Grenzüberschreitende Börsenkonzentrationen im deutschen und britischen Recht [1 ed.] 9783428528318, 9783428128310

Steht das deutsche Börsenaufsichtsrecht der internationalen Börsenkonzentration im Weg? Wird es damit seiner eigenen Zie

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Grenzüberschreitende Börsenkonzentrationen im deutschen und britischen Recht [1 ed.]
 9783428528318, 9783428128310

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 23

Grenzüberschreitende Börsenkonzentrationen im deutschen und britischen Recht Von

Bernadette Seehafer

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

BERNADETTE SEEHAFER

Grenzüberschreitende Börsenkonzentrationen im deutschen und britischen Recht

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Bonn Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 23

Grenzüberschreitende Börsenkonzentrationen im deutschen und britischen Recht Von

Bernadette Seehafer

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat diese Arbeit im Jahre 2007 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2009 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-12831-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Anadyomene

Danksagung Der lange Weg von der ersten Idee zu dieser Arbeit im Jahr 2000 bis zum heutigen Abschluss verpflichtet mich vielen Menschen zum Dank: Zunächst meinem verehrten Doktorvater, Herrn Professor Dr. Uwe Blaurock, dem ich für seine Unterstützung und vor allem seine Geduld danke. Herrn Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., danke ich für die rasche Zweitbegutachtung. Mit bereitwilligen Auskünften zum britischen Börsenaufsichtsrecht hat mir Herr John Whitmore, Leiter der Markets Division der FSA, zur Verfügung gestanden und damit die Arbeit überhaupt erst ermöglicht. Ebenso danke ich den Herren Gérard Rameix, Generalsekretär der seinerzeitigen COB, und Bruno Gizard, stellvertretender Generalsekretär des seinerzeitigen CMF, für ihre Auskünfte zum französischen Recht im Hinblick auf Euronext. Für anregende Diskussionen und wertvolle Hinweise danke ich meiner Betreuerin an der University of Cambridge, Frau Professor Eilís Ferran, sowie Frau Professor Niamh Moloney, University of Nottingham. Der Deutschen Forschungsgesellschaft danke ich für das Promotionsstipendium. Die Arbeit ist im Jahr 2008 mit dem Rudolf-Haufe-Nachwuchsförderpreis der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg ausgezeichnet worden: Dem Preiskuratorium sei für die Auswahl, dem Rudolf Haufe Verlag für die großzügige Dotierung des Preises gedankt. Der Druck der Arbeit wird des Weiteren dankenswerterweise von der Wissenschaftlichen Gesellschaft in Freiburg im Breisgau gefördert. Frau Staatsanwältin Eveline Prengel danke ich für ihre richtigen Worte im entscheidenden Moment, Herrn Rechtsanwalt Dr. Frank Büchler für seine Rücksichtnahme in den letzten Wochen der Überarbeitung dieser Arbeit für die Publikation. Ich hatte das große Glück, zwei wunderbare Menschen an meiner Seite und in meiner Nähe zu haben. Herrn Thierry Abramovici und Frau Dr. Christiane Krüpe-Gescher möchte ich deshalb an dieser Stelle von Herzen danken. Freiburg, im Februar 2009

Bernadette Seehafer

Inhaltsübersicht Einleitung Konzentrationstendenzen im europäischen Börsendienstleistungsmarkt vor und nach der MFIRL

31

Teil 1 Das Phänomen der grenzüberschreitenden Börsenkonzentration

36

Abschnitt 1 Der Begriff der Börse

39

Maßgeblichkeit des ökonomisch-funktionalen Börsenbegriffs . . . . . . Der Börsenbegriff des deutschen Rechts als Ausgangspunkt . . . . . . . . . Der Börsenbegriff im Börsengesetz (BörsG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die ökonomisch-funktionale Determination des Börsenbegriffs der Tatbestandsseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39 39 39

B. Die Börse im ökonomisch-funktionalen Sinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Stellung der Börsen im System der Finanzmärkte . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Allokationsaufgabe des Finanzmarktes und ihre Erfüllung im Kapitalmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Transaktionskosten und die Institution Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43 43

A. Zur I. II. III.

41

44 45

Abschnitt 2 Die Börsendienstleistung und ihre Funktionalitätskriterien A. Die Trennung von Börse und Börsenbetreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51 51

B. Der Börsenbetrieb als kommerzielle Dienstleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

C. Börsennutzer und Funktionalitätskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Funktionalität für die Nutzergruppe der Handelsteilnehmer . . . . . . II. Die Funktionalität für die Nutzergruppe der Emittenten . . . . . . . . . . . . .

53 53 57

10

Inhaltsübersicht Abschnitt 3 Die grenzüberschreitende Börsenkonzentration

A. Strukturmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Betreiber und börslicher Markt als Grundelemente der Börsenstruktur. . II. Die personelle und sachliche Reichweite des börslichen Marktes . . . . . B. Idealtypische Konzentrationsstrategien im europäischen Börsendienstleistungsmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Betreiberkonzentration als Strategie der Kostenführerschaft . . . . . . . . . . II. Gemeinsame Handelsplattform als Strategie zur Qualitätsführerschaft . . III. Lokale Konzentration von Handelssegmenten als Strategie der Spezialisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61 61 61 63 68 69 70 72

Grundtypen der Börsenkonzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betreiberkonzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gemeinsame Handelsplattform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lokale Konzentration von Handelssegmenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75 75 80 90

D. Der grenzüberschreitende Charakter einer Börsenkonzentration . . . . . . .

95

C. Die I. II. III.

Teil 2 Die grenzüberschreitende Börsenkonzentration im deutschen und britischen Börsenaufsichtsrecht

99

Abschnitt 1 Grundzüge des deutschen und britischen Börsenaufsichtsrechts

99

A. Das I. II. III.

deutsche Börsenaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betreiberstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Genehmigungs- und Aufsichtsregime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einbindung der Börsenanstalt in die staatliche Kapitalmarktaufsichtsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

100 100 108

B. Das I. II. III.

britische Börsenaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betreiberstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Genehmigungs- und Aufsichtsregime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einbindung des RIE-Betreibers in die staatliche Kapitalmarktaufsichtsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

118 118 120

113

129

Inhaltsübersicht

11

Abschnitt 2 Betreiberkonzernierung

135

A. Betreiberkonzernierung nach deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Trägerunternehmen als zu konzernierender Rechtsträger . . . . . . . . . II. Beteiligungskontrolle nach § 3 BörsG 2002 (= § 6 BörsG 2007) als Maßstab der Trägerkonzernierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Konzernfreiheit als ungeschriebenes Trägertauglichkeitskriterium? – Grundlagen der weiteren Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Binnenplurale anstaltliche Willensbildung und Trägerkonzernierung . . V. Eigenunternehmerische Anreizsituation des Trägerunternehmens und Konzernierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Eigenunternehmerische Finanzsituation des Trägerunternehmens und Konzernierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Ergebnis zu Abschnitt 2, A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

135 135

B. Betreiberkonzernierung nach britischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Finanzmittelausstattung und Betreiberkonzernierung . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Persönliche Eignung und Betreiberkonzernierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis zu Abschnitt 2, B. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

225 226 232 239

140 144 171 177 213 225

Abschnitt 3 Lokale Konzentration von Handelssegmenten

241

A. Lokale Konzentration nach deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zugrundeliegende Kooperationsabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Marktseitige Vollzugsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis zu Abschnitt 3, A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

241 241 248 285

lokale Konzentration nach britischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zugrundeliegende Kooperationsabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marktseitige Vollzugsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zulässigkeit der Selbstbindung an den Kooperationspartner . . . . . . . . . . Ergebnis zu Abschnitt 3, B. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

285 285 286 312 313

B. Die I. II. III. IV.

Abschnitt 4 Gemeinsame Handelsplattform A. Gemeinsame Handelsplattform nach deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zugrundeliegende Kooperationsabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Externe Umsetzungsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Interne Umsetzungsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis zu Abschnitt 4, A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

314 315 315 317 344 357

12

Inhaltsübersicht

B. Gemeinsame Handelsplattform nach britischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zugrundeliegende Kooperationsabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Externe Umsetzungsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Interne Umsetzungsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis zu Abschnitt 4, B. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

358 358 358 365 368

Teil 3 Vergleich und Grundzüge eines konzentrationsoffenen Börsenaufsichtsrechts de lege ferenda

369

Abschnitt 1 Die Börsenstrukturtypen und ihre Ausprägung im deutschen und britischen Börsenaufsichtsrecht

369

A. Der öffentlichrechtlich-monopolistische und privat-wettbewerbliche Strukturtypus als Gestaltungsoptionen des Börsenaufsichtsrechts . . . . . . 370 B. Die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Typus in Deutschland . . . . . . 376 C. Die Entwicklung des privat-wettbewerblichen Typus in Großbritannien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 Abschnitt 2 Das deutsche und britische Recht der Börsenkonzentration im Vergleich

391

A. Die Regelungsziele des deutschen Börsenaufsichtsrechts als Vergleichsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 I. Gesetzgeberischer Zielbefund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 II. Systematisierung der Regelungsziele im Rahmen der kapitalmarktrechtlichen Zielpyramide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 B. Vergleich und Analyse am Maßstab der Börsenfunktionalität . . . . . . . . . . I. Grenzüberschreitende Betreiberkonzernierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Lokale Konzentration von Handelssegmenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gemeinsame Handelsplattform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vorläufiges Ergebnis: Privat-wettbewerblicher Börsenstrukturtyp überlegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

403 403 407 410 412

Inhaltsübersicht

13

Abschnitt 3 Zieladäquanzvergleich am übergeordneten Maßstab der Sekundärmarktfunktionalität A. Zieladäquanzvergleich am Maßstab der Börsenfunktionalität (übrige Determinanten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Qualität der börslichen Selbstregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Höhe der Börsennutzungsentgelte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Funktionsvoraussetzung Börsenwettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Funktionsvoraussetzung börsenunternehmerische Willensbildung . . . . . B. Zieladäquanzvergleich am Maßstab der übrigen börsenrechtlichen Regelungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bedarfsgerechte Versorgung des inländischen Kapitalmarktes mit Börsendienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gesamtsekundärmarkteffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gesamtsekundärmarktfairness . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Intermediationskostenminimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

413

415 415 458 460 496 499 500 501 503 504

C. Abschließendes Vergleichsergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504 Abschnitt 4 Die Grundzüge eines konzentrationsoffenen Börsenaufsichtsrechts de lege ferenda

506

A. Die erforderlichen Änderungen des deutschen Börsenaufsichtsrechts und die Vorgaben des Europarechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506 I. Änderungen des Börsenaufsichtsrechts im engeren Sinn . . . . . . . . . . . . . 507 II. Änderungen im übrigen Kapitalmarktaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 521 B. Vereinbarkeit der Aufgabenprivatisierung mit höherrangigem Recht . . 524 I. Sozialstaatsprinzip, Art. 20 GG: Staatliche Infrastrukturverantwortung 525 II. Grundrechtliche Schutzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526 C. Schlussbetrachtung: Kompetitive regulierte Selbstregelung als Regelungsmodus supranationaler Marktphänomene . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528

14

Inhaltsübersicht Nachtrag Das deutsche Börsenaufsichtsrecht nach Umsetzung der Transparenzrichtlinie und der MFIRL

A. Börsenbetreiber- und Gesamtsekundärmarktstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Börsendefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsformen für den Börsenbetrieb und Gesamtsekundärmarktstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Börsenbetreiberstruktur im engeren Sinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das Genehmigungs- und Aufsichtsregime und die Betreiberkonzernierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Genehmigungsvoraussetzungen – Kein Genehmigungsanspruch . . . . . . . II. Genehmigungsfolgepflichten und laufende Börsenaufsicht . . . . . . . . . . . . III. Börsenkonzernfreiheit als ungeschriebenes Trägertauglichkeitskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Börsliche Marktsegmente, Handelsteilnehmerzulassung und die lokale Konzentration von Handelssegmenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Börsliche Marktsegmente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wertpapierzulassung im Regulierten Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Einbeziehung in den Regulierten Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Einstellung von Handelssegmenten im Rahmen einer lokalen Konzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Handelsteilnehmerzulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Realisierbarkeit einer grenzüberschreitenden lokalen Konzentration unter dem BörsG 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Wegfall lex IBIS, die Anforderungen an die Handelsinfrastruktur und die gemeinsame Handelsplattform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Wegfall des bisherigen § 17 BörsG 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Ermächtigung in § 19 Abs. 4 S. 3 BörsG 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die weitere Vereinheitlichung der Regelwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die neuen Anforderungen an die Handelsinfrastruktur und die Vernetzung der Handelsplattformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die anstaltliche Binnenstruktur als fortbestehendes Hindernis einer gemeinsamen Handelsplattform unter dem BörsG 2007 . . . . . . . . .

532 533 533 535 538 539 539 541 544 546 546 548 553 553 554 555 557 557 558 559 561 563

Rechtsakte und Regelwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 577 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622

Inhaltsverzeichnis Einleitung Konzentrationstendenzen im europäischen Börsendienstleistungsmarkt vor und nach der MFIRL

31

Teil 1 Das Phänomen der grenzüberschreitenden Börsenkonzentration

36

Abschnitt 1 Der Begriff der Börse

39

Maßgeblichkeit des ökonomisch-funktionalen Börsenbegriffs . . . . . . Der Börsenbegriff des deutschen Rechts als Ausgangspunkt . . . . . . . . . Der Börsenbegriff im Börsengesetz (BörsG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die ökonomisch-funktionale Determination des Börsenbegriffs der Tatbestandsseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39 39 39

B. Die Börse im ökonomisch-funktionalen Sinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Stellung der Börsen im System der Finanzmärkte . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Allokationsaufgabe des Finanzmarktes und ihre Erfüllung im Kapitalmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Transaktionskosten und die Institution Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Transaktionskosten im Kapitalsekundärmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Institutionenbildung zur Transaktionskostenminimierung . . . . . . . . . 3. Die Börse als hochorganisierter Markt zur Senkung von Sekundärmarkttransaktionskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43 43

A. Zur I. II. III.

41

44 45 45 46 48

Abschnitt 2 Die Börsendienstleistung und ihre Funktionalitätskriterien

51

A. Die Trennung von Börse und Börsenbetreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

B. Der Börsenbetrieb als kommerzielle Dienstleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

C. Börsennutzer und Funktionalitätskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Funktionalität für die Nutzergruppe der Handelsteilnehmer . . . . . . 1. Niedrige Nutzungsentgelte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gute Produktpalette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Hohe Marktqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53 53 53 54 54

16

Inhaltsverzeichnis II.

Die Funktionalität für die Nutzergruppe der Emittenten . . . . . . . . . . . . . . 1. Niedrige Zulassungsentgelte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Niedrige Compliancekosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Weitestmögliche Kapitalkostenreduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57 58 59 60

Abschnitt 3 Die grenzüberschreitende Börsenkonzentration A. Strukturmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Betreiber und börslicher Markt als Grundelemente der Börsenstruktur. . II. Die personelle und sachliche Reichweite des börslichen Marktes . . . . . 1. Personelle Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sachliche Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Idealtypische Konzentrationsstrategien im europäischen Börsendienstleistungsmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Betreiberkonzentration als Strategie der Kostenführerschaft . . . . . . . . . . II. Gemeinsame Handelsplattform als Strategie zur Qualitätsführerschaft . III. Lokale Konzentration von Handelssegmenten als Strategie der Spezialisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61 61 61 63 64 67 68 69 70 72

C. Die Grundtypen der Börsenkonzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Betreiberkonzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erforderliche Strukturmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswirkungen auf Betreiber- und Marktebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gemeinsame Handelsplattform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erforderliche Strukturmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erweiterungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Doppelzulassungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswirkungen auf Betreiber- und Marktebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Lokale Konzentration von Handelssegmenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erforderliche Strukturmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einstellungs-Zulassungs-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Reduktions-Einbeziehungs-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswirkungen auf Betreiber- und Marktebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75 75 75 77 77 80 80 81 84 86 88 90 90 91 92 93 94

D. Der grenzüberschreitende Charakter einer Börsenkonzentration . . . . . . .

95

Inhaltsverzeichnis

17

Teil 2 Die grenzüberschreitende Börsenkonzentration im deutschen und britischen Börsenaufsichtsrecht

99

Abschnitt 1 Grundzüge des deutschen und britischen Börsenaufsichtsrechts

99

A. Das deutsche Börsenaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Betreiberstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Genehmigungs- und Aufsichtsregime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Genehmigungsfolgepflichten und laufende Börsenaufsicht . . . . . . . . III. Einbindung der Börsenanstalt in die staatliche Kapitalmarktaufsichtsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bereiche der staatlichen Kapitalmarktaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zusammenwirken bei der Marktmissbrauchs- und Emittentenaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mitwirkung an der Aufsicht über Wertpapierdienstleister . . . . . . . . .

100 100 108 108 110

B. Das britische Börsenaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Betreiberstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Genehmigungs- und Aufsichtsregime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anforderungen an die Finanzmittelausstattung und Person des RIE-Betreibers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anforderungen an die technisch-organisatorische Marktinfrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anforderungen an die Regelung des Handelsgeschehens . . . . . . . 2. Genehmigungsfolgepflichten und laufende Börsenaufsicht . . . . . . . . III. Einbindung des RIE-Betreibers in die staatliche Kapitalmarktaufsichtsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bereiche der staatlichen Kapitalmarktaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mitwirkung an der Marktmissbrauchs- und Emittentenaufsicht . . . . 3. Mitwirkung an der Aufsicht über Wertpapierdienstleister . . . . . . . . .

