 1918 auf die Einleitung von Waffenstillstandsverhandlungen durch die Reichsregierung. Dadurch wurde dem Prestige Ludendorffs und seinen Rechtfertigungsversuchen ein schwerer Schlag versetzt. Ludendorff begann deshalb sofort mit einer Gegenpublikation. Zunächst erschienen drei Hefte kommentierter Urkunden unter den Titeln „Das Scheitern der neutralen Friedensvermittlung August/September 1918", „Das Friedensund Waffenstillstandsangebot" und „Das Verschieben der Verantwortlichkeit". Das Material wurde später in die Urkundensammlung Ludendorffs aufgenommen. Die Absicht Ludendorffs war, den Eindruck zu verwischen, daß die Oberste Heeresleitung am 29. September 1918 fast unvermittelt sofortige Waffenstillstandsverhandlungen gefordert hatte. Nach Ludendorffscher Lesart habe die Oberste Heeresleitung bereits am 13. und 14. August 1918 auf die Notwendigkeit von Friedensverhandlungen aufmerksam gemacht. Diese Mahnung aber sei von der Reichsregierung und insbesondere durch Admiral v. Hintze mißachtet worden. Infolgedessen habe die Oberste Heeresleitung die Waffenstillstandsforderung am 29. September 1918 mit größtem Nachdruck vertreten, um die Reichsregierung und auch die Reichstagsmehrheit aus ihrer Lethargie zu reißen. Das Friedensangebot hätte Wilson zum Aufdecken seiner Karten zwingen sollen und - darauf kam es Ludendorff besonders an - ausschließlich einen „ehrenvollen" Frieden 9 10

Breucker, Wilhelm, a. a. O., S. 82. Ludendorff,

Erich, Meine Kriegserinnerungen 1914—1918, Berlin 1919.

54

Kapitel I I I . Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende

bezweckt und die Möglichkeit weiteren Widerstandes offengelassen. Dieser aber sei durch die Reichsregierung sabotiert und durch die Revolution verhindert worden. Vergeblich habe die Oberste Heeresleitung Mitte Oktober 1918 dazu aufgerufen. „Die Revolution von oben und unten hat dem deutschen Heer den Todesstoß gegeben, während es am Feinde rang. Die Wühlarbeit hat erheblich früher eingesetzt. Hierbei sind verschiedene Richtungen zu unterscheiden . . . Sie liegen zwischen der Sabotage des Sieges und dem Umsturz selbst." 1 1 An diesen Rechtfertigungsversuchen Ludendorffs ist zweierlei besonders bemerkenswert: einmal die systematische Verdrehung der historischen Tatsachen und zum anderen die Schärfe der Angriffe auf die politische Führung des Kaiserreiches, vornehmlich auf die Regierung des Prinzen Max v. Baden. Der Kommentar zu den Urkunden der Obersten Heeresleitung und ihre tendenziöse Auswahl spielten infolgedessen eine große Rolle bei der Verbreitung der Dolchstoßlegende und stellten eine wesentliche Grundlage ihrer weitgehenden Erscheinungsformen dar. Den äußeren Höhepunkt der unausgesetzten Rechtfertigungsbemühungen Ludendorffs und zugleich seiner Angriffe im Sinne der Dolchstoßlegende bildete jedoch das 1922 erschienene Buch „Kriegführung und Politik". Hierin unternahm er den Versuch, seine Politik und seine Kriegführung theoretisch zu begründen und zu verteidigen. In bewußter Abkehr von Clausewitz stellte Ludendorff die Behauptung auf: „Der Satz: ,Der Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln' muß lauten: ,Der Krieg ist die äußere Politik mit anderen Mitteln' und muß ergänzt werden durch den Satz . . . ,1m übrigen hat die Gesamtpolitik dem Kriege zu dienen'." 12 In diesem Grundsatz kulminiert der Geist des preußisch-deutschen Militarismus. Der Krieg bildet den Hauptzweck. Der Gedanke seiner totalen Durchführung wird zum Prinzip erhoben und damit die Politik des deutschen Faschismus im voraus gerechtfertigt. Mit brutaler Offenheit hatte Ludendorff das Hauptmotiv seines Wirkens enthüllt und zugleich das Wesen imperialistischer Politik charakterisiert. Rückschauend auf den ersten Weltkrieg stellte diese Behauptung Ludendorffs ein wichtiges Argument im Sinne der Dolchstoßlegende dar. Viel schärfer als in seinen Kriegserinnerungen wurde der Vorwurf, die Heimat sei dem Heer in den Rücken gefallen, zum Kernstück seiner Rechtfertigungsversuche gemacht und mit einem allgemeinen Angriff auf die Politik verbunden. So heißt es in der Einschätzung der Juli- und Augustereignisse des Jahres 1918, daß der Wendepunkt des Krieges eingetreten war, und Deutschland fünf Minuten vor der Entscheidungsstunde seine Nerven verloren hatte. 13 „Schließlich entwaffnete die Politik, vertreten von den sogenannten Volksbeauftragten, das vom Feinde unbesiegte Heer und lieferte Deutschland dem Vernichtungswillen des Feindes aus - um in Deutschland die Revolution ungestört durchzuführen. Das war der Gipfel des Verrats der Politik, vertreten durch die sozialdemokratischen Volksbeauftragten, an Kriegsführung und Volk. Das Verbrechen der Politik am deutschen Volke war 11

Ludendorff,

Erich, Urkunden der Obersten Heeresleitung . . ., a. a. O., S. 581.

12

Ludendorff,

Erich, Kriegführung und Politik, Berlin 1922, S. 23.

»3 Ebenda, S. 298.

Kapitel III. Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende

55

damit erfüllt. Schlimmeres tat noch keine Politik. Sie allein, nicht der Feind, hat die Kraft der Kriegsführung und damit die Volkskraft gebrochen, die im Offizierkorps und Heer ihre Verkörperung fand. Sie hat uns nach Compiegne, nach Versailles und Spa geführt. . , " 1 4 Ludendorffs Buch „Kriegsführung und Politik" verkörpert einen Markstein in der Geschichte der Dolchstoßlegende. Es bezeichnet sowohl einen Höhe- als auch einen Grenzpunkt ihrer politischen Wirksamkeit. Auf der einen Seite wurde die Dolchstoßlegende zur allumfassenden Erklärung des Weltkriegsendes benutzt, auf der anderen Seite wurde sie weitgehend auf die Gegenüberstellung von Kriegführung und Politik und die Verurteilung der politischen Führung reduziert. Das Rechtfertigungsmotiv, die willkürliche Interpretation historischer Ereignisse, die Anspielung auf geheimnisvolle „überstaatliche Mächte" traten derart in den Vordergrund, daß die Dolchstoßkonzeption Ludendorffscher Prägung in einen Widerspruch zu den allgemeinen politischen Zielen der Dolchstoßlegende zu geraten drohte und den Schein der Glaubwürdigkeit verlor. Ludendorffs Kampf gegen die historische Wahrheit über den ersten Weltkrieg hatte einerseits den Höhepunkt erreicht und war andererseits endgültig zum Amoklauf geworden. Er nahm schließlich von Jahr zu Jahr immer groteskere und schließlich geradezu pathologische Formen an. In seinen Erinnerungen an die Zeit nach 1918, die unter dem erstaunlichen Titel „Vom Feldherrn zum Weltrevolutionär und Wegbereiter Deutscher Volksschöpfung" erschienen, charakterisierte der zeitweilige Bundesgenosse Hitlers seinen Entwicklungsweg selbst: „ J ä h schloß die Revolution dieses Wirken ab. Sie zerriß das Volk und entwand den Sieg meinen Händen. Sie begrub Kaiser und Reich, Heer und Volk. . . Ich erkannte nach und nach die unheilvollen Kräfte, die den Zusammenbruch des Volkes verursacht hatten und in ihnen die wahren Feinde der Freiheit eines Deutschen Volkes und ihr Wirken. Immer sichtbarer traten für mich als Spaltpilze der Geschlossenheit des Volkes, aber auch als seine Beherrscher die geheimen überstaatlichen Mächte hervor, d. h. das jüdische Volk und Rom nebst ihren Werkzeugen, der Freimaurer, dem Jesuitenorden, okkulten und satanistischen Gebilden." 15 Es erübrigt sich, die Einzelheiten dieser Entwicklung Ludendorffs zu schildern. Nachdem er sich bereits in den Jahren der Weimarer Republik mit Hindenburg, den er in den Händen der Freimaurer sah 16 , überworfen hatte, beschuldigte er 1937 sogar seine engsten Mitarbeiter in der Obersten Heeresleitung der Sabotage seiner Anweisungen und der Mithilfe bei seiner Entlassung. 17 Die Dolchstoßlegende hatte sich bei Ludendorff 14 15

16

17

Ebenda, S. 3 1 9 . Ludendorff, [Erich], V o m Feldherrn zum Weltrevolutionär. . . Meine Lebenserinnerungen von 1919—1925, a. a. O., S. 1 1 , 13. Ebenda, S. 44/45. Ludendorff, [Erich], V o m Feldherrn zum Weltrevolutionär..., Bd. 2, Meine Lebenserinnerungen von 1926—1933, Stuttgart 1 9 5 1 , S. 360 ff. Ludendorff, [Erich], Der 9. November. In: ,,Am heiligen Quell Deutscher Kraft". Ludendorffs Halbmonatsschrift, Achtes Jahr, Folge 15, vom 5 . 1 1 . 1 9 3 7 , S. 577—583.

Kapitel I I I . Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende

56

ins Absolute übersteigert und war in einen Egozentrismus ohnegleichen umgeschlagen. Zu den bekanntesten Vertretern der Dolchstoßlegende gehörte auch Generalfeldmarschall v. Hindenburg. Eine rege und geschickte Propaganda hatte um Hindenburg und Ludendorff einen Glorienschein gewoben, der sich nur mit den Legenden um Friedrich II. vergleichen läßt. Im Gegensatz aber zu Ludendorff, der bereits in der Schlußphase des ersten Weltkrieges viel von seinem Ansehen verlor und dessen Auftreten in der Nachkriegszeit immer unverständlicher wurde, blieb die Autorität Hindenburgs bei großen Teilen des deutschen Volkes nahezu uneingeschränkt erhalten. Diese künstlich gezüchtete Popularität und die völlige geistige Abhängigkeit von seiner Umgebung machten Hindenburg zu einem besonders geeigneten Repräsentanten der Reaktion im politischen Leben und verhalfen seinen an und für sich spärlichen Äußerungen über politische Probleme zu einer großen propagandistischen Wirkungskraft. So verknüpft sich auch die Dolchstoßlegende untrennbar mit Hindenburgs Erklärung vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuß am 18. November 1919. In seinen Lebenserinnerungen, zu deren Niederschrift ein ganzer Mitarbeiterstab zur Verfügung gestanden hatte und die eine außerordentlich große Verbreitung fanden, wurde das Ende des ersten Weltkrieges mit der Ermordung Siegfrieds durch den hinterlistigen Speerwurf Hagens verglichen und dadurch die Dolchstoßlegende mit einem vielzitierten Bild verbunden. 18 Politische Zweckmäßigkeit veranlaßte jedoch den Kreis um Hindenburg zur Zurückhaltung gegenüber besonders extremen Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende. So ist Hindenburg nach seiner Wahl zum Reichspräsidenten um der „nationalen Sammlung" willen kaum noch mit Urteilen über das Ende des ersten Weltkrieges aufgetreten. Er blieb aber Zeit seines Lebens das Symbol des angeblich im Felde unbesiegten Heeres und hat gerade als Reichspräsident wirksam zur Verwirklichung der mit der Dolchstoßlegende verbundenen Ziele beigetragen. Neben diesen drei genannten Vertretern der Dolchstoßlegende stand eine große Zahl von Politikern und Generälen aus der Zeit des Kaiserreiches, die durch ihre Veröffentlichungen die Dolchstoßlegende verbreiten halfen. In erster Linie wären die Erinnerungen des Vorsitzenden der Deutschen Vaterlandspartei, Großadmiral v. Tirpitz - eines der unheilvollsten Einpeitscher der Kriegs- und Annexionspolitik in Deutschland zu nennen. Bei Tirpitz erhielt der „Dolchstoß der Heimat" einen besonderen Akzent; denn angeblich kam der Entente zu Hilfe „auch noch der Neid verhetzter Klassen, die immer bereit sind, die wirklichen Erhalter ihrer eigenen wirtschaftlichen Existenz zu vernichten, weil diese ,mehr verdienen' als sie selbst" 19 . Tirpitz versuchte seinen Lesern sogar einzureden, daß eine Seeschlacht im Oktober 1918 trotz der englischen Übermacht dem Ausgang des ersten Weltkrieges eine andere Wendung hätte geben können.20 Zu den Politikern, die 18

Hindenburg, [Paul]

v., Aus meinem Leben, Leipzig 1920, S. 403.

19 Tirpitz, Alfred v., Erinnerungen, Leipzig 1919, S. 279. 20

Ebenda, S. 338.

