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German Pages 119 Year 1992
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 71
Der Einheitlichkeitsgrundsatz im britischen und deutschen Recht der Konzernbilanz Von
Dirk Meinhold-Heerlein
Duncker & Humblot · Berlin
DIRK MEINHOLD-HEERLEIN
Der Einheitlichkeitsgrundsatz im britischen und deutschen Recht der Konzernbilanz
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 71
Der Einheitlichkeitsgrundsatz im britischen und deutschen Recht der Konzernbilanz
Von Dirk Meinhold-Heerlein
Duncker & Humblot * Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Meinhold-Heerlein, Dirk: Der Einheitlichkeitsgrundsatz im britischen und deutschen Recht der Konzernbilanz / von Dirk Meinhold-Heerlein. — Berlin : Duncker und Humblot, 1992 (Schriften zum Wirtschaftsrecht ; Bd. 71) Zugl.: Münster (Westfalen), Univ., Diss., 1990 ISBN 3-428-07490-4 NE: GT
D6 Alle Rechte vorbehalten © 1992 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 3-428-07490-4
Vorwort Wie jedes geistige Werk, beruht auch die vorliegende Dissertation nicht allein auf der Schaffenskraft des Verfassers. Deshalb ist es an der Zeit, Dank zu sagen. Dank gebührt zuerst und in größtem Maße meinem verehrten Lehrer Professor Dr. Bernhard Großfeld, der die Dissertation angeregt und betreut hat, der mir jederzeit mit Rat oder als Gesprächspartner zur Seite gestanden hat, und dessen Ideen für mich immer auch eine persönliche Bereicherung waren. Dank schulde ich aber auch meiner Familie, allen voran meiner Mutter, Frau Heike Meinhold-Heerlein, meiner Großmutter, Frau Hildegard Hartmann und meinem Onkel, Herrn Dr. med. Rüdiger Hartmann. Ihr Ansporn und ihre finanzielle Unterstützung haben diese Arbeit möglich gemacht. Dank gilt schließlich dem Verlag Duncker & Humblot, Berlin, für die freundliche Aufnahme der Arbeit in das Verlagsprogramm. Dirk Meinhold-Heerlein
Inhaltsverzeichnis Α. Einleitung
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Β. Geschichte in Deutschland: Das Maßgeblichkeitsprinzip
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I. Konzernbilanzrecht seit 1931 II. Einheitlichkeitsgrundsatz 1. Das Willkürverbot 2. Wahlrechte a) Wahlrecht als Willkürlizenz b) Einschränkung durch die Generalklausel c) Noch einmal: Das Willkürverbot d) Grundsatz der Einzelbewertung
15 17 19 20 20 21 22 23
ΠΙ. Lücken im Maßgeblichkeitsgrundsatz 1. Eliminierung des Zwischenergebnisses a) Zwischenverluste b) Freiwillige Gewinneliminierung c) Betriebsstoffe 2. Ausländische Tochtergesellschaften 3. Gemilderte Maßgeblichkeit 4. Handelsbilanz Π
24 24 25 26 27 27 30 30
IV. Zusammenfassung
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C. Konzernbilanzrecht in Großbritannien I. Geschichte 1. Bilanzrecht seit 1844 a) 1907: Veröffentlichungspflicht für Public Limited Companies b) Gefahren der Konzernbildung 2. Erste Konzernbilanzen 3. Gründe für die Verspätete Entwicklung in Großbritannien a) Konservativismus b) Konzentrationsbewegung c) Die Wirtschaft nach dem Weltkrieg d) Gläubiger und Anteilshalter e) Unternehmensführungen f) Recht
33 33 33 34 35 38 39 39 40 41 41 42 42
8
nsverzeichnis
4. 5. 6. 7.
8. 9. 10. 11. 12.
Vergleich mit den USA Sir Gilbert Garnsey 1922: Der Abschluß von Nobel Industries 1926: Das Greene-Committee a) Expertenanhörung b) Stellungnahme des Komitees 1929: Der Companies Act 1931: Der Royal Mail Case 1934: Der Abschluß von Dunlop Rubber 1939: Die Londoner Wertpapierbörse 1947 und 1948: Companies Acts
II. Der Einheitlichkeitsgrundsatz 1. Stellungnahmen der Buchprüferorganisationen 2. SSAP 14 3. Vergleich mit den USA 4. 1989: Companies Act 5. Zusammenfassung D. Einheitlichkeit nach dem Bilanzrichtliniengesetz I. Bewertungswahlrecht 1. Einschränkungen durch die Generalklausel 2. Subjektive Wertungen II. Neubewertungspflicht 1. Zwingende Bewertungsregeln 2. Die „angewendeten" Methoden 3. Ausländische Tochterunternehmen
43 44 46 47 48 49 49 50 51 51 52 54 55 57 58 59 63 64 66 66 69 70 71 71 73
ΠΙ. Einheitlich bewerten 1. Bilanzielle Wahrheit 2. Einheitlich a) Das Stetigkeitsargument b) Das Willkürargument c) Das Einzelbewertungsargument d) Das Wortsinnargument e) Europarechtskonforme Auslegung 3. Einheitliche Bewertung in der Einzelbilanz
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IV. Bewertungsmethode 1. Begriff 2. Ansatzwahlrechte 3. Konsolidierungsmethoden a) Kapitalkonsolidierung
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nsverzeichnis
b) Zwischenergebniseliminierung c) Forderungs- und Schuldenkonsolidierung 4. Währungsumrechnung a) Methoden b) Bewertungscharakter 5. Einheitliches Europäisches Recht? V. Ausnahmen 1. Kreditinstitute und Versicherungen 2. Wesentlichkeitsausnahme 3. Ausnahmefälle 4. Steuerliche Wertansätze
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87 89 89 89 90 92 93 93 96 99 100
VI. Personengesellschaften als Konzernmutter
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1. Aufgabe des Maßgeblichkeitsprinzips 2. Einheitliche Bewertung
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VII. Assoziierte Unternehmen
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E. Zusammenfassung und Ausblick
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Literaturverzeichnis
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Abkürzungsverzeichnis Abs. AG AktG Anm. Art. BB BFuP Bundestags-Drucks, c. Ch. Co. DB EGHGB EntwLStG EG EStDV EStG e. V. f. ff. GmbH HFA HGB HMSO Hrsg. HS idF IdW iVm K. B.
KG
Absatz Aktiengesellschaft Aktiengesetz v. 6.9.1965, Bundesgesetzblatt Teil I, S. 1089 ff. Anmerkung Artikel Betriebsberater Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis Bundestagsdrucksache chapter Chapter Company (dt. Gesellschaft); Kompagnon Der Betrieb Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch idF v. 19.12.1985, Bundesgesetzblatt III 4101 — 1 Gesetz über steuerliche Maßnahmen zur Förderung von privaten Kapitalanlagen in Entwicklungsländern (Entwicklungsländersteuergesetz) idF vom 21.5.1979, Bundesgesetzblatt Teil I, S. 564 Europäische Gemeinschaften Einkommensteuer-Durchführungsverordnung 1986, idF vom 24.7.1986, Bundesgesetzblatt Teil I S. 1239 Einkommensteuergesetz 1987 idF vom 27.2.1987 Bundesgesetzblatt Teil I, S. 657 eingetragener Verein folgende folgende (Plural) Gesellschaft mit beschränkter Haftung Hauptfachausschuß Handelsgesetzbuch idF v. 19.12.1985, Bundesgesetzblatt Teil III, 4100 — 1 Her Majesty's Stationery Office Herausgeber Halbsatz in der Fassung Institut der Wirtschaftsprüfer in Verbindung mit King's Bench Division Kommanditgesellschaft
Abkürzungsverzeichnis
KGaA KWG Lim. Ltd. mwN NA NB No. Nr. Ν. V. para PublG RegE RIW Rn Rz S. sec. ss. S SAP StuW Tz US USA v. VAG vgl. Wpg ZfbF
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= Kommanditgesellschaft auf Aktien = Kreditwesengesetz vom 11.7.1985, Bundesgesetzblatt Teil I, S. 1472, geändert durch Art. 7 Bilanzrichtliniengesetz vom 19.12.1985, Bundesgesetzblatt Teil I, S. 2355 = s. Ltd. = Limited (deutsch: mit Haftungsbeschränkung) = mit weiteren Nachweisen = Nebenausschuß = Neue Betriebswirtschaft = Nummero = Nummer, Nummern = Naamloze Vennotschap (Niederländische Entsprechung der Deutschen Aktiengesellschaft) = paragraph = Publizitätsgesetz = Regierungsentwurf = Recht der Internationalen Wirtschaft = Randnummer, Randnummern = Randzahl, Randzahlen = Satz, Seite, Seiten = section = sections = Statement of Standard Accounting Practice = Steuern und Wirtschaft = Teilziffer, Teilziffern = United States = United States of America (Vereinigte Staaten von Amerika) = von, vom; versus = Gesetz über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmungen und Bausparkassen (Versicherungsaufsichtsgesetz), idF vom 6.6.1931, Reichsgesetzblatt Teil I, S. 315 = vergleiche = Die Wirtschaftsprüfung = Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung
Α. Einleitung Artikel 29 der 7. EG-Richtlinie 1 normiert den Grundsatz der einheitlichen Bewertung im Konzernabschluß: „Die in die Konsolidierung einbezogenen Gegenstände des Aktiv- und Passivvermögens werden nach einheitlichen Methoden bewertet" 2. Das Bilanzrichtliniengesetz 3 hat diesen Grundsatz in deutsches Recht übertragen. Wir finden ihn in § 308 4 . Die neue Regelung verdrängt einen Pfeiler deutscher Bilanzierungstechnik, das aktienrechtliche Maßgeblichkeitsprinzip gemäß § 331 Abs. 1 Nr. 1 AktG. Das wirkt sich spürbar aus. Die Bewertung der Einzelposten, die internationale Vergleichbarkeit, Bilanzanalyse und Bilanzpolitik ändern sich. Möglicherweise wird deshalb in Zukunft die Konzernbilanz in ihrer Bedeutung die Einzelbilanz überholen, und zwar besonders für die Adressaten „Kreditgeber" und „Öffentlichkeit" 5 . Zusätzlicher Arbeits- und Kostenaufwand wird anfallen, um die Bilanz zu erstellen, vor allem in der Übergangszeit. Es scheint, daß der neue § 308 kaum einen Posten der Konzernbilanz unberührt läßt. Ob dieser Schein in der Theorie trügt, soll diese Arbeit zeigen. Ob er tatsächlich trügt, das zu beurteilen bleibt Sache der praktischen Erfahrung. Wenden wir uns zunächst dem Maßgeblichkeitsprinzip des Aktiengesetzes zu: Dieses Prinzip verlangte, die Wertansätze der Einzelbilanzen unverändert in die Konzernbilanz zu übernehmen. Eine Umbewertung fand grundsätzlich nicht statt. Andererseits ließ das Maßgeblichkeitsprinzip Lücken, innerhalb derer der Bilanzierende abweichend von der Regel einheitlich bewerten konnte. Das Bild des alten Rechts ist also differenzierter, als es zunächst scheint. Um den neuen § 308 verständlich darstellen und seine Bedeutung einschätzen zu können, wird das System des Maßgeblichkeitsprinzips vorangestellt. Durch den geschichtlichen Hintergrund gewinnt das Bild des geltenden Rechts an Schärfe. Das Maßgeblichkeitsprinzip ließ eine einheitliche Bewertung nur teilweise zu. Folglich fehlt es in Deutschland an Erfahrung, mit welchen Problemen eine ι Siebente Richtlinie des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g des Vertrages über den konsolidierten Abschluß (83 / 349 / EWG). 2 Art. 29 Abs. 1 der 7. Richtlinie. 3 Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts vom 19.12.1985, BGBl I 2355. 4 §§ ohne Gesetzesangabe sind solche des Handelsgesetzbuches (HGB). 5 Schülen, S. 140; der Adressatenkreis „Gesellschafter" wird vermutlich weiter an die Einzelbilanz gekoppelt sein, denn diese bleibt Grundlage für die Gewinnausschüttung.
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Α. Einleitung
einheitliche Bewertung der gesamten Konzernbilanz verbunden ist. Aus diesem Grund ist ein Blick auf das Recht von Großbritannien geboten. Denn der Grundsatz der Einheitlichkeit in der Konzernbilanz stammt aus Großbritannien. Der britische Grundsatz, das zeigt bereits der abweichende Begriff, betrifft nicht nur die einheitliche Bewertung, sondern umfaßt die gesamte Bilanzierung. Es gilt ein allgemeiner Einheitlichkeitsgrundsatz. Dieser allgemeine Einheitlichkeitsgrundsatz soll zunächst in seiner geschichtlichen Entwicklung dargestellt werden. Denn auch für Großbritannien gilt: Die geschichtliche Entwicklung macht das geltende Recht verständlich. Dem geltenden britischen Recht des Einheitlichkeitsgrundsatzes ist sodann der deutsche § 308 gegenüberzustellen. Denn nachdem auch Großbritannien die 7. EG-Richtlinie umgesetzt hat, ist die Frage zu beantworten: Welche Unterschiede gibt es noch zwischen britischem und deutschem Recht in bezug auf die Einheitlichkeit in der Konzernbilanz? Vor allem § 308 muß dabei eingehend untersucht werden. Normiert er im Rahmen des Handelsgesetzbuches nur die einheitliche Bewertung oder eine allgemeine Einheitlichkeit? Wie hat der deutsche Gesetzgeber die Mitgliedstaatenwahlrechte der Richtlinie ausgeübt? In welchem Verhältnis steht § 308 zur Generalklausel des „True and Fair View"? Die Beantwortung dieser Einzelfragen wird schließlich zeigen, inwieweit britisches und deutsches Recht selbst vereinheitlicht sind. Eine Frage verlangt jedoch sofort nach einer Antwort: Warum wird nur die Bilanz des Konzerns untersucht, obwohl Art. 29 der 7. EG-Richtlinie und auch § 308 vom Abschluß des Konzerns sprechen? Denn der Abschluß umfaßt gemäß Art. 16 Abs. 1 S. 1 der 7. EG-Richtlinie und gemäß §§ 242 Abs. 3, 297 Abs. 2 nicht nur die Bilanz, sondern auch die Gewinn- und Verlustrechnung. Für die Beschränkung dieser Arbeit auf die Bilanz gibt es zwei Gründe. Zum ersten: § 308 spricht zwar vom Abschluß, schreibt die einheitliche Bewertung aber nur für die „nach § 300 Abs. 2 übernommenen Vermögensgegenstände und Schulden" vor. Die Auswirkungen der einheitlichen Bewertung und möglicherweise der allgemeinen Einheitlichkeit konzentrieren sich folglich auf die Bilanz, weil sie gemäß § 242 Abs. 1 ein das Verhältnis von Vermögen und Schulden darstellender Abschluß ist. Zum zweiten bezog sich das Maßgeblichkeitsprinzip des Aktiengesetzes, das den geschichtlichen Hintergrund für den § 308 bildet, nur auf die Konzernbilanz. Eine entsprechende Anordnung für die Gewinn- und Verlustrechnung normierte das Aktiengesetz nicht. Aus diesen beiden Gründen wird auf die Gewinn- und Verlustrechnung nur eingegangen, wo es die Verständlichkeit der Darstellung verlangt.
Β. Geschichte in Deutschland: Das Maßgeblichkeitsprinzip Sehen wir uns zunächst an, auf welchem Weg sich das deutsche Konzernbilanzrecht und der Einheitlichkeitsgrundsatz bis zum Maßgeblichkeitsprinzip des Aktiengesetzes im Jahre 1965 entwickelten.
I. Konzernbilanzrecht seit 1931 Im Unterschied zu Großbritannien und Amerika sind Konzernabschlüsse in Deutschland eine junge Erscheinung. Zwar normierte der Gesetzgeber schon 1931 den § 261 d HGB 6 . In dessen Nr. 2 wurde die Reichsregierung ermächtigt, „für Konzerngesellschaften Vorschriften über die Aufstellung des eigenen und über die Aufstellung eines gemeinschaftlichen Jahresabschlusses zu erlassen." § 261 d HGB wurde erlassen im Anschluß an die Weltwirtschaftskrise 7, die zum Zusammenbruch mehrer großer deutscher Konzerne geführt hatte8. Doch die anschließende Diskussion in der Literatur ergab ein zwiespältiges Bild: Auf der einen Seite stand der Ausschuß für Aktienrecht der Akademie für Deutsches Recht. In einer Stellungnahme im Jahr 1935 lehnte er eine gesetzliche Pflicht ab, Konzernbilanzen zu erstellen. Es werde sich „Künstelei und Wirrwar" ergeben, wollte man gesetzlich jedem Konzern die alle seine Glieder umfassende Konzernbilanz zur Pflicht machen. Bilanzklarheit werde unmöglich, das Problem sei ohnehin schwierig und umstritten 9. Auf der anderen Seite standen namhafte Wirtschaftsprüfer, die diese Ablehnung kritisierten. Schourp schrieb, die „ Z w e c k e r f ü l l u n g " der Einheitsbilanz sei viel 6 Reichsgesetzblatt, Jahrgang 1931, Teil I, S. 498; § 261 d: Die Reichsregierung wird ermächtigt, 1. für die Aufstellung des Jahresabschlusses Formblätter mit der Maßgabe vorzuschreiben, daß die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung statt nach den Vorschriften der §§ 261a bis 261c nach diesen Formblättern zu gliedern sind; 2. für Konzerngesellschaften Vorschriften über die Aufstellung des eigenen und über die Aufstellung eines gemeinschaftlichen Jahresabschlusses zu erlassen. 7 Die Weltwirtschaftskrise übte damit insgesamt Druck aus in Richtung auf die Einführung von Konzernbilanzen: In den Vereinigten Staaten wurden Anfang der dreißiger Jahre Securities Act und Securities Exchange Act erlassen, die die Börsenaufsichtsbehörde ermächtigten, konsolidierte Abschlüsse zu verlangen, in England sind für diese Zeit der Companies Act 1929, der Royal Mail Fall und der Abschluß von Dunlop Rubber zu erwähnen. s Busse v. Cölbe/Ordelheide, S. 23. 9 Der Wirtschaftstreuhänder 1935, S. 326.
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Β. Geschichte in Deutschland: Das Maßgeblichkeitsprinzip
zu sehr in der Welt erkannt, als daß man sie als unlösbare und unnötige Aufgabe abtun könnte 10 . Adler meinte, es sei unbedingt wünschenswert, daß sich Deutschland die in England und den USA gemachten Erfahrungen zu eigen mache 11 . Eine weitere, die Konzernbilanz favorisierende Äußerung schlug vor, das bestehende Wertekonglomerat durch Umbewertung der Wertansätze anzunähern. Dabei seien einheitliche Abschreibungsgrundsätze anzuwenden. Durch Ausschaltung willkürlicher Unterbewertungen seien die Wertansätze der Bestände des Umlaufvermögens auf eine einheitliche Grundlage zu bringen. Einheitliche Bilanzstichtage, einheitliche Gestaltung des Rechnungswesens und einheitliche Wertgrundlagen seien Grundlagen einer zuverlässigen Konzernbilanz 12 . Aber der Gesetzgeber übernahm lediglich die Ermächtigung des Handelsgesetzbuches ins Aktiengesetz von 1937 13 , und der Verordnungsgeber blieb völlig untätig. Das änderte sich erst 1945, als die alliierten Besatzungsbehörden Deutschland verwalteten. § 16 Ziffer 3 der Mustersatzung des Gesetzes Nr. 27 über die Umgestaltung des Deutschen Kohlebergbaus und der Deutschen Stahl- und Eisenindustrie ordnete an: „Die Montanunternehmen haben eine konsolidierte Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung zu veröffentlichen. Sie sind prüfungspflichtig und mit einem Bestätigungsvermerk zu versehen." Nach dem Ende der alliierten Kontrolle behielten die meisten Montanunternehmen diese Regelung in ihren Satzungen freiwillig bei. Dadurch waren sie Vorbild für andere Konzerne, die ebenfalls begannen, freiwillig Konzernabschlüsse zu veröffentlichen 14. Diese Entwicklung veranlaßte den Gesetzgeber, tätig zu werden: Auf Basis eines Regierungsentwurfs von 1960 erließ der Bundestag 1965 das Aktiengesetz, das in den §§ 329 ff ausführliche Regeln zur Rechnungslegung der Konzerne vorsah. Vorgeschrieben waren die Veröffentlichung einer konsolidierten Bilanz, einer konsolidierten Gewinn- und Verlustrechnung und eines Geschäftsberichts, §§ 331-333, 334 iVm 337 f. Geregelt war der Konsolidierungskreis, § 329, die Kapitalkonsolidierung, § 331 Abs. 1 Nr. 1-3, die Forderungs- und Schuldenkonsolidierung, § 331 Abs. 1 Nr. 4, die Zwischengewinneliminierung, § 331 Abs. 2, und die Abschlußprüfung, § 336. Das Aktiengesetz normierte darüber hinaus in § 331 Abs. 1 Nr. 1 das Maßgeblichkeitsprinzip 15 . Der Gesetzgeber ging dabei von folgendem aus: Der Konzernabschluß sollte die Einzelabschlüsse der einbezogenen Unternehmen nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. Deshalb blieben für die Rechtsstellung der Gläubiger und der Gesellschafter nach wie vor die Einzelabschlüsse maßgeblich. Denn die io Schourp, Der Wirtschaftstreuhänder 1935, S. 483. h Adler, Der Wirtschaftstreuhänder 1935, S. 485. 12 Horn, Der Wirtschaftstreuhänder 1935, S. 486 f. 13 § 134 AktG 1937, Reichgesetzblatt 1937, Teil I, S. 135. 14 Busse v. Cölbe / Ordelheide, S. 24. 15 Dieses Prinzip kann gemäß Art. 23 EGHGB letztmals auf Abschlüsse angewandt werden, deren Geschäftsjahr vor dem 31. Dezember 1989 begonnen hat.
II.
ieichkeitsgrundsatz
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16
Konzernunternehmen seien rechtlich selbständig . Darüber hinaus hatte es der Gesetzgeber abgelehnt, einen Weltabschluß zu verlangen, als er das Maßgeblichkeitsprinzip ins Aktiengesetz aufnahm. Er verpflichtete die deutsche Konzernobergesellschaft gemäß § 329 Abs. 2 S. 1 AktG nur, ihre inländischen Töchter einzubeziehen. Diese Gesellschaften mußten ihre Einzelbilanzen nach deutschem Recht aufstellen. Nur deutsche Ansatz- und Bewertungsmethoden waren zulässig. Offenbar nahm der Gesetzgeber an, daß die Posten der Konzernbilanz nur in erträglichem Maße verzerrt sein würden, wenn sie nicht zuvor umbewertet würden. Folglich erschien es praktikabler und billiger, die Wertansätze der Einzelbilanzen einfach zu übernehmen. Die Werte der Einzelbilanzen sollten maßgeblich sein für die Konzernbilanz. Das Maßgeblichkeitsprinzip stand im Gegensatz zum Grundsatz der Einheitlichkeit. Das Aktiengesetz verwirklichte das Maßgeblichkeitsprinzip jedoch nicht lupenrein, sondern ließ an verschiedenen Stellen die Möglichkeit, einheitlich zu bilanzieren. Um den wirklichen Wert der neuen, europaweiten Rechtsänderung einschätzen zu können, muß deshalb das Verhältnis von Maßgeblichkeitsprinzip und Einheitlichkeitsgrundsatz im alten Recht herausgearbeitet werden.
I I . Einheitlichkeitsgrundsatz § 331 Abs. 1 Nr. 1 AktG ordnete an: „An die Stelle der Anteile an den übrigen einbezogenen Unternehmen treten die Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten, die Sonderposten mit Rücklageanteil, Rückstellungen, Wertberichtigungen und Rechnungsabgrenzungsposten aus den Bilanzen dieser Unternehmen, und zwar, soweit nicht nach Absatz 2 ein niedrigerer Wert einzusetzen ist, mit den in diesen Bilanzen eingesetzten Werten." Zur Veranschaulichung möge ein Beispiel dienen: Die G-Aktiengesellschaft (G-AG) ist Mutter eines Konzerns der pharmazeutischen Industrie, dessen unternehmerischer Schwerpunkt die Produktion von „Glückspillen" ist. Die T-AG ist zu 100 % Tochter der G-AG. Beide Gesellschaften haben ihren Sitz im Inland. Die G-AG bewertet in ihrer Einzelbilanz den selbsterstellten Vorrat an Glückspillen zu Vollkosten gemäß § 153 Abs. 1 S. 2 iVm 153 Abs. 2 AktG, sie bezieht also einen angemessenen Umfang an Abnutzungen und sonstigen Wertminderungen sowie angemessene Teile der Betriebs- und Verwaltungskosten ein. Die zur Produktion erforderlichen Maschinen des Anlagevermögens werden linear abgeschrieben. Die Tochter T-AG produziert ebenfalls Glückspillen. Sie wurde zur Kapazitätserweiterung gegründet, um eine Subventionschance in einem anderen Bundesland auszunutzen. Die T-AG bewertet die Glückspillen in zulässiger Ausnutzung des Bewertungswahlrechts zu Fertigungsteilkosten und schreibt die Ma16 Vorbemerkung zu § 317 des Regierungsentwurfes, zitiert nach Kropff, Aktiengesetz, S. 436. 2 Meinhold-Heerlein
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Β. Geschichte in Deutschland: Das Maßgeblichkeitsprinzip
schinen degressiv ab. Diese Bilanzierungsstrategie der Tochter führt zur Bildung stiller Reserven. Ziel ist, die Vermögenslage nicht zu positiv darzustellen, um die Landesregierung zu weiteren Subventionen zu veranlassen. Die Konzernbilanz faßte die Einzelbilanzen beider Unternehmen zusammen, und zwar unter Ausschaltung der konzerninternen Vorgänge. Die erforderlichen technischen Maßnahmen heißen auch heute noch Kapitalkonsolidierung, Forderungs- und Schuldenkonsolidierung und Zwischengewinneliminierung. Die nicht aufgerechneten Posten wurden addiert. Das bedeutete: Hoch und niedrig bewertete Glückspillenvorräte, hoch und niedrig bewertete Maschinen ergaben jeweils einen Posten. Das Maßgeblichkeitsprinzip führte also dazu, daß mischbewertete Posten entstanden. Dieses Phänomen wird auch bezeichnet als Bewertungskonglomerat 17 . § 331 Abs. 1 Nr. 1 AktG verbot es grundsätzlich, eine Neubewertung vorzunehmen, um einheitlich bewertete Posten zu erhalten. Es scheint sich mithin um einen Bruch mit der theoretischen Fiktion der rechtlichen Einheit zu handeln. Denn die verlangt von dem Konzern, daß er so bilanziert, als ob er ein einzelnes Unternehmen sei: Der Konzernabschluß als Einzelabschluß des Unternehmens „Konzern" 18 . Der Einheitlichkeitsgrundsatz und damit der Grundsatz der einheitlichen Bewertung hängen zusammen mit der Fiktion der rechtlichen Einheit. Denn nur wenn diese Fiktion gilt, ist es gerechtfertigt, die Posten der Konzernbilanz einheitlich zu behandeln. Möglicherweise bestand wegen dieser Fiktion sogar eine Pflicht, die Posten einheitlich zu behandeln. Dies soll im folgenden überprüft werden. Die Fiktion rechtlicher Einheit ließ sich ebenfalls dem Aktiengesetz entnehmen: § 331 Abs. 2 verlangte bei der Zwischengewinneliminierung einen Wertansatz, zu dem höchstens angesetzt werden dürfte, „wenn die einbezogenen Unternehmen auch rechtlich ein einziges Unternehmen bilden würden." § 331 Abs. 3 verlangte darüber hinaus für alle Konzernunternehmen grundsätzlich denselben Abschlußstichtag. Schließlich sorgten die Kapitalkonsolidierung (§ 331 Abs. 1 Nr. 2 und 3) und die Forderungs- und Schuldenkonsolidierung (§ 331 Abs. 1 Nr. 4) dafür, daß die Vorgänge ausgeschaltet wurden, die in einem Einzelunternehmen nicht stattfinden können. Endlich hatten die Konzernunternehmen unter einheitlicher Leitung zu stehen (§ 329 Abs. 1 S. 1). Dies alles spricht dafür, daß die Fiktion rechtlicher Einheit existierte, auch wenn es eine Fülle von Durchbrechungen gab: Zwischengewinne brauchten nicht vollständig (§ 331 Abs. 2 Nr. 1), Zwischenverluste überhaupt nicht eliminiert zu werden (§ 331 Abs. 2), nicht alle Konzernunternehmen, insbesondere ausländische Töchter, mußten konsolidiert werden (§ 329 Abs. 2 S. 1), Unterschiedsbeträge aus der Kapitalkonsolidierung durften nicht erfolgswirksam verrechnet werden (§ 331 Abs. 1 Nr. 3). π Wohlgemuth, S. 56; Klein, S. 16 f. is Großfeld, S. 234.
II. Einheitlichkeitsgrundsatz
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Auch das Maßgeblichkeitsprinzip durchbrach die Fiktion der rechtlichen Einheit 19 . Diese Feststellung ist dann richtig, wenn im Einzelabschluß grundsätzlich die Verpflichtung bestand, einheitlich zu bewerten. Um bei unserem Beispiel zu bleiben: Bestand bei gleichen Sachverhalten — die Glückspillen werden unter derselben Marke vertrieben, die Maschinen haben dieselbe Produktionsleistung, unterliegen derselben Abschreibung — die Pflicht, die Bewertungswahlrechte einheitlich auszuüben, oder durften die Wahlrechte ohne Bindung an gleiche Sachverhalte immer wieder neu ausgeübt werden? Die Beantwortung dieser Frage ist von weitergehendem Interesse, denn — die Vorschriften des Aktiengesetzes zur Aufstellung des Jahresabschlusses gemäß §§ 149-161 normierten eine Pflicht zur einheitlichen Bewertung in der Einzelbilanz ausdrücklich nicht; — um die Pflicht zur einheitlichen Bewertung in der Einzelbilanz herzuleiten, mußten daher die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (vgl. insbesondere § 38 Abs. 1 HGB) herangezogen werden. Diese Grundsätze waren wegen § 149 Abs. 1 S. 1 AktG auch für das Aktienrecht verbindlich 20 . Sie normierten indessen nichts bestimmtes, sondern waren ein unbestimmter Rechtsbegriff 21. Ob die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung die einheitliche Bewertung in der Einzelbilanz erzwangen, ist daher durch Auslegung zu ermitteln. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, an denen die rechtliche Betrachtung ansetzt, waren und sind ein umstrittener Begriff. Umstritten ist ihre Rechtsnatur 22, umstritten ist aber auch, wie sie zu ermitteln sind 23 .
1. Das Willkürverbot Alle vertretenen Theorien haben jedoch eines gemeinsam: Sie anerkennen das Willkürverbot oder bestreiten es zumindest nicht 24 . Leffson versteht Willkürfrei19 v. Wysocki/Wohlgemuth, S. 24; Busse ν. Cölbe / Ordelheide, S. 41. Zahlreiche weitere Verweise des Aktiengesetzes auf die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung nennen Adler / Düring / Schmaltz, Band 1, § 149 Tz 19. 21 Leffson, Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, S. 22 f. 22 „Gewohnheitsrecht": Hopt, in: Baumbach-Duden-Hopt, § 238 Anm. 4A, Müller, W., S. 5; „Unbestimmter Rechtsbegriff 4: Leffson, Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, S. 21 f.; Baetge, in: Küting / Weber, Kapitel II, Rn. 69; Zu der überkommenen Ansicht, daß es sich um „Handelsbrauch" handele, siehe Leffson, ebenda, S. 115, 117, 125. 23 Eine induktiv orientierte Methode durch ergänzenden Bezug auf die Kaufmannsübung vertritt Moxter (S. 8). Die deduktiven Methoden versuchen, durch Nachdenken ein System zu entwickeln. Dieses System kann entweder an betriebswirtschaftlichen oder an rechtlichen Zielsetzungen ansetzen, Baetge, in: Küting / Weber, Rn. 76 ff. Darüber hinaus vertritt Schneider eine objektiv-historisch-teleologische Methode, Schneider, in: StuW 1983, S. 141 ff. 20
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Β. Geschichte in Deutschland: Das Maßgeblichkeitsprinzip
heit als subjektive Richtigkeit im Rahmen des Wahrheitsgebotes. Das ist zutreffend: Begrifflich meint Willkür ungeregelte, nur vom Gutdünken abhängende Willensausübung. Die Grenze der Willkür liegt dort, wo ein Mindestmaß an Regeln diese Willensausübung kanalisiert. Das bedeutet für die Bewertung im Bilanzrecht: Der Bilanzierende bewertet dann nicht willkürlich, wenn er Werte wählt, die er selbst für wirklichkeitsnah hält und die er nach Maßstäben ermittelt hat, die er nach allgemein anerkannten Grundsätzen für zutreffend befinden darf 25 . Daraus folgt: Der Bilanzierende muß Vermögensgegenstände derselben Art gleich bewerten, wenn sie den gleichen sachlichen Bedingungen unterliegen, etwa hinsichtlich Abnutzung oder Verbrauchsfolge, also umgekehrt keinen sachlichen Grund erkennen lassen, sie unterschiedlich zu behandeln. Ein sachlicher Grund liegt nur dann vor, wenn es sich um ein Kriterium handelt, das den Vermögensgegenstand selbst betrifft. Bilanzpolitische Ziele, etwa den Gewinn zu mindern oder Reserven zu bilden, liegen außerhalb des einzelnen Gegenstandes und taugen daher nicht als „sachliche Gründe". Isoliert gesehen verlangte das Willkürverbot daher schon im alten Recht die einheitliche Bewertung in der Einzelbilanz. 2. Wahlrechte Das Aktiengesetz normierte aber nicht ausdrücklich für jeden Sachverhalt eine bestimmte Bewertungsmethode, sondern gewährte Wahlrechte. Deshalb muß untersucht werden, in welchem Verhältnis die Bewertungswahlrechte zum Grundsatz der einheitlichen Bewertung in der Einzelbilanz standen. a) Wahlrecht als Willkürlizenz Ein Wahlrecht kann aufzufassen sein als besondere gesetzliche Erlaubnis zur Willkür, als Ausnahme vom Willkürverbot. In diesen Zusammenhang paßt, daß stille Reserven bisweilen „Willkürreserven" genannt werden 26 . So argumentierte Wohlgemuth 21. Er hielt eine einheitliche Bewertung in der Einzelbilanz dann nicht für erforderlich, wenn entsprechende Angaben im Geschäftsbericht (jetzt Anhang) gemacht wurden. Wohlgemuth hielt es folglich für möglich, daß ein Informationsdefizit grundsätzlich nicht zu erwarten war, wenn Information in den Erläuterungsteil verlagert wurde 28 . Das ist zweifelhaft: Bilanz und Gewinn24
Leffson, Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, S. 174 ff., 199, 203 f.; Institut der Wirtschaftsprüfer, in: Vorschläge zur Aktienrechtsreform im Institut der Wirtschaftsprüfer e. V., Düsseldorf 1956; „Willkürliche Unterbewertung der Vermögensteile widerspricht den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen." Boelke, S. 88 f. 2 5 Ähnlich Leffson, Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, S. 203. 26 Boelke, S. 88; Leffson, Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, S. 204 mit weiteren Nachweisen. 27 Wohlgemuth, S. 51 f. 28 Wohlgemuth, S. 53.
II.
ieichkeitsgrundsatz
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und Verlustrechnung sind klarer gegliedert als der Erläuterungsteil und bilden den Hauptansatzpunkt für die Bilanzanalyse (Kennzahlen). Eine Verlagerung von Informationen „nach hinten" erschwert die Übersichtlichkeit oder verwirrt. Der Arbeitsaufwand steigt, um die Bilanz zu lesen, Mißverständnisse werden wahrscheinlicher 29. Aussagekräftige Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung sind daher nur möglich, wenn möglichst wenig Information in den Anhang verlagert wird. Ein anderes Argument von Wohlgemuth wog jedoch wesentlich schwerer. Bei Existenz von Bewertungswahlrechten sei „jede Bewertung insoweit willkürlich, als sich nicht aufgrund der Art des zu bewertenden Gegenstandes der gewählte Wertansatz zwangsläufig ergibt" 30 . Richtig ist daran zunächst, daß sich die gesetzlichen Bilanzregeln nach ihrem Wortlaut nur selten auf einen einzigen Wert verdichteten. In den meisten Fällen blieben begriffliche Unsicherheiten 31. Dennoch war es nicht richtig, deswegen zu kapitulieren und die Bahn freizugeben für bilanzpolitisches Gutdünken. Der Gebrauch der Wahlrechte war vielmehr eingeschränkt durch den unbestimmten Rechtsbegriff der Generalklausel, die in § 149 Abs. 1 S. 2 AktG für den Jahresabschluß einen möglichst sicheren Einblick in die Vermögens- und Ertragslage verlangt. Die Generalklausel vermochte die Wahlrechte jedoch auch nur bis zu einem gewissen Maß einzuschränken. Außerhalb dieser Schranken war Willkür zulässig und damit Bilanzpolitik. Wie dieses Maß aussah, soll daher im folgenden untersucht werden. Sehen wir uns also an, wie die Generalklausel aus § 149 Abs. 1 S. 2 AktG den Gebrauch der Wahlrechte einschränkte. b) Einschränkung durch die Generalklausel Inwieweit die Generalklausel den Gebrauch der Wahlrechte einschränkte, war lebhaft umstritten. Godin-Wilhelmi verlangten, daß das Erfordernis eines möglichst sicheren Einblicks den Rahmen für die zulässige Ausübung der Wahlrechte bildete 32 . Saage hielt demgegenüber nur einen relativen Einblick für angeordnet, maß der Generalklausel also mehr den Rang eines allgemeinen Postulats zu 3 3 . Kropff stand auf dem Standpunkt, daß die BewertungsWahlrechte durch § 149 Abs. 1 S. 2 nicht eingeschränkt 34, sondern nur nach ihrem Sinn und Zweck auszuüben seien35. Claussen endlich sah nach dem Wortlaut des Gesetzes keine eindeutige Priorität für Bewertungsfreiheit oder sicheren Einblick. Vielmehr verbiete der „Grundsatz der Gleichwertigkeit beider Komponenten die Anwendung 29 Müller, H., S. 144. 30 Wohlgemuth, S. 51. 31 Dieses Problem stellt sich auch für das geltende Recht. 32 Godin-Wilhelmi, § 149 Rz 1. 33 Saage, NB 1966, S. 74. 34 Kropff, Wpg 1964, S. 537. 35 Kropff, Wpg 1966, S. 369.
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Β. Geschichte in Deutschland: Das Maßgeblichkeitsprinzip
von an sich zulässigen Bewertungsmethoden in sachlich nicht gebotenen Fällen" 3 6 . Dazu ist folgendes zu bemerken: Die Generalklausel war mehr als ein Programmsatz. Anhaltspunkte für die Ansicht, daß die Generalklausel nur Programmsatz ist, ließen sich bei der gebotenen objektiv-teleologischen Auslegung nicht finden. Auch die exponierte Stellung am Anfang der Vorschriften zur Rechnungslegung sprach gegen diese Annahme. Die Position am Anfang des Gesetzestextes wäre nicht sinnvoll gewesen, hätte die Klausel nur Lücken füllen sollen. Dazu hätte ein Verweis auf die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung genügt. Andererseits überzeugt das Argument von Claussen, daß sich wegen der Formulierung „im Rahmen der Bewertungsvorschriften" nicht der Charakter eines overriding principle herleiten ließ, wie es etwa für sec. 148 Companies Act 1948 gilt oder für den neuen § 264 Abs. 2 HGB. Da nun Stellung und Wortlaut der Generalklausel allein nicht ausreichend Auskunft gaben über das gesuchte Maß an zulässiger Bilanzwillkür, war zu fragen, ob das Willkürverbot nicht doch auch innerhalb der Wahlrechte galt. c) Noch einmal: Das Willkürverbot Zwei Fälle waren zu unterscheiden. Fall eins betraf die Wahlrechtsausübung, wenn für die entsprechende Bilanzposition nur ein einziger Vermögensgegenstand in Frage kam. Beispielsweise besaß eine Brauerei nur ein einziges Grundstück. Nehmen wir an, daß ihr das Wahlrecht zustand, die Anschaffungskosten entweder linear oder degressiv abzuschreiben. Wenn nun beide Werte einen möglichst sicheren Einblick in die Vermögens- und Ertragslage vermittelten, konnte das Unternehmen frei wählen. Es wird in der Regel den Wert angesetzt haben, der den bilanzpolitischen Zielen am ehesten entsprach. War dieses Ziel ein verminderter Gewinnausweis, hat es den niedrigeren Wert angesetzt, und umgekehrt. Das Willkürverbot griff hier nicht ein. Denn der Begriff des Wahlrechts beinhaltet eine Entscheidungsmöglichkeit, die auf dem Willen des Bilanzierenden beruht. Diese Entscheidungsmöglichkeit wurde nach dem Gesetz nur durch die Generalklausel begrenzt. Das Aktiengesetz formulierte die Generalklausel jedoch recht vorsichtig. Deshalb war auch die Grenze der Wahlrechtsfreiheit nicht so weitgehend, daß der Grundsatz der Bilanz Wahrheit umfassend verwirklicht war. Damit steht fest: Sofern nur ein Posten einer Gliederungsposition vorhanden war, konnte ein Wahlrecht, umrahmt von der Generalklausel, frei ausgeübt werden. Ein gewisses Maß an Willkür war zulässig37. Dadurch bekam der Begriff des „Wahlrechtes" einen Sinn.
