Der Patentschutz biotechnologischer Erfindungen: Das koreanische Patentrecht im Rechtsvergleich mit deutschem und europäischem Patentrecht [1 ed.] 9783428516162, 9783428116164

Der Verfasser erläutert den Patentschutz biotechnologischer Erfindungen sowie das koreanische Patentrecht im Rechtsvergl

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German Pages 321 Year 2005

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Der Patentschutz biotechnologischer Erfindungen: Das koreanische Patentrecht im Rechtsvergleich mit deutschem und europäischem Patentrecht [1 ed.]
 9783428516162, 9783428116164

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Schriften zum Internationalen Recht Band 148

Der Patentschutz biotechnologischer Erfindungen Das koreanische Patentrecht im Rechtsvergleich mit deutschem und europäischem Patentrecht

Von

Jiyoung Han

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

JIYOUNG HAN

Der Patentschutz biotechnologischer Erfindungen

Schriften zum Internationalen Recht Band 148

Der Patentschutz biotechnologischer Erfindungen Das koreanische Patentrecht im Rechtsvergleich mit deutschem und europäischem Patentrecht

Von

Jiyoung Han

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München hat diese Arbeit im Jahre 2003 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2005 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten (Allgäu) Printed in Germany ISSN 0720-7646 ISBN 3-428-11616-X Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner Frau

Vorwort Die vorliegende Arbeit lag der Juristischen Fakultät der Ludwig-MaximiliansUniversität München im Wintersemester 2003/2004 als Dissertation vor. Das Manuskript wurde im Juli 2003 abgeschlossen; Rechtsprechung und Schrifttum sind bis zu diesem Zeitpunkt berücksichtigt. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Professor Dr. Dr. h.c. mult. Gerhard Schricker, der die Arbeit betreut und die großzügige Förderung durch ein Stipendium am Max-Planck-Institut für Geistiges Eigentum, Wettbewerbsund Steuerrecht (MPI) ermöglicht hat. An dieser Stelle möchte ich ferner dem Geschäftsführer des MPI, Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Joseph Straus, der das Zweitgutachten erstattet und mir als ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet biotechnologischer Erfindungen mit Rat zur Seite gestanden hat, danken. Für die Förderung durch einen Druckkostenzuschuss bedanke ich mich auch bei der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht e. V. in Köln. Ferner möchte ich den Freunden in München danken, die meine Arbeit mit ihrem fachlichen Wissen wesentlich erleichtert haben, vor allem Herrn Dr. iur. Thomas Adam, Herrn Dr. rer. nat. Dipl.-Biol. Norman Klix, Herrn Dr. iur. Ulrich Reber, Herrn Dr. iur. Hideo Niioka und Frau Dr. iur. Catharina Maracke. Ebenso sei Herrn Christopher Heath für seine weitreichende Unterstützung gedankt. Daneben bin ich Herrn Robert Rieck für seine Geduld, das Rohmanuskript zu lesen und zu korrigieren, zu Dank verpflichtet. Von tiefstem Herzen möchte ich mich auch bei meinen vielen Kollegen am MPI bedanken, die mir während der unvergesslichen Zeit am MPI beigestanden haben. Darüber hinaus gilt ein besonderer Dank meiner Frau Junghee Moon für die unermüdliche Unterstützung bei dem langjährigen Aufenthalt in München. München, im Sommer 2004

Ji-Young Han

Inhaltverzeichnis Einleitung

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A. Biotechnologische Erfindungen als Gegenstand des Rechtsschutzes . . . . . .

25

B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Teil Die Naturwissenschaftlichen Grundlagen der Biotechnologie

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A. Geschichtliche Entwicklung der Biotechnologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Geschichte und Anwendungsgebiete der Biotechnologie . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geschichte der Biotechnologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendungsgebiete der Biotechnologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29 29 29 34

B. Grundbegriffe und gegenwärtige Techniken im biotechnologischen Bereich I. Grundbegriffe der Biotechnologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundkenntnisse von der Biotechnologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) DNS und ihre Bedeutung im Lebewesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Struktur der DNS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bedeutung der Entschlüsselung der DNS-Sequenzen . . . . . . . . cc) Mutationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Proteinsynthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) DNS-Rekombination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Grundprinzipien der DNS-Rekombinationstechnik . . . . . . . . . . . cc) Vektoren zur Klonierung von DNS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Isolierung von Genen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Techniken der Biotechnologie zur Untersuchung der genetischen Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wichtige Techniken der Biotechnologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Traditionelle Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Elektrophorese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Enzymatische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Blotting-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36 36 36 37 38 38 39 39 40 41 41 41 42 43 45 45 46 46 46 46 47

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Inhaltsverzeichnis (1) Southern-Blotting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Northern-Blotting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Sonstige Hybridisierungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Moderne Verfahren zur Gewinnung der DNS-Kopien . . . . . . . . . . . . aa) Polymerasekettenreaktion, polymerase chain reaction-(PCR)Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anwendungsbereich der PCR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Im Medizinbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) In der Evolutionsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) In der Mutagenesis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) In der Kriminaldiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) DNS-Chip-Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47 48 48 48

C. Analyse des menschlichen Genoms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gentherapeutische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Arten der Gentherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Somatische Gentherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keimbahntherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Probleme der Gentherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zukunft der Gentherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gewinnung der Stammzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff der Stammzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gewinnung von Stammzellen des Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Embryonale Stammzellen (ES-Zellen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Embryonale Keimzellen (Embryonic Germ Cells: EG-Zellen) cc) Gewebespezifische Stammzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Techniken im Human Genom Projekt (HGP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Techniken zur Entschlüsselung des menschlichen Genoms . . . . . . . . . . . 3. Forschungsergebnis des Human Genom Projekts (HGP) . . . . . . . . . . . . .

53 53 54 54 55 55 56 56 58 58 58 59 59 59 59 60 60 61 62

48 48 49 49 50 50 53 53

2. Teil Der Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea A. Die historische Entwicklung des rechtlichen Schutzes biotechnologischer Erfindungen in Korea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Entstehung des gewerblichen Rechtsschutzes in Korea . . . . . . . . . . . . . 1. Die Geschichte des koreanischen Patentrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis 2. Die rechtshistorische Entwicklung des Patentschutzes biotechnologischer Erfindungen in Südkorea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsquellen zum Schutz biotechnologischer Erfindungen in Südkorea . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesetz zur Förderung der Biotechnologie („Saengmyeong Gonghak Yukseong Beop“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ethische Fragen bezüglich Biotechnologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Entwürfe der politischen Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Entwürfe der Regierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Saatgutindustriegesetz („Jongja Saneopbeop“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zweck und Schutzvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schutz der Pflanzenzüchter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Unterschiede zwischen dem Sorten- und Patentschutz . . . . . . . . . . . 4. Die koreanische Biotechnologierichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inhalte der KBioRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Revision der KBioRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Schutz der Erfindungen in Südkorea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 II. Der patentrechtliche Begriff der „Erfindung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 a) Anwendung eines Naturgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 b) Schöpfung des technischen Gedankens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 c) Erfindungshöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 2. Abgrenzung zwischen Erfindung und Entdeckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 b) Abgrenzung im Bereich biotechnologischer Erfindungen . . . . . . . . . 92 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 III. Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Südkorea . . . . . . . . . . . . . . 94 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 2. Patentschutz biotechnologischer Erfindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 a) Tiererfindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 b) Pflanzenerfindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 c) Erfindungen bezüglich des Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 d) Mikrobiologische Erfindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 e) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 IV. Fragen in Bezug auf die Patentierbarkeit der Gensequenzen . . . . . . . . . . . . 102 1. ESTs und SNPs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

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Inhaltsverzeichnis 2. Patentierbarkeit des menschlichen Körpers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 3. Reproduktionstechnik von Humanmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

C. Voraussetzungen für die Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen in Korea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Neuheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Neuheit im koreanischen Patentrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Neuheit biotechnologischer Erfindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Erfinderische Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erfinderische Tätigkeit im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erfinderische Tätigkeit biotechnologischer Erfindungen . . . . . . . . . . . . . IV. Gewerbliche Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gewerbliche Anwendbarkeit im Patentrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gewerbliche Anwendbarkeit biotechnologischer Erfindungen . . . . . . . . V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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D. Nicht patentierbare Erfindungen im Rahmen des Patentrechts . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Nicht patentierbare Erfindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Öffentliche Ordnung und gute Sitten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gesundheit der Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Nicht patentierbare Erfindungen im biotechnologischen Bereich . . . . . . . . 1. Nicht patentierbare Erfindungen in der KBioRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ethische Fragen biotechnologischer Erfindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vereinbarkeit des Patentrechts mit dem Entwurf des Gesetzes über Lebensethik und -sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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E. Schutzbereich des Patents in Korea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schutzbereich im koreanischen Patentgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schutzbereich des Patents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beschränkungen der Schutzwirkung des Patents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwangslizenz des Patents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Schutzbereich biotechnologischer Erfindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

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3. Teil Der Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Deutschland und in der Europäischen Gemeinschaft im Vergleich zu deren Patentschutz in Korea A. Die historische Entwicklung des rechtlichen Schutzes biotechnologischer Erfindungen in Deutschland und Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeine Rechtsentwicklung in Europa und in Deutschland . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Rechtsentwicklung vor dem ersten Patentgesetz . . . . . . . . . 2. Allgemeine patentrechtliche Entwicklung seit dem Mittelalter . . . . . . . 3. Allgemeine Rechtsentwicklung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Patentrechtsentwicklung der internationalen und europäischen Verträge . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Internationale Verträge über Patentschutz für biotechnologische Erfindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Internationale Verträge über Patentschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) PVÜ (Pariser Verbandsübereinkunft) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) PCT (Internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) CBD (Convention on Biological Diversity) . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) TRIPS (Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums; Trade-related Aspects of Intellectual Property Rights) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) PLT (Patent Law Treaty) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) UPOV-Übereinkommen über Schutz der Pflanzenzüchtungen . . . . . c) Budapester Vertrag über den Schutz der Mikroorganismen . . . . . . . d) Internationaler Schutz für Tiererfindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Europäische Verträge bezüglich des Patents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Straßburger Übereinkommen zur Vereinheitlichung gewisser Begriffe des materiellen Rechts der Erfindungspatente von 1963 . . . . c) Europäisches Patentübereinkommen (EPÜ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gemeinschaftspatentübereinkommen (GPÜ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schutz biotechnologischer Erfindungen im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verordnung (EG) Nr. 2100/94 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verhältnis der EGSVO zum UPOV-Übereinkommen . . . . . . . . . cc) Verhältnis des Sortenschutzes zum Patentschutz . . . . . . . . . . . . . dd) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

140

140 140 140 141 144 147 147 149 149 149 150 151

152 153 153 156 157 158 158 158 160 161 164 164 165 165 166 167 168

14

Inhaltsverzeichnis c) EG-Gentechnikrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) EG-Systemrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) EG-Freisetzungsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kurze Geschichte der EU-Biorichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsgrundlage und Zweck der EU-Biorichtlinie . . . . . . . . . . . cc) Einsprüche gegen die EU-Biorichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Entscheidung des EuGH über die Einsprüche . . . . . . . . . . . . . . . ee) Anpassung der EU-Biorichtlinie an das EPÜ . . . . . . . . . . . . . . . e) Übereinkommen in Bezug auf Tiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der rechtliche Schutz biotechnologischer Erfindungen in Deutschland . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Rechtsordnung der biotechnologischen Erfindungen . . . . . . . . . . . . a) Gesetz zur Regelung der Gentechnik (Gentechnikgesetz) . . . . . . . . . b) Embryonenschutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verhältnis zum Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verhältnis zum Patentgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sortenschutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kurze Geschichte der Pflanzenzüchtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verhältnis des Sortenschutzes zum Patentschutz . . . . . . . . . . . . cc) Verhältnis des Sortenschutzes zur EU-Biorichtlinie . . . . . . . . . . d) Umsetzungsentwurf der EU-Biorichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B. Erfindungen und Patentierbarkeitsvoraussetzungen im biotechnologischen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Erfindungen im biotechnologischen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erfordernis der „Erfindung“ im biotechnologischen Bereich . . . . . . . . . a) Technischer Charakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wiederholbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Patentierbarkeit der Erfindungen bezüglich lebendiger Materie . . . . . . 3. Abgrenzung der Entdeckung gegenüber der Erfindung . . . . . . . . . . . . . . III. Patentierbarkeitsvoraussetzungen biotechnologischer Erfindungen . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Neuheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stand der Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Neuheitsschonfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Neuheit im Bereich biotechnologischer Erfindungen . . . . . . . . . . . . .

169 169 170 171 173 173 173 177 178 179 180 181 182 182 186 186 189 189 192 193 195 195 197 201 204 207 207 208 208 208 212 214 219 221 221 222 222 223 224 225

Inhaltsverzeichnis

15

3. Erfinderische Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erfinderische Tätigkeit i. S. d. Patentrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erfinderische Tätigkeit biotechnologischer Erfindungen . . . . . . . . . . 4. Gewerbliche Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gewerbliche Anwendbarkeit im europäischen und deutschen Patentrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Begriff der gewerblichen Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausschluss therapeutischer und diagnostischer Verfahren von der Patentierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gewerbliche Anwendbarkeit biotechnologischer Erfindungen

227 227 227 228 229 229

C. Ausnahmen von der Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verstoß gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Öffentliche Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gute Sitten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Sittenverstoß im Rahmen des Patentrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verfahren zum Klonen von menschlichen Lebewesen . . . . . . . . . . . . b) Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität der Keimbahn des menschlichen Lebewesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität von Tieren . . 5. Der menschliche Körper und seine Bestandteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Patentschutz des menschlichen Körpers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Patentschutz der Bestandteile des menschlichen Körpers . . . . . . . . . 6. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Pflanzensorten, Tierarten und mikrobiologische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pflanzensorten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Begriff der Sorte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Patentierbarkeit der transgenen Pflanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Tierarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Patentierung der transgenen Tiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die im Wesentlichen biologischen Züchtungsverfahren von Pflanzen und Tieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

236 236 238 238 240 242 246 246

230 230 231 233

248 249 251 252 252 253 254 256 259 259 260 260 262 263 265 266 266 267 270 271

16

Inhaltsverzeichnis 5. Patentierung von mikrobiologischen Verfahren und deren Erzeugnissen 273 6. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275

D. Offenbarung und Hinterlegung biotechnologischer Erfindungen . . . . . . . . . 277 I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 II. Offenbarung und Hinterlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 E. Der Schutzbereich des Patents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schutzumfang im allgemeinen Patentschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Äquivalenzlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausnahmen von der Monopolisierung des Patents . . . . . . . . . . . . . . . III. Schutzumfang in den biotechnologischen Erfindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz über den Schutzumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkung des Schutzumfangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausnahmeregelung für Landwirte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Pflanzliches Vermehrungsmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tierisches Vermehrungsmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwangslizenz zur Erlangung und Nutzung eines Sortenschutzrechts . .

281 281 282 283 285 287 287 289 290 290 291 291

4. Teil Schlussbemerkungen und Ausblick

294

A. Rechtsvergleichende Zusammenfassung und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 B. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Die DNS-Doppelhelix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

Abbildung 2: Grundlagen des Klonierens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

Abbildung 3: Das Prinzip der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) . . . . . . . . . . . . . . . .

51

Abbildung 4: Grundlagen der DNS-Chip-Technologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

Abbildung 5: Definition der SNP und ihre Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

Abkürzungensverzeichnis A a. A. a. a. O. ABl. ABl. EPA Abs. AcP AIPPI

Adenin anderer Ansicht an angegebenem Ort Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Amtsblatt des Europäischen Patentamts Absatz Archiv für die civilistische Praxis Association Internationale pour la Protection de la Propriété Industrielle a. M. anderer Meinung Anh. Anhang Anm. Anmerkung Ann.Clin.Biochem. Annual Review of Clinical Biochemistry AO EPÜ Ausführungsordnung zum Übereinkommen über die Erteilung Europäischer Patente v. 5. 10. 1973 zuletzt geändert durch den Beschluss des Verwaltungsrats der Europäischen Patentorganisation v. 13. 10. 1999 Art. Artikel Aufl. Auflage AV Ausführungsverordnung Bd. Band betr. betreffend BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen BioPatG (Entwurf) Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen (Entwurf) BlPMZ Blatt für Patent-, Muster- und Zeichenwesen bp Basenpaare BPatG Bundespatentgericht BPatGE Entscheidungen des Bundespatentgerichts BRD Bundesrepublik Deutschland BR-Drs. Bundesrats-Drucksache BT-Drs. Bundestags-Drucksache Buchst. Buchstabe

Abkürzungsverzeichnis BV BVerfG BVerfGE bzw. C CAFC CCPA cDNS COPAC dass. DB ders. d.h. Diss. DNS Dok. DPA DPatG DPMA DRP dt. EC Ed. EG EGSVO EGV Einl. EIPR EMRK

EPA EPA-E EPA-Richtl. EPC EPO

19

Budapester Vertrag über die internationale Anerkennung der Hinterlegung von Mikroorganismen Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise Cytosin Court of Appeals for the Federal Circuit Court of Customs and Patent Appeals copy DNS (complementary Deoxyribonukleinsäure; zu RNS-Abschnitt komplementärer DNS-Einzelstrang) Gemeinsames europäisches Berufungsgericht dasselbe Der Betrieb derselbe das heißt Dissertation Deoxyribonucleinsäure (auf Englisch: DANN (Deoxyribonucleic Acid) Dokument Deutsches Patentamt bis 31. 10. 1998 Deutsches Patentgesetz Deutsches Patent- und Markenamt ab 1. 11. 1998 Deutsches Reich Patent deutsch European Community(ies) Edition Europäische Gemeinschaft Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juni 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft v. 25. 3. 1957 Einleitung European Intellectual Property Review Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. 11. 1950 (BGBl. 1952 II 686); Zusatzprotokoll v 20. 3. 1952 (BGBl. 1956 II 1880); Protokoll Nr. 2 v. 6. 5. 1963 (BGBl. 1968 II 1112); Protokoll Nr. 4 v. 16. 9. 1963 (BGBl. 1968 II 423) Europäisches Patentamt Entscheidungen der Beschwerdekammern des EPA Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt, 07/1999. European Patent Convention European Patent Organisation

20 EPÜ

ESchG EST etc. EU EU-Biorichtlinie

EuGH EuGVÜ

EuZW EWG EWGV f., ff. F.2d FAZ Fed. Cir. FS Fußn. G GATT GebrM GebrMG gem. GenTG GeschmMG Gesetz Nr. GG ggf. GPÜ GrBK GRBK GRUR GRUR Int. GVO GWB HGB

Abkürzungsverzeichnis Übereinkommen v. 5. 10. 1973 über die Erteilung europäischer Patente (Europäisches Patentübereinkommen), Gesetz v. 21. 6. 1976 (BGBl. II S. 649), zuletzt geändert durch Beschl. v. 12/1998, ABl. EPA 1999 Gesetz zum Schutz von Embryonen (Embryonenschutzgesetz) Expressed Sequence Tag et cetera Europäische Union Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 6. 7. 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen Europäischer Gerichtshof Übereinkommen der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidung in Zivil- und Handelssachen Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWG-Vertrag folgende, fortfolgende Federal Reporter, second Series Frankfurter Allgemeine Zeitung US Court of Appeals for the Federal Circuit Festschrift Fußnote Guanin General Agreement on Tariffs and Trade Gebrauchsmuster Gebrauchsmustergesetz gemäß Gesetz zur Regelung der Gentechnik, sog. Gentechnikgesetz Geschmacksmustergesetz Gesetz Nummer Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls Übereinkommen über das europäische Patent für den Gemeinsamen Markt (Gemeinschaftspatentübereinkommen) Große Beschwerdekammer Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil Gentechnisch veränderte Organismen Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Handelsgesetzbuch vom 10. 5. 1897 RGBl. 219

Abkürzungsverzeichnis h. M. Hrsg. Hs. HUGO i. d. F. IIC insb. IntPatÜG IPC I.P.J. i. S. d. i. S. v. i.V. m. J. JCP Jhg. J. Intell. Prop. L. JPatG JPOS JPTOS JuS JZ KBioRL KGebrMG KGeschmMG KPA KPatAV KPatG KUrhG KV l. Lfg. LG lit. MarkenG MB m. E. Mitt. MüGK nF NIH

21

herrschende Meinung Herausgeber/Herausgeberin Halbsatz Human Genome Organization in der Fassung International Review of Industrial Property and Copyright Law insbesondere Gesetz über internationale Patentübereinkommen v. 21. 6. 1976 Europäische Übereinkunft über die internationale Patentklassifikation Intellectual Property Journal im Sinne des/der im Sinne von im Vergleich mit Journal La Semaine Juridique Édition Générale Jahrgang Journal of Intellectual Property Law Japanisches Patentgesetz Journal of the Patent Office Society Journal of the Patent and Trademark Office Society Juristische Schulung Juristenzeitung Koreanische Biotechnologierichtlinie Koreanisches Gebrauchsmustergesetz Koreanisches Geschmacksmustergesetz das Koreanische Patentamt die Koreanische Patentausführungsverordnung das Koreanische Patentgesetz das Koreanische Urhebergesetz die Koreanische Verfassung linke Lieferung Landesgericht Litera (Buchstabe) Markengesetz Megabyte meines Erachtens Mitteilungen der deutschen Patentanwälte Münchner Gemeinschaftskommentar neue Fassung National Institutes of Health

22 NJW Nr. ÖBl. OECD OLG OS PatAnmV PatAV PatG PCR PCT

PS PTO PVÜ r. Rdnr. RE RG RGZ RNS S. SdT SGIG sog. SortG Stat. StrßbÜ

s. u. SZ T TBK TRIPS TSchG u. a. UPOV UrhG USC

Abkürzungsverzeichnis Neue Juristische Wochenschrift Nummer Österreichische Blätter Organization for Economic Cooperation and Development Oberlandesgericht Offenlegungsschrift Patentanmeldeverordnung Patentausführungsverordnung Patentgesetz Polymerase Chain Reaction Patent Cooperation Treaty; Vertrag v. 19. 6. 1970 über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (Patentzusammenarbeitsvertrag) Patentschrift Patent and Trademark Office Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums rechte Randnummer Restriktionsendonuclease Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Ribonukleinsäure (auf Englisch: RNA (Ribonucleic Acid)) Seite Stand der Technik das koreanische Saatgutindustriegesetz von 1997 sogenannt Sortenschutzgesetz von 1997 Statute Übereinkommen zur Vereinheitlichung gewisser Begriffe des materiellen Rechts der Erfindungspatente (Straßburger Patentübereinkommen) siehe unten Süddeutsche Zeitung Thymidin Technische Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts Trade Related Aspects of Intellectual Property Tierschutzgesetz unter anderem (n) Internationales Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen Urheberrechtsgesetz United States Codes

Abkürzungsverzeichnis USPatG USPQ USPTO u. U. UWG v. vgl. VO Vol. WHO WIPO WIPR WRP WTO z. B. zit. ZPO ZRP

23

United States Patentgesetz United States Patent Quaterly United States Patent and Trademark Office unter Umständen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom vergleiche Verordnung Volume World Health Organization World Intellectual Property Organization (Weltorganisation für geistiges Eigentum) World Intellectual Property Report Wettbewerb in Recht und Praxis World Trade Organisation (Welthandelsorganisation) zum Beispiel zitiert Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik

Einleitung A. Biotechnologische Erfindungen als Gegenstand des Rechtsschutzes Die Biotechnologie wurde bereits vor geraumer Zeit als die „letzte und vielleicht größte Revolution dieses Jahrhunderts“1 bezeichnet und könnte einen ähnlich entscheidenden Einfluss auf die Menschheitsgeschichte ausüben wie die als „industrielle Revolution“ bezeichneten Umwälzungen des 18. Jahrhunderts2. Sie ist seit längerem ein wesentlicher Teilbereich der Weltwirtschaft und gilt heute als eine sog. Schlüsseltechnologie3. Auch für das einundzwanzigste Jahrhundert lässt sich bereits voraussagen, dass die Biotechnologie eine entscheidende Rolle zur Bekämpfung der im letzten Jahrhundert wegen ihres genetischen Ursprungs als unheilbar angesehenen Krankheiten wie Alzheimer, Krebs usw. spielen wird. Trotz dieser bedeutenden Rolle tauchen vermehrt Fragen in der Öffentlichkeit auf, die sich auf die moderne Biotechnologie und die einschlägigen Erfindungen beziehen: Ob und inwieweit die Patentierung des in der Natur Vorhandenen, einschließlich Lebewesen zugelassen wird; wie sollen die Fragen, die in Bezug auf Ethik und Moral aufgeworfen werden, gelöst werden; ob durch solche Patente Beiträge zur Fortentwicklung der Wissenschaft und Technik sowie zur Entwicklung der jeweiligen Industrie in der Gesellschaft geleistet werden; ob die Patentierung von Lebewesen durch Monopolisierung die Forschung behindern wird, usw. Zur Beantwortung dieser Fragen muss eine Güter- und Interessenabwägung nach dem Recht des jeweiligen Landes vorgenommen werden. Insbesondere die Entwicklungsländer befürchten eine neue Kolonialisierung und dass sich die Industrieländer mit Hilfe der Patente der genetischen Ressourcen bemächtigen4. Zur Förderung der Entwicklung der Biotechnologie wurde im Jahre 1990 ein Konsortium, die sog. Human Genome Organisation (HUGO), gegründet, das aus einer Reihe staatlich geförderter Forschungszentren in den USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Japan und China besteht und mit dem soge1 Beier/Straus, Gentechnologie und gewerblicher Rechtsschutz, in: 25 Jahre Bundespatentgericht, FS 1986, S. 133. 2 Neumeier, Sortenschutz und/oder Patentschutz für Pflanzenzüchtungen, S. 1. 3 Beier/Straus, S. 133; Blattner, Biological Frontier, 222 Science 719 (1983). 4 Straus (1997), Genpatente, S. 9 ff.

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Einleitung

nannten „Humangenomprojekt“ (HGP) darauf abzielte, das gesamte menschliche Genom zu entschlüsseln und die genetische Vielfalt des Menschen auszuleuchten. Am 13. Februar 2001 hat HUGO schließlich das Forschungsergebnis an die Öffentlichkeit gebracht. Danach hat der Mensch nur etwa 30.000 Gene, aber 130 Billionen Zellen und schätzungsweise 250.000 Proteine5. Heutzutage geht es weltweit auch um die Frage, ob Patente für die Forschungsprodukte des HGP, und zwar DNS-Abschnitte, erteilt werden sollten. Auch in Europa und in Korea wird das Für und Wider der Patentierung biotechnologischer Erfindungen lebhaft diskutiert. Nach zehnjähriger Diskussion über die Patentierung biotechnologischer Erfindungen haben das Europäische Parlament und der Rat im Jahre 1998 endlich die Richtlinie zum rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen, die sog. EU-Biorichtlinie veröffentlicht. Zur Umsetzung dieser Richtlinie in jedem europäischen Land ist eine Frist von zwei Jahren gegeben. Am 17. April 2000 wurde in Deutschland der Umsetzungsentwurf vorgelegt, der aber noch nicht verabschiedet ist. Im Jahr 1998 hat auch das koreanische Patentamt nach heftiger Diskussion der Experten die koreanische Biotechnologierichtlinie (KBioRL) bekannt gegeben. Die KBioRL ist im Bereich biotechnologischer Erfindungen insofern von großer Bedeutung, als sie sowohl die Schutzmöglichkeiten biotechnologischer Erfindungen, als auch ethikbezogene Bestimmungen enthält. Im Hinblick auf ethische Fragen wird nach der EU-Biorichtlinie ein Ethikkomitee innerhalb der Kommission errichtet, das alle ethischen Aspekte im Zusammenhang mit der Biotechnologie bewertet, während die KBioRL kein Ethikkomitee kennt. Ethische Fragen sind in der KBioRL im Vergleich zur EU-Biorichtlinie abstrakt geregelt. Nach der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse des HGP hat das KPA diese Richtlinie im Jahre 2000 teilweise revidiert, da die Zahl der Patentanmeldungen biotechnologischer Erfindungen im Hinblick auf das Ergebnis der Forschung über die Funktionen von Genen voraussichtlich steigen wird. In Bezug auf ethische Fragen, insbesondere Moral und Ethik betreffend die menschliche Reproduktion, gibt es in Korea noch kein Gesetz. Zwar hat die koreanische Regierung zu diesem Thema eine Gesetzesvorlage, das sog. Gesetz über die Lebensethik und -sicherheit dem Parlament vorgelegt, das Rechtssicherheit und Ethik im Zusammenhang mit der menschlichen Reproduktion behandelt, aber die Vorlage wurde bislang noch nicht verabschiedet. Allerdings ist die menschliche Reproduktion derzeit weltweit verboten, auch wenn mancherorts weiterhin versucht wird, Menschen zu klonen. In Bezug auf den rechtlichen Schutz der Pflanzensorten bestehen gesetzliche Regelungen, nämlich das Internationale Übereinkommen zum Schutze von Pflanzenzüchtungen (UPOV-Übereinkommen), die Verordnung (EG) Nr. 2100/ 5

s. Süddeutsche Zeitung v. 13. 2. 2001.

A. Erfindungen als Gegenstand des Rechtsschutzes

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94 des Rates über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (EGSVO) sowie das deutsche Sortenschutzgesetz (SortG) von 1997. Insbesondere bei der Verabschiedung des UPOV-Übereinkommens von 1991 und des deutschen SortG von 1997 ging es um die Aufhebung der Bestimmung des Doppelschutzverbots, auch wenn das Doppelschutzverbot in der EGSVO immer noch enthalten ist6. In Korea ist nach Art. 27 Abs. 3 TRIPS-Übereinkommen und dem UPOV-Übereinkommen, dem Korea erst im Jahre 2002 beigetreten ist, der Doppelschutz durch Patent- und Sortenschutz möglich. Daher gilt es aufzuzeigen, auf welcher Art und Weise ein noch bestehender Unterschied zwischen den Rechtsordnungen beseitigt werden kann. Außerdem stellt sich die Frage, ob transgene Pflanzensorten unter den patentrechtlichen Schutz gestellt werden, und ob Erfindungen betreffend Pflanzen – nicht Pflanzensorten – patentierbar sind. Hinsichtlich der Erfindungen in Bezug auf Pflanzensorten bleiben freilich weitere Fragen zu klären. Weiterhin ist fraglich, ob Tiererfindungen von der Patentierbarkeit ausgeschlossen werden sollen. Nach dem EPÜ bzw. dem DPatG sind Tierarten von der Patentierbarkeit ausgenommen, während Erfindungen, die Tiere zum Gegenstand haben, patentierbar sind, wenn die Ausführung der Erfindung technisch nicht auf eine bestimmte Tierrasse beschränkt ist. Hierbei geht es um die Definition der Begriffe „Tier“ und „Tierart“. Ferner geht es um die Patentierbarkeit der Erfindungen von transgenen Tieren. In diesem Zusammenhang sind aus der Praxis insbesondere Tiererfindungen, die einen transgenen nichtmenschlichen Säuger, vor allem eine Maus betreffen, zu erwähnen. Im Jahre 1988 wurde ein entsprechendes Patent zunächst von dem USPTO, und 1992 vom EPA erteilt. Auch in Korea werden seit dem Jahre 2000 Patente für Tiererfindungen erteilt. Hierbei gilt es zu untersuchen, aus welchem Grund dies geschehen kann. Außerdem wurde im Jahre 1997 das Schaf „Dolly“ vom Roslin Institut in Edinburgh erzeugt. Hier gelang es den schottischen Forschern zum ersten Mal, aus der Körperzelle eines erwachsenen Säugers durch Klonen Nachwuchs zu erzeugen. Die Erzeugung von „Dolly“ hat weltweit die Aufmerksamkeit auf die Frage gerichtet, ob das Klonen von Tieren zu Versuchszwecken zu gestatten ist. Eine besondere Problematik hinsichtlich der Patentierung von Tiererfindungen stellt der Umstand dar, dass sich solche Erfindungen häufig auf den Menschen übertragen lassen und schon eine klare biologische Abgrenzung bekanntlich nicht existiert. Bei den mikrobiologischen Erfindungen ging es vor allem um die Wiederholbarkeit der angemeldeten bzw. patentierten Erfindungen. Diese Frage wurde aber durch das Hinterlegungssystem gelöst. Dazu wurde im Jahre 1977 ein internationaler Vertrag in Budapest verabschiedet, der am 19. August 1980 in

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s. Art. 92 Abs. 1 EGSVO.

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Einleitung

Kraft trat. Auch die EU-Biorichtlinie beinhaltet Regelungen über die Hinterlegung und die Abgabe der Probe. In Korea sind Hinterlegung und Abgabe des Mikroorganismus sowohl in der Patentausführungsverordnung als auch in der Biotechnologierichtlinie enthalten. Bei den mikrobiologischen Erfindungen geht es ferner um die Patentierbarkeit der Pflanzensorten oder Tierarten, die mit Hilfe mikrobiologischer Verfahren gewonnen werden, denn Pflanzensorten oder Tierarten sind laut dem EPÜ oder DPatG von der Patentierung ausgenommen, aber es ist fraglich, ob dies auch für Pflanzensorten oder Tierarten gilt, die mit Hilfe mikrobiologischer Verfahren gewonnen werden.

B. Gang der Untersuchung Die vorliegende Untersuchung umfasst vier Teile: Im ersten Teil wird der naturwissenschaftliche Aspekt der Biotechnologie einschließlich der Gentechnologie behandelt, im zweiten Teil der Patentschutz biotechnologischer Erfindungen nach koreanischem Patentrecht, im dritten Teil derjenige nach europäischem und deutschem Patentrecht. Im vierten Teil werden die daraus gewonnenen Schlussfolgerungen und Aussichten aus rechtsvergleichender Sicht zusammengefasst. Diese Arbeit stellt vor allem auf eine umfassende rechtsvergleichende Untersuchung des europäischen, deutschen und koreanischen Rechtsschutzes biotechnologischer Erfindungen ab, wobei ausführlich auf die koreanische sowie die EU-Biorichtlinie eingegangen wird. Hierbei soll auf Grund der unterschiedlichen Rechtsordnungen dieser Länder die Reichweite des Schutzes biotechnologischer Erfindungen in vergleichender Sicht analysiert werden. Im zweiten Teil werden sowohl das allgemeine koreanische Patentrecht, als auch der Rechtsschutz biotechnologischer Erfindungen behandelt, wobei in Hinsicht auf die koreanische Biotechnologierichtlinie die Schutzmöglichkeiten biotechnologischer Erfindungen in Korea ausführlich analysiert werden. Im Anschluss daran werden europäischer und deutscher Patentschutz biotechnologischer Erfindungen inklusive ethischer Fragen und vor allem die EU-Biorichtlinie ausführlich dargelegt, wobei sie mit dem koreanischen Patentschutz verglichen werden. Insbesondere sollen im dritten Teil aufbauend auf einer Darstellung der naturwissenschaftlichen Grundlagen die für diese Arbeit maßgeblichen Grundlagen des Patentrechts dargestellt werden. Schließlich wird im letzten Teil eine umfassende, rechtsvergleichende Untersuchung über die Frage der Reichweite des Schutzes biotechnologischer Erfindungen einschließlich der ethischen Fragen vorgenommen. Dabei soll letztlich ein Lösungsvorschlag durch die Studie der Gesamtzusammenhänge der hier behandelten Rechtsprobleme versucht werden.

1. Teil

Die Naturwissenschaftlichen Grundlagen der Biotechnologie A. Geschichtliche Entwicklung der Biotechnologie I. Geschichte und Anwendungsgebiete der Biotechnologie 1. Geschichte der Biotechnologie Die Geschichte biotechnologischer Erfindungen geht auf eine Vergangenheit von mehr als 8000 Jahren zurück. Zur Gewinnung von Nahrungsmitteln, vor allem Bier und Wein1 machte sich der Mensch bereits frühzeitig mikrobiologische Verfahren zunutze, obwohl ihm nicht bekannt war, wie diese Verfahren abliefen2. Viele damalige Wissenschaftler glaubten, dass die Umwandlung von Zucker zu Alkohol „irgendwie“ auf die Wirkung der Luft zurückzuführen sei3. Die Grundlagen der heutigen Gentechnik began erst im 19. Jahrhundert. In der Mitte des 19. Jahrhunderts gelang dem österreichischen Mönch, Gregor Mendel (1823–1884)4, in einem Garten durch Experimente der Beweis, auf welche Weise die Eigenschaften von Eltern an die nächste Generation vererbt werden. Dabei fand er heraus, dass Samenfarbe und -form unabhängig voneinander vererbt werden5.

1 Nach der Bibel wurde Wein als ein wichtiges Getränk benutzt, aber das Gärungsverfahren zur Herstellung von Wein wurde lediglich unbewusst verwendet. Im 1. Buch Moses 9, Vers 20 und 21 steht es so: „Noah aber fing an und ward ein Ackermann und pflanzte Weinberge. Und da er von dem Weine trank, ward er trunken und lag in der Hütte aufgedeckt“. Wein war den Griechen und Römern ebenfalls schon bekannt und durch ihre Einflüsse in der Welt verbreitet, vgl. The International Biotechnology Handbook, S. 3. 2 Insbesondere im 14. Jahrhundert gab es eine Blütezeit der Allianz zwischen Frankreich und Schottland, während der französischen Cognac-Hersteller den schottischen Bierbrauern Kenntnisse bezüglich Destillation von Bier vermittelten, um daraus Whisky zu gewinnen, dazu Primrose, Biotechnologie – Grundlagen, Anwendungen, Perspektiven, S. 11. 3 Primrose, S. 11. 4 Über sein Leben: s. http://www.accessexcellence.org/AB/BC/Gregor_Mendel. html (aufgerufen am 3. 5. 2001).

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1. Teil: Naturwissenschaftliche Grundlagen der Biotechnologie

Im Jahr 1855 entdeckte Louis Pasteur (1822–1895)6, angetrieben von den Bitten französischer Kaufleute7, dass Hefezellen bei Ausschluss des Sauerstoffs der Luft Zucker in Alkohol umwandelten8. Daraus folgerte er, dass diese Umwandlung nicht aufgrund der Luft, sondern durch Bakterien während eines anaeroben Prozesses erfolgte9. Im Jahr 1869 entdeckte Friedrich Miescher die chemische Substanz DNS (Desoxyribonukleinsäure; im Englischen: DNA (Deoxyribonucleic Acid))10. Seither wurden neue Methoden zur Isolierung von DNS sowie zur Aufklärung der chemischen Natur ihrer Bestandteile und deren Bindungen entwickelt. In der biotechnologischen Geschichte ist das 20. Jahrhundert von entscheidender Bedeutung. Während des ersten bzw. zweiten Weltkrieges entwickelte man mit chemischen Verbindungen bzw. Mikroorganismen neue Waffen bzw. Medikamente11. Im Jahr 1944 erkannte Oswald Avery, dass DNS die materielle Trägerin der Erbinformationen ist12. Im Jahr 1946 kartierte Alfred Hershey die ersten Gene eines Phagen und untersuchte die Physiologie einer Phageninfektion13. Ferner beobachten 1946 J. Lederberg und E. L. Tatum zum ersten Mal bei Bakterien, und danach auch A. D. Hershey und R. Rotman 1949 bei Bakte5 Mit Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die Ergebnisse Mendels von anderen Wissenschaftlern bestätigt und erweitert. Einzelheiten dazu bei Moufang (1988), Genetische Erfindungen, S. 27 ff. 6 Über das Leben Pasteurs. s. http://www.accessexcellence.org/AB/BC/Louis_ Pasteur.html (aufgerufen am 3. 5. 2001). 7 Die damaligen französischen Kaufleute mussten Wein und Bier auf langen Schiffstransportwegen vor dem Sauerwerden schützen, vgl. Primrose (1990), S. 11. 8 Dazu ausführlich: Hausmann, S. 1 ff. 9 Dieses Verfahren wird als Fermentation, Gärung oder Pasteurisieren bezeichnet. Im Jahr 1873 wurde ein Patent für die Erfindung von L. Pasteur in den USA unter USP 141, 072 erteilt, vgl. Grubb, S. 225. 10 Er zeigte, dass das Material, das aus Eiterzellen und Zellkernen extrahiert worden war, ein anderes chemisches Verhalten als Proteine hatte. Danach wurden neue Methoden entwickelt, um DNS zu isolieren und die chemische Natur ihrer Bestandteile sowie deren Bindungen aufzuklären, dazu vgl. Singe/Berg, S. 21 ff.; Primrose, S. 22; Cramer, S. 1; Hausmann, S. 33 ff. 11 Während des ersten bzw. zweiten Weltkrieges wurden wichtige Stoffe hergestellt, z. B. nicht nur Glycerin für die Sprengstoffproduktion, Aceton für die Munitionsherstellung, Schimmelpilze für die Zitronensäureherstellung, sondern auch Antibiotika wie Penicillin mit Hilfe von Mikroorganismen, z. B. Hefepilzen, Clostridium acetobutylicum, Aspergillus niger, Penicilium notatum usw. Penicillin kam erst um 1940 auf den Markt. Nach dessen Produktion gab es ca. dreißig Jahre lang keine auffälligen Entwicklungen in den industriellen Mikroorganismen, dazu ausführlich: Primrose, S. 11. 12 Hausmann, S. 80 ff. 13 Hershey untersuchte mit seiner Assistentin Martha Chase infizierte Bakterienkulturen mit den 32P (Phosphor)-markierten oder mit den 35S (Schwefel)-markierten Phagen zu verschiedenen Zeiten nach Phagenzugabe. Daraus folgerte er, dass es DNS im Verhältnis zu Protein etwa dreimal soviel gibt, dazu ausführlich: Hausmann, S. 86 ff.

A. Geschichtliche Entwicklung der Biotechnologie

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riophagen Rekombinationen14. Diese Entdeckungen hatten neue und effiziente Möglichkeiten für Untersuchungen in diesem Wissenschaftszweig zur Folge15. Unter anderem wird 1953 als ein Jahr angesehen, das der biotechnologischen Geschichte eine neue Wendung gibt. Den Wissenschaftlern James Dewey Watson und Francis Crick, Molekularbiologen in Cambridge/England, gelang die Aufklärung der DNS-Struktur16. Beide Wissenschaftler zeigten, dass die genetischen Informationen in Form zweier doppelhelikalen Polynucleotidsträngen gespeichert sind17, und aufgrund welchen Mechanismus die genetischen Informationen auf die nächste Generation weitergegeben werden18. Ihr Strukturvorschlag der DNS war deshalb so bedeutsam, weil tion dieses Moleküls erklärte und nicht nur verständlich machte, solches Molekül in vivo vermehren lässt, sondern auch, wie die gespeicherten genetischen Informationen exakt kopiert werden Tochtermoleküle erhalten bleiben können19.

er die Funkwie sich ein in der DNS und für die

14 Unter Rekombination versteht man die Verknüpfung von DNS-Molekülen. Man unterscheidet zwei Arten Rekombinationen, und zwar Homologe oder allgemeine Rekombination bzw. Nicht-homologe oder integrative Rekombination. Dazu ausführlich: Knippers, S. 209 ff. 15 Knippers, S. 217. 16 Bei der Veröffentlichung der DNS-Struktur erklärten beide Wissenschaftler: „Es ist uns nicht entgangen, dass die postulierten spezifischen Basenpaarungen zugleich einen möglichen Mechanismus zur Verdoppelung des genetischen Materials nahe legen.“ Einen Monat später: „Wenn die tatsächliche Reihenfolge der Basen auf einem Strang gegeben ist, könnte man aufgrund der spezifischen Basenpaarungen die genaue Reihenfolge der Basen auf dem anderen niederschreiben. Ein Strang ist also das Gegenstück zum anderen, und diese Eigenschaft lässt erahnen, wie die DNS sich selbst duplizieren könnte“, dazu Singe/Berg, S. 66. Unter der Geschichte der Gentechnik ist die bekannte Watson-Crick-Doppelhelix so bedeutend, dass sie eine ganze Generation von Biologen in ihren Bann geschlagen hat, vgl. Nature, 171, S. 737 (1953). Nach ihrer Enthüllung der Struktur der DNS-Doppelhelix wird diese als eine rechtsläufige Spirale aus zwei Bändern dargestellt, welche das Rückgrat der DNS-Ketten bilden und dem Zucker-Phosphat-Teil der Nucleotide entsprechen. Das DNS-Molekül besteht aus zwei fadenförmigen DNS-Einzelsträngen, die mit einem DNS-Doppelstrang verbunden und spiralförmig um die eigene Achse verdreht sind, vgl. Nature 1953, vol. 171, S. 737. Siehe http://biocrs.biomed.brown.edu/Books/Chapters/ Ch%208/DH-Paper.html (aufgerufen am 9. 6. 2001); vgl. Singe/Berg, S. 35 ff.; Moufang (1988), S. 30 ff. 17 Nature, 1953, Vol. 171, S. 737. Siehe http://biocrs.biomed.brown.edu/Books/ Chapters_/Ch%208/DH-Paper.html (aufgerufen am 9. 6. 2001). Für diese Entdeckung wurde ihnen im Jahr 1962 der Nobelpreis verliehen. Vor allem befindet sich die Geschichte der Aufschlüsselung der Struktur der DNS in: Deegan, The Gene Wars – Science, Politics, and Human Genome, S. 56 ff. 18 Insbesondere die Weitergabe der genetischen Information erfolgt durch einen biochemischen Prozess, der DNS-Replikation genannt wird. Dazu ausführlich: Moufang (1988), S. 29 ff. 19 Ellermann/Opolka, S. 13 ff.

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1. Teil: Naturwissenschaftliche Grundlagen der Biotechnologie

Nachfolgend entzifferte im Jahr 1961 M. W. Nirenberg den genetischen Code20, aufgrunddessen eine Aminosäure durch ein Triplett codiert wird21. Seither sind zahlreiche Enzyme, die zur Entschlüsselung der Genome der Lebewesen unerlässlich sind, aufgefunden worden, z. B. DNS-Ligasen (1967) und Restriktionsenzyme (1971). In der Mitte der siebziger Jahre gelang es den kalifornischen Forschern Cohen und Boyer, die In-vitro-Neuverknüpfung von Nucleinsäuren, die sog. biochemische DNS-Rekombination, zu entwickeln22. Im Jahr 1975 entwickelten M. Meselson und C. Radding ein Modell der allgemeinen, homologischen Rekombination23. Mit dessen Hilfe gelang die Entschlüsselung und Analyse des menschlichen Genoms sowie die Erstellung von Gen-Karten. Deren Erforschung widmen sich gegenwärtig intensiv Forschungsgruppen im biotechnologischen Bereich sowohl in den Europäischen Gemeinschaften24, als auch in den USA25. Im Jahr 1988 wurde die Human Genome Organisation (abgekürzt HUGO) gegründet, die sich weltweit der Erforschung 20 Für das Verdienst seiner Entdeckung hat er 1968 den Nobelpreis bekommen, vgl. http://almaz.com/nobel/medicine/1968c.html (aufgerufen am 11. 6. 2001). 21 Nach dem „Zentral Dogma“ wird die Reihenfolge der Aminosäure durch die Reihenfolge der Nucleotide auf der DNS bestimmt. Während eine Folge aus drei Nucleotiden eine Aminosäure im Protein darstellt, werden bei der Proteinsynthese im Wesentlichen nur 20 Aminosäure verwendet, vgl. Knippers, S. 82; Moufang (1988), S. 33 ff. 22 Moufang (1988), S. 37 ff. 23 Es ist zu bemerken, dass beim Ablauf der Rekombination Überlappungsbereiche, sog. Heteroduplex-Bereiche entstehen, in denen sich die Nucleotid-Sequenzen beider Komplementärstränge an einer oder mehreren Stellen unterscheiden können, dazu ausführlich bei Knippers, S. 217 ff. Ein Gen ist ein DNS-Abschnitt mit der Information für die Aminosäuresequenz eines bestimmten Proteins. Dabei kombiniert man durch sog. DNS-Rekombinationstechnik vorhandene Genabschnitte erneut. Diese Rekombinationstechnik ermöglicht es, Zellen vollkommen neue Synthesefähigkeiten zu verleihen, während durch traditionale Techniken, z. B. Mutation und Selektion, bereits existierende Eigenschaften von Mikroorganismen verstärkt werden können. 24 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über ein spezifisches Forschungsprogramm im Gesundheitsbereich: Prädikative Medizin – Analyse des menschlichen Genoms (1989 bis 1991), KOM (88) 424 endg. SYN 146 = Rats-Dok. 7927/88 = BRats-Drs. 407/88. Dazu den Beschluss des Bundesrates, BRat-Drs. 407/88 (Beschluss) und Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Forschung und Technologie zur Unterrichtung durch die Bundesregierung – Drs. 11/3021 Nr. 2.11, BT-Drs. 11/3555; vgl. auch den Gemeinsamen Standpunkt des EG-Ministerrates, Rats-Dok. 10619/89 v. 15. 12. 1989; vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, KOM (87) 352 endg. C2 136/87. 25 Die „Human Genom Projects“ in den USA wurden vornehmlich in Kooperation des National Institutes of Health (NIH), des Department of Energy (DOE), der National Science Foundation (NSF) und des Howard Hughes Medical Institute (HHMI) durchgeführt. An diesen Projekten haben sich nicht nur staatliche sondern auch private Organisationen beteiligt. Eine Übersicht über alle Organisationen, welche an der Analyse des menschlichen Genoms im Rahmen der HGP teilgenommen waren, befindet sich in: U.S. Congress, Office of Technology Assessment, Mapping our Gens, S. 93 ff.; Cramer, S. 21.

A. Geschichtliche Entwicklung der Biotechnologie

Quelle: nach Knippers, S. 11

Abb. 1: Die DNS-Doppelhelix

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1. Teil: Naturwissenschaftliche Grundlagen der Biotechnologie

des tierischen bzw. menschlichen Genoms durch den Austausch von Daten und biologischem Material widmet26. 2. Anwendungsgebiete der Biotechnologie Die Biotechnologie als solche wird grundsätzlich als Schlüsselbereich für künftige Innovationen angesehen und findet nicht nur im medizinischen und pharmazeutischen Bereich, sondern auch auf dem Gebiet der Landwirtschaft und Umwelt Anwendung. In diesen Bereichen haben Bio- und Gentechnologie neue Möglichkeiten eröffnet, die erhebliche Auswirkungen – im Guten wie im Bösen – auf unser zukünftiges Leben haben können/werden. In der Landwirtschaft werden vor allem Bakterien und Viren, deren Gene mit Hilfe der Biotechnologie nützlich verändert werden, dazu verwendet, Schädlinge und Pflanzenkrankheiten zu bekämpfen, die Produktivität der Pflanzen zu steigern sowie ihre Qualität zu verbessern27. Abgesehen davon, dass zur Erhöhung der Haltbarkeit und der Hygiene der Lebensmittel gentechnisch veränderte Mikroorganismen (im Englischen „GMO (Genetically Modified Organisms)“) verwendet werden28, können die Nahrungsmittel selbst gentechnisch verändert und hergestellt werden. Letztere sind in Europa als solche zu kennzeichnen29. In der Medizin produzieren gentechnisch veränderte Mikroorganismen und Zellkulturen zahlreiche wertvolle Medikamente, z. B. Insulin30, Interferon31, Erythropoietin32, Impfstoffe usw. In der Vergangenheit konnten solche Medikamente letztlich nur mit konventionellen chemischen Verfahren hergestellt wer26 s. Homepage von HUGO: http://www.gene.ucl.ac.uk/hugo (aufgerufen am 20. 6. 2001). 27 Chancen und Risiken der Gentechnologie, Bericht der Enquete-Kommission des Zehnten Deutschen Bundestages, Bonn, 1987, S. 109 ff. 28 Calame, S. 7. 29 Europaweit traten die Richtlinien 90/219/EWG und 90/220/EWG am 23. 4. 1990 in Kraft und wurden am 8. 5. 1990 im Amtsblatt der EG veröffentlicht (Nr. L 117/1 und Nr. L 117/15). Die Richtlinie 90/219/EWG enthält Regelungen über die Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen. Die Richtlinie 90/220/EWG enthält Regelungen über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und über das Inverkehrbringen von Produkten. Beide Richtlinien gelten für alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und sind von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht zu übernehmen; vgl. http://www.rki.de/ GENTEC/GESETZ/ (aufgerufen am 20. 6. 2001). 30 Insulin ist eine Art Hormon, welches dem Körper hilft. Es wird dazu verwendet, die Patienten sowohl mit Diabetes als auch mit chronischer Hepatitis zu behandeln. Im Jahr 1921 wurde Insulin von der Zusammenarbeit von F. G. Banting, C. H. Best, J. B. Collip und J. J. R. MacLeod in der Universität Toronto entdeckt, siehe http:// www.discoveryofinsulin.com/Home.htm (aufgerufen am 20. 6. 2001). 31 Interferon wird zur Heilung des Krebs benutzt, insbesondere Alpha-Interferon findet auf die Hemmung zur Krebsentwicklung Anwendung, vgl. http://www3. mdanderson.org/~oncolog/14_Interferon.html (aufgerufen am. 20. 6. 2001).

A. Geschichtliche Entwicklung der Biotechnologie

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den, d. h. nur in geringen Mengen und/oder mit hohen Kosten. Doch die neue Technik des Gentransfers ermöglichte es, nützliche fremde Gene auf das Säugetier-Genom zu übertragen33. Zur biomedizinischen Forschung werden in der Regel transgene Tiere, z. B. Mäuse34, Schafe35, Rinder und Schweine36 verwendet. Beispielsweise werden rekombinante Proteine unter Verwendung transgener Tiere hergestellt, oder deren Organe auf den Menschen transplantiert37. Überdies ist ein wichtiger Anwendungsbereich der Gentechnologie die Humanmedizin, in dem weltweit die Analyse der Gensequenzen des menschlichen Genoms angestrebt wird38. In dem Umweltbereich werden auch Bio- und Gentechnik eingesetzt, z. B. zur Erschließung von Rohstoffen, zur Abwasserbehandlung, zur Bekämpfung von Ölverschmutzung der Meere39, zur Gewinnung von Metallen durch das sog.

32 Erythropoietin ist für Regulation der roten Blutzellen verantwortlich, d. h. erhöht die Produktion der roten Blutzellen. Erythropoietin wird dazu verwendet, die verschiedenen Art von Anämie, Nierenausfall, HIV-Infektion oder Krebschemotherapie zu behandeln, vgl. http://path.upmc.edu/consult/rla/july1995.html (aufgerufen am 20. 6. 2001). 33 Cherfas, 249 Science 124 (1990); Moffat, 254 Science 35 (1991). 34 Als die repräsentative Entscheidung über transgene Mäuse im patentrechtlichen Bereich wird der Fall „Onko-Maus“ angesehen, in dem die krebserregenden Gene ins Erbgut der Versuchsmaus eingeschleust wurden. 35 Im Jahr 1997 ist es schottischen Wissenschaftlern vom Roslin Institut erstmals gelungen, den Zellkern einer Körperzelle eines Schafes zu klonen und auf diese Weise ein Säugetier mit dem identischen Erbgut eines anderen erwachsenen Tieres herzustellen. Mit dem Klon-Schaf „Dolly“ ist eine neue Möglichkeit einer Reproduktion von Menschen eröffnet worden. Bei den nach dem „Dolly“-Verfahren hergestellten Klonen handelt es sich nicht um echte Klone, sondern nur um Kerngenom-identische Zellen; vgl. Runtenbe/Johann/Brudermüller, Hello Dolly, S. 7 ff.; Zeitschrift „Stern“ 27/2000, Der Griff nach den Genen, 58 ff. Ein Klon ist ein Individuum, das aus einem anderen hervorgegangen ist (ungeschlechtliche Vermehrung) und daher über die gleichen Erbinformationen verfügt. Die Erschaffung mehrerer Individuen mit gleichem Erbgut durch Manipulation am ursprünglichen Embryo bezeichnet man als klonen. Ein solcher Prozess wird als Klonierung bezeichnet; vgl. http://www.meome.de/app/de (aufgerufen am 21. 6. 2001). 36 Transgene Schweine wurden auch als Organspender für den Menschen nutzbar gemacht (sog. Xenotransplantation). Menschliche Gene werden ins Erbmaterial der Schweine eingeschleust, und den Genprodukten muss das Komplementsystem, ein Teil des menschlichen Immunsystems, garantiert werden sollen, vgl. Roush, 270 Science 234 (1995); Calame, S. 8. Das Schwein ist besonders geeignet, weil dessen Organe anhand der Größe, der Physiologie und der Anatomie ähnlich sind, wie die des Menschen, dazu ausführlich http://www.g-o.de/geo-bin/ (aufgerufen am 22. 6. 2002). 37 Dazu ausführlich http://www.g-o.de/geo-bin/ (aufgerufen am 22. 6. 2002). 38 Dabei macht man darauf aufmerksam, dass Genomanalyse, welche die gezielte Analyse des gesamten menschlichen Erbmaterials zum Gegenstand hat, von der Genanalyse, welche auf die Analyse einzelner menschlicher Gene abzielt, zu unterscheiden ist; vgl. Cramer, S. 5 ff.; Calame, S. 8; Freudenberg/Röhring/Stennes, S. 105 ff.; Dazu ist Human Genome Organisation (HUGO) gegründet worden, siehe http:// www.gene.ucl.ac.uk/hugo/ (aufgerufen am 22. 6. 2002).

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1. Teil: Naturwissenschaftliche Grundlagen der Biotechnologie

Erzleaching, d. h. das Ausspülen von Erzen unter Ausnutzung der Fähigkeit bestimmter Mikroorganismen40 usw. Übereinkommen über den Zugang zu entsprechenden Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und über den Zugang zu Gerichten in den Umweltangelegenheiten wurden unterzeichnet41.

B. Grundbegriffe und gegenwärtige Techniken im biotechnologischen Bereich I. Grundbegriffe der Biotechnologie 1. Überblick Mit Hilfe einer der gegenwärtigen Spitzenwissenschaften, der Biotechnologie, vermag der Mensch die mysteriösen Geheimnisse des Lebens für Schritt zu entschlüsseln. Jedoch gibt es keine allgemeine Definition für den Begriff „Biotechnologie“42, der wohl weiter zu fassen ist, als der Begriff „Gentechnologie43“.

39 Beispielsweise diente der gentechnisch veränderte Mikroorganismus der Psudomonas-Bakterien zur Beseitigung der Ölverunreinigung, siehe die Entscheidung Diamond v. Chakrabarty, 447 U.S. 303 (1980). Bei dieser Entscheidung geht es um Patentierbarkeit einer Erfindung betreffend eines Mikroorganismus, der gentechnisch produziert wurde und Rohöl auflösen konnte, dessen Funktion von in der Natur vorhandenen Bakterien nicht gefunden war; vgl. GRUR Int. 1980, 627; vgl. Frankfurter Rundschau v. 26. 8. 1987. 40 Freudenberg/Röhring/Stennes, S. 68 ff. 41 s. das originale Gesetz: http://www.rki.de/GENTEC/GESETZ/CEP43G.PDF (aufgerufen am 29. 6. 2001). 42 Aber einige internationale Behörden definieren selber den Begriff „Biotechnologie“. Zufolge des Berichts von Office of Technology Assessment of the United States Congress (OTA) wird die Biotechnologie definiert als „die handelsüblichen Techniken, die lebende Organismen oder Substanzen aus diesen Organismen verwenden, um ein Produkt herzustellen oder zu verändern und darüber hinaus Verfahren zur Verbesserung der Merkmale wirtschaftlich bedeutender Pflanzen und Tiere und für die Entwicklung von Mikroorganismen zur Beeinflussung der Umwelt“. Hingegen bezeichnet die OECD im Jahr 1982 in Paris sie als „die Anwendung wissenschaftlicher und technischer Grundsätze auf die Verarbeitung von Werkstoffen durch biologische Substanzen, um Güter und Dienstleistungen zu liefern“. Für Details Straus (1987), S. 3 ff.; Fritz, Rechtsfragen der modernen Biotechnologie, DB, 1986, S. 2475. 43 Unter Gentechnologie, die auch Genmanipulation oder „Genetic engineering“ genannt wird, versteht man Methoden zur Verbindung von DNS-Molekülen unterschiedlicher Herkunft und Bildung neuer, rekombinierter DNS, vgl. Primrose, S. 206. Außerdem ist es auch wie folgendes definiert: Der Begriff „Gentechnologie“ steht für alle Methoden, mit denen die Erbinformation von Lebewesen künstlich verändert werden, vgl. http://www.meome.de/app/de (aufgerufen am 20. 7. 2001).

B. Grundbegriffe und Techniken im biotechnologischen Bereich

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Zu den Lebewesen zählen Mikroorganismen, Pflanzen und Tiere einschließlich der Menschen. Die bedeutendeste Fähigkeit der Lebewesen aus dem Blickwinkel der Evolution ist die Reproduktion ihrerselbst. Dieses Phänomen beruht auf der sich im Zellkern befindenden DNS. Anders ausgedrückt, steht der in der Zelle vorhandene Nukleus im Mittelpunkt der lebendigen Aktivität, d. h. er ist für die Vermehrung der Zelle und für Generscheinungen verantwortlich. Im Nukleus befindet sich das aus Erbmaterial bestehende Chromosom, Träger der genetischen Information. Im Chromosom liegt die DNS als Grundeinheit der genetischen Informationen vor. Diese Gene besitzen Erbinformationen, die für verschiedene Proteine codieren. Im Fall der Menschen liegen in jeder somatischen Zelle eines Menschen 46 Chromosomen (23 Paar) vor. Geschlechtszellen, d. h. Samen und Eizellen, tragen 23 Chromosomen. Letztlich entscheidend für die Wahl des Geschlechts spielt das dreiundzwanzigste Chromosom. Unter anderen befinden sich darin zwei verschiedene Chromosomenpaare, nämlich XX für männlich und XY für weiblich. Die Technik von DNS-Rekombination, die sich Anfang der siebziger Jahre entwickelte, leistete zur Entwicklung der Biotechnologie einen großen Beitrag; sie beruht im Wesentlichen auf gewissen Enzymen, nämlich Restriktionsendonucleasen (RE). Diese erkennen eine bestimmte Basensequenz in der doppelsträngigen DNS und setzen dort einen Strangbruch, so dass gezielt DNS-Fragmente bestimmte Länge dadurch hergestellt werden konnten44. Erstmalig wurde 1972 über derartige Klonierungsexperimente berichtet45. 2. Grundkenntnisse von der Biotechnologie Nach der Zelltheorie, die sich Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte46, bestehen alle lebenden Organismen aus Zellen, welche in zwei Zelltypen eingeteilt werden, nämlich in Eu- und Prokaryoten. Trotz verschiedener Eigenschaften von Eu- und Prokaryoten47 haben alle Lebewesen einen gemeinsamen 44

Straus (1987), S. 21 ff. Impacts of Applied Genetics, Microorganism, Plants and Animals, Washington, D.C. 1981 (OTA-Bericht 1981), S. 39 ff.; Beier/Crespi/Straus, Patent Protection in Biotechnology: An International Review, OECD Paris, 1984, S. 17; Straus (1987), S. 22 ff. Z. B. die Polymerasekettenreaktion (PCR). Durch dieses Verfahren konnte man das Ziel erreichen, eine große Menge von bestimmten DNS-Fragmenten zu vervielfältigen, dazu vgl. Hennig, S. 721; Singe/Berg, S. 407 ff. 46 Der deutsche Apotheker und Botaniker W. Pfeffer (1845–1920) schuf mit seiner Grundlagenforschung über „Osmotische Untersuchungen“ sowie „Pflanzenphysiologie“ – die Voraussetzungen für die Zelltheorie. Seither erkannte T. Schwann (1810–1882) das Prinzip der pflanzlichen und tierischen Zelle. Siehe Lexikon zur Schmerzmedizin von http://www.pharmacon.net/schmerzmedizin/z.htm (aufgerufen am 25. 7. 2001). 47 Die Eukaryoten, z. B. Hefe, Pflanzen, Tiere, besitzen Zellen mit einem Kern, in dem sich die Chromosomen befinden, während den Prokaryoten, z. B. Bakterien, Vi45

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1. Teil: Naturwissenschaftliche Grundlagen der Biotechnologie

Stammbaum aus der frühen Evolution auf der Erde. In Bezug auf ihre Molekulargenetik sind die Pro- und Eukaryotischen Zellen identisch, unterscheiden sich aber auch in vielerlei Hinsicht48. Am deutlichsten wird das gemeinsame Erbe der Evolution im Träger der genetischen Informationen, die in den Zellen aller Lebewesen auf dem gleichen Makromolekül gespeichert sind. Bei diesem Makromolekül handelt es sich um die DNS49. Nachfolgend werden grundlegende naturwissenschaftliche Begriffe erläutert. a) DNS und ihre Bedeutung im Lebewesen aa) Die Struktur der DNS DNS ist das genetische Material aller lebenden Organismen wie Zellkern, Mitochondrien, Chloroplasten und besitzt ferner die Fähigkeit dazu, sich zu reproduzieren. Die DNS enthält vier verschiedene stickstoffhaltige Basen, nämlich Adenin (A), Guanin (G), Cytosin (C) und Thymin (T)50. Bei der Struktur der DNS ist zu beachten, dass sich DNS-Doppelhelix aus Deoxyribosephosphaten zusammensetzen und dass beide DNS-Ketten in einer Doppelhelix komplementär zueinander sind51.

rus, kein Kern zur Verfügung steht, und ein einzelnes oder mehrere Chromosomen im Cytoplasma vorliegen, vgl. Singe/Berg, S. 5. 48 Beispielsweise enthalten eukaryotische Organismen mehr genetische Informationen als Prokaryoten und sind noch komplexer. Überdies können sich Eukaryoten sexuell vermehren. Aufgrund der sexuellen Vermehrung stehen jedem Zellkern zwei Kopien von jedem Chromosom zur Verfügung, die als homologe Chromosomen bezeichnet werden. Solche eukaryotischen Zellen werden als diploid benannt. Hingegen werden Prokaryoten mit einzelnem Chromosom als haploid bezeichnet, vgl. Singe/ Berg, S. 5. 49 Lewin, S. 59 ff. 50 Unter den Basen gibt es zweierlei Typen, die Purin- und Pyrimidinbasen. Die Pyrimidine hat einen sechsgliedrigen Ring, während die Purine einen fünf- und einen sechsgliedrigen Ring besitzt. Die Purin- oder Pyrimidinbase besteht aus vier verschiedenen organischen Basen. Beide DNS und RNS enthalten Purine- und Pyrimidinbasen. Zur Purinbase zählen A und G, während C und T zur Pyrimidinbase gehören. Als Pyrimidinebase enthält die DNS C und T, während die RNS Uracil (U) anstelle von Thymin hat. Der Unterschied zwischen Uracil und Thymin besteht darin, dass beim Uracil die Methylgruppe an der C5-Position durch ein Wasserstoffatom ersetzt ist. Jeder DNS-Einzelstrang ist eine Kette abwechselnder Zucker- und Phosphatmoleküle, und eine von vier Basen ist mit jedem Zuckermolekül verknüpft, dazu ausführlich bei Singer/Berg, S. 22, 33 ff.; Knippers, S. 10 ff.; Moufang (1998), S. 29 ff., 31 ff.; Hennig, S. 204. 51 Im Falle der komplementären Basenpaarung in der Doppelhelix werden zwischen A und T zwei, zwischen G und C drei Wasserstoffbrücken ausgebildet. Beispielsweise ist einem Einzelstrang mit Abfolge der Nucleotide A-T-G-C-G-T-A ein komplementärer Strang mit der Sequenz T-A-C-G-C-A-T zugeordnet, vgl. Knippers, S. 11 ff.

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Die Grundeinheit eines DNS-Stranges ist das Nucleotid, die Einzelbausteine der Nucleinsäure. Das Nucleotid besteht aus drei Komponenten: aus einem Fünf-Kohlenstoff-Zucker (Deoxyribose in der DNS und Ribose in der RNS52), aus einer Purin- oder Pyrimidinbase, die über eine N-glykosidische Bindung mit dem Zucker verknüpft ist und aus einem Phosphat-Rest, der über eine Ester-Bindung an das C5-Atom des Zuckers gebunden ist53. bb) Bedeutung der Entschlüsselung der DNS-Sequenzen Die Entschlüsselung der DNS-Sequenz ist von großer Bedeutung, da sie den Schlüssel zu Fragen, die in den medizinischen bzw. landwirtschaftlichen Bereichen aufgeworfen werden, liefern können. Das Modell der DNS-Doppelhelix passte zu den vorhandenen chemischen und physikalischen Daten, und die Struktur entspricht den Funktionen des genetischen Materials. Die Nukleotidsequenz der DNS ist deswegen sehr bedeutend, weil es nicht um ihre Struktur an sich geht, sondern um ihre Rolle bei Codierung der Abfolge der Aminosäuren54. Die genetischen Informationen, die in der DNS-Doppelhelix gespeichert sind, können anhand der linearen Abfolge der Purine und Pyrimidine mit Benutzung der Eigenschaft der komplementären DNS-Doppelhelix verschlüsselt werden. Durch diese Erkenntnisse über die DNS beschleunigte sich der Informationsgewinn über Lebewesen und es gelang Techniken für die Biotechnologie zu entwickeln, denn zwei wesentliche Prinzipien standen nun zur Verfügung, die der Wiedergabe und der Speicherung genetischer Information zugrunde liegen55. cc) Mutationen Die genetischen Informationen unterliegen Veränderungen nicht zuletzt wegen der geringen Stabilität der DNS, die infolgedessen auf Umgebungsänderung empfindlich reagiert56. Dieser Prozess wird als Mutation bezeichnet. Bei der Mutation handelt es sich um Genom- und Chromosomen-Mutation57. Die Mutation ist dadurch gekennzeichnet, dass geänderte genetische Informationen, deren 52 Deoxyribose und Ribose zählen zu dem Zucker. Es mangelt dem Deoxyribose an einem Molekül Sauerstoff im Vergleich zu Ribose. 53 Knippers, S. 17. 54 Lewin, S. 59. 55 Moufang (1988), S. 29. 56 Knippers, S. 245 ff. 57 Unter Genom-Mutation versteht man eine große Veränderung des gesamten Genoms, z. B. eine Veränderung der Zahl der Chromosomen, während ChromosomenMutation als Veränderung der Form und Struktur von Chromosomen zu verstehen sind. Dazu ausführliches: Knippers, S. 245 ff.

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1. Teil: Naturwissenschaftliche Grundlagen der Biotechnologie

genetische Änderung auf Mutation zurückgeht, von Generation zu Generation weiter vererbt werden. Im medizinischen Bereich können auch die Produkte der Mutation verwendet werden, z. B. stellen die Produkte Eigenschaften zur Verfügung58, wie etwa die Resistenz gegen Antibiotika oder andere Chemikalien. b) Proteinsynthese Die Proteine einer Zelle stellen ungefähr die Hälfte der Gesamt-Trockenmasse dar. Ihre Synthese ist von zentraler Bedeutung im Hinblick auf Zellerhaltung, Wachstum und Entwicklung der Zelle. Zu ihrer Synthese müssen zahlreiche Familien von RNS-Molekülen koordiniert zusammenwirken. Die sogenannte Proteinsynthese funktioniert in zwei Schritten: Im ersten Schritt muss die DNS-Sequenz, die für das betreffende Protein codiert, in ein Molekül der messenger-RNS (mRNS) umgeschrieben werden. Diesen Vorgang bezeichnet man als DNS-Transkription, die im Zellkern stattfindet. Die genetischen Informationen, die in der DNS gespeichert sind, werden in einem Triplettcode verschlüsselt. Dabei codieren je drei Nucleotide, auch Codon genannt, eine Aminosäure oder ein Terminationssignal. Zum Beispiel codiert die Folge AAA für eine Aminosäure Lysin (Lys) und die Folge UUU die Aminosäure Phenylalanin (Phe). In der DNS besitzt der genetische Code den Charakter eines Triplettcodes, wonach mehrere verschiedenen Codons die gleiche Aminosäure identifizieren können. Dieses Phänomen wird als Degeneration des Codes bezeichnet59. Ferner ist die Spezifität des Codes vor allem in den ersten beiden Basen zu suchen, während die letzte Base einen größeren Freiheitsgrad hat. Dies wird als Wobble-Hypothese bezeichnet60. Nach dieser Regel kann man sich vorstellen, wie viele Codons sich mit der betreffenden tRNS 58 Beispielsweise bindet sich Streptomycin an ein ribosomales Protein und stört drastisch die Funktion der Ribosome bei der Proteinsynthese. Aber Streptomycinresistente Mutanten haben eine veränderte Bindestelle für Streptomycin und sind darum in Gegenwart hoher Streptomycin-Konzentration zu vermehren. Dazu näheres: Knippers, S. 250. 59 Die basischen Aminosäuren, die ein Protein bilden, sind zwanzig. Darauffolgend kann Folgendes vorgestellt werden: Durch die Kombination von zwei Nucleotiden könnten nur 16 (42) Aminosäuren festgestellt werden, also weniger als zwanzig. Gruppen von je drei benachbarten Nucleotiden ermöglichen dagegen 64 (43) verschiedene Codons, d. h., mehr als genug, um 20 Aminosäuren zu codieren. Infolgedessen können mehrere verschiedene Codons die gleiche Aminosäure identifizieren, vgl. Moufang (1988), S. 33 ff.; Singe/Berg, S. 139 ff.; Hennig, S. 254 ff. 60 Codon und Anticodon sind antiparallel gebunden, d. h. die erste oder 5'-Base eines Codons paart mit der 3'-Base des Anticodons, so wie die letzte oder 3'-Base des Codons mit der 5'-Base des Anticodons paart. In diesem Prozess kann die 5'-Base in ihrer Partnerwahl schwanken. Daraus folgt, dass die folgenden außergewöhnlichen Basenpaarungen möglich sind: Uracil mit Inosin, Inosin mit Cytosin (Inosin-WobbleBasenpaar) oder Inosin mit Adenin. Dieses Basenpaar wird als „Wobble-Basenpaar“ bezeichnet, vgl. Singe/Berg, S. 167; Knippers, S. 82 ff.

B. Grundbegriffe und Techniken im biotechnologischen Bereich

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paaren können, wenn das 5-Nucleotid in einem Anticodon bekannt ist61. Außerdem wurde durch den Vergleich der DNS-Sequenz eines Gens mit der Aminosäuresequenz des zugehörigen Proteins sowohl die Richtigkeit des genetischen Codes bestätigt, als auch die Colinearität zwischen DNS und Protein bewiesen, d. h. die vollständige Parallelität der Nucleinsäure- und der Proteinsequenzen62. Die durch die Transkription hergestellte mRNS wandert anschließend in das Cytoplasma der Zelle. Hier findet der zweite Schritt, die Translation, statt, d. h. die Umsetzung der mRNS in Proteine. Hierbei wird die Nucleotidsequenz der RNS mit Hilfe einer komplexen Zellmaschinerie in eine Abfolge von Aminosäuren übertragen, die letztlich zusammen ein Protein bilden. c) DNS-Rekombination aa) Überblick Im Jahr 1970 wurde ein für die Biotechnologie grundlegendes Enzym, die „Restriktionsendonuclease“, entdeckt, das eine bestimmte Basensequenz in der doppelsträngigen DNS erkennt und aufbricht. Mittels dieses Enzyms sind gezielte DNS-Fragmente mit bestimmten Längen und Sequenzen herstellbar63. Die Technik der rekombinanten DNS ist im genetischen Bereich entscheidend, da infolgdessen eine große Menge von bestimmten DNS-Fragmenten hergestellt werden kann. Das Grundprinzip der DNS-Klonierung besteht darin, eine VektorDNS (z. B. ein Plasmid) zu nehmen, diese mit Hilfe einer Restriktionsendonuclease an einer definierten Stelle zu öffnen, und abschließend die zu implementierende Fremd-DNS in das Plasmid einzubauen. Anschließend wird die so modifizierte Vektor-DNS in einer pro- oder eukaryotische Zielzelle vermehrt64. bb) Grundprinzipien der DNS-Rekombinationstechnik Unter Rekombination versteht man Neukombination bzw. Umordnung von Genen durch natürliche Vorgänge wie Meiose65 oder in isolierter DNS durch 61

Knippers, S. 77. Hennig, S. 254 ff. 63 Einzelheiten dazu: Straus (1987), S. 21 ff. 64 Erst im Jahr 1972 wurde das erste Klonierungsexperiment in die Öffentlichkeit gebracht, vgl. Impacts of Applied Genetics, Microorganism, Plants and Animals, Washington, D. C. 1981 (OTA-Bericht 1981), S. 39 ff.; Beier/Crespi/Straus, Patent Protection in Biotechnology: An International Review, OECD Paris, 1984, S. 17; Straus (1987), S. 22 ff.; Hennig, S. 377 ff.; Knippers, S. 291. 65 Unter Meiose versteht man bei vielzelligen Eukaryoten eine Form der Zellteilung, bei der es zu einer Auftrennung des doppelten Chromosomensatzes auf die Tochterzellen kommt. Sie ist durch die Bildung von Keimzellen gekennzeichnet, näm62

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1. Teil: Naturwissenschaftliche Grundlagen der Biotechnologie

gentechnologische Prozesse66. Beim Vorgang der Rekombination unterscheidet man 2 Gruppen, nämlich die homologe Rekombination und die nicht-homologe Rekombination67. Zum Ablaufen einer DNS-Rekombination wird zunächst die DNS aus einem Spenderorganismus isoliert, spaltet diese durch DNS-Restriktionsendonuclease und verknüpft sie durch DNS-Ligase mit einem anderen Klonierungsvektor. Dadurch wird ein neues, rekombiniertes DNS-Molekül erzeugt. Dieses DNS-Konstrukt wird in eine Wirtszelle eingeschleust68, in der es sich in großer Menge vermehrt. Obige Technik ermöglicht es, neue DNS-Moleküle durch die Verknüpfung von Sequenzen aus verschiedenen Gen-Quellen zu konstruieren und dadurch DNS-Sequenzen der Lebewesen in ihrer Abfolge planmäßig zu verändern. Die genetischen Informationen im Lebewesen können also manipuliert werden69. Diese Technik bringt die Grundlage der Entwicklungen der Gentechnik zustande und findet in Klonierung der Gene Anwendung70. cc) Vektoren zur Klonierung von DNS Zur Vervollständigung biochemischer DNS-Rekombination sind geeignete Vektorsysteme zu gewährleisten71. Im Laborjargon beschreibt Klonieren den lich Reduktion vom diploiden zum haploiden Chromosomensatz und dabei Neuverteilung von väterlichen und mütterlichen Chromosomen auf die Zellen. Im Gegensatz dazu ist ein anderes genetische Erreignis, Mitose. Die Mitose wird bezeichnet als Zellteilung, bei der jede Tochterzelle den vollständigen und identischen Chromosomensatz enthält, vgl. Primrose, S. 207; Knippers, S. 210 ff. 66 Primrose, S. 208. 67 Bei homologer Rekombination werden Abschnitte zwischen zwei DNS-Molekülen mit gleichen oder ähnlichen Nucleotid-Sequenzen ausgetauscht. Insbesondere bei Eukaryoten finden sie meistens im Verlauf der Meiose statt, sehr selten während einer Mitose. Aber bei nicht-homologer Rekombination ist eine Übereinstimmung in den Nucleotid-Sequenzen nicht erforderlich, z. B. die Integration der DNS des Bakteriophagen Lambda (l) in das Genom der bakteriellen Wirtszelle, vgl. Knippers, S. 209. 68 Die Einschleusung der DNS in eine Wirtszelle wird als Transformation bezeichnet. In diesem Verfahren wird die DNS mit einer Bakteriensuspension gemischt, vgl. ders., S. 551 ff. 69 Moufang (1988), S. 3 ff. 70 In der Tat kann durch diese Technik eine Art Protein, das dem Menschen nützlich ist, hergestellt und patentiert werden. Beispielsweise ist Erthropoietin eine Art Protein, welches als Arzneimittel gegen Anämie anzuwenden ist. In Amerika ist Erthropoietin selber nicht patentierbar, aber Gene, welche Erthropoietin enthalten, sowie diese Gene enthaltende rekombinante Vektor und transformierte Mikroorganismen können patentiert werden. Der weltweite Marktumfang von Erthropoietin sei etwa $ 3 Milliarden, dessen Preis gegen $ 670.000/g beträgt. Eine bekannte Firma „AMGEN“ stellt Erthropoietin her und benutzt dazu die genetische Methode. Wegen solch hohen Mehrwerts investieren manche Firmen in der ganzen Welt viel Geld in die Biotechnik.

B. Grundbegriffe und Techniken im biotechnologischen Bereich

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Einbau von DNS-Fragmenten in ein Chromosom oder einen Klonierungsvektor72, über den die mitgeführte Fremd-DNS in einer Wirtszelle vermehrt werden kann. Klonierungsvektor sind Trägerkonstrukte, meist Plasmide (DNSRing) oder Phagen (Bakterienviren), die der Vervielfältigung von DNS-Abschnitten dienen. Häufig benutzte Plasmide sind u. a. pBR322, Lambda, Cosmide M13, YAC usw. Diese sind so hochspezifisch, dass sie eine bestimmte Gensequenz der beiden Stränge der Doppelhelix erkennen und wie eine Schere schneiden können. Je nach der Form, mit der sie schneiden, entstehen kohäsive Enden (oder sticky ends) und glatte Enden (oder blunt ends)73. dd) Isolierung von Genen Gen-Sequenzen, die zur DNS-Rekombination dienen sollen, werden dadurch erhalten, dass die gezielten DNS-Sequenzen aus natürlich vorkommenden Organismen isoliert werden, oder dass sie mit chemischen oder biochemischen Verfahren synthetisiert werden. Die Voraussetzung zur Anwendung dieser Techniken ist, dass bereits die Struktur des Gens bekannt ist. Zur Klonierung eines spezifischen Gens müssen die entsprechenden Regionen oder Sequenzen im Genom identifiziert oder charakterisiert werden. Zur Identifizierung des Gens ist vor allem die genomische DNS in die Fragmente mit geeigneter Größe zu zerlegen. Ein empfehlenswertes Verfahren zur Fragmentierung eines Genoms ist die Restriktionsspaltung74. Hierbei wird die gesamte Gensequenz mithilfe Restriktionsenzym in eine Menge kleiner DNS-Fragmente gespaltet75. Bei der chemischen Synthese der Gene76 wird darauf abgezielt, die gewünschte Bindung nur an der vorgesehenen Stelle dadurch zustande kommen zu lassen, dass die reaktionsfreudigen funktionalen Gruppen der Nucleotide möglichst effizient abgedeckt werden77. 71

Für Details Moufang (1988), S. 45 ff. Knippers, S. 288 ff.; Gassen/Minol, S. 126 ff. 73 Die kohäsiven Enden werden weshalb so benannt, weil die Basen der beiden DNS-Stränge komplementär zueinander sind. Die Restriktionsendonuclease Eco RI, die das kohäsive Ende macht, erkennt in der Gensequenz GAATTC und schneidet zwischen G und A, während die Enzyme Hae III und Sma I, bei denen die blunten Enden entstehen, die Sequenz GGCC erkennen und zwischen G und C schneiden, vgl. Primrose, S. 21; Knippers, S. 26 ff. 74 Hierzu bei Lewin, S. 507. 75 Hierzu bei Moufang (1988), S. 43. 76 Die Entwicklung dieser Technik erfolgte sich von einem Biologen Har Gobind, der 1968 den Nobelpreis für die Interpretation des genetischen Codes und seiner Funktion in der Proteinsynthese erhalten hat, siehe http://www.nobel.se/medicine/laureates/ 1968/khorana-bio.html (aufgerufen am 1. 9. 2001). Dazu ausführlich bei Alvarado-Urbina et al., Automated Synthesis of Gene Fragments, 214 Science 270 f. (1981). 72

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Quelle: nach Knippers, S. 290

Abb. 2: Grundlagen des Klonierens

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Bei der biochemischen Synthese wird das Verfahren zur Herstellung der sog. cDNS (copy DNS oder complementary DNS) benutzt, wobei das Enzym reverse Transkriptase eine einsträngige mRNS in DNS reverse transkribiert78. Biochemische Synthese ist vor allem dann zu empfehlen, wenn die DNS der höheren Eukaryoten wie Pflanzen oder Tiere in Prokaryoten exprimiert wird. Es ist dabei von entscheidender Bedeutung, dass künstlich hergestellte Eukaryoten-DNS ohne Introns in die Prokaryoten eingeschleust werden, da Bakterien IntronsSequenzen als solche nicht erkennen, und es somit nicht ausgeschlossen ist, die in der natürlichen Eukaryoten-DNS enthaltenden Informationen falsch zu verstehen79. Bei der Gen-Klonierung bedarf man weiterhin einer Sonde (probe), die mit der zu klonierenden Ziel-DNS reagiert. Ist ein Genprodukt bekannt, vermag man im Prinzip umgekehrt vom Protein ausgehend das Gen zu gewinnen, vorausgesetzt, dass die das Protein codierende mRNS vorhanden ist und als Sonde zur Isolierung des Gens mittelbar oder unmittelbar verwendet werden kann80. Diese Klonierungstechnik eignet sich aber nicht nur zur gezielten Isolierung von Genen, sondern wirkt sich auch insbesondere auf diagnostische Verfahren aus81. Bei genetisch bedingten Krankheiten des Menschen stößt man aber auf besondere Schwierigkeiten. Zunächst wird das Chromosom mit dem genetischen Defekt durch genetische Analyse ermittelt, um anschließend das Gen durch eine genetische Charakterisierung einzelner Personen, die ebenfalls an dieser Krankheit leiden, einer bestimmten chromosomalen Region zuzuordnen. Schließlich wird auf molekularer Ebene das für die Krankheit ursächliche Gen identifiziert. Dies ist insbesondere dann schwierig, wenn die molekularen Grundlagen der Krankheit nicht genau definiert sind82.

II. Techniken der Biotechnologie zur Untersuchung der genetischen Information 1. Überblick Zur Untersuchung des komplexen Genoms von Eukaryoten dienen verschiedene Techniken, und zwar chemische, biochemische und physikalische Verfahren. Abgesehen von den traditionellen Verfahren, wie z. B. Elektrophorese, en77 Gassen/Minol, S. 269 ff.; Moufang (1988), S. 43 ff.; Winnacker, Gene und Klone, S. 44 ff. 78 Hierzu dazu bei Winnacker, S. 30 ff.; Gassen/Minol, S. 111 ff. 79 Winnacker, S. 24; Moufang (1988), S. 45. 80 Kaudewitz, Genetik, S. 301 (302). 81 Lewin, S. 501; Überblick dazu bei Brown, S. 53. 82 Lewin, S. 501.

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zymatische Verfahren, Hybridizierungsverfahren, werden heute im Laboratorium moderne Techniken zur Gewinnung vieler DNS-Kopien verwendet. So zum Beispiel die PCR (Polymerasekettenreaktion)-Technik. In erster Linie wird eine Untersuchung der DNS-Moleküle durchgeführt, um DNS bzw. Proteine zu sequenzieren. Zur Analyse der DNS bzw. RNS bedarf man danach eines Hybridisierungsverfahrens. Hierbei werden sowohl traditionelle als auch nichttraditionelle Techniken der Biotechnologie zur Untersuchung der genetischen Information behandelt. 2. Wichtige Techniken der Biotechnologie a) Traditionelle Verfahren aa) Elektrophorese Mittels der Elektrophorese in einem Agarose- oder Polyacrylamid-Gel werden Moleküle nach ihrer Größe bzw. Ladung voneinander getrennt83. Im Gegensatz zu anderen traditionellen Trennverfahren wie Zentrifugation84, bietet diese Technik besondere Vorteile hinsichtlich der schnellen Auftrennung von DNA-Fragmenten. Die Geschwindigkeit der Trennung, mit der DNS-Stücke auf ihrer Größe bei gleicher Ladung im elektrischen Feld zu bewegen, ist von der Größe und der Struktur der DNS sowie von der elektronischen Feldstärke und der Beweglichkeit der Ionen abhängig85. Die Elektrophorese dient auch zur Trennung der Proteine, wobei die Trennung vom pH-Wert und der Konzentration der Elektrophorese-Pufferlösung abhängt86. bb) Enzymatische Verfahren Bei der Spaltung und Verknüpfung der Gensequenzen spielen Enzyme die entscheidende Rolle. Sie befinden sich in allen Lebewesen, d. h. sowohl in Proals auch in Eukaryoten. Sie erkennen bestimmte DNA-Sequenzen und können dann diese abbauen bzw. verbinden.

83 Knippers, S. 23. s. http://www.charite.de/immungenetik/Main/Elektrophorese. html (aufgerufen am 11. 9. 2001). 84 Die Partikel wie Zellen, Organellen oder Einzelmoleküle bewegen sich unter dem Einfluss eines Zentrifugalfeldes. Die Sedimentationsgeschwindigkeit eines Partikels ist proportional zu seiner Masse und der angewendeten Zentrifugalbeschleunigung und umgekehrt proportional zu dem Teilchenradius und der Viskosität des Mediums, dazu ausführlich: Knippers, S. 29. 85 Knippers, S. 23; Seyffert, S. 975. 86 Seyffert, S. 975 ff.

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Von besonderer Bedeutung in der Gentechnik sind Nucleasen und Ligasen. Zu Nuclease gehören Endonuclease und Exonuclease. Die erstere baut DNS durch Spaltung innerer Phosphodiester-Bindungen ab, während die Exonulease die DNS von den Enden abbaut87. Das Enzym Ligase vermittelt eine Phosphodiesterbindung zwischen dem 5'-Phosphatende einer DNS und dem 3'-OHMolekül eines anderen DNS. Die verwendete DNA Ligase wird meistens vom Bakteriophage T4 abgeleitet88. cc) Blotting-Verfahren Im Blotting-Verfahren, das zur Analyse von DNS bzw. RNS dient, findet die Hybridisierungstechnik Anwendung, d. h. es bedarf spezieller Gensonden, mit denen man präzise, hochsensitive und schnelle DNS-Analysen durchführen kann89. Unter Hybridisierung versteht man die Bildung eines Doppelhelixmoleküls aus zwei komplementären DNS- bzw. RNS-Strängen durch die Bildung von Wasserstoffbrücken90. Für diesen Vorgang muss die Nucleinsäure als Einzelstrang vorliegen. Dies wird dadurch erreicht, dass die doppelsträngige DNS durch Denaturierung oder Dissoziierung, die aus Hinzufügung von Alkali oder aus Erhitzen resultiert, in die beiden Einzelstränge getrennt wird91. Mittels der Hybridisierungstechniken kann ein Screenen der cDNS- oder genomischen Banken und Identifizierung der gelelektrophoretisch getrennten DNS- oder RNS-Sequenzen durchgeführt werden. (1) Southern-Blotting Der Begriff „Southern-Blotting“ (oder „Southern-Hybridisierung“) wird als eine analoge Hybridisierung der isolierten Vektor-DNS verstanden92. Mit diesem 87 Endonucleasen enthalten vor allem DNase I, II, Endonuclase I, II und S1-Endonuclease, während Exonucleasen Exonuclease I bis VI, Lambda-Exonuclease und T7Exonuclease enthalten, ausführlich dazu bei Knippers, S. 24. 88 Siehe http://www.worthington-biochem.com/manual/D/DNAT4L.html (aufgerufen am 17. 9. 2001). 89 Gassen/Minol, S. 321 ff. 90 Gassen, S. 243; Seyffert, S. 1010. 91 Die Geschwindigkeit der Dissoziierung hängt von verschiedenen Parametern ab, z. B. von der Kettenlänge und von der Basenzusammensetzung, z. B. für ein Oligonucleotid kann der Tm-Wert nach folgender Formel berechnet werden: TM = 4  nG/C + 2 nA/T (ºC), wobei nG/C = Anzahl der GC Basenpaare, nA/T = Anzahl der AT Basenpaare, dazu ausführlich bei Gassen/Minol. S. 214 ff. 92 Dieses Verfahren wurde von E. M. Southern 1975 entwickelt, in dem DNS-Fragmente nach ihrem Molekulargewicht in Agarosegelen elektrophoretisch getrennt werden und danach die DNS auf einen Filter transferiert, fixiert und hybridisiert wird, vgl. Knippers, S. 315 ff.; Seyffert, S. 1010; Gassen, S. 245; Gassen/Minol, S. 320.

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1. Teil: Naturwissenschaftliche Grundlagen der Biotechnologie

Verfahren sind spezifische DNS-Fragmente identifizierbar93. Zuerst wird cDNS aus mRNS hergestellt. Anschließend kann mit Hilfe dieser cDNS die Struktur der betreffenden Gene erforscht werden. In diesem Verfahren wird die genomische DNS mittels Restriktionsendonuclease in Fragmente geschnitten und danach mittels Gelelektrophorese nach der Größe aufgetrennt94. Die Kodierungsabschnitte in der genomischen DNS sind durch Southern-Blot-Methode zu identifizieren, nämlich durch Hybridisierung mit einer radioaktiv markierten cDNS95. (2) Northern-Blotting Im Prinzip ist das Verfahren der Northern-Blotting gleich dem des SouthernBlotting96, abgesehen davon, dass beim Northern-Blot die aus einer Zelle isolierte RNS analysiert wird. Die RNS wird ebenfalls elektrophorestisch auf einem Agarose-Gel aufgetrenntt, auf einen Filter übertragen und anschließend immobilisiert. Wenn zur Hybridisierung eine RNS-Probe eingesetzt wird, werden Transfer und Hybridisierung RNase-frei durchgeführt97. (3) Sonstige Hybridisierungsverfahren Abgesehen von den beiden oben benannten Verfahren gibt es weitere Hybridisierungsverfahren, so z. B. Kolonie- und Plaque-Transfer. Bei der Kolonie-Hybridisierung werden Kolonien rekombinanter Bakterien auf den Filter übertragen und danach freigesetzte DNS nach Lyse der Wirtszellen mit einer DNS-Probe hybridisiert. Beim Plaque-Transfer werden rekombinante Phagen auf den Filter übertragen und ihre DNS mit einer DNS-Probe hybridisiert98. b) Moderne Verfahren zur Gewinnung der DNS-Kopien aa) Polymerasekettenreaktion, polymerase chain reaction-(PCR)-Verfahren (1) Überblick Das PCR-Verfahren wurde 1987 von Kary B. Mullis entwickelt99. Mit diesem Verfahren ist es möglich, in vitro von bestimmten Nucleotidsequenzen zahlrei93 Siehe http://www.accessexcellence.org/AB/GG/southBlotg.html (aufgerufen am 20. 9. 2001). 94 Knippers, S. 315. 95 Dazu ausführlich vgl. Knippers, S. 316 ff.; Gassen/Minol, S. 320 ff. 96 Gassen/Minol, S. 320. 97 Gassen, S. 246. 98 Gassen, S. 247 ff.

B. Grundbegriffe und Techniken im biotechnologischen Bereich

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che Kopien enzymatisch herzustellen100. Die PCR-Technik ist damit von unschätzbarem Wert, z. B. einzelne Allele101 in einem Genom zu untersuchen und sequenzbedingte Krankheiten zu diagnostizieren102. Bei der PCR-Technik werden mittels enzymatischer Amplifizierung kurze Genomabschnitte zwischen zwei Oligonucleotid-Primern hergestellt, die gegenläufig mit komplementären DNS-Strängen verbunden sind103. Die PCR-Technik setzt voraus, dass die Sequenzen an den Rändern der Zielregion bekannt sind, und dass geeignete Oligonucleotide verfügbar sind. (2) Anwendungsbereich der PCR Aufgrund der Einfachheit und Schnelligkeit des PCR-Verfahrens findet die PCR-Technik in verschiedensten Bereichen Anwendung104. Der medizinische Bereich profitiert von PCR-Technik vorwiegend in zwei Bereichen: Identifizierung von ansteckenden Krankheitsorganismen sowie von Gen-Variationen und -Mutationen, insbesondere der menschlichen Gene105. (a) Im Medizinbereich Zur Analyse von Gen-Veränderungen findet sie insbesondere im genetischen Bereich Anwendung, z. B. zur Erforschung und Untersuchung genetisch bedingter Erbkrankheiten auf molekularer Ebene und verschiedener Krebserkrankungen106. Falls es bereits bekannt ist, dass die Ursache einer Krankheit auf eine bestimmte Sequenzveränderung zurückführt, kann die PCR verwendet werden, um eine Sequenz im Genom einer bestimmten Person zu untersuchen und um dann festzustellen, ob die Allele eines bestimmten Locus zum Wildtyp gehören oder mutiert sind. Aufgrund der Empfindlichkeit der Amplifizierung durch PCR ist die Zielsequenz sogar einer einzelnen Zelle analysierbar107. Außerdem kann 99 Für diese Leistung erhielt K. B. Mullis 1993 den Nobelpreis in der Chemie verliehen, vgl. Gassen/Minol, S. 292 ff. Siehe http://almaz.com/nobel/chemistry/1993a. html (aufgerufen am 25. 9. 2001). 100 Gassen/Minol, S. 292. 101 Der Begriff „Allele“ ist eine von verschiedenen Varianten eines Gens, die eine alternative Realisation desselben Charakters oder Phänotyps erlauben, vgl. Winnacker, S. 402. 102 Lewin, S. 510 ff. 103 Knippers, S. 476; Gassen/Minol, S. 294 ff. 104 Gassen/Minol, S. 292. 105 Siehe http://www.faseb.org/opar/bloodsupply/pcr.html (aufgerufen am 26. 9. 2001). 106 Gassen/Minol, S. 313. 107 Gassen, S. 510 ff.

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1. Teil: Naturwissenschaftliche Grundlagen der Biotechnologie

das PCR-Verfahren zur Identifizierung von Genen, zur Identifizierung eines Krankheitserregers und zur Analyse der Entwicklung der biologischen Materialien angewendet werden. So z. B. durch Amplifizerung von DNS aus sehr kleinen Gewebeproben im Rahmen von diagnostischen und gerichtsmedizinischen Anwendungen108. Mithilfe des PCR-Verfahrens wird auch die Untersuchung des menschlichen Genoms erheblich beschleunigt. Weiterhin wird PCR zur Diagnostizierung von genetischen Krankheiten und zum Nachweis von viralen bzw. bakteriellen Infektionen verwendet, weil sie im Vergleich zu konventionellen Methoden schneller, hochspezifischer und sensitiver ist und bereits vor Krankheitsausbruch eine Infektion nachweisen kann109. Die PCR-Technik hat den Vorteil, eine schnelle und effiziente klinische Diagnostik vorzunehmen110. (b) In der Evolutionsforschung Mittels PCR kann fossile DNS amplifiziert und molekularbiologisch charakterisiert werden111, um anschließend mit den daraus gewonnenen Daten systematische Verwandtschaftsverhältnisse zu erstellen oder auch um unbekannte Spezies phylogenetisch einzuordnen112. In Zukunft wird PCR noch mehr dazu verwendet werden, taxonomische Fragenstellungen zu beantworten, um dadurch einen genaueren Einblick in den zeitlichen Ablauf evolutionärer Prozesse nehmen zu können113. (c) In der Mutagenesis Eine gezielte Veränderung auf der DNS-Ebene, z. B. durch den Einbau von Punktmutationen, kann mithilfe der PCR vorgenommen werden. Dadurch lassen sich Funktionen gewisser DNS-Abschnitte oder die Bedeutungen einzelner Aminosäuren für die biologische Aktivität von Proteinen untersuchen114.

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Lewin, S. 511. Z. B. die klinischen PCR-Diagnosen von Aids- oder Tuberkulose-Infektionen, dazu ausführlich vgl. Gassen/Minol, S. 315; Knippers, S. 476. 110 Dazu ausführlich vgl. Gassen/Minol, S. 313. 111 Zum Beispiel hat 1989 der schwedische Naturwissenschaftler Svante Paabo mithilfe dieses Verfahrens die 150 Millionen Jahre lang in Bernstein konservierten Insekten und Pflanzen analysiert. 1990 konnten E. M. Golenberg und seine Mitarbeiter aus versteinerten Blättern, die in 18 Millionen Jahren alten Schieferfossilienbetten gefunden wurden, mit Hilfe der PCR einen Teilbereich des Ribulose-1,5-bisphosphatcarboxylase-Gens amplifizieren, dazu ausführlich vgl. Gassen/Minol, S. 312 ff. 112 Gassen/Minol, S. 313. 113 Gassen/Minol, S. 313. 114 Gassen/Minol, S. 315. 109

B. Grundbegriffe und Techniken im biotechnologischen Bereich

Quelle: nach Knippers, S. 476

Abb. 3: Das Prinzip der Polymerase-Kettenreaktion (PCR)

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1. Teil: Naturwissenschaftliche Grundlagen der Biotechnologie

Viele hundert oder tausend Gen-Sequenzen werden in geordneter Reihung auf Trägern (chips) fixiert (rechts) und für die Hybridisierung mit fluoreszenzmarkierter cDNS eingesetzt (mitte). Hierbei vergleicht man die mRNSs/cDNSs von Zellen in verschiedenen physiologischen und pathologischen Zuständen. Bei dem Beispiel hier werden normale Zellen und Tumorzellen aus dem gleichen Gewebe untersucht. Quelle: nach Knippers, S. 508

Abb. 4: Grundlagen der DNS-Chip-Technologie

C. Analyse des menschlichen Genoms

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(d) In der Kriminaldiagnosik Mittels PCR können geringste Mengen von DNS von einem Tatort, z. B. in Blut- oder Haarfunden, zur genetischen Analyse isoliert bzw. der genetische Fingerabdruck durchgeführt werden115. bb) DNS-Chip-Technik Zur Analyse der DNS wird noch eine weitere Technik, die DNS-Chip-Technik, verwendet. Bei der DNS-Chip-Technik werden möglichst viele GenSequenzen in geordneter Reihenfolge auf einem Träger (chips) aus Glas, Silikon, Kunststoff oder anderen Materialien fixiert und dann für die Hybridisierung mit fluoreszenzmarkierter cDNS eingesetzt. Dabei sind mRNSs/cDNSs von Zellen in verschiedenen physiologischen und pathologischen Zuständen miteinander zu vergleichen, z. B. normale Zellen und Tumorzellen aus dem gleichen Gewebe116. DNS-Chips nutzen die Eigenschaft einzelsträngiger Nukleinsäure, sich nur bei Vorliegen komplementärer Sequenz durch Basenpaarung spezifisch aneinander binden zu können. Durch die Selektivität dieses Hybridisierungsvorgangs sind sehr genaue Analysen möglich117. Diese Technik hat den Vorteil, dass ein einziges Experiment eine große Menge von Daten liefert, welche nur mittels Computereinsatz bewältigt werden können118.

C. Analyse des menschlichen Genoms I. Allgemeines Das Genom ist ein Kompositum von Genen und Chromosomen und bedeutet die Gesamtzahl aller genetischen Information, die in einem Virus, einer Bakterien- oder Protozoenzelle bzw. in der Keimzelle eines mehrzelligen Organismus vorhanden ist. Die genetische Information befindet sich im Zellkern und in den Mitochondrien. Alle Zellen eines Individuums haben die gleiche Anzahl von Chromosomen, so dass man sich über das ganze Genom informieren kann, obwohl nur eine Zelle analysiert wird. Es ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass eine Nukleotidsequenz in allen Organismen in dasselbe Protein translatiert wird, und dass der genetische Code für alle Organismen gleich ist. Vom biochemischen Gesichtspunkt aus besteht grundsätzlich kein Unterscheid zwischen menschlichen, pflanzlichen, tierischen oder bakteriellen Genen. Dieser Unter115

Gassen/Minol, S. 315. Dazu ausführlich bei Knippers, S. 507 (508). Insbesondere siehe Abb. 17.27 von Seite 508. 117 Siehe http://www.fb.ze.tu-muenchen.de (aufgerufen am 6. 10. 2001). 118 Knippers, S. 508. Insbesondere siehe Abb. 17.28 von Seite 508. 116

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1. Teil: Naturwissenschaftliche Grundlagen der Biotechnologie

schied kann darum nur in Bezug auf das Genom, die Gesamtheit aller Gene einer Zelle oder eines Organismus, festgemacht werden119. Ein „Klon“ ist ein genetisch identischer, also erbgleicher Nachkomme von Pflanzen, Tieren oder Menschen120. Bei der Klonierung einer DNS-Sequenz ist die bekannte Nukleotidsequenz in beliebiger Anzahl durch Vermehrung ihrer Wirtszellen herzustellen121. Erwähnenswert ist, dass es schottischen Wissenschaftlern im März 1997 gelungen ist, das Schaf „Dolly“, dessen Erbgut identisch mit dem eines anderen erwachsenen Tieres ist, aus einer Euterzelle zu klonen. Es ist strittig, z. B. ob dies Verfahren technisch auf den Menschen anwendbar ist, welche Grenzen zwischen akzeptierten ethischen und rechtlichen Prinzipien gezogen werden sollen und ob bestehende rechtliche Verbote zur Sicherstellung der Einhaltung der geforderten nationalen und internationalen Grenzen ausreichen. Bei der Erzeugung von Klonen höherer Organismen sind insbesondere zwei unterschiedlichen Verfahren zu erwähnen, nämlich das Embryo Splitting einerseits und die Zellkern-Transplantation in Ei- oder Embryozellen anderseits122.

II. Gentherapeutische Verfahren 1. Überblick Unter Gentherapie versteht man die gezielte Veränderung des Erbmaterials menschlicher Zellen zwecks Heilung von Krankheiten, die auf einem Gendefekt beruhen, z. B. durch das Einbringen intakter Gene in erkrankte Zellen mit einem genetisch bedingten Defekt123. Angestrebt wird, Menschen durch therapeutisches Klonen von bislang unheilbaren Krankheiten, einschließlich Parkinson, Multiple Sklerose, Alzheimer oder Diabetes, zu heilen, dadurch dass diejenigen Zellen gezüchtet werden, die beim Patienten defekt sind und daher ersetzt werden sollen. Dabei wird das Erbmaterial aus gesunden Zellen des Patienten in eine zuvor entkernte Eizelle eingepflanzt, woraus sich ein Embryo124 nach 119

Straus (1997), Genpatente, S. 10 ff. Der Begriff kommt aus dem Englischen und hat seinen Ursprung im griechischen Wort für Sprössling oder Zweig, siehe „Die Welt“ v. 2. 8. 2001. 121 Kaudewitz, S. 301. 122 Dazu ausführlich bei http://www.dfg.de/aktuell/stellungnahmen/ (aufgerufen am 20. 10. 2001). 123 Seyffert, S. 352. Siehe http://www.dfg.de/aktuell (aufgerufen am 20. 10. 2001). 124 Der Begriff „Embryo“ ist noch nicht einheitlich definiert. Nach der DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) ist ein Embryo in der Medizin meist die Leibesfrucht von der befruchteten Eizelle oder auch von der Einnistung in den Uterus an bis zum Abschluss der Organogenese etwa 8 Wochen danach. Als Embryo gilt nach Art. 8 Embryonenschutzgesetz (EschG) bereits die befruchtete, entwicklungsfähige menschliche 120

C. Analyse des menschlichen Genoms

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mehrfacher Teilung entwickelt. Dieser Embryo ist etwa ab dem 8-Zellstadium bis zum Stadium der Blastozyste zum Einsatz in der Therapie geeignet, da die einzelnen Zellen später ihre Totipotenz verlieren (d. h. es kann sich kein neuer, vollständiger Organismus mehr entwickeln)125. Mit konventionellen Therapien ist eine wirksame Heilung von zahlreichen Erkrankungen bisher unmöglich, so dass viele Patienten mit Gendefekten ihr Leben lang Medikamente einnehmen müssen. Seit den 70er Jahren gibt es Bestrebungen, Gentherapie-Protokolle zu entwickeln126. Ende der achtziger Jahre wurde endlich eine Möglichkeit eröffnet, Fehler im Erbgut des Patienten, die für alle Erbkrankheiten und Krebserkrankungen verantwortlich sind, zu korrigieren127. Die Gentherapie kann auch bei chronischen Krankheiten wie Rheumatismus und Infektionskrankheiten (AIDS) angewendet werden128. 2. Arten der Gentherapie Bei der Gentherapie unterscheidet man somatische und Keimbahn-Gentherapie. Somatische Gentherapie bezieht sich nur auf die Behandlung von unvererbbaren Krankheitssymptomen von Körperzellen. Bei der Keimbahn-Gentherapie werden das Genom einer Eizelle bzw. eines Spermiums modifiziert, so dass deren geänderte genetische Informationen an die Nachkommen weitervererbt werden129. a) Somatische Gentherapie Unter somatischer Gentherapie versteht man eine Gentherapie an Körperzellen130, weshalb die durchgeführten Veränderungen nicht vererbt werden können131. Ziel ist es, vererbte und erworbene genetische Erkrankungen durch Einbringen intakter Gene in bestimmten Zielzellen des Körpers zu heilen, und zwar Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an, ferner jede einem Embryo entnommene totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu teilen und zu einem Individuum zu entwickeln mag. 125 Siehe „Die Welt“ v. 2. 8. 2001. 126 Siehe http://www.dfg.de/aktuell (aufgerufen am 20. 10. 2001). 127 Seyffert, S. 352, 353. Siehe auch http://www.unicom.unizh.ch/magazin/archiv/196/gentherapie.html (aufgerufen am 22. 10. 2001). 128 s. http://www.cg.bamberg.de/fachschaften/biologie/gentherapie.htm (aufgerufen am 22. 10. 2001). 129 s. http://www.i-s-b.org/broschuere/somat.htm (aufgerufen am 22. 10. 2001). 130 Die Körperzellen sind diejenigen Zellen, die nicht an der Reproduktion eines Individuums beteiligt sind, z. B. Muskelzellen, Blutzellen, Hirnzellen, Leber- und Nierenzellen. Alle Körperzellen werden als somatische Zellen bezeichnet, vgl. Gassen/ Minol, S. 342. 131 s. http://www.i-s-b.org/ (aufgerufen am 24. 10. 2001).

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1. Teil: Naturwissenschaftliche Grundlagen der Biotechnologie

in vom Patienten abstammenden pluripotenten Stammzellen oder in bereits differenzierten Zellen132. Wenn dies gelingt, wird der Körper in die Lage versetzt, selbst die benötigten Genprodukte herzustellen133. Denn bei einer Erkrankung aufgrund eines genetischen Defektes wird in aller Regel die benötige Menge einer Substanz von einem Organ oder einem Gewebe nur unvollkommen oder gar nicht hergestellt, so dass der Körper mit dem fehlenden Produkt künstlich versorgt werden muss. Man spricht hierbei von einer Substitutionstherapie134. Im Falle der somatischen Gentherapie wird hingegen das defekte Gen anstelle der Substitution des Genproduktes durch ein gesundes Gen als solches ersetzt135. b) Keimbahntherapie Bei der Keimbahntherapie handelt es sich um eine Korrektur einer genetischen Keimzelle, Spermium oder Eizelle. Dabei wird eine Keimbahnzelle oder eine befruchtete Eizelle (Zygotes) genetisch modifiziert und damit auf die nächste Generation übertragen136. c) Probleme der Gentherapie Der somatischen Gentherapie kommt in Zukunft im medizinischen Bereich wesentliche Bedeutung zu, weil mit ihr die Möglichkeit geschaffen wurde, genetisch bedingte Krankheiten zu heilen. Es besteht jedoch die Gefahr einer negativen 132 Beispielsweise wurde ein Mädchen im Jahr 1990 mit einem Defekt in einem bestimmten Enzym, Adenosin-Desaminase (ADA) behandelt. Es gilt als schwere Form der Immunschwäche, da das Enzym ADA an den Zellen der weißen Blutkörperchen fehlt. Mit dem Ausfall der weißen Blutkörperchen bricht der Schutzwall des Körpers gegen Angriffe der schädlichen Mikroorganismen zusammen. Daraus folgt, dass die Erkrankten normalerweise keine Überlebenschancen haben und schon sehr früh an Infektionen sterben. Danach hat es sich mittels Gentechnik gezeigt, dass die genetische Information für das Enzym ADA bei den Patienten fehlerhaft war. Siehe http://www. i-s-b.org/broschuere/somat.htm (aufgerufen am 24. 10. 2001); vgl. Seyffert, S. 353. 133 Freudenberg/Röhring/Stennes, S. 118 ff. 134 Beispielsweise handelt es sich bei der mangelnden Funktion der Bauchspeicheldrüse um Insulin. Nach der Substitutionstherapie wird Insulin zusätzlich von außen ersetzt. Bei der Bluterkrankheit, Hämophilie A, fehlt der Blutgerinnungsfaktor VIII, vgl. Freudenberg/Röhring/Stennes, S. 119. 135 Der genetische Defekt beruht auf der Veränderung des genetischen Codes. So ist z. B. GAG ein Codon für Glutaminsäure, während GTG für Valin kodiert. Bei den an Sichelzellenanämie erkrankten Menschen befindet sich in der DNS an einer bestimmten Position GTG statt GAG. Folglich wird ein fehlerhafte Protein synthesiert, dass zur Erkrankung führt. Also ist es erforderlich, auf Gen-Ebene diesen Fehler durch eine radioaktiv markierte Gen-Sonde aufzuspüren und es durch die somatische Gentherapie zu korrigieren, dazu ausführlich vgl. Freudenberg/Röhring/Stennes, S. 119; Glick/Pasternak, S. 440 ff. Siehe http://www.jura.uni-tuebingen.de/~ronellen/archiv/seminare/ ws992000/somatis.pdf (aufgerufen 3. 11. 2001). 136 Freudenberg/Röhring/Stennes, S. 123; Gassen/Minol, S. 342.

C. Analyse des menschlichen Genoms

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bzw. positiven Eugenik137. Da die somatische Gentherapie somit zur Verletzung der Menschenwürde führen könnte, muss ihr Missbrauch vermieden werden138. Problematisch ist auch die Keimbahntherapie, die bisher lediglich an Tieren vorgenommen wird. Transgene Tiermodelle dienen dabei zur Simulation menschlicher Erkrankungen139. Es stellt sich die Frage, ob eine Veränderung des menschlichen Erbgutes über Generationen hinweg zugelassen werden sollte und ob sie die Menschenwürde verletzt. Die Keimbahntherapie wird daher gegenwärtig aufgrund ethischer, rechtlicher und technischer Gründe als unwünschenswert und als undurchführbar angesehen140.

137 Vom ethischen Gesichtspunkt aus könnte eine Gen-Therapie zur Beseitigung des genetischen Defektes gerechtfertigt sein. Fraglich ist, ob eine positive Eugenik durch Gentherapie von der Gesellschaft akzeptiert wird, da es die Menschenwürde verletzen könnte, gezielt einen bestimmten Menschen zu konstruieren, dazu mehr bei Freudenberg/Röhring/Stennes, S. 123. Bei einer negativen Eugenik würden Individuen mit bestimmten unerwünschten genetischen Merkmalen daran gehemmt, Nachkommen zu bekommen. Außerdem wird erwartet, dass sich dadurch die Häufigkeit eines Merkmals in einer bestimmten Population verringern würde und dadurch im Laufe der Zeit beseitigt werden könnte, vgl. Suzuki et., Genetik, S. 621. 138 Enquete-Kommission/Cathenhusen/Heumeister (Hrsg.), Chancen und Risiken der Gentechnologie, Dokumentation des Berichts an den Deutschen Bundestags (Gentechnologie 12), München, 1987, S. 147; vgl. Freudenberg/Röhring/Stennes, S. 123 (124). 139 Z. B. die von der Harvard University patentierte Krebsmaus. 1985 war es den Harvard-Forschern gelungen, in das Erbgut von Mäusen ein menschliches Krebsgen einzuschleusen, durch das die Nager frühzeitig und mit hoher Häufigkeit an einem Tumor erkrankten. In den USA wurde die Krebsmaus schon 1988 unter Erfindungsschutz gestellt. Der Patentschutz von 20 Jahren erstreckt sich auf alle Säugetiere mit Ausnahme des Menschen, die mit dem patentierten Verfahren gentechnisch so verändert werden, dass sie Krebs bekommen, vgl. T 19/90, ABl. 1990, 476 – Krebsmaus. Außerdem dienen Eingriffe in die Keimbahn der Herstellung bestimmter pharmazeutischer Proteine in der Milch transgener Nutztiere, siehe auch http://www.michaelbaur.de/bioethik/gentherapie.htm (aufgerufen am 10. 11. 2001). 140 Bei der Herstellung transgener Tiere hat es sich auch gezeigt, dass nach der Statistik die transformierte DNS zufällig in die Chromosomen der Zellen integriert wird. Im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit können andere Gene unmittelbar gestört werden. Nur etwa ein Prozent der transgenen Tiere exprimiert das neu eingebrachte Gen, und nur solche Tiere, die zum gewünschten Zweck geeignet sind, dienen zur Weiterzucht. Dazu siehe http://www.michael-baur.de/bioethik/gentherapie.htm (aufgerufen am 10. 11. 2001). Anders als in den USA ist die Durchführung einer Keimbahntherapie in Deutschland aufgrund des 1990 erlassenen Embryonenschutzgesetzes (Gesetz zum Schutz von Embryonen (EschG) v. 13. 12. 1990, siehe BGBl. 1990 I, S. 2746) verboten, vgl. Gassen/Minol, S. 342. Dementsprechend sind Experimente mit menschlichen Embryonen und die Übertragung der genetischen Information in eine befruchtete Eizelle, Zygote mit Haftstrafen belegt. s. http://www.dfg.de/aktuell/das_neueste/wissenschaftsgespraech_hintergrund.html (aufgerufen am 10. 11. 2001).

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d) Zukunft der Gentherapie Unabhängig davon, dass die Keimbahn-Gentherapie am Menschen aus ethischen Gründen verboten ist141, gäbe es bei ihrer Anwendung erhebliche technische Schwierigkeiten. Man könnte argumentieren, dass sich bestimmte genetische Erkrankungen möglicherweise letztlich nur auf diese Weise behandeln lassen142. Deshalb wird angestrebt, die sich bietenden Möglichkeiten der somatischen Gentherapie voll auszuschöpfen. Weiterhin bleibt offen, wie diese Fragen auf ethischer und politischer Ebene hinsichtlich gentechnischer Eingriffe bei Tieren und Pflanzen gelöst werden sollen.

III. Gewinnung der Stammzelle a) Begriff der Stammzellen Unter dem Begriff „Stammzelle“ versteht man diejenige Zelle eines Embryos, Fötus oder geborenen Menschen, die eine Teilungs- und Entwicklungsfähigkeit hat, jedoch noch nicht ausdifferenziert ist143. Sowohl aus totipotenten befruchteten Eizellen als auch totipotenten Embryonalzellen kann spätestens bis zum 8-Zellstadium ein vollständiger Mensch entstehen, während aus pluripotenten Stammzellen in der darauffolgenden Embryonalentwicklung die verschiedenen Gewebetypen des Körpers entwickelt werden144. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die in Föten und im erwachsenen Menschen zu erreichenden organspezifischen Stammzellen in ihrer Differenzierungspotenz beträchtlich eingeschränkt sind, da sie bereits eine Determination für einen ganz bestimmten Zelltypus erreicht haben145.