118 118 120 120

113 113 114 118

122 124 125 128 129 130 130 133

Abschnitt 2 Betreiberkonzernierung

135

A. Betreiberkonzernierung nach deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 I. Das Trägerunternehmen als zu konzernierender Rechtsträger . . . . . . . . . 135 II. Beteiligungskontrolle nach § 3 BörsG 2002 (= § 6 BörsG 2007) als Maßstab der Trägerkonzernierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

18

Inhaltsverzeichnis III. Konzernfreiheit als ungeschriebenes Trägertauglichkeitskriterium? – Grundlagen der weiteren Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Methodische Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der herrschende Ansatz bei der Betriebspflicht des Trägerunternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kritik und methodische Desiderata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Alternative Methode: Ermittlung der spezifischen Aufgabenadäquanz des börslichen Betreibermodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die öffentliche Börsenbetriebsaufgabe als Ausgangspunkt . . . . . . . . . 3. Die strukturellen Spezifika des börslichen Betreibermodells und ihre Aufgabenrelevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Binnenplurale anstaltliche Willensbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Residualgewinnberechtigung des privaten Trägerunternehmens: Eigenunternehmerische Anreiz- und Finanzsituation . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis und weiterer Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . IV. Binnenplurale anstaltliche Willensbildung und Trägerkonzernierung . . . 1. Verfälschungsrisiko bei Trägerkonzernierung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sicherung durch börsenaufsichtsrechtliche Instrumente . . . . . . . . . . . . V. Eigenunternehmerische Anreizsituation des Trägerunternehmens und Konzernierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verfälschungsrisiko bei Trägerkonzernierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Drohende Anreizveränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Relevanz von § 9 Abs. 2 S. 4 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 4 BörsG 2007) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sicherung durch konzern- und börsenaufsichtsrechtliche Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Selbstauflösung des Trägerunternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Explizite Einstellungsweisung durch Börsenholding . . . . . . . . . . . aa) Konzernrechtliche Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gegenanreiz zur Weisungserteilung durch die Börsenholding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gegenanreiz zur Folgeleistung durch den Trägerunternehmensvorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Börsenaufsichtsrechtliche Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Instrumente gegenüber dem Trägerunternehmen . . . . . . (2) Instrumente gegenüber der Börsenholding . . . . . . . . . . . . c) Verdeckte Geschäftschancenverlagerung innerhalb des Börsenholdingkonzerns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Konzernrechtliche Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gegenanreiz zur Ausübung der Einflussmacht durch die Börsenholding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gegenanreiz zur Folgeleistung durch den Trägerunternehmensvorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Börsenaufsichtsrechtliche Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

144 144 144 152 158 159 164 165 166 171 171 172 176 177 179 179 181 184 185 189 190 192 197 198 198 202 203 205 205 207 208

Inhaltsverzeichnis

19

3. Zwischenergebnis zu V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Eigenunternehmerische Finanzsituation des Trägerunternehmens und Konzernierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Risiken einer Veränderung bei Trägerkonzernierung . . . . . . . . . . . . . . 2. Sicherung durch konzern- und börsenaufsichtsrechtliche Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mittelabzug durch Gewinnabführungsvertrag oder Gewinnausschüttungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Veranlassung zu gewinnverlagernden Maßnahmen . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis zu VI. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Ergebnis zu Abschnitt 2, A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

210

B. Betreiberkonzernierung nach britischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Finanzmittelausstattung und Betreiberkonzernierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Generelle Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anforderungen im Konzernierungsfall und aufsichtsbehördliches Instrumentarium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Persönliche Eignung und Betreiberkonzernierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kompetenz und persönliche Zuverlässigkeit im engeren Sinn . . . . . a) Generelle Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anforderungen im Konzernierungsfall und aufsichtsbehördliches Instrumentarium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Freiheit von regulatorischen Interessenkonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . a) Generelle Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aufsichtsrechtliches Konzernierungsverbot unter dem Dach einer am Wertpapierhandel teilnehmenden Person als Konsequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Eigenverantwortliches Hinwirken auf die Einhaltung aufsichtsrechtlicher Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Generelle Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das aufsichtsrechtliche Erfordernis dezentraler Konzernführung als Konsequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis zu Abschnitt 2, B. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

213 213 215 216 221 224 225 225 226 226 228 232 232 232 233 234 234

236 237 237 238 239

Abschnitt 3 Lokale Konzentration von Handelssegmenten A. Lokale Konzentration nach deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zugrundeliegende Kooperationsabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vertragspartner Börsenanstalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfähigkeit der Börsenanstalt für die Kooperationsabrede . . . . . a) Rechtsnatur der Kooperationsabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Privatrechtsfähigkeit der Börsenanstalt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

241 241 241 242 243 243 246

20

Inhaltsverzeichnis 3. Vertragspartner Trägerunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marktseitige Vollzugsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Herverlagerung zwecks Konzentration eines Handelssegments an einer deutschen Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zulassung von Standardwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zulassungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zulassungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zulassungsfolgepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zulassung von Wachstumswerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zulassungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zulassungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zulassungsfolgepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Einbeziehung von Wertpapieren in den Handel . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einbeziehungssegment als Problem? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einbeziehungsfähige Wertpapiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Einbeziehungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Materielle Einbeziehungsbedingungen sowie Informationsverbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zulassung von Handelsteilnehmern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zulassungsvoraussetzungen und -verfahren . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zulassungsfolgepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wegverlagerung eines Handelssegmentes zwecks Konzentration beim Kooperationspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einstellung eines Handelssegments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Reduktion auf Zulassungssegment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis zu Abschnitt 3, A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II.

B. Die lokale Konzentration nach britischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zugrundeliegende Kooperationsabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Marktseitige Vollzugsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Herverlagerung zwecks Konzentration eines Handelssegments an einem britischen RIE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zulassung von Standardwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zulassungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zulassungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zulassungsfolgepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zulassung von Wachstumswerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zulassungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

248 248 248 249 250 251 253 257 258 259 260 261 263 263 264 266 268 269 272 272 273 277 278 278 279 283 285 285 285 286 286 286 288 289 290 293 294 295

Inhaltsverzeichnis

21

bb) Zulassungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zulassungsfolgepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Einbeziehung von Standardwerten in den Handel . . . . . . . . . . . . . aa) Einbeziehungssegment und einbeziehungsfähige Wertpapiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einbeziehungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Materielle Einbeziehungsvoraussetzungen und Informationsverbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Überwachungs- und Handelsaussetzungsmechanismen des RIE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Einbeziehung von Wachstumswerten in den Handel . . . . . . . . . . . e) Zulassung von Handelsteilnehmern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zulassungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zulassungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zulassungsfolgepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wegverlagerung eines Handelssegments zwecks Konzentration beim Kooperationspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einstellung eines Handelssegments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Reduktion auf Zulassungssegment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zulässigkeit der Selbstbindung an den Kooperationspartner . . . . . . . . . . IV. Ergebnis zu Abschnitt 3, B. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

296 297 298 299 299 300 300 302 303 303 304 305 305 307 309 309 309 310 312 313

Abschnitt 4 Gemeinsame Handelsplattform A. Gemeinsame Handelsplattform nach deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zugrundeliegende Kooperationsabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Externe Umsetzungsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erweiterungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erweiterung des Anstaltsnutzungsverhältnisses auf Orderbücher der Kooperationsbörse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zugang für Handelsteilnehmer der Kooperationsbörse ohne eigenen Zulassungs-Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Doppelzulassungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zulassung hinzukommender Handelsteilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einschaltung des Kooperationspartners in das Zulassungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wechselseitige Koppelung der Zulassungen zur Anstaltsund Kooperationsbörse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

314 315 315 317 317 317 325 329 330 330 332

22

Inhaltsverzeichnis b) Zulassung oder Einbeziehung hinzukommender Wertpapiere? . . aa) Geltungsanspruch des deutschen Börsenrechts . . . . . . . . . . . . bb) Handelbarkeit kraft Zulassung oder Einbeziehung in den Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Weitere Vereinheitlichung der Börsenregelwerke . . . . . . . . . . . . . . III. Interne Umsetzungsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vernetzung der Handelsplattformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konzentration des Infrastrukturbetriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Infrastrukturbetrieb durch den ausländischen Kooperationspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Infrastrukturbetrieb durch das Trägerunternehmen der Anstaltsbörse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Selbstbindung an den Konsens des Kooperationspartners . . . . . . . . . . IV. Ergebnis zu Abschnitt 4, A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B. Gemeinsame Handelsplattform nach britischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zugrundeliegende Kooperationsabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Externe Umsetzungsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erweiterungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erweiterung des Zulassungsvertrags auf Orderbücher der Kooperationsbörse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zugang für Handelsteilnehmer der Kooperationsbörse ohne Abschluss eines eigenständigen Zulassungsvertrags . . . . . . . . . . . . 2. Doppelzulassungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zulassung hinzukommender Handelsteilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einschaltung des Kooperationspartners in den Abschluss des Zulassungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wechselseitige Koppelung der Zulassungen zu RIE und Kooperationsbörse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Maßnahmen bezüglich der hinzukommenden Wertpapiere? . . . . . c) Weitere Vereinheitlichung der Börsenregelwerke . . . . . . . . . . . . . . III. Interne Umsetzungsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vernetzung der Handelsplattformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konzentration des Infrastrukturbetriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Selbstbindung an den Konsens des Kooperationspartners . . . . . . . . . . IV. Ergebnis zu Abschnitt 4, B. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

336 336 339 341 344 344 347 347 350 351 357 358 358 358 358 358 359 360 360 360 361 362 362 365 365 365 367 368

Inhaltsverzeichnis

23

Teil 3 Vergleich und Grundzüge eines konzentrationsoffenen Börsenaufsichtsrechts de lege ferenda

369

Abschnitt 1 Die Börsenstrukturtypen und ihre Ausprägung im deutschen und britischen Börsenaufsichtsrecht

369

A. Der öffentlichrechtlich-monopolistische und privat-wettbewerbliche Strukturtypus als Gestaltungsoptionen des Börsenaufsichtsrechts . . . . . . 370 B. Die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Typus in Deutschland . . . . . 376 C. Die Entwicklung des privat-wettbewerblichen Typus in Großbritannien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 Abschnitt 2 Das deutsche und britische Recht der Börsenkonzentration im Vergleich A. Die Regelungsziele des deutschen Börsenaufsichtsrechts als Vergleichsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gesetzgeberischer Zielbefund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Systematisierung der Regelungsziele im Rahmen der kapitalmarktrechtlichen Zielpyramide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kapitalmarktfunktionalität als einheitliches Oberziel . . . . . . . . . . . . . 2. Sekundärmarktfunktionalität als bereichsspezifische Ausprägung und ihre Determinanten als börsenrechtsrelevante Unterziele . . . . . . a) Bedarfsgerechte Versorgung mit Börsendienstleistungen . . . . . . . b) Börsenfunktionalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gesamtsekundärmarktqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Intermediationskostenminimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Vergleich und Analyse am Maßstab der Börsenfunktionalität . . . . . . . . . I. Grenzüberschreitende Betreiberkonzernierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zieladäquanzvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der zugrundeliegende Strukturunterschied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Lokale Konzentration von Handelssegmenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zieladäquanzvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der zugrundeliegende Strukturunterschied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gemeinsame Handelsplattform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zieladäquanzvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der zugrundeliegende Strukturunterschied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vorläufiges Ergebnis: Privat-wettbewerblicher Börsenstrukturtyp überlegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

391

391 392 394 396 400 400 401 402 402 403 403 403 404 407 407 409 410 410 410 412

24

Inhaltsverzeichnis Abschnitt 3 Zieladäquanzvergleich am übergeordneten Maßstab der Sekundärmarktfunktionalität

A. Zieladäquanzvergleich am Maßstab der Börsenfunktionalität (übrige Determinanten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Qualität der börslichen Selbstregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kriterien der Regelungsqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Regelungseffektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inhaltliche Regelungsgüte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das Erfordernis struktureller Richtigkeitsgewähr . . . . . . . . . . bb) Zum Stand der Forschung über die Kriterien struktureller Richtigkeitsgewähr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Regelungstheoretische Anforderungen an „gute“ börsliche Regelwerke und mögliche Rückschlüsse auf den Regelungsmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eignung der gegenwärtigen deutschen Börsenstruktur zur Gewähr der Regelungsqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Effektivität der satzungsrechtlichen Regelwerke und anstaltlichen Vollzugsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tauglichkeit der anstaltlichen Willensbildung zur Hervorbringung inhaltlich guter Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zugangsvoraussetzungen für Handelsteilnehmer . . . . . . . . . . . bb) Regelung des eigentlichen Handelsgeschehens . . . . . . . . . . . . cc) Emittentenpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Eignung einer hypothetischen privat-wettbewerblichen Börsenstruktur zur Gewähr der Regelungsqualität . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Problem der Effektivität privater Regelwerke und Sanktionsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tauglichkeit unternehmerischer Willensbildung zur Hervorbringung inhaltlich guter Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zugangsvoraussetzungen für Handelsteilnehmer . . . . . . . . . . . bb) Regelung des eigentlichen Handelsgeschehens . . . . . . . . . . . . cc) Emittentenpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis zu I. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Höhe der Börsennutzungsentgelte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Funktionsvoraussetzung Börsenwettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Interbörsenwettbewerb versus Marktqualität? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Funktionsfähigkeit des Interbörsenwettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Schutz des Interbörsenwettbewerbs durch das Kartellrecht . . . . a) Die normativen Grundlagen der kartellrechtlichen Beurteilung . . aa) Marktseitige Konzentration auf kooperationsvertraglicher Basis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

413

415 415 415 415 417 417 418

420 427 427 429 431 434 439 442 442 448 448 450 453 455 458 460 461 463 468 468 468

Inhaltsverzeichnis

25

(1) Die lokale Konzentration von Handelssegmenten . . . . . (2) Die gemeinsame Handelsplattform . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Marktseitige Konzentration auf Basis einer Betreiberkonzernierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Betreiberkonzernierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Relevanter Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Markt für Handelsorganisationsdienstleistungen . . . . . . (1) Sachlich relevanter Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Nachfragesubstitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Kundensegment institutionelle Anleger . . . . . . . (bb)Kundensegment Privatanleger . . . . . . . . . . . . . . . (b) Angebotsseitige Substitution – Wertpapierspezifische Abgrenzung des relevanten Marktes? . . (2) Der räumlich relevante Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Markt für Wertpapierzulassungsdienstleistungen . . . . . . (1) Sachlich relevanter Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Räumlich relevanter Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Funktionsvoraussetzung börsenunternehmerische Willensbildung . . . . .

469 471

B. Zieladäquanzvergleich am Maßstab der übrigen börsenrechtlichen Regelungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bedarfsgerechte Versorgung des inländischen Kapitalmarktes mit Börsendienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gesamtsekundärmarkteffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gesamtsekundärmarktfairness . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Intermediationskostenminimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

474 475 476 477 479 479 479 483 485 487 492 492 493 496 499 500 501 503 504

C. Abschließendes Vergleichsergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504

Abschnitt 4 Die Grundzüge eines konzentrationsoffenen Börsenaufsichtsrechts de lege ferenda A. Die erforderlichen Änderungen des deutschen Börsenaufsichtsrechts und die Vorgaben des Europarechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Änderungen des Börsenaufsichtsrechts im engeren Sinn . . . . . . . . . . . . . 1. Aufgabenprivatisierung und private Betreiberstruktur . . . . . . . . . . . . . 2. Wettbewerbliche Börsenmakrostruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Börsenaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Materielle Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zuverlässigkeit des Börsenbetreibers und Freiheit von Interessenkonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Finanzmittelausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

506

506 507 507 509 511 512 512 513

26

Inhaltsverzeichnis

II.

cc) Mindestanforderungen an die regulatorische Ausgestaltung der Börsendienstleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Regelungseffektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aufsichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Änderungen im übrigen Kapitalmarktaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Emittentenregelung und -aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesamtsekundärmarktweite Marktmissbrauchs- sowie Wertpapierdienstleistungsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

515 515 517 518 521 521 523

B. Vereinbarkeit der Aufgabenprivatisierung mit höherrangigem Recht . . . 524 I. Sozialstaatsprinzip, Art. 20 GG: Staatliche Infrastrukturverantwortung 525 II. Grundrechtliche Schutzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526 C. Schlussbetrachtung: Kompetitive regulierte Selbstregelung als Regelungsmodus supranationaler Marktphänomene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 Nachtrag: Das deutsche Börsenaufsichtsrecht nach Umsetzung der Transparenzrichtlinie und der MFIRL A. Börsenbetreiber- und Gesamtsekundärmarktstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Börsendefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsformen für den Börsenbetrieb und Gesamtsekundärmarktstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Börsenbetreiberstruktur im engeren Sinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das Genehmigungs- und Aufsichtsregime und die Betreiberkonzernierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Genehmigungsvoraussetzungen – Kein Genehmigungsanspruch . . . . . . . II. Genehmigungsfolgepflichten und laufende Börsenaufsicht . . . . . . . . . . . . III. Börsenkonzernfreiheit als ungeschriebenes Trägertauglichkeitskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Börsliche Marktsegmente, Handelsteilnehmerzulassung und die lokale Konzentration von Handelssegmenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Börsliche Marktsegmente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wertpapierzulassung im Regulierten Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Einbeziehung in den Regulierten Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Einstellung von Handelssegmenten im Rahmen einer lokalen Konzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Handelsteilnehmerzulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Realisierbarkeit einer grenzüberschreitenden lokalen Konzentration unter dem BörsG 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

532 533 533 535 538 539 539 541 544 546 546 548 553 553 554 555

D. Wegfall lex IBIS, die Anforderungen an die Handelsinfrastruktur und die gemeinsame Handelsplattform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557 I. Der Wegfall des bisherigen § 17 BörsG 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557

Inhaltsverzeichnis

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II. Die Ermächtigung in § 19 Abs. 4 S. 3 BörsG 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die weitere Vereinheitlichung der Regelwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die neuen Anforderungen an die Handelsinfrastruktur und die Vernetzung der Handelsplattformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die anstaltliche Binnenstruktur als fortbestehendes Hindernis einer gemeinsamen Handelsplattform unter dem BörsG 2007 . . . . . . . . . . . . . .