36 Claussen, in: Zöller (Hrsg.), Kölner Kommentar, § 149 Rz 10. 37 Das Willkürverbot gilt damit ebenfalls nicht uneingeschränkt, sondern steht ebenfalls in Wechselwirkung zu anderen Grundsätzen.
II.
ieichkeitsgrundsatz
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Dieser erste Fall, in dem nur eine Position vom Wahlrecht betroffen ist, ist im Zusammenhang mit dem Konzernbilanzrecht aber nicht entscheidend. Denn entscheidend für das Verhältnis der Einzelbilanz zur Konzernbilanz ist das mehrmalige Auftauchen gleichartiger Vermögensgegenstände innerhalb derselben Gliederungsposition. Dies ist auch bei Einzelbilanzen häufig der Fall. Nur wenige Einzelbilanzen haben nur einen Posten pro Position. Schauen wir uns deshalb eine etwas andere Einzelbilanz an. Nehmen wir an, daß die Brauerei zwei Grundstücke besaß, auf denen jeweils Bier gebraut wurde. Es wäre eine übermäßige Belastung für das Ziel, einen sicheren Einblick zu vermitteln, wenn die Wahlrechte immer wieder unabhängig voneinander ausgeübt werden dürften. Ein Bewertungskonglomerat in der Einzelbilanz widersprach dem Auftrag, einen möglichst sicheren Einblick in die Vermögens- und Ertragslage zu geben. Darüber hinaus wurde in diesem Fall das Willkürverbot erheblich. Es verbietet, ein Wahlrecht bei der zweiten Ausübung abweichend von der ersten anzuwenden. Dem stand in diesem Fall der Begriff des Wahlrechts nicht entgegen. Denn er war und ist nur sinnvoll, wenn das Wahlrecht zum ersten Mal ausgeübt wird. Dann kann es frei genutzt werden. Ließe man eine weitergehende Willkür zu, wäre dies bilanzpolitisch leicht zu mißbrauchen: Das entstehende Bewertungsgemenge hätte in erster Linie zur Folge, daß die Bilanz für Außenstehende nicht lesbar ist. Undurchschaubarkeit war und ist aber als bilanzpolitisches Ziel unzulässig. Es gilt daher der Grundsatz: Die erstmalige Wahl einer Bewertungsmethode war bindend für alle weiteren gleichartigen Vermögensgegenstände. In diesem Rahmen war die Entscheidungsfreiheit durch das Willkürverbot eingeschränkt. Eine Abweichung bei gleicher Sachlage war unzulässig. Es galt der Grundsatz der einheitlichen Bewertung in der Einzelbilanz. d) Grundsatz der Einzelbewertung Der einheitlichen Bewertung in der Einzelbilanz widersprach auch nicht der handelsrechtliche Grundsatz der Einzelbewertung gemäß § 39 Abs. 1, 2 HGB. Denn er verbot lediglich, die einzelnen Vermögensgegenstände summarisch zu bewerten. Der Grundsatz der Einzelbewertung verhinderte einen Bewertungsausgleich zwischen den einzelnen Vermögensgegenständen38: Wertminderungen durften nicht mit Wertsteigerungen der Vermögensgegenstände kompensiert und so notwendige Abschreibungen verhindert werden 39 . Es sollte also für jeden Gegenstand gesondert der individuelle Wert ermittelt werden. Dem kommt eine einheitliche Bewertung im gleichen Sachverhalt aber entgegen, denn eine summarische Bewertung ist typischerweise ein durch zu großzügige Bewertung erzeugtes 38 Adler/Düring/Schmaltz, Band 1, § 149 Tz 90. 39 Coenenberg, 5. Auflage, S. 69; Leffson, Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, S. 402; Aktuell zum Einzelbewertungsgrundsatz: Glanegger / Niedner / Renkl / Ruß, § 252 Abs. 1 Nr. 3.
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Β. Geschichte in Deutschland: Das Maßgeblichkeitsprinzip
Wertekonglomerat. Der Grundsatz der Einzelbewertung unterstützt damit sogar das Ergebnis, daß in der Einzelbilanz einheitlich zu bewerten war. Das heißt zusammenfassend: Die alte aktienrechtliche Regelung verlangte die einheitliche Bewertung in der Einzelbilanz. Das heißt aber auch: Wenn ein Konzern verpflichtet war, nach der Fiktion der rechtlichen Einheit zu bilanzieren, hatte er einheitlich zu bewerten. Deshalb bedeutete das Maßgeblichkeitsprinzip des § 331 Abs. 1 Nr. 1 AktG nicht nur eine Verfahrensvereinfachung, sondern es durchbrach die Fiktion rechtlicher Einheit.
I I I . Lücken im Maßgeblichkeitsgrundsatz Dieser Bruch zwischen ausdrücklicher gesetzlicher Regelung und der aus System und Zweck des Konzernabschlusses abgeleiteten Theorie der rechtlichen Einheit wurde allgemein als unbefriedigend empfunden. Man hat daher nach Lücken im Maßgeblichkeitsgrundsatz gesucht, die im Sinne der Fiktion rechtlicher Einheit interpretiert werden konnten. In diesen Lücken konnte, ja mußte möglicherweise einheitlich bewertet werden. Sehen wir uns die Durchbrechungen des Maßgeblichkeitsgrundsatzes näher an.
1. Eliminierung des Zwischenergebnisses Die Eliminierung des Zwischenergebnisses sorgt für eine Wertkorrektur. Wenn Vermögensgegenstände von einem Konzernunternehmen zum nächsten geliefert werden, geschieht das bisweilen mit einem Verlust oder einem Gewinnaufschlag. Wegen des Anschaffungskostenprinzips schlägt das auf den Wertansatz der Einzelbilanz durch. Interne Gewinne und Verluste können aber in einem einzelnen Unternehmen, das der Konzern nach der Theorie ist, nicht entstehen. Die Fiktion rechtlicher Einheit verlangt daher, den Wert herauf- oder herabzusetzen, bis ein auch in einer Einzelbilanz zulässiger Wert erreicht ist. Dieser Vorgang heißt Eliminierung des Zwischenergebnisses 40. Wie regelte das Aktiengesetz die Eliminierung des Zwischenergebnisses? § 331 Abs. 2 AktG ordnete an: Der größte Teil des Umlaufvermögens und Vermögensgegenstände, die außerhalb des üblichen Lieferungs- und Leistungsverkehrs erworben wurden, sind höchstens zu dem Wert anzusetzen, der zulässig wäre, wenn die Unternehmen auch rechtlich ein einziges Unternehmen wären. Dazu unser Beispiel: Die G-AG liefert 2.000 Packungen Glückspillen an die TAG, die den Weitervertrieb übernimmt. Der Preis beträgt 20.000. Er setzt sich zusammen aus den Höchstherstellungskosten (15.000) und einem Weiterver40 Dies wird auch Zwischenerfolgseliminierung genannt. Siehe v. Wysocki / Wohlgemuth, S. 141; Busse ν. Cölbe / Ordelheide, S. 188 ff., weitere Nachweise: S. 479 ff.
ΠΙ. Lücken im Maßgeblichkeitsgrundsatz
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kaufsgewinn (5.000). Wären die G-AG und die T-AG ein einziges Unternehmen, dürften sie die Pillen in der Bilanz nur zu 15.000 ansetzen. Dasselbe galt nun wegen § 331 Abs. 2 Nr. 1 AktG für die Konzernbilanz. Die Vorschrift betraf aber ausdrücklich nur die Eliminierung des Gewinnaufschlags und umfaßte auch nicht alle Vermögensgegenstände. Immerhin handelte es sich um die einzige wörtliche Formulierung des Einheitsgedankens im Aktiengesetz. a) Zwischenverluste § 331 Abs. 2 AktG verlangte nach dem Wortlaut nicht, die Zwischenverluste zu eliminieren. Wenn also die Mindestherstellungskosten der Glückspillen 10.000 betrugen, aber zu einem Preis von nur 5.000 geliefert wurden, entstand ein Zwischenverlust in Höhe von 5.000. Wegen der ausdrücklichen Formulierung und des Übernahmebefehls des Maßgeblichkeitsprinzips § 331 Abs. 1 Nr. 1 konnte die Fiktion der rechtlichen Einheit nicht dazu herangezogen werden, eine Pflicht zur Eliminierung von Zwischenverlusten zu begründen. Es fragt sich aber, ob nicht wenigstens eine freiwillige Zwischenverlusteliminierung im Sinne des Einheitsgrundsatzes zulässig war. Diese Frage wurde von der überwiegenden Zahl der Autoren verneint 41 . Sie sahen das entscheidende Argument in der Formulierung der Absätze 1 und 2 des § 331 42 . Die Gegenmeinung setzte bei der Generalklausel des § 149 Abs. 1 S. 2 AktG an 43 . Eine Eliminierung von Zwischenverlusten sei immer geeignet, die Vermögens- und Ertragslage klarer darzustellen, denn die Bildung stiller Rücklagen in beliebiger Höhe werde dadurch eingeschränkt. Diese Lösung wurde abgesichelt durch die Fiktion rechtlicher Einheit. Denn diese Fiktion fordert sogar, „unrealisierte" Verluste herauszurechnen. Im Interesse einer klaren und aussagekräftigen Bilanzierung war diese Lösung vorzuziehen. Damit ergab sich aber auch die Chance zur einheitlichen Bewertung. Denn das Maßgeblichkeitsprinzip war nicht anwendbar, auf jeden Fall wurde umbewertet. Weil nun die Fiktion rechtlicher Einheit wesentliches Argument war, die Verluste herauszurechnen, mußten die weiteren Konsequenzen dieser Fiktion berücksichtigt werden. Eine dieser Konsequenzen ist, wie oben dargestellt, die einheitliche Bewertung in der Einzelbilanz. Das bedeutete in der Folge: Wenn in der Konzernbilanz die Zwischenverluste eliminiert wurden, hatte das nach einheitlichen Bewertungsgrundsätzen zu geschehen.
Haase, DB 1967, S. 830; v. Wysocki, Wpg 1970, S. 590 ff.; Adler / Düring / Schmaltz, Band 3, § 331 Tz 184. 42 Siehe v. Wysocki / Wohlgemuth, S. 153. « Busse v. Cölbe/Ordelheide, S. 218 ff.
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Β. Geschichte in Deutschland: Das Maßgeblichkeitsprinzip
b) Freiwillige
Gewinneliminierung
Ein weiteres Problem war, ob diejenigen Zwischengewinne freiwillig eliminiert werden durften, deren Beseitigung das Gesetz nicht ausdrücklich anordnete. Denn dieser freiwilligen Eliminierung stand möglicherweise das Maßgeblichkeitsprinzip entgegen. Dazu folgendes Beispiel: Die G-AG liefert eine Maschine zum Drehen von Glückspillen an die T-AG. Der Preis von 50.000 bewegt sich innerhalb der üblichen Lieferungs- und Leistungsbeziehungen. Allerdings hatte die G-AG diese Maschine zum Preis von 45.000 erworben, und zwar von einem nicht in den Konzernabschluß einbezogenen Unternehmen. Eine Pflicht, Gewinne zu beseitigen, bestand gemäß § 331 Abs. 2 AktG nicht. Deshalb bestand nach Ansicht einiger Autoren wegen § 331 Abs. 1 S. 1 AktG eine Pflicht, den Wertansatz von 50.000 zu übernehmen und nicht die Möglichkeit, wenigstens freiwillig den Gewinn herauszurechnen 44. Demgegenüber verlangte die Fiktion rechtlicher Einheit, die Eliminierung zuzulassen45. Diese Meinung war vorzuziehen. Die erste Ansicht argumentierte zu formalistisch. Denn Ziel der Konzernbilanz ist es, aussagekräftige Informationen über die Lage der Gesamtunternehmung abzugeben. Das Maßgeblichkeitsprinzip hinderte, dieses Ziel zu erreichen. Die Fiktion der rechtlichen Einheit ging wegen dieses Zieles vor, wenn das Maßgeblichkeitsprinzip nicht ausdrücklich gefordert war; nicht gefordert war das Maßgeblichkeitsprinzip bei der freiwilligen Eliminierung bestimmter Zwischengewinne. Dieses Ergebnis eröffnete erneut die Chance zur einheitlichen Bewertung. Wenn die Fiktion der rechtlichen Einheit galt und nicht das Maßgeblichkeitsprinzip, dann galt der oben geführte Gedankengang zur einheitlichen Bilanzierung. Freiwilligkeit konnte daher nicht zu Beliebigkeit führen, sie hatte sich im Rahmen der einheitlichen Bewertung zu bewegen. Lieferte also die G-AG mehrere gleichartige Pillendrehmaschinen mit marktüblichem Gewinnaufschlag, dann mußte für die Konzernbilanz die Entscheidung getroffen werden, entweder einheitlich diese Werte zu übernehmen oder einheitlich auf die höchsten Konzernherstellungskosten abzuschreiben. Diese Überlegung galt nur für die Zwischengewinneliminierung. Beruhte also der Wertansatz der einen Maschine auf den Konzernmindestkosten (Basiswert) plus Gewinnaufschlag, der andere auf den Konzernhöchstkosten plus Gewinnaufschlag, so durfte nicht ein einheitlicher Basiswert festgelegt werden. Denn die Zwischengewinneliminierung erlaubte nur, die überschießenden Beträge herauszurechnen, die als Gewinn interpretiert werden mußten. Ansonsten galt in diesem Punkt der Maßgeblichkeitsgrundsatz. Ein einheitlicher Wertansatz war deshalb auch insoweit nicht möglich, als in einem solchen Fall durch Gewinneliminierung beim einen Gegenstand und Nichtelimi44 Heine, Wpg 1967, S. 121; Haase, DB 1966, S. 1660. 45 v. Wysocki / Wohlgemuth, S. 157; wohl auch Busse v. Cölbe / Ordelheide, S. 220; Kropff, Aktiengesetz, S. 442.
III. Lücken im Maßgeblichkeitsgrundsatz
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nierung beim anderen unter Umgehung des Maßgeblichkeitsprinzips einheitliche Werte geschaffen worden wären. c) Betriebsstoffe Dasselbe galt für Betriebsstoffe. Sie dienen der Herstellung eines Vermögensgegenstandes, werden selbst aber weder weiterveräußert noch sind sie Anlagevermögen 46 . Demzufolge zwang das Maßgeblichkeitsprinzip zur Übernahme der Wertansätze, auch wenn etwa Treibstoff von der G-AG an die T-AG mit Gewinn verkauft worden war. Busse v. Cölbe / Ordelheide argumentierten aus dem Zweck des § 331 Abs. 2 Nr. 2, praktische Schwierigkeiten bei der Zwischengewinneliminierung des Anlagevermögens zu vermeiden, zugunsten einer freiwilligen Zwischengewinneliminierung bei Betriebsstoffen 47. Das heißt nach dem soeben entwickelten Gedankengang, daß auch alle gleichartigen Betriebsstoffe bei der Zwischengewinneliminierung einheitlich zu bewerten waren. Die einheitliche Bewertung bei der Zwischenerfolgseliminierung war also in Teilbereichen vorzunehmen. Sie wurde maximiert, wenn der Konzern einheitliche Bilanzierungsrichtlinien vorgab. Dennoch verhinderte in den meisten Fällen das Maßgeblichkeitsprinzip eine einheitliche Bewertung. Das Standardproblem bestand darin, daß Unternehmen unterschiedlicher Rechtsform in den Konzernabschluß einzubeziehen sind. Die G-AG bilanzierte nach Aktienrecht, eine T-GmbH & Co. KG nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. Das bedeutete, daß die Einzelbilanzwerte der T-GmbH & Co. KG möglicherweise über oder unter den aktienrechtlich zulässigen Höchst- oder Mindestwerten lagen. Das war natürlich kein Problem der Zwischengewinneliminierung allein, sondern insgesamt der Übernahme von Posten der Einzelbilanz. Während das Problem durch die Vorgabe konzerneinheitlicher Bilanzierungsrichtlinien für nationale Konzerne teilweise auf ein erträgliches Maß gemildert werden konnte, trat es für ausländische Tochtergesellschaften unvermindert deutlich hervor. 2. Ausländische Tochtergesellschaften Andere Länder haben häufig andere Bilanzierungsvorschriften. Zum Beispiel ist in den Niederlanden der Ansatz von Vermögensgegenständen zu Wiederbeschaffungskosten erlaubt. In England kann nach SS AP 16 „Current Cost Accounting" Anlagevermögen zu Tageswerten angesetzt werden. In Deutschland galten dagegen schon nach dem Aktiengesetz als Bilanzierungshöchstwert die Anschaffungskosten. Eine niederländische Pillenfabrik N-N. V. etwa kann eine Pillen46 Beispiel: Treibstoffe. 47 Busse v. Cölbe / Ordelheide, S. 219 f.; siehe auch Adler / Düring / Schmaltz, Band 3, § 331 Tz 182; Bartke, BFuP 1971, S. 468 f.
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Β. Geschichte in Deutschland: Das Maßgeblichkeitsprinzip
drehmaschine, die sie gekauft hat, mit einem höheren Wert als dem Kaufpreis ansetzen. Dies war einer deutschen Aktiengesellschaft gemäß § 153 AktG verboten. Zwar erzwang das Aktiengesetz in § 329 Abs. 2 nur die Einbeziehung inländischer Tochtergesellschaften in den Konsolidierungskreis. Doch war es dem Konzern nicht verwehrt, auch ausländische Unternehmen einzubeziehen. Das führte dann zu Problemen, wenn im Ausland für Deutschland unzulässige Bewertungsmethoden zulässig waren. Nach seinem Wortlaut verlangte das Maßgeblichkeitsprinzip in § 331 Abs. 1 Nr. 1, solche Einzelbilanzwerte der Tochtergesellschaften unverändert zu übernehmen, obwohl grundlegende Prinzipien deutschen Aktienrechts oder deutscher Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung nicht beachtet waren: Zuschreibungen in Hochinflationsländern wie Brasilien, Wiederbeschaffungskosten in den Niederlanden 48. Eine Übernahme dieser Werte in die Konzernbilanz verzerrte und beeinträchtigte die Aussagekraft, so daß ein möglichst sicherer Einblick in die Vermögenslage gemäß § 149 Abs. 1 S. 2 iVm § 331 Abs. 4 AktG nicht mehr gewährt war. Doch wurde dieses Problem vom Gesetzgeber gesehen. Deshalb ordnete § 329 Abs. 2 S. 3 AktG an: „Von (der Einbeziehung) ist abzusehen, wenn sie den Aussagewert des Konzernabschlusses beeinträchtigen würde." Damit war das Problem nicht erledigt. Denn auf der anderen Seite verlangte ein möglichst sicherer Einblick in die Vermögenslage, alle Unternehmen in den Konzerabschluß einzubeziehen, die unter einheitlicher Leitung standen. Dies galt umso mehr, je vielfältiger die selbständige Auslandsaktivität einer Unternehmung war. Wir stehen damit vor der Merkwürdigkeit, daß der Aussagewert durch Übernahme der Bewertungsabweichungen geschwächt, durch die Einbeziehung aber grundsätzlich gestärkt wurde. Umgekehrt ließ das Maßgeblichkeitsprinzip einen gewissen Grad von Beeinträchtigung zu, denn verschieden ausgeübte Bewertungswahlrechte führten in der Konzernbilanz zu dem bekannten Wertekonglomerat. Das beeinträchtigte wiederum den Aussagewert. Eine Beeinträchtigung im Sinne des § 329 Abs. 2 AktG lag danach erst dann vor, wenn die abweichenden Werte den Informationsgehalt stärker verzerrten als der völlige Verzicht, das Tochterunternehmen einzubeziehen. Es kam also an auf die individuelle „Beeinträchtigungsdifferenz". Im Aktiengesetz ließen sich jedoch Anhaltspunkte finden, wie zulässigerweise die Folgen der abweichenden Bewertung gemildert werden konnten. Gleichzeitig konnte die Beeinträchtigungshöchstgrenze im Sinne von § 329 Abs. 2 AktG durchbrochen werden: § 336 Abs. 3 S. 1 AktG ordnete an: „Die Konzernabschlußprüfer haben auch die dem Konzernabschluß zugrunde gelegten Abschlüsse darauf zu prüfen, ob sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen."
48 v. Wysocki/Wohlgemuth, S. 28; ν. Wysocki, ZfbF 1971, S. 682 f.
ΠΙ. Lücken im Maßgeblichkeitsgrundsatz
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Das führt uns zu zwei möglichen Schlüssen: Entweder durften ausländische Abschlüsse, die ganz oder teilweise den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung widersprachen, wegen § 336 Abs. 3 S. 1 iVm § 331 Abs. 1 Nr. 1 und § 329 Abs. 2 AktG nicht einbezogen werden. Das führte allerdings dazu, daß oft ein erheblicher Teil der ausländischen Konzernunternehmen nicht einbezogen werden konnte, der Konzernabschluß je nach Beteiligungsfächer zu einem „Torso" 49 wurde. Weil aber Wortsinn und Bedeutungszusammenhang nichts gegenteiliges hergaben, bot sich andererseits eine Auslegung nach dem Zweck und der Geschichte an: 1. Konzernabschlüsse sollten einen möglichst sicheren Einblick in die Vermögens- und Ertragslage der wirtschaftlichen Einheit „Konzern" geben. Insofern war in den Grenzen des Wortsinns dem Vollständigkeitsprinzip Vorrang vor dem Maßgeblichkeitsprinzip einzuräumen 50. 2. Auch der Gesetzgeber ging davon aus, daß dieser Gesetzeszweck nur erreicht werden konnte, wenn die ausländischen Töchter einbezogen wurden 51 . Die Vorschrift des § 329 Abs. 2 AktG erleichterte insoweit, technische Konsolidierungsschwierigkeiten zu vermeiden. Aus diesen Gründen war folgender Weg Vorzugs würdig: Posten in den Abschlüssen der ausländischen Unternehmen, die nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprachen, wurden entsprechend umbewertet 52. Unklar war, wie dieses „entsprechend" auszusehen hatte. Denn innerhalb der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung gab es vielfältige Wahlmöglichkeiten. Beispielsweise mußte die zu Wiederbeschaffungswerten bilanzierte Maschine der niederländischen Tochter abgewertet werden, so daß sie dem Anschaffungskostenprinzip entsprach. War im selben Augenblick aber auch eine weitere Abwertung nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung zulässig, um stille Reserven zu legen? Oder bildete der Anschaffungswert, vermindert um planmäßige Abschreibungen, einen Fixwert (Mindestwert)? Diese Frage konnte durch die Fiktion rechtlicher Einheit beantwortet werden. Nach dieser Fiktion hat der Konzern die dem einzelnen Unternehmen zustehenden Wahlrechte in vollem Umfang, muß aber innerhalb der Wahlrechtsausübung gleiche Sachverhalte einheitlich bewerten: Ein Fixwert im Sinne eines Mindest- oder Höchstwertes bestand also nicht. Andererseits durften wegen der Durchbrechung des Maßgeblichkeitsprinzips nicht unterschiedliche Werte bei gleichen Sachverhalten angesetzt werden, auch wenn meh49 Adler /Düring /Schmaltz, Band 3, § 331 Tz 87. so v. Wysocki/Wohlgemuth, S. 28. 51 Bundestags-Drucks. I V / 171, S. 242. 52 Herrschende Meinung, siehe von Wysocki / Wohlgemuth, S. 29; Busse ν. Cölbe / Ordelheide, S. 312; Bartke, BFuP 1971, S. 468; Adler / Düring / Schmaltz, Band 3, § 331 Tz 87; Kronstein, in: Zöller (Hrsg.),Kölner Kommentar, § 329 Tz 84, § 331 Tz 38; IdW, Arbeitskreis Weltbilanz, Abschnitt Π, II 1.
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Β. Geschichte in Deutschland: Das Maßgeblichkeitsprinzip
rere Einzelabschlüsse durch Umbewertung den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung angepaßt wurden.
3. Gemilderte Maßgeblichkeit Fraglich ist, ob die Umbewertung auch Posten erfassen durfte, die bereits mit dem Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung übereinstimmten. Während die Pillendrehmaschinen im Abschluß der niederländischen Tochter zu höheren Wiederbeschaffungskosten angesetzt waren, waren bei dem Betriebsgrundstück stille Reserven gebildet worden, und zwar in einem in Deutschland zulässigen Maß. Die Werte der Maschinen waren für die Konzernbilanz abzuwerten, weil zu Wiederbeschaffungskosten in Deutschland auch nach dem Aktiengesetz nicht bewertet werden durfte. Deshalb fragte sich: Hätte das Unternehmen das Grundstück höher bewertet, wenn es schon im Einzelabschluß auch die Maschine niedrig bewertet hätte, etwa um zum selben Jahresergebnis zu gelangen? Dieser Gedankengang führt zu der Frage, ob gemilderte Maßgeblichkeit zulässig war 53 . Danach wurden im Wege einer sogenannten kompensatorischen Neubewertung auch Vermögensgegenstände umbewertet, die schon den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprachen. Das begründete der Arbeitskreis Weltbilanz so: Die deutschen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung könnten sich auf die durch das ausländische Recht gegebenen Bilanzierungsinteressen negativ auswirken. Das war zwar richtig. Doch gab das Aktiengesetz nicht genügend Interpretationsspielraum her, um diese Schwächen zu überwinden. Vielmehr nahm das Maßgeblichkeitsprinzip diese Schwäche in Kauf. § 336 Abs. 3 AktG griff nur dort ein, wo Maßgeblichkeit und Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung kollidierten. Verzerrungen des Erfolgsausweises waren von diesem Konflikt nicht betroffen 54. 4. Handelsbilanz I I Darüber hinaus wurde noch eine dritte Lösung vorgeschlagen: Die Tochtergesellschaft erstellt zusätzlich zu ihrer nationalen Bilanz eine zweite Bilanz, die den deutschen Bilanzvorschriften genügt. Dies geschieht nach Möglichkeit mit Rücksicht auf konzerneinheitliche Bilanzierungsrichtlinien. Dieses zweite Dokument hieß Handelsbilanz I I 5 5 . Der Arbeitskreis Weltbilanz machte die Zulässigkeit dieser „substituierten Maßgeblichkeit" von zwei Voraussetzungen abhängig: 53 IdW, Arbeitskreis Weltbilanz, S. 34; v. Wysocki / Wohlgemuth, S. 28; Busse ν. Cölbe/Ordelheide, S.312f. 54 v. Wysocki / Wohlgemuth enthalten sich der Stellungnahme;Busse v. Cölbe / Ordelheide, sagen ebenfalls nichts ausdrückliches. 55 Busse v. Cölbe / Ordelheide, S. 313; IdW, Arbeitskreis Weltbilanz, Abschnitte II, II 2 b, Π 3.
III. Lücken im Maßgeblichkeitsgrundsatz
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1. Eine einheitliche Bewertung im Weltabschluß mußte angestrebt sein. Das bedeutet, daß die Umbewertung nötig sein mußte, um konzerneinheitliche Bilanzierungsregeln durchzusetzen. 2. Der Handelsbilanz I I mußte das nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu ermittelnde Mengengerüst zugrunde liegen. Offenbar sollte durch diese Einschränkungen verhindert werden, daß eine eigenständige Konzernbilanzpolitik möglich wurde, die das Aktiengesetz nicht kannte 56 . Busse v. Cölbe / Ordelheide unterstützten diese Ansicht mit dem Argument, daß im ausländischen Abschluß zunächst die Währungsumrechnung dazwischentrete. Sie sei aber ein bewertungsähnlicher Vorgang. Daher würden die Einzelposten ohnehin neubewertet. Darüber hinaus bestimmten ausländische Bilanzierungsregeln, die für Deutschland zwar nicht unzulässig, aber doch fremd und ungewöhnlich seien, das Bild der Tochterbilanz. Es sei deshalb fraglich, ob das Maßgeblichkeitsprinzip für ausländische Abschlüsse überhaupt gelte 57 . Dazu ist folgendes zu sagen: Eine Handelsbilanz I I ermöglichte entgegen Busse v. Cölbe / Ordelheide eine eigenständige Konzernbilanzpolitik. Denn einheitliche Bewertung und die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung gehören auch zum neuen Konzernbilanzrecht. Dieses neue Recht ist möglicherweise sogar besonders offen für eine eigene Konzernbilanzpolitik 58 . Denn wer konzerneinheitliche Bilanzierungsregeln festlegt, betreibt auch Bilanzpolitik. Die Handelsbilanz I I sollte aber gerade ermöglichen, konzerneinheitliche Richtlinien im Weltabschluß durchzusetzen. Für das Argument der Währungsumrechnung gilt: Sie ist zwar möglicherweise ein bewertungsähnlicher Vorgang. Das Gesetz verlangt sie aber nicht deshalb, um die Werte anzugleichen, sondern um den Konzernabschluß auf eine einheitliche Recheneinheit auszurichten, hier die Deutsche Mark. Das Gesetz ließ keinen Raum für eine allgemeine Neubewertung, sondern normierte die Maßgeblichkeit. Dasselbe galt für fremde und ungewöhnliche Bilanzierungsmethoden. Die einzigen Maßnahmen, durch die das Aktiengesetz die einzelnen Werte anglich, sind die §§ 336 Abs. 3 und 329 Abs. 2 S. 3 und in bescheidenem Umfang 149 Abs. 1 S. 2 AktG. Außerhalb dieses Rahmens nahm das Maßgeblichkeitsprinzip in Kauf, daß der Aussagewert beeinträchtigt wurde. Daß der Arbeitskreis Weltbilanz für die Handelsbilanz I I den Begriff „substituierte Maßgeblichkeit" einführte, zeigt seine unsichere Position. Entweder gibt es Maßgeblichkeit, oder sie ist durch etwas anderes ersetzt. Substituierte Maßgeblichkeit ist ein begrifflicher Widerspruch. Das bedeutet: So wünschenswert eine Einheitlichkeit der Bewertung in der Konzernbilanz war, eine Umbewertung durch eine Handelsbilanz I I war nach 56 v. Wysocki/Wohlgemuth, S. 30. 57 Busse v. Cölbe/Ordelheide, S. 313 mwN. 58 Sigle, S. 177.
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Β. Geschichte in Deutschland: Das Maßgeblichkeitsprinzip
dem Aktiengesetz unzulässig. Um einen solchen, möglicherweise aussagekräftigeren Abschluß zu erreichen, mußte nach altem Recht neben dem aktienrechtlichen Abschluß ein freiwilliger Weltabschluß erstellt werden 59 .
IV. Zusammenfassung Die einheitliche Bewertung in der Konzernbilanz konnte im Aktiengesetz nur eingeschränkt praktiziert werden. Die Konzernleitung konnte freiwillig einheitliche Bilanzierungsregeln für alle Tochterunternehmen kraft ihrer Leitungsmacht anordnen. Sie fanden für ausländische Töchter aber ihre Grenzen an ausländischen Rechtsvorschriften in Verbindung mit dem deutschen Maßgeblichkeitsprinzip. Das Maßgeblichkeitsprinzip war wegen der Fiktion rechtlicher Einheit restriktiv auszulegen. Innerhalb der im deutschen Recht vorhandenen Regelungslücken war einheitlich zu bewerten. Wegen methodischer Hindernisse konnte das Maßgeblichkeitsprinzip aber nicht weiter zurückgedrängt werden. Diese Hindernisse konnten nicht durch Auslegung, sondern nur durch eine Gesetzesänderung beseitigt werden.
59 Zu diesem Ergebnis kommen auch v. Wysocki / Wohlgemuth, S. 31; Adler / Düring / Schmaltz, Band 3, § 331 Tz 87; Kronstein, in: Kölner Kommentar, § 331 Tz 38.
C. Konzernbilanzrecht in Großbritannien Bevor nun der Einheitlichkeitsgrundsatz im neuen Recht näher untersucht wird, ist folgendes zu bedenken: Die 7. EG-Richtlinie propft dem europäischen und damit dem deutschen Recht nicht isoliert den Grundsatz der einheitlichen Bewertung auf. Vielmehr ist das gesamte neue Konzernbilanzrecht geprägt von einer Fülle angelsächsischer Grundsätze: Die verschiedenen Methoden der Kapitalkonsolidierung gemäß §§ 301 f, die Equity-Methode bei assoziierten Unternehmen gemäß § 290 Abs. 2. Angesichts dieser Hinwendung zu angelsächsischen Prinzipien ist danach zu fragen, auf welchem Weg der Grundsatz der einheitlichen Bewertung und das britische Konzernbilanzrecht sich entwickelten. Zu fragen ist, ob das britische Recht sich auch auf Dauer behaupten wird. Zu fragen ist nach der Zukunft. Deshalb ist zunächst ein Blick geboten auf die Geschichte, die Geschichte des britischen Konzernbilanzrechts.
I. Geschichte Seit dem 16. Jahrhundert gibt es in England Frühformen der Aktiengesellschaft, sogenannte Joint Stock Companies60. Sie erhielten Rechtspersönlichkeit durch Akte des Königs oder des Parlaments 61. Leitungsmacht und Eigentum fielen in der Regel zusammen. Deshalb legten sie nur ausnahmsweise ihre Finanzrechnung offen. Das änderte sich im 19. Jahrhundert, als die Industrialisierung begann, die Unternehmen sehr viel größer wurden und daher Gläubiger, Kreditgeber und Anteilshalter verstärkt Rechnungslegung verlangten.
1. Bilanzrecht seit 1844 Folglich sah der Joint Stock Companies Act von 1844 neben der Möglichkeit, unbegrenzt haftende Aktiengesellschaften durch Eintragung entstehen zu lassen, auch eine Reihe von ΒilanzierungsVorschriften vor 6 2 . Die Gesellschaften hatten Bücher zu führen und für die Anteilshalter eine Bilanz zu erstellen, die ein vollständiges und angemessenes Bild des Unternehmens zeigte 63 . Außerdem 60 Joint Stock = Gemeinsamer Vorrat. 61 Die erste Gesellschaft war die Muscovy Company, chartered durch König Edward VI, im Jahre 1553, siehe Hein, S. 113. 62 Taylor/Turley, S. 35. 3 Meinhold-Heerlein
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C. Konzernbilanzrecht in Großbritannien
mußten Prüfer ernannt werden, die über die Bilanz zu berichten hatten 64 . 1856 erlaubte ein weiteres Gesetz die Gründung von Aktiengesellschaften mit begrenzter Haftung. Wenn britische Gesellschaften Anteile von anderen Gesellschaften erwerben wollten, hinderte sie daran niemand. Sie waren keinen Beschränkungen unterworfen, anders als die amerikanischen Gesellschaften. Daneben fand um die Jahrhundertwende in Großbritannien eine Verschmelzungs- und Konzentrationswelle statt 65 , deren Schwerpunkt in den Jahren 1895 bis 1902 lag 66 . Die rechtliche und die wirtschaftliche Entwicklung führten dazu, daß bereits Anfang der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts Beteiligungen unter Unternehmen üblich waren 67 . Die ersten großen Konzerne entstanden, etwa der Nobel Dynamite Trust (1886) oder die English Sewing Cotton Company (1887) 68 . Indessen zeigten sich hier auch die ersten Gefahren: Schon im Jahre 1892 brach die Liberator Permanent Benefit Building Society zusammen. 1901 brach, als Schlußpunkt des Minen-Booms, die London and Globe Finance Corporation zusammen. In beiden Fällen waren bei Tochtergesellschaften hohe Verluste angefallen, von denen die Anteilshalter der Obergesellschaft nichts erfahren hatten. Bei London and Globe Finance wurden Anteile zum doppelten Marktpreis angesetzt; Anteile, die von einer Tochter für 125.000 Pfund gekauft waren, wurden in der Bilanz der Muttergesellschaft auf einmal mit 500.000 Pfund geführt 69 . Doch der Gesetzgeber verlangte nicht allgemein, die erstellten Bilanzen zu veröffentlichen. Er war aber auch nicht völlig untätig. Für Banken 70 und Lebensversicherungen 71 normierte er eine Pflicht, Bilanzen auch zu veröffentlichen. Aber weitergehende Versuche, diese Pflicht auf alle Gesellschaften zu erweitern, scheiterten. 72 Angesichts dieser Unzulänglichkeiten für die Einzelbilanz diskutierte niemand die Pflicht, Konzernbilanzen zu erstellen. a) 1907: Veröffentlichungspflicht
für Public Limited Companies
1907 gelang es dann, eine Veröffentlichungspflicht zu normieren. Sie war jedoch interessanterweise so gestaltet, daß sie den Anreiz verstärkte, Unternehmensbeteiligungen vorzunehmen, also Konzerne zu gründen: See. 21 (1) des 63 7 & 8 Victoria, c. 110, sec. 36; Im Gesetz heißt dies full and fair balance sheet. Dieses Ziel hat sich erhalten und heißt heute true and fair view. 64 Sec. 39. 65 Edwards / Webb, The Accounting Historians' Journal, Frühling 1984, S. 35. 66 Die Konzentrationswelle in den Vereinigten Staaten dauerte länger, und zwar von 1890 bis 1905, siehe Edwards / Webb, ebenda. 67 Amalgamations, in: The Accountant vom 2.3.1901, S. 257 ff. (258). 68 Macrosty, S. 15, 129, 200. 69 Vallance, S. 61. 70 Companies Act 1862. 71 Life Assurance Act 1870. 72 Edey / Panipakdi, S. 368 f.
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Companies Acts 1907 verpflichtete die public limited companies73, ihre Bilanzen zu veröffentlichen. Die Bilanz war beim Register einzureichen, eine Gewinnund Verlustrechnung nicht. Darüber hinaus mußten die Unternehmen mitteilen, wie sie die Werte des Anlagevermögens ermittelt hatten. See. 21 (2) stellt jedoch klar, daß private limited companies74 nicht von der Veröffentlichungspflicht erfaßt waren 75 . Das führte dazu, daß viele Unternehmen Betriebsabteilungen ausgliederten oder neue Betriebseinheiten in Form einer private limited company getrennt gründeten. Denn die Unternehmensführungen waren in der Regel publizitätsscheu. Dementsprechend wurde schon bald der „Hauptvorteil" der private limited company darin gesehen, daß sie die Bilanz nicht beim Register einreichen und damit ihre Finanzlage nicht veröffentlichen mußte 76 . Es entstanden also Konzerne, deren Obergesellschaft eine public limited company, deren Töchter aber private limited companies waren. Teilweise scheinen Gesellschaften sich vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes in eine private limited company umgewandelt zu haben77. Der Companies Act 1907 und der vorausgehende, wie in Amerika durch die Industrialisierung verursachte Verschmelzungsdruck führten also zur verstärkten Bildung von Konzernen. b) Gefahren der Konzernbildung Diese Entwicklung kritisierte „The Accountant", Sprachrohr der englischen Buchprüfervereinigung „Institute of Chartered Accountants". In einem Leitartikel 7 8 hieß es: „Konzerne fördern Vermögensverschiebungen zu Inflationspreisen und den Ausweis fiktiver Gewinne." Der Accountant nannte diese Methode spöttisch „Whitaker Wright System" 79 .
73 Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die am ehesten der deutschen Aktiengesellschaft ähneln. 74 Gesellschaften mit begrenzter Haftung, die am ehesten der GmbH ähneln. Sie sind jedoch, anders als im deutschen Recht, grundsätzlich gleichartig mit der public limited company und erfüllen lediglich nicht eine Reihe von Nebenbedingungen. Der Companies Act 1985 regelt die Definition in sec. 1. 75 Der Grund lag vermutlich darin, daß man die Wettbewerbsnachteile kleinerer Gesellschaften ausgleichen wollte, siehe Walker, S. 21. 76 Siehe Auditor's Duties under New Companies Act, in: The Incorporated Accountants' Journal, August 1908, S. 241. 77 Unklar blieb jedoch auch bei dem neuen Gesetz, welches Ausmaß an Gliederungsgenauigkeit und welche Bewertungsmethoden das Register für zulässig und ausreichend erachten würde. 78 The Accountant vom 6.7.1907, Points in Company Procedure, S. 2. 79 Whitaker Wright war der Vorsitzende der London and Globe Finance Ltd, die spektakulär zusammengebrochen war. 3*
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Wie konnten die Konzerne die Anleger täuschen? Diese Frage kann nur beantwortet werden, wenn man die Regeln untersucht, nach denen in Großbritannien Unternehmensbeteiligungen bewertet wurden. Dicksee hatte 1892 folgendes vorgeschlagen: Bei der Aktivenbewertung sei zu unterscheiden, ob es sich um „dauernde" oder „vorübergehende" Vermögensgegenstände, Anlage- oder Umlaufvermögen handelt 80 . Die Bewertung des Anlagevermögens sollte sowohl den Abnutzungsverlust als auch eine gewisse Preisfluktuation berücksichtigen, die Bewertung des Umlaufvermögens dafür sorgen, daß nur realisierte Gewinne ausgewiesen wurden. Es sollte nach dem Niederstwertprinzip bewertet werden. Das Niederstwertprinzip besagt, daß zunächst die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, sodann der aktuelle Marktpreis eines Gegenstandes festzustellen ist. Der niedrigere Wert geht ein in die Bilanz. Dicksees Unterscheidung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen setzte sich durch, und zwar aus folgendem Grund: 1887 und 1895 entschieden die Gerichte zwei Fälle, in denen es um die Haftung von Buchprüfern für unzulässig ausgeschüttete Dividende ging 81 . Im ersten Fall, Leeds Estate v. Shepherd, begründete das Gericht die Pflicht des Prüfers, die sachliche Genauigkeit der Bilanz zu untersuchen und sicherzustellen, daß die Bilanz die von der Satzung vorgeschriebenen Einzelheiten sowie ein wahres und richtiges Bild von der Geschäftslage enthielt 82 . In Fall zwei, The London and General Bank Case, waren Dividenden aus dem Kapital statt aus dem Gewinn gezahlt worden, technisch gesehen eine verdeckte Gewinnausschüttung. Dies stellte einen Satzungsverstoß dar und führte zur Ausgleichszahlung des Prüfers 83. Beidesmal begründete das Gericht also einen Haftungstatbestand. Um künftig der Haftungsgefahr zu entgehen, entschlossen sich die Buchprüfer, von nun an zwischen zwei verschiedenen Sorten von Vermögensgegenständen zu unterscheiden und entsprechend zu bewerten. Spätestens 1911 herrschte Einmütigkeit, das Umlaufvermögen nach dem Niederstwertprinzip zu bewerten 84. Für das Anlagevermögen wurde eine Bewertung zu Anschaffungskosten zwar vorgeschlagen, aber nicht allgemein vertreten 85. Demzufolge ergaben sich für Beteiligungen, die in der Regel zum Anlagevermögen gerechnet wurden, vielfältige Bewertungsmöglichkeiten. So konnten Anteile nach dem Erwerb etwa zum Marktpreis oder nach einer entsprechenden 80
„Gegenstände, mit denen das Geschäft betrieben wurde, und Gegenstände, in denen der Geschäftsbetrieb bestand." Dicksee, S. 121. Diese Angabe betrifft die 1. Auflage aus dem Jahre 1892. In der 8. Auflage, 1910, S. 220, vertritt Dicksee weiterhin diese Ansicht. si The Leeds Estate Building and Investment Society Ltd. v. Shepherd, 1887 36 Ch. 787; The London and General Bank Case (No. 1) 1895 2 Ch. 166. 82 Leitsatz 3. 53 S. 167. 54 Spicer and Pegler, S. 360. 85 Spicer and Pegler, ebenda.