141 Dazu siehe Homepage der biologisch-medizinischen Institute von der MaxPlanck-Gesellschaft: http://www.mpiz-koeln.mpg.de/~rsaedler/BIOMAX/Biomax1/ Biomax1.html (aufgerufen am 12. 11. 2001). 142 Glick/Pasternak, S. 472 (473). 143 s. DFG-Stellungnahme zum Problemkreis „Humane embryonale Stammzellen“ in der Homepage: http://www.dfg.de/aktuell/stellungsnahmen. 144 Nach dem Glossar der DFG wird Totipotenz als „Allseitige Entwicklungsfähigkeit“ verstanden. Totipotente Zellen sind in der Lage, sich sowohl in einen Embryo und alle postembryonalen Gewebe und Organe als auch in extraembryonale Gewebe zu diffenrenzieren. Beispielsweise könnte sich aus einer menschlichen totipotenten Zelle nach Transfer in den Uterus ein vollständiges Individuum entwickeln. Unter Pluripotenz wird dagegen „Vielseitige Entwicklungsfähigkeit“ verstanden. Mit anderen Worten, pluripotente Zellen können sich in sehr viele unterschiedliche Gewebe und Zelltypen eines Organismus entwickeln, jedoch nicht ein ganzes Individuum bilden. s. http://www.dfg.de/aktuell/stellungnahmen/lebenswissenschaften/glossar.html. 145 s. http://www.dfg.de/aktuell/stellungnahmen.

C. Analyse des menschlichen Genoms

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b) Gewinnung von Stammzellen des Menschen Prinzipiell gibt es drei Möglichkeiten zur Gewinnung von pluripotenten Stammzellen menschlichen Ursprungs. aa) Embryonale Stammzellen (ES-Zellen) In Folge einer künstlichen Befruchtung werden die ES-Zellen aus undifferenzierten Zellen gewonnen. Nach der Verschmelzung der männlichen und weiblichen Vorkerne durchläuft die befruchtete Eizelle eine Reihe von Zellteilungen, bis das Blastozystenstadium erreicht wird, welches ca. 4 Tage dauert. Aus der inneren Zellmasse, dem sog. Embryoblasten der Blastozyste, können embryonale Stammzellen isoliert werden. Kritisch bei diesem Vorgang ist, dass die Entnahme der Zellen innerhalb einer Zeitspanne von ca. 3 Tagen in-vitro Wachstum erfolgen sollte und dabei eine Zerstörung der Embryos nicht ausgeschlossen werden kann146. So gelang es z. B. erstmals israelischen Wissenschaftlern, Herzmuskelzellen aus menschlichen embryonalen Stammzellen mit Hilfe bestimmter Wachstumsfaktoren zu züchten147. Zukünftig könnten derartig hergestellte Zellen Herzinfarktpatienten gespritzt werden, um geschädigtes Herzmuskelgewebe zu regenerieren. bb) Embryonale Keimzellen (Embryonic Germ Cells: EG-Zellen) EG-Zellen werden aus den Vorläufern von Keimzellen, sog. primordialen Keimzellen, aus Embryonen oder früheren Föten und aus erwachsenen Stammzellen der verschiedenen Gewebe hergestellt. Wie oben bereits ausgeführt, kann man menschliche EG-Zellen aus primordialen Keimzellen gewinnen, welche nach einem induzierten Abort aus Föten isoliert werden, um sich dann unter Kulturbedingungen weitgehend zu Stammzellen entwickeln. Aus technischen Gründen ist dieses Verfahren jedoch gegenwärtig schwierig, da das abortierte Gewebe, welches zur Isolierung diente, aus Föten unterschiedlicher Entwicklungsstadien stammt148. cc) Gewebespezifische Stammzellen Gewebespezifische Stammzellen lassen sich durch einen Zellkerntransfer in eine entkernte Eizelle herstellen, wie beim geklonten Schaf „Dolly“ erfolgreich 146 s. http://www.dfg.de/aktuell. Empfehlungen der DFG zur Forschung mit menschlichen Stammzellen v. 3. 5. 2001. s. http://www.dfg.de/aktuell/stellungnahmen/ dokumentation_1.html. 147 s. die Zeitung „Die Welt“ v. 2. 8. 2001. 148 s. http://www.dfg.de/.

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durchgeführt149. Dieses Verfahren eröffnete die Möglichkeit, aus einer Körperzelle eines Patienten und aus einer entkernten Eizelle embryonale Stammzellen mit dem Erbgut des Patienten zu gewinnen. Aus diesen individualspezifischen Stammzellen können gesunde Zellen und Gewebe gewonnen werden, die bei Übertragung auf den Patienten keine immunologischen Probleme verursachen. Insbesondere werden dadurch Abstoßungsreaktionen gegen Fremdgewerbe vermieden, da es sich bei den individualspezifischen Stammzellen um körpereigene Zellen handelt150.

IV. Techniken im Human Genom Projekt (HGP) 1. Überblick Im Jahr 1990 wurde die „Human Genome Organisation“ (HUGO) offiziell ins Leben gerufen. Es ist ein Konsortium bestehend aus einer Reihe staatlich geförderter Forschungszentren in USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Japan und China. Die Forscher hatten sich unter dem Namen „Human Genom Projekt“ (HGP) zusammengeschlossen mit dem Ziel, das gesamte menschliche Genom zu entschlüsseln und die genetische Vielfalt des Menschen zu analysieren151. Man erhofft sich dadurch, die Funktionen aller Gene zu ermitteln, somit die Ursachen von Erbkrankheiten zu finden und letztlich diese behandeln zu können152. Am 13. Februar 2001 veröffentlichte HUGO sein Forschungsergebnis. Danach besitzt der Mensch schätzungsweise nur etwa 30.000 bis 40.000 Gene, weniger als erwartet, sowie 130 Billionen Zellen und ca. 250.000 Proteine153. Diese geringere Zahl an Genen bedeutet nun jedoch, dass die meisten Gene mehrere Proteine herstellen und fertige Proteine sich noch verändern können. Gemäß Craig Venter154 ist das menschliche Genom 149 Das Klonschaf „Dolly“ hat unter Beweis gestellt, dass durch Übertragung des Zellkerns einer Körperzelle eines erwachsenen Organismus in eine entkernte Eizelle bei Säugern eine ungeschlechtliche Vermehrung möglich ist. Dazu ausführlich vgl. Wilmut/Schnieke/McWhir/Kind/Campbell, Viable offspring derived from fetal and adult mammalian cells, Nature 1997, 385, 810 ff. 150 s. http://www.dfg.de/aktuell/. 151 Straus (1997), S. 9 ff. 152 Watson, The Human Genome Project: Past, Present and Future, Science, Vol. 248, 1990, 44 ff. 153 Die Anzahl der Gene wurde lange Zeit von Forschern auf 100.000 geschätzt. Bislang war man der Ansicht, dass ein Gen meistens lediglich einen Eiweißstoff kodiere. Aufgrund dieser neuesten Erkenntnisse wird vorausgesagt, dass diese Theorie seit der Entzifferung des Genoms nicht mehr aufrechterhalten wird, siehe SZ v. 13. 2. 2001. 154 Venter, Molekularbiologe, ist Chef der amerikanischen privaten Firma „Celera Genomics“. Seine Forschungsergebnisse wurden gleichzeitig mit denen von HUGO veröffentlicht. Er kündigte am 26. 4. 2001 im Interview mit der „Financial Times Deutschland“ an, dass „seine Firma sich nicht nur auf die Bereitstellung und Verarbei-

C. Analyse des menschlichen Genoms

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viel komplizierter als bis dato vermutet wurde, da die menschliche Spezies vergleichsweise nur relativ wenige Gene besitzt. Doch die Erschließung des menschlichen Erbguts ist nur der erste Schritt: Die Forscher setzen sich nun daran, die Funktion jedes einzelnen Gens zu entschlüsseln155. 2. Techniken zur Entschlüsselung des menschlichen Genoms Zur Sequenzierung des komplizierten menschlichen Genoms werden zahlreiche Verfahren eingesetzt. Zu Beginn erfolgen die Isolierung chromosomaler DNS und die Erstellung genomischer Banken. Falls Fragmente aus einer genomischen Bank für unmittelbare Sequenzierung so groß sind, müssen sie zuerst subkloniert werden156. Anschließend erfolgt ein „Chromosomen Walking“ über mehrere hundert Kilobasen157. Dabei wird eine Sonde aus den endständigen Abschnitten der Genbereichen ausgewählt, die in der Richtung der interessierenden Region liegen. Danach wird durch ergänzende Restriktionskartierung die Orientierung der neu isolierten Fragmente bestimmt. Diese Schritte sind beliebig zu wiederholen158. Sind die zu analysierenden Chromosombereiche aber noch größer, behilft man sich mit „Chromsomen Jumping“. Dafür ist eine spezielle Genbank anzulegen159. Durch die Kombination von „Chromosomen Walking“ und „Chromosomen Jumping“ lassen sich gezielt spezielle Gene isolieren, vorausgesetzt natürlich, dass die genetische Kartierung der Chromosomen grob bekannt ist160. Zu Klonierung und Sequenzierung großer Genbereiche sind die Methoden der Klonierung, des Subklonierens und der automatischen Sequenzierung ausreichend161. Im Rahmen des HGP stellte sich heraus, dass nur 5% des menschlichen Genoms tatsächlich für Proteine kodieren162. Die nicht-kodierenden Sequenzabschnitte spielen jedoch bei regulatorischen Funktionen eine wesentliche tung biologischer Daten ausrichten werde, sondern auch selbst Medikamente gegen Krankheiten wie Brust-, Darm-, Bauchspeicheldrüsen- und Lungenkrebs entwickeln“, siehe Financial Times Deutschland v. 27. 4. 2001. 155 Laut der SZ v. 13. 2. 2001 werde vor allem die deutsche Bundesregierung für die weitere Erforschung des Erbguts mehr Geld, und zwar in den nächsten Jahren zusätzlich 350 Millionen Mark, zur Verfügung stellen als bisher. Insgesamt stünden daher bis zum Jahr 2003 für die Erforschung des menschlichen Genoms 870 Millionen Mark bereit. 156 Gassen/Minol, S. 375 ff. 157 Mit dieser Methode wurden die ersten Entwicklungsgene von Drosophila, einer Fliegenart, kloniert. Vgl. Gassen/Minol, S. 375. 158 Dazu ausführlich bei Gassen/Minol, S. 377. Siehe Abb. 15-3. 159 Gassen/Minol, S. 376–380. Siehe auch Abb. 15-5. 160 Gassen/Minol, S. 379. 161 Gassen/Minol, S. 379 ff. 162 Gassen/Minol, S. 385.

62

1. Teil: Naturwissenschaftliche Grundlagen der Biotechnologie

Rolle163. Von der vollständigen Sequenzierung des menschlichen Genoms erhofft man sich erhebliche Fortschritte sowohl in der medizinischen Diagnostik und in der Aufklärung von Krankheitsursachen als auch für die Lösung von Weltnährungsproblemen164. 3. Forschungsergebnis des Human Genom Projekts (HGP) Aus der Erkenntnis, dass das menschliche Genom lediglich 30.000 bis 40.000 Gene umfasst, lässt sich folgern, dass die Sequenzen zweier nicht-verwandter Personen im Durchschnitt nur an etwa jeder 1000. Stelle unterschiedlich sind165. Unterschiede an einzelnen Basenpaaren werden als Single-NucleotidePolymorphisms (SNPs („snip“); auf Deutsch: Einzelne Nukleotidpolymorphien) bezeichnet166. SNPs haben große Bedeutung in der biomedizinischen Forschung und werden u. a. dazu verwendet, eventuelle Nebenwirkungen der neuen Medikamente zu überprüfen167. Aufgrund der gewonnenen Informationen lässt sich auch eine andere Methode erfolgreich einsetzen, und zwar der Nachweis von Einzelkopie-DNSSequenzen mit einer eindeutigen Markierung (tag), auch STSs (sequence tagged sites) genannt. Zu den STSs zählen „Expressed Sequence Tags (ESTs)“, bei denen es sich um cDNSs, also um reverse Transkriptase von mRNSs, handelt. ESTs sind somit kurze Abschnitte aus einer mRNS, die aber für die Identifizierung des kodierenden Abschnitts eines Gens ausreichend sind168. Somit wird die Kartierung des menschlichen Genoms, die mittels der vorgestellten Verfahren hergestellt worden ist, als eine der wichtigen Stadien in der Geschichte der Humangenom-Forschung betrachtet, da eine komplette, physikalische Karte zum ersten Mal aufgestellt wurde. In den USA, Japan und Europa wird ausgiebig diskutiert, ob die Forschungsergebnisse des HGP patentierbar seien, und ob die Herstellung von Zelllinien menschlicher embryonaler Stammzellen (ESZ) zugelassen werden sollte oder nicht. Die künftige Aufgabe der Gesellschaft wäre es, zu prüfen, wie sich positive Auswirkungen im Rahmen einer Interessensabwägung mit den ebenfalls vorhandenen negativen Effekten in Einklang bringen lassen.

163

Gassen/Minol, S. 385. Gassen/Minol, S. 386 ff. 165 Dazu näheres Knippers, S. 493. 166 Der Unterschied zwischen Polymorphismus und Mutationen liegt darin, dass Polymorphismus Variationen in Nucleotid-Sequenzen mit Häufigkeiten von 1% oder mehr in einer Population zeigt, vgl. Knippers, S. 493. 167 Knippers, S. 493 ff. s. auch http://www-genome.wi.mit.edu/snp/human/. 168 Knippers, S. 487 ff. 164

C. Analyse des menschlichen Genoms

Quelle: nach Knippers, S. 493

Abb. 5: Definition der SNP und ihre Anwendung

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2. Teil

Der Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea A. Die historische Entwicklung des rechtlichen Schutzes biotechnologischer Erfindungen in Korea I. Die Entstehung des gewerblichen Rechtsschutzes in Korea 1. Die Geschichte des koreanischen Patentrechts Die Geschichte des gewerblichen Rechtsschutzes in Korea beginnt im Jahre 1234, während der Zeit der buddhistischen Koryo-Dynastie (918 bis 1392), mit der Erfindung der weltweit ersten Druckbuchstaben aus Metall1. Die historische Entwicklung des koreanischen Patentrechts beginnt im 19. Jahrhundert, zur Zeit der Yi-Dynastie (1392 bis 1910)2, genauer mit dem Versuch des in Korea bekannten Wissenschaftlers, Seokyeong Ji, vom 23. August 1882 den König Gojong zu überzeugen, ein System zum Schutz der Erfindungen einzuführen3. Der erste entscheidende Schritt zu einem koreanischen Patentgesetz erfolgte während der Annexionszeit Koreas durch Japan und unter japanischem Ein1 Es ist noch nicht festgestellt worden, wer tatsächlich diese Erfindung gemacht hat. Diese Erfindung soll nicht von einem bestimten Erfinder, sondern von unbekannten buddhistischen Mönchen gemacht worden sein, vgl. Song/Lee/Hwang, S. 101. Es stellt sich aber die Frage, ob der Druckbuchstabe doch als Erfindung im Sinne des Patentrechts angesehen wird. Da zu diesem Zeitpunkt eine Rechtsordnung über gewerblichen Rechtsschutz nicht vorhanden war, gab es keine Möglichkeit, die allgemeine Patentvoraussetzung zu prüfen, oder zum Patentschutz der Erfindung. Das Recht an der Erfindung hätte nicht dem Erfinder, sondern dem Königsreich zugestanden, auch wenn das Wesen des gewerblichen Rechtsschutzes erkannt worden wäre. 2 Im Jahre 1392 wurde die Koreanische Dynastie gegründet. Sie dauerte bis zu der koreanisch-japanischen Annexion von 1910. Der Gründer der Yi-Dynastie, Seong-Kye Yi, hat die staatliche Religion der Koryo-Dynastie, den Buddhismus, verworfen. An Stelle davon hat er Konfuzianismus als Idee der Staatsbegründung genommen. Damals hat China auf die staatliche Philosophie der Yi-Dynastie einen großen Einfluss ausgeübt, vgl. http://net-in.co.kr/dazzleme/. (aufgerufen am 24. 4. 2001). Seit Ende des neunzehnten Jahrhunderts wurde die Yi-Dynasite von Japan andauernd angegriffen und schließlich im Jahr 1910 erobert. Diese Besetzung durch Japan dauerte bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges an. 3 Vgl. KPA, Die zwanzigjährige Geschichte des koreanischen Patentamts, 1997.

A. Die historische Entwicklung

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fluss. Am 12. August 1908 wurde die kaiserliche Patentverordnung („Daehanjeguk Teukheoryeong“) verabschiedet, die am 16. August 1908 in Kraft trat4. Sie war kein originelles Produkt der koreanischen Legislative, vielmehr das ihnen aufoktroyierte japanische Patentwesen im Gewande einer koreanischen Patentverordnung, das im Hoheitsgebiet Koreas bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges keine Änderungen erfuhr5. Im Anschluss an die Kapitulation Japans, die gleichzeitig die Befreiung Koreas von der Annexion Japans bedeutete, ist für den südlichen Teil des Landes aufgrund der amerikanischen Unterstützung das amerikanische Patentwesen eingeführt worden. Hervorzuheben ist die Gründung der Patentbehörde („Teukheowon“)6 mit Erlass der Verordnung Nr. 44 der amerikanischen Militärverwaltung vom 22. Januar 1946 sowie die Einführung des ersten eigenen koreanischen Patentgesetzes am 5. Oktober 1946 durch die Verordnung Nr. 91, die am 15. Oktober 1946 in Kraft trat7. Während der Übergangszeit von 1945 bis 1948

4 Sie war die im Namen des damaligen Innenministers Wanyong Lee erlassene kaiserliche Verordnung des letzten Königs der Yi-Dynastie, Sunjong, und basierte auf dem Abkommen zwischen Amerika und Japan über Erfindung, Geschmacksmuster, Marke und Urheberrecht. Nachdem Japan Korea am 29. August 1910 annektiert hatte, wurde das damalige japanische Patentwesen in Korea zwangsläufig eingeführt. Das japanische Patentwesen war bis zur Gründung der koreanischen Regierung in Geltung, die nach dem Zweiten Weltkrieg von der amerikanischen militärischen Verwaltung, die Angelegenheiten über den gewerblichen Rechtsschutz übernommen hat, dazu ausführlich bei Kim, W.-J., S. 32; vgl. Song/Lee/Hwang, S. 95. 5 Die Patentverordnung kann darum nicht als das erste koreanische Patentwesen bezeichnet werden. Nach der Verordnung wurden insgesamt zwei Patente an Inho Jeong erteilt, die „Hut aus Pferdehaar“ zum Gegenstand hatten, vgl. Kim, W.-J., S. 32. 6 Diese Patentbehörde war für alle Angelegenheiten im Gewerblichen Rechtsschutz zuständig, d. h. Patente, Gebrauchsmuster, Geschmacksmuster, Marken und Urheberrechte, vgl. Song/Lee/Hwang, S. 95. 7 Das Patentgesetz setzte sich aus 12 Kapiteln und 265 Artikeln zusammen und war dadurch gekennzeichnet, dass die Eigenschaften des amerikanischen Patentwesens ins koreanische Patentgesetz eingeführt wurden, z. B. Pflanzenpatente, Stoffschutzpatente, 17-jährige Patentschutzdauer usw. Neben dem Patentgesetz wurden Gebrauchsmuster und Geschmacksmuster eingeführt, aber das Markengesetz wurde später gesondert veröffentlicht, und zwar am 28. November 1949, vgl. Song/Lee/Hwang, S. 96. Nach der Gründung der nordkoreanischen Regierung gab es keine privaten Industrien. Im Jahre 1957 wurde das Fundament zur künftigen industriellen Entwicklung in Nordkorea gelegt. Am 10. 6. 1980 ist Nordkorea der PVÜ (Stockholm) beigetreten und am 8. 7. 1980 dem Patentzusammenarbeitsvertrag (PCT). In der Folgezeit hat Nordkorea ein eigenes Gesetz über den gewerblichen Rechtsschutz geschaffen, d. h. erst am 28. 6. 1986 wurde das Gesetz über die Erfindungen und Neuerungen erlassen, und danach am 28. 10. 1986 Durchführungsbestimmungen zum Gesetz über die Erfindungen und Neuerungen, die am 1. 11. 1986 in Kraft traten, siehe den Nordkoreanischen Teil im TransPatent. Was den internationalen Vertrag in Bezug auf biotechnologische Erfindungen betrifft, ist am 20. 1. 2002 Nordkorea dem Budapester Vertrag beigetreten, der am 21. 2. 2002 in Kraft trat. Siehe http://www.wipo.org/pct/en/newslett/2002/2002_01/ 1-04.htm (aufgerufen am 24. 5. 2003).

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

galt die amerikanische Militärverwaltungsordnung, die insofern von großer Bedeutung war, als damit das koreanische Patentwesen fortgeführt wurde. Durch den Korea-Krieg (1950–1953)8 wurde aber die grundlegende Infrastruktur Südkoreas völlig zerstört. Im Vordergrund stand daher zunächst die wirtschaftliche Entwicklung, wobei sich Südkorea nicht mit dem gewerblichen Rechtsschutz befasste. Das unter der amerikanischen Militärverwaltungsordnung erlassene erste koreanische Patentgesetz galt von 1945 unverändert 15 Jahre lang bis zur Regierungsübernahme nach der militärischen Revolution vom 16. Mai 1960 fort. Schließlich erfolgte am 31. Dezember 1961 eine grundlegende Reform bzw. Errichtung eines Systems des gewerblichen Rechtsschutzes, indem folgende Gesetze erlassen wurden9: das Patentgesetz (Gesetz Nr. 950), Gebrauchsmustergesetz (Gesetz Nr. 952), Geschmacksmustergesetz (Gesetz Nr. 951) und Wettbewerbsrecht (Gesetz Nr. 911). Das Markengesetz wurde erst 1963 einer Gesetzesänderung unterworfen (Gesetz Nr. 1 295) und trat am 5. März 1963 in Kraft. Damit war die Grundlage für das erste genuin koreanische System des gewerblichen Rechtsschutzes geschaffen10. Das Patentgesetz von 1961 war bedeutsam, weil es sowohl die noch heute geltenden Patentvoraussetzungen, als auch die nichtpatentierbaren Gegenstände erstmalig regelte11. Seither sind in den Jahren 197312 und 197613 noch weitere Gesetzesänderungen erfolgt. Am 1. März 1979 trat Korea der WIPO bei, am 4. Mai 1980 der Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ). Am 31. Dezember 1980 wurde das Patentgesetz geändert (Gesetz Nr. 2 685), wobei zur Beseitigung der Nachteile des Erstanmeldesystems insbesondere das Offenbarungs- und das Prüfungssystem14 8 Nach der Befreiung von Japan ist Korea aufgrund der Meinungsverschiedenheit der Ideologie in zwei Teile, Süd- und Nordkorea, getrennt worden. In Südkorea ist eine demokratische Regierung gegründet worden, während Nordkorea den Kommunismus als Staatsideologie zugrunde gelegt hat. Dieser Ideologieunterschied führte noch einmal zu einem koreanischen Krieg (1950 bis 1953). 9 Bei der Gesetzesänderung wurde vor allem der Begriff „Erfindung“, das Prioritätssystem, eine Änderung der Anmeldung eingeführt, und das Verfahren des Patenterteilung war klar geregelt geworden, vgl. Kim, W.-J., S. 40–41. 10 Song/Lee/Hwang, S. 96. 11 Kim, Y.-J., Das neue Patentverfahren in Korea, GRUR Int. 1999, 417. 12 Am 8. 2. 1973 trat es in Kraft (Gesetz Nr. 2 505). Entsprechend dem Zweck der Globalisierung waren insbesondere das Zwangslizenzsystem und die Arbeitnehmererfindung für Beamte eingeführt worden, vgl. Kim, W.-J., S. 40. 13 Im Jahre 1946 gehörte die Patentbehörde („Teukheoguk“) dem Handels- und Industrieministerium („Sangmubu“) an. Sie war als selbständige Institution für die Angelegenheiten über die Prüfungen, Einwände, Beschwerde usw. des gewerblichen Rechtsschutzes zuständig. Erst durch diese Gesetzesänderung wurde 1977 das koreanische Patentamt von dem Handels- und Industrieministerium getrennt und als selbständige Patentbehörde gegründet. 14 Auf Antrag des Patentsuchers oder eines Dritten macht das KPA eine Recherche zum Stand der Technik und prüft, ob die angemeldete Erfindung die materiellen Patentierungsvoraussetzungen erfüllt hat.

A. Die historische Entwicklung

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eingeführt wurden15. Durch die Einführung des Offenbarungssystems wurden unergiebige parallele Forschungsprojekte vermieden, und konnten die offenbarten Patentinformationen von Dritten genutzt werden. Zum Beitritt zum Patentzusammenarbeitsvertrag vom 10. August 1984 erfolgte eine Gesetzesänderung vom 29. November 1982, wobei Vorschriften über Verfahren der internationalen Patentanmeldungen ins Patentgesetz eingeführt wurden16. Ferner ist in den achtziger Jahren auf Druck der amerikanischen Regierung der Patentschutz für chemische Stoffe und Arzneimittel dahingehend verstärkt worden, dass neben dem bisher allein möglichen Verfahrensschutz der absolute Stoffschutz anerkannt wurde. Bereits seit dem Jahr 1978 hatten amerikanische Universitäten und Unternehmen biotechnologische Erfindungen beim Koreanischen Patentamt (KPA) angemeldet und auf Rechercherberichte gewartet, obwohl es damals im koreanischen Patentgesetz (KPatG) keine Vorschrift über biotechnologische Erfindungen gab. Diese Erfindungen betrafen Vektoren, neue Gene und rekombinante Peptide17. Die Schutzposition der Patentinhaber von biotechnologischen Erfindungen wurde kontinuierlich gestärkt, insbesondere durch die Anerkennung des Stoffschutzes im Jahre 1987, die auf Druck der USA erfolgte. Bis dahin waren sowohl Erzeugnis- als auch Verfahrenschutz für chemische Stoffe sowie für deren Verwendungen, für Arzneimittel, für Nahrungsmittel, für Genussmittel und für die durch Atomkernänderung hergestellten Stoffe von der Patentierung ausgeschlossen gewesen, da man die technologische Rückständigkeit Koreas für so groß erachtete, dass ein entsprechender Patentschutz die koreanische Wirtschaft ernsthaft bedroht hätte18. Es waren die USA, auf deren Betreiben der Stoffschutz in Korea eingeführt wurde. Die damalige koreanische Regierung hat das Stoffschutzwesen ins KPatG mit der Begründung eingeführt, dass dadurch die technologische Entwicklung der nationalen Industrie gefördert und der Handelsstreit zwischen den beiden Staaten beseitigt werden solle. Zur Umsetzung dessen, was 1986 zwischen den USA und Südkorea vereinbart worden war, hat die koreanische Regierung am 31. Dezember 1986 die Gesetzesänderung vorgenommen, die am 1. Juli 1987 in Kraft trat (Gesetz Nr. 3 891), durch die der Stoffschutz ins koreanische Patentgesetz eingeführt wurde. Anfänglich waren nur chemische und medizinische Stoffe dem Patentschutz zugänglich, Nahrungsmittel sowie Genussmittel hingegen ausgeschlossen. Jedoch war die amerikanische Regierung mit dem gewerblichen Rechtsschutz in Korea nicht zufrieden, da der Schutz immer noch mangelhaft 15

Kim, W.-J., S. 41. Kim, W.-J., S. 41; Song/Lee/Hwang, S. 96. 17 Insbesondere Patentanmeldungsnummer 78-1672, 78-2559 von der Universität California und Nr. 78-3341, 78-3342 und 78-3343 von Genentech, vgl. Lee, D.-R., Patentschutzwesen biotechnologischer Erfindungen, Siehe Homepage des Korean Biotechnology Institute: http://biowin.kribb.re.kr (aufgerufen am 24. 6. 2002). 18 Lee, K.-S. usw., S. 112. 16

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

gewesen sei, und forderten Südkorea auf, den gewerblichen Rechtsschutz zu verstärken. Aufgrund des kommerziellen Drucks der USA wurde zu diesem Zweck im August 1988 ein allgemeines Handelsabkommen geschlossen. Dementsprechend erfolgte am 1. September 1990 eine Gesetzesänderung in Korea (Gesetz Nr. 4 207), durch die Anwendungsbereich des Patentgesetzes erweitert wurde, d. h. Stoffe einschließlich der Nahrungsmittel und Genussmittel wurden dem Patentschutz zugänglich gemacht19. Nach dem Zusatzprotokoll zu § 301 des Handelsabkommens werden die Schutzmaßnahmen für Datenbanken, Halbleiterchips, Satellit- und Fernsehsendungen, welche in Zukunft erwartet werden, entsprechend der technischen Entwicklung und der Schutzbedürfnisse der Industrie zu gegebener Zeit überprüft. Diese Verhandlungen sind insoweit von Bedeutung, als infolge des Drucks seitens der USA das Patentschutzwesen, das ergänzende Schutzzertifikat und die Verlängerung des Patentsschutzes im koreanischen Patentgesetz verankert wurden20. Damit wurde die Globalisierung sowie Harmonisierung an die weltweit einheitlichen Standards im Patentwesen herbeigeführt, wodurch die Rechte des Inhabers gestärkt wurden und gleichzeitig eine Modernisierung des Patentsystems in Korea erwirkte wurde, indem beispielsweise nun Patente für Erfindungen, die sich auf Nahrungsmittel und Genussmittel beziehen, erteilt werden konnten. Die Schutzfrist für Patente wurde von 15 Jahren ab Offenlegung der Anmeldung auf 20 Jahre nach der ursprünglichen Patentanmeldung geändert21. 1993 wurde das Patentgesetz zur Stärkung der Marktposition innerhalb der internationalen Konkurrenz erneut geändert. Insbesondere wurde das bestehende Offenlegungssystem dahingehend geändert, dass eine Patentanmeldung bereits vor Ablauf des achtzehnten Monats nach dem Anmeldetag bzw. Prioritätstag auf Antrag des Anmelders offengelegt werden konnte. Hierdurch sollte der potentielle Nachanmelder besser vor Doppelanmeldungen geschützt werden. Durch die Gesetzesänderung wurde ein vorläufiges Recht bis zur Patenterteilung eingeführt. Außerdem wurde klargestellt, dass Stoffe, die durch Atomkernänderung hergestellt werden, Gegenstand von Patenten sein können22. 1997 wurde das Einspruchssystem mit einer Frist von drei Monaten nach der Veröffentlichung der Patenterteilung eingeführt. Ferner hat die Politik zum Ziel erklärt, dass die Patentanmeldungen so schnell wie möglich geprüft werden, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass der Lebenszyklus der Technik kürzer geworden ist. Darüber hinaus ist der Prüfungszeitraum der angemeldeten Erfindung länger geworden23.

19 20 21 22 23

Lee, K.-S. usw., S. 112 ff. Kim, W.-J., S. 41. Kim, W.-J., S. 41. Kim, W.-J., S. 41 ff. Kim, W.-J., S. 42.

A. Die historische Entwicklung

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Im Hinblick auf die koreanische Patentgeschichte ist das Jahr 1998 insoweit von großer Bedeutung, als sowohl ein elektronisches Anmeldesystem eingeführt, als auch das Koreanische Patentgericht am 1. März 1998 errichtet worden ist. Dafür wurde die Novelle vom 23. September 1998 (Gesetz Nr. 5 576) erlassen. Vor der Gründung dieses Gerichts wurden die Patentverfahren einschließlich der Beschwerden gegen Beschlüsse der Prüfungsstelle und der Patentabteilungen sowie der Beschwerden über Klagen auf Erklärung der Nichtigkeit im KPA durchgeführt. Der Koreanische Patentgerichtshof hat die erste und zweite Instanz des koreanischen Patentamtes vereinheitlicht und es wird nunmehr von ihm erwartet, eine wichtige Rolle als das Patente betreffendes spezielles Gericht zu spielen. Des Weiteren wurde ein elektronisches Anmeldesystem für unverzügliche Prüfungen einer Vielzahl von Anmeldungen vor dem KPA eingeführt, wodurch die Kosten der Verwaltung verringert werden sollen24. Am 3. Februar 2000 (Gesetz Nr. 6 411) ist die derzeit jüngste Fassung in Kraft getreten. Diese Gesetzesänderung hat darauf abgezielt, durch die Verbreitung des Internets nach internationaler Harmonisierung des Patentwesens zu streben und unterschiedliche Systeme im Prüfungsverfahren zu vereinheitlichen25. 2. Die rechtshistorische Entwickung des Patentschutzes biotechnologischer Erfindungen in Südkorea Grundsätzlich ist die Erteilung von Patenten auf Erfindungen am bzw. von Lebewesen früher abgelehnt worden, da Lebewesen nicht als menschliche Erzeugnisse, sondern als Werke Gottes oder der Natur angesehen wurden und als nicht reproduzierbar galten26. Diese koreanische Grundanschauung erfuhr eine Änderung infolge der atemberaubenden Entwicklung und Durchsetzung der Gentechnologie in der modernen Medizin, insbesondere aufgrund der Wiederholbarkeit der Durchführung bzw. Herstellung des Gegenstands biotechnologischer Erfindungen unter Zuhilfenahme von Gentechnik. Dies führte dazu, dass mit der internationalen Anerkennung der Patente auf Erfindungen, die Lebewesen betreffen27, auch auf koreanischer Ebene eine allmählich Akzeptanz des Patentschutzes für Erfindungen mit bzw. von Lebewesen erreicht wurde. Ferner hat insbesondere das TRIPS-Übereinkommen von 1994, das den Mindestschutzstandard zum Schutz der Immaterialgüterrechte regelt, einen entscheidenden Einfluss auf das koreanische Patentrecht sowie auf den patentrechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen gehabt28. Hierbei ist insbesondere Art. 27 TRIPS-Übereinkommen zu erwähnen, wonach Inhalt und Umfang der patentier24

Kim, W.-J., S. 42. Kim, W.-J., S. 42 ff. 26 Song/Lee/Hwang, S. 196; Lee, C.-Y., S. 40 ff. 27 Zum Beispiel Diamond v. Chakrabarty des Supreme Court der USA von 1980, siehe GRUR Int. 1980, 627. 25

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

baren Gegenstände an die harmonisierten Maßstäbe der führenden Industrieländer angepasst werden müssen. Der Schutz biotechnologischer Erfindungen ist in Korea relativ spät entwickelt worden. Hinsichtlich der Erteilung von Patenten auf Pflanzen als solche war der Anfang früher, nämlich mit Anpassung an das amerikanische Patentwesen während der Nachkriegszeit, gemacht worden. Man gewährte von da an Patente für solche Erfindungen der Pflanzensorten, die sich nur vegetativ vermehren, d. h. die Erfindungen von Pflanzensorten, die sich generativ vermehren, waren dem Patentschutz nicht zugänglich. Ein rechtlicher Schutzrahmen der zuletzt genannten Gruppe der Pflanzensorte ist mit einem gesonderten Gesetz, nämlich dem Saatgutindustriegesetz (SGIG)29 geschaffen worden. Im Januar 1962 wurde dieses „Gesetz für das Saatgut der Hauptgetreide“ erlassen. Im Jahre 1995 ist der Name zu „Saatgutindustriegesetz“ (Seed Industry Law; Jongja Saneopbeop) vom 6. Dezember 1995 (Gesetz Nr. 5 024) geändert worden, und dieses ist erst im Dezember 1997 in Kraft getreten. Der Anerkennung des Patentschutzes für vegetativ vermehrbare Pflanzen folgte später die Erteilung von Patenten für Mikroorganismen. Zunächst trat Südkorea auf internationaler Ebene dem Vertrag über mikrobiologische Erfindungen, welche die Hinterlegung und Abgabe der Proben regeln, nämlich dem Budapester Vertrag über die internationale Anerkennung der Hinterlegung von Mikroorganismen für die Zwecke von Patentverfahren vom 28. April 1977 mit Änderung vom 28. März 1988 bei30. Damit erfolgte jedoch nicht die Einführung solchen Schutzes in das KPatG; dies war bereits am 1. Juli 1981 in die Patentausführungsverordnung (PatAV) geschehen31. Damals hatte Korea zwei Hinterlegungsstellen angekündigt, und zwar KAIST (Korea Advanced Institute of Science and Technology) und KFCC (Korean Federation of Culture Collection). In den achtziger Jahren verstärkte die Regierung ihre Unterstützung für die Genomforschung sowie die Biotechnologieindustrie32. In diesem Zuge ist folg28 Gemäß Art. 65. Abs. 2 des TRIPS-Übereinkommens ist Korea vom 1. 1. 2000 an verpflichtet, sämtliche Regelungen umzusetzen. 29 s. http://www.seed.go.kr/ (aufgerufen am 24. 6. 2002). Das Saatgutindustriegesetz mit Hinweis auf die Fassung des UPOV-Übereinkommens von 1991 und das KPatG verfasst worden, vgl. Lee, D., Patentschutzwesen biotechnologischer Erfindungen, (siehe http://biowin.kribb.re.kr (aufgerufen am 24. 6. 2002). 30 s. http://transpatent.com/archiv/bv173.html (aufgerufen am 24. 6. 2002). 31 § 1 Abs. 2 und 3 KPatAV. 32 Seit 1990 hat die Regierung die koreanische Biotechnologieindustrie intensiv unterstützt und im Jahre 1994 einen „Plan der Förderung der Biotechnologie 2000“ (Saengmyeonggonghak Yukseong Gyeohoik 2000) entworfen. Ergänzend ist der Erlass des Gesetzes zum Aufbau sowie Förderung der Biotechnologieindustrie erwogen worden, wonach ein Institut zur Förderung der Bioindustrie durch ein Sondergesetz bzw.

A. Die historische Entwicklung

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lich das „Gesetz zur Förderung der Biotechnologie“ mit In-Kraft-Treten am 31. Dezember 1983 zur Errichtung eines Forschungsinstituts der Gentechnologie sowie als erstmalige parlamentarische Förderungsmaßnahme im Rahmen der Gentechnologie erlassen worden33. Erst Mitte der neunziger Jahre waren in Korea einige Tiererfindungen beim KPA angemeldet worden, auch wenn der Patentschutz von Tiererfindungen nicht im KPatG geregelt worden war. Daher mussten die Patentprüfer des KPA die Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen prüfen, ohne eine Bestimmung im Patentgesetz oder eine Prüfungsrichtlinie bezüglich Tiererfindungen zu haben. Nach der Veröffentlichung der KBioRL hat das KPA erst seit Anfang 1999 damit angefangen, die Patentierbarkeit von Tiererfindungen nach seiner Biotechnologierichtlinie zu prüfen. In Bezug darauf wurden zwei Patente im Juni 2000 an Prof. Seo, Jeongseon erteilt34. Was ethische Fragen um die Patentierung biotechnologischer Erfindungen anbetrifft, sind umfangreiche gesellschaftliche Diskussionen im Gange, welche sowohl auf der Seite der Wissenschaft als auch auf derjenigen der Religion und Umwelt heftig geführt wird. Die koreanische Regierung will dazu ein Gesetz erlassen, in dem die Ethik des Lebens behandelt werden soll, das sog. „Gesetz über die Lebensethik und -sicherheit“.

II. Rechtsquellen zum Schutz biotechnologischer Erfindungen in Südkorea 1. Überblick Bei der Diskussion über biotechnologische Erfindungen im Rahmen des Patentrechts ist in erster Linie der koreanischen Verfassung (KV), welche Vorrang vor allen Gesetzen hat, Rechnung zu tragen. Gemäß Art. 22 Abs. 2 KV werden Rechte der Urheber, der Erfinder, der Wissenschaftler und der Künstler durch einen speziellen Investitionsverband der Bioindustrie gegründet, ein Spezialfond aufgebaut, die Grundlage für elektronischen Geschäftsverkehr sowie ein Netzwerk im Bereich der Bioindustrie aufgebaut, „Bioindustry Award“ aufgestellt, ein vereinigtes Informationssystem der Bioindustrie, ein Institut für Genom bzw. Erbfaktor, ein Auswertungszentrum für Sicherheit bzw. das Zentrum zur Nützlichkeit der Technik errichtet wird. 33 Es sind mehrere Gesetzesänderungen vorgenommen worden: am 28. 12. 1990, am 6. 3. 1993, am 5. 1. 1995, am 6. 12. 1995, am 28. 8. 1997 und am 29. 1. 2001. Die Ausführungsverordnung dieses Gesetzes ist am 22. 9. 1984 in Kraft getreten, und ist am 1. 2. 1991, am 6. 3. 1993, am 23. 12. 1994, am 13. 7. 1995, am 24. 5. 1999 und am 29. 12. 2000 geändert worden. s. http://www.most.go.kr/inforoom/m02_01_06.html (aufgerufen am 13. 7. 2002). 34 Yu, S. 64–65; Yun/Kim, S. 52. Darüber ist in der vorliegenden Arbeit später ausführlich beschrieben.

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

Gesetz geschützt. Hiernach sind grundsätzlich Patente für Erfindungen in allen technischen Bereichen, d. h. auch in der Biotechnologie, erhältlich35. Außerdem sieht Art. 10 KV die Menschenwürde als ideologische Grundlage des menschlichen Rechts36. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob und inwieweit Patente für die Erfindungen, die den Menschen, u. a. das menschliche Genom betreffen, mit der in der koreanischen Verfassung zugrunde liegenden Menschenwürde und -werte in Einklang gebracht werden können37. Hinsichtlich der Menschenwürde beinhaltet die Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen eine bedeutende Regel, denn bis dato gab es im Rahmen des Patentrechts keine Regelung über die Menschenwürde. Demzufolge sind Erfindungen, die die Menschenwürde ernsthaft verletzen würden, nicht dem Patentschutz zugänglich. Des Weiteren gibt es derzeit in Korea das Gesetz zur Förderung der Biotechnologie, das aber keine Vorschrift über Ethik enthält. Um diese Lücke zu schließen, ist auf parlamentarischer Ebene das sog. Gesetz über die Lebensethik und -sicherheit vorgeschlagen. Im Folgenden werden die Gesetze in Bezug auf Biotechnologie einzeln eingehend behandelt. 2. Gesetz zur Förderung der Biotechnologie („Saengmyeong Gonghak Yukseong Beop“) a) Überblick Die Entwicklung der Biotechnologieindustrie hat weltweit einen großen Einfluss auf das Leben des Menschen genommen, z. B. im Bereich der Medizin und der Landwirtschaft. Anfang der achtziger Jahre plante die koreanische Regierung, die bereits erkannt hatte, dass die Biotechnologie zukünftig von erheblicher Bedeutung sein würde, ein Gesetz, wonach die Biotechnologieindustrie in Korea gefördert werden sollte. In der Folge wurde im Dezember 1983 zum ersten Mal ein Gesetz mit dem Namen des „Gesetzes zur Förderung der Gentechnologie“ erlassen38. In den neunziger Jahren haben die koreanische Regierung und die Unternehmen die Entwicklung der Biotechnologie forciert. Im Jahre 1994 hat die koreanische Regierung den Plan „Biotech 2000 zur Förderung der 35

Art. 28 Abs. 1 TRIPS. Gemäß § 10 KV regelt die Unantastbarkeit der Würde und die Werte der Menschen. 37 Myeong, S. 9. 38 Der Name ist elf Jahre später geändert worden, d. h. zu dem Gesetz zur Förderung der Biotechnologie von 1994. Inzwischen wurden an dem Gesetz einige Änderungen vorgenommen, und zwar am 27. 12. 1990 (Gesetz Nr. 4,268), am 6. 3. 1993 (Gesetz Nr. 4,541), am 5. 1. 1995 (Gesetz Nr. 4,938), am 6. 12. 1995 (Gesetz Nr. 4,980), am 28. 8. 1997 (Gesetz Nr. 5,400) und am 29. 1. 2001 (Gesetz Nr. 6,400). 36

A. Die historische Entwicklung

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Biotechnologie“ gefasst. Gleichzeitig haben auf privater Ebene die Unternehmen die Entwicklung der Biotechnologieindustrie mit großer Kraft vorangetrieben39. Der Plan zielt grundsätzlich darauf ab, die Biotechnologieindustrie noch effizienter zu fördern und zu entwickeln, die Industrialisierung der Biotechnologie zu beschleunigen und damit einen Beitrag zur Entwicklung der Volkswirtschaft zu leisten. b) Sinn und Zweck In § 2 des Gesetzes zur Förderung der Biotechnologie ist der Begriff „Biotechnologie“ definiert. Danach versteht man hierunter die Wissenschaft und Technik, das biologische System, den Körper der Lebewesen bzw. der Gene oder daraus abgeleitete Substanzen zu erforschen und zu verwerten, um industriell nützliche Produkte herzustellen oder um den Produktionsprozess zu verbessern. Insbesondere sieht § 15 AO vor, dass die koreanische Regierung Anweisungen für Experimente zur Biotechnologieforschung und zur Förderung der Industrialisierung geben kann. Diese Anweisungen bezwecken nicht nur Verbeugung gegen biologische Gefahren, sondern auch Fortschritte biotechnologischer Forschung. Danach sind solche Experimente, z. B. genetische Rekombination40, die den Menschen zum Gegenstand haben und im Ergebnis zur Verletzung der Menschenwürde führen würden, verboten. Dadurch sollen Vorbeugemaßnahmen gegen biologische Gefahren, Umweltverschmutzung und ethische Probleme getroffen werden, welche im Gange der Forschung der Biotechnologie und ihrer Industrialisierung zu befürchten sind. Außerdem soll ein Sicherheitsmaßstab gegen Übertragung, Handhabung und Verwendung der genetisch veränderten Organismen realisiert werden. Dazu regelt § 15 AO, dass die Richtlinie für Experimente die Angaben zu umfassen hat, die sowohl zur Beseitigung der biologischen Gefahren, z. B. zur Sperrung der Verbreitung und Erweiterung der genetisch veränderten Lebewesen, als auch zur Vorbeugung gegen ethisch missbräuchliche Anwendungen erforderlich sind, z. B. zum Verbot von Experimenten wie Genrekombination, die Menschen zum Gegenstand haben41. Dennoch findet sich im Gesetz keine konkrete Vorschrift, in welcher Art und Weise es unter Strafe gestellt wird, wenn Forschung und Entwicklung die Verletzung der Menschenwürde zur Folge haben.

39 Beispielsweise haben große koreanische Unternehmen die Biotechnologieindustrie für vielversprechend gehalten und mit Investitionen begonnen. In der letzten Zeit hat die Gründung von Venture Capital Unternehmen auf dem biotechnologischen Gebiet rasch zugenommen und soll in Zukunft noch zunehmen. 40 Die Anweisungen für Experimente von genetischer Rekombination sind am 22. 4. 1997 in Kraft getreten. 41 § 15-2 Abs. 1 des Gesetzes zur Förderung der Biotechnologie.

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

c) Ethische Fragen bezüglich Biotechnologie In den achtziger Jahren waren die Kenntnisse zur Technik der Biotechnologie gering, deshalb wurden ethische und gesellschaftliche Probleme in Bezug auf Biotechnologie kaum an die Öffentlichkeit gebracht. Erst in den neunziger Jahren gelangte die Biotechnologie mit Hilfe der rasant entwickelten Technik an einen Wendepunkt. In diesem Zusammenhang tauchten Fragen auf, welche die Sicherheit und Ethik der Biotechnologie betrafen. Im Mittelpunkt der Fragen stand diejenige, ob die Schaffung des Lebens des Menschen gar in der koreanischen Gesellschaft erlaubt werden soll. Diese Fragen sind bis heute ungelöst, und zwar nicht nur bei den Wissenschaftlern, sondern auch in der Öffentlichkeit. aa) Entwürfe der politischen Parteien Außerdem ist 1993 Südkorea in die OECD eingetreten, womit Korea entsprechend der Aufforderung der OECD eines Gesetzes bedarf, das Sicherheit und Ethik der Biotechnologie einschließt. Die Abgeordneten Youngdal Jang und Sanghee Lee haben einen „Entwurf des Gesetzes zur Förderung der Biotechnologie“ vorgelegt. Dieser Entwurf wurde von der „Solidaritätstagung der Lebensethik und -sicherheit“ (im folgenden Solidaritätstagung) so beurteilt, dass er unzureichend wäre, Sicherheit und Ethik der Biotechnologie zu gewährleisten. Am 11. September 1998 hat die Solidaritätstagung ein Forum über den Entwurf veranstaltet. Nach dem Forum wurde dem Parlament ein neuer Entwurf vorgelegt. Dagegen wandte sich aber die Solidaritätstagung, denn sie bestand darauf, dass neben dem Gesetz zur Förderung der Biotechnologie von 1994 das Gesetz in Bezug auf die Lebensethik erlassen werden soll42. Des Weiteren hat die Gesamtversammlung für Sicherheit sowie Ethik des Lebens am 11. November 1998 ihre eigene Meinung über den Entwurf der Gesetzesänderung zur Förderung der Biotechnologie veröffentlicht. Sie hat insbesondere darauf bestanden, dass das Gesetz über die Lebensethik unabhängig vom Gesetz zur Förderung der Biotechnologie etabliert werden müsse43. Außerdem ist fraglich, inwieweit das Gesetz die ethischen Fragestellungen berücksichtigt werden sollte. Die ethischen Fragen um die Patentierung biotechnologischer Erfindungen wurden noch heftiger diskutiert, als 1997 die Schaffung des Schafs „Dolly“ weltweit große 42 s. http://www.unesco.or.kr/cc/archive.html; http://www.ksdn.or.kr (aufgerufen am 25. 7. 2001). Es wäre begrüßenswert, ein Gesetz zu erlassen, das die Sicherheit und Ethik hinsichtlich der Anweisungen der Biotechnologie regelt. Allerdings ist es problematisch, im Rahmen des Gesetzes zur Förderung der Biotechnologie die Sicherheit und Ethik zu behandeln, denn es könnte zu unerwarteten Folgen führen, dass ohne ausreichende Prüfung darüber die diesbezügliche Vorschrift in das Gesetz aufgenommen wird. 43 Dazu ausführlich in: www.ksdn.or.kr/ (aufgerufen am 18. 8. 2001).

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Aufmerksamkeit erregt hatte. Die Diskussion innerhalb der koreanischen Gesellschaft hat sich daraufhin dahingehend entwickelt, dass man davon ausging, dass Korea einer gesetzlichen Regelung über die menschliche Reproduktion bedürfe. Mit Rücksicht darauf erscheint das Gesetz zur Förderung der Biotechnologie nicht als ausreichend, denn dieses Gesetz wird nur zur „Förderung“ der Biotechnologie verwendet, regelt jedoch nicht konkret, wer Genforschungen vornehmen darf und wo Gene verwaltet und kontrolliert werden sollen. Eine neue Gesetzesvorlage über die Lebensethik und -sicherheit stellt daher darauf ab, „ein Sicherheits- und Ethikkomitee der Biotechnologie“ einzurichten, da zwar ein „Beratungsausschuss der nationalen Lebensethik“ organisiert, nicht aber dazu geeignet ist, Sicherheitsmaßnahmen gegen reproduzierte Lebewesen zu bieten. Diese Überlegungen sind dann auch zu den politischen Parteien vorgedrungen, welche daraufhin zwei Entwürfe vorgelegt haben. Nach dem Entwurf der Partei Gukminhoeui sind folgende Eingriffe verboten: Experimente zur menschlichen Reproduktion, Fusion der Keimzelle zwischen dem Menschen und Tieren, Transplantation der Keimzelle des Menschen in Tiere oder umgekehrt, Änderung der menschlichen Spermien, Eizelle und Keimzelle durch Gentherapie, Herstellung der Keimzelle durch Extrakt der Spermien und der Eizelle aus dem Embryo oder aus Verstorbenen, Manipulation der menschlichen Gene, deren Einfluss an die nächste Generation übertragen werden könnte, und weitere durch Präsidialverordnung bestimmte sonstige Eingriffe. Im Gegensatz dazu verbietet der Entwurf der Partei Hannara die Reproduktion mit Benutzung der menschlichen Geschlechtszellen und somatischen Zellen, gegenseitige Fusionen der befruchteten Eizellen oder somatischen Zellen zwischen Menschen und Tieren, gegenseitige Transplantation der befruchteten Eizelle oder des Embryos zwischen Menschen und Tieren, Herstellung der befruchteten Eizelle durch Extrakte der Spermien und der Eizelle aus dem menschlichen Embryo oder Verstorbenen44. In diesen Entwürfen geht es vor allem darum, wie weit sich der Umfang der Forschung und Entwicklung bezüglich biotechnologischer Erfindungen erstrecken darf, und ob der Verstoß gegen die Verbotsbestimmungen unter Strafe gestellt werden sollte. Beiden Entwürfen zufolge ist die menschliche Reproduktion grundsätzlich verboten. Eine Ausnahme ist für den Fall vorgesehen, dass die gentechnische Forschung oder das Experiment zur Behandlung von Erbkrankheiten, z. B. Krebs, durch das Lebensethikkomitee zugelassen wird45. Au44 s. http://www.unesco.or.kr/cc/archive.html; http://www.ksdn.or.kr (aufgerufen am 25. 7. 2001). 45 § 15 Abs. 1 des Entwurfs. Aber es wäre problematisch, dass beide Entwürfe die Forschungen oder die Experimente zur menschlichen Reproduktion unter der Zulassung des Lebensethikkomitees als möglich aussehen.

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

ßerdem beschränkt sich der Verbotstatbestand auf bestimmte Eingriffe. Damit besteht immer noch Spielraum zur Auslegung des Verbotstatbestands46. Gemäß § 15-2 Abs. 2 beider Entwürfe dürfen keine Forschungskosten oder Subventionen für die menschliche Reproduktion gewährt werden. Beide Entwürfe wollen also durch eine Art finanzielles Unterstützungsverbot solche Forschungsprojekte kontrollieren47. bb) Entwürfe der Regierung In diesem Zusammenhang ist noch die Haltung zweier Ministerien zu erwähnen. Am 15. Juli 2002 hat zunächst das Ministry of Health and Welfare der Öffentlichkeit einen Entwurf des Gesetzes über die Ethik des Lebens vorgestellt. Vor der Bekanntmachung führte der Entwurf des Ministry of Health and Welfare bei Wissenschaftlern, Geistlichen und der Öffentlichkeit zu heftigen Auseinandersetzungen, denn er schildert konkret den Zulassungsbereich und Zweck der Forschung über die menschlichen Stammzellen48. Zum einen genehmigt er teilweise die Forschung über die gefrorenen Stammzellen, zum anderen verbietet er es, alle Typen von somatischen Zellen zu therapeutischen Zwecken zu reproduzieren. Allerdings hinterlässt dieser Entwurf inhaltlich noch eine zu korrigierende Lücke, da er durch den Vereinheitlichungsprozess mit einem anderen Entwurf von dem Ministry of Science and Technology geändert wird. In diesem Entwurf geht es u. a. darum, ob die Reproduktion der somatischen Zelle zu therapeutischen Zwecken doch erlaubt wird. Dieser Entwurf hat ganz und gar verboten, auf irgendeine Art und Weise Keimbahnzelle zu reproduzieren, mit der Begründung, dass, wenn die Reproduktionstechnik der Keimzellen zu therapeutischen Zwecken erlaubt würde, sie unter dem Verwaltungssystem in Korea, in dem die Stammzellenkontrolle noch nicht gewährleistet ist, ohne weiteres mit der Reproduktion zu Fortpflanzungszwecken und sogar mit der Reproduktion des menschlichen Individuums verknüpft werden könnte. Jedoch beinhaltet der Entwurf zugleich eine zeitliche Begrenzung, wonach die Bestimmung, die Reproduktion 46 Unter diesem Gesichtpunkt sollte der Verbotsrahmen klar eingegrenzt werden, und außerhalb dieses Verbotsrahmens ist die Forschungsfreiheit zuzulassen. 47 Allerdings sollte nur durch finanzielle Kontrolle der Zweck des Verbots der menschlichen Reproduktion nicht erreicht werden, denn z. B. multinationale Unternehmen könnten das Forschungsprojekt in Bezug auf die menschliche Reproduktion unterstützen. Deshalb wäre diese Vorschrift des Entwurfs ineffizient. Meiner Meinung nach sollte die menschliche Reproduktion gesetzlich unter Strafe gestellt werden, nur dadurch könnte das Ziel des Gesetzes erreicht werden. 48 Unter „Stammzellen“ versteht man Zellen, aus denen durch Teilung jeweils wiederum eine Stammzelle und eine zur Differenzierung fähige Zelle entstehen, vgl. Pschyrembel Klinisches Wörterbuch, 258. Aufl., Walter de Gruyter, Berlin/New York 1998.

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des Embryos unter Benutzung der somatischen Zellen zu verbieten, unter Berücksichtigung der Entwicklung von Wissenschaft und Technik sowie der Änderung des Maßstabs der Ethik in der Gesellschaft in drei Jahren wiederum überprüft werden soll49. Abgesehen davon schließt der Entwurf eine Vorschrift zur Forschung über den menschlichen Embryo ein. Der Forschungsgegenstand beschränkt sich aber nur auf Embryonen von vierzehn Tagen nach Befruchtung von Eizelle und Spermium, denn nach Ablauf dieser Zeit befindet sich der Embryo in einem Stadium, in dem spezielle Organe wie z. B. Knochen oder Nerven, gebildet werden. Die Forschung an Embryonen ist eingeschränkt erlaubt, weil die von einem Embryo entwickelte Stammzelle zukünftig in einem bedeutenden Mittel zur Behandlung von unheilbaren Krankheiten Anwendung finden könnte und weil die Behauptung der Wissenschaftler der Biotechnologie, dass diese Forschung zur Entwicklung von Heilungsverfahren der Unfruchtbarkeit nötig sei, als zutreffend gilt50. Mit anderen Worten ist es verboten, einen menschlichen Embryo außer zum Zweck der Schwangerschaft eines unfruchtbaren Ehepaars herzustellen. Hingegen wird die medizinische Forschung mit dem Embryo, der nach der Behandlung der Unfruchtbarkeit noch hinterlassen wird, erlaubt, z. B. zur Vorbeugung, Diagnose und Therapie von Krankheiten. Innerhalb der koreanischen Gesellschaft besteht Einigkeit darüber, dass dieser Entwurf auf jeden Fall Vorschriften enthalten soll, welche die Reproduktion des menschlichen Individuums ablehnen. Diesen Gesetzesentwurf hat die koreanische Regierung dahingehend ergänzt, dass die menschliche Reproduktion streng verboten ist und dass das neu zu gründende Ethikkomitee den Zulassungsumfang der Forschung über Reproduktion des Embryos festlegen soll. Der Schwerpunkt des Gesetzesentwurfs, ob und inwieweit die Forschung über Embryonen erlaubt sein soll, kam darin nicht zum Ausdruck, denn die koreanische Regierung war der Meinung, dass es einen großen Meinungsunterschied zwischen Geistlichen und Wissenschaftlern gibt, und dass Rücksicht darauf genommen werden sollte, wonach sich die fortgeschrittenen Staaten richten. Außerdem haben Geistliche und Öffentlichkeit darauf bestanden, dass es verboten sein müsse, Embryonen zu reproduzieren und heterozygoten51 Geschlechtsverkehr vollziehen zu lassen52. Darin kommt aber nicht zum Ausdruck, ob die Forschung an gefrorenen Embryonen verboten ist. Die Entscheidung, ob die Forschung über menschliche Embryonen und über heterozygoten Geschlechtsverkehr doch erlaubt wird, ist dem innerhalb der Regierung neu zu gründenden Lebensethikkomitee zu überlassen. Derzeit ist der 49

s. Zeitung „Chosun-Ilbo“ v. 15. 7. 2002. s. Zeitung „Chosun-Ilbo“ v. 15. 7. 2002. 51 Der Begriff „heterozygot“ wird Bezeichnung für Individuen verstanden, bei denen derselbe Genort auf den homologen Chromosomen durch zwei verschiedene Allele besetzt ist, siehe auch Zeitung „Chosun-Ilbo“ v. 15. 7. 2002. 52 Dazu ausführlich bei der Zeitung „Hanguk-Ilbo“ v. 25. 7. 2002. 50

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

Entwurf dem Parlament vorgelegt und noch nicht verabschiedet, denn nicht nur die Experten aus der Biotechnologie und dem Bürgerverband, sondern auch das Ministry of Health and Welfare und das Ministry of Science and Technik stehen hinsichtlich der ethischen Fragen miteinander im Widerspruch. 3. Saatgutindustriegesetz („Jongja Saneopbeop“) a) Überblick Der Bereich der Technik in Bezug auf Pflanzensorten beinhaltet zwei Kategorien, und zwar die Verfahren zur Züchtung neuer Pflanzensorten sowie gezüchtete Pflanzensorten an sich53. Erstere ist in den meisten Ländern durch das jeweilige Patentgesetz geschützt, letztere dagegen ist im Hinblick auf die Schutzverfahren noch nicht vereinheitlicht. Dementsprechend hat man 1930 in den USA das „Pflanzenpatentgesetz (Plant Patent Act)“ erlassen, mit dem die vegetativ vermehrten Pflanzensorten geschützt worden sind. Das Gesetz über Pflanzensorten, die sich generativ vermehren, ist im Jahre 1970 in Kraft getreten. Außerdem werden die Pflanzensorten in den USA nach dem PVPA (Plant Variety Protection Act) geschützt. 1953 hat Deutschland ein spezielles Gesetz zum Pflanzenschutz (Sortenschutzgesetz) erlassen. Frankreich folgte 1957 mit dem Sortenschutzgesetz über Pflanzen. Im Jahre 1961 ist ein Internationales Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV) in Paris verabschiedet worden und 1968 in Kraft getreten. Das UPOV wurde 1978 und 1991 geändert; bei der Revision von 1991 wurde die Vorschrift über Doppelschutzverbote derselben Pflanzen abgeschafft. Im Vergleich dazu sind in Korea die Pflanzensorten nicht nur im Patentgesetz, sondern auch in einem speziellen Sortenschutz geschützt, d. h. im Saatgutindustriegesetz (SGIG). Hierbei sind die im Rahmen des koreanischen Patentrechts geschützten Pflanzensorten nur diejenigen, die sich vegetativ vermehren können54. Durch das SGIG, das auf dem internationalen Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV) vom 2. Dezember 1991 beruht55, wurden die herkömmlichen Gesetze „Saat53

Dazu ausführlich bei www.parkpat.com/content/ (aufgerufen am 13. 9. 2001). Im geltenden koreanischen Patentgesetz ist eine Vorschrift über Pflanzenerfindungen vorhanden, die vom amerikanischen Patentgesetz (35 U.S.C.) beeinflusst worden ist. Gemäß § 31 KPatG ist der Patentschutz für die Pflanzensorten, die sich generativ vermehren können, nicht zugänglich. In 35 U.S.C. § 161 ist vorgesehen, dass derjenige, der eine unterscheidbare und neue Pflanzenmarke, einschließlich kultivierter Spielarten, Mutationen, Hybriden und neu herausgefundener Sämlinge, außer einer mit Knollen sich fortpflanzenden Pflanze oder einer Pflanze, die in einem unkultivierten Zustand ist, erfindet oder entdeckt und nicht generativ vermehrt, dafür vorbehaltlich der Bedingungen und Erfordernisse des Titels ein Patent erhalten kann. 55 Südkorea ist aber erst am 7. 1. 2002 dem UPOV-Übereinkommen beigetreten, vgl. http://www.upov.int/de/about/members/pdf/members.pdf (aufgerufen am 13. 1. 54

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gutgesetz für Hauptgetreide (Jongzabeop)“ und das „Verwaltungsgesetz über das Saatgut (Jongmyo Gwallibeop)“ vereinfacht. Das SGIG trat erst am 6. Dezember 1995 in Kraft und wurde danach sieben Gesetzesänderungen unterworfen56. Außerdem wurde das SGIG entsprechend Art. 27 Abs. 3 b) S. 2 TRIPSÜbereinkommen als ein spezielles Gesetz, das die Pflanzensorten betrifft, festgelegt, das vom Ministry of Agriculture and Forestry verwaltet wird. Die Mitglieder sehen jedoch den Schutz von Pflanzensorten entweder durch Patente oder durch ein wirksames System sui generis oder durch eine Kombination beider vor. Hierbei beruht ein wirksames System sui generis wohl auf dem UPOVÜbereinkommen57. Im Prozess des TRIPS-Übereinkommens sind die generativ zu vermehrenden Pflanzensorten vom Patentschutz ausgenommen worden. b) Zweck und Schutzvoraussetzungen Das SGIG beschreibt den rechtlichen Schutz der Züchter für neue Pflanzensorten, die Verwaltung der Qualität der wesentlichen Sorten sowie die Herstellung, die Gewährleistung und den Vertrieb des Saatguts. Gemäß § 1 zielt das SGIG darauf ab, eine Entwicklung der Saatgutindustrie anzustreben und einen Beitrag zur Stabilisierung der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft und der Fischerei zu leisten, um die koreanischen Saatgutindustrien international konkurrenzfähig zu machen. Der Begriff „Sorte“ in § 2 Nr. 4 SGIG entspricht dem des UPOV-Übereinkommens und wird verstanden als eine pflanzliche Gesamtheit innerhalb eines einzigen botanischen Taxons der untersten bekannten Rangstufe, die durch die Ausprägung eines der genetisch expressiven Merkmale von jeder anderen pflanzlichen Gesamtheit unterschieden und unverändert vermehrt werden kann. Die Voraussetzungen des SGIG entsprechen der Fassung des UPOV-Übereinkommens von 1991. Gemäß § 12 SGIG wird Sortenschutz für eine Pflanzensorte erteilt, wenn sie neu, unterscheidbar, homogen, beständig und durch eine 2003); vgl. Ahn (1999), Der Beurteilungsmaßstab der Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen, Patent und Marke, Nr. 481. 56 Am 6. 12. 1995 wurden die traditionellen wesentlichen Getreide- und Saatgutverwaltungsgesetze abgeschafft, und an deren Stelle ist das SGIG verabschiedet worden. Die erste Gesetzesänderung zum SGIG wurde am 8. 8. 1996 (Gesetz Nr. 5 153) vorgenommen und danach am 12. 12. 1996 (Gesetz Nr. 5 170) wegen der speziellen Finanzierung durch die Regierung durchgeführt. Danach wurde das Gesetz am 13. 12. 1997 (Gesetz Nr. 5 453), am 21. 1. 1999 (Gesetz Nr. 5 668), am 21. 1. 2000 (Gesetz Nr. 6 190), am 26. 1. 2001 (Gesetz Nr. 6 374) und am 26. 1. 2002 (Gesetz Nr. 6 626) geändert, vgl. Song/Lee/Hwang, S. 199 ff. s. http://www.seed.go.kr/seed (aufgerufen am 10. 7. 2002). 57 Park, S.-H., Das Koreanische Patentwesen biotechnologischer Erfindungen und der Schutz der genetischen Materialien, siehe http://jus.snu.ac.kr/~sjjong (aufgerufen am 18. 9. 2001).

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

eintragbare Sortenschutzbezeichnung bezeichnet ist. Eine Sorte gilt als homogen, wenn ihre maßgebenden Merkmale hinreichend einheitlich sind. Eine Sorte gilt als unterscheidbar, wenn sie sich von einer anderen Sorte, die bereits am Antragstag bekannt ist, deutlich unterschneidet. Eine Sorte gilt als beständig, wenn ihre maßgebenden Merkmale nach wiederholter Vermehrung oder im Fall eines Vermehrungszyklus am Ende eines jeden Zyklus unverändert bleiben. Eine Sorte gilt als neu, wenn ein solches Saatgut oder dessen Ertrag vor dem Antrag nicht oder nur innerhalb folgender Zeiträume zu gewerblichen Zwecken an andere abgegeben worden ist: im Hoheitsgebiet Koreas ein Jahr und außerhalb von Korea vier Jahre, bei Obst- und Waldbäumen sechs Jahre. Der Sortenschutz dauert 20 Jahre von dem Tag an, an dem eine Sorte bei der Sortenschutzrolle in dem Ministry of Agriculture and Forestry registriert wird. Für Obst- und Waldbäume darf diese Zeit nicht kürzer sein als 25 Jahre von diesem Zeitpunkt an (§ 56). c) Schutz der Pflanzenzüchter Gemäß § 57 des SGIG ist allein der Sortenschutzinhaber berechtigt, zu gewerblichen Zwecken Vermehrungsmaterial der geschützten Sorte zu erzeugen und zu Vermehrungszwecken aufzubereiten, anzufertigen, zu übertragen, einoder auszuführen oder auszustellen. Aber die Wirkung des Sortenschutzes erstreckt sich nicht auf die Handlungen im privaten Bereich zu nicht gewerblichen Zwecken, zu Versuchs- oder Forschungszwecken oder zur Züchtung neuer Sorten. Unter Berücksichtigung der Spezialität des Sortenschutzes und des Volksrechtsschutzes wird eine Kommission des Gerichts zum Sortenschutz innerhalb des Ministry of Agriculture and Forestry eingesetzt, die für die Verfahren und deren Wiederaufnahme zuständig ist. Gegen ein Urteil der Kommission kann zunächst die Beschwerde beim Koreanischen Patentgerichtshof eingelegt werden, und dann beim Korean Supreme Court. Nach dem SGIG kommt dem Züchter das Züchterrecht in Bezug auf Vermehrungsmaterial der geschützten Sorte zu. Allerdings kann das Züchterrecht bezüglich jeder Sorte eingeschränkt werden, um den Landwirten das Landwirteprivileg zu gestatten. Mit Rücksicht darauf wird das koreanische SGIG als vom UPOV-Übereinkommen beeinflusst aufgefasst58. d) Unterschiede zwischen dem Sorten- und Patentschutz Die Unterschiede zwischen SGIG und Patentwesen in Korea liegen im Gegenstand des Schutzes. Nach dem SGIG werden alle Sorten, die vom Minister of Agriculture and Forestry bekannt gemacht werden, unter Schutz gestellt, 58

s. http://jus.snu.ac.kr/~sjjong (aufgerufen am 18. 9. 2001).

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während das Patentgesetz nur den Schutz von vegetativ zu vermehrenden Pflanzensorten regelt. Mit anderen Worten sind nach dem Patentgesetz nur die vegetativ zu vermehrenden Pflanzensorten patentierbar, während das SGIG sowohl den Schutz der vegetativ als auch generativ zu vermehrenden Pflanzensorten gewährleistet. Der Unterschied liegt aber nicht allein im Gegenstand des Patentschutzes, sondern auch in den Schutzvoraussetzungen und der Schutzdauer. Die Schutzvoraussetzungen im Patentgesetz sind Neuheit, erfinderische Tätigkeit, gewerbliche Anwendbarkeit und Wiederholbarkeit, während die Pflanzensorte im SGIG neu, unterscheidbar, homogen, beständig und durch eine eintragbare Sortenschutzbezeichnung bezeichnet sein muss. Hierbei ist der Prüfungsmaßstab auf Neuheit unterschiedlich. Der Pflanzenzüchter sollte daher die Neuheit nach beiden Schutzmechanismen im Auge behalten, denn er kann nur dann die Voraussetzung der Neuheit erfüllen, wenn die Pflanzensorte zunächst nach dem Patentgesetz und dann nach dem SGIG angemeldet wird. Verfährt er anders herum, wird die erste Anmeldung neuheitsschädlich sein. Außerdem ist das Verfahren der genetischen Manipulation patentfähig, wird aber nach dem SGIG nicht dem Schutz zugänglich gemacht59. Der wesentliche Unterschied liegt in der Wirkung. Nach dem SGIG erstreckt sich das Züchterrecht nicht auf (i) Handlungen betreffend die geschützten Sorten im privaten Bereich zu nichtgewerblichen Zwecken, (ii) Handlungen betreffend die geschützten Sorten zu Versuchs- und Forschungszwecken und (iii) Handlungen betreffend die geschützten Sorten zum Zweck der Züchtung von anderen neuen Sorten. Außerdem kann das Züchterrecht auf einschlägige Sorten beschränkt werden, wenn der Landwirt diese Sorten im eigenen Betrieb zum Zweck der Vermehrung verwendet. Im koreanischen SGIG fällt man vor allem auf, dass keine Bestimmung darüber vorgesehen ist, die freie Ausübung eines Züchterrechts im öffentlichen Interesse zu beschränken. Im Vergleich zum Patentrecht sind im SGIG Handlungen zu privaten Verbrauchs- oder Herstellungszwecken, oder zu Züchtungszwecken der anderen Sorten erlaubt. 4. Die koreanische Biotechnologierichtlinie a) Überblick Mit der rasanten Entwicklung der Biotechnologie ist in den neunziger Jahren die Anzahl der Patentanmeldungen betreffend biotechnologische Erfindungen erheblich gestiegen60. So waren es im Jahre 1988 insgesamt 677 Patentanmeldungen, nur zehn Jahre später bereits 1579 (1998). Im Vergleich dazu sind im Jahre 1999 insgesamt 401 Patentanmeldungen, die nur Gene betreffen, beim 59 Kwon, Ohui, Zeitschrift „Jijeokjaesan (Gewerblicher Rechtsschutz)“ September 2001, 114 ff. 60 s. http://soback.kornet21.net/~genexam (aufgerufen am 5. 10. 2001).

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

KPA eingereicht worden. Davon stammten 151 von Koreanern (37%) und 250 von Ausländern (63%). Bis November 2000 sind Gene betreffende Patentanmeldungen im Vergleich zu 1999 um 57% angestiegen, nämlich auf 598. Man muss sich hierbei vergegenwärtigen, dass derartige Patentanmeldungen eine riesige Menge an Informationen enthält, nämlich etwa 26 MB – das entspricht ca. 12.000 DIN A4-Seiten. Zur Prüfung solcher Patentanmeldungen hat das KPA eigene Prüfungsrichtlinien für die jeweiligen Industriezweige erlassen. Sie lauten: „Gentechnische Erfindungen“, „Mikrobiologische Erfindungen“, „Industrie des angewandten Mikroorganismus“ und „Vegetativ vermehrende Pflanzensorten“. Der Inhalt der bestehenden Prüfungsrichtlinien überschnitt sich allerdings teilweise und war für die gegenwärtige Entwicklung der Technik auch nicht flexibel genug und daher ungeeignet61. Es fehlten allerdings noch die Richtlinien zur Patentierung des menschlichen Genoms und der Tiererfindungen. In diesem Zusammenhang wurde sorgfältig die internationale Tendenz beobachtet, und zwar die europäische, die amerikanische und die japanische Tendenz, ob und inwieweit in diesen Ländern Patente für biotechnologische Erfindungen erteilt wurden. D. h. im Jahre 1997 erregte die Schaffung des Schafs „Dolly“ die öffentliche Aufmerksamkeit. Im Anschluss daran wurde 1998 die EU-Biorichtlinie veröffentlicht. Im Rahmen dieser Entwicklung wurden die Fragen nach der Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen in Korea von den Experten einschließlich der Wissenschaftler und Praktiker gründlich diskutiert, wobei ethische Fragen zu heftigen Auseinandersetzungen führten. Außerdem wird vorausgesehen, dass die Forschungsergebnisse des HGP zur Patentierung beim KPA eingereicht werden. Zur effizienten Prüfung in diesem Bereich musste die Richtlinie „Gentechnische Erfindungen“ jedenfalls inhaltlich noch überarbeitet werden. Schließlich wurde am 1. März 1998 die KBioRL bekanntgegeben. Die KBioRL vereinigt die Prüfungsrichtlinien „Industrie des angewandten Mikroorganismus“ und „Mikrobiologische Erfindungen“. Neu einbezogen sind die Tiererfindungen. Damit ist eine systematische und konsequente Biotechnologierichtlinie kreiert worden. Mit Rücksicht darauf, dass die sich rasant entwickelnde genetische Rekombinationstechnik bei Tier- und Pflanzenerfindungen Anwendung findet, sind in der Richtlinie insbesondere die Erläuterungen zu gentechnischen Erfindungen in bedeutendem Maße ergänzt worden. b) Inhalte der KBioRL Die Erfindungen in der KBioRL sind in vier Teile eingeteilt, und zwar gentechnische, mikrobiologische, pflanzliche und tierische Erfindungen. Nach dem ersten Teil der KBioRL sind mögliche Gegenstände des Patentschutzes Gene, DNS-Abschnitte, SNPs, Antisense, Vektor, Rekombinant-Vektor, Transformant, 61

Präambel der KBioRL.

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Monoklonal Antikörper, Proteine, Rekombinant Proteine, DNS Chip usw. Bei den mikrobiologischen Erfindungen handelt es sich um die Mikrobe selbst, die Verwendung einer neuen Mikrobe und die Verwendung einer an sich bekannten Mikrobe usw. Hierbei bedeutet Verwendung des Mikroorganismus ein Verfahren, bei dem Stoffe von Mikroben hergestellt oder behandelt werden. Ferner ergänzt die KBioRL ausführlich § 31 KPatG, der Erfindungen von Pflanzensorten regelt. Diejenigen Erfindungen, die vegetativ zu vermehrende Pflanzensorten betreffen, werden in der Richtlinie konkret festgelegt. Außerdem sind die Tiererfindungen, die nach der KBioRL geschützt werden, das Tier selbst, ein Teil eines Tiers, Verfahren zur Erzeugung eines Tiers und die Verwendung eines Tiers. Gegenüber den Basensequenzen der Nukleinsäuren und Aminosäuresequenzen, die im Bereich gentechnischer Erfindungen den Schwerpunkt bilden, kann seit 1999 eine elektronische Datei, die computerlesbar ist, beim KPA eingereicht werden. Dafür wurde die „Beschreibungsmethode zu den die Sequenzen betreffenden Anmeldungen“ zur Richtlinie hinzugefügt62. Unter Berücksichtigung dessen, dass man weltweit dazu neigt, Patente für die Erfindungen von nicht-menschlichen Tieren zu erteilen, und dass in Korea schon Tiererfindungen angemeldet worden sind, spricht die Biotechnologierichtlinie für ihre Patentierbarkeit, wobei sie hieran konkrete ethische Bedingungen knüpft. c) Revision der KBioRL Im Dezember 2000 hat das KPA eine Revision der Biotechnologierichtlinie durchgeführt, denn entsprechend der Veröffentlichung der ersten Forschungsergebnisse des HGP, in dem Gensequenzen der ca. 3 Milliarden von Basenpaaren entschlüsselt werden63, wird erwartet, dass eine große Menge der genetischen Informationen in Bezug auf das menschliche Genom, vor allem DNS-Abschnitte, SNPs (Single Nucleotide Polymorphisms), ESTs (Expressed Sequence Tags) beim KPA eingereicht werden64. Die genetischen Informationen des Menschen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie eine beschränkte Menge des menschlichen Genoms enthalten. Der Entwurf der Revision wurde in erster Linie von der Abteilung der Gentechnik des KPA gefertigt, und durch den Beratungsausschuss, der sich aus den Wissenschaftlern, den Industriellen, den Forschern und den Patentanwälten zusammensetzt, nachgeprüft. Im Dezember 2000 wurde schließlich die Novelle verabschiedet, die im Januar 2001 in Kraft getreten ist. Insbesondere im Bereich gentechnischer Erfindungen ist es unumgänglich, die Prüfungsrichtlinie über die Patentierbarkeit von ESTs, SNPs, der Forschungsergebnisse des HGP, oder der Gene, deren Funktion mithilfe des 62 63 64

Präambel der KBioRL. Lee, D.-H., S. 24. s. Zeitschrift „Patent und Marke“ v. 5. 9. 2000.

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

Computers „erraten“ wird, zu überarbeiten. In der geänderten Biotechnologierichtlinie steht im Vordergrund, wie und inwieweit die Patentierbarkeit von DNS-Abschnitten und SNPs geprüft wird. In diesem Zusammenhang sieht die KBioRL bereits vor, dass mithilfe der Bioinformatik Gensequenzen untersucht werden, und damit eine große Menge von Patentanmeldungen biotechnologischer Erfindungen eingereicht wird. Der Revision zufolge sind die genetischen Informationen als solche über Gensequenzen mangels Nützlichkeit von der Patentierung ausgenommen. Für Erfindungen, in denen spezielle Funktionen der Gene untersucht werden, können Patente erteilt werden. Zurzeit werden biotechnologische Erfindungen vom KPA daraufhin geprüft, ob Gene zur Diagnostizierung bestimmter Krankheiten verwendet werden, und ob dabei die gewerbliche Anwendbarkeit konkret beschrieben wird65. Bei der Prüfung biotechnologischer Erfindungen spielt die KBioRL derzeit und künftig ohne Zweifel eine ausschlaggebende Rolle. 5. Fazit Im Vergleich zu anderen entwickelten Ländern ist die koreanische Patentrechtsgeschichte verhältnismäßig kurz. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurde unter der Herrschaft Japans die kaiserliche Patentverordnung veröffentlicht. Nach der Befreiung von der Regierung Japans trat das erste Patentgesetz am 15. Oktober 1946 in Kraft, wobei das amerikanische Patentwesen ohne große Änderung in Korea eingeführt wurde. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass dem koreanischen Patentrecht das japanische und amerikanische Patentwesen zugrunde liegt. Seither hat sich das koreanische Patentrecht ständig weiter entwickelt, so wurde z. B. im Jahr 1986 der Stoffschutz eingeführt, wenn auch nur unter dem kommerziellen Druck der USA. Bemerkenswert ist noch, dass am 1. März 1998 der koreanische Patentgerichtshof gegründet worden ist. Dieser ist insofern von großer Bedeutung, als die bestehenden Beschwerde- und Nichtigkeitsabteilung des koreanischen Patentamts aus verfassungsrechtlichen Gründen herausgelöst wurde, und ein selbständiges Gericht für Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes neu errichtet wurde66. Das koreanische Patentgericht unterscheidet sich vom deutschen Bundespatentgericht dadurch, dass anstelle der technischen Richter technische Berater als Sachverständige mit technischen Kenntnissen und Erfahrung im Patentwesen durch Zusammenarbeit mit den Richtern in der Verhandlung tätig werden, um eine richtige Entscheidung für einen technisch komplexen Fall zu ermöglichen.

65

Präambel der KBioRL. Song/Hwang/Lee, S. 644 ff. Dazu ausführlich bei Kim, Y.-J., GRUR Int. 1999, 421 ff. 66

A. Die historische Entwicklung

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Der erste patentrechtliche Schutz biotechnologischer Erfindungen bezieht sich auf Pflanzen. § 31 KPatG sieht die Patentierung der vegetativ zu vermehrenden Pflanzensorten vor. Die KBioRL behandelt eingehend den Prüfungsmaßstab zur Patentierung der Pflanzensorten, die nach § 31 KPatG geschützt werden, und beinhaltet keine Regelung über die Pflanzensorten, die sich generativ vermehren. Zusammenfassend werden nach dem geltenden Schutzwesen die Pflanzensorten, die sich vegetativ vermehren, im Patentgesetz und im SGIG simultan geschützt, während Pflanzensorten, die sich generativ reproduzieren, nur nach dem SGIG geschützt werden können. Beide Systeme koexistieren, und die Züchter können somit alle möglichen Vorkehrungen zum Schutz treffen. Allerdings sind beide Gesetze im Hinblick auf Schutzvoraussetzungen und Auswirkungen voneinander unterschiedlich. Dementsprechend sollten die Pflanzenzüchter beide Schutzmechanismen zur Kenntnis nehmen. Maßgeblich ist, dass die Pflanzensorte mindestens ein übertragbares Merkmal, das sie von anderen pflanzlichen Gesamtheiten unterscheidet, aufweist und in ihren maßgebenden Merkmalen ausreichend homogen und beständig ist. Außerdem ist in § 31 KPatG kein ausdrückliches Verbot der Patentierbarkeit von Pflanzen zu finden. Daher sind die Pflanzen nach dem Wortlaut nicht von der Patentierung ausgeschlossen. Das SGIG entspricht inhaltlich der Fassung des UPOV-Übereinkommens von 1991. Zur Definition der Pflanzensorte wird deshalb Art. 1 vi) UPOV-Übereinkommen herangezogen. Gleiches gilt auch für die KBioRL. Daher werden Pflanzen und Pflanzensorten, die die Voraussetzungen der Homogenität und der Beständigkeit nicht erfüllen, als patentierbar angesehen. Für Pflanzensorten beschreibt das SGIG die Erteilung eines Sortenschutzes, das dem Patentschutz ähnlich ist. Im KPatG findet sich indessen keine Bestimmung über den rechtlichen Schutz der Tiererfindungen wieder. Durch die Veröffentlichung der KBioRL von 1998 hat Korea erstmalig eine Prüfungsrichtlinie für Tiererfindungen aufgestellt, wodurch Patente für Tiererfindungen erteilt werden können. In Zukunft dürften viele Anmeldungen biotechnologischer Erfindungen zur Patentierung beim KPA eingereicht werden. Die KBioRL ist insofern von großer Bedeutung, als sie zum ersten Mal eine Prüfungsrichtlinie in Bezug auf biotechnologische Erfindungen systematisch und konsequent vereinigt hat. Aber sie hat auch Mängel, u. a. im Hinblick auf ethische Fragen. Im Laufe der Zeit sind solche Probleme langsam zu lösen. Die Beurteilung ethischer Fragen ist aber eine Frage des Einzelfalls und aufgrund ihres subjektiven Charakters von Person zu Person unterschiedlich. Daher sollten ethische Fragen nicht von dem Patentamt, sondern durch richterliches Urteil gelöst werden. Sie sind zum einen im Rahmen des Patentrechts, und zum anderen außerhalb dessen zu berücksichtigen. Ferner ist die KBioRL nicht vom Gesetzgeber, sondern von der Patentbehörde in der Praxis anzuwenden. Sie ist letztlich nur eine von einer Verwaltungsbehörde angefertigte interne Prüfungsordnung. Die endgültige rechtliche

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

Entscheidung über Vorschriften der KBioRL liegt nicht beim KPA, sondern bei einem Gericht. Mit anderen Worten ist die KBioRL letztlich nichts anderes als eine Art von Richtlinie zur Prüfung auf Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen und hat insoweit keine rechtlich verbindliche Wirkung. Insofern stellt sich die Frage, ob und inwieweit der koreanische Patentgerichtshof der KBioRL Bindungswirkung zuspricht. In Patentstreitsachen kann die KBioRL als Informationsmaterial herangezogen werden, aber sie ist kein absoluter Maßstab, um über Geltung oder Nichtigkeit biotechnologischer Erfindungen zu entscheiden67. Diese Entscheidung erfolgt unter Berücksichtigung des Patentgesetzes und der Richtlinie als Ganzes. Unter allen Umständen sollte es naheliegen, dass der Schutz der Menschenwürde und -rechte gewährleistet wird. Damit dieses Gesetz in der Gesellschaft akzeptiert werden kann, sollten darin Mittel dargelegt werden, mit denen die Menschenwürde und die Entwicklung der Biotechnologie gewährleistet werden. Aus diesem Grund sollte eine Regelung, die sowohl die koreanische Biotechnologie zu entwickeln als auch ethische Fragen reibungslos zu lösen vermag, gefunden werden.

B. Schutz der Erfindungen in Südkorea I. Allgemeines Die wesentliche Voraussetzung für Patentschutz ist eine Erfindung im Sinne des Patentrechts. Allerdings ist der Begriff „Erfindung“ immer noch lebhaft umstritten, vor allem auf dem Gebiet biotechnologischer Erfindungen. Zum Verständnis des Begriffs „Erfindung“ wird auf den Sinn und Zweck des Patentwesens zurückgegriffen. Sinn und Zweck des Patentwesens liegen darin, dass ein Dritter eine Erfindung, für die der Erfinder viel Zeit und Kosten aufgewandt hat, ohne dessen Erlaubnis nicht ausführen darf, und dass der Erfinder selbst aus der Monopolisierung des Patents kommerzielle Profite schlagen kann. Mit Rücksicht darauf ist es eine wichtige Aufgabe zum Verständnis des Patentwesens, den Begriff „Erfindung“ i. S. d. Patentrechts genau zu erfassen. Auch wenn der Begriff „Erfindung“ im Rahmen des Patentrechts eine bedeutende Konzeption darstellt, die den Kern des Patentwesens bildet, ist es im Grunde genommen nicht einfach, die Erfindung mit einem Wort zu definieren, denn das Verständnis vom Begriff „Erfindung“ hat sich in der Gesellschaft im Laufe der Zeit geändert68. Diesbezüglich wurden die verschiedensten Definitionen aufgestellt, doch wird über die Merkmale der Erfindung im Wesentlichen Übereinstimmung erreicht. Außerdem stimmt der Begriff „Erfindung“ in den Patentge-

67 68

Yu, S. 66. Lee, K.-S. usw., S. 82.

B. Schutz der Erfindungen in Südkorea

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setzen der verschiedenen Staaten nicht miteinander überein69, sondern ist in jeweils unterschiedlicher Art und Weise geregelt70. Außerdem muss für einen Patentschutz ein Patentsucher gemäß § 29 KPatG mit der beim Patentamt eingereichten Anmeldung nicht nur den Begriff der Erfindung, sondern auch die allgemeinen Patentvoraussetzungen erfüllen, und zwar Neuheit, erfinderische Tätigkeit und gewerbliche Anwendbarkeit. Selbst wenn diese Voraussetzungen für eine Patentierung erfüllt sind, darf die Erfindung nicht gegen die Regelung des § 32 KPatG und den darin verankerten Sittenmaßstab verstoßen. Abgesehen davon wird zur Prüfung der Patentanmeldung die „Richtlinie über den Patentschutz biotechnologischer Erfindungen“ herangezogen, welche Erfindungen i. S. d. Patentrechts geschützt werden. Im Folgenden wird der Begriff „Erfindung“ im Patentgesetz sowie im biotechnologischen Bereich eingehend behandelt.

II. Der patentrechtliche Begriff der „Erfindung“ 1. Überblick Gemäß § 1 KPatG ist der Gegenstand des Patentschutzes die Erfindung. Das KPatG ist dadurch gekennzeichnet, dass der Begriff „Erfindung“ in § 2 KPatG ausdrücklich definiert ist. Der Begriff „Erfindung“ wird danach definiert als die Schöpfung eines technischen Gedankens unter Anwendung von Naturgesetzen, deren Niveau hoch ist. Daher muss der Patentsucher drei Elemente mit der angemeldeten Erfindung zustande bringen, nämlich die Anwendung von Naturgesetzen, die Schöpfung eines technischen Gedankens und dies auf hohem Niveau. Der Begriff „Erfindung“ im KPatG ist von Prof. Kohler, der die Lehre des Immaterialgüterrechts im Patentwesen begründet hat, übernommen worden71. Danach ist die Erfindung eine technisch zum Ausdruck gebrachte Ideen69 In einigen Ländern ist der Begriff „Erfindung“ in dem Patentgesetz definiert, z. B. Korea, Japan (§ 2 JPatG) und USA (35 U.S.C. § 100a). Im Gegensatz dazu schreiben Patentgesetze in der Bundesrepublik Deutschland, in Großbritannien, in Frankreich usw. nur Patentvoraussetzungen vor, und der Begriff „Erfindung“ wird von der Lehre bzw. Entscheidungen ermittelt. 70 Gemäß 35 U.S.C. § 100 bedeutet der Begriff Erfindung eine Erfindung oder Entdeckung. Außerdem sieht Art. 2 des kanadischen Patentgesetzes vor: „invention means any new and useful art, process, machine, manufacture or composition of matter, or any new and useful improvement in any art, process, machine, manufacture or composition of matter“. Gemäß § 2 Abs. 1 des japanischen Patentgesetzes (JPatG) ist die Erfindung „von den Schöpfungen eines technischen Gedankens unter Anwendung von Naturgesetzen, eine solche auf hohem Niveau“. Vgl. Rahn, Gewerblicher Rechtsschutz, S. 422 ff. in: Das japanische Rechtssystem, 1979. Hingegen ist der Begriff „Erfindung“ weder im EPÜ noch im deutschen Patentgesetz vorhanden. 71 Song/Lee/Hwang, S. 183.

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

schöpfung des Menschen, die unter Überwindung der Natur mit Benutzung der Naturkräfte zu einem funktionellen Ergebnis führt und hierdurch tauglich ist, menschliche Ansprüche zu erfüllen. Im wörtlichen Sinne kann die Bedeutung der Erfindung sein „zum ersten Mal etwas zu denken oder zu produzieren, was früher überhaupt nicht vorkam“. Sie sollte dem Zweck des Patentgesetzes entsprechen, wonach das Patentrecht auf Technik- und Gewerbeentwicklung durch den Schutz und die Förderung der Erfindung gerichtet ist72. a) Anwendung eines Naturgesetzes Die erste Voraussetzung dafür, dass die angemeldete Erfindung als eine Erfindung i. S. d. Patentrechts angesehen wird, ist die Anwendung von Naturgesetzen und nicht das Naturgesetz als solches. Das Naturgesetz wird im allgemeinen als ein Gesetz verstanden, das in der Natur nach wie vor geschieht, Naturerscheinungen beherrscht und durch menschliche Erfahrungen entdeckt wird, z. B. das Newton’sche Gravitationsgesetz, das Gesetz von der Masseerhaltung, das Gesetz der Energieerhaltung und dasjenige der Atomkernänderung usw. Nicht als Erfindung angesehen wird das Naturgesetz als solches oder reine menschliche geistige oder intellektuelle Tätigkeiten bzw. eine menschliche psychologische oder physiologische Wirkung, z. B. die Ausstellungsmethode von Waren; logische oder wirtschaftliche Theorien und mathematische Methoden, z. B. Versicherungssysteme, Werbungsmethoden, Verschlüsselungs- bzw. Chiffriermethoden; Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen73. Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 des koreanischen Urhebergesetzes (KUrhG) gehören zu den Werken, insbesondere wissenschaftlichen Werken, Romane, Gedichte, Abhandlungen, Vorträge, Reden, Drehbücher und andere Sprachwerke. Mit anderen Worten werden reine Erkenntnisse wie Gesetzmäßigkeiten, Eigenschaften oder Erscheinungen durch das Urheberrecht geschützt74. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Natur nicht vom Menschen geschaffen wird, also nicht zum Menschen gehört. Das Naturgesetz als solches oder die bloße Entdeckung eines Naturgesetzes wird auch nicht als Erfindung i. S. d. Patentrechts betrachtet, da dieses objektiv schon in der Natur vorhanden ist. Außerdem gilt eine Lehre, die gegen ein Naturgesetz verstößt, nicht als Erfindung75. Mit Rücksicht darauf wird schon erkannt, dass die angemeldete Erfindung nur dann als Erfindung i. S. d. Patentrechts angesehen wird, wenn sie eine Herrschaft des Menschen über die Natur möglich macht. Daneben muss die Er72

Seo, G.-W., S. 38. Song/Hwang/Lee, S. 184–185; Kim, W.-J., S. 92–93. 74 Song/Lee/Hwang, S. 185. 75 Dazu gehören beispielsweise die auf Dauer zu bewegenden Maschinerien bzw. Motoren, vgl. Yoshifuji, PatG Bd. 1, S. 101. 73

B. Schutz der Erfindungen in Südkorea

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findung das gleiche Ergebnis mit ständig bestimmter Gewissheit wiederbringen. Hierbei ist es für den Erfinder ausreichend, die Naturkräfte zu benutzen; er braucht keine vollständigen und perfekten Kenntnisse von den Naturregeln zu besitzen. Entsprechend TRIPS umfasst der Erfindungsbegriff im KPatG alle Bereiche der Technik einschließlich der Biotechnologie76. Im Bereich biotechnologischer Erfindungen gehört das Pflanzen- oder Tierreich zur Natur. Allerdings liegt die Anwendung und Ausnutzung der biologischen Kräfte von pflanzlichen oder tierischen Organismen auf dem Gebiet der Technik. Im Laufe der Zeit ist der Begriff „Anwendung des Naturgesetzes“ immer mehr erweitert worden. Beispielsweise wird nach dem KPatG ein Computerprogramm nicht durch das koreanische Patentrecht, sondern allein durch das Urheberrecht geschützt. Jedoch richtet sich die gegenwärtige Tendenz in westeuropäischen Ländern bzw. in den USA darauf, dass Computerprogramme dem Patentschutz zugänglich gemacht werden können, sofern sie Naturgesetze benutzen und eine praktische Nützlichkeit zuzuerkennen ist. Für die Patentierbarkeit ist erforderlich, dass darin ein technischer Charakter zum Ausdruck gelangt. In Korea findet sich eine Vorschrift über Computerprogramme nicht im Patentgesetz; es gibt ein spezielles Gesetz für Computerprogramme77. b) Schöpfung des technischen Gedankens Bei einer Erfindung handelt es sich um Technik, und zwar um einen technischen Gedanken. Insofern ist die Erfindung vom Geschmacksmuster, das nicht in Zusammenhang mit der Technik steht, zu unterscheiden. Beim Geschmacksmusterrecht handelt es sich nicht um technische Effekte, sondern um – ästhetisch wirkende – Muster oder Modelle. Gemäß § 2 Nr. 1 des koreanischen Geschmacksmustergesetzes (KGeschmMG) wird das Geschmacksmuster definiert als „die Form, Muster oder die Farbe eines Gegenstandes oder eine Kombination von diesen, welche über visuelle Wahrnehmung das Schönheitsempfinden anregt“. Eine Geschmacksmustereintragung setzt voraus, dass das Muster gewerblich verwertbar, neu und originell geschaffen worden ist78. Erfindungen, die nicht im Bereich der Technik liegen, beherrschen also die Natur nicht, sondern gehören zu den geistigen Tätigkeiten. Daher werden sie nicht als schutzfähig betrachtet. Als zweites Element der Erfindung sieht das KPatG daher die Schöpfung eines technischen Gedankens vor, im Vergleich zum Vorhandenen etwas Neues zu machen. „Etwas Neues“ beinhaltet allgemein keine Einschränkung, während im Falle der Beurteilung der Neuheit als Patentvoraussetzung 76 77 78

Art. 27 Abs. 1 TRIPS. Song/Lee/Hwang, S. 185. Song/Lee/Hwang, S. 723 ff.

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

technische Elemente im Zusammenhang mit dem Stand der Technik zu berücksichtigen sind79. Hierbei ist die Technik ein konkretes Mittel, durch menschliche Herrschaft über die Natur eine bestimmte technische Aufgabe in einem technischen Bereich zu lösen80. Also befriedigt die Technik durch Benutzung der Naturkräfte ein Verlangen des Menschen, und macht auch zukünftig die Weiterentwicklung der Menschheit möglich. Der Zweck der Erfindung kann dadurch erreicht werden, dass technische Merkmale und Naturkräfte für die Lösung technischer Probleme benutzt werden, und führt dadurch zu einem technischen Effekt. Im Vergleich zur Entdeckung lässt sich noch unterstreichen, dass die Technik mit bestimmter Gewissheit auf einen technischen Effekt hinausläuft81. Wenn ein technisches Mittel zur zweckmäßigen Lösung eines bestimmten technischen Problems angewandt wird, ist es keine bloße Entdeckung mehr. Außerdem ist festzuhalten, dass Gegenstand des Patentschutzes nicht die Technik als solche ist, sondern ein technischer Gedanke. Hierbei ist der technische Gedanke keine konkrete Gestalt, sondern eine abstrakte Idee oder ein Konzept. Die Erfindung beruht auf einem technischen Gedanken und ist daher selbstverständlich abstrakt. Allerdings muss der Gedanke, der als das Mittel zur Erreichung des Ziels erforderlich ist, in Hinsicht auf die Begrenzung konkret sein82. Das Erfindungswesen liegt in der formlosen Idee, die sich in der konkreten Gestalt widerspiegelt. Zwar ist die Erfindung zu dem Zeitpunkt, wo sie als die Technik i. S. d. Patentrechts gilt, noch nicht konkret, aber wenigstens muss eine Möglichkeit bestehen, dass sie in Zukunft als Technik i. S. d. Patentrechts angesehen wird. Es kommt auf die Zeit oder den Stand der Technik an, wann die Technik als konkret angesehen wird. Auch ist je nach der jeweiligen Rechtsordnung das Ausmaß der geforderten Konkretisierung unterschiedlich. Beispielsweise wird die Erfindung als unvollständig angesehen, wenn ein Lösungsmittel zur technischen Aufgabe vorgelegt wird, aber dieses nur ein undeutlicher Vorschlag ist, wenn durch das vorgelegte Lösungsmittel das Ziel der Erfindung nicht erreicht werden kann, oder wenn die Erfindung überhaupt nicht ausgeführt werden kann83. c) Erfindungshöhe Als das letzte Element der Patentierbarkeit einer Erfindung wird die „Erfindungshöhe“ gefordert84. Der Begriff „Erfindungshöhe“ ist Grundlage dafür, Erfindungen im Rahmen von Patent und Gebrauchsmuster voneinander zu unter79 80 81 82 83

Dazu ausführliches bei Kim, W.-J., S. 93. Song/Lee/Hwang, S. 186 ff. Song/Lee/Hwang, S. 186–187. Yoshifuji, S. 57. Yoshifuji, S. 57 ff.

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scheiden, denn beim Gebrauchsmusterschutz sind die Anforderungen an die erfinderische Leistung geringer als beim Patent. Gemäß § 2 Nr. 1 des koreanischen Gebrauchsmustergesetzes (KGebrMG) versteht man unter dem Begriff „Gebrauchsmuster“ die Schöpfung eines technischen Gedankens unter Anwendung von Naturgesetzen. Wenn es der Patentanmeldung an Erfindungshöhe mangelt, wird dies nicht zum Zurückweisungsgrund, sondern zu einem wichtigen Grund der Versagung oder der Vernichtung des Patents. Vor dem KPatG von 1990 war die Nichterfindung Gegenstand der Zurückweisung, aber seither ist diese Vorschrift abgeschafft. Das Gebrauchsmuster gewährleistet kleineren Erfindungen rechtlichen Schutz, für die ein Patent mangels hinreichender Erfinderleistung nicht in Frage kommt. Die Erfindungshöhe bedeutet, dass die Erfindung für die durchschnittlichen Experten des betreffenden technischen Bereichs nicht nahe lag, und dass angesichts der erfinderischen Leistung im Vergleich zum Gebrauchsmuster das Niveau der Schöpfung der Erfindung höher ist. Der subjektiven Lehre zufolge ist die Erfindungshöhe insofern sinnvoll, als nur sie die Unterscheidung zum Gebrauchsmuster ermöglicht. Deswegen kommt der Erfindung die Erfinderleistung zu, wenn der Erfinder selbst die Erfindung als Erfinderleistung sieht85. Nach überwiegender Ansicht ist die Erfindungshöhe kein wesentliches Merkmal der Erfindung, sondern wird lediglich aus dem Grund, dass dadurch Erfindungen und Gebrauchsmuster voneinander unterschieden werden können, in den Bestandteil der Erfindung hineingezogen86. 2. Abgrenzung zwischen Erfindung und Entdeckung a) Allgemeines § 1 KPatG beschreibt den Sinn und Zweck des Patentgesetzes und stellt dabei darauf ab, durch Schutz und Förderung der Erfindung sowie durch deren Benutzung die Entwicklung der Technik zu fördern und dadurch zum industriellen Fortschritt beizutragen. Dementsprechend ist es wichtig, den Begriff „Erfindung“ festzulegen, da dieser für das Patentrecht grundlegend ist. Die Erfindung ist ein beweglicher Begriff und ändert sich im Laufe der Zeit je nach der Technik- oder Gesellschaftsentwicklung. Mit anderen Worten ist der Begriff nicht absolut, sondern schwankend. Infolgedessen mangelt es bei seiner Festsetzung im Patentgesetz an der notwendigen Elastizität, die die gegenwärtige fortgeschrittene Technik verlangt87. Die Auslegung des Begriffs der Erfindung ist 84 s. Entscheidung vom 30. 7. 1996 v. Koreanischen Supreme Court (95 Hu 1715); Lee, J.-L., S. 115; Song/Lee/Hwang, S. 188–189. 85 Yoshifuji, S. 65. 86 s. Entscheidung des Korean Supreme Court v. 30. 7. 1996, 95 Hu 1715; vgl. Kim, W.-J., S. 95; Yoshifuji, S. 65. 87 Song/Lee/Hwang, S. 180.

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

der Rechtsprechung oder Lehre überlassen. Daher wird die endgültige Entscheidung darüber durch das Gericht getroffen, wenn eine angemeldete Erfindung vom Patentamt deswegen zurückgewiesen wird, weil sie nicht als Erfindung i. S. d. Patentrechts angesehen wird88. Man versteht unter „Erfindung“ gemeinhin etwas, was in der Vergangenheit nicht vorhanden war, sondern grundsätzlich zum ersten Mal gedacht oder gemacht wird. Allerdings ist die Erfindung i. S. d. Patentrechts etwas anderes, nämlich etwas, um durch den Fortschritt der Technik einen Beitrag zur industriellen Entwicklung zu leisten. Das KPatG definiert den Begriff „Erfindung“, wie er in Japan oder in den USA verstanden wird89. Im Grunde genommen sind Erfindung und Entdeckung insofern unterschiedlich, als erstere im Wesentlichen eine technische Schöpfung durch einen menschlichen Eingriff darstellt, während letztere beinhaltet, dass etwas, was bereits in der Natur vorhanden ist, gefunden wird. Daher ist die bloße Entdeckung nicht patentierbar, aber eine Entdeckung kann dadurch, dass sie zu einem technischen Zweck verwendet wird, zu einer Erfindung werden. Insofern ist der menschliche Eingriff oder die Interaktion des technischen Charakters bedeutend, um beide voneinander zu unterscheiden90. b) Abgrenzung im Bereich biotechnologischer Erfindungen Insbesondere im Bereich biotechnologischer Erfindungen ist es schwierig, Erfindungen von Entdeckungen zu unterscheiden, denn es stellt sich die Frage, ob DNS-Sequenzen im menschlichen Genom als Entdeckung oder als Erfindung betrachtet werden müssen. Daher ist die Frage, wo genau die Abgrenzung zwischen Erfindung und Entdeckung gezogen wird, häufig aufgeworfen worden. In der KBioRL ist geregelt, was nicht als Erfindung i. S. d. Patentrechts angesehen wird. Hierzu gehört die bloße Entdeckung. Der KBioRL zufolge sind bloße Entdeckungen vom Patentschutz ausgenommen. Dazu zählen bloße Entdeckungen der in den Lebewesen vorhandenen Gene und Proteine, der Pflanzensorten an sich und der in der Natur lebenden Tiere91.

88 Wenn eine angemeldete Erfindung vom Patentamt deswegen zurückgewiesen wird, weil sie nicht als Erfindung i. S. d. Patentrechts angesehen wird, so wird die endgültige Entscheidung darüber durch das Gericht getroffen. 89 Auf internationaler Ebene ist man darauf gerichtet, den Begriff „Erfindung“ positiv auf das Patentgesetz zu beziehen, d. h. dieser Begriff wird in den jeweiligen Ländern freiwillig ausgelegt, vgl. Song/Lee/Hwang, S. 180. 90 Song/Lee/Hwang, S. 181. Beispielsweise wird die Anwendungserfindung, die auf Entdeckung des sachlichen Charakters beruht, als Erfindung i. S. d. Patentrechts angesehen. 91 Vgl. 1.3.1., 2.3.1., 3.3.1. und 4.3.1 der KBioRL.

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Für das Zustandekommen einer Erfindung i. S. d. Patentrechts fordert die KBioRL die Erfüllung anderer Bedingungen, nämlich den menschlichen Eingriff und die Darlegung der Funktion. Demzufolge wird es als Erfindung betrachtet, wenn der Gegenstand der Erfindung aus den Lebewesen durch den menschlichen Eingriff isoliert und identifiziert wird, und dazu dessen Funktion ermittelt wird92. Patente auf gentechnische Erfindungen können dann erteilt werden, wenn menschliche Gene aus dem Körper durch ein technisches Verfahren gewonnen und deren Funktionen aufgeklärt werden können. Diese Regel gilt nach der KBioRL auch für mikrobiologische, pflanzliche und tierische Erfindungen. Nach der KBioRL wird es im Bereich mikrobiologischer Erfindungen nicht als Erfindung i. S. d. Patentrechts angesehen, wenn die Eigenschaften des benutzten neuen Mikroorganismus in der Beschreibung unzureichend beschrieben werden. Außerdem werden die Pflanzensorten oder Tierarten aus Mutationen, die ohne konkrete Beschreibung von den künstlichen Züchtungsverfahren oder Erzeugungsmitteln bloß entdeckt werden, nicht als Erfindung betrachtet93. Damit Gene, DNS-Abschnitte (ESTs)94, SNPs95, Vektoren usw. als Erfindungen i. S. d. Patentrechts betrachtet werden können, sind in der Beschreibung die konkreten Gewinnungsmittel ausführlich darzulegen96. Im Bereich gentechnischer Erfindungen ist noch darauf hinzuweisen, dass noch eine andere Bedingung dazu unumgänglich ist, um als Erfindung anerkannt zu werden. Danach sind in der Patentanmeldung, die auf Sequenzen oder Teilsequenzen von Genen gerichtet ist, die Funktionen der Gene, DNS-Abschnitte (ESTs), SNPs usw. aufzuklären. Mit Rücksicht darauf befasst sich die KBioRL damit, wie die Erfindung von der bloßen Entdeckung zu unterscheiden ist. Demzufolge kann ein isolierter und identifizierter Bestandteil der Lebewesen oder ein durch ein technisches Verfahren gewonnener Bestandteil inklusive der Sequenzen oder deren Teilsequenzen eines Gens patentierbar sein97. 92 Beispielsweise werden einfache Naturprodukte als Entdeckung angesehen, während diejenigen zur Erfindung gehören, die aus der Natur isolierte Mikroorganismen, Gene, Zelllinien, oder aus der Natur raffinierte und angereicherte Produkte oder Erzeugnisse sind, vgl. Song/Lee/Hwang, S. 181. 93 Vgl. 2.3.1, 3.3.1 und 4.3.1 der KBioRL. 94 ESTs sind 200–500 bp lange DNS (Deoxyribonucleinsäure)-Sequenzen, die aus zufällig ausgewählten Klonen sequenziert worden sind. ESTs dienten zum schnellen Aufspüren Protein-kodierender Sequenzen und stellten ein Tag zur Identifizierung von Genen im Genom dar. ESTs bestehen aus ca. 300 bis 600 Basesequenzen und können durch die PCR (Polymerase chain reaction) massenhaft verstärkt werden. 95 SNPs können stumm bleiben, d. h. keine Veränderung des kodierten Proteins verursachen oder zu einer Funktionsänderung des kodierten Proteins führen, und außerdem könne auch zu einer Veränderung des Proteins ohne Funktionsverlust führen. 96 Vgl. 1.3.1 der KBioRL. 97 Die KBioRL unterscheidet sich insofern von der EU-Biorichtlinie, als in der KBioRL der Nebensatz fehlt, dass ein isolierter Bestandteil patentierbar ist, selbst

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

c) Fazit Der Begriff „Erfindung“ in § 2 KPatG ändert sich mit der Zeit und ist immer noch lebhaft umstritten. In diesem Zusammenhang geht man davon aus, dass der Begriff der Erfindung im KPatG so weit wie möglich ausgelegt werden. Man geht davon aus, dass die Vorschrift über den Begriff der Erfindung sogar ganz gestrichen werden sollte, damit der Begriff „Erfindung“ dem technologischen Fortschritt angepasst werden kann.

III. Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Südkorea 1. Allgemeines Zu den Erfindungen, die Lebewesen betreffen, zählen die Erfindungen von Lebewesen als solchen und deren Herstellungsverfahren. Bei den Erfindungen der Lebewesen als solchen geht es also um Wiederholbarkeit, d. h. es fragt sich, ob gleiche Lebewesen mit gleichen Verfahren erzeugt werden können. Abgesehen von der Wiederholungsfrage galten die Lebewesen einschließlich der mikrobiologischen Erfindungen bislang in Korea nicht als Erfindungen i. S. d. Patentrechts, weil einerseits die Lebewesen keine Schöpfungen des Menschen sind, sondern Werke Gottes oder der Natur, und andererseits die Individuen der Lebewesen ganz und gar voneinander unterschiedlich sind. Daher war es sehr schwierig, die komplizierten Lebewesen in der Beschreibung deutlich und vollständig zu beschreiben98. Seitdem die DNS-Struktur aber in den fünfziger Jahren erforscht worden ist, hat die Entwicklung von Biochemie und Molekularbiologie zur Gentechnologie geführt. Zur Förderung der Entwicklung der Gentechnologie ist die Forschung über die Lebewesen beschleunigt worden und es ist die technische Aufgabe der Lebewesen, einen genetisch identischen Organismus zu erhalten, gelöst worden99. Seit den achtziger Jahren werden auf internationaler Ebene Patente sowohl auf Pflanzenerfindungen, als auch auf Tiererfindungen erteilt. Mit anderen Worten ist die Patentierbarkeit von Tieren bzw. des menschlichen Genoms mit Hilfe der Gentechnologieentwicklung in ein neues Licht gerückt. Beim koreanischen Patentgesetz geht es darum, dass es nur die Pflanzensorten als Gegenstand des

wenn der Aufbau dieses Bestandteils mit dem Aufbau eines natürlichen Bestandteils identisch ist. Nach der teleologischen Auslegung enthält die KBioRL wohl diese Bedeutung, da ein bedeutender Maßstab, ob ein Gegenstand zur Patentierung als Erfindung i. S. d. Patentrechts angesehen wird, im Grunde genommen dadurch bestimmt wird, ob der menschliche Eingriff oder das technische Verfahren die Erfindung kennzeichnet. 98 Song/Lee/Hwang, S. 201; Kim, W.-J., S. 104 ff. 99 Song/Lee/Hwang, S. 195 ff.

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Patentschutzes biotechnologischer Erfindungen kennt, aber keine Vorschrift über den Schutz der Tiererfindungen bzw. des menschlichen Genoms enthält. Unter diesen Umständen ist seit den neunziger Jahren in Korea die Anzahl der Patentanmeldungen betreffend Pflanzen- und Tiererfindungen sowie DNS-Sequenzen des menschlichen Genoms deutlich gestiegen. Ferner sind zu diesem Zeitpunkt ethische Fragen im Patentschutz biotechnologischer Erfindungen auf internationaler Ebene aufgeworfen worden, vor allem angesichts des Human Genom Projekts (HGP) und der Schöpfung des Schafs „Dolly“. Dieses Thema hat auch die koreanische Gesellschaft zu einer heftigen Diskussion veranlasst. Daraufhin hat das KPA 1998 die KBioRL erlassen. Nachdem die DNS-Sequenzen des menschlichen Genoms vom HGP entschlüsselt und Anfang des Jahres 2002 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden waren, kam auch die Frage nach der Patentierung des menschlichen Genoms auf. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die DNS-Sequenzen oder deren Teile patentierbar sind, und zwar ESTs, deren Funktion noch nicht identifiziert ist, sowie SNPs. Zu beachten ist, dass die koreanische Biotechnologierichtlinie auf diese Fragen Rücksicht nimmt. 2. Patentschutz biotechnologischer Erfindungen Der KBioRL zufolge werden biotechnologische Erfindungen grob in vier Gruppen eingeteilt werden, und zwar Tier-, Pflanzen-, gentechnische und mikrobiologische Erfindungen. Zu beachten ist, dass die KbioRL den Weg für eine Patenterteilung für Tiererfindungen geebnet hat. a) Tiererfindungen In manchen Ländern, in denen pflanzliche und mikrobiologische Erfindungen patentierbar sind, ist eine Vorschrift für Tiererfindungen nicht zu finden100. Das Gleiche gilt auch für Korea, wo keine gesetzliche Bestimmung über Tiererfindungen vorhanden ist. Durch die rasante Entwicklung der Gentechnologie ist die Patenterteilung für Erfindungen, die Tiere zum Gegenstand haben, in letzter Zeit erst allmählich möglich geworden. In Korea regelt erst die KBioRL die Patentierbarkeit von Tiererfindungen. Nach der KBioRL ist der Begriff „Tiere“ als multizellulare Tiere, von denen der Mensch ausgeschlossen ist, verstan100 Das EPA hat ein Patent auf die Erfindung „Krebsmaus“ erteilt. Vor allem wird man darauf aufmerksam, dass im ungarischen Patentgesetz die Tiererfindungen patentierbar sind, Kapitel XIV, Teil 110–114. In den fünf Jahren seit der Patenterteilung auf „Harvard/Krebsmaus“ gab es in den USA keine Patente für Tiererfindungen mehr. Aber im Februar 1993 hat das USPTO drei Patente für Erfindungen an Mäusen erteilt, und zwar AIDS verursachende Maus, Vergrößerungsmaus der Vorsteherdrüse und Immunität verstärkende Maus, vgl. Song/ Lee/Hwang, S. 206, Fußn. 43.