Kapitel I I I . Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende

57

sowohl vor als auch nach 1918 eine führende Rolle spielten und als entschiedene Verfechter der Dolchstoßlegende auftraten, gehörten Helfferich und ganz besonders Graf Westarp. Beide standen an der Spitze der Deutschnationalen Volkspartei. Helfferichs Propaganda für die Dolchstoßlegende ist untrennbar mit seinem Kampf gegen Erzberger verbunden. 21 Westarp dagegen ist vornehmlich durch seine Polemik gegen den Prinzen Max v. Baden und als Historiograph der Konservativen Partei hervorgetreten. 22 Er verfocht den für die Dolchstoßlegende im weiteren Sinne besonders charakteristischen Standpunkt, „daß die Politik der Sozialdemokratischen Partei und die haltlose Nachgiebigkeit der Regierung und der Reichstagsmehrheit gegen ihr internationales und revolutionäres Treiben das deutsche Volk trotz heldenmütiger Gegenwehr des Sieges beraubt und in den Abgrund des Versailler Diktates, der Unfreiheit und Unehre nach außen und des Zusammenbruchs im Innern hineingestoßen haben." 2 3 Ein vielzitierter Vertreter der Dolchstoßlegende in ihrer extremsten Form war - oftmals grotesk und lächerlich - General Wrisberg, ehemals Direktor des Allgemeinen Kriegsdepartements im Kriegsministerium. In seinen Erinnerungen spielt das „Vordrängen des jüdischen Elementes" und das „Geld" der sowjetrussischen Botschaft in Berlin die größte Rolle. Vi Diese mit Dokumenten geschmückte Anhäufung von Dummheit und Verleumdung bildete zusammen mit einer üblen Hetzschrift des Skandaljournalisten Wolfgang Breithaupt 25 geradezu ein Handbuch der Reaktion im Kampf gegen die Arbeiterbewegung und die Weimarer Republik. Zu den prominentesten Anhängern der Dolchstoßlegende gehörten auch die gestürzten Vertreter der Hohenzollerndynastie Kaiser Wilhelm II. und Kronprinz Wilhelm, deren Flucht nach Holland einer Rechtfertigung bedurfte und die sich der Mitverantwortung für die nationale Katastrophe des deutschen Volkes zu entledigen versuchten. 26 In ihrem Sinne verfaßte außerdem der ehemalige Beauftragte der Obersten Heeresleitung bei Wilhelm II., Major Alfred Niemann, eine Reihe von Bücher, die an der Grenze zwischen Memoirenliteratur und Geschichtsschreibung stehen und heftige Angriffe auf den Prinzen Max v. Baden enthalten.27

21

Vgl. z. B. Helfferich,

Karl,

Der Weltkrieg, Bd. 3: V o m Eingreifen Amerikas bis

zum Zusammenbruch, Berlin 1919, und $eine Broschüre: „ F o r t mit Erzberger" aus dem gleichen Jahr. 22

Vgl. z. B. Westarp, [Kuno],

Graf v., Die Regierung des Prinzen M a x von Baden

und die Konservative Partei 1918, Berlin 1921 bzw. 1928. 23 Westarp, [Kuno],

Grafv.,

Konservative Politik im letzten Jahrzehnt des Kaiser-

reiches, B d . 2: V o n 1914—1918, Berlin 1935, S. 642. 24

Wrisberg, Ernst v., Der W e g zur Revolution 1914—1918, Leipzig 1921, S. 131, 143.

25 Breithaupt,

Wolfgang, Volksvergiftung 1914—1918. Dokumente der Vorbereitung

des 9. 11. 1918, Berlin/Leipzig 1925. 26

Vgl. Wilhelm II., Ereignisse und Gestalten aus den Jahren 1878—1918, Leipzig/ Berlin 1922, S. 245 und Wilhelm, Kronprinz,

Meine Erinnerungen aus Deutsch-

lands Heldenkampf, Berlin 1923, S. 359, 361. 27

Vgl. vor allem Niemann,

Alfred,

Kaiser und Revolution. Die

entscheidenden

Ereignisse im Großen Hauptquartier im Herbst 1918, Berlin 1922, und

Niemann,



Kapitel III. Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende

In ihrem Sinne wirkten auch jene Vertreter der evangelischen Geistlichkeit, die auf das engste mit der politischen Reaktion in Deutschland verbunden waren. So predigte Otto Dibelius, ein ebenso entschiedener Anhänger der imperialistischen Kriegspolitik im ersten Weltkrieg wie wütender Antikommunist bis zur Gegenwart, am I i . Mai 1919 in Berlin: „Ein Volk, das seinem eigenen Heere den Dolch in den Rücken gestoßen hat, ein Volk, das seine Brüder und Schwestern preisgegeben hat, um den Fremden in leichtsinnigem Vertrauen die Friedenshand hinzustrecken, ein Volk, das seine furchtbare Niederlage mit Streiks und Tanzvergnügen feiert . . . ein solches Volk hat ein hartes Gericht verdient von den Händen eines gerechten Gottes!" 28 Es würde zu weit führen, diese Kette der Beispiele für die Verbreitung der Dolchstoßlegende fortzusetzen und auch nur den Versuch zu unternehmen, einen vollständigen Uberblick über ihre Erscheinungsformen in der sehr umfangreichen Memoirenliteratur zu geben. Im allgemeinen finden sich überall die gleichen Behauptungen. Dasselbe gilt auch für die Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende in der alldeutsch orientierten militärischen und politischen Geschichtsschreibung über den ersten Weltkrieg. Das Schlagwort und die Verleumdung dominieren. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für die mit dieser Propaganda verfolgten außenpolitischen Absichten bilden Ausführungen des berüchtigten alldeutschen Kriegshetzers Friedrich v. Bernhardi. Bereits im Jahre 1919 veröffentlichte er eine Artikelfolge, deren Inhalt später in seinem von der Dolchstoßlegende durchdrungenen Buch über den ersten Weltkrieg wiederkehrt29, unter der Uberschrift „Zwei Weltanschauungen".30 Darin versuchte er, den Kampf zwischen den Mittelmächten und der Entente im ersten Weltkrieg als eine Auseinandersetzung zwischen „Idealismus" und „Materialismus" zu interpretieren und in ähnlicher Weise die Friedensbewegung in Deutschland zu diskreditieren. Dieser „weltanschaulich" gefärbte Hintergrund der Dolchstoßlegende wurde jedoch mit einer sehr klaren Zukunftshoffnung verbunden, die zum Unglück der Menschheit Wirklichkeit geworden ist: „Ein elementares Ereignis, wie Napoleons Niederlage in Rußland, kann das Blatt des Schicksals wenden! Wir brauchen aber gar nicht so weit zu greifen. Eine neue politische Gruppierung der Mächte kann uns die Möglichkeit gewähren, wieder empor zu kommen, und haben wir erst einmal wieder das Schwert in der Hand, dann werden wir uns schon weiterhelfen . . . Der Haß . . . kann nur in Blut abgewaschen werden . . , " 3 1 Mit diesen Worten hat Bernhardi klar und eindeutig die geheimen Absichten der deutschen Imperialisten und Militaristen und den Zweck ihrer Aufrüstungspolitik zum Ausdruck gebracht. Die innenpolitische Komponente dieser Pläne zeigt sich nicht minder deutlich bei den Vertretern des Alldeutschen Verbandes. Ihnen war die Bekämpfung der

28 29 30 31

Alfred, Revolution von oben — Umsturz von unten. Entwicklung und Verlauf der Staatsumwälzung in Deutschland 1914—1918, Berlin 1927. Dibelius, Otto, Kraft in der Not! Berlin o. J . (1919), S. 3. Bernhardi, Friedrich v., Deutschlands Heldenkampf 1914—1918, München 1922. „Der Tag", Nr. 2 1 4 und 215, vom 28. und 30. 9. 1919. Ebenda, Nr. 2 1 5 .

Kapitel I I I . Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende

59

revolutionären Arbeiterbewegung zu wenig. Sie wollten auch alle „liberalen" und sozialdemokratischen Einflüsse ausgeschaltet wissen. So erschien 1922 eine Buchfolge unter dem programmatischen Titel ,, Reichs verderber'', deren Stoßrichtung schon aus der Thematik hervorgeht. Der erste Teil stammte aus der Feder Hans v. Liebigs und trug den Untertitel „Bethmann Hollweg - Erzberger Scheidemann". 32 Der zweite Teil wurde ebenfalls von einem führenden Vertreter des Alldeutschen Verbandes, von Generalleutnant Keim, unter der Überschrift „Prinz Max v. Baden und das Kriegskabinett" verfaßt. 33 Die damit verbundenen Absichten fanden auch die Unterstützung der zahlreichen alldeutschen und nationalistischen Historiker mit Dietrich Schäfer 34 , Georg v. Below 35 und Richard Fester 36 an der Spitze. Sie verwendeten das Schlagwort vom „Dolchstoß der Heimat" in den Rücken des „im Felde unbesiegten" Heeres zumeist wie ein Axiom und verzichteten im allgemeinen auf jegliche Differenzierung ihrer Angriffe. Für die extremen Rechten war alles, was jenseits der Nationalliberalen gestanden hatte und die Weimarer Republik verteidigte, irgendwie am „Dolchstoß der Heimat" beteiligt und mit dem „Ludergeruch der Revolution" behaftet. Die Interpretationen, welche die stockreaktionären Historiker der Dolchstoßlegende gaben, waren im allgemeinen ebenso borniert wie primitiv. Ein geradezu klassisches und darum ausführlich zitiertes Beispiel bietet Gottlob Egelhaaf, der in der achten Auflage seiner „Geschichte der neuesten Zeit vom Frankfurter Frieden bis zur Gegenwart" schrieb: „ . . . der schwerste Schaden war freilich nicht die Unterlegenheit an Zahl, Waffen, Material und an Güte des Materials, sondern die Unterwühlung der Front von der Heimat aus, die der langen Entbehrungen müde und innerlich zermürbt nach Frieden schrie, nach Frieden um jeden Preis . . . So sah es in der Heimat aus; so ward Deutschland von seinen eigenen Kindern verraten. Die alten heldenmütigen Frontsoldaten, so ist mir einmal erzählt worden, hätten ausgehalten auch das fünfte Jahr und wären lieber gestorben, als daß sie den Nacken unter das Joch der Feinde gebeugt hätten . . . aber den Wackeren stieß die Heimat, die nicht den hundertsten Teil ihrer Mühen zu ertragen gehabt hatte, den Dolch in den Rücken. Der Anfang November war 32

Liebig,

Hans

v., Reichsverderber,

r. Teil: Bethmann Hollweg — Erzberger —

Scheidemann, Berlin o. J. 33

Keim, [August],

Reichsverderber, 2. Teil: Prinz M a x von Baden und das Kriegs-

kabinett, Berlin o. J. (1922). 34

Vgl. z. B . Schäfer,

Dietrich,

Deutsche Geschichte, zehnte Auflage, Jena

1932,

B d . 2, S. 513/514 (Die zehnte Auflage wurde durch den Sohn Schäfers besorgt und in den Schlußkapiteln überarbeitet). 35

Vgl. z. B . Below, Georg v., Die deutsche Geschichtsschreibung von den Befreiungskriegen bis zu unsern Tagen, zweite, wesentlich erweiterte Auflage, München/ Berlin 1924, S. 131.

36

Vgl. vor allem Fester, Richard, Der Dolchstoßprozeß und die geschichtliche W a h r heit. Dieses an Beleidigungen gegenüber Hans Delbrück reiche G u t a c h t e n über den Münchener Dolchstoßprozeß von 1925 für die „Münchener Neuesten N a c h richten" ist abgedruckt bei Beckmann, Ewald, Der Dolchstoßprozeß in München vom 19. Oktober — 20. November 1925, München 1925, S. 218 ff.

6o

Kapitel I I I . Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende

die Zeit der Entscheidung; gerade jetzt erhob die Revolution ihr Haupt, und es war der Stolz Deutschlands, die Kriegsflotte, von der der Anstoß ausging. . . Selbst wenn aber das Gerücht (von einer Todesfahrt der deutschen Schlachtflotte - J. P.) begründet gewesen wäre, so würde es einer pflichttreuen Mannschaft gebührt haben, dem Befehl der Oberen zu gehorchen, diesen, die doch keine Tollköpfe waren, zu vertrauen und ihnen die Verantwortung getrost zu überlassen . . . Ein Teil der Marinetruppen war bereit, gegen die Aufrührer mit der Waffe vorzugehen und die Ordnung herzustellen; aber der Staatssekretär Haußmann und der sozialistische Abgeordnete Noske reisten nach Kiel, um die Aufrührer zur Ruhe zu mahnen; die Anwendung von Gewalt wurde untersagt und so nach dem Ausdruck eines Offiziers ,die Revolution gerettet'. . ," 3 7 Eine derartige Anhäufung einseitiger und unsinniger, oft sogar lächerlicher Anschauungen in Form von Schlagworten und im Bunde mit „treudeutscher" Rührseligkeit und preußischem Untertanengeist war zwar für eine primitive Agitation von großer Bedeutung, für sich allein genommen aber drohte sie zum Grab der Dolchstoßlegende zu werden. Die Glaubwürdigkeit wurde in Frage gestellt; denn die Erinnerungen an den ersten Weltkrieg waren noch wach und allzu primitive Geschichtsfälschungen boten zu große Angriffsflächen. Nicht minder in Frage gestellt war aber auch die politische Zweckmäßigkeit derart pauschaler Angriffe. Die Positionen der Reaktion waren in dem ersten Jahrzehnt nach dem Kriege noch nicht so gefestigt, als daß ohne Risiko auf die sich liberal nennenden Kreise der deutschen Bourgeoisie und ihre sozialdemokratischen Bundesgenossen hätte verzichtet werden können. Die Ergebnisse der Putsche von KappLüttwitz-Bauer im Jahre 1920 und von Hitler-Ludendorff im Jahre 1923 waren ein warnendes Beispiel gewesen. Vor allem aber traten bei den Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende im weiteren Sinne die scharfe Zuspitzimg auf die revolutionäre Arbeiterbewegung und damit der Grundgedanke der Dolchstoßlegende zurück. Die Auseinandersetzungen spielten sich zu einem großen Teil innerhalb des bürgerlichen Lagers ab und erweckten oft sogar den Eindruck, als ob sich die Dolchstoßlegende vornehmlich gegen die Sozialdemokratie richtete. Das war jedoch zu Zeiten, da sich das Monopol- und Agrarkapital nur mit großer Mühe der revolutionären Arbeiterbewegung erwehren konnte und dringend der Hilfe von Seiten der sozialdemokratischen Partei- und Gewerkschaftsführung bedurfte, ein sehr zweischneidiges Unterfangen. Zu den ersten, die auf die Gefahren einer einseitigen Verbreitung der Dolchstoßlegende im weiteren Sinne hinwiesen, gehörte der Militärhistoriker Oberst a. D. Bernhard Schwertfeger. Er stellte sich 1921 in einem Zeitungsartikel die Aufgabe, das „Schlagwort ,vom Dolchstoß der Heimat' in seiner ganzen begrifflichen Unklarheit und Gefährlichkeit zu kennzeichnen" und kam zu folgender Schlußfolgerung: „ E s wäre ein Ziel, aufs innigste zu wünschen, daß wir uns bei den ja 37