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Annäherung bewertet werden 86 . Das verzerrte die Werte für börsennotierte Anteile noch in tragbarer Weise: Einerseits stimmten Anschaffungskosten und Marktpreis manchmal überein, andererseits war die Börsennotierung ein wenigstens annäherungsweise realistischer Maßstab für den tatsächlichen Wert. Anders verhielt es sich mit den nichtnotierten Beteiligungen. Ein Marktpreis war hier nur zu schätzen, nicht aber exakt zu ermitteln. Diese Möglichkeit, Beteiligungen willkürlich zu bewerten, wurde gern genutzt. Wiederbewertungen nach oben verschleierten die wahre Situation, verdeckten angefallene tatsächliche Verluste. Im Jahre 1920 brach nach solchen Bilanzmanipulationen die Farrows Bank zusammen87. Gesamtverluste in Höhe von 2,8 Millionen Pfund waren durch ständige Zuschreibungen verdeckt worden, und zwar hauptsächlich durch Zuschreibungen beim Posten „Beteiligungen". Beispielsweise hatte Farrows Bank eine Beteiligung an der Gazeland China Clay Company für 230 Pfund erworben. In der Bilanz wurde diese Beteiligung neubewertet zu 150.000 Pfund 88 . Zwar waren diese Maßnahmen nur möglich, weil die Buchprüfer sie tatkräftig unterstützten89. Aber die unsichere Rechtslage erleichterte es erheblich, Phantasie werte anzusetzen und drohende Insolvenzen zu verschleiern. Die Farrows Bank war in dieser Hinsicht kein Einzelfall. Der Regelfall war sie indessen auch nicht. Die meisten Gesellschaften bewerteten Beteiligungen zu Anschaffungskosten 90, vorausgesetzt, sie hatten ihren Wert seit der Anschaffung im wesentlichen beibehalten91. Das Problem lag aber darin, daß die Unternehmen und Buchprüfer, die gewissenlos Anleger und Gläubiger täuschen wollten, durch die Rechtslage gestützt wurden. Statt eine Konzernbilanz aufzustellen, stellten sie einen Wert für die Anteile einer Tochtergesellschaft in die Bilanz der Muttergesellschaft ein. Dieser Wert entsprang ihrem Gutdünken. Eine allgemein anerkannte Regel, wie Anlagevermögen zu bewerten sei, gab es nicht. Abhilfe hätten in diesen Fällen Konzernbilanzen schaffen können. Denn sie ersetzen den umfassenden Begriff „Beteiligungen" durch aufgegliederte Einzelposten, die zum Beispiel auch das Umlaufvermögen einer Konzerngesellschaft gesondert ausweisen. Im Anlagevermögen wird zwischen immateriellen und materiellen Gegenständen getrennt. In der Regel ergibt das eine angemessenere Bewertung. Aber während in den Vereinigten Staaten die Unternehmen immer
86 Densham, The Accountant vom 28.5.1898, S. 570; Whitehall, The Accountant vom 1.7.1899, S. 704. 87 Professional Notes, in: The Incorporated Accountants' Journal, Januar 1921, S. 62; und Februar 1921, S. 84. 88 Vallance, S. 106. 89 Professional Notes, in: The Incorporated Accountant's Journal, Juli 1921, S. 193, zur Verurteilung wegen Veröffentlichung einer betrügerischen Bilanz. 90 Taylor, S. 3. 91 Some Notes on the Preparation and Audit of Balance Sheet, The Accountant vom 16.2.1916, S. 231.
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häufiger Konzernbilanzen erstellten 92, hielten die englischen Unternehmen sich zurück, diese Methode zu übernehmen 93. Noch 1925 sagte der bekannte Buchprüfer F. Whinney als Sachverständiger vor dem Greene-Komitee, einem Ausschuß zur Erarbeitung eines Gesetzesvorschlags im Gesellschaftsrecht: „Diese Art von Bilanz halte ich für falsch. Es handelt sich um eine zusammengefaßte Bilanz, eine Erfindung der Vereinigten Staaten, wie ich glaube." 94
2. Erste Konzernbilanzen Daß konsolidierte Konzernbilanzen bilanzielle Täuschungsmaßnahmen erschweren können, wurde erst spät anerkannt. Auch die rechtsgeschichtliche Forschung befaßte sich erst relativ spät damit. Noch Walker kam zu dem Ergebnis, daß die erste britische Konzernbilanz die von Nobel Industries Co. Ltd war, die im Jahre 1922 veröffentlicht wurde 95 . Edwards und Webb haben jedoch neuerdings herausgefunden, daß britische Unternehmen schon wesentlich früher Konzernbilanzen veröffentlichten 96. Die erste konsolidierte Bilanz geht danach zurück auf das Jahr 1910. In diesem Jahr hatte der Vorstand von Pearson and Knowles Coal and Iron Ltd., einem Kohle- und Stahlkonzern, beschlossen, die Konzerngruppe durch eine neugegründete Tochtergesellschaft zu erweitern 97 . Für diese neue Gesellschaft sollten Geldgeber gewonnen werden. Die gesetzliche Einzelbilanz der Obergesellschaft 98 stellte das Unternehmen jedoch weniger positiv dar, als es der tatsächlichen Lage entsprach: Die zu 100 % gehaltene Tochtergesellschaft Ryland Brothers Ltd. verfügte über 140.000 Pfund nicht ausgeschütteter und nicht offengelegter Gewinne. Diese Gewinne waren vor Übernahme der Anteile durch Pearson and Knowles angefallen, die Bilanz der Mutter enthielt hierfür keinen Anhaltspunkt. Aus diesem Grund entschloß sich die Unternehmensführung, eine zusammengefaßte Bilanz zu erstellen, die auch die Töchter einbezog, um so das Gesamtunternehmen in einem für Anleger besseren Licht erscheinen zu lassen: Am 30. Oktober 1910 wurde die konsolidierte Bilanz veröffentlicht, und zwar an Stelle einer Bilanz der Obergesellschaft 99. 92
Dickinson, Accounting Practice, S. 175. Zu den Gründen für diese Zurückhaltung siehe unten unter 3. 94 HMSO, Minutes of Evidence on the Companies Acts 1908-1917, 1925, 4. Tag, S. 47, Frage Nr. 939. 9 5 Walker, S. 25. 9 6 Edwards / Webb, The Accounting Historians' Journal, Frühling 1984, S. 38. 97 Edwards / Webb, ebenda. 98 Gem. Schedule 1 Para 107, Companies Act 1908. Dieses Gesetz brachte keine wesentlichen Änderungen, sondern faßte die bereits erlassenen Companies Acts zusammen. 99 Edwards/Webb, The Accounting Historians' Journal, Frühling 1984, S. 39. 93
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Für die nächsten 12 Jahre, bis zum bereits erwähnten Abschluß von Nobel Industries Co. Ltd. 1922, weisen Edwards und Webb 12 Konzernabschlüsse nach 100 . Die Bewertungs- und Konsolidierungsmethoden, die angewandt wurden, waren vielfältig. Manche Gesellschaften bewerteten Beteiligungen nach der sogenannten Equity-Methode, die vereinfacht gesagt den Beteiligungswert jährlich dem Eigenkapital anpaßt 101 . Andere stellten die Abschlüsse der Töchter neben den der Mutter. Wieder andere verbanden die Vermögensgegenstände und Schulden der Töchter. Teilweise veröffentlichten die Gesellschaften konsolidierte Bilanzen anstatt der eigentlich vorgeschriebenen Einzelbilanz. Eine einzige Gesellschaft, United British Oilfields of Trinidad, veröffentlichte auf der Hauptversammlung auch eine konsolidierte Gewinn- und Verlustrechnung 102.
3. Gründe für die Verspätete Entwicklung in Großbritannien Welche Erklärung gibt es für die spätere Einführung von Konzernbilanzen in Großbritannien? Auch wenn ein zwingender Beweis nicht erbracht werden kann, sind folgende sechs Faktoren als Ursachen wahrscheinlich: a) Konservativismus An erster Stelle stehen der britische Konservativismus und Nationalstolz. Kenntnisse von Buchführung und Rechnungslegung waren ursprünglich britisches Exportgut. Während der letzten zwei Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts brachten Vertreter englischer Wirtschaftsprüferfirmen dieses Wissen in die Vereinigten Staaten103. Der amerikanische Berufsstand wuchs im Anschluß daran vergleichsweise schnell und schon bald entstand eine gewisse Rivalität zwischen beiden Ländern. Der britische Berufsstand fühlte sich überlegen, weil er eine längere Tradition hatte, die Buchführung professioneller und weniger kommerziell betrieb. Großbritannien übernahm deshalb nicht die neuen Entwicklungen des ehemaligen Schülers Amerika 104 . 100 Die Arbeit von Edwards und Webb betrifft den Zeitraum von 1910 bis 1933. Insgesamt werden 38 Konzernabschlüsse untersucht. 23 davon entnahmen sie bereits veröffentlichter Literatur. Die verbleibenden 15 fanden sie in einer Stichprobe von 211 Unternehmensberichten, abgedruckt im nicht veröffentlichten Teil des offiziellen Jahrbuchs der Londoner Werpapierbörse, 1935. Der Stichprobe zufolge veröffentlichten ungefähr 7 % der Unternehmen im Berichtszeitraum Konzernabschlüsse. 101 Diese Methode stellt jedoch keine Konsolidierung im heutigen Sinne dar, weil nicht die einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden den Beteiligungsbuchwert ersetzen. 102 Edwards / Webb, The Accounting Historians' Journal, Frühling 1984, S. 38 f, 49 f. 103 Parker, S. 204. 104 Ebenso Gamsey, The Accountant vom 13.1.1923, S. 54. Garnsey spricht von einem engen Blickwinkel, von Furcht vor Traditionsbruch und von Druck durch die Klienten.
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Die Rede ist von „extremem Konservativismus" 105 in Großbritannien, von „amüsanten, humorvollen Stellungnahmen"106, von „Ultra-Konservativismus" 107 des englischen Institutes of Chartered Accountants, von dessen Unfähigkeit, in eine andere Richtung als nach hinten zu schauen, von Neid und Engstirnigkeit. Die Engländer behaupteten, daß die amerikanischen Buchprüfer noch in den Kinderschuhen steckten. Ein Brief an den „Accountant", geschrieben von einem Buchprüfer, der aus England nach Amerika ausgewandert war, belegt dieses Bild. Darin heißt es: „Während der britische Buchprüfer völlig gleichwertig ist im Verhältnis zum amerikanischen Praktiker bezüglich Gründlichkeit und Gewissenhaftigkeit, ist er, so scheint es, gehemmt durch seinen Konservativismus und seinen Widerstand, von einem einmal eingeschlagenen Weg abzuweichen. Ich glaube, Tatsache ist: Ganz gleich welcher Fortschritt in Amerika erzielt wird durch die Schaffung einer neuen, nützlichen Methode, er ist nicht nur durch die Freiheit der amerikanischen Kaufleute verursacht, sondern auch durch den Unternehmungsgeist und die Aggressivität des amerikanischen Buchprüfers." 108 Garnsey schreibt in seiner bahnbrechenden Arbeit: „Die Vorteile konsolidierter Abschlüsse sind außerhalb der Reihen einiger Buchprüfer kaum bekannt oder anerkannt, und der natürliche Widerstand der Leute in diesem Land, etwas zu ändern 109 , ist zu gut bekannt, um irgendeinen Kommentar zu erfordern." 110
b) Konzentrationsbewegung Aber nicht nur der Konservativismus verzögerte die britische Entwicklung. Hinzu kam, daß die britische Konzentrationswelle um die Jahrhundertwende im Verhältnis zu den USA weniger lang und weniger intensiv war 1 1 1 . Während die Hauptaktivität in den Vereinigten Staaten zwischen 1890 und 1905 stattfand, die los Accountancy in the States, in: The Accountant vom 24.10.1903, S. 1276. 106 Professional Etiquette in the States, in: The Accountant vom 20.2.1904, S. 245. 107 Etiquette v. Progress, in: The Accountant, vom 20.2.1904, S. 254. los The Accountant vom 10.3.1903, S. 1220. 109 Hand in Hand mit dieser neuerungsfeindlichen Geisteshaltung geht der Mangel an technischen Fähigkeiten der Buchprüfer, konsolidierte Abschlüsse zu erstellen. Edwards und Webb sehen das als eigenständige Ursache an, Edwards / Webb, The Accounting Historians' Journal, Frühling 1984, S. 42. Im Ergebnis handelt es sich aber nur um eine Folge des Konservativismus. 1914 behandelte zum ersten mal eine Examensfrage des Institutes of Chartered Accountants in England and Wales die Obergesellschaft und erst 1925 wird im Examen die Erstellung einer Konzernbilanz, Edwards / Webb, ebenda. F. F. Birck, ein Buchprüfer, sagt als Sachverständiger vor dem Greene-Comittee: „Ich kann nicht genau sagen, warum konsolidierte Abschlüsse unregelmäßig verwendet werden, außer daß sie schwierig zu erstellen sind." Siehe HMSO, Minutes of Evidence, on the Companies Acts 1908-1917, 1925, 16. Tag, S. 167, Frage 3356. no Garnsey, The Accountant vom 13.1.1923, S. 59. Auf Garnseys Arbeit wird noch einzugehen sein. m The Trust Movement in Great Britain, in: The Economist vom 22.12.1923, S. 1096; Kitchen, Accounting and Business Research, Frühling 1972, S. 117.
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gesamte Konzentrationsbewegung dort bereits 1870 begann 112 , dauerte sie in England nur von 1895 bis 1902. Daneben war die Form der KapitalanlageHolding weniger verbreitet als in Amerika. Diese Organisationsform machte die Gefahren der Konzernbildung besonders deutlich. Denn dabei unterfielen sämtliche Aktiva der Obergesellschaft dem Posten „Beteiligungen". Aus diesen Gründen waren die Probleme der Konzernbildung in Großbritannien weniger offenkundig. c) Die Wirtschaft
nach dem Weltkrieg
Eine weitere Ursache ist möglicherweise die wirtschaftliche Entwicklung nach dem ersten Weltkrieg. Der Krieg hatte den Berufsstand der Buchprüfer schwer beeinträchtigt. Viele waren zum Kriegsdienst eingezogen worden, viele waren nicht zurückgekehrt. Andere, die nicht fronttauglich waren, mußten für das Verteidigungsministerium Dienst tun und taten das auch noch nach Ende des Krieges. Die Verbleibenden hatten damit zu tun, die während des Krieges erhobenen Sondersteuern zu bearbeiten. Nach dem Krieg setzte ein Wirtschaftsboom ein, der aber nur kurz dauerte und dem eine Flaute folgte. Die Beziehungen zwischen Arbeitern und der Industrie waren schlecht, denn es herrschte eine hohe Arbeitslosigkeit, die Preise fielen, Insolvenzen mehrten sich. Noch 1922 bestand das Problem, neue Arbeit für die Beschäftigten der Rüstungsindustrie zu finden. Diese Probleme beanspruchten alle Kräfte, um kurzfristige Lösungen zu finden. An die Einführung von Konzernbilanzen dachte daher niemand 113 . d) Gläubiger und Anteilshalter Darüber hinaus hatten die Gläubiger kein besonderes Interesse an konsolidierten Bilanzen, übten also keinen Druck in diese Richtung aus. Das lag wahrscheinlich zum Teil daran, daß sie die Möglichkeit der Konzernrechnungslegung gar nicht kannten. Wichtig war aber auch, daß die konsolidierte Bilanz in Amerika Hauptabschluß war, also die Einzelabschlüsse ersetzte. Vor einer Konzernbilanz als Alleinabschluß aber hatten Gläubiger und Anteilshalter Angst: Denn sie standen nur in Geschäftsbeziehung zu „ihrem" Einzelunternehmen. Die Konzernbilanz bot aber gerade keine Aufschlüsselung der Werte der Einzelunternehmen, die Kreditwürdigkeit seines Vertragspartners konnte ein Gläubiger daher schlechter einschätzen. Auch existierte kein wirksames Konzernrecht im Sinne eines Haftungsrechts. Die Konzernbilanz bot den Gläubigern nicht die Möglichkeit, die Durchsetzbarkeit ihrer Forderungen anhand der Finanzlage festzustellen. Dasselbe galt für Minderheitsaktionäre, die ebenfalls in erster Linie Interesse am Einblick in die Vermögenslage „ihres" Einzelunternehmens hatten 114 . Umgekehrt 112 113
Edwards / Webb, The Accounting Historians' Journal, Frühling 1984, S. 33. Kitchen, Accounting and Business Research, Frühling 1972, S. 135.
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hatten Mehrheitsaktionäre ohnehin kein Interesse an der Veröffentlichung von Konzernbilanzen. In Großbritannien übten also Gläubiger und Anteilshalter keinen Druck aus, konsolidierte Bilanzen zu erstellen. e) Unternehmensführungen Hinzu kam, daß die Geschäftsführungen in aller Regel publizitätsscheu waren 115 . Das Management der britischen Gesellschaften betrachtete jede veröffentlichte Information als Vorteil für Konkurrenten. Im Gegensatz zu Amerika bemühten sie sich nicht um das Vertrauen der Kapitalgeber, indem sie ihre unternehmerische Situation offenlegten. Die Publizitätsscheu wurde noch untermauert durch folgenden Sachverhalt: Die Tochtergesellschaften verfügten häufig über verdeckte Reserven in hohem Ausmaß. Diese Kapitalreserven setzte die Obergesellschaft ein, um ihre Bilanzen zu glätten. So befürchtete das Management möglicherweise, seine bilanzpolitischen Möglichkeiten durch Konzernbilanzen einzuschränken 116. f) Recht Die letzte mögliche Ursache ist das Recht. Dickinson schrieb: „Ein Hindernis für die allgemeine Akzeptanz des Prinzips der konsolidierten Bilanz ist, daß sie bei der gegenwärtigen Gesetzeslage nicht die gesetzliche Bilanz der Gesellschaft ist; doch wäre es konsequenterweise nötig, neben der gewöhnlichen Bilanz auch die genauere Konzernbilanz zu erstellen." 117 Das britische Gesellschaftsrecht ordnete für die public limited company an, eine geprüfte Bilanz beim Register einzureichen 118. Gleichzeitig mußte den Anteilshaltern eine Bilanz vorgelegt werden 119 . Es gab jedoch keine ausdrückliche Vorschrift, daß beides dieselbe Bilanz sein mußte. Das bestimmte erst der Companies Act 1929. Dennoch waren die Unternehmensführungen schon vorher der Ansicht, es müsse sich um dasselbe Dokument handeln 120 . Umgekehrt sprachen die gesetzlichen Vorschriften, die Bilanzen verlangten, keineswegs von Einzelbilanzen. Garnsey geht davon aus, 114 Edwards / Webb, The Accounting Historians' Journal, Frühling 1984, S. 33; aber auch Dickinson, Accounting Practice, S. 184; Garnsey, The Accountant vom 13.1.1923, S. 54. 115 Garnsey, The Accountant vom 6.1.1923, S. 17 und vom 13.1.1923, S. 54; Garnsey betrachtete die Publizitätsscheu der Unternehmensführungen als Hauptursache für die langsame Entwicklung in England. 116 Edwards / Webb, The Accounting Historians' Journal, Frühling 1984, S. 44. in Dickinson, Journal of the Royal Statistical Society 1924, S. 393. us Gemäß sec. 21 Companies Act 1907. 119 Gemäß sec. 12 Companies Act 1900 und gemäß schedule 1 para 107 Companies Act 1907. 120 Edwards / Webb, The Accounting Historians' Journal, Frühling 1984, S. 45 f.
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daß das Register auch konsolidierte Bilanzen akzeptiert hätte 121 . Lege man das Gesetz richtig aus, könne auch eine Konzernbilanz zulässigerweise eingereicht werden. Doch war häufig im Gesellschaftsvertrag niedergelegt, daß es sich urn eine Einzelbilanz zu handeln hatte. Aus dieser vorherrschenden Übung schlossen viele Unternehmensleitungen auf ein rechtliches Verbot, einzig Konzernbilanzen der Hauptversammlung vorzulegen oder beim Register einzureichen 122. Sie sahen deshalb auch keine Veranlassung, konsolidierte Bilanzen zu erstellen. Wenn sie bisweilen dennoch Konzernbilanzen in konsolidierter Form erstellten, betrachteten sie diese Abschlüsse nur als Ergänzungsberichte, welche die durch die Einzelbilanz vermittelte Information noch verstärkten 123. Deshalb legten die britischen Konzernbilanzen besonderes Gewicht darauf, den Ausweis des Postens „Anteile an Tochtergesellschaften" zu verbessern. Weniger Gewicht legten sie auf die Zwischenerfolgseliminierung.
4. Vergleich mit den USA Daß Konzernbilanzen auch andere Funktionen zugeordnet werden können, zeigte ein Blick auf Amerika. Die Abschlüsse in den USA wurden allgemein als Hauptabschlüsse angesehen, die zusätzliche Einzelabschlüsse entbehrlich machten. Ein Schwerpunkt der amerikanischen Bilanzpraxis war die Zwischenerfolgseliminierung, die besonders das Analyseziel „Liquidität" förderte 124 . Darüber hinaus war die Konzernbilanz seit 1917 in Amerika sogar Besteuerungsgrundlage 1 2 5 . Die amerikanischen Unternehmen tendierten also insgesamt stärker dazu, den Konzern als einzelnes Unternehmen darzustellen. Das verstärkte die Bedeutung der Konsolidierung und beschleunigte deren Akzeptanz. Die Entwicklung in Großbritannien blieb demgegenüber schleppend. Auch der Gesetzgeber beschränkte sich auf wenige Vorschriften. Zunächst existierten lediglich für die Einzelbilanz Normen. See. 21 Companies Act 1907 hatte zum ersten Mal die Veröffentlichung von Bilanzen verlangt; aber das neue Vorschriftennetz war löchrig. Zum ersten fehlte eine Norm, die einen Bezug zum gerade abgelaufenen Kalenderjahr herstellte. Das führte dazu, daß manche Gesellschaft Jahr für Jahr denselben Abschluß veröffentlichte 126 . Zum zweiten war die Bewertung oberflächlich geregelt. Verlangt war lediglich, offenzulegen, wie die Werte
121 Garnsey, The Accountant vom 6.1.1923, S. 17. 122 Garnsey, ebenda. Konsolidierungen wurden von den Vorständen für rechtswidrig gehalten. 123 Taylor, S. 5. 124 Walker, S. 180. 125 Art. 77 und 78 der Regulation 41 von 1917; siehe dazu Kracke, The Journal of Accountancy 1938, S. 373 f.; auch Garnsey, The Accountant 1923, S. 54. 126 Walker, S. 52.
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des Anlagevermögens errechnet worden waren 127 . In der Regel merkten die Bilanzen nur an, daß Anlagevermögen zu Anschaffungskosten bewertet wurde, soweit angemessen vermindert um Abschreibungen 128. Drittens war gemäß sec. 21 ausdrücklich keine Gewinn- und Verlustrechnung erforderlich. Viertens gab es keine Gliederungsvorschriften. Es war lediglich angeordnet, „die allgemeine Natur von Aktiva und Passiva" erkennbar zu machen. Die Praxis schloß daraus jedoch auf die Zulässigkeit, sowohl Aktiva wie Passiva jeweils nur unter einem Posten zusammenzufassen. Vor allem die Schiffsindustrie war bekannt für stark vereinfachte Bilanzen. Diese Praxis kritisierte eine Notiz im „Accountant", und zwar in Zusammenhang mit der Frank Leyland & Co. Ltd: Diese Gesellschaft hatte für rund 10 Millionen Dollar Vermögensgegenstände, von denen sie 9,3 Millionen unter einer Position zusammenfaßte 129. Aber selbst durchgegliederte Abschlüsse waren aussagelos, wenn es sich um den Abschluß einer Muttergesellschaft handelte. Denn diese Abschlüsse faßten unter dem Posten „ A n t e i l e " bis zu 50 % der Bilanzsumme zusammen. Das führte mitunter dazu, daß die Anteilshalter nicht einmal den Geschäftsbereich ihres Unternehmens kannten, zumindest hatten sie kaum eine Möglichkeit, die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft einzuschätzen.130
5. Sir Gilbert Garnsey Großen Einfluß auf die Diskussion hatte ein Buch von Sir Gilbert Garnsey, „Holding Companies and their Published Accounts". Dieses Buch basierte auf einer Vorlesung, die Garnsey als Mitglied der Prüferfirma Price Waterhouse and Co. vor dem Institute of Chartered Accountants in England and Wales gehalten hatte; sie fand statt im Jahre 1923, zwei Monate nach dem konsolidierten Abschluß von Nobel Industries. Garnsey veröffentlichte die Vorlesung im „Accountant" 131 . Garnsey meldete Zweifel an, daß die gesetzliche Einzelbilanz den berechtigten Informationsbedarf der Anteilshalter befriedigte: „Es sind Fälle nicht unbekannt, in denen Vorstände dafür sorgen, ihre Anteilshalter ohne plausible Entschuldigung sowenig wie möglich zu informieren. Die Anteilshalter beginnen nun aufzu127 Gemäß sec. 21 Companies Act 1907 und sec. 26 (3) Companies Act 1908. 128 Walker, S. 52. 129 Grouping of Assets, The Accountant vom 24.8.1918, S. 96; Brevity in Accounts, The Accountant vom 9.6.1928, S. 846; immerhin verurteilte der Divisional Court im Jahre 1912 Schill, Seebohn & Co. Lim. zum gesonderten Ausweis der Geschäfts- und Firmenwerte. Die Gesellschaft hatte unter einem Posten Goodwill,..., Maschinen, und feste Anlagevermögen in Höhe von 100.000 Pfund ausgewiesen. Galloway ν. Schill, Seebohn & Co. Lim. Siehe Company Law, in: The Accountant vom 4.5.1912, S. 677. Die Verurteilung erfolgte wegen Verletzung von sec. 26 (3) Companies Act 1908. i3° Aus diesem Grund verlangte Hickey, daß die Bilanzen der Töchter mit eingereicht werden sollten (Hickey, The Accountant vom 1.11.1934, S. 634). 131 Garnsey, The Accountant vom 6.1.1923, S. 13 ff. und vom 13.1.1923, S. 53 ff.
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wachen und nach mehr Einzelheiten zu fragen, und die Erfahrung zeigt, daß es nur gut ist, ihnen diese Einzelheiten zu geben; dies gilt jedenfalls dann, wenn dabei die vitalen Interessen der Gesellschaft nicht gefährdet werden." 132 Zwar sind die von Garnsey beschriebenen Methoden keine eigenen Ideen, sondern basieren auf amerikanischen Vorbildern. Aber die hohe persönliche Reputation des Autors 133 , der Erstlingscharakter des Werkes und das steigende Interesse, Konzernierungsprobleme zu bewältigen, sorgten für die Beachtung der Kollegen und seinen großen Einfluß. Der „Accountant" schrieb in einer Rezension: „Es handelt sich um die erste ernsthafte Untersuchung zum Thema auf dieser Seite des Atlantiks, denn auf diesem Gebiet sind wir weit hinter unseren amerikanischen Vettern zurück." 134 Garnsey schlug vier Methoden vor, Konzernabschlüsse zu erstellen: 1. Informations verstärkte Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung der Obergesellschaft, genannt „legal balance-sheet"135. 2. Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung der Obergesellschaft und Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung aller Töchter 136 . 3. Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung der Obergesellschaft und Zusammenfassung der Aktiva und Passiva der Töchter 137 . 4. Eine konsolidierte Bilanz der gesamten Unternehmung, welche die Vermögensgegenstände und Schulden der Töchter mit denen der Mutter zusammenfaßt, sowie eine konsolidierte Gewinn- und Verlustrechnung 138. Garnsey favorisierte jedoch nicht Methode Nr. 4, sondern Methode Nr. 3 1 3 9 . Die Bilanz der Mutter werde dann in der gesetzlichen Form erstellt, wobei noch der Betrag des in Tochtergesellschaften angelegten Geldes ausgewiesen sei. Ebenso werde der Betrag des Goodwill für Tochteranteile gezeigt 140 . Alle anderen Methoden hielt er aber ebenfalls für brauchbar. Für Methode Nr. 4, den konsolidierten Abschluß mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung, diskutierte er eine Reihe von Bedingungen, die zu erfüllen seien: Die Abschlüsse der Konzerngesellschaften seien auf denselben Stichtag aufzustellen, die Vermögensgegenstände seien einheitlich zu klassifizieren und auf derselben Basis zu bewerten. Wenn Anteile neu erworben würden, seien die 132 Garnsey, The Accountant vom 6.1.1923, S. 18. 133 Reviews, The Accountant vom 19.1.1924, S. 118 und Obituary, The Accountant vom 2.7.1932, S. 9. 134 The Accountant vom 19.1.1924, S. 118. 135 Garnsey, The Accountant vom 6.1.1923, S. 17. 136 Garnsey, ebenda, S. 25. 137 Garnsey, The Accountant vom 13.1.1923, S. 53. 138 Garnsey, ebenda, S. 60. 139 Garnsey, ebenda, S. 53 und 55. 140 Garnsey, ebenda.
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Vermögensgegenstände und Schulden neu zu bewerten. Bei dem Anlagevermögen sei dafür zu sorgen, daß die Bewertungsmethoden vor und nach Anteilserwerb übereinstimmten. Dieses müßten konzerneinheitliche Richtlinien sein. Nur wenn diese Bedingungen erfüllt seien, könne eine konsolidierte Bilanz ein sinnvolles Ergebnis erzielen 141 . Die Frage, welches Maß an Kapital- oder Stimmbeteiligung nötig sei, damit ein Unternehmen in den Konsolidierungskreis einzubeziehen sei, ließ Garnsey jedoch offen. Entscheidend sei die Kontrolle im Einzelfall. Unterschiedsbeträge aus der Kapitalkonsolidierung seien in der Regel als Goodwill oder negativer Goodwill gesondert auszuweisen142. Anteile in Fremdbesitz, also Anteile von Gesellschaftern einer Tochter, die nicht direkt oder indirekt der Obergesellschaft zugerechnet werden können, seien als Verbindlichkeit auszuweisen. Die Buchprüfer nahmen Garnsey s Vorlesung so ernst, daß sie sich kurz darauf ein zweites Mal trafen, um über Konsolidierungen zu diskutieren 143 . Das zeigt, daß eine gewisse Bereitschaft vorhanden war, sich Gedanken zur Rechnungslegung großer Unternehmensverbindungen zu machen. Aber „Holding Companies and their Published Accounts" wirkte sich nicht unmittelbar und spürbar aus auf die Veröffentlichung konsolidierter Abschlüsse. Der Verdienst des Werkes liegt vielmehr darin, die Wende eingeleitet zu haben in der Geisteshaltung zu Konzernabschlüssen. 6. 1922: Der Abschluß von Nobel Industries 1922, zwei Monate vor Garnsey s Vorlesung, hatte Nobel Industries eine konsolidierte Bilanz veröffentlicht 144 . Die Motivation von Nobel Industries zur Veröffentlichung dieser Konzernbilanz ist unklar. Möglicherweise wurde die Geschäftsleitung beeinflußt von Sir Joseph Stamp, der Schriftführer von Nobel Industries war und gleichzeitig ein führender Kritiker der gängigen Rechnungslegungspraxis 1 4 5 . Der Vorsitzende der Gesellschaft, Sir Harry McGowan, referierte auf der Hauptversammlung: „Die Gesellschafter sollen die weitestmögliche Information über die tatsächliche Stellung der Gesellschaft erhalten, und sie sollen wissen, was wirklich ihre Vermögensgegenstände ausmacht. Denn darüber sind sie in der Regel im Dunkeln, weil sie nicht wissen, was sich hinter dem Begriff „Kosten für Anteile an verbundenen Unternehmen" verbirgt." 146 141 Garnsey, ebenda, S. 56. 142 Garnsey, ebenda, S. 57. 143 Reviews, The Accountant vom 19.1.1924, S. 118. 144 Stamp, The Accountant vom 31.10.1925, S. 686. Die Bilanz war nicht geprüft durch die Ftüfungsfirma der Gesellschaft, W. B. Peat & Co, Thompson, McLinstock & Co; Edwards / Webb, The Accounting Historians' Journal, Frühling 1984, S. 50. 145 Stamp, The Accountant vom 5.10.1921, S. 502 ff. 146 Balance Sheets of Holding Companies, The Incorporated Accountants' Journal, Oktober 1922, S. 6.
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Die Bilanz stellte Aktiva und Passiva der ganzen Gruppe dar, bezogen auf den 21.12.1920 und auf den gesetzlichen Bericht des Vorsitzenden, allerdings über das Geschäftsjahr 1921. Der Posten „Anschaffungskosten für verbundene Gesellschaften" wurde durch die jeweiligen tatsächlichen Aktiva und Passiva ersetzt. Die Auflistung wies den Anteil der außenstehenden Aktionäre am Eigenkapital aus. Sie wies jedoch weder den Konzerngewinn aus noch einen aus der Kapitalkonsolidierung resultierenden Unterschiedsbetrag, etwa als Goodwill. Die Bilanzpolitik der Unternehmensführung verdeutlicht ein weiterer Auszug aus der Rede des Vorsitzenden. Daraus ergibt sich, daß das Unternehmen nach einheitlichen Ansatz- und Bewertungsmethoden bilanzierte 147 . „Die Abschlüsse der verschiedenen Konzerngesellschaften sind gekennzeichnet durch eine Vielzahl von Ansatzmethoden. Ebenso zeigen sie große Unterschiede bei der Bewertung von Vermögensgegenständen, wobei die Bewertungsmethoden fast in jedem Fall von der einheitlichen Bewertungsbasis der Obergesellschaft abweichen. Eine einfache Ansammlung der verschiedenen Bilanzen wäre von daher ohne Wert für den Adressaten. Ich darf deshalb darauf hinweisen, daß als Basis für die Konsolidierung eine besondere einheitliche Bewertung der Vermögensgegenstände und Schulden aller Konzerngesellschaften durchgeführt wurde, und zwar nach sehr konservativen Grundsätzen. Wir werden fortfahren, nach diesen Grundsätzen eine getrennte Bilanz für jede Einzelgesellschaft zu führen, und zwar nach konzerneinheitlichen Richtlinien." Was Garnsey in seiner Vorlesung für einen konsolidierten Abschluß forderte, war also kurz vorher durch den Abschluß von Nobel Industries in die Praxis umgesetzt worden: Einheitliche Ansatzmethoden und einheitliche Bewertungsmethoden, bezogen auf einen einheitlichen Stichtag.
7. 1926: Das Greene-Committee Die Veröffentlichung des Nobel Industries Abschlusses und des GarnseyBuches lenkte auch die Aufmerksamkeit der Gesetzgebungsorgane auf dieses Gebiet. Der Gesetzgeber entschloß sich, das geltende Gesellschaftsrecht zu reformieren. Deshalb ernannte das Wirtschaftsministerium ein Komitee, das gesetzliche Verbesserungen vorschlagen sollte, das Greene-Komitee 148. Dieses Komitee lud seinerseits Buchprüfer, Unternehmensvertreter und Vertreter öffentlicher Körperschaften zu Vorschlägen und Stellungnahmen ein 1 4 9 .
147 Abgedruckt bei Garnsey, The Accountant vom 13.1.1923, S. 59. 148 Benannt nach dem Vorsitzenden W. A. Greene. 149 Siehe dazu die Anmerkungen von Kitchen, Accounting and Business Research, Frühling 1972, S. 114 f.
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a) Expertenanhörung Die Expertenanhörung ergab folgendes Bild: Der Vertreter des Rates der Vereinigten Börsen (Council of Associated Stock Exchanges) erläuterte, daß zwar die Börsen sich weigern könnten, eine Gesellschaft zu notieren, wenn sie nicht eine Bilanz der Obergesellschaft, die Bilanzen aller Tochtergesellschaften, eine addierte Bilanz und weitere Informationen einreiche 15 °. Diese Möglichkeiten seien aber unzureichend. Denn es sei unmöglich, alle Tochtergesellschaften einer Konzernmutter zu kennen, eine Kontrolle durch die Börsen kaum durchführbar 151. Deshalb wünschten sich die Börsen eine Rechtspflicht zur Erstellung einer konsolidierten Bilanz 152 . Doch solche Stimmen waren selten, obwohl die allermeisten Sachverständigen erkannt hatten, daß die Probleme der Konzernierung nach einer neuen Lösung verlangten. Oft wurde deshalb die Veröffentlichung von Finanzberichten der Töchter vorgeschlagen 153. F. D'Arcy Cooper etwa wandte sich energisch gegen eine Pflicht zu konsolidierten Abschlüssen 154. Statt dessen favorisierte er die Equity-Methode für die Beteiligungsbewertung. Kitchen vermutet, daß Coopers Einfluß entscheidend war für das Greene-Komitee, letztlich keine Konzernabschlüsse zu verlangen 155 . Walker vermutet demgegenüber, daß die Meinung des Institutes of Chartered Accountants in England and Wales den Ausschlag gab 156 . In der Tat war auch das Institute of Chartered Accountants gegen gesetzlich vorgeschriebene Konzernbilanzen. Denn dadurch werde in die Innenbeziehung der Gesellschaften eingegriffen. Die Entscheidung zugunsten konsolidierter Abschlüsse solle den Gesellschaftern vorbehalten bleiben. Durch eine gesetzliche Pflicht werde wegen der großen Unterschiede mehr Schaden als Nutzen angerichtet 1 5 7 . Parallel zu dieser Expertenanhörung des Greene-Komitees diskutierten Buchprüfer in „The Accountant" den Vorschlag Garnseys, eine konsolidierte Bilanz zu erstellen. Sie kritisierten diesen Vorschlag und lehnten ihn mehrheitlich ab 1 5 8 .
150 Lawrie, 15. Tag, S. 155, Frage Nr. 2591. 151 Lawrie, ebenda, S. 156, Frage Nr. 2998. 152 Lawrie, ebenda, S. 156, Frage Nr. 2992. 153 Hein, S. 275; Walker, S. 62 und 74. 154 F. D'Arcy Cooper, 18. Tag, S. 185, Fragen Nr. 3770 bis 3778 und Appendix W (S. LX). 155 Kitchen, Accounting and Business Research, Frühling 1972, S. 126; Cooper war Vorsitzender des Managements des größten britischen Konzerns, Lever Brothers Ltd. 156 Walker, S. 73. 157 Appendix AA, S. LXVII f., 21. Tag, 6e. 158 Es handelte sich um einen Briefwechsel folgender Autoren: Garnsey vom 25.5.1925; Whinney vom 3.6.1925; Cooper vom 3.6.1925; Ashworth vom 5.6.1925, der sich dafür aussprach; Leake vom 6.6.1925.