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den101, wobei die Tiererfindungen in vier Arten eingeteilt werden, und zwar „Tier an sich“, „Teil eines Tiers“, „Verfahren zur Erzeugung eines Tiers“ und „Verwendung eines Tiers“. Daher sind in den Tiererfindungen der KBioRL auf Menschen bezogene Erfindungen nicht einbezogen. In der koreanischen Patentpraxis sind Patente für Erfindungen, die Tiere zum Gegenstand haben, bereits erteilt worden. Bevor die KBioRL veröffentlicht worden ist, sind insgesamt sieben Patentanmeldungen über Tiererfindungen beim KPA eingereicht worden. Das erste vom KPA erteilte Patent für die Tiererfindung betrifft die Maus102. Prof. Seo, Jeong-Seon an der Seoul National Universität hat im November 1994 als erster zwei Patentanmeldungen betreffend Tiererfindungen beim KPA eingereicht, die sich auf Mäuse beziehen, und zwar „Gene übertragende Maus mit mangelnder T-Zelle“ und „Gene übertragende Maus, die Zuckerkrankheit verursachen“. Nach der KBioRL von 1998 sind auf beide Erfindungen erst 5 Jahre und 7 Monate nach der Patentanmeldung Patente erteilt worden103. In der KBioRL ist aber darauf hingewiesen, dass die Begriffe „Tier“ und „Tierarten“ nicht genau voneinander abgegrenzt sind. Dementsprechend ist daher fraglich, ob Tierarten dem Patentschutz zugänglich gemacht werden können. Zur Ergänzung der Anmeldungen in Bezug auf Tiererfindungen kann die „künstlich befruchtete Eizelle des Tiers“ hinterlegt werden, wobei als Hinterlegungsstelle die KCTC (Korean Collection for Type Cultures) bestimmt wird104. Zur Patentierung müssen die Tiererfindungen wie in anderen technischen Bereichen bestimmte allgemeine Patentvoraussetzungen erfüllen und nicht gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen und die Gesundheit der Allgemeinheit nicht beeinträchtigen105. Mit anderen Worten, Tiererfindungen müssen noch zusätzliche Hürden zur Patentierung, die in der KBioRL aufgezählt werden, bewältigen, nämlich solche ethischer oder moralischer Art, da die Erzeugung missgeformter Tiere moralische oder ethische Bedenken mit sich bringen könnte. Die Patenterteilung für die Erfindung der durch genetische Manipulation erzeugten Tiere ist allerdings unter Berücksichtigung der Leiden

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s. Teil 4 der KBioRL. Yu, S. 64 ff. Siehe auch Homepage des KPA: http://www.kipo.go.kr/ (aufgerufen am 7. 1. 2002). 103 Dazu ausführlich bei Yun/Kim, Forschungen über Patentschutz für die Tiererfindungen (Dongmul Teukheoboho e gwanhan Yeongu), S. 52. 104 s. Homepage des KPA: www.kipo.go.kr (aufgerufen am 2. 11. 2001). 105 Diese Rechtsordnung könnte aber je nach der gesellschaftlichen Übereinstimmung oder politischen Entscheidung unterschiedlich ausgelegt werden. Es wäre daher doch schwierig, unter diesem Umstand geeignete Entscheidung darüber zu treffen, inwieweit das Patentgesetz in Korea auf Tiererfindungen konkret Anwendung findet, da es bislang kaum Auseinandersetzungen gab und bis heute nur wenige Tierpatente erteilt worden sind, vgl. Yu, S. 61 (62), 66. 102

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der Tiere, Gefahr der Umwelt und Nützlichkeit für den Menschen zu entscheiden106. b) Pflanzenerfindungen Auch sind Bestimmungen über den rechtlichen Schutz der Pflanzensorten sowohl im Patentgesetz, als auch im SGIG vorgesehen. Wie oben erwähnt, werden die Pflanzensorten, die sich vegetativ vermehren, nach § 31 KPatG geschützt, während generativ zu vermehrende Pflanzensorten dem SGIG zufolge Schutz genießen können107. Der Begriff „Pflanzensorte“ ist aber nicht im Patentgesetz zu finden, sondern in § 2 Nr. 4 SGIG. Die Definition der „Sorte“ im SGIG ähnelt dem Art. 1 des UPOV-Übereinkommens. Unter dem Begriff „vegetativ zu vermehrende Pflanzensorten“ werden die Pflanzensorten verstanden, deren Saat sich nicht generativ, sondern vegetativ vermehrt, z. B. Pfropfen, Setzling. Unter Pflanzenerfindungen versteht man die Erfindungen, die sich auf die Erzeugung von Pflanzensorten beziehen, welche die Erbinformation der lebenden Pflanzen verbessern108. Die Erfindungen der neuen Sorten, die durch rein biologische Verfahren erzeugt werden, sind aber nicht patentierbar, da Pflanzen und Tiere Schöpfungen der Natur sind109. Ferner versteht man unter „vegetativer Reproduktion“ die Vermehrung von Pflanzen ohne sexuellen Verkehr mithilfe der Gartenbaukunst110. Die KBioRL differenziert zunächst vier Arten von Pflanzenerfindungen, und zwar „die Pflanzensorten an sich“, „deren Teile“, „Züchtungsverfahren der Pflanzen“ und „Verwendung der Pflanzen“. Die KBioRL schreibt auch vor, was nicht als Erfindungen angesehen wird. Nicht patentierbar ist danach eine bloße Entdeckung, da die bloße Entdeckung von Genen oder Proteinen, die bereits in der Natur oder in den Organen eines Lebewesens vorhanden sind, kein technisches Verfahren darstellt. Laut der KBioRL sind solche Erfindungen der Pflanzensorten nicht als vollständige Erfindungen i. S. d. Patentrechts anzusehen, die ohne technische Verfahren oder ohne konkrete Beschreibung der Herstellungsverfahren lediglich eine Entdeckung darstellen.

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Song/Lee/Hwang, S. 205. Siehe auch 4.2 der KBioRL. Entsprechend dem Ersuchen der Gartenbauindustrie um den Schutz der neuen Pflanzensorten sind die Pflanzensorten, vor allem neue Sorten der vegetativ zu vermehrenden Pflanzen, in den USA bereits seit 23. 5. 1930 geschützt worden. Pflanzensorten, die sich generativ vermehren können, sind deswegen von dem Patentgesetz ausgenommen, weil neue Pflanzensorten „true-to-type“ durch Sämling nicht reproduziert werden könnten, vgl. Francis/Collins (1995), Patent Law, S. 692. 108 Song/Lee/Hwang, S. 196. 109 Kim, D.-A., 2 ff. 110 Song/Lee/Hwang, S. 198. 107

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c) Erfindungen bezüglich des Menschen Das KPatG enthält keine unmittelbare Vorschrift über die Patentierung des menschlichen Genoms. Erfindungen, die die Reproduktion des Menschen betreffen, sind jedoch gemäß § 32 KPatG, der die Ethik des Patents betrifft, von der Patentierung ausgeschlossen, denn sie sind aus Furcht vor Monopolisierung des menschlichen Körpers nicht patentierbar111. Die Patentierung von Erfindungen bezüglich des Menschen ist im Rahmen von gentechnischen Erfindungen der KBioRL beurteilt. Die Patentierbarkeit der Gensequenzen einschließlich des menschlichen Genoms ist teilweise in den gentechnischen Erfindungen der KBioRL enthalten. Demzufolge sind die DNS-Abschnitte oder Gene dann patentierbar, wenn deren Basissequenzen und Funktionen in der Beschreibung ausdrücklich angegeben werden. Ferner ist insbesondere darauf hingewiesen, dass die Erfindung, ein menschliches Individuum zu reproduzieren, ganz verboten und als nicht patentierbar anzusehen ist. d) Mikrobiologische Erfindungen Im Grunde genommen waren mikrobiologische Erfindungen schon deswegen von der Patentierung ausgeschlossen, weil sie als die Werke Gottes angesehen wurden, die nur vom Menschen entdeckt wurden, und weil das jeweilige Lebewesen von anderen unterschiedlich und nicht wiederholbar war112. Zu den mikrobiologischen Erfindungen zählen drei Erfindungsarten, und zwar „ein neuer Mikroorganismus an sich“, „Verfahren zur Gewinnung der Mikroorganismen“ und „Verwendung von Mikroorganismen als Medikament oder Lebensmittel“113. Nach der KBioRL stellt hierbei Verwendung der Mikroorganismen Verfahren zur Herstellung sowie zur Behandlung der durch Mikroorganismen hergestellten Substanzen dar. Zwar betrifft eine Erfindung Mikroorgnismus, aber dazu ist der Prüfungsmaßstab gentechnischer Erfindungen der KBioRL anzuwenden, sofern diese Erfindung sich auf Gentechnik bezieht. Nach der KBioRL enthält der Begriff „Mikroorganismus“ sowohl Virus, Bakterien, Protozoa, Hefe, Schimmel, Pilze, Protozoen, als auch undifferenzierte Zellen und Gewebekulturen von Planzen oder Tieren. Im Jahre 1963 hat der Korean Supreme Court bereits im Bereich der Gentechnologie eine Möglichkeit eröffnet, Patente für mikrobiologische Erfindungen zu erteilen114. Nach der Auslegung des KPatG bestehe kein Anlass, dass 111

Song/Lee/Hwang, S. 206. Song/Lee/Hwang, S. 201. 113 Song/Lee/Hwang, S. 201. In der KBioRL sind aber zwei Klassen von Erfindungen vorgesehen, nämlich für Mikroorganismus an sich und für die Anwendung des Mikroorganismus. 114 s. Entscheidung vom 28. 11. 1963, 63 Hu 34. 112

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Patente nicht erteilt werden können, wenn eine neue Art von Mikroorganismus entdeckt wird. Nachdem die Patentierung mikrobiologischer Erfindungen in Korea bejaht wurde, sind die Bestimmungen über mikrobiologische Erfindungen nicht im Patentgesetz, sondern in der koreanischen Patentausführungsverordnung wiederzufinden115. Das Prinzip der Hinterlegung des Mikroorganismus ist eine Ausnahme von dem Prinzip der Schriftlichkeit; ihre Grundlage befindet sich nicht im Patentgesetz116. Die Struktur eines Mikroorganismus ist sehr kompliziert. Mikrobiologische Erfindungen gelten nicht als gewerblich anwendbar, sofern es keine Wege gibt, die angemeldeten Mikroorganismen wieder zu besorgen. Oft ist es sehr schwierig, die Erfindung in der Beschreibung so anzugeben, dass ein Dritter sie ausführen kann. Einen Ausweg dazu bieten die Hinterlegung des Mikroorganismus und seine Freigabe für die Öffentlichkeit. Aus diesen Gründen gewährt die KPatAV mit dem Hinterlegungswesen eine Ausnahme von dem Prinzip der Schriftlichkeit117. §§ 2 bis 4 KPatAV regeln die Hinterlegung des Mikroorganismus und die Abgabe der Proben, damit mikrobiologische Erfindungen für die Kenntnisnahme durch die Öffentlichkeit ausreichend offenbart werden. Außerdem muss der Erfinder einen nachvollziehbaren Weg aufzeigen, damit sich der Fachmann den neuen Mikroorganismus ohne weiteres besorgen kann118. Wenn der Mikroorganismus nicht hinterlegt wird, ist gemäß § 3 KPatAV zu beschreiben, auf welche andere Weise dies möglich ist. Ferner ist der Mikroorganismus nicht zu hinterlegen, sofern der Fachmann ihn in naheliegender Weise besorgen kann. In diesem Fall kann der Erfinder ihn bei einer international anerkannten Hinterlegungsstelle hinterlegen. Damit eine Probe, betreffend eine Erfindung über einen Mikroorganismus, von einer internationalen Hinterlegungsstelle abgegeben werden kann, müssen nach § 4 Abs. 1 KPatAV folgende Voraussetzun115 Nach § 1 Abs. 3 der KPatAV werden mikrobiologische Erfindungen bei einer vom Präsident des KPA bestimmten Hinterlegungsstelle in Korea hinterlegt. Durch die Gesetzesänderung vom 31. 12. 1986 wurde eine umfangreiche Revision auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtschutzes vorgenommen. Danach wurde bei mikrobiologischen Erfindungen nur die Hinterlegungsstelle in Korea als die zugelassene Hinterlegungsstelle festgesetzt. Es war für Ausländer wenig vorteilhaft. Durch das Beitreten in den Budapester Vertrag im Dezember 1989 ist dieses Problem gelöst worden, vgl. Hwang, Hyeongjun, Das Hinterlegungswesen des Mikroorganismus, http://jus.snu. ac.kr/~sjjong/. 116 Jung, Daehun, Die Hinterlegungsvoraussetzungen des Mikroorganismus in der den Mikroorganismus betreffenden Patentanmeldung, Entscheidung des Korean Supreme Court v. 27. 8. 1991, 90 Hu 1529 in: Kommentar der Entscheidungen des Korean Supreme Court. Nr. 16, S. 414. Diesbezüglich sollte nicht nur die Patentausführungsverordnung, sondern auch das Patentgesetz wenigstens eine Vorschrift über mikrobiologische Erfindungen beinhalten. 117 Entscheidungen des Korean Supreme Court – 8. 8. 1989, 88 Hu 42; 27. 8. 1991, 90 Hu 1512; 12. 12. 1991, 90 Hu 2256; 31. 3. 1992, 90 Hu 1260; 31. 3. 1992, 91 Hu 1533; 8. 5. 1992, 91 Hu 1656. 118 Vgl. § 2 Abs. 1 KPatAV.

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gen erfüllet werden: die Erfindung muss bereits offengelegt sein, oder die Erteilung des Patents muss bereits der Öffentlichkeit bekanntgegeben worden sein, oder zur Erhebung eines Einspruchs ist die Abgabe einer Probe notwendig. Im Bereich der mikrobiologischen Erfindungen fällt jedoch auf, dass im KPatG keine Vorschrift über die Patentierbarkeit der Pflanzensorten oder Tierarten, die mithilfe von mikrobiologischen Verfahren erzeugt werden, vorhanden ist. Dafür ist eine klare gesetzliche Regelung erforderlich. Derzeit hat Korea drei internationale Hinterlegungsstellen, und zwar KCCM (Korean Culture Center of Mikroorganismus, qualifiziert am 30. Juni 1990), KCTC (Korean Collection for Type Cultures, auch qualifiziert am 30. Juni 1990) und KCLRF (Korean Cell Line Research Foundation, qualifiziert am 31. August 1993)119. Nach den Entscheidungen bedeutet „in naheliegender Weise besorgen“, dass der Mikroorganismus schon gewerblich verkauft wird, dass das biologische Material in naheliegender Weise festgestellt und in der Natur als nützliche Form besorgt werden kann, und dass das Verfahren zur Isolisierung aus dem bekannten Material bereits dem Fachmann bekannt war120. In Bezug auf mikrobiologische Erfindungen stellt sich die Frage, ob die Patentanmeldung zurückgewiesen werden soll, wenn der Mikroorganismus nicht hinterlegt wird, obwohl er in naheliegender Weise besorgt werden kann, denn das Patentgesetz, in dem die Zurückweisungsgründe der Patentanmeldungen aufgezählt sind, enthält keine Regelung darüber. Auch wenn der Mikroorganismus erst nach der Patentanmeldung hinterlegt wird, sollte die Patentanmeldung nicht zurückgewiesen werden. Nach der KBioRL sind auch Gegenstände der Pflanzen- und Tiererfindungen in bestimmten Fällen bei einer Hinterlegungsstelle, die gemäß § 2 KPatAV bestimmt wird, zu hinterlegen. Für die Erfindungen von Pflanzensorten als solche sind charakteristische Gene, Merkmale und deren Züchtungsverfahren oder Auswahlverfahren eingehend zu beschreiben. Wenn ein Dritter Schwierigkeiten hat, nach der Beschreibung endgültige Pflanzensorten zu erzeugen, muss in den ur119

s. Homepage des KPA: http://www.kipo.go.kr/ Die Hinterlegungsstellen in Korea haben sich in der Vergangenheit wie folgt geändert: Im Januar 1981 waren in Korea zwei Hinterlegungsstellen vorhanden, und zwar das „Korean Institute of Science and Technology (KIST)“ und die „Korean Federation of Culture Collection“, vgl. Song/Lee/Hwang, S. 204. Am 1. 11. 1998 hat die in Korea ansässige internationale Hinterlegungsstelle „Korea Research Institute of Bioscience and Biotechnology (KRIBB)“ ihren Namen in „Korean Collection for Type Cultures (KCTC)“ geändert, vgl. Österr. Patentblatt 1998, 201. Siehe auch BlPMZ 1998, 505. Am 17. 11. 1999 hat die koreanische Hinterlegungsstelle KCTC mit Wirkung vom 31. 8. 1999 die Liste der Arten von Mikroorganismen ergänzt, und zwar um Tierembryos und DNS (eukaryotische DNS), vgl. Österr. Patentblatt 5/1999, 599 bzw. BlPMZ 1999, 437. 120 Entscheidung der Beschwerdekammer des KPA v. 27. 8. 1991, 90 Hu 1505. Siehe auch Entscheidungen des Korean Supreme Court v. 13. 10. 1987, 87 Hu 45 und v. 25. 3. 1997, 96 Hu 658.

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sprünglichen Anmeldungsunterlagen angegeben werden, dass die Zellen, welche die betreffenden Pflanzensorten herstellen können, gemäß § 2 KPatAV bei einer Hinterlegungsstelle hinterlegt worden sind121. Auch bei den Tiererfindungen müssen Verfahren zur Erzeugung oder Anwendung der Tiere in der Beschreibung ausführlich dargestellt werden. Hierbei ist in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen darzulegen, dass die Ausgangsstoffe in naheliegender Weise besorgt oder bei einer Hinterlegungsstelle hinterlegt werden. Wenn die Struktur und Wirkungsprozesse der Tiere an sich erheblich kompliziert und daher nur schriftlich unzureichend beschrieben werden können, oder wenn bei der Ausführung der Erfindung nach der Beschreibung übermäßig viele fehlerhafte Versuche erfolgen, kann die Wiederholbarkeit durch die Hinterlegung der befruchteten Eizelle nachgewiesen werden122. Das gilt auch für gentechnische Erfindungen. Bei gentechnischen Erfindungen sind die Ausgangsstoffe dann bei einer Hinterlegungsstelle zu hinterlegen, wenn es schwierig ist, jene schriftlich zu beschreiben. e) Fazit Im koreanischen Patentgesetz findet sich keine Bestimmung über den Schutz von Tiererfindungen. Daher taucht auch das Wort „Tier“ oder „Tierarten“ nicht im koreanischen Patentgesetz auf, sondern in der KBioRL. Danach versteht man unter dem Begriff „Tiere“ alle multizellularen Tiere, von denen der Mensch ausgeschlossen ist. Diese Definition ist jedoch ungenau, denn alle Tiere und Pflanzen in der Tat multizellular sind. Ferner ist in der KBioRL die Definition von Tierarten nicht zu finden. In der KBioRL wird die Patentierbarkeit von Tiererfindungen wohl nur auf „Tiere“ angewandt – nicht auf „Tierarten“. Mit Rücksicht darauf ist das koreanische Patentrecht so auszulegen, dass Erfindungen von Tieren patentierbar sind, während die Erfindungen von Tierarten von der Patentierbarkeit ausgeschlossen werden sollen. In Bezug darauf sollte ein Ausschlusstatbestand für die Patentierbarkeit der Tiererfindungen ausdrücklich ins koreanische Patentrecht aufgenommen werden. Auch die Begriffe „Tier“ und „Tierarten“ sollten in der KBioRL genau definiert werden, um die unnötigen Missverständnisse, welche durch die Wortwahl bewirkt werden könnten, zu vermeiden. Gemäß § 31 KPatG sind die Pflanzensorten, die sich vegetativ vermehren können, dem Patentschutz zugänglich. Jedoch sind die sich generativ vermehrenden Pflanzensorten nicht patentierbar, sondern dem Sortenschutz zugänglich. In Bezug darauf, dass das KPatG keine Regelung über Pflanzen hat, sind die

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Vgl. 3.1.3. (1) der KBioRL. Vgl. 4.1.3. (1) der KBioRL.

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Pflanzen als patentwürdig anzusehen. Diesbezüglich bedarf das KPatG oder die KBioRL einer gesetzgeberischen Klarstellung über Patentierbarkeit der Pflanzen123. Außerdem sollte § 31 KPatG über Pflanzenpatente aufgehoben werden124. Hingegen wird eine andere Meinung vertreten, dass die Pflanzensorten, die sich vegetativ vermehren, nach dem Patentgesetz geschützt werden, während die Pflanzensorten, die sich generativ reproduzieren, nur nach dem SGIG geschützt werden. Die Pflanzensorten, unabhängig davon, ob sie vegetativ oder generativ vermehrt werden, könnten zur einheitlichen Verwaltung in einem Gesetz vereinheitlicht werden. Außerdem könnten die Pflanzensorten, wie es im EPÜ vorgesehen ist, von der Patentierbarkeit ausgeschlossen werden. Darüber hinaus ist es im Bereich mikrobiologischer Erfindungen problematisch, dass im geltenden Patentgesetz keine Vorschrift über mikrobiologische Erfindungen getroffen ist, sondern nur in der Ausführungsverordnung des Patentgesetzes. Das Hinterlegungswesen des Mikroorganismus stellt eine Ausnahme von dem Prinzip der Schriftlichkeit im Patentrecht dar, dessen Grundlage sich jedoch nicht im Patentgesetz befindet. Also sollte eine Vorschrift über mikrobiologische Erfindungen im materiellen Patentgesetz vorhanden sein.

IV. Fragen in Bezug auf die Patentierbarkeit der Gensequenzen 1. ESTs und SNPs Im Jahre 2001 wurden die Forschungsergebnisse des HGP, das auf die Entschlüsselung der DNS-Sequenzen des menschlichen Genoms abzielt, veröffentlicht. Im Rahmen dieses Projekts haben sich die Wissenschaftler intensiv engagiert, und ihre Bemühungen sollten oder müssen in irgendeiner Form vergütet werden. Das HGP wirft die Grundsatzfrage auf, ob die menschlichen Gensequenzen monopolisiert und patentiert werden sollten. Diese Frage ist eng mit dem öffentlichen Interesse verknüpft. In diesem Zusammenhang darf man nicht vergessen, dass die Erfindungen, die sich auf die Biotechnologie als Naturwissenschaft beziehen, auch im Rahmen des Patentrechts behandelt werden125, und dass biologische Strukturen und Moleküle des menschlichen Körpers grundsätzlich nicht von der Patentierung ausgenommen sind. Wie in anderen technischen Bereichen sind biotechnologische Erfindungen dann patentierbar, wenn sie die allgemeinen Patentvoraussetzungen erfüllen und nicht gegen die öffentliche 123 Im Vergleich dazu sind nach dem EPÜ die Pflanzensorten nicht patentierbar, unabhängig davon, ob sie sich vegetativ oder generativ vermehren können, wohingegen Pflanzen so auszulegen sind, dass sie patentierbar sind. 124 Hwang, S. 188. 125 Art. 27 Abs. 1 TRIPS.

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Ordnung oder die guten Sitten verstoßen oder die Gesundheit der Allgemeinheit beeinträchtigen. In der koreanischen Patentpraxis wurden die Gensequenzen bislang als unvollständige Erfindungen angesehen, d. h. sie waren keine Erfindungen i. S. d. Patentrechts, da Gene in den Lebewesen vorhandene Stoffe waren, und deren Aufdeckung als bloße Entdeckung galt. Außerdem waren ihre vollständigen Funktionen noch nicht ermittelt. Bei der Patentierbarkeit der menschlichen Gene geht es darum, ob die menschlichen Gene als Teil des Menschen angesehen werden. Allerdings wurde ein Teil, welcher aus dem Lebewesen isoliert wird, nicht als ein Teil des Lebewesens, sondern als chemischer Stoff angesehen126. Es könnte das öffentliche Interesse verletzen, wenn Patente für ESTs und SNPs erteilt würden, denn die Patenterteilung für ESTs, SNPs und Genome könnte eine spätere Patentanmeldung verhindern, die eine erstangemeldete ESTs und SNPs umfassende oder von diesen Gensequenzen abstammende Nucleinsäuresequenz betrifft, auch wenn die spätere Anmeldung eine vollständige Erfindung darstellt, welche die gesamten Sequenzen der Gene aufdeckt, deren Wirkungen ermittelt, und gewerblich einen außerordentlichen Erfolg erreicht127. Insbesondere sind die gentechnischen Erfindungen in der Biotechnologierichtlinie einer Revision unterzogen worden, in der für die Patentierbarkeit von ESTs und SNPs ein Weg aufgezeigt wird, sofern ihre Nützlichkeit in konkreter Weise in der Beschreibung oder den Ansprüchen beschrieben wird128, z. B. zur Diagnostizierung einer bestimmten Erkrankung. Wenn in der Beschreibung die Nützlichkeit der Erfindung nicht konkret beschrieben wird, so ist sie mangels gewerblicher Anwendbarkeit nicht patentierbar. Zusammenfassend werden nach der KBioRL Patente für ESTs und SNPs erteilt, sofern ihre Nützlichkeit konkret beschrieben wird129.

126 In der Tat stellen die Gene hohe Moleküle dar, in denen Nukleotide, die aus Zucker, Basen und Phosphorsäure bestehen, miteinander verknüpft sind, vgl. Lee, C.-Y., S. 86. 127 Internationale Tendenz über Patenterteilung für ESTs und SNPs, in: www. bric.postech.ac.kr. 128 Nach der KBioRL müssen in den Patentansprüchen DNS-Abschnitte, die zur Diagnostizierung von bestimmten Krankheiten nützlich sind, so beschrieben werden, dass sie nicht aus Basissequenzen bestehen, sondern diese Basissequenzen umfassen, um Verdoppelung der Rechte zu vermeiden. 129 Es wird noch diskutiert werden, was die Nützlichkeit in Bezug auf DNS-Abschnitte ist, wie ESTs. Bei der Prüfung auf Patentierbarkeit des DNS-Sequenzen in Korea, wie ESTs, sollte auch der amerikanische Standpunkt berücksichtigt werden, vgl. Lee, D.-H., S. 40 (41); vgl. „Anweisung der Beschreibung und Einbringung der Sequenzlisten der Patentanmeldungen einschließlich der Nukleinsäure- und Aminosäuresequenzen“ des KPA, die am 1. Januar 1999 in Kraft trat. Siehe Homepage des KPA, http://www.kipo.go.kr/home/portal/html/genexam/square/sq06.htm.

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2. Patentierbarkeit des menschlichen Körpers Gemäß § 98 des Koreanischen Zivilgesetzbuches stellen körperliche Gegenstände, Elektrizität oder zu verwaltende Naturkräfte Sachen im Sinne des Zivilrechts dar. Daneben gewährt das koreanische Verfassungsgesetz jeder Person die Freiheit ihres Körpers130. Nach dem koreanischen Zivilrecht kommt dem Menschen jedoch kein ausschließliches Recht daran zu, seinen Körper und den Körper eines anderen zu beherrschen, sondern nur ein Persönlichkeitsrecht. Jedoch wird ein Teil des menschlichen Körpers, wenn er aus dem Körper isoliert wird, z. B. Haare, Zähne, Blut als Sache i. S. des Zivilrechts angesehen und gehört daher zu der Person, aus der er isoliert wird. Die Lehre steht im großen und ganzen damit im Einklang, dass der Schuldrechtsvertrag, einen Teil des menschlichen Körpers zu isolieren, oder die Verfügbarkeit der abgeschnittenen Sache aus dem menschlichen Körper so ausgelegt wird, dass dies gesetzmäßig gültig ist, es sei denn, dass dies gegen die gesellschaftliche Ordnung verstößt. Außerdem wird der Körper des toten Menschen als Sache angesehen131. Hierbei geht es um einen Teil des menschlichen Körpers. Zu einem Zeitpunkt, in dem sich die Biotechnologie so rasant entwickelt, ist es erforderlich, sich mit dem Eigentumsrecht an einem isolierten Teil des menschlichen Körpers konkret und intensiv auseinander zu setzen132. Diese Frage wird auch im Bereich des Patents für biotechnologische Erfindungen aufgeworfen. Die Patentierbarkeit des menschlichen Körpers an sich oder eines Teils ist in der KBioRL beschrieben. Der tote menschliche Körper oder der daraus isolierte Teil wird als Sache i. S. des Zivilrechts angesehen und wird so zum Gegenstand des Eigentumsrechts. Deshalb geht es besonders um die Patentierbarkeit des lebenden menschlichen Körpers. Der menschliche Körper oder dessen Teile sind dann nicht von der Patentierung ausgeschlossen, wenn sie die allgemeinen Patentierungsvoraussetzungen erfüllen und nicht gegen die öffentliche Ordnung oder die gu130

Art. 12 des KV. Park, Y.-S., S. 294. 132 Die freiwillige Verfügung des Teils des menschlichen Körpers ist wie folgend zu beschränken: (1) Sie ist durch ein spezielles Gesetz wie das Gesetz der Transplantation der menschlichen Organe zu beschränken; (2) Das Eigentumsrecht an dem Teil des menschlichen Körpers ist anzuerkennen, aber im Rahmen des Zivilrechts (§ 103) zu beschränken; (3) Das Eigentumsrecht an sich ist auf den Teil des menschlichen Körpers zu beschränken. Es wirft allerdings einige Schwierigkeiten auf, die rechtlichen Streitigkeiten in Bezug auf biotechnologische Erfindungen nur mit den Bestimmungen des Zivilrechts zu lösen, denn die Bestimmungen des Zivilrechts sind so abstrakt, dass sie zur Lösung jedes verschiedenen Falls ungeeignet wären. Außerdem hängt die Frage um die Genehmigung des Eigentumsrechts mit der Würde des Menschen zusammen. Darüber hinaus wäre es auch nicht so einfach, verschiedene Erscheinungen, die mit der Entwicklung der Biotechnologie entstehen können, rechtzeitig und rechtmäßig ununterbrochen nach dem Gesetz zu beurteilen und zu kontrollieren. Mit Rücksicht darauf hätte die dritte Ansicht Recht. Im Einzelnen dazu bei Yu, S. 123 Fußn. 275. 131

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ten Sitten verstoßen und nicht die Gesundheit der Allgemeinheit beeinträchtigen. Ein bereits aus dem menschlichen Körper isolierter Teil desselben einschließlich des menschlichen Gens ist nicht als ein Teil des menschlichen Lebewesen, sondern nur als chemisches Material anzusehen und daher nicht von der Patentierung ausgenommen133. Außerdem stellt sich die Frage nach der Patentierung des menschlichen Genoms134. Wenn ein Teil des menschlichen Körpers aus dem Menschen nicht isoliert wird und sich noch innerhalb des Individuums befindet, so findet er keinen Eingang in seine sachliche Eigentumseigenschaft. Wenn ein Teil des menschlichen Körpers aber aus dem Menschen isoliert wird, wird er als zu verfügendes Eigentum angesehen135. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob menschliche Gensequenzen doch vom Patentschutz ausgeschlossen werden. Die Anordnung der im Chromosom vorhandenen Gensequenzen, in denen bereits nützliche Gene vorliegen, ist grundsätzlich von der Patentierbarkeit ausgenommen, wenn die Gensequenzen und ihre Funktionen nicht ermittelt werden. Hingegen werden Patente für sie erst dann erteilt, wenn die Gensequenz durch Isolierung und Identifizierung der Gene aufgezeigt und deren Funktionen bestätigt werden. Zur Patentierung der Gensequenzen ist es noch erforderlich, die Funktion oder konkrete Nützlichkeit des Gens zu bestätigen136. Hierbei kann man sich viele Verwendungen der Gensequenzen vorstellen. Beispielsweise ist es möglich, durch genetische Rekombinationstechnik eine große Menge von nützlichen Proteinen herzustellen, um bestimmte Krankheiten zu diagnostizieren und zu behandeln137.

133 Im Gegensatz dazu ist Yu der Ansicht, dass ein Teil des menschlichen Körpers vom rechtlichen und politischen Gesichtspunkt aus nicht patentierbar sei. Die Erfindungen des Teils des menschlichen Körpers seien durch eingeschränktes Eigentumsrecht gekennzeichnet und stünden nicht mit dem ausschließlichen Patentrecht in Einklang. Sie sollten sogar als gemeinsames Eigentum der Menschheit angesehen werden und seien darum nicht patentierbar, vgl. Yu, S. 153–154. Aber er hat übersehen, dass die Forschungsergebnisse biotechnologischer Erfindungen vor allem wirtschaftliche Mittel vergütet werden müssen, um Naturwissenschaft und Technik weiter zu entwickeln. Ansonsten könnten die Wissenschaftler nicht in ihre Forschung so große Kosten und Zeit investieren. Mit anderen Worten müssen ihre Forschungsergebnisse ohnehin irgendwie geschützt werden, und meines Erachtens ist heutzutage das geeignetste Schutzsystem das Patentwesen, denn dadurch sind die Forschungsergebnisse der Wissenschaftler innerhalb eines bestimmten Zeitraums durch Monopolisierung zu schützen. 134 Yu, S. 148. 135 Dagegen ist Hr. Yu der Auffassung, dass das menschliche Gen nicht freiwillig verfügbar sei und einen Charakter als beschränktes Eigentumsrecht besitzen müsse, dazu im Einzelnen bei Yu, S. 149. 136 In Korea wurden im 01/1999 insgesamt 401 Erfindungen in Bezug auf Gene angemeldet, 631 Erfindungen im Jahre 2000 und 444 Erfindungen in der ersten Hälfte von 2001, vgl. Lee, C.-Y., S. 87 ff.

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3. Reproduktionstechnik von Humanmaterial In erster Linie führt die Erzeugung der Tiere im Hinblick auf die Reproduktionstechnik zu vielen Problemen, denn diese Technik selbst ist derzeit noch nicht vollständig. D. h. die Reproduktionstechnik, dem Euter eines erwachsenen Lebewesens einen Zellkern mit der Erbinformation zu entnehmen, ist in technischer Hinsicht sehr schwierig und hat hohe Fehlerraten. Beispielsweise ist das durch Klonen eines erwachsenen Tieres entstandene Schaf „Dolly“ 6 Jahre nach seiner Geburt gestorben, da seine Zellen Alterungs- und Abnützungserscheinungen zeigten, wie sie normalerweise bei älteren Tieren gefunden werden. Dollys „Schöpfer“, Professor Ian Willmut wertete diese typische Alterserkrankung bei dem noch relativ jungen Tier als Indiz dafür, dass die derzeitigen Klontechniken ineffizient seien. Es wurde auch bestätigt, dass Chromosome aller Tiere ein Element „Telomere“ enthalten, dessen Länge im Laufe der Zeit immer mehr verkürzt wird. Aber Telomere des Chromosoms „Dolly“ war im Vergleich kürzer als das eines anderen Schafs gleichen Alters. Wenn durch diese Reproduktionstechnik erwachsene Eltern ein Kind bekommen würden, dann könnte das Kind körperlich gleich wie seine Eltern älter werden. Außerdem fürchtet man sich davor, dass durch diese unvollkommene Technik etwa Mutationen der Tiere, die dem Menschen schädlich wären, entstehen und sogar an die nächste Generation vererbt werden könnten138. Im Hinblick darauf hat das Schaf „Dolly“ viele Fragen in der Gesellschaft aufgeworfen, denn mithilfe dieser Technik könnte wohl auch ein Mensch reproduziert werden. Damit wird das Thema über die Möglichkeit der menschlichen Reproduktion im Anschluss an die Tierreproduktion in die Debatte einbezogen. Hierbei geht es nicht nur um die Patenterteilung für Erfindungen, die den Menschen zum Gegenstand haben, sondern um die Frage, ob es im Rahmen der Gesellschaft zugelassen werden soll, den Menschen zu reproduzieren. Bei dieser Frage geht es im Wesentlichen um Forschungen über die menschliche Reproduktion sowie darum, inwieweit eine Patentierung der Erfindungen gehen darf. Hervorzuheben ist, dass die Erfindung, ein menschliches Individuum zu reproduzieren, ganz verboten und als nicht patentierbar anzusehen ist, da diese Erfindung gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten verstößt139. Die Reproduktionstechnik wirft umstrittene Fragen auf, einerseits geht es dabei um medizinische Anwendungen, andererseits um ethische Fragen. Unter der Führung der Molekularbiologie zur medizinischen Revolution ist die Büchse der Pandora, die die Geheimnisse des Lebens enthalten haben soll, geöffnet wor137 Seo, G.-W., S. 40 ff. Dazu hat der Korean Supreme Court in einer Entscheidung umfassend Stellung genommen, siehe Entscheidung des Korean Supreme Court v. 14. 1. 2000, 97 Hu 3494. 138 s. FAZ v. 14. 2. 2003. 139 Ders., S. 247.

B. Schutz der Erfindungen in Südkorea

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den. Zum einen nimmt sie einen großen, positiven Einfluss auf die Naturwissenschaft, um das menschliche Leben gesünder zu machen. Zum anderen könnte diese Technik zur Reproduktion des Menschen verwendet werden und die Menschenwürde verletzen, woraus gesellschaftliche Unruhe resultieren könnte. Die Reproduktionstechnik könnte sogar neue Lebewesen, die nicht unter menschlicher Kontrolle stehen, zur Folge haben und so der Menschheit großes Unheil bringen. Nachdem im Jahr 1983 das „Gesetz zur Förderung der Biotechnologie“ in Korea erlassen worden war, ist es bereits mehrere Male geändert worden. Diese Änderungen haben jedoch die menschliche Reproduktion nicht behandelt. Vor diesem Hintergrund ist derzeit eine Gesetzesvorlage, nach der ein Ethikkomitee Forschungen über die menschlichen Gene beraten soll, dem Parlament vorgelegt worden. Mit Rücksicht darauf muss der Mensch die Techniken bezüglich der menschlichen Reproduktion vernünftig verwalten und kontrollieren. Wie oben erwähnt steht auf der einen Seite die Entwicklung der Naturwissenschaft. Die Naturwissenschaftler befassen sich in erster Linie mit der wissenschaftlichen Entwicklung der Menschheit. Dafür gewährleistet das koreanische Verfassungsgesetz den Forschern die Freiheit der Forschung und der Wissenschaft140. Dem werden umweltpolitische, religiöse und moralische Gesichtspunkte entgegengehalten. Zur Beratung über eine mögliche Reproduktion des Menschen fand am 13. September 1999 eine „Konferenz über Reproduktionstechnik des Lebens“ in Korea statt, die von dem Koreanischen Komitee der UNESCO abgehalten wurde. Hierbei wurde ein Vorschlag aufgenommen, die Reproduktion des menschlichen Embryos und des menschlichen Individuums ganz und gar zu verbieten. Abgesehen davon wurde das grundlegende Gesetz über die Lebensethik vom Beratungskomitee der Ethik des Lebens unter dem Ministry of Science and Technik entworfen. Nach diesem Entwurf ist es verboten, durch Verwendung der Reproduktionstechnik der somatischen Zellen den Embryo und das menschliche Individuum zu reproduzieren. Zurzeit legen dem National Parlament zwei Änderungsvorschläge des Gesetzes zur Förderung der Biotechnologie im Hinblick auf das Verbot der menschlichen Reproduktion vor141. Nach dem ersten Vorschlag sind die Entwicklungen der Forschung über Experimente der menschlichen Reproduktion, die zur Verletzung der Menschenwürde führen würden, und die Ausgabe von Forschungsmitteln zu diesem Zweck verboten142. Nur die Forschungsentwicklung oder die Experimente zur 140

Art. 22 KV. Im Einzelnen dazu bei Park, Y.-S., S. 205 ff. 142 Inhaltlich sind dies: (1) Experimente der menschlichen Reproduktion; (2) Vermischung des Keims des Menschen und des Tiers; (3) Transplantation des menschlichen Keims ins Tier oder Transplantation des tierischen Keims in Menschen; (4) Änderung des menschlichen Spermiums, Eis oder Keims durch Genmanipulation; (5) Herstellung des Keims durch Extraktion des Spermiums oder Eis aus einem Embryo 141

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

Behandlung von Krankheiten können nach Beratung durch das Ethikkomitee der Biotechnologie genehmigt werden. Im Gegensatz dazu sieht der zweite Vorschlag im Wesentlichen vor, dass sich die Biotechnologie als Kerntechnik des 21. Jahrhunderts entwickeln soll, dass die Forschung, die die Menschenwürde verletzen würde, in jedem Fall verboten ist, und dass ein Komitee über Ethik der Biotechnologie eingerichtet werden soll143. Beide Vorschläge vertreten im Grunde genommen die gleiche Auffassung über die Reproduktion des Menschen. Jedoch sind sie insofern unterschiedlich, als der erste Vorschlag die Menschenwürde hervorhebt, und der zweite Vorschlag die Biotechnologieentwicklung und die Forschungsfreiheit in den Vordergrund stellt. Nach beiden Vorschlägen soll aber unter allen Umständen die Reproduktion des menschlichen Individuums verboten sein144. Dessen Behandlung wird allerdings aufgrund der Uneinigkeit innerhalb der Gesellschaft immer weiter hinausgeschoben145. 4. Fazit Der Patentierbarkeit von ESTs, die nur als Sonde zur Erhaltung der vollständigen DNS verwendet werden, sowie von SNPs, die letztlich z. B. für ein gesetzlich-medizinisches Gutachten benutzt werden, mangelt es im Grunde genommen an der Nützlichkeit i. S. d. Patentrechts146. Außerdem soll derzeit Korea das einzige Land sein, wo ESTs und SNPs nicht als Erfindungen i. S. des Patentrechts angesehen werden, bevor überhaupt ihre Patentierbarkeit geprüft wird, da sie nur Teile der genetischen Informationen darstellen147. Im Vergleich oder toten Menschen; (6) Menschliche genetische Manipulation, die zur nächsten Generation übertragen werden kann, vgl. Park, Y.-S., S. 205 ff. 143 In dem zweiten Vorschlag ist keine ausdrückliche Bestimmung über die Sanktionen bei Verstoß gegen eine Verbotsnorm vorgesehen, und der Vorschlag zeigt, dass die Koreanische Regierung die Experimentalrichtlinie zur genetischen Rekombination und die Richtlinie über die genetischen Rekombinanten und über die Bewertung der Schädlichkeit für Menschen und Umwelt erfasst und durchführt, vgl. Park, Y.-S., S. 205 ff. 144 Jetzt ist eine Gesetzesvorlage von der gegenwärtigen koreanischen Regierung angenommen worden, die überwiegend den Inhalt des ersten Vorschlages beinhaltet. 145 Auf der wissenschaftlichen Seite hat Prof. Park, Eun-Jung darüber gesprochen, dass die menschliche Reproduktion zugelassen werden soll, es sei denn, sie auf die Geburt des Individuums abstellt. Aber die Forschung davon sollte vorbehalten werden, bis wissenschaftliche, gesellschaftliche und ethische Fragen um Reproduktion des menschlichen Embryos ausreichend überprüft sind. Aber auf der anderen Seite steht die Religion. Sie besteht darauf, dass ein Experiment, das die Menschenwürde verletzen würde, verboten sein muss, siehe http://ss.chonbuk.ac.kr. 146 Lee, C.-Y., „Revidierte Prüfungsrichtlinie über die genetischen Erfindungen“, auch im Internet: http://bric.postech.ac.kr. 147 Die Mehrheit von AIPPI vertritt die Ansicht, dass ESTs und SNPs Erfindungen i. S. d. Patentrechts sind. Bei den meisten Patentbehörden geht es nicht darum, ob

C. Voraussetzungen für die Patentierbarkeit in Korea

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zur europäischen bzw. deutschen Patentpraxis, wo ESTs ohne weiteres als Erfindungen i. S. d. Patentrechts angesehen sind, trifft dies in der koreanischen Patentpraxis grundsätzlich nicht zu. Dies widerspricht aber der KBioRL, denn diese genehmigt die Patentierbarkeit der ESTs, sofern deren Funktion in der Beschreibung konkret geschildert wird. Daher sollten ESTs im Grunde genommen auch im koreanischen Recht als Erfindungen i. S. d. Patentrechts berücksichtigt werden. Die Manipulation des menschlichen Gens kann die Würde des Menschen unmittelbar verletzen, z. B. durch Mischung von menschlichen und tierischen Genen. Daher ist sie grundsätzlich verboten. Nach dem sog. Gesetz über die Lebensethik und -sicherheit ist die genetische Behandlung zur Eugenik verboten. Abgesehen von den genetischen Behandlungsverfahren durch Änderung der somatischen Zelle sind Erfindungen betreffend die Verbesserung der menschlichen Gene nicht patentierbar, da sie nicht als gewerblich anwendbar gelten. Allerdings ist zu beachten, dass das menschliche Genom eine gemeinsame Information der gesamten Menschheit darstellt, und dass die Informationen über das menschliche Genom daher nicht einer bestimmten Person gehören und nicht von ihr monopolisiert werden sollten. Sie sollten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und so einen Beitrag zur Entwicklung der Menschheit leisten.

C. Voraussetzungen für die Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen in Korea I. Allgemeines Im Vergleich zu anderen technischen Bereichen erfordert die Forschung im Bereich der Biotechnologie einen verhältnismäßig großen Aufwand an Kapital und Zeit. Daher müssen die Forschungsergebnisse in diesem Bereich vor Nachahmung durch Dritte geschützt werden. Ein solcher Schutz gewährleistet das Patentwesen, indem es ein Verwertungsmonopol für eine bestimmte Zeit vorsieht. Dafür müssen Erfindungen auf dem Gebiet der Biotechnologie gemäß § 29 Abs. 1 und 2 KPatG die materiellen Patentvoraussetzungen erfüllen, d. h. ESTs und SNPs Erfindungen sind, sondern darum, ob solche Erfindungen andere Kriterien der Patentfähigkeit erfüllen. Dem EPÜ zufolge sind beispielsweise „Darstellungen von Informationen“ keine patentierbaren Erfindungen. Dagegen könnte in Großbritannien EST oder SNP als „Information“ angesehen werden. In den USA sind Erfindungen und Entdeckungen patentierbar, solange „a composition of matter“ festgestellt werden kann, vgl. Patentierungsvoraussetzungen und Schutzumfang von exprimierten Sequenzabschnitten, einzelnen Nucleotid-Polymorphismen und gesamten Genomen, in: AIPPI (Association Internationale pour la Protection de la Propriété Intellectuelle)-Reports, Executive Committee Meeting in Sorrento 2000. Auch im Internet: http://www.aippi.org.

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

Neuheit, erfinderische Tätigkeit und gewerbliche Anwendbarkeit. § 29 Abs. 1 schreibt in erster Linie gewerbliche Anwendbarkeit und Neuheit für eine Patentierung vor. Gemäß § 29 Abs. 1 KPatG werden Patente für solche Erfindungen nicht erteilt, die dem Fachmann bereits vor der Patentanmeldung in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik zugänglich gemacht worden sind. Wenn die angemeldeten oder patentierten Erfindungen diese Voraussetzungen nicht erfüllen, werden sie zurückgewiesen oder leiden an einem Einspruchs- oder Nichtigkeitsgrund. Daneben beschreibt § 32 KPatG, welche Erfindungen im öffentlichen Interesse von der Patentierung ausgeschlossen werden, nämlich Erfindungen, die gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen oder die Gesundheit der Allgemeinheit beeinträchtigen. Die Auslegung dieser Vorschrift wird aber der Rechtsprechung und Lehre überlassen. In der KBioRL werden die allgemeinen Patentvoraussetzungen für biotechnologische Erfindungen eingehend behandelt. Auch auf ethische Aspekte nimmt die KBioRL Bezug.

II. Neuheit 1. Überblick Im Vergleich zum Stand der Technik (SdT) muss eine Erfindung neu sein. Der technische Fortschritt der Gesellschaft würde beeinträchtigt, wenn durch Patenterteilung ein Monopolrecht für eine Technik gewährleistet würde, die bereits der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden und gemeinfrei geworden ist148. Erfindungen, die im Zeitpunkt der Patentanmeldung bereits allgemein zur Verfügung stehen, mangelt es grundsätzlich an Patentwürdigkeit, da der Schutz solcher Erfindungen dem Grundsatz widerspräche, dass nur dem Patentinhaber, der den Stand der Technik bereichert, für eine bestimmte Zeit ein ausschließliches Recht zukommt. Für die Neuheitsprüfung hat allerdings jedes Land seinen eigenen Maßstab entwickelt. Die Beurteilung der Neuheit steht in engem Zusammenhang mit der Gewerbe- und Technologiepolitik jedes einzelnen Staates und mit der Geschwindigkeit, in der neue Technologien entwickelt werden. Insbesondere seit der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse des HGP, in dem die Gensequenzen des menschlichen Genoms erforscht und ermittelt werden, stellt sich die Frage der Neuheit einmal mehr, nämlich ob Gensequenzen als Forschungsergebnisse neu i. S. d. Patentrechts sind.

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Song/Lee/Hwang, S. 220.

C. Voraussetzungen für die Patentierbarkeit in Korea

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2. Neuheit im koreanischen Patentrecht Gemäß § 29 Abs. 1 KPatG wird eine Erfindung, die vor dem Anmeldetag entweder im Inland bekannt war oder öffentlich benutzt worden ist149 oder bereits in einer im Inland oder im Ausland veröffentlichten Druckschrift beschrieben oder durch elektronische Kommunikationsnetze der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist, für nicht mehr neu gehalten und ist von der Patentierung ausgeschlossen150. Der zu prüfende technische Bereich des Standes der Technik ist umfangreich, und es ist für den Patentprüfer oder den Erfinder schwierig, den Stand der Technik zu prüfen, nachzuweisen oder zu beurteilen. Deswegen hat das KPatG bei der Beurteilung der Neuheit den Quasiinternationalismus zwischen Internationalismus und Nationalismus angenommen151. In anderen Worten, das geltende koreanische Recht grenzt den Neuheitsbegriff nicht absolut, sondern formell ab. Bei der Beurteilung der Neuheit werden die öffentlichen Druckschriften im Inland oder im Ausland herangezogen, während die anderweitige Bekanntgabe oder Benutzung nur im Inland neuheitsschädlich ist. Daher hat die Anwendung der Neuheit i. S. d. Patentrechts Grenzen, und der Neuheitsbegriff stellt keinen absolut-formellen152, sondern einen relativ-formellen Begriff dar153.

149 Der Grund dafür liegt darin, dass die Beurteilung dessen, was im Ausland bekannt gegeben oder öffentlich vorgenommen wird, schwierig ist. Außerdem soll die koreanische Industrie geschützt werden. Hierbei ist Korea nach Art. 3 KV so auszulegen, dass beide Teile, Nord- und Südkorea umfasst werden. Aufgrund Teilung des Landes erstreckt sich der Patentschutzbereich nicht auf Nordkorea. Daher ist derzeit in der Praxis schwierig, dass in die Prüfung der Neuheit Nordkorea eingeschlossen wird, vgl. Jo, S. 61 ff. 150 Nach dem koreanischen Patentgesetz von 1961 galt Neuheit nur in Korea. Dies führte jedoch zu Beeinträchtigungen der Entwicklung der Industrie und des Patentwesens. Anlässlich einer Gesetzesänderung vom 31. 12. 1980 wurde diese Regelung abgeschafft. Das geltende Patentgesetz wurde am 3. 2. 2001 erneut geändert. Hierbei wird eine neue Regelung hinzugefügt. Danach sind auch Erfindungen, die im Inland oder im Ausland durch elektronische Kommunikationsnetze gemäß des Präsidialerlasses der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, mangels Neuheit nicht patentierbar, vgl. Lee, K.-S. usw., S. 100 ff. 151 Derzeit nehmen manche Länder Internationalismus an, z. B. innerhalb der EPÜ, in Deutschland, Frankreich, England, Russland, den Niederlanden, Polen, Ungarn usw., während die USA, Japan, Schweiz, Belgien, Jugoslawien, Rumänien, Kanada, China, Taiwan usw. dem Quasiinternationalismus anhängen. Es soll aber derzeit kein Land geben, das bei der Beurteilung der Neuheit nur die Verhältnisse im Inland zugrunde legt, vgl. Kim, W.-J., S. 119. 152 Die Begründung dafür, dass der absolute Neuheitsbegriff ausgewählt wird, liegt darin, dass die technischen Erfindungen zur gleichen Zeit von jedermann getätigt oder hergestellt werden können, vgl. Nirk, S. 244. 153 Dazu ausführlich bei Yoshifuji, S. 75. Der Quasiinternationalismus bei der Beurteilung der Neuheit sollte jedoch in den Internationalismus umgewandelt werden, denn der Internationalismus entspricht ursprünglich dem Patentwesen.

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

Bei der Beurteilung der Neuheit der Erfindung geht es um den Stand der Technik, der sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt. § 29 Abs. 1 KPatG erwähnt den Begriff „Stand der Technik“, der als neuheitsschädlich gilt154. Zum Stand der Technik gehören die Kenntnisse, die zum Zeitpunkt der Patentanmeldung nicht nur schriftlich oder durch elektronische Kommunikationsnetze der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind, sondern auch solche, die – im Inland – vorbenutzt worden sind155. Hierbei bedeutet offenkundige Vorbenutzung der Erfindung gemäß § 2 Nr. 3 KPatG, den Gegenstand herzustellen, zu gebrauchen, zu überlassen, auszuleihen oder zu importieren. In diesem Zusammenhang ist der Begriff „bekannt gegeben“ so auszulegen, dass zum Zeitpunkt der Anmeldung im Inland der Inhalt der Erfindung einem unbestimmten Kreis mitgeteilt worden ist, ohne ihn zur Geheimhaltung zu verpflichten156. Der Begriff „öffentlich vorgenommen“ ist so zu verstehen, dass die Erfindung in dem Zustand ausgeführt wird, in dem sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist oder gemacht werden kann157. Ferner bedeutet der Begriff „Druckschriften“ in § 29 Abs. 2 Nr. 2 KPatG alle schriftlichen oder bildlichen Darstellungen zur Veröffentlichung, auch wenn diese nicht vervielfältigt, sondern nur in einem Exemplar produziert werden158. Bei der geltenden Fassung ist zu beachten, dass eine neue Regelung eingeführt wurde, nach der die Zugänglichmachung durch elektronische Kommunikationsnetze neuheitsschädlich ist159. Der Grund dafür ist, dass den durch das Internet der Öffentlichkeit zugänglich ge154 Diese Vorschrift nimmt Rücksicht auf die koreanische Entwicklung der Industrie des eigenen Landes, und so nimmt die Neuheit der Erfindung auf die eigene Industrie. Aber mit Hilfe der Entwicklung von Verkehrsmitteln bzw. Telekommunikation ist es noch leichter, Information über die Erfindungen, die in fremden Ländern bekannt sind oder verwendet werden, zu erhalten. Diese Bestimmung liegt deshalb immer noch im Patentgesetz vor, da der Beweis der Tatsache so schwierig ist und damit sinnlose Patentstreitigkeiten ausgelöst werden können. Nach Ansicht des Verfassers sollten aber auch in fremden Ländern bekannte oder durchgeführte Erfindungen als neuheitsschädlich gelten und nicht patentierbar sein, denn nicht relative, sondern nur absolute Neuheit kann die Abgrenzung zum Stand der Technik gewährleisten. So ist auch im deutschen bzw. europäischen Patentgesetz der absolute Neuheitsbegriff gewählt worden. 155 Song/Lee/Hwang, S. 220. 156 Beispielsweise gilt eine Erfindung nicht als bekannt, wenn sie nur solchen Personen gezeigt wird, die sie überhaupt nicht verstehen können, oder wenn nur die oberflächliche Form der Erfindung erklärt wird, obgleich die Erfindung sich durch eine innere Konstruktion auszeichnet, vgl. Yoshifuji, S. 76; Jo, S. 61 (62); Song/Lee/ Hwang, S. 223 ff.; siehe Entscheidung des Korean Supreme Court vom 14. 6. 1996, 95 Hu 19. 157 Vgl. Kim, W.-J., S. 120 ff.; Jo, S. 63 ff.; Song/Lee/Hwang, S. 224. 158 Die Druckschriften müssen veröffentlicht und verteilt werden, und es ist gleichgültig, in welcher Sprache die Darstellung abgefasst ist, dazu ausführlich bei Yoshifuji, S. 78 ff. 159 Dieser Ausdruck ist erst mit der Änderung vom 1. 7. 2001 in § 29 Abs. 1 Nr. 2 eingeführt worden. Allerdings wurde der Ausdruck von § 29 Abs. 1 Nr. 3 des japanischen Patentgesetzes übernommen, denn seit neuestem sind in Japan und in Korea elektronische Patentanmeldungen möglich. „PatentNet“ des KPA ist eine Art System,

C. Voraussetzungen für die Patentierbarkeit in Korea

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machten technischen Informationen die gleiche Wirkung zukommt, wie der herkömmlichen schriftlichen Veröffentlichung, und dass die Internet-Kommunikation im Bereich von Naturwissenschaft und Technik inzwischen üblich ist160. Der Neuheitsbegriff im geltenden koreanischen Patentgesetz ist somit begrenzt. § 30 Abs. 1 KPatG gewährt eine sechsmonatige Neuheitsschonfrist161. So bleibt eine innerhalb von 6 Monaten erfolgte Beschreibung oder Benutzung der Erfindung außer Betracht, wenn sie mittelbar oder unmittelbar auf einen offensichtlichen Missbrauch zum Nachteil des Anmelders oder seines Rechtsnachfolgers zurückgeht, oder wenn innerhalb von 6 Monaten der Anmeldung eine Offenbarung auf bestimmte Weise erfolgt ist. Beispielsweise gehören dazu Experimente, die durch eine Druckschrift oder durch elektronische Kommunikationsnetze veröffentlicht oder auf einer wissenschaftlichen Tagung schriftlich veröffentlicht werden. Hierbei ist zu beachten, dass die angemeldete und veröffentlichte Erfindung nicht dem Wortlaut nach, sondern inhaltlich gleich sein muss162. Grundsätzlich ist die Vorschrift über die Neuheitsschonfrist ist eine eng auszulegende Ausnahmeregelung163. 3. Neuheit biotechnologischer Erfindungen Wie andere Erfindungen basieren auch biotechnologische Erfindungen auf dem Stand der Technik. Bei biotechnologischen Erfindungen ist die Beurteilung der Neuheit besonders wichtig, denn es stellt sich die Frage, ob die aus der Natur gewonnenen Stoffe von der Patentierung auszuschließen sind. Im Grunde genommen sind bereits in der Natur vorhandene Stoffe mangels Neuheit als nicht patentierbar anzusehen, da hierin keine technische Lehre, die zur Patenterteilung erforderlich ist, vorliegt. In diesem Zusammenhang stellt bei der Beurteilung der Neuheit von Lebewesen ein wesentlicher Schlüssel zur Patentierung das Vorhandensein einer technischen Lehre dar. Dies hängt davon ab, ob und das Patentanmeldungen über das Internet ermöglicht, vgl. Kim, W.-J., S. 124; Song/ Lee/Hwang, S. 224 ff. 160 Kim, W.-J., S. 124. 161 Wenn eine patentfähige Erfindung einen der folgenden Fälle entspricht, gilt sie als neu, vorausgesetzt, dass die Patentanmeldung innerhalb von sechs Monaten seit dem Ereignis eingereicht wird: (1) falls eine Person, die zur Anmeldung von Patenten berechtigt ist, folgende Tat unternimmt und dadurch die Erfindung § 29 KPatG Abs. 1 entspricht, (a) Experiment, (b) Veröffentlichung in einem herausgegebenen Werk, (c) Veröffentlichung der elektronischen Kommunikationsnetze, die von der Präsidialordnung bestimmt wird oder (d) Schriftliche Veröffentlichung bei einer von einer wissenschaftlichen Organisation abgehaltenen Forschungstagung; (2) falls die Offenbarung gegen den Willen des Anmeldeberechtigten erfolgt; (3) falls eine Person, die zur Patentanmeldung berechtigt ist, die Erfindung auf einer Ausstellung ausgestellt hat. 162 § 30 KPatG ist am 3. 2. 2001 revidiert worden, wonach der Schutz des Erfinders noch verstärkt werden soll, vgl. Song/Lee/Hwang, S. 234. 163 Kim, W.-J., S. 135.

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

inwieweit der Mensch ins technische Verfahren eingreift. Der Beurteilung der Neuheit biotechnologischer Erfindungen liegt grundsätzlich die allgemeine Vorschrift des § 29 Abs. 1 KPatG zugrunde. Aber diese Bestimmung ist nicht ausreichend, die Neuheit biotechnologischer Erfindungen zu beurteilen, da sie der Neuheitsbegriff nur sehr abstrakt regelt. Insofern spielt die KBioRL eine ausschlaggebende Rolle. Bei der Beurteilung der Neuheit gentechnischer Erfindungen, d. h. von Genen, DNS-Abschnitten, Vektoren, Proteinen usw., steht nach der KBioRL grundsätzlich die Struktur der Basissequenz oder der Sequenz der Aminosäure im Vordergrund. Gentechnische Erfindungen, deren Gegenstand aus der Natur isoliert oder raffiniert wird und anders als die bekannten Substanzen ist, gelten als neu. Wenn sich die aus einem anderen Wirt durch ein Herstellungsverfahren gewonnenen rekombinanten Proteine von den bekannten Proteinen unterscheiden, gelten sie als neu, auch wenn sich ihre Aminosäuresequenz nicht von den bekannten Proteinen unterscheidet164. Wenn eine Erfindung nur auf das Verfahren zur Herstellung eines bekannten Materials beschränkt ist, wird die Erfindung nicht als neu angesehen165. Wie schon erwähnt, ist bei der Beurteilung der Neuheit gentechnologischer Erfindungen die Struktur der Gensequenzen von großer Bedeutung. Wenn eine Gensequenz oder deren Teilsequenz durch ein technisches Verfahren entschlüsselt wird, wird sie im Grunde genommen als neu i. S. d. Patentrechts betrachtet. Mikrobiologische Erfindungen werden in der KBioRL in zwei Arten eingeteilt, und zwar Mikroorganismen an sich und Anwendungen des Mikroorganismus. Bei der Beurteilung der Neuheit mikrobiologischer Erfindungen geht es um mikrobiologische Merkmale. Wenn sich die mikrobiologischen Merkmale der angemeldeten und der bekannten Art bzw. Spezies166 nicht von einander unterscheiden, gilt die angemeldete Art nicht als neu, es sei denn, dass sie im Vergleich zu der bekannten Spezies herausragende Vorzüge aufweist167. Wenn bei einer Erfindung, die die Anwendung eines Mikroorganismus zum Gegenstand hat, die Ausnutzung bereits bekannte Ergebnisse hervorbringt, so wird die Neuheit der Erfindung je nach der Neuheit des angewandten Mikroorganismus als solchem unterschiedlich beurteilt168. Insofern ist das wesentliche Element 164

Vgl. 1.3.3. (1) Nr. 3 der KBioRL. Vgl. 1.3.3. (4) der KBioRL. Z. B.: Das bestehende Albumin umfasst einen Reinheitsgrad von etwa 90%, aber nach der angemeldeten Erfindung kann man Albumin erhalten, dessen Reinheitsgrad 99.9% ist. Der Reinheitsgrad oder die Konzentration hat sich nicht erhöht, weil das Material an sich, sondern nur, weil sein physikalischer Zustand geändert wird. Deswegen gilt die Erfindung nicht als neu, siehe Entscheidung des Patentgerichtshofs v. 15. 7. 1999, 98 Hu 10611. 166 Hierbei stellen Spezies bestimmte Spezies dar, die bestimmte mikrobiologische Merkmale enthalten, siehe 2.3.3. (1) Nr. 1 der KBioRL. 167 Vgl. 2.3.3. (1) der KBioRL. 168 Vgl. 2.3.3. (2) der KBioRL. 165

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bei der Beurteilung der Neuheit mikrobiologischer Erfindungen erst das Merkmal des Mikroorganismus als solches und dann die Wirkung der Erfindung. In der KBioRL wird noch darauf verwiesen, dass darin keine Vorschriften über die Beurteilung der Neuheit von Erfindungen, die Pflanzensorten oder Tiere zum Gegenstand haben, vorgesehen sind.

III. Erfinderische Tätigkeit 1. Überblick Normalerweise werden Erfindungen nicht in genialer Weise aus dem Nichts heraus gemacht, sondern beruhen auf dem sich ständig weiterentwickelnden Kenntnisstand169. Das Patentrecht zielt grundsätzlich auf die Entwicklung der Technik und auf die industrielle Entwicklung der Gesellschaft ab. Das Ziel wäre aber nicht erreichbar, wenn eine Technik auf irgendeinem technischen Gebiet aus dem Stand der Technik „leicht“ oder „sehr leicht“ abgeleitet werden könnte, da ein Monopolrecht für Entwicklungen auf solcher niedrigem Niveau nicht zur Entwicklung der Industrie des Landes beitragen würde170. Insofern fordert § 29 Abs. 2 KPatG neben Neuheit die erfinderische Tätigkeit als materielle Patentvoraussetzung. Die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit setzt aber voraus, dass die Erfindung bereits neu i. S. d. Patentrechts ist. In anderen Worten, die erfinderische Tätigkeit ist eine Anforderung an die angemeldete Erfindung, die über diejenige der Neuheit hinausgeht. Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit bei biotechnologischen Erfindungen ist ebenfalls die allgemeine Vorschrift des § 29 KPatG anzuwenden. Nach der Biotechnologierichtlinie ist die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit vor allem in Hinsicht auf Wirkungen oder Eigenschaften des Erfindungsgegenstandes zu unternehmen. 2. Erfinderische Tätigkeit im Allgemeinen § 29 Abs. 2 KPatG sieht vor, dass ungeachtet der Erfüllung der Neuheit und der gewerblichen Anwendbarkeit Patente für eine Erfindung nicht erteilt werden, wenn sich die Erfindung zum Zeitpunkt der Patentanmeldung für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergab. In anderen Worten, das Gesetz fordert eine erfinderische Tätigkeit. Eine Erfindung, die bereits als neu i. S. d. Patentrechts angesehen ist, aber durch einen Durchschnittsfachmann („a person having ordinary skill in the art“), der auf dem be169 170

Song/Lee/Hwang, S. 235 ff. Kim, W.-J., S. 148.

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

treffenden technischen Gebiet allgemeine Kenntnisse besitzt171, zum Zeitpunkt der Anmeldung in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik abgeleitet werden kann, gehört bereits zum Stand der Technik (SdT)172. In Hinsicht auf die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit stellen sich Fragen, die in der Praxis nicht einfach zu beantworten sind, nämlich was unter „Durchschnittsfachmann“ zu verstehen ist und wie weit seine fachlichen Kenntnisse reichen sollen173. Die Prüfung der Neuheit wie auch der erfinderischen Tätigkeit beruht auf dem gleichen Stand der Technik. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass alle Entgegenhaltungen aus dem Stand der Technik, also alle Dokumente, die bei der Neuheitsprüfung benutzt werden, auch bei der Prüfung auf die erfinderische Tätigkeit zu berücksichtigen sind. Hierbei interessiert, inwiefern sich die Begriffe „Neuheit“ und „erfinderische Tätigkeit“ als materielle Patentvoraussetzungen unterscheiden. Eine solche Unterscheidung ist in der Tat schwierig, da der Grenzbereich undeutlich ist174. Das Naheliegen für den Fachmann ist ein wichtiges Kriterium, das erst bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit eingreift. Diese ist anhand des technischen Niveaus zum Zeitpunkt der Anmeldung unter Berücksichtigung der Gesamtheit des Standes der Technik und mithin mosaikartig zu prüfen, während bei der Neuheitsprüfung das Einzelvergleichsverfahren angewendet wird, d. h. die angemeldete Erfindung ist mit jeder Entgegenhaltung gesondert zu vergleichen175. Die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit in Korea erfolgt im Allgemeinen unter Berücksichtigung von Zweck, Struktur und Effekte der Erfindung. Ob eine angemeldete Erfindung im Vergleich zum Stand der Technik naheliegend ist, hängt grundsätzlich davon ab, wie kompliziert und schwierig die Struktur der Erfindung zur Lösung der technischen Aufgabe ist, denn den Schwerpunkt der Erfindung bildet in der Regel ihre Struktur. In Bezug darauf fehlt nach einer Enscheidung einer angemeldeten Erfindung die erfinderische Tätigkeit im patentrechtlichen Sinne, wenn sie aus dem Stand der Technik abgeleitet werden kann176. Aus diesem Grund wird die Schwierigkeit der Erfindung, die den Maßstab für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit darstellt, unter Berücksichtigung der technischen Struktur und Effekte beurteilt. Ferner gilt eine Erfindung als erfinderisch, wenn sich die Struktur vom Stand der Technik unterscheidet 171

Song/Lee/Hwang, S. 239. Jo, S. 68 ff. 173 Nach der koreanischen Praxis gilt der Patentprüfer im Patentamt als Durchschnittsfachmann, vgl. Song/Lee/Hwang, S. 239. 174 Kim, W.-J., S. 148 ff. 175 Song/Lee/Hwang, S. 240. 176 s. Entscheidung des Korean Supreme Court v. 26. 11. 1996, 95 Hu 781. Dazu siehe auch die Entscheidungen am 11. 6. 1996, 94 Hu 1992; am 15. 1. 1991, 90 Hu 564; am 21. 11. 1995, 94 Hu 272; am 26. 12. 1995, 94 Hu 1411; 10. 5. 1996, 95 Hu 880. 172

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und hinsichtlich der Effekte hervorragende Forschritte im Vergleich zum Stand der Technik erzielt werden. Außerdem müssen sowohl die Schaffenskraft der Erfindung und die Vortrefflichkeit der Erfindungseffekte, als auch die Beweisanzeichen berücksichtigt werden, mit denen das Naheliegen der Erfindung beurteilt werden kann. Wenn die patentierte Erfindung sich aus verschiedenen Techniken des Standes der Technik zusammensetzt, und die besondere Schwierigkeit gerade in dieser Zusammenfassung liegt, aber unerwartete und überraschende Synergieeffekte aufftreten, dann wird die Erfindung als erfinderisch angesehen177. Dasselbe gilt, wenn technische Vorurteile überwunden oder Hemmnisse beseitigt werden, wenn eine unerwartete Lösung zu einer bisher ungelösten technischen Aufgabe gefunden wird, oder wenn unerwartete Effekte, Vorteile oder Wirtschaftlichkeit hervorgebracht werden. Naheliegend sind dagegen beispielsweise die Zusammensetzung einfacher Geräte, die einfache Aggregation bekannter Techniken, das Übernehmen in einen benachbarten Bereich, die Substitution eines Äquivalentes und ähnliche chemische Verfahren ohne spezifische Effekte178. 3. Erfinderische Tätigkeit biotechnologischer Erfindungen Die erfinderische Tätigkeit biotechnologischer Erfindungen ist grundsätzlich auch nach § 29 Abs. 2 KPatG zu prüfen, d. h. biotechnologische Erfindungen werden als erfinderisch angesehen, wenn sie sich nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben. Bei der Prüfung auf die erfinderische Tätigkeit gentechnologischer Erfindungen legt die KBioRL großen Wert vor allem auf die Effekte der Erfindung179. Mit anderen Worten, die erfinderische Tätigkeit biotechnologischer Erfindungen kann dann gegeben sein, wenn die Erfindung im Vergleich zum Stand der Technik zu unerwarteten hervorragenden Ergebnissen führt180. Bei mikrobiologischen Erfindungen beruht die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit auf ihren Eigenschaften bzw. Effekten. Eine Erfindung gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie in Hinsicht auf die Eigenschaften des angemeldeten Mikroorganismus im Vergleich zu den bekannten Mikroorganismen einen erheblichen Unterschied bzw. unerwartete hervorragende Effekte hervorbringt. Beispielsweise gilt eine Erfindung, die sich auf einen Mikroorganismus bezieht, als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend, wenn die Produktivität des Metabolismus des Mikroorganismus, der durch Mutationen der bekannten Spezies entstanden ist, erheblich erhöht wird181. Ferner 177

s. Entscheidung des Korean Supreme Court v. 26. 11. 1996, 95 Hu 1517. Song/Lee/Hwang, S. 243 ff. 179 Im Gegensatz dazu ist im Allgemeinen bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit, nicht ein Effekt, sondern die Konstruktion der Erfindung von großer Bedeutung. 180 Vgl. 1.3.4. der KBioRL. 181 Vgl. 2.3.4. (1) der KBioRL. 178

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

ist die erfinderische Tätigkeit bei den Erfindungen von Pflanzensorten hinsichtlich der Merkmale der Pflanzensorten zu beurteilen, z. B. in Bezug auf Ernährung, Wasserinhalt, Form, Farbe usw. Den Merkmalen zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit der Erfindungen gehören Ernährungsgehalt, Gehalt des medizinisch effektiven Bestandteils, Farbe, Form, Menge usw. an182. Bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit nach der KBioRL ist der Beurteilungsmaßstab bei Erfindungen, die Tiere zum Gegenstand haben, zu beachten. Im Grunde genommen sollte die Prüfung auf die erfinderische Tätigkeit gemäß § 29 Abs. 2 KPatG vorgenommen werden. Allerdings enthält dieser Artikel keinen Prüfungsmaßstab für die erfinderische Tätigkeit bei Tiererfindungen. Insofern spielt die KBioRL bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit von Tiererfindungen eine bedeutende Rolle. Bei der Erfindung eines Tieres als solches ist die erfinderische Tätigkeit zu beurteilen, indem die Eigenschaften bzw. Verwendungsmöglichkeiten der neu gewonnenen Tiere mit denen bekannter Tiere verglichen werden. Wenn sich die Tiererfindung nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt, oder wenn sie zu unerwarteten hervorragenden Effekten führt, gilt auch sie als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend. Außerdem ist in der KBioRL der Prüfungsmaßstab der erfinderischen Tätigkeit bei Verfahren zur Erzeugung von Tieren zu finden. Demzufolge wird die erfinderische Tätigkeit danach beurteilt, ob in der Auswahl der Mittel oder der Bedingungen Schwierigkeiten beseitigt werden, oder ob die endgültig erzeugten Tiere als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend angesehen werden183.

IV. Gewerbliche Anwendbarkeit 1. Überblick Neben der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit ist die gewerbliche Anwendbarkeit für eine Patenterteilung erforderlich. Dass das Gesetz die gewerbliche Anwendbarkeit verlangt, beruht auf dem Bestreben, die Industrieentwicklung des Staates zu fördern. Das Patentrecht soll die gewerbliche Investition schützen und das Gewerbe fördern. Erfindungen, die keine industrielle Anwendung finden, entsprechen nicht dem Ziel des Patentsystems. Daher fordert § 29 Abs. 1 KPatG die gewerbliche Anwendbarkeit als weitere materielle Patentierungsvoraussetzung. Abgesehen von dieser Vorschrift sind im KPatG keine weiteren Regelungen über die gewerbliche Anwendbarkeit zu finden. Daher erfolgt die Beurteilung der gewerblichen Anwendbarkeit biotechnologischer Erfindungen nach der KBioRL. 182 183

Vgl. 3.3.3. (1) der KBioRL. Vgl. 4.3.3. der KBioRL.

C. Voraussetzungen für die Patentierbarkeit in Korea

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2. Gewerbliche Anwendbarkeit im Patentrecht § 29 Abs. 1 KPatG setzt voraus, dass die Erfindung gewerblich anwendbar sein muss184. Im KPatG wird aber nicht konkret beschrieben, welche Erfindungen als gewerblich anwendbar angesehen werden185. Die gewerbliche Anwendbarkeit einer Erfindung ist in der Praxis zu bejahen, wenn ihr Gegenstand auf irgendeinem gewerblichen Gebiet hergestellt und benutzt werden kann, wobei gewerbliches Gebiet Land- und Forstwirtschaft, produzierendes Gewerbe und Dienstleistungen umfasst186. Nach Lehre187 und Rechtsprechung bedeutet der Begriff „gewerbliche Anwendbarkeit“, dass die Erfindung auf dem gewerblichen Gebiet andauernd und wiederholbar durchführbar ist und zur gewerblichen Entwicklung des Staats gewinnbringend angewandt werden kann. Deshalb gelten Erfindungen, die nur zu Wissenschafts- oder Versuchszwecken verwendet werden, nicht als gewerblich anwendbar. Jedoch gelten auch solche Erfindungen, die von geringerem wirtschaftlichem Interesse sind oder unter Inkaufnahme geringer technischer Nachteilen ausgeführt werden, als gewerblich anwendbar188. Das KPatG beschreibt die Bedeutung des Wortes „Gewerbe“ nicht189. Im Einklang mit der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (PVÜ)190, der Südkorea am 4. Mai 1980 beigetreten ist, und dem Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (PCT) vom 19. Juni 1970, dem Südkorea am 10. Mai 1984 beigetreten ist191, wird der Begriff „gewerbliches Gebiet“ im koreanischen Patentrecht jedoch im weitesten Sinne verstanden. Beispielsweise zählen dazu Indus184 Gewerbliche Anwendbarkeit wird vor allem in den Staaten mit kontinentaler Tradition wie Deutschland oder Südkorea als eine Patentvoraussetzung vorgesehen. Im Vergleich dazu wird im amerikanischen Patentrecht „Utility“ vorausgesetzt, was als „Ausführbarkeit“ übersetzt werden kann. Gewerbliche Anwendbarkeit und „Utility“ scheinen begrifflich ähnlich zu sein, aber sie werden unterschiedlich ausgelegt. Beispielsweise werden Erfindungen, deren Verwertbarkeit gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen, in den kontinentalen Staaten als nicht-patentierbar angesehen, während sie in den USA mangels „Utility“ zurückgewiesen werden, vgl. Lee, S.-H. Siehe auch http://jus.snu.ac.kr. 185 Song/Lee/Hwang, S. 218. 186 Song/Lee/Hwang, S. 96; Lee, K.-S. usw., S. 96; Kim, W.-J., S. 217. 187 Hwang ist der Ansicht, dass diese Voraussetzung zum Patentschutz nicht im positiven, sondern im negativen Sinne vorgesehen sei, d. h. eine Erfindung, die nur wissenschaftlich oder experimental benutzt werden kann, sei von der Erfindung im patentrechtlichen Sinne auszunehmen, vgl. Hwang, S. 124. 188 Song/Lee/Hwang, S. 217. 189 Song/Lee/Hwang, S. 95 ff.; Kim, W.-J., S. 217. 190 Gemäß Art. 1 Abs. 3 PVÜ wird das gewerbliche Eigentum in der weitesten Bedeutung verstanden und bezieht sich nicht allein auf Gewerbe und Handel im eigentlichen Wortsinn, sondern ebenso auf das Gebiet der Landwirtschaft und der Gewinnung von Bodenschätzen sowie auf alle Fabrikate oder Naturerzeugnisse, zum Beispiel Wein, Getreide, Tabakblätter, Früchte, Vieh, Mineralien, Mineralwässer, Bier, Blumen, Mehl.

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

trie, Handwerk, Handel, Landwirtschaft, Fischerei, Bergbau usw. In der Praxis geht es darum, ob auch Dienstleistungen dem gewerblichen Gebiet angehören. Zum Beispiel werden Versicherungen, Geldhandel, Medizinhandel vom Begriff „Industrie“ ausgeschlossen, da sie an sich nicht als gewerbliches Gebiet angesehen werden. Jedoch können die Maschinen oder Instrumente, die im Rahmen solcher Dienstleistungen angewendet werden, dem Patentschutz zugänglich gemacht werden. Ferner wird die Erfindung auch als gewerblich anwendbar angesehen, wenn sie im Ergebnis die technischen Nachteile verbessert oder überwindet. Dies gilt aber nicht für Fälle, in denen eine Beseitigung von Nachteilen im Wesentlichen nicht möglich ist, oder die Nachteile über den Vorteil der Erfindung erheblich hinausgehen. 3. Gewerbliche Anwendbarkeit biotechnologischer Erfindungen Wie oben erwähnt, gilt eine Erfindung als gewerblich anwendbar, wenn ihr Gegenstand auf einem gewerblichen Gebiet einschließlich der Gen- oder Biotechnologie hergestellt oder benutzt wird. Nach Art. 27 Abs. 1 S. 1 des TRIPSÜbereinkommens, das den Mindeststandard zum Schutz des Patentrechts regelt, sind Patente für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erhältlich. Bei der Beurteilung der gewerblichen Anwendbarkeit biotechnologischer Erfindungen stellt sich aber die Frage, ob Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers und Diagnostizierverfahren, die am menschlichen oder tierischen Körper vorgenommen werden, auch patentierbare Gegenstände darstellen. Das KPatG enthält aber keine Bestimmung, die den tierischen oder menschlichen Körper oder dessen Bestandteile zum Gegenstand hat. Damit ist es der Rechtsprechung überlassen zu entscheiden, ob derartige Erfindungen patentierbar sind. Beispielsweise ist ein isolierter oder ein durch ein technisches Verfahren gewonnener Bestandteil des menschlichen Körpers, einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eines Gens, nicht von der Patentierung ausgenommen, auch wenn der Aufbau dieses Bestandteils mit dem eines natürlichen Bestandteils identisch ist, vorausgesetzt, dass die gewerbliche Verwertung der Erfindungen nicht gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstößt und die Gesundheit der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt. Auf der anderen Seite sind die Erfindungen, bei denen der menschliche Körper keine unentbehrliche Bedingung der Erfindung ist, patentierbar, z. B. die künstliche Niere an sich und deren Verfahren192. Diese Frage wird erst 191 Gemäß Art. 33 Abs. 4 PCT gilt für die Zwecke der internationalen vorläufigen Prüfung eine beanspruchte Erfindung als gewerblich anwendbar, wenn ihr Gegenstand dem Wesen der Erfindung nach auf irgendeinem gewerblichen Gebiet hergestellt oder benutzt werden kann. Der Ausdruck „gewerbliches Gebiet“ ist entsprechend der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums im weitesten Sinne zu verstehen.

C. Voraussetzungen für die Patentierbarkeit in Korea

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in der KBioRL behandelt. Die KBioRL sieht therapeutische oder diagnostische Verfahren des menschlichen Körpers als nicht gewerblich anwendbar an193, da Verfahren zur therapeutischen Behandlung des menschlichen Körpers, wie Gentherapie oder Diagnostizierverfahren, nicht patentierbare medizinische Behandlungen darstellen. Das gilt wiederum nicht für die Stoffe, die zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung verwendet werden, sofern sie in den Patentansprüchen als zu pharmazeutischen Zwecken dienende Arzneimittel angegeben werden194. Das KPatG wie auch die KBioRL sehen keine Vorschriften über Verfahren am Körper eines lebenden oder toten Menschen vor. Die Auslegung der Vorschriften geht aber dahin, dass am Körper eines toten Menschen vorgenommene Behandlungs- und Diagnostizierverfahren nicht von der Patentierbarkeit ausgeschlossen werden, weil nun nicht-kommerzielle und nicht-industrielle Betätigungen auf dem Gebiet der Medizin von patentrechtlichen Beschränkungen freigehalten werden sollten. Diese Ausnahmeregelung darf aber nicht so ausgelegt werden, dass sie über ihren Zweck hinaus wirkt. Bei der Beurteilung der gewerblichen Anwendbarkeit biotechnologischer Erfindung geht es vor allem um den medizinischen Bereich, in dem menschliche Erkrankungen diagnostiziert, behandelt, gelindert oder verhindert werden. Hierbei stellt sich die Frage, ob die Medizin zur Industrie i. S. d. Patentrechts gehört, denn eine diesbezügliche Regelung ist weder im KPatG noch in der KBioRL vorgesehen. Die Medizin gehört grundsätzlich nicht zum Begriff des „Gewerbe i. S. d. Patentrechts“195. In diesem Zusammenhang ist eine Entscheidung des Korean Supreme Court von besonderem Interesse196. Bei der streitgegenständlichen Erfindung ging es darum, ob die Erfindung als gewerblich anwendbar anzusehen ist, wenn ihr Gegenstand Medizin oder ärztliche Behandlung ist, die auf die Bekämpfung von Krankheiten des Menschen bzw. des Tiers abzielt. Der Patentsucher hat sich in dem Patentanspruch darauf beschränkt, die Anwendung auf Tiere zu beschränken. Der Korean Supreme Court entschied, dass solche Erfin-

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Kim, W.-J., S. 219. s. Entscheidung des Korean Supreme Court v. 12. 3. 1991, 90 Hu 250. 194 Vgl. 1.3.2. (2) der KBioRL. 195 Heilverfahren werden als nicht gewerblich anwendbar angesehen, mit der Begründung, dass es an industrieller Anwendbarkeit fehlt, vgl. Korean Supreme Court vom 12. 3. 1991, 90 Hu 250; zweitens entsprächen Heilverfahren nicht dem Begriff der „Verfahrenserfindung“ im Sinne des Patentrechts, vgl. die Kanadische Entscheidung Tennessee Eastmann v. Commissioner of Patents 62 C.p.R. 117, 1970; schließlich erscheint die Patentierung von Heilverfahren deswegen bedenklich, weil dadurch der Monopolgewinn aus dem Patent nur einer Person, nämlich dem Patentinhaber zukommt, vgl. Choi, D., Patentrecht, S. 206. Außerdem ist Song der Auffassung, es sei nicht angemessen, die gewerbliche Anwendbarkeit der Medizin abzulehnen. Vielmehr sollte die Medizin aus öffentlichen oder humanitären Gründen dem Patentschutz nicht zugänglich sein, vgl. Song/Lee/ Hwang, S. 219. 196 Siehe die Entscheidung des Korean Supreme Court v. 12. 3. 1991, 90 Hu 250. 193

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

dungen nicht als gewerblich anwendbar anzusehen sind, die sich auf zur diagnostischen, therapeutischen oder verbeugenden Behandlung des menschlichen Körpers angewandte Arzneimittel oder Verfahren beziehen. Jedoch wurden Erfindungen, die sich auf Arzneimittel für Tiere oder deren Behandlung beziehen, als gewerblich anwendbar angesehen, weil der Anwendungsbereich auf Tiere beschränkt bleibt. Die Erfindung von Medikamenten und neuen Herstellungsverfahren für die medizinische Behandlung, menschliche Krankheiten zu diagnostizieren, zu behandeln, zu lindern und zu verhindern oder die menschliche Gesundheit zu stärken, werden nicht als gewerblich anwendbar angesehen und sind nicht patentierbar. Dies gilt jedoch nicht für Erfindungen von Medikamenten oder Verfahren zur Behandlung von Tieren. Wenn eine angemeldete Erfindung sowohl auf Tiere, als auch auf Menschen Anwendung findet, ist nur die Erfindung, die Tiere betrifft, patentierbar. Im Fall des auf ein Medikament bezogenen Patents erstreckt sich die Auswirkung gemäß § 96 Abs. 2 KPatG im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt nicht auf die Verordnung oder Zubereitung durch den Arzt oder Apotheker. Die KBioRL enthält keine Vorschrift über Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des tierischen Körpers. Daraus lässt sich schließen, dass Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des tierischen Körpers als gewerblich anwendbar gelten und somit patentierbar sind197, da sie nicht zur medizinischen Tätigkeit gehören. Daher sind sie nicht von vornherein vom Patentschutz ausgenommen, es sei denn, andere Gründe stehen der Patentierung entgegen. In der Regel sind Erfindungen, die den menschlichen Körper zum Gegenstand haben, von der Patentierung ausgenommen. Erfindungen, die hingegen aus dem lebenden oder toten Körper isolierte Teile zum Gegenstand haben, sind patentierbar, da hierbei technische Verfahren zum Einsatz kommen. Zur Patentierung einer Erfindung muss überdies in der Beschreibung die Nützlichkeit nachgewiesen werden. Im Bereich der Gentechnologie ist in der Erstanmeldung die Nützlichkeit der Erfindung konkret zu beschreiben. Ansonsten kann die Erfindung mangels gewerblicher Anwendbarkeit nicht patentiert werden. Insbesondere im Bereich der Biotechnologie ist es jedoch schwierig, die Nützlichkeit der Erfindung zu beurteilen. So mangelt es genetischen Informationen als solchen, die das Genom von Lebewesen analysieren und entschlüsseln helfen, an konkreter Nützlichkeit. Hierbei stellt „konkrete“ Nützlichkeit nur eine spezielle, wesentliche und glaubhafte Nützlichkeit dar. Bei der wesentlichen Nützlichkeit geht es darum, ob sie in der Tat nützlich verwendet werden kann. Eine glaubhafte Nützlichkeit wird durch die Nützlichkeit in der 197 Im Gegensatz dazu gelten solche Verfahren nach dem EPÜ nicht als gewerblich anwendbare Erfindungen. Der Unterschied scheint darin begründet zu sein, dass in Europa strenge Regelungen über Tierschutz bestehen.

C. Voraussetzungen für die Patentierbarkeit in Korea

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Beschreibung und die zur Stützung auf die vorgelegten Nachweise von denjenigen beurteilt, denen in dem betreffenden Bereich durchschnittliche Kenntnisse zur Verfügung stehen198. Der Patentsucher verpflichtet sich daher dazu, in der Beschreibung die Erfindung konkret zu beschreiben. In diesem Zusammenhang ist die Erfindung eines DNS-Abschnitts nicht als nützlich angesehen, wenn z. B. EST nur als eine Probe zur Gewinnung der vollen Länge des DNS-Abschnittes verwendet wird, oder SNP nur für ein rechtsmedizinisches Gutachten verwendet wird. Hingegen gilt die Erfindung als nützlich, sofern durch Experimente nachgewiesen wird, in welchem Zusammenhang Gensequenzen mit bestimmten Krankheiten stehen, und ob sie als Probe verwendet werden, um bestimmte Krankheiten zu diagnostizieren199. Diesbezüglich ist Art. 27 TRIPS-Übereinkommen zu beachten, da Gene nach dieser Vorschrift nicht von der Patentierung ausgeschlossen werden können. Nach der KBioRL ist bei der Prüfung die Nützlichkeit entscheidend dafür, dass der DNS-Abschnitt patentiert werden kann200. Im Falle von mikrobiologischen, pflanzlichen oder tierischen Erfindungen wird die Nützlichkeit der Erfindungen konkret beschrieben. Die Erfindung gilt gem. § 29 Abs. 1 KPatG nicht als gewerblich anwendbar, es sei denn, dass aus der Beschreibung die Nützlichkeit hervorgeht201. Hierbei richtet sich die Prüfung darauf, inwieweit die Nützlichkeit in der Beschreibung von mikrobiologischen, pflanzlichen oder tierischen Erfindungen angegeben ist, und ob und in welcher Weise die Nützlichkeit von der gewerblichen Anwendbarkeit unterschieden werden kann202.

V. Fazit Der Neuheitsbegriff des KPatG ist nicht absolut-formell, sondern relativ-formell. Grund dafür liegt in der Schwierigkeit, Belege über den bekannten Stand der Technik anzuführen. Zwar bestehen diese Schwierigkeiten in der Tat immer noch, aber in Bezug auf den Anwendungsrahmen der Neuheit sollte das koreanische Patentrecht dem Zweck des Patentwesens entsprechen, wonach für eine gewisse Dauer dem Erfinder ein ausschließliches Recht zu gewähren ist. Zudem ist in die geltende Fassung eine neue Regelung eingeführt worden, wonach die 198

Lee, C.-Y., S. 91 ff. Seo, G.-W., S. 108, Fußn. 352. 200 Nach der KBioRL wird EST nicht als Erfindung angesehen, vgl. Lee, S.-W., Die Technikentwicklungen der Biotechnologie und die derzeitige Tendenz des Patentschutzes, 1999 Biotechnologiesymposium, S. 69. Siehe auch in: www.kipo.go.kr. 201 Vgl. 2.3.2., 3.3.2. und 4.3.2. der KBioRL. 202 Diesbezüglich kann man davon ausgehen, dass die gewerbliche Anwendbarkeit im Patentgesetz die Begriffe „gewerblich“, „Nützlichkeit“ und „Ausführbarkeit“ umfasst, vgl. Lee, S.-W., Der Begriff „Anwendbarkeit“ im Sinne der „gewerblichen Anwendbarkeit“ bedeutet Ausführbarkeit, und wird auf Grundlage des Zwecks des Patentgesetzes bestimmt, vgl. Kim, W.-J., S. 96. 199

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

Zugänglichmachung durch elektronische Kommunikationsnetze als neuheitsschädlich gilt. Zwar ist der Sinn dieser Neuregelung verständlich, dennoch sollte es grundsätzlich nicht erforderlich sein, den Ausdruck „Kommunikationsnetze“ wörtlich im Patentgesetz zu nennen, da er nichts anderes als ein Beispiel für eine neuheitsschädliche Offenbarung ist. Vielmehr sollte, wie bereits erwähnt, die Vorschrift in der Weise geändert werden, dass jede Form, in der die technische Lehre der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist, als neuheitsschädlich gilt. Der Rahmen der Beurteilung der Neuheit sollte deshalb noch erweitert werden, d. h. der Neuheitsbegriff sollte absolut-formell ausgestaltet sein. In der KBioRL ist die Neuheit gentechnischer oder mikrobiologischer Erfindungen geregelt, nicht aber die Neuheit von Pflanzensorten203 oder Tierarten. Mit anderen Worten gibt es derzeit de facto keine Prüfungsrichtlinie, die die Neuheit von Pflanzensorten oder Tierarten beurteilt. Daher ist schwer zu verstehen, weshalb die KBioRL keine Regelung über die Neuheit von Erfindungen beinhaltet, die Pflanzensorten oder Tiere zum Gegenstand haben. Hierbei ist danach zu fragen, auf welcher Grundlage die Neuheit von Pflanzensorten oder Tierarten zu beurteilen ist. Bei der Beurteilung der Neuheit der Erfindungen von Pflanzensorten findet in erster Linie § 31 KPatG Anwendung. Aber der Grund dafür, dass der Beurteilungsmaßstab der Neuheit von Erfindungen, die Pflanzensorten oder Tiere zum Gegenstand haben, in der KBioRL nicht geregelt ist, besteht vermutlich darin, dass neu gewonnene Pflanzensorten oder Tiere als solche bereits als neu i. S. d. Patentrechts angesehen werden, ohne dass ihre Neuheit nach dem patentgesetzlichen Prüfungsmaßstab geprüft wird. Dennoch sollte diesbezüglich eine ausdrückliche Erklärung oder eine Vorschrift in die KBioRL eingeführt werden. Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit bei biotechnologischen Erfindungen spielen die Merkmale und Wirkungen eine große Rolle. Biotechnologische Erfindungen gelten als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ermittelt werden können. Daraus folgt, dass sowohl die erfinderische Tätigkeit als auch die Neuheit gegenüber dem Stand der Technik zu messen sind. Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit stellt sich auch die Frage nach dem Durchschnittsfachmann und nach seinen fachlichen Kenntnissen. Bei der Beantwortung dieser Fragen wird eine deutliche Stellungnahme aus der Rechtsprechung abgewartet, die Auskunft darüber gibt, auf welche Weise die Bestimmungen der Biotechnologierichtlinie zur Anwendung gelangen. 203 Die KBioRL findet keine Anwendung auf Pflanzen, sondern auf Pflanzensorten, die sich vegetativ vermehren können. Hierbei steht der Begriff „vegetative Vermehrung“ im Gegensatz zu „generativer Vermehrung“ und bedeutet, dass ohne sexuelle Reproduktion ein Teil einer Pflanze unmittelbar die Pflanze nächster Generation erzeugt, s. Teil 3 der KBioRL.

D. Nicht patentierbare Erfindungen im Rahmen des Patentrechts

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Die medizinische Behandlung des menschlichen Körpers ist nach dem koreanischen Patentrecht von der Patentierung ausgenommen, da sie nicht als gewerblich anwendbar gilt und im engen Zusammenhang mit dem Wohlergehen des Menschen steht. Daher ist es unangemessen, Verfahren der medizinischen Behandlung mit einem Monopolrecht zu versehen und dadurch die Behandlungsmöglichkeiten des Arztes zu beschränken oder zu behindern. Außerdem werden weder in der KBioRL noch im Patentgesetz Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des tierischen Körpers beschrieben. Daher sticht eine Enscheidung des Korean Supreme Court ins Auge, wonach Verfahren zur therapeutischen Behandlung des tierischen Körpers patentierbar sind204. Sie sollten als gewerblich anwendbar angesehen werden, denn die auf Tiere bezogenen Erfindungen gehören nicht zu den medizinischen Heilverfahren.

D. Nicht patentierbare Erfindungen im Rahmen des Patentrechts I. Allgemeines Nationale Patentgesetze sehen aber häufige Regelungen vor, in denen die Erfindungen je nach dem Stand der Industrieentwicklung, dem Niveau von Wissenschaft und Technik und den politischen Zielsetzungen von der Patentierbarkeit ausgeschlossen werden, z. B. Nahrungsmittel- oder Arzneimittelerfindungen, oder aber auch Erfindungen, die Tiere oder Pflanzen betreffen. In Bezug darauf sind nicht patentierbare Erfindungen je nach den Ländern unterschiedlich, insbesondere zwischen den fortgeschrittenen Staaten und den Entwicklungsländern. Die fortgeschrittenen Staaten betrachten fast alle Erfindungen als patentierbar, abgesehen von den Erfindungen, deren Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde, während die Entwicklungsländer, denen es oft an der Fähigkeit zum Einsatz neuer Technologien mangelt, aus politischen Gründen nicht patentierbare Erfindungen festsetzen, um Monopolrecht aus entwickelten Staaten im eigenen Land zu verhindern205. Im Jahre 1987 wurde das koreanische Patentrecht zur Verbesserung des technischen Niveaus und entsprechend weltweiten Tendenzen dahingehend revidiert, den Gegenstand der patentierbaren Erfindungen zu erweitern. Aufgrund des Drucks der USA wurden chemische Stoffe und deren Anwendung sowie Arzneimittel in Korea dem Patentschutz zugänglich gemacht. Seit 1990 sind zudem Nahrungsmittel nicht mehr vom Patentschutz ausgeschlossen, und seit 1996 werden durch Atomkernänderung hergestellte Stoffe dem Patentschutz zugänglich gemacht. Laut § 32 KPatG sind nur noch solche Erfindungen vom Patentschutz ausge204 205

s. Entscheidung des Korean Supreme Court v. 12. 3. 1991, 90 Hu 250. Song/Lee/Hwang, S. 245 ff.

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

schlossen, deren Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstößt oder die Gesundheit der Allgemeinheit beeinträchtigt. Mit anderen Worten, nur solche Erfindungen, die dem öffentlichen Interesse zuwiderlauten, sind von der Patenterteilung ausgenommen. Hervorzuheben ist, dass die Begriffe „öffentliche Ordnung, gute Sitten oder Gesundheit der Allgemeinheit“ dem gesellschaftlichen Wandel unterworfen sind. In diesem Zusammenhang werden in der KBioRL, in der einige Beispiele der Nichtpatentierbarkeit aufgezählt sind, ethische Fragen der Patentierung biotechnologischer Erfindungen behandelt. Diese werden in erster Linie nicht von den Gerichten, sondern vom Patentprüfer des KPA entschieden. Diese Entscheidung ist dann nach den koreanischen gerichtlichen Instanzen überprüfbar, sofern Beschwerde beim koreanischen Patentgericht oder Korean Supreme Court eingelegt wird. Darüber hinaus ist derzeit im Zusammenhang mit ethischen Fragen das sog. Gesetz über die Lebensethik und -sicherheit dem Parlament vorgelegt.

II. Nicht patentierbare Erfindungen 1. Überblick Eine angemeldete Erfindung kann zwar die allgemeinen Patentierungsvoraussetzungen erfüllen, aber gemäß § 32 KPatG dennoch nicht patentierbar sein, wenn sie gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstößt oder die Gesundheit der Allgemeinheit beeinträchtigt. Bis heute ist diese Vorschrift einige Male geändert worden206. Entscheidend ist die Definition der Begriffe 206 Nach dem Patentgesetz vom 15. 10. 1946 galten als nicht patentierbare Erfindungen: (1) Arzneimittel oder deren Zubereitungsverfahren, (2) Erfindungen, die gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen, oder die Gesundheit der Allgemeinheit beeinträchtigen, oder die Öffentlichkeit irreführen, (3) als Knolle zu vermehrende Pflanzen, (4) industrielle Stoffe oder Gestaltungen, die der Nationalflagge oder ausländischen Flaggen gleich oder ähnlich sind. Dem Patentgesetz vom 31. 12. 1961 zufolge galten als nicht patentierbare Erfindungen: (1) Nahrungsmittel oder Genussmittel, (2) Arzneimittel oder deren Zubereitungsmixtur, (3) durch chemische Verfahren hergestellte Stoffe, (4) Erfindungen, die gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen oder die Gesundheit der Allgemeinheit beeinträchtigen. Laut dem Patentgesetz vom 1. 1. 1974 galt als nicht patentierbare Erfindungen: (1) Nahrungsmittel oder Genussmittel, (2) Arzneimittel oder Verfahren zur Herstellung von Arzneimitteln durch Zusammensetzung von mehr als zwei Arzneimitteln, (3) durch chemische Verfahren hergestellte Stoffe, (4) durch Verfahren zur Atomkernänderung hergestellte Stoffe, (5) Anwendungserfindungen, die nur aufgrund der Eigenschaften des Stoffs an sich angewandt werden, und (6) Erfindungen, die gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen oder die Gesundheit der Allgemeinheit beeinträchtigen. Nach dem Patentgesetz vom 31. 12. 1980 galten als nicht patentierbare Erfindungen: (1) Nahrungsmittel oder Genussmittel, (2) Arzneimittel oder Verfahren zur Herstellung von Arzneimitteln durch Zusammensetzung von mehr als zwei Arzneimitteln, (3) durch

D. Nicht patentierbare Erfindungen im Rahmen des Patentrechts

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„öffentliche Ordnung oder gute Sitten“ oder „Gesundheit der Allgemeinheit“. Diese Begriffe sind abstrakt und allgemein geregelt, ihr Inhalt wird je nach nationaler Ordnung und zeitlicher Entwicklung unterschiedlich aufgefasst207. Daher sind diese Begriffe möglichst eng auszulegen, da die Ausführung der Erfindung – die von dem bloßen Akt der Patenterteilung deutlich zu trennen ist – durch andere Gesetze beschränkt oder kontrolliert werden kann208. Beispielsweise werden in Bezug auf Arzneimittel oder chemische Stoffe Fragen der Sicherheit der Produkte und der Qualität durch das Arzneimittelgesetz oder das Gesetz über gesundheitliche Lebensmittel geregelt. Ein Erfinder kann seine Erfindung auch ohne ein erteiltes Patent ausführen, es sei denn, es gibt ein spezielles Gesetz, in dem die Ausführung der Erfindung verboten ist. Sofern diese Ausführung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde, wird sie durch spezielle Gesetze kontrolliert. In diesem Zusammenhang sind Art. 4quater der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883209 und Art. 27 Abs. 2 S. 2 des TRIPS-Übereinkommens zu beachten210. Hinter diesen Bestimchemische Verfahren hergestellte Stoffe, (4) Anwendungserfindungen betreffend chemische Stoffe, und (5) Erfindungen, die gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen oder die Gesundheit der Allgemeinheit beeinträchtigen. Nach dem Patentgesetz vom 1. 7. 1987, in das erstmals Stoffschutz eingeführt wurde, galten als nicht patentierbare Erfindungen: (1) Nahrungsmittel oder Genussmittel, (2) durch Verfahren zur Atomkernänderung hergestellte Stoffe, und (3) Erfindungen, die gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen oder die Gesundheit der Allgemeinheit beeinträchtigen. Laut dem am 1. 9. 1990 geänderten Patentgesetz gelten als nicht patentierbare Erfindungen nur noch: (1) durch chemische Verfahren hergestellte Stoffe, (2) Erfindungen, die gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen oder die Gesundheit der Allgemeinheit beeinträchtigen, vgl. Jo, S. 97 (98). Nach der Patentgesetzesänderung vom 1. 9. 1995 gelten als nicht patentierbare Erfindungen nur noch Erfindungen, die gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen oder die Gesundheit der Allgemeinheit beeinträchtigen. Der bis dahin zum Schutz der nationalen Atomindustrie geltende Ausschluss von Verfahren zur Atomkernänderung wurde aufgehoben, vgl. Song/Lee/Hwang, S. 246 (248). 207 Jo, S. 98 (99); Yoshifuji, S. 118. 208 Song/Lee/Hwang, S. 246 ff. 209 Revidiert in Brüssel am 14. 12. 1900, in Washington am 2. 6. 1911, in Den Haag am 6. 11. 1925, in London am 2. 6. 1934, in Lissabon am 31. 10. 1958, in Stockholm am 14. 7. 1967 (BGBl. 1970 II S. 391) und zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 20. 8. 1984 (BGBl. II S. 799). Gemäß Art. 4quater der PVÜ kann die Erteilung eines Patents nicht deshalb verweigert und ein Patent kann nicht deshalb für ungültig erklärt werden, weil der Vertrieb des patentierten Erzeugnisses oder des Erzeugnisses, das das Ergebnis eines patentierten Verfahrens ist, Beschränkungen oder Begrenzungen durch die innerstaatlichen Rechtsvorschriften unterworfen ist. Selbst wenn die Verwertung durch ein Gesetz, z. B. Arzneimittelgesetz, Aufbaugesetz, verboten ist, werden die Erfindungen an sich nicht als gegen die Gesellschaft gerichtet und damit als nicht patentierbar angesehen, vgl. Song/Lee/Hwang, S. 247 (248); Yoshifuji, S. 119. 210 Laut Art. 27 Abs. 2 TRIPS können die Mitglieder Erfindungen von der Patentierbarkeit ausschließen, wenn die Verhinderung ihrer gewerblichen Verwertung inner-

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mungen steht der Gedanke, dass Gesetze, die den Vertrieb von bestimmten Erzeugnissen beschränken oder kontrollieren, zu revidieren oder abzuschaffen bzw. auf die Vergangenheit zu beschränken sind211. 2. Öffentliche Ordnung und gute Sitten Nicht patentierbar sind in erster Linie Erfindungen, die gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen. Allerdings ist der Begriff der öffentlichen Ordnung im Patentgesetz nicht definiert, so dass es dazu jeweils der Auslegung bedarf. Unter dem Begriff „öffentliche Ordnung“ versteht man das allgemeine Interesse des Staats und der Gesellschaft, und der Begriff „gute Sitten“ beschreibt das allgemeine moralische Empfinden der Gesellschaft212. Diese Begriffe ändern sich im Laufe des gesellschaftlichen Wandels. Die Entscheidung, ob eine Erfindung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstößt, wird daher nicht zum Zeitpunkt der Patentanmeldung, sondern zum Zeitpunkt der Patenterteilung getroffen213. Außerdem hat der Korean Supreme Court in einer Entscheidung aufgezeigt, welche Rechtsgeschäfte gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen214. Nach dieser Entscheidung gehört ein Rechtsgeschäft, dessen Zweck, Eigenschaften sowie Beweggrund gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstößen, zu den ungültigen Rechtsgeschäften gemäß § 103 des koreanischen Zivilgesetzbuches. 3. Gesundheit der Allgemeinheit Neben Erfindungen, deren Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstößt, sind auch Erfindungen, die die Gesundheit der Allgemeinheit beeinträchtigen, nicht patentierbar. Hierbei versteht man unter „Beeinträchtigung der Gesundheit“, dass die Anwendung der Erfindung die Ge-

halb ihres Hoheitsgebiets zum Schutz der öffentlichen Ordnung oder der guten Sitten einschließlich des Schutzes des Lebens oder der Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen oder zur Vermeidung einer ernsten Schädigung der Umwelt notwendig ist, vorausgesetzt, dass ein solcher Ausschluss nicht nur deshalb vorgenommen wird, weil die Verwertung durch nationales Recht verboten ist. In dieser Bestimmung wird darauf hingewiesen, dass das Wort „können“ beschrieben ist. Mit anderen Worten, die Mitglieder sind nicht dazu verpflichtet, solche Erfindungen von der Patentierbarkeit auszuschließen. 211 Yoshifuji, S. 119. 212 Jo, S. 98 (99). 213 Yu, S. 70; siehe auch Entscheidung des Korean Supreme Court v. 8. 11. 1991, 91 Hu 110. 214 s. Entscheidung v. 11. 2. 2000, 99 Da 56833. Dies gilt auch, wenn der eigentliche Zweck, die Benutzung und die Wirkung der Erfindung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen, dazu ausführlich bei Yoshifuji, S. 118.

D. Nicht patentierbare Erfindungen im Rahmen des Patentrechts

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sundheit der Allgemeinheit beeinträchtigt215, wobei der Begriff „Gesundheit der Allgemeinheit“ als Bewahrung der Volksgesundheit und Vorbeugung gegen Krankheiten verstanden wird216. Das Patentgesetz stellt nicht darauf ab, Sicherheit und Qualität erfindungsgemäßer Produkte zu gewährleisten, sondern bezweckt die Förderung von Forschung und Entwicklung. Dementsprechend sollte die Gewährung der Sicherheit und Qualität von Produkten in anderen Rechtsordnungen behandelt werden, z. B. im Arzneimittelgesetz 217. Erfindungen, deren Verwertung die Gesundheit der Allgemeinheit beeinträchtigt, werden nur nach dem Patentgesetz, nicht aber nach anderen Vorschriften beurteilt.

III. Nicht patentierbare Erfindungen im biotechnologischen Bereich Aufgrund der rasanten Entwicklung der Biotechnologie ist es schon möglich, durch genetische Manipulation ein neues Lebewesen fen. Hierbei taucht allerdings die Frage nach der Verletzung der würde auf, und zudem stehen die Patentierung von Lebewesen und züglichen ethischen Fragen im Vordergrund.

theoretisch zu erschafMenschendie diesbe-

1. Nicht patentierbare Erfindungen in der KBioRL Erst in die KBioRL wurden Beispiele eingeführt, die als gemäß § 32 KPatG nicht patentierbare Erfindungen im Bereich biotechnologischer Erfindungen angesehen werden. Nach der KBioRL darf in allen Bereichen gentechnologischer, mikrobiologischer, pflanzlicher und tierischer Erfindungen aus ethischen Gründen der Patentschutz nicht dazu führen, z. B. das Ökosystem zu zerstören, Umweltverschmutzung zu verursachen und dem Menschen zu schaden. Daher sind gentechnologische Erfindungen, die die Menschenwürde verletzen, nicht patentierbar. Im Pflanzen- bzw. Sortenschutzbereich sind ferner Erfindungen, die darauf abzielen, Abneigung gegen Menschen zu erregen, nicht patentierbar. Auf dem Gebiet der Tiererfindungen sind diejenigen Erfindungen, die darauf abzielen, Abneigung gegen Menschen zu erregen, oder solche, bei denen im Vergleich zu den nützlichen Auswirkungen für den Menschen eine Misshandlung der Tiere bewirkt wird, dem Patentschutz nicht zugänglich. Daraus folgt, dass für die KBioRL zum einen der Umweltschutz ein wichtiges Thema ist. Zum anderen ist die Menschenwürde ein wichtiger Wert zur Beurteilung der Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen218. 215 216 217

Hwang, S. 380. Jo, S. 98 (99). Song/Lee/Hwang, S. 246 ff.; Yoshifuji, S. 118 ff.

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

2. Ethische Fragen biotechnologischer Erfindungen Ein bekanntes Beispiel für die Grenzen ethischer Wertungen stellt die Erzeugung des Schafs „Dolly“ dar, wobei die Reproduktionstechnik der somatischen Zelle verwendet wurde, und zwar mit Hilfe des Nuklear Transplantation Cloning. Hierbei werden genetische Informationen einer erwachsenen Zelle in ein anderes Ei übertragen und daraus Nachkommen geschaffen. Durch diese Technik ist ein neuer Weg zu Monogenese oder zur vegetativen Fortpflanzung eröffnet worden, abseits von der Befruchtung der Eizelle durch Spermien. Mit Hilfe der Reproduktionstechnik der somatischen Zelle sind auch in Korea Tiere erzeugt worden219. Dies hat jedoch vor allem ethische Bedenken hervorgerufen. Im Vordergrund stehen dabei Abort, Totgeburt, Missform, Übergewicht usw. Seit der Geburt der Reproduktionskuh „Yeongrongi“ von 1999 sind 33% von 130 Kühen tot geboren worden. Von den verbleibenden 89 Kühen sind 11 Kühe an Herzwand- oder Lebervergrößerung gestorben. Ferner sind 10 Kühe aus ungewissem Grund ca. einen Monat nach der Geburt gestorben. Die Befruchtungsrate betrug nur 9,2%, und die Abortrate war mit 30% sechsmal höher als bei normalen Kühen. Die Hälfte der geborenen Reproduktionskühe wog 30% mehr als normale Kühe220. Auch ist das geklonte Schaf „Dolly“ aufgrund einer fortschreitenden Lungenerkrankung mit 6 Jahren gestorben, obwohl die normale Lebenserwartung für Schafe etwa 12 Jahre beträgt. Zahlreiche Versuche, Tiere zu klonen, haben mit Fehlschlägen geendet. Völlig deformierte Föten mit abnormen Organen starben schon in der Gebärmutter, viele wurden auch tot geboren. Andere Klone starben wenige Tage nach ihrer Geburt221. So wurde gefragt, ob für Tiere oder Produkte der Reproduktionstechnik der somatischen Zelle Patente erteilt werden können. Zwar wird die Erfindung als gewerblich anwendbar angesehen, aber wegen Verstoßes gegen die guten Sitten zurückgewiesen222. 218 Diesbezüglich fehlt es in der KBioRL bedauerlicherweise an konkreten Hinweisen darauf, was als Menschenwürde betrachtet wird und was dem Menschen schadet. Die KBioRL gibt nur Beispiele. Daher ist die abstrakte Vorschrift nach dem konkreten Fall auszulegen. Mit anderen Worten könnte dieser Artikel zukünftig nur dadurch richtig ausgelegt werden, dass die konkreten Ergebnisse durch die ausreichenden Fälle aufgehäuft werden. Der gleichen Meinung ist Hr. Yu, siehe Yu, S. 71. 219 Z. B. ist im Februar 1999 die Milchkuh „Yeongrongi“ und im April 1999 die Kuh „Jini“ von Prof. Hwang, Woo-Seok erzeugt worden. 220 s. Zeitung „Jungang-Ilbo“ v. 7. 4. 2001. 221 s. auch FAZ v. 14. 2. 2003; SZ v. 14. 2. 2003. 222 Vgl. Yu, S. 87. Yu ist der Auffassung, dass die Reproduktionstechnik bei Tieren nutzbringend sei, und deswegen lohne es sich nicht, solche Techniken einfach zu verbieten oder deren technische Entwicklung durch Verweigerung des Patentschutzes zu verhindern. In dem Rahmen, in dem diese Erfindung die Patentvoraussetzungen, vor allem gewerbliche Anwendbarkeit, erfüllen und nicht gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen, sollte die Erfindung nicht von der Patentierung ausgeschlossen werden. Ferner sollte der Gewinn des Erfinders und der Nutzen für die Gesellschaft in Einklang gebracht werden.

D. Nicht patentierbare Erfindungen im Rahmen des Patentrechts

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Zur Herstellung von Arzneimitteln, die dem Menschen nützlich sind, kann ein Verfahren angewendet werden, bei dem ein menschliches Gen in ein Tier eingefügt wird. In diesem Zusammenhang befürchten viele, dass diese gentechnischen Manipulationen, in denen Gensequenzen von Menschen und Tieren vermischt werden, zu Monstern führen könnten. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass zur Herstellung von für Menschen nützlichen Medikamenten nicht ein tierisches Gen in den Menschen eingeführt wird, sondern ein menschliches Gen in ein Tier. In Bezug darauf geht man davon aus, dass die Genmanipulation auf breiter Basis zugelassen werden sollte223. Solange man sich nicht sicher ist, ob eine Genmanipulation den Menschen schadet oder nützt, sollte es dem Gewissen des Forschers überlassen bleiben, ob er weiter forscht oder nicht. Nur wenn Gefahr besteht, dass Grundrechte des Menschen verletzt werden, sollte eine rechtliche Kontrolle eingreifen. Hierfür sollten Mindeststandards zur Verfügung stehen. Auch sollten bei der Frage der Zulässigkeit von Genmanipulationen die langfristige Planung des Staates berücksichtigt werden224. 3. Vereinbarkeit des Patentrechts mit dem Entwurf des Gesetzes über Lebensethik und -sicherheit Der Entwurf des Gesetzes über die Lebensethik und -sicherheit, der derzeit dem Parlament vorliegt und noch nicht in Kraft getreten ist, befasst sich auch mit der ethischen Regelung des Patentrechts. Nach dem Entwurf sind für verbotene Forschungsergebnisse keine Patente zu erteilen. Hierbei ist es jedoch unklar, was genau verbotene Forschungsergebnisse sind. Im Grunde genommen sind Patentierbarkeit und Gegenstand des Patents nicht in einem speziellen Gesetz, sondern im Patentgesetz zu regeln, da die Patentierbarkeit der beim KPA angemeldeten Erfindungen entsprechend dem Verfahren des KPA geprüft wird. Es würde Verwirrung hervorrufen, wenn der Gegenstand des Patents und die Prüfung der Patentierbarkeit in einem anderen Gesetz als dem Patentgesetz geregelt und behandelt würden. Außerdem verneint das sog. Gesetz über die Lebensethik und -sicherheit die Patentierbarkeit von genetischen Gensequenzen und genetischen Materialien, deren Funktionen noch nicht ermittelt sind. Darüber hinaus regelt das Gesetz, dass über ethisch umstrittene Erfindungen der „Rat der Lebensethik“ zu entscheiden habe. Diese Vorschrift ist in den Entwurf eingeführt worden, weil nach der Veröffentlichung der Gensequenzen des menschlichen Genoms ethische Fragen nach der Patentierung von Lebewesen 223

Sin, S. 53 (54). Yu, S. 78 (79). Yu ist der Ansicht, dass eine solche Erfindung als gewerblich anwendbar angesehen werden muss, denn diese Organe besitzen keine menschlichen Eigenschaften, sondern führen ein menschliches Gen in ein Tier zur Beseitigung des Ablehnungssymptoms im Immunsystem ein, und würdigt sogar den wirtschaftlichen Nutzen. 224

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

aufgeworfen wurden. Jedoch wäre es kaum denkbar, dass technisch ausgebildete Patentprüfer derartige ethische Fragen entscheiden, selbst wenn dem Anmelder oder dem Patentinhaber die Gelegenheit eingeräumt würde, beim Patentgerichtshof oder Korean Supreme Court nachträglich eine Klage gegen die Beurteilung des Prüfers einzulegen. Beschwerden gegen die Beschlüsse des Rats der Lebensethik und -sicherheit können dem Korean Supreme Court vorgelegt werden. Hierbei besteht aber die Gefahr von abweichenden Mehrfachentscheidungen auf unterschiedlicher Grundlage, was die Rechtsunsicherheit erhöhen würde225. Wenn ethische Fragen im Zusammenhang mit biotechnologischen Erfindungen im Raum stehen, ist es oft unklar, von wem oder nach welcher Rechtsordnung sie zu behandeln sind, denn nach dem Entwurf des Gesetzes der Lebensethik und -sicherheit ist es auch möglich, eine Klage entweder beim Koreanischen Patentgerichtshof oder beim Korean Supreme Court einzulegen. Deshalb sollte der ethische Prüfungsmaßstab innerhalb des juristischen Gesamtsystems vereinheitlicht werden. 4. Fazit Wie schon erwähnt, reicht § 32 KPatG nicht aus, um im koreanischen Patentwesen die Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen abschließend zu prüfen. Daher ist zu fragen, ob dagegen die KBioRL als Mittel zur Beurteilung biotechnologischer Erfindungen ausreicht. Derzeit ist in Korea die wissenschaftliche Analyse ethischer Fragen des Patentrechts nicht entwickelt, d. h. auf patentrechtlicher Seite gibt es kaum wissenschaftliche Ansätze, die § 32 KPatG eingehend behandeln. Beispielsweise ist nach dem geltenden Patentwesen unklar, was „öffentliche Ordnung“ oder „gute Sitten“ i. S. d. Patentrechts bedeutet, oder was „Beeinträchtigung der Gesundheit der Allgemeinheit“. Mit Rücksicht darauf hat das KPatG wenig Bedeutung. Umso wichtiger ist diesbezüglich im Bereich biotechnologischer Erfindungen die KBioRL. Es bleibt abzuwarten, in welche Richtung sich die Tendenz der Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen nach ethischen Erwägungen auf Grundlage der KBioRL entwickelt.

E. Schutzbereich des Patents in Korea I. Allgemeines Zur Patentierung einer Erfindung muss der Erfinder zum Zeitpunkt der Patentanmeldung den Zweck, die Struktur und die Auswirkung der Erfindung in der Beschreibung angeben. Der Schutzbereich des dadurch erteilten Patents 225 Lee, S.-W., Rolle des Patentgesetzes und des Gesetzes der Ethik des Lebens in: Jijeokjaesan im Juli 2001, S. 9 (10). s. auch Homepage des KPA: www.kipo.go.kr.

E. Schutzbereich des Patents in Korea

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wird grundsätzlich durch die Patentansprüche bestimmt. Hierbei sind die Interessen des Patentinhabers und der Allgemeinheit zu berücksichtigen. Mit anderen Worten, die Wirkung des Patents wird entweder durch das öffentliche Interesse oder zugunsten der Gewerbepolitik beschränkt226. Außerdem gilt in Korea die Erschöpfungslehre. Wenn der Patentinhaber oder der Berechtigte geschützte Erzeugnisse legal in Korea herstellt und in Verkehr bringt, so erstreckt sich die Wirkung des Patents nicht mehr auf diese Produkte227. Des Weiteren regelt das koreanische Patentrecht unter bestimmten Voraussetzungen die Erteilung einer sog. Zwangslizenz, die vom KPA erteilt wird. In der KBioRL selbst werden Schutzumfang und Zwangslizenz bei biotechnologischen Erfindungen nicht besonders geregelt. Die Auslegung ist somit nach dem allgemeinen patentrechtlichen Prinzip vorzunehmen.