Egelhaaf, Gottlob, Geschichte der neuesten Zeit v o m Frankfurter Frieden bis zur Gegenwart, achte Auflage, Stuttgart 1920, B d . 2, S. 389—392. im Original)

(Hervorhebung

Kapitel III. Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende

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nicht zu vermeidenden Untersuchungen über die Gründe des Zusammenbruches dieses Schlagworts möglichst entledigten. Es dient weder der sachlichen Klärung noch der inneren Sammlung unseres Volkes, die wir dringender brauchen als irgend etwas anderes." 38 Dabei war Schwertfeger keineswegs ein Gegner der Dolchstoßlegende. „Vom .Dolchstoß' schlechthin kann schließlich gesprochen werden, wenn hinreichend klar gesagt wird, worauf man abzielt. Der .Dolchstoß der Heimat' aber ist ein unter allen Umständen äußerst bedauerliches Schlagwort, da es ganz zu Unrecht der Heimat einen Schuldanteil zuweist, den zu übernehmen ihr nicht zugemutet werden kann." 3 9 Was Schwertfeger tatsächlich unter dem Begriff „Dolchstoß" verstand und anerkannte, zeigen seine folgenden Bemerkungen: „Nehmen wir die Lage an der Westfront anfangs November 1918, so bildet die deutsche Revolution allerdings zu dieser Zeit für das noch kämpfende Westheer den Todesstoß . . . Wer auch nur das Geringste dazu beigetragen hat, daß die unübertroffene Manneszucht des deutschen Heeres und der deutschen Marine zermürbt wurde, so daß die Kampfkraft nachließ, dessen Schuld läßt sich in alle Ewigkeit nicht abwaschen. Er ist mitschuldig an Deutschlands Elend . . ." 4 0 Es ist demnach offensichtlich, daß sich Schwertfeger lediglich gegen die extremen Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende wandte und eine Zuspitzung der Angriffe auf die revolutionäre Arbeiterbewegung im allgemeinen und die Nov emberrevolution im besonderen forderte. Die Umrisse einer Dolchstoßlegende im engeren Sinne werden sichtbar. Getreu seinem Hauptziel, der „inneren Sammlung" des deutschen Volkes im Geiste von 1914, war Schwertfeger unablässig bemüht, die politischen Gegensätze im Streit um den Kriegsausgang innerhalb des bürgerlichen Lagers zu mildern und dem „Schicksal" die letzte Verantwortung für die nationale Katastrophe zuzuschieben. Diese Auffassung findet sich am klarsten in seinem Gutachten über „Die politischen und militärischen Verantwortlichkeiten im Verlaufe der Offensive von 1918" für den parlamentarischen Untersuchungsausschuß. Im Gegensatz zu seiner Versicherung, keineswegs „in farbloser Objektivität alles weiß zu waschen" 4 1 , kam er gegenüber der Obersten Heeresleitung zu der Schlußfolgerung, daß die Verantwortung für die großen Hauptentscheidungen der Kaiser trage und daß demzufolge ihr keine vertretbare Schuld beigemessen werden könne. 42 Die Reichskanzler wurden mit dem gleichen Argument entlastet, zumal „es für sie bei der ungeheueren Popularität der Obersten Heeresleitung ungemein schwierig" war, „den ihnen gebührenden Einfluß auch tatsächlich zur Geltung zu bringen". 43 Selbst die Politik des Prinzen Max v. Baden fand eine wohlwollende Beurteilung. 44 Die Berufung auf die Gesamtverantwortung des Kaisers aber ,,Der Tag", Nr. 214, vom 13. 9. 1921. 39 j)ie Ursachen des Deutschen Zusammenbruchs im Jahre 1918, Bd. 6, S. 46. (Hervorhebung im Original) 40 ,,Der Tag", Nr. 214, vom 13. 9. 1921. 41 Die Ursachen des Deutschen Zusammenbruchs im Jahre 1918, Bd. 2, S. 7. Ebenda, S. 87. « Ebenda, S. 87. 44 Ebenda, S. 333. 38

S

Petzold, Dolchstoßlegende

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Kapitel I I I . Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende

bedeutete bei Schwertfeger keineswegs eine Verurteilung Wilhelms II.; denn nicht Schuld, sondern Schicksal sei es gewesen, daß dem deutschen Volke in der Krise seiner Entwicklung kein großer Mann mit den Eigenschaften Friedrichs II. zur Verfügung gestanden hätte. 45 Diese ebenso idealistische wie zweckbestimmte Interpretation ergänzte Schwertfeger durch einen allgemeinen Schuldspruch über das deutsche Volk, das angeblich den Männern der Obersten Heeresleitung eine Rolle zugeschoben hätte, der sie nicht gewachsen sein konnten. E s habe „in einer so einseitigen Weise für sie Partei genommen, daß die politischen Gesichtspunkte in den Hintergrund gedrängt wurden". 46 Auf diese Weise wurden die Tatsachen völlig auf den Kopf gestellt. Das Opfer der Politik des deutschen Imperialismus, das deutsche Volk, „hat es" - nach Schwertfeger - „nicht anders gewollt". 47 Die politisch und militärisch Verantwortlichen - und damit der deutsche Imperialismus - sind frei von jeglicher Schuld. Denn: „Eine gerechte, jeder parteipolitischen Einstellung entrückte Prüfung der geschilderten Entwicklung im Jahre 1 9 1 8 ergibt nach meiner (Schwertfegers - J . P.) persönlichen Überzeugung . . . auf keiner Seite ein schuldhaftes Verhalten . . . Erkennen wir es als unser Schicksal, das es uns nicht vergönnt gewesen ist, die höchste politische Einsicht mit einer willensstarken überlegenen Feldhermkunst vereint an der Spitze Deutschlands zu finden, so verwerfen wir auch die Suche nach Schuldigen." 48 Mit dieser methaphysischen Bemühung einer höheren Gewalt in der Form des Schicksals und dieser idealistischen Überschätzung einzelner Persönlichkeiten aber wollte Schwertfeger keineswegs nur einer Verurteilung der Politik des deutschen Imperialismus entgegentreten, sondern auch eine ideologische Plattform schaffen, die von allen bürgerlichen Parteien akzeptiert werden konnte und den gemeinsamen Kampf gegen die revolutionäre Arbeiterbewegung erleichterte. E s verwundert daher nicht, daß Schwertfeger 1937 - als die Reaktion wieder fest im Sattel saß und an die Stelle der Weimarer Republik die faschistische Diktatur getreten war - in seinem Buche „Das Weltkriegsende" seine Vorbehalte gegen die Dolchstoßlegende einschränkte und die Auffassung „ I m Felde unbesiegt" und „Auf See unbesiegt" als „gefühlsmäßig das Richtige" bezeichnete.49 1947 dagegen - nach der Katastrophe des zweiten Weltkrieges kehrte er in seinem Buche „Rätsel um Deutschland" wieder zu seinen ursprünglichen Auffassungen zurück und unterstrich damit einmal mehr die politischen Motive seiner Einstellung zur Dolchstoßlegende.50 Bemühungen, der Dolchstoßlegende den Schein der Wissenschaftlichkeit zu geben und ihre Überspitzungen zu vermeiden, deuten sich auch bei General Hans v. Zwehl an. 1921 veröffentlichte er eine Broschüre unter dem Titel „Der Dolchstoß in den

und fügte am 8. November 1941 hinzu: ,,Niemals wird sich in Deutschland ein November 1918 wiederholen! Er kann sich gar nicht wiederholen. Alles ist denkbar, nur eines nicht: Daß Deutschland jemals kapituliertZ"85 Die Dolchstoßlegende hat demnach nicht nur der Vorbereitung, sondern auch der Durchführung des zweiten Weltkrieges gedient. Ihre propagandistische Bedeutung für den totalen Krieg und seine Fortsetzung bis zum Mai 1945 ist kaum zu überschätzen. Die Dolchstoßlegende hat wesentlich dazu beigetragen, daß Hitler seinen Grundsatz: „Das Deutschland von einst hat um 3/412 die Waffen niedergelegt - ich höre grundsätzlich immer erst fünf Minuten nach zwölf auf!"86 verwirklicht sehen konnte. Es gibt viele bürgerliche Historiker und Publizisten, die auf Grund dieser Primitivität der faschistischen Propaganda und ihres dennoch unbestreitbaren Erfolges entweder mystisch von der Dämonie des Faschismus oder verächtlich von der Kritiklosigkeit der Volksmassen sprechen. In Wirklichkeit konnte aber die faschistische Propaganda ihre Triumphe nur feiern, weil sie - einmal abgesehen von der finanziellen Unterstützung durch das Monopol- und Agrarkapital - einen jahrzehntelang durch die reaktionäre Publizistik und Historiographie bearbeiteten Boden vorfand. Gerade die Geschichte der Dolchstoßlegende beweist wie kaum ein zweites Beispiel, daß die faschistische Propaganda aus der imperialistischen Ideologie heraus gewachsen ist und von ihr genährt wurde. Alle Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende haben ihren Teil zu den Erfolgen der nationalen Demagogie des Faschismus beigetragen; die einen lieferten die Schlagworte, die anderen die „wissenschaftliche" Begründung und alle zusammen einen großen Teil jenes Ungeistes, der dem deutschen Volk zum Verhängnis geworden ist. Die Geschichte der Dolchstoßlegende unterstreicht aber auch die alte Erfahrung, daß der Kampf gegen die revolutionäre Arbeiterbewegung stets mit der Untergrabung und Beseitigung demokratischer Errungenschaften verbunden ist und der unmittelbaren Kriegsvorbereitung dient. In diesem Sinne umriß die Dolch83

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85

86

,, Völkischer Beobachter", Norddeutsche Ausgabe, Nr. 32', vom 1. 2. 1940. hebung in der Zeitung) ,, Völkischer Beobachter", Norddeutsche Ausgabe, Nr. 57, vom 26. 2. 1940. hebung in der Zeitung) ,, Völkischer Beobachter", Berliner Ausgabe, Nr. 3 1 3 , vom 9. 1 1 . 1 9 4 1 . hebung in der Zeitung) ,, Völkischer Beobachter", Berliner Ausgabe, Nr. 3 1 4 , vom 10. 1 1 . 1942. hebung in der Zeitung)

(Hervor(Hervor(Hervor(Hervor-

Kapitel I I I . Erscheinungsformen der Dolchstoßlegende

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stoßlegende im engeren Sinne nur den Schwerpunkt, die Dolchstoßlegende im weiteren Sinne aber den Rahmen, in dem die Faschisten ihre „Abrechnung" mit den „Novemberverbrechern" vollzogen. Ihre Konzentrationslager füllten nicht nur Kommunisten, sondern auch aufrechte Demokraten und Pazifisten aus den Kreisen des liberalen und des christlichen Bürgertums und vor allem aus den Reihen der Sozialdemokratischen Partei. Der zweite Weltkrieg, den die Dolchstoßlegende so wirksam vorbereiten half, verschlang das Leben und das Gut von Millionen Menschen ohne Rücksicht auf die politische Überzeugung und die religiöse Konfession. Der Antikommunismus hat in der Endkonsequenz noch immer die ganze Nation ins Verderben geführt.

6

Petzold, Dolchstoßlegende

IV. K A P I T E L

Der Streit um die Dolchstoßlegende Die Auseinandersetzungen um die Anerkennung oder Ablehnung bestimmter Seiten der Dolchstoßlegende spielten in den Jahren der Weimarer Republik eine große politische Rolle. Sie wurden vornehmlich von den Vertretern der Deutschnationalen Volkspartei und ihren völkisch-faschistischen Bundesgenossen auf der einen und den Vertretern der Demokratischen und der Sozialdemokratischen Partei auf der anderen Seite geführt. Hinter den bürgerlichen Kontrahenten im Streit um die Dolchstoßlegende standen jeweils mächtige ökonomische Interessengemeinschaften und verschiedene ideologische Strömungen des deutschen Imperialismus. Die Auseinandersetzungen um die Dolchstoßlegende setzten den Konflikt zwischen den beiden Fraktionen der deutschen Bourgeoisie zur Zeit des ersten Weltkrieges unmittelbar fort und brachten deren Kampf um die politische Macht in der Weimarer Republik auf ideologischem Gebiete besonders sichtbar zum Ausdruck. Die Deutschnationale Volkspartei stützte sich bekanntlich bis zum Vorabend der faschistischen Diktatur auf einen bedeutenden Teil der Schwerindustrie, der allein schon materiell an der Wiederaufrüstung und der Kriegsvorbereitung interessiert war, und auf den ostelbischen Großgrundbesitz, der von jeher das charakteristische Offiziersreservoir der preußisch-deutschen Armee gebildet hatte. Die Ideologie der Deutschnationalen Volkspartei wurde vornehmlich durch den Alldeutschen Verband geprägt. Die Demokratische Partei dagegen war stärker mit den Wirtschaftskreisen der Gebrauchswarenindustrie und des Großhandels verbunden, die naturgemäß und zumindest bis zur großen Weltwirtschaftskrise von 1929 in einer Aufrüstungs- und Revanchepolitik ein sehr zweischneidiges Schwert seihen. Auf ihrer Seite standen auch Teile der elektrotechnischen und chemischen Industrie- und der anglo-amerikanisch orientierten Finanzbourgeoisie. Ideologisch spielten in der Demokratischen Partei die liberalen Traditionen, die Abneigung vieler Vertreter der bürgerlichen Intelligenz gegen die alldeutsche Propaganda und nicht zuletzt die Erfahrungen aus der Zeit des ersten Weltkrieges und der Novemberrevolution eine große Rolle. Diese komplizierte Struktur der Demokratischen Partei ist charakteristisch für das Phänomen des bürgerlichen „Liberalismus" in der Periode des Imperialismus und gibt Aufschluß über den Charakter seiner Einwände gegen die Dolchstoßlegende. Ursprünglich war der bürgerliche Liberalismus untrennbar verbunden mit dem Kampf gegen die politische Unterdrückung und die ökonomische Beschränkung der Bourgeoisie durch den Feudalismus. In diesem progressiven Sinne