558 559 561 563

Rechtsakte und Regelwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 577 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622

Abkürzungsverzeichnis Nicht erwähnte Abkürzungen richten sich nach Kirchner, Hildebert, Abkürzungen für Juristen, 2. Auflage 1993. Zu Gesetzen und Regelwerke siehe auch das Rechtsakteverzeichnis im Anhang. AIM AK Am U L Rev AnSVG ARP

Alternative Investment Market (LSE) Alternativkommentar (zum Grundgesetz) The American University Law Review Anlegerschutzverbesserungsgesetz Aktuelle Rechtsprobleme des Finanz- und Börsenplatzes Schweiz ATS Alternative Trading System BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BAWe Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel BBl. Bundesblatt (Schweiz) Bell J Econ The Bell Journal of Economics BilKoG Bilanzkontrollgesetz BIS Bank for International Settlements, Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BörsG 1998 BörsG i. d. F. der Bekanntmachung vom 9. Sept. 1998 BörsG 2002 BörsG i. d. F. der Bekanntmachung vom 21. Juni 2002 BörsG 2007 BörsG i. d. F. der Bekanntmachung vom 16. Juli 2007 BWP Fin Serv Brookings-Wharton Papers on Financial Services Cal L Rev California Law Review CLP Current Legal Problems CMF Conseil des Marchés Financiers CMLR Common Market Law Review COB Commission des opérations de bourse Code MF Code Monétaire Financier (Frankreich) Cornell L Rev Cornell Law Review CP Consultation Paper (FSA) CSFI Centre for the Study of Financial Innovation Dickinson J Intl Law Dickinson Journal of International Law DP Discussion Paper (FSA) DTB Deutsche Terminbörse Duke LJ Duke Law Journal EBOR European Business Organization Law Review

Abkürzungsverzeichnis ECLR Egrd. EZB FAZ FESCO FK FKVO FMFG FRUG FSA FSA 1986 FSAP FSMA FWB HC HL HStR IFLR IFRS IOSCO JCP EA JIBL J Int L Bus JITE J L Econ J Legal Stud J Pol Econ KB KK LIFFE LSE MATIF MFIRL

MONEP MTF MüHGesR MüKo

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European Competition Law Review Entscheidungsgründe Europäische Zentralbank Frankfurter Allgemeine Zeitung Forum of European Securities Commissions Frankfurter Kommentar EG-Fusionskontrollverordnung, VO (EG) Nr. 139/2004 Finanzmarktförderungsgesetz Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz (Deutschland) Financial Services Authority Financial Services Act 1986 Financial Services Action Plan Financial Services and Markets Act 2000 Frankfurter Wertpapierbörse House of Commons House of Lords Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland International Financial Law Review International Financial Reporting Standards International Organization of Securities Commissions Jurisclasseur Périodique – La Semaine Juridique Entreprises et Affaires Journal of International Business and Law Journal of International Law & Business Journal of Institutional and Theoretical Economics Journal of Law and Economics The Journal of Legal Studies Journal of Political Economy King’s Bench Kölner Kommentar zum Aktiengesetz London International Financial Futures and Options Exchange London Stock Exchange Marché à terme international de France Richtlinie 2004/39 des Europäischen Parlamentes und des Rates über Märkte für Finanzinstrumente zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates Marché d’options négociables de Paris Multilateral Trading Facility, Mulitlaterales Handelssystem Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Münchener Kommentar

30 NYSE NYU L Rev OFT OJLS OTC PS QB RDBB RDBF REC Rev Econ Stud Rev Fin Stud RIE RIS RL RRR

RTD com s./ss. S Cal L Rev SI SIB SZW TUG U Chicago L Rev UCLA L Rev UKLA UKOL U Pa J Intl Econ L US-GAAP Va J Intl L Va L Rev WDPRL

WFE WLR WP Yale L J

Abkürzungsverzeichnis New York Stock Exchange New York University Law Review Office of Fair Trading Oxford Journal of Legal Studies Over-the-Counter Policy Statement (FSA) Queen’s Bench Revue de Droit Bancaire et de la Bourse (ab 2000 Revue de Droit Bancaire Financier) Revue de Droit Bancaire Financier FSA Handbook Module Recognised Investment Exchanges and Recognised Clearing Houses Review of Economic Studies Review of Financial Studies Recognised Investment Exchange Regulatory Information Service Richtlinie Financial Services and Markets Act 2000 (Recognition Requirements for Investment Exchanges and Clearing Houses) Regulations 2001 Revue Trimestrielle de Droit commercial section/sections (britische Gesetze) Southern California Law Review Statutory Instrument Securities and Investments Board (Vorgängerbehörde der FSA) Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz University of Chicago Law Review University of California Los Angeles Law Review United Kingdom Listing Authority United Kingdom official listing University of Pennsylvania Journal of International Economic Law United States Generally Accepted Accounting Principles Virginia Journal of International Law Virgina Law Review Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, Richtlinie 93/22/EG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen, ABl. 1993 L 141/27, zwischenzeitlich ersetzt durch die MFIRL World Federation of Exchanges Weekly Law Reports Working Paper The Yale Law Journal

Einleitung: Konzentrationstendenzen im europäischen Börsendienstleistungsmarkt vor und nach der MFIRL Mit einem Paukenschlag ist das Thema grenzüberschreitender Börsenkonzentrationen am 3. Mai 2000 in das Bewusstsein der Öffentlichkeit getreten, als die Deutsche Börse AG und die London Stock Exchange plc ihre Fusion zur iX-International Exchanges plc ankündigten.1 Zuvor war die Möglichkeit, dass Börsenbetreiber selbst Opfer der Marktkräfte werden könnten, ja dass sie überhaupt in einem wettbewerblichen Markt operieren, nur Fachkreisen bekannt. Zumal in Deutschland, wo Börsen als Anstalten des öffentlichen Rechts einen Teil der staatlichen Kapitalmarktinfrastruktur bilden, war ihr Aufgehen in einem grenzüberschreitenden Konzern kaum vorstellbar. Zwar ist das iX-Projekt gescheitert, doch hat sich die europäische Börsenlandschaft in der Folgezeit durch die Vier-Länder-Börse Euronext2 mit ihrer späteren Übernahme der Londoner Terminbörse LIFFE,3 durch die schweizerisch-britische virt-x4 sowie durch den skandinavisch-baltischen Norex-Börsenverbund5 grundlegend gewandelt. Die Intensivierung der Konzentrationstendenzen seit 2000 war dabei nicht zuletzt dem Bestreben der Börsenbetreiber geschuldet, sich für das Post-FSAP-Zeitalter6 mit seiner 1 Deutsche Börse AG, Deutsche Börse und London Stock Exchange schließen sich zusammen, Pressemitteilung v. 3. Mai 2000. 2 Vgl. o. V., Börsen Paris, Amsterdam und Brüssel fusionieren, FAZ v. 21. März 2000, S. 33 f. sowie zur Integration der portugiesischen Börsen in 2003 Euronext N. V., Annual Report 2003, S. 6. 3 Vgl. o. V., Liffe kürt Euronext zum Sieger im Übernahmekampf um die Terminböse, Börsen-Zeitung v. 30. Oktober 2001, S. 1. 4 Siehe hierzu nur Nobel/Blair/Schönholzer, virt-x: a real European Exchange, SZW 2001, 217 ff. 5 Siehe hierzu nur Andersen, The Nordic Stock Market and NOREX. 6 FSAP: Financial Services Action Plan der EU, ins Leben gerufen durch Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Finanzdienstleistungen: Umsetzung des Finanzmarktrahmens: Aktionsplan, KOM (1999) 232 endg. Kernstück des FSAP war die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente, RL 2004/39/EG (MFIRL, heute meist mit dem englischen Kurztitel MiFID bezeichnet), die anstelle der bisherigen WPDRL getreten ist. Weitere wichtige Maßnahmen zur Schaffungen eines echten europäischen Kapitalbinnenmarktes waren die Prospektrichtlinie RL

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weiteren Wettbewerbsverschärfung in Position zu bringen. Auch die Deutsche Börse AG hat mit immer neuen Konzentrationsplänen Schlagzeilen gemacht.7 Seinen vorläufigen Höhepunkt hatte das Fusionsfieber schließlich in 2006 mit dem Übernahmekampf um die Euronext, in welchem die Deutsche Börse AG der New York Stock Exchange (NYSE) unterlegen ist8. Anfang 2007 haben sich Euronext und NYSE zum ersten transatlantischen Aktienbörsen-Betreiberkonzern zusammengeschlossen.9 Seither war ein Zustand relativer Ruhe eingekehrt, in dem die europäischen Börsenbetreiber die Umsetzung der MFIRL in nationales Recht und vor allem die Reaktion der Marktteilnehmer auf die tiefgreifenden Marktstrukturänderungen abwarten konnten.10 Dass dies aber vermutlich nur die Ruhe vor dem Sturm war, zeigen schon die jüngsten Sondierungsgespräche der DBAG mit der NYSE Euronext vom Dezember 2008.11 Der Wettbewerbsdruck auf die europäischen Börsenbetreiber ist dabei höher denn je: Vom Status eines MTF12 haben eine Reihe neuer Anbieter Gebrauch gemacht. Namentlich die BankenPlattform Turquoise und die Londoner Chi-X erreichen nun auch beacht2003/71/EG, die Transparenzrichtlinie RL 2004/109/EG und die Marktmissbrauchsrichtlinie RL 2003/6/EG. 7 Zum Bieterkampf um die Londoner LIFFE-Terminbörse in 2001 siehe o. V., Liffe will sich ihre Bewerber genauer anschauen, Börsen-Zeitung v. 25. Oktober 2001, S. 5; zu erneuten Fusionsspekulationen zwischen Deutscher Börse und LSE in 2002 siehe o. V., Swallow me, swallow, The Economist v. 11. Mai 2002, S. 79; zur vorübergehenden Annäherung zwischen Deutscher Börse AG und SWX Swiss Exchange in 2004 siehe o. V., Alpine attraction, The Economist v. 24. Juli 2004, S. 62. Zum Übernahmeangebot der Deutsche Börse AG gegenüber der LSE in 2004/05 siehe o. V., Seifert’s second proposal, The Economist v. 18. Dezember 2004, S. 133. 8 Deutsche Börse AG, Deutsche Börse verfolgt Zusammenschluss mit Euronext nicht weiter, Pressemitteilung v. 15. November 2006. 9 Euronext N. V., NYSE Euronext offer for Euronext shares is successful, Pressemitteilung v. 27. März 2007. 10 Vgl. o. V., Deutsche Börse – Erfolgreicher Schwebezustand, ZfgK 2008, 192 f. Ausnahmen waren das erfolgreiche Übernahmeangebot der Nasdaq für die OMXGruppe, vgl. hierzu o. V., Northern exposure, The Economist v. 25. August 2007, S. 69, der Mehrheitserwerb der Wiener Börse an den Börsen in Ljubljana und Prag, vgl. o. V., Wiener Börse kauft Prager Börse, Börsen-Zeitung v. 8. November 2008, S. 3 sowie der Zusammenschluss der London Stock Exchange plc und der Borsa Italiana S.p.A., vgl. London Stock Exchange plc, Borsa Italiana and London Stock Exchange Combine, Pressemitteilung v. 1. Oktober 2007. 11 Pauly, Daphne kuschelt mit Nero, Der Spiegel v. 8. Dezember 2008, S. 78. Zu weiteren Spekulationen aus jüngerer Zeit vgl. etwa o. V., Deutsche Börse blickt nach Polen, Börsen-Zeitung v. 13. Januar 2009, S. 3; o. V., Börse Oslo geht auf LSE zu, Börsen-Zeitung v. 5. Dezember 2008, S. 5. 12 Multilateral Trading Facility (Multilaterales Handelssystem) im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 MFIRL.

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liche Marktanteile im Aktienhandel.13 Die Finanzkrise des Jahres 2008 hat die Handelsvolumina, nach einem vorübergehenden volatilitätsinduzierten Anstieg, erheblich schrumpfen lassen: Wichtige Marktteilnehmer sind weggefallen und andere reduzieren ihre Handelstätigkeit.14 Die Macht der Handelsteilnehmer hat zugenommen und bereits zu Zugeständnissen bei den Handelsentgelten geführt, seit sie auf systematische Internalisierung oder den Aufbau eigener Handelsplattformen verweisen können.15 Auch die von der EU-Kommission erzwungenen jüngsten Angleichungen im Bereich des Clearing und Settlement intensivieren den Wettbewerb.16 Zur Reaktion hierauf hat die MFIRL den Börsenbetreibern zwar auch neue Handlungsmöglichkeiten eröffnet, so beispielsweise den Betrieb alternativer MTF-Handelsplattformen.17 Eine wichtige strategische Option wird aber die Konzentration bleiben. Dabei ist eine Konzentration nicht nur aus unternehmerischer Perspektive sinnvoll: Da die Qualität eines börslichen Marktes direkt von seiner Liquidität und den gehandelten Ordervolumina abhängt, verspricht eine Börsenkonzentration auch eine erheblich verbesserte volkswirtschaftliche Funktionalität der Börsen und des gesamten Kapitalmarktes.18 Mit grenzüberschreitenden Börsenkonzentrationen kann zudem ein ganz wesentlicher weiterer Schritt zur tatsächlichen Integration des europäischen Kapitalmarktes geleistet werden, nachdem die rechtlichen Grundlagen mit Umsetzung der FSAPRichtlinien nun vorliegen. Während aber die Börsenkonzentration in anderen europäischen Ländern voranschreiten konnte, ist die Deutsche Börse AG ein weiteres Mal gescheitert.19 Zwar waren hierfür in jüngerer Zeit offenbar primär Differenzen zwi13

Kalbhenn, Börsenbetreiber stehen vor harter Belastungsprobe, Börsen-Zeitung v. 13. Januar 2009, S. 8; Hellmann, Der London Stock Exchange droht ein heißer Herbst, Börsen-Zeitung v. 25. Juni 2008, S. 8. 14 Kalbhenn, Die Krise bringt für die Börsenbetreiber auch Chancen, Börsen-Zeitung v. 23. Oktober 2008, S. 8; o. V., Börsen erleben schlechten Jahresauftakt, Börsen-Zeitung v. 14. Januar 2009, S. 4. 15 Kuckelkorn, Börsen im Abwärtstrend, Börsen-Zeitung v. 5. September 2008, S. 8. 16 Vgl. o. V., Only connect, The Economist v. 15. Juli 2006, S. 63 f.; Benders/ Kurm-Engels, Clearstream baut Bündnis, Handelsblatt v. 3. April 2008, S. 23. 17 Vgl. etwa o. V., Nyse Euronext kündigt alternative Plattform an, Börsen-Zeitung v. 9. September 2008, S. 3; zum MTF „Baikal“ der LSE vgl. o. V., Londoner Börse sagt Turquoise Kampf an, Börsen-Zeitung v. 27. Juni 2008, S. 4. Ebenfalls in der Rechtsform eines MTF wird die neue Handelsplattform der Nasdaq OMX betrieben, vgl. o. V., Nasdaq OMX: Europa-Plattform, ZfgK 2008, 36. 18 Seifert, Der Börsenzusammenschluß nutzt der ganzen Volkswirtschaft, FAZ v. 23. August 2000, S. 30. Näher unten Teil 3, Abschnitt 2, B., S. 403 ff. 19 O. V., Börse bricht Fusionsgespräche mit Nyse Euronext ab, Börsen-Zeitung v. 9. Dezember 2008, S. 5.