II. Schutzbereich im koreanischen Patentgesetz 1. Überblick Durch das Patentrecht wird dem Erfinder der Lohn für seine Leistung und für die Veröffentlichung des Erfindungsgedankens gesichert, indem der Erfinder ein ausschließliches Verwertungsrecht an seiner Erfindung erhält. Nach § 94 KPatG, in dem der Schutzbereich des Patents geregelt ist, steht nur dem Patentinhaber das Recht zu, die patentierte Erfindung gewerblich zu verwerten. Hierbei wird darauf hingewiesen, dass dem Patentinhaber die gewerbliche Benutzung vorbehalten wird, da der Wert der Erfindung in den gewerblichen Nutzungsmöglichkeiten besteht, und das Patentrecht darauf abstellt, einen Beitrag zur Industrieentwicklung zu leisten228. Das Patentrecht gewährt dem Patentinhaber einerseits die positive Befugnis, die Erfindung zu benutzen229. Andererseits hat das Patentrecht einen negativen Inhalt, d. h., dass es verboten ist, die Erfindung ohne Zustimmung durch den Berechtigten zu benutzen230. Zusammenfas226

§ 96 KPatG. Kim, W.-J., 562. 228 Jo, S. 295. 229 Gemäß § 94 KPatG hat der Patentinhaber zu gewerblichen Zwecken ein ausschließliches Recht zur Ausübung der patentierten Erfindung. Besteht jedoch eine ausschließliche Lizenz an dem Patentrecht, findet diese Bestimmung keine Anwendung dergestalt, dass der ausschließliche Lizenznehmer ein ausschließliches Recht zur Ausübung der patentierten Erfindung hat. 230 Vgl. §§ 98 und 126 KPatG. In § 98 KPatG ist vorgesehen, dass, wenn eine patentierte Erfindung eine andere patentierte Erfindung, das eingetragene Gebrauchsmuster oder das eingetragene Geschmacksmuster oder ein ähnliches Geschmacksmuster einer anderen Person mit älterer Priorität enthält, oder wenn das Patentrecht dem Geschmacksmusterrecht einer anderen Person mit älterer Priorität entgegensteht, der Patentinhaber oder der Inhaber einer ausschließlichen oder nicht ausschließlichen Lizenz ohne Erlaubnis des Inhabers des älteren Patent-, Gebrauchsmuster- oder Geschmacks227

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

send lässt sich sagen, dass die objektive Erfindungsidee für den Berechtigten monopolisiert und für alle anderen gesperrt wird. 2. Schutzbereich des Patents Die Patentansprüche sind von großer Bedeutung, da gemäß § 97 KPatG der Schutzbereich der patentierten Erfindung durch den Inhalt der Patentansprüche bestimmt wird. Jedoch sind zur Auslegung der Patentansprüche die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen, wobei für die Beurteilung des Schutzbereichs Eigenschaften und Zweck der Erfindung anzugeben sind. Bei der Auslegung des Schutzbereichs des Patents sind nicht nur die Interessen des Patentinhabers, sondern auch die der Allgemeinheit zu berücksichtigen. Zum einen soll der Schutzumfang des Patents nicht in einer Weise ausgelegt werden, die eine übermäßige Monopolisierung zur Folge hat. Eine Formulierung der Ansprüche, die alle möglichen Formen zukünftiger Benutzungen der Erfindung abdeckt, ist jedoch realiter nicht möglich. Um einen effizienten Schutz zu gewährleisten, sollte der Schutzumfang nicht nur nach dem Wortlaut der Anmeldung ausgelegt werden, sondern auch äquivalente Lösungen umfassen231. In Korea gilt die Erschöpfungslehre, auf die sich Entscheidungen stützen232. Nach der Lehre jedoch erschöpfen sich die Befugnisse bezüglich des geschützten Erzeugnisses, sofern der Patentinhaber oder der Berechtigte dieses Erzeugnis Sache in Korea gesetzmäßig produziert und in Verkehr bringt. Diesbezüglich regelt Art. 6 TRIPS, dass für Zwecke der Streitbeilegung im Rahmen dieses Übereinkommens vorbehaltlich der Inländerbehandlung (Art. 3) und Meistbegünstigung (Art. 4) dieses Übereinkommen nicht dazu verwendet werden darf, die Frage der Erschöpfung von Rechten des geistigen Eigentums zu behandeln. Darum kann jeder Vertragsstaat die Erschöpfungsfrage individuell regeln233. Ein anderer Streitpunkt ist die internationale Erschöpfungslehre. Aber die internationale Erschöpfungslehre stößt auf Art. 4bis Abs. 1 PVÜ, wonach die in den verschiedenen Verbandsländern von Verbandsangehörigen angemeldeten Patente unabhängig von den Patenten sind, die für dieselbe Erfindung in anderen Ländern erlangt wurden, gleich ob diese Länder dem Verband angehören oder nicht angehören. So wurde in den USA die internationale Erschöpfungslehre musterrechts die patentierte Erfindung nicht zu gewerblichen Zwecken ausüben darf. Gemäß § 126 KPatG kann ein Patentinhaber oder ein ausschließlicher Lizenznehmer den Verletzer oder den vermutlichen Verletzer auf Unterlassung oder Vorbeugung der Verletzung in Anspruch nehmen. 231 Song/Lee/Hwang, S. 367 ff. 232 Entscheidung v. 11. 1. 1994, 93 Hu 824. Dazu ausführlich bei Oh, Seung-Jong, Patentverletzung und Erschöpfungslehre, in: Beopjo, 1997, S. 91 ff.; vgl. Song/Lee/ Hwang, S. 411 ff. 233 Kim, W.-J., 562, 570.

E. Schutzbereich des Patents in Korea

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durch die Entscheidung „Boesch“ abgelehnt234. Eine Entscheidung des Landesgerichts Seoul in Korea hat die internationale Erschöpfungslehre in einer bestimmten Konstellation bejaht235. Bei dieser Entscheidung ging es um den Import von Arzneimitteln aus einem Drittland. Danach durfte der Patentinhaber einen koreanischen Importhändler nicht in Anspruch nehmen, da die patentierte Erfindung gesetzmäßig in die Schweiz importiert und vertrieben worden ist, und danach nach Korea importiert und in Verkehr gebracht worden ist. 3. Beschränkungen der Schutzwirkung des Patents Die Schutzwirkung des Patents ist aber nicht grenzenlos, sondern gewissen Beschränkungen zugunsten privater und öffentlicher Interessen unterworfen. Gemäß § 96 KPatG erstreckt sich die Wirkung des Patents nicht auf die nichtgewerbliche Benutzung, wobei gewerbliche Benutzung jede Benutzung ist, die nicht zu einem persönlichen oder privaten Zweck erfolgt, und nicht der wiederholbaren Nutzung bedarf236. Daher gehören zu der nichtgewerblichen Benutzung beispielsweise Handlungen zu Forschungs- oder Versuchszwecken. Denn die Nutzung zu Forschungs- oder Versuchszwecken leistet einen Beitrag zur Technikentwicklung und beeinträchtigt nicht den Gewinn des Patentinhabers237. Hierbei geht es um das Forschungs- oder Versuchsprivileg, das entsprechend dem Zweck des Patentwesens ausgelegt und nicht zu stark erweitert werden sollte. Daher gilt das Privileg betreffend die Ausübung zu Forschungs- oder Versuchszwecken nur für die patentierte Erfindung als solche238. Außerdem ist die unmittelbare Zubereitung von Arzneimitteln in Apotheken aufgrund des Arzneimittelgesetzes erlaubt, ebenso die daraus hervorgegangenen Arzneimittel239. Dagegen ist die Herstellung geschützter Arzneimittel ohne ärztliche Verschreibung unter Berücksichtigung der Volksgesundheit nicht zulässig240. 234

Kim, W.-J., S. 563. s. Entscheidung des Landesgerichts Seoul v. 30. 7. 1981, 81 Kahap 426 (Patentverletzung). 236 Jo, S. 299 ff.; Yoshifuji, S. 356. 237 Yoshifuji, S. 356; Yu, S. 74; Kim, W.-J., S. 486. Der Anwendungsbereich des Forschungs- und Versuchsprivilegs sollte noch erweitert werden, um dem Zweck des Patentwesens, der auf die Gewerbeentwicklung des Staates abstellt, gerecht zu werden. 238 Yoshifuji, S. 356; Kim, W.-J., S. 486. 239 Außerdem erstrecken sich die Wirkungen des Patents nicht auf: (1) Schiffe, Luftfahrzeuge, Landfahrzeuge oder Maschinen, Geräte, Vorrichtungen und sonstiges Zubehör zu den genannten Zwecken, wenn diese ausschließlich vorübergehend in das Inland gelangen; (2) Sachen, die sich bereits zum Zeitpunkt der Patentanmeldung im Inland befinden. Der Grund dafür, dass sich der Patentschutz nicht auf diese Sachen erstreckt, liegt in der Gewährleistung der Rechtssicherheit. Ferner hat der Patentinhaber kein wirtschaftliches Interesse an den genannten Gegenständen, vgl. Kim, W.-J., S. 487 ff.; Song/Lee/Hwang, S. 379. 235

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

4. Zwangslizenz des Patents Darüber hinaus ist in § 98, 106 und 107 unter bestimmten Voraussetzungen die Erteilung einer sog. Zwangslizenz vorgesehen241. In diesem Fall kann ein Dritter im öffentlichen Interesse, und unabhängig vom Willen des Rechtsinhabers, die patentierte Erfindung ohne Erlaubnis des Rechtsinhabers ausüben, da es dem Zweck des Patentgesetzes entspricht, die gewerbliche Entwicklung zu fördern. Diese Vorschriften sind in Anpassung an die Vorgaben der Art. 27 Abs. 1 S. 2, Art. 31 TRIPS-Übereinkommen neu gefasst worden242. Der Begriff „Zwangslizenz“ wird demzufolge als die vom Patentamt im Einzelfall erteilte, nicht ausschließliche Befugnis zur gewerblichen Benutzung einer Erfindung verstanden. Da die Zwangslizenz das private Eigentum wesentlich beschränkt, darf sie nur zu bestimmten Zwecken erteilt werden243. In erster Linie muss sich der Lizenzsucher innerhalb eines angemessenen Zeitraums erfolglos bemüht haben, vom Patentinhaber die Zustimmung zu erhalten, die Erfindung zu angemessenen geschäftsüblichen Bedingungen zu nutzen. Außerdem muss er dem Patentinhaber eine angemessene Vergütung anbieten. Zur Erteilung einer 240 Diese Vorschrift ist erst im Jahre 1987, als der Stoffschutz in das Patentgesetz eingeführt worden ist, in Kraft getreten, vgl. Jo, S. 301 ff.; Yoshifuji, S. 125; Kim, W.J., 488 (489). 241 § 106 KPatG beschreibt: (a) wenn eine patentierte Erfindung zur Staatsverteidigung nötig ist, z. B. bei einer Notlage des Staates kann die Regierung den Patentinhaber der Erfindung enteignen oder das Patent ausführen, oder durch andere Personen ausführen lassen; (b) wenn die Regierung eine Enteignung hinsichtlich eines Patentrechts ausführt, oder eine patentierte Erfindung durchführt, oder von anderen Personen ausführen lässt, ist dem Patentinhaber, dem ausschließlichen Lizenznehmer oder dem nichtausschließlichen Lizenznehmer eine angemessene Vergütung zu zahlen. § 107 Abs. 1 KPatG lautet: wer eine patentierte Erfindung ausüben will, kann bei dem Präsidenten des Patentamts die Erteilung einer nichtausschließlichen Lizenz beantragen. Jedoch kann der Anspruch nur beantragt werden, wenn die Verhandlung über die Erteilung einer nichtausschließlichen Lizenz mit dem Patentinhaber oder dem ausschließlichen Lizenznehmer nicht in Erfüllung geht oder trotz aller Mühe bei den Verhandlungen keine Einigung erreicht wird: (a) eine patentierte Erfindung ist ohne berechtigenden Grund, wie Naturkalamitäten oder Naturkatastrophen, oder ohne den von der Präsidialverordnung bestimmten Grund, mehr als 3 Jahre lang im Inland nicht ausgeführt worden; (b) eine patentierte Erfindung ist ohne berechtigenden Grund mehr als 3 Jahre lang im Inland nicht im entsprechenden gewerblichen Umfang ausgeführt worden, oder ihre Ausführung hat die inländische Nachfrage nicht in angemessenem Ausmaß und Bedingung befriedigt; (c) die Ausübung einer patentierten Erfindung ist im öffentlichen Interesse, nicht zu gewerblichen Zwecken, erforderlich, und (d) die Ausübung einer patentierten Erfindung ist erforderlich zur Behebung von Handlungen, die als die in einem Gerichts- und Verwaltungsverfahren festgestellte unlautere Wettbewerbshandlung betrachtet werden. § 107 Abs. 6 KPatG beschreibt, dass § 107 Abs. 1 (c) und (d) für die Halbleitertechnologie gelten. 242 In der Fassung des koreanischen Patentgesetzes von 1996 spiegelt sich das TRIPS-Übereinkommen wider, vgl. Song/Lee/Hwang, S. 389; vgl. Kim, W.-J., S. 543 (544). 243 Kim, W.-J., S. 544.

E. Schutzbereich des Patents in Korea

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Zwangslizenz bedarf es ferner besonderer Umstände, nämlich der Nichtausübung oder unzureichenden Ausübung des Berechtigten. Auch ist darauf hinzuweisen, dass ein öffentliches Interesse an der Benutzung der Erfindung durch den Lizenzsucher bestehen muss244. Der Begriff „öffentliches Interesse“ ist jedoch abstrakt, und es ist daher nicht einfach, ihn genau zu definieren245. Gemäß Art. 5A Abs. 2 PVÜ kann jedes Verbandsland Zwangslizenzen vorsehen, um Missbräuchen des Rechtsinhabers vorzubeugen, die sich aus der Ausübung des durch das Patent verliehenen ausschließlichen Rechts ergeben könnten. Darüber hinaus kann laut Art. 5A Abs. 3 PVÜ jedes Verbandsland das Patent verfallen lassen, wenn die Gewährung von Zwangslizenzen zur Verhütung dieser Missbräuche nicht ausreicht246. Des Weiteren wird in § 138 KPatG eine Vorschrift über „Cross-licences“ geregelt, in der die Erteilung für die Ursprungserfindung vorgesehen ist, wenn die Ausübung eine Verbesserungserfindung nicht möglich ist, ohne gleichzeitig die Ursprungserfindung zu nutzen. Ebenso wie in Art. 31 l) TRIPS-Übereinkommen muss gemäß § 138 Abs. 2 KPatG die im zweiten Patent in Anspruch genommene Erfindung gegenüber der im ersten Patent beanspruchten Erfindung einen wichtigen technischen Fortschritt von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung darstellen247.

III. Schutzbereich biotechnologischer Erfindungen Weder im KPatG noch in der KBioRL findet sich eine spezielle Vorschrift über den Schutzumfang biotechnologischer Erfindungen. Daher ist der Schutzumfang biotechnologischer Erfindungen nach den allgemeinen Prinzipien des Patentrechts auszulegen, z. B. gemäß § 94. Hierbei sollte die Erschöpfungsregel in Bezug auf biotechnologische Erfindungen in gleicher Weise wie in Bezug auf andere Technologiebereiche angewandt werden, es sei denn, speziellere Vorschriften stehen dem entgegen.

244 Laut dem Patentgesetz, das vor dem 1. 7. 1996 galt, war die Befriedigung des öffentlichen Interesses Grund genug, eine nichtausschließliche Lizenz zu verordnen. Im Jahre 1996, in dem das KPatG an Art. 31 (b) TRIPS-Übereinkommen angepasst wurde, wurde dies auf das öffentliche Interesse zu nicht gewerblichen Zwecken eingeschränkt. 245 Dazu können z. B. die Volksgesundheit, Aufbau der öffentlichen Einrichtungen oder der Umweltschutz gehören, vgl. Kim, W.-J., S. 549. 246 § 116 KPatG. Der auf Nichtausübung beruhende Verfall gilt in Korea auf dem gleichen Niveau, vgl. Kim, W., S. 554. Die Frage des Umgangs mit Nichtausübung war Gegenstand von Diskussionen zwischen Entwicklung- und Industrieländern. Durch einen Kompromiss ist die Vorschrift über Zwangslizenz ins TRIPS eingeführt worden, vgl. Kim, W.-J., S. 558. 247 Diese Vorschrift ist erst am 2. 2. 2001 geändert worden.

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2. Teil: Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Korea

Wie bereits erwähnt, beschränkt sich § 96 Abs. 1 KPatG auf die Wirkung des Patents. Demzufolge erstreckt sich der Patentschutz vor allem nicht auf Handlungen zu Forschungs- und Versuchszwecken, die sich auf den Gegenstand der patentierten Erfindung beziehen248. Biotechnologische Erfindungen dürfen von dieser Regelung nicht ausgenommen werden. In der KBioRL ist keine Vorschrift über Zwangslizenzen enthalten. Warum hierüber keine Regelung getroffen wurde, bleibt unklar249. So finden auch diesbezüglich nur die allgemeinen Prinzipien des Patentrechts Anwendung. Für den Erhalt einer Zwangslizenz müssen die Antragssteller nachweisen, dass sie sich erfolglos um eine Nutzungslizenz bemüht haben, oder dass das zweite Patent einen bedeutenden technischen Fortschritt von erheblichem wirtschaftlichem Interesse gegenüber dem ersten Patent aufweist. Die Erteilung einer gegenseitigen Lizenz zwischen dem Patent- und dem Sortenschutzrechtinhaber bestimmt sich nach Maßgabe von § 138 Abs. 2 KPatG, der inhaltlich Art. 31 l) TRIPS entspricht, d. h. das zweite Patent muss gegenüber der im ersten Patent beanspruchten Erfindung einen wichtigen technischen Fortschritt von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung aufweisen. Andernfalls darf eine Zwangslizenz nicht erteilt werden.

IV. Fazit In der KBioRL findet sich bedauerlicherweise keine Vorschriften über den Schutzumfang oder die Zwangslizenz250. Es ist zweifelhaft, warum es in der KBioRL, in der die Schutzvoraussetzungen und Methoden der Beschreibung biotechnologischer Erfindungen enthalten sind, an diesen Bestimmungen mangelt. So sind auch in diesem Bereich Schutzumfang und die Voraussetzungen einer Zwangslizenz nach den allgemeinen Prinzipien des Patenrechts auszulegen. Hierbei müssen auch die betreffenden Vorschriften des TRIPS-Übereinkommens in Erwägung gezogen werden. Die zukünftige Auslegung durch die Rechtsprechung bleibt abzuwarten. Bei der Auslegung von Art. 31 l) des TRIPS-Übereinkommens geht es vor allem um die genaue Bedeutung von „wichtiger technischer Forschritt“ und „erhebliche wirtschaftliche Bedeutung“, da „wichtig“ und „erheblich“ sehr abstrakte Ausdrücke sind. Um unnötige 248

Yu, S. 74; Yoshifuji, S. 356. Zu dem Zeitpunkt, an dem die KBioRL veröffentlicht wurde, gab es bereits im Zusammenhang mit der EU-Biorichtlinie eine heftige Diskussion über Zwangslizenzen biotechnologischer Erfindungen. Wenn der Gesetzgeber der KBioRL der damaligen Konstellation der EU-Biorichtlinie ausreichend Rechnung hätte tragen können, so hätten manche Vorschriften der KBioRL bereits die amerikanischen, japanischen und europäischen Vorschriften über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen berücksichtigt. 250 Insofern unterscheidet sich die KBioRL von der EG-Biorichtlinie erheblich. 249

E. Schutzbereich des Patents in Korea

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Missverständnisse zu vermeiden, sollten Maßstäbe zur Prüfung des Schutzumfangs und Bestimmungen über die Zwangslizenz festgesetzt werden. Dabei sollte die Beziehung zwischen Patent- und Sortenschutzinhabern ausdrücklich, z. B. durch Festschreibung des Landwirteprivilegs geklärt werden. Des Weiteren beschränkt § 96 KPatG die Wirkung des Patents unter bestimmten Voraussetzungen, nämlich dadurch, dass sich der Patentschutz nicht auf Forschungs- und Versuchszwecke erstreckt, da solche Handlungen Naturwissenschaft und Technik voranbringen, den Gewinn des Patentinhabers nicht schmälern und ihm sogar Nutzen bringen können. Heutzutage sind Handlungen zu Forschungs- und Versuchszwecken im Bereich biotechnologischer Erfindungen von erheblicher Bedeutung, da derzeit manche biomedizinische Ergebnisse in erster Linie Forschungs- oder Versuchszwecken dienen, z. B. genetisch manipulierte Versuchstiere251. Ohne Einsatz von Versuchstieren wären bedeutende Entwicklungen in der Naturwissenschaft, unter anderem im medizinischen und landwirtschaftlichen Bereich, nicht möglich gewesen. In diesem Zusammenhang ist zu erwarten, dass das Forschungs- und das Versuchsprivileg im Bereich biotechnologischer Erfindungen gesetzlich geregelt werden und zwar im Patentrecht. Eine weitere Behinderung des Forschung- und Versuchsprivileg würde wohl zum Stillstand der medizinischen Entwicklung führen. Das Forschungsund Versuchsprivileg sollte daher vor allem zu medizinischen und pharmazeutischen Zwecken weiterhin zugelassen und sogar im Patentgesetz oder in der Biotechnologierichtlinie festgelegt werden.

251 Nach der Statistik gelten als Versuchstiere etwa 7.000 Arten, z. B. Maus (3.290 Arten), Ratte (750 Arten), Kaninchen (70 Arten), Hund (15 Arten) und Primaten (36 Arten). Diese Tiere finden in den Forschungen über menschliche Krankheiten Anwendung, z. B. Diabetes, Hypertonie, Krebs. Durch die Benutzung dieser Versuchstiere ist es möglich geworden, menschliche Krankheiten zu behandeln, vgl. Hyun, S. 85.

3. Teil

Der Patentschutz biotechnologischer Erfindungen in Deutschland und in der Europäischen Gemeinschaft im Vergleich zu deren Patentschutz in Korea A. Die historische Entwicklung des rechtlichen Schutzes biotechnologischer Erfindungen in Deutschland und Europa I. Allgemeine Rechtsentwicklung in Europa und in Deutschland 1. Allgemeine Rechtsentwicklung vor dem ersten Patentgesetz Im Altertum war ein besonderer Schutz für Erfindungen unbekannt, auch wenn zu dieser Zeit bereits die bedeutenden Techniken wie der Pyramidenbau, der Schubkarren, das Rad, das Ventil, die Ausnutzung der Wind- und Wasserkräfte und der Schwerkraft usw. entdeckt waren. Das System der damaligen Sklavenhaltung infolge der ausreichenden menschlichen Arbeitskraft erforderte kaum Steigerungen der Produktivität und Schutz gegen Imitation. All diese Erfindungen leisteten Beiträge nicht nur zu den großen wirtschaftlichen und technischen Fortschritten auf dem Gebiet der Zivilisation, sondern auch zur Erleichterung der Arbeit1. Bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts gab es keinen Erfindungsschutz. Ein bedeutsamer Grund dafür war, dass die Zunftordnungen, also die Einordnung des einzelnen Handwerksmeisters (Gewerbetreibenden) in die strenge genossenschaftliche Ordnung der Zünfte und Gilden2, die persönlichen Anreize minderten, durch Innovationen einen Vorsprung vor anderen zu erwerben. Dabei wurde eine Erfindung grundsätzlich nicht als Eigentum des Einzelnen, sondern als Gemeingut der Zunft betrachtet3. Durch die Landesherren, deren merkantilistische Handelspolitik und Erfinderprivilegien4 auf den Widerstand der Zünfte stießen, 1

Nirk, S. 199 ff.; Bernhardt/Kraßer, S. 41. Nirk, S. 199; Beier, GRUR 1978, 123. 3 Bernhardt/Kraßer, S. 41. 4 Gewerbeprivilegien richteten sich dabei auch auf technische Erfindungen. Diese Erfinderprivilegien waren für das 15., vor allem für das 16. und die erste Hälfte des 2

A. Die historische Entwicklung in Deutschland und Europa

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wurden Gewerbeprivilegien an Personen erteilt, um eine bestimmte Fabrikation einzurichten5. Diese Einführungsprivilegien waren ein wichtiges gewerbepolitisches Provisorium6. Dadurch wurde aber die Unternehmerinitiative gefördert, und die Staatsgewalt räumte aufgrund der entstandenen außerordentlichen Bedürfnisse dem Erfinder technischer Neuerungen einen bevorzugten Platz ein, was einerseits die Erfindungstätigkeit förderte und belohnte und andererseits vor Schaden schützen sollte7. Als Geldquellen nutzten die Landesherren diese Privilegien aus und steigerten den Umfang der Privilegienerteilung, um höhere Einnahmen zu erzielen. Zugleiche haben die Landesherren Widerstand gegen das Privilegienunwesen geleistet8. 2. Allgemeine patentrechtliche Entwicklung seit dem Mittelalter Im 15. und 16. Jahrhundert wurden in der Praxis gewisse Voraussetzungen mit der Privilegienerteilung verknüpft, nämlich die Priorität des Antrags, die Neuheit des Schutzgegenstandes, Ausführbarkeit und Nützlichkeit9. Die Erfüllung dieser Voraussetzungen zog jedoch keinen Anspruch auf Erteilung des Rechts nach sich10. Das erste technische Erfindungsgesetz des Mittelalters und wohl das älteste Patentgesetz der Welt ist das Venezianische Gesetz vom 19. März 147411. Nach

17. Jahrhunderts in allen wirtschaftlich wichtigen Ländern Westeuropas nachzuweisen, z. B. nicht nur in England und Frankreich, sondern auch in Italien, den Niederlanden, Österreich und Deutschland, so Beier (1979), S. 186 ff. 5 Die Gewährung von Gewerbeprivilegien war seit dem 15. Jahrhundert in allen Ländern sehr verbreitet, um das Gewerbewesen zu fördern. Insbesondere die englischen Könige haben seit dem 14. Jahrhundert Handwerker aus Italien, den Niederlanden und Flandern nach England gerufen, um das bis dahin wenig entwickelte Gewerbe Englands zu verbessern. Sie gewährleisteten ihnen Schutzrechte zur Ausübung in England, dazu ausführlich bei Beier, Gewerbefreiheit, S. 185–186; hierzu auch die Untersuchung von Silberstein, Erfindungsschutz und merkantilistische Gewerbeprivilegien, Zürich 1961. Sie enthält die umfassendste Schilderung der historischen Entwicklung des Erfindungsschutzes bis zum 19. Jahrhundert; s. außerdem Machlup (1964), S. 231– 240; ders., GRUR Int. 1961, 374 ff. 6 Es besteht ein Unterschied zwischen Erfinderprivilegien und Einführungsprivilegien, dazu ausführlich Bernhardt/Kraßer, S. 42 ff. 7 Nirk, S. 200. 8 Darin liegt eine wesentliche Erkenntnis für die Rechtsentwicklung des englischen Patentrechts (Statute of Monopolies), vgl. Nirk, S. 201. 9 Silberstein, S. 91 ff.; Pohlmann, GRUR 1960, 275 ff.; Bernhardt/Kraßer, S. 44. 10 Eine als „litterae patentes“ bezeichnete öffentliche Urkunde wurde zur Erteilung ausgestellt, dazu ausführlich bei Bernhardt/Kraßer, S. 44–45. 11 Diese Einsicht verbreitete sich erst nach Veröffentlichung der Dissertation „Venetian Patents (1450–1550)“ von Giulio Mandich, JPOS, 1948, 166–224; Berkenfeld, Das älteste Patentgesetz der Welt, GRUR 1949, 139 ff., in dem das erste Patentgesetz ins Deutsche übersetzt worden ist; Silberstein, S. 16–24; Bernhardt/Kraßer, S. 45.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

diesem Gesetz sollte der Schutz nicht von einem staatlichen Erteilungs-, sondern allein von einem privaten Reservierungsakt abhängig gemacht werden. Es ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass das venezianische Patentgesetz bereits eine Prüfung auf Neuheit, Nützlichkeit und Ausführbarkeit vorsah und dem Erfinder einen Anspruch im Sinne eines subjektiven Rechts auf einen zehnjährigen Schutz gegen Nachahmung einräumte. Ferner gewährte das Patentgesetz dem Schutzinhaber nicht nur Schadensersatz gegen Verletzer, sondern auch eine Möglichkeit, die Vorrichtung der Verletzer sofort zerstören zu lassen12. Das Patentgesetz der Republik Venedig war aber kein Patentgesetz im Sinne des 19. und 20. Jahrhunderts wie das Englische Statute of Monopolies von 162413. Am 25. Mai 1624 wurde das Statute of Monopolies in England erlassen14. Das Statute of Monopolies wird als das de facto älteste Patentgesetz der Welt betrachtet, das noch heute lebendig ist. Es hat einen großen Einfluss auf die Entwicklung des heutigen Patentschutzes ausgeübt15. Das gesellschaftliche Klima führte damals dazu, dass alle Monopole und ausschließlichen Befugnisse für gesetzwidrig und unwirksam erklärt wurden16. Zur Förderung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts in England wurde aber von dem grundsätzlichen Monopolverbot eine Ausnahme für die Erfindungspatente gemacht, und so erhielt der Erfinder die Belohnung mit einem zeitlich begrenzten Monopol für seine Leistungen17. Nach diesem Gesetz wurde ein Patentmonopol nur für „den ersten und wahren Erfinder eines neuen Erzeugnisses“ verliehen. Das 12

Treue, S. 163–182; Berkenfeld, S. 140 ff. Treue, S. 163. 14 Das Statute of Monopolies war aus einem jahrzehntelangen Kampf des Parlaments gegen das Privilegienunwesen der englischen Krone hervorgegangen, vgl. Fox, Monopolies und Patents, Toronto 1947, S. 43 ff. 15 Kohler hat dieses Gesetz als die „Magna Charta“ des Erfinderrechts bezeichnet, Kohler, Handbuch des deutschen Patentrechts, S. 19; Berkenfeld, S. 139. 16 Das System der Monopole für Herstellung oder Vertrieb der lebenswichtigen Erzeugnisse, z. B. Salz, Branntwein wurde im 16. Jahrhundert von der englischen Krone ausgenutzt, denn die Privilegienerteilung wurde als eine willkommene Geldquelle betrachtet, aber das Monopolsystem war vom Parlament wegen des Privilegienmissbrauchs stark kritisiert worden. Im Jahr 1601 wurde aufgrund der Einschränkungen von Industrie und Handel ein Gesetzesentwurf zur Abschaffung der Monopole durch das Parlament eingebracht, wobei aber Francis Bacon vor dem Unterhaus die Nützlichkeit und die Notwendigkeit der Erfindungsmonopole mit Nachdruck betont hat. Zur Vorgeschichte des Statute of Monopolies gibt es eine umfangreiche Literatur; vgl. Fox, S. 43–139; Beier (1979), S. 188–189; Silberstein, S. 196 ff.; Berkenfeld, S. 142; Nirk, S. 201 ff.; Bernhardt/Kraßer, S. 45 ff. Näheres zur mittelalterlichen Geschichte bei Machlup, Die wirtschaftlichen Grundlagen des Patentrechts, GRUR Int. 1961, 374 ff. 17 Art. 1 erklärte alle Monopole und ausschließlichen Berechtigungen für gesetzwidrig und unwirksam. Aber es wurde gemäß Art. 6 nicht von dem grundsätzlichen Monopolverbot ausgeschlossen, dass Patente für die Erfindungen von neuen, gewerblich verwertbaren Erzeugnissen oder Verfahren an den wahren und ersten Erfinder erteilt werden konnten, vgl. Beier (1979), S. 189. 13

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Statute of Monopolies blieb über 200 Jahre lang das einzige Patentgesetz Englands und wurde erst durch das Patentgesetz vom 25. August 1883 abgelöst18. Die Bedeutsamkeit des Statute of Monopolies liegt vor allem darin, dass hiermit erstmals eine eindeutige rechtspolitische Konzeption der Ziele des Patentschutzes und dessen Verhältnis zum Schutz der Gewerbe- und Wettbewerbsfreiheit zum Ausdruck gebracht wird19. Die Privilegien in Frankreich standen unter dem großen Einfluss der französischen Revolution von 1789. Dadurch wurde das gesamte Privilegiensystem einschließlich der Erfindungsprivilegien abgeschafft, um Monopole aller Art als Instrumente absolutistischer Wirtschaftspolitik auszuschließen20. Nachdem die Franzosen die auf dem Patentwesen beruhende technische bzw. wirtschaftliche Bewegung Englands sorgfältig beobachtet hatte, ließ man auch in Frankreich für den Erfinder ein natürliches Eigentumsrecht an seiner Erfindung zu, das genauso als Ausfluss der Menschenrechte angesehen werden konnte, wie die von der Revolution errungene Gewerbefreiheit21. Schließlich wurde am 7. Januar 1791 ein Gesetz zur Förderung der französischen Industrie erlassen, das dem Erfinder ein natürliches Eigentumsrecht an seiner Erfindung zusprach22. Der wesentliche Unterschied zum englischen Recht bestand darin, dass nach der französischen Regelung grundsätzlich keine amtliche Vorprüfung auf Neuheit oder Nützlichkeit vorgenommen wurde23. Laut Art. 1 gehörte jede Entdeckung oder neue Erfindung zum Eigentum ihres Urhebers24. 18

Nirk, S. 201 ff.; Bernhardt/Kraßer, S. 45 ff. Beier (1979), S. 189–190. Er ist der Meinung, dass es kein historischer Zufall sei, dass das erste Antimonopolgesetz der Welt, das alle Monopole und Wettbewerbsbeschränkungen verbietet, zugleich das erste Patentgesetz ist, das die Erteilung von Patentmonopolen als wichtigste Ausnahme vom allgemeinen Monopolverbot anerkennt. Außerdem habe diese Tatsache einen engen und anscheinend zwangsläufigen Zusammenhang zwischen Gewerbefreiheit und Patentschutz offenbart. 20 Bernhardt/Kraßer, S. 47. 21 Die erste Gesetzgebung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes in Frankreich bezog sich in Verordnungen von 1712 und 1744 auf das, was heute mit Warenzeichen oder Fabrikmarken („les marques“ und „les plombes“) bezeichnet wird, vgl. Neumeyer, GRUR Int. 1956, 247. Nach der Präambel des französischen Patentgesetzes von 1791 hieß es, die Menschenrechte in ihrem Wesen anzugreifen, wollte man nicht eine gewerbliche Entdeckung als Eigentum ihres Urhebers ansehen, Näheres dazu bei Bernhardt/Kraßer, S. 47. 22 Im Titel des Rapportes „Sur la propriété des auteurs de nouvelles découvertes et inventions en tout genre d’industrie“ hat Marquis S. de Boufflers: Die Zurückgebliebenheit der französischen Industrie, die englische Durchdringung des französischen Wirtschaftslebens und der Wunsch, das Los des französischen Industriearbeiters zu verbessern, als Ziel benannt. Nach seinem Gesetzvorschlag lautete der Titel „Loi relative aux découvertes utiles et aux moyens d’en assurer la propriété aux auteurs“; vgl. Zur Geschichte des französischen Patentgesetzes, Neumeyer, GRUR Int. 1956, 249– 252; Nirk, S. 203; Bernhardt/Kraßer, S. 47. 23 Eine Prüfung auf Neuheit oder Nützlichkeit hätte zu stark die eben überwundene Bevormundung der Gewerbetreibenden durch Zünfte und Behörden in Erinnerung ge19

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

In Österreich wurden gegen Ende des 18. Jahrhunderts der Erfindungsschutz für technische Neuerungen aus England eingeführt und 1794 die Grundsätze über Erfindungs- und Einführungsprivilegien aufgestellt25. Erst 1810 wurde das erste Gesetz erlassen, wonach das Privileg ein Gnadenakt war und dazu verpflichtete, die Neuerung nach dem Schutzablauf vollständig zu veröffentlichen. Seither wurden einige Änderungen, und zwar 1820, 1832 und 1852 durchgeführt, und im Jahr 1897 ein völlig neues Patentgesetz verkündet26. 3. Allgemeine Rechtsentwicklung in Deutschland Im Vergleich zu anderen Ländern, und zwar zu den USA (1790), Frankreich (1791) und Österreich (1810) wurde ein erstes einheitliches deutsches Reichspatentgesetz27 erst spät erlassen. Es wurde am 25. Mai 1877 verkündet und trat am 1. Juli 1877 in Kraft28. Dem Gesetz ging eine große Patentdebatte zwischen den Patentgegnern und Befürwortern voraus29. Seither wurde das deutsche Parufen. Außerdem mochte man sie deshalb für unnötig erklären, weil der Patenterteilung, unter der Voraussetzung, dass dem Erfinder ohne jede Förmlichkeit ein eigentumsähnliches Recht an der Erfindung zustehe, nur noch eine den Nutzen dieses Rechts feststellende Möglichkeit der Erfindung verblieb, ausführlich bei Bernhardt/ Kraßer, S. 47–48; Klostermann, Die Patentgesetzgebung aller Länder, 2. Aufl. 1876, S. 327–328. 24 „Toute découverte ou nouvelle invention, dans tous les genres d’industrie, est la propriété de son auteur. En conséquence la loi lui en garantit la pleine et entière jouissance, suivant le mode et pour le temps qui seront ci-après déterminés“ (Alle Entdeckungen oder neue Erfindungen gehören in allen Arten der Industrie dem Entdecker bzw. dem Erfinder. Infolgedessen gewährleistet das Gesetz diesem das volle und ganze Nutzungsrecht, je nach Art und für die Dauer, die im Folgenden festgelegt werden), dazu ausführlich bei Nirk, S. 203. 25 Beck-Managetta, Das österreichische Patentrecht 1893, S. 95 ff.; Bernhardt/Kraßer, S. 49. 26 Bernhardt/Kraßer, S. 49. 27 Vor dem ersten Reichspatentgesetz hatten manche Staaten in Deutschland eigene Patentgesetze, und zwar Preußen (1815), Bayern (1825), Württemberg (1828/1836), Sachsen (1843), Hannover (1847) usw., aber nicht Hamburg, Lübeck, Bremen und Mecklenburg. Sie blieben bis 1877 und wurden vom ersten Reichspatentgesetz vereinheitlicht, vgl. Straus (1999), S. 8; Bernhardt/Kraßer, S. 48–54. Vor der Erlassung des Reichspatentgesetzes hat Bismarck vom Schutz der nationalen Produktion gesprochen. Das Reichspatentgesetz wurde nach der Abstimmung mit 139 Ja- und 90 Nein-Stimmen angenommen und verkündet, s. Treue, S. 179. 28 RGBl. S. 501–510. Zur näheren Vorgeschichte des Reichspatentgesetzes von 1877, siehe Heggen, GRUR 1977, 322 (326). Nach § 4 Nr. 5 der Reichsverfassung vom 16. 4. 1871 kam dem Deutschen Reich die Gesetzgebungsbefugnis über die Erfindungspatente zu; Benkard/Bruchhausen, Einl. II Rdnr. 3. Das erste Patent für die Erfindung „Verfahren zur Herstellung einer roten Ultramarinfarbe“ war am 2. 7. 1877 vom kaiserlichen Patentamt erteilt worden. 29 Nicht nur in Deutschland entstand ca. 1850 die Antipatentbewegung, weil man befürchtete, dass ein liberales Wirtschaftssystem und der freie Handel durch das Monopol aufgrund der Erteilung eines Patents behindert werden müssen. Dagegen haben

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tentgesetz zum überwiegenden Teil durch sechs Reformen geändert, und zwar 189130, 193631, 196732, 197633, 197934 und 1981 – das geltende Patentgesetz ist in der Fassung vom 1. Januar 198135. Ferner wurden noch einige Änderungen vorgenommen. Dabei ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass durch das 6. Überleitungsgesetz vom 23. März 1961 die Beschwerdesenate und die Nichtigkeitssenate aus dem Patentamt herausgelöst und als Bundespatentgericht verselbständigt wurden36. die Befürworter, meistens Techniker, Ingenieure und Unternehmer, unterstrichen, dass der Schutz die Erfindungstätigkeit anrege, dadurch die Industrie nützlich mache, die Innovationstätigkeit der Unternehmer für Innovationen fördere und der schädlichen Geheimhaltung neuer Erfindungen entgegenwirke. Ferner hatten sie auch befürchtet, dass viele Erfinder ins Ausland abwanderten. Trotz der Einführung des Patentsystems spielte aber der Gedanke, dass dem Erfinder ein Recht an seiner Leistung zustehe, nur eine geringere Rolle, ausführlich bei Bernhardt/Kraßer, S. 52–53. Dazu findet man eine noch eingehendere patentgesetzliche Geschichte von Deutschland im 19. Jahrhundert bei Treue, S. 164 ff. 30 Bei der Änderung wurde der Schutz auf die unmittelbar hergestellten Erzeugnisse beim Verfahrenspatent erstreckt. Außerdem brachte diese Gesetzesänderung eine fünfjährige Ausschlussfrist bei Nichtigkeitsklagen mit sich, siehe RGBl. 1891, S. 79 und 290. Nach dem Beitritt zur Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ) Deutschlands im Jahr 1903 erging das Gesetz 1904. Dazu ausführlich Busse, Einl., Rdnr. 12–14; Benkard/Bruchhausen, Einl. II. Geschichtliche Entwicklung, Rdnr. 3. 31 RGBl. II 1936, S. 117, 130 = BlPMZ 1936, 78. Die Gesetzesänderung hatte die Förderung des Erfinders als schöpferische Persönlichkeit (Erfinderprinzip) und des Schutzes der Interessen der Allgemeinheit (Beschränkung der Erfinderrechte durch Zwangslizenz und Befugnisse des Staats) zum Ziel, vgl. Busse, Einl. Rdnr. 16–17; Benkard/Bruchhausen, Einl. II, Rdnr. 4–5. 32 Sog. Vorabgesetz. Siehe BGBl. I 1967, S. 953 = BlPMZ 1967, 234. Durch diese Gesetzesänderung sind die sog. verschobene Prüfung eingeführt und das Verbot des Stoffschutzes für Nahrungs-, Genuss- und Arzneimittel sowie für chemische Stoffe aufgehoben worden; dazu näheres vgl. Hubmann, S. 31; Benkard/Bruchhausen, Einl. II, Rdnr. 15–17. 33 Zur Europäisierung des Patentrechts wurde eine umfassende Reform vorgenommen, und dadurch wurde das deutsche Patentrecht dem Europäischen Recht angepasst. Durch das Gesetz über internationale Patentübereinkommen (IntPatÜG) vom 21. 6. 1976 (s. BGBl. II S. 649 = BlPMZ 1976, 264) ist in Deutschland eine grundlegende Umgestaltung des materiellen Rechts, insbesondere des Neuheitsbegriffs und des Schutzumfangs sowie die Verlängerung der Patentdauer auf 20 Jahre vorgenommen worden. Die Gesetzesänderung ist am 1. 1. 1978 in Kraft getreten, dazu ausführlich vgl. Busse, Einl. Rdnr. 24; Hubmann, S. 31; Benkard/Bruchhausen, Einl. II, Rdnr. 18. 34 Zur Anpassung an das europäische Gemeinschaftspatentgesetz vom 26. 7. 1979 (BGBl. I S. 1269 = BlPMZ 1979, S. 266) ist das deutsche Gesetz noch einmal geändert worden, dazu ausführlich vgl. Busse, Einl. Rdnr. 25; Hubmann, S. 31; Benkard/ Bruchhausen, Einl. II, Rdnr. 19. 35 BGBl. I S 1 v. 1981. Seit der Fassung von 1981 ist das Patentgesetz im Kern nicht mehr geändert worden. Außerdem ist das Gesetz zur Änderung des Patentgesetzes und anderer Gesetze vom 23. 3. 1993 in Kraft getreten, vgl. BGBl. 1993 I S. 366 = BlPMZ 1993, 173. Zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. 7. 1998 (s. BGBl. I S. 1827). Des Weiteren gibt es ein Produktpirateriegesetz in Deutschland, das zur Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung der Produktpiraterie vom 7. 3. 1990 (BGBl. I S. 422 = BlPMZ 1990, 161) geschaffen worden ist.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

Auffällig am deutschen Patentgesetz ist, dass das europäische Recht im Bereich des Gewerblichen Rechtsschutzes wesentlich Einfluss auf das deutsche Patentgesetz genommen hat, in dem bereits seit den sechziger Jahren die Harmonierung des materiellen Patentrechts auf europäischer Ebene angestrebt worden ist. Im Jahr 1976 hat die Bundesrepublik Deutschland das Gesetz über Internationale Patentübereinkommen vom 21. Juni 1976 (IntPatÜG)37 erlassen. Sein Hauptziel war die Umsetzung des Straßburger Übereinkommens (StrßbÜ) von 1963, des Patentzusammenarbeitsvertrags (Patent Cooperation Treaty; PCT) von 197938 und des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) von 197339 in das nationale Recht. An diese Übereinkommen ist das deutsche Patentgesetz durch das am 1. Januar 1978 in Kraft getretene Gesetz über internationale Patentübereinkommen angepasst worden40. Dieses geht davon aus, dass der Patentschutz für Erfindungen im nationalen Interesse geregelt wird, und dass in den einzelnen Staaten das Patentrecht in der Praxis durch Gerichte oder Behörde unterschiedlich ausgelegt werden kann41. Überdies hat das deutsche Patentgesetz auch durch das erste und zweite Gesetz über das Gemeinschaftspatent vom 26. Juli 1979 und vom 20. Dezember 199142 weitere Änderungen erfahren, um dem 1975 in Luxemburg unterzeichneten Übereinkommen für den Gemeinsamen Markt (Gemeinschaftspatentübereinkommen, GPÜ) zu entsprechen. Darüber hinaus haben es die europäischen Länder einschließlich Deutschland seit Veröffentlichung der Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen43 in Angriff genommen, ihre Gesetze an diese Richtlinie anzupassen, die in die Patentgesetze der europäischen Staaten umgesetzt werden muss. Die deutsche Bundesregierung hat den vom Bundesminister der Justiz vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 98/44/EG beschlossen44. Zurzeit wird in der Bundesrepublik Deutschland das Ergebnis des Umsetzungsentwurfs der Richtlinie 98/44/EG abgewartet.

36 Gemäß Art. 96 Abs. 1 und 3 GG kann der Bund für die Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes ein Bundesgericht errichten, für das der Bundesgerichtshof „Oberster Gerichtshof“ ist. Dazu näheres bei Bernhardt/Kraßer, S. 54 ff.; Straus (1999), S. 22 ff. 37 BGBl. II S. 649; zuletzt geändert durch Gesetz v. 16. 7. 1998 (BGBl. I S. 1827). 38 Gegenwärtig 106 Vertragsstaaten (Stand: 2. 2000). Siehe BlPMZ 1999, 138. PCT Newsletter No. 2. 2000, 4 f. 39 Benkard/Ullmann, IT Rdnr. 101. 40 BGBl. 1976 II S. 639 = BlPMZ 1976, 264. 41 Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über internationale Patentübereinkommen, BlPMZ 1976, 322. 42 BGBl. 1991 II S. 1354. 43 ABl. EPA 1999, 101.

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Im 19. Jahrhundert kannte Korea immer noch keinen gewerblichen Rechtsschutz. Es war erst im 20. Jahrhundert, dass das Patentwesen in Korea eingeführt wurde. Zu diesem Zeitpunkt wurde das koreanische gewerbliche Rechtsschutzwesen zunächst von dem japanischen und dann dem amerikanischen gewerblichen Rechtsschutz beeinflusst. Das erste koreanische Patentgesetz wurde am 5. Oktober 1946 erlassen, das am 15. Oktober 1946 in Kraft trat.

II. Patentrechtsentwicklung der internationalen und europäischen Verträge 1. Überblick In anderen Rechtsgebieten gab es keine derart heftigen Diskussionen über die Harmonisierung des Rechts auf der internationalen Ebene, wie sie im gewerblichen Rechtschutz geführt worden sind. Vor allem im patentrechtlichen Bereich sind die Bemühungen für einen einheitlichen Standard von Patentierbarkeitsvoraussetzungen sowie für eine internationale Harmonisierung fortgesetzt worden, obwohl rechtspolitisch umstrittene Fragen um die Globalisierung des Patentrechts aufgeworfen worden sind, z. B. betreffend die Patentierung lebender Organismen als eines der neuerdings aktuellen Themen45. Die ersten Bestrebungen zur Harmonisierung des Patentwesens waren mit der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883 (PVÜ) begonnen worden46. Seither wurden im 20. Jahrhundert die internationalen bzw. europäischen Verträge abgeschlossen. Auf internationaler Ebene ist unter anderem der Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens vom 19. Juni 1970 (PCT), das TRIPS-Übereinkommen von 199447 und schließlich der PLT (Patent Law Treaty)48 unter44 Dieser Gesetzesentwurf dient der Umsetzung der Richtlinie 98/44/EG. Nähere Information dazu bei http://www.bmj.bund.de/ggv/biopat.pdf. 45 Vertrag zur Harmonisierung des Patentrechts (Patent Law Treaty – PLT), vgl. Busse, Vorb. § 1 Rdnr. 16. 46 Die PVÜ wird auch als Unionsvertrag bezeichnet. Paris Convention for the Protection of Industrial Property (Convention d’Union pour la protection de la propriété industrielle). Nach dem In-Kraft-Treten wurde sie 7 Male revidiert, und zwar in Brüssel am 14. 12. 1900, in Washington am 2. 6. 1911, in Den Haag am 6. 11. 1925, in London am 2. 6. 1934, in Lissabon am 31. 10. 1958 und in Stockholm am 14. 7. 1967 und geändert am 2. 10. 1979. Die PVÜ wurde auf der Pariser Konferenz von 11 Staaten abgeschlossen. Deutschland ist am 1. 5. 1903 wirksam beigetreten, dazu ausführlich bei Bodenhausen, Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums, S. 1 ff.; Benkard/Ullmann, PatG, IT Rdnr. 9 ff. Auch siehe http://www.wipo.int/eng/ iplex/index.htm (Aufgerufen am 13. 3. 2000). Zurzeit sind 151 Länder zur PVÜ beigetreten (siehe BlPMZ 1999, 129). 47 BGBl. 1994 II S. 1730. Siehe Homepage von World Trade Organisation (WTO): http://www.wto.org/.

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zeichnet worden. Auf europäischer Ebene wurde erstens das EPÜ von 197349 und zweitens das Gemeinschaftspatentübereinkommen vom 15. Dezember 1989 (GPÜ) abgeschlossen50. Das internationale Vertragsrecht hat einen großen Beitrag dazu geleistet, die internationale Mindestschutzstandardsetzung sowohl auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes als auch auf dem Gebiet des Urheberrechts51 durchzusetzen52. In Genf ist nach achtjährigen intensiven Verhandlungen der GATT53-Uruguay Runde das multilaterale Übereinkommen zu48

Am 1. 6. 2000 in Genf. Siehe auch WTO-Homepage. Benkard/Ullmann, IT Rdnr. 101. 50 ABl. EG Nr. L 401 S. 1 ff. Diese Vereinbarung über Gemeinschaftspatente ist von Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Luxemburg, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich ratifiziert worden. Im Detail bei Benkard/Ullmann, IT Rdnr. 155 ff. 51 Im Falle vom Urheberrecht ist zuerst die Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst vom 9. 9. 1886 (RBÜ) auf der internationalen Ebene abgeschlossen worden, vgl. BGBl. 1973 II S. 1971, BGBl. II S. 1974, 165 und 1079. 52 Außerhalb der Bundesrepublik Deutschland sind verschiedene zwischenstaatliche Abkommen auf dem Gebiet des Patentrechts abgeschlossen worden: Für die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein ist ein Patentschutzvertrag vom 22. 12. 1978 mit Wirkung vom 1. 4. 1980 abgeschlossen worden, wodurch sich das Hoheitsgebiet der beiden Vertragsstaaten als einheitliches Schutzgebiet für Erfindungspatente erstreckt, vgl. Benkard/Ullmann, IT Rdnr. 220. Für die verschiedenen amerikanischen Staaten gibt es mehrseitige Abkommen. Das Abkommen von Montevideo von 1889, das Abkommen von Mexiko City von 1902, das Abkommen von Buenos Aires von 1910 und das Abkommen von Cartagena vom 26. 5. 1969. Näheres bei Benkard/Ullmann, IT Rdnr. 221; s. Troller (1965), S. 13, 27 ff., 164 ff. Für zwölf afrikanische Staaten des ehemaligen französischen Kolonialbereichs ist mit der Vereinbarung vom 2. 3. 1977 in Fortführung des Abkommens vom 13. 9. 1962 von Libreville eine Vereinbarung zur Errichtung einer „Afrikanischen Organisation für geistiges Eigentum“ (OAPI – Organisation Africaine de la Propriété Intellectuelle), deren zentrale Behörde sich in Yaounde (Kamerun) befindet, geschlossen worden, vgl. Benkard/Ullmann, IT Rdnr. 222; die Mitgliedstaaten, wo Englisch gesprochen wird, haben auch eine „Organisation für geistiges Eigentum im englisch-sprechenden Afrika“ (ESARIPO jetzt ARIPO – Africa Regional Industrial Property Organization) zusammengeschlossen und im Dezember 1982 ein „Protokoll über Patente und Gebrauchsmuster“ beschlossen. Das Protokoll ist für elf der Organisation angehörende Vertragsstaaten am 25. 4. 1984 in Kraft getreten. Die ARIPO bietet ein einheitliches Patenterteilungsverfahren und die von der ARIPO erteilten Patente haben die Wirkung eines nationalen Schutzrechts, vgl. Benkard/Ullmann, IT Rdnr. 223. Für den nord- und mittelamerikanischen Raum gilt das NAFTAAbkommen. Im südamerikanischen Raum: Mercosur (Mercado Común del Sur – Gemeinsamer Markt des Südens) gegründet am 26. 3. 1991, in Kraft getreten am 1. 1. 1995, vgl. Hassemer, Gewerbliche Schutzrechte in Mercosur, S. 14 ff. Sechs GUS-Staaten haben am 27. 12. 1991 das Abkommen von Minsk unterzeichnet, wonach durch eine Erteilungsbehörde ein zwischenstaatliches Schutzdokument mit einheitlicher Geltung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes erteilt wird, vgl. Benkard/Ullmann, IT Rdnr. 225. Im Vergleich mit anderen Kontinenten ist vor allem für die asiatischen Bereiche darauf hinzuweisen, dass bisweilen noch keine zwischenstaatlichen Abkommen zur Vereinheitlichung des gewerblichen Rechtsschutzes eingeführt worden sind, und es fanden nur im Rahmen des ASEAN Treffens dahingehende Gespräche statt. 53 The General Agreement of Tariffs and Trade. 49

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sammen mit dem Übereinkommen zur Gründung der Welthandelsorganisation (World Trade Organization: WTO) zustande gekommen54. Dem Patentinhaber stehen sowohl das Nutzungsrecht zu, das Patent selber zu benutzen, als auch das ausschließliche Recht, Dritten die Benutzung der Erfindung ohne seine Erlaubnis zu untersagen. Dieses Recht des Patentinhabers endet jedoch an den Grenzen des Staates, der das Patent erteilt, da die nationalen Rechtsgrundsätze voneinander unterschiedlich sind55. Von diesem Punkt aus betrachtet sind zwei Wege denkbar, damit auch im Ausland die Erfindungen unter den Schutz eines Ausschlussrechts gestellt werden können: entweder durch den Abschluss von bilateralen Staatsverträgen oder durch die Bildung eines internationalen Verbandes zum Schutze des gewerblichen Eigentums56. Andernfalls muss der Berechtigte in jedem Land nach der dort geltenden Gesetzgebung ein Ausschlussrecht zu erlangen suchen, was jedoch den Patentsucher mit den Problemen der Kosten, Zeit und Sprachen belastet. Ob ihm die Erteilung eines Patents gelingt, ist auch davon abhängig, ob jene Gesetzgebung die Patenterteilung an Ausländer zulässt. Darum finden Bemühungen statt, auf europäischer sowie internationaler Ebene Patentierungsvoraussetzungen und Prüfungs- und Schutzumfang der Erfindungspatente zu vereinheitlichen. 2. Internationale Verträge über Patentschutz für biotechnologische Erfindungen a) Internationale Verträge über Patentschutz aa) PVÜ (Pariser Verbandsübereinkunft) Das erste internationale Patentübereinkommen, das im Zusammenhang mit Erfindungen im Bereich der Biotechnologie steht, ist die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883 (PVÜ), denn gemäß Art. 1 Abs. 3 PVÜ wird das gewerbliche Eigentum in der weitesten Bedeutung verstanden und enthält sowohl Gewerbe und Handel als auch Landwirtschaft und alle Fabrikate und Naturerzeugnisse. 54 GATT 1994 (Übersicht): http://www.wto.org/eol/e/wto02/wto2_3.htm (aufgerufen am 12. 4. 2003). Am 15. 4. 1994 ist es von den WTO-Mitgliedern in Marrakesch unterzeichnet worden und trat am 1. 1. 1995 in Kraft. Gegenwärtig sind 146 Länder Mitglieder der WTO (Stand: 4. 4. 2003). Sie sind alle durch ihre WTO-Mitgliedschaft aufgrund des „single package deal“ automatisch „TRIPS-Mitglieder“. Die Europäische Gemeinschaft selbst, die Bundesrepublik Deutschland sowie alle sonstigen EG-Mitgliedstaaten, Japan und die Vereinigten Staaten von Amerika sind zugehörig. Am 11. 12. 2001 wurde China und am 1. 1. 2002 wurde Taiwan zu WTO-Mitgliedern. Momentan wartet Russland auf seine Aufnahme. 55 Benkard/Ullmann, Einl. Rdnr. 1. 56 Knopp, GRUR Int. 1997, 583; Forkel, NJW 1997, 1672.

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In Art. 1 Abs. 2 PVÜ ist der Schutzgegenstand des gewerblichen Eigentums beschrieben, wonach nicht nur die Erfindungspatente, die Gebrauchsmuster, die gewerblichen Muster oder Modelle, die Fabrik- oder Handelsmarken, die Handelsnamen sondern auch der lautere Wettbewerb in den Verbandsstaaten unter Schutz gestellt wird57. Die Kernregelungen des PVÜ sind der Grundsatz der Inländerbehandlung58 und das Prioritätsrecht59. Zur Vereinheitlichung des gewerblichen Rechtsschutzes auf internationaler Ebene einschließlich auf der des Europarats und der Europäischen Gemeinschaft sind noch einige Male Revisionen der PVÜ unternommen worden60. Nach Art. 1 Abs. 3 PVÜ lässt die PVÜ in umfassender Weise zu, Pflanzenund Tierzüchtungen als Gegenstand des „gewerblichen Eigentums“ zu betrachten, ohne über die Form dieses Schutzes Näheres auszusprechen und die Verbandsländer zu seiner Gewährung zu verpflichten. Daraus ergibt sich, dass Erfindungen bezüglich Lebewesen nicht von der Patentierung ausgeschlossen sind, obgleich sie in der PVÜ nicht konkret aufgeführt werden. bb) PCT (Internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens) Am 19. Juni 1970 wurde in Washington von zunächst zwanzig, später von weiteren fünfzehn Staaten, der Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens unterzeichnet61. Um den internationalen Schutz von Erfindungen zu erleichtern, sind die Vereinigten Internationalen Büros zum Schutz des geistigen Eigentums (BIRPI)62 in Genf gegründet worden. Nach dem PCT wird die Neuheitsrecherche auf einige wenige internationale 57

Hubmann, S. 41 ff. Nach diesem Grundsatz gewährt jedes Verbandsland den Angehörigen aller anderen Verbandsländer, auch wenn sie in jenem Land weder Wohnsitz noch Niederlassung besitzen, im Hinblick auf den gewerblichen Rechtsschutz dieselben Vorteile wie den eigenen Staatsangehörigen, vgl. Bernhardt/Kraßer, S. 62. 59 Nach diesem Grundsatz kann derjenige, der in einem Verbandsland eine Erfindung vorschriftsmäßig angemeldet hat, diese Anmeldung derselben Erfindung innerhalb von 12 Monaten in anderen Verbandsländern einreichen. Die gültige Inanspruchnahme der Priorität bewirkt, dass den Nachanmeldungen Tatsachen, die seit der Erstanmeldung eingetreten sind, nicht patenthindernd entgegenstehen. Vgl. Bernhardt/ Kraßer, S. 62. Dazu ausführlich bei Dybdahl, Rdnr. 17; Haertel, MüGK 1. Lfg., Geschichtliche Entwicklung, Rdnr. 3. 60 Unter den Revisionen ist vor allem bei der Konferenz in Stockholm darauf hinzuweisen, dass die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) geschaffen worden ist. Weitere Konferenzrunden scheiterten an Meinungsverschiedenheiten mit den Entwicklungsländern und den sozialistischen Ostblockstaaten. – siehe Hubmann, S. 44. 61 BGBl. 1976 II S. 664 – zuletzt geändert durch Beschluss vom 3. 2. 1984 und 28. 9. 1984 (BGBl. II S. 975, 978) sowie 1. 10. 1985 (BGBl. II S. 1713). 62 Bureaux Internationaux Réunis pour la Protection de la Propriété Intellectuelle. 58

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Recherchebehörden konzentriert, denen auch noch andere Aufgaben zugewiesen sind63. In dem PCT findet sich keine Vorschrift in Bezug auf biotechnologische Erfindungen, da er nicht auf die Harmonisierung von materiellrechtlichen Voraussetzungen abzielt, sondern darauf, patentrechtliche Verfahren auf internationaler Ebene zu harmonisieren. cc) CBD (Convention on Biological Diversity) Im Bereich von Umwelt und Entwicklung stellt das Übereinkommen über biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity: CBD) einen Meilenstein dar64. Das Übereinkommen ist eines der Ergebnisse der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (UNCED) 1992 in Rio de Janeiro. Dabei ist unter biologischer Vielfalt gemäß Art. 2 des Übereinkommens die Variabilität der lebenden Organismen jeglicher Herkunft zu verstehen. Jedes Lebewesen repräsentiert die genetische Vielfalt innerhalb einer Art, die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten sowie die Vielfalt der Ökosysteme. Das Übereinkommen ist darauf gerichtet, die biologische Vielfalt zu erhalten, die Bestandteile der biologischen Vielfalt nachhaltig zu benutzen und die sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergebenden Vorteile ausgewogen und gerecht aufzuteilen. Es handelt sich um die erste völkerrechtliche Übereinkunft, die die biologische Vielfalt als Ressource unter der Verfügungsgewalt der Nationalstaaten betrachtet. Zur Erzielung eines hohen Profits können sich die Herkunftsländer, in denen sich eine besondere biologische Artenvielfalt findet, immer mehr darauf beschränken, Dritten ihre Ressourcen zugänglich zu machen. Infolgedessen sind einerseits die Forderungen der Herkunftsländer zu berücksichtigen, andererseits ist aber auch der Zugang zu den genetischen Ressourcen für Unternehmen und Forschungsarbeiten zu ermöglichen. Außerdem wird im Zusammenhang mit der biologischen Sicherheit die Frage aufgeworfen, wie vor dem Eindringen genetisch veränderter Lebewesen in den Naturkreislauf geschützt werden kann65. 63

Dybdahl, Rdnr. 17. Dieses internationale Übereinkommen trat am 29. 12. 1993 in Kraft und seit 1992 sind mehr als 170 Staaten beigetreten. Die Bundesrepublik Deutschland hat das Übereinkommen am 12. 6. 1992 in Rio de Janeiro unterzeichnet. Die EU ist eigenständige Vertragspartei des Übereinkommens (1993 ratifiziert). Vertragsstaatenkonferenzen fanden 1995 in Jakarta, 1996 in Buenos Aires, 1998 in Preßburg und 2000 in Nairobi statt. Die Vertragsstaatenkonferenzen finden durch jährlich stattfindende Treffen des „Subsidiary Body on Scientific, Technical and Technological Advice (SBSTTA)“ statt, bei denen Experten und Wissenschaftler Arbeitsprogramme und Maßnahmen entwikkeln, wie die biologische Vielfalt geschützt und nachhaltig genutzt werden kann. siehe http://www.auswaertiges-amt.de (am 24. 4. 2002 aufgerufen). 65 Über die Frage der biologischen Sicherheit wurde unter dem Dach des Übereinkommens am 29. 1. 2000 in Montreal ein Protokoll zur biologischen Sicherheit (sog. Cartagena-Protokoll) verabschiedet. 64

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

dd) TRIPS (Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums; Trade-related Aspects of Intellectual Property Rights) Darüber hinaus ist durch den Abschluss der letzten GATT-Runde (Welthandelsorganisation)66 das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS-Abkommen) vom 15. April 1994, eine wichtige global ausgerichtete Regelung für den gewerblichen Rechtsschutz und das Urheberrecht, zum 1. Januar 1995 in Kraft getreten67. Zweck des TRIPSAbkommens ist eine weitere Liberalisierung des Welthandels, die Verstärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und die gemeinsame Bekämpfung der Schutzrechtspiraterie. Durch das In-Kraft-Treten des TRIPS-Abkommens sind die Mitglieder der WTO noch stärker zum Schutz des geistigen Eigentums verpflichtet worden68. Art. 27 TRIPS regelt die patentfähigen Gegenstände. Danach erstreckt sich der Rahmen der patentfähigen Erfindungen auf alle Gebiete der Technik, gleichgültig, ob es sich um Erzeugnisse oder Verfahren handelt, soweit sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. Nach Art. 27 Abs. 2 und 3 TRIPS sind die Mitglieder ermächtigt, bestimmte Erfindungen bezüglich der Biotechnologie von der Patentierbarkeit auszuschließen, nämlich sowohl diagnostische, therapeutische und chirurgische Verfahren für die Behandlung von Menschen oder Tieren, als auch Pflanzen und Tiere, mit Ausnahme von Mikroorganismen, und im Wesentlichen biologische Verfahren für die Züchtung von Pflanzen oder Tieren mit Ausnahme von nicht-biologischen und mikrobiologischen Verfahren. Gemäß Art. 27 Abs. 3 (b) Satz 2 TRIPS sind die Mitgliedstaaten zum Schutz von Pflanzensorten verpflichtet. Dieser ist entweder durch das Patentrecht, durch ein funktionierendes System sui generis oder durch eine Kombination beider Systeme zu gewährleisten69. 66 Im Ergebnis der sog. Uruguay-Runde zum GATT von 1947 ist als internationale Organisation die Welthandelsorganisation (WTO) errichtet worden. Für nähere Informationen über WTO siehe: http://www.wto.org/. Korea ist im April 1967 dem GATT beigetreten, vgl. Kim, W.-J., S. 812. 67 BGBl. II S. 1730 bzw. ABl. EG L 336/213. Die Verhandlungen fingen 1986 in Montevideo an, und das Übereinkommen ist am 1. 1. 1995 für zuerst 80 Mitglieder in Kraft getreten. Das TRIPS-Übereinkommen verpflichtet die Mitgliedstaaten, das materielle Patentrecht zu harmonisieren, aber im Gegensatz zu dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) regelt es keine supranationale Patenterteilung, da das europäische Patent vom Europäischen Patentamt (EPA) erteilt wird, vgl. Dybdahl, Rdnr. 17. 68 Dazu ausführlich bei Dybdahl, Rdnr. 17; Staehelin, S. 146 ff. 69 Sog. Landwirteprivileg (farmer’s rights). Beispielsweise ist der „sui generis“Schutz für Pflanzensorten nach dem UPOV-Übereinkommen möglich. Aber die Vertragsstaaten sind nicht dazu verpflichtet, ein eventuelles Spezialgesetz an das UPOVSystem anzupassen, s. Staehelin, S. 146 ff.

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ee) PLT (Patent Law Treaty) Als internationaler Vertrag kommt noch der Patent Law Treaty (PLT) vom 1. Juni 2000 in Genf als das Resultat einer Initiative der Weltorganisation für Geistiges Eigentum (WIPO) hinzu70. Sein Ziel ist die Harmonisierung der formalen Anforderungen durch Normierung und Vereinfachung. Hierbei werden aber materielle Patentierbarkeitsvoraussetzungen und biotechnologische Erfindungen nicht behandelt. b) UPOV-Übereinkommen über Schutz der Pflanzenzüchtungen Für die biotechnologischen Bereiche ist noch darauf hinzuweisen, dass im Bereich der Pflanzen ein internationales Übereinkommen abgeschlossen wurde71. Erst Anfang der 50er Jahre wurde auf den AIPPI-Kongressen die Auffassung geäußert, dass ein wirksamer Schutz pflanzlicher Neuheiten auf internationaler Ebene geschaffen werden sollte, und dass dieser Schutz den industriellen Erfindungen gleichzustellen sei72. Der Grund dafür bestand darin, dass der Schutz für die Leistungen der Pflanzenzüchter im Hinblick auf die Unvollständigkeit der spezialgesetzlichen Regelung sowie die Anwendung des Patentrechts als nicht ausreichend angesehen wurde73. In der Tat wurden in den verschiedenen Staaten die Schutzmöglichkeiten für Saatgut sehr unterschiedlich geregelt, und darum bestand die Frage, wie ausländische Anmelder zu behandeln sind, sofern durch ein Patent der Schutz nicht gewährleistet werden konnte. Die Forderung nach einem internationalen Übereinkommen wurde vom internationalen Verband der Pflanzenzüchter (ASSINSEL)74 auf dem Kongress in Wien im Juni 70 PLT trifft zuerst alle auf EU-Länder, die USA, Kanada, Japan und Australien zu, und schließt dann alle Länder in der Welt mit ein. Durch diesen Vertrag erfolgt der Effekt der Kostenverminderung für Erfinder, Patentanmelder und Patentanwälte, siehe http://www.wipo.org/. 71 Vor dem Abschluss eines internationalen Übereinkommens zum Schutz für Pflanzenzüchtungen wurde bereits 1930 in den USA vom amerikanischen Parlament das Pflanzenpatentgesetz (Plant Patent Act) erlassen, um die Entwicklung neuer Pflanzensorten zu fördern und um die amerikanische Landwirtschaft mit den Vorteilen des Patentsystems auszustatten. Bei dem Gesetz ist jedoch hervorzuheben, dass sich der Schutzumfang des Patents auch auf die Erfindungen der vegetativ zu vermehrenden Pflanzensorten erstreckt, und dass das Recht an einem Pflanzenpatent nicht auf das Recht, den Dritten auszuschließen, erweitert war, denn man dachte damals, dass die Saaten nicht in der Lage seien, eine reine Abstammung zu reproduzieren, ausführlich bei U.S. Congress, Office of Technology Assessment, New Developments in Biotechnology: Patenting Life, US Government Printing Office, Washington D.C., 1989, S. 69 ff. 72 Schade, GRUR Int. 1957, 325 ff. 73 Neumeier, S. 31 ff. 74 ASSINSEL (Association Internationale des Sélectionneurs pour la Protection des Obtentions Végétales) wurde am 17. 11. 1938 in Amsterdam von Züchtern aus Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und Belgien gegründet. ASSINSEL richtet sich

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

1956 erhoben75. Nach einer Reihe von Konferenzen von einem Sachverständigenausschuss wurde in den 60er Jahren eine besondere Schutzform für die Pflanzensorten geschaffen, nämlich das Internationale Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen vom 2. Dezember 1961 (UPOV-Übereinkommen). Das Übereinkommen zielt darauf ab, dem Züchter der neuen Pflanzensorten die Befugnis für eine Pflanzenzüchtung oder ein Patent zu gewähren. Danach wurde das UPOV-Abkommen in Genf mehrfach revidiert, und zwar am 10. November 1972, am 23. Oktober 197876 und zuletzt im Wesentlichen am 19. März 199177. Die Zahl der Mitgliedstaaten steigt deswegen, weil das Übereinkommen mit dem TRIPS-Abkommen zusammenhängt. Die WTO-Mitglieder verpflichten sich, Pflanzensorten entweder durch Patente oder ein anderes wirksames Schutzsystem sui generis oder eine Kombination beider zu schützen. Das UPOV-Übereinkommen enthält ein solches System sui generis und schützt mit den sogenannten plant breeders’ rights (PBRs) Rechte an Pflanzenzüchtungen ähnlich wie ein Patent. Insbesondere kamen nach Art. 5 Abs. 1 UPOV-Übereinkommen i. d. F. von 1978 dem Sortenschutzinhaber das sog. Landwirteprivileg78, und nach Art. 5 Abs. 3 das sog. Züchterprivileg zu79. Ferner schrieb das UPOV-Übereinkomdarauf, die Bedeutung und den Wert der Tätigkeit der Pflanzenzüchter in der weltweiten Landwirtschaft zur Geltung zu bringen und zu fördern. Gegenwärtig besteht der Verband aus 45 einzelnen Organisationen aus 30 Industrie- und Entwicklungsländern, die sich mit Pflanzenzüchtung beschäftigen und die ihrerseits über 1000 Unternehmen in der Welt vertreten, s. http://www.worldseed.org/assinsel.html. 75 Actes de la Conférence Diplomatique de Génève de révision de la convention international pour la protection des obtentions végétales, UPOV (Hrsg.), Genf 1982. Noch dazu ausführlich Neumeier, S. 32 ff. 76 Diese Revisionen haben eine Änderung des deutschen Sortenschutzrechts notwendig gemacht, die zum Sortenschutzgesetz von 1985 führten, vgl. BGBl. I. 2170. Dadurch ist der Schutzgegenstand erweitert und die Sortenbezeichnung ausgestaltet worden, vgl. Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger, Kommentar, S. 98. 77 Die Fassung von 1991 ist für die BRD am 25. 7. 1998 in Kraft getreten, s. BGBl. II S. 2493. Aber nicht alle Mitgliedstaaten des UPOV-Übereinkommens haben die jeweiligen Neufassungen, die auf den Revisionskonferenzen beschlossen wurden, ratifiziert, und deswegen bestehen heute verschiedene Fassungen der Abkommen, die je für einen engeren Kreis von Mitgliedstaaten gelten, vgl. Hubmann, S. 42. Ferner siehe Bericht über die diplomatische Konferenz in Genf, vgl. v. Pechmann/Straus, GRUR Int. 1991, 507–511. In Deutschland wurde der Fassung von 1991 mit Gesetz vom 25. 3. 1998 zugestimmt, vgl. BGBl. II S. 258. Sie ist am 25. 7. 1998 in Kraft getreten, vgl. BGBl. II S. 2493; GRUR Int. 1991, 538 ff.; seit dem 26. 1. 2001 hat die UPOV 46 Mitgliedstaaten. Siehe http://www.aippi.org/reports/. 78 Art. 14 von UPOV-Übereinkommen der Fassung 1991. Nach diesem Prinzip kann der Sortenschutzinhaber weder die Erzeugung von Vermehrungsmaterial für den eigenen Bedarf noch die kostenlose Abgabe von Saatgut im Rahmen der Nachbarschaftshilfe durch Dritte verbieten. 79 Nach dem Prinzip ist die Zustimmung des Züchters für die Verwendung der geschützten Sorte als Ausgangsmaterial für die Schaffung weiterer Sorten erforderlich. Diesbezüglich mit ausführlicher Kritik Neumeier, S. 37 ff., 151 ff.; Kresbach, S. 21 ff.

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men von 1978 in Art. 2 Abs. 1 für den Schutz von Pflanzenzüchtungen die Wahl zwischen dem Patent und einem besonderen Sortenschutzrecht vor, ein Doppelschutz nach Patent- und Sortenschutz für ein und dieselbe botanische Gattung ist verboten. Daher konnten Mitgliedstaaten, die ein besonderes Sortenschutzrecht oder ähnliches Recht für Pflanzenzüchtungen vorsahen, den Patentschutz für Pflanzenzüchtungen für die botanischen Gattungen oder Arten, die auch dem Sortenschutz zugänglich waren, von der Patentierung ausschließen. Die Vertragsstaaten sind auch imstande, den Patentschutz für Pflanzenzüchtungen generell auszuschließen. Jedoch gaben die Stimmen, die die Schutzmöglichkeiten als lückenhaft bezeichneten80, Anlass, über das Verhältnis von Sortenschutz und Patentrecht grundsätzlich neu nachzudenken. Mit Rücksicht auf das Verhältnis zwischen Sortenschutz und Patentrecht wurde das Sortenschutzrecht im Jahr 1991 einer umfassenden Revision unterzogen. Die Gründe für diese Revision lagen darin, dass die gentechnologischen Verfahren zur Manipulation von Pflanzen zunehmend an Bedeutung gewannen, und dass die Erzeugung neuer Pflanzensorten, die nach überkommenen Züchtungsmethoden nicht vorstellbar waren, erwogen werden musste81. Was das UPOV-Übereinkommen i. d. F. von 1991 von der vorherigen Fassung unterscheidet, ist die Definition der Sorte und die Abschaffung der das Doppelschutzverbot betreffenden Vorschrift. Danach können Pflanzensorten entweder durch Patente oder durch ein anderes wirksames Schutzsystem sui generis oder durch eine Kombination beider geschützt werden. Folglich wird die aufgeworfene Frage um die Kollision der Befugnisse, wenn der Doppelschutz für ein und dieselbe Sorte gewährt wird, jedem Mitgliedstaat übertragen und findet sich nicht mehr im UPOV-Übereinkommen. Die Fragen um das Doppelschutzverbot tauchen als wichtiges Anliegen auf, das im Zusammenhang zwischen Patent- und Sortenschutz zu berücksichtigen ist. Soweit aber Sortenschutz zuerst eingreift, sind Pflanzenzüchtungen von der Patentierung ausgeschlossen. Dieser Grundsatz wurde vorerst im UPOV-Übereinkommen von 1961 geregelt und fand dann Berücksichtigung in der nationalen und europäischen Gesetzgebung, insbesondere in § 1 Abs. 2 Nr. 2 DPatG 1968, § 2 Nr. 2 DPatG 1981 i.V. m. § 41 Abs. 1 SortG und vor allem in Art. 53 b) EPÜ. Auch wenn in der letzten Fassung des UPOV-Übereinkommens von 1991 das Doppelschutzverbot nicht mehr ausdrücklich enthalten ist, muss in Zweifel gezogen werden, dass es damit abgeschafft ist oder dafür keine rechtliche Notwendigkeit mehr besteht82. Beim UPOV-Übereinkommen lenkt man auch insbesondere seine Aufmerksamkeit darauf, dass das Schutzrecht zur Pflanzenzüchtung keinen Schutz von Züchtungsverfahren gewährt. 80 Solche Schutzgefälle zwischen Patent- und Sortenschutz wurden erstmals von Straus ausgesprochen, GRUR Int. 1983, 591 (595); Neumeier, S. 7 (8). 81 Straus, GRUR Int. 1990, 617 ff.; v. Pechmann/Straus, GRUR Int. 1991, 507. 82 Straus, GRUR 1992, 252.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

Erst am 7. Januar 2002 ist Korea dem UPOV-Übereinkommen beigetreten, so dass dort die Fassung des UPOV-Übereinkommens von 1991 gilt. Daher findet in Korea das Doppelschutzverbot keine Anwendung, d. h. Doppelschutz durch Patent und Sortenschutzrecht ist möglich. Gemäß § 31 KPatG und dem Saatgutindustriegesetz können die Pflanzensorten, die sich vegetativ vermehren, dem Schutz zugänglich gemacht werden, während die Pflanzensorten, die sich generativ vermehren, nur nach dem SGIG schützfähig sind. c) Budapester Vertrag über den Schutz der Mikroorganismen Die Erfindungen betreffend Mikroorganismen waren lange von der Patentierung ausgenommen, denn die Lebewesen einschließlich Mikroorganismen galten nicht als Erfindungen im patentrechtlichen Sinne. Sie waren keine menschliche Schöpfung, sondern bloß die Entdeckung eines bereits in der Natur vorkommenden Phänomens, und konnten die Voraussetzung der Wiederholbarkeit, ein Erfordernis für die Erfindung zur Patentierung, nicht erfüllen. Die Struktur der DNS wurde aber durch die rasante Entwicklung der Gentechnik erforscht, und das Erfordernis der Wiederholbarkeit der Erfindung konnte erfüllt werden. Infolgedessen sind Patente für Erfindungen betreffend Mikroorganismen erteilt worden. Im Vergleich mit den Erfindungen in anderen Bereichen kennzeichnet die Erfindung betreffend Mikroorganismen eine Eigenart, nämlich die Hinterlegung der Mikroorganismen bei anerkannten Hinterlegungsstellen. Grund hierfür ist, dass die Erfindung betreffend Mikroorganismen so betrachtet wird, dass sie nicht in der Anmeldung so deutlich und vollständig zu beschreiben ist, dass ein Fachmann sie nur mit der Beschreibung ausführen kann. Daher gab es aufgrund der Kosten und Sprache83 ein Bedürfnis nach einer internationalen Hinterlegungsstelle84. Darauffolgend wurde der Budapester Vertrag über die internationale Anerkennung der Hinterlegung von Mikroorganismen zum Zweck von Patentverfahren am 28. April 1977 in Budapest unterzeichnet, und trat am 19. August 1980 in Kraft85, um mehrfache Hinterlegung zu vermeiden und um die Anerkennung der Patentanmeldung der Erfindung über Mikroorganismen 83

Hallmann, GRUR Int. 1978, 61. Nach Art. 6 Abs. 2 BV ist der Mikroorganismus zur Hinterlegung bei der internationalen Hinterlegungsstelle anzunehmen, ständig seine Lebensfähigkeit zu prüfen und sorgfältig aufzubewahren. 85 Der Vertrag wurde in erster Linie von 13 Staaten der Pariser Verbandsübereinkunft unterzeichnet und ist nun für 54 Staaten, für die Bundesrepublik Deutschland seit 20. 1. 1981 in Kraft getreten (siehe http://transpatent.com/ (am 13. März 2002 aufgerufen). Der Vorschlag zum Abschluss eines Internationalen Abkommens für die Hinterlegung einer mikrobiologischen Kultur wurde 1961 von der britischen Regierung vorgetragen, um unnötige Mehrfachhinterlegungen zu verhindern. Nach dem Vorschlag der WIPO von 1977 in Ungarn verpflichteten sich die Mitglieder des Verbands, die bei einer der internationalen Hinterlegungsstellen vorgenommene Hinterlegung eines Mikroorganismus für alle Patentverfahren in ihrem eigenen Land als gültig anzu84

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durch einmalige Hinterlegung bei einer internationalen Hinterlegungsstelle zu ermöglichen. Es darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die Regelungen über die materiellen Voraussetzungen der hinreichenden Offenbarung des Mikroorganismus und der Freigabe der hinterlegten Kultur an Dritte dem nationalen Recht und den zwischenstaatlichen Patentübereinkommen vorbehalten sind86. Zum Begriff „Mikroorganismus“87 kann man allerdings nichts im Budapester Vertrag finden. Deshalb ist die Frage, was unter diesen Begriff fällt, flexibel auszulegen. Es versteht sich von selbst, dass sich Mikroorganismen weder als Pflanzen noch als Tiere ansehen lassen. Mit ihnen kann auch nicht wie mit Pflanzen und Tieren verfahren werden. Am 28. Dezember 1987 ist Südkorea dem Budapester Vertrag beigetreten. Gemäß §§ 2 bis 4 KPatAV werden mikrobiologische Erfindungen in Südkorea als patentierbar angesehen, selbst wenn sich keine Vorschrift darüber im koreanischen Patentgesetz findet. d) Internationaler Schutz für Tiererfindungen Anders als im Bereich der pflanzlichen Erfindungen findet man für die Tiere betreffenden Erfindungen keine internationalen Verträge, obwohl mittlerweile bereits Patente für tierische Erfindungen erteilt wurden, z. B. das „Harvard/ Krebsmaus“-Patent sowohl in den USA88 als auch in Europa vom EPA. Insbesondere das Schaf „Dolly“ wurde im Jahr 1997 vom Roslin Institut in Irland erzeugt. Jedoch wirft die Erzeugung des Schafs „Dolly“ ethische Fragen auf, weil die Gentechnik, die in der Erzeugung des Schafes „Dolly“ angewandt wurde, der Menschheit aufgezeigt hat, dass auch der Mensch irgendwie reproduziert werden könnte. Dementsprechend ist der patentrechtliche Schutz von Tier und Mensch auf heftigen Widerstand gestoßen. Vom rechtlichen Gesichtspunkt aus betrachtet stellen sich aber die Fragen, ob die Reproduktion der Tiere als Gegenstand der Erfindung im patentrechtlichen Sinne genehmigt wird, wenn ja, welche Art und Weise rechtlich geschützt wird, und sogar, welcher Schutzumfang zugelassen wird. Zum Abschluss von internationalen Verträgen für Tiererfindungen sollten in erster Linie die ethischen bzw. rechtlichen Fragen einsehen, dazu ausführlich vgl. v. Pechmann, Mitt. 1977, 41; Benkard/Ullmann, IT Rdnr. 212–218; GRUR Int. 1978, 71–80; BlPMZ 1981, 66 ff. 86 BGH GRUR 1985, 1035 (1036) – Methylomonas. 87 Der Begriff „Mikroorganismen“ bedeutet Kleinlebewesen, nämlich Bakterien, Viren, Protozoen, Pilze (Kleinpilze, sog. Fungi), vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 1998, Walter de Gruyter, Berlin/New York, 258. Aufl, S. 1021. Außerdem findet man es auch in der Encyclopaedia Britannica: „the mikrobiology encompasses the study of bacteria, rickettsiae, small fungi (e. g. yeasts and molds), algae, and protozoans, as well as problematical forms of life such as viruses“, vgl. The New Encyclopaedia Britannica, 1974, Vol. 12, S. 109. 88 US PTO Patent No. 4 736 866 von 1988.

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schließlich der oben genannten Fragen überzeugend für die Allgemeinheit geklärt werden können. In Korea befindet sich keine Bestimmung über den Schutz von Tiererfindungen im Patentgesetz, sondern erst in der KBioRL, wo die Definition „Tier“ gegeben wird. 3. Europäische Verträge bezüglich des Patents a) Überblick Es gab auch auf europäischer Ebene Bestrebungen zur Vereinheitlichung des gewerblichen Rechtsschutzes. Im Rahmen der EU hat sich vorerst eine außerordentlich intensive Zusammenarbeit zur Vereinheitlichung des Patentrechts nicht nur über Formerfordernisse bei Patentanmeldungen89, sondern auch über gewisse Begriffe des materiellen Rechts der Erfindungspatente entwickelt90. Darauf sind insbesondere das Straßburger Patentübereinkommen von 1963 zur Vereinheitlichung gewisser Begriffe des materiellen Rechts der Erfindungspatente (StrbÜ), das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) von 1973 und das Übereinkommmen über das Europäischen Patent für den gemeinsamen Markt (Gemeinschaftspatentübereinkommen) von 1975 ergangen. b) Straßburger Übereinkommen zur Vereinheitlichung gewisser Begriffe des materiellen Rechts der Erfindungspatente von 1963 Die Bemühungen, die grundlegenden Begriffe des materiellen Patentrechts zu harmonisieren, haben schließlich Anfang der sechziger Jahre ein bemerkenswertes Resultat hervorgebracht. Im Rahmen des Europarats ist am 27. November 1963 das StrbÜ in allen europäischen Staaten unterzeichnet worden, aber erst am 1. August 1980 in Kraft getreten91. Zur Verringerung der Doppelarbeit bei 89 Das Internationale Patentinstitut (IIB, Institut International des Brevets), das 1947 geschaffen worden ist, hat Recherchen von nationalen Patentanmeldungen der Mitgliedsländer zum Ziel. Danach wurde im Jahr 1953 die Europäische Übereinkunft über Formerfordernisse bei Patentanmeldungen unterzeichnet, aber aufgrund des PCT überflüssig und deshalb von den EPO-Mitgliedstaaten gekündigt, dazu ausführlich bei Dybdahl, Rdnr. 21, 23. 90 BT-Drs. 7/3712, S. 400. 91 Bereits im Oktober 1955 wurden die Arbeiten an dem Straßburger Patentübereinkommen von dem Ausschuss der Patentsachverständigen des Europarats aufgenommen. Das Übereinkommen ist unter Berücksichtigung der Arbeiten der EWG-Arbeitsgruppe „Patente“ und des gemeinsamen nordischen Patentkomitees ausgearbeitet und im November 1963 schließlich vom Europarat angenommen worden. Siehe die Vorgeschichte des Entwurfs des StrßbÜ in: vgl. Pfanner, GRUR Int. 1962, 545; Haertel, GRUR Int. 1981, 479; ders. MüGK, 1. Lfg., Geschichtliche Entwicklung, Rdnr. 25–

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der sachlichen Prüfung in den nationalen Patentämtern richtet sich das Straßburger Übereinkommen als erste Stufe auf eine Vereinheitlichung der wichtigsten Grundbegriffe des materiellen Patentrechts, und zwar auf die wesentlichen sachlichen Patentierungsvoraussetzungen und den sachlichen Schutzbereich des Patents92. Dadurch hat es das StrßbÜ erreicht, den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt der Mitgliedstaaten des Europarats zu fördern und die Schaffung eines internationalen Patents zu erleichtern93. Außerdem ist noch hervorzuheben, dass sich das StrßbÜ bereits vor seinem In-Kraft-Treten auf nationale Patentreformen ausgewirkt hat94. Die Bestimmungen des StrßbÜ sind wörtlich in das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) übernommen worden, und zwar in Art. 52–74 EPÜ95. Im Zusammenhang mit biotechnologischen Erfindungen ist darauf aufmerksam zu machen, dass sich im StrßbÜ, z. B. im Art. 2 StrßbÜ96, auch Bestimmungen in Bezug auf biotechnologische Erfindungen befinden. Gemäß Art. 2a StrßbÜ ist dem jeweiligen Staat vorbehalten, Patente für solche Erfindungen zu erteilen. Der Begriff „Öffentliche Ordnung“ in diesem Artikel wird in den einzelnen Staaten unterschiedlich ausgelegt, und „Gute Sitten“ gewährt als unbestimmter Rechtsbegriff einen beträchtlichen Auslegungsspielraum, der sich eingehender Eingrenzung entzieht97. Nach der Auslegungsregel ist die Vorschrift des Patentierungsverbots so eng wie möglich zu verstehen, und insbesondere darf nicht der einfache Gesetzesverstoß bereits als Verstoß gegen die guten Sitten gewertet werden98. Ausgenommen von der Patentierung sind außerdem ge27; Benkard/Ullmann, Internationaler Teil, Rdnr. 80. Siehe Denkschriften über das Straßburger Patentübereinkommen, BlPMZ 1976, 336 ff. 92 In Art. 1 bis 7 StrßbÜ sind die Voraussetzungen zur Patentierung festgelegt, und Art. 8 bezieht sich auf den Inhalt des Patents sowie die Auslegung der Patentansprüche. Außerdem betrifft das StrßbÜ Vorschriften, die zu einer Vereinheitlichung der Auslegung von Patenten in den Mitgliedstaaten führen, vgl. BT-Drs. 7/3712, S. 377 ff. 93 Präambel des StrßbÜ, BlPMZ 1976, 270. 94 Bernhardt/Kraßer, S. 64. 95 Haertel, GRUR Int. 1987, 377; Bernhardt/Kraßer, S. 72. 96 Art. 2 StrßbÜ sieht vor, dass sich die Vertragsstaaten nicht verpflichten, die Erteilung von Patenten vorzusehen für: a) Erfindungen, deren Veröffentlichung oder Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde, wobei ein solcher Verstoß nicht allein aus der Tatsache hergeleitet werden kann, dass die Verwertung der Erfindung durch ein Gesetz oder eine Verwaltungsvorschrift verboten ist; b) Pflanzensorten oder Tierarten sowie für im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren; diese Bestimmung ist auf mikrobiologische Verfahren und auf die mit diesen Verfahren erlangten Erzeugnisse nicht anzuwenden. 97 BT-Drs. 7/3712, S. 378. 98 Zur Auslegung des StrßbÜ wird auf die Auslegungsregeln des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. 3. 1969 zurückgegriffen. Auszugsweiser Abdruck im ABl. EPA 4/1984, S. 193 ff. Das Wiener Übereinkommen ist zwar für die Auslegung des Straßburger Patentübereinkommens nicht unmittelbar anwendbar, denn ersteres ist erst 1980 in Kraft getreten. Nach Art. 31 des Wiener Übereinkommens ist ein Vertrag nach Treu und Glauben auszulegen, wobei der Vertragswort-

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mäß Art. 2b StrßbÜ Pflanzensorten und Tierarten sowie im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren. c) Europäisches Patentübereinkommen (EPÜ) Im Jahr 1969 fand eine – sogar sehr umfangreiche – Diskussion über die europäische Patentrechtsvereinheitlichung nach dem Vorschlag der französischen Regierung statt99. Schließlich ist am 7. Oktober 1977 das Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente (Europäische Patentübereinkommen; EPÜ) vom 5. Oktober 1973100 in Kraft getreten. Das EPÜ hat wörtlich die Vorschriften des StrßbÜ übernommen. In der Tat wurden die Erteilungsverfahren in den verschiedenen europäischen Staaten jeweils nach nationalem Recht durchgeführt, und die erteilten Patente zeigten inhaltlich erhebliche Unterschiede auf. Diese Notwendigkeit, national anzumelden, belastetet zum einen die Anmelder mit der Entrichtung der auferlegten Gebühr in jedem Staat für das Erteilungsverfahren und zum anderen die Patentämter in den europäischen Staaten mit Verrichtung überflüssiger Prüfarbeit für dieselbe Erfindung101. Das EPÜ ermöglicht es, durch eine einzige europäische Patentanmeldung ein einheitliches Erteilungsverfahren vor dem Europäischen Patentamt (EPA) in München durchzuführen. Ein vom EPA erteiltes Patent, das als europäisches Bündelpatent bezeichnet wird, gilt in den europäischen Staaten und hat dort die selbe Wirkung wie ein nationales Patent. Nach In-Kraft-Treten des EPÜ ist hervorzuheben, dass nicht nur der Inhalt des damit eingeräumten ausschließlichen Rechts sich durch das nationale Recht bestimmt, sondern auch die Verletzung eines europäischen Patents und dessen Gültigkeit grundsätzlich nach dem nationalen Recht beurteilt werden102. Als Ausnahme werden die Nichtigkeitsgründe und die Laufzeit des europäischen Patents im EPÜ selbst geregelt. Es wird noch darauf hingewiesen, dass das EPÜ das Recht der Vertragsstaaten, nationale Patente zu erteilen, unberührt lässt103.

laut samt Präambel zu berücksichtigen ist, vgl. BT-Drs. 7/3712, S. 378; vgl. Haertel, GRUR Int. 1987, 377. 99 Dieser Vorschlag wurde von Beier mit dem Erscheinen eines Prinzen verglichen, der das schlafende Dornröschen mit einem Kuss aufweckte. Den Anlass, warum die damalige französische Regierung einen solchen Vorschlag gemacht hat, findet man, bei Beier, GRUR Int. 1969, 145. 100 Die Fassung des EPÜ von 1973 ist durch die Akte zur Revision von Art. 63 EPÜ vom 17. 12. 1991, und durch die Beschlüsse des Verwaltungsrats der Europäischen Organisation vom 21. 12. 1978, vom 13. 12. 1994, vom 20. 10. 1995, vom 5. 12. 1996 und vom 10. 12. 1998 geändert worden, vgl. BGBl. 1976 II S. 826 und ABl. EPA 1999, 1. 101 BT-Drs. 7/3712, S. 401. 102 BlPMZ 1976, 342 ff. 103 BT-Drs. 7/3712, S. 401.

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Die auf biotechnologische Erfindungen anwendbaren Vorschriften sind z. B. Art. 52 (4) bzw. Art. 53 EPÜ, deren Wortlaut Art. 2 StrßbÜ nahezu entspricht104. Art. 52 (4) EPÜ statuiert, dass chirurgische, therapeutische und diagnostische Verfahren am menschlichen und tierischen Körper von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sind, denn sie gelten nicht als gewerblich anwendbare Erfindungen, obgleich sie als Erfindung betrachtet werden105. Art. 53 EPÜ erklärt Erfindungen, die gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstoßen, sowie gewisse genetische Erfindungen, d. h. Pflanzensorten, Tierarten und im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren, für nicht patentfähig. Darüber hinaus sind im Jahr 1999 die Regeln 23b bis 23e EPÜ, in denen sich die Richtlinie 98/44/EG widerspiegelt, in die Ausführungsordnung des EPÜ eingefügt worden106. Die Notwendigkeit einer Anpassung des europäischen Patentrechts an die Richtlinie besteht zwar mangels Einbindung der Europäischen Patentorganisation in die EU aus rechtlicher Sicht nicht, ergibt sich jedoch unter anderem aus dem Gebot der Vernunft, die Einheitlichkeit des harmonisierten europäischen Patentrechts zu wahren107. In Regel 23b Abs. 1 EPÜ ist vorgesehen, dass für europäische Patentanmeldungen und Patente, die biotechnologische Erfindungen zum Gegenstand haben, die maßgebenden Bestimmungen des Übereinkommens in Übereinstimmung mit den Vorschriften der Regeln 23b bis 23e EPÜ anzuwenden und auszulegen sind. Hierfür ist die Richtlinie 98/44/EG vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen ergänzend heranzuziehen108. d) Gemeinschaftspatentübereinkommen (GPÜ) Nach den supranationalen Konferenzen109 wurde schließlich das Übereinkommen über das europäische Patent für den Gemeinsamen Markt (Das Ge104 Aber Art. 2 StrßbÜ räumt den nationalen Gesetzgebern nur eine Ausschlussmöglichkeit ein und hat deshalb anhand der inhaltlichen Auswirkung weniger Bedeutung, als die zwingende Ausschlussvorschrift des Art. 53 EPÜ, dazu ausführlich vgl. Moufang, MüGK, 15 Lfg. Rdnr. 1. 105 Singer/Stauder, Art. 52, Rdnr. 61. 106 Der Grund für die Umsetzung der EU-Biorichtlinie ins europäische Patentrecht liegt, meiner Meinung nach, darin, dass das Europäische Patentamt die Notwendigkeit dafür zu fühlen schien, eine eigene Richtlinie und Vorschriften über biotechnologische Erfindungen aufzustellen und danach die betreffenden Erfindungen zu prüfen, weil das Europäische Patentamt festgestellt hat, dass sowohl die Bioindustrie in der Welt von entscheidender Bedeutung ist, als auch im Vergleich zum gigantischen Investment in die Biotechnologie in den USA nur so wenig Kostaufwand in Europa betrieben wird. Die Europäische Gesellschaft scheint sich davor zu fürchten. Siehe Beschluss des Verwaltungsrats vom 16. 6. 1999, in Kraft getreten am 1. 9. 1999 (ABl. EPA 1999, 437 f.). 107 Mittelungen des EPA (ABl. EPA 1999, 573–582). 108 ABl. EPA 1999, 101 ff.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

meinschaftspatentübereinkommen: GPÜ) zum einheitlichen und autonomen Patent 1975 in Luxemburg vorgeschlagen110. Trotz der Überarbeitungen von 1985111 und 1989112 ist das GPÜ in der 1975 unterzeichneten Fassung jedoch noch nicht in Kraft getreten, weil es noch nicht von allen Mitgliedstaaten ratifiziert worden ist113. Das GPÜ baut maßgeblich auf dem EPÜ auf114. Es bezweckt nicht nur, die Hindernisse für den freien Warenverkehr in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) zu beseitigen, sondern auch ein gemeinschaftliches Patentsystem zu schaffen und europäischen Patenten einheitliche und autonome Wirkung zu verleihen. Darum geht der Zweck des GPÜ noch weit über die Ziele des StrßbÜ von 1963 hinaus115. Im Vergleich zum EPÜ, das die Rechtsgrund109

Haertel, MüGK, Geschichtliche Entwicklung, Rdnr. 54 bis 58. Das EPÜ stellt die Grundlage des Luxemburger Patentübereinkommens dar. Beiden liegt das Straßburger Patentübereinkommen zugrunde; dazu ausführlich: vgl. Haertel, MüGK, Rnd. 73 bis 78. Die erste Luxemburger Fassung: ABl. Eur. Gem. 1976 Nr. L 17, 1; vgl. Text der Luxemburger Konferenz über das Gemeinschaftspatent am 13. 12. 1975; GRUR Int. 1976, 231 ff. 111 Nach der ersten Fassung wurde vorgeschlagen, das GPÜ zuerst für die ratifizierungsbereiten Unterzeichnerstaaten in Kraft zu setzen. Hierüber wurde im Dezember 1985 auf einer zweiten diplomatischen Konferenz in Luxemburg beraten, aber eine abschließende Einigung kam noch nicht zustande, vgl. 2. Luxemburger Fassung: GRUR Int. 1986, 314. 112 3. Luxemburger Fassung v. 15. bis 21. 12. 1989: ABl. Nr. L 401/1 ff. v. 30. 12. 1989 = BGBl. 1991 II S. 1354. 113 Von den neun Mitgliedstaaten, deren Unterzeichnung für In-Kraft-Treten des GPÜ erforderlich ist, haben insbesondere Dänemark und Irland wegen politischer bzw. verfassungsrechtlicher Gründe das GPÜ noch nicht ratifiziert. Dänemark hat sein nationales Patentrecht bereits dem EPÜ und dem GPÜ angeglichen. Die dänische Regierung hat mehrmals versucht, das EPÜ und das GPÜ zu ratifizieren, aber scheiterte an der nach der dänischen Verfassung notwendigen 5/6 Mehrheit des Parlaments; siehe das dänische Patentgesetz vom 25. 10. 1978, deutsche Übersetzung in BlPMZ 1981, 396. In Irland ist bereits ein Entwurf zur Änderung des nationalen Patentrechts ausgearbeitet worden, der das irische Patentrecht an EPÜ und GPÜ angleichen soll. Dieser Entwurf, der die irische Regierung ermächtigen würde, EPÜ und GPÜ zu ratifizieren, ist indes bisher vom irischen Parlament wegen Bedenken in Bezug zur irischen Verfassung gegen die Ratifizierung vom EPÜ und GPÜ nicht verabschiedet worden. Die Verfassung der Irischen Republik verlangte eine Präzisierung des Zusammenhangs zwischen dem Rom-Vertrag und dem GPÜ, Im Einzelnen dazu bei Krieger, GRUR Int. 1987, 729 (739). Einen Ausweg aus dieser Situation hätte eine Verordnung nach Art. 235 EWG-Vertrag darstellen können, die es erlaubt hätte, das GPÜ in Kraft zu setzen, ohne das Ergebnis gesonderter nationaler Ratifikationsverfahren abwarten zu müssen. Eine Ratifikation durch die nach 1995 der EU beigetretenen Länder, Finnland, Österreich und Schweden, ist für das In-Kraft-Treten der Vereinbarung nicht erforderlich, vgl. Dybdahl, Rdnr. 26, 34. 114 Beispielsweise siehe Art. 1 (2) GPÜ „Dem gemeinsamen Recht unterliegen die für die Vertragsstaaten nach dem Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente, nachstehend „EPÜ“ genannt, erteilten europäischen Patente und die europäischen Patentanmeldungen, in denen diese Staaten benannt sind.“ 115 Haertel, GRUR Int. 1976, 193 ff. 110

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lage für die in einem einheitlichen Verfahren vor dem EPA erteilten europäischen Patente bildete, zielt das GPÜ vor allem auf ein materiellrechtlich einheitliches, europäisches Patent in den EU-Mitgliedstaaten ab116. Das GPÜ soll einheitlich ausgelegt werden, so dass die Rechte und Pflichten aus einem Gemeinschaftspatent im gesamten Gebiet der Union identisch sind. Zu diesem Zweck kommen dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften neue Zuständigkeiten zu117. Es ist erforderlich, Maßnahmen zu ergreifen, um zu gewährleisten, dass ein europäisches Recht im Streitfall von den Gerichten möglichst einheitlich ausgelegt und angewandt wird. Das war aber deshalb problematisch, weil die gerichtlichen Verfahren in den verschiedenen Staaten der Europäischen Gemeinschaft unterschiedlich gestaltet waren und sind118. Das GPÜ ist noch nicht in Kraft getreten, seine Zukunft ist ungewiss119. Die rechtliche Behandlung biotechnologischer Erfindungen ist hiervon aber nicht tangiert, weil das GPÜ Spezialregelungen für diese Materie schon aufgrund der zwischenzeitlichen, technologischen Forschritts nicht enthält. Im Rahmen von Ostasien gibt es bis jetzt noch keine Vorschriften über das materielle Patentrecht, wie EPÜ oder StrßbÜ. Es wäre schon aus politischen Gründen nicht einfach, einen Vertrag über den gewerblichen Rechtsschutz in Ostasien, etwa zwischen China, Japan, Südkorea usw., abzuschließen. 116 Pakuscher, S. 234, in: FS für Walter Oppenhoff zum 80. Geburtstag, 1985; Dybdahl, Rdnr. 27. 117 Gemäß Art. 177 des EWG-Vertrags kann der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom Gemeinsamen Berufungsgericht um Vorabentscheidung ersucht werden, sofern die Gefahr besteht, dass die Auslegung der Vereinbarung über Gemeinschaftspatente nicht mit dem Vertrag übereinstimmt. Die obersten Gerichtshöfe der BRD können den EuGH um die Auslegung der Zuständigkeitsvorschriften für Klagen vor nationalen Gerichten und das Streitregelungsprotokoll zur Vorabentscheidung fragen, bei Schulte, § 81 DPatG, Rdnr. 10. 118 Bei diesen gerichtlichen Verfahren handelte es sich vor allem um die Verletzungs- oder Nichtigkeitsverfahren des Gemeinschaftspatents. Wenn eine Klage über Verletzungs- oder Nichtigkeitsverfahren des Gemeinschaftspatents eingelegt wird, ist die Frage von der Zuständigkeit der Klage aufgeworfen. Im Jahr 1985 wurde der Entwurf „Protokoll über die Regelung von Streitigkeiten über die Verletzung und die Rechtsgültigkeit von Gemeinschaftspatenten“ fertiggestellt, wonach für Klagen wegen Verletzung des Gemeinschaftspatents und für Widerklagen auf Nichtigkeitserklärung des Gemeinschaftspatents nationale Gerichte als Gemeinschaftspatentgerichte erster Instanz ausschließlich zuständig sind. Über Berufungen gegen Entscheidungen der Gemeinschaftspatentgerichte erster Instanz treffen die Gemeinschaftspatentgerichte zweiter Instanz (Community Patent Appeal Court; COPAC) Entscheidungen. Die zweite Instanz ist ausschließlich zuständig sowohl für die Beurteilung der Wirkungen des Gemeinschaftspatents, als auch für die angefochtene Rechtsgültigkeit des Gemeinschaftspatents, vgl. Pakuscher, S. 234; Schulte, § 81 DPatG Rdnr. 6. 119 Die europäische Industrie habe kein Interesse an einem In-Kraft-Treten des Gemeinschaftspatentsystems, vor allem nicht nur wegen der hohen Übersetzungskosten, sondern auch wegen der Probleme, welche bei der Nichtigkeitserklärung und der Verletzungsklage der Gemeinschaftspatente entstehen können, ausführlich bei Dybdahl, Rdnr. 34.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

4. Schutz biotechnologischer Erfindungen im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft a) Überblick Die rasante Entwicklung der Gentechnologie in den letzten beiden Jahrzehnten hat eine intensive gesellschaftspolitische Diskussion hervorgerufen. Über das Für und Wider des Patentschutzes von biologischen Organismen hat sich vor allem wegen der Ethik- und Umweltfragen eine heftige Auseinandersetzung entwickelt. Biotechnologische Erfindungen müssen wie diejenigen aller anderen technischen Gebiete vor der unerlaubten Nachahmung durch Dritte geschützt werden, damit der Anreiz für Erfinder in diesem – ohnehin kostenintensiven – Bereich der Wissenschaft nicht zerstört wird. Zur Zeit nehmen Patentanmeldungen in Bezug auf biotechnologische Erfindungen beim Europäischen Amt bzw. bei den nationalen Patentämtern stetig zu. Auch wenn die genaue Zahl der bisher in diesem Bereich weltweit erteilten Patente bzw. eingereichten Patentanmeldungen nicht bekannt ist, so weiß man z. B., dass seit den achtziger Jahren allein beim Europäischen Patentamt etwa 4.000 Patentanmeldungen eingereicht worden sind120. Unter diesen gibt es Erfindungen in Bezug auf Pflanzen121, Tiere122 und sogar den Menschen. Auch die menschlichen Gensequenzen betreffende Erfindungen waren bereits Gegenstand der Erteilung123. Was die gemeinschaftlichen Regelungen für biotechnologische Erfindungen betrifft, können in erster Linie Pflanzenzüchtungen berücksichtigt werden; die Verordnung (EG) des Rates über den gemeinschaftlichen Sortenschutz Nr. 2100/ 94 (EGSVO) hat einen Beitrag dazu geleistet, auf europäischer Ebene die Schutzrechte für Pflanzensorten zu harmonisieren. Des Weiteren bestand auf europäischer Ebene die Notwendigkeit, den zunehmenden Patentanmeldungen biotechnologischer Erfindungen entsprechend eine EU-Biorichtlinie zu erlassen, worum man sich über zehn Jahre lang bemüht hat. Schließlich hat die EG-Kommission im Jahr 1998 die Richtlinie 98/44/EG über den Schutz biotechnologischer Erfindungen veröffentlicht und darin festgelegt, wie mit biotechnologischen 120 Schatz, GRUR Int. 1997, 588 f. Die Tendenz, dass die Zahl biotechnologischer Erfindungen weitgehend zunehmen wird, gilt nicht nur beim EPA, sondern auch beim amerikanischen Patentamt. Im gleichen Zeitraum sind mehr als 5.000 Patentanmeldungen eingegangen, die letztlich menschliche Gensequenzen betreffen, vgl. Marshall, 275 Science 780 (1997). 121 Beispielsweise „Pflanzen Genetische System (PGS)“-Entscheidung, T 356/93 (ABl. EPA 1995, 545) Transgene Pflanzen/Novartis T 1054/96 (ABl. EPA 1998, 511) und G 98/1 (ABl. EPA 2000, 111). 122 Z. B. Krebsmaus/HARVARD, T 19/90 (ABl. 1990, 476). 123 Erythropoieten (EP 0 148 605, EP 0 411 678, EP 0 205 564); Granulocytenkolonien stimulierender Faktor (EP 0 237 301); Alpha-interferon (EP 0 321 34); Relaxin (EP 0 201 301 = GRUR Int. 1995, 708 f.).

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Erfindungen europaweit umgegangen werden soll. Dabei ist bemerkenswert, dass die EU-Biorichtlinie auch die ethischen Gesichtspunkte mit einbezieht. b) Verordnung (EG) Nr. 2100/94 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz aa) Überblick Auf europäischer Ebene ist die Geschichte des besonderen Schutzes für Pflanzenzüchtungen noch relativ jung, d. h. lange Zeit bestand keine Schutzmöglichkeit für den Pflanzenzüchter. Jeder konnte fremde Neuzüchtungen für sich nutzen und sie gewerbsmäßig verwerten. Schutzmöglichkeiten und die Bemühungen um ein Schutzrecht setzten erst Ende der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts ein124. Am 6. September 1990 hat die EG-Kommission einen Vorschlag über eine Verordnung des Rates über den gemeinschaftlichen Sortenschutz unterbreitet, um auf europäischer Ebene eine Gemeinschaftsregelung einzuführen125. Zu diesem Zeitpunkt lag das UPOV-Übereinkommen, das in der Verordnung Berücksichtigung finden sollte126, noch in der Fassung von 1978 vor. Erst nach dem In-Kraft-Treten des UPOV-Übereinkommens im Jahre 1991127 wurde gemäß Art. 235 EGV eine Verordnung über den gemeinschaftlichen Sortenschutz, d. h. die europäische „Verordnung über den gemeinschaftlichen Sortenschutz“ Nr. 2100/94 (EGSVO)128 vom 27. Juli 1994 mit einer Durchführungsverordnung hinsichtlich des Verfahrens vor dem gemeinschaftlichen Sortenamt129 vom 31. Mai 1995 erlassen. Die EGSVO hat einen Beitrag zur europäischen Harmonisierung der Schutzrechte für Pflanzensorten geleistet, sie diente als Maßstab für die Ausgestaltung der Sortenschutzrechte der Mitgliedstaaten130. Die Gemeinschaftsregelung existiert neben den einzelstaatlichen Regelungen131, und führt ein gemeinschaftsweites gewerbliches Schutzrecht ein132. Während der nationale Sortenschutz 124

Dazu ausführlich: Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger (1999), S. 95 ff. Aber die Erteilung der nationalen Sortenschutzrechte bleibt grundsätzlich dem Recht der Mitgliedstaaten vorbehalten. Bei diesem Entwurf handelte es sich auch um das Doppelschutzverbot im Art. 89, vgl. ABl. EG N. C 244/1 vom 28. 9. 1990. 126 Präambel des Vorschlages, S. 2. 127 GRUR Int. 1991, 538 ff. 128 ABl. Nr. L 227/1 vom 1. 9. 1994 = BGBl. I 3164, Teil I. geändert durch VO vom 25. 10. 1995, ABl. L 258/3. 129 ABl. Nr. L 121/37. 130 Der deutsche Sortenschutz hat sich an das gemeinschaftliche Sortenschutzrecht angepasst. Der geltende deutsche Sortenschutz gilt in der Fassung vom 19. 12. 1997, vgl. Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger (1999), S. 98. 131 BGBl. I S. 3164. 125

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sich nur auf das Gebiet des erteilten Mitgliedstaates begrenzt, wird gemäß Art. 1 EGSVO ein gemeinschaftlicher Sortenschutz als einzige und ausschließliche Form des gemeinschaftlichen gewerblichen Rechtsschutzes für Pflanzensorten geschaffen; nach Art. 2 hat der gemeinschaftliche Sortenschutz eine einheitliche Wirkung im Rahmen der Gemeinschaft. Nach den Erwägungsgründen nimmt die Verordnung auf die bestehenden internationalen Übereinkommen Rücksicht, z. B. das UPOV-Übereinkommen, das EPÜ, das TRIPS. Daher verbietet die EGSVO die Patentierung von Pflanzensorten nur in dem durch das EPÜ geforderten Umfang, d. h. nur bei Pflanzensorten als solchen. Ferner übernahm die Verordnung in Art. 5 den Pflanzensortenbegriff aus Art. 1 UPOV-Übereinkommen wörtlich. Die EGSVO bindet EU-Mitgliedstaaten, die auch alle EPÜ-Vertragsstaaten sind133. bb) Verhältnis der EGSVO zum UPOV-Übereinkommen Gemäß Art. 32 UPOV-Übereinkommen von 1991 behalten sich die Verbandsmitglieder das Recht vor, zum Schutz der Sorten untereinander besondere Abmachungen zu treffen, soweit diese dem internationalen Übereinkommen nicht zuwiderlaufen. Art. 40 UPOV-Übereinkommen geht auch davon aus, dass dieses Übereinkommen keine Züchterrechte beschränkt, die auf Grund des Rechtes der Vertragsparteien oder infolge anderer Übereinkünfte zwischen Verbandsmitgliedern erworben worden sind. Außerdem hat Art. 5 EGSVO wörtlich Art. 1 vi) UPOV übernommen134. Der augenfällige Unterschied zwischen dem UPOVÜbereinkommen von 1991 und der EGSVO besteht darin, dass das Doppelschutzverbot in Art. 92 EGSVO immer noch vorhanden ist135, obwohl es im UPOV-Übereinkommen nicht mehr zum Ausdruck kommt. In diesem Zusammenhang wird diskutiert, ob es damit wirklich abgeschafft sei oder dafür keine rechtliche Notwendigkeit mehr bestehe136.