Kapitel IV. Streit um die Dolchstoßlegende

79

kann von einem bürgerlichen Liberalismus in der Periode des Imperialismus keine Rede mehr sein. Die monopolkapitalistischen Kreise, die sich als liberal ausgeben, sehen vielmehr in einer „liberalen" Innenpolitik das beste Mittel im Kampf gegen die revolutionäre Arbeiterbewegung und um die Neuaufteilung der Welt. Ihre Methoden erweisen sich als raffinierte und wirksame Waffen des deutschen Imperialismus und ihre Vertreter als gefährliche Feinde der Kommunistischen Partei. Andererseits gibt es aber auch Strömungen im Kleinbürgertum und in den Reihen der bürgerlichen Intelligenz, die an den liberalen Idealen festhalten und sich gegen den ökonomischen und politischen Druck des staatsmonopolistischen Kapitalismus wenden. Diese Kreise verkörpern wertvolle potentielle Bundesgenossen der revolutionären Arbeiterbewegung im Kampf gegen Faschismus und Krieg. Die sozialdemokratische Parteiführung arbeitete in den Jahren der Weimarer Republik auf das engste mit den liberalisierenden Kreisen der deutschen Bourgeoisie zusammen. Sie stützte sich zwar auf einen großen Teil der Arbeiterschaft, aber sie vertrat nicht die Klasseninteressen des Proletariats, sondern stand auf dem Boden der bürgerlichen Gesellschaftsordnung. Ihre Feindschaft galt in erster Linie der revolutionären Arbeiterbewegung. Ihre Ablehnung der Dolchstoßlegende entsprang dem Bedürfnis, die sozialdemokratische Politik während des ersten Weltkrieges vor der Bourgeoisie zu rechtfertigen. Die Mitglieder und Anhänger der Sozialdemokratischen Partei erkannten nicht das wahre Gesicht ihrer Parteiführung. Sie waren vielfach in reformistischen und antikommunistischen Vorstellungen befangen. Ihre Ablehnung der Dolchstoßlegende entsprang jedoch dem Haß auf den deutschen Militarismus und der Opposition gegen die kapitalistische Gesellschaftsordnung. Der sozialdemokratische Arbeiter blieb - trotz aller Meinungsverschiedenheiten - der Klassengenosse des kommunistischen Arbeiters. Die Kommunistische Partei durchschaute die antikommunistische Stoßrichtung dieser Auseinandersetzungen um die Dolchstoßlegende und stellte der antinationalen Politik des deutschen Monopol- und Agrarkapitals unermüdlich die nationale Bedeutung des revolutionären Kampfes gegen Imperialismus und Krieg gegenüber. Sie bekannte sich voller Stolz zur revolutionären Tätigkeit der Spartakusgruppe und zur Novemberrevolution und wies die Dolchstoßlegende prinzipiell als eine Verfälschung der nationalen Interessen des deutschen Volkes und als eine Verschleierung der militärischen Niederlage des deutFchen Imperialismus im ersten Welkrieg zurück. Sie brandmarkte die verräterische Politik der sozialdemokratischen Parteiführung, die sich nicht einmal scheute - um der Anbiederung bei der Bourgeoisie willen - , die geheimen Abmachungen mit der Reaktion gegen die Revolution im Verlaufe der Auseinandersetzungen um die Dolchstoßlegende zu enthüllen. Das Zentralorgan der Kommunistischen Partei Deutschlands, „Die Rote Fahne", hat in einem Kommentar zum Streit um die Dolchstoßlegende am 12. November 1925 den kommunistischen Standpunkt immißverständlich zum Ausdruck gebracht und geschrieben: „Die Arbeiter, die während des Weltkrieges in Heer

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Kapitel I V . Streit um die Dolchstoßlegende

und Betrieb diese revolutionäre Arbeit leisteten, sind stolz darauf und bekennen sich unerschrocken dazu. . . Die revolutionäre Arbeiterschaft kämpfte in allen Ländern gegen die kapitalistischen Regierungen und gegen den imperialistischen Krieg. Bei diesem Kampf ist es selbstverständlich, daß die revolutionäre Arbeiterschaft sich nicht für den imperialistischen Sieg ihrer imperialistischen Regierungen sorgte. Wie wenig irgendeine imperialistische Regierung von dem Sieg der proletarischen Revolution in einem Land profitieren kann, zeigt klar das Beispiel Sowjetrußlands. Die Beseitigung der imperialistischen Regierungen und die Erstickung des imperialistischen Krieges ist nicht nur eine Arbeit im Interesse der internationalen Werktätigen, es ist im besten Sinne des Wortes eine wahrhaft nationale Arbeit. Die revolutionäre Arbeiterschaft Deutschlands kann sich heute nur den Vorwurf machen, daß sie nicht mit der eisernen Energie und eisernen Konsequenz Lenins ihren Kampf führte." 1 Den wichtigsten Beitrag im Kampf gegen die Dolchstoßlegende erbrachte die Kommunistische Partei durch ihre politische Tätigkeit. Sie lehnte den Versailler Vertrag kompromißlos ab und bekämpfte den Schacher um die Ruhr im Jahre 1923 auf das entschiedenste. Sie stand in der ersten Reihe im Kampf gegen die Kriegsvorbereitungen des deutschen Imperialismus. Sie bewies schließlich durch ihren opferreichen Widerstand gegen Faschismus und Krieg, daß sie als einzige deutsche Partei wahrhaft und entschieden die nationalen Interessen unseres Volkes vertrat. Ihre Einschätzungen der politischen Entwicklung, die im Jahre 1932 in den Worten „Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler, und wer Hitler wählt, wählt den Krieg!" gipfelten, bestätigten sich voll und ganz. Alle anderen Parteien haben das deutsche Volk entweder in die Katastrophe der faschistischen Diktatur und des zweiten Weltkrieges geführt oder haben ohnmächtig vor dieser Entwicklung kapituliert. Die Ablehnung der Dolchstoßlegende durch die Parteien der Weimarer Koalition war mehr als inkonsequent. Bekanntlich wurde ihnen vorgeworfen, daß die Politik der alten Reichstagsmehrheit, der Regierung des Prinzen Max v. Baden und vor allem der sozialdemokratischen Parteiführung zur Niederlage des deutschen Imperialismus im ersten Weltkrieg und zum Ausbruch der Novemberrevolution mehr oder minder entscheidend beigetragen hätte. Demgegenüber waren die Parteien der Weimarer Koalition bestrebt, nachzuweisen, daß sie jederzeit die angeblich nationalen Interessen, das heißt in Wirklichkeit die Interessen des deutschen Imperialismus, vertreten und die revolutionäre Bewegung bekämpft hätten. Infolgedessen kam es ihnen vor allem darauf an, der Dolchstoßlegende durch den Nachweis der militärischen Niederlage des deutschen Imperialismus zu begegnen und sowohl die politischen Maßnahmen der Regierung des Prinzen Max v. Baden als auch die Novemberrevolution daraus abzuleiten, um auf diese Weise die Politik der alten Reichstagsmehrheit insgesamt zu rechtfertigen. Im allgemeinen bemühten sie sich, die Bedeutung der revolutionären Bewegung abzuschwächen und die Novemberereignisse nicht als eine Revolution, sondern als mehr oder 1

„Die

Rote Fahne",

Nr. 262, v o m 12. 11. 1925. (Hervorhebung in der Zeitung)

81

Kapitel I V . Streit um die Dolchstoßlegende

minder spontanen Zusammenbruch ohne Sinn und Zweck darzustellen. Bei der Verurteilung des revolutionären Kampfes gegen Imperialismus und Krieg standen die Parteien der Weimarer Koalition und ihre Ideologen durchaus in einer Front mit den Parteien der sogenannten nationalen Rechten. Sie machten sich damit objektiv eine Hauptthese und letzten Endes das Kernstück der Dolchstoßlegende zu eigen. In den Auseinandersetzungen um die Dolchstoßlegende spielten verschiedene bekannte Vertreter der bürgerlichen Geschichtsschreibung eine führende Rolle. Der bedeutendste Gegner der Dolchstoßlegende vom bürgerlichen Klassenstandpunkt aus war ohne Zweifel der schon erwähnte Kriegshistoriker und langjährige Herausgeber der „Preußischen Jahrbücher", Prof. Dr. Hans Delbrück. Es ist nicht die Aufgabe dieser Studie, das politische und wissenschaftliche Gesamtwirken dieser interessanten Persönlichkeit in den Jahren des Kaiserreiches und der Nachkriegszeit zu untersuchen. Deshalb muß eine kurze Charakteristik genügen.2 Delbrück war ein Ideologe der deutschen Bourgeoisie von besonderer Art. Außenpolitisch hatte er lange den Programmen des Alldeutschen Verbandes - vornehmlich auf dem Gebiete der Kolonial- und Weltmachtpolitik - nahegestanden. Innenpolitisch widmete er der sozialen Frage große Aufmerksamkeit und erstrebte die Gewinnung der Arbeiterklasse für die bürgerliche Staats- und Gesellschaftsordnung. Ideologisch war er ein erklärter Feind des Marxismus. Die reaktionäre Seite seiner wissenschaftlichen Bedeutung kam vornehmlich in seiner „Weltgeschichte" und in seinen - wie Franz Mehring einmal spöttisch bemerkte 3 - vierteljährlichen Versuchen, den Marxismus zu widerlegen, zum Ausdruck. Die fortschrittliche Seite verkörpert sich dagegen in seiner „Kriegsgeschichte", von der gleichfalls Franz Mehiing schrieb, daß Delbrück „der historisch-materialistischen Geschichtsforschung sehr viel näher rückt, als man nach seinen erschrecklichen Bannflüchen gegen sie annehmen sollte . . . so daß sich manchen alten Herren der professoralen Zunft, die seit dreißig und vierzig Jahren in ihren Kollegienheften ihre .Quellenschriftsteller' aus dem Altertum oder dem Mittelalter abgeleiert haben, die Perücke sträubt". 4 Dieser permanente Widerspruch zwischen einer ausgesprochen idealistischen Interpretation und einer vorwiegend materialistischen Methode durchzieht das wissenschaftliche Gesamtwerk Delbrücks wie ein roter Faden. Er äußerte sich schließlich auch - obwohl in abgewandelten und von unmittelbaren politischen Interessen bestimmten Formen - in seiner Polemik gegen die Dolchstoßlegende. Während des ersten Weltkrieges gelangte Delbrück - nicht zuletzt auf Grund seiner kriegsgeschichtlichen Forschungen - zu einer realeren Einschätzung des 2

Delbrücks

politischer

Standpunkt ist vornehmlich in den Politischen

spondenzen der ,, Preußischen Jahrbücher" auch die Biographie

der westdeutschen

Korre-

zum Ausdruck gekommen. Vgl. hierzu Historikerin Annelise

Thimme

über

„ H a n s Delbrück als Kritiker der Wilhelminischen E p o c h e " , Düsseldorf 1955. 3

Mehring,

Franz,

Krieg und Politik. Herausgegeben von Prof. Dr. Ernst E n g e l -

berg, Bd. 1, Berlin 1959, S. 267. 4

Ebenda, S. 267, 271.

82

Kapitel I V . Streit um die Dolchstoßlegende

militärischen Kräfteverhältnisses und der heraufziehenden innenpolitischen Konflikte. Er erkannte, daß die weitgespannten Annexionsziele des Alldeutschen Verbandes und der Wirtschaftsorganisationen nicht zu verwirklichen waren. Deshalb wurde er zum Vorkämpfer eines Verständigungsfriedens zwischen den imperialistischen Großmächten. Er lehnte keineswegs Annexionen ab. Er wollte sie lediglich in Einklang bringen mit den militärischen Möglichkeiten.5 Im Verlaufe des Krieges strebte Delbrück immer mehr einen Kompromiß mit England unter Verzicht auf Belgien und auf Kosten Rußlands an. Seine Annexionsziele betrafen vor allem Gebiete im Osten Deutschlands und die Erweiterung des Kolonialreiches. Innenpolitisch trat Delbrück für die Erhaltung des sogenannten Geistes von 1914, das heißt für die Fortsetzung der Burgfriedenspolitik, ein. Er empfahl deshalb Reformen und forderte die Abschaffung des preußischen Dreiklassenwahlrechtes. In wichtigen politischen Fragen unterstützte er die Parteien der Reichstagsmehrheit. Er geriet wie diese in immer stärkere Konflikte mit den alldeutschen Kreisen und mit der nach Bethmann Hollwegs Sturz gegründeten Deutschen Vaterlandspartei. Zusammen mit seinem Freundeskreis, der „Mittwochabend"-Gesellschaft, stand Delbrück schließlich auf Seiten der Regierung des Prinzen Max v. Baden;,, - wir bildeten in gewisser Weise einen privaten Staatsrat des Prinzen, wie damals ein Redner unter uns bemerkte. Von Anfang bis zu Ende waren wir recht eigentlich die konservativen Reformer, deren Stunde zu spät schlug", so charakterisierte Friedrich Meinecke diese Beziehungen in seinen Erinnerungen.6 Der Delbrücksche „Mittwochabend" - nicht zu verwechseln mit der bekannten Berliner Mittwoch-Gesellschaft - spielte auch im politischen Leben der Weimarer Republik eine bedeutende Rolle.7 Die meisten Teilnehmer waren im ersten Weltkrieg für einen imperialistischen Verständigungsfrieden mit den Westmächten eingetreten. Sie sahen sich schweren politischen Verdächtigungen durch die alldeutschen und deutschnationalen Kreise ausgesetzt. Das galt in erster Linie für den Prinzen Max v. Baden, für seine Berater Hahn, Rohrbach und Simons sowie für die Mitglieder seiner Regierung Solf und v. Roedern. Das galt auch für die Generale Groener und Scheuch. Der Kreis um Delbrück vereinigte aber keineswegs nur Politiker und Offiziere. Aus den Reihen der Wirtschaft kamen die Großindustriellen Borsig und Siemens und der Reichsbankpräsident und spätere Reichswirtschaftsminister Hitlers, Schacht, der Delbrück als Schüler besonders nahestand. Die zahlreich vertretene Professorenschaft wurde vornehmlich durch Delbrück, Troeltsch und Meinecke repräsentiert. Die ganze vielschichtige Zusammensetzung des liberalisierenden Flügels der deutschen Bourgeoisie spiegelte 5

6 7

Vgl. z. B. Die

Ursachen des Deutschen Zusammenbruchs

S.51. Meinecke, Friedrich, Vgl. Rühlmann,

im Jahre 1918,

Bd. 12,

Straßburg/Freiburg/Berlin 1901—1919, a. a. O., S. 169.