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b) Stellungnahme des Komitees Möglicherweise auch aufgrund der großen Meinungsunterschiede innerhalb der Expertenanhörung schlug das Komitee in seiner Abschlußstellungnahme nur geringe Änderungen des Gesetzes vor: Zum einen seien die Ausleihungen an und Beteiligungswerte in Tochtergesellschaften getrennt auszuweisen. Zum anderen sei die Bilanz einer Obergesellschaft durch einen Erläuterungsbericht zu ergänzen, der die Behandlung der kumulierten Gewinne und Verluste der Töchter darstelle. Der Schlußbericht des Komitees sagt: „Die große Mehrzahl der Gesellschaften ist ehrenhaft und verantwortungsbewußt geführt. Fälle, in denen Betrug oder leichtere Formen der Unehrlichkeit oder unangemessenen Bilanzierens auftauchen, sind vergleichsweise selten. ( . . . ) Wir sind uns bewußt, daß die ungewöhnlichen Bedingungen während des Krieges und danach weitgehend verantwortlich sind für einige Probleme, welche die ungünstigen Kommentare in der Öffentlichkeit verursacht haben, und wir sind überzeugt, daß die Rückkehr zu normalen Bedingungen gewisse unbefriedigende Entwicklungen beseitigen wird, die sich in den letzten Jahren zeigten 159 . Veranlaßt durch diese Überlegungen haben wir uns enthalten, irgendeine wesentliche Änderung vorzuschlagen, die aus unserer Sicht durch die Sachverständigenerklärungen nicht klar gefordert und berechtigt wäre 160 . Die Befragung ergab eine beträchtliche Divergenz der Standpunkte unter Kaufleuten und Buchprüfern. Einige der Sachverständigen vertreten die Ansicht, daß die Veröffentlichung einer konsolidierten Bilanz für den ganzen Konzern zur Pflicht gemacht werden sollte. Wir stimmen nicht zu. Andernfalls würden möglicherweise unangemessene Beeinträchtigungen der inneren Geschäfte der Gesellschaft durch die Gesetzgebung stattfinden." 161 8. 1929: Der Companies Act Diese zurückhaltende Position des Greene-Komitees bildete die Ausgangsbasis für den Companies Act 1929. Zwar führte dieses Gesetz den Begriff der Untergesellschaft (Subsidiary) nebst einer Definition ein. Eine Tochter liegt gemäß sec. 127 (1) vor, wenn — die Zahl der gehaltenen Anteile größer ist als 50 % des ausgegebenen Kapitals oder die Mutter zu mehr als 50% des Stimmengewichts bei der anderen Gesellschaft berechtigt ist, oder Abgedruckt auch bei Kitchen, Accounting and Business Research, Frühling 1972, S. 120. Die Empfehlungen des Greene Komitees wurden vollständig abgedruckt in The Accountant vom 12.6.1926, S. 830 ff. 160 HMSO, Greene Committee, Paras 7 und 9, House of Commons, Sessional Papers, 1926, IX, 477. 161 Para 71; Parkinson schreibt 1929, daß diese Begründung für Minderheitsaktionäre schon immer unverständlich gewesen sei, The Accountant vom 15.4.1939, S. 502. 4 Meinhold-Heerlein
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— die Gesellschaft die Macht hat, direkt oder indirekt die Mehrheit der Vorstandsmitglieder der anderen Gesellschaft zu ernennen. Doch der Begriff der Untergesellschaft stand nicht in Zusammenhang mit konsolidierten Bilanzen, sondern diente der Aussagekraft der Einzelbilanz: See. 125 verlangte, daß der kumulierte Betrag der Beteiligungen an Tochtergesellschaften ausgewiesen werden muß, aufgeteilt in Anteile und Ausleihungen. See. 126 verlangte, daß der Anhang zur Bilanz der Töchter berichtet, wie die Obergesellschaft sie behandelt. Die Norm schrieb einen speziellen Erläuterungskatalog über die Konzernbeziehung vor. Der Prüfer der Gesellschaft hatte gemäß Absatz 2 in seiner Bestätigung anzumerken, wenn er nicht die volle Information über die Lage der Tochter erhalten hatte.
9. 1931: Der Royal Mail Case Ebenfalls im Jahre 1929 war die Londoner Börse zusammengebrochen. Der „Accountant" berichtet über eine Untersuchung von 250 börsennotierten Gesellschaften. Deren Wert war von 74 Millionen Pfund auf 47 Millionen Pfund gefallen 162 . In Zusammenhang mit der weltweiten Depression stand der Royal-Mail Fall aus dem Jahre 1931 163 . Dieser Fall bedeutete die Wende für die britischen Buchprüfer. Mehrheitlich erkannten sie nun an, daß Konzernbilanzen nötig waren 164 . Was war geschehen? Während der zwanziger Jahre hatte die Royal Mail Steam Packet Company erhebliche Steuerrückzahlungen erhalten. Es handelte sich um Rückzahlungen einer Sondersteuer 165, die während des ersten Weltkrieges beträchtliche Mehrgewinne abgeschöpft hatte. In den zwanziger Jahren liefen die Geschäfte des Konzerns jedoch schlechter. Die weltweite Depression führte zu bedeutenden Verlusten aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. Um diese Verluste zu verschleiern, um die Kreditwürdigkeit aufrechtzuerhalten und weiterhin Dividende ausschütten zu können, wurden die Steuerrückzahlungen zur Gewinnund Verlustrechnung transferiert. Zusätzlich zahlte eine Anzahl von Tochtergesellschaften Dividende aus ihren Reserven. Diese Verschleierungsmaßnahmen führten zum Zusammenbruch der Gesellschaft und zum Strafprozeß gegen Lord Kylsant, den Vorsitzenden. Ihm wurde vorgeworfen 166 , die Abschlüsse der Gesellschaft für die Jahre 1926 und 1927 veröffentlicht zu haben, obwohl er wußte, daß sie falsch waren und den Gesellschaftern die wahre Lage der Gesellschaft »62 Losses on New Issues, in The Accountant vom 9.11.1929, S. 570, über The Statist vom 2.11.1929. 163 Rex v. Lord Kylsant and another, 101 L. J. K. B. 97 (1931). 164 Ashton, ABACUS 1986, S. 3 ff. 165 Excess Profits Duty. 166 Lord Kylsant wurde verurteilt wegen Verstoßes gegen sec. 84 des Larcency Acts 1861.
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verheimlichten. Er habe dies in Betrugsabsicht getan. Das Gericht erklärte anläßlich dieser Tat den hergebrachten Grundsatz für unzulässig, daß der Vorstand entscheiden konnte, welche Information die Anteilshalter erhielten. Im Anschluß an diesen Fall entspann sich eine literarische Diskussion, die konsolidierte Abschlüsse favorisierte. Dies spiegeln die Stellungnahmen des „Accountant" wider 167 . In der Praxis nahm die Anzahl der konsolidierten Abschlüsse daraufhin weiter zu 1 6 8 und erreichte 1934 einen vorläufigen qualitativen Höhepunkt:
10. 1934: Der Abschluß von Dunlop Rubber Dunlop Rubber Co. Ltd. veröffentlichte im Mai 1934 einen vielbeachteten Abschluß für das Geschäftsjahr 1933. Er umfaßte eine Bilanz und eine Gewinnund Verlustrechnung. Der „Accountant" schrieb, es sei fast unmöglich, ausreichendes Lob zu finden für den neuen Standard, der durch diesen Abschluß gesetzt sei 169 . Die entscheidende Neuerung bestand darin, daß Dunlop Rubber nicht nur direkte Tochtergesellschaften in den Konsolidierungskreis einbezog, sondern auch Enkel und weiter entfernte „Verwandte", sofern mindestens 50 % des Kapitals oder der Stimmrechte direkt oder indirekt gehalten wurden. Der Companies Act 1929 verlangte demgegenüber keine Berichterstattung über Enkelgesellschaften 17 °. Nach diesem Gesetz verstärkte der Konzernabschluß lediglich die Informationen des Einzelabschlusses, war also nicht Hauptabschluß. Konsolidierte Abschlüsse als Hauptabschlüsse waren ohnehin nach dem Companies Act 1929 nicht mehr zulässig 171 .
11. 1939: Die Londoner Wertpapierbörse 1939 verlangte zum ersten Mal eine regelsetzende Körperschaft grundsätzlich konsolidierte Abschlüsse: Die Londoner Wertpapierbörse. In der offiziellen Handlungsanweisung hieß es: „Wenn eine Gesellschaft, die entweder eine Verwaltungsgesellschaft oder im wesentlichen durch Töchter tätig ist, beantragt, daß mit ihren Anteilen gehandelt wird, erachtet es das Komitee für erforderlich: Die Gesellschaft muß eine konsolidierte Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung erstellen und den Anteilshaltern zuleiten. Ausnahmen könnten zugelassen werden. Ansonsten setzt die Zulassung den konsolidierten Abschluß voraus." 172 Parkinson 167 The Accountant vom 16.1.1932, S. 84 f.; vom 6.2.1932, S. 186; vom 11.6.1932, S. 817. 168 Edwards / Webb, The Accounting Historians' Journal, Frühling 1984, S. 50. 169 Finance and Commerce, The Accountant vom 12.5.1934, S. 676. no So auch Hein, S. 280. πι Walker, S. 104. 172 Consolidated Accounts: The Stock Exchange Ruling, The Accountant vom 25.2.1939, S. 250. 4*
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hielt dieses Vorgehen durch ein Gremium für eine sehr flexible Reaktionsmöglichkeit, die besser sei als die der Gesetzesmaschine173. Praktisch waren die Probleme der Börse jedoch gering, diese neue Richtlinie durchzusetzen. Denn Ende der dreißiger Jahre waren konsolidierte Bilanzen in Großbritannien allgemein üblich 174 . Eine weitere regelsetzende Körperschaft war das Institute of Chartered Accountants in England and Wales. Seit dem Jahre 1942 veröffentlichte ein Ausschuß, das Taxation and Financial Relations Committee, in unregelmäßigen Abständen Stellungnahmen zu aktuellen Problemen der Rechnungslegung. Sie standen unter der Überschrift „Empfehlungen zu Buchführungsgrundsätzen". 175 Eine der Veröffentlichungen des Jahres 1942 empfahl konsolidierte Bilanzen. 12. 1947 und 1948: Companies Acts Die immer mehr verankerte Praxis, konsolidierte Abschlüsse zu erstellen, ließ den Gesetzgeber erneut tätig werden. Wie schon vor dem Companies Act 1929 wurde auch jetzt ein Komitee eingesetzt, das nach einer Expertenanhörung einen Gesetzesvorschlag erarbeiten sollte: Das Cohen-Komitee. Die Sachverständigenbefragung ergab ein genau umgekehrtes Bild, wie 20 Jahre zuvor diejenige des Greene-Komitees. Von 27 Sachverständigen votierten 20 für einen Zwang zu konsolidierten Bilanzen. Einige der verbleibenden sieben hatten lediglich praktische, aber keine grundsätzlichen Bedenken. Das Institute of Chartered Accountants in England and Wales legte einen 5-Punkte-Katalog vor, der in einer konsolidierten Bilanz enthalten sein sollte 176 . F.M. de Paula forderte unter anderem die Einbeziehung aller Töchter, gesonderte Berichte von Beteiligung und Verschuldung bei „assoziierten" Unternehmen, Ausweis kumulierter Beteiligungen an und Verschuldung bei nicht konsolidierten Töchtern und die Angaben der Basis für die Währungsumrechnung 177. Das Komitee folgte diesen Vorschlägen zum großen Teil: „Wir schlagen vor, daß die Abschlüsse der Tochtergesellschaften, soweit praktikabel, konsolidiert werden müssen, nachdem sie auf denselben Stichtag aufgestellt sind wie der Abschluß der Obergesellschaft, daß aber Abschlüsse von Töchtern ausgenommen werden, wenn eine Einbeziehung nach Meinung des Vorstandes des Obergesellschaft impraktikabel oder irreführend ist." 1 7 8 „Konsolidierte Abschlüsse sind die besten Mittel, die Finanzlage und die Ergebnisse eines Konzerns darzustellen." 179 173 Parkinson, The Accountant vom 15.4.1939, S. 502. 174 Parkinson, ebenda, S. 503. 175 Recommendation on Accounting Principles. 176 HMSO, Report of the „Committee on Company Law Amendment", Appendix Z, S. 391 ff. 177 F. M. de Paula, ebenda, Appendix MM, S. 568 f. Ähnlich war die Stellungnahme des Konzerns Imperial Chemical Industries (ICI), Appendix XX; S. 77. 178 HMSO, Report of the „Committee on Company Law Amendment", Para 122, S. 72.
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Der Gesetzgeber übernahm diese Vorschläge zum großen Teil in den Companies Act 1947. Der Companies Act 1948 brachte darüber hinaus keine Neuerungen für Konzernabschlüsse, sondern faßte nur die bestehenden gesellschaftsrechtlichen Gesetze zusammen. Der Einfachheit halber seien im folgenden die Einzelheiten dargestellt, die das Gesetz von 1948 vorschrieb. Diese Einzelheiten sahen folgendermaßen aus: See. 150 (1) iVm 151 (1) normierten die grundsätzliche Pflicht, eine Konzernbilanz und eine Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung der Hauptversammlung vorzulegen, und zwar in konsolidierter Form. Dem Normbefehl, zu konsolidieren, konnte indessen ausgewichen werden: Wenn der Konzernvorstand eine andere Form des Konzernabschlusses für geeigneter hielt, die verlangte Information vorzulegen und zu erklären, konnte er dies gemäß sec. 151 (2) a, b tun. Dabei waren folgende Varianten zulässig: 1. Veröffentlichung von zwei Abschlüssen; der eine faßt Mutter und bestimmte Töchter, der andere die restlichen Töchter zusammen. 2. Veröffentlichung von getrennten Abschlüssen für jede Tochter. 3. Ergänzung der Informationen im Abschluß der Obergesellschaft durch entsprechende Zusätze. 4. Eine Kombination der drei genannten Möglichkeiten. See. 151 (1) definierte, wann eine Gesellschaft Tochtergesellschaft war. Der Konsolidierungskreis umfaßte grundsätzlich alle Töchter, normierte also das Prinzip des Weltabschlusses. Doch waren eine Reihe von Ausnahmen möglich. Diese Ausnahmen sind Ausfluß des Wesentlichkeitsprinzips und des Grundsatzes des „True and Fair View". Denn wie schon der Einzelabschluß gemäß sec. 149 (1), so hat auch der Konzernabschluß einen „True and Fair View" zu vermitteln, also ein richtiges und angemessenes Bild der Geschäftslage 18 °. Es handelte sich um ein übergeordnetes Prinzip, das auch durch einen wichtigen Teil des Gesetzes, den Anhang (schedule) Nr. 8, nicht beeinflußt werden konnte 181 . Der Konzernabschluß war prüfungspflichtig gemäß sec. 156 (1) und gemäß sec. 157 (1) durch einen Vorstandsbericht zu ergänzen. Bewertungsregeln gab es nur für Anlagevermögen, und zwar gemäß paragraph 5 des schedule Nr. 8. Diese Regelung galt wegen sec. 152 (3) auch für die Konzernbilanz. Danach ist Anlagevermögen zu den Anschaffungskosten oder, falls vorhanden, mit dem Buchwert anzusetzen. Davon abzuziehen ist der Gesamtbetrag der Abschreibungen seit Erwerbs- oder Bewertungstag, entweder für Abwertungen oder Wertminderungen. Gewisse Vermögensgegenstände waren gemäß Absatz 2 von dieser Regelung ausgenommen: Geschäfts- und Firmenwerte, Patente und Warenzeichen 182. 179 Ebenda, Para 73 (3), S. 70. 180 Gemäß sec. 152 (1). 181 Gemäß sec. 152 (3).
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Im Ergebnis bleibt für den Companies Act 1948 festzuhalten: Obergesellschaften mußten ihre Einzelabschlüsse durch zusätzliche Information ergänzen. Dies sollte, mußte aber nicht in Form von konsolidierten Bilanzen geschehen. Auch die konsolidierte Bilanz war niemals Hauptabschluß der Obergesellschaft; auch sie hatte nur Ergänzungsfunktion. Dies unterschied sie von der amerikanischen Konzernbilanz, die eine Einzelbilanz der Obergesellschaft entbehrlich machte. Obwohl sie die Möglichkeit hatten, Konzerninformation in anderer Form zu vermitteln, waren die meisten britischen Unternehmen jedoch der Ansicht, daß die konsolidierte Bilanz die beste Form war 1 8 3 . Aus diesem Grund hatten britische und amerikanische Konzernabschlüsse ab Ende der dreißiger Jahre eines gemeinsam. Sie enthielten in aller Regel eine konsolidierte Bilanz. Zwar galt in Großbritannien das Prinzip des Weltabschlusses. Alle Tochterunternehmen mußten also in die Konzernbilanz einbezogen werden, unabhängig von ihrem Sitz. Doch der Companies Act 1948 normierte nicht die Prinzipien, die mit dem Weltabschluß korrespondieren, nämlich die Pflicht zum einheitlichen Ansatz und zur einheitlichen Bewertung.
I I . Der Einheitlichkeitsgrundsatz Daß das Problem der Einheitlichkeit von Ansatz und Bewertung bedacht wurde, zeigen die Gedanken, die Garnsey und das Management von Nobel Industries sich gemacht hatten. Beide hielten die einheitliche Bilanzierung für unentbehrlich, wenn die Konzernbilanz aussagekräftig sein sollte 184 . Daß der Gesetzgeber zu diesem Thema dennoch keine Regeln aufstellte, liegt möglicherweise daran, daß er die Einheitlichkeit für selbstverständlich hielt. Das könnte auch erklären, weshalb nur sehr wenig Literatur zu finden ist, die sich mit der Frage einheitlicher Bilanzierung befaßt. Die erste Äußerung einer regelsetzenden Körperschaft datiert für Großbritannien aus dem Jahre 1949. Das englische Institute of Chartered Accountants veröffentlichte einige Anmerkungen zu Konzernabschlüssen; diese Anmerkungen beziehen sich auf paragraph 17 von schedule 8 des Companies Acts 1948. Darin heißt es: „Konsolidierte Abschlüsse werden schwieriger zu erstellen sein, wenn nicht Einheitlichkeit in der Anwendung von Bilanzierungsgrundsätzen besteht, besonders in bezug auf die Form der Abschlüsse der Einzelgesellschaften und in bezug auf solche Faktoren wie die Berechnungsbasis für Anlagevermögen, 182 Eine weitergehende gesetzliche Regelung der Konzernbilanz scheiterte zunächst. Zwar brachte der Companies Act 1967 auch Änderungen für das Bilanzrecht. Zwar hatte das zuvor einberufene Sachverständigengremium, das Jenkins-Committee, Vorschläge zu Verbesserung des Konzernbilanzrechts gemacht. Insbesondere sollte der Begriff „Kontrolle" als Abgrenzungskriterium eingeführt werden, HMSO, Report of the Company Law Committee, Paras 150 und 156, S. 54 und 56. Aber der Gesetzgeber verzichtete auf Änderungen des Konzernbilanzrechts. 183 Robson / Duncan, S. 102. 184 Siehe oben C. I. 5. u. 6.
II.
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ieichkeitsgrundsatz
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die Abschreibungsmethoden und die Behandlung der Besteuerung. Soweit der Einheitlichkeitsgrundsatz angewendet wird, muß betont werden, daß das Ziel ein „True and Fair View" der Geschäfts- und Ertragslage des Konzerns als Einheit ist. In diesem Zusammenhang ist zu sagen, daß paragraph 17 von schedule 8 des Companies Acts 1948 das Management der Obergesellschaft ermächtigt, die Berichtigungen zu machen, die es für nötig hält, um die in den verschiedenen Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen enthaltenen Informationen zusammenzufassen. Dies steht im Einklang mit anerkannter Bilanzierungspraxis." 185 1. Stellungnahmen der Buchprüferorganisationen In der Folgezeit trat der Gesetzgeber als regelsetzende Körperschaft noch weiter in den Hintergrund. Statt dessen setzte das Accounting Standards Committee die Regeln, nach denen die Konzernbilanz zu erstellen war. Da das Gesetz die Konzernbilanz nur lückenhaft regelte, hatte das Accounting Standards Committee großen Spielraum und entsprechenden Einfluß. Das Accounting Standards Committee war es, das in Großbritannien zum ersten Mal Regeln zum einheitlichen Ansatz und zur einheitlichen Bewertung nicht nur empfahl, sondern vorschrieb. Das Accounting Standards Committee war und ist ein Gremium von Buchprüfern, das sich aus den Vertretern der sechs wichtigsten Berufsvereinigungen zusammensetzt186. Das größte zahlenmäßige und sachliche Gewicht hat das Institute of Chartered Accountants in England and Wales, das bereits die oben angeführten Empfehlungen zur einheitlichen Bilanzierung veröffentlicht hatte. Die Tätigkeit des Komitees besteht darin, die gegenwärtig beste Bilanzierungspraxis zu ermitteln. Das konsensfähige Ergebnis veröffentlicht das Komitee in Empfehlungen und Stellungnahmen. Die Stellungnahmen heißen Statements of Standard Accounting Practice (SSAP). Die beteiligten Berufsverbände erklären die Stellungnahmen für ihre Mitglieder für verbindlich. Weil die Companies Acts die Pflichtprüfung vorsehen 187 und weil die Buchprüfer im allgemeinen „linientreu" sind, entfalten diese Stellungnahmen rechtsähnliche Bindungswirkung. Die Zurückhaltung des Gesetzgebers und die Disziplin der Buchprüfer steigern damit umgekehrt den Einfluß des Accounting Standards Committee. 185 Zitiert von Peat Marwick, Mitchell & Co., S. 87. 186 Institute of Chartered Accountants of Scotland (ICAS), Institute of Chartered Accountants of Ireland (ICAI), Association of Certified Accountants (ACCA), Institute of Cost and Management Accounting (ICMA), Chartered Institute of Public Finance and Accountancy (CIPFA), Institute of Chartered Accountants in England and Wales (ICEAW); Ursprünglich hatte das Komitee den Namen Accounting Standards Steering Committee (ASSC) und wurde nur von vier Berufsvereinigungen gebildet. Die heutige Zusammensetzung besteht erst seit 1976. 187 See. 236 f. Companies Act 1985, sec. 15 Companies Act 1981, sec. 158 ff. Companies Act 1948.
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C. Konzernbilanzrecht in Großbritannien
Dennoch war die rechtliche Qualifikation der Stellungnahmen SSAP ungewiß. Im Jahre 1986 sorgte dann ein Gerichtsurteil für Klarheit, und zwar im Fall Lloyd Cheyham & Co. Ltd. v. Littlejohn & Co. Diese Entscheidung ist nicht offiziell zitiert, gleichwohl aber für das Problem wertvoll. Darin heißt es allgemein für alle Stellungnahmen SSAP: „Obwohl sie nicht ausschließlich gelten, so daß ein Abgehen von ihren Begriffen eigentlich kein Sorgfaltsverstoß ist, und obwohl sie nicht zwingende Regeln sind, sind sie ein sehr wirkungsvoller Beleg dafür, was der ordnungsgemäße Standard ist, der angewandt werden sollte, und wenn keine ausreichende Begründung vorliegt, wird ein Abweichen davon als Sorgfaltsverstoß betrachtet. Es scheint mir wichtig, daß dies die geltende Rechtsmeinung sein sollte, weil Dritte, die den Abschluß lesen, berechtigterweise davon ausgehen, daß dieser mit der anerkannten Praxis übereinstimmt, sofern im Abschluß nichts anderes angezeigt ist; das aber ist hier eindeutig nicht der Fall." 1 8 8 Diese Schlußbemerkung legt die Folgerung nahe, daß von der anerkannten Bilanzierungspraxis abweichen kann, wer dies nur offenlegt. Das ist aber nicht der Fall. Der erste Teil des Zitats zeigt vielmehr, daß eine von der SSAP abweichende Methode nicht nur veröffentlicht, sondern sachlich begründet sein muß. Ersichtlich baute diese Entscheidung die starke Position der Buchprüferstellungnahmen weiter aus. Spätestens wegen dieser gerichtlichen Anerkennung ist klar, daß es sich bei den Stellungnahmen nicht nur um eine gewichtige Literaturmeinung handelt, sondern um geltendes Recht. Die Stellungnahmen regeln weite Teile der Konzernbilanzierung. SSAP 1 1 8 9 sieht die Equity-Methode für assoziierte Unternehmen vor, SSAP 10 1 9 0 schreibt für Konzerne eine konsolidierte Bewegungsbilanz vor, SSAP 20 1 9 1 betrifft die Währungsumrechnung im Konzern, SSAP 22 1 9 2 regelt die durch die Kapitalkonsolidierung entstandenen Unterschiedsbeträge, SSAP 23 1 9 3 erklärt die Kapitalkonsolidierung nach der Methode der Interessenzusammenführung für zulässig. Bereits SSAP 2 äußert sich zur Frage der Einheitlichkeit, wenn auch nur indirekt. Sie trägt den Titel „Veröffentlichung von Bilanzierungsmethoden" und wurde 1971 erlassen. SSAP 2 verlangt Stetigkeit. Der Stetigkeitsgrundsatz umfaßt dabei nicht nur die Stetigkeit von einer Periode zur nächsten, also die zeitliche Stetigkeit, sondern gemäß Gliederungsziffer 14 (c) auch die Stetigkeit innerhalb einer Bilanzierungsperiode. Zentraler Regelungsbereich von SSAP 2 ist jedoch nicht die Stetigkeit, sondern die Veröffentlichung und Erläuterung der angewandten Bilanzierungsmethoden. Dabei wird in Gliederungsziffer 13 eine Anzahl von Bilanzproblemen aufgezählt, für die unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten iss Bird, The Journal of Business Law, September 1986, S. 393 f. 189 Accounting for Associated Companies. 190 Statement of Source and Application of Funds. 191 Foreign Currency Translation. 192 Accounting for Goodwill. 193 Accounting for Acquisitions and Mergers.
II. Der Einheitlichkeitsgrundsatz
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bestehen: Forschungs- und Entwicklungskosten, Patente und Warenzeichen; Vorräte und Halbfertigerzeugnisse; Langfristige Verbindlichkeiten; Latente Steuern; Mietkauf oder Teilzahlungsverträge; Leasing- und Mietverhältnisse; Währungsumrechnung; Reparaturen und Erneuerungen; Konsolidierungsmethoden. Umgekehrt ist bei allen diesen Bilanzierungsproblemen wegen des Stetigkeitsgrundsatzes einheitlich vorzugehen. SSAP 2 trennt dabei nicht scharf zwischen Einzelbilanz und Konzernbilanz. Das zeigt, daß sie die Konzernbilanz nach denselben Regeln behandelt wissen will wie die Einzelbilanz, die Konzernbilanz ist die Einzelbilanz des Unternehmens „Konzern". 2. SSAP 14 Die neuere Entwicklung bestimmte SSAP 14, die auch noch gegenwärtig anwendbar ist. SSAP 14 ist die wichtigste Stellungnahme für die Konzernbilanzierung und trägt den Titel „Group Accounts". Sie stammt aus dem Jahre 1978. SSAP 14 war eine bedeutende Weiterentwicklung zum Companies Act. Denn sie verlangt, ausnahmslos zu konsolidieren, billigt den Unternehmen also kein Wahlrecht zu zwischen mehreren Arten von Konzernabschlüssen. SSAP 14 erlaubte jedoch, bestimmte Unternehmen aus dem Konsolidierungskreis auszunehmen. Gemäß Gliederungsziffer 21 brauchten Töchter, die unter erheblichen Beschränkungen arbeiteten, die nur zeitweilig kontrolliert wurden oder deren Geschäftsbereich sich zu stark von dem der Mutter unterschied, nicht konsolidiert werden. Dasselbe galt für Unternehmen, die die Mutter nur eingeschränkt kontrollierte. Diese Regelung ergänzte den Companies Act. Zwar normierte auch der Companies Act Ausnahmen. Diese bezogen sich aber auf die Pflicht zur Erstellung des Konzernabschlusses und nicht auf den Konsolidierungskreis. SSAP 14 regelte aber nicht nur die Konsolidierungspflicht, sondern auch das Einheitlichkeitsprinzip. Maßgeblich ist Gliederungsziffer 16. Darin heißt es: „Einheitliche Konzernbilanzierungsmethoden sollten von einer Obergesellschaft angewandt werden, wenn sie ihren Konzernabschluß erstellt. Wenn solche Konzernbilanzierungsmethoden nicht im Abschluß der Einzelgesellschaft angewandt wurden, sollten entsprechende Berichtigungen für die Konzernbilanz durchgeführt werden. In Ausnahmefällen, in denen eine Umrechnung impraktikabel ist, dürfen verschiedene Bilanzierungsmethoden angewandt werden, vorausgesetzt, sie sind allgemein anerkannt und folgende Einzelheiten werden veröffentlicht: — Die unterschiedlichen angewandten Methoden. — Die Angabe der betroffenen Beträge der Vermögensgegenstände und Schulden, und wenn möglich eine Angabe der Auswirkung auf das Ergebnis und das Eigenkapital, die sich durch die unterschiedlichen Methoden ergeben haben. — Die Gründe für die unterschiedliche Behandlung."
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C. Konzernbilanzrecht in Großbritannien
Als solche Ausnahmefälle, die zum Abgehen von der konzerneinheitlichen Methode berechtigen, werden die Last-In-First-Out-Bewertung von Vorratsvermögen in den USA und die Inflationsbereinigungen in Hochinflationsländern wie Brasilien genannt 194 . Von dieser Interpretation des Ausnahme-Begriffs abgesehen begnügen sich Lehrbücher und Leitfäden in der Regel damit, den Text von Ziffer 16 zu zititeren, wenn sie auf den Einheitlichkeitsgrundsatz eingehen. Eine weitergehende Kommentierung entfällt 195 . Diese Beobachtung deckt sich mit der Tatsache, daß auch für die Zeit vor SSAP 14, also vor 1978, nur wenig Literatur zum Einheitlichkeitsprinzip nachweisbar ist. Damit verdichtet sich die Vermutung, daß die Buchprüfer und Unternehmen diesen Grundsatz für selbstverständlich hielten. Die Vermutung gewinnt an Gewicht, wenn man sich an die Funktion der Buchprüferstellungnahmen erinnert. Sie sind nämlich meist keine Neuschöpfungen, sondern stellen die Formen der Rechnungslegung dar, die die Buchprüferorganisationen gegenwärtig für richtig halten. Deshalb kann man davon ausgehen, daß sich der Einheitlichkeitsgrundsatz auch schon vor SSAP 14 durchgesetzt hatte.
3. Vergleich mit den USA Um die britischen Regeln zur Einheitlichkeit besser zu verstehen, lohnt sich darüber hinaus ein Blick auf die amerikanische Praxis. In den Vereinigten Staaten findet sich noch weit weniger Material zum Einheitlichkeitsgrundsatz. Außerdem sind nur Spezialgebiete betroffen. Sec. 1 (b) Nr. 1 des Public Utility Holding Company Act 1935 sagt, daß die Interessen der Anleger unzulässig beeinträchtigt sind, wenn sie die Information, die sie zur Beurteilung der finanziellen Lage brauchen, nicht bekommen, weil keine einheitlich standardisierten Abschlüsse vorliegen. Dieses Gesetz gilt jedoch nur für öffentliche Versorgungskonzerne. Für eine einheitliche Bewertungsbasis von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung sorgte Accounting Release No. 7 von 1938 196 . Diese Stellungnahme veröffentlichte die Securities and Exchange Commission, die Börsenaufsichtsbehörde, ermächtigt durch das Wertpapierbörsengesetz von 1934. Die Aufsichtsbehörde äußerte sich in diesem Fall aus folgendem Grund: Einige Unternehmen hatten Gewinn- und Verlustrechnungen eingereicht, welche Gewinne der Tochterunternehmen enthielten, die aus den konsolidierten Bilanzen herausgerechnet waren. Für diesen Fall verlangte die Aufsichtsbehörde horizontale Methodenstetigkeit, also Einheitlichkeit in der Bilanzierung. Dennoch wurde eine einheitliche Bewertung im engeren Sinn nicht gefordert.
194 Arthur Young, S. 292. 195 Zum Beispiel Arthur Andersen, Accounting and reporting requirements, S. 37. 196 Walker, S. 249.
II. Der Einheitlichkeitsgrundsatz
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Diesem Ziel näher kam einzig die Accounting Principle Board Opinion No. 16 aus dem Jahre 1970. Diese Stellungnahme heißt „UnternehmensVerbindungen". Sie behandelt die Konsolidierungsmethode der Interessenzusammenführung. Paragraph 52 sagt: „Das verbundene Unternehmen stellt die nach historischen Kosten ermittelten Beträge der Vermögensgegenstände und Schulden der verschiedenen Gesellschaften zusammen, weil die Grundlage für die Bilanzierung fortbesteht. Aber die verschiedenen Gesellschaften können die Vermögensgegenstände und Schulden nach verschiedenen Bilanzierungsmethoden behandelt haben. Diese Beträge dürfen auf dieselbe Bilanzierungsgrundlage gestellt werden, sofern der Methodenwechsel für die einzelne Gesellschaft auch möglich gewesen wäre. Ein Wechsel in der Bilanzierungsmethode sollte rückwirkend durchgeführt werden, um die einzelnen Methoden anzugleichen, und die Abschlüsse für vergangene Bilanzierungsperioden sollten neu formuliert werden." Im Unterschied zu Großbritannien wird in den Vereinigten Staaten der Einheitlichkeitsgrundsatz hier nur als Möglichkeit, nicht aber als grundsätzliche Pflicht ausgestaltet. Außerdem handelt es sich ausdrücklich nur um eine Regelung der begrenzt anwendbaren Methode der Interessenzusammenführung. Eine allgemeine rechtliche Aussage zur Einheitlichkeit findet sich hingegen nicht 1 9 7 . Insgesamt hat sich der Einheitlichkeitsgrundsatz aus der Sicht des rechtlichen Zwangs in Amerika im Gegensatz zu Großbritannien nur lückenhaft entwickelt. Immerhin waren ausländische Unternehmen nicht durch ein Maßgeblichkeitsprinzip gehindert, einheitlich zu bilanzieren. Die stärkste Ausformung und den rechtlichen Ursprung des Einheitlichkeitsprinzips finden wir mithin in Großbritannien.
4. 1989: Companies Act Am 16. November 1989 stimmte die Königin dem Companies Act 1989 zu, den das Parlament am 3. Mai beschlossen hatte 198 . Der Companies Act 1989 setzt in erster Linie die 7. und 8. EG-Richtlinie in nationales Recht um. Er faßt die bestehenden Companies Acts nicht zusammen, sondern ändert den Companies Act 1985, indem er ihn richtlinienkonform erweitert. Der äußeren Form nach ähnelt der Companies Act 1989 daher dem Bilanzrichtliniengesetz 1985, das als Artikelgesetz die EG-Richtlinien in deutsche Gesetze einfügt. Im Gegensatz zum Bilanzrichtliniengesetz kam das britische Gesetz für Konzernabschlüsse jedoch verspätet, denn die Mitgliedstaaten mußten die 7. EG-Richtlinie gemäß Art. 49 Abs. 1 bis zum 1. Januar 1988 umsetzen. Weil die 7. EG-Richtlinie vorwiegend britische Rechtsvorstellungen vorschreibt, glaubte sich der Gesetzgeber offenbar nicht in Zeitdruck 199 . 197 Peat, Marwick, Mitchell & Co, S. 90. 198 Grundlage für die parlamentarische Beratung war ein Gesetzentwurf aus dem Dezember 1988.
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C. Konzernbilanzrecht in Großbritannien
Der Companies Act 1989 behält aber nicht nur bereits geltende Rechtsregeln bei, sondern ändert und vereinfacht das britische Recht. Zum Beispiel stand bisher die Pflicht, zu konsolidieren, nur in SSAP 14, nicht aber im Gesetz 200 . Zum Beispiel mußten Muttergesellschaften bisher nur Töchter konsolidieren, die company waren. Töchter in anderen Unternehmensformen, etwa einer partnership, mußten nach dem Companies Act 1985 nicht konsolidiert werden 201 . Den Einheitlichkeitsgrundsatz und die einheitliche Bewertung im Konzernabschluß ändert das Gesetz jedoch kaum. Das ist verständlich, denn schließlich handelt es sich um Grundsätze, die aus Großbritannien stammen. Schedule 2 des Companies Acts 1989, der neue schedule 4A des Companies Acts 1985 202 , regelt Form und Inhalt konsolidierter Abschlüsse und damit auch das Problem der Einheitlichkeit. Para 3(1) von schedule 4A Companies Act 1985 schreibt vor: „Wenn in den Konzernabschluß einzubeziehende Vermögensgegenstände und Schulden durch die Konzernunternehmen nach Methoden bewertet oder bestimmt wurden, die von den für den Konzernabschluß angewandten Methoden abweichen, sollen Werte und Bestände berichtigt werden, so daß sie mit den auf den Konzernabschluß angewandten Methoden übereinstimmen." Dies ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert: Zum einen regelt die Norm mehr, als Art. 29 Abs. 1 und 2 der 7. EG-Richtlinie vorschreiben. Denn die Richtlinie verlangt nur, daß die Gegenstände des Aktiv- und Passivvermögens nach einheitlichen Methoden „bewertet" werden und das Mutteruntemehmen dieselben „Bewertungsmethoden" anzuwenden hat wie in seinem Einzelabschluß. Eine weitergehende Einheitlichkeit, etwa bei den Ansatzmethoden oder bei Währungsumrechnungsmethoden, schreibt die Richtlinie nicht vor. Demgegenüber verlangt para 3(1) von schedule 4A Companies Act 1985 allgemein, einheitliche Methoden im Konzernabschluß anzuwenden. Darüber hinaus wird para 3(1) gestützt von dem neuen para 11 des schedule 4 Companies Act 1985, der gemäß para 1(1) schedule 4A auch für Konzernabschlüsse gilt. Er lautet: „Bilanzierungsmethoden sollen innerhalb eines Abschlusses und von einem Geschäftsjahr zum nächsten stetig angewandt werden." Zwar versteht man unter Stetigkeit in der Regel eine zeitliche, vertikale Gleichförmigkeit. Doch para 11 ordnet ausdrücklich horizontale Stetigkeit an, Stetigkeit innerhalb eines Abschlusses. Das aber ist gleichbedeutend mit Einheitlichkeit. Zum zweiten ist danach zu fragen, inwieweit sich die neue Rechtslage von der alten unterscheidet. Die alte Rechtslage war beschrieben durch SSAP 14. 199 Lee erwartete nur wenig Probleme, bei der Umsetzung. Die Bestimmungen der Richtlinie unterschieden sich kaum vom durch die SSAP 14 ergänzten ergänzten Companies Act, Lee, S. 438. 200 See. 5(1) Companies Act 1989 wird See. 227 Companies Act 1985; Die Konsolidierungspflicht regelt See. 227 (2). 201 Dies regelt die neue See. 259 Companies Act 1985. Weitere Änderungen zeigen Deloitte, Haskins & Sells, S. 2 ff. 202 See. 5 (2) Companies Act 1989.
II. Der Einheitlichkeitsgrundsatz
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Wir hatten gesehen, daß auch SSAP 14 allgemein einheitliche Methoden befahl. Das bedeutet: Materiell besteht in dieser Frage kein Unterschied zum alten Recht. Deshalb wäre es eigentlich nicht nötig gewesen, diese Regel neu zu normieren. SSAP 14 hätte auch gegolten, wenn der Companies Act 1989 nichts zur Einheitlichkeit gesagt hätte. Der Companies Act 1989 geht aber noch weiter: Er schreibt für einen neuen para 36A 2 0 3 von schedule 4 Companies Act 1985 vor, daß bei der Bilanzierung die Accounting Standards zu berücksichtigen sind und ein wesentliches Abweichen von diesen Regeln anzugeben und zu begründen ist. Darüber hinaus schreibt para 2 von schedule 4A Companies Act 1985 vor, daß Berichtigungen durchzuführen sind, wenn die „Allgemein Anerkannten Bilanzierungsprinzipien" nicht beachtet sind. Dieser Begriff heißt übersetzt „General Accepted Accounting Principles" und wird GAAP abgekürzt. Er stammt aus den Vereinigten Staaten von Amerika; britische Gesetze verwendeten ihn bisher nicht. Der Begriff GAAP umfaßt unter anderem die Gesetze, die Bilanzierungsbestimmungen der Wertpapierbörse und auch die SSAPs 204 . Der Begriff verankert also seinerseits die SSAPs im Gesetz, das Gewicht der Buchprüferstellungnahmen wird verstärkt. Damit ist der Grundsatz der Einheitlichkeit mehrfach im Gesetz verankert: Erstens durch ausdrückliche Formulierung, zweitens durch SSAP 14, die ihrerseits durch gesetzliche Überleitungsregel, durch die „ A l l g e m e i n e n Bilanzierungsprinzipien" und auch durch gerichtliche Entscheidung205 als geltendes Recht anerkannt ist. Nach para 3(1) von schedule 4A müssen Unternehmen bei der Konsolidierung umbewerten, wenn die Vermögensgegenstände und Schulden einer Tochtergesellschaft nach Methoden bewertet wurden, die von denen abweichen, die der Konzern anwendet. Dies ist die Regel, die SSAP 14 bereits seit 1978 vorschreibt. Die Konzernführung kann jedoch gemäß Absatz 2 bei einer Tochter abweichend vorgehen, wenn „besondere Gründe" vorliegen, die zusammen mit dem Unterschiedsbetrag und den Auswirkungen im Anhang angegeben werden. Dies setzt die Vorschrift des Art. 16 Abs. 3 S. 2 der 7. EG-Richtlinie um und entspricht ebenfalls der von SSAP 14 getroffenen Regelung. Ein Unterschied zwischen der neuen Rechtslage und SSAP 14 besteht lediglich, wenn der Konzern Methoden anwendet, die vom Einzelabschluß der Mutter abweichen. Die entstehenden Unterschiede sind gemäß para 4 schedule 4A im Anhang anzugeben und zu begründen. Dies entspricht Art. 29 Abs. 2 der 7. EG-Richtlinie. Keine Probleme bereitet es, das Recht der Muttergesellschaft zu bestimmen, das den Rahmen für die anwendbaren Bewertungsvorschriften vorgibt. Es ist das Recht der company, also Kapitalgesellschaftsrecht. Zwar sind alle Konzernunternehmen zu konsolidieren, und unter den Unternehmensbegriff fallen gemäß der 203 Diese Norm gilt wegen para 1 (1) schedule 4A auch für die Konzernbilanz. 204 Deloitte, Haskins & Sells, S. 18 f. 205 Siehe oben C. II. 2.