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Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger (1999), S. 106. Straus, GRUR Int. 1998, 7. 134 Art. 5 EGSVO und Art. 1 vi) UPOV definieren den Begriff „Sorte“. 135 Gemäß Art. 92 Abs. 1 EGSVO können Sorten, die Gegenstand eines gemeinschaftlichen Sortenschutzes sind, nicht Gegenstand eines nationalen Sortenschutzes oder eines Patents für die betreffende Sorte sein. Art. 92 Abs. 2 EGSVO sieht vor, dass, wenn dem Inhaber vor der Erteilung des gemeinschaftlichen Sortenschutzes für dieselbe Sorte ein sonstiges Schutzrecht der in Absatz 1 genannten Art erteilt wurde, so er die Rechte aus einem solchen Schutz an der Sorte so lange nicht geltend machen kann, wie der gemeinschaftliche Sortenschutz daran besteht. 136 Straus, GRUR 1992, 266. 133

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cc) Verhältnis des Sortenschutzes zum Patentschutz Dem Züchter, der für die geistige Leistung finanziellen sowie zeitlichen Aufwand betreibt, müssen die Züchtungsergebnisse gewährt und bestimmte Ausschließlichkeitsrechte gegenüber Dritten gesichert werden. Ohne gewissen Schutz gegen die Ausbeutung seines Leistungsergebnisses gerät er in Gefahr, dass Dritte an seinem Züchtungserfolg partizipieren und neue Pflanzensorten gewerbsmäßig nutzen können. Folglich ist ein Schutz für neue Pflanzensorten unerlässlich, damit sich dieses Gebiet entwickelt. Dabei ist zu vergegenwärtigen, dass eine neue Pflanze, z. B. eine neue Kartoffelsorte, die Vermehrungsgrundlage für unzählbare Vermehrungsstufen sein kann137. Die biologische Schaffung einer neuen Pflanzensorte ist von einer technischen Erfindung vor allem im Hinblick auf die praktischen rechtlichen Auswirkungen zu unterschieden138, da beim Sortenschutz die Voraussetzungen für die Erlangung des Schutzrechts geringer sind139, und er dafür eine schwächere Ausschließlichkeitswirkung als das Patent hat140. Der Schutzbereich des Sortenschutzrechts erstreckt sich nicht auf alle Erzeugnisse, sondern nur auf das Vermehrungsgut der geschützten Sorte141. Ferner liegt ein wesentlicher Unterschied darin, dass der Sortenschutz nicht nur dem Züchter, sondern auch einer oder mehreren anderen Personen gemeinsam zusteht, sog. Züchtervorbehalt. Mit anderen Worten vermag auch ein anderer Züchter ohne Erlaubnis des Berechtigten, eine neue Pflanzensorte weiter zu züchten und zu entdecken und neue wertvolle Sorten zu entwickeln, obwohl eine gewisse Abhängigkeit gesetzlich vorgesehen ist142. Demgegenüber ist der Patentinhaber imstande, den patentierten Gegenstand ausschließlich herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen und zu gebrauchen. 137

Wuesthoff, GRUR 1957, 49 ff. Lukes, GRUR Int. 1987, 318 ff. 139 Das Patent verlangt eine Anweisung zur technischen Lehre, nämlich die Erfindung muss neu, auf erfinderischer Tätigkeit beruhend und gewerblich anwendbar sein, während die Erteilungsvoraussetzungen für das Sortenschutzrecht gemäß Art. 6 EGSVO und Art. 5 UPOV noch einfacher und niedriger sind. Dafür muss die neue Sorte unterscheidbar, homogen, beständig und neu sein. 140 Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger (1999), S. 99. 141 Ausführlich im Art. 13 bis 16 EGSVO und im Art. 14 bis 17 UPOV. 142 Hinweise auf Art. 15 c) EGSVO und Art. 15 c) UPOV. Aber die Einschränkungen der Wirkung des Sortenschutzes in Art. 15 a) und b), Art. 13 Abs. 8 EGSVO und Art. 15 a) und b), Art. 17 UPOV sind ähnlich wie im Patentrecht, und zwar gilt der Sortenschutz nicht für Handlungen, welche den privaten Bereich zu nichtgewerblichen Zwecken, die Versuchszwecke betreffen und den Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, dem Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen und Tieren oder Pflanzen, dem Schutz der Umwelt sowie dem Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums und der Sicherung des Wettbewerbs, des Handels und der landwirtschaftlichen Erzeugung entsprechen. 138

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

Wenn der Sortenschutz sowohl nach seinen Erteilungsvoraussetzungen, als auch nach dem Schutzumfang ein spezielles, auf die Besonderheiten der lebenden Materie zugeschnittenes eigenständiges Recht ist, kann daneben nicht eine generelle Patentschutzmöglichkeit mit anderen Voraussetzungen und Rechtswirkungen treten; der Sortenschutz als Spezialschutz würde illusorisch. Dagegen kann auch nicht auf die angeblich guten Erfahrungen mit anderen Doppelschutzmöglichkeiten (Patent/Gebrauchsmuster, Urheberrecht/Geschmacksmuster) verwiesen werden, da es dort nur um graduelle und nicht, wie beim Verhältnis Patent/Sortenschutz um qualitative Unterschiede geht. Darum befindet sich der Patentschutz nicht in Parallelität zum Sortenschutz, wohl aber gibt es Bereiche, in denen allein Sortenschutz, und andere, in denen daneben oder allein auch Patentschutz eingreift. Im Hinblick auf die Abgrenzung zwischen Sortenschutz und Patentschutz betrachtet die EU-Biorichtlinie das Europäische Patentamt nicht als ein auf schriftlich abgeschlossenem Vertrag zwischen Staaten beruhendes Gebilde im Sinne einer internationalen Organisation143. Die Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer des EPA ließ sich noch auf die Fragestellung zurückführen, ob die EU-Biorichtlinie für die Auslegung von Art. 53 b) EPÜ als „spätere Praxis“ i. S. d. Art. 31 Abs. 3 der Wiener Vertragsrechtskonvention144 anzusehen und damit bei der Auslegung des Art. 53 b) EPÜ zu berücksichtigen ist. Schließlich lassen die in der Richtlinie enthaltenen Begriffsbestimmungen naturgemäß einen Auslegungsspielraum, der die Abgrenzungsfrage nicht eindeutig zu lösen vermag. dd) Fazit Die Bestimmung über das Doppelschutzverbot bleibt in der EGSVO bestehen, obwohl sie im UPOV-Übereinkommen von 1991 nicht mehr vorgesehen ist. Die Bestimmung über das Doppelschutzverbot sollte einander angepasst werden. Auch sollte klar gestellt werden, welche Bedeutung es hat, dass das Doppelschutzverbot im UPOV-Übereinkommen von 1991 aufgehoben wurde, d. h. ob es damit wirklich abgeschafft wurde oder dafür keine rechtliche Notwendigkeit mehr besteht. Diesbezüglich sollte das UPOV-Übereinkommen zur Rechtssicherheit wenigstens mit der europäischen gemeinschaftlichen Sorten143 Ballreich, MüGK, 9. Lfg. 1986, Art. 5 Rdnr. 43; ausführlich bei Straus, GRUR Int. 1998, 1 ff. 144 Art. 31 geht davon aus, dass außer dem Zusammenhang in gleicher Weise zu berücksichtigen sind: a) jede spätere Übereinkunft zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung des Vertrags oder die Anwendung seiner Bestimmungen; b) jede spätere Übung bei der Anwendung des Vertrags, aus der die Übereinstimmung der Vertragsparteien über seine Auslegung hervorgeht; c) jeder in den Beziehungen zwischen den Vertragsparteien anwendbare einschlägige Völkerrechtssatz.

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schutzverordnung (EGSVO) in Einklang gebracht werden, um den überflüssigen Konflikt der rechtlichen Regelungen zu vermeiden. Erst am 7. Januar 2002 ist Korea dem UPOV-Überekommen beigetreten und dort ist die Fassung des UPOV-Übereinkommens von 1991 gültig. Daher ist in Korea der Doppelschutz der Pflanzensorten zwischen dem Patent- und dem Sortenschutzrecht möglich. Art. 27 (3) b) TRIPS-Übereinkommen gilt in Korea, wo der Schutz von Pflanzensorten entweder durch Patente oder durch ein wirksames System sui generis oder durch eine Kombination beider vorgesehen ist. Mit anderen Worten sind Pflanzensorten entweder nach dem Patentrecht oder dem Saatgutindustriegesetz (SGIG) oder nach beiden geschützt. Die KBioRL ergänzt § 31 KPatG, und enthält somit keine Regelung über die Pflanzensorten, die sich generativ vermehren. c) EG-Gentechnikrichtlinie aa) Überblick Im Mittelpunkt der EG-Gentechnikrichtlinie steht insbesondere die mit der System- und Freisetzungsrichtlinie formulierte sicherheitsrechtliche Prävention. Beide Richtlinien sind entscheidende Eckpfeiler bei der Gentechnikregulierung in Europa. In erster Linie wurde die Richtlinie vom 23. April 1990 über die Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen (90/219/EWG), sog. EG-Systemrichtlinie145, durch die Richtlinie des Rates vom 26. Oktober 1998 zur Änderung der Richtlinie 90/219/EWG über die Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen 98/81/EG146 umfassend novelliert. Die andere Richtlinie über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt (90/220/EWG), 145 90/219/EWG, ABl. EG Nr. L 117/1 vom 8. 5. 1990. Im Einzelnen dazu bei Schenek, S. 149 ff.; Zivier, S. 128 ff. s. auch http://www.gentechnik.gv.at/gentechnik/ gesetz/gesetz_system.html. 146 ABl. EG Nr. L 330/13 vom 5. 12. 1998. Danach sind die Art. 1, 17 und 21 bis 23 Richtlinie unverändert geblieben. Vor allem ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 2 Richtlinie 98/81/EG ein genetisch veränderter Mikroorganismus einen solchen Mikroorganismus darstellt, dessen genetisches Material in einer Weise verändert worden ist, wie es unter natürlichen Bedingungen durch Kreuzung bzw. natürliche Rekombination nicht vorkommt. Anwendung in geschlossenen Systemen bezeichnet eine Tätigkeit, bei der Mikroorganismen genetisch verändert werden oder gentechnisch veränderte Mikroorganismen vermehrt, gelagert, transportiert, zerstört, beseitigt oder in anderer Weise verwendet werden und bei der spezifische Einschließungsmaßnahmen angewendet werden, um ihren Kontakt mit der Bevölkerung und der Umwelt zu begrenzen. Ferner ist im Art. 5 vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten sicher stellen, dass alle angemessenen Maßnahmen getroffen werden, damit die Anwendung von gentechnisch veränderten Mikroorganismen in geschlossenen Systemen keine nachteiligen Folgen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt hat. Nach diesem Vertrag unterliegen Umweltmaßnahmen der Gemeinschaft dem Grundsatz, Umweltbeeinträchti-

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sog. EG-Freisetzungsrichtlinie, wurde am 23. April 1990 veröffentlicht147. Aber die EG-Freisetzungsrichtlinie 90/220/EWG148 wurde noch revidiert, und am 14. und 15. Februar 2001 wurde eine neue Richtlinie von dem Europäischen Parlament und Rat endgültig angenommen, nämlich die Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates149. Die neue Fassung sollte bis zum 17. Oktober 2002 in nationales Recht umgesetzt werden150. bb) EG-Systemrichtlinie Die EG-Systemrichtlinie regelt die Anwendung gentechnisch veränderter Organismen in geschlossenen Systemen. Gemäß Art. 1 liegt der Zweck der Richtlinie in dem Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt. Die Vorschrift des EG-Vertrags, die die rechtliche Grundlage der Systemrichtlinie bildet, ist Art. 175 (ex-Art. 130s) EGV151. Außerdem ist im Art. 176 (ex-Art. 130t) EGV vorgesehen, dass der Erlass der EG-Systemrichtlinie (90/219/EWG) die Mitgliedstaaten nicht daran hindert, verstärkte Schutzmaßnahmen zum Umweltschutz im Bereich der Anwendung gentechnisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen beizubehalten oder zu ergreifen. Danach sind Abweichungen von der Richtlinie zulässig, sofern sie auf einen weitergehenden Schutz der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt hinauslaufen und andere Vorschriften des EGV nicht verletzt werden152. Man geht davon aus, dass die Systemrichtlinie die Humangenetik nicht regelt, da sie gemäß Art. 1 nicht Makroorganismen, sondern nur Mikroorganismen in ihren Anwendungsbereich gungen vorzubeugen, und haben zum Ziel, die Umwelt zu erhalten, zu schützen und zu verbessern sowie die menschliche Gesundheit zu schützen. 147 90/219/EWG, ABl. EG Nr. L 117/15 vom 8. 5. 1990; Einzelheiten dazu bei Schenek, S. 156–162; Zivier, S. 74 ff. 148 Ebenso wie die Systemrichtlinie war die Freisetzungsrichtlinie bis zum 23. 10. 1991 von den Mitgliedstaaten umzusetzen. Aber nur ein Teil der Mitgliedstaaten hatte im August 1993 die Freisetzungsrichtlinie umgesetzt. Völlig umgesetzt war die Richtlinie zu diesem Zeitpunkt lediglich von Großbritannien, den Niederlanden, Dänemark und Deutschland. In den anderen Mitgliedstaaten war die Umsetzung unterschiedlich weit fortgeschritten, vgl. Schenek, S. 162. 149 Die neue Fassung war bis zum 17. 10. 2002 in nationales Recht umzusetzen, vgl. Amtsblatt Nr. L 106/1 vom 17. 4. 2001; s. auch http://europa.eu.int/. 150 Herdegen, IP-GenTR/Einführung. Hierbei werden Rechtsregelungen in Bezug auf Gentechnikrecht vor allem in den USA, Japan und europäischen Ländern, und zwar BRD, Frankreich, Belgien, Großbritannien und den Niederlanden ausführlich behandelt. 151 EG-Recht/Erläuterung 2. Richtlinie (2001/18/EG) in: Herdegen, IP-GenTR. Darin wird die Entstehungsgeschichte der EG-Freisetzungsrichtlinie ausführlich erklärt. 152 Zivier, S. 71.

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einbezieht. Hinzuweisen ist ferner darauf, dass sie nicht auf die Förderung der Gentechnik abzielt, sich insofern vom Gentechnikgesetz unterscheidet153. Im Hinblick auf erforderliche Anpassungen an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt war die EG-Systemrichtlinie unzureichend154, aber nach Art. 22 EG-Systemrichtlinie verpflichteten sich die EG-Mitgliedstaaten dazu, die Richtlinie bis zum 23. Oktober 1991 in nationales Recht umzusetzen155. Diese Systemrichtlinie wurde am 26. Oktober 1998 geändert, um die Umwelt zu schützen und zu verbessern sowie um die menschliche Gesundheit zu schützen156. cc) EG-Freisetzungsrichtlinie Die EG-Freisetzungsrichtlinie betrifft die absichtliche Freisetzung und das Inverkehrbringen gentechnisch veränderter Organismen (GVO)157. Ihre Regelungen beruhen auf Art. 95 (ex-Art. 100a) EGV158 und überschreiten somit nicht die Kompetenzregelungen der EGV. Die Mitgliedstaaten setzen in ihren Regelungen die Mindeststandards fest, die damit verbindlich sind159. Gemäß Art. 1 ist Ziel der Freisetzungsrichtlinie die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der EG-Mitgliedstaaten und der Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt: (a) bei der absichtlichen Freisetzung genetisch verän153 Bei dem Gentechnikgesetz handelt es sich nicht nur um ein reines Gefahrenabwehrgesetz, sondern auch um ein Gesetz, das die Gentechnologie fördern soll, siehe § 1 des deutschen GenTG. Nach der amtlichen Begründung zum Gentechnikgesetz soll letzterer Schutzzweck des Gesetzes im Vordergrund stehen, vgl. Eberbach/Lange, § 1 GenTG Rdnr. 1. 154 Auch Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament „Förderung eines wettbewerbsorientierten Umfelds für die industrielle Anwendung der Biotechnologie in der Gemeinschaft“ vom 19. 4. 1991, SEK (91) 629 endg.; Nach der Verabschiedung der EG-Systemrichtlinie hat die europäische biotechnologische Industrie starke Kritik am gemeinschaftlichen Regulierungsrahmen geübt. Nach dieser Kritik könne die fortdauernde und übermäßige Regulierung der Gentechnologie auf eine Abwanderung der betroffenen Unternehmen ins Ausland hinauslaufen, vgl. Herdegen, IP-GenTR, EG-Recht/Erläuterung, 90/219/EWG Rdnr. 6, 44. 155 1993 war die Richtlinie nur in Großbritannien, Dänemark und Deutschland vollständig umgesetzt, und in Irland, Italien, Luxemburg, Spanien, Portugal und in den Niederlanden war die Materie zum Teil in Rahmensregelungen erfasst, und zum Teil war das Gesetzgebungsverfahren unterschiedlich fortgeschritten, vgl. Schenek, S. 156. 156 ABl. EG Nr. L 330/13 vom 5. 12. 1998. 157 Der Begriff „Organismus“ erfasst das gesamte Spektrum von Mikroorganismen einschließlich Viren, Viroide bis zu Pflanzen und Tieren einschließlich der Eizellen, Saaten, Pollen, Zell- und Gewebekulturen von Pflanzen und Tieren, vgl. EG-Kommission/GD XI, Handbook for the Implementation of Directive 90/220/EEC on the Deliberate Release into the Environment of Genetically Modified Organisms, Vol. I (May 1992), S. 15 ff.: Explanatroy Notes (XI/401/91-Rev.2), Art. 2 (1); Einzelheiten zu den Begriffen „Produkt“ bzw. „Inverkehrbringen“ bei Schenek, S. 159 ff. 158 Einleitung der EG-Freisetzungsrichtlinie (erster Satz). 159 Zivier, S. 71 ff.

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derter Organismen in die Umwelt; (b) beim Inverkehrbringen von Produkten, die genetisch veränderte Organismen enthalten oder aus solchen bestehen, wobei die Produkte und die Organismen zur absichtlichen Freisetzung in die Umwelt bestimmt sind. Die neue Fassung 2001/18/EG regelt die Freisetzung und das Inverkehrbringen von GVO, wobei die Grundsätze der Nachhaltigkeit sowie eines vorbeugenden Gesundheits- und Umweltschutzes berücksichtigt werden sollen. In erster Linie regelt die Richtlinie 2001/18/EG das Verfahren, in welchem eine absichtliche Freisetzung von GVO in die Umwelt genehmigt werden kann. Jedoch ist ihr Zweck nur auf das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft beschränkt. Hierbei wird man darauf aufmerksam, dass sich die Richtlinie 2001/18/EG nicht nur auf die Freisetzung von GVO zu wissenschaftlichen oder Forschungszwecken, sondern auch auf das Inverkehrbringen zur kommerziellen Nutzung von GVO bezieht160. In Bezug auf Inverkehrbringen von GVO zu kommerziellen Zwecken führt die neue Richtlinie 2001/18/EG einige neue Regelungen ein. Eine davon ist, dass künftig alle Genehmigungen zum Inverkehrbringen von GVO auf zehn Jahre begrenzt werden161. Die neue Richtlinie zielt, wie schon erwähnt, auf Erweiterung des Geltungsbereichs der bestehenden Richtlinie 90/220/EWG über die absichtliche Freisetzung von GVO, auf klarere Festlegungen und auf Einbeziehung aller direkten und indirekten Umweltaspekte ab162. Außerdem ist für jede einzelne Freisetzung eines GVO in die Umwelt eine Genehmigung erforderlich. In der neuen Richtlinie sind Transparenz und Öffentlichkeit der Freisetzungsverfahren auffällig, d. h. bei allen Freisetzungsvorhaben muss die Öffentlichkeit informiert und angehört werden. Dafür müssen die EG-Mitgliedstaaten öffentliche Register anlegen, in dem die Orte der zugelassenen Freisetzungsversuche verzeichnet sind. Ferner werden alle Bewertungsberichte der nationalen Behörden veröffentlicht, und diese müssen an die zuständigen nationalen Behörden weitergeleitet werden. Zu beachten ist, dass der Informationsaustausch zwischen den nationalen Behörden und der EU-Kommission der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.

160 Ab 2005 wird kommerzielle Freisetzung von GVO mit Antibiotikaresistenzmarkern nicht mehr zulässig sein, während diese Frist bei Freisetzungen zu Forschungszwecken 2008 abläuft. Außerdem werden bis 31. 12. 2004 Schritt für Schritt bedenkliche Antibiotikaresistenzmarker in GVO-Produkten und bei Freisetzungen zu Forschungszwecken bis zum Ende 2008 entfernt, vgl. http://www.genfood.at/Service/ Rechtliches/654/index.html. 161 Im Einzelnen dazu bei ABl. L 106/1 vom 17. 4. 2001. 162 s. Begründung in: Bericht des Europäischen Parlaments über den vom Vermittlungsausschuss gebilligten gemeinsamen Entwurf einer Richtlinie des EP und des Rates über die Richtlinie 90/220/EWG vom 29. 1. 2001.

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dd) Fazit Die Freisetzungsrichtlinie und die Systemrichtlinie regeln das intendierte Freisetzen von GVO in die Umwelt163. Im Gegensatz zur Systemrichtlinie betrifft die Freisetzungsrichtlinie ferner sowohl Mikro- als auch Makroorganismen164. Es stellt sich allerdings die Frage, ob sie auch für die Humangenetik gelten soll, denn dieses Gebiet ist weder in der Präambel, noch in den Regelungen der Richtlinie erwähnt165. d) Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen aa) Kurze Geschichte der EU-Biorichtlinie Die Richtlinie 98/44/EG vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen (EU-Biorichtlinie) ist das Ergebnis zehnjähriger Arbeit und Diskussion um Grundsatzfragen der Patentierung von Lebewesen. Der ursprüngliche Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission wurde am 20. Oktober 1988166 beim Europäischen Parlament eingereicht, wurde aber vom Europäischen Parlament deshalb nicht angenommen, weil er keine Regelung in Bezug auf die ethischen Aspekte der Patentierung biotechnologischer Erfindungen enthielt. Bei dem ersten Richtlinienvorschlag handelte es sich insbesondere um die Nichtpatentierbarkeit von Teilen des menschlichen Körpers und um die Keimbahntherapie167.

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Schenek, S. 156. Art. 1 Abs. 1, 2 Nr. 1 und 2 der Freisetzungsrichtlinie. 165 Es spricht gegen eine Einbeziehung der Humangenetik in die Freisetzungsrichtlinie, dass diese einen engen Zusammenhang mit der EG-Systemrichtlinie hat, die die Humangenetik nicht enthält. Infolgedessen dürfte dem Bereich der EG-Freisetzungsrichtlinie die Humangenetik nicht zur Verfügung stehen, vgl. Hirsch/Schmidt-Didczuhn, Kommentar, § 2 Rdnr. 5. 166 Doc. KOM(88) 196 final – SYN 159, vom 17. 10. 1988, ABl. Nr. C vom 13. 1. 1989; 20 IIC 55 (1989). Die Meinung des Parlaments ist veröffentlicht in ABl. Nr. 150/10 vom 26. 1. 1989; ABl. Nr. C 305/173 vom 23. 11. 1992; die Antwort der EU-Kommission ist veröffentlicht in ABl. Nr. C 44/36 v. 16. 2. 1993 und die gemeinsame Position von Rat und Kommission in ABl. Nr. 101/65 v. 9. 4. 1994. Außerdem bestand immer noch Harmonisierungsbedarf, obwohl das EPÜ im Grunde ein einheitliches Patenterteilungsverfahren auf der europäischen Ebene vorschreibt. Denn das vom EPA erteilte Patent kann, insbesondere hinsichtlich der Wirkung, der jedwedes nationale Recht unterstellt ist, und nur vor den nationalen Gerichten angefochten werden. Mit Rücksicht darauf sollte die Richtlinie zum rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen den Schutzumfang weiterhin erstrecken und auch den Schutz der Menschenwürde berücksichtigen, dazu ausführlich bei Kienle, WRP 1998, 694. 167 Gemäß Art. 2 Abs. 3b des ersten Entwurfs wäre die Keimbahntherapie nicht als Verstoß gegen die Menschenwürde anzusehen gewesen, vgl. Straus, 26 IIC 945 (1995); Kienle, WRP 1998, 695. 164

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Von Anfang an ist der Vorschlag des Europäischen Parlaments auf Widerstand gestoßen, denn das Europäische Parlament bestand darauf, dass die Richtlinie auch ethische Schranken bezüglich der Patentierung von Bestandteilen des menschlichen Körpers und transgenen Tieren beachten musste. Beispielsweise seien Verfahren zur humanen Keimbahntherapie nicht ausdrücklich von der Patentierung ausgeschlossen worden, die Vorschriften seien bezüglich der Patentierung menschlichen Erbguts nicht genau genug gefasst und das Landwirteprivileg beziehe sich zu Unrecht nur auf die Pflanzenzucht168. Auf der Grundlage des Änderungsvorschlages des Europäischen Parlaments wurde ein geänderter Vorschlag am 16. Dezember 1992 von der Kommission vorgelegt169. Dieser Richtlinienvorschlag enthielt vor allem die ethische Aspekte betreffenden Bestimmungen, wonach solche Erfindungen deswegen vom Patentschutz ausgenommen wurden, weil sie nach Art. 2 Abs. 3 „ordre public“ und „gute Sitten“ verletzen. Dazu gehören der menschliche Körper und Teile davon als solche (lit. a), Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität des Menschen zu anderen als zu therapeutischen Zwecken und unter Verletzung der Menschenwürde (lit. b) sowie Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität von Tieren, wenn das Tier ohne Nutzen für den Menschen oder das Tier selbst leiden muss (lit. c)170. Im Hinblick auf die Patentierung des menschlichen Körpers hat die Kommission ausgeführt, dass ein Gen, dessen Funktion nicht bekannt ist, dem Patentschutz nicht zugänglich gemacht werden kann171. Der gemeinsame Standpunkt über die Patentierbarkeit von Bestandteilen des menschlichen Körpers wurde am 7. Februar 1994 vorgelegt172. Im gemeinsamen Standpunkt einigte man sich darauf, dass der menschliche Körper oder Teile davon als solche von der Patentierung ausgenommen werden müssten, während isolierte Bestandteile des menschlichen Körpers dem Patentschutz zu168 Dazu ausführlich bei Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen“, ABl. EPA Nr. C 295 v. 7. 10. 1996, S. 11 ff.; vgl. Herdegen, IP-GenTR, Internationale Praxis Gentechnikrecht I, EG-Recht/Erläuterung 6. Richtlinie (98/44/EG), 2000; Tritton, S. 114; Sterckx, EIPR 1998, 123 ff. Vor allem über Pflanzen siehe bei Lleweyln, EIPR 1997, 115 ff. 169 KOM (92) 589 endg.; ABl. EPA 1993, Nr. C 44/36. 170 Thurston, 6 EIPR 187 (1993); Oser, GRUR Int. 1998, 648 ff. 171 Dazu ausführlich bei Thurston, 187 ff. Nach seiner Angabe muss ein Gen, dessen Funktion unbekannt ist, bereits mangels Erfindungsqualität oder erfinderischer Tätigkeit vom Patentschutz ausgeschlossen werden, ohne dass eine ethische Erwägung vorgenommen wird. Bei diesem Vorschlag war es aber unklar, ob Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität des Menschen unter Verletzung der Menschenwürde generell von der Patentierbarkeit ausgenommen werden, unabhängig davon, ob sie therapeutischen Zwecken dienen, und ob die Keimbahntherapie darunter fallen würde. 172 ABl. 1994, C 101/65.

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gänglich zu machen seien, obgleich sie aus dem Menschen stammen. Aber die Teile des menschlichen Körpers selber blieben von der Patentierbarkeit ausgenommen173. Nicht patentierbar waren sowohl Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität des Menschen unter Verletzung der Menschenwürde, als auch Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität von Tieren, die geeignet sind, Leiden oder körperliche Beeinträchtigungen von Tieren, ohne wesentlichen Nutzen für den Menschen oder das Tier selbst, zu verursachen, sowie die mit Hilfe dieser Verfahren erzeugten Tiere174. Daraufhin führte der gemeinsame Standpunkt das Europäische Parlament zur zweiten Lesung175. Danach wurden insgesamt 15 Änderungen des gemeinsamen Standpunkts vom Ausschuss für Recht und Bürgerrechte des Europäischen Parlamentes vorgeschlagen, aber nur drei davon konnten vom Plenum des Parlaments verabschiedet werden. Danach sollten biotechnologische Erfindungen in Anbetracht der guten Sitten und der öffentlichen Ordnung beurteilt, und auch isolierte Teile des menschlichen Körpers dem Patentschutz nicht zugänglich gemacht werden176. Die Regierungsund Parlamentsvertreter verabschiedeten den gemeinsamen Entwurf am 23. Januar 1995, wonach Bestandteile des menschlichen Körpers, die gewerblich anwendbar und aus dem menschlichen Körper mittels eines technischen Verfahrens isoliert worden sind, nicht allein deshalb von der Patentierbarkeit ausgenommen werden sollten, weil sie vom Menschen stammen, selbst wenn ihre Struktur mit einem Bestandteil des menschlichen Körpers identisch ist177. Am 13. Dezember 1995 legte die Kommission nicht nur angesichts der ethischen Aspekte, sondern auch des großen Vorsprungs amerikanischer Firmen gegenüber den europäischen Unternehmen im biotechnologischen Bereich einen neuen Richtlinienvorschlag vor178. Dieser Vorschlag wurde von dem Europäischen Parlament mit einigen Änderungen befürwortet. Nach erneuter Überarbeitung übermittelte die Kommission den geänderten Vorschlag179 dem Ministerrat. Zur Konkretisierung des Patentierungsverbots beachtet der neue Richtlinienvorschlag sowohl die Methoden der Keimbahntherapie zur Anwendung am Menschen und Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität von Tieren, die geeignet sind, Leiden oder körperliche Beeinträchtigungen der Tiere ohne we173 Straus (1997), S. 30 f.; Rothley, GRUR Int. 1995, 482; Nott, 5 EIPR 191 f. (1994). 174 Art. 2 Abs. 3 Nr. b und c. 175 Der gemeinsame Standpunkt wurde von Dänemark, Spanien und Luxemburg abgelehnt, dazu ausführlich bei Moynihan, Patent World, April 1994, 24 f. 176 ABl. C 205 vom 25. Juli 1994; vgl. Roberts, 11 EIPR D-229 (1994); Roberts (1995), 30. 177 KOM (95) 661 endg., S. 12; Roberts (1995), 30. 178 In diesem Vorschlag kam zum Ausdruck, dass die Keimbahngentherapie ethisch unerträglich und daher von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sei. ABl. Nr. C 296/4 vom 8. 10. 1996; vgl. Rothely, GRUR Int. 1995, 482. 179 ABl. Nr. C 311/12 v. 11. 10. 1997.

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sentlichen Nutzen für den Menschen oder das Tier zu verursachen, als auch die mit Hilfe dieser Verfahren erzeugten Tiere, sofern die Leiden oder körperlichen Beeinträchtigungen der Tiere in keinem Verhältnis zu dem verfolgten Zweck stehen (Art. 9 Ziff. 2 (b)). Dieser neue Kommissionsvorschlag hat ohne Widerstand des Europäischen Parlaments die Möglichkeit der Patentierung isolierter menschlicher Gene grundsätzlich zugelassen. Am 29. August 1997 wurde ein geänderter Richtlinienvorschlag von der Kommission vorgelegt180, der sich überwiegend auf Erfindungen bezieht, deren Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstoßen würde. Beispielsweise sind die von der Patentierung ausgenommenen Erfindungen genannt: Verfahren zum Klonen von Menschen sowie Methoden, bei denen von menschlichen Embryonen Gebrauch gemacht wird. Danach wurde der Vorschlag des Europäischen Parlaments, neue Bestimmungen in den Richtlinienvorschlag aufzunehmen, von der Kommission abgelehnt, da Art. 8a Abs. 1 über die internationalen Verpflichtungen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt hinausgehe und mit Art. 8a Abs. 2 insbesondere die Anforderungen hinsichtlich des Schutzes personenbezogener Daten nicht erfüllt würden181. Schließlich haben Parlament und Rat der Europäischen Union auf der Grundlage des gemeinsamen Standpunktes182 vom 26. Februar 1998 die Richtlinie 98/ 44/EG über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen erlassen. Daraufhin ist sie am 30. Juli 1998 in Kraft getreten und sollte spätestens bis zum 30. Juli 2000 in nationales Recht umgesetzt werden, es sei denn, Einwände würden dagegen erhoben. Die EU-Kommission hat inzwischen alle zögerlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgefordert, die Richtlinie 180

KOM (97) 446 endg.; ABl. 1997, Nr. C 311/12; vgl. Straus, GRUR Int. 1998,

1 ff. 181 Der Vorschlag des Europäischen Parlaments enthält zwei bemerkenswerte Vorschriften. Nach Art. 8a Abs. 1 können Erfindungen, die biologisches Material pflanzlichen oder tierischen Ursprungs betreffen, nur patentiert werden, wenn in der Patentschrift der geographische Ursprungsort des Materials angegeben wird und der Patentanmelder gegenüber den Patentbehörden den Nachweis führt, dass das Material in Übereinstimmung mit den am Ursprungsort geltenden Vorschriften über Zugang und Ausfuhr verwendet wurde. Art. 8a Abs. 2 sieht vor, dass die Patentierung von Erfindungen, die sich auf biologisches Material menschlichen Ursprungs beziehen, davon abhängig gemacht werden, dass die Patentanmeldung den Namen und die Adresse der betreffenden Person enthält und der Anmelder gegenüber dem Patentamt nachweist, dass sowohl die Nutzung des Materials, als auch die Patentanmeldung aufgrund einer freiwilligen und auf Kenntnis der Sachlage beruhenden Vereinbarung mit dieser Person erfolgte. Dieser Vorschlag wurde von der Kommission abgelehnt, dazu ausführlich bei Straus, GRUR Int. 1998, 1 ff.; ABl. 1998 Nr. C 110/29, Nr. 25. 182 ABl. Nr. C 110/17 vom 8. 4. 1998. Überdies Beschluss des Europäischen Parlaments v. 12. 5. 1998 (ABl. C 167 v. 1. 6. 1998) und Beschluss des Rates vom 16. 6. 1998. Bei diesem gemeinsamen Standpunkt ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass der Rat einige wichtige Elemente des Vorschlages des Europäischen Parlaments in die Erwägungsgründe 26 (sog. informed consent) und 27 übernahm.

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in nationales Gesetz umzusetzen, andernfalls drohe ein Verfahren wegen Vertragsverletzung183. bb) Rechtsgrundlage und Zweck der EU-Biorichtlinie Als Rechtsgrundlage basiert die Richtlinie des Europäischen Rates über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen auf Art. 100a EGV, der auf Rechtsangleichung bezüglich des Binnenmarktes abzielt. Die Richtlinie verfügt über 56 Erwägungsgründe und 18 Artikel. In diesen sind bestimmte Grundsätze für die Patentierbarkeit biologischen Materials niedergelegt. Vor allem im Rechtsrahmen dessen, was aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder der guten Sitten von der Patentierung ausgeschlossen ist, haben die Mitgliedstaaten biotechnologische Erfindungen durch das nationale Patentrecht unter Schutz zu stellen und dieses gegebenenfalls anzupassen. Nach dem Erwägungsgrund 8 der EU-Biorichtlinie ist darauf besonders hinzuweisen, dass die Richtlinie anstelle des nationalen Patentrechts kein völlig neues Patentrecht für Lebewesen einführt, sondern die bestehende Regelung des allgemeinen Erfindungspatentrechts aufgreift und auf dem Patentrecht der Mitgliedstaaten aufbaut. Mit anderen Worten geht es nicht um einen Neubau, sondern um einen harmonisierten Umund Ausbau des geltenden Patentrechts184. Somit gilt das bisherige nationale Patentrecht auch für biotechnologische Erfindungen weiter, soweit die Richtlinie keine anderen Regelungen trifft. Ziel der EU-Biorichtlinie ist es, gemeinschaftsweit harmonisierte Regelungen für die Patentierung von Innovationen auf dem Gebiet der belebten Natur festzulegen und eindeutige Vorschriften zu den Patentierungsverboten im Zusammenhang mit biotechnologischen Erfindungen in das Patentgesetz aufzunehmen185. Mit der EU-Biorichtlinie wird auch der Versuch unternommen, sowohl den potentiellen Investoren die erforderliche Rechtssicherheit zu verschaffen als auch die ethischen Bedenken unserer Gesellschaft zu berücksichtigen186. 183 Art. 226 (ex-Art. 169) EGV sieht ein Vertragsverletzungsverfahren vor, wonach die Kommission dem Staat zuvor Gelegenheit zur Äußerung geben muss, wenn nach der Auffassung der Kommission ein Mitgliedstaat gegen eine Verpflichtung aus dem EG-Vertrag verstoßen hat. Gemäß Art. 228 EGV hat ein Mitgliedstaat die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergeben, wenn der EuGH feststellt, dass dieser Staat gegen eine Verpflichtung aus dem EGV verstoßen hat. Stellt der EuGH fest, dass der betreffende Mitgliedstaat seinem Urteil nicht nachgekommen ist, so kann er die Zahlung eines Pauschalbetrags oder Zwangsgeldes verhängen. s. SZ v. 14. 2. 2001 „Patent-Richtlinie vor dem EU-Gerichtshof“, http://www.sueddeutsche. de/aktuell (am 18. 2. 2001 aufgerufen). 184 Luttermann, RIW 1998, 917. 185 Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen vom Bundesministerium der Justiz v. 18. 10. 2000. Siehe http://www.bmj.bund.de/images/10239.pdf.

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Bei noch genauerer Betrachtung kann man auf verschiedene Zielrichtungen der EU-Biorichtlinie abstellen, insbesondere auf den juristischen, den wirtschaftlich-technischen und den ethischen Zweck187. Der juristische Zweck der EUBiorichtlinie liegt darin, harmonisierte und verbesserte Normen für den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen zu schaffen; der wirtschaftlichtechnische Zweck besteht darin, Erfinder und Investoren durch einen effizienten Patentschutz für biotechnologische Erfindungen zu belohnen und dadurch einen Anreiz für technische Innovation zu schaffen und das Wirtschaftswachstum zu stimulieren188; auf ethischer Ebene stellt sich die Frage, ob einem technischen Verfahren moralische Einwände entgegenstehen. In Bezug auf ethische Fragen schlägt sich in Art. 6 Abs. 1 der EU-Biorichtlinie eindeutig nieder, dass Erfindungen, deren gewerbliche Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstößt, von der Patentierbarkeit ausgenommen sind. Dazu nennt Art. 6 Abs. 2 der EU-Biorichtlinie vier Beispiele189. Außerdem geht der Erwägungsgrund 36 der EU-Biorichtlinie davon aus, dass dieser Artikel Art. 27 Abs. 2 TRIPS wörtlich entspricht190. Ferner bewertet gemäß Art. 7 EU-Biorichtlinie eine sog. Europäische Gruppe für Ethik der Naturwissenschaften und der Neuen Technologien der Kommission alle ethischen Aspekte im Zusammenhang mit der Biotechnologie. In diesem Zusammenhang kann aber die Befassung dieser Gruppe auch im Bereich des Patentrechts nur die Bewertung der Biotechnologie anhand grundlegender ethischer Prinzipien zum Gegenstand haben191. cc) Einsprüche gegen die EU-Biorichtlinie Am 19. Oktober 1998 hat das Königreich der Niederlände gemäß Art. 230 EGV eine Klage gegen das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Gemeinschaften beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingelegt und beantragt192, dass die Richtlinie 98/44/EG mit folgenden Argumenten für nichtig zu erklären sei: eine Wahl des Artikels 100a EGV als Rechtsgrundlage der 186

Feuerlein, GRUR 2001, 561. Flammer (1999), Biotechnologische Erfindungen, S. 22. 188 Flammer (1999), Biotechnologische Erfindungen, S. 22 ff. 189 Darüber wird in der vorliegenden Arbeit später umgehend behandelt. 190 Laut diesem Artikel können die Mitglieder Erfindungen von der Patentierbarkeit ausschließen, wenn die Verhinderung ihrer gewerblichen Verwertung in ihrem Hoheitsgebiet zum Schutz der öffentlichen Ordnung oder der guten Sitten einschließlich des Schutzes des Lebens oder der Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen oder zur Vermeidung einer ernsten Schädigung der Umwelt notwendig ist, vorausgesetzt, dass ein solcher Ausschluss nicht nur deshalb vorgenommen wird, weil die Verwertung durch innerstaatliches Recht verboten ist. 191 Art. 44 Erwägungsgrund. 192 ABl. EPA 2002, 231. 187

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Richtlinie sei irrtümlich, die Richtlinie verstoße gegen Art. 5 (ex-Art. 3b) EGV (Subsidiaritätsprinzip), gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, gegen wesentliche Verfahrensvorschriften bei der Annahme des Vorschlags der Kommission und verletze völkerrechtliche Verpflichtungen sowie die Menschenwürde. Darum haben die Niederlande darauf beharrt, dass die Richtlinie keine Harmonisierung der nationalen patentrechtlichen Grundsätze bezwecke und über eine derartige Harmonisierung hinausgehe, indem sie neue gemeinschaftsrechtliche Patente schaffe, und deshalb hätte nicht Art. 95 EGV als Rechtsgrundlage gewählt werden dürfen. Ferner beseitige die Richtlinie keine etwaige Unsicherheit bezüglich der Patentierung biotechnologischer Erfindungen, sondern schaffe vielmehr neue Unsicherheiten. Überdies habe die Richtlinie gegen das EPÜ, das Übereinkommen über die biologische Vielfalt und das TRIPS-Abkommen verstoßen. Außerdem verletze die Richtlinie die Menschenwürde, da der menschliche Körper Träger der Menschenwürde sei, aber trotzdem solle nach der Richtlinie die Patentierung isolierter Teile des menschlichen Körpers möglich sein. Die Richtlinie verletze auch das Selbstbestimmungsrecht der Patienten, denn ein Patient könne ohne sein Wissen und somit ohne seine Zustimmung mit derartigen Material behandelt werden, obwohl er eine solche Behandlung abgelehnt hätte, wenn er darüber informiert worden wäre. Darüber hinaus verstoße die Richtlinie gegen Art. 95 EGV in Verbindung mit Art. 251 EGV, denn der Vorschlag der Kommission hätte vom Kollegium festgestellt werden müssen, und ihr Wortlaut hätte allen ihren Mitgliedern in allen Amtssprachen der Gemeinschaften zur Verfügung stehen müssen. Die Italienische Republik und das Königreich Norwegen haben sich auch an dieser Klage beteiligt und sind mit Beschlüssen des Präsidenten des Gerichtshofs vom 3. Mai 1999 als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Königreichs der Niederlande zugelassen worden193. Diese Klage hat aber keine aufschiebende Wirkung und berührt die Verpflichtung zur pünktlichen Umsetzung der Richtlinie nicht. dd) Entscheidung des EuGH über die Einsprüche Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat eine Entscheidung getroffen, wonach die Klage gegen die EU-Biorichtlinie zurückgewiesen wird194, da die Richtlinie das Hauptziel einer Vereinheitlichung der Voraussetzungen für die Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen verfolgt und darum vor allem zu Recht auf Grund von Art. 95 (ex-Art. 100a) EGV zur Harmonisierung des Binnenmarktes erlassen worden ist. Nach seiner Entscheidung hat der EuGH auch darauf hingewiesen, dass die Richtlinie 98/44/EG nicht gegen den 193 EuGH Urteil v. 9. 10. 2001 – Rs. C-377/98, siehe EuZW 2001, 691; ABl. EPA 2002, 231. 194 s. L 377/98 „Opinion“ v. 14. 6. 2001. Dazu ausführlich http://www.iprhelpdesk.org/.

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Grundsatz der Rechtssicherheit verstößt, auch wenn sie zur Ausführung auf die bekannten Begriffe wie „öffentliche Ordnung“ oder „die guten Sitten“ in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten verweist. Ferner entschied das Gericht, dass die völkerrechtlichen Verpflichtungen wie TRIPS oder EPÜ die Vertragsstaaten nicht hindern, die Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen durch eine Gemeinschaftsrichtlinie zu koordinieren. Auch kann die Patentierbarkeit isolierter Bestandteile des menschlichen Körpers nur dann zur Erteilung eines Patents führen, wenn die Anmeldung eine Beschreibung einerseits der neuen Methode der Sequenzierung, die zu der Erfindung geführt hat, und andererseits der gewerblichen Anwendung umfasst. Der EuGH hat daneben hervorgehoben, dass durch die Richtlinie 98/44/EG das Patentrecht bezüglich der lebenden Materie menschlichen Ursprungs so streng gefasst wird, dass der menschliche Körper unverfügbar und unveräußerlich bleibt und somit die Menschenwürde gewahrt wird195. Die Entscheidung über diese Klage wird aller Wahrscheinlichkeit nach ein Meilenstein im biotechnologischen Bereich in Europa sein. ee) Anpassung der EU-Biorichtlinie an das EPÜ Für alle Vertragsstaaten des EPÜ ist die EU-Biorichtlinie unmittelbar verbindlich196. Gemäß Art. 1 Abs. 2 EU-Biorichtlinie haben internationale Übereinkommen, z. B. das TRIPS-Übereinkommen197 und das Übereinkommen über die biologische Vielfalt, Vorrang. Im Gegensatz zum TRIPS-Übereinkommen verpflichtet das EPÜ die Vertragsstaaten nicht dazu, das nationale Patentrecht seinen Regeln zu unterwerfen. Nach der überwiegenden Auffassung bindet zwar die EU-Biorichtlinie die Instanzen des EPA nicht unmittelbar, aber bei der Auslegung des EPÜ sollte der Rechtssicherheit und einer europäischen Harmonisierung im Bereich des Patentrechts Rechnung getragen werden198.

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EuGH, Urt. V. 9. 10. 2001 – Rs. C-377/98; EuZW 2001, 691. Neben den 15 EU-Mitgliedstaaten, die gleichzeitig Vertragsstaaten des EPÜ sind, bindet die EG-Richtlinie – mit Ausnahme der Schweiz, Monako und Zypern – im Rahmen des EWR-Vertrags von 1958 auch Lichtenstein. Gemäß Art. 94 (exArt. 100) EWG-Vertrag wurde die Möglichkeit einer Richtlinie in Bezug auf die Harmonisierung der nationalen Patentgesetzgebung der Mitgliedstaaten zuerst erklärt, nämlich der Rat erlässt die Richtlinien für die Angleichung derjenigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die sich unmittelbar auf die Errichtung oder das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes auswirken, dazu weitergehend Dybdahl, S. 8 ff. 197 Das TRIPS-Übereinkommen schreibt einen Mindestschutz vor. Nach Art. 1 Abs. 1 TRIPS-Übereinkommen wenden die Mitglieder die Bestimmungen des Übereinkommens an. Die Mitglieder dürfen in ihr Recht einen umfassenden Schutz als den durch das Übereinkommen geforderten aufnehmen, vorausgesetzt, dieser Schutz läuft dem Übereinkommen nicht zuwider und sie sind dazu aber nicht verpflichtet. 198 Oser, GRUR Int. 1998, 648 ff.; Fuchs, JZ 1999, 605 f.; Baldock, Patent World, 20; Rogge, GRUR 1998, 309 ff. Nach der Auffassung von Straus ist die EU-Bioricht196

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Innerhalb des EPÜ beziehen sich die in Art. 52 und 53 EPÜ statuierten Patentierbarkeitserfordernisse unmittelbar auch auf biotechnologische Erfindungen. Sie sind allgemeine Bestimmungen und enthalten folglich einen Auslegungsspielraum. Nach Erlass der EU-Biorichtlinie hat der Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation (EPO) mit Beschluss vom 16. Juni 1999 die Ausführungsordnung (AO) zum EPÜ um ein biotechnologische Erfindungen betreffendes neues Kapitels VI (Regeln 23b–23e) ergänzt und Regel 28 Abs. 6 neu gefasst. Die Ausführungsordnung ist den Vorschriften des EPÜ untergeordnet. Die neuen Bestimmungen sind am 1. September 1999 in Kraft getreten und setzen die Vorgaben der EU-Biorichtlinie in das europäische Patentrecht um. Die EU-Biorichtlinie ist von den EU-Mitgliedstaaten in das nationale Recht umzusetzen, für die Europäische Patentorganisation besteht eine solche förmliche Verpflichtung nicht. Die Notwendigkeit, das europäische Patentrecht trotzdem an die Richtlinie anzupassen, ergibt sich vor allem aus dem Gebot, die Einheitlichkeit des harmonisierten europäischen Patentrechts zu bewahren199. Beispielsweise bestimmt Art. 53 EPÜ eine allgemeine Ausnahmeregelung von der Patentierbarkeit. Darauf beruhen sowohl die EU-Biorichtlinie, als auch die neuen Regeln 23b bis 23e EPÜ. Art. 53 a) EPÜ behandelt die Beziehung des Patentrechts zu ethischen Fragen. Hierbei ist es darauf hinzuweisen, dass die Regeln 23b bis 23e EPÜ die EU-Biorichtlinie wörtlich übernommen haben. Dementsprechend behandeln die Regeln 23b bis 23e EPÜ eingehend biotechnologische Erfindungen, die aber im Lichte der EU-Biorichtlinie auszulegen sind. Auf der Ebene des europäischen Patentrechts konnte und musste die Richtlinie naturgemäß nur im Rahmen des Regelungsbereichs des EPÜ umgesetzt werden200. e) Übereinkommen in Bezug auf Tiere Weder auf europäischer noch auf internationaler Ebene findet man ein Übereinkommen bezüglich Tiererfindungen vergleichbar dem UPOV-Übereinkommen. Mit anderen Worten ist weder ein konkreter Sonderschutz noch, so scheint es, ein besonders ausgeprägtes Schutzbedürfnis vorhanden201. Im EPÜ befinden sich bereits einige Vorschriften über Tiererfindungen. In Art. 53 b) EPÜ, nach dem Patente nicht für Pflanzensorten und Tierarten erteilt werden, sind Pflanzen und Tiere in identischer Weise behandelt202. Im Falle des Schutzes von Tiererfindungen besteht kein Problem des Doppelschutzverbotes wie bei Pflanzenlinie als „spätere Praxis“ der EPÜ-Vertragsstaaten i. S. von Art. 31 Abs. 3 Nr. b der Wiener Vertragskonvention zu berücksichtigen, Straus, GRUR Int. 1998, 8 ff. 199 EPA 1999, 437; ABl. EPA 1999, 573. 200 EPA 1999, 573 Nr. 5. 201 Straus, GRUR 1992, 259. 202 Straus (1989), S. 21.

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erfindungen. Außerdem besagt die Ausnahme von der Patentierbarkeit im Art. 53 a) EPÜ, dass man auch der sozialen und ethischen Sicht im Patentsystem Rechnung tragen kann203. Es ist schon unlogisch, dass bei der Auslegung des Art. 53 a) und b) EPÜ Tiererfindungen nur aus ethischen Gründen von der Patentierung auszunehmen sind. Dies wäre weder im Allgemeinen sachlich begründet, noch entspräche es dem ursprünglichen Vorhaben der Mitgliedstaaten innerhalb der europäischen Union204. Gemäß Art. 64 Abs. 2 EPÜ erstreckt sich der Schutz des europäischen Patents auf die durch das Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugnisse. Im Vergleich zum Pflanzenzüchtungsverfahren205 sprechen im Bereich von Tierzüchtungsverfahren die überwiegenden Gründe für eine Schutzrechtserstreckung auf gezüchtete Tiere als unmittelbare Verfahrenserzeugnisse206. Darüber hinaus besitzt ein Teil von Ländern eigene Vorschriften über Tiererfindungen. Zum Beispiel kommt im ungarischen Patentgesetz der Schutz für Tiererfindungen unter gewissen Voraussetzungen in Betracht207. Außerdem sind in Bulgarien, Rumänien und der ehemaligen UdSSR Schutzrechte für Tierzüchtungen vorgesehen208. Im koreanischen Patentgesetz findet sich keine Vorschrift über den Schutz für Tiererfindungen. Erst die KBioRL, die im Jahre 1998 veröffentlicht worden ist, enthält Regelungen über den Schutz für Tiererfindungen.

III. Der rechtliche Schutz biotechnologischer Erfindungen in Deutschland 1. Überblick Die ersten biotechnologischen Erfindungen betrafen Pflanzenzüchtungen209. Nachdem bereits 1913 ein Patent für Züchtungsverfahren erteilt worden war210, 203

Straus (1989), S. 19. Straus (1989), S. 21. 205 Demgegenüber ist es im Bereich der Pflanzenzüchtungsverfahren umstritten, welche Auswirkungen das Patentierungsverbot für Pflanzensorten bzw. Tierarten auf den Schutz der unmittelbaren Verfahrenserzeugnisse besitzt. Nach der Meinung von Straus könnte ein Patent für ein Pflanzenzüchtungsverfahren trotz Art. 64 Abs. 2 EPÜ keinen Schutz für bei der Anwendung des Verfahrens erzeugte Sorten vermitteln, vgl. Straus, GRUR Int. 1983, 591 (594); Deutsch, ZRP 1985, 73 (75). Demgegenüber hat v. Pechmann die andere Meinung vertreten, dass unter dem Stoffschutzverbot man einhellig davon ausgegangen sei, dass sich der Schutz eines Herstellungsverfahrens für diese Stoff auch auf die unmittelbaren Verfahrensprodukte erstreckte. Die heutige Rechtslage muss entsprechend beurteilt werden, v. Pechmann, GRUR 1985, 717 (723). 206 Moufang (1988), S. 380 ff. 207 Art. 110 bis 114 des ungarischen Patentgesetzes. s. http://www.mszh.hu/English/ ipjvtv/e9533.html. 208 Moufang (1988), S. 217; Straus (1989), S. 19 (20). 204

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hat das Reichspatentamt (RPA) in einer Entscheidung vom 12. Juni 1914 den Anwendungsbereich des Patentgesetzes sehr restriktiv interpretiert211. Seinerzeit wurden durch drei Entscheidungen des Beschwerdesenats des Reichspatentamts (RPA) Patentrechte auf pflanzengenetische Erfindungen zugelassen, z. B. auf Saatgut212. Aber den damaligen Pflanzenpatenten standen, wie deren Gegner kritisierten213, immer noch die Fragen um technischen Charakter, Wiederholbarkeit und gewerbliche Verwertbarkeit von Pflanzenzüchtungen sowie um Schwierigkeiten bei der Offenbarung und bei der Abgrenzung des Schutzumfangs entgegen214. Unter diesen Umständen entwickelte sich bereits im Jahr 1930 aufgrund der zunehmenden volkswirtschaftlichen Bedeutung neu gezüchteter Pflanzensorten der erste Entwurf eines „Saat- und Pflanzenschutzgesetzes“215, das wesentliche Grundgedanken der späteren Sortenschutzrechte einschloss216. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Deutsche Patentamt (DPA)217 in München gegründet, welches Patente auf Pflanzenzüchtungen erteilte218, d. h. 209

Moufang (1988), S. 81. Quade, GRUR 1913, 2 f. 211 Das Patentgesetz habe nur solche Erfindungen im Auge, welche dem Gebiete der Technik angehören, d. h. Erfindungen, welche . . . willkürliche Einwirkungen der äußeren menschlichen Machtmittel auf leblose Dinge zum Gegenstand haben. Aber auch sonstige Verfahren, deren Erfolg wesentlich auf der selbsttätigen Funktion der lebenden Natur beruht, seien dem Patentschutz nicht zugänglich, BlPMZ 1914, 257. Einzelheiten dazu bei Moufang (1988), S. 81. 212 Gegen die damalige Patentamtspraxis haben diese Entscheidungen Stellung genommen und Erfindungen auf dem Gebiet der Pflanzengenetik grundsätzlich für zulässig erklärt. Alle drei Entscheidungen vom 31. 10. 1934, vom 20. 12. 1934 und vom 29. 6. 1936 bezogen sich auf Saatgut, Mitt. 1936, 94; Mitt. 1936, 95; Mitt. 1936, 286 ff. 213 Trenck, GRUR 1939, 437(435). Er vertrat die feste Überzeugung, dass das Patentgesetz eben für lebendige Dinge nicht gemacht und nicht geeignet gewesen sei; vgl. Gissel, Patentfähigkeit von Pflanzenzüchtungsverfahren und Pflanzenzüchtungen, Recht des Reichsnährstandes, GRUR 1941, 473 ff.; Lindenmaier, GRUR 1942, 485 ff. Im Gegensatz dazu gab es auch Befürworter von Pflanzenpatenten, z. B. HerzfeldWuesthoff, Gewerbliches Eigentum an neuen Pflanzensorten, Der Züchter 1932, 202 ff.; Pinzger, GRUR 1938, 733 ff.; Ulrich, Mitt. 1938, 361 ff. Beide hielten sich ungefähr im Waage. 214 Trenck, GRUR 1939, 437 ff. 215 Abgedruckt in: GRUR 1930, 244–251. 216 Moufang (1988), S. 83; dazu ausführlich bei Hesse, Rechtsschutz des Saat- und Pflanzenguts, insbesondere Entwurf eines Saat- und Pflanzgutschutzgesetzes, Diss. Jena 1931. 217 Im ersten Patentgesetz vom 25. 5. 1877 wurde bereits die Einrichtung einer deutschen Patentbehörde vorgesehen. Am 1. 7. 1877 nahm sie als Kaiserliches Patentamt ihre Tätigkeit in Berlin auf, und am 11. 7. 1877 fand die Eröffnungssitzung im Reichskanzleramt statt. Bis 1945 blieb die Behörde noch in Berlin, die ab 1919 Reichspatentamt genannt wurde. Der größte Teil der Bibliothek konnte durch die rechtzeitige Auslagerung in ein Salzbergwerk vor der Vernichtung bewahrt werden, obwohl das Gebäude in den letzten Kriegstagen des 2. Weltkrieges schwer beschädigt wurde. Danach wurde durch das „Gesetz über die Errichtung eines Patentamtes im Vereinigten Wirt210

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die Erfindungen bezüglich der Pflanzenzüchtungen waren nach seiner damaligen Praxis nicht ausgeschlossen219. Die erste höchstrichterliche Entscheidung im Bereich des Pflanzenpatentrechts war die Entscheidung „Rosenzüchtung“ des BGH, die am 6. Juli 1962 erging220. Seither erteilte das DPA Patente, die auf die vegetative Vermehrung der Mutterpflanze einer neuen Pflanzenart gerichtet waren, auch wenn das Züchtungsverfahren selbst nicht wiederholbar war221. Diese patentrechtliche Praxis fand nicht nur Zustimmung222, sondern stieß auch auf Kritik sowohl in Bezug auf das Erfordernis der Wiederholbarkeit, als auch wegen des angeblichen Vorliegens einer nicht patentfähigen Entdeckung an einer Züchtung223. Abgesehen vom Schutz der Pflanzenzüchtungen im Patentgesetz war man auf die Schaffung eines Spezialschutzsystems für Pflanzenzüchtungen eingegangen. Das lief schließlich auf das „Saatgutgesetz“ von 1953224 und auf das deutsche Sortenschutzgesetz von 1968 hinaus225. Im Vergleich zur Entwicklung der Pflanzenzüchtungen stand der Schutz für die Tiererfindung still226. Im Bereich der Tiergenetik ließen sich weder gesetzschaftsgebiet“ vom 12. 8. 1949 das Deutsche Patentamt mit Sitz in München errichtet. Am 3. 10. 1990 übernahm das Deutsche Patentamt die Aufgaben des „Amtes für Erfindungs- und Patentwesen“ der ehemaligen DDR. Zum 1. 11. 1998 wurde die Behörde in „Deutsches Patent- und Markenamt“ umbenannt und arbeitet an ihren Standorten in München, Jena (seit September 1998) und Berlin (Technisches Informationszentrum Berlin), dazu ausführlich siehe Homepage von DPMA: http://www.dpma.de/125jahre/ geschichte.html. 218 Wuesthoff, GRUR 1977, 404 ff. 219 Durch die Entscheidung vom 5. April 1957 (BlPMZ 1957, 291 = GRUR 1957, 337) gewährte das DPA die Patentierung der Stoffansprüche auf dem Gebiet der Pflanzenzüchtungen. 220 BGH GRUR 1962, 577 – „Rosenzüchtung“; vgl. auch Wuesthoff, GRUR 1962, 555 ff. Der Gegenstand der Verletzungsklage käme nicht als Sachpatent, sondern als Verfahrenspatent in Betracht. In der Entscheidung wird darauf hingewiesen, dass es praktisch so gut wie unmöglich sei, mit Sicherheit eine genaue wie die konkrete Mutterpflanze beschaffene Pflanze mittels traditioneller Selektionszüchtung hervorzubringen. Daher werde für den Durchschnittsfachmann allein der Verfahrensschritt der vegetativen Vermehrung berücksichtigt. Der BGH ging das Argument des Beklagten nicht an, dass sich das Patent in dem längst bekannt gewesenen Verfahrensschritt der vegetativen Vermehrung erschöpfe. Ebenfalls sei die Frage der sicheren Wiederholbarkeit des Züchtungsvorgangs nicht von Bedeutung, BGH GRUR 1962, 579 ff. 221 Moufang (1988), S. 86 ff. 222 Kirchner, GRUR 1951, 572 ff.; Wuesthoff, GRUR 1953, 230 ff. usw. Auch siehe Moufang (1988), S. 87. 223 In dieser Zeit stand das Erfordernis der Wiederholbarkeit im Kern der Kritik. Siehe Schmidt, GRUR 1952, 168 ff.; Tetzner, GRUR 1952, 176 f.; Benkard, GRUR 1953, 97 ff. 224 Gesetz über Sortenschutz und Saatgut von Kulturpflanzen v. 27. 6. 1953, BGBl. 1953 I S. 450. 225 Vgl. Sortenschutzgesetz, BGBl. 1968 I S. 429. 226 Kohler hat in seinem Buch Verfahren der künstlichen Züchtung für patentfähig erklärt, vgl. Kohler, Handbuch des Deutschen Patentrechts, 1900, S. 439. Danach ver-

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geberische Initiativen zur Schaffung eines Spezialschutzsystems noch rechtswissenschaftliche Auseinandersetzungen erkennen227. Die erste Entscheidung bezüglich Tierzüchtungsverfahren in Deutschland erfolgte bereits 1969 mit der „Rote Taube“-Entscheidung228. Ihr Schwerpunkt liegt darin, dass auch die Technik im Bereich der Lebewesen dem Patentschutz zugänglich sein kann, sofern eine technische Lehre zum planmäßigen Handeln offenbart hat, beherrschbare Naturkräfte zur Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolges einzusetzen229. Darüber hinaus steht es außer Zweifel, dass zur Patentierung auch derartiger Erfindungen die allgemeinen Patentierbarkeitsvoraussetzungen erfüllt und sie wiederholt ausführbar sein müssen. Bei dieser Erfindung handelte es sich aber nicht um Gentechnik, wie z. B. die DNS-Rekombinationstechnik, sondern um eine traditionale Technik, wie Kreuzung und Selektion. Aber das Patent für diese Erfindung wurde deshalb nicht erteilt, weil das Verfahren zur Taubenzüchtung in der Entscheidung auf der Grundlage der Beschreibung der Patentanmeldung nicht wiederholt ausgeführt werden konnte. Im Hinblick auf die Harmonisierung des deutschen Patentgesetzes mit dem EPÜ geht § 2 Nr. 2 Satz 1 DPatG davon aus, dass für Pflanzensorten oder Tierarten sowie für im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren Patente nicht erteilt werden können, abgesehen davon, dass diese Ausnahmeregelung im mikrobiologischen Verfahren und für die mit deren Hilfe gewonnenen Erzeugnissen keine Anwendung findet. Außerdem wird der Patentschutz für Erfindungen von Pflanzensorten weiterhin zugelassen, die ihrer Art nach nicht im Artenverzeichnis zum SortG aufgeführt sind, und ebenfalls für Erfindungen der Züchtungsverfahren solcher Pflanzensorten unter der Bedingung, dass die Erfindungen die allgemeine Patentierungsvoraussetzungen erfüllen230. In Korea, wo im Vergleich zum europäischen Patentwesen die patentrechtliche Geschichte relativ kurz ist, entwickelt sich der rechtliche Schutz biotechnologischer Erfindungen später, vom Schutz der Pflanzenpatente abgesehen. Der Schutz der Pflanzensorten in Korea, auf die das amerikanische Patentgesetz einen großen Einfluss ausgeübt hat, ist derart ausgestaltet, dass Patente für die Erfindungen der Pflanzensorten, die sich vegetativ vermehren, erteilt werden können. Der rechtliche Schutz der sich generativ vermehrenden Pflanzensorten befindet sich in einem speziellen Gesetz, dem Saatgutindustriegesetz (SGIG). langte Quade 1913 das Tierpatent, vgl. GRUR 1913, 2 f. Das RPA hat in seiner Entscheidung vom 12. 6. 1914 die Patentierbarkeit von Verfahren der Tiererzeugung abgelehnt, BlPMZ 1914, 257; Moufang (1988), S. 83–85. 227 Moufang (1988), S. 84. 228 BGH v. 27. 3. 1969 = GRUR 1969, 672 – Rote Taube, mit Anm. von Heydt. 229 GRUR 1969, 672; GRUR 1970, 21–24. 230 BR-Drs. 220/75 v. 18. 4. 1975; DE PS 3423207 v. 13. 11. 1986; vgl. Straus, GRUR Int. 1988, 54 (55); Goebel, GRUR Int. 1987, 300.

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Neben Pflanzenpatenten werden mikrobiologische Erfindungen nach der Patentverordnung geschützt. Hingegen sind die Tiererfindungen nicht im Patentgesetz geschützt, sondern in der KBioRL231. 2. Die Rechtsordnung der biotechnologischen Erfindungen a) Gesetz zur Regelung der Gentechnik (Gentechnikgesetz) Den Empfehlungen der European Science Community zufolge232 hat die Bundesregierung erst am 15. Februar 1978 die Richtlinie zum Schutz vor Gefahren durch in-vitro neukombinierte Nukleinsäuren erlassen233. Bei dieser Richtlinie handelte es sich um eine von der Bundesregierung beschlossene Verwaltungsvorschrift234. Im Jahr 1978 hat der Bundesminister für Forschung und Technologie einen „Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Gefahren der Gentechnologie“ vorgelegt, aber dieser Entwurf stieß vor allem im naturwissenschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmen auf starke Kritik. Aus diesem Grund wurde er nicht verabschiedet235. Etwa Mitte der achtziger Jahre wurde die öffentliche Auseinandersetzung über eine gesetzliche Regelung der Gentechnik erneut geführt. Ein wichtiger Grund hierfür war, dass insbesondere amerikanische Unternehmen im Bereich der chemisch-pharmazeutischen Industrie große Erfolge erreicht hatten236. Unter diesen Umständen hielt die deutsche Bundesregierung die Schaffung einer speziellen Rechtsordnung zur Nutzung der Gen231

Dazu siehe im Einzelnen Teil 2, A. I. 2. der vorliegenden Arbeit. Nachdem Anfang der 70er Jahre die ersten Experimente zur Neukombination von Nukleinsäuren und deren Klonierung gelungen waren, fand eine Konferenz im Februar 1975 in Asilomar in den USA statt, auf der im Rahmen der Wissenschaft die Notwendigkeit für die Einführung eines Systems biologischer und physikalischer Sicherheitsvorsorgemaßnahmen für das Risiko gentechnischer Experimente diskutiert wurde. Dementsprechend erließ das National Institute of Health (NIH) in den USA im Jahr 1976 eine sehr eingehende Richtlinie für die Forschung im Gentechnikbereich, vgl. Paul/Baltimor/Brennder/Roblin/Singer: Summary Statement of the Asilomar Conference on Recombinant DNA Molecules, Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA, Bd. 72 (1975), Nr. 6, S. 262, 269. Diese Richtlinie beeinflusst die europäische gentechnische Politik; vgl. dazu auch Enquete-Kommission „Chancen und Risiken der Gentechnologie“ – am 29. 6. 1984 hat der Deutsche Bundestag die Einsetzung einer Enquete-Kommission „Chancen und Risiken der Gentechnologie“ beschlossen, dazu ausführlich bei Zivier, S. 18 ff.; Pohlmann, S. 36 ff.; Nöthlichs/Weber, Einführung 7011, S. 1 ff. 233 Bundesanzeiger Nr. 56 v. 21. 3. 1978. 234 Am 21. 3. 1978 hat der Bundesminister für Forschung und Technologie zum ersten Mal die Richtlinie veröffentlicht und am 28. 5. 1986 die 5. Fassung vorgelegt, siehe Bundesanzeiger von 1986, Nr. 109, S. 7606. 235 Hirsch/Schmidt-Didczuhn, GenTG, 1991, Einleitung, Rdnr. 6. 236 Motor-Columbus/Booz, Allen & Hamilton, Biotechnologie, 1989, S. 57; Pohlmann, S. 159. 232

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technik für notwendig. Am 24. April 1989 wurde ein Referentenentwurf für ein Gesetz zur Regelung von Fragen der Gentechnik vom Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit (BMJFFG) vorgelegt und am 12. Juli 1989 mit einzelnen Änderungen vom Bundestag verabschiedet237. Schließlich wurde das deutsche Gentechnikgesetz (GenTG) am 20. Juni 1990238 veröffentlicht und trat am 1. Juli 1990 in Kraft. Später wurden an diesem Gesetz am 16. Dezember 1993 größere Änderungen vorgenommen, um zum einen das Gentechnikgesetz an den heutigen Erkenntnisstand anzupassen und zum anderen Wettbewerbsnachteile der im Bereich der Gentechnik tätigen deutschen Forschung und Industrie zu vermeiden. Mit anderen Worten sind einige Beschränkungen für den Umgang mit der Gentechnik auszumachen, die als unangemessen streng angesehen wurden239. Der Anwendungsbereich der Gentechnik ist vielseitig240. Sie kann nicht nur zur Verbesserung der Pflanzen- und Tierproduktion eingesetzt werden, sondern ist auch in der Umwelt, Medizin und Humangenetik241 anwendbar. Nichtsdestoweniger bergen die Nutzungsmöglichkeiten der Gentechnik Gefahren und Risiken, welche entstehen können, wenn gentechnisch veränderte Organismen aus einem geschlossenen System in die Umwelt gelangen. Das GenTG beruht grundsätzlich sowohl auf der Richtlinie des Rates vom 23. April 1990 über die Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen 237 BT-Drs. 11/5622. Dieser Entwurf stieß aber beim Bundesrat auf Kritik an der Konzeption. Sieben Bundesausschüsse haben sich für die Beratung des Entwurfs eingesetzt und dem Plenum des Bundesrats insgesamt 253 Änderungsanträge vorgelegt. Am 22. 9. 1989 hat der Bundesrat auf Antrag der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz beschlossen, seine Stellungnahme zum Gesetzesentwurf auf einige Konzeptionen zu beschränken. Aufgrund des grundlegenden Einspruchs des Bundesrates hat der Deutsche Bundestag den Gesetzesentwurf an seine Ausschüsse zurückgegeben. Am 26. 3. 1990 hat der Ausschuss der Bundesregierung nach der Wiederverarbeitung dem Bundestag empfohlen, den Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 12. 6. 1989 im Wesentlichen anzunehmen. Am 29. 3. 1990 folgte der Bundestag der Empfehlung, und der Bundesrat stimmte dem Gentechnikgesetz am 11. 5. 1990 zu. Vgl. BT-Drs. 387/1/89, 11/6778, 268/90; FAZ v. 23. 9. 1989 „Bundesrat verlangt Verbesserungen am Gesetzesentwurf zur Gentechnik“; FAZ v. 12. 5. 1990 „Gesetz über Gentechnik vom Bundesrat abschließend gebilligt“. Siehe auch Hirsch/Schmidt-Didczuhn, GenTG, 1991; dazu Pohlmann, S. 160 ff.; Zivier, S. 18 ff. 238 BGBl. 1990 I, S. 1080; s. auch Hirsch/Schmidt-Didczuhn, GenTG, Einleitung, Rdnr. 6. 239 BGBl. 1993 I, S. 2066; vgl. Nöthlichs/Weber, Einführung 7011, S. 6. Seither wurde das Gesetz durch einige Änderungsnovellen umgestaltet, und zwar am 24. 6. 1994 (BGBl. I S. 1416), am 21. 9. 1997 (BGBl. I S. 2390) und am 2. 11. 2000 (BGBl. I S. 1478). 240 Einzelheiten dazu im Abschnitt C der Empfehlungen der Enquete-Kommissionen, BT-Drs. 10/6775. 241 Im Bereich der Humangenetik kann die Gentechnik zur Genomanalyse sowie zur Gentherapie angewandt werden, und zwar zur Diagnostizierung und zur Heilung menschlicher Erbkrankheiten, dazu bei Zivier, S. 17.

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(90/219/EWG) („Systemrichtlinie“), die durch die Richtlinie 98/81/EG des Rates vom 26. Oktober 1998 umfassend geändert wurde, als auch auf der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die absichtliche Freisetzung von GVO in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates (Richtlinie 2001/18/EG). Gemäß § 1 GenTG besteht der Hauptzweck des Gesetzes darin, Leben und Gesundheit von Menschen, Tieren, Pflanzen sowie der sonstigen Umwelt in ihrem Wirkungsgefüge und Sachgüter vor möglichen Gefahren gentechnischer Verfahren und Produkte zu schützen und solche Gefahren zu vermeiden, oder gering zu halten. Außerdem zielt das Gesetz auch darauf ab, einen rechtlichen Rahmen für die Erforschung, Entwicklung, Nutzung und Förderung der wissenschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten der Gentechnik zu schaffen. § 3 GenTG definiert den Begriff „gentechnisch veränderter Organismus (GVO)“, als einen Organismus, dessen genetisches Material in einer Weise verändert worden ist, wie es unter natürlichen Bedingungen durch Kreuzen oder natürliche Rekombination nicht vorkommt242. Außerdem sind im § 1 Nr. 7 und Nr. 8 GenTG die Begriffe „Freisetzung“ und „Inverkehrbringen“ definiert243. Ferner lenkt man die Aufmerksamkeit vor allem darauf, dass zum Zweck der Minimierung der vorstellbaren Gentechnikrisiken die Sicherheitsmaßnahmen in vier Stufen eingeteilt werden244. Diese Sicherheitsmaßnahmen sind labor- bzw. produktionsbezogen einerseits und andererseits mit biologischen Kriterien verbunden. Die Unklarheit der Umschreibung der vier Sicherheitsstufen in § 7 242 In diesem Sinne sind Verfahren zur Veränderung genetischen Materials insbesondere DNS-Rekombinationstechniken, Zellfusionen oder Hybridisierungsverfahren und Verfahren, bei denen in einen Organismus direkt Erbgut eingeführt wird, welches außerhalb des Organismus gewonnen wurde. Nicht als Verfahren der Veränderung genetischen Materials gelten dagegen In-vitro-Befruchtungen, Konjugation, Transduktion, Transformation oder jeder andere natürliche Prozess, Polyploidie-Induktion, Mutagenese, Zell- und Protoplastenfusion von pflanzlichen Zellen, Erzeugung somatischer menschlicher oder tierischer Hybridoma-Zellen, und Selbstklonierung nichtpathogener, natürlich vorkommender Organismen, siehe § 3 GenTG. 243 Unter dem Begriff „Freisetzung“ versteht man das gezielte Ausbringen von gentechnisch veränderten Organismen in die Umwelt, soweit noch keine Genehmigung für das Inverkehrbringen zum Zweck des späteren Ausbringens in die Umwelt erteilt worden ist. Der Begriff „Inverkehrbringen“ bedeutet die Abgabe von Produkten, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder aus solchen bestehen, an Dritte und das Verbringen in den Geltungsbereich des Gesetzes, soweit die Produkte nicht zu gentechnischen Arbeiten in gentechnischen Anlagen bestimmt oder Gegenstand einer genehmigten Freisetzung sind. Aber unter zollamtlicher Überwachung durchgeführter Transitverkehr und die Abgabe sowie das Verbringen in den Geltungsbereich des Gesetzes zum Zwecke der klinischen Prüfung gelten nicht als Inverkehrbringen. 244 Dazu ausführlich bei Pohlmann, S. 40 ff. Zur Übertragung der Erbinformation müssen z. B. den Plasmiden Sicherheitsmaßnahmen, die unter Umweltbedingungen inaktiv sind, gewährleistet werden. Mit anderen Worten, sind bei der Weiterverarbeitung gentechnisch erzeugter Produkte alle biologischen Risiken, die durch Inaktivierung dieser Produkte entstehen könnten, auszuschließen.

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Abs. 1 GenTG ist allerdings problematisch, da vor allem bei der Abgrenzung der Sicherheitsstufen 2 und 3 wesentliche legislatorische Funktionen auf den Verordnungsgeber abgewälzt worden sind245. Dennoch leistet das Gentechnikgesetz einen großen Beitrag dazu, die Rechtssicherheit und Rechtsklarheit in Bezug auf die Anwendung gentechnisch veränderter Organismen zu erhöhen. Im Zusammenhang mit dem Patentschutz ist darauf zu achten, dass durch die Erweiterung des Patentschutzes den Anwendern der Gentechnik ein Beweggrund zu einer ambivalenten Bewertung gegeben wird. Aus Sicht der Industrie liegt es nahe, dass ein adäquater Patentschutz für Lebewesen höherer Stufe erforderlich ist. Was aber von Lizenzen des Patentinhabers abhängt, kann ein bemerkenswertes Hindernis für die wissenschaftliche Forschungsarbeit darstellen246. Zur Gründung des Forschungsinstituts der Gentechnologie und zur Einführung des Gesetzes zur Förderung der Gentechnologie wurde in Korea das „Gesetz zur Förderung der Biotechnologie“ erlassen, das am 31. Dezember 1983 in Kraft getreten ist. Darüber hinaus ist eine andere Gesetzesvorlage, die die Beziehung der menschlichen Reproduktion zur Ethik behandelt, das sog. Gesetz über Lebensethik und -sicherheit (Entwurf), dem Parlament vorgelegt worden. Der Entwurf ist noch nicht verabschiedet worden. b) Embryonenschutzgesetz aa) Überblick Was Embryonenschutz betrifft, besteht in der Bundesrepublik Deutschland bereits ein eigenes Gesetz, nämlich das Gesetz zum Schutz von Embryonen (Embryonenschutzgesetz – ESchG) vom 13. Dezember 1990, welches am 1. Januar 1991 in Kraft getreten ist247. Der Zweck des Gesetzes ist es, den Möglichkeiten des Missbrauchs der neuen Fortpflanzungstechniken und der Biogenetik entgegenzuwirken und den Schutz des Embryos248 gegen Missbrauch der neuen Fortpflanzungstechniken zu gewährleisten249. Im deutschen ESchG wird eindeutig festgelegt, dass das therapeutische sowie das reproduktive Klonen von Menschen verboten sind. Zwar sollte der Gebrauch zahlreicher Embryonen zur Gewinnung der Stammzellen möglicherweise nach einer Novelle freigegeben 245

Herdegen, IP-GenTR/Einführung, Rdnr. 326. Im Einzelnen dazu Deutsche Forschungsgemeinschaft, Forschungsfreiheit, Ein Plädoyer der DFG für bessere Rahmensbedingungen der Forschung in Deutschland, 1996, S. 25 ff. (39 ff.); Herdegen, IP-GenTR/Einführung, Rdnr. 337. 247 BGBl. I S. 1990, 2747. 248 § 8 ESchG. 249 Jung, JuS 1991, 431. 246

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werden, aber die Produktion neuer Stammzellen zu Forschungszwecken wird weiterhin abgelehnt, und embryonale Stammzellen dürfen zukünftig letztlich unter strengen Auflagen zu Forschungszwecken nach Deutschland importiert werden250. Seit 1996 verbietet die Bioethik-Konvention des Europarats das menschliche Klonen, aber die Forschungen über Embryonenschutz in Europa sind weiterhin uneinheitlich geregelt251. Im Grunde genommen war in Deuschland die Gewinnung von menschlichen embryonalen Stammzellen für die Forschung zuvor schon verboten, nicht aber der Import. Mit anderen Worten ist in Deutschland der Import menschlicher embryonaler Stammzellen grundsätzlich 250

s. SZ v. 30. 1. 2002. Im Vergleich mit Deutschland und Irland, wo strikte Verbote gelten, ist Großbritannien das erste Land Europas, in dem seit 1990 Forschung an Embryonen bis zum 14. Tag erlaubt ist. Nach einer Debatte um den Schutz des menschlichen Lebens hat im Januar 2001 das britische Parlament mit 366 gegen 174 Stimmen einem Gesetz zugestimmt, mit dem das Klonen von Embryos für therapeutische Zwecke erlaubt wird, um mehr Wissen über die Entwicklung von Embryos zu erlangen und zur Entwicklung von Therapien für schwerwiegende Erkrankungen beizutragen. Das Klonen von Menschen soll aber weiterhin verboten bleiben. In Schweden ist reproduktives Klonen wie in Großbritannien untersagt, aber seit 1990 ist Forschung an Embryonen bis zum 14. Tag erlaubt, ebenso wie ihre Herstellung zu Forschungszwecken. Nach 14 Tagen müssen Embryonen zerstört werden, die Implantation beforschter Embryonen ist ausdrücklich verboten. Der nationale schwedische Wissenschaftsrat ist der Auffassung, dass therapeutisches Klonen sowie die Forschung an embryonalen Stammzellen erlaubt werden sollen. Außerdem genehmigten die Niederlande die Forschung an Embryonen, die jünger als 15 Tage sind, und auch die Gewinnung von embryonalen Stammzellen daraus. Aber man geht davon aus, dass auch in solchen Ländern reproduktives Klonen verboten ist. In Frankreich bleibt dagegen Klonen verboten. Seit 1994 ist die Forschung an Embryonen nur unter der Voraussetzung erlaubt, dass sie fortpflanzungsmedizinischen Zwecken dienen muss. Die Herstellung von Embryonen darf nur zu Fortpflanzungszwecken vorgenommen werden und es darf an Embryonen grundsätzlich nicht geforscht werden. Aber es steht in Frage, ob aus überzählige Embryonen Stammzellen gewonnen und therapeutisches Klonen erlaubt werden sollen. In Italien, Portugal und Griechenland bestehen keine gesetzlichen Regelungen. In Spanien sind die Regelungen sehr kompliziert. Forschung an lebensfähigen Embryonen ist bis zum 14. Tag erlaubt, sofern sie therapeutischen, diagnostischen oder präventiven Zwecken dient. Forschung an nicht lebensfähigen oder toten Embryonen aus der Reproduktionsmedizin ist unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, ebenso wie die Forschung an abgetriebenen Embryonen, die älter als 14 Tage sind. Forschung an embryonalen Stammzellen ist nicht ausdrücklich verboten. Dazu ausführlich bei „Die Zeit“, Im Basar der Biopolitik, Wissen 05/2002. Anfang August 2001 hat sich das US-Repräsentantenhaus in den USA nach einer heftigen Debatte mit deutlicher Mehrheit, nämlich 265 zu 162 Stimmen, gegen das Klonen menschlicher Embryonen ausgesprochen. Nach dem Gesetzesentwurf des amerikanischen Repräsentantenhauses soll das Klonen sowohl zur Fortpflanzung, als auch zur Herstellung embryonaler Stammzellen zu medizinischen Zwecken verboten sein. Der Grund dafür ist, dass eine Vermarktung des Embryos in Embryofarmen schon vorausgesehen wird, wenn Wissenschaftler Embryos klonen dürfen. Obwohl Wissenschaft alle Gelegenheiten gibt, moderne unheilbare Krankheiten zu behandeln, unterbindet das neue Gesetz weder die Forschung an embryonalen Stammzellen noch die Herstellung der Zelllinien aus Embryonen, die im Rahmen einer künstlichen Befruchtung gezeugt und nicht in den Mutterleib eingesetzt wurden, s. „Die Welt“ v. 2. 8. 2001. 251

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verboten, auch wenn Ausnahmen für hochrangige Forschungsziele unter strengsten Auflagen zugelassen werden252. Man geht davon aus, dass die Diskussion über das Thema Klonen von menschlichen embryonalen Stammzellen noch lange nicht abgeschlossen ist253. In Bezug auf die Geburt des menschlichen Lebewesens sieht das ESchG vor, dass jenes bereits von Anfang der Zellkernverschmelzung an unter dem Schutz der Menschenwürde steht. Nach § 6 Abs. 1 EschG ist darauf zu verweisen, dass das Erzeugen eines Embryos mit dem gleichen Erbgut eines anderen Embryos, eines Fötus, eines Menschen oder eines Verstorbenen verboten ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das ESchG nur den Zeitraum bis zur Einnistung des Embryos in den Uterus regelt, während das Transplantationsgesetz254 nicht für embryonale und fetale Organe und Gewebe gilt255, sondern Handlungen mit menschlichen Organen und Gewebe regelt. Daraus kann man ableiten, dass es erlaubt scheint, aus toten Föten primordiale Keimzellen zu entnehmen. Außerdem lenkt man die Aufmerksamkeit darauf, dass die Reprogrammierung von pluripotenten Zellen zu totipotenten Zellen256 vorboten ist, da diese Reprogrammierung nach dem § 6 ESchG als Klonen gilt257, und eine totipotente Zelle als Embryo bezeichnet wird. Im § 8 ESchG werden die Begriffe „Embryo“ und „Keimzelle“ definiert258. Im ESchG kommt auch zum Ausdruck, was unter Strafe gestellt wird259. Das 252 Zustimmung des Bundestags v. 30. 1. 2002, vgl. „Die Welt“ v. 25. 4. 2002 und v. 27. 4. 2002. 253 Die Befürworter des Klonens mit embryonalen Zellen bringen als Argumente dafür vor, dass die Forschung mit embryonalen Stammzellen keine Vorstufe zum Klonen von Menschen ist, dass es sich bei Zellen im frühen Embryo-Stadium noch nicht um einen Menschen handelt, und dass sie neues Gewebe mit dem Erbgut eines Patienten züchten, indem sie Erbmaterial aus gesunden Zellen in eine zuvor entkernte Eizelle spritzen, denn die embryonalen Stammzellen in diesem Stadium sind nicht ausdifferenziert. Dagegen richteten Vertreter der Kirchen und der Organisation zum Schutz des ungeborenen Lebens einen Appell an die Parlamentarier, das Gesetz abzulehnen. Sie befürchten, dass mit dem therapeutischen Klonen das Tor zum Klonen von Menschen aufgestoßen und menschliches Leben als Ware betrachtet werden könnte. Darüber hinaus sagen sie, dass aus moralischen Gründen die Benutzung von embryonalen Zellen verboten sein soll, und dass es unrealistisch ist, anzunehmen, dass solche Forschung zur Herstellung gesunden Gewebes auf Dauer verhindert werden kann, vgl. DFG-Stellungnahme zum Problemkreis „Human embryonale Stammzellen“; s. auch Homepage des Deutschen Bundestages, http://www.bundestag.de/. 254 BGBl. I S. 2631. Das Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz – TPG) v. 5. 11. 1997. 255 § 1 Abs. TPG. 256 Die Begriffe „pluripotente“ und „totipotente“ Zelle sind im Fußn. 150 erklärt. 257 Nach dem § 6 ESchG ist es verboten, einen menschlichen Embryo mit der gleichen Erbinformation wie ein anderer Embryo, ein Fötus, ein Mensch oder ein Verstorbener künstlich zu bewirken. 258 Als Embryo gilt bereits die befruchtete, entwicklungsfähige menschliche Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an, ferner jede einem Embryo entnommene totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen der dafür erforderlichen weiteren Vorausset-

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ESchG beinhaltet einen strafrechtlichen Schutz gegen das Entstehen gespaltener Mutterschaften, beispielsweise in § 1 I Nr. 1 ESchG. Der strafrechtliche Schutz erstreckt sich auf jede einem Embryo entnommene totipotente Zelle, die in der Lage ist, sich beim Vorliegen der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu teilen und zu einem Individuum zu entwickeln. Da in den ersten Stunden nach der Kernverschmelzung oft nicht festzustellen ist, ob sich die befruchtete Eizelle zu entwickeln vermag260, schreibt § 8 Abs. 2 ESchG eine Beweislastumkehr vor, nämlich gilt die menschliche Eizelle in den ersten 24 Stunden nach der Kernverschmelzung als entwicklungsfähig, es sei denn, dass schon vor Ablauf dieses Zeitraums festgestellt wird, dass sie sich nicht über das Einzellstadium hinaus zu entwickeln vermag. Überdies wird gemäß § 5 ESchG bestraft, durch künstliche Veränderung der Erbinformation einer menschlichen Keimbahnzelle Keimzellen aus pluripotenten Zellen zu erzeugen und eine menschliche Keimzelle mit künstlich veränderter Erbinformation zur Befruchtung zu verwenden, unabhängig davon, ob die Erbinformation der Zelle vorher künstlich verändert wurde. Gemäß § 5 Abs. 4 EschG findet diese Bestimmung aber keine Anwendung, wenn lediglich die Erbinformation einer außerhalb des Körpers befindlichen Keimzelle bzw. einer anderen körpereigenen Keimbahnzelle künstlich verändert wird, die einer toten Leibesfrucht, einem Menschen oder einem Verstorbenen entnommen worden ist, sofern ausgeschlossen ist, dass diese auf einen Embryo, Fötus oder Menschen übertragen wird und für Impfungen, strahlen-, chemotherapeutische oder andere Behandlungen verwendet wird, mit denen eine Veränderung der Erbinformation von Keimzellen nicht beabsichtigt ist. Darüber hinaus stellt § 7 ESchG die Chimären- und Hybridbildung ebenso wie den Transfer eines solchen Embryos auf eine Frau oder ein Tier oder den eines menschlichen Embryos auf ein Tier unter Strafe. bb) Verhältnis zum Grundgesetz Die Gewinnung von embryonalen Stammzellen und die Freiheit von Wissenschaft und Forschung stehen in einem Spannungsverhältnis miteinander, denn Art. 1 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG261 gewährleisten zugleich den Schutz zungen zu teilen und zu einem Individuum zu entwickeln vermag. Außerdem werden unter Keimbahnzellen die Zellen verstanden, die in einer Zell-Linie von der befruchteten Eizelle bis zu den Ei- und Samenzellen des aus ihr hervorgehenden Menschen führen, ferner die Eizelle vom Einbringen oder Eindringen der Samenzelle an bis zu der mit der Kernverschmelzung abgeschlossenen Befruchtung. 259 Der strafrechtliche Schutz des Embryos, der sich über die §§ 218 ff. StGB hinaus auf den in § 1 des Diskussionsentwurfs vorgesehenen Straftatbestand der Embryonenschädigung etwa durch Medikamente oder Röntgenstrahlen erweitert, ist auf ein Strafrechtsänderungsgesetz aufgeschoben worden, vgl. BT-Drs. 11/5460, S. 7; Jung, JuS 1991, 432. 260 Jung, JuS 1991, 432.

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der Menschenwürde und die Freiheit von Wissenschaft und Forschung262. Die Freiheit ist aber nicht unbegrenzt, sondern lässt sich durch andere Verfassungsgüter, welche den Schutz der Menschenwürde sowie den Schutz des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesundheit darstellen, einschränken, auch wenn das Grundgesetz keine Regelung der Einschränkungen vorschreibt263. Im Zusammenhang damit kommt im ESchG konkret zum Ausdruck, die Forschungsfreiheit hinsichtlich der Arbeit an und mit Embryonen verfassungsrechtlich einzuschränken, z. B. durch Verbote der künstlichen Veränderung menschlicher Keimbahnzellen264, der Verwendung einer menschlichen Keimzelle mit künstlich veränderter Erbinformation zur Befruchtung (§ 5) und des künstlichen Klonens von Menschen (§ 6). Diese Verbote gewähren bereits von Lebensbeginn an Menschenwürde und Lebensschutz. cc) Verhältnis zum Patentgesetz Im Embryonenschutzgesetz sind einige Vorschriften enthalten, die mit dem Patentschutz biotechnologischer Erfindungen zu tun haben. § 5 ESchG befasst sich mit der künstlichen Veränderung der Erbinformation einer menschlichen 261 Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlicher Gewalt, siehe Art. 1 Abs. 1 GG; Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei, siehe Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG. 262 Forschung bedeutet „das methodenkritische Streben nach neuen Erkenntnissen“ (vgl. Küchenhoff, DÖV 1964, 601 (603)) bzw. „die selbständige Erarbeitung objektiv neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse“ (vgl. BVerwG., NVwZ 1987, 681 (682)); zum Fehlen einer eindeutigen und allgemein anerkannten Definition des Begriffs Forschung, „die als Maßstab genutzt werden könnte, um eine Tätigkeit exakt zu qualifizieren und einzuordnen“ (vgl. BVerfGE 61, 210 (237 ff.)), so ist Wissenschaft ohne Forschung und Forschung ohne Wissenschaft nicht denkbar, vgl. von Münch/Kunig/ Wendt, Art. 5 Rdnr. 101 ff. 263 Wissenschaftsfreiheit kann nicht grenzenlos sein, d. h. ein Forscher darf sich z. B. bei seiner Tätigkeit, insbesondere bei etwaigen Versuchen, nicht über die Rechte seiner Mitbürger auf Leben, Gesundheit und Eigentum hinwegsetzen. Darum sind die Konflikte zwischen der Gewährleistung der Wissenschaftsfreiheit und dem Schutz anderer verfassungsrechtlich garantierter Rechtsgüter nach Maßgabe der grundgesetzlichen Wertordnung und unter Berücksichtigung der Einheit dieses Wertsystems durch Verfassungsauslegung zu lösen. In diesem Spannungsverhältnis kommt der Wissenschaftsfreiheit gegenüber den mit ihr kollidierenden, ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Werten nicht schlechthin Vorrang zu. Auch ohne Vorbehalt gewährte Freiheitsrechte müssen im Rahmen gemeinschaftsgebundener Verantwortung gesehen werden, vgl. BVerfGE 30, 193 ff. Die Grenzziehung oder Inhaltsbestimmung, die durch die Rücksichtsnahme auf kollidierende Verfassungswerte erforderlich wird, kann nicht generell, sondern nur im Einzelfall durch Güterabwägung vorgenommen werden, vgl. BVerfGE 47, 367 ff. 264 § 8 Abs. 3 ESchG schreibt vor, dass Keimbahnzellen im Sinne dieses Gesetzes die Zellen sind, die in einer Zell-Linie von der befruchteten Eizelle bis zu den Ei- und Samenzellen des aus ihr hervorgehenden Menschen führen, ferner die Eizelle vom Einbringen oder Eindringen der Samenzelle an bis zu der mit der Kernverschmelzung abgeschlossenen Befruchtung.

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Keimbahnzelle und bei § 6 geht es um die künstliche Gewinnung eines menschlichen Embryos mit der gleichen Erbinformation wie ein anderes Embryo, ein Fötus, ein Mensch oder ein Verstorbener. § 7 ESchG betrifft die Vereinigung von Embryonen mit unterschiedlichen Erbinformationen unter Verwendung mindestens eines menschlichen Embryos zu einem Zellverband, die Verbindung eines menschlichen Embryos mit einer Zelle, die eine andere Erbinformation als die Zellen des Embryos enthält und sich mit diesem weiter zu differenzieren vermag, oder die Erzeugung eines differenzierungsfähigen Embryos durch Befruchtung einer menschlichen Eizelle mit dem Samen eines Tieres oder durch Befruchtung einer tierischen Eizelle mit dem Samen eines Menschen. Nach dem ESchG ist es verboten, die genetischen Manipulationen, die zur Gewinnung der künstlich veränderten Erbinformation im allgemeinen benutzt werden, zu verwenden. Nun wird die Frage aufgeworfen, unter welchen Voraussetzungen ein durch biotechnologische Techniken, wie genetische Manipulation, gewonnenes Lebewesen auf dem Gebiet der Biotechnologie doch patentiert werden kann. Die Frage ist bereits im EPÜ, in der EU-Biorichtlinie und im deutschen BioPatG (Entwurf) behandelt. § 2 Abs. 2 BioPatG (Entwurf), Regel 23d EPÜ und Art. 6 Abs. 2 EU-Biorichtlinie beschreiben eine Reihe von Gegenständen, die von der Patentierung ausgeschlossen sind, nämlich Patente auf das Klonen von menschlichen Lebewesen einschließlich der Embryonen, Patente im Zusammenhang mit der Keimbahntherapie beim Menschen, die Verwendung menschlicher Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken und bestimmte Fälle der Veränderung der genetischen Identität von Tieren. Diese Aufzählung ist exemplarisch und als Konkretisierung der Begriffe „öffentliche Ordnung“ und „gute Sitten“ zu verstehen265. Die genannten Fälle könnten noch erweitert werden, aber trotzdem versucht weder die EU-Biorichtlinie noch das deutsche BioPatG (Entwurf) zusätzliche Fälle ausdrücklich zu regeln. Es soll der Rechtsprechung überlassen bleiben, flexibel in jedem Einzelfall die Erfindungen zu identifizieren, deren gewerbliche Verwertbarkeit gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen würde266. Hierzu ist in § 2 Abs. 2 S. 2 des BioPatG (Entwurf) die Regelung vorgesehen, dass bei der Anwendung der Fälle 1 bis 3 die entsprechenden Vorschriften des Embryonenschutzgesetzes vom 13. Dezember 1990 zu berücksichtigen sind. Mit Rücksicht darauf wird klargestellt, dass Forschung, die nach dem Embryonenschutzgesetz untersagt ist, auch nicht Gegenstand eines Patentschutzes sein kann. Nicht patentierbar sind folglich das Klonen des Menschen und die industrielle und kommerzielle Verwendung von menschlichen Embryonen. Was im Zusammenhang mit dem Patentschutz von

265 Transformation der EU-Biorichtlinie in die Ausführungsordnung zum EPÜ, GRUR Int. 1999, 712 ff. (714). 266 Begründung des Gesetzes zur Umsetzung der EU-Biorichtlinie.

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Embryonen noch besonders geprüft wird, ist die gewerbliche Anwendbarkeit als Patentierbarkeitsvoraussetzungen. Zum Beispiel sind Verfahren zur Embryo-Implantation und -Entnahme, soweit sie chirurgischer Eingriffe bedürfen, nicht patentierbar, auch wenn sie weder zur Therapie noch zur Prophylaxe, sondern nur zur tierischen Produktion dienen, da gemäß § 5 Abs. 2 DPatG bzw. Art. 57 EPÜ Verfahren zu chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des tierischen Körpers und Diagnostizierverfahren, die am tierischen Körper angewendet werden, als nicht gewerblich anwendbar angesehen werden, unabhängig davon, ob sie aus tiermedizinischen oder anderen Gründen eingesetzt werden267. Darüber hinaus bleibt es immer noch dahingestellt, ob es tatsächlich gewährleistet ist, dass mit dem von der Regierung beschlossenen BioPatG (Entwurf) doch die Patenterteilungen ausgeschlossen werden, die gegen das deutsche Embryonenschutzgesetz verstoßen könnten268. In Korea gibt es kein Gesetz über Embryonenschutz. Nach dem Entwurf des sog. Gesetzes über die Lebensethik und -sicherheit ist die menschliche Reproduktion streng verboten. Das neu zu gründende Ethikkomitee solle den Zulassungsumfang der Forschung über Reproduktion des Embryos festlegen269. c) Sortenschutzgesetz aa) Kurze Geschichte der Pflanzenzüchtung Seit Anfang des 20. Jahrhunderts wurden heftige Auseinandersetzungen über den Pflanzenschutz geführt270. Bereits 1930 wurde in Deutschland der Entwurf eines Saat- und Pflanzengutgesetzes271 vorgestellt, der Sorte wurde allerdings kein selbständiger Schutz zugebilligt272. Danach hat man sich darum bemüht, ein Spezialgesetz für Pflanzenzüchtungen zu schaffen. Im Jahr 1953 wurde ein eigenständiges „Gesetz über Sortenschutz und Saatgut von Kulturpflanzen“ (sog. Saatgutgesetz) erlassen273. In Bezug auf die Erteilung des Schutzrechts enthielt das Saatgutgesetz zum ersten Mal materiellrechtliche und verfahrens267 Benkard/Bruchhausen, § 5 Rdnr. 13; Straus, Gewerblicher Rechtsschutz, S. 72 (73); vgl. ders., GRUR Int. 1990, 916. 268 Die umfangreichen Materialien sind bei der Enquete-Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“ des Bundestages zu finden, s. http://www.bundestag.de. 269 Im Einzelnen befindet sich in dem zweiten Teil der vorliegenden Arbeit. 270 Dazu ausführlich bei Chisum/Nard/Schwartz/Newman/Kieff, S. 303. 271 GRUR 1930, 244 ff. 272 Der Grund hierfür war, dass die Benutzung der Sortenbezeichnung, die sich beim Vertrieb von entsprechendem Pflanzenmaterial verwenden ließ, der Zustimmung des Züchters vorbehalten war. Dabei war die Sortenschutzbezeichnung dem Eigentumsbereich des Züchters zugeordnet, vgl. Tilmann, GRUR 1979, 514; vgl. Wuesthoff/ Leßmann/Würtenberger (1999), S. 160. 273 BGBl. I 450; dazu ausführlich bei Büttner, Die Saatgutordnung, 1954.

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rechtliche Vorschriften274. Aber dieses Gesetz hatte einen Mangel darin, dass nur ein Teil der Pflanzenarten wie Ernährungs- und Nutzpflanzen unter das Schutzrecht gestellt wurde, und dass die Erteilung eines Sortenschutzrechts vom Nachweis des landeskulturellen Wertes der einschlägigen Neuzüchtung abhängig war275. Dieser Mangel konnte auf internationaler Ebene 1961 durch das UPOV-Übereinkommen276 beseitigt werden, in dem der geschützte Pflanzenbereich beträchtlich erweitert wurde. Das Übereinkommen trat erst im Jahr 1968 in Kraft277. Wegen des Beitritts zum UPOV-Übereinkommen am 10. Mai 1968278 bedurfte es in Deutschland einer Gesetzesnovelle. Infolgedessen wurden am 20. Mai 1968 zwei Gesetze über Pflanzenzüchtungen erlassen, und zwar das „Gesetz über den Sortenschutz vom Pflanzensorten (Sortenschutzgesetz)“279 und das „Gesetz über den Verkehr mit Saatgut (Saatgutverkehrsgesetz)“280. Nach den Revisionen des UPOV-Übereinkommens von 1972 und 1978 wurde das deutsche Sortenschutzgesetz am 11. Dezember 1985281 wiederum einer Änderung unterzogen mit der Begründung, dass die Erweiterung des Schutzgegenstandes und die Ausgestaltung der Sortenbezeichnung an das geänderte UPOV-Übereinkommen angepasst, und dass das Verwaltungsverfahren des Sortenschutzgesetzes vereinfacht und vereinheitlicht werden solle282. Nach dem UPOV-Übereinkommen von 1991, mit dem das Doppelschutzverbot wegfiel, ist der parallele Schutz durch Sortenschutz und Patent ein und derselben Züchtungsergebnisse möglich. Dementsprechend hängt es nunmehr von den Entscheidungen der Verbandsstaaten ab, ob für Pflanzensorten alternativ oder kumulativ Patentschutz neben dem speziellen Züchterrecht zur Verfügung gestellt wird. In Deutschland ist dieses Prinzip durch die Neufassung des SortG 274

Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger (1999), S. 97. Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger (1999), S. 97. 276 Das Wort ist aus dem französischen Verbandsnamen „Union Internationale pour la Protection des Obtentions Végétales“ abgeleitet. Der internationale Verband ist organisatorisch der WIPO (World Intellectual Property Organisation) angegliedert, siehe http://www.wipo.org/. 277 Außerdem ergriff bereits 1957 die französische Regierung die Initiative, auf internationaler Ebene die züchterische Leistung zu schützen, dazu ausführlich bei Schade/Pfanner, GRUR Int. 1962, 341 ff. Zur Geschichte des Sortenschutzes und vor allem den Verhandlungen zur 1961er UPOV-Akte siehe Bent/Schwaab/Conlin/Jeffery, Intellectual Property Rights in Biotechnology Worldwide, S. 40 ff.; Neumeier, S. 13– 55; Byrne, Commentary on the Substantive Law of the 1991 UPOV Convention for the Protection of Plant Varieties, 7–11. 278 BGBl. II 1968, S. 428 ff. = BlPMZ 1968, 250 ff. 279 BGBl. I, 1968, S. 429 = BlPMZ 1968, 204 ff. 280 BGBl. I, 1968, S. 444 = BlPMZ 1968, 231 ff. 281 BGBl. I S. 2170. Das Gesetz ist am 18. 12. 1985 in Kraft getreten. 282 Dieses Gesetz wird als ein echter Sachschutz betrachtet, durch den dem Züchter einer neuen Pflanzensorte ein privates Schutzrecht gewährleistet wurde, vgl. Leßmann, GRUR 1986, 279 ff.; GRUR 1986, 19 ff.; Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger (1999), S. 98. 275

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1997 weggefallen; es besteht aber fort in Art. 92 Abs. 1 EGSVO. Was auf das deutsche Sortenschutzgesetz noch Einfluss ausgeübt hat, ist die gemeinschaftliche Sortenschutzverordnung von 1994. Sie zielte auf die Harmonisierung der gewerblichen Schutzrechte für Pflanzensorten auf gemeinschaftlicher Ebene ab, denn die betreffenden Bestimmungen der Mitgliedstaaten waren inhaltlich sehr unterschiedlich. Das deutsche Sortenschutzgesetz musste daher an den gemeinschaftlichen Sortenschutz angepasst werden. Jedoch lässt diese Verordnung das Recht der Mitgliedstaaten, nationale Schutzrechte für Sorten zu erteilen, gemäß ihrem Art. 3 unberührt. Das derzeitige geltende deutsche Sortenschutzgesetz ist am 19. Dezember 1997 in Kraft getreten283. Neben dem koreanischen Patentgesetz, in dem die Pflanzenpatente beschrieben sind, gibt es im Bereich des Pflanzensortenschutzes in Korea das Saatgutindustriegesetz, das auf dem UPOV-Übereinkommen vom 2. Dezember 1991 beruht und erst am 6. Dezember 1995 in Kraft getreten ist. Dementsprechend gilt in Korea die Fassung des UPOV-Übereinkommens von 1991, in dem die Vorschrift des Doppelschutzverbots weggefallen ist. Daher kann der parallele Schutz durch den Sortenschutz und das Patent sein. Die Prüfung auf Sorte wird jedoch nicht durch das Patentamt, sondern von der Verwaltungsbehörde für das Saatgut vorgenommen. bb) Verhältnis des Sortenschutzes zum Patentschutz Der Sorten- bzw. Patentschutz ist ein Teil des gewerblichen Rechtsschutzes. Der Sortenschutz ist einerseits ein patentähnliches Recht unter dem Gesichtspunkt, für eine geistige Leistung ein Ausschließlichkeitsrecht zu gewährleisten, und andererseits räumt er aufgrund der Eigenschaften der lebenden Materie eine Schutzform ein, die von einer umfassenden Alleinstellung abweicht284. Zur Entstehung des Schutzrechts ist eine Mitwirkung des Bundessortenamtes bzw. des Gemeinschaftlichen Sortenamtes einerseits und des Patent- und Markenamtes bzw. des Europäischen Patentamtes andererseits erforderlich285. 283

BGBl. I. S. 3164; BlPMZ 1998, 47 ff. Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger (1999), S. 105. 285 Die Organisation der Ämter und die Verfahren vor ihnen sind verwaltungsmäßig, d. h. das Patenterteilungsverfahren hat eigene Verfahrensvorschriften und das Sortenschutzgesetz enthält das förmliche Verwaltungsverfahren für die Sortenschutzrechte. Öffentlich-rechtlich sind auch die verfassungsrechtlichen Gewährleistungen für das gewerbliche Schaffen, die in Art. 1 und 2 und vor allem Art. 14 GG zum Ausdruck kommen. Art. 14 GG gibt grundrechtlichen Schutz gegen staatliche Eingriffe in das Eigentum und Erbrecht (BVerfGE 24, 367 ff.; 35, 348 ff., 361; 45, 333; 46, 334; 50, 290 ff.), wobei die Enteignung im verfassungsrechtlichen Sinne auf die Entziehung konkreter Eigentumspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben gerichtet ist (BVerfGE 70, 199 ff.). Durch Art. 14 GG werden alle vermögenswerten Befugnisse des geistigen Eigentümers (BVerfGE 78, 101), wie das Patent- und Warenzeichenrecht sowie das Urheberrecht unter Schutz gestellt (BVerfGE 31, 229 ff.; 31, 284

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Nach dem deutschen Patentgesetz werden Patente für Pflanzensorten nicht wie im EPÜ erteilt286. Der Begriff „Pflanzensorte“ ist nicht im Patentgesetz zu finden, sondern dem Sortenschutzgesetz bzw. den gerichtlichen und behördlichen Entscheidungen übertragen worden287. Art. 1 Abs. 6 UPOV-Übereinkommen von 1991, Art. 5 Abs. 2 EGSVO, Regel 23b AO EPÜ und § 2 Nr. 1a) des deutschen SortG definiert den Begriff „Sorte“288. Daraus folgt, dass die Pflanzensorte, welche die Voraussetzungen für die Erteilung eines Züchterrechts erfüllt, von der Patentierung ausgenommen wird289. Für die Pflanzenzüchter ist der Patentschutz von großer Bedeutung, solange und soweit kein eigenständiger Sortenschutz vorliegt. Ob die Pflanzenzüchtungen doch die Patentierungsvoraussetzungen erfüllen können, steht aber weiterhin in Frage. Die Schutzkriterien der Erfindung, z. B. Wiederholbarkeit, Erfindungshöhe und die gewerbliche Verwertbarkeit sind häufig nicht leicht zu begründen. Falls ein besonderer Sortenschutz dort vorliegt, liegt es nahe, dass dieser den Patentschutz ausschließt oder nur begrenzten Raum für ihn lässt, ohne die konkreten Patentierungsvoraussetzungen zu erwägen290. Abgesehen von dem Zweck des jeweiligen Schutzes unterscheidet sich der Patentschutz vom Sortenschutz in erster Linie durch die Schutzvoraussetzungen 275 ff.; 36, 281 ff.; 49, 382 f.). So widerspricht es der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, dass der Urheber sein Werk für öffentliche Veranstaltungen regelmäßig vergütungsfrei zur Verfügung stellen muss, vgl. BVerfGE 49, 382 ff.; dazu ausführlich bei Schmidt-Bleitreu/Franz, Art. 14, 1a und 3d, S. 373 und 381. 286 Im Art. 53 b) EPÜ und im § 2 Abs. 2 DPatG ist vorgesehen, dass Pflanzensorten von der Patentierung ausgeschlossen sind. Es bedeutet nicht, dass Pflanzen auch nicht patentierbar sind. Dies wird im 3. Teil, B. der vorliegenden Arbeit ausführlicher behandelt. 287 TBK EPA v. 23. 7. 1983, GRUR Int. 1984, 301 (302) – „Vermehrungsgut/CIBAGEIGY“. Nach dieser Entscheidung kann eine Pflanzensorte, d. h. eine in ihren Merkmalen gleiche Vielzahl von Pflanzen, die nach jeder Vermehrung (oder jedem Vermehrungszyklus) innerhalb bestimmter Toleranzgrenzen gleich bleiben, also Zuchtsorten, Klone, Linien, Stämme und Hybriden, auch eine Erfindung darstellen. 288 In diesen Artikeln ist der Begriff „Sorte“ nicht wörtlich, aber inhaltlich gleich, da das deutsche Sortenschutzgesetz diese Definition von dem UPOV-Übereinkommen bzw. von der gemeinschaftlichen Verordnung Nr. 2100/94 übernommen hat. In der Regel 23 (b)–(e) AO EPÜ, die nach der EU-Biorichtlinie 98/44/EG durch Beschluss des Verwaltungsrats vom 16. 6. 1999 eingefügt und erst am 1. 9. 1999 in Kraft getreten ist, wird dieser Begriff auch inhaltlich gleich definiert. Unter dem Begriff „Sorte“ ist verstanden als eine pflanzliche Gesamtheit innerhalb eines einzigen botanischen Taxons der untersten bekannten Rangstufe, die, unabhängig davon, ob sie voll den Voraussetzungen für die Erteilung eines Züchterrechts entspricht, (a) durch die sich aus einem bestimmten Genotyp oder einer bestimmten Kombination von Genotypen ergebende Ausprägung der Merkmale definiert werden kann, (b) zumindest durch die Ausprägung eines der erwähnten Merkmale von jeder anderen pflanzlichen Gesamtheit unterschieden werden kann, und (c) in Anbetracht ihrer Eignung, unverändert vermehrt zu werden, als Einheit angesehen werden kann. 289 Llewelyn, EIPR 1997, 120. 290 Lukes, GRUR Int. 1987, 318 ff.

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und die Wirkungen291. Hinsichtlich der Schutzvoraussetzungen setzt das Patentrecht eine Anweisung zum technischen Handeln voraus292, d. h. eine Erfindung muss neu, auf erfinderischer Tätigkeit beruhend und gewerblich anwendbar sein. Das Recht auf Sortenschutz wird auch materiell für die Erteilung des Sortenschutzes vorausgesetzt. Das Sortenschutzrecht ist ein absolutes und subjektives Privatrecht des Züchters und beinhaltet die Befugnis zur Anmeldung des Sortenschutzes. Die Erteilungsvoraussetzungen für den Sortenschutz, die im § 1 SortG, Art. 6 EGSVO und Art. 5 UPOV-Übereinkommen vorgesehen sind, sind in Anpassung an die Besonderheiten der biologischen Materie mit der Unterscheidbarkeit, der Homogenität, Beständigkeit und Neuheit293 geringer. Zu beachten ist im Sortenschutz, dass der Schutz auf Pflanzensorten einer im Artenverzeichnis aufgeführten Art beschränkt wird294. Ebenso wie im Patentschutz ist vor allem das Merkmal der Neuheit zu beachten. Die zu schützende Pflanzensorte muss, wie im Patentrecht neu sein. Art. 6 UPOV-Übereinkommen bzw. Art. 10 EGSVO sieht vor, dass eine Sorte als neu gilt, wenn am Tag der Einreichung des Antrags auf Erteilung eines Züchterrechts Vermehrungsmaterial oder Erntegut der Sorte im Hoheitsgebiet der Vertragspartei, in der der Antrag eingereicht worden ist, nicht früher als ein Jahr und im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei als der, in der der Antrag eingereicht worden ist, nicht früher als vier Jahre oder bei Bäumen und Reben nicht früher als sechs Jahre vom Züchter oder mit seiner Zustimmung zum Zwecke der Auswertung der Sorte verkauft oder auf andere Weise an andere abgegeben wurde. Im Gegensatz dazu gilt eine Erfindung nach § 3 DPatG als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Der Stand der Technik umfasst alle Kenntnisse, die vor dem für den Zeitraum der Anmeldung maßgeblichen Tag durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind. Daraus wird die Schlussfolgerung ge-

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Straus, GRUR Int. 1990, 914 ff. Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) „Rote Taube“ von 1969 wurde in Deutschland ausdrücklich geäußert, dass auch Erfindungen im Bereich der Lebewesen als technische Lehren angesehen werden können, und zwar selbst dann, wenn sie sich auf höhere Lebewesen, inklusiv Tiere beziehen. Der BGH hat in der Entscheidung die Frage darum, ob ein Kreuzungsverfahren zur Züchtung von Tauben patentierbar ist, bejaht und sich ferner so geäußert, dass „eine Lehre zum planmäßigen Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolges . . .“ dem Patentschutz gemacht worden sei, vgl. Beschluss v. 27. 3. 1969, GRUR 1969, 672. 293 Der Begriff der Neuheit im Sortenschutz ist von dem Begriff der Neuheit im Patentschutz im Wesentlichen ungleich. Im Sortenschutz ist fraglich, ob die Sorte mit Zustimmung des Berechtigten vor dem Antragstag seit mehr als einem Jahr, bei bestimmten Arten sogar seit mehr als vier Jahren gewerbsmäßig vertrieben worden ist, siehe § 6 SortG; vgl. Straus, GRUR Int. 1990, 927; Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger (1999), Rdnr. 172 ff. 294 Dazu ausführlich: Straus, GRUR Int. 1987, 333 ff. 292

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

zogen, dass eine Erfindung zur Patentierung absolut neu sein muss, während dies für Erteilung des Sortenschutzes nicht gilt. Was die Wirkungen des Patents angeht, kommen dem Patentinhaber gemäß § 9 DPatG umfassende Ausschließlichkeitsbefugnisse zu. Der Dritte darf ohne die Zustimmung des Patentinhabers das Erzeugnis, das Verfahren und sogar das durch das Verfahren unmittelbar hergestellte Erzeugnis295 weder herstellen, anbieten, in Verkehr bringen, gebrauchen, noch zu diesem Zweck einführen oder besitzen. Die Weitervermehrung ist daher nur mit Erlaubnis des Patentinhabers zulässig296. Im Gegensatz dazu lässt das Sortenschutzrecht dem Landwirt zum landwirtschaftlichen Anbau grundsätzliche Weiterentwicklungs-freiheit zu297. Deswegen kann der Sortenschutzinhaber Importe derartiger Produkte verhindern. Laut dem „Landwirteprivileg“-Prinzip kann der Landwirt Erntegut einer geschützten Sorte zurückbehalten und als Vermehrungsmaterial für den Wiederbau im eigenen Betrieb verwenden, wenn er es nicht in Verkehr bringt. § 9c Abs. 1 BioPatG (Entwurf) hat diesen Grundsatz für pflanzliches Vermehrungsmaterial übernommen. Nach der Fassung des UPOV-Übereinkommens von 1991 ist es unmöglich, ohne die Zustimmung des Züchters das Erntegut zu erzeugen und zu vermehren. Somit müssen die Nachbaugebühren gegen Benutzung der geschützten Sorte an den Züchter entrichtet werden298. Außerdem gewährleistete das Züchterprivileg jedem Züchter die freie Verwendung geschützter Sorten zur Züchtung einer neuen Sorte und die gewerbliche Nutzung der daraus hervorgehenden neuen Sorten. Aber der Züchter einer Ausgangssorte, einer geschützten Sorte, war in der Lage, es dem Züchter der abgeleiteten Sorte 295 Die mit dem Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugnisse sind insbesondere im Bereich der belebten Natur aufgrund der Fähigkeit von Lebewesen, sich selber zu reproduzieren, sehr umstritten, denn die Frage stellt sich, ob als unmittelbare Erzeugnisse des geschützten Verfahrens nur die Lebewesen angesehen werden können, die mit Hilfe dieses Verfahrens erzeugt wurden. Darüber wurden heftige Diskussionen geführt, z. B. Benkard/Bruchhausen, § 9 Rdnr. 54. Er ist der Meinung, dass die Ergebnisse einer Weitervermehrung von unmittelbaren Erzeugnissen den mit dem Begriff der Unmittelbarkeit gezogenen Rahmen sprengen. Hingegen ist von Pechmann anderer Meinung und fordert, dass auch die Nachfolgegenerationen als unmittelbar erhaltene Verfahrensprodukte gelten müssten, solange die erfindungsgemäße Änderung erbbeständig ist, vgl. von Pechmann, GRUR Int. 1987, 348; Straus, GRUR Int. 1990, 923. 296 Benkard/Bruchhausen, § 2 Rdnr. 16. 297 Gemäß § 10a Abs. 2 Sortenschutzgesetz erstreckt sich die Wirkung des Sortenschutzes nicht auf Erntegut, das ein Landwirt durch Anbau von Vermehrungsmaterial einer geschützten Sorte der in dem Verzeichnis der Anlage aufgeführten Arten mit Ausnahme von Hybriden und synthetischen Sorten im eigenen Betrieb gewonnen hat und dort als Vermehrungsmaterial verwendet, soweit der Landwirt gewissen Verpflichtungen nachkommt. Darum kann eine geschützte Sorte als Ausgangsmaterial zur Züchtung neuer Sorten zustimmungs- und kostenlos verwendet werden. Aber der Sortenschutz erstreckte sich nicht auf Pflanzen oder Pflanzenteile der geschützten Sorte im Konsumsektor, z. B. Knollen, Blätter, Wurzeln und die daraus gewonnene Produkte, z. B. Öl mit besonderen Eigenschaften, vgl. Straus, GRUR Int. 1990, 928. 298 Sog. Landwirteprivileg, siehe http://www.rzbd.fh-hamburg.de.