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schen Management und bedeutenden Anteilseignern über die Unternehmensstrategie verantwortlich.20 Zumindest die Fehlschläge in 2000 und 2006 waren jedoch auch durch die Forderung des Hessischen Wirtschaftsministeriums bedingt, den Hauptsitz eines künftigen grenzüberschreitenden Börsenbetreiberkonzerns in Frankfurt zu belassen.21 Mag die Forderung dabei rein börsenpolitisch motiviert gewesen sein, so ist die große Macht des Ministeriums über den Börsenbetreiber doch auch rechtlich fundiert: Die Börse ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts, deren Aufhebung nach dem Wortlaut des bisherigen § 1 Abs. 1 S. 2 BörsG 2002 ebenso wie nach dem neuen § 4 Abs. 5 Nr. 2 i. V. m. Abs. 3 BörsG 2007 im Ermessen des aufsichtsführenden Ministeriums steht.22 Indem sich das BörsG marktinduzierten Konsolidierungsprozessen solchermaßen in den Weg stellt, steht es im Widerspruch zu seinen selbstgesteckten Regelungszielen, die doch gerade in der Förderung der Börsenund Kapitalmarkfunktionalität liegen. Dabei hat auch die Novellierung des Börsengesetzes in Umsetzung der MFIRL in den hier maßgeblichen börsenorganisationsrechtlichen Kernbereichen keine Veränderung gebracht. Ein Vergleich mit dem ausländischen Recht, wo Börsenkonzentrationen realisiert werden können, verspricht daher Erkenntnisse darüber, ob und gegebenenfalls wie eine größere Zieladäquanz des deutschen Rechts zu erreichen ist. Als Vergleichsrechtsordnung bietet sich das Vereinigte Königreich an: Nicht nur ist es nach wie vor eine der interessantesten Partnerrechtsordnungen für Börsenkonzentrationen unter deutscher Beteiligung. Vor allem sind unter dem britischen23 Recht mit der Eingliederung der LIFFE-Terminbörse in den Euronext-Konzern sowie mit virt-x inzwischen zwei strukturell verschiedene Börsenkonzentrationsphänomene erfolgreich umgesetzt worden. Der Blick aufs britische Recht verspricht auch gerade deshalb aufschlussreich zu sein, weil es zur Erreichung fast identischer Regelungsziele eine zum deutschen Recht in zentralen Punkten grundverschiedene Börsenstruktur vorsieht. Dabei findet sich mit dem FSMA 2000 und den unter20 Vgl. etwa Benders/Landgraf/Maisch/Stock, Börse im Visier von Hedge-Fonds, Handelsblatt v. 9. September 2008, S. 21. 21 O. V., Koch: Die Börse ist zu weit gegangen, FAZ v. 21. Juni 2006, S. 11; vgl. auch o. V., Crossing the pond, The Economist v. 18. März 2006, 69 (70); o. V., Thinly spread, The Economist v. 24. Juni 2006, S. 83. 22 So konnte der hessische Wirtschaftsminister drohen, bei einer Abkehr vom Hauptsitz Frankfurt könnte die geplante Transaktion „im Extremfall“ verhindert werden, vgl. o. V., Koch: Die Börse ist zu weit gegangen, FAZ v. 21. Juni 2006, S. 11; o. V., Thinly spread, The Economist v. 24. Juni 2006, S. 83. 23 Geltungsbereich des hier betrachteten Kapitalmarktrechts ist das Vereinigte Königreich, also England, Wales, Schottland und Nordirland, vgl. s. 430 FSMA. In Ermangelung eines zugehörigen Adjektivs wird das dortige Recht im Weiteren trotz begrifflicher Impräzision als „britisches Recht“ bezeichnet.

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gesetzlichen Normen der FSA ein systematisch angelegtes und vergleichsweise detailliert ausgestaltetes Börsenaufsichtsrecht. Die Betrachtung wird sich im Weiteren auf Aktienkassabörsen als den Inbegriff der Wertpapierbörsen beschränken. Obgleich in jüngerer Zeit vor allem transatlantische Konzentrationen Furore machen, wird die Betrachtung außerdem auf den innereuropäischen Bereich begrenzt, denn nur hier ist nach den gegenwärtigen Umständen neben der rein betreiberseitigen Konzentration auch eine marktseitige Verbindung zu erwarten, wie sie besonders funktionalitätsförderlich und zugleich aufsichtsrechtlich problematisch ist. In Teil 1 erfolgt unter Rückgriff auf ökonomische Grundlagen eine Klärung dessen, was unter dem Begriff der Börsenkonzentration zu verstehen ist. Es lassen sich dabei drei Grundphänomene der Börsenkonzentration identifizieren, die sodann in Teil 2 auf ihre börsenaufsichtsrechtliche Realisierbarkeit im deutschen und britischen Recht untersucht werden. Teil 3 vergleicht die unterschiedlichen rechtlichen Lösungen auf ihre Zieladäquanz und entwirft Grundzüge eines konsolidierungsfreundlicheren deutschen Börsenaufsichtsrechts. Dabei konnte bis zur Drucklegung die am 1. November 2007 in Kraft getretene Novellierung des Börsengesetzes in Umsetzung der MFIRL noch durch Angabe der Parallelfundstellen im BörsG 2007 berücksichtigt werden. Im Übrigen befindet sich die Arbeit im Hauptteil auf dem Stand der Gesetzgebung bei Redaktionsabschluss am 16. November 2006. Die weiteren zwischenzeitlichen Änderungen des deutschen Rechts infolge der Umsetzung der Transparenzrichtlinie und der MFIRL werden im Nachtrag zusammenfassend dargestellt und an den jeweiligen Stellen im Hauptteil in Bezug genommen. Aus der jüngeren Literatur konnte insbesondere noch die Monographie von Fabian L. Christoph, Börsenkooperationen und Börsenfusionen, 2007 berücksichtigt werden, was jedoch keine Anpassung der hiesigen, völlig konträren Argumentation veranlasst hat. Dabei mag allein die Tatsache, dass das BörsG so fundamental verschiedene Deutungen der Börsenstruktur und der aufsichtsrechtlichen Zulässigkeit von „Börsenfusionen“ erlaubt, das zentrale rechtspolitische Petitum dieser Arbeit belegen: Das deutsche Börsenorganisationsrecht bedarf einer grundlegenden Reform.

Teil 1

Das Phänomen der grenzüberschreitenden Börsenkonzentration Unter dem Begriff der grenzüberschreitenden Konzentration oder Konsolidierung von Börsen wurden bislang im Wesentlichen die folgenden Vorgänge zusammengefasst: Eurex als gemeinsame Handelsplattform der Frankfurter und Züricher Terminbörsen;1 Euronext mit seiner Holdingverbindung von inzwischen fünf europäischen Börsenbetreibergesellschaften und gemeinsamer Handelsplattform im Kassahandel;2 die ähnlich strukturierte Norex-Verbindung der skandinavischen und baltischen Börsen;3 die schweizerisch-britische Standardwertebörse virt-x4 und zuletzt zahlreiche nicht realisierte bzw. nach kurzer Zeit aufgegebene Projekte wie z. B. der ehemalige DTB-MATIF-Verbund oder das iX-Projekt der Deutsche Börse AG aus dem Jahr 20005 sowie der nachfolgende Übernahmeversuch gegenüber der London Stock Exchange plc im Jahr 2004/20056 sowie gegenüber der Euronext im Jahr 2006. Gemeinsam ist diesen Konzentrationsvorgängen bzw. -plänen, dass sie im Ergebnis zu einer Reduktion der Zahl unmittelbar rivalisierender Börsen führen. Nicht zuletzt aufgrund der verschiedenen Erfordernisse der beteiligten Rechtsordnungen gleicht allerdings keiner dieser Vorgänge dem anderen. Als Grundlage der hier angestrebten Untersuchung bedarf es indes einer vom Einzelfall abstrahierenden Begriffsbildung von der „grenzüberschreitenden Börsenkonzentration“: Aus der Vielzahl der im jeweiligen Einzelfall getroffenen Maßnahmen sind diejenigen herauszuarbeiten, die unabhängig von der rechtsordnungsspezifischen Ausgestaltung der Börsenstrukturen sowie losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalles erforderlich sind, um das angestrebte konzentrative Ergebnis zu erreichen. Zu diesem Zweck 1

Näher hierzu siehe unten Abschnitt 3, C. II. 3., S. 88. Siehe unten Abschnitt 3, C. I. 3., S. 78 sowie Abschnitt 3, C. II. 3., S. 88 f. 3 Siehe unten Abschnitt 3, C. I. 3., S. 77 f. sowie Abschnitt 3, C. II. 3., S. 89 f. 4 Seit 3. März 2008 SWX Europe genannt, vgl. SWX Europe Ltd., Virt-x changes its name to SWX Europe, Pressemitteilung v. 3. März 2008. Näher zu virt-x/SWX Europe siehe unten Abschnitt 3, C. III. 3., S. 94 f. 5 Siehe unten Abschnitt 3, C. I. 3., S. 77 sowie Abschnitt 3, C. III. 3., S. 94. 6 Näher unten Abschnitt 3, C. I. 3., S. 78 f. 2

Teil 1: Das Phänomen der grenzüberschreitenden Börsenkonzentration

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wäre also beispielsweise im Fall von Eurex die Frage zu klären, ob die nach Nr. 3 Eurex Börsenordnung erforderliche Doppelzulassung schweizerischer Handelsteilnehmer in Frankfurt und Zürich7 eine konstruktiv erforderliche Maßnahme zur Schaffung einer sogenannten „gemeinsamen Handelsplattform“ ist oder ob sie sich nicht vielmehr nur als Rechtsfolge aus den besonderen Erfordernissen des deutschen und/oder schweizerischen Börsenaufsichtsrechts ergibt, oder ob die Doppelzulassung gar nur kommerziell oder börsenpolitisch gewollt ist.8 In vergleichbarer Weise stellt sich die Frage, ob die bei Eurex und Euronext zu beobachtenden Harmonisierung der Regelwerke zur Schaffung einer gemeinsamen Handelsplattform konstruktiv erforderlich ist, oder ob es sich um eine rechtsordnungsbedingte Folgewirkung handelt.9 Anders gewendet bedarf es also einer Trennung von Tatbestand und Rechtsfolgen einer Börsenkonzentration.10 Das bereitet Schwierigkeiten, ist doch schon die Börse als solche eine in allen modernen Wirtschaftsordnungen stark rechtlich überformte Institution, so dass bereits hier die Trennung von Tatbestand einer Börse im ökonomischen Sinn und börsenrechtlich auferlegten Strukturerfordernissen schwer fällt. Dieses Problem potenziert sich 7

Erforderlich ist nach Nr. 3 Eurex Börsenordnung eine Zulassung (1) bei der Eurex Deutschland oder (2) bei der Eurex Zürich AG UND der Eurex Deutschland, wobei letzteres natürlich vor allem schweizerische Handelsteilnehmer betrifft. Anschaulich die graphische Darstellung hierzu bei Nobel, Börsenallianzen und -fusionen, FS Lutter 2000, 1485 (1510). 8 Nach Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, 19 (39) beruht im Fall von Eurex die Doppelzulassung der Handelsteilnehmer auf der kommerziellen Zielsetzung, auf diesem Wege alle Geschäfte zu solchen an einem geregelten Markt im Sinne des europäischen Kapitalmarktrechts zu machen. Zu den vergleichbaren Motiven der Doppelzulassung aller Eurex-Produkte auf „beiden“ Eurex-Börsen vgl. Geiger, Konsolidierung der europäischen Börsenlandschaft am Beispiel der Eurex, S. 196. In beiden Fällen wäre auch das eher börsenpolitische Motiv denkbar, auf diese Weise beide Börsenplätze größer erscheinen zu lassen. Ein solches Motiv soll nach Beck, Xetra, WM 1998, 417 (419 mit Fn. 33) der bei der IBIS-II-Kooperation vereinbarten umsatzstatistische „Zurechnung“ gewisser Umsätze zu den Regionalbörsen zugrunde gelegen haben. Hingegen scheint Christoph, Börsenkooperationen, S. 474 die Doppelzulassung für konstruktiv erforderlich zur Schaffung einer gemeinsamen Handelsplattform zu halten. 9 Offen bleibt diese Frage etwa bei Wymeersch, Harmonisation, S. 10, der in Bezug auf gemeinsame Handelsplattformen, wie sie bei Eurex und Euronext bestehen, nur feststellt: „In fact trading rules should be unified over the constituent exchanges“. Vgl. auch Nobel, Börsenallianzen und -fusionen, FS Lutter 2000, 1485 (1507), der in Bezug auf gemeinsame Handelsplattformen lediglich konstatiert, dass die Regelwerke der beteiligten Börsen in der Börsenrealität (weitgehend) harmonisiert werden. 10 Vgl. zu dieser Voraussetzung der sog. funktionalen Rechtsvergleichung Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, § 3 II, S. 33; ähnlich Zacher, Methoden, S. 21 (41 ff.).

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Teil 1: Das Phänomen der grenzüberschreitenden Börsenkonzentration

bei der grenzüberschreitenden Börsenkonzentration, die mehrere Rechtsordnungen berührt. Eine systematisierende Betrachtung der Börsenrealität, wie sie bisherigen Begriffsbildungsversuchen zugrunde liegt, kann daher bestenfalls die grundlegende Unterscheidung von betreiberseitiger und marktseitiger Börsenkonzentration zu Tage fördern.11 Für den Zweck einer vorrechtlichen Definition der Börsenkonzentrationsphänomene verspricht diese Vorgehensweise keinen Erfolg. Hierfür ist vielmehr weiter zurückzugreifen und beim Gestaltungsbedarf der an den Konzentrationsvorgängen mitwirkenden Börsenbetreiber anzusetzen.12 Dabei lassen sich drei idealtypische konzentrative Wettbewerbsstrategien ausmachen. Anhand eines im Weiteren zu entwickelnden ökonomischfunktionalen und damit vorrechtlichen Börsenstrukturmodells lassen sich dann die zur Umsetzung der Strategien jeweils erforderlichen Maßnahmenbündel ermitteln. Sie stellen die drei Grundtypen der Börsenkonzentration dar, welche in Teil 2 auf ihre börsenaufsichtsrechtliche Realisierbarkeit in den Vergleichsrechtsordnungen zu untersuchen sind. Als Grundlage dessen ist nun in Abschnitt 1 zunächst zu bestimmen, welche Marktphänomene als Börsen im Sinne der vorliegenden Untersuchung anzusehen sind: 11 Vgl. etwa Nobel, Börsenallianzen und -fusionen, FS Lutter 2000, S. 1485 ff.: Der Autor beschreibt auf S. 1506 ff. betreiberseitige (Kooperationsverträge und „Mergers“) und marktseitige Konzentrationsphänomene (Cross-membership, gemeinsames Orderrouting). Die eigentliche Systematisierung erfolgt allerdings letztlich nach der Art der Verbindung zwischen den Betreibern. Ähnlich die Systematisierung nach der zugrundeliegenden Verbindung zwischen den Betreibern ohne Differenzierung danach, ob und welche marktseitige Konsolidation hinzutritt, bei Clausen/Sørensen, Competition and Cooperation between Stock Exchanges in Europe, EBOR 3 (2002), 371 (388 ff.); Denning, Europas Börsen im Umbruch, Wirtschaftsdienst 2000, 480 ff.; Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 122 ff.; Thorwartl, Judgmental Analysis of Literature on Stock Exchange Mergers and Alliances in Europe, S. 113 ff.; ähnlich auch Christoph, Börsenkooperationen, S. 67 f., der vertragliche Kooperationen, gesellschaftsrechtliche Verbindungen und die „Fusion von Börsen“ unterscheidet, mit letzterem aber (wohl) die Fusion der Börsenbetreiber meint. Diese Systematisierung, die aus börsenbetriebswirtschaftlicher, gesellschafts- und kartellrechtlicher Sicht ihre Berechtigung hat, ist für vorliegende Zwecke unbrauchbar, da sie den börsenaufsichtsrechtlich mindestens ebenso relevanten konsolidativen Veränderungen auf Marktseite keine Beachtung schenkt. Die Marktseite berücksichtigt hingegen Breitkreuz, Börse, S. 179 f., wenn er eine marktseitige Konzentration als begriffliche Voraussetzung einer „Börsenfusion“ ansieht. Allerdings ist mit den dortigen Ausführungen infolge seines gänzlich anderen Erkenntnisinteresses (Welche Maßnahmen wären unter dem deutschen Börsenaufsichtsrecht erforderlich um aus zwei ehemals selbständigen Anstaltsbörsen eine einzige zu machen?) die hier erforderliche Trennung von (rechtsordnungsübergreifend einheitlichem) Tatbestand und (rechtsordnungsspezifischen) Rechtsfolgen nicht möglich. 12 Vgl. zur Methodik nur Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, § 3 II, S. 33.

Abschnitt 1: Der Begriff der Börse

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Abschnitt 1

Der Begriff der Börse A. Zur Maßgeblichkeit des ökonomisch-funktionalen Börsenbegriffs I. Der Börsenbegriff des deutschen Rechts als Ausgangspunkt Der Börsenbegriff umgrenzt den Gegenstand der hiesigen Untersuchung und muss daher ihrem Erkenntnisinteresse Rechnung tragen.1 Wie einleitend dargelegt, ist es allein auf das deutsche Börsenrecht gerichtet: Seine Tauglichkeit zur Erreichung der selbstgesteckten Regelungsziele gilt es im Vergleich zu Alternativlösungen des britischen Rechts zu bewerten, um so gegebenenfalls praxiserprobte Wege zur Verbesserung seiner Zieladäquanz aufzeigen zu können.2 Die Untersuchung muss also von denjenigen Marktphänomenen ausgehen, die das deutsche Recht als Börsen reguliert.3 II. Der Börsenbegriff im Börsengesetz (BörsG) Der Börsenbegriff des deutschen Rechts ist durchaus nicht unproblematisch. Die Schwierigkeit besteht im vorliegenden Zusammenhang allerdings weniger in der vielfach bemängelten Abwesenheit einer Legaldefinition,4 1 Vgl. zum Zusammenhang von Erkenntnisinteresse und Begriffsbildung Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung, S. 102 ff.; Wank, Die juristische Begriffsbildung, S. 121 f. 2 Zu dieser Funktion der „angewandten“ Rechtsvergleichung vgl. Trantas, Die Anwendung der Rechtsvergleichung bei der Untersuchung des öffentlichen Rechts, S. 49 f. m. w. N.; Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, S. 45 f. sprechen hierbei von der „Rechtsvergleichung auf nationaler Basis“, womit sie die Tatsache ansprechen, dass das Erkenntnisinteresse auf die Veränderung einer bestimmten nationalen Rechtsordnung gerichtet ist, die damit Ausgangs- und vor allem Zielpunkt der Untersuchung bildet. 3 Vgl. zum Ausgangspunkt einer „national“ orientierten Rechtsvergleichung van Langendonck, Probleme und Problemlösungen des wissenschaftlichen Sozialrechtsvergleichs, S. 77 (85). 4 Mit dem FRUG wurde in § 2 Abs. 1 BörsG 2007 erstmals eine Legaldefinition versucht, näher hierzu Nachtrag A. I., S. 533 f. Bis dahin war die Legaldefinition über Jahre eine zentrale rechtspolitische Forderung der Literatur, vgl. etwa Hopt/ Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (377 ff.); Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 18 ff. und insb. S. 45 f.; Mues, Anmerkungen zum Börsengesetz, ZBB 2001, 352 (355 f.). Gegen eine Legaldefinition hatte sich noch der Gesetzgeber des 4. FMFG ausgesprochen, vgl. BT-Drs 14/8017, S. 146: „[A]ngesichts sich rasch verändernder technischer Möglichkeiten [. . .] nicht sinnvoll“.