Paul,

Delbrücks „Mittwochabend". I n : A m Webstuhl der Zeit.

Eine Erinnerungsgabe Hans Delbrück dem Achtzigjährigen von Freunden und Schülern dargebracht. Herausgegeben von Emil Daniels und Paul Rühlmann, Berlin 1928, S. 75—81.

Kapitel I V . Streit um die Dolchstoßlegende

83

sich auf diesen Diskussionsabenden wider. Mit besonderer Leidenschaft wurden die umstrittenen Probleme des ersten Weltkrieges - die Möglichkeiten eines Verständigungsfriedens, die Politik und die Strategie Ludendorffs und schließlich die Dolchstoßlegende - erörtert. Genau wie sein Freundeskreis, so fühlte sich auch Delbrück durch die mit der Dolchstoßlegende verbundenen Angriffe auf die Verfechter eines Verständigungsfriedens und einer innenpolitischen Reformpolitik während des ersten Weltkrieges persönlich getroffen. E r wurde im Laufe der Zeit sogar zum Haupt Verteidiger der alten Reichstagsmehrheit und der Regierungen Bethmann Hollweg und Prinz Max v. Baden. Delbrück betonte dabei immer wieder, daß er mit allen Fasern seines Herzens am alten Deutschland hänge, daß er sich aber aus Vernunftgründen auf den Boden der Weimarer Republik und hinter die Demokratische Partei stelle.8 Diese Verteidigung, die sich rasch mit scharfen Angriffen auf Ludendorff verband, führte Delbrück zunächst in den „Preußischen Jahrbüchern" und nach ihrem Verkauf 9 vor allem als Gutachter im Rahmen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses und des sogenannten Münchner Dolchstoßprozesses. Seine Stellung zur Dolchstoßlegende hat Delbrück sehr klar in einem Gutachten über die Dolchstoßlegende aus dem Jahre 1924 vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuß zum Ausdruck gebracht. Dort heißt es: „Der wahrhaft Schuldige war der Führer (gemeint ist Ludendorff - J . P.) und, wenn man will, mit ihm die Kreise des Volkes, die hinter ihm standen und ihm vertrauten, indem sie freilich von ihm über die Sachlage getäuscht wurden. Da diese Tatsache durch die Rede vom .Dolchstoß' verdunkelt wird und, wie nicht zu bezweifeln ist, vielfach absichtlich verdunkelt wird, so fühle ich mich meinerseits genötigt, obgleich ich eine relative Wahrheit darin anerkenne, doch nach wie vor den .Dolchstoß' als eine .Legende' zu bezeichnen."10 Zuvor hatte Delbrück erklärt, daß er dem Begriff „Dolchstoß" im Sinne von General v. Kühl zustimmen könnte. „Ich glaube aber, es ist eine unbestreitbare Tatsache, daß die Formel vielfach und sogar vorwiegend gebraucht wird in dem Sinne, als ob das deutsche Heer im Begriff gewesen wäre, den vollständigen Sieg zu erringen, als es durch den Dolchstoß im Rücken getroffen wurde. Das ist eine Unwahrheit, die zurückgewiesen werden m u ß . . . " u 1926 modifizierte Delbrück seine Zustimmung gegenüber der Auffassung General v. Kuhls, „daß dem deutschen Heer im letzten Augenblick durch die Unterwühlung und die Revolution der Dolch in den Rücken gestoßen sei, daß wir also bessere Friedensbedingungen hätten erkämpfen können, wenn dem Heer 8

Der Dolchstoß-Prozeß in München, Oktober—November 1925. Eine Ehrenrettung des deutschen Volkes. Zeugen- und Sachverständigen-Aussagen. Eine Sammlung von Dokumenten, München o. J . (1926), S. 272. 9 Delbrück war während der Inflation gezwungen, die ,, Preußischen Jahrbücher" an Walther Schotte zu verkaufen. Der neue Herausgeber distanzierte sich sofort von Delbrück und bekannte sich ausdrücklich zu Ludendorff. (,, Preußische Jahrbücher", Bd. 188, Jg. 1922, S. 121). 10 Die Ursachen des Deutschen Zusammenbruchs im Jahre 1918, Bd. 6, S. 60. 11 Ebenda, Bd. 6, S. 60.

84

Kapitel I V . Streit um die Dolchstoßlegende

eine Atempause gewährt worden wäre und wir den Kampf weitergeführt hätten", mit folgender Bemerkung: „Ich kann auch jetzt diese Meinung nicht geradezu verwerfen, aber ich bin doch in ihr sehr unsicher geworden." 12 Der Standpunkt Delbrücks zur Dolchstoßlegende muß unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet werden. Ein wesentlicher Zug der Delbrückschen Polemik waren zunächst die außerordentlich scharfen Angriffe auf Ludendorff und - wenn auch im geringeren Maße - auf Tirpitz. So heißt es in seiner Broschüre „Ludendorffs Selbstporträt": „Darum komme ich auch rückhaltlos heraus mit meiner Anklage. Wie einst zwei große Männer, Bismarck und Moltke, das Deutsche Reich aufgebaut haben, so haben zwei andere es wieder zerstört: Tirpitz und Ludendorff. Jener, indem er durch seine sinnlosen Dreadnought-Bauten und die Verhinderung jedes Flottenabkommens den Argwohn der Engländer bis zur Raserei steigerte und uns dadurch den Krieg auf den Hals zog; dieser, indem er den Verteidigungskrieg in einen Eroberungskrieg verwandelte, den Krieg nicht zu führen verstand, und durch seine Auflehnung gegen den Kriegsherrn begann mit der Revolution, die endlich das Deutsche Reich unter sich begrub und verschlang." 13 Der Angriff Delbrücks galt vornehmlich den Kriegszielen Ludendorffs, die dem Programm des Alldeutschen Verbandes und den Eingaben der Wirtschaftsorganisationen entsprachen und damit die rücksichtslose Verwirklichung eines Siegfriedens erforderten, und der dieser Politik adäquaten Vernichtungsstrategie Ludendorffs. Delbrück sah die Ursachen für die Niederlage des deutschen Imperialismus im ersten Weltkrieg vor allem in den Kriegszielen, vornehmlich in den Annexionsplänen gegenüber Belgien, und in der gescheiterten Frühjahrsoffensive von 1918. Mit scharfen Worten geißelte er jegliche Weltherrschaftspläne. Er polemisierte besonders gegen die Behauptung Ludendorffs und der hinter ihm stehenden Kreise, daß Deutschland aus Sicherheitsgründen umfangreicher Annexionen bedurft hätte: „Ein Volk, das sich soviel Sicherheit geben will, daß die anderen es nicht mehr angreifen können, das regiert die Welt, und die Weltvölker wollen sich nicht von einem Volk regieren lassen. Es gibt keine Weltherrschaft für ein Volk; dagegen erhebt sich die Welt mit Recht. Darum ist die These: Der Sicherheit halber mußten wir diese Erwerbung und Landerweiterung machen, die schwerste Irreführung, die nur vorstellbar ist." 1 4 Mit großer Entschiedenheit verfocht Delbrück die Möglichkeit eines Verständigungsfriedens mit der Entente. 15 Immer wieder aber wandte er sich gegen Ludendorff, den er eines ungezügelten Ehrgeizes beschuldigte: „Ludendorff ist nicht gescheitert, weil seine Aufgabe unlösbar gewesen wäre. Er ist gescheitert, und das Deutsche Reich ist zugrunde gegangen an der Unzulänglichkeit dieses Mannes, der sich zu seinem Führer aufgeschwungen hatte." 1 6 12 Ebenda, B d . 6, S. 61. 13

Delbrück, Hans, Ludendorffs Selbstporträt, Berlin 1922, S. 64.

14

Die

Ursachen

des Deutschen

Zusammenbruchs

im

Jahre

igi8,

Bd. 4,

(Hervorhebungen im Original) 1 5 Ebenda, B d . 3, S. 254/255.

16

Ebenda, Bd. 3, S. 264, 362.

S. 159.

Kapitel IV. Streit um die Dolchstoßlegende

85

Über die scharfe Verurteilung Ludendorffs darf aber keineswegs Delbrücks Einstellung zur revolutionären Arbeiterbewegung außer acht gelassen werden. Ihre Verurteilung trat nur deshalb weniger in Erscheinung, weil sie von Delbrück diesem erklärten Feind des Marxismus - als eine Selbstverständlichkeit betrachtet wurde und weil er dem revolutionären Kampf gegen Imperialismus und Krieg keine wesentliche Bedeutung für die Niederlage des deutschen Imperialismus im ersten Weltkrieg zugemessen hat. In der Polemik gegen die Dolchstoßkonzeption Kuhls versichert er ausdrücklich: „Daß die .Hetzer und Volksverderber an den Pranger gestellt werden, die die Net des Volkes zu ihren politischen Zwecken ausgebeutet haben', damit bin ich durchaus einverstanden." 17 Das Kernstück seiner Vorwürfe gegen die Spartakusgruppe war: „Hier lebte man ausschließlich in der Idee des Klassenkampfes und hatte vom nationalen Gedanken kaum je einen Hauch verspürt." 18 Die Führung der Sozialdemokratischen Partei dagegen und - bis zu einer gewissen Grenze - sogar die Führung der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei fanden seine Unterstützung im Kampf gegen jegliche „Dolchstoß"-Verdächtigungen. 19 Nach Delbrücks Auffassung war die Novemberrevolution lediglich eine Folge der militärischen Niederlage, ein Zusammenbruch ohne tragende politische Kräfte. „Nicht die Macht der einen, sondern die Ohnmacht der anderen Seite ist das Entscheidende." 20 Diese Übersicht beweist, daß die Stellung Delbrücks zu den Problemen des Weltkriegsendes und zur Dolchstoßlegende kompliziert und vielgestaltig war. Er hat sich ohne Zweifel imbestreitbare Verdienste in der Auseinandersetzung mit den alldeutschen und den präfaschistischen Ideologen des deutschen Imperialismus erworben. Dazu gehört vor allem sein Nachweis, daß die Kriegsziele der in Deutschland herrschenden Kreise und ganz besonders die Annexionspläne der dritten Obersten Heeresleitung im Widerspruch zu den nationalen Interessen standen und entscheidend den Kriegsausgang mitbestimmt haben. Nicht minder bedeutsam ist sein Beitrag zur Zerschlagung der Herrenlegenden um Ludendorff. Wesentliche Seiten der Dolchstoßlegende, wie z. B. die Behauptung „im Felde unbesiegt" und die Abwälzung der Verantwortung für den Kriegsausgang auf die Regierung des Prinzen Max v. Baden, wurden durch Delbrück erschüttert und widerlegt. Die militärische Niederlage und ein großer Teil ihrer Ursachen traten allen Verschleierungsversuchen zum Trotz in den Vordergrund der politischen und wissenschaftlichen Diskussionen. Die Vertreter der Dolchstoßlegende wurden nicht zuletzt durch Delbrück - zu wesentlichen Eingeständnissen und erheblichen Einschränkungen gezwungen. In diesen Auseinandersetzungen um die Ursachen für die Niederlage des deutschen Imperialismus im ersten Weltkrieg vertrat Delbrück jenen Teil der deutschen Bourgeoisie, der unter dem Eindruck der militärischen und innenpolitischen Entwicklung während des ersten Weltkrieges und der Novemberrevolution zu einer realeren Einschätzung der außen- und innen»7 18 » 20

Ebenda, Ebenda, Ebenda, Ebenda,

Bd. Bd. Bd. Bd.