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zu verbieten, Saatgut der abgeleiteten Sorte zu vertreiben. Das Züchterprivileg beschränkt sich nunmehr darauf, dass die Vermarktung einer Sorte, die im Wesentlichen von einer geschützten Sorte abgeleitet ist, von der Erlaubnis des Züchters der geschützten Sorte abhängig ist299. Aber die Wirkungen des Patentund Sortenschutzes erstrecken sich, wie im § 11 Nr. 1, 2 DPatG und im § 10a Abs. 1 SortG vorgeschrieben ist, nicht auf Handlungen, die entweder im privaten Bereich zu nichtgewerblichen Zwecken oder zu Versuchszwecken vorgenommen werden. Im Zusammenhang von Sorten- und Patentschutz ist insbesondere Art. 92 EGSVO, der das Doppelschutzverbot betrifft, zu beachten, denn der deutsche Sorten- bzw. Patentschutz kommt erst in Betracht, soweit kein gemeinschaftlicher Sortenschutz vorhanden ist. Mit anderen Worten hat gemäß Art. 92 Abs. 1 S. 2 EGSVO ein deutsches Schutzrecht, das entgegen einem vorhandenen gemeinschaftlichen Sortenschutzrecht erteilt worden ist, keine Wirkung. Wenn das deutsche Schutzrecht schon vor dem gemeinschaftlichen Sortenschutz erteilt worden ist, ist dieses gemäß Art. 92 Abs. 2 EGVSO nicht unwirksam, auch wenn die Rechte aus einem solchen Schutz an der Sorte solange nicht geltend gemacht werden können, wie der gemeinschaftliche Sortenschutz daran besteht. Daraus folgt, dass die Bedeutung des gemeinschaftlichen Sortenschutzes gewachsen, und die des deutschen Sortenschutzes zurückgegangen ist. Der deutsche Sortenschutz bleibt nur dort sinnvoll, wo ein Schutzinteresse lediglich auf deutschem Gebiet besteht300. cc) Verhältnis des Sortenschutzes zur EU-Biorichtlinie In der EU-Biorichtlinie werden die Vorschriften und die Erwägungen über Pflanzensorten, die nicht nur gemäß Art. 53 b) EPÜ, sondern auch nach dem Art. 4 Abs. 1a EU-Biorichtlinie nicht patentierbar sind, niedergelegt. Hierbei ist es zweifelhaft, ob die EU-Biorichtlinie die sachgerechte Abgrenzung des Sortenschutzes und Patentschutzes genau ziehen kann. Die Technische Beschwerdekammer des EPA hegt Zweifel daran, ob die Richtlinie für die Auslegung von Art. 53 b) EPÜ als „spätere Praxis“ i. S. d. Art. 31 der Wiener Vertragsrechtskonvention anzusehen und damit bei der Auslegung des Art. 53 b) EPÜ zu berücksichtigen ist301. In den in der Richtlinie vorhandenen Begriffsbestimmungen ist naturgemäß ein Auslegungsspielraum vorhanden, der die Abgrenzungsfrage nicht eindeutig zu lösen vermag. In Bezug auf die Beziehung der 299 Sog. Züchterprivileg. Einzelheiten dazu bei Straus, Ind. Prop. 1987, 434 ff.; siehe auch http://www.rzbd.fh-hamburg.de. 300 Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger (1999), S. 106 ff. 301 TBK T 1054/96 – 3.3.4, Transgene Pflanze/NOVARTIS ABl. EPA 1998, 511, Nr. 77 der Entscheidungsgründe auf Seite 545.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

EU-Biorichtlinie zu den jeweiligen nationalen Rechten wertet der europäische Gesetzgeber durch die EU-Biorichtlinie weiterhin das nationale Patentrecht als wesentliche Grundlage für den Rechtsschutz biotechnologischer Erfindungen, die jedoch hinsichtlich der Entwicklung der Technologie, die biotechnologisches Material benutzt, aber gleichwohl die Voraussetzungen für die Patentierbarkeit erfüllt, angepasst oder ergänzt werden muss302. Art. 2 Abs. 3 EU-Biorichtlinie schreibt vor, dass der Begriff „Pflanzensorte“ durch Art. 5 EGSVO definiert wird. Nach dem Erwägungsgrund 30 der EUBiorichtlinie wird eine „Pflanzensorte“ durch ihr gesamtes Genom geprägt und besitzt deshalb Individualität, und darum ist die Sorte von anderen Sorten deutlich unterscheidbar. Nach Art. 4 Abs. 1a EU-Biorichtlinie sind Pflanzensorten nicht patentierbar. Eine Pflanzengesamtheit, die durch ein bestimmtes Gen (und nicht durch ihr gesamtes Genom) gekennzeichnet ist, unterliegt nicht dem Sortenschutz. Sie ist deshalb von der Patentierbarkeit nicht ausgeschlossen, auch wenn sie Pflanzensorten umfasst303. Wenn eine Erfindung aber lediglich darin besteht, dass eine bestimmte Pflanzensorte genetisch verändert wird, und wird dabei eine neue Pflanzensorte gewonnen, so bleibt diese Pflanzensorte selbst dann von der Patentierbarkeit ausgeschlossen, wenn die genetische Veränderung nicht das Ergebnis eines im Wesentlichen biologischen, sondern eines biotechnologischen Verfahrens ist304. Während die EU-Biorichtlinie den Schutzumfang der Pflanzensorte erweitert305, beschränkt Art. 10 den Schutzumfang des Patentrechts306. Vom Schutz302

Erwägungsgrund 8 der EU-Biorichtlinie. Erwägungsgrund 31 der EU-Biorichtlinie. 304 Erwägungsgrund 32 der EU-Biorichtlinie. 305 Art. 8 Abs. 1 EU-Biorichtlinie schreibt vor, dass der Schutz eines Patents für biologisches Material, das aufgrund der Erfindung mit bestimmten Eigenschaften ausgestattet ist, jedes biologische Material umfasst, das aus diesem biologischen Material durch generative oder vegetative Vermehrung in gleichender oder abweichender Form gewonnen wird und mit denselben Eigenschaften ausgestattet ist. Gemäß Art 8. Abs. 2 erstreckt sich der Patentschutz für ein Verfahren, das die Gewinnung eines aufgrund der Erfindung mit bestimmten Eigenschaften ausgestatteten biologischen Materials ermöglicht, auf das mit diesem Verfahren unmittelbar gewonnene biologische Material und außerdem jedes andere mit denselben Eigenschaften ausgestattete biologische Material, das durch generative oder vegetative Vermehrung in gleicher oder abweichender Form aus dem unmittelbar gewonnenen biologischen Material gewonnen wird. Darüber hinaus erstreckt sich gemäß Art. 9 EU-Biorichtlinie der Patentschutz für ein Erzeugnis, das aus einer genetischen Information besteht oder sie enthält, auf jedes Material, in das dieses Erzeugnis Eingang findet und in dem die genetischen Information enthalten ist und ihre Funktion erfüllt. 306 Art. 10 EU-Biorichtlinie sieht vor, dass sich der in den Art. 8 und 9 vorgesehene Schutz nicht auf das biologische Material erstreckt, das durch generative oder vegetative Vermehrung von biologischem Material gewonnen wird, das im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats vom Patentinhaber oder mit dessen Zustimmung in Verkehr gebracht wurde, wenn die generative oder vegetative Vermehrung notwendigerweise das Ergebnis der Verwendung ist, für die biologisches Material in Verkehr gebracht 303

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umfang eines Patents für pflanzliches Material wird nicht mehr erfasst, was durch die generative oder vegetative Vermehrung das notwendige Ergebnis der Verwendung ist, für die das biologische Material in Verkehr gebracht wurde. Das so gewonnene Material darf aber anschließend nicht für andere generative oder vegetative Vermehrungen verwendet werden, es sei denn, es handelt sich hier um einen Landwirt, der unter die Privilegierungsausnahme des Art. 11 Abs. 1 der EU-Biorichtlinie fällt. Die Erfindungen auf dem Gebiet der pflanzlichen Materie können patentiert werden, wenn die Ausführungen der Erfindung technisch nicht auf eine bestimmte Pflanzensorte beschränkt sind307. Pflanzliches Material, für das bereits ein Patent erteilt wurde, kann durch den Sortenschutz geschützt werden. Aber dies gehört zum Schutzumfang der sortenschutzrechtlich geschützten Sorte, weil diese Neuzüchtung i. S. d. § 3 SortG von den geschützten Sorten nicht deutlich zu unterscheiden ist, bzw. bei einer deutlichen Unterscheidbarkeit eine im Wesentlichen abgeleitete Sorte i. S. d. § 10 Abs. 2 und 3 SortG ist. Die Funktion eines Patents besteht darin, den Erfinder mit einem ausschließlichen, aber zeitlich begrenzten Nutzungsrecht für seine innovative Leistung zu belohnen und damit einen Anreiz für erfinderische Tätigkeit zu schaffen. Der Patentinhaber muss demnach berechtigt sein, die Verwendung patentierten selbstreplizierenden Materials unter solchen Umständen zu verbieten, die den Umständen gleichstehen, unter denen die Verwendung nicht selbstreplizierenden Materials verboten werden könnte, d. h. die Herstellung des patentierten Erzeugnisses selbst308. Gemäß Art. 11 EU-Biorichtlinie ist der Landwirt berechtigt, das vom Patent erfasste pflanzliche Material, das vom Patentinhaber selbst oder mit dessen Zustimmung an einen Dritten zum landwirtschaftlichen Anbau in Verkehr gebracht wurde, im eigenen Betrieb dazu zu verwenden, um hieraus seine Erzeugnisse durch die generative oder vegetative Vermehrung für den eigenen Betrieb zu gewinnen. Im Hinblick auf die Züchtung der patentrechtlich geschützten pflanzlichen Materialien treffen die Rechte des Patentinhabers auf eine Ausnahme, um das Landwirteprivileg in diesem Bereich aufrechtzuerhalten, wenn Vermehrungsmaterial, in das die geschützte Erfindung Eingang gefunden hat, vom Patentinhaber oder mit seiner Zustimmung zum landwirtschaftlichen Anbau an einen Landwirt in Verkehr gebracht wird. Mit dieser Ausnahmeregelung soll dem Landwirt gestattet werden, sein Erntegut für spätere generative oder vegetative Vermehrung in seinem eigenen Betrieb zu verwenden. Das Ausmaß und die Modalitäten dieser Ausnahmeregelung sind auf das Ausmaß und die Bedingunwurde, vorausgesetzt, dass das so gewonnene Material anschließend nicht für andere generative oder vegetative Vermehrung verwendet wird. 307 Art. 4 Abs. 2 und Erwägungsgrund 29 der EU-Biorichtlinie. 308 Erwägungsgrund 46 der EU-Biorichtlinie.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

gen zu beschränken, die in Art. 14 ESGVO vorgesehen sind309. Außerdem sehen § 10a und 10b SortG, Art. 15 und 16 EGSVO sowie Art. 15 und 16 UPOV-Übereinkommen gewisse Beschränkungen für den Sortenschutz vor, und zwar im privaten Bereich zu nicht gewerblichem Zweck und für Versuchszwecke, während in der EU-Biorichtlinie solche Beschränkungen nicht vorgesehen sind. Nach dem Art. 93 EGSVO unterliegt die Geltendmachung der Rechte aus dem gemeinschaftlichen Sortenschutz den Beschränkungen durch das Recht der Mitgliedstaaten nur insoweit, als in dieser Verordnung ausdrücklich darauf Bezug genommen worden ist. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass der Patentschutz für all das, was dem Sortenschutz nicht zugänglich ist, nicht ausgeschlossen sein soll. Die EU-Biorichtlinie schreibt ferner eine nicht-ausschließliche Lizenz vor. Der Patentinhaber für eine biotechnologische Erfindung kann gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung eine nicht-ausschließliche Zwangslizenz für die durch das Sortenschutzrecht geschützte Pflanzensorte fordern. Der Sortenschutzinhaber hat ebenfalls Anspruch auf Einräumung einer gegenseitigen Lizenz gegen Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr310. In beiden Fällen geht man davon aus, dass sich derjenige, der eine Zwangslizenz beantragt, beim Inhaber des tangierten Schutzrechtes um eine vertragliche Lizenz bemüht hat, und dass die Pflanzensorte oder Erfindung einen bedeutenden technischen Fortschritt von erheblichem wirtschaftlichen Interesse gegenüber der patentgeschützten Erfindung oder der geschützten Pflanzensorte darstellt311. d) Umsetzungsentwurf der EU-Biorichtlinie Nach dem Vorschlag der EU-Biorichtlinie 98/44/EG hat das Bundesministerium der Justiz in Deutschland am 17. April 2000 den Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen damit begründet, dass der Wortlaut bei der Umsetzung in das nationale Recht soweit wie möglich unverändert bleiben sollte, damit der Wille des Europäischen Gesetzgebers durch die Umsetzung nicht verändert oder gar verfälscht werde312. Im Lauf der Umsetzung der Richtlinie in das nationale Patentrecht ist zu beachten, dass die Richtlinie nicht die Einführung eines besonderen Rechts 309

Erwägungsgrund 47 der EU-Biorichtlinie. Art. 12 EU-Biorichtlinie. 311 Erwägungsgrund 52 und 53 der EU-Biorichtlinie. 312 Beispielsweise sollte der in Art. 2 Abs. 1 verwendete Begriff „biologisches Material“ unverändert bleiben und vor allem nicht durch „biologische Substanz“ ersetzt werden, denn dieser Begriff ist im technischen Sprachgebrauch noch enger, vgl. Begründung des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen, siehe Homepage des Bundesministeriums der Justiz, http://www.bmj.bund.de/. 310

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erfordert, das an die Stelle des nationalen Patentrechts tritt. Daher handelt es sich nicht um die Schaffung eines besonderen Rechts für biotechnologische Erfindungen, sondern darum, das geltende Patentrecht in bestimmten Punkten für Erfindungen auf dem Gebiet der belebten Natur anzupassen oder zu ergänzen. Die Richtlinie baut auf dem Patentrecht der Mitgliedstaaten auf, gemäß dem es auch bisher möglich war, biotechnologische Erfindungen zu patentieren313. Außerdem gilt das bisherige nationale Patentrecht auch für biotechnologische Erfindungen weiter, soweit die Richtlinie keine Regelungen trifft314. Der gegenwärtig auf Ressortebene in Deutschland ventilierte Entwurf ist darauf gerichtet, dass der deutsche Gesetzgeber in den ausschlaggebenden Punkten über biotechnologische Erfindungen den Formulierungen des Gemeinschaftsgesetzgebers wörtlich weitgehend nachkommen würde315. Der Inhalt von § 1 Abs. 2 BioPatG (Entwurf), nach dem Patente auch für Erfindungen erteilt werden können, die biologisches Material betreffen, ist erstmals im geschriebenen Recht niedergelegt. Ferner ist dieser Artikel insoweit von großer Bedeutung, als es im Text des Patentgesetzes festgelegt wird, dass auch Naturstoffe unter gewissen Voraussetzungen patentierbar sind. Neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Patentierung spielt der technische Charakter eine wichtige Rolle. Fehlt es an der Technizität, so kann keine patentierbare Erfindung vorliegen316. Bei seiner Auslegung ist der Begriff der Erfindungen nicht auf das Gebiet der unbelebten Natur beschränkt317. Derjenige, der erstmals mit technischen Mitteln einen bisher nicht bekannten Naturstoff isoliert und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt, ist Erfinder im Sinne des Patentgesetzes, und seine Innovation ist patentierbar. Darum ist der Gegenstand des Patents nur der künstlich isolierte Stoff als solcher. Falls dagegen die Offenbarung der Erfindung lediglich auf den Hinweis auf die Existenz des Stoffes in der Natur beschränkt ist, liegt nur eine Entdeckung vor318. Die § 9a bis 9c BioPatG (Entwurf), die aus den Art. 8 bis 11 der EU-Biorichtlinie umgesetzt werden, behandeln die Schutzwirkungen des Patents für 313 Erwägungsgrund 8 der EU-Biorichtlinie. Siehe Begründung des Gesetzes zur Umsetzung der EU-Biorichtlinie in: http://www.bmj.bund.de/. 314 Nach dem Erwägungsgrund 35 der EU-Biorichtlinie lässt die Richtlinie die nationalen Vorschriften über den Ausschluss medizinischer Heilverfahren von der Patentierbarkeit unberührt. Ferner gilt auch das sog. Forschungsprivileg des § 11 Nr. 2 DPatG. 315 Nach der Begründung des Regierungsentwurfs sind die Bestimmungen der EUBiorichtlinie möglichst wörtlich umzusetzen, vgl. Herdegen, GRUR Int. 2000, 859 ff. 316 Deswegen könnte z. B. für ein im Wesentlichen biologisches Züchtungsverfahren von Pflanzen, das auf Kreuzung und Selektion beruht, kein Patent erteilt werden, wie in Art. 4 der EU-Biorichtlinie festgelegt ist. 317 Die Frage, ob bei Vorliegen der Patentierungsvoraussetzungen auch Erfindungen auf dem Gebiet der Lebewesen patentiert werden können, ist bisher in Deutschland von der Praxis und Rechtsprechung bejaht worden, siehe die Entscheidung des BGHs „Rote Taube“ v. 27. 3. 1969. 318 BGHZ 64, 101 – Bäckerhefe.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

biotechnologische Erfindungen und die Ausnahmen davon. Mit dem Gedanken der Besonderheit biologischen Materials, sich selbst zu vermehren, stellt sich die Frage, ob der Patentschutz mit der ersten, vom Patentinhaber hergestellten bzw. behandelten Generation endet. Wenn dies der Fall wäre, so würde der Patentschutz verkürzt und damit wirtschaftlich weitgehend entwertet, weil der Käufer diese beliebig vegetativ oder generativ vermehren und mit dem Verkauf der Folgegenerationen dem Patentinhaber Konkurrenz machen könnte319. Daraus folgt, dass der Patentschutz so lange fortwirkt, wie die mit der Erfindung bewirkten Eigenschaften noch vorhanden sind. Außerdem beinhaltet § 9b BioPatG (Entwurf) eine Erschöpfungsregelung für Vermehrungsmaterial und § 9c BioPatG (Entwurf) das Landwirteprivileg-Prinzip. Beide sollen jeweils aus den Art. 10 und Art. 11 der EU-Biorichtlinie umgesetzt werden. Das BioPatG (Entwurf) nimmt auch Rücksicht auf die ethischen Grenzen. § 1a BioPatG (Entwurf) ist inhaltlich gleich mit Art. 5 EU-Biorichtlinie, in dem Grundsätze für die Patentierung des menschlichen Körpers statuiert sind. Dabei handelt es sich um die Fragen nach Verdeutlichung und Bekräftigung wichtiger ethischer Grundsätze sowie nach der Lösung der Abgrenzungsfrage bei der Patentierung von Gensequenzen und Teilsequenzen. Außerdem behandelt § 2 Abs. 1 BioPatG (Entwurf) Verstöße gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten. Zum Beispiel nennt § 2 Abs. 2 vier Fälle, die unter das Verbot des § 2 Abs. 1 fallen. Diese Aufzählungen könnten fortgesetzt werden, aber der Entwurf schlägt weitere nicht vor. Vielmehr soll es der Rechtsprechung überlassen bleiben, flexibel in den jeweiligen Einzelfällen die Erfindungen zu identifizieren, deren gewerbliche Verwertung gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen würde. Dabei wird noch erwogen, dass eine Erfindung patentfähig sein kann, obwohl deren Verwertung gegen ein Gesetz oder die Rechtsordnung verstößt. In diesem Falle wäre jedoch lediglich deren Verwertung beschränkt, d. h. der Patentinhaber darf sie solange nicht verwerten, wie das Verbot besteht. Bei der Umsetzung der EU-Biorichtlinie sollen Schutzbestimmungen des deutschen ESchG und des Transplantationsgesetzes als Patentierungsschranke mit verankert werden320. Es steht noch in Frage, in welcher Form die EU-Biorichtlinie im deutschen Patentgesetz endgültig umgesetzt wird.

319 Im Hinblick darauf betrifft § 9a des Gesetzesentwurfs die „vertikale“ und „horizontale“ Fortwirkung des Patentschutzes. Siehe die Begründung des Gesetzes zur Umsetzung der EU-Biorichtlinie, vgl. http://www.bmj.bund.de/. 320 Nach dem ESchG ist in Deutschland therapeutisches Klonen verboten. Ende 1997 wurde in Deutschland das Transplantationsgesetz verabschiedet, das regelt, unter welchen Umständen Organe eines Menschen entnommen und einem anderen transplantiert werden dürfen, vgl. am Deutscher Bundestag vom Februar 2000, http:// www.bundestag.de/htdocs/aktuell/bp/2001/. . ../0102043d.html.

B. Erfindungen und Patentierbarkeitsvoraussetzungen

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B. Erfindungen und Patentierbarkeitsvoraussetzungen im biotechnologischen Bereich I. Allgemeines Im Bereich der Naturwissenschaft hat sich vor allem die Biotechnologie im 20. Jahrhundert rasch entwickelt. Ihre Entwicklung hat das Patentrecht mit vielen Fragen konfrontiert, für die noch keine befriedigenden gesetzlichen Lösungen gefunden werden konnten. Diese Fragen beruhen sowohl auf einem Mangel der Definition des grundlegenden Begriffs „Erfindung“ im Rahmen des Patentrechts, als auch auf der Auslegungsverschiedenheit der Rechtsordnungen. Gegenstand des Patentschutzes ist die Erfindung. Es stellt sich die Frage, ob das Patentgesetz ohne eine genaue Definition der Erfindung auskommt. Eine positive Definition der Erfindung steht weder im geltenden deutschen Patentgesetz (DPatG) noch im EPÜ noch in der EU-Biorichtlinie. Stattdessen ist nur vorgeschrieben, was nicht als Erfindungen angesehen wird321 und was von der Patentierung ausgeschlossen ist322. Die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Erfindung wird daher Rechtsprechung und Lehre überlassen323. Die Beurteilung der Erfindung erfolgt nach dem Gesetz auf dem Hintergrund des Standes der Technik. Mit anderen Worten bringt die Erfindung den Stand der Technik voran. Patentschutz ist daher nur erhältlich für Schöpfungen auf technischem Gebiet, die einen Beitrag zum Stand der Technik leisten324. Neben dem Zustandekommen einer Erfindung nach Maßgabe des gesetzlichen Begriffs muss zur Patentierung eine Erfindung allgemeine Patentierungsvoraussetzungen erfüllen, und zwar gemäß Art. 52 Abs. 1 EPÜ bzw. § 1 Abs. 1 DPatG Neuheit, erfinderische Tätigkeit und gewerbliche Anwendbarkeit325. 321 Gemäß § 1 Abs. 2 DPatG bzw. Art. 52 Abs. 2 EPÜ werden Entdeckungen, wissenschaftliche Theorien und eine Reihe der geistigen Leistungen für nicht patentfähig erklärt. Beispielsweise werden auch ästhetische Formschöpfungen, Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten sowie die Wiedergabe von Informationen nicht als Erfindungen angesehen. Dabei wird für reine Entdeckungen kein Patentschutz gewährleistet. Der Begriff der Erfindung wird in den USA und in Europa grundsätzlich nicht anders interpretiert, obgleich das amerikanische Patentgesetz im Art. 101 eine Erfindung umfangreich umschreibt: „Whoever invents or discovers any new and useful process, machine, manufacture, or composition of matter, or any new and useful improvement thereof, may obtain a patent therefor, subject to the conditions and requirements of this title“, vgl. Bernhardt/Kraßer, S. 84. 322 § 2 DPatG bzw. Art. 53 EPÜ. 323 s. Entscheidung v. 27. 3. 1969. BGHZ 52, 74 = GRUR 1969, 673 – Rote Taube mit Anm. Heydt; vgl. Bundesratsdrucksache Nr. 14 1876/77 zu § 1; Reichstagsdrucksache Nr. 8 1877 zu § 1; Schulte, § 1, Rdnr. 15. 324 Singer/Stauder, Art. 52, Rdnr. 14. 325 Nach dem 35 U.S.C. §§ 100 bis 103 muss eine Erfindung neu (novelty), nützlich (utility) and nicht offensichtlich (nonobviousness) sein.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

Diese Anforderungen werden unabhängig von den technischen Gebieten – z. B. Physik, Chemie, Biologie – gestellt326.

II. Erfindungen im biotechnologischen Bereich 1. Erfordernis der „Erfindung“ im biotechnologischen Bereich Nach der Praxis des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA), des Bundespatentgerichts (BPatG) bzw. des Europäischen Patentamts (EPA) ist eine Erfindung im Sinne des Patentrechts eine Lehre zum praktischen Handeln, deren beanspruchter Gegenstand oder deren beanspruchte Tätigkeit technischer Natur, realisierbar und wiederholbar ist und die Lösung einer Aufgabe durch technische Überlegungen darstellt327. Wie in anderen technischen Gebieten bedarf die Erfindung auch im biotechnologischen Bereich der technischen Lehre zum Handeln328. Außerdem ist die Erfindung in der Anmeldung so deutlich und vollständig zu offenbaren, dass ein Fachmann sie ausführen kann. a) Technischer Charakter Für Patentschutz muss eine Erfindung über einen technischen Charakter verfügen, denn das Anwendungsgebiet des Patentschutzes ist die Technik329. Die Erfindung muss insoweit technischen Charakter haben, als sie sich auf ein technisches Gebiet bezieht, wie in Regel 27 Abs. 1 (a) AO EPÜ vorgesehen ist. Der Erfindung liegt eine technische Aufgabe zugrunde. Durch diese Aufgabe kann der Gegenstand des Schutzbegehrens in den Patentansprüchen definiert werden330. Außerdem müssen zur Lösung einer technischen Aufgabe technische Mittel dargelegt werden331. In den Patentansprüchen, die für den Schutzbereich gemäß Art. 69 EPÜ und § 14 DPatG maßgebend sind, sind die technischen Merkmale anzugeben, die zum erfindungsgemäßen Erfolg einen Beitrag leisten332.

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Nach dem Art. 27 Abs. 1 TRIPS sind Patente für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erhältlich. 327 Schulte, § 1, Rdnr. 16; vgl. BGHZ 52, 74 = GRUR 1969, 673 – Rote Taube. 328 Diese Lehre muss über das bloße Auffinden des in der Natur bereits Vorhandenen hinausgehen. Insbesondere nach Erwägungsgrund 23 der EU-Biorichtlinie enthält ein einfacher DNS-Abschnitt ohne Angabe einer Funktion keine Lehre zum technischen Handeln. 329 Bernhardt/Kraßer, S. 89. 330 EPA-Prüfungsrichtlinien Teil C, Kapitel IV, 1.2 (ii). 331 Bernhardt/Kraßer, S. 86 ff.; Busse, §1, Rdnr. 18. Wenn eine Erfindung technische und nichttechnische Merkmale enthält, so ist ihre Patentierbarkeit nicht ausgeschlossen, vgl. Singer/Stauder, Art. 52, Rdnr. 16.

B. Erfindungen und Patentierbarkeitsvoraussetzungen

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Was man unter „Technik“ versteht, ist weder im EPÜ noch im DPatG noch in der EU-Biorichtlinie festgestellt. Der Begriff wird daher durch Lehre bzw. Rechtsprechung ausgelegt. Nach der Entscheidung des BGH stellt der Begriff „Technik“ jedes planmäßige Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte außerhalb der menschlichen Verstandestätigkeit zur unmittelbaren Herbeiführung eines kausal übersehbaren Erfolges dar333. Diese Definition hat nach wohl herrschender Meinung auch für den Bereich der Biotechnologie Gültigkeit334. Im Zusammenhang damit wird im biotechnologischen Bereich insbesondere die Frage aufgeworfen, ob die Lebewesen zur Technik zählen. Nach einer früheren deutschen Entscheidung durften dem Patentschutz nur leblose Dinge zugänglich gemacht werden335. Diese Haltung wurde aber schrittweise aufgegeben, und die Möglichkeit des Patentschutzes für Erfindungen in Bezug auf Lebewesen wurde eröffnet. Die Leitentscheidungen dazu sind die Entscheidung Rote Taube des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH) von 1969 und die Entscheidung Diamond v. Chakrabarty des Supreme Court der USA von 1980336. 332 s. T 192/82, ABl. 1984, 450; T 26/86, ABl. 1988, 19; T 222/89 v. 1. 7. 1992; T 209/91 v. 23. 5. 1991. Außerdem hat das EPA in Bezug auf das Computerprogramm eine Entscheidung getroffen. Nach dieser Entscheidung „IBM“, die zwar sich auf Computerprogramme bezieht, jedoch auf technische Merkmale, sei die Computerprogramme als solche nicht als Erfindungen angesehen, während es patentierbar sei, wenn zusätzlich zum Computerprogramm technische Merkmale beansprucht würden. Daher sei der technische Charakter erst dann von Belang, wenn ein Computerprogramm im Zusammenhang mit einem Verfahren oder einer Vorrichtung beansprucht werde, ABl. EPA 1999, 610 ff. 333 s. Rote-Taube Entscheidung, GRUR 1969, 673. Nach dieser Entscheidung stellt der deutsche BGH darauf ab, dass beherrschbare Naturkräfte zur Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolgs eingesetzt werden; BGHZ 78, 98, 106 – Walzstabteilung; BGH GRUR 1980, 849, 850 – Antiblockiersystem; vgl. hierzu auch BGH GRUR 2000, 498 f. – Logikverifkation, und BGH GRUR 2000, 1007 f. – Sprachanalyseeinrichtung; Dazu ausführlich bei Sellnick, GRUR 2002, 122–123. Nach seiner Auffassung gelingt die Negativabgrenzung gegenüber den Begriffen wissenschaftliche Erkenntnis und wissenschaftliche Theorie. Aber die Rechtsprechung der Beschwerdekammern im EPA befasst sich weniger mit der Definition des Begriffs „Technik“ als vielmehr mit der Abgrenzung zu nicht-technischen Innovation, vgl. Singer/Stauder, Art. 52, Rdnr. 16; Mes, PatG, 1997, § 1 Rdnr. 9. 334 Singer/Stauder, Art. 52, Rdnr. 17. 335 Vgl. Beschluss des Reichspatentamts v. 12. 6. 1914, BlPMZ 1914, 257 (258). Danach hatte das Patentgesetz nur solche Erfindungen im Auge, welche dem Gebiete der Technik angehören, d. h. Erfindungen, welche willkürliche Einwirkungen der äußeren menschlichen Machtmittel auf leblose Dinge zum Gegenstande haben. Nicht zur Technik gehört dagegen die Behandlung von Lebewesen. Namentlich kann eine Behandlung des lebenden menschlichen Körpers nicht Gegenstand einer Erfindung i. S. d. Patentgesetzes sein, woraus sich der Ausschluss der Heilverfahren vom Patentschutz ergibt. Aber auch sonstige Verfahren, deren Erfolg wesentlich auf der selbsttätigen Funktion der lebenden Natur beruht, sind dem Patentschutz nicht zugänglich. Beispielsweise sog. landwirtschaftliche Kulturverfahren, Verfahren der Pflanzenzüchtung, Tiererzeugung, Tierpflege. 336 Zur Entwicklung des Patentrechts in Bezug auf die Biotechnologie leistete diese Entscheidung einen großen Beitrag. Bei dieser Entscheidung geht es um eine Erfin-

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

Bei der Entscheidung „Rote Taube“ geht es darum, ob Erfindungen, die sich biologischer Naturkräfte bedienen, patentfähig sind. Durch diese Entscheidung ist allgemein festgestellt worden, dass der technische Charakter einer Erfindung nicht allein deshalb verneint werden kann, weil sie auf dem Gebiet der belebten Natur gemacht wurde337. Dabei wurde der patentrechtliche Erfindungsbegriff so ausgelegt, dass eine Lehre zum planmäßigen Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur unmittelbaren Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolges als patentierbar anzusehen ist. Der BGH hat den Erfindungsbegriff nicht auf das Gebiet der unbelebten Natur beschränkt. Aber er hat ihn auf das technische Gebiet eingeschränkt. Eine Erfindung im Sinne des Patentrechts ist nur eine technische Erfindung, eine Lehre zum technischen Handeln338. Dies führt dazu, dass nur solche Anmeldungsgegenstände, die durch planmäßiges menschliches Handeln zustande kommen und anzuwenden sind, patentierbar sind. Durch diese Entscheidung wurde eine Tür zur Patentierbarkeit von Lebewesen aufgestoßen, aber eine spezielle Vorschrift für biologisches Material, das aus Menschen stammt, fehlt. Nur für die Erfindungen, die sich auf vom menschlichen Körper getrennte Substanzen beziehen und deren Verwertung nicht gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten verstößt, können im Grundsatz Patente erteilt werden. Dass biologisches Material bereits in der Natur vorhanden war, steht der Schutzfähigkeit nicht entgegen, sofern es für den Menschen bislang nicht zugänglich war. Wenn durch ein technisches Verfahren Naturstoffe von ihrer natürlichen Umgebung isoliert werden, geht dies über die bloße Entdeckung von Naturphänomenen hinaus, die sich im Auffinden oder in der Erkenntnis bislang unbekannter, aber objektiv in der Natur bereits vorhandener Gesetzmäßigkeiten, Wirkungszusammenhänge, Erscheinungen oder Stoffe erschöpfen339. In Deutschland wurde die grundsätzliche Patentierbarkeit von Pflanzenzüchtungen in der Entscheidung „Usambara-Veilchen“340 und von Mikroorganismen dung eines Mikroorganismus Pseudomonas, das gentechnisch verändert wurde und zur Beseitigung von Ölverunreinigung verwendet werden konnte. Solchen Eigenschaften hatten die in der Natur vorhandenen Bakterien nicht. Im Sinne des Titel 35 U.S.C. § 101 hat das Patentamt aber diese Anmeldung zurückgewiesen, denn Lebewesen seien keine patentfähigen Gegenstände. Danach hat the Court of Customs and Patent Appeals ein Patent für diese Erfindung erteilt und damit begründet, dass ein vom Menschen hergestellter Mikroorganismus zum Gegenstand des Patents werden kann. Auf Antrag des Patentamts wurde dieser Fall beim obersten Gerichtshof eingehoben. Der oberste Gerichtshof hat am 16. 6. 1980 die Entscheidung getroffen, dass der Mikroorganismus Chakrabartys ein patentfähiger Gegenstand sei damit begründet, dass „alles unter der Sonne, was von Menschenhand gemacht wird, kann patentierbar sein“. Dazu ausführlich bei der Entscheidung v. Diamond v. Chakrabarty des Supreme Court = GRUR Int. 1980, 627. 337 Fuchs, JZ 1999, 600. 338 Bernhardt/Kraßer, S. 89 ff. 339 Fuchs, JZ 1999, 600.

B. Erfindungen und Patentierbarkeitsvoraussetzungen

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in den Entscheidungen „Levorin“341 und „Bäckerhefe“342 anerkannt. Auf europäischer Ebene wurde ein Patent für die Tiererfindung „Harvard-Krebsmaus (Onko-Maus)“ vom EPA erteilt343. Auf Grundlage dieser Entscheidungen ist heute gesichert, dass die lebende Materie grundsätzlich unter den patentrechtlichen Begriff der Technik fällt, und dass der Patentschutz sich auch auf Lebewesen bezieht344. Soweit die lebende Materie in den Begriff „Technik“ mit einbezogen wird345, werden auf der anderen Seite ethische und philosophische Fragen aufgeworfen, ob das Leben doch patentiert wird, und ob die Patentierung des Lebens die Unterscheidung zwischen belebten und unbelebten Dingen überflüssig macht346. Man geht ferner davon aus, dass das TRIPS-Abkommen und die EU-Biorichtlinie die Patentierung der belebten Materie ausdrücklich zulassen. Gemäß Art. 27 Abs. 1 TRIPS-Abkommen sind die Vertragsstaaten dazu verpflichtet, Patentschutz für Erzeugnis- und Verfahrenserfindungen auf allen Gebieten der Technik zu gewähren, sofern die allgemeinen Patentierbarkeitsvoraussetzungen vorliegen. Selbst wenn nach Art. 27 Abs. 2 und 3 von diesem Grundsatz Ausnahmen ausdrücklich vorgesehen sind, müssen außerhalb von diesen Ausnahmen Patente erteilt werden, ohne nach dem Gebiet der Technik zu diskriminieren347. Diese Grundregel wird auch in Art. 3 Abs. 1 der EU-Biorichtlinie konkretisiert. Erfindungen können hiernach nämlich patentiert werden, unabhängig davon, ob sie belebte oder unbelebte Dingen betreffen, wenn sie ein Erzeugnis, das aus biologischem Material besteht oder dieses enthält, oder ein Verfahren, 340

BPatG BlPMZ 1974, 203. BPatG GRUR 1974, 392. 342 BGH GRUR 1975, 430. 343 Hierzu Prüfungsabteilung v. 14. 6. 1989 = GRUR Int. 1990, 56 – Krebsmaus/ HARVARD I mit Anm. von Moufang; TBK v. 3. 10. 1990, T 19/90, EPA ABl. 1990, 476 = GRUR Int. 1990, 978 – Krebsmaus/HARVARD II; Prüfungsabteilung v. 3. 4. 1992 = GRUR Int. 1993, 240 – Krebsmaus/HARVARD III. Bei dieser Patentanmeldung geht es um einen transgenen nichtmenschlichen Säuger. Das EPA hat sie zurückgewiesen, da Tiere an sich von der Patentierung ausgeschlossen seien. Nach der Auffassung der Beschwerdekammer des EPA gilt aber die Ausnahme von der Patentierbarkeit nur für bestimmte Gruppen von Tieren, nicht für Tiere an sich. Daraufhin hat das EPA am 4. 4. 1992 ein Patent für diese Erfindung erteilt. Gegen die Patenterteilung sind 16 Einsprüche eingelegt, vgl. Paver, Patent World, March 1992, 9 ff. Hier behandelt der Verfasser die Entscheidung Krebsmaus/HARVARD vor allem im Hinblick auf Ethik, Wirtschaft und Umwelt. Die Einspruchsabteilung des EPA hat entschieden, das Krebsmaus-Patent in eingeschränktem Umfang aufrecht zu erhalten, siehe www.european-patent-office.org (am 12. 4. 2003 aufgerufen). 344 Moufang (1988), S. 141; Bernhardt/Kraßer, S. 89 f.; Fuchs, JZ 1999, 600; Kresbach, S. 59 ff. 345 Moufang (1988), S. 142; Entscheidung Diamond v. Chakrabarty, 447 U.S. 303, 316 f.; GRUR Int. 1980, 631; Beier, GRUR 1972, 218. Er will ethische Bedenken bereits im Rahmen des Erfindungsbegriffs berücksichtigen. 346 Calame, S. 19 ff. 347 Hierzu Straus, GRUR Int. 1996, 188. 341

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

mit dem biologischem Material hergestellt, bearbeitet oder verwendet wird, zum Gegenstand haben, unter der Voraussetzung, dass die allgemeinen Patentierbarkeitsvoraussetzungen vorliegen. Hingegen ist im koreanischen Patentgesetz der Begriff „Erfindung“ definiert. Gemäß § 2 KPatG versteht man unter „Erfindung“ die Schöpfung eines technischen Gedankens unter Anwendung von Naturgesetzen, deren Niveau hoch ist. In erster Linie ist die Erfindung i. S. d. Patentrechts nicht das Naturgesetz als solches, sondern dessen Anwendung. Denn das Naturgesetz als solches ist nur Naturerscheinung und seine Offenlegung bloße Entdeckung. Außerdem bedarf die Erfindung i. S. d. koreanischen Patentrechts der Schöpfung des technischen Gedankens. Hierbei ist die Technik ein konkretes Mittel, durch die menschliche Herrschaft über die Natur hinaus eine bestimmte technische Aufgabe in einem technischen Bereich zu lösen348. Ferner ist ein anderes Element für die Erfindung nicht die Technik als solche, sondern der technische Gedanke, der keine konkrete Gestalt, sondern eine abstrakte Idee oder Konzeption bedeutet349. Das letzte Element der Erfindung stellt die „Erfindungshöhe“ dar350. Die Erfindungshöhe bedeutet, dass die Erfindung den durchschnittlichen Experten des betreffenden technischen Bereichs nicht nahe lag, und dass im Vergleich zur erfinderischen Leistung des Gebrauchsmusters das Schöpfungsniveau der Erfindung höher ist. b) Wiederholbarkeit Neben dem technischen Charakter ist für das Vorliegen einer Erfindung im Sinne des § 1 Abs. 1, § 35 Abs. 2 DPatG bzw. Art. 83 EPÜ zu fordern, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Hierbei wurde das Erfordernis der Wiederholbarkeit zu einem großen Hindernis für die Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen, da biologische Prozesse auf komplexen Zusammenhängen beruhen. Deswegen sind sie nicht gänzlich beherrschbar und können möglicherweise aus Mangel der Wiederholbarkeit nicht patentiert werden351. In der Entscheidung „Rote Taube“ wurde die Wiederholbarkeit zu einer unabdingbaren Voraussetzung zur Patentierung eines Tierzüchtungsverfahrens erklärt. Danach 348

Song/Lee/Hwang, S. 186 ff. Yosifuji, S. 57. 350 Entscheidung v. 30. 7. 1996 des Koreanischen Supreme Court (95 Hu 1715); Lee, J.-L., S. 115; Song/Lee/Hwang, S. 188 ff. Nach dem KPatG ist der Begriff „Erfindungshöhe“ ein wichtiger Maßstab, Erfindungen des Patents und des Gebrauchsmusters voneinander zu unterscheiden, denn beim Gebrauchsmusterschutz sind die Anforderungen an die erfinderische Leistung geringer als beim Patent. Nach dem Gebrauchsmustergesetz wird auch die kleinere Erfindung, für die ein Patent mangels ausreichender Erfinderleistung nicht in Frage kommt, unter rechtlichen Schutz gestellt. 351 Straus, GRUR 1990, 916. 349

B. Erfindungen und Patentierbarkeitsvoraussetzungen

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offenbart eine Erfindung als Lehre zum technischen Handeln nur dann eine fertige Lösung, wenn der Fachmann in beliebiger Wiederholung nach dieser Lehre mit gleichbleibendem Erfolg arbeiten kann352. Allerdings verliert die Anforderung der Wiederholbarkeit an Bedeutung353, da es mithilfe der gentechnologischen Manipulationsmethode nun relativ leicht geworden ist, biotechnologische Erfindungen zu wiederholen und zu einem gentechnisch identischen Organismus zu führen354. Der europäischen355 bzw. deutschen356 Praxis zufolge hat das Erfordernis der Wiederholbarkeit im Hinblick auf die Patentierung biotechnologischer Erfindungen vielmehr an Bedeutung verloren, da dieses Problem schon durch Hinterlegung und Freigabe selbstreplizierbaren biologischen Materials der vermehrungsfähigen Proben der jeweiligen Organismen bei einer Hinterlegungsstelle gelöst werden kann357. Die Hinterlegung und Freigabe mikrobiologischer Erfindungen ist nicht im KPatG, sondern in der KPatAV beschrieben. Gemäß § 2 KPatAV können sowohl Gegenstände der Pflanzen- und Tiererfindungen als auch eine Probe der mikrobiologischen Erfindungen bei einer Hinterlegungsstelle hinterlegt werden. Bei den Erfindungen der Pflanzensorten sind charakteristische Gene, Merkmale und deren Züchtungsverfahren oder Auswahlverfahren zu beschreiben. Wenn ein Dritter mit der Beschreibung in der Anmeldung allein die endgültigen Pflanzensorten nicht gewinnen kann, ist in den ursprünglichen Anmeldungsun352

GRUR 1936, 539 (541); GRUR 1969, 672 ff. Für manche traditionelle biologische Erfindungen war es fast unmöglich, den zugrunde liegenden Vorgang der Züchtung bzw. Kreuzung exakt zu wiederholen, und in der Folge war das Erfordernis der Wiederholbarkeit zur Patentierung biologischer Erfindung tatsächlich ein großes Hindernis. Dazu bei Moufang, S. 155 ff.; im Einzelnen dazu bei Straus/Moufang, Hinterlegung und Freigabe von biologischem Material für Patentierungszwecke, 1989. 354 Beispielsweise ermöglicht die PCR (Polymerasekettenreaktion), eine der bekannten gentechnischen Verfahren, eine bestimmte DNS-Sequenz in einer großer Menge zu vervielfältigen, siehe die vorliegende Arbeit 1. Teil, B. II. 2. Außerdem hat es das EPA abgelehnt, bei biotechnologischen Erfindungen am Erfordernis der Wiederholbarkeit des ursprünglichen Züchtungs- oder Isolierungsvorgangs festzuhalten, GRUR Int. 1981, 361; Moufang (1988), S. 145; Beier/Straus (1986), S. 142 f. 355 Mittelung des Präsidenten des EPA v. 11. 12. 1981 über die Änderung der Richtlinie für die Prüfung im EPA, ABl. 1982, 19. 356 Der BGH hat in seiner Entscheidung „Tollwutvirus“ erklärt, dass die am herkömmlichen Wiederholungsbegriff orientierte Auffassung aufgegeben und die Hinterlegung des Mikroorganismus bei Sachansprüchen zugelassen wird, vgl. BGH GRUR Int. 1987, 357 mit Anm. Beier. Aber der BGH hatte schon in seiner anderen Entscheidung „Bäckerhefe“ anerkannt, die Hinterlegung von Mikroorganismen als mögliche Ersatzlösung für die zur Offenbarung verwendeten Beschreibung biologischer Erfindungen anzusehen, vgl. BGH GRUR 1975, 430. 357 Eine solche Tendenz steht im Einklang mit der Rechtssprechung in den USA, wo die Hinterlegung einer Probe des beanspruchten Organismus als ausreichend angesehen wird, vgl. Beier/Straus (1986), S. 141; Moufang (1988), S. 154; Krueger, 81 Colum. L. Rev. 177 (1981). 353

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

terlagen darauf hinzuweisen, dass die Zellen der Pflanzensorten gemäß § 2 KPatAV bei einer Hinterlegungsstelle hinterlegt worden sind358. Bei den Tiererfindungen lassen sich Verfahren zur Erzeugung oder Anwendung der Tiere in der Beschreibung ausführlich darlegen. Hierbei ist in den ersten Anmeldungsunterlagen zu beschreiben, dass Ausgangsstoffe leicht erhältlich sind, oder bei einer Hinterlegungsstelle hinterlegt werden. Wenn die Struktur und die Wirkungsprozesse der Tiere sehr kompliziert und schriftlich nur unzureichend beschrieben werden können, oder wenn die Versuche zu übermäßigen Fehlern führen, die Erfindung entsprechend der Beschreibung zu wiederholen, dann kann die Wiederholbarkeit durch die Hinterlegung gewährleistet werden. 2. Patentierbarkeit der Erfindungen bezüglich lebendiger Materie Heutzutage wird die Patentierung biotechnologischer Erfindungen häufig im Hinblick auf den Entdeckungscharakter diskutiert. Es geht um die Frage, ob die Erzeugnisse, die als solche in der Natur nicht vorhanden sind und erst mithilfe der Gentechnologie von Menschen gewonnen werden, als Schöpfungen des Menschen betrachtet werden können359. Nach dem europäischen bzw. deutschen Patentgesetz sowie der EU-Biorichtlinie steht fest, dass das bloße Auffinden eines sich bereits in der Natur befindenden Stoffes als Entdeckung gilt und deswegen keine patentierbare Erfindung ist, weil es diesem Auffinden an der Lehre zum technischen Handeln zur Erteilung des Patents mangelt. In Art. 2 Abs. 1 EU-Biorichtlinie, § 2a Abs. 3 Nr. 1 BioPatG (Entwurf) und Regel 23b Abs. 3 AO EPÜ ist der Begriff „biologisches Material“ auf gleiche Weise definiert. So bezeichnet wird jedes Material, das genetische Informationen enthält und sich selbst reproduzieren oder in einem biologischen System reproduziert werden kann. Zum biologischen Material gehören nicht nur Pflanzen, Tiere, Mikroorganismen, sondern auch unbelebte chemische Materialien, wie DNS, Proteine oder Gewebe. Biologisches Material kann gemäß Art. 3 358

Vgl. 3.1.3. (1) der KBioRL. Straus (1987), S. 45; ebenso Entscheidung Chakrabarty, 447 U.S. 303, 309 f., 100 S. Ct. 2204, 2208: „Respondent’s microorganism plainly qualifies as patentable subject matter. His claim is not to a hitherto unknown natural phenomenon, but to a nonnaturally occurring manufacture or composition of matter. The patentee has produced a new bacterium with markedly different characteristics from any found in nature. His discovery is not nature’s handiwork, but his own“. Über die Patentierung der Lebewesen war auch in den USA diskutiert worden. Nach dem „Manual of Patent Examining Procedure“ hat das amerikanische Patentamt festgehalten, dass eine in der Natur vorkommende Sache, die nicht wesentlich verändert wurde, kein Fabrikat (manufacture) ist. Dieses Dogma, sog. „Products of nature“ hat verhindert, dass neu entdeckte Pflanzen und künstlich hergestellte Verbindungen patentiert wurden. Mit dem Plant Patent Act von 1930 ist diese Entwicklung ausgehöhlt worden. Heute gilt in den USA ein Naturprodukt wohl als Erfindung im Sinne eines Produktes oder Erzeugnisses und ist patentierbar. 359

B. Erfindungen und Patentierbarkeitsvoraussetzungen

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Abs. 2 EU-Biorichtlinie, § 1 Abs. 2 BioPatG (Entwurf) bzw. Regel 23c (a) AO EPÜ dann patentiert werden, wenn es mithilfe eines technischen Verfahrens aus seiner natürlichen Umgebung isoliert oder gewonnen wird, auch falls es in der Natur bereits vorhanden ist. Nach der Praxis des EPA360 bzw. in Deutschland361 ist ein Verfahren zur Gewinnung des Stoffes patentfähig. Daraus folgt, dass eine aus der Natur isolierte oder auf andere technische Weise gewonnene Substanz grundsätzlich nicht von der Patentierbarkeit ausgeschlossen werden kann, selbst wenn diese mit ihrem natürlichen Gegenstück identisch ist. Für eine Erfindung, die ein in der Natur aufgefundenes menschliches, pflanzliches oder tierisches Gen betrifft, wird ein Patent erteilt, sofern das Gen für ein nützliches Protein kodiert, d. h. die Funktion des Gens angegeben wird, und die allgemeinen Patentierbarkeitsvoraussetzungen vorliegen362. Dementsprechend ist eine bloße Entdeckung einer Teilsequenz eines Gens nicht, hingegen ein durch ein technisches Verfahren gewonnener Bestandteil der Gensequenz patentierbar. Bei biotechnologischen Erfindungen geht es darum, ob eine bestimmte Genoder Teilsequenz der DNS patentiert werden kann. Dabei spielt eine Rolle, ob die DNS-Sequenz aus dem menschlichen Körper getrennt wird. Der Grund hierfür ist, dass ungetrennte Bestandteile des menschlichen Körpers weder einem sachenrechtlichen noch einem geistigen Eigentum unterliegen, sondern Ausprägung des Persönlichkeitsrechts ihres Trägers sind363. Im Anschluss daran stellt 360 Hierzu Prüfungsrichtlinie des EPAs, C-IV, 2.3. Wenn der Stoff entweder durch seine Struktur, durch das Verfahren, mit dem er hergestellt wird, oder andere Parameter genau beschrieben werden kann und völlig neu ist, d. h. sein Vorhandsein vorher nicht bekannt war, dann kann er als solcher ebenfalls patentierbar sein. Ein Beispiel für einen solchen Fall ist das Auffinden eines neuen, von einem Mikroorganismus erzeugten Stoffes. Mit Ausnahme der Erzeugnisse mikrobiologischer Verfahren sind Pflanzensorten oder Tierarten durch Art. 53 b) EPÜ von der Patentierbarkeit ausgeschlossen. 361 GRUR 1978, 239. Lactobacillus bavaricus-Entscheidung des BPatG v. 5. 4. 1978. Bei diesem Fall geht es darum, ob aus ihrer natürlichen Umgebung durch Isolierung gewonnene Verbindungen patentierbar sind. Das BPatG hat festgestellt, dass die Isolierung eines Vertreters eines Mikroorganismus aus einem in der Natur vorkommenden Gemisch verschiedener Organismen mittels eines selektiven Züchtungsverfahrens aber als Erzeugung durch Menschenhand angesehen werden müsse, selbst wenn das bloße Auffinden eines Mikroorganismus in der Natur eine Entdeckung sei. In die isolierte Form des Mikroorganismus griff die menschliche Tätigkeit ein, und also es wird nicht nur als das bloße Auffinden angesehen, deswegen befindet sich darin die Erfindungscharakter. 362 Schatz, GRUR Int. 1997, 588 ff. 363 Hierzu näher Taupitz JZ 1992, 1089 f.; Damm JZ 1998, 926 f.; Forkel, (1974), 593 ff., behandelt eingehend das Rechtsverhältnis zwischen Persönlichkeitsrecht und Bestandteilen des lebenden oder toten menschlichen Körpers. Diesbezüglich ist eine wichtige Entscheidung zu erwähnen, nämlich die „Relaxin“ Entscheidung, bei der es sich um ein menschliches Hormon handelt. Dieses Hormon wird durch eine gebärende Frau beim Einsetzen der Wehen produziert und dient zur Entspannung der am Geburtsvorgang beteiligten Muskeln. Ein gewisses Gen, das nur zu diesem Zeitpunkt aktiviert wird, ist für die Produktion von Relaxin verantwortlich. Bei der Erfindung geht

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

sich die Frage, ob die aufgeschlüsselten DNS-Sequenzen entweder als Erfindung oder als bloße Entdeckung zu betrachten sind. Überdies tauchen bei der Auslegung des Patentrechts biotechnologischer Erfindungen ethische Fragen auf, bei denen die Patentierung von Lebewesen als solche zum Thema wird. Bei der Patentierung von Gensequenzen stellt sich die Frage, ob auch für die menschlichen Gene Patente erteilt werden können. Diese Frage ist von großer Bedeutung, da die Patentierbarkeit von Erfindungen, deren Gegenstand der Mensch ist, ethische und politische Fragen mit sich bringt. In der Europäischen Kommission wird die Europäische Ethikgruppe der Naturwissenschaft und der Neuen Technologie eingerichtet. Diese Gruppe bewertet alle ethischen Aspekte im Zusammenhang mit der Biotechnologie. Die Befassung dieser Gruppe kann auch im Bereich des Patentrechts nur die Bewertung der Biotechnologie anhand grundlegender ethischer Prinzipien zum Gegenstand haben364. Die Europäische Kommission vertritt eindeutig die Auffassung, dass ein isolierter Teil des menschlichen Körpers oder ein auf andere Weise durch ein technisches Verfahren gewonnener Bestandteil, einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eines Gens, patentierbar ist, selbst wenn der Aufbau dieses Bestandteils mit dem Aufbau eines natürlichen Bestandteils identisch ist365. Infolgedessen steht bei einem bestimmten Gen der Patentierung nicht entgegen, dass es bereits in der Natur vorhanden ist, falls der Erfindung eine technische Lehre zum Handeln zugrunde liegt, denn die bloße Bereitstellung einer bisher unbekannten DNS-Sequenz genügt als technische Lehre nicht. Zum Nachweis einer technischen Lehre ist die Angabe einer Funktion bzw. einer nützlichen Anwendung der DNS-Sequenzen zu fordern. Weiter stellt sich die Frage, ob eine Gensequenz mit unbekannter biologischer Funktion bereits patentierbar ist, wenn die technischen Mittel zur Gewinnung der Gensequenzen dienen366. In Bezug darauf offenbart die EUBiorichtlinie eine andere Einschätzung, als die traditionelle Rechtsprechung, die sich auf die Patentierung chemischer Stofferfindungen bezieht367. Das EPA hält es für zweifelhaft, ob überhaupt eine technische Erfindung vorliegt, wenn eine es sowohl um die Isolierung dieses Gens aus den Zellen des Eierstocks als auch um die Einschleusung ins Genom einer Bakterie. Dadurch ist künstliches Relaxin, das sich in seinem chemischen Aufbau nicht von dem natürlich gebildeten unterscheidet, zu gewinnen und gegebenenfalls zur Verhinderung sonst unvermeidlicher Komplikationen beim Geburtsvorgang einzusetzen, dazu vgl. GRUR Int. 1995, 708 ff.; Vossius/Grund, Mitt. 1995, 339. 364 Art. 4 und Erwägungsgrund 44 der EU-Biorichtlinie. 365 Art. 5 und Erwägungsgrund 20 der EU-Biorichtlinie. 366 Insbesondere im Rahmen des internationalen Humangenom-Projekts (HGP) taucht diese Frage auf, in dem fast alle DNS-Sequenzen des menschlichen Genoms lediglich ohne Angabe der biologischen Funktion verschlüsselt sind. Zur Behandlung der Krankheiten, welche wegen der Änderung des menschlichen Genoms entstehen, ist im Grunde genommen die Angabe der biologischen Funktion erforderlich. Infolgedessen wird der nächste Schritt des HGP die Feststellung der Funktion der verschlüsselten DNS-Sequenzen sein.

B. Erfindungen und Patentierbarkeitsvoraussetzungen

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Patentanmeldung nur chemische Verbindungen beschreibt, denen keinerlei technisch nutzbare Eigenschaften zukommen368. Die Gewinnung einer DNS-Sequenz unbekannter Funktion ist mangels technischer Lehre nicht patentierbar. Also muss die Funktion bzw. eine nützliche Verwendung der DNS-Sequenz angegeben werden. In diesem Zusammenhang geht es um die Patentierung von ESTs (Expressed Sequence Tags)369, die eine DNS-Sequenz ohne Angabe einer spezifischen Funktion darstellt und im Allgemeinen als Gen-Marker oder Sonde zur Identifizierung des zugehörigen Gesamtgens oder zu dessen chromosomalen Lokalisierung eingesetzt werden kann370. Wenn eine Gensequenz durch ein technisches Verfahren entschlüsselt und ihr Verwendungszweck ermittelt wird, ist bekannt, für welches Protein sie codiert. Daher fällt eine Patentanmeldung, die ESTs betrifft, unter den Ausschlusstatbestand im Sinne des Patentrechts, wenn sie nur die allgemeine Angabe enthält, dass die Sequenz zum Auffinden des entsprechenden Gens verwendet werden kann371, da nur mithilfe der Bioinformatik gewonnene Sequenzen allein für sich den Anforderungen der Patentierbarkeit, vor allem der gewerblichen Anwendbarkeit und auch der erfinderischen Tätigkeit, nicht genügen372. Des weiteren sind in der EU-Biorichtlinie sog. Single Nucleotide Polymorphisms (SNPs) beschrieben, die nach übereinstimmender Meinung der Humangenomforscher und der pharmazeutischen Industrie als sog. research tools als präkompetitive Information behandelt werden, patentfrei bleiben und ferner zukünftig eine wichtige Rolle spielen dürf367 Für chemische Stofferfindungen, bei denen die technische Lehre zum Handeln in der Herstellung eines neuen Stoffes vorhanden ist, ist die Angabe eines allgemeinen technischen Gebiets ausreichend, auf dem die Erfindung angewandt werden soll. Deswegen ist es nicht erforderlich, den technischen Zweck anzugeben. Siehe BGH GRUR 1972, 541 – Imidazoline; vgl. Benkard/Bruchhausen, § 1, Rdnr. 83; Die Wirkung des sog. Stoffpatents erstreckt sich auf den erfindungsgemäßen Stoff als solchen. Es wird ein umfassender, absoluter Stoffschutz gewährt, der unabhängig von der Art der Herstellung ist und sämtliche Arten der Verwendung erfasst, auch wenn sie vom Erfinder nicht bedacht worden sind, vgl. Benkard/Bruchhausen, § 1, Rdnr. 84. 368 Vgl. Triazole/AGREVO, ABl. 1996, 309; dazu vgl. Lancon, GRUR 1998, 227, 231 f. 369 Im Einzelnen zu dem Begriff und der Verwendung von ESTs vgl. Baldock, 18. 370 Im Jahre 1991 hatten ESTs aufgrund einer Anmeldung der National Institutes of Health (NIH), die sich auf 3.421 cDNS-Sequenzen mit meist unaufgeklärten Funktionen bezog, für große Aufregung gesorgt, vgl. Straus (1997). Im Oktober 1998 wurde vom US-Patentamt der Firma Incyte Pharmaceuticals ein Patent für „Human Kinase Homologs“ erteilt. Damit wurden nicht nur die Bedenken der pharmazeutischen Industrie, sondern auch der Humangenomforscher nicht berücksichtigt. Aber es bleibt abzuwarten, ob die zuständigen Gerichte diese Praxis bestätigen, vgl. Straus, Genpatentierung, A-1062. 371 In Bezug auf den Erwägungsgrund 23 ist Oser der Meinung, dass dieser Erwägungsgrund die Angabe irgendeiner Funktion umfassen soll, denn für ESTs werden relativ leicht allgemeine Anwendungsmöglichkeiten angegeben, wird ihre Patentierbarkeit im allgemeinen nicht an Erwägungsgrund 23 scheitern, vgl. Oser, GRUR Int. 1996, 649 ff. 372 Köster, GRUR 2002, 843.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

ten373. Nach der EU-Biorichtlinie muss die gewerbliche Anwendbarkeit einer Sequenz oder Teilsequenz eines Gens bereits in der Patentanmeldung konkret beschrieben sein374. Im Hinblick darauf behandeln die Erwägungsgründe der EU-Biorichtlinie den absoluten Stoffschutz der Gensequenzen375. Der Erwägungsgrund 23 geht davon aus, dass es bei der bloßen Entschlüsselung von DNS-(Teil-) Sequenzen ohne Angabe einer spezifischen Funktion hinsichtlich der Synthese eines bestimmten Proteins mit bestimmten Wirkungen oder Eigenschaften bereits an einer Erfindung fehlt, da bei dieser Patentanmeldung keine Lehre zum technischen Handeln vorliegt. Im Fall der Verwendung einer Sequenz oder Teilsequenz eines Gens zur Herstellung eins Proteins oder Teilproteins beinhaltet die Voraussetzung des Kriteriums der gewerblichen Anwendbarkeit die Angabe, welches Protein oder Teilprotein hergestellt wird und welche Funktion es hat376. Dabei ist aber fraglich, ob unter Funktion nur die biologische Funktion oder auch jede andere Funktion der Sequenz verstanden werden kann, die kausal zur Lösung eines Problems einen Beitrag leistet, beispielsweise als Marker in der Diagnostik, oder zur Identifizierung für forensische Zwecke377. In diesem Zusammenhang wird betont, dass die Ausübung des Patentrechts die Würde des Menschen berücksichtigt378. Das Patentrecht muss unter Wahrung grundlegender Prinzipien, insbesondere der Gewährleistung der Würde und Unversehrtheit des Menschen, ausgeübt werden. Andernfalls würde kein Patent erteilt. Ausgehend von diesen Grundsätzen wird in der EU-Biorichtlinie klargestellt, dass der menschliche Körper in allen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung, einschließlich der Keimzellen, sowie die bloße Entdeckung eines seiner Bestandteile oder seiner Produkte, einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eines menschlichen Gens, nicht patentierbar ist, da eine bloße Entdeckung nicht Gegenstand eines Patents sein kann. Diese Prinzipien stehen im Einklang mit den im Patentrecht vorgesehenen Patentierbarkeitskriterien379. Der Begriff der Erfindung ist im deutschen Patentgesetz nicht definiert. In § 1 Abs. 2 des BioPatG (Entwurf), der den Art. 3 der EU-Biorichtlinie umset-

373 Für Erforschung der SNP ist ein Konsortium gegründet worden, das innerhalb der nächsten zwei Jahren etwa 300.000 SNPs auffinden und der Öffentlichkeit umgehend zugänglich machen will, vgl. Straus, Genpatentierung, A-1063 (A-1064); Marshall, Drug firms to create public data base of genetic mutations. 284 Science 406– 407 (1999). 374 Art. 5 Abs. 3 und Erwägungsgrund 22 der EU-Biorichtlinie. 375 Köster, GRUR 2002, 840 ff. Er ist der Meinung, dass den Gensequenzen Stoffschutz gewährt werden sollte. 376 Vgl. Erwägungsgrund 24 der EU-Biorichtlinie. 377 Straus, Genpatentierung, A-1063. 378 Vgl. Erwägungsgrund 16 der EU-Biorichtlinie. 379 Vgl. Erwägungsgrund 16 der EU-Biorichtlinie.

B. Erfindungen und Patentierbarkeitsvoraussetzungen

219

zen soll, sind zwei grundlegende Regeln in Hinsicht auf die Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen festzustellen. Zum einen können die Patente auch für Erfindungen, welche biologisches Material betreffen, erteilt werden, und zum anderen können auch Stoffe einschließlich biologischen Materials der Gegenstand einer Erfindung sein. Bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen sind biologische Stoffe patentierbar, wenn sie auch bereits in der Natur vorhanden sind, vorausgesetzt, dass sie mit Hilfe eines technischen Verfahrens aus ihrer natürlichen Umgebung isoliert oder hergestellt werden. Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet entspricht der Begriff „Erfindung“ in Deutschland dem auf europäischer Ebene verwendeten Begriff. Außer der Entscheidung Rote Taube zeigen auch die Entscheidungen des BPatG, dass die Frage, ob die Erfindungen im Bereich der belebten Natur patentierbar sind, durch Rechtsprechung oder Praxis in Deutschland bejaht worden ist. Dabei ist die Entscheidung „Knollenblätterpilz“ des BPatG vom 28. Juli 1978380 von grundlegender Bedeutung, bei der das Patent einen neu aufgefundenen Stoff betraf, dessen Genabschnitt bis dahin nicht in der Natur existierte und erst von Forschern zugänglich gemacht werden konnte. Der KBioRL zufolge ist bereits die in der Natur vorhandene bloße Entdeckung von Genen oder Proteinen von der Patentierung ausgeschlossen, da darin keine technischen Verfahren enthalten sind. Beispielsweise wird die Erfindung, in der technische Verfahren oder das konkrete Verfahren zur Herstellung des Menschen nicht beschrieben ist, nicht als Erfindung im Sinne des Patentrechts angesehen, sondern als bloße Entdeckung. Hingegen wird ein Bestandteil der Lebewesen, das durch ein technisches Verfahren isoliert und dessen Funktion angegeben wird, als eine vollkommende Erfindung angesehen. 3. Abgrenzung der Entdeckung gegenüber der Erfindung Eine bloße Entdeckung genießt keinen Patentschutz, wie Art. 52 Abs. 2 Nr. 1 EPÜ bzw. § 1 Abs. 2 DPatG regeln. Der Begriff „Entdeckung“ ist gesetzlich nirgendwo definiert. Durch die Rechtsprechung wurde aber klar gestellt, dass die Entdeckung das Auffinden oder Erkennen von etwas ist, das bisher unbekannt war, aber objektiv in der Natur bereits vorhanden war, z. B. Gesetzmäßig380 Das Bundespatentgericht hat ein in der Natur im grünen Knollenblätterpilz vorhandenes zyklisches Dekapeptid mit der Begründung für Patentierbarkeit erklärt, dass es vorher der Öffentlichkeit nicht zugänglich war und der Erfinder sowohl das Dasein dieses wertvollen Peptids in der Natur entdeckt hatte, als auch eine technische Lehre zur Gewinnung der Substanz sowie deren gewerbliche Anwendbarkeit offenbarte, vgl. BPatGE 20, 81. Seither gelten in der Natur vorkommenden Substanzen grundsätzlich als patentierbar. Durch diese Entscheidung wird festgestellt, dass zwischen synthetisch hergestellten Naturstoffen und anderen chemischen Stoffen patentrechtlich kein Unterschied besteht. Die Prüfungsrichtlinien des EPA hat sich dieser Auffassung angeschlossen, vgl. Straus (2000), Genpatentierung, A-1062.

220

3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

keiten, Wirkungszusammenhänge, Eigenschaften oder Erscheinungen381. Dabei ist gemäß § 1 Abs. 3 DPatG bzw. Art. 52 Abs. 3 EPÜ nur die Entdeckung als solche vom Patentschutz ausgeschlossen. Dagegen ist die Erfindung die zweckgerichtete Lösung eines bestimmten Problems mit technischen Mitteln382. Folglich ist das Auffinden eines in der Natur vorhandenen Gegenstands (Stoffs, Organismus) eine Entdeckung383, während das Auffinden und Entwickeln eines Verfahrens für seine Gewinnung (z. B. Isolierung und Beschreibung eines für ein menschliches Protein codierenden DNA-Fragments)384 keine bloße Entdeckung darstellt. Es ist daher erforderlich, genaue Abgrenzungskriterien zwischen patentfähigen Erfindungen und nichtpatentfähigen Entdeckungen aufzustellen. Dabei stellt sich die Frage, wo genau die Abgrenzung gezogen wird. Vor dem Hintergrund der Patentrechtsgeschichte 385 und überkommener patentrechtlicher Grundsätze steht nämlich fest, dass für reine Entdeckungen kein Patentschutz gewährt wird386. Während eine Entdeckung das menschliche Wissen bereichert, erweitert eine Erfindung das menschliche Können387. Bei der Entdeckung geht es um das bloße Auffinden des bisher unbekannten Stoffes, aber die Entdeckung kann zur Erfindung werden, falls Angaben gemacht werden, wie der Stoff hergestellt, gewonnen oder isoliert wird, wie die technische Aufgabe gelöst und wozu der Stoff verwendet wird388.

381

BGH GRUR 1996, 753 Informationssignal; BPatGE 24, 177. Beier/Straus (1982), S. 14. 383 Schulte, 5. Aufl. 1994, Rdnr. 65. 384 ABl. EPA 1995, 388, 396 = GRUR Int 1995, 708 Relaxin; hierzu Vossius/ Grund, Mitt 1995, 339. 385 Nach dem amerikanischen Patentgesetz vom 10. 4. 1790 und dem französische Patentgesetz vom 7. 1. 1791 wurde der Gegenstand des Patentschutzes als „invention or discovery“ bzw. „toute découverte ou nouvelle invention“ bezeichnet. Vor allem hat Anfang des 19. Jahrhunderts Dugald-Stewart den Unterschied dazwischen erörtert „L’invention produit quelque chose qui n’existait pas auparavant; la découverte met en lumière quelque chose qui existait, mais qui, jusqu’alors, avait échappé à l’observation . . .“, vgl. Renouard, Augustin-Charles, Traité des brevets d’invention, Paris, 1844, S. 246 ff.; In den USA ist es seit der Entscheidung Morton v. The N.Y. Eye Infirmary im Jahr 1862 festgehalten „A discovery may be brilliant and useful, and not patentable . . . Something more is necessary, the new force or principle brought to light must be embodied and set to work, and can be patented only in connection or combination with the means by which, or the medium through which, it operates“; dazu ausführliches bei Beier/Straus (1982), S. 15 ff. 386 Moufang (1988), S. 159 ff. Im Gegensatz dazu hat das amerikanische Patentrecht (Titel 35 U.S.C.) etwa unterschiedliche Rechtsvorschriften. Nach 35 U.S.C. § 100 umfasst der Begriff „Erfindung“ nicht nur die Erfindung, sondern auch die Entdeckung. Außerdem lässt 35 U.S.C. § 101 noch die Patentierung der Entdeckung zu, denn wer ein neues und brauchbares Verfahren, eine Maschine, eine Herstellung oder eine Mischung von Stoffen oder eine neue und nützliche Verbesserung dazu erfindet oder entdeckt, kann ein Patent dafür erhalten. 387 Schatz, GRUR Int. 1997, 588–589. 388 Bunke, GRUR 1978, 133. 382

B. Erfindungen und Patentierbarkeitsvoraussetzungen

221

Die KBioRL beschreibt, was nicht als Erfindungen i. S. d. Patentrechts gilt. Hierzu gehört die bloße Entdeckung. Allerdings ist ein isolierter Bestandteil des menschlichen Körpers oder ein durch ein technisches Verfahren gewonnener Bestandteil inklusive der Sequenzen oder Teilsequenzen eines Gens nicht von der Patentierung ausgenommen. Die Erfindung ist von der bloßen Entdeckung insofern zu unterscheiden, als der Mensch eingreift, nämlich menschliche Gene aus dem Körper durch ein technisches Verfahren gewonnen und deren Funktionen aufgeklärt werden. Nach der KBioRL gilt diese Regelung für mikrobiologische, pflanzliche und tierische Erfindungen. Innerhalb der koreanischen Patentpraxis wird vor allem darauf verwiesen, dass die DNS-Abschnitte als unvollständige Erfindungen, d. h. keine Erfindung i. S. d. Patentrechts angesehen werden, denn Gene sind chemische Stoffe, die sich in den Lebewesen befinden und deren vollständige Funktionen nicht ermittelt werden. Der europäischen und deutschen Praxis zufolge gelten DNS-Abschnitte hingegen als Erfindungen i. S. d. Patentrechts. Hierbei geht es nicht um Erfindungen, sondern um die Patentierbarkeit. In Bezug darauf ist die Patentierung der DNS-Abschnitte in Korea von Anfang an nicht in Erwägung gezogen worden, da die DNS-Abschnitte schon nicht als Erfindungen i. S. d. Patentrechts angesehen worden sind. In der Revision der KBioRL wird jedoch die Patentierbarkeit der ESTs und SNPs aufgezeigt, wenn ihre Nützlichkeit in der Beschreibung oder den Ansprüchen konkret beschrieben wird, z. B. zur Diagnostizierung bestimmter Krankheiten. Ansonsten sind sie mangels gewerblicher Anwendbarkeit nicht patentierbar389.

III. Patentierbarkeitsvoraussetzungen biotechnologischer Erfindungen 1. Allgemeines Zur Patentierung müssen auch biotechnologische Erfindungen die Merkmale des Erfindungsbegriffs im Sinne des Patentrechts aufweisen und die allgemeinen Patentierbarkeitsvoraussetzungen erfüllen. Nach Art. 52 Abs. 1 EPÜ und § 1 Abs. 1 DPatG werden Patente für die Erfindungen erteilt, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. Jedes dieser Patentierungserfordernisse ist mit spezifischen Schwierigkeiten verknüpft, die in Lehre und Rechtsprechung ausführlicher dargelegt werden390. Diese materiellen Patentierbarkeitsvoraussetzungen sind inhaltlich von Art. 1 bis 7 389

Entscheidung des Korean Supreme Court v. 14. 1. 2000, 97 Hu 3494. Sie sind in den umfangreichen Materialen zu finden, siehe Moufang, Genetische Erfindungen, S. 253 ff. (Neuheit), 271 ff. (erfinderische Tätigkeit), 289 ff. (gewerbliche Anwendbarkeit), 307 ff. (Offenbarung); Bergmans, S. 196 ff. (Neuheit), 214 ff. (erfinderische Tätigkeit), 222 ff. (gewerbliche Anwendbarkeit), 227 ff. (Offenbarung); ein Überblick über die Praxis des EPA mit Hinweisen auf die Rechtslage in den USA, 390

222

3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

StrßbÜ übernommen worden. Außerdem behandelt auch das TRIPS-Abkommen den allgemeinen Grundsatz zur Patentierung der Erfindung. Gemäß Art. 27 Abs. 1 TRIPS sind Patente für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik sowohl für Erzeugnisse als auch für Verfahren unter der Voraussetzung des Vorliegens der allgemeinen Patentierbarkeitsvoraussetzungen zu erhalten. Dabei fällt ins Auge, dass in Bezug auf biotechnologische Erfindungen spezielle Vorschriften in TRIPS, EPÜ und DPatG enthalten sind, die einen Ausschlusstatbestand von der Patentierung betreffen, z. B. Pflanzensorten oder Tierarten sowie im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren. 2. Neuheit a) Überblick Das Patentrecht dient nicht dem Schutz dessen, was im Prioritätszeitpunkt bereits jedermann zur Verfügung gestanden hat, sondern nur solchen Lehren, die dem bestehenden Wissen hinzugefügt worden sind. Dadurch kommt dem Anmelder ein ausschließliches Nutzungsrecht zu. Das Patentrecht honoriert nicht subjektive Anstrengungen, sondern ein objektiv wertvolles Ergebnis391. Daher müssen Erfindungen neu sein. Eine Erfindung gilt als neu, sofern sie nicht zum Stand der Technik gehört. Alle Kenntnisse, die vor dem Anmeldetag der Patentanmeldung durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind, bilden den Stand der Technik und sind daher nicht patentierbar392. Darum darf der Patentsucher – mangels Neuheitsschonfrist – seine Erfindung erst veröffentlichen, nachdem er bei einer internationalen bzw. nationalen Patentbehörde einen Antrag zur Patentierung gestellt hat. In allen Staaten wird Neuheit als die Voraussetzung für den Patentschutz verlangt, wobei allerdings unterschiedliche Maßstäbe angelegt werden393. Wissenschaftler und Forscher ohne patentrechtliche Kenntnisse geben möglicherweise aus Versehen vor der Antragstellung ihre Forschungsergebnisse der Öffentlichkeit preis. Aufgrund ihrer Unkenntnis des Patentrechts sollten sie nicht benachteiligt werden, und dies ist ein bedeutender Anlass dazu, ihnen in gewissen Fällen eine Neuheitsschonfrist zu gewähren. Außerdem ist schon nach geltendem Recht die Zur-Schauvgl. Jaenichen, Biotechnology Inventions, 99 ff. (Offenbarung), 191 ff. (Neuheit), 225 ff. (erfinderische Tätigkeit). 391 Benkard/Kraßer, S. 152. 392 Art. 54 Abs. 1 EPÜ und § 3 Abs. 1 DPatG. 393 Einzelne Staaten fordern nur, dass die Erfindung innerhalb ihres Hoheitsgebiets neu ist, andere beschränken das Kriterium der Neuheit zeitlich, und noch andere beschränken es sachlich auf bestimmte Arten der Offenbarung, vgl. Singer/Stauder, Art. 54, Rdnr. 5.

B. Erfindungen und Patentierbarkeitsvoraussetzungen

223

stellung einer Erfindung durch den Anmelder auf einem bestimmten Kriterium erfüllenden internationalen Ausstellung nicht neuheitsschädlich, wenn sie nicht früher als sechs Monate vor der Anmeldung erfolgt ist394. b) Stand der Technik Der Begriff „Neuheit“ ist immer mit dem Stand der Technik verbunden, der auch der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit zugrunde liegt. Als maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittelung des Standes der Technik wird entweder der Anmeldetag der europäischen bzw. deutschen Patentanmeldung oder der Prioritätstag bestimmt. Nach den Prüfungsrichtlinien des EPA umfasst der Stand der Technik alle technischen Lehren, die irgendwann vor dem für den Zeitrang der Patentanmeldung maßgeblichen Tag irgendwo auf der Welt in irgendeiner Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind. Mit anderen Worten bestehen keine Beschränkungen dahingehend, an welchem Ort, in welcher Sprache und in welcher Weise die in Betracht zu ziehenden Informationen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind395. Die Regelung macht deutlich, dass dem EPÜ und dem deutschen Patentgesetz der absolute Neuheitsbegriff zugrunde liegt396. Darum darf der Patentsucher seine Forschungsergebnisse der Öffentlichkeit erst nach Anmeldung zugänglich machen, um die Neuheit seiner Erfindung nicht zu gefährden. Der absolute Neuheitsbegriff war ursprünglich in Art. 4 StrßbÜ niedergelegt und wurde später in Art. 54 Abs. 1 EPÜ und § 3 DPatG übernommen397. Im Vergleich zum EPÜ und dem DPatG bei der Beurteilung der Neuheitsbegriff im KPatG nicht absolut-formell, sondern relativformell. 394

Art. 55 Abs. 2b) EPÜ und § 3 Abs. 4 Nr. 2 DPatG. Vgl. Richtlinien für die Prüfung im EPA, Teil C-IV, 5.1. 396 Hingegen gilt vor allem in nationalen Gebrauchsmustergesetzen die relative, territoriale Neuheit, vgl. Singer/Stauder, Art. 54, Rdnr. 13. Die Veröffentlichung der Erfindung kann durch schriftliche oder mündliche Vorbeschreibung geschehen. Z. B., im Fall der Veröffentlichung durch Bücher, Zeitschriften, Patentschriften, Gebrauchsmustereintragungen, Warenkataloge, Prospekte, Filme, Schallplatten, Tonbänder, aber auch durch Vorträge, Rundfunk- und Fernsehsendungen, vgl. Hubmann, S. 124 ff. 397 Alle Vertragsstaaten des EPÜ haben ihren nationalen Neuheitsbegriff an den europäischen angeglichen. Mehrere Vertragsstaaten wie Frankreich und Italien hatten in ihrem nationalen Patentsystem seit jeher den absoluten Neuheitsbegriff und waren daher nicht bereit, diesen Begriff für das europäische Patent einzuschränken, vgl. Singer/ Stauder, Art. 54, Rdnr. 5–6. Außerdem gibt es bezüglich der Bedingung der Neuheit zwischen Europa und den USA einen wichtigen Unterschied: in den USA ist entscheidend, ob zum Zeitpunkt der Erfindung die Bestimmung der Neuheit eingehalten war, während in Europa der Zeitpunkt der Patentanmeldung zählt. Nach dem amerikanischen Gesetz ist der Erfinder in der Lage, seine Erfindung innerhalb von maximal zwölf Monaten zu publizieren. Dieser vorteilhafte Zeitraum für die amerikanischen Erfinder wird „Grace Period“ benannt. In den europäischen Gesetzen liegt keine solche Schonfrist vor. 395

224

3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

c) Neuheitsschonfrist Um eine Erfindung, auch auf biotechnologischem Gebiet, das Licht der Welt erblicken zu lassen, wenden Wissenschaftler und Forscher viel Zeit und Mittel auf. Aufgrund mangelnder Kenntnis des Patents und zur Stärkung ihrer wissenschaftlichen Reputation laufen sie Gefahr, ihre Forschungsergebnisse zu veröffentlichen, ohne zuvor eine Patentanmeldung eingereicht zu haben. Dadurch können sie die Möglichkeit verlieren, ihre mühsam erarbeiteten wissenschaftlichen Ergebnisse rechtlich zu schützen. Daher ist es ratsam, vor der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse eine Anmeldung beim Patentamt einzureichen. In gewissen Fällen gewährt das Patentrecht eine Neuheitsschonfrist. Hierdurch reduziert sich der Druck auf den wissenschaftlichen Erfinder. Wie oben schon erwähnt, sind Vorveröffentlichungen grundsätzlich neuheitsschädlich. Nach § 3 Abs. 4 DPatG und Art. 55 EPÜ werden bestimmte Tatsachen, die andernfalls neuheitsschädlich wären, vom Stand der Technik ausgenommen. Bei der Beurteilung der Neuheit und der Erfindungshöhe dürfen sie nicht herangezogen werden398. Nach dieser Bestimmung gibt es zwei Fälle, in denen eine frühere Offenbarung der Erfindung als Stand der Technik außer Betracht bleibt, nämlich wenn die Offenbarung unmittelbar oder mittelbar zurückgeht, auf einen offensichtlichen Missbrauch zum Nachteil des Anmelders oder seines Rechtsvorgängers, beispielsweise wenn die vom Anmelder stammende Erfindung gegen dessen Willen offenbart wird; auf die Schaustellung der Erfindung durch den Anmelder oder dessen Rechtsvorgänger auf einer amtlichen anerkannten Ausstellung i. S. d. Art. 55 Abs. 1 b) EPÜ. Wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass die betreffende Offenbarung nicht früher als sechs Monate vor Einreichung der Anmeldung erfolgt ist399. In § 30 KPatG werden ebenfalls einige Ausnahmefälle von der Neuheitsschädlichkeit aufgezählt, etwa dass dem Erfinder wie im DPatG eine sechsmonatige Neuheitsschonfrist gewährt wird. Diese Vorschrift ist eine Ausnahmeregelung, die auf den Schutz des Erfinders abstellt, und ist somit eng auszulegen400.

398 BGH GRUR 69, 271 Zugseilführung; BGH GRUR 80, 713, 715 Kunststoffdichtung; BGH GRUR 94, 104 Akteneinsicht XIII; Schulte, S. 173, Rdnr. 162. 399 Die sechsmonatige Schonfrist in der europäischen Patentanmeldung hindert das Entstehen nationaler Vorbenutzungsrechte nicht. Aber eine allgemeine Neuheitsschonfrist ist dem EPÜ unbekannt, vgl. Singer/Stauder, Art. 55, Rdnr. 10 ff. (12); Schulte, § 3 Rdnr. 149 ff. 400 Kim, W.-J., S. 135.

B. Erfindungen und Patentierbarkeitsvoraussetzungen

225

d) Neuheit im Bereich biotechnologischer Erfindungen Bei biotechnologischen Erfindungen geht es um die Neuheitsprüfung von lebender Materie, die bereits in der Natur existiert hat, denn eine biotechnologische Erfindung kann auch in diesem Fall als neu i. S. d. Patentrechts angesehen werden, solange eine technische Lehre darin existiert, obwohl das in Anspruch genommene biologische Material vor der Anmeldung bereits in der Natur vorhanden war401. Wenn Lebewesen in der Natur, aber nur in einer äußerst komplexen Umgebung vorkommen und als solche im Allgemeinen weder benutzt werden können, noch zugänglich sind, gehören sie nicht zum Stand der Technik. Der Einwand mangelnder Neuheit ist unbegründet, falls ein Gen erstmals aus der natürlichen Umgebung isoliert und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird402. Wenn biologisches Material, dessen Gegenstand biotechnologische Erfindungen betrifft, in der Beschreibung geschildert wird, so zählt es erst vom Zeitpunkt der öffentlichen Zugänglichkeit an zum Stand der Technik. Wurde biologisches Material einmal der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, dann gehört es dauerhaft zum Stand der Technik, auch wenn seine Zugänglichkeit später entfällt403. In der Entscheidung „Relaxin“ haben die Einsprechenden vor dem EPA auch in Anspruch genommen, dass das für Relaxin kodierende Gen bereits in der Natur vorkomme und daher nicht neu sei404. Darüber hinaus hat in der Entscheidung „Lactobacillus-bavaricus“ das Bundespatentgericht für unwichtig gehalten, dass die beanspruchten Organismen vor der Patentanmeldung bereits in der Natur, nämlich bei der Sauerkrautgärung, vorhanden waren. Maßgebend war lediglich, dass sich die beanspruchte Lactobacillus-bavaricus-Art von bislang bekannten Milchsäurekulturen hinsichtlich mehrerer Parameter unterschied. Die neue Art ist vor dem Anmeldetag weder in einer Druckschrift beschrieben noch in ihrer Reinkultur offenkundig benutzt worden405. Art. 54 EPÜ und § 3 DPatG betreffen die Neuheit als allgemeine Patentvoraussetzung. Insbesondere ist in Art. 54 Abs. 5 EPÜ und § 3 Abs. 3 DPatG vorgesehen, dass, wenn Stoffe oder Stoffgemische zum Stand der Technik gehören, ihre Patentfähigkeit nicht ausgeschlossen wird, sofern sie zur Anwendung in

401

BPatG GRUR 1978, 586 (588) – „Lactobacillius bavaricus“. Straus (1987), S. 77; Straus, 26 IIC 926 (1995); Moufang (1988), S. 257 ff.; Goebel, Mitt. 1995, 157; Vossius/Grund, Mitt. 1995, 340; Fuchs, JZ 1999, 601, Fußn. 41; Schatz, GRUR Int. 1997, 590; EPÜ TBK v. 16. 2. 1989, T 301/87, GRUR Int. 1991, 125, Egr. 5.8 – Alpha-Interferone/BIOGEN; BPatG GRUR 1978, 238 – Naturstoffe mit Anm. Utermann; BPatG GRUR 1978, 702 – Menthonthiole. 403 BGH GRUR 85, 1035 (II 3) – „Methylomonas“. 404 Einspruchsabteilung v. 8. 12. 1994, GRUR Int. 1995, 708. 405 BPatG GRUR 1978, 586 (588) – „Lactobacillus bavaricus“; auch Moufang, S. 258. 402

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

einem der chirurgischen oder therapeutischen Behandlungsverfahren und Diagnostizierverfahren am menschlichen und tierischen Körper bestimmt sind und ihre Anwendung zu einem dieser Verfahren nicht zum Stand der Technik gehört. Neben dem allgemeinen Neuheitsbegriff hat diese Bestimmung für Stoffe und Stoffgemische im Bereich der chirurgischen und therapeutischen Behandlung sowie der Diagnostizierverfahren einen besonderen Neuheitsbegriff eingeführt406. In der neuen Fassung des deutschen Patentgesetzes und im EPÜ sind Vorschriften zur Neuheit biotechnologischer Erfindungen zu finden. Aber beide sind unterschiedlich geregelt, d. h., Regel 23c lit a AO EPÜ und Art. 3 Abs. 2 der EU-Biorichtlinie sehen die Patentierbarkeit lediglich für biologisches Material auch dann vor, wenn dieses in der Natur vorkommt, während § 1 Abs. 2 S. 2 des BioPatG (Entwurf) diese Regelung auf alle in der Natur vorkommenden Stoffe erweitert. Der BioPatG (Entwurf) verfügt über einen weiteren Neuheitsbegriff als das EPÜ bzw. die EU-Biorichtlinie. Hinter dieser Vorschrift steckt der Gedanke, dass es keinen Grund dafür gibt, Stoffe der belebten und unbelebten Natur unterschiedlich zu behandeln407. Die bloße Tatsache, dass ein Stoff schon in der Natur vorliegt, aber dem Fachmann unbekannt ist, ist für sich allein nicht neuheitsschädlich. Darum steht es der Neuheit auch nicht entgegen, wenn nach dem Anmelde- oder Prioritätstag nachgewiesen wird, dass der in Anspruch genommene Stoff tatsächlich in der Natur vorkommt. Dementsprechend wird die Schlussfolgerung gezogen, dass das Vorliegen eines Stoffs in der Natur der Patentierbarkeit von Erfindungen nicht entgegensteht, sofern der Gegenstand dieser Erfindung eine synthetische Herstellung, eine Isolierung oder Reinigung ist, vorausgesetzt, dass diese Erfindung auch die allgemeinen Patentierbarkeitsvoraussetzungen erfüllt. Die Beurteilung der Neuheit biotechnologischer Erfindungen in Korea beruht zunächst auf § 29 Abs. 1 KPatG. Diese Bestimmung ist aber unzureichend, die Neuheit biotechnologischer Erfindungen zu beurteilen, da sie sehr abstrakt ist. Unter diesem Umstand spielt die KBioRL eine bedeutende Rolle. Bei der Beurteilung der Neuheit gentechnologischer Erfindungen ist die Struktur der Gensequenzen von großer Bedeutung. Wenn eine Gensequenz oder deren Teilsequenz durch ein technisches Verfahren entschlüsselt wird, wird sie als neu i. S. d. Patents betrachtet. Bei mikrobiologischen Erfindungen handelt es sich um die Merkmale des Mikroorganismus. Wenn keine Unterschiede in den Merkmalen zwischen der angemeldeten und der bekannt Arten bzw. Spezies bestehen, werden mikrobiologische Erfindungen für neuheitsschädlich gehalten, es sei denn, die angemeldeten Arten zeigen im Vergleich zu den bekannten Ar-

406 407

Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 3. Aufl. 1999, S. 107 f. Schulte, Rdnr. 100 (101).

B. Erfindungen und Patentierbarkeitsvoraussetzungen

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ten überraschende Effekte. In der KBioRL ist aber die Beurteilung der Neuheit der pflanzlichen und tierischen Erfindungen nicht behandelt. 3. Erfinderische Tätigkeit a) Überblick Neben der Neuheit muss eine Erfindung eine weitere Voraussetzung für die Patentfähigkeit erfüllen. Im deutschen Patentgesetz und im EPÜ steht der Begriff „erfinderische Tätigkeit“. Die erfinderische Tätigkeit ist vom Art. 5 StrßbÜ übernommen worden408, ohne dass das deutsche Recht, das damals den Begriff der Erfindungshöhe verwendete, geändert werden sollte409. Der Grund für die erfinderische Tätigkeit als eine weitere Patentierungsvoraussetzung folgt aus dem Zweck des Patentschutzes. Die Gewährleistung der umfassenden Ausschlussrechte an Neuerungen würde andernfalls weder den Fortschritt der Technik fördern, noch die Belohnungsfunktion des Patentrechts rechtfertigen, sondern sie hemmen. Könnte jede geringfügige Verbesserung einer bekannten Problemlösung patentiert werden, so wäre die freie Benutzbarkeit der aus der Alltagspraxis erwachsenden Abwandlungen des Stands der Technik gefährdet410. b) Erfinderische Tätigkeit i. S. d. Patentrechts Gemäß § 1 Abs. 1 DPatG bzw. Art. 52 Abs. 1 EPÜ werden Patente für Erfindungen erteilt, die auf erfinderischer Tätigkeit beruhen. Nach der Legaldefinition in § 4 DPatG und Art. 56 EPÜ ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn sich die Erfindung für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Der Begriff „erfinderische Tätigkeit“ ist also so auszulegen, dass er nicht auf die subjektive Leistung des Erfinders, sondern auf das objektive Erfindungsergebnisse abstellt411. Sowohl in § 4 DPatG bzw. Art. 55 EPÜ als auch in § 3 Abs. 1 DPatG bzw. Art. 54 Abs. 2 EPÜ kommt der Begriff „Stand der Technik“ vor, d. h. zur Prüfung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit ist der Stand der Technik zu Grunde zu legen. Bei der Beurteilung der Neuheit und der erfinderischen Tätig408 Der Grundstein für die internationale Entwicklung der erfinderischen Tätigkeit zum Patentierungserfordernis im modernen Patentrecht ist schon Mitte des vorigen Jahrhunderts in der amerikanischen Rechtsprechung gelegt worden, dazu mit Einzelheiten Beier, GRUR 1985, 606 ff.; Moufang (1988), S. 272. 409 Amtl. Begründung zum IntPatÜG, BlPMZ 1976, 334; BGBl. II S, 649. 410 Bernhardt/Kraßer, S. 163; Denkschrift zum StraßbÜ, BlPMZ 1976, 340; Ochmann, GRUR 1985, 941 (942); Moufang (1988), S. 271. 411 Schulte, § 4, Rdnr. 8.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

keit sind aber unterschiedliche Kriterien anzuwenden. Erst nach der Feststellung, dass bei einer Erfindung Neuheit vorliegt, stellt sich die Frage, ob die Erfindung die Voraussetzung der erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Patentrechts erfüllt412. Die älteren Anmeldungen, die gemäß § 3 Abs. 2 DPatG und Art. 54 Abs. 3 EPÜ bei der Beurteilung der Neuheit als Stand der Technik berücksichtigt werden, bleiben gemäß § 4 DPatG und Art. 56 EPÜ bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit außer Betracht413. Ob der Erfindung erfinderische Tätigkeit zugrund liegt, richtet sich nicht nach ihrem Verlauf, sondern allein nach ihrem Ergebnis414. Zu beachten ist, dass bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit, anders als bei der Neuheitsprüfung, die zum Stand der Technik gehörenden Beschreibungen und Benutzungen nicht nur einzeln, sondern auch kombiniert – „mosaikartig“ – mit dem beanspruchten Schutzgegenstand zu vergleichen sind415. Gemäß § 29 Abs. 2 KPatG werden Patente für die Erfindung ungeachtet der Erfüllung der Neuheit und der gewerblichen Anwendbarkeit nicht erteilt, wenn sich die Erfindung zum Zeitpunkt der Patentanmeldung für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit im KPatG beruht auf Neuheit und gewerblicher Anwendbarkeit. Die erfinderische Tätigkeit wird in Korea im allgemeinen unter Berücksichtigung von Zweck, Struktur und Effekte der Erfindung beurteilt. Ob eine Erfindung im Vergleich zum Stand der Technik naheliegend ist, ist grundsätzlich davon abhängig, wie kompliziert und schwierig die Struktur des Erfindungsgegenstandes zur Lösung der technischen Aufgabe ist, da der Schwerpunkt der Erfindung in der Schaffung der Struktur der Erfindung besteht416. c) Erfinderische Tätigkeit biotechnologischer Erfindungen Erfindungen bauen auf den zum Stand der Technik gehörenden wissenschaftlichen Erkenntnissen auf. Bei biotechnologischen Erfindungen handelt es sich grundsätzlich um zahlreiche Erfindungsgegenstände natürlichen Ursprunges, und deshalb wird man auf die Frage gestoßen, ob die aus der Natur gewonnenen Gegenstände patentierbar sind. Nach dem DPatG und dem EPÜ sind die in der Natur vorhandenen Stoffe nicht von der Patentierung ausgenommen, sofern sie nicht zu den Entdeckungen im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 1 DPatG und von Art. 52 Abs. 2 EPÜ zählen, obgleich sie für jedermann freiwillig verfügbar 412

EPA-Prüfungsrichtlinie C IV 9.1. Schulte, § 4, Rdnr. 14. 414 Bernhardt/Kraßer, S. 165. 415 Z. B. ist die Bildung eines „Mosaiks“ grundsätzlich zulässig und geboten, vgl. Bernhardt/Kraßer, S. 173; Ochmann, GRUR 1985, 941 (942). 416 Entscheidung des Korean Supreme Court v. 26. 11. 1996, 95 Hu 781. 413

B. Erfindungen und Patentierbarkeitsvoraussetzungen

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bleiben. Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit von Naturstoffen417 geht es um – oft überraschende – wertvolle Eigenschaften, die eine Patenterteilung rechtfertigen. Aus dem Stand der Technik ist der Fachmann in der Lage, durch routinemäßige Anwendung der Sequenztechnik, mit deren Hilfe man innerhalb kurzer Zeit viele Sequenzen bzw. Teilsequenzen der DNS isolieren und analysieren kann, neue DNS-Bausteinen zu gewinnen418. Die bloße Bereitstellung unbekannter DNS-Sequenzen ohne Angabe der Funktion basiert daher nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Aber der Nachweis unerwarteter Vorteile des Stoffes, vor allem ein überraschender technischer oder therapeutischer Effekt, wird als Indiz für erfinderische Tätigkeit betrachtet419. Dementsprechend ist in der Beschreibung die Funktion des Gens bzw. des Proteins zu nennen. Wenn am Anmeldetag ein objektiver Erfolg erwartet wird, es aber nahe liegt, dass ein Fachmann ein verstecktes Ziel alsbald erreicht, kann erfinderische Tätigkeit verneint werden. Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit in Korea spielen Effekte und Eigenschaften des Gegenstandes der Erfindung eine große Rolle. Biotechnologische Erfindungen werden als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend angesehen, wenn sie im Vergleich zum Stand der Technik zu unerwarteten hervorragenden Effekten führen. 4. Gewerbliche Anwendbarkeit a) Überblick Gemäß § 1 DPatG bzw. Art. 52 EPÜ stellt die gewerbliche Anwendbarkeit eine weitere Patentierbarkeitsvoraussetzung neben Neuheit und erfinderischer Tätigkeit dar. Gewerbliche Anwendbarkeit im Sinne des Patentrechts ist von Bedeutung, weil sich die Gesellschaft einen Nutzen für die Bewilligung eines zeitlich begrenzten Ausschlussrechts erwartet420. Dieser Begriff ist auch von Art. 3 StrßbÜ übernommen worden. Anstelle einer Regelung, welche Erfindungen die Voraussetzung der gewerblichen Anwendbarkeit erfüllen, ist im Patentgesetz vorgesehen, was nicht als gewerblich anwendbar angesehen wird. Außer417 Unter dem Begriff „Naturstoff“ im Patentrecht versteht man die in der Natur vorhandenen chemischen Stoffe, dazu ausführlich Utermann, GRUR 1977, S. 1 ff. 418 Die Angaben zur Begründung der Erfindungshöhe müssen nicht in der ursprünglichen Anmeldung enthalten sein, sondern können nachgereicht werden, vgl. Oser, GRUR Int. 1998, 653 ff.; Goebel, Mitt. 1995, 153, 156, 157. 419 Oser, GRUR Int. 1998, 648, 653. 420 Die Rechtsprechung hat auch darauf abgestellt, dass der Erfindergeist in nutzbringender Weise gereizt und nicht die reine Theorie um neue Methoden bereichert werden soll, siehe RG PatBl 1889, 209 „Kongorot I“; BGHZ 57, 1 = GRUR 1972, 70 „Trioxan“; vgl. Benkard, Rdnr. 2; Schulte, § 5, Rdnr. 2.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

dem ist darauf hinzuweisen, dass im Gegensatz zu Neuheit und erfinderischer Tätigkeit die gewerbliche Anwendbarkeit den Stand der Technik nicht betrifft. b) Gewerbliche Anwendbarkeit im europäischen und deutschen Patentrecht aa) Begriff der gewerblichen Anwendbarkeit Art. 3 StrßbÜ geht davon aus, dass eine Erfindung als gewerblich anwendbar angesehen wird, wenn der Erfindungsgegenstand auf einem gewerblichen Gebiet einschließlich der Landwirtschaft hergestellt oder benutzt werden kann. Die Legaldefinition wurde von § 5 DPatG und Art. 57 EPÜ wörtlich übernommen. Dieser Begriff ist erst dann erfüllt, wenn die Erfindung nicht dem Gebiet der Abstraktion, sondern der Realität angehört, nämlich in einer Industrie verwendet wird421. Mit anderen Worten ist eine Erfindung konkret und praktisch anzuwenden422. Als gewerblich wird ein Gebiet verstanden, wenn eine darin ausgeübte Tätigkeit einen „technischen Charakter“ besitzt. Hierbei wird eine Tätigkeit in Form nützlicher oder praktischer Techniken von ästhetischen Techniken unterschieden423. Aber das Erfordernis darf nach dem Zweck nicht eng ausgelegt werden424. Der Begriff „gewerbliche Anwendbarkeit“ ersetzt das im früheren deutschen Recht verwendete Kriterium der gewerblichen Verwertbarkeit425. Der BGH fordert, dass in der Beschreibung ein technisches Gebiet, in dem die Erfindung Anwendung findet, angegeben wird426. 421

Mathély, S. 119. Pollaud-Dulian, S. 57 ff. 423 Dazu ausführlich siehe ABl EPA 1986, 301, T 144/83 v. 27. 3. 1986. Die Technische Beschwerdekammer bemerkte, dass eine Erfindung als gewerblich anwendbar angesehen wird, wenn ihr Gegenstand auf irgendeinem gewerblichen Gebiet hergestellt oder verwendet wird; ABl. EPA 1988, 308, T 385/86 v. 25. 9. 1986. Nach der Entscheidung gilt die Erfindung eines Verfahrens, das eine Wechselwirkung mit dem menschlichen oder tierischen Körper betrifft, als gewerblich anwendbar, sofern sie von einem Techniker, der keine sachlichen Kenntnisse von Medizin hat, verwendet wird; PollaudDulian, S. 60; Flammer, ÖBl. 1999, 168. 424 Schulte, § 5, Rdnr. 8. Rechsprechung und Literatur sind sich darüber einig, dass das Kriterium weit auszulegen, und der Begriff des Gewerbes umfassend zu verstehen ist. Im früheren deutschen Recht wurde die Ausübung eines freien Berufes (z. B. als Apotheker oder Rechtsanwalt) nicht als gewerbliche Tätigkeit angesehen. Ausführlicher dazu BGHZ 48, 313 (323) = GRUR 1968, 142 (145 ff.) „Glatzenoperation“; Benkard/Bruchhausen, § 5 PatG Rd. 4; Moufang (1988), S. 290. 425 Moufang (1988), S. 290. 426 BGHZ 58, 280 (289) – „Imidazoline“; Das BPatG hat es für unzulässig gehalten, bei einer solchen Erfindung die Angabe über die praktisch sinnvolle Verwendung nachzureichen. Diese Entscheidung ist auf Kritik gestoßen. Ausführliches dazu Beier/ Straus, Der Schutz wissenschaftlicher Forschungsergebnisse, S. 72; Bernhardt/Kraßer, S. 336; für das europäische Recht bei Pagenberg, MüGK, Art. 57 Rdnr. 52; Moufang, S. 290. 422

B. Erfindungen und Patentierbarkeitsvoraussetzungen

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Zur Patenterteilung ist gemäß § 29 Abs. 1 KPatG in der Beschreibung die gewerbliche Anwendbarkeit der Erfindung anzugeben. Allerdings schreibt das KPatG nicht konkret vor, welche Erfindungen als gewerblich anwendbar gelten. Daher lässt sich der Begriff „gewerbliche Anwendbarkeit“ dahingehend auslegen, dass die Erfindung im Bereich der Gewerbe andauernd und wiederholbar durchgeführt und zur Gewerbeentwicklung des Staates nutzbringend angewandt werden kann427. Hierbei definiert das KPatG auch den Begriff „gewerbliches Gebiet“ nicht, aber dieser ist nach Art. 1 Abs. 3 PVÜ im weitesten Sinne auszulegen428. bb) Ausschluss therapeutischer und diagnostischer Verfahren von der Patentierung In § 5 Abs. 2 DPatG bzw. Art. 52 Abs. 4 S. 1 EPÜ ist vorgesehen, dass Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers und Diagnostizierverfahren, die am menschlichen oder tierischen Körper vorgenommen werden, dem Patentschutz nicht zugänglich sind, denn sie gelten nicht als gewerblich anwendbare Erfindungen i. S. d. Patentrechts. Aber das Patentierungsverbot gilt nicht für Erzeugnisse, insbesondere Stoffe oder Stoffgemische, welche in diesem Verfahren Anwendung finden. Im Bereich der Medizin sollen keine Erzeugnispatente, sondern Verfahrenspatente frei gehalten werden, damit die freie Wahl des Verfahrens noch erweitert wird. Die Heilverfahren in der Vorschrift sind vor allem aus sozialethischen und gesundheitspolitischen Gründen von der Patentierung ausgeschlossen429. Die Krankheit des Menschen kann grundsätzlich nicht kommerzialisiert werden, und jederzeit ist dem Arzt freizugeben, die ihm geeignet erscheinenden Maßnahmen zur Anwendung zu bringen, um Krankheit zu behandeln oder sie durch Untersuchungsmethoden zu erkennen430. Dieses Ziel wird durch die gesetzliche 427

Song/Lee/Hwang, S. 217. Song/Lee/Hwang, S. 95–96; Kim, W.-J., S. 217. Nach dem § 33 Abs. 4 des Patentzusammenarbeitsvertrages gilt eine Erfindung als gewerbliche anwendbar, wenn ihr Gegenstand dem Wesen der Erfindung nach auf irgendeinem gewerblichen Gebiet hergestellt oder benutzt werden kann. 429 Dazu bereits Warschauer, Kann die Behandlung des lebenden menschlichen Körpers Gegenstand einer Erfindung im Sinne des Patentgesetzes sein?, Mitt. 1927, 219. Jedoch wurden in der BGH-Rechtsprechung sozialethische Gründe nicht zur Begründung herangezogen, vgl. BGH GRUR Int. 1984, 35 – „Hydropyridin“; BGH GRUR 68, 142 – „Glatzenoperation“; die europäische Entscheidung T 24/91, ABl. 95, 512 = GRUR Int. 1995, 908. 430 Schulte, § 5, Rdnr. 16; dazu zählen folgende Entscheidungen: BGH GRUR 1968, 142 „Glatzenoperation“; BGH v. 28. 11. 2000, GRUR 2001, 321 – X ZB 20/99 (BPatG) „Endoprotheseeinsatz“; EPA GrBK G 1, 5 u. 6/83 ABl. 85, 60 (Nr. 22) zweite medizinische Indikation/BAYER/EISAI/PHARMAKU; T 116/85 ABl. 89, 13 „Schweine“; T 385/86 ABl. 88, 308 „Nicht-invasive Messwertermittlung“; T 24/91 428

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

Fiktion erreicht, dass die medizinischen Verfahren als nicht gewerblich anwendbar gelten und daher von der Patentierung ausgeschlossen sind431. Die Entscheidung, ob ein Verfahren als gewerblich anwendbar betrachtet wird und damit patentierbar ist, hat sich am Zweck des Gesetzes zu orientieren. Von diesem Gedanken aus gesehen soll diese Ausnahmeregelung eng ausgelegt werden. Die Verfahren werden erst dann vom Patentschutz ausgenommen, wenn sie ausschließlich auf Heilverfahren abstellen, also mit keinerlei gewerblichem Bereich zu tun haben. Bei den Verfahren zur chirurgischen Behandlung432 geht es um den Eingriff in den lebenden Körper von Mensch oder Tier433. Die Eingriffe in den toten menschlichen oder tierischen Körper sind keine Verfahren zur chirurgischen Behandlung, außer wenn sie zum Zweck einer Transplantation durchgeführt werden, die nur unmittelbar anschließend möglich ist434. Das gilt auch für Eingriffe in derartige Organe außerhalb des menschlichen oder tierischen Körpers. Verfahren zur therapeutischen Behandlung (sog. Heilverfahren) haben zum Ziel, die Gesundheit zu erhalten, d. h. pathologische Zustände zu heilen oder zu lindern435. Aber Verfahren, die am toten menschlichen oder tierischen Körper vorgenommen werden, gehören nicht zu den therapeutischen Behandlungen des menschlichen oder tierischen Körpers436. Hinzuweisen ist darauf, dass die Verfahren, in denen ein Verfahren zur therapeutischen Behandlung mit eingeschlosABl. 95, 512 „Hornhaut“; T 655/92 ABl. 98, 17 „Kontrastmittel für die NMR-Abbildung“; T 329/94 ABl. 98, 241 „Verfahren zur Blutextraktion“. 431 Anders als in Europa können in den USA Patente auf medizinische Verfahren erhalten werden. Wenn die patentierten Verfahren von Ärzten angewandt werden, stehen dem Patentinhaber aber keine der in 35 U.S.C. § 281 und §§ 283–285 benannten Rechtsbehelfe zur Verteidigung der Rechte zu; vgl. 35 U.S.C. § 287 (c). 432 Die Definition für Verfahren zur therapeutischen bzw. chirurgischen Behandlung wurde auf europäischer Ebene vorerst in der Entscheidung T 144/83 gegeben. 433 Benkard/Bruchhausen, § 5 PatG Rdnr. 8 (10). Beispielsweise sind die Verfahren, welche einen extracorporalen Kreislauf sowie Broncho-, Cysto-, Gastro- und Tracheoskopieverfahren einschließen, zu den chirurgischen Verfahren zu rechnen, vgl. Bernhardt/Kraßer, S. 127 f. 434 Deshalb ist ein Verfahren zur Präparation oder Konservierung der dem menschlichen oder tierischen Körper entnommenen Organe (Organbank) durch § 5 Abs. 2 S. 1 nicht vom Patentschutz ausgeschlossen BPatG vom 20. 12. 1983, BPatGE 26, 104; vgl. Benkard/Bruchhausen, § 5 PatG Rdnr. 10 mit Hinweis auf Zipse, GRUR Int. 1973, 182 (186); ebenso Pagenberg, MüGK, Art. 57 Rdnr. 58; Bernhardt/Kraßer, S. 127. 435 Benkard/Bruchhausen, § 5 PatG, Rdnr. 11; Pagenberg, MüGK, Art. 57, Rdnr. 58; Dazu gehörende Entscheidungen sind EPA GRUR Int. 1986, 720 (721) „Appetitzügler/DU PONT“; GRUR Int. 1989, 682 (683) „Durchflussmessung/SIEMENS“; Brit. Pat. Court GRUR Int. 1984, 308. 436 Auch therapeutische Behandlungsverfahren, die an den dem menschlichen oder tierischen Körper entnommenen Organen, Flüssigkeiten oder Gewebeproben vorgenommen werden, fallen ebenso wenig unter den Ausschluss, vgl. Benkard/Bruchhausen, § 5 PatG, Rdnr. 11 mit Verweis auf Dost in: Europäisches Patentrecht, 1. Teil, Rdnr. 28. Auf der Ebene der Gene werden die gentherapeutischen Verfahren in zwei

B. Erfindungen und Patentierbarkeitsvoraussetzungen

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sen ist, nicht patentierbar sind, auch wenn das Verfahren keine Merkmale zur therapeutischen Behandlung enthält437. Diagnostizierverfahren sind grundsätzlich dem Patentschutz nicht zugänglich. Die am lebenden menschlichen oder tierischen Körper vorgenommenen Diagnostizierverfahren liegen dann vor, wenn das Symptom der Krankheit durch die Untersuchungsergebnisse ermittelt wird. Die Diagnostik ist in der Lage, einen pathologischen Zustand zu erkennen und zu unterscheiden, um das erforderliche Heilverfahren einzuschlagen438. Untersuchungsverfahren, die aus anderen Motiven als dem der Heilkunde am lebenden menschlichen oder tierischen Körper vorgenommen werden, sind gewerblich anwendbar, auch wenn sie vom Arzt ausgeführt werden439. Diagnostizierverfahren, die außerhalb des menschlichen Körpers, z. B. an den dem Körper entnommenen Flüssigkeiten, wie Blut oder Urin, oder an den Gewebeproben vorgenommen werden, fallen nicht unter § 5 Abs. 2 S. 1 DPatG und sind daher dem Patentschutz zugänglich440. Außerdem gelten die Erzeugnisse, die in einem Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung und Untersuchung von Mensch und Tier Anwendung findet, wie z. B. Stoffe und Stoffgemische441, als gewerblich anwendbar. Auch die Vorrichtungen, Einrichtungen und Geräte, die in der chirurgischen oder therapeutischen Behandlung oder bei Diagnostizierverfahren des menschlichen oder tierischen Körpers zur Anwendung gelangen, werden als gewerblich anwendbar angesehen442. c) Gewerbliche Anwendbarkeit biotechnologischer Erfindungen Patentansprüche auf die Verwendung eines Stoffs zur therapeutischen Behandlung des menschlichen Körpers ebenso wie auf Verfahren zur therapeutiGruppen eingeteilt, und zwar in vitro und in vivo Gentherapie, dazu ausführlich bei Straus, GRUR 1996, 13; Moufang (1988), S. 298 ff.; Appel, S. 190 ff. 437 Hierzu ausführlich: Pollaud-Dulian, S. 66. 438 Benkard/Bruchhausen, § 5 PatG Rdnr. 12 mit Hinweis auf die Entscheidung, Schweiz BG GRUR Int. 1983, 316. 439 Z. B. Feststellung der Höchstleistungen im Arbeits- oder Sportbereich oder Forschung über die Wirkung der Schwerelosigkeit, vgl. Benkard/Bruchhausen, § 5 PatG Rdnr. 12; Entscheidung des BPatG vom 14. 1. 1984, BPatGE 26, 110; EPA GRUR Int. 1988, 938 (939) „Nichtinvasive Messwertermittlung/BRUKER“. 440 Benkard/Bruchhausen, § 5 PatG, Rdnr. 12 mit Hinweis auf GRUR Int. 1988, 938, 940; Dost in Europäisches Patentrecht, 1978, 1. Teil, Rdnr. 28; Moufang, GRUR Int. 1992, 22. 441 Als Stoffgemische sind Kombinationspräparate mit äußerlich getrennten Bestandteilen anzusehen, vgl. Benkard/Bruchhausen, § 5 PatG Rdnr. 14 mit Hinweis auf die Entscheidung des EPA, GRUR Int. 1984, 102 (103) „Cytostatische Kombinaton/ ASTA“; vgl. auch BPatG GRUR 1980, 169 (170) „Zweiphasenremineralisierung“. 442 Benkard/Bruchhausen, § 5 PatG, Rdnr. 14; EPA GRUR Int. 1989, 682 „Durchflussmessung/SIEMENS“.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

schen Behandlung sind von der Großen Beschwerdekammer des EPA und den meisten EPÜ-Vertragsstaaten443 als unzulässig beurteilt worden. Vor dem EPA gelten die Ansprüche, in denen Stoffe zur Herstellung eines Arzneimittels für eine therapeutische Anwendung verwendet werden, als gewerblich anwendbar und sind damit patentierbar444. Der BGH hält Ansprüche auf die Verwendung eines Stoffs zur Behandlung einer Krankheit für zulässig, weil die gewerbliche Anwendbarkeit des Arzneimittels betroffen ist445. Der menschliche oder tierische Körper im Sinne des § 5 Abs. 2 S. 1 DPatG und des Art. 52 Abs. 4 EPÜ deutet den lebenden Körper an, und daher sind die Verfahren, die am toten Körper oder gegebenenfalls teilweise außerhalb des menschlichen Körpers446 vorgenommen werden, nicht von der Patentierung ausgeschlossen. Gewerbliche Anwendbarkeit soll nicht gegeben sein, solange nicht angegeben werden kann, wozu der neue Stoff eingesetzt werden kann, d. h. welche Funktion er hat, und für welches Protein er kodiert. Diese Anforderung der Patentierung ist deutlich in der EU-Biorichtlinie festgehalten. Gemäß Art. 5 Abs. 3 EUBiorichtlinie muss die gewerbliche Anwendbarkeit einer Sequenz oder Teilsequenz eines Gens in der Patentanmeldung konkret beschrieben werden. Im Zusammenhang damit regelt der Erwägungsgrund 24 die Voraussetzung als das Kriterium der gewerblichen Anwendbarkeit, wonach im Fall der Verwendung einer Sequenz oder Teilsequenz eines Gens zur Herstellung eines Proteins oder Teilproteins angegeben wird, welches Protein oder Teilprotein hergestellt wird und welche Funktion es hat. Daraus folgt, dass die durch menschliche Eingriffe synthetisch hergestellten Naturstoffe patentierbar sind447, denn es gibt keinen Anlass für eine Sonderbehandlung dieser Stoffe im Patentierungsverfahren448 als bei anderen chemischen Stofferfindungen. Nun ist darauf hinzuweisen, dass biologisches Material, das bereits in der Natur vorhanden war, auch eine Erfindung sein kann und damit patentierbar ist, vorausgesetzt, dass die gewerbliche Anwendbarkeit erfüllt wird, nämlich die Funktion angegeben wird449, selbst 443 GB: High Court (1985) R.P.C. 545 = ABl 1986, 175 = GRUR Int. 1986, 408. In der Schweiz Bundesamt für geistiges Eigentum GRUR Int. 1984, 768. In den Niederlanden Octrooiraad ABl 1988, 405 = GRUR Int. 1989, 588. 444 Schulte, § 5 Rdnr. 24. 445 Die Verwendung einer chemischen Substanz zur therapeutischen Behandlung des menschlichen Körpers setzt deren „augenfällige Herrichtung“ als Arzneimittel voraus, vgl. BGH GRUR 1983, 729 Hydropyridin; BGH GRUR 1992, 305 Heliumeinspeisung; BGH v. 20. 3. 2001 – X ZR 177/98 Trigonellin, vgl. Schulte, § 1 Rdnr. 201. 446 Schulte, § 5 Rdnr. 26. 447 Diese Ansicht wurde bereits in der Rechtsprechung geäußert, siehe BPatG, GRUR 1978, 238 (239) – Naturstoffe. 448 BPatG, GRUR 1978, 702 – Menthonthiole; siehe auch BPatGE 20, 81. 449 Art. 3, 5 EU-Biorichtlinie und § 1 Nr. 2 und § 1a des deutschen Umsetzungsgesetzes. Insbesondere behandelt das Umsetzungsgesetz die Beziehung zwischen Genen und Stoffen. Nach der vom Bundestag im März 2000 vorzubereitenden Beratung der für die Umsetzung der EU-Biorichtlinie eingesetzten Enquete-Kommission wird die

B. Erfindungen und Patentierbarkeitsvoraussetzungen

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wenn die deutsche Rechtsprechung in „Imidazoline“ einen anderen Blickwinkel vertrat450. Nach der Auslegung des Art. 57 EPÜ und des § 5 Abs. 1 DPatG würde es schon ausreichen, wenn die beanspruchte DNS-Sequenz gewerblich hergestellt wird451. Ein Patent kann daher auf ein in der Natur aufgefundenes menschliches, pflanzliches oder tierisches Gen erteilt werden, sofern es für ein nützliches Protein kodiert und die besonderen Patentierungsvoraussetzungen vorliegen452. Das KPatG fordert auch gewerbliche Anwendbarkeit als eine Schutzvoraussetzung zur Patentierung, aber regelt im Vergleich zum EPÜ oder DPatG nicht, was als gewerblich anwendbar angesehen wird. Unter diesem Umstand stellt sich die Frage, ob trotz Art. 27 Abs. 1 TRIPS-Übereinkommen die Medizin zur Industrie i. S. d. Patentrechts gehört, und ob Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers und Diagnostizierverfahren, die am menschlichen oder tierischen Körper vorgenommen werden, Gegenstände eines Patents sein können. Daher ist die Erfindung durch die Rechtsprechung auszulegen, beispielsweise werden therapeutische oder diagnostische Verfahren am menschlichen Körper nicht als gewerblich anwendbar angesehen453, da Verfahren zur therapeutischen Behandlung des menschlichen Körpers, wie Gentherapie, und Diagnostizierverfahren zur medizinischen Behandlung gehören. Im Jahre 1998 wurde die KBioRL veröffentlicht, in der diese Frage ausdrücklich behandelt wird. Demzufolge gelten Stoffe, die zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung verwendet werden, als gewerblich anwendbar, sofern sie in den Patentansprüchen als die zu pharmazeutischen Effekten führende Stoffe angegeben werden454. Das Koranische Patentgesetz bzw. die KBioRL sieht nicht vor, ob dieses Verfahren am Körper eines lebenden oder toten Menschen vorgenommen werden soll455. Außerdem fällt in Bezug auf Gleichsetzung des Begriffs „Stoffe“ mit Genen verneint, vgl. BT-Drs. 14/5157, Kap. „Material oder Information“ S. 12 ff. 450 BGH, GRUR 1972, 541 (544) – Imidazoline. Danach beinhalte die Offenbarung eines DNS-Abschnitts ohne Funktionsangabe keine Lehre zum technischen Handeln und damit keine patentierbare Erfindung, obwohl die Herstellungsmethode angegeben würde. Außerdem könne die gewerbliche Anwendbarkeit der DNS-Sequenzen (Funktion) nicht erst im Verlauf des Prüfungsverfahrens nachgereicht werden, sondern müsse schon in der Anmeldung konkret beschrieben werden. Die Erfindung in der Entscheidung betrifft den Umfang des Stoffschutzes. Es wird zweideutig und ist nicht ohne Schwierigkeiten anzunehmen, dass der Stoffschutz absolut sei. Deswegen finde keine Anwendung in DNS-Abschnitte, die den Patentierbarkeitsvoraussetzungen genügen würden, dazu im Einzelnen Köster, GRUR 2002, 835–836. 451 Aber hier gibt es einen gewissen Interpretationskonflikt zwischen der Richtlinie und dem EPÜ, dazu ausführlich Oser GRUR Int. 1998, 648, 651. 452 Schatz, GRUR Int. 1997, S. 588 ff. 453 Entscheidung des Korean Supreme Court vom 12. 3. 1991, 90 Hu 250. 454 Vgl. 1.3.2. (2) der KBioRL.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

Tiererfindungen eine koreanische Entscheidung auf, wonach Verfahren zur Behandlung von Tieren mit der Begründung patentierbar sind, dass sie nicht zur medizinischen Tätigkeit gehören, und mithin die streitige Erfindung, deren Anwendungsbereich letztlich nur auf Tiere als solche beschränkt war, als gewerblich anwendbar angesehen wurde456. Insofern ist die koreanische Patentpraxis von der Deutschen verschieden, wonach Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des tierischen Körpers und Diagnostizierverfahren, die am tierischen Körper vorgenommen werden, nicht als gewerblich anwendbare Erfindungen gelten.