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als vielmehr in seiner doppeldeutigen Verwendung durch das BörsG:5, 6 So statuiert § 1 Abs. 1 S. 1 BörsG 2002 (= § 4 Abs. 1 BörsG 2007) die Genehmigungsbedürftigkeit des Börsenbetriebs und ist insoweit eine Norm des klassischen Wirtschaftsaufsichtsrechts, nicht unähnlich dem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt für den Bankenbetrieb in § 32 KWG.7 „Börse“ bezeichnet hier das in der Realität des Wirtschaftslebens angetroffene Phänomen eines besonders hochorganisierten Marktes in vertretbaren Wirtschaftsgütern. Es handelt sich hierbei um den Börsenbegriff der Tatbestandsseite. Alle weiteren Normen des Börsengesetzes regeln Rechtsfolgen der Genehmigung, indem sie für den Börsenbetrieb eine ganz bestimmte öffentlich-rechtliche Betreiberstruktur mit einer teilrechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts vorsehen und sodann Vorgaben für deren Geschäftsbetrieb machen. Insoweit handelt es sich also um Recht der öffentlichen Unternehmen.8 In sämtlichen dieser Normen bezeichnet der Begriff „Börse“ die börsenbetreibende (teilrechtsfähige) Anstalt und nicht mehr das börsliche Marktphänomen an sich. Es handelt sich hierbei um den Börsenbegriff der Rechtsfolgenseite. Die Literatur verwendet die Begriffe auch in Bezug auf den Zustand nach Börsengenehmigung häufig ohne Bemühen um Differenzierung und trägt damit zur Verwischung der für das Verständnis von Börsenkonzentrationsphänomenen zentralen Unterscheidung zwischen Börsenbetreiber und börslichem Markt bei.9 Im vorliegenden Zusammenhang ist allein der das Marktphänomen bezeichnende Börsenbegriff der Tatbestandsseite (§ 1 Abs. 1 S. 1 BörsG 2002 = § 4 Abs. 1 BörsG 2007) maßgeblich, geht es doch darum, denjenigen Realitätsausschnitt zu bestimmen, den das deutsche Recht als Börse erfasst10.

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Krit. insoweit schon Göppert, Das Recht der Börsen, S. 47. Zum Fortbestehen dieser Problematik im BörsG 2007 Nachtrag A. I., S. 533. 7 Vgl. Breitkreuz, Börse, S. 167; Göppert, Das Recht der Börsen, S. 54. 8 Vgl. die Definition eines öffentlichen Unternehmens bei Ruthig/Storr, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Rn. 453 f. sowie bei Stober, Allgemeines Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 24 I, S. 222, als „Wirtschaften einer faktisch oder rechtlich verselbständigten Organisationseinheit, deren Träger die öffentliche Hand ist“. 9 So beschreibt etwa Kümpel, Zur öffentlichrechtlichen Organisation der deutschen Wertpapierbörsen, BKR 2003, 3 (5) diese Doppeldeutigkeit, verwendet den Begriff in seinen Schriften aber selbst teils undifferenziert. So kann es in ders., Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.665 zu einer Feststellung wie der folgenden kommen: „Der von den beiden Eurex-Börsen gemeinsam betriebene Terminhandel ist [. . .] eine vollelektronische Börse“ (Hervorhebungen von Verf.). 10 Zum Börsenbegriff der Tatbestandsseite in § 4 Abs. 1 BörsG 2007 vgl. Nachtrag A. I., S. 533 f. 6

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III. Die ökonomisch-funktionale Determination des Börsenbegriffs der Tatbestandsseite Eine Börse im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 BörsG 2002 (= § 4 Abs. 1 BörsG 2007) war seit Schaffung des Börsengesetzes bis in jüngere Zeit hinein durch eine schlichte Aufzählung ihrer traditionellen äußeren Erscheinungsmerkmale definiert worden: Danach war die Börse eine Zusammenkunft von Kaufleuten an festem Ort zu fester Zeit zum Zwecke des Handels in vertretbaren, nicht zur Stelle geschafften Gegenständen.11 Mit dem technologischen Wandel, der das Handelsparkett durch elektronische Handelsplattformen ersetzte und so das traditionelle Erscheinungsbild von Börsen im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts auflöste, wurde diese Definition untauglich.12 Die überwiegende börsenrechtliche Literatur reagierte hierauf mit der Aufgabe des obsoleten Kriteriums der Ortsgebundenheit, ohne jedoch eine grundsätzliche Abkehr von der phänomenologischen Definitionsmethode vorzunehmen.13 Unter Verweis auf die heute so rasche Wandelbarkeit des äußeren Erscheinungsbilds von Börsen und die Gefahr einer Obsoleszenz jeglichen phänomenologisch definierten Börsenbegriffs wird hingegen in jüngerer Zeit vermehrt eine ökonomisch-funktionale Begriffsbildung postuliert.14 Allerdings kann auch diese Begriffsbildungsmethode 11

PreußOVG 34, 315 (335 f.); Schwark (1. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 2; Kümpel, Die Preisfeststellung im Geregelten Markt, WM 1988, 1621. Dabei konnte man sich auf den historischen Gesetzgeber berufen, war der doch davon ausgegangen, dass sich Börsen stets anhand ihrer typischen äußeren Merkmale erkennen lassen würden, vgl. Amtliche Begründung zum Entwurf eines Börsengesetzes, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, 9. Legislaturperiode, IV. Session 1895/96, 1. Anlagenband, Aktenstück Nr. 14, S. 17. 12 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 2; Assmann/Schütze-Franke, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rn. 10; Schlüter, Börsenhandelsrecht, G I, Rn. 41. Ähnlich, allerdings unter Verwechselung von Ursache und Wirkung Breitkreuz, Börse, S. 34; Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 20; Schäfer-Peterhoff, § 1 BörsG Rn. 19: Nicht die Gesetzesnovelle von 1989 machte die bisherige Definition des Börsenbegriffs der Tatbestandsseite untauglich, sondern der Siegeszug elektronischer Kommunikationstechnologien. Auf ihn reagierte der Gesetzgeber lediglich, indem er auf Rechtsfolgenseite eine modernere Ausgestaltung der Börsendienstleistung durch Verwendung elektronischer Handelssysteme aufsichtsrechtlich zuließ. Eine ähnliche Begriffsbildungskrise löste der technologische Wandel in ausländischen Börsenrechtsordnungen aus, vgl. Lee, What is an exchange?, S. 279 ff.; Nobel, Börsenallianzen und -fusionen, FS Lutter 2000, S. 1485 (1489 ff.). 13 Vgl. Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 5; Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 2 f.; Assmann/Schütze-Franke, Handbuch des Kapitalanlagerechts, Ergänzungsband, § 2 Rn. 12. Methodisch ähnlich, aber unter Akzentuierung anderer äußerer Merkmale (staatlich überwachte Preisfeststellung) Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 28 f.; Schäfer-Peterhoff, § 1 BörsG Rn. 19. 14 Grundlegend Hopt/Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (380 f.); Köndgen, Ownership and Corporate Governance of Stock Exchanges, JITE 154 (1998), 224

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der hier erforderlichen Umgrenzung des zu betrachtenden Lebenssachverhalts nur dann zugrundegelegt werden, wenn sich ihre Maßgeblichkeit für den rechtlichen Börsenbegriff im Sinne des § 1 Abs. 1 BörsG 2002 (= § 4 Abs. 1 BörsG 2007) begründen lässt.15 Ausgangspunkt ist die Aufgabe der juristischen Begriffsbildung, eine sachgerechte Rechtsanwendung zu ermöglichen16. Hieraus ergibt sich für die Begriffsbildung im Rahmen von § 1 Abs. 1 BörsG 2002 (= § 4 Abs. 1 BörsG 2007) folgendes Postulat: Sie muss den Börsenbegriff so umgrenzen, dass die Rechtsfolgen – nämlich Genehmigungspflichtigkeit des Börsenbetriebs, seine Übernahme in staatliche Wahrnehmungsverantwortung, sowie vergleichsweise dichte Vorgaben für die Gestaltung des börslichen Handelsgeschehens – auf alle, aber auch nur diejenigen Marktphänomene Anwendung finden, die nach dem gesetzgeberischen Regelungsanliegen erfasst sein sollen.17 Dieses Regelungsanliegen war bei Schaffung des BörsG noch vornehmlich repressiver Natur, sollte durch das seinerzeit in § 1 BörsG a. F. normierte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und ohne Erlaubnisanspruch18 doch der Börsenbetrieb und insbesondere der Terminhandel möglichst eingedämmt und – soweit er wegen eines unabweisbaren wirtschaftlichen Bedürfnisses unvermeidlich war – zumindest unter staatliche Kontrolle gebracht werden.19 Erst im Verlauf der 1930er Jahre wandelte sich die Haltung des Gesetzgebers, als auch hierzulande der Kapitalmarkt als Finanzierungsquelle der öffentlichen Hand entdeckt wurde.20 Nach einer Phase einseitiger Ausrichtung auf die Staatsfinanzierung rückte in der Nachkriegszeit zunehmend die gesamtökonomische Funktion des Kapitalmarktes und der Börsen in den Vordergrund.21 Diese galt es fortan zu för(227); Mues, Börse, S. 62; ähnlich Breitkreuz, Börse, S. 32 ff.; Klenke, Börsendienstleistungen, S. 101 f. sowie nunmehr Christoph, Börsenkooperationen, S. 82. Allgemein zur Problematik der phänomenologischen Begriffsbildungsmethode Wank, Die juristische Begriffsbildung, S. 143 f. 15 Göppert, Recht der Börsen, S. 55. 16 Wank, die juristische Begriffsbildung, S. 77 ff. 17 Mues, Börse, S. 62 sowie ders., Anmerkungen zum Börsengesetz, ZBB 2001, 353 (356); ähnlich auch Breitkreuz, Börse, S. 29. 18 Diesen Inhalt hatte § 1 BörsG a. F. spätestens seit dem Berliner Börsenstreit von 1902/03, durch den das Verständnis der Börse als Anstalt des öffentlichen Rechts festgeschrieben wurde, vgl. hierzu Mues, Börse, S. 42. Damit war klargestellt, dass auf die Börsengenehmigung keinerlei Anspruch bestehen kann, vgl. Göppert, Das Recht der Börsen, S. 53 f.; Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 20. 19 Vgl. Göppert, Recht der Börsen, S. 34; Mues, Börse, S. 39 f. und S. 62; Schulte, Die Regulierung der deutschen Effektenbörsen, S. 66 f. 20 Henning, Börsenkrisen und Börsengesetzgebung von 1914 bis 1945 in Deutschland, S. 209 (272 f.); Schulte, Die Regulierung der deutschen Effektenbörsen, S. 81 f.

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dern und hierzu auch den Anlegerschutz zu verbessern.22 Diese Regelungsintention liegt bis heute dem BörsG zugrunde und wurde zuletzt in den Motiven des 4. FMFG idealtypisch zum Ausdruck gebracht, welche die Novellierung des Börsengesetzes in den Dienst der Allokationsfunktion des Kapitalmarktes gestellt haben.23 Der rechtliche Börsenbegriff muss also diejenigen Sekundärmarktphänomene erfassen, denen im ökonomischen System des Kapitalmarktes die Bedeutung als unabdingbare Funktionsvoraussetzung für einen allokationseffizienten Kapitalmarkt zukommt. Die teleologische Auslegung von § 1 Abs. 1 S. 1 BörsG 2002 (= § 4 Abs. 1 BörsG 2007) führt damit zur Notwendigkeit einer ökonomisch-funktionalen Begriffsbildung.24

B. Die Börse im ökonomisch-funktionalen Sinn Im Weiteren wird daher die volkswirtschaftliche Funktion von Börsen umrissen. Die (Wertpapier-)Börse ist hierzu in den Gesamtzusammenhang des Finanzmarktes als übergeordneten volkswirtschaftlichen Teilmarktes einzuordnen, durch dessen Aufgabenstellung sie determiniert ist und zu dessen Funktionalität sie umgekehrt in spezifischer Weise beiträgt. Die Darstellung muss also theoretisch weiter ausgreifen. Sie liefert damit neben den hier unmittelbar erforderlichen definitorischen Erkenntnissen zugleich die Grundlage der weiteren Analyse in Teil 3 der Arbeit. I. Die Stellung der Börsen im System der Finanzmärkte Börsen sind hochorganisierte Wertpapiersekundärmärkte, auf denen Wertpapiere im Anschluss an ihre erstmalige Emission auf dem Primärmarkt von Anlegern untereinander gehandelt werden können. Der an Börsen stattfindende Sekundärhandel stellt dabei stets nur einen Ausschnitt aus dem ge21 Schulte, Die Regulierung der deutschen Effektenbörsen, S. 90 ff.; Mues, Börse, S. 46. 22 Rudolph, Effekten- und Wertpapierbörsen seit 1945, S. 291 (297 ff.); Schulte, Die Regulierung der deutschen Effektenbörsen, S. 90 ff. zeigt dabei, dass den Regelungszielen des Funktions- und Anlegerschutzes je nach Regierungszusammensetzung unterschiedliche sozial- und/oder wirtschaftspolitische Motivationen zu Grunde lagen – so z. B. in der Zeit der sozialliberalen Koalition das Ziel einer breiten Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital, vgl. a. a. O., S. 133. 23 RegE 4. FMFG, BT-Drs 14/8017, S. 62. Zur Unizität dieses Regelungsziels siehe unten Teil 3, Abschnitt 2, A. II. 1., S. 396 ff. 24 Vgl. allgemein zur (regelmäßigen) Richtigkeit der ökonomischen Begriffsbildungsmethode im Rahmen wirtschaftsrechtlicher Normen Schwark, Anlegerschutz durch Wirtschaftsrecht, S. 62 ff.

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samten Wertpapiersekundärmarkt dar.25 Wertpapierprimär- und -sekundärmarkt bilden zusammen den Kapitalmarkt, der wiederum Teil des Finanzmarktes ist.26 Auf dem Finanzmarkt treffen Angebot und Nachfrage nach Finanzmitteln zusammen. Anbieter (im Wesentlichen private Haushalte) und Nachfrager (Unternehmen, Staat) können dabei entweder unter Zwischenschaltung von Banken und anderen Finanzintermediären im engeren Sinn in Kontakt treten oder aber direkte Finanzierungsbeziehungen eingehen. Derartige direkte Finanzierungsbeziehungen kommen am Kapitalprimärmarkt zu Stande, indem Anleger einem Emittenten Geldkapital im Gegenzug für ein umlauffähiges und damit sekundärhandelsfähiges Wertpapier (Aktie oder Anleihe) überlassen.27 II. Die Allokationsaufgabe des Finanzmarktes und ihre Erfüllung im Kapitalmarkt Dem Finanzmarkt obliegt die Allokation der knappen privaten Ersparnisse zu den bestmöglichen, also produktivsten und damit zugleich renditestärksten Verwendungen.28 Diese Zusammenführung setzt voraus, dass die in puncto Volumen, Laufzeit und Risiko der Finanzierung divergierenden Präferenzen der Finanzmittelanbieter und -nachfrager zur Deckung gebracht werden.29 Die hierzu erforderliche Volumentransformation erfolgt im Kapitalmarkt durch die kleine Stückelung und breite Streuung von Emissionen, während die Weiterveräußerung auf dem Sekundärmarkt die vorzeitige Liquidation der Anlage im Bedarfsfall und damit die nötige Fristentransformation ermöglicht.30 Die Risiken einer Finanzierung können konjunkturell bzw. technologisch begründet sein oder als moral hazard in der Person des Finanznehmers bzw. seines Managements liegen.31 Auch die Risikotransformation 25

Vgl. Franke/Hax, Finanzwirtschaft, S. 61. Die Begriffe „Kapitalmarkt“ und „Finanzmarkt“ werden in der Literatur nicht einheitlich gebraucht. Hier wird der Terminologie von Perridon/Steiner, Finanzwirtschaft der Unternehmung, S. 2 gefolgt. 27 Vgl. Franke/Hax, Finanzwirtschaft, S. 53. Praktisch geschieht auch das unter Einschaltung von Finanzdientleistern, z. B. Emissionsbanken. Sie fungieren hier als Finanzintermediäre nur im weiteren Sinn. 28 Vgl. nur Obst/Hintner-Hellwig, Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Finanzsystems, S. 3 (5 f.). 29 Obst/Hintner-Fischer/Rudolph, Grundformen von Finanzsystemen, S. 371 (375 ff.). 30 Obst/Hintner-Fischer/Rudolph, Grundformen von Finanzsystemen, S. 371 (375 f.). 31 Obst/Hintner-Kürsten, Die Beziehung zwischen Kapitalgeber und Kapitalnehmer, S. 160 (161 f. sowie insbesondere zum „moral hazard“ S. 168 ff.). 26