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C. Konzernbilanzrecht in Großbritannien
neuen sec. 259 Companies Act 1985 206 auch partnerships und andere Gesellschaftsformen. Aber zur Konzernrechnungslegung ist nur eine Mutter verpflichtet, die company ist, und der freiwillige Konzernabschluß einer als partnership geführten Mutter ist höchstens dann befreiender Abschluß, wenn er nach dem Recht der company aufgestellt ist. Das ordnet sec. 228 Companies Act 1985 an, der auf Art. 8 iVm Art. 7 Abs. 2 der 7. EG-Richtlinie basiert. Neben der allgemeinen Ausnahmeregel, die er in para 3 (2) normiert, behandelt der Companies Act die besonderen Ausnahmemöglichkeiten der EG-Richtlinie folgendermaßen: Er macht keinen Gebrauch von der Möglichkeit, Unternehmen niedrigere Werte in der Konzernbilanz zu erlauben, wenn sie diese Werte aufgrund umgekehrter steuerlicher Maßgeblichkeit in der Einzelbilanz angesetzt hatten. Zwar hätte Großbritannien dies gemäß Art. 29 Abs. 5 der 7. EG-Richtlinie gestatten können. Aber wegen des britischen Steuersystems besteht für eine solche Norm kein Bedarf. Der Companies Act sieht erwartungsgemäß von einer Übernahme ab und beläßt es bei der alten Rechtslage. Eine Ausnahme eröffnet der Companies Act 1989 jedoch für Banken- und Versicherungskonzerne. Für sie gilt wegen para 18A von Teil I des schedule 9 Companies Act 1985 in Verbindung mit para 2 von Teil I I des schedule 9 Companies Act 1985: „Bilanzierungsprinzipien sollen innerhalb des Abschlusses und von einem Geschäftsjahr zum nächsten stetig angewandt werden. Falls die Unternehmensleitung der Ansicht ist, daß besondere Gründe ein Abweichen von diesem Grundsatz rechtfertigen, . . . , dürfen sie dies tun; die Umstände des Abweichens, die Gründe und die Auswirkungen sind im Anhang anzugeben." Diese Regel weicht jedoch ihrerseits nicht von der allgemeinen Ausnahme ab, nach der ebenfalls bei „besonderen Gründen" vom Einheitlichkeitsgrundsatz abgewichen werden kann. Die allgemeine Ausnahme wird für Banken- und Versicherungskonzerne bestätigt. Der Companies Act nimmt nicht das Mitgliedstaatenwahlrecht aus Art. 40 Abs. 1 der 7. EG-Richtlinie wahr. Ausdrücklich übernimmt der Companies Act jedoch Art. 16 Abs. 3 S. 2 der 7. EG-Richtlinie, und zwar in para 3 (3) von schedule 4A. Danach kann von der grundsätzlichen Umwertung abgesehen werden, „wenn sie nicht wesentlich ist für den Zweck des True and Fair View". In allgemeiner Form wiederholt para 5 den Wesentlichkeitsgrundsatz sogar für den ganzen schedule 4A. Insgesamt ändert der Companies Act 1989 das britische Recht zum Einheitlichkeitsgrundsatz nur unwesentlich. Sein Verdienst besteht darin, die bestehenden Regeln zusammenzufassen und das Verständnis zu erleichtern. In Großbritannien bleibt es dabei, daß der Konzernabschluß allgemein nach einheitlichen Methoden aufzustellen ist. Das bedeutet umgekehrt: Das europäische Konzernbilanzrecht bleibt unterschiedlich, wenn andere Mitgliedstaaten lediglich die einheitliche Bewertung 206 Dies ist sec. 22 des Companies Act 1989.
II. Der Einheitlichkeitsgrundsatz
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anordnen, nicht aber darüber hinausgehend einheitliche Methoden beim Ansatz, der Konsolidierung und der Währungsumrechnung verlangen. Ob dies für die Bundesrepublik Deutschland zutrifft, bedarf daher der Untersuchung.
5. Zusammenfassung Die geschichtliche Entwicklung des Konzernbilanzrechts in Großbritannien zeigt ein zwiespältiges Verhältnis zu Amerika: Einerseits hatte Großbritannien, insbesondere England mit demselben Problem großer Unternehmensverbindungen zu kämpfen. Willkürliche Beteiligungsbewertung, Anlegertäuschungen und Firmenzusammenbrüche richteten großen Schaden an. Für diese Probleme hatten die Vereinigten Staaten schon vorher bilanzielle Lösungsmöglichkeiten erarbeitet. Sie erstellten konsolidierte Bilanzen und Ertragsrechnungen. Auf der anderen Seite waren vor allem die britischen Buchprüfer zunächst nicht bereit, die fremden Lösungsmodelle zu übernehmen. Erst mit zwanzigjähriger Verspätung setzten sich die pragmatischen amerikanischen Lösungen durch. Die anschließende Entwicklung hatte zwei Seiten. Einerseits beeinflußt Amerika bis heute das britische Konzernbilanzrecht. Sei es die Währungsumrechnung zu Stichtagskursen oder die Kapitalkonsolidierung nach der Methode der Interessenzusammenführung, die Übernahme der „General Accepted Accounting Principles", das britische Recht wird immer wieder durch Amerika geprägt. Auf der anderen Seite entwickelte sich das britische Konzernbilanzrecht selbständig. Der Gesetzgeber schrieb im Companies Act 1947 vor, Konzernbilanzen zu erstellen. Die Buchprüferorganisationen schrieben mit SSAP 14 verbindlich vor, daß diese Konzernabschlüsse in konsolidierter Form zu erstellen sind. Solche ausdrücklichen Regeln fehlen in den Vereinigten Staaten bis heute. Schließlich schrieben die britischen Buchprüferorganisationen ihren Mitgliedern vor, die durch den Companies Act 1948 verlangten Weltabschlüsse nach einheitlichen Methoden zu erstellen. Dieses Prinzip setzte sich als einheitliche Bewertung in der 7. EG-Richtlinie durch und wird zu einem harmonisierten Informationsniveau auf europäischer Ebene führen. Problematisch bleibt jedoch, daß die Richtlinie zum einen Mitgliedstaatenwahlrechte zuläßt, zum anderen nur die einheitliche Bewertung, nicht aber ein allgemeines Prinzip der Einheitlichkeit anordnet. Inwieweit das Informationsniveau europäischer Konzernabschlüsse tatsächlich angeglichen wurde, soll für die Bundesrepublik Deutschland und Großbritannien untersucht werden.
D· Einheitlichkeit nach dem Bilanzrichtliniengesetz Der Grundsatz der einheitlichen Bewertung in der Konzernbilanz stammt also aus Großbritannien. Die Konzernbilanzrichtlinie verpflichtet die Bundesrepublik Deutschland in Art. 29, diesen Grundsatz zu übernehmen. Das aktienrechtliche Maßgeblichkeitsprinzip gemäß § 331 Abs. 1 Nr. 1 AktG wird verdrängt. Diese Verdrängung ist berechtigt in einer Zeit, in der Konzerne mehr und mehr die nationalen Grenzen überschreiten. Denn ein weltweit tätiger Konzern, der nur die inländischen Konzerngesellschaften in seinen Abschluß einbezieht, ist für den Bilanzadressaten undurchschaubar. Bezieht er auch die ausländischen Gesellschaften ein, behält aber für gleichartige Gegenstände die unterschiedlichen Bilanzierungsmethoden bei, ist dem Bilanzleser nur wenig geholfen. Zu verwirrend ist das entstandene Bewertungs- und Ansatzkonglomerat. Ein modernes Recht, das den Weltabschluß verlangt, muß sich vom Prinzip der Maßgeblichkeit trennen. Dieses Problem erkannten auch die Wissenschaft und die Berufspraxis. Deshalb verlangten sie gemilderte Maßgeblichkeit oder gar eine Handelsbilanz I I nach konzerneinheitlichen Richtlinien 207 . Besonders die Handelsbilanz I I kollidierte jedoch mit dem Aktiengesetz. Es war daher zu erwarten, daß auch Deutschland zustimmen würde, wenn auf europäischer Ebene Einheitlichkeit in der Konzernbilanz angestrebt wird. Demzufolge ordnet Art. 29 Abs. 1 der 7. EG-Richtlinie an, daß die in die Konsolidierung einbezogenen Gegenstände des Aktiv- und Passivvermögens nach einheitlichen Methoden bewertet werden. Dies ist einerseits konsequent, andererseits bemerkenswert. Denn wieso regelt die Richtlinie lediglich die Bewertung, nicht aber den Ansatz? Ist ein einheitlicher Ansatz nicht erwünscht? Oder wird er als selbstverständlich vorausgesetzt? Nur wenn in der Konzernbilanz auch einheitlich angesetzt wird und auch andere Bilanzierungsmethoden einheitlich gehandhabt werden, kann von einem umfassenden Grundsatz der Einheitlichkeit gesprochen werden. Ob das Bilanzrichtliniengesetz, das die 7. EG-Richtlinie in das Handelsgesetzbuch umsetzt, einen allgemeinen Grundsatz der Einheitlichkeit normiert hat, soll daher im folgenden untersucht werden. Wenn das deutsche Handelsgesetzbuch einen allgemeinen Einheitlichkeitsgrundsatz beinhaltet, bedeutet das zweierlei: Der Bilanzierende ist beschränkt in seinen bilanzpolitischen Möglichkeiten. Weil dann sowohl einheitlich angesetzt als bewertet werden müßte, bliebe von der oft erwähnten neuen Konzernbilanzpo207 Siehe oben B. III. 3. u. 4.
D. Einheitlichkeit nach dem Bilanzrichtliniengesetz
litik nicht mehr viel übrig 208 . Zum anderen rücken englisches und deutsches Recht näher, wenn der Einheitlichkeitsgrundsatz in weitgehender Form verwirklicht ist. Denn in England gilt auch nach dem Companies Act 1989 der Grundsatz, einheitliche Methoden anzuwenden209. Das Handelsgesetzbuch trennt zwischen Ansatz und Bewertung 210 . Dies gilt auch für den Konzernabschluß. § 300 Abs. 2 regelt für den Konzernabschluß den Ansatz, § 308 die Bewertung 211 . Anders als § 308 gebraucht § 300 nicht den Begriff „einheitlich", fordert nicht ausdrücklich zum einheitlichen Ansetzen auf. Daraus wird geschlossen, daß eine Pflicht zur Einheitlichkeit beim Bilanzansatz nicht besteht 212 . Daran ist unbestritten richtig, daß Wahlrechte bei gleichartigen Sachverhalten für den Konzernabschluß unterschiedlich ausgeübt werden können, „sofern dies in einem rechtlich einheitlichen Unternehmen möglich wäre" 213 . Ob insgesamt einheitlich anzusetzen ist, hängt ab von der einheitlichen Bewertung. Denn sie ist ausdrücklich angeordnet. Wenden wir uns also der einheitlichen Bewertung zu. Die Kemaussage des § 308 lautet: Es ist einheitlich zu bewerten, § 308 Abs. 1 S. 1. Um diese Kernaussage herum ordnet der Paragraph ein Bündel von Vorschriften, die den Rahmen abstecken, innerhalb dessen die einheitliche Bewertung stattzufinden hat. Dieser Rahmen muß zunächst bestimmt werden, um dann von außen nach innen vorgehend den Begriff „einheitlich" auf seine sprachliche und damit juristische Faßbarkeit zu untersuchen. Wie sieht dieser Rahmen aus? § 308 Abs. 1 S. 2 sagt: „Nach dem Recht des Mutterunternehmens zulässige Bewertungswahlrechte können im Konzernabschluß unabhängig von ihrer Ausübung in den Jahresabschlüssen der in den Konzernabschluß einbezogenen Unternehmen ausgeübt werden." Darunter fällt etwa folgendes Beispiel: Haben die Unternehmen unserer Glückspillen-Gruppe in den Einzelabschlüssen derivative Firmenweite gemäß § 255 Abs. 4 S. 2 mit jährlich einem Viertel des Wertes abgeschrieben, so sind sie daran im Konzernabschluß nicht gebunden, sondern können grundsätzlich nach § 255 Abs. 4 S. 3 auch eine längere Abschreibung wählen.
208 Sigle, S. 177; Pfleger, S. 103 ff., insbesondere 113; Clemm / Wenzel, BFuP 1986, S. 341, 345, 347 ff. Clemm / Wenzel errechnen die Zahl der Möglichkeiten, einen Konzernabschluß aufzustellen. Nach ihrem Rechenmodell ergeben sich 7.077.888 Möglichkeiten, S. 346, Fußnote 20. 209 Para 3 (1) schedule 2 und para 5 schedule 1 des Companies Act 1989. 210 Siehe dazu Baetge, Wpg 1987, S. 126. 211 Die alte Regelung faßte dies in § 331 Abs. 1 Nr. 1 AktG zusammen. 212 Weirich, Wpg 1987, S. 79; IdW, Wirtschaftsprüfer-Handbuch Π, 85 / 86, S. 346; wohl auch Ordelheide, Wpg 1985, S. 511. 213 Maas/Schruff, Wpg 1986, S. 238; Biener, DB 1983, Beilage Nr. 19, S. 9. 5 Meinhold-Heerlein
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D. Einheitlichkeit nach dem Bilanzrichtliniengesetz
I. Bewertungswahlrecht Was aber ist unter dem Èegriff „Bewertungswahlrecht" im Sinne des § 308 zu verstehen? Aus den Vorschriften zur Einzelbilanz läßt sich nichts genaues herleiten. Der Begriff wird hier nicht verwendet. Unbestritten fallen darunter alle Wahlrechte, die in den Vorschriften zur Bewertung im Einzelabschluß gewährt werden. Sie finden sich in den §§ 253 - 256 und für das Kapitalgesellschaftsrecht in den §§ 279 und 283. Darunter fallen auch die nicht ausdrücklich genannten Abschreibungsmethoden, die den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen. Fraglich ist bereits, ob unter den Begriff des Bewertungswahlrechts auch Ermessensspielräume und Schätzungen fallen 214 . Das ist praktisch relevant, wenn die voraussichtliche Nutzungsdauer beurteilt wird oder wenn Abschreibungen nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung zu erfolgen haben. Es handelt sich also um die Frage, ob nicht nur das Rechenverfahren, sondern auch die Rechengröße begrifflich umfaßt wird 2 1 5 . Dasselbe Problem stellt sich indes für die „Bewertungsmethode". Es soll daher offenbleiben, bis dieser zweite Begriff geklärt wird. 1. Einschränkungen durch die Generalklausel Ein anderes Problem kann jedoch sofort untersucht werden. Sowohl für die Wahlrechte im engeren Sinn als auch für die Rechenkomponenten könnten sich Einschränkungen durch die Generalklausel des § 297 Abs. 2 ergeben, wonach der Konzernabschluß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln hat. Diese Frage war bereits im alten Aktienrecht umstritten; das hatten wir gesehen216. Die praxisorientierte Ansicht betrachtete die Ausübung von Bewertungswahlrechten als frei und der Generalklausel vorgehend. Einzige Grenze sei der Mißbrauch 217 . Die theoretisch orientierte Gegenmeinung sah die Wahlrechte durch die Generalklausel als gebunden an. Eine freie Ausübung finde nicht statt 218 . Eine Mittelmeinung verlangte ein sachgerechtes Abwägen zwischen Wahlrechtsfreiheit und Generalklauselanforderung 2 1 9 . 214
Zu denken ist an die steuerliche 15-Jahres-Periode. 215 Dieses Problem erörtert Reintges, Wpg 1987, S. 283 nicht für den Begriff des Wahlrechts, sondern der Bewertungsmethode. Dabei stellt sich die Anschlußfrage, ob alle Bewertungswahlrechte auch Bewertungsmethoden sind. Wenn ja, gilt das von Reintges für die Methode gesagte auch für das Wahlrecht. 216 Siehe oben B. II. 2. b) bis d). 217 Forster, Wpg 1965, S. 587 f.; Saage, NB 1966, S. 71; IdW-Stellungnahme NA 5 / 1966; Adler / Düring / Schmaltz, Band 1, § 149 Tz 94, weitere Nachweise bei Scherrer, in: Hofbauer / Kupsch (Hrsg.), Bonner Handbuch, § 308 Tz 15. 218 Döllerer, BB 1965, S. 1411, BB 1966, S. 630.
I. Bewertungswahlrecht
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Was hat sich durch das Bilanzrichtliniengesetz geändert? Die Auslegung des Gesetzes hat am Wortlaut anzusetzen. Hier scheint sich viel geändert zu haben. Statt „möglichst sicherer Einblick" heißt es jetzt „den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild". Zusätzlich muß auf die Finanzlage eingegangen werden. Aber trotz dieser massiven wörtlichen Änderung hilft der Wortlaut nicht recht weiter: „Was ist schon tatsächlich an Rechtsverhältnissen, die sich nur im Denken und in der Sprache vollziehen?" 220 Mehr als ein „angemessenes Bild" als Ausformung des Grundsatzes der Bilanzwahrheit kann ein Jahresabschluß nicht leisten. Eine andere Formulierung kann die Grenze der Aussagekraft nicht verschieben. Dennoch wirkt die neue Formulierung kraftvoller. Sie ist damit immerhin ein Indiz, daß der Generalklausel im neuen Recht eine besonders starke Stellung zukommt und sie keinesfalls nur unverbindliche Leitlinie für den Bilanzierenden ist. Das Bilanzrichtliniengesetz hat die systematische Stellung und das Gewicht der Generalklausel erheblich verstärkt: Die §§ 264 Abs. 2 S. 1 und 2, 289 Abs. 1, 295 Abs. 1, 296 Abs. 2, 297 Abs. 2, 303 Abs. 2, 304 Abs. 3, 305 Abs. 2, 308 Abs. 2 S. 3,315 Abs. 1,322 Abs. 1 verlangen die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes. Das Bilanzrecht ist damit, viel mehr als vorher durch den § 149 AktG, durchwoben von einer programmatischen Vorgabe. Das Bilanzrichtliniengesetz ist ein Transformationsgesetz zu 3 europäischen Richtlinien. Fernziel dieser Richtlinien ist die Vereinheitlichung des europäischen Gesellschaftsrechts. Aus diesem Grund muß besonderes Gewicht auf die historisch-teleologische Auslegung gelegt werden 221 . Dabei geht es um die Frage, auf welchem Weg die Entstehungsgeschichte die Norm formte, in der die Intention des Gesetzgebers die tragende Rolle spielt 222 . Die Intention des Gesetzgebers bestand darin, richtlinienkonformes Bilanzrecht zu schaffen, wie es Art. 54 Abs. 3 g iVm 189 Abs. 3 EWGV verlangen 223 . Dies tat er, indem er möglichst wortgetreu die Art. 2 Abs. 3-5 der 4. Richtlinie 224 und des Art. 16 Abs. 3 der 7. Richtlinie übernahm 225. Dabei ist zweierlei anzumerken: Sowohl in der Präambel der 4. als auch in der Präambel der 7. Richtlinie wird die Generalklausel wiedergegeben. Das zeigt, welch überragende Bedeutung das Gesetz ihr zu219 Claussen, in: Zöller (Hrsg.), Kölner Kommentar, § 149 Anmerkung 9-11; Kropff, Aktiengesetz, S. 369. 220 Großfeld, in: Leffson, Rückle, Großfeld (Hrsg.), S. 199. 221 Dies entspricht anerkannter juristischer Methodik, siehe Großfeld, in: Leffson, Rückle, Großfeld (Hrsg.), Handwörterbuch, S. 193. 222 Honseil, insbes. S. 53 ff., 130 ff., 152, 186. 223 RegE Bundestags-Drucks. 10/317, S. 62 für die 4. Richtlinie; RegE BundestagsDrucks. 10/3440, S. 30 für die 7. und 8. Richtlinie; Dies betont auch der Rechtsausschuß in Bundestags-Drucks. 10/4268, S. 87 unter II. 224 Für die Einzelbilanz. 225 Für die Konzernbilanz. 5*
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D. Einheitlichkeit nach dem Bilanzrichtliniengesetz
mißt 2 2 6 . Zum zweiten ist wegen der weitgehenden wörtlichen Gleichheit von Richtlinie und Bilanzrichtliniengesetz danach zu fragen, welche entstehungsgeschichtlichen Gedanken hinter den Richtlinien stehen. Damit befinden wir uns an einem Schnittpunkt in der Zusammenführung des europäischen Gesellschaftsrechts. Besonders die 7. Richtlinie, aber auch die 4. Richtlinie normieren eine Fülle von Rechnungslegungsgrundsätzen, die wegen des Umsetzungsbefehls von der Bundesrepublik Deutschland zu übernehmen sind. Dazu zählt auch die Generalklausel. Denn die Formulierung „den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild" soll den englischen Begriff „True and Fair View" übersetzen. See. 228 Abs. 2 1. Halbsatz des Companies Acts 1985 ordnet an: „Die Bilanz soll einen True and Fair View der Geschäftslage am Ende des Geschäftsjahres geben." Dies muß in Zusammenhang mit Absatz 3 gesehen werden. Danach geht der „True and Fair View" allen anderen Bestimmungen des Gesetzes vor, „sofern sie den Jahresabschluß oder den Anhang betreffen" 227 . Zusätzlich bestimmen die Absätze vier und fünf die Vorrangstellung der Generalklausel. Dem entspricht auch die englische Praxis, die, von der Generalklausel ausgehend, die Einzelregelungen eher erläuternd oder als Zusatzstütze heranzieht 228 . Diese Funktion des „True and Fair View" wird durch die englische Rechtsprechung bestätigt 229 . Die EG-Richtlinien übernehmen den englischen Begriff und räumen ihm als Generalklausel eine stark hervorgehobene systematische Stellung ein. Das bedeutet für eine richtlinienkonforme Interpretation der deutschen Umsetzung: Die Generalklausel ist der Maßstab, an dem sich die Bilanzierung zu orientieren hat. In der Regel werden die Detailregeln diesem Maßstab entsprechen. Ist das nicht der Fall, sind die Werte entsprechend anzugleichen. Besondere Bedeutung gewinnt die Generalklausel in Zweifelsfällen. Hier muß sie, mehr als nur ein programmatischer Leitsatz, zur Ausfüllung herangezogen werden. Das heißt im Ergebnis: Die durch Bilanzierungswahlrechte 230 eröffnete Lücke wird durch die Generalklausel geschlossen. Es handelt sich mithin nicht um freie Wahlrechte. Der Bewegungsspielraum für die Bilanzpolitik ist damit theoretisch stark eingeschränkt, und zwar stärker, als es zuvor für die aktienrechtlichen Wahlrechte galt.
226 So Großfeld, in: Leffson, Rückle, Großfeld (Hrsg.), Handwörterbuch, S. 195. 227 Dies ist das overriding principle, siehe Leffson, Wpg 1988, S. 445. 228 im Gegensatz zur deutschen Praxis, die von den Detailregeln ausging und dann erst nach der Generalklausel fragte. Bis sich dieser Widerspruch auch im praktischen aufgelöst hat, wird noch einige Zeit vergehen. 229 Vgl. Nachweise bei Großfeld, in: Leffson, Rückle, Großfeld (Hrsg.), Handwörterbuch, S. 197. 230 Seien es Wahlrechte im engeren Sinn, Abschreibungsmethoden oder Ermessensspielräume.
I. Bewertungswahlrecht
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Was heißt das für das deutsche Recht? Darf der deutsche Bilanzierende Werte ansetzen, die er nur aus dem Grundsatz des „True and Fair View" ermittelt hat? Das würde bedeuten, daß alle Gegenstände auch zu Tageswerten oder Wiederbeschaffungskosten angesetzt werden können. Dagegen spricht entscheidend, daß der deutsche Gesetzgeber gerade nicht das Wahlrecht aus Art. 33 Abs. 4 der 4. EG-Richtlinie wahrgenommen hat. Nach diesem Wahlrecht kann es für zulässig erklärt werden, bestimmte Werte zu Wiederbeschaffungskosten anzusetzen. Während die Niederlande dieses Wahlrecht wahrnahmen, verzichtete die Bundesrepublik Deutschland darauf. Deshalb ist davon auszugehen, daß nur die Bewertungsmethoden zulässig sind, die das Gesetz ausdrücklich vorschreibt. Die starke Position der Generalklausel im Handelsgesetzbuch führt nicht dazu, daß Vermögensgegenstände des Anlagevermögens zu Tageswerten angesetzt werden können, auch wenn das der Realität bisweilen mehr entspricht. Etwas anderes gilt für die allgemeinen Bewertungsgrundsätze des § 252 Abs. 1. Nach § 252 Abs. 2 kann von diesen Grundsätzen in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden. Ein solcher Fall liegt vor, wenn der Grundsatz des „True and Fair View" in Widerspruch steht mit diesen Bewertungsgrundsätzen. Hier muß, aufgrund seiner hervorgehobenen systematischen Stellung und aufgrund seiner Entstehungsgeschichte, der „True and Fair View" vorgehen. Insbesondere darf das Vorsichtsprinzip nach § 252 Abs. 4 nicht dazu führen, daß in der Bilanz stille Reserven in spürbarem Ausmaß gebildet werden. Dem steht der Grundsatz des „True and Fair View" entgegen. Im Zweifel muß sich der Bilanzierende im Rahmen des § 252 Abs. 4 sogar gegen das Vorsichtsprinzip entscheiden. Die Generalklausel hat damit folgende Wirkung: Der Bilanzierende hat sich zunächst zu fragen, welcher Wertansatz der Bilanzwahrheit am nächsten kommt. Sodann hat er danach zu suchen, ob das Gesetz ihm die entsprechende Bewertungsmethode zur Verfügung stellt. Wahlrechte muß er entsprechend ausüben, sie sind durch den Grundsatz des „True and Fair View" begrenzt. Wenn die Bewertungsmethoden es nicht erlauben, einen wahren Wert anzusetzen, so hat er denjenigen zulässigen Wert zu wählen, der dem wahren Wert am nächsten kommt. 2. Subjektive Wertungen Dieses Ergebnis führt zu einem weiteren Problem. Der Bilanzierende muß, insbesondere wenn er die Wahlrechte ausübt, den Wert wählen, den er selbst für richtig hält. Nur dann, wenn er mehrere Werte für wahr hält, darf er sich nach freiem Ermessen für einen Wert entscheiden. Nur in diesem Rahmen ist also auch Bilanzpolitik möglich. Das bedeutet für den Bilanzierenden ein hohes Maß an Verantwortung. Die Generalklausel als Auslegungsmaßstab gerät damit zum Appell an die Ehrlichkeit des Bilanzierenden, und zwar so weit, wie er sich nach dem Gesetz entscheiden kann. Dieses Ergebnis ist auch sachgerecht. Denn
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D. Einheitlichkeit nach dem Bilanzrichtliniengesetz
selbst wenn die Theorie für jeden Einzelfall eine einzige Möglichkeit ermitteln könnte, so würden die praktische Unwägbarkeit und subjektive Bewertungen nicht zu übereinstimmenden Ergebnissen führen. Deshalb gilt: Ohne Ehrlichkeit des Bilanzierenden gegenüber der Generalklausel ist ein sinnvolles Bilanzrecht kaum möglich. Natürlich, man könnte starre Regeln vorschreiben. Sie aber würden ebenfalls eine brauchbare Aussage der Bilanz verhindern, von Zufallstreffern einmal abgesehen. Deshalb brauchen wir Wahlrechte. Deshalb aber auch muß auf das ehrliche Subjekt gehofft werden. Ein tatsächliches Bild und damit Wahrheit liegt also vor, wenn der Bilanzierende aus der Bandbreite der zulässigen Möglichkeiten diejenige auswählt, die er subjektiv für richtig hält 2 3 1 . Das Bild von der Unternehmenslage ist dann von einem objektiven Standpunkt aus „angemessen", und nicht etwa „einzig richtig". Damit muß für den Begriff des Bewertungswahlrechts im Sinne des § 308 festgehalten werden: Der Bilanzierende hat eine gesetzlich vorgegebene Wahlmöglichkeit so auszuüben, daß sie dem Grundsatz des „True and Fair View" entspricht. Nur dann, wenn er subjektiv und sachlich begründet mehrere Werte für wahr hält, hat er die freie Entscheidungsmöglichkeit. Diese Entscheidungsmöglichkeit hat er jedoch uneingeschränkt nur, wenn er zum ersten Mal bewertet. Bei allen folgenden Vorgängen hat er sich in der Konzernbilanz mit den Regeln des § 308 auseinanderzusetzen. Hier handelt es sich um eine Bindung innerhalb der Konzernbilanz. Dafür entfällt eine Bindung nach außen. Das Maßgeblichkeitsprinzip ist weggefallen. Die noch bestehenden Entscheidungsmöglichkeiten müssen gemäß § 308 Abs. 1 S. 2 in der Konzernbilanz nicht genauso ausgeübt werden wie in der Einzelbilanz.
I I . Neubewertungspflicht Die Lösung vom Einzelabschluß wird durch eine weitere Anweisung sichergestellt, und zwar durch die Neubewertungspflicht 232 in § 308 Abs. 2 S. 2: „Sind in den Konzernabschluß aufzunehmende Vermögensgegenstände oder Schulden des Mutterunternehmens oder der Tochterunternehmen in den Jahresabschlüssen dieser Unternehmen nach Methoden bewertet worden, die sich von denen unterscheiden, die auf den Konzernabschluß anzuwenden sind oder die von den gesetzlichen Vertretern des Mutterunternehmens in Ausübung von Bewertungswahlrechten auf den Konzernabschluß angewendet werden, so sind die abweichend bewerteten Vermögensgegenstände oder Schulden nach den auf den Konzernab231 Ähnlich Selchert / Karsten, DB 1989, S. 840, die aber nicht auf die moralische Seite des Problems eingehen und nicht erwähnen, daß das Ehrlichkeitsgebot die Bilanzpolitik einschränkt. 232 Scherrer, in: Hofbauer / Kupsch, Bonner Handbuch, § 308 Rz 20; Weirich, Wpg 1987, S. 82; Stobbe, DB 1986, S. 1838.
Π. Neubewertungspflicht
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schluß angewandten Bewertungsmethoden neu zu bewerten und mit den neuen Wertansätzen in den Konzernabschluß zu übernehmen." 1. Zwingende Bewertungsregeln Diese Anordnung umfaßt zwei Fälle: Zum einen die zwingenden Bewertungsregeln, die „anzuwenden" sind. Damit ist folgendes gemeint: Maßstab für die Konzernbilanz ist das Recht des Mutterunternehmens. Das Recht des Mutterunternehmens ist maßgeblich für die Konzernbilanz. Dies gibt automatisch ein Bündel von Bewertungsregeln vor, denen nicht ausgewichen werden kann. Ist Muttergesellschaft eine Kapitalgesellschaft, so sind einerseits gewisse Bewertungspflichten zu beachten, etwa das Wertaufholungsgebot des § 280 Abs. 1. Andererseits sind eine Anzahl von Wahlrechten ausgeschlossen, etwa nach kaufmännischer Beurteilung gemäß § 253 Abs. 2 S. 3 wegen § 279 Abs. 1 S. 2 abzuschreiben, sowie gemäß § 254 wegen § 279 Abs. 2 auf den steuerrechtlich zulässigen niedrigeren Wert abzuschreiben, selbst wenn es die umgekehrte Maßgeblichkeit nicht verlangt 233 . Ist die Muttergesellschaft Personengesellschaft, so sind gewisse Bewertungsvorgänge ebenfalls ausgeschlossen. Dies geschieht schon deshalb, weil es sich für die Personengesellschaften regelmäßig um Positionen handelt, die nicht angesetzt werden können: Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen gemäß § 269 zu aktivieren, ist wegen § 248 Abs. 1 nur für Kapitalgesellschaften möglich. Für Personengesellschaften entfallen folglich auch die Abschreibungsregeln des § 282. Weil Personengesellschaften einer gewissen Größenordnung aber ohnehin nach dem Publizitätsgesetz zur Konzernrechnungslegung verpflichtet sind und weil befreiende Konzernabschlüsse nach dem Recht der Kapitalgesellschaft auszurichten sind, gilt: Die Hauptbedeutung des § 308 Abs. 2 S. 2 besteht im Inland für die Personengesellschaften als Tochter, deren Mutter Kapitalgesellschaft ist.
2. Die „angewendeten" Methoden Der zweite Fall betrifft die in Ausübung von Bewertungswahlrechten „angewendeten" Methoden. Beispiel: Die Glückspillen sind nahezu unbegrenzt haltbar und in festen Verpackungen ohne Beschädigungsgefahr gelagert. Im Konzernabschluß ergibt sich dann erneut die Möglichkeit, statt Einzelbewertung gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 3 nach dem gewogenen Durchschnitt gemäß § 240 Abs. 4 iVm § 256 zu bewerten. Das Bewertungswahlrecht bestünde hier in der Entscheidungsfreiheit zwischen Einzelbewertung und verschiedenen Bewertungsvereinfachungen, die angewendete Methode der tatsächlich gewählte gewogene Durchschnitt. 233 Scherrer, ebenda, § 308 Tz 22 ff.; Weirich, Wpg 1987, S. 82; v. Wysocki / Wohlgemuth, S. 32; Schülen, S. 131.
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D. Einheitlichkeit nach dem Bilanzrichtliniengesetz
Wird bei der Wahlrechtsausübung für die Posten der Muttergesellschaft eine andere Methode gewählt als für deren Einzelabschluß, so ist dies anzugeben und zu begründen. Das normiert § 308 Abs. 1 S. 3. In Großbritannien befiehlt diese Regel para 4 von schedule 4A des Companies Acts 1985. Sie ist der einzige Zusatz zur alten, durch SSAP 14 normierten Rechtslage. Para 4 und § 308 Abs. 1 S. 3 gehen zurück auf Art. 29 Abs. 2 der 7. EG-Richtlinie. Bei allen Bewertungen hat der Bilanzierende denjenigen Wert zu wählen, der dem „True and Fair View" in Verbindung mit dem Wirtschaftlichkeitsprinzip am ehesten entspricht. Wohlgemerkt: Echte Wahlmöglichkeiten bestehen auch hier nur, wenn der Bilanzierende alle Werte subjektiv für richtig hält. Nachdem nun der Begriff des Wahlrechts erläutert wurde, fragt sich, wie diese Wahlrechte zu handhaben sind. Kommt dem Begriff der „angewendeten" Methode ein besonderer Sinngehalt zu? Die überwiegende Meinung der Autoren sieht in diesem Begriff eine Leerformel. Sie berufen sich auf die Gesetzesbegründung, wonach Bewertungswahlrechte nebeneinander ausgeübt werden können, sofern diese Möglichkeit auch für den Einzelabschluß besteht 234 . Diese Meinung führt dazu, daß die Formulierung „angewendet" des § 308 Abs. 2 S. 1 insoweit überflüssig ist, als ein Verweis auf die Maßgeblichkeit des Rechts des Mutterunternehmens genügt hätte. Stobbe versucht, den Sinngehalt der Norm zu retten, indem er in der unterschiedlichen Ausübung von Wahlrechten abweichende zulässige Bewertungsmethoden sieht, die im Konzernanhang anzugeben sind 235 . Andere Autoren wiederum sehen das Gewicht der Norm mehr auf dem Koordinierungszwang und halten die Neubewertung für zwingend 236 . Die Klärung dieser Frage hängt aber letztlich von der Interpretation des Begriffs „einheitliche Bewertung" ab. Die Frage muß daher zunächst zurückgestellt werden. Dasselbe gilt für die Frage, ob Gegenstände von der Neubewertungspflicht umfaßt werden, die vorher in den Einzelbilanzen gar nicht auftauchten 237. Scher rer schließt aus dem Sinn der Norm, daß sie diese Gegenstände umfaßt, obwohl der Wortlaut das nicht voraussetzt. Eine solche Auslegung ist aber nicht nötig. Da eine Umbewertung gar nicht vorgenommen werden muß, gilt der Bewertungsbefehl des § 308 Abs. 1 „einheitlich bewerten". Praktisch bewertet der Bilanzierende um, indem er eine Nebenrechnung aufstellt, welche die speziellen Regeln für den Konzern berücksichtigt; diese Nebenrechnung heißt bekanntlich Handelsbilanz I I 2 3 8 .
234 Dies sind die praxisorientierten Autoren, siehe IdW, Wirtschaftsprüfer-Handbuch II, 85/86, S. 348; v. Wysocki / Wohlgemuth, S. 31; Lederle, in: Castan und andere (Hrsg.) Becksches Handbuch, C 300, Tz 90, 98; Maas / Schruff, Wpg 1986, S. 238; Gesetzesmaterial: Bundestags-Drucks. 10/3440, S. 39 f. (Begründung RegE). 235 Stobbe, DB 1986, S. 1838; so auch Schülen, S. 131. 236 Weirich, Wpg 1987, S. 82. 237 Beispielsweise ein durch die Konsolidierung entstehender Goodwill.
III. Einheitlich bewerten
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3. Ausländische Tochterunternehmen Von besonderer Bedeutung ist die Umbewertungspflicht für ausländische Tochterunternehmen. Hier sind wieder zwei Fälle zu unterscheiden, Töchter im EG-Ausland und solche im Nicht-EG-Ausland. Die erste Gruppe hat dann umzubewerten, wenn sie nach Bewertungsmethoden bewertet hat, die trotz der Rechtsvereinheitlichung noch abweichend in Ausübung nationaler Wahlrechte zulässig sind. Standardbeispiel ist auch hier die Bewertung zu Wiederbeschaffungskosten in den Niederlanden 239 oder der Ansatz zu Tageswerten nach SSAP 16 „Current Cost Accounting" in Großbritannien. Wohlgemerkt: Es handelt sich hier nur um die speziell durch ausländisches Recht verursachten Bewertungsabweichungen. Ansonsten gelten die Bemerkungen zu inländischen Töchtern aber ebenso für ausländische. Häufiger müssen die Werte im Nicht-EG-Ausland angepaßt werden. Denn dort ist das Recht nicht vereinheitlicht. Werte anzupassen kann selbst dann erforderlich sein, wenn die Konzernleitung konzerneinheitliche Bilanzierungsregeln vorschreibt. Denn zwingende ausländische Regeln können damit nicht umgangen werden. Beispielsweise ist in den südamerikanischen Hochinflationsländern regelmäßig aufzuwerten, um die Werte an einen vorgegebenen Index anzupassen240. Betroffen sind daneben die typischen Wahlrechte, wenn Wahlmöglichkeiten genutzt werden, die in Deutschland unzulässig wären. Darüber hinaus können auch die Bewertungsgrundsätze des § 252 durch ausländische Vorschriften verletzt sein. Dann sind Anpassungen ebenfalls erforderlich. Insgesamt bleibt festzuhalten: Die Umbewertungspflicht des § 308 Abs. 2 S. 1 ist ein gesetzliches Element, das für einheitliche Bewertung sorgt. Die Umbewertungspflicht stellt das Bindeglied zwischen bilanzieller Unabhängigkeit und der Maßgeblichkeit des Rechts der Mutter dar. In welchem Ausmaß umzubewerten ist, hängt aber entscheidend von der Frage ab, welchen Inhalt die „einheitliche Bewertung" des § 308 Abs. 2 S. 1 hat.
I I I . Einheitlich bewerten Damit stoßen wir zum Kern des § 308 vor: „Die in den Konzernabschluß nach § 300 Abs. 2 übernommenen Vermögensgegenstände und Schulden der in den Konzernabschluß einbezogenen Unternehmen sind nach den auf den Jahresab238 Weirich, Wpg 1987, S. 82; Schülen, S. 138; Stobbe, DB 1986, S. 1383; Lederle, in: Castan und andere (Hrsg.), Becksches Handbuch, C 300, Tz 85 ff.; IdW, Wirtschaftsprüfer-Handbuch II, 85/86, S. 350; v. Wysocki / Wohlgemuth, S. 32. 239 Art. 33 der 4. Richtlinie; Weirich, Wpg 1987, S. 82; IdW, WirtschaftsprüferHandbuch II, 85/86, S. 349. 240 Weirich, Wpg 1987, S. 82.
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D. Einheitlichkeit nach dem Bilanzrichtliniengesetz
Schluß des Mutterunternehmens anwendbaren Bewertungsmethoden einheitlich zu bewerten." Bewertung ist ein komplexer Vorgang. Theoretisches Ziel ist, den richtigen Wert eines Gegenstandes zu ermitteln.
1. Bilanzielle Wahrheit Erinnern wir uns: Das Gebot der Bilanzwahrheit zwingt bei der Bewertung zu einem Vorgehen, bei dem die Ehrlichkeit des Bilanzierenden eine bedeutende Rolle spielt. Ausgangspunkt sind die zwingenden Bilanzierungsvorschriften. Danach sind die allgemeinen Bewertungsgrundsätze zu beachten und Bilanzierungswahlrechte anzuwenden. Bei diesem zweiten Schritt ist aber die Generalklausel zu beachten. Die Entscheidungsfreiheit des Bilanzierenden ist durch den Grundsatz des „True and Fair View" gebunden. Nur dann, wenn er mehrere Möglichkeiten für „wahr" im Sinne der Generalklausel hält, darf er Bilanzpolitik betreiben. Dann liegt auch kein Verstoß gegen das Willkürverbot vor. Denn dessen Anwendungsbereich ist auf sachlich nicht gerechtfertigte Ansätze beschränkt. Diese sind aber dann nicht gegeben, wenn es sich um eine Auswahl von Werten handelt, die der Bilanzierende objektiv für „wahr" halten durfte und subjektiv für wahr hält. Damit kommt auch das in den Begriffen „Wahlrecht", „können" und „dürfen" beinhaltete Willkürelement zur Geltung. Eine durch das Willkürverbot verursachte Auslegung gegen den Wortsinn findet nicht statt.