C. Ausnahmen von der Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen I. Allgemeines Der Patentierung biotechnologischer Erfindungen stehen neben allgemeinen Patentierbarkeitsvoraussetzungen noch andere Hürden im Wege. Art. 53 EPÜ und § 2 DPatG schließen zwei Gruppen der Erfindungen von der Patentierbarkeit aus, welche wörtlich aus dem Art. 2 StrßbÜ stammen457. Das sind zum einen Erfindungen, deren Veröffentlichung oder Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde. Zum anderen geht es um Pflanzensorten oder Tierarten sowie um im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren. Im Zusammenhang mit dem ersten Ausschluss von der Patentierung fragt es sich, ob die ethische Frage, die vor allem im Rahmen biotechnologischer Erfindungen häufig aufgeworfen worden ist, doch in dem Patentrecht, dem positiven Recht, behandelt werden soll. Wie oben erwähnt, beschreibt Art. 53 a) EPÜ, dass bestimmte Patente aus ethischen Gründen nicht erteilt werden. Hinsichtlich des Patentschutzes biotechnologischer Erfindungen liegen aber die Schwierigkeiten gerade in der genauen legalen Definition von Ethik. Mit anderen Worten, es ist zweifelhaft, ob der Begriff „Ethik“ eindeutig und sicher definiert und angewandt werden kann458. Außerdem regeln das EPÜ, das deutsche Patentgesetz und die EU-Biorichtlinie den Ausschlusstatbestand der Pflanzensorten oder Tierarten von der Patentierung. Nach der teleologischen Auslegung bedeutet diese Vorschrift, dass bestimmte Tiere und Pflanzen nicht vom Patentschutz ausgeschlossen werden können. Darum sind die Abgrenzungen zwischen Pflanzensorten und Pflanzen 455

Dazu im Einzelnen C. IV. 3. des zweiten Teils der vorliegenden Arbeit. Entscheidung des Korean Supreme Court v. 12. 3. 1991, 90 Hu 250. 457 Im Einzelnen dazu bei Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg., Art. 53 Rdnr. 12 ff. 458 Llewelyn, EIPR 1997, 122; siehe auch die Entscheidungen vom EPA – Krebsmaus/HARVARD und T 356/93 PLANT GENETIC SYSTEM (PGS). 456

C. Ausnahmen von der Patentierbarkeit

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sowie zwischen Tierarten und Tieren zu ziehen. Ferner sind die Erfindungen für im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren von der Patentierung ausgenommen. Der Begriff „im Wesentlichen biologisch“ ist bereits in der EU-Biorichtlinie und im BioPatG (Entwurf) vorgesehen. Gemäß Art. 2 Abs. 2 EU-Biorichtlinie ist ein Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren im Wesentlichen biologisch, wenn es vollständig auf natürlichen Phänomenen wie Kreuzung oder Selektion beruht, welche nicht genetische, sondern traditionelle biologische Verfahren betreffen. Bei der Beurteilung des Begriffs „im Wesentlichen“ in diesem Sinne werden dem Wesen der Erfindung und der Mitwirkung des Menschen Rechnung getragen459. Darüber hinaus ist die Ausschlussbestimmung restriktiv auszulegen. Die Rechtsprechung des EPA460 und des deutschen Bundesgerichtshofs461 stützen sich auf einen „allgemeinen Rechtsgrundsatz“, wonach die Ausnahmebestimmungen eng auszulegen sind, damit nicht möglicherweise wertvollen Erfindungen der Patentschutz verweigert wird462. Diese Einschränkung geht aber über die Bestimmung des Art. 4quater PVÜ463 noch hinaus. Mit anderen Worten, Art. 53 a) EPÜ reicht deshalb für den in Art. 4quater PVÜ aufgestellten Mindeststandard aus, weil bloße Vertriebsbeschränkungen nicht in der Lage sind, ein Patentverbot zu rechtfertigen. Die enge Auslegung der Ausnahmebestimmungen trifft ferner nur zu, soweit es sich nicht um die Abgrenzung der beiden Schutzsysteme Patentschutz und Sortenschutz handelt464. Bei ihrer Auslegung muss ohnehin die Gefahr vermieden werden, durch großzügigen Umgang mit ihrem Wortlaut oder durch Analogien die allgemeine Absicht einer gesetzlichen Regelung insgesamt oder in weiten Bereichen zunichte zu machen.

459 Ohne menschlichen Eingriff kann die stabile Integration einer DNS-Sequenz in das Genom einer Pflanze nicht durchgeführt werden, siehe EPA T 356/93, ABl. EPA 1995, 545, 581 ff. Pflanzenzellen; vgl. Busse, §2 Rdnr. 58. 460 TBK vom 3. 10. 1990, T 19/90, ABl. EPA 1990, 476 (486) = GRUR Int. 1990, 978 ff. – „Krebsmaus/HARVARD II“. 461 Vgl. auch z. B. EPA T 320/87 ABl. EPA 1990, 71 = GRUR Int. 1990, 629 „Hybridpflanzen“; BGH GRUR Int. 1984, 35 (36) – „Hydropyridin“. 462 Siehe dazu die dogmatisch begründete zurückhaltende Kritik von Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg., Art. 53; vgl. Straus, GRUR 1992, 260 ff. 463 Art. 4quater PVÜ (Stockholmer Fassung) lautet: „Die Erteilung eines Patents kann nicht deshalb verweigert und ein Patent kann nicht deshalb für ungültig erklärt werden, weil der Vertrieb des patentierten Erzeugnisses oder des Erzeugnisses, das das Ergebnis eines patentierten Verfahrens ist, Beschränkungen oder Begrenzungen durch die innerstaatlichen Rechtsvorschriften unterworfen ist“. 464 Benkard, Rdnr. 12a; Straus, GRUR Int. 1998, 1 (9).

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

II. Verstoß gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten 1. Überblick In den Auseinandersetzungen über die Patentierung biologischen Materials taucht unter anderem häufig die Frage auf, ob Ethik im Patentwesen in Erwägung gezogen werden muss465. Ein Grund dafür, dass die ethische Frage im Patentrecht häufig und zum Teil heftig diskutiert wird, ist die Ausschließlichkeitsbefugnis hinsichtlich einer Lebensform, d. h. die drohende „Monopolisierung“ genetischer Ressourcen. In der Tat bringt das Patentrecht, ein Teil der geltenden Rechtsordnung, im Rahmen der wertneutralen technologischen Würdigung von Erfindungen die übergeordneten sozial-ethischen Erwägungen, die in der Verfassung, der öffentlichen Ordnung und den guten Sitten verankert sind, durch das Patentamt zur Geltung466. Mit Rücksicht darauf sieht das Patentgesetz Generalklauseln vor, d. h. gemäß Art. 53 a) EPÜ und § 2 Nr. 1 DPatG werden Patente nicht erteilt für Erfindungen, deren Veröffentlichung oder Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde; ein solcher Verstoß kann nicht allein aus der Tatsache hergeleitet werden, dass die Verwertung der Erfindung durch Gesetz oder Verwaltungsvorschrift verboten ist467. Die Verstöße gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten liegen grundsätzlich nur in elementaren Verstößen gegen die bedeutenden Grundsätze der Rechtsordnung468. Ferner betonen Regel 23 (d) EPÜ und Art. 6 Abs. 2 der EU-Biorichtlinie469, dass die genannten Gruppen von Erfindungen, die wegen Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten als nicht patentierbar gelten, nicht abschließend aufgezählt sind470. Die genannten Fälle sind 465 Beyleveld/Brownsword, 1993; Armitage/Davies, Patents in Perspektive, 1994; Llewelyn, EIPR 1997, 122. 466 Straus, GRUR 1992, 260. 467 Diese Vorschrift entspricht dem TRIPS-Übereinkommen, in dem gemäß Art. 27 Abs. 2 den Vertragsstaaten eine Ausnahme von der grundsätzlichen Pflicht zur Patentierung von Erfindungen gestattet wird. 468 Begründung des BioPatG (Entwurf). 469 Bezüglich der ethischen Fragen leistet die EU-Biorichtlinie einen bedeutenden Beitrag dazu, einen einheitlichen Standard für das auch im Patentrecht zu betrachtende „ethische Minimum“ in Bezug auf humangenetische Erfindungen festzuschreiben, ohne dass in diesem Bereich der sinnvolle und notwendige Patentschutz zur Entfaltung der Biotechnologie sehr eingeengt wird. Nach Fuchs weist die Richtlinie die richtige Richtung für die weitere Entwicklung des Verhältnisses von Patentrecht und Humangenetik auf und beeinflusst einerseits die nationalen Patentrechte und spielt auch als Vorbildfunktion für die künftige Interpretation des EPÜ eine Rolle, vgl. Fuchs, JZ 1999, 605. 470 Beispiele sind (a) Verfahren zum Klonen von menschlichen Lebewesen; (b) Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität der Keimbahn des menschlichen Le-

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nur als konkrete Beispiele gegeben, um dem Patentprüfer wichtige Leitlinien für die Auslegung der Generalklausel bei der Beurteilung der konkret angemeldeten Patente an die Hand zu geben471. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass nur die wichtigsten Fälle im Gesetz beschrieben werden, und dass es der Rechtsprechung überlassen bleiben soll, flexibel in den jeweiligen Einzelfällen die Erfindungen zu identifizieren, deren gewerbliche Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde. Gemäß Art. 1 EU-Biorichtlinie werden diese Fälle wörtlich in das nationale Patentrecht umgesetzt. Dementsprechend hat § 2 Abs. 2 des deutschen BioPatG (Entwurf) wörtlich die Regel 23d EPÜ bzw. Art. 6 Abs. 2 der EU-Biorichtlinie übernommen und dazu keine abschließenden Bestimmungen hinzugefügt. Dabei sind bei der Anwendung der Nummern (a) bis (c) die entsprechenden Vorschriften des ESchG472 zu berücksichtigen, da der Begriff „ordre public“ in Deutschland auf das ESchG zurückgeht. Des Weiteren gibt Art. 27 Abs. 2 TRIPS-Übereinkommen auch ein Prinzip in Bezug auf Ethik an, das bereits im EPÜ geregelt ist. Danach können die Mitglieder Erfindungen von der Patentierbarkeit ausschließen, sofern die Verhinderung ihrer gewerblichen Verwertung innerhalb ihres Hoheitsgebiets zum Schutz der öffentlichen Ordnung oder der guten Sitten einschließlich des Schutzes des Lebens oder der Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen oder zur Vermeidung einer ernsten Schädigung der Umwelt notwendig ist, vorausgesetzt, dass ein solcher Ausschluss nicht nur deshalb vorgenommen wird, weil die Verwertung verboten ist. Mit anderen Worten wird die Patentierbarkeit für diejenigen Erfindungen, die gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen, im Rahmen der Verhinderung der gewerblichen Verwertung beurteilt. Diese Beurteilung unterliegt der Voraussetzung, dass das Leben oder die Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen geschützt wird, oder dass eine ernste Schädigung der Umwelt vermieden wird. Deswegen ist eine solche Erfindung patentierbar, es sei denn, dass das Leben oder die Gesundheit verletzt, oder dass die Umwelt ernsthaft geschädigt wird. Nach Art. 7 EU-Biorichtlinie und ihrem Erwägungsgrund 44 wird eine Europäische Gruppe für Ethik der Naturwissenschaft und der Neuen Technologie innerhalb der Europäischen Kommission errichtet, die alle ethischen Aspekte im Zusammenhang mit der Biotechnologie bewertet. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass diese Gruppe auch im Bereich des Patentrechts die Biotechbewesens; (c) die Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken und (d) Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität von Tieren, die geeignet sind, Leiden dieser Tiere ohne wesentlichen medizinischen Nutzen für den Menschen oder das Tier zu verursachen, sowie die mit Hilfe solcher Verfahren erzeugten Tiere. Diese Fälle sind später noch eingehend zu behandeln. 471 Begründung des BioPatG (Entwurf). 472 BGBl. I S. 2746 v. 13. 12. 1990.

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nologie anhand grundlegender ethischer Prinzipien bewerten kann473. Dementsprechend ist gemäß Art. 7 und 16 EU-Biorichtlinie die ethische Frage nicht an die Mitgliedstaaten gerichtet, sondern an die Europäische Kommission. Aber trotzdem ist es aus politischen Gründen unumgänglich gewesen, die Beratergruppe in der EU-Biorichtlinie zu verankern. Wenn die Ethik anhand der sich rasch entwickelten Biotechnologie beurteilt wird, werden vor allem die Weiterentwicklungen der Technik stetig überprüft. 2. Öffentliche Ordnung Im Rahmen des Patentrechts ist eine Erfindung, die gegen die öffentliche Ordnung verstoßen würde, nicht patentwürdig, jedoch kommt die legale Definition der „öffentlichen Ordnung“ weder im Patentgesetz noch in der EU-Biorichtlinie zum Ausdruck. Darum wird dieser Begriff in der nationalen Rechtsordnung nicht in so einheitlicher Weise angewandt474, dass bei Kommentierung der Vorschrift der Terminus „ordre public“ als Grundlage benutzt werden soll475. Unter dem Begriff „öffentliche Ordnung“, die in § 2 Nr. 1 DPatG und Art. 53a EPÜ verankert ist, sind nach dem Willen des Gesetzgebers die „tragenden Grundsätze der Rechtsordnung476“ zu verstehen. Diese Lehre im Rahmen des Patentrechts ist von den Lehren auf anderen Gebieten eindeutig zu unterscheiden, z. B. vom polizeirechtlichen Sicherheitsbegriff. Zur öffentlichen Ordnung zählen „alle Normen, die der Verwirklichung und dem Schutz von solchen Gütern dienen, die für das Leben in der staatlichen und sozialen Gemeinschaft eine essentielle Bedeutung besitzen“477. Auf europäischer Ebene kommt der Begriff erstmals in der Entscheidung des EPA „Pflanzenzellen/PLANT GENETIC SYSTEMS“ vom 21. Februar 1995 zum Ausdruck, wonach er „den Schutz der öffentlichen Sicherheit und der physischen Unversehrtheit des Individuums als Mitglied der Gesellschaft umfasst. Dies schließt auch den Schutz der Umwelt ein“478. Nach den Prüfungsrichtlinien des EPA sind diejenigen Er473

Erwägungsgrund 44 der EU-Biorichtlinie. Beispielsweise wird bei der Auslegung der polizeilichen Generalklausel im deutschen Sicherheitsrecht die „öffentliche Ordnung“ weitgehend auf sittliche, außerrechtlich fundierte Grundprinzipien reduziert. Aber ein solches Verständnis könnte im Rahmen des Art. 53 a) EPÜ nicht zum Ziel führen, da der Bezug auf außerrechtliche Maßstäbe bei dieser Vorschrift durch den Begriff „die guten Sitten“ hergestellt wird, vgl. Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg., Art. 53 Rdnr. 30. 475 Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg., Art. 53 Rdnr. 30. 476 Materialien zum EPÜ Dok. IV/2767/61 S. 45; vgl. Benkard/Bruchhausen, § 2 Rdnr. 5; Bernhardt/Kraßer, S. 135; Schulte, § 2 Rdnr. 17; Rogge, GRUR 1998, 303 ff.; Straus, GRUR 1992, 260. 477 Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg., Art. 53 Rdnr. 31. 478 Auf europäischer Ebene wurde das Wort „öffentliche Ordnung“ erstmals in der Entscheidung T 356/93 gefunden, in der die TBK darauf bestanden hat, dass die Rolle des EPA nicht auf den wissenschaftlichen oder technischen Gesichtspunkt beschränkt 474

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findungen vom Patentschutz ausgenommen, die einen Anreiz zum Aufruhr oder zur Störung der öffentlichen Ordnung bieten oder zu einem verbrecherischen oder allgemein anstößigen Verhalten führen könnten479. Nach der Rechtsprechung des BGH gehören dazu alle Normen, welche die Grundlage für die Verwirklichung des staatlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Lebens bilden480, zu denen auch die wesentlichen Verfassungsgrundsätze zählen481. Insofern entspricht „öffentliche Ordnung“ dem Begriff ordre public im internationalen Privatrecht482. Bei der Übertragung der ursprünglich im nationalen Rahmen entwickelten Definition des Begriffs „ordre public“ auf europäisches Einheitsrecht ist es notwendig, die Rechtspostulate zu identifizieren, die in den meisten Vertragsstaaten des EPÜ als unverzichtbare Bestandteile der Rechtsordnung angesehen werden483. Dazu gehören insbesondere das Recht auf Leben (Art. 2 EMRK), die Unantastbarkeit der Menschenwürde, die physische Unversehrtheit des Individuums als Mitglied der Gesellschaft (Art. 3 EMRK) sowie der Schutz der Umwelt, wenn objektiv festgestellt werden kann, dass diese ernsthaft gefährdet würde. Es ist aber grundsätzlich kein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, falls eine Tat gesetzlich gestattet ist. Wenn der Gesetzesverstoß die wahrscheinliche Gefahr einer Bedrohung des geordneten Gemeinschaftslebens zum Ausdruck bringt, ist die Patenterteilung ausgeschlossen, z. B. bei Verstößen gegen wesentliche Normen zum Schutz von Menschen, Tieren, Natur und Umwelt484. Hierzu zählen insbesondere Verstöße gegen das Gentechnikgesetz485 und das Embryonenschutzgesetz. Das Gentechnikgesetz behandelt die Frage, ob das Leben und die Gesundheit des Menschen sowie die Umwelt vor potentiellen Gefahren der Gentechnik wirksam zu schützen sind. Das ist, und dass auch das öffentliche Interesse berücksichtigt werden muss. Ferner zeigte die Entscheidung T 19/90 des EPA, dass auch das ökologische Risiko im Rahmen des derzeitigen Interesses in Erwägung zu ziehen ist, siehe EPA ABl. T 19/90, 1990, 476 und 1992, 588; vgl. Pallaud-Dulian, S. 176. Außerdem ist „öffentliche Ordnung“ im „Vocabulaire juridique Capitant“ zu verstehen als „une norme qui, exprimée ou non dans une loi, correspond à l’ensemble des exigences fondamentales (sociales, politiques, etc.) considérées comme essentielles au fonctionnement des services publics, au maintien de la sécurité ou de la moralité (en ce sens l’ordre public englobe les bonnes mœurs), à la marche de l’économie (ordre public économique) ou même à la sauvegarde de certains intérêts particuliers primordiaux (ordre public de protection individuelle), vgl. Pallaud-Dulian, S. 167. 479 Prüfungsrichtlinie des EPA, Teil C, Kapitel IV, 3.1. 480 BGHZ 28, 376 (385); BGHZ 42, 7 (13); BGHZ 50, 370 (375); Schulte, § 2 Rdnr. 17. 481 Z. B. die Unantastbarkeit der Menschenwürde (Art. 1 GG, siehe auch BGHZ 48, 327 (333 f.)), das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit und persönliche Freiheit (Art. 2 Abs. 2, siehe etwa BGHZ 42, 7 (13); BGHZ 94, 248 (249 f.)). 482 Fuchs, JZ 1999, 602; Calame, S. 129 ff. 483 Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg., Art. 53 Rdnr. 32. 484 Schulte, § 2 Rdnr. 18. 485 BGBl. I S. 1080 v. 20. 6. 1990.

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Embryonenschutzgesetz schreibt die Straftatbestände für gentechnische Manipulation vor, die auch nach § 2 Abs. 2 BioPatG (Entwurf) und Regel 23d EPÜ vom Patentschutz ausgenommen sind. § 2 Abs. 2 S. 2 BioPatG (Entwurf) weist ausdrücklich auf das Embryonenschutzgesetz hin486. Ferner sind nicht nur alle weiteren völkervertragsrechtlichen Normen, die manche EPÜ-Vertragsstaaten binden und von ihnen als unverzichtbare Rechtsgrundsätze angesehen werden, sondern auch die nationalen Normen, insbesondere das Verfassungsrecht, das sich als inhaltlicher Maßstab zum europäischen „ordre public“ entwickeln kann, in Erwägung zu ziehen487. Hierbei wird vor allem der Schutz der Würde sowie des Lebens und der Gesundheit des Menschen beachtet. Zusätzlich kommen auch wesentliche Vorschriften des Tier-, des Natur- und des Umweltschutzes in Betracht. In Art. 27 Abs. 2 TRIPS-Abkommen ist der Begriff „ordre public“ zwar ebenfalls nicht definiert. Allerdings konkretisiert das TRIPS-Abkommen den Begriff, indem der Schutz des Lebens oder der Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen oder die Vermeidung einer ernsten Schädigung der Umwelt notwendig ist488. Laut Art. 27 Abs. 2 TRIPS-Abkommen sowie Art. 53 a) EPÜ genügt ein Verbot der Verwertung der Erfindung durch einfaches Gesetz oder Verwaltungsvorschrift nicht, um einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung zu begründen. Eine Verletzung des ordre public kann erst dann bejaht werden, wenn die konkret gefährdete Rechtsnorm von herausragender Bedeutung für das Gemeinwesen ist489. In der Folge ist bei der Prüfung im Rahmen des Patentrechts vorerst das Rechtsgut zu ermitteln, dessen Schutz die jeweilige Rechtsvorschrift bezweckt490. Nach dem Erwägungsgrund 39 der EU-Biorichtlinie entsprechen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten insbesondere den in den Mitgliedstaaten anerkannten ethischen oder moralischen Grundsätzen, die die übliche patentrechtliche Prüfung ergänzen, unabhängig vom technischen Gebiet der Erfindung. Laut Erwägungsgrund 38 und Art. 6 Abs. 2 der EU-Biorichtlinie ist der Grundsatz von Menschenwürde und Tierschutz von Bedeutung. 3. Gute Sitten Neben dem Verstoß gegen die öffentliche Ordnung ist im Patentgesetz auch der Verstoß gegen die guten Sitten als Grund für den Ausschluss von der Paten486

Schulte, § 2 Rdnr. 18. Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg., Art. 53 Rdnr. 32. 488 Straus, GRUR Int. 1996, 189. 489 Benkard/Bruchhausen, § 2 PatG Rdnr. 5; Bernhardt/Kraßer, S. 138; Schulte, § 2 PatG Rdnr. 18. 490 Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg. Art. 53 Rdnr. 34. 487

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tierung vorgesehen. Gemäß § 2 Nr. 1 DPatG, § 2 Abs. 1 BioPatG (Entwurf), Art. 53a EPÜ, Regel 23d AO EPÜ und Art. 6 Abs. 2 EU-Biorichtlinie werden keine Patente für Erfindungen erteilt, die gegen die guten Sitten verstoßen. Der wandelbare Begriff der „guten Sitten“ geht auf die römisch-rechtliche Formel von den „boni mores“ zurück491 und ist verbunden mit der Erkenntnis dessen, was nach den Kulturnormen der europäischen Gesellschaft und Zivilisation für richtig und akzeptabel erklärt wird. Nach der europäischen Rechtsprechung sind die guten Sitten als die „allgemein anerkannten Normen des europäischen Kulturkreises“ anzusehen492. Jedoch gibt es bislang noch keine gemeinsamen allgemein anerkannten Normen in Europa493. Unter Berufung auf einen eigenen Standard der guten Sitten muss ein Patent vom EPA nicht erteilt werden, wenn die Erfindung gegen die guten Sitten aller benannten Vertragsstaaten verstößt, oder eine Anmeldung zurückgewiesen werden, wenn die Erfindung nicht im Einklang mit den guten Sitten aller Vertragsstaaten steht494. Wenn die Erfindung in einzelnen der benannten Vertragsstaaten als gegen die guten Sitten verstoßend angesehen wird, in anderen hingegen nicht, so bedarf es einer eigenen Entscheidung des EPA über die Frage der Sittenwidrigkeit. Sie kann nur einheitlich auf Erteilung oder Versagung für alle benannten Vertragsstaaten lauten. Eine Versagung kann der Anmelder vermeiden, wenn er seine Anmeldung auf die Benennung der Vertragsstaaten beschränkt, deren Rechtsordnung eindeutig einen Sittenverstoß verneint495. Nach den Richtlinien des EPA wird als Maßstab bei der Prüfung eines Sittenverstoßes zugrunde gelegt, ob es wahrscheinlich ist, dass die Öffentlichkeit im allgemeinen die Erfindung als so verabscheuungswürdig betrachten würde, dass die Erteilung von Patentrechten unbegreiflich wäre496. 491

Dazu im Einzelnen bei Schricker (1970), S. 186. Nach dem „Vocabulaire juridique Capitant“ wird dieser Begriff (les bonnes mœurs) verstanden als „un ensemble de règles imposées par une certaine morale sociale, reçue en un temps et en un lieu donnés, qui, en parallèle avec l’ordre public, constitue une norme par référence à laquelle les comportements sont appréciés [. . .] et dont le contenu coutumier et évolutif, sourtout relatif à la morale sexuelle, au respect de la personnne humaine et aux gains immoraux, est principalement déterminé par le juge, vgl. Pallaud-Dulian, S. 166. 492 T 356/93 ABl. 95, 545 (Nr. 6); HABM Mitt. 2000, 304. 493 Schulte, § 2 Rdnr. 25. 494 Schulte, § 2 Rdnr. 26. 495 Schulte, § 2 Rdnr. 27. 496 Richtlinien für die Prüfung im EPA Teil C, Kapitel IV, Art. 53 a). Nach deutschem Recht ist grundsätzlich abzustellen auf die durchschnittlichen sittlichen Anschauungen der Bevölkerung, wobei das im Grundgesetz verkörperte Wertesystem bei der Konkretisierung eine wichtige Rolle spielt. Wenn solche Anschauungen zur Sittenwidrigkeit im Rahmen der europäischen Staaten verschieden sind, wird es im Prozess der Anwendung problematisch, vgl. Schatz, GRUR Int. 1997, 588 ff.; Rogge, GRUR 1998, 303 ff. Das europäische Patent kann nur für diejenigen Staaten erteilt werden, in denen die Verwertung der Erfindung nicht gegen die dort geltende Rechts- und Sit-

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Anders als das Kriterium der öffentlichen Ordnung wird der Begriff der „guten Sitten“ in der deutschen Rechtsprechung und Lehre im Ausgangspunkt einheitlich verwendet. Mit anderen Worten findet der Ausdruck vom „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“497, der der deutschen Rechtsprechung und Lehre entspringt, nicht nur im Bereich des Zivilrechts (§§ 138 und § 826 BGB), sondern auch auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts (§ 1 UWG) Anwendung, auch wenn keine einheitliche Definition der guten Sitten vorliegt498. Je nach Sinn und Zweck des jeweiligen Rechtsgebiets bedarf der Begriff „gute Sitten“ einer eigenständigen Ausfüllung. Es dürfen nämlich Wertmaßstäbe und Ergebnisse von Wertungen nicht unbesehen von einem Rechtsgebiet ins andere übertragen werden499. Entsprechend Art. 6 Abs. 1 der EU-Biorichtlinie sowie Art. 53 a) EPÜ, wonach Erfindungen, deren gewerbliche Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde, von der Patentierbarkeit auszuschließen sind500, hat die Berücksichtigung der „guten Sitten“ Eingang auch in das Patentrecht gefunden. Für biotechnologische Erfindungen ist das Patent mit der Begründung erteilt worden, dass im Vergleich mit konventionellen Verfahren biotechnologische Züchtungsverfahren nicht „sittenwidrig“ sind501. Aus dieser Tatsache wird im Bereich des Patentrechts anerkannt, dass ethisch begründete Schutzausnahmen vorliegen502. Nach dem deutschen Recht verstößt eine Erfindung gegen die guten Sitten, wenn sie objektiv dem „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ widertenordnung verstößt. Im Gegensatz dazu kann die Erteilung des europäischen Patentrechts ausgeschlossen sein, wenn die Verwertung der Erfindung auch nur in einem der benannten Staaten gegen den ordre public oder die guten Sitten verstoßen würde. Der Anmelder ist in der Lage, die Benennung solcher kritischen Staaten nachträglich fallenzulassen und so den Schutz in den übrigen Staaten zu erlangen. Das EPA geht davon aus, dass es für alle Vertragsstaaten einheitliche öffentliche Ordnung und gute Sitten nicht gebe, und will damit diese Begriffe „für die Zwecke des EPÜ“ eigens neu definieren, vgl. EPA GRUR Int. 1995, 978 f. „Pflanzenzellen/Plant Genetic Systems“; Fuchs JZ 1999, 603. 497 Dazu allgemein Schricker (1970), S. 190 ff. (213). Er ist der Auffassung, dass sich die herrschende Sozialmoral als der „durchschnittlich“ für richtig gehaltene Maßstab, als gedachter Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Moralvorstellungen der Beteiligten darstellt. Aus patentrechtlicher Sicht dazu Moufang, MüGK, 15. Lfg., Art. 53 Rdnr. 37; Straus, GRUR Int. 1990, 918; Straus, GRUR 1992, 260. Demgegenüber räumen Bernhardt und Kraßer dem Begriff der guten Sitten eine eigenständige Bedeutung ein, und zwar i. S. eines Hinweises auf die herrschende Sozialmoral als eines rein außerrechtlichen Maßstabs, vgl. Bernhardt/Kraßer, S. 136; ähnlich Fuchs, JZ 1999, 603. Nach diesen Autoren handelt es sich bei den guten Sitten um Ge- und Verbote für das äußere Verhalten, die unabhängig von einer Verankerung in Rechtsvorschriften allgemein als verpflichtend anerkannt sind. 498 Schricker (1970), S. 248; Sack, WRP 1985, 4. 499 Schricker (1970), S. 186, Fußn. 1. 500 Ebenso Erwägungsgrund Nr. 37. 501 Dybdahl, S. 41 ff., Rdnr. 125. 502 Fuchs, JZ 1999, 603; Schatz, GRUR Int. 1997, 594.

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spricht503. Dies ist der Fall, wenn die Erfindung mit den sittlichen Grundlagen der Rechtsordnung nicht in Einklang zu bringen ist, beispielsweise weil sie das Gebot der Menschenwürde verletzt504. Wie oben erwähnt, entsprechen laut Erwägungsgrund 39 der EU-Biorichtlinie die guten Sitten wie die öffentliche Ordnung insbesondere den in den Mitgliedstaaten anerkannten ethischen oder moralischen Grundsätzen. Die Verwertung einer Erfindung kann unter zwei Gesichtspunkten sittenwidrig sein. Einerseits kann der Gegenstand der Erfindung selber unethisch sein, andererseits können die rechtliche Monopolisierung und die damit einhergehende Kommerzialisierung des Gegenstands der Erfindung gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen505. Bei der Auslegung des Begriffs „Verwertung“ ist im Allgemeinen die sozialethische Frage zu berücksichtigen506. Aber in der liberalen und marktwirtschaftlichen Gesellschaft sollten die Bereiche sehr eng begrenzt werden, in denen eine rechtliche Monopolisierung durch Patente aus ethischen Gründen pauschal untersagt werden kann und bei der nicht nur im Einzelfall bei Missbräuchen korrigierend eingegriffen werden muss507. Außerdem ist auch Rücksicht darauf zu nehmen, dass das Argument eines aus der Verletzung der Menschenwürde abgeleitenen Sittenverstoßes sorgfältig zu konkretisieren ist. Dafür steht als bedeutende Entscheidung des EPA der RelaxinFall508. 503 RG 80, 221; BGHZ 10, 232; BGHZ 69, 297; NJW 76, 1958. Ebenso wie bei die zivilrechtlichen Generalklauseln, z. B. in §§ 138, 826 BGB sind auch die Einwirkung der Grundrechte und der verfassungsrechtlichen Grundwerte bei der Auslegung der patentrechtlichen Sittenwidrigkeit zu beachten, vgl. § 138 Rdnr. 2 ff. Palandt BGB, 61. Aufl. 2002. 504 BPatGE 29, 39 (42); 42, 67 (68). Im Rahmen der Entstehungsgeschichte des Patentwesens ergibt sich die Erteilung eines befristeten Ausschließlichkeitsrechts für die Verwertung der Erfindung. Nach den allgemeinen Zwecken des Patentschutzes ist der Erfinder für die Bereicherung der Technik zu belohnen, sich und andere zu weiteren Innovationen anzuspornen und eine Gegenleistung für die Offenbarung der Erfindung an die Allgemeinheit zu deren Nutzung zu erbringen. Infolgedessen besteht kein Anlass, den Erfinder zu schützen, wenn die Verwertung der Erfindung im Widerspruch zu den guten Sitten oder zu grundlegender öffentlicher Ordnung steht, vgl. Fuchs, JZ 1999, 603. 505 Deutsch, Rdnr. 854. 506 Z. B. ist eine Vorrichtung, die alten und gebrechlichen Menschen den Geschlechtsverkehr ermöglichen sollte, als sittenwidrig angesehen, vgl. BlPMZ 1915, 248 ff.; Benkard/Bruchhausen, § 2 Rdnr. 6. 507 Dieser Aspekt gewinnt dann Bedeutung, wenn die Patentfähigkeit von ESTs zugesagt wird und wenn die Gefahr einer Wissenschaft und Forschung drohenden Monopolisierung dieses Grundstoffs des Lebens in der Bevölkerung als unerträglich empfunden würde. Dazu ausführlich bei Fuchs, JZ 1999, 605. 508 Relaxin ist ein natürliches menschliches Hormon, das beim Einsetzen der Wehen in den Ovarien einer Schwangeren produziert wird. Relaxin ist notwendig für die Entspannung der am Geburtsvorgang beteiligten Muskeln. Ein Gen, das nur zu diesem Zeitpunkt aktiviert wird, ist für die Produktion von Relaxin verantwortlich, siehe GRUR Int. 1995, 708 ff. In diesem Fall wurde ein Einspruch eingelegt, und so be-

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4. Sittenverstoß im Rahmen des Patentrechts Gemäß § 2 Abs. 2 BiopatG (Entwurf), Art. 6 Abs. 2 EU-Biorichtlinie und Regel 23d AO EPÜ werden einige Erfindungen aufgezählt, die wegen Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten als nicht patentierbar erscheinen. a) Verfahren zum Klonen von menschlichen Lebewesen Forschern in den USA gelang es erst 1993, menschliche Embryonen zu klonieren509. Zum Zeitpunkt, als der Gemeinsame Standpunkt vom 25. Januar 1996 von der Kommission dem Europäischen Parlament gemäß Art. 100a EGV und Art. 189b EGV unterbreitet wurde510, war man sich in der Tat überhaupt nicht aller Möglichkeiten biotechnologischer Erfindungen bewusst511. Im Februar 1997 wurde von schottischen Wissenschaftlern des Roslin Institute in Edinburgh ein genetisch identisches Wesen aus Körperzellen eines ausgewachsenen Schafes erzeugt. Aufgrund der Frage der Menschenwürdeverletzung ist aber das Klonieren von Menschen immer noch verboten512. Auf europäischer Ebene regelt ferner das Zusatzprotokoll zur Bioethik-Konvention des Europarats, welches im November 1997 verabschiedet worden ist, das Verbot der Klonierung menschlicher Lebewesen513. In diesem Zusammenhang beschreibt der Erwägungsgrund 41 der EU-Biorichtlinie, was die Verfahren zum Klonen von menschlichen Lebewesen ist514. gründet, dass die Menschenwürde verletzt würde, weil für ein profitorientiertes technisches Verfahren von einem besonderen weiblichen Zustand der Schwangerschaft Gebrauch gemacht wird. Aber das EPA hat diesen Einwand zu Recht zurückgewiesen. Die einmalige, von ihrer Einwilligung gedeckte Entnahme von Gewebe bei einer schwangeren Frau macht diese nicht zum Objekt der Technik. Es verstößt gegen die Menschenwürde, dass Patente auf menschliche Organe oder Transplantate erteilt werden sollen, und dass menschliche Keimzellen, embryonale Zelllinien oder fötales Gewebe beansprucht werden, dazu ausführlich Moufang, GRUR Int. 1993, 439 ff.; Fuchs, JZ 1999, 604. 509 Dazu im Einzelnen in TIMES v. 8. 11. 1993, S. 57 ff. 510 KOM(95)0661-C4-0063/96-95/0350(COD). 511 Z. B. bereits im Jahre 1997 die Schaffung des Schafes „Dolly“. 512 Die Vervielfältigung eines Menschen verstößt sowohl gegen die Würde des Spenders, als auch gegen die Würde des künftigen Menschen, vgl. Taupitz, AcP 1991, 212; Benda, NJW 1985, 1733. In Deutschland ist das Klonen menschlicher Lebewesen seit 1990 durch § 6 des Embryonenschutzgesetzes eindeutig verboten, vgl. Keller/Günther/Kaiser, S. 235 ff. 513 Kienle, ZRP 1998, 186 ff. 514 Laut dem Änderungsantrag von 1997 sollten Verfahren zum reproduktiven Klonen von Menschen als nicht patentierbar gelten, siehe Bericht des Ausschusses für Recht und Bürgerrechte, Rothley v. 25. 6. 1997, A 4-0222/97. Aber der Ausdruck „Ausschusses des reproduktiven Klonens“ war noch nicht genug, und man einigte sich, jedes Klonen von Menschen zu verbieten. Denn im Laufe der Forschung könnte

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Abgesehen davon, dass es im Allgemeinen anerkannt wird, ein Verfahren zur Klonierung von Menschen wegen der Menschenwürde zu verbieten515, wird in Art. 6 Abs. 2 (a) EU-Biorichtlinie auch ausdrücklich bestätigt, Klonierung menschlicher Lebewesen zu verbieten. Der Artikel hat Eingang in die AO zum EPÜ gefunden, und zwar in die Regel 23d (a). Unter dem Begriff „Verfahren zum Klonen von menschlichen Lebewesen“ versteht man jedes Verfahren einschließlich der Verfahren zur Embryonenspaltung, das darauf abzielt, ein menschliches Lebewesen zu schaffen, das im Zellkern die gleiche Erbinformation wie ein anderes lebendes oder verstorbenes menschliches Lebewesen besitzt516. Dies bedeutet, dass alle Verfahren der Kerntransplantation erfasst werden517. Deshalb ist jede Manipulation menschlicher Zellen oder Gene, einen Menschen zu zeugen, der keine biologischen Eltern hat, sondern aus einem Zell- oder Erbgutspender stammt, nicht patentfähig. Jede Erzeugung eines menschlichen Lebewesens fällt unter das Verbot des Klonens, selbst wenn die Erbinformation des geschaffenen und des in der Natur vorkommenden Lebewesens nicht völlig identisch ist, oder wenn die Klonierung zu therapeutischen oder diagnostischen Zwecken ausgeführt wird. Im Gegensatz dazu sind Klonierungsverfahren, die der Herstellung von Gewebe oder einzelnen Organen dienen, nicht von der Patentierung ausgeschlossen, da sie sich nicht auf die Schaffung des menschlichen Lebewesens richten518. Im Falle der Definition des Klonens menschlicher Lebewesen sind Verfahren zur Spaltung der Embryonen, abgesehen von Verfahren zum Austausch von Zellkernen, zu berücksichtigen. Diese Aufklärung ist unter anderem aus ethischen Gründen der absoluten Klarheit in der EU-Biorichtlinie notwendig519. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wo genau die Grenze zwischen den Begriffen „menschliches Lebewesen“ und „Embryo“ gezogen wird, auch wenn in der EUBiorichtlinie bewusst ein differenzierender Sprachgebrauch verwendet wird. Unter dem Begriff „Embryo“ versteht man den Keim bis zum Erreichen seiner endgültigen, voll ausdifferenzierten Gestalt520. Die „Verfahren zum Klonen von der Mensch durch die Reproduktion geklont werden. Dabei ist die Zeit von großer Bedeutung, wann genau reproduziert wird. Der Begriff „reproduktiv“ ist zur Gewährleistung jedes höchstmöglichen Grads an Rechtssicherheit in diesem Bereich des Klonens nicht klar genug. Deswegen wurde der Begriff „reproduktiv“ gestrichen. 515 Moufang, GRUR Int. 1993, 447; Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg., Art. 53 Rdnr. 53; Rogge, GRUR 1998, 305; Schatz, GRUR Int. 1997, 594; Beier/Moufang, Patentability, S. 214. 516 Hierbei stellt sich die Frage nach der einschränkenden Auslegung des Patentierungsverbots des Art. 6 Abs. 2 (a) EU-Biorichtlinie, denn in einigen Ländern, in denen die Embryonenforschung bis zum 14. Entwicklungstag zugelassen ist, also beispielsweise in England, Dänemark und Spanien, ist das reproduktive Klonen von Embryonen verboten. Vgl. Koenig/Müller, EuZW 1999, 687; Herdegen, GRUR Int. 2000, 860 ff. 517 Koenig/Müller, EuZW 1999, 681 (685). 518 Schulte, § 2 Rdnr. 31. 519 Flammer, ÖBl. 1999, 171.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

Embryonen“, die laut der EU-Biorichtlinie von der Patentierung ausgenommen werden, gelten bei einfachsten Entwicklungsstadien nicht, d. h. sie fallen nicht unter das Patentierungsverbot. Das Patentierungsverbot, das eng auszulegen ist, beginnt aber dort, wo ein „menschliches Lebewesen“ entsteht521. Zusätzlich fordert der Erwägungsgrund 41 der EU-Biorichtlinie, dass das Verfahren auf die Schaffung eines menschlichen Lebewesens im Zellkern mit gleicher Erbinformation abzielt. Insofern wird die außerhalb des Zellkerns liegende mitochondriale DNS nicht übertragen. Außerdem besteht im Allgemeinen darin Übereinstimmung, dass es verboten sein muss, Chimären522 und Hybriden523 aus Menschen und Tieren zu erzeugen, denn die Vermischung von Mensch und Tier verletzt die Menschenwürde. Auf europäischer Ebene wird ein Verfahren, das allein zur Erzeugung von Chimären aus Mensch und Tier dient, vom EPA ohne weiteres aufgrund Art. 53 a) EPÜ abgelehnt. Dies wird auch in Erwägungsgrund 38 der EU-Biorichtlinie ausdrücklich bestätigt524. b) Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität der Keimbahn des menschlichen Lebewesens Zur genetischen Therapie zählen die genetische Keimbahntherapie und die somatische Gentherapie. Die somatische Gentherapie, die dem Patentschutz zu520 Roche Lexikon Medizin, 4. Aufl. 1999, Stichwort „Embryo“; Pschyrembel Klinisches Wörterbuch, 258. Aufl. 1998, Stichwort „Embryo“: „Frucht in der Gebärmutter während der Zeit der Organentwicklung (Organogenese) . . .“. Die Embryonalperiode dauert nach dem naturwissenschaftlichen Sprachgebrauch bis zum 85. Tag der Entwicklung. Von diesem Stadium bis zur Geburt wird das Ungeborene im Mutterleib als Fötus bezeichnet, Roche Lexikon Medizin, 4. Aufl., 1999, Stichwort „Fötus“; vgl. Keller/Günther/Kaiser, § 2 Rdnr. 59 und § 6 Rdnr. 7. 521 Herdegen, GRUR Int. 2000, 861. Er macht den Vorschlag, dass eine denkbare Anknüpfung die Nidation, also die Einnistung der befruchteten Eizelle in den Uterus, etwa das Erreichen des Achtzellstadiums bildet. 522 Unter Chimäre versteht man die Vereinigung der Zellen von zwei genetisch unterschiedlichen Embryonen zu einem Zellband und dadurch die Entwicklung eines einzigen Organismus. „Schiege“ aus Schaf und Ziege wurde 1984 erzeugt. Bereits Ende 1997 wurde beim USPTO ein Verfahren zur Vereinigung von menschlichen und tierischen Embryozellen zu einer Chimäre aus Mensch und Tier zur Patentierung angemeldet. Außerdem soll nach Angaben von Greenpeace das EPA 1999 ein Patent (EP 0 380 646) auf ein Verfahren zur Erzeugung von Mensch-Tier-Chimären erteilt haben. Jedoch ergibt sich durch Analyse der Patentansprüche und der Beschreibung, dass die Erzeugung von Mensch-Tier-Chimären nicht unter die Ansprüche des Patents EP 0 380 646 fällt. 523 Von Hybride spricht man, wenn Keimzellen verschiedener Arten verschmolzen werden, z. B. das Maultier, dessen Eltern Esel und Pferd sind. 524 Laut Erwägungsgrund 38 sind Verfahren zur Herstellung von hybriden Lebewesen, die aus Keimzellen oder totipotenten Zellen von Mensch und Tier entstehen, von dem Patentschutz auszunehmen.

C. Ausnahmen von der Patentierbarkeit

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gänglich gemacht werden kann, richtet sich nicht auf Geschlechtszellen. Hierbei wird in das defekte genetische Material der einzelnen Körperzellen eingegriffen, und der therapeutische Effekt wird nicht an künftige Generationen weitergegeben, sondern beschränkt sich nur auf den betroffenen Patienten525. Hingegen ist die zweite Methode, die genetische Keimbahntherapie, aus ethischem Grund von der Patentierung ausgenommen. Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft wird Übereinstimmung erreicht, dass die Keimbahnintervention am menschlichen Lebewesen und das Klonen menschlicher Lebewesen gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten verstoßen und unmissverständlich vom Patentschutz ausgenommen sind526. Danach ist jede Art des Klonens, unabhängig von welchem Zweck, grundsätzlich von der Patentierbarkeit ausgenommen. Mit anderen Worten ist die Keimbahntherapie von der Patentierung ausgenommen, denn dabei handelt es sich um einen künstlichen Eingriff in die Keimzellen eines Individuums, und dadurch wird dessen Ergebnis in die nächste Generation übertragen und die genetische Identität als solche verändert527. Ein wichtiges Argument gegen das gentherapeutische Verfahren ist, dass die Technik der Keimbahntherapie derzeit noch nicht völlig ausgereift ist, und dass unbeabsichtigte, unvorstellbare und irreversible negative Auswirkungen des gentechnischen Eingriffs für den behandelten Patienten und künftige Generationen zu befürchten sind528. Unter § 2 Abs. 2 Nr. 2 BioPatG (Entwurf) und Regel 23c (c) EPÜ fallen weder Verfahren, in denen die genetische Identität der Keimbahn unberührt bleibt, noch Verfahren, die sich auf Keimzellen oder Gameten berufen529. Daher sind die Erfindungen patentfähig, die nicht zum Gegenstand haben, die genetische Identität der Keimbahn zu verändern. c) Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken Im Sinne des Patentrechts war diese Vorschrift umstritten. Es war zwar allen Mitgliedstaaten klar, eine Kommerzialisierung menschlicher Embryonen verhindern zu müssen. Dennoch fanden sich Schwierigkeiten etwa in der sprachlichen Fassung, da eine Legaldefinition des menschlichen Embryos im Rahmen der EU-Biorichtlinie nicht erreichbar war530. Hierbei wird die Frage aufgeworfen, was im Sinne des Patentrechts der genaue Unterschied zwischen dem mensch525 Deshalb ist die Korrektur von Gendefektion an Körperzellen patentfähig, vgl. Schulte, § 2 Rdnr. 34. 526 Flammer, ÖBl. 1999, 172. 527 Die Keimbahn fängt mit der Verschmelzung der Keimzellen oder Gameten (= haploide Geschlechtszellen = Ei- und Samenzellen) an. 528 Kinkeldey (1996), S. 8; Moufang (1988), S. 230; Appel, S. 190. 529 Schulte, § 2 Rdnr. 33.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

lichen Körper und dem Embryo ist. Daraus ergibt sich, dass im Rahmen des europäischen Patentrechts die klare rechtliche Definition des Begriffs „menschlicher Embryo“ bzw. „menschliches Leben an sich“ unumgänglich ist531. Ansonsten könnte ein solches Problemfeld nie wirklich gelöst werden. In einem solchen Fall hätte jeder Staat immerhin auf seinem Gebiet die Möglichkeit, eine Patentierung in Bereichen zu verbieten, die von der EU-Biorichtlinie nicht erfasst und ausgenommen wurden532. In Bezug auf das menschliche Leben taucht die Frage auf, wann genau es beginnt533. Nach einer Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts ist als Beginn des menschlichen Lebens ein Zeitpunkt nach Erscheinen des sog. Primitivstreifens anzusehen, d. h. 14 Tage nach der Befruchtung (sog. Nidationszeitpunkt)534. Wenn der Embryo aber nach der Kernverschmelzung hinsichtlich des Schutzes der Menschenwürde als Mensch angesehen wird, wäre ein solches Patent im Rahmen des Patentrechts nichtig. Was laut dieser Vorschrift von der Patentierung ausgenommen ist, stellt die Verwendung menschlicher Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken dar. Darum ist nach teleologischer Auslegung die Verwendung menschlicher Embryonen zu therapeutischen oder diagnostischen Zwecken patentfähig, denn sie können entweder dem Embryo oder der Mutter nützlich sein, um eine Krankheit zu heilen oder davor zu schützen oder das Leben der Mutter zu retten535. Diese Vorschrift kann so ausgelegt werden, dass der Patentausschluss nur dann eingreift, wenn eine industrielle oder kommerzielle Verwertung das einzige Ziel ist, oder therapeutische oder diagnostische Zwecke völlig in den Hintergrund treten. Dementsprechend ist in Erwägungsgrund 42 ausdrücklich vorgesehen, dass ein solcher Ausschluss jedoch auf keinen Fall für Erfindungen gilt, die therapeutische oder diagnostische Zwecke verfolgen und auf den menschlichen Embryo zu dessen Nutzen angewendet werden. Der Erwägungsgrund 42 antwortet auf die Frage, ob die Vorteile dem individuellen Embryo zugute kommen müssen oder ob auch ein gruppenbezogener Nutzen 530 In der EU-Biorichtlinie befindet sich keine festgesetzte Definition des Begriffs „Embryo“. 531 In der Regel versteht man aber unter dem Begriff „Embryo“ medizinisch den menschlichen Keim etwa bis zum Beginn des dritten Schwangerschaftsmonats sowie das Individuum von der Befruchtung der Eizelle bis zur Geburt. Nach dem deutschen ESchG wird als Embryo die befruchtete, entwicklungsfähige menschliche Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an angesehen. 532 Flammer, ÖBl. 1999, 173. 533 Diesbezüglich stellt das deutsche Embryonenschutzgesetz auf den Zeitpunkt der Kernverschmelzung ab, vgl. § 8 Abs. 1 ESchG. 534 BVerfGE 39, 37 = NJW 1975, 573; vgl. Kienle, ZRP 1998, 188. Diese Position wird in den EPÜ-Vertragsstaaten England, Dänemark, Spanien, Frankreich und Schweden vertreten. In diesen Ländern ist die Embryonenforschung grundsätzlich bis zum 14. Entwicklungstag zugelassen, vgl. Koechlin Büttiker, S. 180 ff.; Calame, S. 212 ff. 535 Schulte, § 2 Rdnr. 37.

C. Ausnahmen von der Patentierbarkeit

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ausreichen kann. Der Wortlaut des Erwägungsgrundes spricht für die engere Auslegung, nämlich die Anwendung einer Erfindung auf einen Embryo „zu dessen Nutzen“. Das bedeutet nur die Beziehung auf das Individuum536. In diesem Zusammenhang ist Art. 52 Abs. 4 EPÜ zu beachten537. Die Abgrenzung von „industriellen oder kommerziellen Zwecken“ und „therapeutischen oder diagnostischen Zwecken“ ist schwierig und umstritten, da die EU-Biorichtlinie als Ausschlusstatbestand von der Patentierung nur industrielle oder kommerzielle Zwecke ausdrücklich regelt538. Nach dem deutschen ESchG ist es verboten, menschliche Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken zu verwenden. Mit Rücksicht darauf findet sich die gleiche Regelung in der EU-Biorichtlinie wieder539, selbst wenn hier in der EU-Biorichtlinie der Begriff „Embryo“ seinen Niederschlag nicht findet. Mit anderen Worten ist diese Vorschrift so auszulegen, dass menschliche Embryonen zu pharmazeutischen oder Forschungszwecken verwendet werden dürfen. Hierbei geht man davon aus, dass solchen Verwendungen ein Versuchsprivileg gewährt sein sollte. d) Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität von Tieren Nach Auffassung des EPA sind Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität von Tieren anders als beim Menschen grundsätzlich patentfähig540. Ausgeschlossen vom Patentschutz sind aber diejenigen Verfahren, die geeignet sind, für die Tiere Leiden ohne wesentlichen medizinischen Nutzen im Bereich der Forschung, der Vorbeugung, der Diagnose oder der Therapie für den Menschen oder das Tier zu verursachen. Das Tierleid ist darum nur durch einen nachzuweisenden medizinischen Nutzen zu rechtfertigen, damit ein solches Verfahren patentiert werden kann. Außerdem sind die Tiere, die mit Hilfe solcher Verfahren erzeugt werden, auch nicht patentfähig. Bei der Entscheidung „Harvard/Krebsmaus“541 des EPA geht es darum, dass Tiere infolge einer künstli536

Herdegen, GRUR Int. 2000, 862. Art. 52 Abs. 4 EPÜ sieht vor, dass Verfahren zur chirurgischen und therapeutischen Behandlung des menschlichen Körpers und Diagnostizierverfahren, die am menschlichen Körper angewendet werden, als nicht gewerblich anwendbar gelten und somit dem Patentschutz nicht zugänglich sind. 538 In diesem Zusammenhang vertritt Herdegen die Ansicht, dass es mit Rücksicht auf kostenintensive gentechnische Forschungsmaßnahmen sinnvoll wäre, nicht nur einem einzelnen Embryo therapeutischen oder diagnostischen Nutzen zu bringen, sondern auch kommerzielle oder industrielle Verwertbarkeit herbeizuführen, denn im Patentwesen kann man nicht eingreifen, um eine wirtschaftliche Verwertung auszuschließen, GRUR Int. 2000, 862. 539 Art. 6 Abs. 2, Erwägungsgrund 42 der EU-Biorichtlinie. 540 ABl. EPA T 19/90, 1990, 476; Erzeugung einer transgenen Onco-Maus mit erhöhter Neigung zur Entwicklung von Neoplasmen durch Einschleusung einer aktivierten Onkogen-Sequenz im Embryonalstadium. 541 ABl. EPA T 19/90, 1990, 476 und 1992, 588. 537

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

chen Genmanipulation eine erhöhte Neigung zur Entwicklung von Milchdrüsenkrebs aufweisen und sich aufgrund dieser Eigenschaft als Labortier für Versuche mit Krebsbekämpfungsmitteln besonders eignen. Dementsprechend kann es nicht verhindert werden, dass Tierversuche, die den Tieren Leid zufügen, durchgeführt und bei medizinisch rechtfertigbaren Gründen Tiere zu Forschungszwecken gequält und getötet werden müssen. 5. Der menschliche Körper und seine Bestandteile a) Überblick Im Hinblick auf die gentechnisch veränderten Körperteile stellt sich die Frage, ob der menschliche Körper Gegenstand eines Patents sein kann und, wenn ja, ob entweder als Ganzes oder nur dessen Bestandteile. Seit geraumer Zeit werden die isolierten Bestandteile des menschlichen Körpers, beispielsweise Gene und Zellen, bereits patentiert542. Hierbei sind die ethischen Probleme im Zusammenhang mit der Menschenwürde aufgetaucht. Nach der Entscheidung des deutschen Bundespatentgerichts muss das Patentrecht unter Wahrung der Grundprinzipien ausgeübt werden, die die Würde und die Unversehrtheit des Menschen gewähren543. In Art. 1 Abs. 1 GG ist statuiert, dass die Menschenwürde unantastbar ist. Dieser Gedanke ergibt sich daraus, dass der Mensch nicht zum Objekt der Technik werden darf. Beim Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten handelt es sich um die Patentierung des lebenden Menschen, denn der Körper gehört nicht zu den Sachen, sondern zur Person544. Darum erfährt der Mensch einen besonderen Schutz durch das Persönlichkeitsrecht545.

542

Moufang, GRUR Int. 1993, 448. BPatGE 26, 104. 544 Diese Auffassung war bereits im römischen Recht bekannt. „Quoniam dominus membrorum suorum nemo videtur“ (dann niemand wird als Eigentümer seiner Glieder angesehen). Die gleiche Haltung des römischen Rechts findet sich in dem Grundsatz „liberum corpus non recipit aestimationem“ (Die Freiheit des Körpers kann nicht bewertet werden) wieder. Deswegen war eine Sache so zu bewerten, dass bei der Sachbeschädigung der dominus die Klage aus der lex Aquilia hatte, aber für den menschlichen Körper beides nicht zutraf. Mit anderen Worten, das römische Recht hat die Sache vom menschlichen Körper getrennt, vgl. Gareis, Das Recht am menschlichen Körper, in FS für Schirmer, Königsberg, 1900, S. 61 ff.; Schünemann, S. 8; Forkel, JZ 1974, 593. 545 Eine rechtliche Befugnis des Menschen an seinen körperlichen Teilen wurde in der Vergangenheit oft abgelehnt, denn die Macht über den eigenen Körper wie über die Person bedürfe keiner rechtlichen Anerkennung. Er sah es als unmöglich an, dass ein Mensch „den anderen am Denken hindern oder umgekehrt in ihm denken“ könne, vgl. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Band I, S. 335 (336); vgl. Schünemann, S. 37. 543

C. Ausnahmen von der Patentierbarkeit

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Im Folgenden wird die Patentierung des menschlichen Körpers und seiner Bestandteile unter dem Gesichtspunkt von Art. 53 a) EPÜ und § 2 (a) DPatG dargelegt. Zwar sind unter dem Verfassungsrecht Patente auf menschliche Lebewesen selbst unmöglich546, aber die Patentierung ist nicht ausdrücklich verboten. Des Weiteren geht es darum, ob eine menschliche DNS-Sequenz, die durch Gentechnik genetisch verändert wird, dem Patentschutz zugänglich gemacht werden kann547. Ethische Aspekte sind derzeit im Rahmen des Patentrechts besonders umstritten. Die Grenzen der Ethik im Patentrecht sollen daher zunächst behandelt werden. b) Patentschutz des menschlichen Körpers Aus ethischen Gründen ist der menschliche Körper eine res extra commercium und kann daher weder Gegenstand des Eigentumsrechts noch eines Ausschlussrechts sein548. Gemäß Art. 5 Abs. 1 EU-Biorichtlinie und § 1a BioPatG (Entwurf) können der menschliche Körper in den einzelnen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung sowie die bloße Entdeckung eines seiner Bestandteile, einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eines Gens, keine patentierbaren Erfindungen sein. Hierbei fängt der menschliche Körper erst mit der Befruchtung der Eizelle an zu bestehen, denn die befruchtete Eizelle enthält alle Voraussetzungen für menschliches Leben und ist der Beginn des menschlichen Lebens549. Das menschliche Leben endet mit dem Tod des Menschen und ist damit in den einzelnen Phasen seiner Entwicklung abgeschlossen. Daher ist der menschliche Körper, der sich nicht auf den lebenden, sondern auf den toten Menschen bezieht, vom Patentschutz nicht ausgeschlossen. Zwar wird der Körper toter Menschen als eine Sache im rechtlichen Sinne angesehen, jedoch sind Eigentumsrechte an ihm nach ganz herrschender Meinung unmöglich550. Zur Entnahme biologischen Materials menschlichen Ursprungs ist die Zustimmung des Betroffenen erforderlich. Mit anderen Worten muss sich die Person, bei der die Entnahme vorgenommen wird, in erster Linie darüber informieren. Sie muss 546

Ähnlich Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg., Art. 53, Rdnr. 53. Das EPA hat bereits solche Patente erteilt, und zwar für Nukleotidsequenzen des menschlichen Genoms, z. B. Interferone, Erythropoietin, Granulozytenkolonien stimulierende Faktoren, Relaxin, Wachstumshormone, Straus/Fritze, GRUR 1994, 895. Beim EPA sind bis 1997 ca. 2.000 Patente auf DNS-Sequenzen menschlichen Ursprungs angemeldet worden, und weltweit sind über 1 500 Patente hierfür erteilt worden, dazu Schatz, GRUR Int. 1997, 588; Straus, GRUR 1998, 314; Busse, § 2 PatG Rdnr. 64. 548 Wenn der menschliche Körper eine Sache wäre, so müsste die rechtliche Beziehung der Person zu ihrem Körper mit „Eigentum“ umschrieben werden, dazu ausführlich Schünemann, S. 26 ff. 549 Schulte, § 2 Rdnr. 42. 550 Forkel, JZ 1974, 593 ff.; Moufang, GRUR Int. 1993, 447. 547

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

auch die Gelegenheit erhalten haben, gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften nach Inkenntnissetzung und freiwillig der Entnahme zuzustimmen551. Eine solche Zustimmung ist erforderlich, weil die Unantastbarkeit der Menschenwürde verletzt werden könnte, wenn einem Menschen die Bestandteile seines Körpers ohne seine Zustimmung entnommen werden552. Die Zustimmung kann vor der Entnahme, aber auch nachträglich erklärt werden553. c) Patentschutz der Bestandteile des menschlichen Körpers Unter dem Begriff „Bestandteile des menschlichen Körpers“ werden alle Elemente verstanden, aus denen sich der menschliche Körper zusammensetzt, z. B. Organe, Gewebe, Zellen, Gene, Sequenzen und Teilsequenzen eines Gens554. Die Bestandteile des menschlichen Körpers können dann keine patentierbare Erfindung sein, wenn sie sich auf eine bloße Entdeckung beziehen. Diese Vorschrift ist in Art. 5 Abs. 2 EU-Biorichtlinie vorgesehen, und sie ist von § 1a Abs. 2 BioPatG (Entwurf) und Regel 23e Abs. 2 EPÜ inhaltlich übernommen worden555. Der durch ein technisches Verfahren abgetrennte Bestandteil des menschlichen Körpers ist der Patenterteilung zugänglich. Ferner ist der Schutzumfang von Patenten auf isolierte Bestandteile des menschlichen Körpers eingeschränkt, d. h. die Rechte aus dem Patent auf isolierte Bestandteile können sich eindeutig nicht auf den menschlichen Körper und dessen Bestandteile in seiner natürlichen Umgebung erstrecken556. Gemäß Art. 5 EU-Biorichtlinie, § 1a Abs. 1 BioPatG (Entwurf) sowie Regel 23e Abs. 1 EPÜ kann eine Sequenz oder eine Teilsequenz eines Gens keine patentierbare Erfindung sein, wenn sich die Erfindung auf die bloße Entdeckung bezieht. Hingegen kann eine Gensequenz nicht von der Patentierung ausgeschlossen werden, wenn sie durch ein technisches Verfahren aus ihrer natürlichen Umgebung isoliert wird und für einen bestimmten Zweck erstmals zur Verfügung steht, unabhängig davon, ob der Aufbau dieses Bestandteils mit dem Aufbau eines natürlichen Bestandteils identisch ist. Hierbei können sich die 551

Erwägungsgrund 26 der EU-Biorichtlinie. Schulte, § 2 Rdnr. 54. 553 Schulte, § 2 Rdnr. 55. Falls das Material ohne vorherige Zustimmung entnommen worden ist, so kann eine nachträglich erforderliche Zustimmung von der Erfüllung bestimmter Bedingungen abhängig gemacht werden. 554 Schulte, § 2 Rdnr. 45. 555 Nach der Vorschrift ist eine Erfindung, die einen isolierten Bestandteil des menschlichen Körpers oder einen auf andere Weise durch ein technisches Verfahren erzeugten Bestandteil betrifft, einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eines Gens, nicht von der Patentierbarkeit ausgeschlossen. Diese Regelung gilt auch für den Fall, dass der Aufbau dieses Bestandteils mit dem Aufbau eines natürlichen Bestandteils identisch ist. 556 Erwägungsgrund 20 der EU-Biorichtlinie. 552

C. Ausnahmen von der Patentierbarkeit

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Rechte aus dem Patent nicht auf den menschlichen Körper und dessen Bestandteile in seiner natürlichen Umgebung erstrecken557. Im Hinblick darauf sind die rein wissenschaftlichen Ergebnisse des HGP nicht patentierbar, da sie patentrechtlich als eine Entdeckung angesehen werden, und keine Lehre zum technischen Handeln enthalten558. Außerdem unterliegen nach der EU-Biorichtlinie Sequenzen oder Teilsequenzen von Genen denselben Patentierbarkeitskriterien der Neuheit, erfinderischen Tätigkeit und gewerblichen Anwendbarkeit wie alle anderen Bereiche der Technologie559. Gemäß Art. 5 Abs. 3 der EU-Biorichtlinie wird die Patentierbarkeit wesentlich eingeschränkt, da die gewerbliche Anwendbarkeit einer Sequenz oder Teilsequenz eines Gens in der Patentanmeldung konkret beschrieben werden muss560. Gleichwohl werden ohne Kenntnis des Anmelders von der spezifischen Funktion der zugehörigen Gene Erfindungen über Gensequenzen weiterhin angemeldet561. Das HGP ist in der Lage, eine Menge von DNS-Sequenzen des menschlichen Genoms in die Öffentlichkeit zu bringen. In diesem Zusammenhang steht in Frage, unter welchen Voraussetzungen die Sequenz eines Gens patentierbar ist. In erster Linie ist ein einfacher DNS-Abschnitt ohne Angabe einer Funktion nicht patentierbar, denn er enthält keine Lehre zum technischen Handeln562. Mit anderen Worten hat zur Patentierung ein DNS-Abschnitt eine Funktion zu beschreiben, und sogar die gewerbliche Anwendbarkeit einer Sequenz oder Teilsequenz muss konkret beschrieben sein563. In der Beschreibung ist nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 PatAnmV und Regel 27 Abs. 1 EPÜ konkret anzugeben, in welcher Weise der Gegenstand gewerblich anwendbar ist, wenn es sich aus der Beschreibung oder der Art der Erfindung nicht augenscheinlich ergibt. Die konkrete Beschreibung der Funktion einer Sequenz ist für den Nachweis der gewerblichen Anwendbarkeit erforderlich564. Enthält die Anmeldung für den Fachmann trotz einer fehlenden konkreten Beschreibung der Funktion der Sequenz eine Lehre zum technischen Handeln – z. B. weil ihm die Funktion von beanspruchten expressed sequence tags (EST) ohne weiteres geläufig ist – dann muss aufgrund der zwingenden Vorschrift des § 1a Abs. 3 BioPatG (Entwurf) und Regel 23e Abs. 3 EPÜ die konkrete Funktion in die Beschreibung aufgenommen werden565. 557

Erwägungsgrund 20 der EU-Biorichtlinie. Schulte, § 2 Rdnr. 61. 559 Erwägungsgrund 22 der EU-Biorichtlinie. 560 Erwägungsgrund 22 der EU-Biorichtlinie. 561 Zum Beispiel waren im Jahr 1997 etwa 350 Patentanmeldungen über 500.000 Sequenzen anhängig, dazu ausführlich: Straus, GRUR 1998, 314 ff. 562 Erwägungsgrund 23 der EU-Biorichtlinie. 563 Erwägungsgrund 22 der EU-Biorichtlinie. 564 Schulte, § 2 Rdnr. 63, 65. 558

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

Im koreanischen Patentgesetz ist die Patentierbarkeit des menschlichen Körpers oder seiner Teile nicht ausdrücklich geregelt. In der koreanischen Patentpraxis wurden die Gensequenzen als unvollständige Erfindungen angesehen, d. h. sie galten nicht als Erfindung i. S. d. Patentrechts, da Gene bereits in den Lebewesen vorhandene Stoffe sind, deren Offenlegung eine bloße Entdeckung ist, wobei ihre vollständigen Funktionen noch nicht ermittelt sind. Bei der Patentierbarkeit der menschlichen Gene geht es darum, ob die menschlichen Gene als Teil des Menschen angesehen werden. Allerdings wurde ein Stoff, der aus dem Lebewesen isoliert wird, nicht als ein Teil des Lebewesen, sondern als chemischer Stoff betrachtet566. Die Regelung über die Patentierbarkeit der DNSAbschnitte befindet sich in der KBioRL, und zwar bei den gentechnischen Erfindungen. Demzufolge sind die DNS-Abschnitte auch patentierbar, wenn sie durch ein technisches Verfahren gewonnen werden, zu hervorragenden Effekten führen, und deren Anwendbarkeit oder Funktionen in der Beschreibung konkret angegeben sind567. 6. Fazit Zum Verhältnis der guten Sitten zu Recht und Moral im Rahmen des Patentrechts vertreten deutsche Patentrechtler unterschiedliche Auffassungen568. Bei der Beurteilung der guten Sitten den eigenständigen Besonderheiten des Patentrechts Rechnung zu tragen, ist zwar von Bedeutung, aber dennoch sollte der Inhalt der guten Sitten den allgemeinen sittlichen Grundlagen der Rechtsordnung entnommen werden. Die Sittenwidrigkeitsklausel beinhaltet die Prämisse, dass im Interesse der Rechtsklarheit und -sicherheit ethische Aspekte keinen Einfluss auf patentrechtliche Fragestellungen ausüben sollten569. Die Rechtsklarheit und -sicherheit würden verletzt, wenn Rechts- und Sittenordnungen, die in den Vertragsstaaten des EPÜ unterschiedlich vorgesehen sind, im positiven Patentrecht Anwendung fänden. Wenn ethischen Aspekten bei einer konkreten Patentierung eine tragende oder auch nur in einzelnen Aspekten gewichtige 565

Schulte, § 2 Rdnr. 67. Lee, C.-Y., S. 86. 567 Dazu im Einzelnen in Teil 2, B. IV. 1. der vorliegenden Arbeit. 568 Nach der Auffassung von Straus und Moufang ist der Inhalt der guten Sitten den sittlichen Grundlagen der Rechtsordnung zu entnehmen. Ihre Lehre kann sich auf Lehre und Gerichtspraxis berufen, welche die guten Sitten als Verweis auf rechtsimmanente Wertungen interpretieren. Im Gegensatz dazu formulieren Bernhard und Kraßer eine eigenständige Interpretation, die die Besonderheiten des Patentrechts in Berücksichtigung nimmt. Außerdem vertreten vor allem Wiebe und Rogge eine andere Ansicht dahingehend, dass ein rechtlicher sowie ein ethischer Maßstab heranzuziehen sind. Nach dieser Lehre verweist die Sittenwidrigkeitsklausel auch, aber trotzdem nicht ausschließlich auf außerrechtliche Moralvorstellungen, vgl. Wiebe, GRUR 1993, 92 ff.; Rogge, GRUR 1998, 304 ff. 569 Ähnlich, zwar zurückhaltender formuliert: Straus, GRUR 1992, 252. 566

C. Ausnahmen von der Patentierbarkeit

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Rolle eingeräumt würde, würde ein der Zielsetzung des Patentrechts abträglicher Unsicherheitsfaktor in die an sich wertneutrale Prüfung eingeführt570, denn die Ethik als Teil der Philosophie hat das moralische Bewusstsein zum Gegenstand. Unter diesem Umstand könnte ein einheitlicher europäischer Prüfungsmaßstab angewandt werden. Beispielsweise kann das EPA eine Anmeldung erst dann zurückweisen, wenn die Verwertung der Erfindung in allen genannten Vertragsstaaten übereinstimmend als Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten gewertet wird571. Hierbei stellt sich die Frage, ob dem nationalen Nichtigkeitsgericht der Prüfungsmaßstab des EPA aufgezwungen werden soll. Der nationale Nichtigkeitsrichter ist aber grundsätzlich an denselben europäischen Maßstab gebunden wie das EPA. Ferner wird eine Verletzung des europäischen Patents nach nationalem Recht behandelt572. Darum ist der nationale Richter zuständig für Klagen über europäische Patente, die vom Europäischen Patentamt erteilt werden. In diesem Zusammenhang können die Schicksale der europäischen Patente nach der Patenterteilung vom EPA in jeweiligen Vertragsstaaten des EPÜ unterschiedlich sein. Dieser Zustand würde die Rechtssicherheit hinsichtlich Europäischen Patente gefährden. Nicht alles, was in die technische Lehre einer Erfindung einbezogen wird, ist aus Sicht der Gesellschaft patentwürdig. Das Patentrecht selbst ist als wertneutral einzustufen, da der Erteilungsakt als solcher grundsätzlich nicht gegen die gesellschaftlichen Wertvorstellungen verstößt und mithin von den Handlungen zu trennen ist, die mit und in Ausführung einer geschützten technischen Lehre möglich sind. Daher ist das Patentrecht nicht der richtige Ort, an dem alle Gesichtspunkte ethischer Probleme im Bereich biotechnologischer Erfindungen geregelt werden sollten. Hier greifen vielmehr die Schranken der sonstigen Schutznormen, die durch den Akt der Patenterteilung unberührt bleiben. Mit Rücksicht darauf wird nach der EU-Biorichtlinie der Bioethikausschuss in der EU-Kommission errichtet, der alle ethischen Aspekte und Entwicklungen im Zusammenhang mit der Biotechnologie beobachtet und bewertet. In Zukunft spielt diese Ethikgruppe wohl eine gewichtige Rolle bei der Beurteilung über Ethik im Rahmen biotechnologischer Erfindungen. Die Anwendung der EUBiorichtlinie steht derzeit in der Anfangsphase, sie wird durch die Umsetzung ins nationale Patentgesetz konkret verwirklicht. Hierbei wird man darauf aufmerksam, dass in der EU-Biorichtlinie nur ein Mindeststandard vorgegeben wird. Deswegen sollte den Mitgliedstaaten die Berechtigung zukommen, selber Regelungen dort zu treffen, wo die EU-Biorichtlinie schweigt. Aber die Mitgliedstaaten werden sich wohl wörtlich an den Text der EU-Biorichtlinie halten, wobei ihnen die Kommission mit Interpretationshilfen zur Seite stehen wird573. 570 571 572

Spranger, GRUR Int. 1999, 598. Calame, S. 158. Art. 64 Abs. 3 EPÜ.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

Im Rahmen des Patentierungsverfahrens ist aber eine stärkere Berücksichtigung ethischer Erwägungen aus den obengenannten Gründen abzulehnen574. Es sollte daher vermieden werden, philosophische Ansätze auf positives wertneutrales Patentrecht anzuwenden. Im Hinblick auf den rechtlichen Zustand des Patentrechts wird darauf hingewiesen, dass das Patentamt als technische Verwaltungsbehörde grundsätzlich nicht kompetent sei, die ethischen Fragen zu behandeln. Seine Aufgabe besteht nur darin, anhand der Technik mit angemeldeten Erfindungen zu prüfen, ob die Erfindungen die gesetzlichen Patentierbarkeitsvoraussetzungen erfüllen, d. h. ob sie neu, erfinderisch und gewerblich anwendbar sind575. Die Praxis des deutschen wie europäischen Patentamts sowie die überwiegende Literatur legen die Sittenwidrigkeitsklausel ganz eng aus576. Darüber hinaus können gemäß Art. 27 Abs. 2 TRIPS Erfindungen innerhalb des Hoheitsgebiets des Mitgliedstaates aufgrund der ethischen Fragen von der Patentierbarkeit ausgenommen werden, da eine solche Beurteilung, wie der Ausdruck können andeutet, den Mitgliedern überlassen bleibt. Darum erfolgt die Diskussion über Kontrolle gentechnischer Erfindungen in der Regel außerhalb des Patentwesens577. Außerdem weisen Art. 28 Abs. 3 TRIPS und Art. 13 Abs. 8 EGSVO einen Weg. Damit kann die Auseinandersetzung über die Frage nach der Ethik aus dem gewerblichen Rechtsschutz heraus genommen werden. § 32 KPatG beinhaltet ethische Regelungen, wonach Erfindungen nicht als nichtpatentierbar gelten, nämlich Erfindungen, deren Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstößt oder die Gesundheit der Allgemeinheit beeinträchtigt. Im Rahmen des koreanischen Patentrechts sind die Begriffe „öffentliche Ordnung“, „gute Sitten“ und „Gesundheit der Allgemeinheit“ sehr abstrakt und allgemein geregelt578. Im Vergleich zum EPÜ oder DPatG ist im KPatG vorgesehen, dass bei Beeinträchtigung der Gesundheit der Allgemeinheit keine Patentierbarkeit gegeben ist. Dieser Begriff wird so verstanden, dass als Ergebnis der Anwendung der Erfindung die Gesundheit der Allgemeinheit beeinträchtigt würde579. Anstelle vom KPatG werden in der KBioRL einige nicht-patentierbare Beispiele wegen der ethischen Probleme aufgezählt. Hierbei sollten die oben genannten Beispiele der EU-Biorichtlinie auch in Korea als nicht patentierbar gelten. Ausserdem schreibt die KBioRL die Errichtung eines Ethikausschusses innerhalb des koreanischen Patentamts nicht vor. Daher erfolgt die Beurteilung biotechnologischer Erfindungen, die sich auf ethische Fra573

Flammer, ÖBl. 1999, 175. Spranger, GRUR Int. 1999, 598. 575 Schulte, § 2 Rdnr. 22. 576 Rogge, GRUR 1998, 303 ff.; GRUR Int. 1993, 865 „Patent für pflanzliche Lebensformen/Greenpeace“. 577 Llewelyn, EIPR 1997, 123. 578 Yoshifuji, S. 118. 579 Hwang, S. 380. 574

C. Ausnahmen von der Patentierbarkeit

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gen beziehen, durch den Patentprüfer im KPA580. Nach dem noch nicht verabschiedeten Gesetz über die Lebensethik und -sicherheit soll ein Ethikausschuss, der ethische Fragen vor allem in Bezug auf die menschliche Reproduktion behandelt, errichtet werden.

III. Pflanzensorten, Tierarten und mikrobiologische Verfahren 1. Überblick In § 2 Nr. 2 DPatG und Art. 53 b) EPÜ ist vorgeschrieben, dass Patente für Pflanzensorten oder Tierarten sowie für im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren nicht erteilt werden. Dieser Ausschlusstatbestand ist gemäß § 2 Nr. 2 S. 2 DPatG und Art. 53 b) S. 2 EPÜ nicht anzuwenden auf mikrobiologische Verfahren und auf die mit Hilfe dieser Verfahren gewonnenen Erzeugnisse. Am Anfang der 1970er Jahre ist diese Vorschrift dadurch ins EPÜ eingeführt worden, dass das EPÜ inhaltlich den Artikel 2 (b) StrßbÜ übernommen hat. Aus der Entstehungsgeschichte kann der Art. 53 b) EPÜ gut verstanden werden, denn seine Bestimmungen zur Patentierbarkeit sind eng an die entsprechenden Bestimmungen des StrßbÜ angelehnt581. Bereits vor dem StrßbÜ war im Jahre 1961 die Fassung des UPOV-Übereinkommens für den Pflanzenschutz in Kraft getreten. Nach dem UPOV-Übereinkommen von 1961 wurde ein ausschließliches Recht für neue Pflanzensorten eingeführt. In dieser Hinsicht war in dem UPOV-Übereinkommen ein Doppelschutzverbot vorgesehen. Mit anderen Worten können neue Pflanzensorten sowohl im UPOV-Übereinkommen als auch im Patentgesetz nicht doppelt geschützt werden. Um den Doppelschutz zu verhindern, war im StrßbÜ ein spezieller Artikel über Pflanzensorten und Tierarten enthalten, die von der Patentierung ausgeschlossen werden. In diesem Artikel kommt aber die Definition der Pflanzensorten und Tierarten unglücklicherweise nicht zum Ausdruck. Es gab wohl diesbezüglich keine Übereinstimmung. Außerdem konnte man sich in diesem Zeitpunkt gentechnologische Produkte, vor allem transgene Pflanzen oder Tiere, anhand der Gentechnik nicht vorstellen. Dementsprechend war die Patentierung von Erfindungen auf dem Gebiet der belebten Natur durch die Rechtsprechungen abgesegnet582. 580 Diesbezüglich stellt der Verfasser die Frage, ob der technische Patentprüfer die Patentanmeldung biotechnologischer Erfindungen, die sich auf ethische Fragen beziehen, auch prüfen soll. 581 Haertel (1984), MüGK, Einführung, Geschichtliche Entwicklung, Nr. 28; Mousseron, S. 165. 582 BGH GRUR 1969, 672 – Rote Taube; vgl. Benkard/Bruchhausen, § 2 Pat Rdnr. 8; Schatz, GRUR Int. 1997, 588 (589); Spranger, GRUR Int. 1999, 595 (597); Goebel, Mitt. 1999, 173 (174).

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass eine patentrechtliche Definition der Pflanzensorten oder Tierarten nirgendwo zu finden ist, und zwar weder im EPÜ noch im DPatG. Darum sollte die Definition in dem betreffenden speziellen Gesetz enthalten sein. Was Pflanzensorten betrifft, kommt ihre Definition im UPOV-Übereinkommen und EGSVO zum Ausdruck. Hingegen gibt es kein einheitliches Übereinkommen über Tierarten. Unter diesem Umstand ist die EU-Biorichtlinie von großer Bedeutung, da sie bei Bewertung der Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen eine gewichtige Rolle spielen dürfte. Außerdem ist das „im Wesentlichen biologische Verfahren“ vom Patentschutz ausgenommen. Dieser Ausdruck ist aber glücklicherweise in der EU-Biorichtlinie, in der AO EPÜ und in dem deutschen BioPatG (Entwurf) vorgesehen. Hierbei ist der wesentliche Faktor, eine Entscheidung über im Wesentlichen biologisch oder nicht-biologisch zu treffen, der menschliche Eingriff583. Im Folgenden wird noch ausführlich die Patentierbarkeit der Erfindungen von Pflanzensorten und Tierarten, insbesondere auf europäischer Ebene behandelt. 2. Pflanzensorten a) Überblick Nach § 2a Abs. 1 BioPatG (Entwurf) und Art. 53 b) 1. Halbsatz EPÜ sind Pflanzensorten sowie im Wesentlichen biologische Züchtungsverfahren der Pflanzen von der Patentierung ausgeschlossen. Der nichtpatentierbare Gegenstand, der gemäß dieser Vorschrift von der Patentierung ausgeschlossen ist, betrifft aber nicht Pflanzen, sondern Pflanzensorten. Darum ist den Pflanzen als solchen oder einzelnen Pflanzen die Möglichkeit zur Patentierung immer noch eröffnet (§ 2a Abs. 2 BioPatG)584. Wie oben erwähnt, hat das Patentierungsverbot für Pflanzensorten seinen Ursprung in Art. 2 StrßbÜ von 1963, der es den Vertragsstaaten freistellt, Pflanzensorten von der Patentierung auszuschließen. Gemäß Art. 2 b) StrßbÜ sind die Vertragsstaaten nicht dazu verpflichtet, die Erteilung von Patenten für Pflanzensorten vorzusehen. Mit anderen Worten hat das StrßbÜ Pflanzensorten per se nicht vom Patentschutz ausgeschlossen und vielmehr bewusst offengelassen, dass die Mitgliedstaaten mit Rücksicht auf das UPOV-Übereinkommen Bestimmungen über das Doppelschutzverbot der Pflanzensorten in ihren Rechtsordnungen vorsehen konnten585. Hingegen sind Pflanzensorten nach Art. 53 b) EPÜ vom Patentschutz ausgeschlossen. In der Folge 583

T 320/87 ABl. 1990, 71 = GRUR Int. 1988, 629 (631) – Hybridpflanzen. Busche, GRUR Int. 1999, 299 (300). Der Begriff „Pflanzensorte“ ist abstrakt praktisch nicht abschließend zu bestimmen, wie der Begriff „Tierart“, vgl. Thomsen, GRUR Int. 1998, 212 ff.; ferner TBK vom 26. Juli 1983, T 49/83, GRUR Int. 1984, 302. 585 Denkschrift zum StrßbÜ, BT-Drs. 73712, zu Art. 2 S. 378. 584

C. Ausnahmen von der Patentierbarkeit

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konnten auf europäischer Ebene Pflanzensorten nicht nach dem EPÜ, sondern nach einem Sortenschutz gesetzmäßig geschützt werden, soweit eine Pflanzensorte den gesetzlichen Begriff erfüllt. Wenn ein Patent für einen Anspruch, der sich auf Pflanzensorten bezieht, nicht erteilt werden kann, ist nur der Sortenschutz vorgesehen, und somit ist der Patentanspruch zu beschränken. Eine solche Beschränkung kann nur verlangt werden, wenn einwandfrei feststeht, dass der Anspruch sich ausdrücklich auf Pflanzensorten bezieht, weil es vermieden werden muss, dass der Erfinder weder ein Patent noch ein Sortenschutzrecht erhalten kann586. Hierbei wird darauf hingewiesen, dass Sortenschutzrechte nur für konkrete Pflanzensorten erteilt werden, aber nicht für technische Lehren, die in einer Vielzahl von Pflanzensorten in die Tat umgesetzt werden können587. Auf europäischer Ebene waren die Pflanzensorten damals nach dem UPOVÜbereinkommen von 1961588 gesetzmäßig geschützt. Aufgrund des Doppelschutzverbots im UPOV-Übereinkommen von 1961 durften die Vertragsstaaten keine Patente für Pflanzensorten erteilen, für die Pflanzenzüchterrechte erlangt werden konnten. Aber die Vorschrift über das Doppelschutzverbot ist im UPOV-Übereinkommen von 1991 weggefallen, ohne dass es bekannt gegeben worden ist, weshalb diese Vorschrift weggefallen worden ist. Im Gegensatz dazu befindet sich diese Vorschrift immer noch in der EGSVO und im deutschen Sortenschutzgesetz. Damit ist der Sortenschutz die einzige und ausschließliche Form des gewerblichen Rechtsschutzes für Pflanzensorten. In diesem Zusammenhang ist zweifelhaft, warum das Doppelschutzverbot in dem internationalen Übereinkommen nicht mehr enthalten ist. Zur Verhinderung eines Doppelschutzes durch Sorten- und Patentschutz ist es erforderlich, entsprechend dem Zweck eine Abgrenzung der Definition einer Pflanzensorte vorzunehmen. Hierbei kommt der Patentschutz erst dann in Betracht, wenn und soweit ein Sortenschutzrecht mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzung nicht entstehen kann589. 586 587

Schulte, § 2 Rdnr. 111 (112). GrBK v. 20. 12. 1999, G 1/83 – transgene Pflanze/NOVARTIS II, ABl. 2000,

136. 588 Nach Art. 2 Abs. 1 des UPOV-Übereinkommens von 1961 war der Doppelschutz durch Sortenschutz und Patent verboten, aber diese Vorschrift ist in der Fassung des revidierten UPOV-Übereinkommens 1991 (GRUR Int. 1991, 538) aufgehoben. Ein Teil der Mitgliedstaaten des EPÜ war bereits in das UPOV-Übereinkommen, das eine Bestimmung über Doppelschutzverbot der Pflanzensorten enthielt, eingetreten. Hierbei konnte Art. 53 b) EPÜ nicht in solchen Mitgliedstaaten Anwendung finden. Mit Rücksicht darauf, dass Pflanzenzüchterrechte auf europäischer Ebene nicht erhältlich waren, und ihre Zuerkennung von Land zu Land unterschiedlich geregelt waren, und dass das Patentrecht in allen Mitgliedstaaten gleich geschützt und angewandt werden muss, hat das EPA die Vorschrift in das EPÜ eingeführt, dass alle Pflanzensorten nicht patentierbar sind, vgl. GrBK v. 20. 12. 1999, G 1/83 – transgene Pflanze/NOVARTIS II, ABl. 2000, 136.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

b) Begriff der Sorte Der Begriff „Pflanzensorte“ ist weder im EPÜ noch im DPatG definiert, sondern ist der Rechtsprechungen entnommen590. Er ist auch dem europäischen und internationalen Sortenschutzrecht entlehnt, und zwar Art. 5 Abs. 2 der EGSVO und Art. 1 (vi) UPOV-Übereinkommen von 1991591. Diese Definition ist in einer anderen Entscheidung des EPA noch klarer geworden592. Deswegen ist eine Pflanzensorte, die in Art. 53 b) EPÜ vorgesehen ist, unabhängig davon, ob sie nach dem UPOV-Übereinkommen geschützt werden kann, eine pflanzliche Gesamtheit innerhalb eines einzigen botanischen Taxons der untersten bekannten Rangstufe und unterscheidet sich zumindest durch die Ausprägung eines der erwähnten Merkmale von jeder anderen pflanzlichen Gesamtheit. Wie bereits erwähnt liegt eine Vorschrift, die eine gesetzliche Definition der Pflanzensorte angibt, weder im EPÜ noch im DPatG vor. Im Vergleich dazu ist in dem BioPatG (Entwurf) und in Regel 23b EPÜ, welche die Definition des UPOV-Übereinkommens und EGSVO inhaltlich übernommen haben, der Begriff „Pflanzensorten“ definiert. Im Hinblick darauf geht man davon aus, dass der Begriff „Pflanzensorten“ im Sinne des Patentrechts mit den vom EPA getroffenen Entscheidungen und somit auf internationaler sowie europäischer Ebene miteinander in Einklang stehen. Bei der Definition fällt auf, dass Homo589 Vgl. EPA T 49/83, ABl. 1984, 112; G 3/95, ABl. 1996, 169; T 356/93, ABl. 1995, 545 = GRUR Int. 1995, 978 – Pflanzenzellen. Es ist auch der Fall, wenn die beanspruchte Erfindung eine höhere taxonomische Einheit als die Pflanzensorte betrifft oder nicht der Züchtung von Sorten dient, dazu Huber, Mitt. 1994, 174 ff.; teilweise kritisch EPA T 1054/96, ABl. 1998, 511; G 1/98 ABl. 2000, 111. 590 Entscheidung T 49/83. In dieser Entscheidung ist der Begriff „Pflanzensorte“ europaweit zum ersten Mal definiert. In dieser Entscheidung versteht man unter dem Begriff Pflanzensorten (plant varieties) „a multiplicity of plants which are largely the same in their characteristics and remain the same within specific tolerances after every propagation or every propagation cycle“. Diese Definition entspricht inhaltlich dem UPOV-Übereinkommen von 1961. Die Pflanzensorten in diesem Sinne umfassen alle kultivierten Sorten, z. B. Hybriden, Sorten usw., welche sich von anderen Sorten unterscheiden. Wenn sie neu, unterscheidbar, homogen und beständig sind, wird das Züchterrecht erteilt. 591 Nach Art. 1 VI des UPOV-Übereinkommens ist eine Pflanzensorte eine pflanzliche Gesamtheit innerhalb eines einzigen botanischen Taxons der untersten bekannten Rangstufe, die, unabhängig davon, ob sie voll den Voraussetzungen für die Erteilung eines Züchterrechts entspricht, a) durch die sich aus einem bestimmten Genotyp oder einer bestimmten Kombination von Genotypen ergebende Ausprägung der Merkmale definiert; b) zumindest durch die Ausprägung eines der erwähnten Merkmale von jeder anderen pflanzlichen Gesamtheit unterschieden und c) in Anbetracht ihrer Einigung, unverändert vermehrt zu werden, als Einheit angesehen werden kann. Die Definitionen in Art. 5 (2) der Verordnung des Rates über den gemeinschaftlichen Sortenschutz wie in der am 1. 9. 1999 in Kraft getretenen Regel 23b (4) EPÜ sind inhaltlich identisch; s. Van der Kooij, Art. 5 Abs. 2. 592 Entscheidung T 356/93, OJ EPO 1995, 545. Bei der Entscheidung ist der Begriff „Pflanzensorte“ in dem UPOV-Übereinkommen von 1991 herangezogen worden.

C. Ausnahmen von der Patentierbarkeit

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genität und Stabilität als konstitutive Elemente des Sortenbegriffs angesehen werden. Bei den Pflanzensorten, die gemäß Art. 4 Abs. 1 EU-Biorichtlinie und Regel 23e lit b EPÜ von der Patentierung ausgeschlossen sind, geht es auch darum, ob Pflanzen an sich patentierbar sind. Zu beachten ist, dass sich Pflanzen und Pflanzensorten voneinander unterscheiden lassen. Anders als Pflanzensorten sind Pflanzen an sich nicht vom Patentschutz ausgenommen593, sofern die Ausführung der Erfindung technisch nicht auf eine bestimmte Pflanzensorte beschränkt ist. In Bezug auf Pflanzensorten ist insbesondere die Entscheidung CIBA-GEIGY (T 49/83)594 zu nennen. Diese Entscheidung führt aus, dass Art. 53 b) EPÜ Pflanzensorten nur insofern ausschließt, als es sich um eine individuelle Pflanzensorten handelt, die sich wesentlich von anderen Pflanzensorten unterscheiden. c) Patentierbarkeit der transgenen Pflanzen Anhand der Gentechnik taucht die gewichtige Frage auf, ob der Begriff „Pflanzensorte“ transgene Pflanzen umfasst595. In diesem Zusammenhang ist die Entscheidung Lubrizol/Hybridpflanzen (T 320/87)596 von großer Bedeutung. In diesem Fall hob die Technische Beschwerdekammer des EPA hervor, dass ein gentechnisches (Klonierungs-)Verfahren zur Herstellung von Saatgut/ Pflanzen gemäß Art. 53 b) EPÜ nicht vom Patentschutz ausgeschlossen sei, und

593 US CAFC GRUR Int. 2000, 946 für aus Samen gewachsene Pflanzen. Das deutsche und europäische Patentrecht schreibt bereits in § 2a Abs. 2 BioPatG (Entwurf), Art. 4 Abs. 2 EU-Biorichtlinie und Regel 23c lit b EPÜ vor, dass Erfindungen, deren Gegenstand Pflanzen oder Tiere sind, patentiert werden können, wenn die Ausführung der Erfindung technisch nicht auf eine bestimmte Pflanzensorte oder Tierrasse beschränkt ist. 594 ABl. EPA 1984, 112 = GRUR Int. 1984, 301. Die Erfindung, die verbessertes Vermehrungs- und insbesondere Saatgut von Kulturpflanzen betrifft, wurde nur deshalb zurückgewiesen, weil sie Pflanzensorten betreffen. Dagegen stellte die Kammer fest, dass die chemische Behandlung von verbessertem Vermehrungsgut nicht das Ergebnis eines im Wesentlichen biologischen Verfahrens sei und dass Pflanzensorten und Pflanzen nicht dasselbe seien. 595 In der Naturwissenschaft ist eine Pflanzensorte traditionell das Resultat eines biologischen Züchtungsverfahrens, siehe EPA G 1/98, ABl. 2000, 111 ff. – transgene Pflanze. Eine Mehrheit von Pflanzen, die nicht durch ihr gesamtes Genom, sondern nur durch ein oder mehrere einzelne Gene bestimmt wird, ist in der Regel keine Pflanzensorte und somit grundsätzlich patentfähig, dazu Grund, Mitt. 2000, 329. Infolgedessen ist unter einer Pflanzensorte eine Vielzahl von Pflanzen zu verstehen, die ihren Merkmalen weitgehend gleich sind und nach jeder Vermehrung oder jedem Vermehrungszyklus innerhalb bestimmter Toleranzgrenzen gleich bleiben, EPA G 1/98, ABl. 2000, 111 ff. – transgene Pflanze; T 49/83 ABl. 1984, 112 = GRUR Int. 1985, 301 ff. – Vermehrungsgut; T 320/87, ABl. 1990, 71 = GRUR Int. 1988, 629 ff. – Hybridpflanzen. 596 ABl. EPA 1990, 71 = GRUR Int. 1990, 629.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

dass ein im Wesentlichen biologisches Verfahren nicht mehr vorliege, wenn der Mensch in großem Maßstab in das Verfahren eingreift. Im Hinblick darauf ist zunächst einer Entscheidung des EPA Rechnung zu tragen, nämlich der Pflanzenzellen/PLANT GENETIC SYSTEM (PGS)-Entscheidung597. Bei dieser Entscheidung ging es darum, ob gentechnisch veränderte Pflanzensorten dem Patentschutz zugänglich gemacht werden können. Sie urteilte, dass gentechnologisch hergestellte Pflanzen nicht patentierbar sind, da auf transgene Pflanzen gerichtete Ansprüche auch die Sorte einschließen. Die Erfindung habe inhaltlich die Patentierung gentechnisch veränderter Pflanzensorten beansprucht, selbst wenn sie äußerlich die Pflanzensorten nicht unmittelbar beansprucht habe. Daraus ergebe sich, dass die Erfindung unter Art. 53 b) EPÜ falle und nicht patentierbar sei. Die TBK hat angenommen, dass an den Verfahren zur Herstellung der Pflanzensorten, in denen mithilfe der rekombinanten DNS pflanzliche Gewebe oder Organe geändert werden, auch mikrobiologische Verfahren Anteil hätten und bei Gewinnung der Endprodukte sogar eine bedeutende Rolle spielten. Dennoch sah die TBK die Verfahren zur Herstellung der Pflanzensorten nicht als mikrobiologische Verfahren des Art. 53 b) EPÜ oder des § 2 Nr. 2 DPatG an. Aber wie im Fall „Krebsmaus/HARVARD“598 erwähnt wird, handele es sich bei dieser Entscheidung nicht um die Beanspruchung der speziellen Sorten, sondern um gentechnisch veränderte Organismen. Trotzdem gehen beide Entscheidungen in entgegengesetzte Richtungen. Im Fall der gentechnisch veränderten Tierorganismen wurde das Patent für die Erfindung „Krebsmaus“ erteilt599, während in der PGS-Entscheidung die Erfindung für die Pflanzenzellen wegen Art. 53 b) EPÜ nicht patentierbar war. Zwar liegen beiden Erfindungen unterschiedliche Ansatzpunkte, nämlich „Sorten“ einerseits und „Arten“ andererseits in Art. 53 b) EPÜ zugrunde, es wird aber als widersprüchlich betrachtet, dass beide Erfindungen, die zu ähnlichen Kategorien zählen, zu unterschiedlichen Ergebnisse führten. Dieses Auseinanderdriften der EPA-Praxis hat die Frage nach der Patentierbarkeit von gentechnisch veränderten Pflanzen- und Tiererfindungen erneut aufgeworfen. Aus diesem Grund wurde bei der Großen Beschwerdekammer (GrBK) des EPA eine Vorlage eingelegt, wie genau Art. 53 b) EPÜ auszulegen ist600. Die GrBK des 597 TBK v. 21. 2. 1995, T 356/93 = GRUR Int. 1995, 982 ff. – Pflanzenzellen/ PLANT GENETIC SYSTEM mit Anm. Schrell; Einspruchsabteilung v. 15. 2. 1993 = GRUR Int. 1993, 866 – Patent für pflanzliche Lebensformen/GREENPEACE. 598 Dies wird in C. Tierarten der vorliegenden Arbeit eingehend dargelegt. 599 Hierzu im Einzelnen Prüfungsabteilung v. 14. 7. 1989, GRUR Int. 1990, 56 – Krebsmaus/HARVARD I mit Anm. von Moufang; TBK v. 3. 10. 1990, T 19/90, GRUR Int. 1990, 978 – Krebsmaus/HARVARD II; Prüfungsabteilung v. 3. 4. 1992, GRUR Int. 1993, 240 – Krebsmaus/HARVARD III. 600 GrBK v. 20. 12. 1999, G 1/83 – transgene Pflanze/NOVARTIS II, ABl. 2000, 136; Dazu sind viele Anmerkungen zu finden, z. B. Anderson/Tillmann, Mitt. 2000, 192 ff.; Grund, Mitt. 2000, 328 ff.; Llewelyn, 5 EIPR 196 f. (2000).

C. Ausnahmen von der Patentierbarkeit

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EPA hat dazu erklärt, dass ein Patentanspruch, der auf Pflanzen gerichtet ist, ohne dass dabei bestimmte Pflanzensorten in ihrer Individualität beansprucht werden, nicht gegen das Patentierungsverbot des Art. 53 b) EPÜ verstößt. Hierbei hat sie bestätigt, dass die Definition der „Pflanzensorte“ gemäß der am 1. September 1999 in Kraft getretenen Regel 23 b) Abs. 4 EPÜ inhaltlich identisch ist mit der in Art. 1 (vi) UPOV-Übereinkommen und Art. 5 Abs. 2 EGSVO vorgesehenen Definition. Außerdem sei eine Pflanze, die durch einzelne rekombinante DNS-Sequenzen definiert ist, keine individuelle pflanzliche Gesamtheit mit einer vollständigen Struktur. Es handele sich nicht um ein konkretes Lebewesen oder um eine Gesamtheit konkreter Lebewesen, sondern um eine abstrakte und offene Definition, die eine unbestimmte Vielzahl von Einzelindividuen umfasse, die durch einen Teil ihres Genotyps oder durch eine Eigenschaft definiert seien, die ihr durch diesen Teil verliehen werde601. Ferner hat die GeBK betont, dass die „lex generalis“ in Art. 53 b) 1. Hs. EPÜ nicht für Fälle gilt, die durch die „lex specialis“ des Art. 53 b) 2. Hs. EPÜ abgedeckt sind. Mit anderen Worten gilt das Patentierungsverbot des Art. 53 b) 1. Hs. EPÜ für Pflanzensorten, unabhängig davon, auf welche Weise sie erzeugt wurden, gleich, ob eine Pflanzesorte entweder durch herkömmliche Züchtungsverfahren oder durch gentechnische Verfahren erzeugt wird, sofern sie zur gesetzlichen Definition „Sorte“ zählt. Darum sind Pflanzensorten, in denen Gene vorliegen, die mit Hilfe der rekombinanten Gentechnik in eine Elternpflanze eingebracht wurden, von der Patentierung ausgeschlossen602. d) Fazit Diese Entscheidung „transgene Pflanzen/NOVARTIS“ ist deshalb von großer Bedeutung, weil sie nach der Einführung der Vorschriften der EU-Biorichtlinie in das EPÜ ergangen ist. Zu dem Zeitpunkt, in dem die neue Ausführungsverordnung im September 1999 ins EPÜ eingeführt wurden, widersprach sie der bisherigen Entscheidungspraxis. Die Entscheidung „Transgene/NOVARTIS“ ist als Lösungsansatz für die Fragen um die Patentierbarkeit gentechnisch veränderter Pflanzensorten bezüglich der Auslegung des Art. 53 b) EPÜ mit Erleichterung aufgenommen worden. Dennoch wird auf diesem Gebiet immer eine spannende Beziehung der Patentierbarkeit zur Gentechnik bestehen bleiben. Es steht insbesondere zu vermuten, dass immer wieder ethische Fragen auftauchen werden, die heute noch gar nicht absehbar sind. Im Gegensatz dazu sind gemäß § 31 KPatG Pflanzensorten, die sich vegetativ vermehren können, patentierbar. In der KBioRL ist die Patentierbarkeit sol601 GrBK des EPA v. 20. 12. 1999, G 1/98 – transgene Pflanze/NOVARTIS II, ABl. 2000, 126. 602 EPA ABl. 2000, 138.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

cher Pflanzensorten konkret beschrieben. Hingegen sind die Pflanzensorten, die sich generativ vermehren, nicht im Patentgesetz zu finden, sondern nach dem koreanischen Saatgutindustriegesetz (SGIG) unter Schutz gestellt. Der Begriff „Pflanzensorte“ ist in § 2 Nr. 4 SGIG definiert, der dem Art. 1 UPOV-Übereinkommen inhaltlich entspricht. Da Korea am 7. Januar 2002 dem UPOV-Übereinkommen beigetreten ist, entspricht das SGIG der Fassung des UPOV von 1991. Die Schutzvoraussetzungen für Pflanzensorten sind Neuheit, Unterscheidbarkeit, Homogenität, Sicherheit und Sortenbezeichnung. Allerdings fällt am koreanischen SGIG auf, dass es keine Bestimmung enthält, die die freie Ausübung eines Züchterrechts im öffentlichen Interesse beschränkt. 3. Tierarten a) Überblick Neben dem Ausschlusstatbestand der Pflanzensorten sind im deutschen Patentgesetz und im EPÜ die Patentierbarkeit der Tiererfindungen vorgesehen. Gemäß § 2a Abs. 1 BioPatG (Entwurf) und Art. 53 b) erster Halbsatz EPÜ werden für Tierarten keine Patente erteilt. Wie oben erwähnt, geht diese Ausnahmebestimmung ursprünglich auf Art. 2 StrßbÜ zurück603. Der Ausschluss von der Patentierbarkeit schließt nur bestimmte Gruppen der Tiere ein, nicht aber Tiere an sich604. Diesbezüglich rankt sich die Diskussion in erster Linie um die gesetzliche Definition des Begriffs „Tierart“, da der Wortlaut des Art. 53 b) EPÜ, der den Wortlaut des StrßbÜ inhaltlich unberührt übernommen hat, in den verschiedenen Amtssprachen („Tierarten“, „animal varieties“605 und „races animales“) voneinander abweicht606 und sich überhaupt nicht deckt607. Es un603

Dazu ausführlich im Teil 3, C. III. 2. der vorliegenden Arbeit. Schulte, § 2 Rdnr. 121. 605 s. Definition in Webster’s New International Dictionary of the English Language, Unabridged, 2. Aufl. Springfield (Massachusetts) 1952, S. 2819: „Variety is a group of animals or plants related by decent but distinguished from other similar groups only by characters too inconstant or too trivial to entitle it to recognition as a species, or whose distinguishing characters are dependent on breeding controlled by man for their perpetuation; often, any group of lower rank than a species.“ In der dritten Fassung (1961) wird „variety“ definiert als „any of various intraspecific groups of plants or animals“. 606 Schricker (1984), MüGK, 1. Lfg., Vorwort der Herausgeber, S. XIII. Er vertritt die Meinung, dass Mehrdeutigkeit auch vorliegt, wenn zumindest eine Fassung von einer anderen abweicht. In der Folge könne Mehrdeutigkeit in der Form auftreten, dass verschiedene Vorschriften einander widersprechen. 607 Der englische und der französische Begriff sind beinahe kongruent, der deutsche Begriff bedeutet dagegen eine höhere taxonomische Einheit. Das BioPatG (Entwurf) (§ 2a Abs. 1), EU-Biorichtlinie (Art. 4 Abs. 1) und Art. 53 b) der revidierten Fassung des EPÜ verwenden den zutreffenden Begriff Tierrasse. Vgl. Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg., Art. 53 Rdnr. 96; Vossius, GRUR 1990, 333 ff.; Kinkeldey, GRUR Int. 1993, 604

C. Ausnahmen von der Patentierbarkeit

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terliegt keinem Zweifel, dass der deutsche Begriff „Tierart“ eine höhere taxonomische Einheit bezeichnet als die Termini „animal variety“ und „race animale“608. Aus der Entstehungsgeschichte des EPÜ sind keine Anhaltspunkte dafür zu gewinnen, dass der Gesetzgeber im Grunde genommen sowohl bestimmte Tiergruppen als auch Tiere an sich von der Patentierung ausschließen wollte609. Mit Rücksicht darauf sind patentierbare Tiererfindungen, da nur Tierarten ausgenommen sind, geradezu die Erfindungen, die Tiere an sich zum Gegenstand haben610, Teile von Tieren wie Gene, Zellen, durch ein mikrobiologisches Verfahren gewonnene Tiere611 und Tiere, deren genetische Identität verändert wurde612. Im Unterschied zur Pflanzenzüchtung befindet sich im Bereich der Tierzüchtung kein dem Sortenschutz entsprechendes Sonderschutzsystem, das den patentrechtlich ausgeschlossenen Gegenständen zugute kommen könnte613. Infolgedessen ist die Gefahr eines Doppelschutzes, wie er im Sortenschutz geschieht, ausgeschlossen. Ferner wird im Bereich der Tierzüchtung die Frage, ob transgene Tiere unter dem Begriff „Tierrasse“ fallen, nach ganz überwiegender Auffassung verneint614. b) Patentierung der transgenen Tiere Aufschlussreich für die Frage, ob Patente auf Tiererfindungen erteilt werden können, ist die Entscheidung „Krebsmaus/HARVARD“, in der sich das EPA erstmals eingehend mit der Ausnahme von der Patentierung für sittenwidrige 397. Es wäre selbst dann nicht gesagt, dass kein Patent erteilt werden könnte, wenn einer der fraglichen Patentansprüche der „Krebsmaus“-Anmeldung eine Tierart betrifft, dazu Straus, GRUR 1992, 263; Straus, GRUR Int. 1990, 921 ff. 608 Die Art (Species) ist definiert als die Zusammenfassung aller Tiere, welche in ihren Erbanlagen so weit übereinstimmen, dass jede Paarung von Angehörigen zu Nachkommen mit unbeschränkter Fruchtbarkeit und mit voller Lebeneigung führt, vgl. Krüger, Geschichtliche Entwicklung der Rassen in der europäischen Tierzucht, in: Handbuch der Tierzüchtung (Hrsg.: Hammond et al.), III 1. Halbb., Hamburg 1961, S. 25. 609 Im Einzelnen dazu bei Moufang (1991), MüGK, 15 Lfg., Art. 53 Rdnr. 91 ff. Bei den Begriffen der Pflanzensorte und Tierart ist darauf hinzuweisen, dass der Terminus „variety“ bei Pflanzen und Tieren in der englischen Fassung parallel unterschiedslos verwendet wird, vgl. Straus, GRUR Int. 1990, 913 (922); siehe auch Crespi (1989), 1 IPB Nr. 6, 16 (18). 610 Regel 23c (b) EPÜ und Art. 4 Abs. 2 EU-Biorichtlinie; vgl. T 19/90 ABl. 90, 476 – Krebsmaus; vgl. Schulte, § 2 PatG Rdnr. 121. 611 Regel 23c (c) EPÜ und Art. 4 Abs. 3 EU-Biorichtlinie. 612 Vgl. T 19/90 ABl. 90, 476 – Krebsmaus. Diese Entscheidung wird in der vorliegenden Arbeit ausführlich dargelegt. 613 Für eine Kritik vgl. Straus, GRUR Int. 1990, 913 ff.; vgl. Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg., Art. 53 Rdnr. 88. 614 Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg., Art. 53 Rdnr. 102.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

Erfindungen in Art. 53 a) EPÜ zu befassen hatte. Beim Gegenstand dieser Patentanmeldung geht es um transgene nichtmenschliche Säuger, in deren Genom eine aktivierte Onkogen-Sequenz eingeschleust wurde, um die Tiere durch die Genmanipulation ungewöhnlich anfällig für krebserregende Substanzen und Reize zu machen. In der Folge sollen sie besonders leicht Tumore entwickeln und für wertvolle Dienste in der Krebsforschung Anwendung finden. Die genannte europäische Patentanmeldung wurde mit Entscheidung vom 14. Juli 1989 mit der Begründung zurückgewiesen, dass Tiere an sich nach Art. 53 b) EPÜ von der Patentierung ausgeschlossen seien615. Ferner hat die Patentabteilung auch darauf hingewiesen, dass das Patentrecht nicht das richtige Rechtsinstrument zur Lösung der ethischen Fragen ist, die sich im Zusammenhang mit der Genmanipulation von Tieren stellen. Darum hat sie nicht Art. 53 a) EPÜ für die Zurückweisung der Patentanmeldung herangezogen, sondern hat sich auf das Patentierungsverbot für Tierarten gemäß Art. 53 b) EPÜ berufen616. Außerdem hat die Prüfungsabteilung diese Patentanmeldung in Hinsicht auf das grundlegende Interesse der Menschheit, den Schutz der Umwelt vor der unkontrollierten Verbreitung von unerwünschten Genen und die Vermeidung von Tierquälerei sicherzustellen, geprüft und im Ergebnis den Nutzen für die Menschheit höher eingeschätzt als das Leiden der Tiere617. Anhand der möglichen Gefährdungen für die Umwelt werden Tierversuchsmodelle ausschließlich durch Fachleute und unter nur kontrollierten Bedingungen im Labor und nicht zur Freisetzung verwendet. Gegen die Entscheidung wurde Beschwerde eingelegt. Durch die Entscheidung der TBK vom 3. Oktober 1990 wurde die Entscheidung der Prüfungsabteilung des EPA aufgehoben und der Fall zur erneuten Entscheidung an diese zurückverwiesen618. Die TBK bestätigte, dass es sich bei dieser Patentanmeldung vor allem um die Genmanipulation von Tieren handele, bei der ein aktiviertes Onkogen eingeschleust wird. Dabei sei die Prüfung auf Patentierbarkeit gemäß Art. 53 a) EPÜ zu berücksichtigen. Ferner hat die TBK auch festgestellt, dass die Prüfungsabteilung eine sorgfältige Abwägung der Leiden der Tiere und eine mögliche Gefährdung der Umwelt gegen den Nutzen der Erfindung für die Menschheit anstellen sollte619. Wegen der Patentierbarkeit der mit mikrobiologi615 Prüfungsabteilung v. 14. 7. 1989 = GRUR Int. 1990, 57 f. – Krebsmaus/HARVARD I mit Anm. von Moufang. 616 Dazu ausführlich GRUR Int. 1990, 56 (59). 617 Dazu die Stellungnahme der Prüfungsabteilung v. 4. 10. 1991 zur beabsichtigten Patenterteilung, welche zusammen mit der Entscheidungsveröffentlichung wiedergegeben ist, GRUR Int. 1993, 240 ff.; GRUR Int. 1991, 836; Vossius/Schrell, GRUR Int. 1992, 270. 618 TBK v. 3. 10. 1990 = GRUR Int. 1990, 978 – Krebsmaus/HARVARD II; vgl. GRUR Int. 1990, 887. 619 GRUR Int. 1990, 978 (983).