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kann im Kapitalmarkt zum Teil durch Stückelung und Risikostreuung bewältigt werden,32 unverzichtbar sind aber daneben Mechanismen zur fundamentalen Reduktion von Risiken durch die Auswahl der erfolgversprechendsten Investitionsprojekte und eine nachfolgende Wohlverhaltensüberwachung des Kapitalnehmers.33 Zu beidem leistet der Sekundärmarkt einen unverzichtbaren Beitrag, spiegeln doch die Sekundärmarktkurse eines Wertpapiers im Idealfall die Ertragsaussichten des Unternehmens korrekt wider (sog. Preisbildungseffizienz).34 Sie stellen damit einen hochsensiblen Informationsmechanismus und in Verbindung mit der Gefahr feindlicher Übernahmen auch einen effektiven Sanktionsmechanismus für Misswirtschaft des Emittenten bzw. seines Managements dar.35 Nur im Zusammenspiel mit einem funktionsfähigen Sekundärmarkt kann also die Allokationsaufgabe im Kapitalmarkt erfüllt werden.36 III. Transaktionskosten und die Institution Börse 1. Transaktionskosten im Kapitalsekundärmarkt

Die reibungslose Funktion des Sekundärmarktes ist jedoch nicht ohne weiteres gewährleistet. So sind Sekundärmarkttransaktionen mit erheblichen Kosten belastet, die aus der Notwendigkeit folgen, vor Geschäftsabschluss Informationsdefizite zu beseitigen: Wer ein Wertpapier veräußern will, muss sich zunächst einen Marktüberblick verschaffen, einen passenden Geschäftspartner finden und ihn auf Bonität und Integrität prüfen.37 Zudem gilt es, Informationsasymmetrien zwischen den Geschäftspartnern über die Qualität des Wertpapiers – sie hängt überwiegend von schwer zu beobachtenden 32 Obst/Hintner-Fischer/Rudolph, Grundformen von Finanzsystemen, S. 371 (377). 33 Obst/Hintner-Franke, Kreditgeschäft und Finanzmärkte, S. 231 (255 ff.). 34 Fama, Efficient Capital Markets II, Journal of Finance 46 (1991) 1575 ff. Zur Aggregation von Informationen in Sekundärmarktkursen grundlegend Grossman, On the Efficiency of Competitive Stock Markets Where Trades have Diverse Information, Journal of Finance 31 (1976), 573 ff. 35 Franke/Hax, Finanzwirtschaft, S. 416; Obst/Hintner-Fischer/Rudolph, Grundformen von Finanzsystemen, S. 371 (399 f.). 36 Franke/Hax, Finanzwirtschaft, S. 416; Kahan, The Social Cost of „Inaccurate“ Stock Prices, Duke LJ 1992, 977 (1005 ff.). 37 Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 9. Vgl. auch die klassische Definition der Transaktionskosten von Coase, The Firm, the Market, and the Law, S. 6: „In order to carry out a market transaction it is necessary to discover who it is that one wishes to deal with, to inform people that one wishes to deal and on what terms, to conduct negotiations leading up to a bargain, to draw up the contract, to undertake the inspection needed to make sure that the terms of the contract are being observed, and so on.“

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Faktoren aus dem Innenbereich des Emittenten ab38 – abzubauen, um keine Insider- oder Manipulationsverluste zu erleiden.39 Wertpapiertransaktionen sind demnach mit erheblichen Such- und Informationskosten behaftet, die den Sekundärhandel aus Anlegersicht unattraktiv machen und damit die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes insgesamt behindern.40 2. Institutionenbildung zur Transaktionskostenminimierung

Die spontane Reaktion auf die Existenz derartiger Transaktionskosten ist die Institutionenbildung.41 Institutionen sind Organisation zur Regelbildung und -durchsetzung einschließlich der von ihnen jeweils hervorgebrachten Regelwerke.42 In Abwesenheit staatlicher Organisationsakte lässt sich die Institutionenbildung als freiwilliger und privatautonomer Kollektivakt der prospektiven Tauschpartner modellieren, die ihren künftigen Güteraustausch vereinfachen wollen und sich daher zu einem Regelungsverband zusammenschließen,43 an dessen Spitze sie einen Regulator stellen.44 Dabei kann die Entstehung einer Institution solchermaßen idealtypisch „von unten nach oben“ verlaufen.45 Ohne Validitätsverlust für die funktionale Erklärung der Institution kann der tatsächliche Entstehungsprozess in der Realität aber auch umgekehrt verlaufen, nämlich durch ein proaktives Vorgehen eines 38 Vgl. Black, The Legal and Institutional Preconditions for Strong Securities Markets, UCLA L Rev 48 (2001), 781 (786). 39 H. Schmidt, Börsenorganisation zum Schutze der Anleger, S. 37 ff. 40 Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 9; Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (162). Zur Quantifizierung der Suchkosten vgl. Flood/Huisman/Koedijk/Lyons, Search Costs, 1998. 41 Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 18; Kasper/Streit, Institutional Economics, S. 30 f. und 105. Insbesondere zur spontanen Entstehung von Börsen vgl. Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1. 42 Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 7; ähnlich Ostrom, Die Verfassung der Allmende, S. 66 f. 43 Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 18, S. 310 f. Speziell in Bezug auf die Börse Bindseil, Verfügungsrechte an organisierten Wertpapiermärkten, S. 64; Mulherin/Netter/Overdahl, Prices are Property, J L Econ 34 (1991), 591 (595). 44 Goldberg, Regulation and administered contracts, Bell J Econ 7 (1976), 426 (429 f.); Kasper/Streit, Institutional Economics, S. 105. 45 Kasper/Streit, Institutional Economics, S. 103 ff., insb. S. 105; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 18; Bindseil, Verfügungsrechte an organisierten Wertpapiermärkten, S. 64. Hierbei verpflichten sich die prospektiven Tauschpartner in mehrseitigen Verträgen jeweils untereinander, einem Dritten (dem Regulator) Regelungsmacht zugunsten der übrigen Handelsteilnehmer einzuräumen. Es handelt sich gleichsam um einen multilateralen Schiedsvertrag im Sinne von Williamson, Economic Institutions, S. 74 f.

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Regulators, der mit einem vorgefertigten Regelwerk an die prospektiven Transaktionspartner herantritt und diese zum Beitritt zu seinem Regelungsverband zu gewinnen sucht.46 Letzteres entspricht der Situation im heutigen Börsenwesen. Die Institutionenökonomik identifiziert hierbei zwei Grundtypen von Institutionen: Den organisierten Markt und die Hierarchie.47 Beide unterscheiden sich weniger im grundsätzlich hierarchischen Charakter, welcher für jede effektive Regelung erforderlich ist, als vielmehr in der Frage der Beziehung zwischen den eigentlichen Transaktionspartnern.48 Beim organisierten Markt sind und bleiben die Transaktionspartner gleichgeordnet, jedoch in ihrer Gesamtheit dem Regulator unterstellt.49 Bei der sogenannten Hierarchie stehen die Transaktionspartner selbst in einem Über-Unterordnungsverhältnis, wobei dem Übergeordneten die Rolle des Regulators zukommt, wie dies idealtypisch etwa innerhalb eines Unternehmens der Fall ist.50 In welcher der beiden Formen die Institution ausgebildet wird, hängt von Art und Höhe der zu minimierenden Transaktionskosten ab. Diese unterscheiden sich ihrer Art nach im Wesentlichen in vorvertragliche Such- und Informationskosten einerseits sowie in nachvertragliche Überwachungskosten andererseits, welche zur Verifikation der Vertragstreue des Geschäftspartners und Vermeidung einer opportunistischen Ausbeutung aufzuwenden sind. Letztere treten vor allem bei langfristigen Verträgen auf, und sind umso höher, je spezifischer die Aufwendungen für die Erfüllung der jeweiligen Transaktion sind.51 Sind hohe nachvertragliche Überwachungskosten zu 46 Goldberg, Regulation and administered contracts, Bell J Econ 7 (1976), 426 (430), vgl. auch Corcoran, The Uses of New Capital Markets, Am U L Rev 49 (2000), 581 (584 f.). Dann entsteht der Regelungsverband durch Abschluss bilateraler Beitrittsverträge zwischen dem Regulator und dem prospektiven Transaktionspartner, in welchem der Beitretende dem Regulator Regelungs- und Sanktionsgewalt zugunsten sämtlicher übriger Verbandsangehöriger einräumt. 47 Grundlegend Williamson, Economic Institutions, S. 72 ff. Siehe auch Coase, The Firm, the Market, and the Law, S. 5 ff., der aber unter den hierarchischen Institutionen den Blick auf private Unternehmen verengt. 48 Mulherin/Netter/Overdahl, Prices are Property, J L Econ 34 (1991), 591 (593); Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 296 f. 49 Goldberg, Regulation and administered contracts, Bell J Econ 7 (1976), 426 (429); Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 297; Williamson, Economic Institutions, S. 74 mit dem Hinweis, dass selbst auf vermeintlich völlig unorganisierten Märkten die Transaktionspartner zumindest unter der Regelungsgewalt des Staates stehen. 50 Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 295 mit Fn. 5; Williamson, Economic Institutions, S. 78. 51 Vgl. Williamson, Economic Institutions, S. 52 ff.: Spezifisch sind die Aufwendungen dabei, wenn sie außerhalb der Transaktion mit dem jeweiligen Transaktionspartner nicht (ähnlich) gewinnbringend verwendet werden können.

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erwarten, so wird die jeweilige Transaktion typischerweise in eine zentral steuerbare, hierarchisch strukturierte wirtschaftliche Einheit – z. B. ein Unternehmen – hineinverlagert.52 Ist eine Transaktion in erster Linie mit vorvertraglichen Kosten behaftet, so kann sie grundsätzlich in Marktform organisiert bleiben, die sich hier als effizienteste Organisationsform erweist.53 3. Die Börse als hochorganisierter Markt zur Senkung von Sekundärmarkttransaktionskosten

Wertpapiertransaktionen sind wie gezeigt mit erheblichen vorvertragliche Such- und Informationskosten belastet, während nachvertragliche Überwachungskosten angesichts zeitnaher Zug-um-Zug-Abwicklung eine untergeordnete Rolle spielen.54 Die effiziente institutionelle Organisationsform ist demnach diejenige eines Marktes, in welchem zur Minimierung der Suchkosten eine zentralisierte und vom individuellen Abschlusswillen losgelöste automatische Zusammenführung der Orders zum jeweils besten Angebot der Gegenseite erfolgt.55 Um diesen Kontrahierungszwang für die Handelsteilnehmer akzeptabel zu machen, bedarf es eines dichten Regelwerks und eines zentralisierten Regeldurchsetzungsmechanismus, dem alle Trans52

Williamson, Economic Institutions, S. 78 f. Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 297; Williamson, Economic Institutions, S. 73 f. 54 Vgl. Deutsche Bundesbank, Regulierung von Wertpapiermärkten, Monatsbericht Januar 2006, S. 37 (38); Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 331. So gilt beispielsweise in Deutschland für Kassa-Transaktionen der Grundsatz der Zug-um-Zug-Leistung binnen einer Erfüllungsfrist von zwei Börsentagen, Schlüter, Börsenhandelsrecht, G XII 4, Rn. 1061. 55 Fischel, Organized Exchanges, Chicago L Rev 54 (1987), 119 (121). Ähnlich Mulherin/Netter/Overdahl, Prices are Property, J L Econ 34 (1991), 591 (594), die allerdings den „Zweck“ der börslichen Organisation des Handels vornehmlich in der Hervorbringung informationseffizienter Börsenkurse sehen. Tatsächlich dürften diese nur das Nebenprodukt eines transaktionskostenminimierten Wertpapierhandels sein, um dessentwillen die Errichtung von Börsen primär erfolgt. Zutreffend an der Betonung der Preisbildungsfunktion ist aber, dass ein börslicher Organisationsgrad einen eigenen Preisbildungsmechanismus voraussetzt, vgl. Poser, The Stock Exchanges of the United States and Europe, U Pa J Intl Econ L 22 (2001), 497 (512). Zum Primat der Transaktionskostensenkungsfunktion siehe Fernholz, Börse und ihre Alternativen, S. 17 sowie insbesondere zur transaktionskostensenkenden Funktion der nicht-diskretionären Orderzusammenführung Kümpel, Kapitalmarktrecht, Rn. 223. Zum Kontrahierungszwang im deutschen Börsenwesen vgl. Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 182. Eine nicht-diskretionäre Orderzusammenführung findet dabei in ordergetriebenen wie in quote-getriebenen Marktmikrostrukturen statt, sind die market makers doch verpflichtet, zu den gestellten quotes innerhalb gewisser Volumengrenzen mit jedem Handelsteilnehmer abzuschließen, vgl. Poser, a. a. O., 519 f. 53

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aktionspartner unterworfen sind.56 Notwendige Regelungsmaterien sind dabei die Integritäts- und Bonitätserfordernisse, die prospektive Transaktionspartner als Voraussetzung einer Handelsteilnahme erfüllen müssen.57 Geregelt werden daneben fortlaufende Wohlverhaltenspflichten (Betrugs- und Manipulationsverbote) sowie betrugserschwerende Metapflichten (Vor- und Nachhandelstransparenz).58 Eine hochgradige Standardisierung der Geschäftsbedingungen eliminiert individuelle Verhandlungskosten.59 Hinzu kommt zuletzt eine zentralisierte Qualitätskontrolle der gehandelten Wertpapiere bzw. Emittenten, in der Regel unter Auferlegung bestimmter anfänglicher wie fortlaufender Publizitätspflichten. Sie ermöglicht eine weitere Reduktion der vorvertraglichen Suchkosten, indem sie eventuelle Informationsasymmetrien zwischen den Handelsteilnehmern abbaut und somit das Risiko von Insidergeschäften oder Preismanipulationen zwischen den Handelsteilnehmern verringert.60 Neben den hiermit beschriebenen Regelwerken und Regelungsmechanismen bedarf ein solch hochorganisierter Wertpapierhandel freilich auch einer infrastrukturellen Basis, auf der sich die Orderzusammenführung tatsächlich vollziehen kann.61 Früher war dies ein Handelsparkett,62 heute fast durchweg eine elektronische Handelsplattform,63 also ein Computerhandelsystem bestehend aus Zentralrechner, Eingabeterminals beim Börsennutzer, den zugehörigen Kommunikationsverbindungen sowie einer Handelssoftware.64 Eine Börse im S. 1 BörsG 2002 Wertpapiermarkt, tionskosten beim 56

ökonomischen und damit auch im Sinne des § 1 Abs. 1 (= § 4 Abs. 1 BörsG 2007) ist also ein hochorganisierter welcher der weitestmöglichen Reduktion der TransakWertpapiersekundärhandel dient, indem unter Einsatz ei-

Vgl. Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 2. Mulherin/Netter/Overdahl, Prices are Property, J L Econ 34 (1991), 591 (594); Telser/Higinbotham, Organized Futures Markets, J Pol Econ 85 (1977), 969 (973). Vgl. auch Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 182: Prüfungsgebundene Zulassung ist „unabweisbares Bedürfnis des Börsenhandels“. 58 Corcoran, The Uses of New Capital Markets, Am U L Rev 49 (2000), 581 (590); Mues, Börse, S. 26 f.; Telser/Higinbotham, Organized Futures Markets, J Pol Econ 85 (1977), 969 (973). 59 Mues, Börse, S. 26; H. Schmidt, Wertpapierbörsen, S. 135 (143 f.). 60 Macey/Kanda, The Stock Exchange as a Firm, Cornell L Rev 75 (1990), 1007 (1020 f.); Mues, Börse, S. 26 f. 61 Lee, What is an exchange?, S. 1; Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (190). 62 Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1. 63 Vgl. O’Hara, WFE Trading Survey 2003, S. 11. 64 Schenk, Informationstechnologie und Börsensysteme, S. 89 f. 57

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Teil 1: Das Phänomen der grenzüberschreitenden Börsenkonzentration

ner zentralisierten Regelung des Handelsgeschehens sowie einer geeigneten physischen Handelsinfrastruktur65 eine zentralisierte nicht-diskretionäre Orderzusammenführung in einem eigenen Preisbildungsmechanismus ermöglicht wird.66

65 Die Erwähnung dieser beiden Elemente ist keine Rückkehr zur oben abgelehnte phänomenologische Definitionsmethode, sind doch die äußeren Merkmale der „zentralen Regelung“ und der „physischen Infrastruktur“ funktional begründet worden und stellen sich somit in der hier gewählten generischen Formulierung als begriffsnotwendige Elemente einer Börse losgelöst von allen historischen Entwicklungen dar. 66 Vgl. Köndgen, Ownership and Corporate Governance of Stock Exchanges, JITE 154 (1998) 224 (227); Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (168 f.), allerdings ohne Betonung der nicht-diskretionären Orderzusammenführung. Wie hier Kurth, Alternative Systeme wie Börse-light regulieren, Börsen-Zeitung v. 30. Mai 2001, S. 5. Irrelevant ist hingegen die von Wastl/Schlitt, Abkehr vom klassischen Börsenbegriff, WM 2001, 1702 (1706) als zentrales Merkmale des gegenwärtigen Börsenbegriffs ausgemachte Anonymität der Geschäftspartner. Sie geht zwar typischerweise mit der nicht-diskretionären Orderzusammenführung einher, funktionsnotwendig ist dies allerdings nicht: Auch der Handel mit einem namentlich bekannten market maker in quote-getriebenen Marktmikrostrukturen ist ein börslicher Handel, da der market maker verbindliche Kursofferten stellt und bei marktüblichen Ordergrößen einem Kontrahierungszwang unterliegt.