6, 6, 6, 6,

S. S. S. S.

59. 71. 68 ff. 79/80,

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Kapitel IV. Streit um die Dolchstoßlegende

politischen Aussichten des deutschen Imperialismus gelangt war und entsprechende Schlußfolgerungen gezogen hatte. Delbrück hat dabei nie aufgehört ein Ideologe der deutschen Bourgeoisie zu sein. Er leugnete deren Schuld am Ausbruch des ersten Weltkrieges und hielt die Legende von einer deutschen Verteidigung für die erste Phase des Krieges aufrecht. Er wandte sich lediglich gegen die nahezu grenzenlosen Kriegsziele der Claß und Ludendorff. Sein Ideal von einem Verständigungsfrieden ist in keiner Weise mit einem Frieden ohne Annexionen und Kontributionen zu vergleichen. Es war vielmehr die Spekulation auf einen Kompromiß zum Schaden schwacher Staaten, vor allem auf Kosten des am Boden liegenden Rußlands. Selbst seine scharfen Angriffe auf Ludendorff, so subjektiv ehrlich sie auch gemeint waren, hatten ihre negative Seite. Sie bestand keineswegs nur in der Überschätzung einer einzelnen Persönlichkeit im Sinne der idealistischen Geschichtskonzeption von den „Männern, die Geschichte machen", sondern vor allem in der objektiven Entlastung des gesamten imperialistischen Systems durch die einseitige Belastung einer einzelnen Person. Ludendorff war zwar jahrelang der eigentliche Diktator Deutschlands gewesen, aber er war es als Beauftragter und als Vertreter der herrschenden Klasse in Deutschland. In seiner Person verkörperte sich lediglich mit besonderer Deutlichkeit der ganze militaristische und aggressive Charakter des deutschen Imperialismus. Die Grundzüge seiner Strategie und Politik ergaben sich objektiv aus den Besonderheiten des deutschen Imperialismus. Ludendorff oblagen subjektiv die Formen der Ausführung. Das aber konnte und wollte Delbrück in seiner Klassengebundenheit nicht erkennen. Insofern handelte er ähnlich wie seine Gegner und wälzte die Verantwortung für die nationale Katastrophe von dem System des deutschen Imperialismus ab. Im Unterschied zu ihnen und entsprechend seiner politischen Position, belastete er in Ludendorff ein ausführendes Organ des deutschen Imperialismus. Die Wurzeln des Übels jedoch blieben unversehrt. Es wurde lediglich ein ehemals sehr mächtiger, inzwischen aber verdorrter Ast abgehauen. Noch viel schärfer trat Delbrücks Rolle als Ideologe der deutschen Bourgeoisie besonderer Art in seinen Stellungnahmen zum Bolschewismus und in seinen Gutachten zur Dolchstoßlegende in Erscheinung. Schon Anfang 1919 rief er zum Zusammenschluß aller imperialistischen Staaten im Völkerbund zur Abwehr der „bolschewistischen Gefahr" auf. 21 Die Dolchstoßlegende lehnte er im allgemeinen ab. Er trat ihr jedoch nur soweit entgegen, wie es für den bürgerlichen Klassenstandpunkt tragbar erschien und zur Rechtfertigung der liberalisierenden und in gewisser Hinsicht auch der sozialdemokratischen Politik während des ersten Weltkrieges zweckmäßig war. Die „relative Wahrheit", die er in der Dolchstoßlegende sah, betraf die Tätigkeit der revolutionären Arbeiterbewegung unter Führung der Spartakusgruppe. Ihr warf er vor, den Klassenkampf über die nationalen Interessen des deutschen Volkes gestellt und damit angeblich Hoch- und Landesverrat begangen zu haben. In dieser Blickrichtung vertrat Delbrück 21

„ Preußische

Jahrbücher",

Bd. 175, Jg. 1919, S. 149.

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durchaus die Konzeption der Dolchstoßlegende. Er bemühte sich aber zugleich, die Bedeutungslosigkeit des revolutionären Kampfes gegen Imperialismus und Krieg nachzuweisen und die Novemberrevolution als einen spontanen Zusammenbruch unter dem Eindruck der militärischen Niederlage darzustellen. Diese Betrachtungsweise verzerrte die Geschichte des ersten Weltkrieges und insbesondere seiner Schlußphase in ein anderes Extrem. Sie richtete sich objektiv gegen die revolutionären Traditionen des deutschen Proletariats und den revolutionären Ursprung der Weimarer Republik. Sie fand daher die besondere Zustimmung der Weimarer Koalitionsparteien und der Opportunisten in der Arbeiterbewegung. Eines der führenden Mitglieder des Delbrück-Kreises und zugleich einer der wichtigsten Ideologen des liberalisierenden Flügels der deutschen Bourgeoisie war der Professor für Geschichte an der Berliner Universität und der Herausgeber der „Historischen Zeitschrift" Friedrich Meinecke. Er stand - politisch gesehen weiter rechts als Delbrück in seinen letzten Lebensjahren. Während des ersten Weltkrieges hatte er zeitweilig sogar eine weitgehende und dauernde Kontrolle über Belgien gefordert und war für die Annexion Marokkos eingetreten.22 Meineckes für die Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende bedeutendstes Werk, eine Aufsatzsammlung, erschien bereits 1919 unter dem Titel „Nach der Revolution. Geschichtliche Betrachtungen über unsere Lage". Es ist ein Gegenstück zu seinem bekannten Buch „Die deutsche Katastrophe" nach dem Kriegsende von 1945. In beiden Fällen setzte sich Mein ecke mit dem Zusammenbruch der Politik des deutschen Imperialismus auseinander und schuf neue ideologische Plattformen für die deutsche Bourgeoisie. In dem Aufsatz über die geschichtlichen Ursachen der deutschen Revolution gab Meinecke eine Charakteristik der politischen Anschauungen des Kreises um Delbrück: Der Grundgedanke war immer: „Deutschland zu bewahren vor einer Niederlage und einer Revolution. Darum bemühten wir uns u m den Verständigungsfrieden mit unseren Gegnern und kämpften an gegen den Annexionismus und den verschärften Unterseebootkrieg, die ihn unmöglich machten. Darum bemühten wir uns auch im Innern um einen Verständigungsfrieden zwischen Bürgertum und Arbeiterschaft, um ein Kompromiß zwischen Monarchie und Demokratie, zwischen Kapitalismus und Sozialismus." 23 Meinecke versäumte jedoch hinzuzufügen, daß diese politische Haltung unter dem Druck der militärischen und innenpolitischen Entwicklung zustande gekommen war, daß sowohl er als auch der Kreis um Delbrück keine prinzipiellen Gegner von Annexionen gewesen sind und daß schließlich der Gedanke eines Verständigungsfriedens mit der Arbeiterschaft und eines Kompromisses mit dem „Sozialismus" lediglich auf eine Zusammenarbeit mit den opportunistischen Führern der Sozialdemokratischen Partei und der Gewerkschaften hinauslief. In dem gleichen Aufsatz findet sich auch eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit den Problemen der Novemberrevolution. Meinecke ging konsequent von der Meinecke,

Friedrich,

Straßburg/Freiburg/Berlin 1901—1919, a. a. O., S. 198, 202.

23 Meinecke,

Friedrich,

N a c h der Revolution. Geschichtliche Betrachtungen über

22

unsere L a g e , München/Berlin 1919, S. 44.

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These aus, daß „die Revolution die unmittelbare Folge des Zusammenbruchs unserer Macht" und „erst in zweiter Linie . . . ein Ereignis der wirtschaftlichsozialen Entwicklung" gewesen wäre.24 Eine der Hauptfragen, die sich Meinecke stellte, war, ob auf die militärische Niederlage notwendigerweise die Revolution folgen mußte, oder ob diese irgendwie hätte vermieden werden können. Nach seiner Meinung wäre die konsequente Weiterführung der sogenannten Revolution von oben unter der Regierung des Prinzen Max v. Baden der einzige Ausweg für die deutsche Bourgeoisie gewesen.25 Auf der Grundlage dieser Konzeption hat Meinecke mit großer Deutlichkeit die Problematik der Auseinandersetzungen um die Dolchstoßlegende und das Wesen der bürgerlichen Kritik an der Dolchstoßlegende zum Ausdruck gebracht. Meinecke stellte genau wie Volkmann die Frage nach den nationalen Interessen des deutschen Volkes in den Mittelpunkt seiner Überlegungen. Die fraktionellen Gegensätze innerhalb der Bourgeoisie traten bei ihm zurück hinter dem Haß auf die revolutionäre Arbeiterbewegung. Vorbei war es mit der vielgerühmten Überparteilichkeit, mit der vorurteilsfreien Wissenschaftlichkeit. Es sprach der Ideologe des deutschen Imperialismus, der Meinecke zeit seines Lebens gewesen ist, kaum verhüllt von der bei ihm üblichen liberalen Phraseologie. Der nationale Gedanke wurde voll und ganz den bürgerlichen Interessen untergeordnet und gegen die revolutionäre Arbeiterbewegung ausgespielt. Er fordert nach Meinecke „die soziale Versöhnung der Volksgenossen miteinander und duldet nicht, daß die Nation sich in zwei miteinander hadernde Völker spaltet. Nur gegen diejenigen Volksgenossen ist es erlaubt und ist es Pflicht, entschlossen bis zum äußersten zu kämpfen, die diese Versöhnung hindern und die Diktatur der einen über die andere Klasse aufrichten wollen." 26 Äußerlich versuchte Meinecke zwar bei seiner Verschleierung der Klassengegensätze im Interesse der Bourgeoisie den Eindruck zu erwecken, als ob er sowohl gegen rechts als auch gegen links in gleicher Weise kämpfen wollte, in Wahrheit jedoch richtete sich seine politische Tätigkeit und seine literarische Polemik vor allem gegen die revolutionäre Arbeiterbewegung. Das beweist nicht zuletzt seine Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende. Diese Auseinandersetzung führte Meinecke bereits im Herbst 1919 in der Form eines literarischen Gespräches zwischen Eberhard und Reinhold, zwischen zwei Freunden, deren ursprünglich miteinander übereinstimmenden Anschauungen im Verlaufe des ersten Weltkrieges immer mehr auseinandergingen und die sich schließlich scheinbar unversöhnlich gegenüberstanden. Eberhard repräsentierte dabei die politische Richtung der Deutschen Vaterlandspartei und Reinhold den sogenannten liberalen Flügel der deutschen Bourgeoisie. Das Gespräch beginnt mit dem Hinweis auf die übereinstimmenden Ansichten der Freunde vor dem ersten Weltkrieg und beleuchtet damit die gemeinsame Wurzel der beiden politischen Richtungen. Eberhard jedoch verficht die Dolchstoßlegende: „Die unreifen, begehrlichen und verhetzten Volksmassen haben uns im Stiche gelassen und dadurch den 24 25 26

Ebenda, S. 11, 42. Ebenda, S. 37 s., 60. Ebenda, S. 64.

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Zusammenbruch verschuldet . . . Das Heer hat seine Schuldigkeit getan, die Heimat nicht." 27 Er verbindet mit dieser Behauptung direkte Angriffe auf die politische Tätigkeit Reinholds und seiner Gesinnungsgenossen: „Ihr schwächtet durch den Zweifel am Siege den Siegeswillen . . . Begann nicht mit den unseligen Wahlrechtskonzessionen Bethmanns und der Reichstagsresolution von 1917 jene innere Zersetzung und Zerspaltung, die uns moralisch zermürbt hat? . . . Wir haben nun aber durch das Gerede vom Verständigungsfrieden den Glauben der Feinde an unsere unerschütterliche Widerstandskraft gerade zerstört!" 28 Den Angriffen Eberhards hält Reinhold entgegen: „Wir hätten uns bescheidenere weltpolitische Aufgaben stellen müssen, die unseren Kräften angemessen waren. Ob wir bei der Ungunst unserer geographischen Lage, bei dem konzentrischen Drucke, dem wir immer ausgesetzt waren, überhaupt je Weltmacht ersten Ranges hätten werden können? Zum mindesten aber hätten wir es langsamer, vorsichtiger anfangen müssen. So haben wir von Anfang bis zu Ende die Tragödie .Über unsere Kraft' aufgeführt . . . ich habe früher diese tragische Stimmung gekannt als ihr. Dafür mußte ich mir vor zwei Jahren von dir gefallen lassen, Flaumacher gescholten zu werden . . . Euer Handeln nun war primär bestimmt durch die Illusion unerreichbarer Kriegsziele. Unser Handeln aber war primär immer bestimmt durch den Zwang der Lage, durch die nüchterne Einschätzung der Machtmittel hüben und drüben." 29 Diese Auseinandersetzung zwischen den beiden bürgerlichen Kontrahenten über die Hauptrichtungen der imperialistischen Politik während des ersten Weltkrieges und der Nachkriegszeit endet scheinbar ohne ein reales Ergebnis. „Unbekehrt scheiden du und ich aus diesem Gespräche . . ." 3 0 stellt Reinhold zum Schlüsse fest. Aber längst zuvor wurde die große gemeinsame Klammer, welche die Eberhards und die Reinholds, die Anhänger der Dolchstoßlegende genauso wie ihre Gegner im Lager der Bourgeoisie und schließlich beide Flügel des deutschen Imperialismus umfaßt, geschaffen. So sagt Reinhold, der als Sinnbild für die Auffassungen Meineckes betrachtet werden kann, bereits zu Beginn des Gesprächs gewissermaßen als selbstverständliche Voraussetzung: „Wir werden uns trotzdem gegen den Bolschewismus zum Kampf auf Tod und Leben zusammenfinden"! 31 Mit diesem Bekenntnis zum gemeinsamen Kampf gegen die revolutionäre marxistisch-leninistische Arbeiterbewegung wurde die Brücke geschlagen und der große zentrale Gegensatz in den Vordergrund der politischen Auseinandersetzungen - auch um die Dolchstoßlegende - gestellt. Das Wesen der bürgerlichen Einwände gegen die Dolchstoßlegende und das „Körnchen Wahrheit", das Meinecke immer in ihr gesehen hat 32 , ist sichtbar geworden. Meinecke war zwar 27

Ebenda, S. 109, 127.

28 Ebenda, S. 130, 131, 138. 29 Ebenda, S. 129, 130, 141. 30

Ebenda, S. 143.

31

Ebenda, S. 113.