2. Einheitlich Was bedeutet nun aber einheitlich? Bindet die erstmalige Wahlrechtsausübung innerhalb der „wahren" Werte alle folgenden Bewertungsvorgänge? Bedeutet einheitlich übereinstimmend, ist also eine Bewertungsmethode unabhängig von der Sachverhaltsgestaltung immer wieder anzuwenden? Handelt es sich vielleicht nicht eher um eine mißglückte Leerformel, möglicherweise nur um eine Erlaubnis für einheitliche Richtlinien im Konzern? So vielfältig wie diese Fragen, so vielfältig sind auch die vertretenen Meinungen. Einigkeit besteht nur in einem Punkt: Die Anforderungen an die Konzernbilanz dürfen nicht höher sein als die an den Einzelabschluß241. Diese Ansicht wird durch die amtliche Gesetzesbegründung untermauert 242. Das Schwergewicht dieser Begründung wird jedoch jeweils anders gesehen. Daraus folgen für den Begriff der Einheitlichkeit unterschiedliche Ergebnisse. Schalen hält die einheitli-
241 IdW, Wirtschaftsprüfer-Handbuch Π, 85/86, S. 348; Scherrer, in: Hofbauer/ Kupsch, Bonner Handbuch, § 308 Tz 14; Küting / Weber, § 308 Tz 26; Weirich, Wpg 1987, S. 79; Reintges, Wpg 1987, S. 287. 242 Regierungsentwurf, Anm. zu § 289, Bundestags-Drucks. 10/3440, S. 40.
III. Einheitlich bewerten
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che Bewertung nur für eine Empfehlung, nicht aber ein Gebot, immerhin sei die Möglichkeit konzerneinheitlicher Richtlinien eröffnet 243 . In dieselbe Richtung 244 argumentiert das Wirtschaftsprüfer-Handbuch . Danach bedeutet einheitlich, daß der Rahmen der für das Mutterunternehmen anwendbaren Bewertungsmethoden eingehalten werden muß, innerhalb dessen freie Wahlrechtsausübung möglich ist. Ähnlich hält Lederle 245 es nur für geregelt, daß der Konzern die Möglichkeit hat, alle Konzerngesellschaften zu einheitlichen Bewertungsregeln innerhalb der gesetzlichen Wahlrechte zu verpflichten. Demgegenüber folgert Weirich 246, daß art- und funktionsgleiche Vermögensgegenstände nach gleichen Methoden zu bewerten sind. Dies gelte aber ohnehin, weil es das Gebot der Stetigkeit gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 6 im Sinn einer sachlichhorizontalen Stetigkeit fordere. Entsprechend argumentiert auch Reintges 241. Damit haben die Meinungen eines gemeinsam: Alle halten es unausgesprochen für überflüssig, die Anweisung „einheitlich bewerten" ausdrücklich zu formulieren. Die einen, weil sie es lediglich als Empfehlung verstehen, die anderen, weil sich der verpflichtende Charakter auch so herleiten läßt. Was ist von diesen Meinungen zu halten? a) Das Stetigkeitsargument § 252 Abs. 1 Nr. 6 ordnet an: „Die auf den vorhergehenden Jahresabschluß angewandten Bewertungsmethoden sollen beibehalten werden. Absatz 2 erlaubt ein Abweichen in begründeten Ausnahmefällen. Diese Vorschrift sorgt dafür, daß die Wahl, die der Bilanzierende aus mehreren „richtigen" Wertansätzen und damit Bewertungsmethoden getroffen hat, im Interesse der Aussagekraft der Bilanz (Vergleichbarkeit!) bestehen bleibt. Der Verweis auf die Ausnahmefälle ist dabei überflüssig: Die Generalklausel und die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (BilanzWahrheit) erlauben auch in sachlich begründeten Fällen ein Abweichen. Aber die Stetigkeitsvorschrift sorgt ansonsten dafür, daß bilanzpolitische Willkür eingeschränkt wird. Fraglich ist aber, ob diese Bindung an die Wertansätze des Vorjahres und damit aller Vorjahre auch eine Bindung innerhalb der Einzelbilanz beinhaltet. Zwar überzeugt der Gedanke, daß neu zugegangene Vermögensgegenstände und Schulden nicht vom Gebot zeitlicher Stetigkeit erfaßt werden, und daß insofern der Grundsatz in Teilen leerlaufen könnte. Aber daraus läßt sich noch nicht schließen, daß die Formulierung des § 252 Abs. 1 Nr. 6 auch eine Stetigkeit 243 Schülen, S. 134. 244 IdW, Wirtschaftsprüfer-Handbuch II, 85 / 86, S. 348. 245 Lederle, in: Castan und andere (Hrsg.), Becksches Handbuch, C 300 Tz 95. 246 Weirich, Wpg 1987, S. 80. 247 Reintges, Wpg 1987, S. 284.
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D. Einheitlichkeit nach dem Bilanzrichtliniengesetz
innerhalb der Bilanz beinhaltet. Im Gegenteil: Sowohl die Formulierung der Norm selbst als auch der benutzte Terminus Stetigkeit enthält eher ein zeitliches Moment 248 . Die deutsche Regelung bietet keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Interpretation des Begriffs „Stetigkeit", welche auch die Horizontale umfaßt. Das Stetigkeitsargument ist daher abzulehnen249. b) Das Willkür argument Auch im neuen Recht ist nach der Funktion des Willkürverbots zu fragen. Dieser Grundsatz füllt nach Reintges und Weirich folgendermaßen den Begriff einheitliche Bewertung aus: Gleiche Vermögensgegenstände und Schulden, die gleichen Umfeldbedingungen ausgesetzt sind, sind nach derselben Bewertungsmethode zu bewerten 250 . Auf unser Bild von der durch die Generalklausel eng begrenzten Zahl echter Wahlmöglichkeiten hieße das: Wenn der Bilanzierende bei einem Gegenstand eine Wahlmöglichkeit hatte und sich zulässigerweise für eine Bewertungsmethode entschieden hat, hat er diese Methode für alle sachlich gleich gelagerten Fälle erneut anzuwenden. Würde der Bilanzierende sich in diesen Fällen jeweils für eine andere Methode entscheiden, so verstieße das gegen das Willkürverbot. Das Willkürverbot gilt auch für das Kapitalgesellschaftsrecht. Wer das Willkürverbot anerkennt, verstößt nicht gegen den Befehl zur richtlinienkonformen Umsetzung. Zwar sagt Art. 16 Abs. 3 der 7. EG-Richtlinie für die Generalklausel nichts von den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung, und das Willkürverbot ist ein solcher Grundsatz. Aber das Willkürverbot verbessert die Vergleichbarkeit innerhalb der Bilanz und damit ihre Aussagekraft. Es handelt sich also bei den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung keinesfalls um eine Minderung des „True and Fair View". Die Richtigkeit dieser Aussage wurde bereits für den Einzelabschluß im alten Recht gezeigt. Die Generalklausel des „True and Fair View" tritt als zusätzliches Unterstützungsargument hinzu. Insofern liegt zunächst auch ohne ausdrückliche Anweisung eine Pflicht zur Einheitlichen Bewertung vor. Nicht umfaßt vom Einheitlichkeitsbegriff sind danach ungleiche Posten, die gleichen Umfeldbedingungen unterliegen, ungleiche Posten, die ungleichen Umfeldbedingungen unterliegen und gleiche Posten, die ungleichen Umfeldbedingungen unterliegen 251 . Der Begriff der Einheitlichkeit erfaßt mithin nur gleiche Posten, die den gleichen Umfeldbedingungen unterliegen. 248 Richtig insofern IdW, Wirtschaftsprüfer-Handbuch, II, 85 / 86, S. 75; Adler / Düring / Schmaltz, Band 1, § 149 Tz 29; Schülen, S. 133. 249 Dies wäre anders, wenn, wie in Großbritannien, der Stetigkeitsbegriff nach dem Gesetzeswortlaut auch die Horizontale umfaßte. Vergleiche dazu para 5 schedule 1 Companies Act 1989. 250 Reintges, Wpg 1987, S. 284; Weirich, Wpg 1987, S. 80; aber auch Schülen, S. 134. 251 Reintges, Wpg 1987, S. 284.
III. Einheitlich bewerten
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c) Das Einzelbewertungsargument Dieser Pflicht, gleichartige Sachverhalte gleich zu behandeln, widerspricht auch nicht der Grundsatz in § 252 Abs. 1 2 5 2 . Diese Vorschrift normiert den Einzelbewertungsgrundsatz. Doch wie schon für das alte Recht des Aktiengesetzes gilt: Der Einzelbewertungsgrundsatz verbessert die Aussagekraft der Bilanz, indem er summarische Bewertungen verhindert. Seinen Anforderungen wird gerecht, wer nach sachlichen Kriterien bewertet. Der Grundsatz der Einzelbewertung läßt aber Raum für qualitative Verbesserungen und kann nicht herangezogen werden, einen erhöhten Aussagewert zu blockieren. d) Das Wortsinnargument Entscheidend ins Gewicht fällt darüber hinaus der Wortsinn. Zwar hätte nach dem soeben Gesagten genügt, das Maßgeblichkeitsprinzip aufzugeben. Insofern ist die Anweisung „einheitlich bewerten" überflüssig. Aber die Meinungsunterschiede fordern eine Klarstellung. Das Gesetz ordnet an, daß die einzelnen Posten einheitlich zu bewerten sind. Es handelt sich also nicht einmal um eine Sollvorschrift. Vielmehr besteht die Pflicht zur Einheitlichkeit nach dem Wortsinn immer 253 . Deshalb muß man sich von der Vorstellung verabschieden, daß § 308 Abs. 1 S. 1 lediglich eine „unverbindliche Wertempfehlung" ausspricht 254. „Einheitlich" bezieht sich auch nicht nur darauf, daß das Recht des Mutterunternehmens anzuwenden ist. Zwar wollte der Gesetzgeber keine speziellen Einschränkungen für die Konzernbilanz anordnen. Dennoch wäre die Argumentation ein Zirkelschluß, „einheitlich" nur als Verweis auf das Recht der Mutter anzusehen. Denn nur, wenn eine weitergehende Pflicht zur einheitlichen Bewertung in der Einzelbilanz nicht besteht, trifft diese Argumentation zu. Das aber ist zweifelhaft. Vielmehr spricht vieles dafür, daß auch im Einzelabschluß einheitlich zu bewerten ist. Auch der Wortsinn des Paragraphen spricht eher für ein anderes Ergebnis. Einheitlich als Verweis auf das Recht der Mutter zu sehen, ist sinnlos, wenn das Recht der Mutter an mehreren Stellen ausdrücklich für verbindlich erklärt wird. Eine mehrfache Tautologie kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden. „Einheitlich" bedeutet eher eine Vorstufe von „übereinstimmend". Eine übereinstimmende Ausübung von Bewertungsmethoden für einen Gliederungsposten würde möglicherweise gegen das Gebot der Bilanzwahrheit verstoßen, kann also nicht gefordert sein. In gleichgelagerten Sachverhalten spricht aber nichts gegen 252 So Schülen, S. 133. 253 Auch die zugelassenen Ausnahmen in § 308 ändern daran nichts. 254 So, wie bereits angeführt, Schülen, S. 134.
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eine solche Begriffsinterpretation. Dann darf, als Spezialfall, übereinstimmend bewertet werden. Für diese Argumentation spricht auch eine Analyse der Umbewertungsvorschrift des § 308 Abs. 2 S. 1. Hier legt der Wortlaut „in Ausübung von Bewertungswahlrechten angewendete Methode" eine Bindung an gleichgelagerte Sachverhalte näher als wieder nur den Verweis auf das Recht der Mutter. e) Europarechtskonforme
Auslegung
Für eine solche Auslegung spricht auch der entstehungsgeschichtliche Hintergrund des § 308. Wir hatten gesehen, daß es sich um eine aus dem englischen Rechtskreis stammende Norm handelt. Gemäß para 3 (1) von schedule 4A des Companies Act 1985 muß einheitlich bewertet werden. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn besondere Gründe dafür sprechen. Es handelt sich im britischen Recht weder um eine schlichte Empfehlung oder gar nur um eine Wahlmöglichkeit. Auf der anderen Seite handelt es sich auch nicht um einen starren Grundsatz im Sinne von „übereinstimmend". Das Ziel der 7. Richtlinie, das europäische Konzernbilanzrecht anzugleichen, kann deshalb nur erreicht werden, wenn der wichtige Begriff „einheitlich" in Deutschland so wie in Großbritannien gehandhabt wird. Es handelt sich bei § 308 jedenfalls um einen unbedingten Befehl zur einheitlichen Bewertung.
3. Einheitliche Bewertung in der Einzelbilanz Nachdem dies alles für eine Auslegung des Begriffs „einheitlich" als „gleiche Sachverhalte bindend" spricht, kann auch der scheinbare Widerspruch zur gesetzgeberischen Intention gelöst werden. Wenn der Gesetzgeber den Konzernabschluß nicht schärfer als den Einzelabschluß ausgestalten wollte 2 5 5 , heißt das im Umkehrschluß: Der Begriff „einheitlich" wird als selbstverständlich auch für den Einzelabschluß angenommen. § 308 Abs. 1, 2 stützen iVm § 297 Abs. 3, der Einheitstheorie und der Gesetzesbegründung die Behauptung, daß in der Einzelbilanz die Pflicht zur einheitlichen Bewertung besteht. Zwar handelt es sich dabei um einen Blick vom Besonderen ins Allgemeine. Aber es spricht hier nichts entscheidend dafür, daß der induktive Weg unzulässig ist. Natürlich könnte man einwenden, daß im Recht der Einzelbilanz dieser Grundsatz gerade nicht genannt ist. Die Erwähnung bei dem Konzernbilanzrecht rechtfertigt sich aber daraus, daß sich das Problem abweichender Bilanzierungsmethoden bei unterschiedlicher nationaler Rechtsmaterie in besonders starkem Ausmaß stellt. Auch trägt der Einwand nicht, daß das neue Bilanzrecht durch entsprechenden Aufbau versucht, vom Allgemeinen zum Besonderen vorzugehen, um eine Analo255 Ausweislich der Begründung und mit dem Hintergrund der durch § 297 Abs. 3 abgesicherten Einheitstheorie.
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gie zu verhindern. Denn hier handelt es sich nicht darum, eine Norm analog anzuwenden. Es wird lediglich aus der Existenz einer speziellen Regel und dem sie umgebenden System auf ihr Vorhandensein im Allgemeinen geschlossen. Insgesamt macht es das neue Bilanzrecht dadurch wesentlich einfacher, einen Grundsatz der einheitlichen Bewertung in der Einzelbilanz herzuleiten. Ergebnis: Die Anordnung „einheitlich bewerten" hat einen eigenständigen Gehalt. Gleiche Sachverhalte sind gleich zu bewerten. Zwar ergibt sich das ohnehin aus dem Gesetz, aber aus historischen und darstellerischen Gründen ist die Klarstellung zweckmäßig und sinnvoll. Im Rückschluß ergibt sich auch die Pflicht, in der Einzelbilanz einheitlich zu bewerten. Dieses Ergebnis hat eine erfreuliche Folge: Das deutsche und das britische Recht sind auch in diesem Punkt gleich. Sollten daran bisher Zweifel bestanden haben, sind sie durch die Umsetzung der Richtlinie jedenfalls beseitigt. Denn gemäß para 11 von schedule 4 des Companies Act 1985 muß in Großbritannien in der Einzelbilanz folgendermaßen verfahren werden: „Bilanzierungsmethoden sollen innerhalb eines Abschlusses und von einem Geschäftsjahr zum nächsten stetig angewandt werden." Auch in Großbritannien gilt der Grundsatz der einheitlichen Bewertung in der Einzelbilanz.
IV. Bewertungsmethode § 308 liefert noch einen weiteren problematischen Begriff: Die Bewertungsmethode. Es ist „nach den auf das Mutterunternehmen anwendbaren Bewertungsmethoden zu bewerten". Was bedeutet dieser Begriff? Eine Antwort auf diese Frage ist wichtig. Wenn der Begriff weit auszulegen wäre, ergäbe sich daraus eine Pflicht zur allgemeinen Einheitlichkeit. Möglicherweise fallen nämlich Ansatzwahlrechte, Konsolidierungsmethoden und Währungsumrechnungsmethoden unter den Begriff Bewertungsmethode. Sie unterfielen dann ebenfalls der Bindungswirkung des § 308 Abs. 1 S. 1. Ergebnis ist dann eine allgemeine Vereinheitlichung der Bilanz. Reintges vertritt diese ausdehnende Auslegung der „Bewertungsmethode"256. Fraglich und von Reintges nicht näher untersucht ist, ob das methodisch haltbar ist. Dabei sind Ansatzmethode, Konsolidierungsmethode und Währungsumrechnungsmethode getrennt zu beurteilen, weil es sich einerseits um allgemeine, andererseits um konzernspezifische, einerseits um zusammenfassende, andererseits um transformierende Maßnahmen handelt.
256 Reintges, Wpg 1987, S. 287; ebenso für die Währungsumrechnung Weirich, Wpg 1987, S. 83.
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1. Begriff Klärungsbedürftig ist zunächst, was allgemein eine Bewertungsmethode ist. Schon diese Frage wird nicht einheitlich beurteilt. Reintges und Harms / Küting setzen bei dem Begriff der Methode an. Darunter verstehen sie ein „Verfahren, bei dem für einen sachverständigen Dritten nachvollziehbare Regeln angewendet werden und bei deren Anwendung verschiedene Individuen zu gleichen Ergebnissen gelangen müssen" 257 . Das ist für juristische Sachverhalte natürlich weitgehend Fiktion: Wenn etwa nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung gemäß § 253 Abs. 4 Abschreibungen gemacht werden, dann werden nur durch Zufall identische Ergebnisse durch unterschiedliche Individuen erzielt werden. Zwar handelt es sich bei § 253 Abs. 4 um ein extremes Beispiel. Manches andere Wahlrecht ist wesentlich enger konstruiert, bisweilen gibt es tatsächlich nur wenige Möglichkeiten 258 . Weil aber grundsätzlich der subjektive, nicht gleichförmige Hintergrund und die individuelle Situationsbeurteilung des Bilanzierenden eine erhebliche Rolle spielen, kann von dieser Begriffsbestimmung nicht ausgegangen werden. Andererseits muß eines beachtet werden. Der Begriff „Methode" beinhaltet ein gewisses Maß an Nachvollziehbarkeit. Für die Bewertung heißt das: Der Bilanzierende muß zuerst den durch die gesetzlichen Regeln vorgegebenen Rahmen einhalten. Innerhalb dieses Rahmens hat er sachliche, nachvollziehbare Kriterien zur Wertermittlung anzulegen. Diese Abgrenzung der Bewertungsmethode ist zwar deutlich weiter, verzichtet aber auf eine unrealistische Idealisierung. In diese Richtung geht auch die Definition des Wirtschaftsprüfer-Handbuchs. Danach sind Bewertungsmethoden „bestimmte, in ihrem Ablauf definierte Verfahren der Wertfindung, die den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen" 259. Ähnlich weit definieren auch Budde / Ihle. Bewertungsmethode sei ein planmäßiges Vorgehen zur Ermittlung von Bewertungsmaßstäben, deren Anwendung auf die Einzelposten und bei der Berücksichtigung späterer Wertminderungen 260. Wie wirken sich die weiteren Auffassungen auf den Ansatz von Reintges aus? Dazu müssen wir uns den weiteren Gang von Reintges' Argumentation betrachten. Er zerlegt den Begriff Bewertungsmethode in Rechenverfahren und Rechengrößen. Rechenverfahren ist, um ein Beispiel aus der Computersprache zu wählen, die Software. Die Befehle „Der Betrag ist in jedem Geschäftsjahr zu einem Viertel abzuschreiben", § 255 Abs. 4, oder „Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens sind mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der sich aus einem Börsen257 Harms/Küting, BB 1984, S. 109; Reintges, Wpg 1987, S. 283. 258 Etwa bei § 255 Abs. 4. 259 IdW, Wirtschaftsprüfer-Handbuch II, 85 / 86, S. 75. 260 Budde / Ihle, in: Beckscher Bilanzkommentar, § 252 Rz 37.
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oder Marktpreis am Abschlußstichtag ergibt", § 253 Abs. 3 S. 1, beschreiben das Verfahren und sind der „Software" zuzuordnen. Rechengrößen sind dementsprechend der „Input". Die geschätzte Nutzungsdauer, Wertauswirkungen einer außerordentlichen Beanspruchung, die Beurteilung eines niedrigeren Wertes am Abschlußstichtag fallen unter diesen Begriff. Rechengrößen und Rechenverfahren, Input wie Software, unterfallen nach Reintges der „Bewertungsmethode" 261. Nicht unter den Methodenbegriff fällt die „Hardware". Damit seien die allgemeinen Bilanzierungsgrundsätze des § 252 gemeint, etwa das Stetigkeitsgebot oder das Prinzip der Einzelbewertung. Sie bilden nach Reintges lediglich den Rahmen, innerhalb dessen sich die Bewertungsmethoden zu bewegen haben, stellen also keine eigenen Wertfindungsverfahren dar 262 . Dieses Ergebnis ist jedoch bedenklich. Zwar sind Grundsätze, ihrem Charakter als Grundsätze entsprechend, allgemeiner Natur. Zwar sind sie nur Rahmenvorschriften für die Bilanzierung. Aber sie wirken sich direkt auf die Wertansätze aus. Darüber hinaus kann von ihnen abgewichen werden, insbesondere wenn es die Generalklausel erfordert. Dann ändern sich die Wertansätze. Weil insofern die Bewertungsgrundsätze die Werte direkt beeinflussen, müssen auch sie dem Begriff der Bewertungsmethode unterfallen. Der Bilanzierende, der sich etwa wegen des Grundsatzes des „True and Fair View" gegen das Vorsichtsprinzip entscheidet, muß dies bei allen gleichartigen Vermögensgegenständen auch tun. Damit steht als Ergebnis fest: Die weiten Auffassungen des Begriffs „Bewertungsmethode" sind vorzuziehen 263 . Eine Entscheidung zugunsten einer ganz bestimmten Definition mag indessen entfallen. Eine spürbare praktische Konsequenz ergäbe sich dadurch nicht. Wie aber steht es mit dem Unterschied zur engen Definition? Praktische Konsequenzen bestehen zwar nicht für Inlandsgesellschaften. Denn für sie gelten rechtsformunabhängig alle Bewertungsgrundsätze. Aber im Ausland können andere oder nur wenige Grundsätze gelten. Damit der Wortlaut des § 308 auch diese Bewertungsgrundsätze umfaßt, ist für die einheitliche Bewertung die ausdehnende Auslegung auch wünschenswert. 2. Ansatzwahlrechte Versteht man den Begriff der Bewertungsmethode derart weit als Verfahren zur planmäßigen Wertermittlung, dann müssen auch die Ansatzwahlrechte einbezogen werden. Denn Ansatz und Bewertung sind enger verknüpft, als es die begriffliche Trennung nahelegt. 261 So auch IdW, HFA-Stellungnahme 3/1988, S. 483. 262 Reintges, Wpg 1987, S. 283. 263 So auch Schülen, S. 130. 6 Meinhold-Heerlein
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Wer die Ansatzwahlrechte uneinheitlich ausübt, kann nicht mehr einheitlich bewerten. Im Gegenteil: Eine einheitliche Ausübung der Bewertungswahlrechte wäre möglicherweise kontraproduktiv im Sinne eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes, weil uneinheitliche Ansatzmethoden das Bild verzerren können und nur eine flexible Bewertung das schiefe Bild geraderücken könnte. Ein einheitlicher Ansatz ist also Bedingung, wenn § 308 Abs. 1 eine sinnvolle Regelung sein soll. Weil Ansatz und Bewertung so eng verknüpft sind, ist es zulässig, unter den Wortlaut „Bewertungsmethode" auch die Ansatzwahlrechte fallen zu lassen. Zumindest verbietet der Wortlaut eine solche Auslegung nicht. Wenn aber der Wortlaut „Bewertungsmethode" nicht entscheidend gegen diese Interpretation spricht, wie steht es mit der gesetzlichen Systematik? Denn § 300, der den Ansatz in der Konzernbilanz regelt, spricht im Gegensatz zu § 308 gerade nicht von „einheitlich ansetzen". Um diese Frage zu klären, muß man die Stetigkeit einbeziehen. Das Gesetz befiehlt die Bewertungsstetigkeit, § 252 Abs. 1 Nr. 6, die Gliederungsstetigkeit, § 265 Abs. 1 S. 1, die entsprechende Regelung in § 298 Abs. 1 und die Konsolidierungsstetigkeit, § 297 Abs. 3 S. 2. Das Gesetz klammert die Ansatzstetigkeit bewußt aus und verlangt sie gerade nicht. Die Einheitlichkeit, also die sachliche Stetigkeit, wird nicht so offensichtlich ausgeklammert. Wie schon gezeigt, läßt sich dieser Grundsatz allgemein aus dem Gesetz herleiten, ohne daß es einer ausdrücklichen Formulierung bedarf. Fehlt also die Erwähnung, so bedeutet das, daß der Gesetzgeber Überflüssiges nicht besonders herausstellen wollte. Das Argument aus § 300 ist damit untauglich, eine Einbeziehung der Ansatzwahlrechte unter die Bewertungsmethode zu verhindern. Ein weiteres Gegenargument aus dem Gesetzessystem wiegt schwerer: Das Gesetz trennt in aller Regel deutlich zwischen Ansatz und Bewertung 264 . Zwingt das nicht dazu, die „Bewertungsmethode" nur auf den engen Begriff der Bewertung zu beschränken? Dieser Frage stehen folgende Überlegungen gegenüber. Das mehrfach erwähnte Willkürverbot als Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung gilt nicht nur für die Bewertung, sondern für sämtliche Bilanzierungsvorgänge, also auch für den Ansatz. Zusätzlich ist die Generalklausel aus § 264 Abs. 2 und des § 297 Abs. 2 für Kapitalgesellschaften zu berücksichtigen. Sie soll sicherstellen, daß die Bilanz aussagekräftig ist. Aussagekraft wird erzielt durch Vergleichbarkeit, und zwar auch innerhalb der einzelnen Bilanz. Zum dritten lohnt sich erneut ein Blick auf den europarechtlichen Hintergrund der Vorschrift § 308: Einheitliche Bewertung ist ein Grundsatz, der aus Großbritannien stammt 265 . Dort aber ist nicht nur die einheitliche Bewertung, sondern die einheitliche Anwendung aller Bilanzierungsmethoden angeordnet 266. Ein einheitliches euro264 §§ 246 ff. und §§ 252 ff., § 300 und § 308. 265 Siehe oben C. II.
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päisches Recht kann sich also nur dann ergeben, wenn die Ansatzmethoden vom Begriff der Bewertungsmethode umfaßt sind. Das alles bedeutet, daß sich die Pflicht zum einheitlichen Ansatz auch ohne ausdrückliche Normierung herleiten läßt. Sie bestünde bestenfalls dann nicht, wenn das Gesetz sie besonders hervorgehoben ablehnen würde. Zwischen Bewertung und Ansatz besteht trotz der Trennung im Handelsgesetzbuch ein enger sachlicher Zusammenhang267. Bewertung ist nicht möglich ohne Ansatz. Dann aber ist es zweckmäßig, Ansatzwahlrechte der „Bewertungsmethode" unterfallen zu lassen. Denn dann existiert eine Verfahrensanweisung für den einheitlichen Ansatz. Der Mechanismus des § 308 Abs. 1 ist daher auch auf den Ansatz anzuwenden268. Das bedeutet aber nicht, daß der umfangreiche Ausnahmenkatalog der Absätze 2 bis 4 mitzuübernehmen ist. Hier handelt es sich um Regelungen, die spezifisch auf die Bewertung im engeren Sinn zugeschnitten sind und die man nicht auf den Ansatz übertragen kann. 3. Konsolidierungsmethoden Reintges kommt zu dem Ergebnis, daß auch Konsolidierungsmethoden einheitlich auszuüben sind 269 . Ist auch das methodisch haltbar? Werfen wir zunächst einen Blick auf die gesetzliche Regelung. Das Gesetz unterscheidet zwischen Kapitalkonsolidierung, § 301 f, Schuldenkonsolidierung, § 303 und Zwischenerfolgseliminierung, § 304. Zwar bezieht sich Reintges offenbar nur auf die Kapitalkonsolidierung. Aber das Problem einheitlicher Bilanzierung stellt sich für alle drei Bereiche. Allgemein geht es bei der Konsolidierung darum, die Einzelabschlüsse der einbezogenen Unternehmen zusammenzufassen. Dabei müssen alle die Vorgänge herausgerechnet werden, die nicht hätten entstehen können, gäbe es tatsächlich ein Einzelunternehmen „Konzern". a) Kapitalkonsolidierung Die Kapitalkonsolidierung verrechnet das anteilige Eigenkapital der Tochter und den Beteiligungswert der Mutter. Das ist erforderlich, um den Konzern als Einzelunternehmen abzubilden. Denn ein Einzelunternehmen kann nicht an sich selbst beteiligt sein. Das Handelsgesetzbuch normiert nun folgendes: Die deutsche Methode der Stichtagskonsolidierung 270 und die modifizierte angelsächsische 266 Gliederungsziffer 16 von SSAP 14 und para 3 von schedule 4A und para 11 von schedule 4 des Companies Act 1985. 267 Etwa kommt eine sofortige Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter einem Nichtansatz gleich. 268 Wohlgemerkt: Es handelt sich methodisch nicht um eine analoge Anwendung, sondern um eine weite Auslegung des § 308. 269 Reintges, Wpg 1987, S. 285. 270 Busse v. Cölbe/Ordelheide, S. 102 ff.; v. Wysocki / Wohlgemuth, S. 96 ff. 6*
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Methode 271 sind neuerdings unzulässig. An die Stelle dieser ergebnisunwirksamen, also nicht die Gewinn- und Verlustrechnung beeinflussenden Methoden ist nicht nur gemäß § 301 die erfolgswirksame angelsächsische Methode der Erstkonsolidierung getreten 272. Dazu kommt neuerdings die Zulässigkeit der Methode der Interessenzusammenführung gemäß § 302 und der Quotenkonsolidierung gemäß § 310. Darüber hinaus läßt der Regelfall der Erstkonsolidierung ein Wahlrecht zu zwischen Buchwertmethode, § 301 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Anschaffungswertmethode, § 301 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 2 7 3 . Damit ist festzuhalten: Das Handelsgesetzbuch gestattet vier verschiedene Konsolidierungsmethoden. Je nach Zahl der einzubeziehenden Unternehmen ist dann eine Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten denkbar. Eine zumindest gleichförmige Ausübung der Wahlmöglichkeiten erscheint von daher wünschenswert. Fraglich ist aber, inwieweit die Methoden der Kapitalkonsolidierung als Bewertungsmethode verstanden werden können. Dazu ein Beispiel: Die Glückspillenmutter AG hat ein Eigenkapital von 10 Millionen und Schulden in Höhe von 2 Millionen. Sie beschränkt sich auf reine Holding-Tätigkeit. Dementsprechend ist ihr einziger Aktivposten eine 100-Prozent-Beteiligung an der Glückspillentochter GmbH. Der Buchwert der Beteiligung beträgt 12 Millionen. Die Bilanz der Tochter sieht folgendermaßen aus: Das Eigenkapital beträgt 8 Millionen, die Schulden 2 Millionen. Auf der Aktivseite steht ein Betriebsgrundstäck mit 9 Millionen und Vorräte mit 1 Million. Diese Tochtergesellschaft soll konsolidiert werden. Sehen wir uns zunächst die „Buchwertmethode" an gemäß § 301 Abs. 1 S. 2 Nr. 1. Danach ist der Beteiligungswert, so wie er in den Büchern der Mutter steht, gegen das Eigenkapital der Tochter aufzurechnen. 12 Millionen Beteiligungswert sind daher gegen 8 Millionen Eigenkapital der Tochter zu subtrahieren. Es entsteht ein Unterschiedsbetrag von 4 Millionen. Dieser Unterschiedsbetrag steht zunächst auf der linken Seite der Bilanz. Ebenfalls auf der linken Seite der Konzernbilanz stehen die Vermögensgegenstände der Tochter, also das Betriebsgrundstück und die Vorräte. Der Unterschiedsbetrag bleibt jedoch nicht unverändert. Vielmehr sind die Vermögensgegenstände der Tochter bis zur Höhe des Unterschiedsbetrages aufzuwerten, sofern in ihnen stille Reserven enthalten sind. Dies befiehlt § 301 Abs. 1 S. 3. Nehmen wir an, daß das Betriebsgrundstück zwar mit 9 Millionen in der Bilanz steht, tatsächlich aber 16 Millionen wert ist. Da der Unterschiedsbetrag 4 Millionen beträgt, kann das Grundstück aber nur auf 13 Millionen aufgewertet und mit diesem Betrag in die Bilanz übernommen werden. Immerhin ändert sich der Wertansatz für das Grundstück beträchtlich. Das bedeutet: Der Konsolidierungsvorgang beeinflußt unmittelbar den Wertansatz der Vermögensgegenstände. 271 Busse v. Cölbe/Ordelheide, S. 110 ff.; v. Wysocki / Wohlgemuth, S. 104 ff. 272 Busse v. Cölbe/Ordelheide, S. 111 ff.; v. Wysocki / Wohlgemuth, S. 106 ff. 273 Zusätzlich ist für bestimmte Unternehmen eine Bilanzierung nach der EquityMethode erlaubt. Doch handelt es sich hier nicht um eine echte Konsolidierungsmethode, so daß dieses Problem hier ausgeklammert werden kann.
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Werfen wir nun einen Blick auf die „Anschaffungswertmethode". Danach ergeben sich andere Werte. Die Anschaffungswertmethode geht umgekehrt vor wie die Buchwertmethode. Während die Buchwertmethode zunächst den Bewertungsrahmen ermittelt und dann neu bewertet, bewertet die Anschaffungswertmethode zunächst neu. Stille Reserven sind aufzulösen. Bewertungsgrenze ist der Anschaffungswert der Beteiligung. Das sieht im Beispiel folgendermaßen aus: Das Betriebsgrundstück ist auf 16 Millionen aufzuwerten. Der Wert der Vorräte wird nicht geändert, sie enthalten keine stillen Reserven. Die Aktivseite der Konzernbilanz besteht dann aus dem Grundstück mit 16 Millionen und den Vorräten mit 1 Million. Wenden wir uns der Passivseite zu und nehmen wir an, daß die Mutter 15 Millionen für die Anteile der Tochter bezahlt hat. Diese 15 Millionen sind aufzurechnen gegen 12 Millionen, die in den Büchern stehen. Es entsteht ein passiver Differenzbetrag von 3 Millionen. Die Passivseite der Konzernbilanz sieht dann so aus: Das Eigenkapital beträgt 10 Millionen, die Schulden 4 Millionen, der Differenzbetrag 3 Millionen. Die Bilanzsumme im Konzern beträgt also 17 Millionen. Hätten die Anschaffungskosten weniger als 15 Millionen betragen, wäre das Grundstück nicht voll aufgewertet worden. Bei 14 Millionen Anschaffungsweit etwa hätte sich nur ein Differenzbetrag von 2 Millionen ergeben. Das Grundstück wäre nur mit 15 Millionen zu bewerten gewesen. Ergebnis: Die Anschaffungswertmethode führt in manchen Fällen zu unterschiedlichen Weiten. Stille Reserven werden in anderem Umfang als bei der Buchwertmethode aufgelöst. Der Wertansatz der Vermögensgegenstände wird unmittelbar beeinflußt. Sofern eine Pflicht besteht, Konsolidierungsmethoden einheitlich anzuwenden, so hieße das in gleich gelagerten Fällen, sich nur für eine der beiden Methoden zu entscheiden. Eine Aufwertung entfällt wiederum, wenn nach der Methode der Interessenzusammenführung konsolidiert wird. Diese Methode ist zwar nur in bestimmten Fällen zulässig. Doch ist sie dann neben den anderen Methoden zugelassen, so daß sich drei Möglichkeiten ergeben. Noch andere, und zwar anteilige Wertansätze ergeben sich, wenn unter den Bedingungen der Quotenkonsolidierung gemäß §310 zusammengefaßt wird. Im Ergebnis entstehen jeweils unterschiedliche Wertansätze der Vermögensgegenstände und Schulden. Ein weiteres Bewertungsproblem besteht für die entstehenden Unterschiedsbeträge. Denn wenn etwa bei der „Buchwertmethode" die Reserven der Vermögensgegenstände niedriger sind als der abzudeckende Differenzbetrag, muß der Restbetrag in die Bilanz eingestellt werden. Er wird vom Gesetz als Geschäfts- oder Firmenwert eingestuft, § 301 Abs. 1 S. 3, als ob er ein selbständiger Vermögensgegenstand sei. Dabei muß folgendes bedacht werden: § 309 regelt die Behandlung dieses Geschäfts- oder Firmenweites oder eines entsprechenden passiven Unterschiedsbetrages. Die Vorschrift steht unter der Überschrift „Bewertungsvorschriften". Der Wertansatz dieser Gegenstände ist durch die Wahl der Konsolidie-
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rungsmethode eingegrenzt. Wenn wir zuvor die Ansatzmethoden als eng mit der Bewertung verknüpft unter den Begriff Bewertungsmethoden haben fallen lassen, dann muß dies auch für die Konsolidierung gelten. Sie ist so gesehen eine spezifische Form von Ansatz und Bewertung, nicht auf eine gewöhnliche Einzelbilanz bezogen, sondern auf die Einzelbilanz „Konzern". Im Ergebnis unterfallen die Konsolidierungsmethoden der Bewertungsmethode im Sinne des § 308 Abs. 1. Es ist einheitlich zu konsolidieren. Diese Anordnung ist sogar praktisch bedeutsamer als für die Bewertung im engeren Sinne: Denn sachliche Begründungen für abweichende Konsolidierungen lassen sich vermutlich schwerer finden. Vor allem ist kein beliebiges Hin- und Her zwischen der Buchwert- und der Anschaffungswertmethode möglich 274 . Die Konsolidierungsmethoden bieten noch ein zweites Problem. Es handelt sich um ein Zurechnungsproblem. Zur Verdeutlichung müssen wir unser Beispiel erweitern. Vermögensgegenstand ist nicht nur das Betriebsgrundstück mit einem Wert von 9 Millionen, sondern auch der Vorrat an Glückspillen mit einem Buchwert von 1 Million, der aufgrund zwischenzeitlich gestiegener Rohstoffpreise stark unterbewertet ist. Der tatsächliche Wert der beiden Posten ist jeweils 11 Millionen. Gehen wir von der Buchwertmethode aus, die im Beispielsfall einen Unterschiedsbetrag von 2 Millionen ergab, zeigt sich das Zurechnungsproblem: Soll jeder Gegenstand mit 1 Million aufgeweitet werden, soll der eine nicht, der andere mit 2 Millionen aufgeweitet werden, oder soll eine Wertkombination dazwischen gewählt werden? Diese Frage ist lebhaft umstritten. Folgende Möglichkeiten wurden diskutiert: Zunächst sollen die Rücklagen nicht aufgelöst werden, die besonders unsicher, langlebig oder unrentabel sind. Darüber hinaus sind Rücklagen anteilig aufzulösen 275. Eine andere Ansicht trägt vor, daß einzig das Willkürverbot in Verbindung mit den Grundsätzen der Klarheit und Richtigkeit einen gewissen Rahmen bilde. Der Gesetzgeber habe nichts festgelegt, so daß die Unternehmen entscheiden könnten, ob sie etwa bestimmte Verbrauchsfolgen durchführen wollen 276 . Fraglich ist also, ob der entstehende Ermessensspielraum nicht wenigstens teilweise eingeschränkt wird. Richtig ist, daß der Gesetzgeber keine Spezialregeln vorgegeben hat. Aber es handelt sich hier um typische Bewertungsvorgänge, denn die Ermittlung der Wertansätze wird durch das angewandte Verfahren maßgeblich bestimmt. Dies spricht zusätzlich für eine Behandlung der Konsolidierungmethode als Bewertungsmethode. Dann aber gelten die allgemeinen Bewertungsregeln. Es ist einheitlich zu bewerten. Das bedeutet zwar, daß sachliche Gründe eine Abweichung gestatten. Aber bei vergleichbaren Sachverhalten inner274 Das könnte bilanzpolitisch interessant sein, etwa wenn ein möglichst positives Ergebnis ausgewiesen werden soll: jeweils würde die Methode gewählt, die höhere Vermögenswerte ermöglicht. 275 Adler/Düring/Schmaltz, Band 1, § 153 Tz 51. 276 γ. Wysocki / Wohlgemuth, S. 115.