Abschnitt 2: Die Börsendienstleistung und ihre Funktionalitätskriterien

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Abschnitt 2

Die Börsendienstleistung und ihre Funktionalitätskriterien Steht mit dem Börsenbegriff fest, welche Marktphänomene zu betrachten sind, so soll im Weiteren die vorrechtliche Definition der Börsenkonzentrationsphänomene durch eine Herleitung aus den idealtypischen Wettbewerbsstrategien der Börsenbetreiber versucht werden. Grundlage hierfür ist das Verständnis der Börsenbereitstellung in ihrem Charakter als kommerzielle Dienstleistung einschließlich ihrer Funktionalitätskriterien für die Börsennutzer. Letztere sind, wie später zu zeigen ist, zugleich die Kriterien der gesetzgeberisch angestrebten gesamtökonomischen Funktionalität von Börsen; als solche werden sie im Rahmen der vergleichenden Auswertung in Teil 3 der Arbeit relevant.

A. Die Trennung von Börse und Börsenbetreiber Als hochorganisierter Markt setzt die Börse einen Organisator voraus.1 In den Termini des oben herangezogenen institutionenökonomischen Modells ist das der an der Spitze des Verbands stehende Regulator, der im Auftrag der Handelsteilnehmer die nötigen Regelbildungs-, Regeldurchsetzungs- sowie Infrastrukturbetriebsaufgaben wahrnimmt.2 Er wird im Weiteren als Börsenbetreiber bezeichnet. Die Börse selbst ist lediglich eine Gesamtheit potentieller Tauschbeziehungen innerhalb bestimmter personeller und sachlicher Grenzen unter den beschriebenen organisatorischen Modalitäten.3 Sie ist von ihrem Betreiber begrifflich streng zu trennen.4 1 Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (7); Mues, Börse, S. 28. Vgl. allgemein zum organisierten Markt: Coase, The Firm, the Market, and the Law, S. 8 f.; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 298 f. 2 Vgl. Coase, The Firm, the Market, and the Law, S. 8 ff. 3 Vgl. Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 51 f.; Göppert, Das Recht der Börsen, S. 87. I. E. ebenso, wenn auch unter der missverständlichen Formulierung vom „Markt in einem Unternehmen“ Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 299. 4 Diese Unterscheidung wird nicht nur in Bezug auf das deutsche Recht, sondern auch in der internationalen rechtswissenschaftlichen und ökonomischen Diskussion oft nur unzureichend vorgenommen. So wird mit „exchange“ vielfach der Börsenbetreiber bezeichnet, vgl. nur Lee, What is an exchange?, S. 1 und passim; Macey/ Kanda, The Stock Exchange as a Firm, Cornell L Rev 75 (1990), 1007 (1009). Ist diese Vereinfachung unschädlich im Rahmen der Diskussion um den Interbörsenwettbewerb sowie um Fragen der Betreiberrechtsform, so erzeugt sie Differenzierungsschwierigkeiten, sobald es Börsenkonzentrationsphänomene zu beschreiben gilt, vgl. etwa Nobel, Börsenallianzen und -fusionen, FS Lutter 2000, 1485 (1509):

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Teil 1: Das Phänomen der grenzüberschreitenden Börsenkonzentration

B. Der Börsenbetrieb als kommerzielle Dienstleistung Der Betrieb einer Börse erfordert einen laufenden Produktionsprozess unter Einsatz erheblicher wirtschaftlicher Ressourcen.5 Da sich die Nutzung des börslichen Marktes auf die zugelassenen Personen beschränken und somit von der Zahlung eines Entgelts abhängig machen lässt, kann der Börsenbetrieb grundsätzlich der Privatwirtschaft überlassen werden.6 Vorbehaltlich einer Verstaatlichung des Börsenbetriebs erfolgt die Börsenbereitstellung also spontan als entgeltliche Dienstleistung eines – regelmäßig gewinnorientiert handelnden7 – privaten Börsenbetreibers,8 weshalb die Börsenbereitstellung kommerziellen Charakter hat.9

„[. . .] die Allianz Tradepoint/SWX [beabsichtigt] eine Einbringung des schweizerischen Blue-Chip-Handels in die englische Börse gegen Anteilsrechte“. Hier bleibt unklar, ob die dem Blue-Chip-Handel dienenden Betriebsmittel (Handelssystem, Softwarelizenzen etc.) der SWX als Sacheinlage auf Anteile an dem neuen britischen Börsenbetreiber virt-x Ltd. eingebracht werden sollten, oder ob vielmehr das marktseitige Phänomen der Zusammenlegung des schweizerischen und britischen Blue-Chip-Handels auf der von virt-x betriebenen Handelsplattform bezeichnet werden sollte. Ein (seltenes) positives Gegenbeispiel liefert demgegenüber das österreichische Recht mit seiner klaren Differenzierung von „Börse“ und diese organisierendem „Börseunternehmen“ in §§ 1, 2 österr. BörseG sowie aus der Literatur hierzu Feuchtmüller/Lucius/Schaffer, Börsegesetz und WAG, § 1 BörseG, S. 12. Vgl. nunmehr auch die in Art. 1 Abs. 1 Nr. 13 und 14 MFIRL grundsätzlich angelegte Trennung von Marktbetreiber und geregeltem Markt; der hiermit erzielte Gewinn an begrifflicher Klarheit wird freilich sogleich zunichte gemacht, wenn Art. 1 Abs. 1 Nr. 13 Satz 2 MFIRL formuliert: „Marktbetreiber kann der geregelte Markt selbst sein“. 5 Mues, Börse, S. 28 f.; vgl. allg. auch Gould, The Economics of Markets: A Simple Model of the Market-making Process, Journal of Business 53 (1980) S167. 6 Vgl. Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 298 m. w. N. 7 Macey/Kanda, The Stock Exchange as a Firm, Cornell L Rev 75 (1990), 1007 (1009); Mues, Börse, S. 29. Verschleiert wurde diese Tatsache vor der Epoche der Demutualisierung durch den genossenschaftsähnlichen Charakter der Börsenbetreiber, die Zusammenschlüsse der professionellen Wertpapierhändler waren, vgl. Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (166). Auch hier erfolgte der Börsenbetrieb aber letztlich mit kommerziellem Interesse, diente er doch der Gewinnmaximierung der Wertpapierhändler selbst, vgl. Mues, a. a. O. 8 Vgl. Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1. 9 Coase, The Firm, the Market, and the Law, S. 9: „The provision of markets is an entrepreneurial activity“; ebenso Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 298.

Abschnitt 2: Die Börsendienstleistung und ihre Funktionalitätskriterien

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C. Börsennutzer und Funktionalitätskriterien Nutzer der Börsendienstleistung sind in erster Linie die sekundärhandelswilligen Anleger bzw. deren Intermediäre. Dabei soll für die weitere Untersuchung in Teil 1 und 2 der Arbeit zusammenfassend von Handelsteilnehmern gesprochen und hierbei die Möglichkeit, dass ein Handelsteilnehmer nicht selbst Anleger ist, zunächst ausgeblendet werden.10 Neben den Handelsteilnehmern nutzen in zweiter Linie auch Emittenten die Börsendienstleistung, sofern sie ihre Wertpapiere zum börslichen Handel zulassen. I. Die Funktionalität für die Nutzergruppe der Handelsteilnehmer Für die Handelsteilnehmer hat die Börsendienstleistung den oben Abschnitt 1 beschriebenen Inhalt der Organisation des Handelsgeschehens zum Zwecke der Transaktionskostensenkung. Die im Gegenzug entrichteten Entgelte werden als explizite Transaktionskosten bezeichnet und treten neben die Überbleibsel der originären Sekundärmarkttransaktionskosten,11 die trotz börslicher Organisation des Handels nicht völlig beseitigt werden können und in diesem Zusammenhang als implizite Transaktionskosten bezeichnet werden.12 Explizite und implizite Transaktionskosten zusammen stellen für einen Handelsteilnehmer die Kosten eines börslichen Wertpapiergeschäfts dar.13 Die Funktionalität der Börsendienstleistung bestimmt sich für Handelsteilnehmer also nach den folgenden drei Kriterien: 1. Niedrige Nutzungsentgelte

Die Nutzungsentgelte der Handelsteilnehmer bestehen regelmäßig aus zwei Komponenten:14 Zum einen volumenabhängige Transaktionsentgelte, 10 Für die vorliegende stark vereinfachende Darstellung verspricht die Differenzierung zwischen der Handelsteilnahme für eigene Rechnung (so bei institutionellen Investoren, Kreditinstituten und sonstigen Finanzdienstleistern beim Eigenhandel) und für fremde Rechnung (Kreditinstitute und sonstige Finanzdienstleister als Intermediäre) keinen Erkenntnisgewinn, denn auch im letzteren Falle wird das Handelsverhalten (idealiter) durch die Präferenzen der ordererteilenden Anleger determiniert (näher siehe unten Teil 3, Abschnitt 3, A. III. 3. b) aa), S. 477 f.). Maßgeblich sind somit in beiden Fällen die aus den Anlegerpräferenzen herzuleitenden Funktionalitätskriterien. 11 McInish, Capital Markets, S. 71 f.; Weber, Handelskosten senken, vision&money 10/1998, 40. 12 Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (171). 13 Demsetz, The cost of transacting, Quarterly Journal of Economics 82 (1968), 1 ff.; Weber, Handelskosten senken, vision&money 10/1998, 40.

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Teil 1: Das Phänomen der grenzüberschreitenden Börsenkonzentration

die als mehr oder weniger proportionale Umlage der Produktionskosten je nach Intensität der Börsennutzung die gleichsam natürliche Form der Preisgestaltung sind. Daneben finden sich typischerweise erhebliche pauschale Zugangsentgelte, welche im Falle der fehlverhaltensbedingten Beendigung der Handelsteilnahme ersatzlos verfallen und somit als Wohlverhaltensunterpfand dienen.15 2. Gute Produktpalette

Die Produktpalette einer Börse besteht aus der Gesamtheit der an der Börse handelbaren Wertpapiere.16 Ihre Bedeutung besteht darin, dass infolge pauschaler Zulassungsentgelte sowie technischer Zugangskosten nur Wertpapiere innerhalb einer Börse zu den gleichen expliziten Transaktionskosten handelbar sind, während diejenigen einer anderen Börse nur unter erheblichen Mehrkosten erreichbar sind. Gut ist die Produktpalette einer Börse aus Sicht eines Handelsteilnehmers also, wenn sie möglichst viele derjenigen Wertpapiere umfasst, in welchen sich für den betreffenden Teilnehmer ein Handelsbedarf ergeben kann.17 3. Hohe Marktqualität

Die Qualität eines börslichen Marktes bezeichnet den erreichten Grad der Sekundärmarkttransaktionskostensenkung: Je weniger Überbleibsel der originären Transaktionskosten in Gestalt impliziter Transaktionskosten spürbar bleiben, desto besser erfüllt die Börsendienstleistung ihre Funktion für die Handelsteilnehmer.18 Marktqualität in diesem Sinne äußert sich in den Merkmalen der Liquidität, Preisbildungseffizienz und Fairness. Hierbei bezeichnet Liquidität die Möglichkeit, selbst große Mengen eines Wertpapiers rasch und ohne orderinduzierte Kursbewegung (market impact) handeln zu können.19 Auf einem 14 WFE, Cost and Revenue Survey 2004, S. 25. Vgl. zu den Entgeltstrukturen verschiedener Börsen im Überblick Benesch/Prüggler, Internationale Börsen im Vergleich, S. 72 ff., 97 ff., 115 ff. 15 Mulherin/Netter/Overdahl, Prices are Property, J L Econ 34 (1991), 591 (597 ff.); Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 25; Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (202), jeweils zur analogen Funktion des Kaufpreises für einen sog. Börsensitz, wie er zu Zeiten genossenschaftlich strukturierter Börsenbetreiber nötig war. 16 Vgl. Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (184); Svindland, Elektronische Märkte, S. 103 (119 f.) spricht von „Liste“. 17 Vgl. Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (184); Svindland, Elektronische Märkte, S. 103 (119 f.). 18 Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (170 ff.). 19 Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (177).

Abschnitt 2: Die Börsendienstleistung und ihre Funktionalitätskriterien

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liquiden Markt sind folglich kostspielige Wartezeiten mit dem Risiko zwischenzeitlicher Kursbewegungen minimiert und Anleger müssen keine renditeschmälernden Verluste durch eine Verschiebung des fundamental bedingten Gleichgewichtspreises zu ihren Ungunsten allein aufgrund ihres Ordervolumens hinnehmen.20 Determiniert wird die Liquidität eines Marktes durch die Teilnehmerzahl und die Größe der von ihnen gehandelten Ordervolumina.21 Preisbildungseffizient ist eine Börse, wenn sich bewertungsrelevante Informationen so schnell im Kurs eines Wertpapiers niederschlagen, dass dieser jederzeit ein annähernd zutreffendes Aggregat aller im Markt vorhandenen Informationen darstellt.22 Je effizienter die Preisbildung, desto mehr kann sich auch ein uninformierter Anleger darauf verlassen, ein Wertpapier zum fundamental angemessenen Preis zu handeln.23 Zugleich trägt eine effiziente Preisbildung wesentlich zur Risikotransformation im Kapitalmarkt bei.24 Basis ist das Vorhandensein ausreichend preisbildungsrelevanter Informationen im Publikum. Sie stammen primär aus der Sphäre der Emittenten, so dass eine Regelung der Emittentenpublizität, welche die zeitnahe Publikation aussagekräftiger Unternehmensinformationen vorschreibt, die 20 Fischel, Organized Exchanges, Chicago L Rev 54 (1987), 119 (122); Kahan, The Social Cost of „Inaccurate“ Stock Prices, Duke LJ 1992, 977 (992 f.); Rudolph/ Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (177). 21 McInish, Capital Markets, S. 41; Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (179). Die Liquidität bestimmt sich dabei in jedem Fall nach dem originären Handelsvolumen der Anleger. Zwar können market maker die kurzfristige Liquidität sichern, indem sie innerhalb bestimmter Volumengrößen zum Abschluss von Geschäften zu den von ihnen gestellten An- und Verkaufskursen verpflichtet werden. Jedoch kann der market maker nur an- oder verkaufen, wenn er die Position alsbald wieder glattstellen kann, vgl. Rudolph/Röhrl, a. a. O., S. 180 f.; Macey/Kanda, The Stock Exchange as a Firm, Cornell L Rev 75 (1990), 1007 (1014). Daraus folgt, dass unabhängig von der order- oder quote-getriebenen Marktmikrostruktur die Liquidität die gleiche Herkunft und Bedeutung hat. 22 Fama, Efficient Capital Markets II, Journal of Finance 46 (1991) 1575 ff.; Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (181). Die Kapitalmarkttheorie unterscheidet verschiedene Stufen der Informationseffizienz: Strenge, halbstrenge und schwache Informationseffizienz. Strenge Informationseffizienz, bei der sich alle Informationen sofort im Preis niederschlagen, ist in der Realität nicht erreichbar und überdies auch nicht wünschenswert, da sie den Anreiz zur Informationsverarbeitung beseitigen würde, vgl. Grossman/Stiglitz, On the Impossibility of Informationally Efficient Markets, American Economic Review 70 (1980), 393 ff. 23 Macey/Kanda, The Stock Exchange as a Firm, Cornell L Rev 75 (1990), 1007 (1013); Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (181). 24 Siehe oben Abschnitt 1, B. II., S. 45. Franke/Hax, Finanzwirtschaft, S. 416; Kahan, The Social Cost of „Inaccurate“ Stock Prices, Duke LJ 1992, 977 (1006 ff.). Eingehend Holmström/Tirole, Market Liquidity and Performance Monitoring, J Pol Econ 101 (1993), 678 ff.

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Teil 1: Das Phänomen der grenzüberschreitenden Börsenkonzentration

Voraussetzung effizienter Preisbildung ist.25 Verfügen Dritte über relevante Informationen, so haben sie einen Anreiz zu entsprechender Ordererteilung, wodurch die Information zugleich in den Markt einfließt.26 Die Wahrnehmung dieses Informationssignals durch andere Marktteilnehmer wird durch eine hinreichende Handelstransparenz ermöglicht, welche wiederum durch regulatorische Vorgaben sichergestellt wird.27 Eine rasche und vor allem zutreffende Aggregation der solchermaßen bekannt werdenden Informationen ist jedoch nur dann möglich, wenn das Handelsgeschehen eine hinreichende Liquidität aufweist.28 Diese verhindert übermäßige Volatilität und stellt sicher, dass nennenswerte Kursbewegungen nur zustande kommen, wenn eine von der überwiegenden Mehrzahl der Marktteilnehmer als glaubwürdig eingestufte Information über die Ertragsaussichten des Emittenten vorliegt.29 Als fair wird ein Wertpapiermarkt bezeichnet, auf dem ausschließlich zu Preisen gehandelt wird, die dem allgemein bekannten Informationsstand über die Erfolgsaussichten des Emittenten entsprechen, so dass der uninformierte Handelsteilnehmer keine Manipulations- oder Insiderverluste befürchten muss.30 Neben direkten Marktmissbrauchsverboten kann demnach insbesondere der Abbau von Informationsasymmetrien zwischen den Handelsteilnehmern zur Fairness in diesem Sinne beitragen. Vor allem aber sichern die Liquidität eines Marktes und die von ihr geförderte Preisbildungseffizienz die Fairness des Handelsgeschehens,31 indem sie den zeitlichen Spielraum für Insidergeschäfte verkürzen32 und die Erfolgsaussichten 25 Black, The Legal and Institutional Preconditions for Strong Securities Markets, 48 UCLA L Rev (2001), 781 (792 f.); Kahan, The Social Cost of „Inaccurate“ Stock Prices, Duke LJ 1992, 977 (988 f.). 26 Franke/Hax, Finanzwirtschaft, S. 400. 27 Black, The Legal and Institutional Preconditions for Strong Securities Markets, 48 (2001), 781 (797); Pagano/Röell, Transparency and Liquidity, Journal of Finance 51 (1996), 579 ff.; Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (205). 28 Macey/O’Hara, Regulating Exchanges and Alternative Trading Systems, J Legal Stud 28 (1999), 17 (29); Slomka, Effizienzkriterien und Börsensysteme, S. 89, S. 91; Easley/O’Hara, Time and the Process of Security Price Adjustment, Journal of Finance 47 (1992), 577 (594 ff.) sowie insbesondere zur Relevanz der Handelsteilnehmerzahl dies., Adverse Selection and Large Trade Volume, Journal of Financial and Quantitative Analysis 27 (1992), 185 (201 ff.). 29 Slomka, Effizienzkriterien und Börsensysteme, S. 89. 30 Vgl. Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (187). Eingehend zu den Folgen, wenn uninformierte Anleger solche Verluste befürchten Kahan, The Social Cost of „Inaccurate“ Stock Prices, Duke LJ 1992, 977 (1018 ff.). 31 Franke/Hax, Finanzwirtschaft, S. 416. 32 Easley/Kiefer/O’Hara/Paperman, Liquidity, Information, and Infrequently Traded Stocks, Journal of Finance 51 (1996), 1405 (1421 f., 1428); Macey/Kanda, The Stock Exchange as a Firm, Cornell L Rev 75 (1990), 1007 (1018).