32

Meinecke,

Friedrich,

Die Revolution. Ursachen und Tatsachen. In: Handbuch

des Deutschen Staatsrechts, Bd. 1, Tübingen 1930, S.

m .

go

Kapitel I V . Streit um die Dolchstoßlegende

ein Gegner des Dolchstoßlegende, aber nur um ihrer extremen Erscheinungsformen willen. Er vertrat den Standpunkt Friedrich Naumanns, daß die „Bolschewiki" in Deutschland mit Hilfe der „Menschewiki" bekämpft werden müßten. 33 Von den Verteidigern der Dolchstoßlegende im engeren Sinne unterschied ihn vornehmlich die Erkenntnis, daß eine Fortsetzung des Krieges im Herbst 1918 militärisch aussichtslos war, nicht aber die Verurteilung und Diffamierung des revolutionären Kampfes gegen Imperialismus und Krieg. Seine „Objektivität" in der Beurteilung der Novemberrevolution fand ihre Grenze im Haß auf den „Bolschewismus''. Genau wie unter den Anhängern der Dolchstoßlegende, so spielten auch im Lager ihrer bürgerlichen und sozialdemokratischen Gegner die Memoiren führender Politiker aus der Zeit des Kaiserreiches eine bedeutende Rolle. In diesem Zusammenhang seien lediglich die Erinnerungen Matthias Erzbergers, Friedrich v. Payers und schließlich Prinz Max v. Badens erwähnt. Erzberger hat in seinem bereits 1920 erschienenen Buche „Erlebnisse im Weltkriege" ausführlich die Motive seiner Politik dargelegt und die militärische Niederlage in den Vordergrund gerückt. 34 Payer - ehemals Vizekanzler in den Regierungen Graf Hertling und Prinz Max v. Baden - legte das Hauptgewicht bei der Erklärung des Zusammenbruches auf die Mißstände des kaiserlichen Regimes sowie auf die Unfähigkeit und die Fehler der führenden Kreise.35 Den bedeutendsten Beitrag zur Rechtfertigung der Politik des sich liberal nennenden Flügels der deutschen Bourgeoisie vom Standpunkt eines ehemals verantwortlichen Politikers hat ohne Zweifel Prinz Max v. Baden geliefert. Seine Erinnerungen, bei deren Niederschrift ein ganzer Mitarbeiterstab - darunter Kurt Hahn und Hermann Oncken - zur Verfügung gestanden hatte, erschienen jedoch erst 1927.36 Sie haben deshalb auf den Streit um die Dolchstoßlegende keinen großen Einfluß mehr ausgeübt. Ihre Bedeutung bestand auch ohnehin weniger in der Entwicklung einer neuen Konzeption als in der zusammenhängenden Darstellung und Rechtfertigung der Politik des letzten Reichskanzlers unter Wilhelm II. Insgesamt wurde in diesen Veröffentlichungen konsequent das Ziel verfolgt, die ehemalige Reichstagsmehrheit und die Politik der Regierung des Prinzen Max v. Baden von jeglicher Verantwortung für die militärische Niederlage zu befreien und die Schuld entweder den objektiven Umständen oder den Fehlern der Obersten Heeresleitung beziehungsweise des ganzen kaiserlichen Regimes zu übertragen. Eine Anklage gegen den deutschen Imperialismus sucht man - wie nicht anders zu erwarten war - vergebens. Das Offizierskorps war in den Kreisen, die Einwände gegen die Dolchstoßlegende erhoben, sehr schwach vertreten. Eine Ausnahme bildete General Groener, der 33 Meinecke, Friedrich, 34

Politische Schriften und Reden, Darmstadt 1958, S. 332.

Erzberger, Mfatthias],

35 Payer, Friedrich,

Erlebnisse im Weltkrieg, Stuttgart/Berlin 1920.

V o n Bethmann Hollweg bis Ebert. Erinnerungen und Bilder,

Frankfurt a. M. 1923. 36

Max, 1927.

Prinz

v. Baden,

Erinnerungen und Dokumente,

Stuttgart/Berlin/Leipzig

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durch die mit der Dolchstoßlegende verbundenen Angriffe auf seine eigene Person immer mehr in das Lager der Weimarer Koalitionsparteien gedrängt wurde. Seine Hauptanliegen waren, die Niederlage im ersten Weltkrieg als eine Ermattung infolge der Ubermacht der Entente und der Blockade zu erklären 37 und die Bedeutung seines Bündnisses mit Ebert für die Erhaltung der kapitalistischen Gesellschaftsordnimg herauszuarbeiten. Diese letztgenannte Absicht Groeners, der übrigens dem Kreis um Delbrück sehr nahestand, hat in den Jahren der Weimarer Republik vornehmlich in Zeugenaussagen im Rahmen politischer Prozesse um die Dolchstoßlegende ihren Ausdruck gefunden. So machte er sich 1 9 2 5 vor dem Münchener Gericht ausdrücklich den Vorwurf, daß er den Vorschlag Eberts vom 6. November 1 9 1 8 zur Rettung der Monarchie durch die freiwillige Abdankimg des Kaisers nicht aufgegriffen und sein Abkommen mit der sozialdemokratischen Parteiführung erst nach dem Sturz Wilhelms II. abgeschlossen hatte. 38 Eine Sonderstellung unter den deutschen Militärkritikern nahm auch General Otto v. Moser ein. E r kam zeitweilig den Auffassungen Delbrücks und den Bedenken Schwertfegers nahe. Das beweist sein 1 9 2 5 erschienenes Buch „Ernsthafte Plaudereien über den Weltkrieg". Moser kritisierte vornehmlich die militärische Führung durch Ludendorff und machte sie zusammen mit den deutschen Kriegszielen, die seiner Meinung nach zu weit über die militärische Kraft der Mittelmächte hinausgingen, für die Niederlage im ersten Weltkrieg verantwortlich. Aus diesem Grunde behauptete er auch, ein Gegner der Dolchstoßlegende zu sein, deren sachliche Berechtigung er allerdings gegenüber der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei und gegenüber der Spartakusgruppe anerkannte, die er aber aus Gründen des unbedingt gebotenen „Zusammenschluß aller deutschen Volksteile zum gemeinsamen Wiederaufbau des zerschlagenen deutschen Staatswesens" für verderblich hielt. 39 E s ist sehr interessant, daß sich in den Anschauungen von Moser im Jahre 1 9 2 5 als inmitten der relativen Stabilisierung sein Buch „Ernsthafte Plaudereien über den Weltkrieg" erschien - bis zum Jahre 1 9 3 1 - als er in der Krise der Weimarer Republik sein Buch „Die obersten Gewalten im Weltkrieg" veröffentlichte eine deutliche Wandlung feststellen läßt. Die Angriffe auf die Oberste Heeresleitung treten hinter dem „Versagen der deutschen Reichskanzler in der Rolle als politische Führer und als Mitkämpfer für den Sieg" zurück. 40 Die alte Konzeption Mosers, nach der die Persönlichkeiten des Staatsmannes und des Feldherrn im 37

38

39

40

Groener, Wilhelm, Der Weltkrieg und seine Probleme. Rückschau und Ausblick, Berlin 1920. Herzfeld, Hans, Die deutsche Sozialdemokratie . . ., a. a. O., Dokumentenanhang, S. 380/381. Moser, Otto v., Ernsthafte Plaudereien über den Weltkrieg, Stuttgart 1925, S. 380, 408/409. Moser, Otto v., Die obersten Gewalten im Weltkrieg. Das Werk der Staatsmänner, Heerführer, Parlaments-, Presse- und Volksführer bei der Entente und bei den Mittelmächten, Stuttgart 1931, S. 287.

92

Kapitel I V . Streit um die Dolchstoßlegende

Kriege den Ausschlag geben, wurde mit zwei höchst bedeutsamen Forderungen verknüpft: einmal mit dem Ruf nach einem „Retter" in Form eines Diktators, denn - so schließt das Buch - „Dies Volk ist irr, und irr der Hohe Rat", und zum anderen mit dem Ruf nach einer „Organisation der obersten Gewalten" als Vorbereitung für den Zukunftskrieg. 41 Es liegt auf der Hand, daß Moser ein sehr seltsamer Gegner der Dolchstoßlegende war. Seine politischen Ziele stimmten mit denen ihrer Anhänger weitgehend überein. Seine Vorbehalte gegen die Dolchstoßlegende erklären sich nicht zuletzt aus seiner idealistischen Überschätzung der „Männer", die angeblich „die Geschichte machen", und aus seiner damit verbundenen Verachtung der Volksmassen, denen er - wie viele Vertreter und Kritiker der Dolchstoßlegende - einen geschichtsbestimmenden Einfluß absprach. Sie erklären sich aber vor allem aus der Erkenntnis Mosers, daß der „Geist von 1 9 1 4 " die unabdingbare Voraussetzung für einen erfolgversprechenden - von ihm heiß ersehnten und propagierten Revanchekrieg bildete. Unter den Universitätsprofessoren, die der Dolchstoßlegende vom bürgerlichen Klassenstandpunkt aus entgegentraten, seien außer Delbrück und Meinecke noch Troeltsch, Bergsträsser, Valentin und Hobohm genannt. Ernst Troeltsch, Professor für Philosophie und Theologie an der Berliner Universität und Freund Delbrücks, gehörte zu den führenden Vertretern des liberalisierenden Flügels der deutschen Bourgeoisie und war auch als Abgeordneter der Demokratischen Partei politisch tätig. Er war einer der ersten, welche die Grundkonzeption der Weimarer Koalitionsparteien gegenüber der Dolchstoßlegende entwickelten und den Zusammenbruch des Kaiserreiches aus der militärischen Niederlage ableiteten.42 Diese Einschätzung verband Troeltsch mit einer Anerkennung der Politik, die von der sozialdemokratischen Parteiführung während der Novemberrevolution betrieben wurde, und mit dem für seinesgleichen obligatorischen Haß auf den Bolschewismus und die revolutionäre Arbeiterbewegung.43 Ludwig Bergsträsser ist in erster Linie im parlamentarischen Untersuchungsausschuß und in seiner „Geschichte der politischen Parteien" mit Argumenten gegen die Dolchstoßlegende aufgetreten.44 E r legte besonderen Wert auf den Nachweis der militärischen Niederlage und des Stimmungsverfalls an der Front. Auch Veit Valentin hat grundsätzlich nichts Neues gegen die Dolchstoßlegende vorgebracht. Er zeichnete sich 41

Ebenda, S. 294.

42

Troeltsch, Ernst, Spektator-Briefe. Aufsätze über die deutsche Revolution und die Weltpolitik 1918/22. Mit einem Geleitwort von Friedrich Meinecke. Zusammengestellt und herausgegeben von H. Baron, Tübingen 1924, S. 1.

43

Ebenda. Vgl. besonders den rückschauenden Aufsatz vom 12. 1 1 . 1920 unter dem Titel „ D a s Reich nach dem Zusammenbruch und der Gang der Revolution", S. 1 3 ff.

44

Die Ursachen des Deutschen Zusammenbruchs im Jahre 1918, Bd. 4 und 5. Bergsträsser, L[udwig], Geschichte der politischen Parteien in Deutschland, 5. verbesserte Auflage, Mannheim/Berlin/Leipzig 1928.

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vornehmlich durch heftige Angriffe auf Ludendorff aus.45 Eine bedeutende Rolle in der Auseinandersetzung mit der Dolchstoßlegende spielte der Militärhistoriker und Schüler Delbrücks Martin Hobohm. Obwohl auch er sich von jeglicher revolutionären Aktion distanzierte, so hielt er doch der Dolchstoßlegende die Feststellung entgegen, daß die alldeutschen Kriegsziele und die sozialen Mißstände im Heer entscheidend zur Niederlage im ersten Weltkrieg beigetragen hatten.46 Außerhalb dieses Kreises verdienen der Amtsgerichtsrat und Pazifist Dr. Ludwig Herz und der Abgeordnete Dr. Eugen Fischer Beachtung. Beide waren Vertreter der Demokratischen Partei und als Geschäftsführer beziehungsweise als Generalsekretär des gesamten parlamentarischen Untersuchungsausschusses tätig. Herz ist später als Gutachter im vierten Unterausschuß über die Ursachen des deutschen Zusammenbruches im Jahre 1918 und zusammen mit Fischer im Münchner Dolchstoßprozeß aufgetreten. Sein umfangreiches Gutachten über „Geschichte, Sinn und Kritik des Schlagwortes vom .Dolchstoß'" enthält viel wertvolles Material über die Entstehung der Dolchstoßlegende und zur Bekämpfung ihrer gegen die Weimarer Koalitionsparteien gerichteten Erscheinungsformen.47 Gleich Fischer hat er auch im Münchner Dolchstoßprozeß scharfe Worte gegen die Dolchstoßlegende gefunden und dadurch den Eindruck eines entschiedenen Gegners erweckt. Betrachtet man jedoch seine Ausführungen genauer, so stellt sich heraus, daß Herz ebenso wie Fischer die diffamierenden Argumente der Dolchstoßlegende gegenüber der revolutionären Arbeiterbewegung aufrechterhielt und seine bürgerlich-pazifistische Argumentation keineswegs mit einer prinzipiellen Verurteilung der Kriegspolitik des deutschen Imperialismus verband. Mehr noch als die Vertreter der Demokratischen Partei fühlte sich die Führung der Sozialdemokratischen Partei durch die Dolchstoßlegende angegriffen. Sie bekam die Wirkung dieser gefährlichen Propagandawaffe im politischen Tageskampf auch mit besonderer Schärfe zu spüren. Ihre Verteidigung erfolgte ganz im bürgerlichen Sinne. Sie bemühte sich, die Revolution als Folge des militärisch verlorenen Krieges darzustellen, und leugnete in den meisten Fällen die Wirkung und Bedeutung des revolutionären Kampfes gegen Imperialismus und Krieg. Von einer grundsätzlichen Zurückweisung der Dolchstoßlegende als einer Verfälschung der nationalen Interessen des deutschen Volkes kann bei der sozialdemokratischen Parteiführung schon deshalb keine Rede sein, weil sie mit ihrer Zustimmung zu den Kriegskrediten am 4. August 1914 offen in das Lager der 45