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halb einzelner Positionen muß derselbe Bewertungsmaßstab angelegt werden. Auch ist es unzulässig, bei den verschiedenen Positionen der Bilanz ohne weiteres immer wieder den Blickwinkel zu wechseln, also ständig unterschiedliche Argumentationsschwerpunkte zu setzen. Lediglich die unterschiedliche Eigenschaft als Anlage- oder Umlaufvermögensgegenstand reicht dazu nicht aus. Darüber hinaus spricht der Einheitlichkeitsgedanke grundsätzlich für eine anteilige Aufwertung. Insgesamt gilt: Es besteht wegen der Enthaltsamkeit des Gesetzgebers ein Entscheidungsspielraum, innerhalb dessen das Ermessen einheitlich auszuüben ist. Zusammenfassend: Kapitalkonsolidierungsmethoden sind ebenso wie Ansatzwahlrechte Bewertungsmethoden im Sinne von § 308 Abs. 1. Alle Vorgänge der Kapitalkonsolidierung sind einheitlich zu behandeln. b) Zwischenergebniseliminierung Auch die Eliminierung des Zwischenergebnisses beinhaltet eine Vielzahl von Bewertungsproblemen. Einerseits kann sie ganz entfallen. Dann handelt es sich um eine Bewertungsregel, welche die Einzelbilanzwerte bestätigt. Dazu zählen die Fälle, in denen die Leistung oder Lieferung zu marktüblichen Bedingungen vorgenommen wurde und die Ermittlung des neuen Wertansatzes einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, § 304 Abs. 2 S. 1. Dazu zählt auch der Fall, daß eine Eliminierung nur von untergeordneter Bedeutung ist, um ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild zu erreichen, § 304 Abs. 3. Weitaus praxisrelevanter ist aber der Normalfall des § 304 Abs. 1, wonach eine Eliminierung durchzuführen ist. Es handelt sich dabei nicht um eine starre Wertvorgabe. Vielmehr sind eine Vielzahl verschiedener Wertansätze denkbar, und zwar aus folgendem Grund: Beispiel: Die Glückspillen-Mutter-AG stellt Glückspillen her. In die Herstellungskosten, die in die Bilanz eingestellt werden, werden Materialkosten einbezogen, Fertigungskosten und Sonderkosten der Fertigung, § 255 Abs. 2 S. 2. Auch angemessene Teile der Gemeinkosten werden eingerechnet, § 255 Abs. 2 S. 3. Nicht eingerechnet werden Kosten der allgemeinen Verwaltung, Aufwendungen für soziale Einrichtungen, für freiwillige soziale Leistungen und für betriebliche Altersversorgung, obwohl das nach § 255 Abs. 2 S. 4 möglich ist. Auch Zinsen für Fremdkapital im Sinne des § 252 Abs. 3 S. 2 werden nicht einbezogen. Die Mutter verkauft die Glückspillen weiter an die Glückspillentochter GmbH, und zwar mit einem Gewinnaufschlag, der über den zulässigen Höchstkosten liegt 2 7 7 . Wie ist nun der Zwischengewinn herauszurechnen? § 304 Abs. 1 sagt: „In den Konzernabschluß zu übernehmende Vermögensgegenstände, die ganz oder teil277 Diese Höchstkosten könnten durch Hinzurechnung der gemäß § 255 Abs. 2 S. 4 und § 255 Abs. 3 S. 2 zulässigen Kosten ermittelt werden.
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D. Einheitlichkeit nach dem Bilanzrichtliniengesetz
weise auf Lieferungen oder Leistungen zwischen in den Konzernabschluß einbezogenen Unternehmen beruhen, sind in der Konzernbilanz mit einem Betrag anzusetzen, zu dem sie in der auf den Stichtag des Konzernabschlusses aufgestellten Jahresbilanz dieses Unternehmens angesetzt werden könnten, wenn die in den Konzernabschluß einbezogenen Unternehmen auch rechtlich ein einziges Unternehmen bilden würden." Das bedeutet, daß der Glückspillenvorrat mindestens bis zu dem Wert abgewertet werden muß, den das „Einzelunternehmen Konzern" höchstens hätte ansetzen können 278 . Im Beispielsfall sind das alle, auch die weggelassenen Kostenbestandteile279. Die Ermittlung des Konzernhöchstwertes ist bereits ein Vorgang, der Bewertungscharakter hat. Darüber hinaus besteht Einigkeit, daß wegen der Einheitstheorie grundsätzlich alle Wahlmöglichkeiten aufleben 280 . Das bedeutet, daß sich der Bilanzierende zwischen den Wertansätzen entscheiden kann, die zwischen dem Konzernhöchstwert und dem Konzernmindestwert liegen 281 . Diese Wahlmöglichkeiten sind aber wieder durch den Grundsatz des „True and Fair View" eingeschränkt. Jedenfalls wird deutlich, daß durch die Zwischenerfolgseliminierung völlig neu bewertet wird. Von daher ist es folgerichtig, auch diesen Konsolidierungsvorgang unter den Begriff „Bewertungsmethode" im Sinne von § 308 Abs. 1 fallen zu lassen. Das hat folgende Konsequenzen: Es ist einheitlich zu eliminieren. An gleiche Sachverhalte sind die gleichen Maßstäbe anzulegen. Das schränkt die Bewertungsmöglichkeiten weiter ein. Den Rahmen bilden damit nicht mehr nur Konzernhöchstwert oder Konzernmindestwert, eingeschränkt durch den „True and Fair View". Häufig bleibt nur noch eine Möglichkeit übrig, weil nach der ersten Wahlrechtsausübung entsprechende Vorgänge horizontal gebunden sind 282 . Konzernhöchstwert und Konzernmindestwert sind dann die Werte, die unter Berücksichtigung konzerneinheitlicher Bewertungsmethoden höchstens oder mindestens angesetzt werden müssen.
278 V. Wysocki / Wohlgemuth, S. 142, 146 ff.; Busse v. Cölbe / Ordelheide, S. 182 ff. 279 Das Beispiel ist nur grob vereinfachend. Im Normalfall ist die Ermittlung des Konzernhöchstwertes wesentlich schwieriger. Dies ergibt sich vor allem aus der spezifischen Situation, daß selbständige Unternehmen fiktiv zu einem einzigen zusammengefaßt werden: Vertriebskosten innerhalb des Konzerns werden Herstellungskosten, innerkonzernlich aufgekaufte Patente und Lizenzen müssen als Kostenbestandteile herausgerechnet werden. 280 v. Wysocki/Wohlgemuth, S. 148; Busse ν. Cölbe/Ordelheide, S. 214. 281 Der Konzernmindestwert beträgt im Beispiel nur die Kosten nach § 255 Abs. 2 S. 2, vermindert um Abschreibungen gem. § 253 Abs. 3. 282 Vgl. zu diesem Ergebnis: v. Wysocki/ Wohlgemuth, S. 159 f.; Busse v. Cölbe/ Ordelheide, S. 214, die das nicht ganz korrekt unter „Konsolidierungsstetigkeit" verstehen.
IV. Bewertungsmethode c) Forderungs-
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und Schuldenkonsolidierung
Auch für die Forderungs- und Schuldenkonsolidierung gemäß § 302 Abs. 1 stellt sich das Problem der Bewertung. Zwar geht die Konzeption des Gesetzes davon aus, daß Forderungen und Verbindlichkeiten einfach wegzulassen sind. Dennoch können in bestimmten Fällen Aufrechnungsdifferenzen entstehen283. Diese Posten werden entweder als Restposten aus der Schuldenkonsolidierung in die Konzernbilanz eingestellt. Oder sie werden in der Konzerngewinn- und Verlustrechnung verrechnet. Dieser zweite Weg heißt erfolgswirksame Schuldenkonsolidierung. Der Posten erscheint dann nicht. Doch obwohl die Konzernbilanz je nach Methodenwahl unterschiedlich aussieht, kann hierbei nicht von Bewertung gesprochen werden. Denn Aufrechnungsdifferenzen sind keine vorhandenen Positionen, die erst bewertet werden müssen, sondern sie entstehen, wenn solche Positionen bewertet wurden. Auch der Konzerngewinn oder -verlust ensteht nicht durch eigenständigen Bewertungsakt, sondern durch Bewertung aller anderen Vermögensgegenstände und Schulden. Deshalb handelt es sich bei den Methoden der Forderungs- und Schuldenkonsolidierung nicht um Bewertung. Im Ergebnis unterfallen die Konsolidierungsmethoden mit Ausnahme der Forderungs- und Schuldenkonsolidierung dem Begriff der Bewertungsmethode gemäß § 308 Abs. 1. Sie müssen einheitlich angewandt werden.
4. Währungsumrechnung Die letzte Frage ist, ob auch Währungsumrechnungsmethoden dem Begriff der Bewertungsmethode im Sinne des § 308 Abs. 1 unterfallen. Reintges lu und auch Weirich 285 bejahen das. Grundsätzlich werden vier verschiedene Methoden diskutiert 286 . Dabei geht es immer um die Frage, welche Positionen zu Stichtagskursen und welche zu historischen Kursen umgerechnet werden. a) Methoden Die Fristigkeitsmethode 287 unterscheidet danach, ob ein Posten dem Unternehmen langfristig oder kurzfristig dienen soll. Langfrist-Posten sind mit historischen Kursen, Kurzfrist-Posten mit Stichtagskursen umzurechnen. Langfrist-Posten sind Anlagevermögen, langfristige Forderungen und Verbindlichkeiten sowie das 283 Großfeld, S. 244 mit instruktivem Beispiel. 284 Reintges, Wpg 1987, S. 287 f. 285 Weirich, Wpg 1987, S. 83. 286 Siehe Busse v. Cölbe / Ordelheide, S. 314 ff., 325 ff.; v. Wysocki / Wohlgemuth, S. 177 ff.; Gmelin, Wpg 1987, S. 602 ff. mwN; IdW, Hauptfachausschuß, Wpg 1986, S. 664 ff. 287 Engl, current / non-current method.
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D. Einheitlichkeit nach dem Bilanzrichtliniengesetz
Eigenkapital. Kurzfrist-Posten sind die liquiden Mittel, Gegenstände des Umlaufvermögens sowie kurzfristige Forderungen und Verbindlichkeiten 288 . Die Umrechnung nach dem Geldcharakter 289 sieht folgendes vor: Geldliche Positionen sind nach dem Stichtagskurs, andere Positionen nach historischen Kursen umzurechnen. Damit ergeben sich Unterschiede im Verhältnis zur Fristigkeitsmethode: Langfristige Forderungen und Verbindlichkeiten sowie Wertpapiere des Umlaufvermögens haben Geldcharakter und sind daher zu Stichtagskursen umzurechnen. Umgekehrt ist das sonstige Umlaufvermögen zu historischen Kursen umzurechnen 290. Für diese Positionen ergeben sich also unterschiedliche Wertansätze, wenn nicht zufällig historischer Kurs und Tageskurs übereinstimmen. Die Zeitbezugsmethode291 geht davon aus, daß die Jahresabschlüsse der ausländischen Tochterunternehmen so umzurechnen sind, als wären die ausländischen Jahresabschlüsse unmittelbar in Einheiten der Konzernberichtswährung aufgestellt 292 . Das bedeutet konkret: Im Einzelabschluß mit historischen Kosten bewertete Sachgegenstände sind mit historischen Kosten, im Einzelabschluß mit niedrigeren Tageswerten bewertete Sachgegenstände sind mit dem Stichtagskurs umzurechnen. Forderungen und Verbindlichkeiten sind ebenfalls mit dem Stichtagskurs umzurechnen. Für alle Posten ist ein Niederstwerttest durchzuführen 293. Dabei wird der Anschaffungswert, multipliziert mit dem historischen Kurs, verglichen mit dem Tageswert, multipliziert mit dem Stichtagskurs. Der jeweils niedrigere Kurs ist in die Konzernbilanz zu übernehmen 294. Es ergibt sich durch diese Methode also erneut eine andere Verteilung von aktuell und historisch bewerteten Gegenständen; jedenfalls handelt es sich aber auch hier um die Frage, welche Wertansätze den einzelnen Posten zugeordnet werden. Die Stichtagskursmethode rechnet alle Posten zum Stichtagskurs um. Das vermeidet Umrechnungsdifferenzen, die in der Bilanz verrechnet werden müßten. Zusätzlich hat die Methode den Vorteil, daß sie relativ einfach zu handhaben ist. b) Bewertungscharakter Nachdem die gebräuchlichen Methoden in ihren Grundzügen dargestellt sind, kommen wir zu der Frage, ob es sich um Bewertungsvorgänge handelt. Denn es könnte auch sein, daß sie lediglich Transformationen sind, also nur eine „Übersetzung" in eine andere Devisensprache. Eine solche Betrachtung ist aber 288 V. Wysocki/Wohlgemuth, S. 178. 289 Engl, monetary / non-monetary method. 290 v. Wysocki/Wohlgemuth, S. 178; Busse v. Cölbe / Ordelheide, S. 327. 291 Engl, temporal method. 292 v. Wysocki/Wohlgemuth, S. 179. 293 Busse v. Cölbe /Ordelheide, S. 317 f. 294 Busse v. Cölbe/Ordelheide, S. 317 ff., 334 ff.
I . Bewertungset
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nur für eine lineare Transformation zulässig, bei der die Gewichtung der einzelnen Posten in der Bilanz erhalten bleibt. Das trifft nur für die Stichtagskursmethode zu. Sie läßt das Verhältnis der einzelnen Posten zueinander unberührt. Wenn sie aber, wie nach herrschender Ansicht, nicht allein zulässig ist, sondern neben mindestens drei anderen Möglichkeiten angewandt werden kann, muß auch sie neben den anderen als Bewertungsvorgang angesehen werden. Denn dann ist wiederum eine Vielzahl von Variationen innerhalb des Konzerns denkbar. Damit unterfallen die Währungsumrechnungsmethoden dem Begriff der Bewertungsmethode im Sinne des § 308 Abs. 1: Es ist einheitlich umzurechnen. Möglicherweise entfällt aber das Problem der Einheitlichkeit. Das ist dann der Fall, wenn entgegen der herrschenden Ansicht nur eine einzige Umrechnungsmethode zulässig ist. Hierbei ist besonders an die Stichtagsmethode zu denken, kombiniert mit der Zeitbezugsmethode für bestimmte Fälle. Dies hätte zwar den Nachteil, daß es zum Ausweis unrealisierter Gewinne und zu hohen stillen Reserven kommen kann. Es hätte aber den großen Vorteil, daß Konzernbilanzen international besser vergleichbar wären. Denn sowohl die USA mit dem FASBStatement295 No. 52 als auch Großbritannien mit der SSAP No. 20 haben sich für diesen Weg entschieden. Dies geschah, weil amerikanische Unternehmen in der Regel ein möglichst günstiges Bild zeigen wollen, nicht aber, um die Aussagekraft der Bilanz zu steigern 296 . Aber angesichts der Vereinheitlichung der bilanzrechtlichen Systeme und der zunehmenden internationalen Verflechtung verstärkt internationale Vergleichbarkeit auch die Aussagekraft der einzelnen Bilanz. Eine abweichende Währungsumrechnung torpediert dieses Ziel. Auch ist es wegen der Tendenz des Bilanzrechts, anglo-amerikanische Grundsätze zu übernehmen, ohnehin wahrscheinlich, daß in absehbarer Zeit nur noch die Stichtagsmethode zulässig ist. Es ist indessen nicht möglich, schon jetzt die Stichtagsmethode allein für zulässig zu erklären. Denn die EG-Richtlinie klammert die Währungsumrechnung aus. Im Handelsgesetzbuch behandelt lediglich § 313 Nr. 2 dieses Thema: „Im Konzernanhang müssen die Grundlagen für die Umrechnung in Deutsche Mark angegeben werden, sofern der Konzernabschluß Posten enthält, denen Beträge zugrundeliegen, die auf fremde Währung lauten oder ursprünglich auf fremde Währung lauteten." Die Norm geh damit davon aus, daß mehrere Umrechnungstechniken möglich sind. Mithin ist eine wünschenswerte Rechtsvereinheitlichung mit der Stichtagskursmethode als allein zulässiger Methode nicht möglich. Sie erfordert einen erneuten Akt des Gesetzgebers. Möglicherweise ist aber ohnehin nur die Zeitbezugsmethode nach dem Äquivalenzprinzip zulässig. Busse v. Cölbe / Ordelheide treten mit guten Gründen dafür ein, daß allein diese Methode das Niederstwertprinzip, das Imparitätsprinzip und 295 FASB: Financial Accounting Standards Board. 296 Busse v. Cölbe /Ordelheide, S. 346 ff.
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das Realisationsprinzip voll berücksichtigt 297 . Dagegen spricht aber die europarechtskonforme Auslegung: Denn wenn auch die anglo-amerikanische Stichtagsmethode nicht für alleinverbindlich erklärt werden kann, so darf sie nicht umgekehrt für grundsätzlich unzulässig erklärt werden. Ein solches Vorgehen konterkariert die europäischen Vereinheitlichungsbestrebungen. Zwar kann die Stichtagsmethode zu den von Busse v. Cölbe / Ordelheide kritisierten Verstößen gegen deutsche Bilanzierungsprinzipien führen. Doch wird dieser Nachteil durch die verbesserte internationale Vergleichbarkeit kompensiert. Das bedeutet eine Verbesserung des „True and Fair View". Und auch hier gilt das oben angeführte Argument des Gesetzestextes. Denn danach geht das Gesetz von mehreren zulässigen Methoden aus. Insgesamt ist es nicht möglich, nur von einer zulässigen Währungsumrechnungsmethode auszugehen. Das bedeutet, daß einheitlich umzurechnen ist; Die erstmalige Anwendung einer Umrechnungsmethode ist bindend für alle gleichgelagerten Fälle, und zwar auch dann, wenn eine andere Methode ebenfalls zu „richtigen" Ergebnissen käme. Ein sachlich abweichender Fall läge etwa dann vor, wenn sich die Bedingungen einer Tochter erheblich von denen einer anderen unterscheiden. Zur Verdeutlichung: Wenn man nach der hier vertretenen Ansicht den Kreis der tatsächlich möglichen Bewertungsmethoden als durch den „True and Fair View" eingeschränkt betrachtet, ist der Bilanzierungsspielraum ohnehin stark zurückgeschnitten. Der Grundsatz der einheitlichen Bewertung kommt dann nur selten zum Tragen. Ist man anderer Ansicht, hält man also die Bewertungswahlrechte und Bewertungsmöglichkeiten für frei, ist der Anwendungsbereich der einheitlichen Bewertung größer. Eine abweichende Bewertung käme hier häufiger vor. Sie ist wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit nur bei sachlichen Gründen zulässig, die eine erhebliche Abweichung anzeigen.
5. Einheitliches Europäisches Recht? Nach allem können wir festhalten: Nicht nur die Bewertungsmethoden im engeren Sinne, sondern auch Konsolidierungsmethoden mit Ausnahme der Forderungs- und Schuldenkonsolidierung, Ansatzwahlrechte und Währungsumrechnungsmethoden unterfallen dem Begriff der Bewertungsmethode gemäß § 308 Abs. 1 HGB. Sie alle sind daher einheitlich anzuwenden. Dadurch springen wir qualitativ auf eine höhere Stufe. Denn wenn alle diese Bilanzierungsmethoden einheitlich anzuwenden sind, gibt es nicht nur einen Grundsatz der einheitlichen Bewertung, sondern sogar der einheitlichen Bilanzierung. Das System des Handelsgesetzbuchs normiert einen allgemeinen Einheitlichkeitsgrundsatz. Weil dieser Einheitlichkeitsgrundsatz gilt, sind dann aber auch die Methoden der Forderungs- und Schuldenkonsolidierung einheitlich anzuwenden, obwohl sie nicht 297 Busse V. Cölbe / Ordelheide, S. 332 und 333 ff.
V. Ausnahmen
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dem Begriff der Bewertungsmethode unterfallen. Dieses Ergebnis hat einen weiteren überragenden Vorteil: Wir hatten gesehen, daß in England wegen Gliederungsziffer 16 von SSAP 14 und jetzt wegen para 3 (1) von schedule 4A und para 11 von schedule 4 des Companies Act 1985 nicht nur die einheitliche Bewertung, sondern allgemein einheitliche Methoden vorgeschrieben sind. Dieser Grundsatz der einheitlichen Bilanzierung reicht zurück bis ins Jahr 1949, wenn auch zunächst in rechtlich weniger verbindlicher Form. Für England bleibt es auch nach Umsetzung der 7. EG-Richtlinie beim allgemeinen Einheitlichkeitsgrundsatz. Wenn nun in Zukunft für Deutschland dasselbe gilt, so steigt der Aussagewert der Bilanzen nicht nur national, sondern auch international. Das europäische Recht ist damit stärker harmonisiert als es der Richtlinientext nahelegt. Das gemeinsame europäische Gesellschaftsrecht ist ein Stück nähergerückt.
V. Ausnahmen § 308 gestattet eine Reihe von Ausnahmen. Diese Ausnahmen gelten jedoch wegen ihres sachlichen Bezugs nicht auch für andere Bilanzierungsmaßnahmen, sondern nur für die Bewertung selbst. Inwieweit durch die Ausnahmen die Aussagekraft der Bilanz eingeschränkt wird und in welchem Verhältnis sie zum „True and Fair View" stehen, darauf ist im folgenden einzugehen. Ausnahmen oder Abweichungen sind möglich für Kreditinstitute und Versicherungen, § 308 Abs. 2 S. 2, für unwesentliche Fälle, § 308 Abs. 2 S. 3, für „Ausnahmefälle, § 308 Abs. 2 S. 4 und aufgrund steuerlicher Sondervorschriften, § 308 Abs. 3.
1. Kreditinstitute und Versicherungen § 308 erlaubt: „Wertansätze, die auf der Anwendung von für Kreditinstitute oder Versicherungsunternehmen wegen der Besonderheiten des Geschäftszweiges geltenden Vorschriften beruhen, dürfen beibehalten werden; auf die Anwendung dieser Ausnahmen ist im Konzernanhang hinzuweisen." Es handelt sich dabei um Vorschriften, die wegen der besonderen Risiken des Geschäftszweiges den Unternehmen ermöglichen, stille Reserven zu bilden. Dies geschieht entweder durch niedrigere Bewertung der Vermögensgegenstände oder höhere Bewertung der Schulden. Gemäß § 26 a Abs. 1 Kreditwesengesetz (KWG) dürfen Kreditinstitute Forderungen und Wertpapiere des Umlaufvermögens mit einem niedrigeren als nach dem Handelsgesetzbuch zulässigen Wert ansetzen, soweit dies nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung zur Risikovorsorge notwendig ist. Diese Vorschrift gilt nur für Institute, die Kapitalgesellschaften sind. Denn Kreditinstitute, die keine Kapitalgesellschaft sind, haben wegen § 253 Abs. 4 HGB eine gleichwertige Möglichkeit, stille Reserven zu legen. Dadurch ergibt sich folgendes Problem:
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D. Einheitlichkeit nach dem Bilanzrichtliniengesetz
Nehmen wir an, eine Kreditinstitut KG hat wegen der besonderen Risiken des Geschäftszweiges in ihrer Einzelbilanz bei Wertpapieren Abschreibungen nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung vorgenommen. Die Kreditinstitut KG hat eine Muttergesellschaft, die Unternehmensberatungs-AG, die ähnliche Wertpapiere besitzt. Ein Konzernabschluß soll aufgestellt werden. Gemäß § 308 Abs. 1 ist Kapitalgesellschaftsrecht anwendbar, da die Konzernmutter Kapitalgesellschaft ist. Der Konzern würde gerne einen niedrigen Konzerngewinn ausweisen, um gewisse Minderheitsgesellschafter auch weiterhin von zu hohen Dividendenforderungen abzuhalten. Deswegen würde er gerne die niedrigen Wertansätze der Tochter gemäß § 308 Abs. 2 S. 2 beibehalten. Diese Norm verweist auf Vorschriften, die wegen der besonderen Risiken des Geschäftszweiges erlassen wurden. Das ist aber bei § 253 Abs. 4, nach dem die Tochter abschrieb, nicht der Fall. Nach § 26 a KWG darf nur eine Kapitalgesellschaft bilanzieren. Folglich müßte die Tochter, die in der Form einer Personengesellschaft geführt wird, ihre Wertpapiere aufwerten. Sie käme nicht in den Genuß des Wahlrechtes aus § 308 Abs. 2 S. 2. Damit stände eine Kapitalgesellschaft im Konzern besser als eine Personengesellschaft. Dieser Wertungswiderspruch ist nur dadurch erklärlich, daß das Gesetz mit § 26 a KWG die schärferen Bilanzierungsbedingungen des HGB für Kapitalgesellschaften in bezug auf Kreditinstitute wieder aufheben wollte 2 9 8 . Eine unterschiedliche Stellung in der Konzernbilanz läßt sich daraus nicht rechtfertigen. Aus dem Zweck des § 308 Abs. 2 S. 2, Kreditinstituten die Risikovorsorge zu erleichtern, muß daher gefolgert werden: Nach § 253 Abs. 4 angesetzte Werte für Forderungen und Wertpapiere des Umlaufvermögens dürfen von Kreditinstituten beibehalten werden, die in Form einer Personengesellschaft geführt werden. Auch für Versicherungsunternehmen gibt es Sondervorschriften, und zwar in §§ 56 und 56 a Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG). § 56 Abs. 1 VAG ordnet an, daß alle Wertpapiere eines Versicherungsunternehmens nach dem strengen Niederstwertprinzip bewertet werden müssen. § 56 Abs. 2 VAG verbietet den Ansatz von Kosten für den Abschluß von Lebensversicherungsverträgen, auch wenn das nach den allgemeinen Vorschriften möglich wäre. § 56 Abs. 3 VAG erlaubt, Rückstellungen zu bilden, soweit das nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist, um die dauernde Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus den Versicherungen sicherzustellen. § 56 a VAG erlaubt, eine Beitragsrückstellung zu bilden, die nach den allgemeinen Vorschriften des Handelsgesetzbuchs nicht möglich ist. Ähnlich wie Kreditinstitute dürfen sich Versicherungsunternehmen ärmer stellen als sie sind. Wie aber verhält sich dieser Befund zum Grundsatz der §§ 264 Abs. 2, 297 Abs. 2, wonach Einzel- und Konzernabschluß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild zu bieten haben? Denn wie gezeigt schränkt die Generalklausel die Wahlrechte ein und verlangt ein nach objektiven Rahmenkriterien sachlich 298 Scherrer, in: Hofbauer / Kupsch (Hrsg.), Bonner Handbuch, § 308 Tz 27.
V. Ausnahmen
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angemessenes Bild im Sinne eines subjektiven Für-Richtig-Haltens. Die vernünftige kaufmännische Beurteilung, etwa aus §§ 253 Abs. 4 HGB, 26a KWG, 56 Abs. 3 VAG, ist zur Ermittlung eines solchen Wertes aber nicht mehr notwendig. Daraus muß geschlossen werden, daß hier das Prinzip der Bilanzwahrheit durchbrochen wird. Dieser Durchbruch wird systematisch nur durch das Mißbrauchsverbot eingeschränkt. Er soll dafür sorgen, daß sich das Unternehmen in einem aus seiner Sicht günstigen Licht darstellen kann. § 308 Abs. 2 S. 2, der sich auf Art 40 Abs. 1 der 7. EG-Richtlinie stützt, gibt diese Beeinflussungsmöglichkeit an die Bilanzierenden weiter. Um dies zu erreichen, muß davon abgesehen werden, einheitliche Bewertung zu verlangen. Das Problem wird besonders dann deutlich, wenn ein Konzern Gesellschaften umfaßt, welche die zitierten Vorschriften gar nicht anwenden können. Hier erhebt sich folgende Frage: Wenn schon keine Pflicht zur einheitlichen Bewertung besteht, kann wenigstens der umgekehrte Weg beschritten werden, daß einheitlich die Ausnahmevorschriften für Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen angewandt werden können? Beispiel: Das Mutterunternehmen ist eine Unternehmensberatungs-GmbH, die Wertpapiere besitzt, und die zu 100 % an einer kleinen Versicherungs-GmbH beteiligt ist. Diese Tochter bilanziert unter Ausnutzung des Wahlrechts aus § 56 Abs. 3 VAG. Kann nun der Konzern insgesamt dieses Wahlrecht anwenden? Die Frage ist zu verneinen, denn nach § 308 Abs. 1 S. 1 ist Maßstab das Recht des Mutterunternehmens. Danach aber ist § 56 Abs. 3 unanwendbar. Umgekehrter Fall: Mutterunternehmen ist eine Versicherungsgesellschaft, die § 56 Abs. 3 VAG anwendet. Die Tochter ist eine Unternehmensberatungs-GmbH, die Wertpapiere besitzt. Können diese Wertpapiere der Tochter im Konzern nach § 56 Abs. 3 niedriger bewertet werden.? Das scheint der Fall zu sein, denn zum Recht nach § 308 der Muttergesellschaft gehören auch die Bewertungsrechte des VAG. Zusätzlich verlangt der Grundsatz der einheitlichen Bewertung ein solches Vorgehen. Dennoch steht eines entscheidend entgegen: Der Grundsatz der Bilanzwahrheit im Sinne von § 297 Abs. 2 verlangt, daß Durchbrechungen möglichst selten bleiben. Auch die einheitliche Bewertung ist nichts anderes als eine spezielle Form dieses übergeordneten Prinzips. Wollte man auf diesem Weg unrealistische Werte verstärkt zulassen, verstieße der Grundsatz gegen sich selbst. Darüber hinaus spricht der Wortsinn des Begriffs „beibehalten" dagegen, auch bisher nicht betroffene Unternehmen in die Sonderbehandlung einzubeziehen. Deshalb bleiben die Sondervorschriften für bestimmte Branchen auch im Konzernabschluß auf die Betriebsabteilungen beschränkt, die tatsächlich diesen Geschäften nachgehen 299 . 299 Zu diesem Ergebnis kommen auch Geib/König, Wpg 1987, S. 667, allerdings mit anderem Argumentationsgang. Sie heben auf den Zweck der Norm ab, hier des § 56 Abs. 1 VAG.
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Fraglich ist weiter, ob nicht wenigstens innerhalb der in einem Mischkonzern zusammengefaßten Versicherungsunternehmen die Sondervorschriften einheitlich ausgeübt werden müssen. Doch auch diese Frage muß mit demselben Hinweis auf den „True and Fair View" verneint werden. Das Prinzip der einheitlichen Bewertung ist nur Ausfluß der Generalklausel, und damit im Zweifel nachgeordnet. Deshalb dürfen Tochtergesellschaften, die zwar auch Versicherungen sind, gleichwohl aber nicht nach § 56 Abs. 3 VAG niedrig bewerten, nicht im Konzernabschluß einheitlich wie die Mutter nach kaufmännischer Beurteilung abschreiben. Die Vorschrift des § 308 Abs. 2 S. 2 bezieht sich aber nicht nur auf inländische Konzerngesellschaften und inländische Sondervorschriften. Vielmehr gilt sie auch für ausländische Tochtergesellschaften, sofern deren Speziairegeln mit den deutschen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung vereinbar sind 300 . Es handelt sich also hier um ein Einfallstor für fremdes Recht. Dieses Tor wird jedoch schon bald wieder geschlossen sein, wenn die Bankbilanzrichtlinie und Versicherungsbilanzrichtlinie umgesetzt sind. Denn nur so lange dürfen bestimmte Geschäftszweige wegen Art. 40 Abs. 1 der 7. EG-Richtlinie Sonderrechte eingeräumt werden. Immerhin: Alle Unternehmen, welche die Ausnahmen aus § 308 Abs. 2 S. 2 anwenden, müssen damit rechnen, daß ihre Abschlüsse international kritisch betrachtet werden 301 . Wie behandelt Großbritannien die Versicherungs- und Bankenkonzerne? Gemäß para 18A von Teil I in Verbindung mit para 2 von Teil I I des schedule 9 Companies Act 1985 gilt: Wenn die Unternehmensleitung der Ansicht ist, daß „besondere" Gründe es rechtfertigen, vom Grundsatz horizontaler Stetigkeit abzuweichen, ist dies auch zulässig. Die Umstände des Abweichens, die Gründe und die Auswirkungen sind dann im Anhang anzugeben. Das bedeutet jedoch, daß Großbritannien gerade nicht das Mitgliedstaatenwahlrecht aus Art. 40 Abs. 1 der 7. EG-Richtlinie wahrnimmt. Denn Ausnahmen sind auch nach Art. 16 Abs. 3 S. 2 der Richtlinie zulässig. Daß für Kreditinstitute und Versicherungen spezielle, systemfremde Ausnahmen gestattet sind, normiert der Companies Act 1989 nicht. Insofern weicht die deutsche Regelung von der britischen ab. Die daraus folgende Informationsverzerrung ist jedoch hinnehmbar, weil die Ausnahme in der Bundesrepublik Deutschland bald gestrichen wird. 2. Wesentlichkeitsausnahme „Eine einheitliche Bewertung braucht nicht vorgenommen zu werden, wenn ihre Auswirkungen für die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns 300 Über dieses Ergebnis besteht Einigkeit, siehe Lederle, in: Castan und andere (Hrsg) Becksches Handbuch, C 300, Tz 116; Schülen, S. 136. 301 Biener/Schatzmann, S. 47.
V. Ausnahmen
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nur von untergeordneter Bedeutung sind." So bestimmt es § 308 Abs. 2 S. 3 3 0 2 . Damit besteht die Möglichkeit, die Kosten für die Bilanzerstellung gering zu halten, indem Bagatellabweichungen unberücksichtigt bleiben. Die Vorschrift wird als erhebliche Erleichterung bei der Bilanzierung gelobt 303 . Sie erscheine wegen des Wesentlichkeitsprinzips systemkonform und sinnvoll 304 . Das trifft im Ergebnis zu. Geringste Abweichungen schlagen nicht auf die Aussagekraft der Bilanz durch. Damit ist das Ziel eines angemessenen Bildes der Vermögens,Finanz- und Ertragslage nicht in Gefahr, das Gesetzessystem nicht durchbrochen. Fraglich ist, nach welchen Kriterien die Unwesentlichkeit festzustellen ist. Zunächst ist neben Vermögens- und Finanzlage auch die Ertragslage zu beachten. Denn es ist wahrscheinlich, daß eine Umwertungsdifferenz sich kaum auf die Vermögenslage, wegen der anderen finanziellen Größenordnungen aber spürbar auf die Ertragslage auswirkt 305 . Dann ist einheitlich umzubewerten. Ist aber nicht von vornherein ersichtlich, ob eine Umbewertung eine wesentliche Abweichung bringt, so bieten sich zwei Verfahren an: Entweder bewertet man einheitlich um und entscheidet dann, ob man den Posten entsprechend in die Bilanz einstellt. Oder man bewertet überschlägig und entscheidet dann endgültig. Dies wäre eine Methode, die mehr das Wirtschaftlichkeitsprinzip betont 306 . Sie ist deshalb vorzuziehen; denn das Gesetz will durch die Betonung der Wesentlichkeit die Fälle herausstellen, in denen der Informationszuwachs des Bilanzadressaten außer Verhältnis zu den Umrechnungskosten steht. In Zweifelsfällen genügt daher eine überschlägige Nebenrechnung. Fraglich ist weiter, ob eine Gesamtbetrachtung vorgenommen werden muß, oder ob jeder Posten getrennt beurteilt werden kann. Denkbar ist nämlich, daß Bewertungsdifferenzen, die für sich genommen unbedeutend sind, sich im Hinblick auf die gesamte Rechnungslegung so summieren, daß das Ziel „angemessenes Bild" nur eingeschränkt erreicht werden kann. Deshalb sei auf den Gesamtkonzern abzustellen307. Das Gesetz sagt zu diesem Problem ausdrücklich nichts. Das Handelsgesetzbuch regelt ein ähnliches Problem aber in § 296 für den Konsolidierungskreis. Nach § 296 Abs. 2 S. 1 braucht ein Unternehmen nicht einbezogen zu werden, wenn das für das Ziel eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes nur von untergeordneter Bedeutung ist. Satz 2 ordnet aber an: „Entsprechen mehrere Tochterunternehmen der Voraussetzung des Satzes 1, so sind diese 302 Die Norm stützt sich auf Art. 29 Abs. 3 S. 1 der 7. EG-Richtlinie. 303 Jonas, S. 170. 304 Schülen, S. 137. 305 Lederle, in: Castan und andere (Hrsg.), Becksches Handbuch, C 300, Tz 118; Schülen, S. 137. 306 Schülen, S. 137. 307 Schülen, S. 137, wohl auch Lederle, Castan und andere (Hrsg.), in: Becksches Handbuch, C 300 Tz 119; IdW, HFA-Stellungnahme 3/1988, S. 484. 7 Meinhold-Heerlein
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D. Einheitlichkeit nach dem Bilanzrichtliniengesetz
Unternehmen in den Konzernabschluß einzubeziehen, wenn sie zusammen nicht von untergeordneter Bedeutung sind." Es bietet sich an, den Satz 2 auf die einheitliche Bewertung analog anzuwenden. Die methodischen Voraussetzungen dafür sind die planwidrige Regelungslücke und die Vergleichbarkeit der Interessenlage 308. Das Gesetz hält für diese Frage keine hinreichend deutliche Regelung bereit. Es besteht jedoch Regelungsbedarf, denn die Antwort auf dieses Problem wirkt sich spürbar auf die Bilanzierung aus. Darüber hinaus sind keine Anhaltspunkte erkennbar, daß eine Regelung absichtlich unterblieben ist. Zuletzt ist auch die Interessenlage vergleichbar, denn auch dem § 296 Abs. 2 liegt das Wesentlichkeitsprinzip zugrunde, das detailliert geregelt ist. Zwar sind einheitliche Bewertung und Konsolidierungskreis verschiedene Regelungsgegenstände. Aber das Prinzip des Absatzes 2 paßt ebenso für das angesprochene Bewertungsproblem. Deshalb steht einer analogen Anwendung von § 296 Abs. 2 S. 2 nichts im Wege. Der Weg über § 297 Abs. 2 S. 2, die Generalklausel, erscheint zwar ebenfalls gangbar 309 . Doch darf die Generalklausel nur in den Fällen bemüht werden, in denen das Gesetz keine weiteren Anhaltspunkte bietet. Im Ergebnis ist festzuhalten: Ob Bewertungsdifferenzen wesentlich sind, muß der Bilanzierende anhand einer Gesamtbetrachtung ermitteln. Er darf nicht isoliert die Einzelwerte betrachten. Unwesentlich sind die Unterschiede dann, wenn sie sich nicht spübar auf das Gesamtbild auswirken. Lederle hält eine abweichende Bewertung indes für nicht zulässig, wenn damit gegen die deutschen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung verstoßen wird. Wenn etwa Vorräte einer ausländischen Tochter wegen gestiegener Rohstoffpreise höher als zum Einkaufspreis bewertet wurden, soll nach Lederle in jedem Fall umbewertet werden, auch wenn das Gesamtbild nicht spürbar beeinflußt wird. Dabei ist jedoch folgendes zu bedenken. Die richtlinienkonforme Auslegung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung führt dazu, daß sie nur den Grundsatz des „True and Fair View" ausfüllen können. Denn die Richtlinie erwähnt die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung nicht. Wenn aber Fälle vorliegen, die so unwesentlich sind, daß ein angemessenes Bild ungefährdet erreicht werden kann, sind die deutschen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung nicht gefährdet. Wenn die Beeinträchtigung tatsächlich nur unwesentlich ist, brauchen auch die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung nicht herangezogen zu werden, die letztlich die Aussagekraft der Bilanz sichern sollen. Das bedeutet: Die Wesentlichkeitsausnahme widerspricht nicht dem „True and Fair View". Sie ist systemkonform. Auch der Companies Act 1989 normiert diese Ausnahme, und zwar in para 3 (3) von schedule 2 3 1 0 . Danach müssen die verlangten Umwertungen nicht 308 Larenz, S. 255 ff. 309 So Schülen, S. 137. 310 Identisch mit para 3 (3) von schedule 4A des Companies Act 1985.
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erfolgen, „wenn sie nicht wesentlich für den Zweck des True and Fair View" sind. Der Richtlinientext ist damit sowohl in Deutschland wie auch in Großbritannien mit demselben materiellen Inhalt umgesetzt.