C. Ausnahmen von der Patentierbarkeit

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schen Verfahren erzeugten Tiere hat die TBK darauf bestanden, dass Tiere als Erzeugnisse von mikrobiologischen Verfahren nicht patentiert werden, weil die Patentierung der mikrobiologischen Verfahren und deren Erzeugnissen als eine Ausnahme von dem Patentierungsverbot für im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren zu verstehen sei. Hierbei stellte dies eine Umgehung des gesetzgeberischen Willens dar, dass es sich nicht um eine Ausnahme von der Ausnahme handele, sondern um die Wiederherstellung des allgemeinen Patentierungsgebots nach Art. 52 (1) EPÜ620. Mit anderen Worten ist das allgemeine Prinzip der Patentierung, das in Art. 52 (1) EPÜ dargelegt ist, nach der Interpretation der TBK in den Erfindungen für das mikrobiologische Verfahren wieder aufgenommen. Daraus ergibt sich, dass Patente auf Erfindungen betreffend Tiere, die durch mikrobiologische Verfahren erzeugt werden, erteilt werden können621. Außerdem vertrat die TBK die Auffassung, dass Art. 53 b) EPÜ eng auszulegen und letztlich auf Tierrassen anzuwenden sei, nicht aber auf Tiere als solche, womit ein Erzeugnisschutz für Tiere grundsätzlich möglich ist. Im konkreten Fall werde deutlich, dass die Patentansprüche nicht auf eine konkrete Tierrasse beschränkt, sondern auf eine inhomogene Gruppe von Tieren gerichtet seien, die voneinander unterschiedlich seien. Nach der Zurückverweisung hat die Prüfungsabteilung den Schluss gezogen, dass die „HARVARD-Krebsmaus“-Erfindung nicht als gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßend angesehen werden könne. Die Bereitstellung eines zur Krebsforschung einsetzbaren Versuchstieres, das zu einer Verringerung von Tierversuchen führt, wobei die Gefahren des Umganges mit den Tieren gering sind, könne in der Regel als nutzbringend für die Menschheit angesehen werden. Infolgedessen könne der Patentschutz für die vorliegende Erfindung nicht auf Grundlage des Art. 53 a) EPÜ verweigert werden. Im Ergebnis wurde das erste Tierpatent in Europa mit der Patentnummer EP 169 672 erteilt622. Seit der Erteilung des Krebsmaus-Patents sind mehr als 1.000 620

Nr. 4.10 der Entscheidungsgründe, GRUR Int. 1990, 982 f. Dagegen ist Galloux. Er vertritt die Ansicht, dass das Patentierungsverbot auf Tier-Chimäre, die von mikrobiologischen oder von nicht im Wesentlichen biologischen Verfahren stammen, auszudehnen ist. Wenn der zweite Satz des Art. 53 (1) EPÜ die Beschränkung des ersten darstellen würde, ist es ohne Zweifel klar, dass mikrobiologische Verfahren und auf die mit Hilfe dieser Verfahren gewonnenen Erzeugnisse patentierbar sind. Also wäre es logisch, dass die Patentierung für die Erfindungen der Tierarten als solche zugelassen wird, wenn diese durch mikrobiologische Verfahren gewonnen werden. Allerdings ist dies der Wille weder des Gesetzgebers noch der TBK, sondern es zeigt sich, dass die Interpretation der TBK anscheinend vor der Kritik über diese Stellungnahme geschützt ist, dazu Pallaud-Dulian, S. 201–202. Nach der Entscheidung „NOVARTIS/Pflanzensorten“ ist aber diese Ansicht geändert worden. Mit anderen Worten darf im Fall der Pflanzensorten eine Ausnahme von den Ausnahmen in § 2 DPatG bzw. in Art. 53 b) EPÜ nicht zugelassen werden. Hingegen wird bei den Tiererfindungen noch eine Entscheidung darüber abgewartet, siehe auch die Entscheidung „Krebsmaus/HARVARD“. 621

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

Patentansprüche beim EPA gestellt worden, und wurde über 50 Patente erteilt, die sich etwa auf mehr Milch gebende Kühe oder auf schneller wachsende Schweine beziehen623. Gegen die Erteilung des Tierpatents wurden ein Jahr später von 16 Parteien – unter denen sich unzählbare ökologische Gruppierungen, kirchliche Verbände und verschiedene Tierschutzvereine befinden – Einspüche aus ethischen, rechtlichen und wissenschaftlichen Gründen erhoben624. Diese Einsprechenden legen in erster Linie die Bestimmungen des Art. 53 b) EPÜ über die „öffentliche Ordnung“ und die „guten Sitten“ zugrunde und berufen sich teilweise auch darauf, dass das Patent gegen Art. 53 b) EPÜ verstoße. Nach den Pressemitteilungen des EPA hat die Einspruchsabteilung des EPA entschieden, das sog. „Harvard/Krebsmaus“-Patent in beschränktem Umfang aufrecht zu erhalten. Diese Entscheidung kann vom Patentinhaber sowie den Einsprechenden mit einer Beschwerde angefochten werden625. c) Fazit Die Patenterteilung ist insofern von erheblicher Bedeutung, als sie zu einem Prüfstein für die Erfindungen in Bezug auf Tiere wurde. Bei der Entscheidung darf nicht außer acht gelassen werden, dass die Prüfungsabteilung eine Verallgemeinerung ihres Ergebnisses ablehnte und eindeutig darauf hinwies, dass die vorliegende Bewertung ausschließlich auf den Fall der „Krebsmaus/HARVARD“ zutrifft und dass bei anderen, transgene Tiere betreffenden Fällen die Möglichkeit nicht ausgeschlossen sei, dass man unter Anwendung des Art. 53 a) EPÜ zu einem anderen Ergebnis gelange626. Nach Art. 4 Abs. 2 und Erwägungsgrund 29 der EU-Biorichtlinie sind Erfindungen, deren Gegenstand Tiere sind, patentierbar, wenn die Ausführungen der Erfindung technisch nicht auf eine bestimmte Tierrasse beschränkt sind. Diese Vorschrift ist in die Regel 23c (b) EPÜ inhaltlich unverändert übernommen worden. Dementsprechend lässt es sich vorhersagen, dass die Instanzen des EPA zukünftig Patente auf transgene Tiere mit Rücksicht auf Art. 53 b) EPÜ zulassen werden, sofern die Ausführungen der Erfindung technisch nicht auf eine bestimmte Tierrasse beschränkt sind627. Außerdem sind ethische Aspekte im Hinblick darauf, die Patentierbarkeit der Tiere zu beschränken, in Erwägung 622 Prüfungsabteilung v. 3. 4. 1992 = GRUR Int. 1993, 240 – Krebsmaus/HARVARD III. Dieser Beschluss zur Erteilung des Patents ist am 13. 5. 1992 wirksam geworden. 623 Vgl. „Ärzte Zeitung“ v. 13. 5. 2002. s. auch http://www.aerztezeitung.de/docs/ (aufgerufen am 7. 10. 2002). 624 Dazu ausführlich Jaenichen/Schrell, GRUR Int. 1993, 451 ff. 625 s. http://www.european-patent-office.org/news/pressrel/2001_11_07_d.htm. 626 Vgl. Stellungnahme, Pkt. 4 (vi). 627 Grund, Mitt. 2000, 329 f.

C. Ausnahmen von der Patentierbarkeit

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zu ziehen628. Insbesondere konnte die Erzeugung der transgenen Tiere wohl Leiden und Schmerzen der Tiere verursachen und damit Bedenken gegen die Patentierung hervorrufen. In Bezug auf den Tierschutz gilt in Deutschland das Tierschutzgesetz629, in dem Verbotsnormen gegen Tierquälerei enthalten sind. Hierbei ist es fraglich, in welchem Zusammenhang die in diesem speziellen Gesetz ausdrücklich dargelegten Grundsätze mit den tragenden Grundsätzen der Rechtsprechung im Sinne des Patentrechts stehen. Das Patentierungsverbot ist nicht bereits durch jeglichen Verstoß gegen die Verbotsbestimmungen des Tierschutzgesetzes begründet630. Im KPatG findet sich keine Vorschrift über Tiererfindungen. Allein in der KBioRL ist ein entsprechender Prüfungsmaßstab. Derzeit wird in Korea diskutiert, inwieweit Tiererfindungen im Rahmen des Patentrechts berücksichtigt sind. In der KBioRL befindet sich keine Definition von „Tierarten“, sondern nur die allgemeine Definition von „Tier“. Daher erfolgt die Beurteilung der Patentierbarkeit der Erfindungen betreffend Tiere nicht anhand von Tierarten, sondern von Tieren. 4. Die im Wesentlichen biologischen Züchtungsverfahren von Pflanzen und Tieren Neben Pflanzensorten und Tierarten sind gemäß § 2a Abs. 1 BioPatG (Entwurf) und Art. 53 b) EPÜ „im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren“ von der Patentierung ausgenommen. Hierbei stellt sich die Frage, wo genau der Unterschied zwischen „im Wesentlichen biologischen Verfahren“ und „nicht biologischen Verfahren“ liegt. Nach herrschender Auffassung ist der Begriff „biologisch“ als gegensätzlicher Begriff zu „technisch“ anzusehen631. Danach ist die Grenzziehung zwischen patentfähigen und nicht patentfähigen Gegenständen abhängig davon, in welchem Umfang von menschlicher Seite technisch in das Verfahren eingegriffen wird632. Wenn der menschliche Eingriff bei einem erfindungsgemäßen Verfahren eine bedeu628

Art. 7 und Erwägungsgrund 44 der EU-Biorichtlinie. Tierschutzgesetz vom 25. 5. 1998, BGBl. I S. 1105, 1818, geändert durch § 2 des Gesetzes zur Bekämpfung gefährlicher Hunde vom 12. 4. 2001 (BGBl. I S. 530). Nach § 3 ist es im Allgemeinen verboten, z. B. Tiere zu quälen und zu misshandeln, übermäßige Leistungen abzuverlangen, sie der Vornahme von Eingriffen unnötig auszusetzen und zu quälen oder zu töten (zu schlachten). 630 Straus, GRUR Int. 1990, 918; Wiebe, GRUR 1993, 94 ff.; Moufang, GRUR Int. 1993, 443 ff. 631 Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg. Art. 53 Rdnr. 110. 632 Byrne, 17 IIC 324, 329 (1986); Straus (1987), S. 75 f.; Teschemacher, GRUR Int. 1987, 303 (308). 629

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

tende Rolle spielt, ist das Verfahren nicht mehr biologisch, sondern technisch. In diesem Zusammenhang hat die TBK des EPA in einer Entscheidung erstmals Stellung bezogen633. Die TBK hat bestätigt, dass der menschliche Eingriff unzureichend dafür war, dass das Verfahren nicht als „im Wesentlichen biologisch“ anzusehen ist. Stattdessen bedeutete der menschliche Eingriff im konkreten Fall nur, dass das Verfahren nicht „rein biologisch“ war. Der Ausdruck „im Wesentlichen biologisch“ findet aber eindeutig in der EU-Biorichtlinie seinen Niederschlag. In Art. 2 Abs. 2 EU-Biorichtlinie oder in Regel 23b Abs. 5 AO EPÜ ist vorgesehen, dass ein Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren im Wesentlichen biologisch ist, wenn es vollständig auf natürlichen Phänomenen wie Kreuzung oder Selektion beruht. Deshalb haben Pflanzen- und Tierzüchtungsverfahren, die nur auf Selektion und Kreuzung basieren, eindeutig einen im Wesentlichen biologischen Charakter und sind von der Patentierung ausgenommen634. Mit anderen Worten ist das Pflanzen- oder Tierzüchtungsverfahren patentierbar, sofern darin der technische Charakter des Verfahrens wesentlich ist. Es ist nicht vom Patentschutz ausgenommen, wenn ein chemisches oder physikalisches Element gegenüber dem biologischen überwiegt. Hierbei ist das Abgrenzungskriterium „biologisch“ anders als auf anderen Gebieten der Naturwissenschaft, der Chemie oder der Physik, zu interpretieren635. Das Züchtungsverfahren hat regelmäßig ein wichtiges biologisches Merkmal. Die Grenzziehung hängt von einer konkret zu leistenden Gesamtabwägung aller Merkmale des im jeweiligen Einzelfall beanspruchten Verfahrens ab, wobei der Kern der Erfindung besonders zu beachten ist636. Darüber hinaus steht es in Frage, ob gentechnische Verfahren zur Veränderung von Pflanzen als im Wesentlichen biologisch angesehen werden. Ein Maßstab zur Beurteilung dieser Frage macht dies davon abhängig, ob darin ein wesentlicher technischer Verfahrensschritt liegt. Beispielsweise werden künstliche Hybridizierungen mit DNS-Sonden nicht als im Wesentlichen biologisch, sondern als technisch betrachtet, weil darin immerhin ein wesentlicher technischer Verfahrensschritt besteht, der ohne menschliche Mitwirkung nicht durchgeführt werden könnte und einen gewichtigen Einfluss auf das Ergebnis ausübt637. Das gilt für ein Verfahren zur Züchtung von Pflanzen zur Transformation von Pflan633 TBK v. 10. 11. 1988, T 320/87, ABl. EPA 1990, 71 (76) = GRUR Int. 1990, 629 – Hybridpflanzen/LUBRIZOL mit Anm. van de Graaf. 634 Benkard/Bruchhausen, § 2 PatG Rdnr. 12 (12a); Pfanner, GRUR Int. 1962, 545 (548); Straus (1987), S. 74; Teschemacher, GRUR Int. 1987, 303 (308). 635 Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg., Art. 53 Rdnr. 112. 636 Beispiele sind Züchtungsverfahren, die mehrstufig sind und weitere biologische Vermehrungsschritte enthalten, abgesehen von einem oder mehreren Schritten, die nicht als im Wesentlichen biologische anzusehen sind. Bei der Gesamtabwägung sollten jene Schritte, die den Kern der Erfindung bilden, verstärkt in Erwägung gezogen werden, dazu im Einzelnen Neumeier, S. 198 ff.; vgl. Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg. Art. 53 Rdnr. 115.

C. Ausnahmen von der Patentierbarkeit

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zenzellen oder Pflanzengewebe mit rekombinanter DNS und anschließender Regeneration und Vervielfältigung der so erzeugten Pflanzen und Samen638. Gleiches gilt für Verfahren zur Genmanipulation von Tieren639. Zum Beispiel ist die Einschleusung einer aktivierten Onkogen-Sequenz in das Genom eines Säugetiers zur Erzeugung von Individuen mit bestimmten, von der Art des eingeschleusten Gens abhängigen Eigenschaften nicht als im Wesentlichen biologisches Züchtungsverfahren anzusehen640. Ein gewichtiges Element bei Beantwortung der Frage, ob ein Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren im Wesentlichen biologisch ist, ist, dass der menschliche Eingriff technisch durchgeführt wird. Hierbei kann hinterfragt werden, inwieweit der menschliche Eingriff mitgewirkt hat. Im Hinblick darauf geht man davon aus, dass das Verfahren nicht im Wesentlichen biologisch wäre, sofern darin nur ein technischer Verfahrensschritt durch den menschlichen Eingriff vorhanden wäre. Weder im koreanischen Patentgesetz noch in der KBioRL befindet sich eine Vorschrift über die Patentierbarkeit der im Wesentlichen biologischen Züchtungsverfahren von Pflanzen und Tieren. Hierbei ist der Ausdruck „im Wesentlichen biologische Züchtungsverfahren von Pflanzen und Tieren“ so auszulegen, dass dabei kein menschlicher Eingriff vorliegt, sondern rein biologische Naturerscheinungen. 5. Patentierung von mikrobiologischen Verfahren und deren Erzeugnissen Nach dem zweiten Halbsatz des § 2a Abs. 1 BioPatG (Entwurf) bzw. Art. 53 b) EPÜ ist das Patentierungsverbot auf mikrobiologische Verfahren und auf die mit Hilfe dieser Verfahren gewonnenen Erzeugnisse nicht anzuwenden. Diese Vorschrift geht ursprünglich auch auf den Art. 2 (b) StrßbÜ zurück641. Im Zu637 TBK v. 3. 10. 1990, T 19/90, ABl. 1990, 476 = GRUR Int. 1990, 982 – Krebsmaus/HARVARD II; TBK v. 21. 2. 1995, T 356/93 = GRUR Int. 1995, 982 – Pflanzenzellen/PLANT GENETIC SYSTEMS mit Anm. Schrell; vgl. Singer/Stauder, EPÜ, Art. 53, Rdnr. 49; Moufang, MüGK, 15. Lfg., Art. 53 Rdnr. 113; Bernhardt/Kraßer, S. 119; Straus (1987), S. 74; Straus, GRUR Int. 1990, 923; Teschemacher, GRUR Int. 1987, 304. 638 EPA v. 21. 2. 1995 – T 356/93, ABl. 1995, 545 = GRUR Int. 1995, 978 – Pflanzenzellen. 639 Vgl. T 19/90. Bei der Krebsmaus wird das Onkogen zur Entwicklung von Neoplasmen durch Mikroinjektion eingeschleust. Das ist kein im Wesentlichen biologisches Verfahren. 640 EPA v. 3. 10. 1990 – T 19/90, Abl. 1990, 476 – Krebsmaus II. 641 Anfang der 1960er Jahre hat der Gesetzgeber aber nicht an die Möglichkeiten moderner Gentechnologie gedacht, die mit Hilfe von Mikroorganismen, also unter Anwendung mikrobiologischer Verfahren Pflanzen und Tiere mit neuartigen Merkmalen erzeugen kann. Eine solche Einschränkung ist gesetzessystematisch verfehlt und

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

sammenhang mit dieser Regelung definiert Art. 2 Abs. 2 b) der EU-Biorichtlinie und Regel 23b Abs. 6 AO EPÜ den Begriff „mikrobiologisches Verfahren“. Unter „mikrobiologisches Verfahren“ versteht man jedes Verfahren, bei dem mikrobiologisches Material verwendet, ein Eingriff in mikrobiologisches Material durchgeführt oder mikrobiologisches Material hervorgebracht wird. Hierbei umfasst der Begriff „Mikroorganismus“ nach der Entscheidung des EPA Bakterien, Hefen, Pilze, Algen, Protozoen, Plasmide, Viren sowie menschliche, tierische und pflanzliche Zellen642. Infolgedessen gehören dazu nicht nur die traditionellen Fermentations- und Biotransformationsverfahren zur Herstellung von Brot, Essig, Antibiotika usw., sondern auch moderne gentechnische Verfahren, in denen Mikroben und kultivierte Zellen verwendet werden643. Es liegt daher die Folgerung nahe, dass sowohl mikrobiologische Verfahren als auch ihre Erzeugnisse dem Patentschutz zugänglich sind. Hierbei fragt es sich, ob Pflanzensorten oder Tierarten, die durch mikrobiologische Verfahren erzeugt werden, in die Gruppe der mithilfe dieser mikrobiologischen Verfahren gewonnenen Erzeugnisse fallen, d. h. ob der 2. Halbsatz des Art. 53 b) EPÜ eine Ausnahme von der Patentierungsausnahme ist644. Nach der gesetzlichen Regelung sind Pflanzen- und Tierzüchtungserfindungen grundsätzlich patentierbar, sofern sie ein mikrobiologisches Verfahren darstellen oder durch ein solches erzeugt wurden645. In diesem Zusammenhang hat die Große Bescherwerdekammer in der Entscheidung „Transgene Pflanzen/NOVARTRIS“ darauf bestanden, dass der 2. Halbsatz des Art. 53 b) EPÜ keine Ausnahme von der Patentierungsausnahme aufweist646. Mit anderen Worten sind gentechnisch veränderte Pflanzen, die mithilfe der mikrobiologischen Verfahren erzeugt wurden, nicht patentierbar, selbst wenn darin mikrobiologische Verfahren und ihre Erzeugnisse enthalten sind. Aber diese Entscheidung gilt nur für die durch mikrobiologische Verfahebenso unklar wie die übrigen Teile der Ausschlussvorschrift, vgl. Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg. Art. 53 Rdnr. 116 (117). 642 Richtlinien für die Prüfung im EPA, C-IV, 3.5. Siehe auch TBK v. 21. 2. 1995, T 356/93 = GRUR Int. 1995, 983 – Pflanzenzellen/PLANT GENETIC SYSTEMS mit Anm. Schrell; Kritisch: Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg. Art. 53 Rdnr. 122; vgl. GrBK v. 20. 12. 1999 G 1/98, S. 138. In dieser Entscheidung seien Mikroorganismen etwas anderes als die Teile von Lebewesen, mit denen bei der genetischen Veränderung von Pflanzen gearbeitet wird. 643 s. TBK v. 21. 2. 1995, T 356/93 = GRUR Int. 1995, 983 – Pflanzenzellen/ PLANT GENETIC SYSTEMS mit Anm. Schrell. Die Auffassung, dass gentechnische Verfahren in jedem Fall als mikrobiologische Verfahren i. S. v. Art. 53 b) zweiter Halbsatz EPÜ anzusehen sind, wurde jedoch von der Großen Beschwerdekammer des EPA eindeutig verworfen; vgl. GrBK v. 20. 12. 1999, G 1/98 – Transgene Pflanzen/NOVARTIS II, ABl. 2000, 138. 644 TBK v. 3. 10. 1990, T 19/90, ABl. 1990, 476 = GRUR Int. 1990, 982 – Krebsmaus/HARVARD II; Transgene Pflanzen/NOVARTIS II, ABl. 2000, 138 (139). 645 So Byrne, 16 IIC 1, 2, 10, 16 (1985); Crespi, 8 EIPR 262, 266 (1986); Roth, GRUR Int. 1986, 759 (761). 646 Vgl. Transgene Pflanzen/NOVARTIS II, ABl. 2000, 139.

C. Ausnahmen von der Patentierbarkeit

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ren erzeugten Pflanzen, nicht für Tierarten. Außerdem stellt sich die Frage, ob ein durch ein mikrobiologisches Verfahren gewonnenes Tier patentierbar ist. D. h. es ist zweifelhaft, ob eine Ausnahme von der Ausnahme nach Art. 53 b) S. 2 EPÜ oder § 2 Nr. 2 S. 2 DPatG zugelassen wird. Wie im Fall der „HARVARD/Krebsmaus“ festgestellt wurde, ist Art. 53 b) EPÜ als Ausnahmeregelung eng auszulegen, und eine Ausnahme von der Ausnahme ist nicht zuzubilligen. Bei den mikrobiologischen Erfindungen in Korea wird darauf hingewiesen, dass die Bestimmungen über mikrobiologische Erfindungen nicht im KPatG, sondern in der KPatAV wieder zu finden sind647. Allerdings wurde bereits im Jahre 1963, als man noch kaum Kenntnisse von der Gentechnologie hatte, von dem Korean Supreme Court eine Möglichkeit zur Patentierung einer mikrobiologischen Erfindung eröffnet648. Der koreanischen Patentpraxis zufolge zählen zu den mikrobiologischen Erfindungen, die als patentierbar angesehen werden, Mikroorganismen als solche, mikrobiologische Verfahren zur Gewinnung der Mikroorganismen und Verwendung von Mikroorganismen für Medikamente oder Lebensmittel649. Es ist zweifelhaft, ob Pflanzensorten und Tierarten, die durch mikrobiologische Verfahren gewonnen werden, patentierbar sind, denn in der KBioRL befindet sich diesbezüglich keine Vorschrift. 6. Fazit Nach dem Gesetz sind Pflanzensorten und Tierarten von der Patentierbarkeit ausgenommen. In erster Linie sollte darum die Definition der Pflanzensorten und Tierarten geklärt werden. Maßgebend für die Definition einer Pflanzensorte ist das UPOV-Übereinkommen, das von der EGSVO und vom deutschen Sortenschutzgesetz inhaltlich übernommen worden ist. Hingegen gibt es keine im Allgemeinen aufgenommene Definition einer Tierart, sondern es bleibt dies der konkreten Bewertung von Fall zu Fall überlassen. In der PGS-Entscheidung, die einen Anspruch für eine Pflanzensorte im Sinne des UPOV-Übereinkommens betrifft, wird festgestellt, dass für einen solchen Anspruch gemäß Art. 53 b) EPÜ kein Patent erteilt werden darf, und dass Pflanzen, die gentechnisch verändert werden und damit eine neue Eigenschaft 647 Am 31. 7. 1981 wurde die PatAV geändert, wobei in § 1 Abs. 3 der PatAV vorgesehen war, dass mikrobiologische Erfindungen bei einer von dem Präsident des KPA bestimmten Hinterlegungsstelle in Korea hinterlegt werden, dazu im Einzelnen vgl. Hwang, Hyeongjun, Das Hinterlegungswesen des Mikroorganismus, http://jus.snu. ac.kr/~sjjong/. 648 s. Entscheidung v. 28. 11. 1963, 63 Hu 34. 649 Song/Lee/Hwang, S. 201. In der KBioRL sind aber zwei Klassen von Erfindungen vorgesehen, nämlich Mikroorganismen an sich und die Anwendung von Mikroorganismen.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

erhalten, die stabil ist und von einer Generation an die nächste Generation weiter vererbt wird, als Pflanzensorte i. S. d. Patentgesetzes angesehen werden. Außerdem ist im UPOV-Übereinkommen von 1991 die Vorschrift des Doppelschutzverbots, die seit der Fassung von 1961 weiterhin blieb, weggefallen, während in der EGSVO und im deutschen Sortenschutzgesetz die Vorschrift immer noch vorkommt. Im Zusammenhang damit, dass im UPOV-Übereinkommen i. d. F. 1991 das Doppelschutzverbot nicht mehr zum Ausdruck kommt, ist es immer noch zweifelhaft, dass es doch damit abgeschafft ist oder dafür keine rechtliche Notwendigkeit mehr besteht. Infolgedessen muss klar gestellt werden, aus welchem Anlass das Doppelschutzverbot in der Fassung des UPOV-Übereinkommens von 1991 weggefallen ist. Diesbezüglich sollte das UPOV-Übereinkommen aus Gründen der Rechtssicherheit jedenfalls mit der europäischen Rechtsverordnung zum Pflanzenschutz Nr. 2100/94 in Einklang gebracht werden. Gemäß § 2 Nr. 2 DPatG oder Art. 53 b) EPÜ sind Erfindungen betreffend Tierarten von der Patentierung ausgeschlossen. Aber der gesetzliche Begriff „Tierarten“ im Rahmen des Patentrechts ist noch nicht klar definiert, und sogar der Wortlaut des Art. 53 b) EPÜ weicht in den verschiedenen Amtssprachen des EPÜ („Tierarten“, „animal varieties“ und „races animales“) voneinander ab. Diesbezüglich ist eine unzweideutige Definition unumgänglich, um das Patentrecht auf europäischer Ebene vor allem begrifflich zu harmonisieren. Patentierbare Tiererfindungen sind diejenigen Erfindungen, die Tiere an sich zum Gegenstand haben, Teile von Tieren, die durch ein mikrobiologisches Verfahren gewonnenen Tiere sowie Tiere, deren genetische Identität verändert wurde650. Hierbei wird zugleich deutlich, dass sich die Ausschlussvorschrift regelmäßig nicht auf Teile von Tieren erstreckt. Dementsprechend sind einzelne tierische Gene nicht vom Patentschutz ausgenommen651. In der Entscheidung Krebsmaus/HARVARD wurde festgestellt, dass Art. 53 b) EPÜ als Ausnahmeregelung eng auszulegen ist, dass Art. 53 b) nicht Tiere als solche, sondern nur Tierarten ausschließen soll, und dass bei der Auslegung des Art. 53 b) vor allem ermittelt werden muss, was der Gesetzgeber unter Berücksichtigung der veränderten Rahmensbedingungen vermutlich erreichen will. Diesbezüglich ist auch Art. 27 Abs. 3 (b) des TRIPS-Übereinkommens zu berücksichtigen. Demzufolge können die Mitglieder auch Pflanzen und Tiere von der Patentierbarkeit ausschließen. Mit anderen Worten überlässt das TRIPSÜbereinkommen den Mitgliedstaaten die Wahl, Pflanzen oder Tiere vom Pa650

Regel 23c (b) und (c) AO EPÜ sowie Art. 4 der EU-Biorichtlinie. Aus somatischen Zelllinien können keine ausdifferenzierten tierischen Organismen hervorgehen. Infolgedessen sind somatische Zelllinien patentierbar. Die Frage besteht bei tierischen Keimzellen, dazu im Einzelnen Straus, GRUR Int. 1990, 913 (921); Benkard/Bruchhausen, § 2 PatG Rdnr. 17; vgl. Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg., Art. 53 Rdnr. 104. 651

D. Offenbarung und Hinterlegung biotechnologischer Erfindungen

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tentschutz auszuschließen. Außerdem kann der Schutz von Pflanzensorten entweder durch Patente oder durch ein wirksames System sui generis gewährleistet werden. In diesem Zusammenhang bedarf es einer eindeutigen Stellungnahme, wie Art. 53 b) EPÜ und Art. 27 Abs. 3 b) TRIPS-Übereinkommen interpretiert werden oder wie beide Bestimmungen aufeinander anzupassen oder miteinander abzustimmen sind. Hierbei kann man ohnehin nicht davon ausgehen, dass Art. 2 StrßbÜ und Art. 53 b) EPÜ dem TRIPS-Übereinkommen entgegenstehen. Ferner wäre es auch möglich, dass das in Art. 53 b) EPÜ vorgesehene Patentierungsverbot für Pflanzensorten und Tierarten künftig einer Überprüfung unterzogen werden, soweit objektive Gründe für Aufrechterhaltung dieses Verbots bestehen.

D. Offenbarung und Hinterlegung biotechnologischer Erfindungen I. Allgemeines Zusätzlich zu den materiellen Patentierbarkeitsvoraussetzungen setzt die Patenterteilung voraus, dass die Erfindung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, damit Dritte sie ausführen können. Durch die Offenbarung der Erfindung kann zum einen das Patentwesen verständlich gemacht und der Schutzumfang klargestellt, zum anderen die technische Idee der Erfindung so rasch wie möglich bekannt gemacht werden. Der Dritte kann die offenbarte Erfindung nacharbeiten, und dadurch kann sich die einschlägige Industrie weiter entwickeln652. Unter dem Begriff „Offenbarung“ versteht man im Patentwesen die Darlegung eines technischen Sachverhalts653. Eine Erfindung, die zur Patenterteilung angemeldet und daher vom Patentamt offenbart wird, besteht aus einer technischen Aufgabe und ihrer Lösung. Die Aufgabe und Lösung ergeben gemeinsam den Erfindungsgedanken, der der Anmeldung zugrunde liegt654. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit und wie detailliert die Erfindung offenbart werden muss, denn die der Erfindung zugrundliegende technische Lehre wird heutzutage immer komplizierter und spezialisierter. Deswegen ist es selbst für einen Fachmann schwierig, die Erfindung auszuführen, auch wenn sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde655. Durch die Offenlegung der Erfindung erhält der Erfinder ein Ausschließungsrecht sowohl als Belohnung und 652

Beier/Crespi/Straus, S. 14 f.; Straus, Analysis, S. 85. Schulte, § 34, Rdnr. 271. Anstelle des Begriffs „offenbaren“ verwendet Art. 8 Abs. 2 StrßbÜ den Begriff „darlegen“. 654 Bernhardt/Schäfers, S. 806, Rdnr. 18. 655 Beier, GRUR 1972, 214 (224 f.); Beier/Crepsi/Straus, S. 15; Teschemacher, GRUR Int. 1979, 444 (446); Moufang (1988), S. 310. 653

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

Ansporn als auch als Gegenleistung für die Offenbarung seiner Erfindung656. In § 34 Abs. 4 DPatG sowie Art. 83 EPÜ ist vorgeschrieben, dass die Erfindung in der Anmeldung so deutlich und vollständig zu offenbaren ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann657. Also stellt eine bloße Erwähnung oder Auflistung von technischen Merkmalen, aus denen die Bedeutung für die technische Lehre nicht erkannt wird, keine ausreichende Offenbarung dar658. In der Folge wird in der Beschreibung angeführt, auf welche Art und Weise der angestrebte technische Erfolg erreicht und wiederholt werden kann659. Eine andere hierbei aufgeworfene Frage ist die Wiederholbarkeit der Erfindung. Das Erfordernis der Offenbarung steht in einem engen Zusammenhang mit der Wiederholbarkeit660. Dies ist insbesondere im Bereich biotechnologischer Erfindungen von großer Bedeutung.

II. Offenbarung und Hinterlegung Auch biotechnologische Erfindungen sind in der Beschreibung so ausreichend zu offenbaren, dass sie von einem Fachmann ausgeführt werden können. Hierbei stellt sich die Frage, auf welche Art und Weise biotechnologische Erfindungen wiederholt werden können. Das Erfordernis der Wiederholbarkeit wurde lange Zeit als unüberwindliches Hindernis zur Patentierung biotechnologischer Erfindungen betrachtet, denn das Lebewesen erschien angesichts der hohen Variabilität einer eindeutigen Beschreibung und Einordnung nicht zugänglich661. In diesem Zusammenhang wurde am Anfang der 50er Jahre in den USA eine neuartige Lösung entwickelt, wonach Proben des betreffenden Mikroorganismus bei einer anerkannten Sammelstelle hinterlegt werden sollten. Die Hinterlegung als Ersatzlösung für die Beschreibung im Bereich des Mikroorganismus hielt nicht nur in den USA Einzug, sondern auch in der europäischen Literatur und Rechtsprechung662. Auf internationaler Ebene wurde 1977 in Budapest ein Vertrag über die internationale Anerkennung der Hinterlegung von Mikroorganismen für die Zwecke von Patentverfahren abgeschlossen663, mit dem die Euro656 Z. B. Beier, GRUR 1972, 214 (223 f.); Kolle/Fischer, GRUR Int. 1978, 80; Teschemacher, MüGK, 7. Lfg., Art. 83 Rdnr. 5; Moufang (1988), S. 309. 657 Im Einzelnen dazu bei Teschemacher, MüGK, 7. Lfg., Art. 83 Rdnr. 1 ff. 658 Schulte, § 34, Rdnr. 297 (298). 659 Straus, Analysis, S. 76. 660 Straus, S. 82. 661 Straus, S. 83. 662 BPatGE 9, 150 = BPatG GRUR 1974, 392 „Levorin“; vgl. BGH GRUR 1975, 430 „Bäckerhefe“. In den USA wurde die Hinterlegung 1970 durch die Entscheidung in re Argoudelis des Court of Customs and Patent Appeals gebilligt, vgl. 434 F.2d 1390, 1393 ff. = GRUR Int. 1973, 41 – Mikroorganismus mit Anm. von Mühlendahl. 663 Der Budapester Vertrag wurde am 28. 4. 1977 unterzeichnet und ist am 19. 8. 1980 in Kraft getreten. Für den amtlichen deutschen Text vgl. GRUR Int. 1978,

D. Offenbarung und Hinterlegung biotechnologischer Erfindungen

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päische Patentorganisation gebunden worden ist664. Im Bereich mikrobiologischer Erfindungen ist die Hinterlegung in den meisten Ländern als eine zusätzliche Form der Offenbarung einer Erfindung gefordert worden665. Gemäß Regel 28 und 28a AO EPÜ hat das EPA die Hinterlegung anerkannt666. Damit mikrobiologische Proben an Dritte abgegeben werden können, muss die Hinterlegung auf jeden Fall zulässig sein. Mit einer nur schriftlichen Offenbarung kann die Ausführbarkeit der angemeldeten Erfindung nicht gewährleistet werden. In dieser Hinsicht wird durch das hinterlegte biologische Material eine beständige Erweiterung der Technik sichergestellt667. Im Vergleich der Ausführungsordnung des EPÜ mit den europäischen Ländern können die Hinterlegungsmodalitäten unterschiedlich ausgestaltet werden. Beispielsweise sieht sich in denjenigen Staaten, in denen nationale Hinterlegungsmodalitäten strenger als in der AO EPÜ geregelt sind, ein Erfinder dem Risiko ausgesetzt, dass ein europäisches Patent, das ihm vom EPA erteilt wird, wegen mangelnder Offenbarung von einem nationalen Gericht für nichtig erklärt wird668. Die Bestimmungen über Hinterlegung von biologischem Material finden sich auch in Art. 13 und 14 der EU-Biorichtlinie. Bei einer biotechnologischen Erfindung, deren Gegenstand sich auf die durch ein biologisches Verfahren erzeugten Ergebnisse bezieht, geht es darum, ob es für die Wiederholbarkeit der Erfindung schon ausreichend ist, dass jedem das biologische Resultat zur Verfügung steht669. In diesem Fall garantiert die Hinterlegung die Wiederholbarkeit für Sach-, Verfahrens- und Verwendungspatente, die sich auf biologisches Material beziehen670. 71 ff. Der Hauptzweck dieses Abkommens ist es, kostspielige und umständliche Mehrfachhinterlegungen in verschiedenen Ländern unnötig werden zu lassen. Die Hinterlegung eines Mikroorganismus ist bei einer internationalen anerkannten Hinterlegungsstelle auszuführen. Die Voraussetzungen der Hinterlegungsstelle sind in Art. 6 und 7 BV vorgesehen. Die Hinterlegung muss gemäß Regel 28 (1) (a) BV spätestens zum Zeitpunkt der Patentanmeldung vorgenommen werden, im Einzelnen dazu bei Straus/ Moufang (1989), S. 153 f. 664 In Art. 9 (1) (a) BV ist es vorgesehen, dass jede zwischenstaatliche Organisation, die von mehreren Staaten mit der Erteilung regionaler Patente beauftragt worden ist und deren sämtliche Mitgliedstaaten dem PVÜ angehören, beim Generaldirektor eine Anerkennungserklärung im Hinblick auf die Verpflichtungen und Wirkungen des Vertrags einreichen kann; vgl. ABl. EPA 1980, 380. 665 Hallmann, GRUR 1978, 55. 666 Mitteilung v. 11. 12. 1981, ABl. EPA 1982, 19; Mitteilung v. 18. 7. 1986, ABl. EPA 1986, 269 ff. s. auch http://www.european-patent-office.org/legal/anc_reg/d/pdf/ 1986s269.pdf. 667 Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg., Art. 53 Rdnr. 139. 668 Z. B. Beier/Straus (1986), S. 150 f.; Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg., Art. 53 Rdnr. 134. 669 Schulte, § 2 Rdnr. 88. 670 Nach der früheren Auffassung, z. B. Rote Taube (BGH GRUR 1969, S. 672), Bäckerhefe (BGH GRUR 1975, S. 430), Bakterienkonzentrat (BGH GRUR 1981,

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

Nach der europäischen Praxis liegt eine deutliche und vollständige Offenbarung biotechnologischer Erfindungen vor, wenn das Ziel der Erfindung bei Betrachtung der Beschreibung und einer eventuellen Hinterlegung für einen Fachmann ohne zumutbaren Aufwand erreicht werden kann671. Die Notwendigkeit der Hinterlegung hängt davon ab, ob der Mikroorganismus auch auf andere Art und Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann. Beispielsweise ist eine Hinterlegung dann nicht mehr erforderlich, wenn die Anmeldung die einschlägigen Informationen umfasst, die dem Anmelder in Bezug auf die Merkmale des hinterlegten biologischen Materials bekannt sind672, z. B. wenn Dritte selbst ohne erfinderischen Aufwand das hinterlegte biologische Material erzeugen, isolieren oder sich besorgen können673. Wenn ein biologisches Material hinterlegt wird, das sich nicht selber reproduzieren kann, sondern in einem anderen biologischen System reproduziert werden muss (z. B. Viren, Bakteriophagen, Plasmide, Vektoren oder freie DNS oder RNS), so sind die Angaben über jedes weitere spezifische morphologische oder physiologische Merkmal, das für die Erkennung und Vermehrung des biologischen Materials relevant ist, erforderlich. Wenn diese Angaben nicht ausreichend beschrieben oder der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden können, so muss das biologische Material hinterlegt und entsprechend charakterisiert werden674. Eine Probe des hinterlegten biologischen Materials wird in bestimmten Fällen an Dritte herausgegeben675. Die Herausgabe erfolgt nur dann, wenn der jeweilige Antragsteller verpflichtet wird, für die Dauer der Wirkung des Patents Dritten keine Probe des hinterlegten biologischen Materials oder eines daraus abgeS. 263) reichte die Hinterlegung eines Mikroorganismus für die Gewährung eines Sachpatents nicht aus, aber der BGH hat dies durch seine Entscheidung, z. B. Tollwutvirus (BGH GRUR 1987, S. 231) im Interesse einer Harmonisierung mit dem europäischen Recht aufgegeben. Bei der Offenbarung gibt es drei Arten, und zwar (a) wenn das biologische Material der Öffentlichkeit frei zugänglich ist, bedarf es nur seiner für den Fachmann eindeutigen Identifizierung in der Beschreibung (b) ist es nicht öffentlich zugänglich, muss es so ausreichend beschrieben werden, dass ein Sachverständiger die Erfindung anhand der Beschreibung ausführen kann, also sich das notwendige biologische Material beschaffen kann; und (c) Kann das verwendete biologische Material mit Worten nicht so beschrieben werden, dass ein Fachmann die Erfindung ausführen kann, oder ist die Wiederholung des Weges zum Ziel der Erfindung nur mit unzumutbarem Aufwand möglich, dann steht als ergänzender Ersatz für die sonst unvollständige Beschreibung die Hinterlegung des biologischen Materials zur Verfügung, vgl. Schulte, § 2 Rdnr. 88. 671 T 418/89 ABl. 1993, S. 20; T 412/93 ABl. 1996 SonderA 37 = Rechtsprechung der Beschwerdekammer/EPA, 1998, S. 172. 672 Art. 13 Abs. 1b) der EU-Biorichtlinie. 673 Vgl. BGH GRUR 1978, 162 (164) – „7-Chlor-6-demethyltetracyclin“; im Einzelnen dazu bei Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg., Art. 53 Rdnr. 144; Utermann, GRUR Int. 1985, 34 (35). 674 EPA-Richtl., C II 6.3. 675 Art. 13 Abs. 2 der EU-Biorichtlinie.

E. Der Schutzbereich des Patents

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leiteten Materials zugänglich zu machen, und keine Probe des hinterlegten Materials oder eines daraus abgeleiteten Materials zu anderen als zu Versuchs-zwecken zu verwenden, es sei denn, der Anmelder oder der Inhaber des Patents verzichtet ausdrücklich auf eine derartige Verpflichtung676. Andernfalls darf die Abgabe des hinterlegten biologischen Materials an Dritte nicht erfolgen. Wenn das hinterlegte biologische Material bei der anerkannten Hinterlegungsstelle nicht mehr zugänglich ist, wird eine erneute Hinterlegung des Materials zugelassen, wobei eine vom Hinterleger unterzeichnete Erklärung beizufügen ist, in der bestätigt wird, dass das erneut hinterlegte biologische Material das gleiche wie das ursprünglich hinterlegte Material ist677. Bereits 1963 hat der Koreanische Supreme Court zugelassen, Patente für mikrobiologische Erfindungen zu erteilen678. Gesetzlich sind die Hinterlegung und die Freigabe des Mikroorganismus aber nicht im Patentgesetz, sondern in Art. 1 Abs. 3 KorPatAV geregelt. Daneben ist Korea am 28. März 1988 dem Budapester Vertrag beigetreten679. Die allgemeine Regelung über die Hinterlegung und die Freigabe mikrobiologischer Erfindungen in Korea entspricht diesem Vertrag. Insofern besteht kein großer Unterschied zur europäischen oder deutschen Patentpraxis. In der KBioRL befinden sich Vorschriften, wonach ein Mikroorganismus dann hinterlegt wird, wenn mikrobiologische Erfindungen durch die schriftliche Beschreibung nicht wiederholbar ausgeführt werden können680.

E. Der Schutzbereich des Patents I. Überblick § 14 DPatG stimmt mit Art. 69 Abs. 1 EPÜ überein, der die Regelung des Art. 8 Abs. 3 StrßbÜ übernimmt681. Im Patenterteilungsverfahren des nationalen bzw. europäischen Patentamtes ist durch den Patentanspruch möglichst klar festzulegen, was unter Schutz gestellt wird. Die Frage, ob unbefugte Dritte die geschützten Erfindungen benutzt haben, wird erst im Verletzungsprozess vom 676

Art. 13 Abs. 3 der EU-Biorichtlinie. Art. 14 der EU-Biorichtlinie. 678 Entscheidung v. 28. 11. 1963, 63 Hu 34. 679 Jung, Daehun, Die Hinterlegungsvoraussetzungen des Mikroorganismus in der Mikroorganismus betreffenden Patentanmeldung; vgl. Entscheidung vom Korean Supreme Court v. 27. 8. 1991, 90 Hu 1529. 680 Vgl. 2.1.3 (1) der KBioRL. 681 § 14 DPatG, der durch das Gesetz über das internationale Patentübereinkommen für die seit seinem In-Kraft-Treten vom 1. 1. 1978 eingereichten Patentanmeldungen in das DPatG eingefügt wurde, hat den Art. 69 EPÜ übernommen, der mit Art. 8 Abs. 3 des StrßbÜ in Einklang steht. Deshalb findet die Auslegungsregel des Protokolls in Art. 69 Abs. 1 EPÜ Anwendung, dazu ausführlich bei Hubmann/Götting, S. 185. 677

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

Gericht entschieden682. Ein vom EPA erteiltes Patent ist grundsätzlich als ein Bündel der nationalen Patente anzusehen, deren Schutzwirkung daher nach dem jeweiligen nationalen Patentrecht zu beurteilen ist683. Bei der Auslegung eines Patentanspruches ist sorgfältig darauf zu achten, einen Kompromiss zwischen den Interessen des Patentinhabers und der Allgemeinheit auszuhandeln. Denn der Patentinhaber will sein Schutzrecht möglichst weit auslegen, die Allgemeinheit will hingegen den Schutzumfang des Patents nur auf die in den veröffentlichten Patentansprüchen umschriebene Erfindung beschränken und alle übrigen Ausführungsformen frei halten684. Bei Sachpatenten erschöpfen sich die Befugnisse in Bezug auf die geschützte Sache, wenn sie durch den Schutzrechtsinhaber in einer dem Recht entsprechenden Weise endgültig in Verkehr gebracht wird685. Der Schutzbereich und die Erschöpfungslehre biotechnologischer Erfindungen sind in Art. 8 bis 12 der EU-Biorichtlinie vorgesehen. Ausserdem ist unter bestimmten Voraussetzungen auf europäischer Ebene686 oder in Deutschland687 die Erteilung einer Zwangslizenz vorgesehen, wodurch die Befugnis des Schutzrechtsinhabers beschränkt werden kann.

II. Schutzumfang im allgemeinen Patentschutz Gemäß § 14 des DPatG bzw. Art. 69 Abs. 1 EPÜ wird der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung durch den Inhalt der Patentansprüche bestimmt, wobei die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen sind688. Im Hinblick auf das Protokoll zur Auslegung von Art. 69 EPÜ689 ist aber diese Vorschrift weder in der Weise auszulegen, dass für den Schutzbereich allein auf den genauen Wortlaut der 682

Hubmann/Götting, S. 185. Moufang (1988), S. 371. 684 Hubmann/Götting, S. 187. 685 Die Grundgedanken dieser Lehre von der Erschöpfung des Schutzrechts wurden von Kohler entwickelt und von der Rechtsprechung übernommen, vgl. Kohler, Handbuch Patentrecht, S. 452 ff. Bei Verfahrenspatenten wird darauf hingewiesen, dass sich das Schutzrecht am Verfahren selbst nicht erschöpft, vgl. Hubmann/Götting, S. 181 ff. 686 In Art. 12 der EU-Biorichtlinie ist eine nicht ausschließliche Zwangslizenz wegen Abhängigkeit zwischen einem Pflanzenzüchter und einem Patentinhaber vorgesehen. 687 § 24 Abs. 1 DPatG beschreibt die Zwangslizenz, und diese Norm ist aufgrund des 2. PatGÄndG in Anpassung der Art. 27 Abs. 1 S. 2, Art. 31 TRIPS-Übereinkommen völlig neu gefasst worden. Als eine Zwangslizenz wird die vom Patentgericht im Einzelfall erteilte, nicht ausschließliche Befugnis zur gewerblichen Benutzung einer Erfindung verstanden, vgl. Hubmann/Götting, S. 194. 688 Gemäß Art. 164 Abs. 1 EPÜ findet auch die Auslegungsregel des Protokolls in Art. 69 Abs. 1 EPÜ Anwendung. 689 Amtl. Begründungen BT-Drucksache 7/3712, S. 30; BlPMZ 1976, 334. 683

E. Der Schutzbereich des Patents

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Patentansprüche abgestellt wird, noch dürfen die Patentansprüche lediglich als Richtlinie zur Ermittlung des Erfindungsgegenstandes dienen, noch darf sich der Schutzbereich auch auf etwas erstrecken, was der Fachmann erst nach Prüfung der Beschreibung und der Zeichnungen als Schutzbegehren des Patentinhabers ansieht690. Bei der Beschreibung einer Erfindung, die den Rahmen der Patentansprüche überschreitet und durch den auszulegenden Patentanspruch nicht gedeckt ist, gehört dieser Überschuss nicht zum Schutzbereich des Patents691. Gemäß § 14 Abs. 1 DPatG ist nicht der Wortlaut bedeutend, sondern der Sachgehalt, da die Patentansprüche nicht wörtlich, sondern zweckorientiert auszulegen sind692. Nach dem Protokoll ist so auszulegen, dass der angemessene Schutz für den Patentinhaber sowie ausreichende Rechtssicherheit für Dritte in gleicher Weise gewährleistet werden693. Ein Mittelweg, der zwischen diesen beiden Extremen liegt, ist nötig, um die gegensätzlichen Interessen der Gewährung eines angemessenen Schutzes für den Patentinhaber und des Bedürfnisses Dritter nach ausreichender Rechtssicherheit miteinander in Einklang zu bringen694. a) Äquivalenzlehre In Deutschland war eine Lehre über den Schutzumfang des Patents, nämlich die sog. Dreiteilungslehre entwickelt worden695. Als Gegenstand der Erfindung 690 Benkard/Ullmann, Art 14, Rdnr. 102; Bernhardt/Kraßer, S. 509; Moufang (1988), S. 371. 691 Schulte, § 14 DPatG Rdnr. 13. 692 House of Lords, GRUR Int. 1982, 136. Nach der englischen Rechtsprechung stimmt die Lehre von den Äquivalenten nicht mit Art. 69 EPÜ und dem dazu ergangenen Protokoll überein, da danach eine Verletzung auch dann vorliegen kann, wenn der Beklagte nicht von dem im Anspruch Beschriebenen, sondern von einem Äquivalent Gebrauch macht. Der Schutzbereich eines Patents sei zutreffend nur durch eine am Zweck orientierte Auslegung zu bestimmen, die nicht am Wortlaut des Patentanspruchs haftete, sondern den Anspruch mit den Augen eines Fachmanns aus dem Kontext vernünftig auslegte. 693 Dazu ausführlich bei Schulte, § 14 Rdnr. 16. 694 Hubmann/Götting, S. 185. 695 Nach der „Dreiteilungslehre“, die die herkömmliche Lehre ist und heute nicht mehr gilt, wurde der Schutzumfang eines Patents in drei Bereiche gegliedert, den unmittelbaren Gegenstand der Erfindung, den Gegenstand der Erfindung und den allgemeinen Erfindungsgedanken. Diese Lehre entwickelte sich aus der reichsgerichtlichen Rechtsprechung der vierziger Jahre: zur früheren Praxis vgl. Knöpfle, Die Bestimmung des Schutzumfangs der Patente, 1959, S. 3 ff., 25 ff.; vgl. Popp, Bedeutung und Schutzfähigkeit des allgemeinen Erfindungsgedankens nach deutschem Recht und den Europäischen Übereinkommen, Diss. TU München 1975, S. 6 ff. Die Wirkung eines Patents erstreckt sich auf den Gegenstand der Erfindung, und die Abgrenzung zwischen den Zuständigkeitsbereichen der Erteilungsbehörde und der Nichtigkeitsinstanzen einerseits und den ordentlichen Gerichten des Verletzungsprozess andererseits wird als ausreichende Grundlage für die Dreiteilungslehre verstanden, dazu ausführlich insbesondere bei Benkard/Ullmann, § 14 Rdnr. 162 ff.; Lindenmaier, GRUR 1942, 350; 1944, 49; im Gegensatz dazu gab es die Zweiteilungslehre: dazu Ausführliches

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

gilt nicht nur, was mit der beanspruchten Erfindung völlig übereinstimmt, sondern er umfasst auch sog. Äquivalente, die der Durchschnittsfachmann hinsichtlich der Aufgabe ohne weiteres für gleichwertig hält696. Da durch die sorgfältigste Formulierung nicht alle denkbaren, künftigen Möglichkeiten erfasst werden können, dehnt die Äquivalenzlehre den Schutzbereich des Patents auf solche Benutzungshandlungen aus, die vom Erfindungsgedanken durch Verwendung gleichwirkender Austauschmittel Gebrauch machen, auch wenn diese Handlungen im Patentanspruch nicht expliziert beschrieben sind697. Allerdings darf der Schutzbereich des Patents nicht so weit ausgedehnt werden, dass dies auf eine ungerechtfertigte Übermonopolisierung hinausläuft. Zwischen beiden Anliegen sollte die Äquivalenzlehre eine angemessene Balance schaffen698. Außerdem kann wegen des deutschen Trennungsprinzips etwas, was vom DPMA nicht unter Schutz gestellt wird, nicht vom Verletzungsrichter auf Schutzfähigkeit geprüft und bei Vorliegen der Patentierbarkeitsvoraussetzungen geschützt werden699. Gegenüber der Behauptung der Äquivalenz kann der Einwand vorgebracht werden, dass die angegriffene Ausführungsform mit Rücksicht auf den Stand der Technik keine patentfähige Erfindung darstellt, sondern im Bereich des freien Standes der Technik liegt, sog. Formstein-Einwand700. Darüber hinaus geht man davon aus, dass bei der Auslegung des Schutzumfangs eines Patents der Grundsatz der Erschöpfung von erheblicher Bedeutung ist. Demzufolge ist für die weitere Benutzung eines Gegenstandes eine Zustimmung des Patentinhabers nicht erforderlich, wenn der Schutzinhaber einen seinem Schutzrecht unterfallenden Gegenstand bereits rechtmäßig in Verkehr gebracht hat, und die weiteren Befugnisse damit als „erschöpft“ anzusehen sind701. Die Lehre gilt für Sachpatente sowie die unmittelbaren Verfahrenserzeugnisse.

vgl. Isay, PatG, 6 Aufl., S. 190; Bock, Vorschläge für eine „neue Zweiteilung“ bei Patentverletzungen, Mitt. 1969, 269 ff.; Ströbele, Mitarbeiterfestschrift f. Ulmer, S. 125 (131). 696 Aus systematischen Gründen wurde weiter unterschieden zwischen sog. technischen Äquivalenten, die dem Fachmann nach den Lehren der Technik allgemein als zur Erzielung gleicher Wirkung dienend bekannt sind, und sog. glatten patentrechtlichen Äquivalenten, die dem Fachmann nur bei der vorliegenden Erfindung ohne weiteres von Anfang an als gleiche Dienste leistend erkennbar sind, dazu eingehend vgl. Bernhardt/Kraßer, S. 511 ff. 697 Schulte, § 14 Rdnr. 40. 698 Hubmann/Götting, S. 189. Laut der Akte zur Revision des EPÜ vom November 2000 werden in Art. 2 des Protokolls zu Art. 69 EPÜ die Äquivalente genannt. Dort heißt es: „Bei der Bestimmung des Schutzbereichs des europäischen Patents ist solchen Elementen gebührend Rechnung zu tragen, die Äquivalente der in den Patentansprüchen genannten Elemente sind“. Siehe auch vgl. Nach/Phélip, GRUR Int. 2001, 322 ff. Bericht über die Diplomatische Konferenz zur Revision des Europäischen Patentübereinkommens vom 20. bis 29. 11. 2000. 699 Hubmann/Götting, S. 190. 700 BGH GRUR 1986, 803, 805 – Formstein.

E. Der Schutzbereich des Patents

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In der koreanischen Praxis werden bei der Auslegung des Schutzumfangs des Patents der Zweck, die Struktur und die Effekte der Erfindung, der Stand der Technik und Merkmale des Patents berücksichtigt, wobei auf die Äquivalenzlehre hingewiesen wird, auch wenn diese Lehre auf wissenschaftlicher Ebene noch nicht genau definiert ist. Diese Lehre schafft bei der Auslegung der Patentansprüche zwischen den Interessen des Erfinders und der Allgemeinheit eine angemessene Balance. Ferner gilt in Korea ebenfalls die Erschöpfungslehre, auch wenn diese Lehre nicht im Patentgesetz festgelegt wird. Wenn der Patentinhaber oder der Berechtigte die geschützten Sachen legitim in Korea herstellt und in den Verkehr bringt, so erstreckt sich die Wirkung des Patents nicht mehr auf diese Produkte702. b) Ausnahmen von der Monopolisierung des Patents Patentierte Erfindungen sind nach § 9 DPatG bzw. Art. 25 GPÜ703 im Allgemeinen in zwei Kategorien einzuteilen, nämlich Erzeugnis- und Verfahrenspatente. Das Patent verleiht allein dem Patentinhaber eine Monopolisierung, den patentierten Gegenstand zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne Zustimmung des Patentinhabers bestimmte patentierte Handlungen vorzunehmen. Allerdings verfügt der Patentinhaber nicht über das absolute ausschließliche Recht. In bestimmten Fällen werden Ausnahmen von der Monopolisierung des Patents gesetzmäßig zugelassen. In erster Linie geht es um Beschränkungen der Auswirkung des Patents. Beispielsweise erstreckt sich die Wirkung des Patents nach § 11 DPatG nicht auf Handlungen, die im privaten Bereich oder zu Versuchszwecken vorgenommen werden, die sich auf den Gegenstand des patentierten Erfindung berufen704. Außerdem sehen die Rechtsordnungen Ausnahmen von der Monopolisierung des Patentinhabers durch die Erteilung von Zwangslizenzen705 oder den Erlass einer staatlichen Benutzungsanordnung706 vor707. 701 Zur Begründung des Erschöpfungsgrundsatzes können zwei Argumente herangezogen werden. Einerseits soll der Rechtsverkehr bezüglich Sachen und ihres patentrechtlichen Gebrauchs durch die Erwerber frei bleiben von patentrechtlichen Behinderungen, und andererseits sollen die Befugnisse des Patentinhabers nicht weiter reichen, als es zur Erlangung einer angemessenen Gegenleistung erforderlich ist, dazu ausführlich bei Moufang (1988), S. 376; Hubmann/Götting, S. 181 ff.; Der legitime Erwerber kann den Gegenstand weiter verkaufen, veräußern und gebrauchen, vgl. BGH GRUR 1973, 520 Spielautomat II; 1980, 38 (39) Fullplastverfahren; 1997, 116 – Prospekthalter. 702 Kim, W.-J., S. 562. 703 § 9 DPatG entspricht dem Art. 25 GPÜ in der Fassung vom 15. 12. 1989 (= Art. 29 GPÜ von 1975). Nach Art. 64 gewährt ein europäisches Patent dieselben Rechte wie ein deutsches Patent. Art. 64 Abs. 2 EPÜ sieht vor, dass sich der Schutz bei Verfahrenspatenten auch auf die unmittelbar hergestellten Erzeugnisse erstreckt. 704 Dazu ausführlich Chrocziel, Die Benutzung patentierter Erfindungen zu Versuchs- und Forschungszwecken, Diss. München, 1986.

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

Eine weitere Ausnahme von der Monopolstellung des Patentinhabers stellt das sog. Vorbenutzungsrecht dar708. § 12 Abs. 1 DPatG gewährt dieses Vorbenutzungsrecht demjenigen, der zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits im Inland die Erfindung in Benutzung genommen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hat. § 24 DPatG, der die Zwangslizenz betrifft, stellt auf den Schutz der Allgemeinheit vor einem Missbrauch des Ausschließlichkeitsrechts ab, das dem Schutzrechtsinhaber zusteht709. 705 Die Zwangslizenz ist im § 24 DPatG vorgesehen, während das GPÜ bzw. das EPÜ keine zentrale Erteilung einer Zwangslizenz an Gemeinschaftspatenten bzw. Europäischen Patenten kennt. In Art. 45 GPÜ von 1989 (= Art. 46 GPÜ von 1975) sieht das GPÜ die Erteilung territorial beschränkter Zwangslizenzen nach nationalen Rechten vor. Außerdem sind die Erteilungsmöglichkeiten der Zwangslizenzen in Art. 5A PVÜ und Art. 31 TRIPS geregelt. Insbesondere Art. 5A Abs. 2 PVÜ erlaubt den Verbandsländern, gesetzliche Maßnahmen zu treffen, welche die Gewährung von Zwangslizenzen zur Verhinderung eines möglichen Missbrauchs bei der Ausübung des Patentrechts vorsehen. Art. 31 TRIPS stellt die Erteilung einer Zwangslizenz unter den Vorbehalt bestimmter Voraussetzungen wie die Zahlung einer angemessenen Verhütung an den Patentinhaber. Mit § 2 Nr. 5 des Zweiten Gesetzes zu Änderung des Patentgesetzes und anderer Gesetze vom 16. 7. 1998 (BGBl. I Seite 1827 ff.) wurden die Vorschriften über die Zwangslizenz neu gestaltet, um sie Art. 31 des TRIPS-Übereinkommens anzupassen. Es wurde allerdings das in Art. 31 nicht geforderte, im deutschen Recht aber bestehende Erfordernis beibehalten, dass eine Zwangslizenz nur im öffentlichen Interesse erteilt werden darf. Dabei soll es für die Regelung der allgemeinen Zwangslizenz nach § 24 Abs. 1 auch bleiben. Nur wenn die Belange der Allgemeinheit, die im Einzelfall gegen die schutzwürdigen Interessen des Patentinhabers abzuwägen sind, es fordern, ist hier ein Eingriff in das Recht des Patentinhabers gerechtfertigt. Bei abhängigen Patenten setzt das TRIPS-Übereinkommen bereits sehr hohe Standards für die Erteilung von Zwangslizenzen, ohne dass ein öffentliches Interesse an der Zwangslizenz bestehen muss, siehe Begründung B. 6 BioPatG (Entwurf). Auch wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Zwangslizenz in den einzelnen Rechtsordnungen zu unterscheiden sind, lassen sie sich in drei Kategorien unterteilen: (1) Die Erteilung der Zwangslizenz liegt im öffentlichen Interesse (Zwangslizenz im öffentlichen Interesse); (2) Das Patent, für das Zwangslizenz begehrt wird, wird im Inland überhaupt nicht oder in nur unzureichendem Maße ausgeübt (Zwangslizenz wegen Nichtsausübung; Art. 46 GPÜ); (3) Eine mit einem jüngeren Patent geschützte Erfindung kann nicht benutzt werden, es sei denn, dass sie ein Patent mit älterem Zeitrang verletzt. Dann hat der Lizenzsucher gegenüber dem Inhaber des Patents mit dem älteren Zeitrang unter Voraussetzung eines wichtigen technischen Fortschritts von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung Anspruch auf Einräumung einer Zwangslizenz (Zwangslizenz bei abhängigen Patenten), vgl. Beier, GRUR 1998, 188 ff. Die Zwangslizenz ist eine Lizenz, die einem Dritten an einem gewerblichen Schutzrecht oder Urheberrecht gegen den Willen des Rechtsinhabers erteilt wird. Der Art. 77 GPÜ ist auf Zwangslizenzen an nationalen Patenten entsprechend anzuwenden. 706 Im Falle von Deutschland § 13 DPatG. 707 Müller, Diss. 2001, 23 ff. 708 Der Zweck des Vorbenutzungsrechts findet sich in der Rechtsprechung, z. B. BGH Taxilan, BlPMZ. 1963, 366 (369). Danach besteht es darin, den durch Benutzung oder durch Veranstaltung zur Benutzung erworbenen Besitzstand eines Dritten nicht durch eine spätere Patentanmeldung zu entwerten.

E. Der Schutzbereich des Patents

287

Die Schutzwirkung des Patentrechts in Korea ist nicht grenzenlos, sondern unterliegt gewissen Beschränkungen zugunsten privater und öffentlicher Interessen. Gemäß § 96 KPatG erstreckt sich die Wirkung des Patentrechts nicht auf nichtgewerbliche Benutzungen, wie Handlungen zu Forschungs- oder Versuchszwecken. Ebenso von der Wirkung des Patentrechts ausgenommen sind Schiffe, Luftfahrzeuge, Landfahrzeuge, oder Maschinen, Geräte, Vorrichtung und sonstiges Zubehör zu den genannten Gegenständen, wenn diese ausschließlich vorübergehend ins Inland gelangen, sowie die Sachen, die sich bereits zum Zeitpunkt der Patentanmeldung im Inland befinden. Außerdem ist die Wirkung des Patents nicht auf die unmittelbare Zubereitung von Arzneimitteln in Apotheken aufgrund des Arzneimittelgesetzes und die so zubereiteten Arzneimittel erstreckt. Ferner ist in §§ 98, 106 und 107 KPatG die Erteilung einer sog. nichtausschließlichen Zwangslizenz geregelt. Danach kann die patentierte Erfindung im öffentlichen Interesse, unabhängig von Willen des Rechtsinhabers, von einem Dritten benutzt werden. Diese Vorschriften sind in Anpassung an die Vorgaben der Art. 27 Abs. 1 S. 2, Art. 31 TRIPS-Übereinkommen neu gefasst worden. Die Zwangslizenz in Bezug auf biotechnologische Erfindungen ist aber nicht ausdrücklich in der KBioRL geregelt.

III. Schutzumfang in den biotechnologischen Erfindungen 1. Grundsatz über den Schutzumfang Allgemeine Vorschriften über den Schutzbereich des Patents befinden sich im EPÜ bzw. im DPatG. Das EPÜ und seine Ausführungsordnung umfassen den allgemeinen Schutzbereich des Patents für biologisches Material. In Bezug auf den Schutzumfang der Patentansprüche, die biotechnologische Erfindungen betreffen, stellt sich die Frage, ob und inwieweit die Äquivalente von Sachansprüchen auf biologisches Material anzuwenden sind. Ausgehend von den Grundsätzen, die im Bereich chemischer Stoffansprüche gelten, liegt ein Äquivalent dann vor, wenn der Stoff von analoger Konstitution ist, dieselbe Wirkung wie der patentierte hat und letzteres sich für den durchschnittlichen Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt710. Im Gegensatz zum EPÜ oder DPatG beschreibt die EU-Biorichtlinie konkret den Patentschutzbereich biotechnologischer Erfindungen. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EU-Biorichtlinie erstreckt sich der Patentschutz für biologisches Material nicht nur auf jedes Material, das durch generative oder vegetative Vermehrung hieraus in gleicher oder abweichender Form abgeleitet wird und die erfindungsge709

Schulte, § 24 Rdnr. 6. Blum, S. 113 ff.; vgl. auch BGH GRUR 1977, 100 – „Alkylendiamine II“; vgl. Moufang (1988), S. 377. 710

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3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

mäßen Eigenschaften aufweist, sondern auch auf das biologische Material, das durch das Verfahren unmittelbar gewonnen wird und mit bestimmten Eigenschaften ausgestattet ist. Nach Art. 8 Abs. 2 EU-Biorichtlinie kommt dem durch das biotechnologische Verfahren gewonnenen biologischen Material ein umfassender Patentschutz zu711. Art. 9 EU-Biorichtlinie, mit dem § 9a Abs. 3 BioPatG (Entwurf) übereinstimmt, regelt den Schutzumfang, wonach sich der Patentschutz, der durch ein Patent für ein Erzeugnis erteilt wird, das aus einer genetischen Information besteht oder sie enthält, auf jedes Material erstreckt, in das dieses Erzeugnis Eingang findet und in dem die genetische Information enthalten ist und ihre Funktion erfüllt. Nach § 9a Abs. 3 BioPatG (Entwurf) erstreckt sich der Patentschutz auf die genetischen Informationen, wobei bereits in der ursprünglichen Anmeldung die Funktion angegeben werden muss. Hierbei geht es darum, ob auch die zum Teil ermittelten Gensequenzen, d. h. ESTs und SNPs patentiert werden können712, während vollständige Gensequenzen mit aufgeklärten Funktionen patentiert werden. Bei der Patentierung der DNS-Abschnitte geht es vor allem um deren gewerbliche Anwendbarkeit, die mit der Funktion im engen Zusammenhang steht, die nicht biologisch ist, sondern mittels einer technischen Lehre technische Aufgaben löst. Ist sie patentiert, so erstreckt sich der Patentschutz der DNS-Sequenz auf das biologische Material, das die genetische Information enthält. Hierbei wird die Frage aufgeworfen, ob eine partielle Gensequenz, eine diese enthaltende Nukleinsäure oder das Gen als solches in den Patentanspruch eingeht713. Beim Gensequenzpatent geht es darum, in welcher rechtlichen Beziehung eine Gensequenz zu einem Protein, für das die Gensequenz kodiert, steht714. 711 Gemäß Art. 8 Abs. 2 der EU-Biorichtlinie wird nicht nur das durch das biotechnologische Verfahren gewonnene biologische Material unter Schutz gestellt, sondern auch das hieraus durch weitergehende Vermehrung gewonnene Material. 712 Vom Gesichtspunkt der Humangenomforscher und der pharmazeutischen Industrie aus werden ESTs und SNPs als nicht patentierbar angesehen, da sie als sog. research tools als präkompetitive Information behandelt werden und patentfrei bleiben. Bei diesen DNS-Abschnitten geht es um Nützlichkeit. Nach der EU-Biorichtlinie sind aber die DNS-Abschnitte schon patentwürdig, wenn ihre Funktionen in der ursprünglichen Beschreibung – nicht im Patentanspruch – konkret beschrieben werden, um die Patentvoraussetzung der gewerblichen Anwendbarkeit zu erfüllen. Dazu ausführlich: Straus (2000), Genpatentierung – Eine abstruse Idee? 713 Dafür gibt es die europäische Entscheidung „Agrevo-Funktion“ der Beschwerdekammer des EPA (T 939/92, ABl. EPA 1996, 309). Danach ist im Prüfungsverfahren darauf zu achten, dass die überraschenden Wirkungen dem Umfang des geltenden Stoffschutzes entsprechen. Die Strukturformel ist einzuengen und andernfalls der Patentschutz zu versagen, soweit diese nicht zur Überzeugung der Prüfungsabteilung bzw. der Beschwerdekammer erfüllt wird, dazu ausführlich bei Hansen, Mitt. 2001, 477 (480). 714 Im Einzelnen dazu bei Tilmann, Mitt. 2002, 443 (444) und 447 (448). In diesem Aufsatz werden die patentrechtlichen Möglichkeiten eines Patentschutzes verständlich dargestellt, der auf die Gensequenzen oder das Protein oder die Beziehung beider zueinander bezogen wird. Er vertritt die Meinung, dass bei Genpatenten eine Gen-

E. Der Schutzbereich des Patents

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Aus Erwägungsgrund 25 EU-Biorichtlinie ist noch der Hinweis zu entnehmen, dass zur Auslegung der Patentrechte bei einer Überlagerung von Sequenzen in „nicht wesentlichen Abschnitten“ jede dieser Sequenzen „patentrechtlich als selbständige Sequenz angesehen“ wird. 2. Beschränkung des Schutzumfangs Nach § 9b BioPatG (Entwurf) bzw. Art. 10 EU-Biorichtlinie, der eine besondere Art von Erschöpfungsregelung biotechnologischer Erfindungen enthält, erstreckt sich der Patentschutz nicht auf das biologische Material, das durch generative oder vegetative Vermehrung von biologischem Material gewonnen wird, das innerhalb der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden ist, vorausgesetzt, dass das so gewonnene Material anschließend nicht für andere generative oder vegetative Vermehrung verwendet wird. Wenn z. B. ein Landwirt Saatgut kauft und anbaut, dann geschieht dies erkennbar gerade zum Zwecke des Anbaus, der eigentlich eine Verletzungshandlung wäre. Nach der Bestimmung steht der Patentschutz Anbau und Verwertung nicht entgegen. Allerdings darf der Landwirt das Erntegut nicht etwa als Saatgut weiterverkaufen715. In den nationalen Rechtsordnungen sind die Meinungen darüber nicht einhellig, ob der Erwerber des patentierten biologischen Materials, das mit Zustimmung des Käufers in Verkehr gebracht wird, dieses weiter vermehren darf716. Wenn ein Dritter ein legitim erworbenes patentiertes Erzeugnis benutzt, hat der Patentinhaber nach der patentrechtlichen Erschöpfungsregelung kein Verbietungsrecht mehr. In diesem Fall ist zu beachten, dass die Erschöpfungsregelung unter der bisherigen deutschen Rechtslage nicht zur Anwendung gelangen kann717. Je nach Sachlage wird man von der Erteilung einer stillschweigenden Lizenz ausgehen können, etwa wenn patentiertes Saatgut vom Patentinhaber an einen Dritten verkauft wird.

sequenz als der Schutzgegenstand und die Funktion nicht nur in der Beschreibung, sondern auch im Anspruch aufgeführt werden sollten. Dadurch solle die Funktion dazu beitragen, die Gensequenz zu identifizieren. Außerdem solle die Informationsbeziehung zwischen Gensequenz und Protein als Gegenstand des Patents bezeichnet werden, und der Schutz des Patents solle auf die Gensequenz, die für dieses Protein kodiert, beschränkt sein. Seiner Meinung nach liege die Annahme eines Stoffschutzes näher, wenn die Funktion nur in die Beschreibung aufgenommen ist. Hierbei seien die Auslegungsmöglichkeiten „Definition des Gegenstandes“ und „Beschränkung auf diese konkrete Informationsbeziehung“ möglich. 715 Begründung B. 4 BioPatG (Entwurf). 716 Moufang (2001), S. 141. 717 Moufang (2001), S. 141.

290

3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

In Korea finden sich Bestimmungen über den Schutzumfang und die Zwangslizenz biotechnologischer Erfindungen weder im KPatG noch in der KBioRL wieder. Daher werden der Schutzumfang und die Zwangslizenz biotechnologischer Erfindungen nach den allgemeinen Prinzipien des Patentrechts beurteilt. 3. Ausnahmeregelung für Landwirte a) Pflanzliches Vermehrungsmaterial § 9c BioPatG (Entwurf) und Art. 11 Abs. 1 EU-Biorichtlinie beschreiben das sog. Landwirteprivileg, das als die Befugnis verstanden wird, Erntegut einer geschützten Sorte zurückzubehalten und als Vermehrungsmaterial für den Wiederanbau im eigenen Betrieb zu verwenden. Diese Ausnahme von der Ausschließlichkeitswirkung des Patents stammt aus dem Sortenschutzrecht, und dieser Grundsatz wird von § 9c Abs. 1 BioPatG (Entwurf) für pflanzliches Vermehrungsmaterial ins Patentrecht übertragen. Dementsprechend darf der Landwirt auch bei patentiertem Vermehrungsmaterial einen Teil seiner Ernte zur Wiederaussaat verwenden, denn das Saatgut dient ja gerade zum Anbau und wurde dazu verkauft718. Ausmaß und Modalitäten dieser Ausnahmeregelung entsprechen denjenigen des Art. 14 der EGSVO. Dem UPOV-Übereinkommen zufolge konnten die nationalen Sortenschutzgesetzgeber ein Landwirteprivileg regeln, das vom deutschen Gesetzgeber inhaltlich übernommen wurde. Bei der Schaffung des Züchterrechts im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft war es bis zuletzt äußerst umstritten, ob und in welchem Umfang das Landwirteprivileg genehmigt werden soll. Nach Art. 14 EGSVO erstreckt sich ein solches Privileg des Landwirts zur Sicherung der landwirtschaftlichen Erzeugung zu Vermehrungszwecken im eigenen Betrieb nur auf bestimmte landwirtschaftliche Pflanzenarten. Außerdem sind andere als sog. Kleinlandwirte verpflichtet, dem Sortenschutzinhaber eine angemessene Entschädigung zu zahlen, wobei diese aber deutlich niedriger sein muss, als die üblichen Gebühren für eine Vermehrungslizenz. Gemäß Art. 11 Abs. 1 EU-Biorichtlinie ist das Landwirteprivileg in den Rahmen des Patentrechts eingefügt worden, wobei Ausmaß und Modalitäten auf die europäische sortenschutzrechtliche Regelung beschränkt sind. Dafür ist Voraussetzung, dass der Landwirt bei der ersten generativen oder vegetativen Vermehrung Vermehrungsmaterial benutzt, das vom Patentinhaber oder mit seinem Willen zu landwirtschaftlichen Zwecken an einen Landwirt verkauft worden ist.

718

Begründung B.4 des BioPatG (Entwurf).

E. Der Schutzbereich des Patents

291

b) Tierisches Vermehrungsmaterial Nach Art. 11 Abs. 2 EU-Biorichtlinie gilt das Landwirteprivileg auch für den Tierbereich. Der Verkauf von Zuchtvieh oder von tierischem Vermehrungsmaterial durch den Patentinhaber oder mit dessen Zustimmung an einen Landwirt impliziert dessen Befugnis, das geschützte Vieh zu landwirtschaftlichen Zwecken zu verwenden. Diese Befugnis erstreckt sich auch auf die Überlassung des Viehs oder anderen tierischen Vermehrungsmaterials zur Fortführung seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit, jedoch nicht auf den Verkauf mit dem Ziel oder im Rahmen einer gewerblichen Viehzucht. Die EU-Biorichtlinie sieht allgemeine Regelungen vor, und das Ausmaß und die Modalitäten dieser Ausnahmeregelung werden durch nationale Rechtsvorschriften geregelt. § 9c Abs. 2 BioPatG (Entwurf) hat diese Vorschrift inhaltlich übernommen. Er enthält auch ein entsprechendes Privileg für landwirtschaftliche Nutztiere. Danach ist dem Landwirt die Verwendung der landwirtschaftlichen Nutztiere oder des tierischen Vermehrungsmaterials zu landwirtschaftlichen Zwecken erlaubt worden. Beispielsweise darf der Landwirt die bei der Ausübung des Landwirteprivilegs erzeugten Tiere zwar Dritten überlassen, jedoch nur soweit, wie dies im Rahmen der Fortführung seines landwirtschaftlichen Betriebs erforderlich ist. Hingegen ist der Verkauf dieser Tiere unzulässig, sofern der Landwirt sie nicht zur Nutzung im eigenen Betrieb, sondern eigens für den Verkauf an andere Nutzer erzeugt. Ebenso unzulässig ist der Verkauf an Tierzüchter zwecks Erzeugung von Nachkommen719. Weder im KPatG noch in der KBioRL findet sich eine Ausnahmeregelung für den Schutz des pflanzlichen und tierischen Vermehrungsmaterials der Landwirte720. Dementsprechend sind diesbezügliche Fragen derzeit noch durch Auslegung zu lösen, wenn sie im Rahmen des Patentrechts aufgeworfen werden. 4. Zwangslizenz zur Erlangung und Nutzung eines Sortenschutzrechts Art. 12 Abs. 1 EU-Biorichtlinie sieht eine nicht ausschließliche Zwangslizenz vor, nämlich eine Zwangslizenz an einem Patent zur Erhaltung bzw. Nutzung eines Sortenschutzrechts. Nach der EU-Biorichtlinie werden die Interessen derjenigen Pflanzenzüchter berücksichtigt, die ein Sortenschutzrecht nicht erhalten oder verwerten können, ohne ein Patent zu verletzen. Unter den in Art. 12 Abs. 3 EU-Biorichtlinie angegebenen Bedingungen hat ein Pflanzenzüchter gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung Anspruch auf eine nicht ausschließ719

Auch Begründung B. 4 des BioPatG (Entwurf). Diesbezüglich könnte diese Frage in Korea noch nicht ernsthaft aufgeworfen worden zu sein. In Zukunft sollte diese Frage noch weiterhin geforscht werden. 720

292

3. Teil: Der Patentschutz in Deutschland und der EG im Vergleich zu Korea

liche Zwangslizenz für die patentgeschützte Erfindung. Dadurch sind die Möglichkeiten des Patentinhabers, mittels des Patents den Zugang auf wichtiges Zuchtmaterial zu begrenzen, erheblich eingeschränkt. Art. 12 Abs. 2 sieht eine Lizenz des Patentinhabers am Sortenschutzrecht vor. Als weitere Voraussetzungen sind in Art. 12 Abs. 3 und den Erwägungsgründen 52 und 53 der EU-Biorichtlinie vorgesehen, dass die Pflanzensorte oder die Erfindung einen bedeutenden technischen Fortschritt von erheblichem wirtschaftlichem Interesse darstellt. Diese Bedingungsklausel beruht auf Art. 31 TRIPS-Übereinkommen721. Demzufolge muss die zweite Erfindung gegenüber der im ersten Patent beanspruchten Erfindung einen wichtigen technischen Forstschritt von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung aufweisen. Die Bedingung umfasst zwei Kriterien, zum einen den „wichtigen technischen Forschritt“ und zum anderen die „erhebliche wirtschaftliche Bedeutung“. Hierbei ist zu beachten, dass sich das Zwangslizenzsystem auf das volkswirtschaftliche Interesse stützt. Ein erhebliches wirtschaftliches Interesse als weitere Voraussetzung zur Erteilung einer Zwangslizenz kann wohl dann angenommen werden, wenn der einschlägige Wirtschaftszweig durch die Gewährleistung einer Lizenz einen Aufschwung erfährt, wobei der Begriff „erheblich“ genau zu überprüfen ist, weil sonst „Verbesserungspatente“ angemeldet werden könnten, die auf die Erlangung der Zwangslizenzen an profitbringenden Patenten spekulieren722. Bei der Beurteilung des Begriffs „bedeutender technischer Fortschritt“ ist dem Stand der Entwicklung der einschlägigen Wirtschaftszweige im Vergleich zum Stand der Technik Rechnung zu tragen723. Allerdings sind die Begriffe „wichtig oder bedeutend“ und „erheblich“ allgemeine und unbestimmte Begriffe, deren Beurteilung der Rechtsprechung überlassen werden muss. Ferner muss der Antragsteller gemäß Art. 12 Abs. 3a EUBiorichtlinie nachweisen, dass er sich vergebens bei dem Inhaber des Patents oder des Sortenschutzrechts um eine vertragliche Lizenz bemüht hat. In Bezug auf das Zwangsnutzungsrecht entsteht in einem einzelstaatlichen Sortenschutzrecht kein Problem, aber die Konstellation ist schwieriger, wenn es sich um das gemeinschaftliche Sortenschutzrecht vom 27. Juli 1994 handelt. Nach Art. 29 Abs. 1 EGSVO kann ein Zwangsnutzungsrecht für eine Pflanzenzüchtung der Gemeinschaft vom Gemeinschaftlichen Sortenamt auf Antrag gewährt werden. Das Zwangsnutzungsrecht kommt in Betracht, wenn die Nutzung einer Sorte im öffentlichen Interesse liegt, vor allem in Notzeiten724, wobei der Sortenschutzrechtsinhaber kein Nutzungsrecht einräumt oder die Sorte selbst 721 Durch die zweite Änderung des Patentgesetzes sind die Worte ins Patentgesetz eingeführt worden. 722 Flammer (1999), Biotechnologische Erfindungen, S. 172. 723 Flammer (1999), Biotechnologische Erfindungen, S. 173. 724 BT-Drs. 10/816, S. 20. In der BRD kann eine geschützte Erfindung nach § 13 DPatG im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt und der Sicherheit des Bundes benutzt werden.

E. Der Schutzbereich des Patents

293

nicht nutzt725. Ebenfalls von großer Bedeutung ist Art. 29 Abs. 5 ESGVO, wonach das Zwangsnutzungsrecht auf Antrag dem Inhaber für eine im Wesentlichen abgeleitete Sorte erteilt wird, wenn andere Voraussetzungen erfüllt sind, da der Berechtigte der abgeleiteten Sorte für deren Benutzung die Erlaubnis des Inhabers der Ausgangssorte benötigt. Art. 12 EU-Biorichtlinie befasst sich mit der Lizenzeintragung, enthält aber keine Vorschrift des Inhalts, dass eine Zwangslizenz wegen Abhängigkeit zwischen Patent- und Sortenschutzrechten „aus Gründen des öffentlichen Interesses“726 gewährt wird. Wenn die bestehende Rechtslage im übrigen erhalten bleibt, so wären Zwangslizenzen wegen Abhängigkeit bei biotechnologischen Erfindungen zukünftig unter geringeren Voraussetzungen zu erteilen als Abhängigkeitslizenzen auf anderen Gebieten der Technik, bei denen zusätzlich noch das „öffentliche Interesse“ an der Erteilung der Zwangslizenz vorliegen müsste. Zur Vermeidung dieses unstimmigen und nicht gerechtfertigten Ergebnisses wurde vorgeschlagen, das in § 24 Abs. 2 DPatG das öffentliche Interesse bei der Erteilung von Zwangslizenzen wegen Abhängigkeit zu streichen727. Außerdem könnte Art. 12 EU-Biorichtlinie mit Art. 29 EGSVO in Widerspruch geraten. Dieser Unterschied sollte auch auf europäischer Ebene eingeebnet werden728. Wie schon erwähnt, ist in der KBioRL eine Zwangslizenz in Bezug auf biotechnologische Erfindungen nicht zu finden. Daher wird die Erteilung der Zwangslizenz nach dem allgemeinen patentrechtlichen Prinzip einschließlich des TRIPS-Übereinkommens gehandhabt. Mit anderen Worten muss die Zwangslizenz in Korea entsprechend Art. 31 des TRIPS-Übereinkommens, in dem der Mindestschutzmaßstab dargestellt wird, behandelt werden.

725

Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger (1999), S. 255. „Öffentliches Interesse“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der von der Rechtsprechung auszufüllen ist. Es ist zu bejahen, wenn die Verwertung der Erfindung für die Allgemeinheit einen wesentlichen Nutzen bringt, der im Vergleich zu den Interessen des Patentinhabers eindeutig höherrangig ist, vgl. Schulte, § 24 Rdnr. 12. 727 Vgl. Begründung B. 6 Zwangslizenz des BioPatG (Entwurf). 728 Diesbezüglich bin ich der Meinung, dass zur Beseitigung dieses Problems die Bezugnahme auf das öffentliche Interesse in dem Art. 12 der EGSVO zu entfernen wäre, denn andernfalls würde verhindert, dass eine als wesentliches Harmonisierungsziel dargelegte gegenseitige Lizenzeintragung zwischen Patent und Sortenschutz auf europäischer Ebene möglich ist. Mit Dok. 12883/1/97 v. 9. 3. 1998 liegt nur ein Vorschlag für einen Beschluss des Rates zu Art. 29 der EGSVO vor, mit dem der Rat die Kommission bittet, die Auswirkungen des Art. 12 dieser Richtlinie auf Art. 29 der EGSVO zu prüfen und dem Rat sobald wie möglich die Ergebnisse der Prüfung zu unterbreiten. 726

4. Teil

Schlussbemerkungen und Ausblick A. Rechtsvergleichende Zusammenfassung und Bewertung Im Laufe der Zeit hat sich der Begriff „Erfindung“ mit der rasanten technologischen Entwicklung geändert. Er stellt ein immer noch stark umstrittenes Thema im Rahmen des Patentrechts, insbesondere im Zusammenhang mit der Biotechnologie dar. Im Hinblick auf diesen Befund definiert das EPÜ bzw. das DPatG den Begriff „Erfindung“ nicht, auch wenn er das Patentrecht maßgeblich prägt. Demzufolge werden explizit nur die als nicht patentierbar geltenden Erfindungen geregelt. Hingegen definiert das KPatG ausdrücklich den Begriff „Erfindung“, nämlich die Schöpfung eines technischen Gedankens unter Anwendung von Naturgesetzen, deren Niveau hoch ist. Aber diese Definition ist begrifflich nicht konkret, sondern abstrakt. Es mangelt der Festsetzung dieses Begriffs im Patentgesetz an der notwendigen Elastizität, die der gegenwärtige technologische Stand verlangt. Demzufolge geht man davon aus, dass die in § 2 KPatG enthaltene Definition „Erfindung“ gestrichen werden sollte, damit dieser Begriff dem technologischen Fortschritt angepasst werden kann. Nach dem EPÜ, dem deutschen und dem koreanischen Patentrecht ist die bloße Entdeckung eines Gens nicht patentierbar, da darin keine technische Lehre zu sehen ist. Ein – als solcher in der Natur nicht vorkommender – isolierter Bestandteil des menschlichen Körpers oder ein durch ein technisches Verfahren gewonnener Bestandteil inklusive der Sequenzen oder Teilsequenzen ist patentierbar, weil und soweit der Mensch darin eingreift. Bei den genetischen Erfindungen betreffend DNS-Abschnitte wird als weitere Voraussetzung der Patentierbarkeit verlangt, dass die Funktion oder die Nützlichkeit der Gensequenzen in der Beschreibung konkret beschrieben wird. Andernfalls ist die Erfindung mangels gewerblicher Anwendbarkeit nicht patentierbar. Die Forschungsergebnisse des HGP haben gezeigt, dass der Mensch schätzungsweise nur etwa 30.000 bis 40.000 Gene hat, weniger als erwartet, aber 130 Billionen Zellen und ca. 250.000 Proteine. Daher wird die Frage nach der Patentierbarkeit für die Erfindungen von DNS-Sequenzen, vor allem ESTs und SNPs, heute umso heftiger und häufiger in der Öffentlichkeit diskutiert, weil die Patenterteilung für ESTs und SNPs öffentliche Interessen verletzen könnte,

A. Rechtsvergleichende Zusammenfassung und Bewertung

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wenn sie eine spätere Patentanmeldung auch dann verhindern könnte, wenn letztere eine „vollständige“ Erfindung in dem Sinne darstellte, dass die gesamte Sequenz der Gene offenbart wird. Nach der koreanischen und der EU-Biorichtlinie ist die Nützlichkeit oder die Funktion von ESTs und SNPs zur Patentierung zu beschreiben, und zwar nicht bloß als allgemeine, sondern als konkrete Funktion, um die Patentvoraussetzungen der gewerblichen Anwendbarkeit zu erfüllen. Hierbei ist aber unklar, wo die Grenze zwischen einer unzureichenden allgemeinen und einer hinreichenden konkreten Funktion von ESTs und SNPs gezogen wird. Diese Frage wird der patentrechtlichen Praxis überlassen. Nach der KBioRL sind Erfindungen, die sich auf DNS-Abschnitte oder Gene beziehen, dann patentierbar, wenn deren Basissequenzen und Funktionen in der Beschreibung ausdrücklich angegeben werden. Unter anderem ist die koreanische Patentpraxis in Bezug auf die Patentierung von ESTs bemerkenswert. Im Vergleich zur europäischen bzw. deutschen Patentpraxis, wo ESTs ohne weiteres als Erfindungen i. S. d. Patentrechts angesehen sind, trifft dies in der koreanischen Patentpraxis grundsätzlich nicht zu. Dies widerspricht aber der KBioRL, da diese die Patentierbarkeit der ESTs zulässt, sofern deren Funktion in der Beschreibung konkret angegeben wird. Dementsprechend sollten ESTs grundsätzlich auch im koreanischen Recht als Erfindungen in Betracht kommen. Dann könnte ihre Patentierbarkeit im konkreten Einzelfall von den technischen Patentprüfern im KPA geprüft werden. Der rechtliche Schutz biotechnologischer Erfindungen bezieht sich zunächst auf die Pflanzensorten. Der Schutz der Pflanzensorten ergibt sich entweder aus dem Patentrecht oder dem speziellen Sortenschutz sui generis oder aus beiden. Die biologische Schaffung einer neuen Pflanzensorte unterscheidet sich aber von einer technischen Erfindung, da die Voraussetzungen für die Erlangung des Schutzrechts beim Sortenschutz geringer sind, und der Sortenschutz eine schwächere Ausschließlichkeitswirkung hat als das Patent. Beim Patentschutz wird eine technische Lehre vorausgesetzt, wobei die Erfindung neu, auf erfinderischer Tätigkeit beruhend und gewerblich anwendbar sein muss. Hingegen sind die Erteilungsvoraussetzungen für das Sortenschutzrecht in Anpassung an die Besonderheit der biologischen Materie mit der Unterscheidbarkeit, der Homogenität, Beständigkeit und Neuheit niedriger. Die Schutzvoraussetzungen sind im EPÜ, im DPatG und im KPatG gleich. In Bezug auf den Schutzumfang sind beide allerdings unterschiedlich. Die Wirkung des patentierten Verfahrens erstreckt sich nicht nur auf die Anwendung des Verfahrens, sondern auch auf Erzeugnisse, die unmittelbar aus dem Verfahren hervorgehen. Jedoch erstreckt sich der Schutzumfang des Sortenschutzrechts für Pflanzenzüchtung grundsätzlich nicht auf alle Erzeugnisse, sondern nur auf das Vermehrungsgut der geschützten Sorten. Beim Vergleich des Patentrechts mit dem Sortenschutzrecht fällt insbesondere das Prinzip des sog. Doppelschutzverbots auf. Danach sind Pflanzenzüchtungen

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4. Teil: Schlussbemerkungen und Ausblick

von der Patentierung ausgeschlossen, soweit Sortenschutz eingreift. Die Bestimmung über das Doppelschutzverbot ist in Art. 92 EGSVO von 1994 immer noch enthalten, während sie im internationalen UPOV-Übereinkommen von 1991 und im deutschen Sortenschutzgesetz von 1997 nicht mehr zu finden ist. Diese Vorschriften sollten einander angepasst werden. Auch sollte klar gestellt werden, welche Bedeutung es hat, dass das Doppelschutzverbot im UPOV-Übereinkommen von 1991 aufgehoben wurde, d. h. ob es damit wirklich abgeschafft wurde oder dafür keine rechtliche Notwendigkeit mehr besteht. Diesbezüglich sollte das UPOV-Übereinkommen aus Gründen der Rechtssicherheit wenigstens mit der europäischen gemeinschaftlichen Sortenschutzverordnung (EGSVO) in Einklang gebracht werden. Da Korea erst am 7. Januar 2002 dem UPOV-Übereinkommen beigetreten ist, ist dieses in der Fassung von 1991 gültig. Dementsprechend ist in Korea der Doppelschutz der Pflanzensorten (Patent- und Sortenschutzrecht) möglich. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 31 KPatG nur die sich vegetativ vermehrenden Pflanzensorten patentfähig sind, und dass die sich vegetativ und generativ vermehrenden Pflanzensorten nach dem Saatgutindustriegesetz (SGIG) geschützt werden. Mit anderen Worten sind die sich vegetativ vermehrenden Pflanzensorten entweder nach dem Patentrecht oder dem Saatgutindustriegesetz oder nach beiden geschützt. Die KBioRL ergänzt § 31 KPatG, ent-hält aber keine Regelung über Pflanzensorten, die sich generativ vermehren. Zusammenfassend werden nach dem geltenden koreanischen Schutzwesen die Pflanzensorten, die sich vegetativ vermehren, im Patentgesetz und im SGIG simultan geschützt, während Pflanzensorten, die sich generativ reproduzieren, nur nach dem SGIG geschützt werden können. Beide Systeme bestehen in Korea nebeneinander, und die Züchter können daher alle möglichen Schutzmaßnahmen ergreifen. Für die Unterscheidung zwischen Sorten- und Patentschutz ist der Begriff „Pflanzensorte“ maßgeblich, der nur in den die Pflanzensorte betreffenden rechtlichen Regelungen definiert wird. In der Begriffsbestimmung der EU-Biorichtlinie wird die Abgrenzungsfrage zwischen dem Sorten- und dem Patentschutz nicht eindeutig gelöst. In Bezug auf die Patentierbarkeit im Bereich der pflanzlichen Materie beschränkt sich die EU-Biorichtlinie europaweit auf den Schutz biotechnologischer Erfindungen bzw. auf die Erteilung einer Zwangslizenz bei Abhängigkeit zwischen Pflanzensorten und Erfindungen. Des Weiteren kann eine Erfindung, die Pflanzen zum Gegenstand hat, patentiert werden, wenn die Ausführung der Erfindung technisch nicht auf eine bestimmte Pflanzensorte beschränkt ist. Das KPatG sowie die KBioRL kennen nur die Patentierbarkeit der sich vegetativ vermehrenden Pflanzensorten, deren Definition allerdings nicht im Patentgesetz, sondern im SGIG zu finden ist. Zum landwirtschaftlichen Anbau durch einen Landwirt wird in der EU-Biorichtlinie eine Ausnahmeregelung von den Rechten des Patentinhabers aner-

A. Rechtsvergleichende Zusammenfassung und Bewertung

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kannt. Außerdem ist der Pflanzenzüchter oder der Patentinhaber nach der EUBiorichtlinie befugt, eine nichtausschließliche Zwangslizenz für die patentgeschützte Erfindung oder für die geschützten Sorten gegen Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr zu beantragen, soweit diese Lizenz zur Verwertung der zu schützenden Pflanzensorte erforderlich ist. In der EU-Biorichtlinie ist der Umfang des Patentschutzes auch festgelegt, wonach der Patentschutz biologisches Material umfasst, das aufgrund der Erfindung mit bestimmten Eigenschaften ausgestattet ist, sowie jedes biologische Material, das aus diesem biologischen Material durch generative oder vegetative Vermehrung in gleicher oder abweichender Form gewonnen wird und mit denselben Eigenschaften ausgestattet ist. Dagegen befindet sich in der KBioRL keine Vorschrift über den Schutzbereich und die Zwangslizenz. Daher werden der Schutzumfang und die Zwangslizenz biotechnologischer Erfindungen in Korea nach dem allgemeinen patentrechtlichen Prinzip und Art. 31 des TRIPS-Übereinkommens beurteilt. Die erste patentierte Tiererfindung, die durch gentechnische Manipulation ermöglicht wurde, betrifft einen transgenen nicht-menschlichen Säuger, namentlich eine Maus, auch wenn in Deutschland bereits 1969 die grundsätzliche Möglichkeit zur Patentierung von Lebewesen durch eine Entscheidung „Rote Taube“ eröffnet wurde. Die sog. „HARVARD/Krebsmaus“, für die bereits 1988 in den USA ein Patent erteilt wurde, wurde vom EPA erst im Jahre 1992 patentiert. Durch diese Entscheidung des EPA wurde Patenten auf Tiererfindungen der Weg geebnet, auch wenn gegen die Patenterteilung 16 Einsprüche eingelegt worden sind. Nach der auf drei Tage angesetzten Verhandlung, die am 6. November 2001 begann, hat die Einspruchsabteilung des EPA entschieden, das sog. „Harvard/Krebsmaus“-Patent in eingeschränktem Umfang aufrecht zu erhalten. Diese Entscheidung kann vom Patentinhaber sowie den Einsprechenden mit einer Beschwerde angefochten werden. Gemäß Art. 53 b) EPÜ bzw. § 2 Nr. 2 DPatG werden Erfindungen von Tierarten aber von der Patentierung ausgeschlossen. Hierbei ist jedoch der gesetzliche Begriff „Tierarten“ im Rahmen des Patentrechts nicht definiert. Der Wortlaut des Art. 53 b) EPÜ weicht sogar in den verschiedenen Amtssprachen des EPÜ („Tierarten“, „animal varieties“ und „races animales“) voneinander ab. Diesbezüglich ist eine eindeutige gesetzliche Definition nötig, um das Patentrecht auf europäischer Ebene vor allem begrifflich zu harmonisieren und um unnötige Missverständnisse, die aufgrund der Unterschiede in den drei Sprachfassungen entstehen könnten, zu beseitigen. Hingegen findet sich im koreanischen Patentgesetz keine Bestimmung über den Schutz von Tiererfindungen. Daher taucht auch das Wort „Tier“ oder „Tierarten“ nicht im koreanischen Patentgesetz auf, sondern in der KBioRL, wonach der Begriff „Tiere“ als alle multizellularen Tiere, von denen der Mensch ausgeschlossen ist, verstanden ist. Diese Definition ist aber ungenau,

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4. Teil: Schlussbemerkungen und Ausblick

denn alle Tiere und Pflanzen sind multizellular. Sogar in der KBioRL ist die Definition von Tierarten nicht zu finden. In der KBioRL wird die Patentierbarkeit von Tiererfindungen wohl nur auf „Tiere“ angewandt – nicht auf „Tierarten“. Im Hinblick darauf sollte das koreanische Patentrecht so ausgelegt werden, dass Erfindungen von Tieren sehr wohl patentierbar sind, während die Erfindungen von Tierarten von der Patentierbarkeit ausgeschlossen werden sollen. Diesbezüglich sollte ein Ausschlusstatbestand für die Patentierbarkeit der Tiererfindungen ausdrücklich in das koreanische Patentrecht aufgenommen werden, wobei die Begriffe „Tier“ und „Tierarten“ in der KBioRL genau definiert werden sollten, um die unnötigen Missverständnisse, welche durch die Wortwahl hervorgerufen werden könnten, zu vermeiden. Bei den Tiererfindungen geht es ferner darum, ob Patente zwar nicht für Tierarten, aber für Tiere erteilt werden. Nach der europäischen Praxis ist die Erfindung von Tieren patentierbar, wenn die Ausführung der Erfindung technisch nicht auf eine bestimmte Tierrasse beschränkt ist. Außerdem sind transgene Tiere patentierbar, sofern es nicht um Ansprüche auf Tierrassen geht, und die Tiere zu medizinischen Forschungszwecken einzusetzen sind. Das Gleiche gilt auch für die koreanische Patentpraxis. Entsprechend der internationalen Tendenz, wonach Patente für Tiererfindungen erteilt werden, hat das KPA erst im Jahre 2000 zwei Patente für die die „Maus“ betreffenden Erfindungen erteilt, die bereits im November 1994 beim KPA angemeldet wurden. Außerdem stellt sich die Frage, ob ein durch ein mikrobiologisches Verfahren gewonnenes Tier patentierbar ist. Mit anderen Worten ist es fraglich, ob eine Ausnahme von der Ausnahme nach Art. 53 b) S. 2 EPÜ oder § 2 Nr. 2 S. 2 DPatG zugelassen wird. Wie im Fall der „HARVARD/Krebsmaus“ festgestellt wurde, ist Art. 53 b) EPÜ als Ausnahmeregelung eng auszulegen, und eine Ausnahme von der Ausnahme ist nicht zuzubilligen. Diese Auslegung sollte auch im koreanischen Patentrecht Anwendung finden, jedenfalls solange der Begriff im koreanischen Patentrecht nicht definiert ist. Wie Regel 23d) EPÜ beschreibt, werden europäische Patente nicht erteilt für biotechnologische Erfindungen, die zum Gegenstand haben: Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität von Tieren, die geeignet sind, Leiden dieser Tiere ohne wesentlichen medizinischen Nutzen für den Menschen oder das Tier zu verursachen, sowie die mit Hilfe solcher Verfahren erzeugten Tiere. Diese Erfindungen sind auch entsprechend der KBioRL von der Patentierung auszunehmen. Der Ausdruck „im Wesentlichen biologisch“, der sich sowohl im EPÜ als auch im DPatG und in der EU-Biorichtlinie findet, findet sich weder im KPatG noch in der KBioRL. Allerdings sind „im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren“ auch in der koreanischen Patentpraxis als nicht patentierbar anzusehen, denn in solchen Verfahren ist kein menschlicher Eingriff verkörpert.

A. Rechtsvergleichende Zusammenfassung und Bewertung

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Bei mikrobiologischen Erfindungen geht es um die Wiederholbarkeit der technischen Lehre. Allerdings wurde diese Frage dadurch gelöst, dass Hinterlegung und Abgabe einer Probe ermöglicht wurden, wodurch eine ausreichende Offenbarung der Erfindung gewährleistet ist. Eine den Mikroorganismus betreffende Grundsatzentscheidung, die den Patentschutz von Gegenständen der belebten Natur weitgehend ermöglicht hat, war die im Jahre 1980 ergangene „Chakrabarty“-Entscheidung des US Supreme Court. Art. 13 und 14 der EUBiorichtlinie, die die Hinterlegung und die Abgabe von biologischem Material beschreiben, entsprechen dem Budapester Vertrag. In Bezug auf mikrobiologische Erfindungen in Korea regeln §§ 2 bis 4 KPatAV nur die Hinterlegung und die Abgabe der Mikroprobe, ohne dass hiermit die Patentierbarkeit mikrobiologischer Erfindungen begründet wird. Das Hinterlegungswesen des Mikroorganismus stellt eine Ausnahme von dem Prinzip der Schriftlichkeit im Patentrecht dar, dessen Grundlage sich jedoch nicht im koreanischen Patentgesetz befindet. Also sollte eine Vorschrift über mikrobiologische Erfindungen im materiellen Patentgesetz vorhanden sein. Unter diesen Umständen wird die Patentierbarkeit für mikrobiologische Erfindungen in Korea nach der KBioRL beurteilt. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass die Bestimmungen über mikrobiologische Erfindungen in Korea auch denen des Budapester Vertrags entsprechen. Außerdem geht es um die Patentierbarkeit der mit Hilfe von mikrobiologischen Verfahren gewonnenen Pflanzensorten oder Tierarten. Diese Pflanzensorten oder Tierarten sind nach dem allgemeinen Prinzip zu behandeln, d. h. sie sind nicht patentierbar, denn eine Ausnahme von der Ausnahme im Sinne des EPÜ darf nicht hingenommen werden. Darüber hinaus ist es vor allem aufgrund der Verletzung der Menschenwürde weltweit gänzlich verboten, eine menschliche Reproduktion vorzunehmen, auch wenn die menschliche Klonierung mancherorts versucht werden darf. Dies muss aber verhindert werden. Überdies ist eine Entscheidung des englischen Parlaments, die die Forschung an geklonten Embryonen erlaubt hatte, zur Entwicklung der mit geklonten Embryozellen für Therapien gegen bislang unheilbare Erkrankungen künftig von großer Bedeutung. Hingegen ist in Deutschland jegliche Embryonenforschung nach dem Embryonenschutzgesetz verboten, vom Import zu Forschungszwecken abgesehen. In Bezug darauf ist in Korea eine Gesetzesvorlage, das sog. Gesetz über die Lebensethik und -sicherheit, dem Parlament vorgelegt, aber noch nicht verabschiedet. Diese Gesetzesvorlage behandelt den Zusammenhang der Ethik mit der menschlichen Reproduktion. Hierbei geht es darum, inwieweit die menschliche Reproduktion verboten sein soll. Hierbei geht man davon aus, dass bei der Verwendung von menschlichen Embryonen zu pharmazeutischen oder Forschungszwecken das Versuchsprivileg umso großzügiger gehandhabt werden sollte, damit sich die Menschheit in der Naturwissenschaft noch entwickeln kann. Es erschiene sinnvoll, das Versuchs- oder Forschungsprivileg zur medizinischen oder pharmazeutischen Forschung weitgehender zuzulassen.

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4. Teil: Schlussbemerkungen und Ausblick

Was den Zusammenhang der Ethik mit dem Patentrecht betrifft, enthält das EPÜ bzw. das DPatG eine Regelung, wonach Patente für die Erfindungen, deren Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstößt, nicht erteilt werden. Hierbei wird der Begriff „öffentliche Ordnung“ nach der europäischen und deutschen Lehre verstanden als die tragenden Grundsätze der Rechtsordnung. Unter dem Begriff „gute Sitten“ versteht man das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden. Das KPatG fügt dem einen weiteren Tatbestand, der gegen die Patentierbarkeit spricht, hinzu, nämlich die Beeinträchtigung der Gesundheit der Allgemeinheit. All diese Bestimmungen harren aber in Korea noch der Auslegung durch die Praxis. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Patentamt als technische Verwaltungsbehörde grundsätzlich nicht kompetent sei, die ethischen Fragen zu behandeln. Die Sittenwidrigkeitsklausel steht unter dem Vorbehalt, dass im Interesse der Rechtsklarheit und -sicherheit im Grunde genommen ethische Aspekte keinen Einfluss auf materielle patentrechtliche Fragestellungen ausüben sollten, denn die Rechtsklarheit und -sicherheit würden verletzt, wenn Rechts- und Sittenordnungen, die z. B. in den Vertragsstaaten des EPÜ unterschiedlich vorgesehen sind, im positiven Patentrecht Anwendung fänden. Wenn ethischen Aspekten bei einer konkreten Patentierung eine tragende oder auch nur in einzelnen Aspekten eine bedeutende Rolle eingeräumt würde, so würde ein der Zielsetzung des Patentrechts abträglicher Unsicherheitsfaktor in die an sich wertneutrale Prüfung eingeführt, da die Ethik, ein Teil der Philosophie, das moralische Bewusstsein zum Gegenstand hat. Unter diesen Umständen könnte ein einheitlicher europäischer Prüfungsmaßstab in Bezug auf die Ethik angewandt werden. Mit Rücksicht darauf ist die Sittenwidrigkeitsklausel ohnehin eng auszulegen. Nach der EU-Biorichtlinie werden ethische Fragen, die im Rahmen des Patentrechts aufgeworfen werden, von der Europäischen Gruppe für Ethik der Naturwissenschaften und der Neuen Technologien der Kommission bewertet. Hingegen befindet sich in der KBioRL keine Vorschrift über die Errichtung eines Ethikkomitees, das nach dem sog. Gesetz über die Lebensethik und -sicherheit errichtet werden soll. Nach der derzeitigen koreanischen Patentpraxis wird die Bewertung über die Ethik der Biotechnologie immer noch den technischen Prüfern überlassen. Jedoch ist es problematisch, den technisch ausgebildeten Patentprüfern derartige ethische Fragen prüfen zu lassen. Im Vergleich zur EU-Biorichtlinie, wo einige als nicht patentierbar betrachtete Beispiele aufgezählt werden, ist die KBioRL sehr abstrakt. Im Hinblick darauf geht man davon aus, dass ausführlichere und konkretere Beispiele statuiert werden sollten, und dass ein zusätzlicher spezieller Ausschuss, der sich aus Experten aus verschiedenen Bereichen einschließlich Juristen, Patentrechtlern, Medizinern, Umweltschützern und Landwirten zusammensetzt und allein ethische Fragen in Bezug auf biotechnologische Erfindungen behandelt, im Rahmen des KPA oder des koreanischen Patentgerichts errichtet werden sollte. Zur

B. Ausblick

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Rechtssicherheit und -klarheit wäre zu erwägen, eine gesetzliche Bestimmung über biotechnologische Erfindungen im KPatG ausdrücklich festzulegen.

B. Ausblick Immer noch bleiben manche Probleme im Bereich biotechnologischer Erfindungen ungelöst, vor allem in Bezug auf den Zusammenhang von Patentrecht und ethischen Fragen, auch wenn ein Lösungsweg zu diesen Problemen bereits durch die EU-Biorichtlinie vorgegeben wird. Durch die EU-Biorichtlinie ist de facto auf der Europäischen Gemeinschaftsebene sicher ein Schritt in die richtige Richtung gemacht worden, da die im Zuge der Auslegung der EU-Biorichtlinie aufgeworfenen Probleme, anders als beim EPÜ-Patentsystem, eigenen Gerichten der Europäischen Gemeinschaft vorgelegt werden können. Damit kann eine vollständige Harmonisierung im Bereich biotechnologischer Erfindungen gewährleistet werden. Allerdings steht die Anwendung der EU-Biorichtlinie derzeit erst in der Anfangsphase, und die EU-Biorichtlinie wird durch die Umsetzung ins nationale Patentgesetz konkret verwirklicht werden. Hierbei gibt die EU-Biorichtlinie aber nur einen Mindeststandard vor. Daher sollte den Mitgliedstaaten die Befugnis eingeräumt werden, selber Regelungen zu treffen, wo die EU-Biorichtlinie still schweigt. Hierbei ist es aber klar, dass sich die Mitgliedstaaten wörtlich an den Text der EU-Biorichtlinie halten werden, und dafür wird die EU-Kommission ihnen mit Interpretationshilfen zur Seite sehen. In den Patentierungsverfahren ist es abzulehnen, ethische Erwägungen stärker zu berücksichtigen. Mit Rücksicht darauf dürfte das deutsche BioPatG (Entwurf) ohne weiteres entsprechend der EU-Biorichtlinie in Kraft treten. Die KBioRL impliziert auch eine Abwägung des Für und Wider der Patentierung biotechnologischer Erfindungen. Es ist aber noch abzuwarten, auf welche Art und Weise ethische Probleme, die im Zusammenhang mit dem Patentrecht stehen, unter Berücksichtigung auf das konfuzianische Empfinden der Koreaner gelöst werden. In Zukunft werden noch manche Fragen im Zuge der Patentierung biotechnologischer Erfindungen aufgeworfen werden. Insbesondere wird es nicht einfach, eine eindeutige Lösung zu ethischen Fragen im Rahmen des materiellen Patentrechts, vor allem in Bezug auf die menschliche Embryonenforschung, zu finden. Hierbei sollten Vor- und Nachteile für die Entwicklung der Menschheit aus den verschiedenen Perspektiven berücksichtigt werden. Jedoch sollte man nicht vergessen, dass im Laufe der hundertjährigen Geschichte des Patentgesetzes bis jetzt niemals angezweifelt wurde, dass Patente auf menschliche Lebewesen an der „Ethik-Klausel“ scheitern müssten1. Dies sollte auch in Zukunft weiter gelten, damit sich vor allem die Bereiche der Medizin und der Landwirtschaft entwickeln können.

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4. Teil: Schlussbemerkungen und Ausblick

Bereits ist die Büchse der Pandora, die die Geheimnisse des Lebens enthalten haben soll, geöffnet worden. Nunmehr bedarf die Menschheit weiser Entscheidungen mehr denn je. Diese werden von erheblicher Bedeutung sein, da sie nicht nur für unsere, sondern auch für die nächsten Generationen die entscheidenden Weichen stellen werden.

1 Beier, GRUR 1972, 214 ff. (218); Straus, GRUR 1992, 261; Moufang (1991), MüGK, 15. Lfg., Art. 53.

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Sachverzeichnis Anstandsgefühl aller billig 244 ff., 300 Äquivalenzlehre 283 ff. Befruchtete Eizelle 56, 58 f., 192, 253 Bioethik – Konvention 190, 246 Bioethikausschuss 257 Biologisches Material 204, 205, 210, 214, 225, 234, 279 ff., 297 Biotechnologierichtlinie – in Europa 164, 173 ff. – in Korea 26 ff., 82 ff. Blotting-Verfahren 47 – Klonie-Hybridisierung 48 – Northern 48 f. – Plaque-Hybridisierung 48 – Southern 47 Budapester Vertrag 70, 156 ff. CBD (Convention on Biological Diversity) 151 ff. cDNS (complementary DNS) 45, 62, 217 Chimärenbildung 192 Chips 53 Chromosomen – Jumping 61 – Walking 61 Deutsches Gentechnikgesetz 187 Diagnostizierverfahren 120 f., 195, 231 ff. DNS (Deoxyribonucleinsäure) – DNS-Chip-Technik 53 ff. – DNS Ligase 32 f., 47 – DNS Mutation 39 f.

– DNS Rekombination 32, 37, 41 f. – Doppelhelix 31, 38 ff. Dolly 35, 60, 74, 106 f., 130 Doppelschutz 155 f. Doppelschutzmöglichkeiten 168 Doppelschutzverbot 78, 155, 166, 196 ff., 259 ff. Durchschnittsfachmann 115 ff. EG (Europäische Gemeinschaft) – Freisetzungsrichtlinie 170, 171 ff. – Gentechnikrichtlinie 169 f. – Systemrichtlinie 170 ff. Eigentumsrecht 104 f., 143, 253 Elektrophorese 46 f. Embryo – Begriff 35, 54 f. – Menschliches Embryo 57, 107, 190 ff. Embryonenschutzgesetz 57, 189 f. Entscheidungen – Diamond v. Chakrabarty 209 – Formstein-Einwand 284 – Knollenblätterpilz 219 – Krebsmaus/HARVARD 57, 95, 157, 211, 276 – Lactobacillus-bavaricus 215, 225 – Pflanzenzellen/PGS 164, 236, 264 f., 275 – Relaxin 215, 225, 245 – Rote Taube 185, 199, 210 ff. – Transgene Pflanzen/NOVARTIS 265, 274 Erfinderische Tätigkeit – Begriff 115 ff., 227 ff.

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Sachverzeichnis

– Unerwartete hervorragende Effekte 117 Erfindungshöhe 90 f., 212, 224, 227 Erschöpfungslehre 133 ff., 282, 285 ESZ (Embryonale Stammzellen) 59 f., 62, 190 f. Expressed Sequence Tags (EST) 62, 217, 255 Gameten 249 GATT-Uruguay Runde 148, 152 Gemeinschaftlicher Sortenschutz 166, 201 Genetische Information 53 f., 130 Genkarten 32 Genmanipulation 36, 131, 268 f. Genmarker 217 Gennützlichkeit 105 Gensequenzen 84, 131, 216, 218, 288 Gensequenzen der Menschen 102, 105, 164 Gentherapie 54 ff. – Keimbahntherapie 56 f. – Somatische 55 ff. Geschlechtsverkehr 52 Gesetz über die Lebensethik und -sicherheit 71 ff., 131 f., 299 f. Gewerbliche Anwendbarkeit – Begriff 118 ff., 229 ff. – Diagnostische Verfahren 45, 121, 161, 235 – Gentherapeutische Verfahren 54, 249 Gute Sitten 126 ff., 159, 174, 242 ff., 300 Human Genom Projekt (HGP) 60 ff., 216, 255, 294 Human Genome Organisation (HUGO) 25 f., 32, 60 Hybride 248 – Hybridbildung 192 – Hybridisierung 47 ff.

Im Wesentlichen biologisch 152, 185, 237, 259 f., 272 ff. Inländerbehandlung 134, 150 Isolierte Bestandteile 174, 254 KAIST (Korea Advanced Institute of Science and Technology) 70 Keimbahnzelle 56, 76, 192 ff. Keimzelle 41, 56, 59, 75, 191 f., 218, 246 f., 276 KFCC (Korean Federation of Culture Collection) 70 Klon – Begriff 35 – Vektor 43 f. Klonierung 35, 37, 43, 45, 61, 246 f. Lizenz – Abhängigkeitslizenz 293 – Cross-license 137 – Zwangslizenz 133, 136 f., 286, 291 ff. Menschenwürdeverletzung 57, 73 f., 107, 129, 174 f., 245, 299 Menschliches Genom 32, 35, 53 f., 60 ff., 72, 98, 102, 216 Mikroorganismus – Begriff 98 – Hinterlegung 70, 99, 156 f., 213, 278 ff. – Hinterlegungsstelle 70, 96, 99 f., 156 f., 213 f. – Offenbarung 157, 277 ff. Naturgesetz 88 ff., 212 Neuheit – Begriff 110 ff., 222 ff. – Neuheitsschonfrist 113, 222 ff. – Technische Lehre 185, 216 f. Neuheitsschädlich 81, 111 f., 124, 223 ff. Nicht patentierbare Erfindungen 125 ff. – Arzneimittel 126 – Atomkernänderung 127

Sachverzeichnis – Öffentliche Ordnung und gute Sitten 126 ff. Nützlichkeit 84, 97, 103, 108, 122 ff., 141 f., 221, 288, 294 f. Nutzungsrecht 149, 203, 222 Öffentliche Ordnung 240 ff. Ordre public 174, 240 ff., 242 Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ) 66, 119 f., 147, 149 f. Patentierbarkeit des menschlichen Körpers 104 f., 256 Patentmonopol 142 PCR (Polymerasekettenreaktion) 48 ff., 93, 213 PCT 65, 146, 150 ff. Persönlichkeitsrecht 104, 215, 252 Pflanzensorten – generativ vermehrende 101, 185, 296 – vegetativ vermehrende 82, 296 Plant Variety Protection Act (PVPA) 78 Plasmid 43, 274, 280 PLT (Patent Law Treaty) 153 Prioritätsrecht 150 Privileg – Einführungsprivileg 141 – Erfinderprivileg 140 f. – Erfindungsprivileg 143 – Forschungsprivileg 205, 299 – Gewerbeprivileg 140 f. – Landwirteprivileg 80, 152 f., 174, 200 – Versuchsprivileg 135, 139, 251, 299 – Züchterprivileg 154, 201 Privilegierungsausnahme 203 Proteinsynthese 40 ff. Rekombination 31 ff., 41 ff. Reproduktionstechnik 32 f., 40 ff., 82, 105 Research Tools 217, 288 Restriktionsendonuclease 37, 41 f. Reverse Transkriptase 45, 62

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Saatgutgesetz für Hauptgetreide 184, 195 Saatgutindustriegesetz 70, 78 ff., 185, 266, 296 Saatgutverkehrsgesetz 196 Schutzbereich – Sachpatent 282, 284 – Verfahrenspatent 231, 285 Sequence tagged sites (STS) 62 Single Nucleotide Polymorphism (SNP) 62, 83, 217 Sittenverstoß 243, 245 f. Sittenwidrig 243 ff., 267 Sittenwidrigkeitsklausel 256, 258, 300 Solidaritätstagung 74 Sortenschutzgesetz 27, 78, 184, 195 ff., 261, 276, 290, 296 Stammzelle 56, 58 ff., 76 f., 190 f. Stand der Technik (SdT) 90, 110 ff., 207, 222 ff., 287 f. Straßburger Übereinkommen 146, 158 ff. Subsidiaritätsprinzip 179 Substitutionstherapie 56 Technischer Charakter 89, 208 f. Teukheowon (Patentbehörde) 65 Tierarten (animal varity, races animales) – Begriff 96, 101, 266, 276 – Künstlich befruchtete Eizelle 96 Tierschutzgesetz 271 Transplantation 54, 75, 130, 232 – der Keimzelle 75 – Kerntransplantation 247 Transplantationsgesetz 191, 206 Transplantationszellkern 54, 59, 247 Trennungsprinzip 284 TRIPS 69, 79, 120, 127, 136, 152 ff., 211, 222, 235, 239 f., 286 f., 292 Umsetzung der Biotechnologierichtlinie 146, 179, 204 ff., 257, 301 UPOV-Übereinkommen 78 f., 97, 153 ff., 165 ff., 196 ff., 260 f., 290, 296

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Sachverzeichnis

Vektor 41, 42 f. Verordnung über den gemeinschaftlichen Sortenschutz 165 ff. Vorbenutzungsrecht 286 f.

Wobble-Hypothese 40

Wiederholbarkeit 94, 101, 156, 198, 212 ff., 278 f.

Zwangsnutzungsrecht 292, 293

Zellkernverschmelzung 191 Züchtervorbehalt 167 Zygotes 56, 77