46

47

7

Valentin, Veit, Deutschlands Außenpolitik von Bismarcks Abgang bis zum Ende des Weltkrieges, Berlin 1921, S. 381 ff. Hobohm, Martin, Untersuchungsausschuß und Dolchstoßlegende. Eine Flucht in die Öffentlichkeit, Charlottenburg 1926. Hobohm, Martin, Soziale Heeresmißstände als Teilursache des deutschen Zusammenbruchs von 1918. In: Die Ursachen des Deutschen Zusammenbruchs im Jahre 1918, Bd. 1 1 , T. 1. Die Ursachen des Deutschen Zusammenbruchs im Jahre 1918, Bd. 6, S. 99—248. Ergänzung: Ebenda, Bd. 5, S. 35—132. Petzold, Dolchstoßlegende

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Bourgeoisie übergegangen war und entscheidend zur blutigen Niederschlagung der revolutionären Aktionen des deutschen Proletariats beigetragen hatte. Der sozialdemokratischen Parteiführung ging es vielmehr um den Nachweis, daß sie entschieden für den Krieg eingetreten war, daß dadurch eine jahrelange Kriegführung überhaupt erst möglich wurde und daß sie schließlich in der Novemberrevolution die Junker und Großkapitalisten „vor dem Bolschewismus" gerettet hatte. Sie stand vor der schwierigen Aufgabe, ihre gelegentlichen revolutionären und antimilitaristischen Phrasen gleichzeitig vor der Bourgeoisie als Demagogie und vor der Arbeiterklasse als Ausdruck echter Opposition zu charakterisieren. Als führender Vertreter der Sozialdemokratischen Partei bemühte sich besonders Philipp Scheidemann in seinem 1921 erschienenen Buch „Der Zusammenbruch", den - wie er schreibt - „völlig unpolitischen Ursprung des 9. Novembers" nachzuweisen.48 Aus seinen Schilderungen soll hervorgehen, „daß der Zusammenbruch des Reichs geradezu unvermeidlich kommen mußte als Folge des Krieges, und daß alles, was nach dem Zusammenbruch kam, sich mehr oder weniger zwangsläufig vollzogen hat." 4 9 „Die ganze Schuld (! - J. P.) für den 9. November" trifft nach seiner Meinung die herrschenden Kreise, „die allen Warnungen zum Trotz innen- und außenpolitisch in tragischer (! - J. P.) Blindheit verharrten, bis es endgültig zu spät war; die keine andern Mittel (! - J. P.) als die rohester Gewalt nach innen und außen kannten." 50 Diese offene Distanzierung Scheidemanns von der Novemberrevolution, diese Diskriminierung der revolutionären Aktionen als spontane Folgen der militärischen Niederlage, diese Anbiederungen und Empfehlungen an die Bourgeoisie entsprachen voll und ganz dem Geiste des Opportunismus und Chauvinismus in der Arbeiterbewegung und der praktischen Politik der sozialdemokratischen Parteiführung. Die Polemik Scheidemanns gegen die Dolchstoßlegende, die im Reichstag ihren rhetorischen Höhepunkt fand, diente vor allem einer Rechtfertigung der sozialdemokratischen Politik vor der Bourgeoisie. Ähnlich wie Scheidemann bemühte sich auch Eduard Bernstein in seinem Buch über die Novemberrevolution, die Bedeutung der revolutionären Bewegung für die Niederlage des deutschen Imperialismus in militärischer und politischer Hinsicht zu verringern. Er betonte ausdrücklich, daß der Krieg für Deutschland nicht verloren gegangen sei, weil die Soldaten infolge einer revolutionären Agitation versagten, sondern weil sie den Krieg für verloren erkannten. 51 Ein anschauliches Beispiel für den sozialdemokratischen Standpunkt gegenüber der Dolchstoßlegende ist schließlich eine 1921 und 1922 wiederholt aufgelegte Broschüre des ehemaligen Reichsministers Dr. Adolf Koester unter dem vielver48

Scheidemann,

Philipp,

Der Zusammenbruch, Berlin 1921, S. 219.

EHA flo rimfleHßypra. O npoßane BoeHHoö HOKTPHHH KaaaepoBCKOÖ TEPMAHHH B 1914—1918rr, MocKBa 1956.

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PERSONENREGISTER

Adenauer, K o n r a d 122, 124 Auer, E r h a r d 107 Bartel, W a l t e r 4 B a r t h , Emil 106 Bauer, G u s t a v Adolf 102 Bauer, Max 51, 52, 60, 63, 68, 73 Below, Georg v. 59 Benedikt XV. 104 Bergsträsser, Ludwig 92 Bernhardi, Friedrich v. 58 Bernstein, E d u a r d 94 B e t h m a n n Hollweg, Theobald v. 10, 29, 4°. 45. 59, 68, 82, 83, 89 Bewersdorff, (Richter) 103 Bismarck, O t t o v. 84 Blücher, Gerhard Leberecht v. 29 Borsig, E r n s t v. 82 Brecht, Bertolt 126 B r e i t h a u p t , Wolfgang 57 Breucker, Wilhelm 27 Brüning, Heinrich 50 Bussche-Haddenhausen, H i l m a r v. d. 34 Claß, Heinrich 9, 86 Clausewitz, K a r l v. 54 Cohn, Oskar 45 Cossmann, P a u l Nikolaus 104—108, 120 Danilow, A. I. 4 David, E d u a r d 102 Deborin, G. A. 4, 16 Delbrück, H a n s 8, 51, 59, 81—87, 9 I _ 9 3 . 95—96, 99, 100, 106, 107, 1 1 3 Dibelius, O t t o 58 D i t t m a n n , Wilhelm 100, 102 E b e r t , Friedrich 24, 42, 66, 69, 101—103, 107, 109

gl,

Egelhaaf, Gottlob 59 Eichhorn, Emil 99 Eisner, K u r t 104 E r d m a n n , K a r l Dietrich 9, 27, 1 1 7 E r n s t , Fritz 73, 118, 1 1 9 Erzberger, M a t t h i a s 38, 50, 57, 59, 69, 90, 104 Eulenburg, B o t h o - W e n d t , Graf zu 100 Fechenbach, Felix 104 Fester; Richard 59 Fischer, F r i t z 10, 17 Fischer-Baling, E u g e n 45, 93, 107 Foerster, Wolfgang 31 Fräser, Lindley 26, 27 Frick, Wilhelm 74 Friedrich I I . 56, 62 Frießner, H a n s 125 Gackenholz, H e r m a n n 125 Gallwitz, Max v. 38 Gansser, E m i l 101, 102 Globke, H a n s 124 Goerdeler, Carl 122 Görlitz, W a l t e r 27, 125 Gothein, Georg 44 Graef, W a l t h e r 103 Graefe, Albrecht v. 44, 50, 74 Groener, Wilhelm 24, 28, 38, 66, 82, 90, 91,102, 107 Groener-Geyer, D o r o t h e a 118 Gruber, Martin 106, 108 G r ü n a u , K u r t F r h r . v. 33 Guderian, Heinz 125 H a a g , H e n r i 6, 15 Haase, H u g o 107 H a e f t e n , H a n s v. 35, 37

Personenregister Hahn, K u r t 82, 90 Haider, Franz 1 2 5 Harnack, Arvid 122 Harnack, Mildred 1 2 2 Haußmann, Conrad 18, 60 Helfferich, K a r l 45, 57 Hentsch, Richard 1 1 6 Hertling, Georg Graf v. xo, 23, 3 1 , 32, 90 Herz, Ludwig 93, 100, 107 Herzfeld, Hans 72—74, 1 1 1 , 1 1 5 — 1 1 7 Heusinger, Adolf 125 Heye, Wilhelm 33 Hindenburg, Paul v. 2, 10, 27, 30—36, 4°. 43, 45. 46, 48. 53. 55. 56. 73, 80, 100, 102, 103, 106, 109 Hintze, Paul v. 30, 3 1 , 53 Hirschberg, Max 106 Hitler, Adolf 55, 60, 67, 74—76, 80, 82, 1 0 1 , 104, 1 1 0 , 1 1 5 , 123—126 Hobohm, Martin 92, 93 Hoegner, Wilhelm 1 0 1 Hofmann, Rudolf 125 Hubatsch, Walther 8, 9, 1 1 5 , 1 1 7 Hugenberg, Alfred 9, 49, 125 Jacobsen, Hans-Adolf 125 Jaeger, Richard 124 Kaehler, Siegfried August 26, 27, 32, 42, 74, 1 1 6 , 1 1 7 , 1 1 9 Kahl, Wilhelm 44, 50 Kapp, Wolfgang 52, 60 Kardorff, Siegfried v. 44 Katzenstein, Simon 100 Keim, August 59, 66 Kirdorf, Emil 9, 125 Koester, Adolf 94, 95, 1 1 5 Krone, Heinrich 124 Krupp v. Bohlen und Halbach, Gustav 9 Kube, Wilhelm 74 Kühlmann, Richard v. 30 Kühl, Hermann v. 63—65, 67, 70, 7 1 , 83,

147 r

Lenin, W. I. 3, 7, 8, 12—14, 8. 19, 80, 95, 98 Lequis, (General) v. 42 Lersner, Kurt Frhr. v. 33, 36 Levetzow, Magnus v. 105 Liebig, Hans Frhr. v. 40, 59 Liebknecht, Karl 3, 12, 14, 15, 24, 28, 67, 69, 98, 105, xo6, 1 1 0 , 1 1 6 , 1 1 7 Ludendorfi, Erich 2, 10, 18, 23, 26, 27, 3 0 - 3 8 , 40, 4 3 - 4 6 , 48, 5 1 - 5 6 , 60, 63, 68, 69, 73, 74, 83-86, 9 1 , 93, 96, 97, 99, 100, 104, 1 1 4 , 1 1 6 , 1 1 7 , 125, 126 Lüttwitz, Walther v. 60 Luxburg, Graf v. 105 Luxemburg, Rosa 3, 12, 14, 103, 1 1 6 Malcolm, Sir Neill 26, 27, 53, 1 1 7 Manstein, Erich v . 125 Maurice, Sir Frederick 25, 26, 28 Max, Prinz v. Baden 2, 23, 24, 33, 35, 3 7 - 3 9 . 50, 54. 57. 59. 61. 63, 65, 6 8 - 7 0 , 80, 82, 83, 85, 88, 90, 96, 97, 1 1 4 Mehring, Franz 3, 14, 81 Meinecke, Friedrich 41, 82, 87—89, 92, 116 Melnikow, D. J . 124 Meyer, Karl W. 1 1 7 Moltke, Helmuth Graf v. 29, 84, 1 1 6 Moser, Otto v . 9 1 , 92 Müller (Meiningen), Ernst 41 Müller-Franken, Hermann 102 Müller, Richard 106 Mudra, Bruno v. 38 Napoleon I. 58 Naumann, Friedrich 90 Nicolai, Walter 105 Niemann, Alfred 57 Nikolaus II. 14 Northclifife, Alfred Ch. W. 43 Noske, Gustav 60, 102, 107

85, 99, 100, 105, 107, 1 1 6 Kuttner, Erich 106

Oncken, Hermann 90 Ossietzky, Carl v. 98

Landsberg, Otto 106 Leipart, Theodor 107

Payer, Friedrich v. 37, 90 Pestalozza, Graf v. 107

Personenregister

148 Philipp, Albrecht 45 Pieck, Wilhelm 3, 15, 19, 20 Reventlow, E r n s t Graf zu 105 Rieker, Karlheinrich 125 Ritter, Gerhard 122, 123 Roeder, Manfred 122 Roedern, Siegfried Graf v. 82 Röhm, E r n s t 74 Rohrbach, Paul 82 Rosenberg, Alfred 75 Rosenberg, A r t h u r 95, 100 R o t h a r d t , Erwin 101, 102 Rudel, Hans-Ulrich 123 Rudolph, Ludwig R i t t e r v. 120 Rupprecht, Kronprinz v. Bayern 35, 63, 99 Sastawenko, G. F. 4, 16 Schacht, H j a l m a r 82 Schäfer, Dietrich 59 Scheidemann, Philipp 44, 59, 69, 94, 102, 107 Scheüch, Heinrich 82 Schließen, Alfred Graf v. 18, 112, 116 Schotte, Walther 83 Schreiner, Albert 4 Schröder, Heinz 1 1 5 Schulenburg, Friedrich Graf v. der 39 Schulze, Wilhelm 41 Schulze-Boysen, H a r r o 122 Schwertfeger, Bernhard 26, 31, 60—63, 65, 91, 99, 100, 107 Seeberg, Reinhold 41 Siemens, Carl Friedrich v. 82 Simons, Walter 82 Solf, Wilhelm 35, 82 Stegemann, Richard 18

Stern, Leo 4 Stinnes, H u g o 9, 52 Strassner, Peter 124 Stresemann, Gustav 43, 50 Telpuchowski, B. S. 4, 16 Thälmann, E r n s t 3 Thaer, Albrecht v. 32, 36 Tippeiskirch, K u r t v. 125 Tirpitz, Alfred v . 56, 84 Traub, Gottfried 44 Troeltsch, E r n s t 41, 82, 92 Trotha, Adolf v. 99, 105 Tschiang Kai-schek 52 Tucholsky, K u r t 98 Ulbricht, Walter 3, 4 Valentin, Veit 92 Volkmann, Erich Otto 65-67, 7 1 - 7 3 , 88, 100, 107, 108 Weber, Marianne 18 Weber, Max 18 Welles, Sumner 67 Wels, O t t o 102, 107 W e r m u t h , Adolf 42 Westarp, K u n o Graf v. 39, 57 Wheeler-Bennett, John W. 27, 53 Wilhelm I I . 22, 23, 32, 33, 37~39, 52, 57, 61, 62, 90, 91 Wilhelm, Kronprinz 39, 57 Wilson, Woodrow 31, 3 3 - 3 6 , 38, 39, 53 69, 117 Winterfeldt, Detlof v. 50 Wolfradt, Willi 98 Wrisberg, E r n s t v. 57, 66, 103 Würz, (Major) 33, 39 Zwehl, H a n s v. 62—64

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