3. Ausnahmefälle Abweichungen sind auch in nicht näher bezeichneten „ A u s n a h m e f ä l l e n " zulässig, § 308 Abs. 2 S. 4 3 1 1 . Diese Vorschrift ist nur dann systemkonform, wenn sie restriktiv ausgelegt wird und nur Fälle erfaßt, in denen es unmöglich oder unzumutbar ist, eine Bewertungsvereinheitlichung vorzunehmen oder dies zu unrichtigen Ergebnissen führt 312 . Solche Ausnahmen können natürlich nur vorliegen, wenn der „True and Fair View" es gebietet. Als Beispiel wird genannt, daß eine Gesellschaft im Ausland erst vor kurzem erworben wurde und das Rechnungswesen dort nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Verzögerungen in der Lage ist, bis zum Abschlußstichtag eine Bewertung nach konzerneinheitlichen Vorschriften für die Handelsbilanz I I vorzunehmen oder die erforderlichen Informationen zu beschaffen 313. Als weiteres Beispiel werden landesrechtliche entgegenstehende Vorschriften genannt 314 . Gemeint ist damit, daß die konzerneinheitliche Bewertung von vornherein nicht möglich ist. Diese zweite Fallgruppe kann jedoch nicht allgemein dem Ausnahmebegriff unterfallen. Denn es ist gerade das Charakteristikum der konzerneinheitlichen Bewertung, daß der Konzern in seiner Gesamtheit auf ein einheitliches Recht zugeschnitten wird. Ein weiterer Ausnahmefall soll vorliegen, wenn Rückschlüsse auf den landesrechtlichen Abschluß zu befürchten sind, die zu steuerlichen Nachteilen führen können 315 . Dieses Beispiel muß stark eingeschränkt werden: Nur wenn die mögliche steuerliche Benachteiligung erheblich und unzumutbar hoch ist, kann ein Ausnahmefall vorliegen. Denn ein möglicher steuerlicher Nachteil darf nicht von vornherein dazu führen, daß das Ziel, dem Adressaten eine aussagekräftige Bilanz zu bieten, verwässert wird. Der Interessenkonflikt darf nicht einseitig zu Lasten des Adressaten der Konzernbilanz gelöst werden. Zuletzt könnte es sein, daß die Neubewertung zu materiell falschen Werten führt, weil das Unternehmen zu Liquidationswerten bilanziert, da es sich im 311 Diese Vorschrift stützt sich auf Art. 16 Abs. 3 S. 2 der 7. EG-Richtlinie. 312 Scherrer, in: Hofbauer / Kupsch (Hrsg.), Bonner Handbuch, § 308 Tz 34, 36. 313 Lederle, in: Castan und andere (Hrsg.), Becksches Handbuch, C 300 Tz 123; ähnlich Scherrer (wie Fußnote 312), § 308 Tz 35 1. Beispiel, Schülen, S. 137; IdW, HFAStellungnahme, S. 484. 314 Schülen, S. 137; Lederle, in: Castan und andere (Hrsg.), Becksches Handbuch, C 300 Tz 123. 315 Lederle, ebenda, C 300 Tz 123. 7*
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D. Einheitlichkeit nach dem Bilanzrichtliniengesetz
Abwicklungsverfahren befindet. Es handelt sich dann um ein Aufgeben des Prinzips der Unternehmensfortführung 316. Dann verlangt der „True and Fair View", von der einheitlichen Bewertung in der Konzernbilanz abzugehen. Diese Variante ergibt sich jedoch bereits aus dem System des Handelsgesetzbuchs, brauchte also nicht unter die Ausnahmevorschrift gefaßt werden. Nach allem muß man fragen, ob die Ausnahmevorschrift sinnvoll ist. Denn Ausnahmen sind auch nach dem System des Handelsgesetzbuches möglich, wenn einer der beschriebenen Grenzfälle vorliegt. Sie ergeben sich aus der Generalnorm des „True and Fair View". Eine gesonderte Normierung ist dann eher schädlich, weil sie dazu verführen kann, extensiv ausgelegt und mißbraucht zu werden. Dieser Gefahr wäre der Gesetzbgeber indessen nur begegnet, wenn er den Richtlinientext des Art. 29 Abs. 3 nicht wortgetreu übernommen hätte. Dies hätte er aber tun können, ohne den Umsetzungsbefehl zu mißachten. Der einzige Trost ist, daß im Anhang zu begründen ist, warum die Ausnahmeregelung gebraucht wurde. Auch Großbritannien gestattet im Companies Act 1989 Ausnahmen. Para 3 (2) von schedule 2 3 1 7 erlaubt ein Abweichen vom Grundsatz der Einheitlichkeit, wenn aus Sicht der Unternehmensleitung besondere Gründe dafür sprechen. Dies bedeutet einen Unterschied gegenüber der alten, von SSAP 14 gebrauchten Formulierung. Danach kann in Ausnahmefällen, in denen einheitliche Methoden „impraktikabel" sind, von diesen abgewichen werden. „Besondere Gründe" könnte einen anderen Sinngehalt haben. Doch ist zu bedenken, daß SSAP 14 schon wegen para 36A von schedule 4 des Companies Act 1985 nach wie vor geltendes Recht ist. Ihre Bestimmung erläutert vielmehr die unklare Formulierung des Gesetzestextes. Diese Formulierung erklärt sich mit dem Bestreben des Gesetzgebers, möglichst wortgetreu die EG-Richtlinie umzusetzen. Sowohl die SSAP 14 als auch der Companies Act 1989 verlangen, die genaueren Umstände, Gründe und Auswirkungen der abweichenden Bilanzierung anzugeben.
4. Steuerliche Wertansätze Schließlich gestattet § 308 in Absatz 3 Satz 1 noch, bestimmte steuerrechtliche Wertansätze nicht einheitlich zu bewerten 318 . Betroffen sind davon zwei Fallgruppen. Die erste sind die Vermögensgegenstände und Schulden, die in der Einzelbilanz mit einem nur nach Steuerrecht zulässigen Wert angesetzt wurden. Es handelt sich dabei um niedrigere Werte für Vermögensgegenstände und höhere Werte für die Schulden. Beide mindern die Steuerlast. Die zweite Fallgruppe sind erhöhte Sonderposten mit Rücklageanteil auf der Passivseite. Auch sie bedeuten 316 Scherrer, in: Hofbauer / Kupsch, Bonner Handbuch, § 308 Rz 35, 2. Beispiel. 317 Schedule 4A des Companies Act 1985. 318 Siehe dazu Küting / Haeger, BB 1987, S. 1285 ff.
V. Ausnahmen
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eine geringere Steuerlast in der Einzelbilanz. Der Konzern darf diese steuermindernden Wertansätze jedoch nur übernehmen, wenn der Wertansatz nicht bei der steuerlichen Gewinnermittlung berücksichtigt würde, weil er nicht in der Handelsbilanz auftaucht. Diese Verknüpfung heißt umgekehrte Maßgeblichkeit: Die Steuerbilanz ist maßgeblich für die Handelsbilanz 319 . § 308 Absatz 3 geht zurück auf Art. 29 Absatz 5 der 7. EG-Richtlinie. Sie gewährt den Mitgliedstaaten ein Wahlrecht, das der deutsche Gesetzgeber an die Unternehmen weitergegeben hat. Danach dürfen bei einem in die Konsolidierung einbezogenen Vermögensgegenstand der Aktivseite Wertberichtigungen unterbleiben, wenn diese allein steuerlich motiviert sind und der Unterschiedsbetrag angegeben und begründet wird. Zwar spricht die Richtlinie nur von aktiven Vermögensgegenständen. Doch gemeint sind alle Bewertungs- und Abschreibungsvorschriften, die einen vom Handelsrecht abweichenden Wert auf der Aktivoder Passivseite der Bilanz erzeugen 320. Insofern setzt das Bilanzrichtliniengesetz die Richtlinie vertragsgemäß um. Wie verhält sich die Ausnahme des § 308 Abs. 3 zum System des Bilanzrechts, insbesondere zum Gebot des „True and Fair View"? Beispiele: § 6 Abs. 2 EStG gestattet die Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter, und zwar selbst dann, wenn diesen Gütern noch ein bestimmbarer Wert zugeordnet werden kann. Der Zweck der Vorschrift besteht darin, die Rechnungslegung zu vereinfachen. § 7d EStG erlaubt die erhöhte Abschreibung von Wirtschaftsgütern, die dem Umweltschutz dienen. Hier handelt es sich um politische Ziele, die durch das Bilanzrecht gefördert werden sollen. § 81 EStDV normiert eine Bewertungsfreiheit für bestimmte Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens im Kohle- und Erzbergbau. Auch hier stehen politische Ziele im Vordergrund. § 1 EntwLStG gestattet, eine steuerfreie Rücklage in Form eines Sonderpostens zu bilden, und zwar für Kapitalanlagen in Entwicklungsländern. Dies soll Investitionen in Entwicklungsländern anreizen 321 . In aller Regel handelt es sich also um Ziele, die außerhalb des „True and Fair View" liegen. Vielmehr können sie häufig nur dann erreicht werden, wenn unrealistische Werte angesetzt werden. Zwar handelt es sich bei der Generalklausel um ein übergeordnetes Prinzip. Aber der Art. 29 Abs. 5 der 7. EG-Richtlinie gestattet ausdrücklich diese Ausnahme. Eine europarechtskonforme Auslegung, die diese Ausnahmevorschrift auf ein mit der Generalklausel vereinbares Maß zurückschneidet, scheidet daher aus. Systematisch handelt es sich bei Abs. 3 wie schon bei Abs. 2 S. 2 um eine Durchbrechung. Eine Durchbrechung in doppelter Hinsicht: Umgekehrte Maßgeblichkeit ist bestenfalls dort berechtigt, wo sie sich 319 V. Wysocki/Wohlgemuth, S. 33; Schülen, s. S. 136; Weirich, Wpg 1987, S. 81; Lederle, in: Castan und andere (Hrsg.), Becksches Handbuch, C 300 Tz 109. 320 Biener/ Schatzmann, S. 47. 321 Weitere Beispiele bei Scherrer, in: Hofbauer / Kupsch, Bonner Handbuch, § 308 Tz 39 f.
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D. Einheitlichkeit nach dem Bilanzrichtliniengesetz
auf die Steuerschuld auswirkt. Das ist aber bei der Konzernbilanz gerade nicht der Fall. Ihr Zweck besteht hauptsächlich darin, die Adressaten zu informieren; abgesehen vom Gewerbesteuerrecht 322 verzichten die Steuergesetze jedoch darauf, den Konzern steuerlich als Einheit zu behandeln und die Steuerschuld auf Grundlage der Konzernbilanz zu bemessen323. Damit ist das Ziel der umgekehrten Maßgeblichkeit nicht zu erreichen, das Unternehmen zu einem niedrigeren Gewinnausweis in der Handelsbilanz zu veranlassen, wenn ein niedrigerer Gewinnausweis in der Steuerbilanz erlaubt ist. Die Konzernbilanz hat mit der Steuerschuld grundsätzlich nichts zu tun. Wenn steuerlich begründete Werte dennoch in der Konzernbilanz zulässig sind, werden Steuervorteile fingiert, die in Wirklichkeit nicht bestehen324. Zwar muß gemäß § 308 Abs. 3 S. 2 der Konzernanhang den durch die Steuervorschrift verursachten Differenzbetrag angeben und begründen. Aber die Kritik in der Literatur weist zutreffend darauf hin, daß dadurch ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild nicht vermittelt wird 3 2 5 . Das Wahlrecht ist mit den Grundsätzen des Handelsgesetzbuches und der 7. EG-Richtlinie unvereinbar 326. Möglicherweise werde auf die Unerfahrenheit des Bilanzlesers gehofft, zumindest werde allen unnötige Mühe zugemutet, wenn sie die Beträge in die Konzernbilanz hineinrechnen. Schülen bezeichnet demgegenüber die Norm „als Vereinfachungsmaßnahme nicht inkonsequent" 327 . Doch ist zweifelhaft, ob es sich überhaupt um eine Vereinfachungsmaßnahme handelt. Denn die Differenzbeträge müssen sehr wohl ermittelt werden, um als Gesamtbetrag in den Anhang eingestellt zu werden 328 . Damit reduziert sich das Wahlrecht des § 308 Abs. 3 S. 1 auf eine Maßnahme der Bilanzpolitik 329 mit erheblichem Willkürspielraum, der nur durch das Mißbrauchsverbot eingegrenzt ist. Nach dem bisher Gesagten fallen auch ausländische steuerlich begründete Wertansätze unter diese Regel 330 . Doch werden diese Fälle selten vorkommen, weil die umgekehrte Maßgeblichkeit ein typisch deutsches Institut ist; ausländi322 Großfeld, S. 252. 323 Großfeld, S. 233; Busse v. Cölbe / Ordelheide, S. 35; v. Wysocki / Wohlgemuth, S. 21; Haase, DB 1968, S. 237 mwN; Sigle, S. 177 f.; Siehe auch Emmerich / Sonnenschein, S. 422 f. 324 Scherrer, in: Hofbauer / Kupsch, Bonner Handbuch, § 308 Tz 41. 325 Stobbe, DB 1986, S. 1838. 326 v. Wysocki/Wohlgemuth, S. 33. 327 Schülen, S. 136; siehe auch Stobbe, DB 1986, S. 1838. 328 Ähnlich Stobbe, DB 1986, S. 1839, der keine wesentliche Erhöhung des Arbeitsaufwandes für die Herausrechnung erwartet. 329 Etwa kann der Konzern sich positiv darstellen, selbst wenn in den Einzelbilanzen niedrige Werte angesetzt sind, um die Steuerlast zu mindern und weniger Gewinn auszuschütten. 330 Schülen, S. 136; IdW, HFA-Stellungnahme 3/1988, S. 484.
VI. Personengesellschaften als Konzernmutter
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sehe steuerliche Wertansätze dürfen nur dann übernommen werden, wenn auch im Ausland die umgekehrte Maßgeblichkeit zulässig ist. Festzuhalten bleibt: Diese Ausnahme führt zu unrealistischen Werten und verzerrt die Konzernbilanz erheblich. Sie gefährdet darüber hinaus die internationale Vereinheitlichung. Beispielweise verzichtet Großbritannien im Companies Act 1989 darauf, diese Ausnahme zu übernehmen. Es sollte deshalb darauf hingearbeitet werden, den § 308 Abs. 3 ersatzlos zu streichen.
VI. Personengesellschaften als Konzernmutter Die §§ 300 und 308 ordnen an, daß der Konzernabschluß nach dem Recht der Mutterunternehmung aufzustellen ist. Dies ist in aller Regel Kapitalgesellschaftsrecht; denn § 290 Abs. 1, 2 verlangen nur dann einen Konzernabschluß, wenn die Mutter eine Kapitalgesellschaft ist. Es fragt sich daher, welche Bewertungsregeln für Konzerne gelten, an deren Spitze eine Personengesellschaft steht. Dieser Problemkreis wird von den EGRichtlinien nicht erfaßt, weil diese nur für Kapitalgesellschaften gelten. Solche Konzerne, an deren Spitze eine Personengesellschaft steht oder die ganz aus Personengesellschaften bestehen, sind zur Rechnungslegung verpflichtet, wenn sie eine bestimmte Größenordnung erreichen. Das Gesetz, das diese Materie regelt, ist das Publizitätsgesetz (PublG) von 1969. Das Bilanzrichtliniengesetz hat auch das PublG stark verändert. Die Pflicht zur Aufstellung normiert § 11 PublG. Die für unser Problem maßgeblichen Regeln normiert § 13. § 13 Abs. 2 S. 1 1. HS PublG ordnet an: Die §§ 294 bis 314 des Handelsgesetzbuches gelten sinngemäß. Zusätzlich zu beachten ist § 13 Abs. 3 S. 1. Danach brauchen die §§ 279 Abs. 1, 280 des Handelsgesetzbuches nicht angewendet zu werden. Das bedeutet: Abschreibungen nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung sind zulässig gemäß § 253 Abs. 4, es gilt das gemilderte Niederstwertprinzip für alle Anlagegegenstände aus § 253 Abs. 2 S. 3, und das Wertaufholungsgebot entfällt zugunsten eines WertaufholungsWahlrechts. Dies sind Durchbrechungen des „True and Fair View", die wegen der EG-Gesetzgebung nur für Personengesellschaften möglich sind. Sie gelten wegen § 13 Abs. 3 S. 1 PublG auch für die Tochtergesellschaften, die AG, KGaA oder GmbH sind 331 . 1. Aufgabe des Maßgeblichkeitsprinzips Das Publizitätsgesetz geht folgerichtig ebenfalls von der Einheitsfiktion aus. Die Rechnungslegung bedeutet einen Neuanfang, eine Bindung an alte Werte aus der Einzelbilanz entfällt. Eine solche Bindung fand im alten Recht statt, denn 331 § 297 Abs. 2 S. 2 gilt insoweit nicht sinngemäß, § 13 Abs. 2 S. 1 1. HS PublG.
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D. Einheitlichkeit nach dem Bilanzrichtliniengesetz
auch für den Publizitätskonzern galt das Maßgeblichkeitsprinzip 332 , § 13 Abs. 2 S. 1 PublG iVm § 331 Abs. 1 Nr. 1 AktG. Deshalb handelt es sich im neuen Recht jedoch um einen Rückschritt, weil die Erleichterungen des § 13 Abs. 3 PublG neuerdings für manche Töchter die Bilanzaussagekraft vermindern 333 . Zwar ist dadurch immer noch eine einheitliche Bewertung möglich, §§13 Abs. 2 S. 11. HS PublG iVm 308 HGB. Aber der dadurch erreichte Informationszuwachs wird durch die Verzerrungen des „True and Fair View" überkompensiert. Denn eines darf nicht vergessen werden: Einheitliche Bewertung ist nicht ein Wert eigener Qualität, sondern ein Element zur Sicherung bilanzieller Aussagekraft. Dazu zählen aber in weit größerem Maße die Generalklausel und die durch sie verankerten Bilanzierungsregeln für Kapitalgesellschaften. Sie gelten wegen § 13 Abs. 2 S. 1 PublG iVm § 298 Abs. 1 HGB auch für den Publizitätskonzern. Doch davon macht § 13 Abs. 3 S. 1 PublG die beschriebene folgenreiche Ausnahme. Sie wird demzufolge in der Literatur kritisiert 334 . Es besteht damit die Möglichkeit, daß ein Mutterunternehmen stille Reserven in der Konzernbilanz legt, obwohl es in der Einzelbilanz freiwillig nach Kapitalgesellschaftsrecht abgeschlossen hat. Es besteht ferner die Möglichkeit, in einem Konzern unterzubewerten, bei dem nur die Mutter Personengesellschaft, alle Töchter aber Kapitalgesellschaften sind. § 13 Abs. 3 S. 3 PublG setzt jedoch eine gewisse Sperre: „Bei Anwendung des Satzes 1 hat der Konzernabschluß befreiende Wirkung nach § 291 HGB nur, wenn das befreite Tochterunternehmen, das gleichzeitig Mutterunternehmen ist, diese Erleichterungen für sich in Anspruch nehmen könnte." Das bedeutet: Wenn die Tochtergesellschaft Kapitalgesellschaft selber eine Mutter ist, muß ein Teilkonzernabschluß nach Handelsgesetzbuch erstellt werden. Diese Pflicht entfällt nur dann, wenn die Werte der Tochter im übergeordneten publizitätsgesetzlichen Konzernabschluß nach Kapitalgesellschaftsrecht bewertet sind.
2. Einheitliche Bewertung Das hat eine erstaunliche Konsequenz: Entschließt sich der Konzern, im publizitätsgesetzlichen Abschluß bei den Töchtern nach Kapitalgesellschaftsrecht zu bewerten, um einen Teilkonzernabschluß zu vermeiden, so hat er das auch für das Personengesellschafts-Mutterunternehmen zu tun. § 308 zwingt ihn dazu 335 , 332 Lederle, in: Castan und andere, Becksches Handbuch, C 300 Tz 132. 333 Ordelheide, Wpg 1985, S. 515. 334 Anderer Ansicht Lederle, der nach § 308 das Recht des Mutterunternehmens für maßgeblich hält. Danach ist ohnehin Personengesellschaftsrecht anwendbar. § 13 Abs. 3 S. 1 hat somit bestenfalls Klarstellungsfunktion, Lederle, in: Hofbauer / Kupsch, Becksches Handbuch, C 300 Tz 99; Siehe aber Ordelheide, Wpg 1985, S. 515 f., der von einem „wahrlich üppigen Präsent" spricht; derselbe, Wpg 1985, S. 576. 335 § 308 ist anwendbar wegen § 13 Abs. 2 S. 1 1. HS PublG.
VI. Personengesellschaften als Konzernmutter
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der eine einheitliche Bewertung verlangt. Zwar erklärt § 308 Abs. 1 grundsätzlich das Recht des Mutterunternehmens für anwendbar, und damit Personengesellschaftsrecht. Aber es handelt sich dann um eine Ausnahme, die gemäß § 308 Abs. 1 S. 3 im Anhang anzugeben und zu begründen ist. Will der Konzern also Teilkonzernabschlüsse vermeiden, die wegen §§ 13 Abs. 3 S. 3 PublG iVm 291 HGB erforderlich wären, so hat er nach Kapitalgesellschaftsrecht zu publizieren, auch wenn er ein Publizitätskonzern ist. Wie aber sieht der umgekehrte Fall aus? Beispiel: An der Spitze eines großen Konzerns steht eine Mutter, die GmbH & Co KG ist. Sie hat mehrere Töchter in Form von GmbHs, die ihrerseits Konzernmütter sind. Die Größenordnung des Publizitätsgesetzes ist für den Gesamtkonzern erreicht. Die Mutter will für den Gesamtkonzernabschluß die Erleichterung des § 253 Abs. 2 S. 3 und des § 253 Abs. 4 in Anspruch nehmen. Sie erstellt deshalb zunächst Teilkonzernabschlüsse für ihre Töchter, und zwar nach Kapitalgesellschaftsrecht. Im Gesamtkonzernabschluß kann sie dann nach § 13 Abs. 3 S. 1 PublG iVm § 253 Abs. 4 stille Reserven legen bzw. unterbewerten. Hier entsteht nun ein Spannungsverhältnis zwischen dem § 308 HGB und der Generalklausel nach § 297 Abs. 2 S. 2 HGB, die beide gemäß § 13 Abs. 2 S. 1 1. HS PublG anwendbar sind. Denn wenn in der Mutter stille Reserven gelegt werden, zwingt der Grundsatz der einheitlichen Bewertung nach § 308 eigentlich, auch bei allen anderen vergleichbaren Sachverhalten entsprechend unterzubewerten 336. Dies vermindert aber die Aussagekraft der Bilanz, indem es den „True and Fair View" beeinträchtigt. Wie bereits oben dargestellt, geht nach dem System des Gesetzes der „True and Fair View" grundsätzlich vor. Eine aussagekräftige Konzernbilanz ist auch für das Publizitätsgesetz wünschenswert, denn die zusammengestellten Teilkonzernabschlüsse nach Handelsgesetzbuch garantieren noch kein angemessenes Bild von Gesamtkonzernen. Der Grundsatz der einheitlichen Bewertung hat hier also zurückzutreten 337, wenn dadurch die Vergleichbarkeit und Aussagekraft gestärkt wird: Im Konzern darf abweichend bewertet werden. Damit besteht folgende Gefahr: Durch Gestaltung der Konzernbeziehungen ist es möglich, ziemlich aussageschwache Konzernabschlüsse zu erzielen. Nach Möglichkeit werden die ersten Kapitalgesellschaften auf niedrigerer Ebene gebildet. Zwar sind dafür unter Umständen Teilkonzernabschlüsse zu erstellen. Doch ist davon auszugehen, daß diese für sich aussagekräftigen Dokumente nicht viel nützen im Vergleich mit einem entsprechenden Gesamtkonzernabschluß. Dieser aber kann innerhalb eines weiten Bewertungsspielraums erstellt werden, weil die oberen Konzernglieder Personengesellschaften, etwa GmbH & Co. KG, sind. Die Gefahr, durch Gestaltung der Konzernbeziehungen aussageschwache Konzernabschlüsse zu erzeugen, sollte aber nicht zu hoch eingeschätzt werden, zumindest 336 Vgl. Ordelheide, Wpg 1985, S. 516. 337 Dieser Fall kann auch als Ausnahme gem. § 308 Abs. 2 S. 4 interpretiert werden.
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D. Einheitlichkeit nach dem Bilanzrichtliniengesetz
nicht bei schon bestehenden Unternehmensverbindungen. Denn es ist nur schwer möglich, die bestehenden Strukturen und Beteiligungsverhältnisse entscheidend umzugestalten. Daneben wirft ein solcher Schritt für Außenstehende ein ungünstiges Licht auf den Konzern und kann sich schädigend auswirken, etwa auf die Kreditwürdigkeit. Deshalb kommt es vor, daß manche Konzerne sich freiwillig strengeren Regeln unterwerfen, um sich positiv von anderen zu unterscheiden. Auch mit einer solchen Rechnungslegung gilt es Schritt zu halten. Damit ist es insgesamt eher unwahrscheinlich, daß es in Zukunft zu größeren Umgestaltungen der Konzernstruktur in „Publizitätskonzerne" kommt. Dennoch dürfen die möglichen, zulässigen Verzerrungen nicht hingenommen werden. Der Gesetzgeber sollte daher darauf hinarbeiten, die publizitätsgesetzlichen Regeln an das Handelsgesetzbuch anzugleichen. Zumindest sollte daran gedacht werden, das Maßgeblichkeitsprinzip wieder einzuführen, allerdings nicht in der alten Starre, um nicht den Weg zu angemessenem Bild und einheitlicher Bewertung abzuriegeln.
V I I . Assoziierte Unternehmen Ein Unternehmen ist assoziiert, wenn die Mutter daran gemäß § 271 Abs. 1 beteiligt ist und maßgeblichen Einfluß auf die Unternehmenspolitik tatsächlich ausübt. Die Werte dieser Unternehmen werden nicht einzeln in die Konzernbilanz eingestellt. Aber auch bei diesen Beteiligungen stellt sich die Frage der einheitlichen Bewertung. Der Wertansatz, mit dem die Beteiligung am assoziierten Unternehmen in die Konzernbilanz eingestellt wird, wird durch ein besonderes Verfahren ermittelt: Die Equity-Methode. Dabei geht es um folgendes: Berechnungsgrundlage sind die Anschaffungskosten der Beteiligung. Diesen Kosten werden die anteiligen Gewinne der Tochter hinzugerechnet, anteilige Verluste und bereits ausgeschüttete Gewinne werden abgezogen. Der so ermittelte Wert ist der Beteiligungswert an der Tochter. Bevor der Beteiligungswert in die Konzernbilanz eingestellt wird, hat jedoch noch folgendes zu geschehen: Die Anschaffungskosten des Beteiligungsbuchwertes müssen an das zum Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs vorhandene Eigenkapital angepaßt werden 338 . Das Gesetz sieht dafür zwei Methoden vor, die Buchwertmethode, § 312 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und die Kapitalanteilsmethode, § 312 Abs. 1 S. 1 Nr. 2. Die Methoden unterscheiden sich folgendermaßen: Wird der Beteiligungswert mit dem Buchwert oder mit dem anteiligen Eigenkapital ausgewiesen? Werden die Unterschiedsbeträge zwischen Buchwert und anteiligem Eigenkapital unter den Beteiligungen, beim Aktivvermögen oder im Anhang ausgewiesen339? In 338 γ. Wysocki / Wohlgemuth, S. 134.
VII. Assoziierte Unternehmen
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allen Varianten tauchen die entscheidenden Beträge gesondert auf. Damit ist der Informationsgehalt derselbe, unabhängig von der Wahl der Assoziierungsmethode 3 4 0 . Dennoch ist es für den Bilanzleser verwirrend, wenn Unterschiedsbeträge einmal im Anhang, ein anderes Mal unter Beteiligungen ausgewiesen werden, wenn die Beteiligungen einmal zum Buchwert, ein anderes Mal zum anteiligen Eigenkapital angesetzt sind. Es fragt sich daher, ob nicht im Interesse einer aussagekräftigen Bilanz eine einheitliche Anwendung der Equity-Bilanzierung geboten ist. § 308 gilt für die Konsolidierung im allgemeinen Sinn. Es geht darum, die Einzelwerte von Vermögensgegenständen und Schulden in die Konzernbilanz einzusetzen und nicht Beteiligungswerte, seien sie auch noch so aussagekräftig berechnet. Das aber ist Assoziieren. Um Konsolidierung im allgemeinen Sinn handelt es sich bei der Einbeziehung assoziierter Unternehmen daher nicht. § 308 ist nicht anwendbar. Das Gesetz hält für assoziierte Unternehmen zwar eine Speziairegel bereit, nämlich § 312 Abs. 5. Diese Norm äußert sich aber nur zur einheitlichen Bewertung bei assoziierten Unternehmen. Sie taugt nicht für die Frage, ob auch die Assoziierungsmethoden einheitlich anzuwenden sind. Es bleiben die Generalklausel und das Willkürverbot. Die bereits entwickelte Wertung, die eine Vereinheitlichung innerhalb der Bilanz anstrebt, greift auch hier ein. Sofern nicht sachliche Gründe entgegenstehen, ist einheitlich zu „assoziieren". Solche sachlichen Gründe werden hier nur sehr schwer zu finden sein: Denn der Informationsgehalt des Einzelausweises ändert sich nicht durch die Methodenwahl, während umgekehrt die Klarheit der Gesamtbilanz durch einheitliches Vorgehen gewinnt. Unterschiedsbeträge und Beteiligungswerte können sich jedoch ändern, wenn die Vermögensgegenstände und Schulden umbewertet werden, bevor das Unternehmen einbezogen wird. Eine solche Umbewertung ist zulässig. Wendet das assoziierte Unternehmen in seinem Jahresabschluß vom Konzernabschluß abweichende Bewertungsmethoden an, so können abweichend bewertete Vermögensgegenstände oder Schulden für die Zwecke der Absätze 1 bis 4 nach den auf den Konzernabschluß angewandten Bewertungsmethoden bewertet werden. Dies regelt § 312 Abs. 5 S. 1. Das Handelsgesetzbuch gibt damit das Wahlrecht aus Art. 33 Abs. 3 der 7. EG-Richtlinie an die Unternehmen weiter. Ein Zwang, einheitlich umzubewerten, wäre aber entgegen einer geäußerten Ansicht durchaus zu vertreten gewesen341. Zwar kann es sein, daß die erforderlichen Informationen nicht beschafft werden können, etwa weil die Tochtergesellschaft im Ausland 339 Es gibt zwei Unterschiedsbeträge: Je einen vor und nach Auflösung der stillen Reserven. 340 y. Wysocki / Wohlgemuth, S. 137. 341 Harms/Küting, BB 1984, S. 111.
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D. Einheitlichkeit nach dem Bilanzrichtliniengesetz
sitzt und nur maßgeblicher, nicht aber beherrschender Einfluß ausgeübt wird. Zwar kann es sein, daß der zusätzliche Informationsgewinn außer Verhältnis zu den Zusatzkosten steht. Diese Fälle hätten indes durch analoge Anwendung der Ausnahme Vorschrift § 308 Abs. 2 S. 4 gelöst werden können. Richtig ist zwar, daß durch den summarischen Ausweis die Equity-Methode keinen Informationswert erzielen kann, der dem gleichkommt, den der Ausweis der Einzelposten erzielt. Aber darum darf es auch gar nicht gehen; denn über diese Posten wird keine Leitungsmacht ausgeübt. Das Gesetz sollte aber auf jeden Fall deutlich machen, daß es im Grundsatz von der Einheitlichkeit ausgeht. Immerhin: Wird die Bewertung nicht angepaßt, so ist dies nach geltendem Recht im Konzernanhang anzugeben, § 312 Abs. 5 S. 2. Eine weitere Frage ist ebenfalls offen. Sie betrifft die Konzerne, in denen mehrere Gesellschaften zu assoziieren sind. Muß dann, wenn bei dem einen assoziierten Unternehmen einheitlich umbewertet wird, dies auch bei allen anderen gleichgelagerten Unternehmen geschehen? Muß also das Wahlrecht des § 312 Abs. 5 S. 1 selbst einheitlich ausgeübt werden? Diese Frage ist in der Regel zu verneinen. Denn verlangte man entweder einheitliche Bewertung bei allen assoziierten Unternehmen oder Bezug auf alte Wertansätze, torpedierte man das eigentliche Ziel, die Steigerung der Aussagekraft. Wegen zusätzlicher Schwierigkeiten bei einzelnen Beteiligungen würde eine einheitliche Behandlung auch nur einer Gesellschaft ganz unterbleiben. Dem „True and Fair View" ist aber besser genügt, wenn wenigstens einige assoziierte Gesellschaften zuvor ihre Werte vereinheitlicht hatten. Wenig Einheitlichkeit ist in der Regel mehr als gar keine. Insgesamt ist festzuhalten: Sofern es dem „True and Fair View" hilft, darf der Bilanzierende nicht vor die Wahl gestellt werden, entweder bei allen assoziierten Unternehmen einheitlich umzubewerten oder bei keinem.
Ε. Zusammenfassung und Ausblick Die Ursprünge des Einheitlichkeitsgrundsatzes gehen zurück auf das Jahr 1922. In diesem Jahr veröffentlichten Nobel Industries ihren ersten konsolidierten Abschluß. Bis zu diesem Jahr hatten sich Konzernbilanzen in Großbritannien kaum durchsetzen können. Nur wenige konsolidierte Abschlüsse waren seit 1910 erschienen, obwohl schon zu dieser Zeit Konzernabschlüsse in den Vereinigten Staaten von Amerika allgemein üblich waren. Aber besonders die britischen Buchprüfer weigerten sich, die Entwicklung des ehemaligen Schülers Amerika zu übernehmen. Darüber hinaus fürchteten die britischen Unternehmen sich vor Publizität. Schließlich drängten Gläubiger und kleine Anteilshalter nicht, konsolidierte Abschlüsse zu erstellen. Sie fürchteten, daß der Konzernabschluß Alleinabschluß werden könnte und daß sie deshalb nur noch unzureichend über „ihr" Unternehmen informiert würden. Doch die Zahl der Konzerne nahm zu und damit deren Gefahren. Dies führte dazu, daß die britischen Unternehmen das pragmatische amerikanische Lösungsmodell nach und nach übernahmen. Ein Markstein der britischen Entwicklung ist der Abschluß von Nobel Industries. Er setzte einen neuen Qualitätsstandard. Da die Ansatz- und Bewertungsmethoden der Konzernunternehmen vielfältig waren, setzte die Unternehmensführung konzerneinheitliche Richtlinien fest. Nach diesen Richtlinien wurden die Vermögensgegenstände und Schulden aller Gesellschaften einheitlich bewertet. Um auch für die Zukunft umbewerten zu können, mußten alle Gesellschaften neben ihrer Einzelbilanz eine weitere Bilanz führen, die diesen Richtlinien entsprach. Wenige Monate später, im Jahre 1923, hielt Sir Gilbert Garnsey seine vielbeachtete Vorlesung. Sie bildete den theoretischen Wendepunkt für die Konzernbilanz in Großbritannien. Auch Garnsey hielt es für unverzichtbar, die Vermögensgegenstände nach konzerneinheitlichen Richtlinien anzusetzen und zu bewerten, wenn der Abschluß eine sinnvolle Aussage machen wolle. Ebenso sei ein einheitlicher Stichtag dafür erforderlich. Umfassend aber normierte erst SSAP 14 den Grundsatz der Einheitlichkeit in der Konzernbilanz. Danach hat die Obergesellschaft, die einen Konzernabschluß aufstellt, einheitliche Methoden anzuwenden. Das bedeutet, daß nicht nur einheitlich zu bewerten ist, sondern auch einheitlich anzusetzen, zu konsolidieren und die Währung umzurechnen. Daran ändert auch die 7. EG-Richtlinie nichts, die der Companies Act 1989 in britisches Recht umsetzt. Sie normiert den Einheitlichkeitsgrundsatz zweifach und erklärt zusätzlich die Stellungnahmen der Buchprüfer für geltendes Recht. In Großbritannien bleibt es beim umfassenden Grundsatz der Einheitlichkeit.
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Ε. Zusammenfassung und Ausblick
Die Entwicklung in Deutschland nahm einen anderen Verlauf. In den dreißiger Jahren wurde zum ersten Mal erwogen, durch Gesetz konsolidierte Abschlüsse zu verlangen. Die meisten Stimmen in der Literatur begrüßten diesen Plan und verlangten gleichzeitig einheitliche Bilanzstichtage und Wertgrundlagen. Diese seien erforderlich, wenn die Konzernbilanz Zuverlässiges aussagen wolle. Doch der Gesetzgeber ging im Jahre 1965, als er die Konzerne zum ersten Mal zu konsolidierten Abschlüssen verpflichtete, einen anderen Weg. Er normierte das Maßgeblichkeitsprinzip, das Gegenteil des Einheitlichkeitsprinzips. Das Maßgeblichkeitsprinzip verlangt, die Werte der Einzelbilanzen unverändert zu übernehmen. Das hat den Vorteil, daß der Abschluß einfach aufzustellen ist. Es hat den Nachteil, daß es die Aussagekraft mindert. Doch das Aktiengesetz regelt das Maßgeblichkeitsprinzip nicht lückenfrei. Die entstandenen Lücken sind durch einheitliche Bewertung zu füllen. Eine umfassende Neubewertung ist indessen unzulässig. Ein derart vereinheitlichter Konzernabschluß ist daher nur möglich, wenn schon die Einzelabschlüsse nach einheitlichen Richtlinien erstellt sind. Das Bilanzrichtliniengesetz hat die Schwächen des Maßgeblichkeitsprinzips beseitigt. Der Grundsatz der einheitlichen Bilanzierung ist ausdrücklich ausgestaltet als einheitliche Bewertung. Die Auslegung des Begriffs „Bewertungsmethode" des § 308 Abs. 1 HGB ergibt jedoch, daß auch Ansatzmethoden, Konsolidierungsmethoden und Methoden der Währungsumrechnung einheitlich anzuwenden sind. Insgesamt ist der Konzernabschluß nach einheitlichen Bilanzierungsmethoden zu erstellen. Insofern hat die 7. EG-Richtlinie das britische und deutsche Recht nicht nur angeglichen, sondern vereinheitlicht. Die einheitliche Bewertung ist ein Teil des Einheitlichkeitsgrundsatzes. Die Unternehmen können sie jedoch im deutschen Recht durch vier Ausnahmen umgehen. Die Unwesentlichkeitsausnahme und die Ausnahmen-Ausnahme sind zwar systemkonform, deshalb aber unnötig und schädlich. Richtlinienkonformes Bilanzrecht ist auch ohne sie möglich. Die Versicherungs- und Bankenausnahme ist nur eine vorübergehende Regelung und deshalb hinnehmbar. Die Ausnahme nach der steuerlichen Maßgeblichkeit ist ein Systembruch, der nicht gerechtfertigt werden kann. Sie ist besonders bedauerlich, weil Großbritannien sie im Companies Act 1989 nicht übernimmt. Insofern wird sich das Informationsniveau deutscher und britischer Konzernabschlüsse unterscheiden. Der Gesetzgeber sollte darauf hinarbeiten, alle Ausnahmetatbestände abzuschaffen. Technisch gesehen hätte der Gesetzgeber den Einheitlichheitsgrundsatz nicht formulieren müssen. Denn die einheitliche Bilanzierung ist nur ein Ausfluß des „True and Fair View." Doch angesichts des alten Maßgeblichkeitsprinzips, angesichts der Pflicht zum Weltabschluß und angesichts der Verlockung, extensive Bilanzpolitik zu betreiben, mußte der Gesetzgeber diesen Grundsatz ausdrücklich formulieren. Die einheitliche Bilanzierung ändert das deutsche Bilanzrecht spürbar. Sie reduziert die Bilanzpolitik theoretisch auf ein Minimalmaß und verbessert da-
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durch die Zuverlässigkeit der Bilanzanalyse. Aus theoretischer Sicht wird der internationale Aussagewert der Konzernbilanz deutlich steigen. Ob der Aussagewert auch in der Praxis steigt, hängt vom Verhältnis des Bilanzierenden zur Bilanzwahrheit ab. Danach sind nur Werte zulässig, die der Bilanzierende für richtig hält, wenn er allgemein anerkannte Kriterien beachtet und sein Gewissen in gebotener Weise anspannt. Auf diese subjektive Komponente kann nicht verzichtet werden, weil nur „vergleichbare" Sachverhalte einheitlich bilanziert werden müssen. Die Ausfüllung des Begriffs „vergleichbar" findet aber maßgeblich im Subjektiven statt. Die Ehrlichkeit des Bilanzierenden ist damit Grundlage des Bilanzrechts. Ob die Konzernbilanz ein „den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens- und Finanzlage" überhaupt darstellen kann, ist trotz der neuen Gesetzeslage zweifelhaft. Wirklichkeitsnäher ist die Ansicht, daß das Maximum des Erreichbaren ein „angemessenes Bild" ist, oder, wie Edward Kracke vor über 50 Jahren formulierte: „Natürlich ist es eine irrige Auffassung von der Funktion der konsolidierten Bilanz, von ihr mehr als ein allgemeines Bild der zusammengefaßten finanziellen Lage zu erwarten." 342 Wie wird die Zukunft aussehen? Werden sich angelsächsische Rechtsregeln auf breiter Linie durchsetzen? Ist das Recht der Konzernbilanz auf dem Weg zum Weltrecht? Daß sich die angelsächsischen Regeln durchsetzen, belegen eindrucksvoll die Europäischen Gemeinschaften 343. Die 7. EG-Richtlinie harmonisiert das Konzernbilanzrecht der Mitgliedstaaten. Nachdem der erste Entwurf von deutschen Rechtsvorstellungen geprägt war, setzte sich in der Endfassung weitgehend angelsächsiches Recht durch. Die verschiedenen Methoden der Kapitalkonsolidierung, die Equity-Methode bei assoziierten Unternehmen und die Pflicht zum Weltabschluß zählten in Großbritannien bereits zum geltenden Recht. Auch der Grundsatz der Einheitlichkeit stammt aus Großbritannien und gilt nun zumindest als einheitliche Bewertung europaweit. Auch außerhalb der europäischen Gemeinschaften setzt sich angelsächsisches Konzernbilanzrecht durch. Der ministerielle Entwurf für ein österreichisches Konzernbilanzrecht übernimmt zum großen Teil wörtlich den Text des Bilanzrichtliniengesetzes. Von den angelsächsischen Bilanzierungsregeln wird lediglich die Methode der Interessenzusammenführung nicht übernommen 344. Ebenfalls angelsächsisches Recht hat Japan übernommen, und zwar die Pflicht, zu konsolidieren: Erst seit wenigen Jahren müssen japanische Konzerne konsolidierte Bilanzen aufstellen. Dies ist bemerkenswert, weil die japanischen Unternehmensverbände nur selten hierarchisch im Sinne von Ober- und Untergesellschaften aufge342 Kracke, The Accounting Review 1938, S. 377. 343 Sigle, S. 177; Geib/ König, Wpg 1987, S. 661. 344 Scholtissek, RIW 1989, S. 113 ff.
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baut sind. Typisch für den japanischen Konzern ist vielmehr ein Geflecht von Kreuzbeteiligungen. Die Übernahme des angelsächsischen Konsolidierungsprinzips ist deshalb ein bedeutender Schritt 345 . Wie sich das Konzernbilanzrecht weltweit entwickeln wird, kann allein die Wirklichkeit zeigen. Doch wenn der gegenwärtige Trend nicht abbricht — und für einen Abbruch gibt es keine Anhaltspunkte — werden sich angelsächsische Rechtsregeln weiter durchsetzen. Das Konzernbilanzrecht paßt sich der geänderten, die Grenzen der einzelnen Staaten überschreitenden Wirtschaftsentwicklung an: Es wird Schritt für Schritt zum Weltrecht.
345 Möglicherweise ändert das neue Konzernbilanzrecht im Gegenzug die Struktur der Konzerne; in Zukunft wären dann auch Japans Konzerne hierarchisch aufgebaut. Das vermutet jedenfalls McKinnock, ABACUS 1986, S. 16, 17, 21 und 31.
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