Abschnitt 2: Die Börsendienstleistung und ihre Funktionalitätskriterien

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einer Kursmanipulation, etwa durch gezielte Fehlinformation oder manipulative Trendbildung, erheblich verringern.33 Insgesamt lässt sich somit eine enge Wechselwirkung der Qualitätsmerkmale feststellen, wobei sich die zentrale Bedeutung der Liquidität und mithin der Marktgröße für die gesamte Marktqualität zeigt.34 II. Die Funktionalität für die Nutzergruppe der Emittenten Grundsätzlich eröffnen Börsenbetreiber im Interesse einer attraktiven Produktpalette schon von sich aus Handelsmöglichkeiten für Wertpapiere,35 wenn sich die zur börslichen Transaktionskostenminimierung erforderliche Emittentenqualität infolge einer anderweitigen staatlichen oder privaten Regulierung des Emittenten garantieren lässt.36 Diese einseitige Eröffnung einer Handelsmöglichkeit wird im Weiteren als Einbeziehung eines Wertpapiers in den Handel bezeichnet. Vorbehaltlich besonderer aufsichtsrechtlicher Einschränkungen ist sie ohne Mitwirkung des Emittenten möglich.37 Indes steht in diesem Falle auch die Beendigung der Handelsmöglichkeit im Belieben des Börsenbetreibers. Gerade an deren gesichertem Bestand ist Emittenten jedoch typischerweise im Interesse der Kapitalkostenreduktion gelegen, sind Anleger doch bei Aussicht auf eine transaktionskostenarme Sekundärhandelsmöglichkeit zur Hinnahme geringerer (Brutto-)Renditen auf dem Primärmarkt bereit.38 33 Vgl. Black, The Legal and Institutional Preconditions for Strong Securities Markets, UCLA L Rev 48 (2001), 781 (798). Der Grund liegt darin, dass die manipulativ erzielbaren Kursauslenkungen um so geringer sind, je liquider ein Markt ist. Vgl. zum Zusammenhang von Liquidität und Kursvolatilität Kahan, The Social Cost of „Inaccurate“ Stock Prices, Duke LJ 1992, 977 (995) sowie eingehend Tauchen/Pitts, Price Variability-Volume Relationship, Econometrica 51 (1983), 485 ff. 34 Fernholz, Börse und ihre Alternativen, S. 105 f.; vgl. auch Deutsche Bundesbank, Regulierung von Wertpapiermärkten, Monatsbericht Januar 2006, S. 37 (39). 35 IOSCO, Transparency and Market Fragmentation, S. 7; O’Hara, WFE Trading Survey 2003, S. 27. 36 Beispielsweise infolge einer präexistenten Wertpapierzulassung an einer anderen Börse, vgl. Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (169), oder infolge einer zentralisierten staatlichen Qualitätsprüfung von kapitalmarktorientierten Emittenten, wie dies in Großbritannien beim official listing der Fall ist, siehe dazu unten Teil 2, Abschnitt 1, B. III. 2., S. 132 f. 37 Vgl. Amihud/Mendelson, A New Approach to the Regulation of Trading across Securities Markets, NYU L Rev 71 (1996), 1411 (1417 ff.). 38 Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (169); näher und mit empirischen Belegen Foucault, Liquidité, coût du capital et organisation de la négociation des valeurs mobilières, Revue d’économie financière 82 (2006), 123 ff.; Domowitz/Steil, Innovation in Equity Trading Systems: The Impact on Transaction Costs and Costs of Capital, S. 8.

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Teil 1: Das Phänomen der grenzüberschreitenden Börsenkonzentration

Börsenbetreiber gewähren den Emittenten diese Sicherheit, indem sie die Eröffnung und Aufrechterhaltung einer Handelsmöglichkeit als Inhalt einer eigenständigen, entgeltlichen Dienstleistung (Wertpapierzulassungsdienstleistung) anbieten.39 Dabei geht die Eröffnung einer börslichen Handelsmöglichkeit regelmäßig mit einer anfänglichen sowie fortlaufenden Verifikation von Mindestqualitäts- und Publizitätsanforderungen an den Emittenten durch den Börsenbetreiber einher.40 Die Wertpapierzulassungsdienstleistung hat daher für den Emittenten die zusätzliche Funktion einer Qualitätszertifizierung, die zu einer weiteren Reduktion des von den Anlegern verlangten Risikoaufschlags auf die (Netto-)Rendite führen kann.41 Die Wertpapierzulassungsdienstleistung besteht damit aus zwei Komponenten, die sich in den logisch trennbaren Akten der prüfungsgebundenen Zulassung des Wertpapiers einerseits und der Einrichtung und Aufrechterhaltung der börslichen Handelsmöglichkeit andererseits äußern. Für Emittenten bestimmt sich die Funktionalität der Börsendienstleistung vor diesem Hintergrund nach folgenden Kriterien: 1. Niedrige Zulassungsentgelte

Für die Wertpapierzulassung entrichtet der Emittent Entgelte an den Börsenbetreiber, typischerweise ein hohes erstmaliges Zulassungsentgelt und sodann periodische Entgelte für die Aufrechterhaltung der Handelsmöglichkeit.42 Die verhältnismäßig hohen erstmaligen Zulassungsentgelte haben hier – ähnlich wie gegenüber Handelsteilnehmern – die Funktion eines Wohlverhaltensunterpfands und können der börslichen Regelungsgewalt den erforderlichen Nachdruck verleihen, mit dem sich gegenüber den Emittenten die Einhaltung laufender Qualitäts- und Publizitätspflichten erzwingen lässt.43 39 Macey/Kanda, The Stock Exchange as a Firm, Cornell L Rev 75 (1990), 1007 (1009 f.). 40 Siehe schon oben Abschnitt 1, B. III. 3., S. 49. 41 Macey/Kanda, The Stock Exchange as a Firm, Cornell L Rev 75 (1990), 1007 (1023 f.); Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 21. 42 Klenke, Der Rückzug mehrfach notierter Unternehmen von den deutschen Regionalbörsen, WM 1995, 1089 (1090 f.); Macey/Kanda, The Stock Exchange as a Firm, Cornell L Rev 75 (1990), 1007 (1009). Die Behauptung von Köndgen, Ownership and Corporate Governance of Stock Exchanges, JITE 154 (1998), 224 (235), die Wertpapierzulassungsdienstleistung erfolge regelmäßig unentgeltlich, findet demgegenüber in der Börsenpraxis keine Bestätigung: Vgl. zu den Entgelten etwa §§ 11, 15 FWB Gebührenordnung; Nr. 6501 (1) (e), 6901/2 Euronext Rule Book – Book I i. V. m. Fee Book: Listing Fees; LSE Admission and Disclosure Standards Rule 3.12 i. V. m. Admission and Annual Fees. 43 Neben diesem finanziellen Verlust kann für den Emittenten auch der mit einem Zwangs-Delisting verbundene Imageverlust eine erhebliche Rolle als Gegenanreiz

Abschnitt 2: Die Börsendienstleistung und ihre Funktionalitätskriterien

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2. Niedrige Compliancekosten

Als Compliancekosten sollen hier die Kosten bezeichnet werden, die vom Emittenten für die Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten aufzubringen sind, wobei namentlich die Erfüllung qualifizierter Publizitätspflichten ins Gewicht fällt.44 Compliancekosten variieren dementsprechend nach der Strenge des einzuhaltenden Standards. Je nach Risikoprofil des Emittenten – es ergibt sich aus der Intensität von Risiken im Verhältnis zu Ertragskraft und Wachstumschancen des Unternehmens – erweisen sich dabei verschiedene Qualitätsstandards als per saldo aus Compliancekosten und erzielbarer Kapitalkostenreduktion optimal.45 Den sich so ergebenden unterschiedlichen Zertifizierungsbedarfen tragen Börsenbetreiber Rechnung, indem sie eine Wertpapierzulassung unter gestaffelten Qualitätsstandards anbieten.46 Dabei wird die Emittentenkategorie, in die ein Wertpapier fällt, durch eine entsprechende Kennzeichnung der eröffneten Handelsmöglichkeit gegenüber dem Publikum kundgetan, um so die gewünschte Zertifizierungswirkung zu erreichen. Gemeinhin spricht man daher von der Zulassung „in“ ein bestimmtes Handelssegment, wobei der Unterschied zwischen diesen Segmenten entgegen der irreführenden, aber allgemein gebräuchlichen Diktion grundsätzlich nur in den vom Emittenten zu erfüllenden Qualitätsanforderungen besteht.47 Sämtliche etablierten europäischen Börsen verfügen über ein Standardwertesegment, daneben typischerweise über ein nachgelagertes MidCap- sowie Wachstumswertesegment.48

zum Regelbruch spielen, vgl. Macey/Kanda, The Stock Exchange as a Firm, Cornell L Rev 75 (1990), 1007 (1023 f.). 44 Färber, Determinanten der Entscheidung für eine Börseneinführung, S. 39 f.; Klenke, Der Rückzug mehrfach notierter Unternehmen von den deutschen Regionalbörsen, WM 1995, 1089 (1091 f.). Vgl. auch o. V., Kleine Unternehmen verlassen Wall Street, FAZ v. 27. Januar 2005, S. 21. 45 Black, The Legal and Institutional Preconditions for Strong Securities Markets, 48 UCLA L Rev (2001), 781 (793). 46 Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 64. 47 Vgl. zur Lage nach deutschem Recht Hiestermann, Anforderungen an eine öffentlich-rechtliche Börsensegmentierung, sub 1. Zur zusätzlich möglichen Differenzierung auch der Handelsprozesse je nach Wertpapierkategorie vgl. Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 64. 48 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.585 ff. spricht daher geradezu vom „Drei-Segmente-Prinzip“, das sich rechtsordnungsübergreifend finden lasse.

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Teil 1: Das Phänomen der grenzüberschreitenden Börsenkonzentration 3. Weitestmögliche Kapitalkostenreduktion

Die mit einer Wertpapierzulassung erstrebte Kapitalkostenreduktion setzt sich, wie soeben gezeigt, aus einer Verringerung des Sekundärhandelskosten- sowie des Risikoaufschlags bei einer Mittelaufnahme auf dem Primärmarkt zusammen.49 Dabei erzielt der Emittent eine möglichst weitgehende Reduktion des ersteren, wenn er die Handelsmöglichkeit an einer Börse einrichten lässt, die für seine Anlegerzielgruppe möglichst transaktionskostenarm ist, also eine gute Marktqualität zu niedrigen Handelsentgelten bietet.50 Die erzielbare Reduktion des Risikoaufschlags wird ihrerseits durch die Güte der börslichen Emittentenstandards sowie durch die Glaubwürdigkeit des börslichen Regelvollzugs determiniert.51 Da diese Faktoren zugleich die Marktqualität prägen, wird eine Reduktion des Risikoaufschlags grundsätzlich in dem Maße mitverwirklicht, wie sich mit der Wertpapierzulassung auch der Handelskostenaufschlag reduzieren lässt. Ein Emittent wird seine Zulassungsentscheidung neben der Höhe der Zulassungsentgelte also im Wesentlichen von der Attraktivität einer Börse für die Handelsteilnehmer abhängig machen.52 Vereinfachend lässt sich damit sagen, dass die Funktionalitätskriterien für Handelsteilnehmer und Emittenten identisch sind, weshalb sich die theoretische Betrachtung im weiteren Verlauf von Teil 1 auf die Funktionalität der Börsendienstleistung für Handelsteilnehmer beschränken kann.

49 Zum Risikoaufschlag allg. Obst/Hintner-Langer/Weber, Banken als Finanzintermediäre, S. 201 (213), zum Sekundärhandelskostenaufschlag McInish, Capital Markets, S. 42 f. 50 Foucault/Parlour, Competition for Listings, S. 3. 51 Macey/Kanda, The Stock Exchange as a Firm, Cornell L Rev 75 (1990), 1007 (1023 f.); Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 21. 52 Foucault/Parlour, Competition for Listings, S. 3; Joly, Avenir des bourses: Les attentes des émetteurs, Revue d’économie financière 82 (2006), 139 (141); Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (169); Pagano, The Performance of European Stock Exchanges: Evidence from Listing Decisions, S. 297 ff. Diese Betrachtungsweise lässt Interessendivergenzen zwischen Emittentenmanagement und Anlegern zunächst außer Betracht. Auf sie ist in Teil 3, Abschnitt 3, A. I. 2. b) cc), S. 440 f. zurückzukommen.

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Abschnitt 3

Die grenzüberschreitende Börsenkonzentration Börsendienstleistungen werden innerhalb Europas heute in einem Umfeld erbracht, das von erheblichem Konkurrenzdruck geprägt ist. Dies verlangt den Börsenbetreibern völlig unabhängig von der wettbewerbspluralen oder monopolistischen Ausgestaltung der nationalen Börsenrechtsordnungen ein wettbewerbliches Agieren ab,1 wobei nach wie vor insbesondere konsolidative Strategien eine Rolle spielen. Hier soll nun unter A. in Anknüpfung an die bisherigen institutionenökonomischen Erkenntnisse zunächst ein vorrechtliches Börsenstrukturmodell entworfen werden. Sodann werden unter B. die idealtypischen konsolidativen Strategien der Börsenbetreiber skizziert. Im Anschluss können die zu ihrer Umsetzung jeweils erforderlichen Maßnahmenbündel anhand des Börsenstrukturmodells identifiziert und auf diesem Wege die Grundtypen der Börsenkonzentration vorrechtlich definiert werden.

A. Strukturmodell I. Betreiber und börslicher Markt als Grundelemente der Börsenstruktur Wie oben bereits gezeigt, bedarf die Börse stets eines Betreibers, der die Organisationsaufgaben wahrnimmt. Diese bestehen in der Mittelbeschaffung und dem Infrastrukturbetrieb einerseits, der Erstellung des Regelwerks sowie dessen Vollzug gegenüber den Börsennutzern durch Zulassung, Überwachung und Sanktionierung andererseits. In Wahrnehmung dieser Aufgaben muss der Börsenbetreiber in vielfältige Rechtsbeziehungen eintreten können. Börsenbetreiber lassen sich demgemäß definieren als diejenigen Rechtssubjekte, in deren Person die zum Börsenbetrieb erforderlichen Rechtsbeziehungen zustande kommen. Da die Börsenbereitstellung vorbehaltlich einer Verstaatlichung als privatwirtschaftliche Dienstleistung erbracht wird, handelt es sich beim Börsenbetreiber grundsätzlich um ein Privatrechtssubjekt, und zwar (heute) typischerweise um eine private Kapitalgesellschaft.2 1 Vgl. schon Meyer/Wittrock, Marketing-Strategien für die deutschen Börsen, ZfgK 1994, 536; Jacobi, Die neue Struktur des deutschen Börsenwesens, WM 1993, 1275. 2 Vgl. IOSCO, Exchange Evolution, S. 4; dies., Exchange Demutualization, S. 3. Zur historischen Entwicklung der Betreiberrechtsform siehe unten Teil 3, Abschnitt 1, A., S. 375 ff.

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Die vom Börsenbetreiber erstellte technische und personell-organisatorische Infrastruktur sowie das Regelwerk bilden als funktional zusammengehörige Gesamtheit von materiellen wie immateriellen Betriebsmitteln das Unternehmen des Börsenbetreibers bzw. bei Existenz weiterer Geschäftsfelder einen Teil desselben.3 Jedoch nicht die Betriebsmittel, sondern erst das innerhalb dieses organisatorischen Rahmens zustande kommende Marktgeschehen ist als hochorganisierter Wertpapiermarkt eine Börse im hier maßgeblichen Sinn.4 Im Regelfall hat eine Börse einen einzigen Betreiber, welcher auch nur eine einzige Börse betreibt. Funktional durchaus möglich ist allerdings, dass ein und dieselbe Rechtsperson mehrere separate Börsen betreibt, so wie beispielsweise die französische ParisBourseSBF S.A. seit 1999 neben dem Pariser Aktienkassamarkt auch die Terminmärkte MATIF und MONEP veranstaltete.5 Umgekehrt ist es auch denkbar (wenn auch nicht unbedingt in jeder Rechtsordnung zulässig), dass eine Börse von mehreren Personen betrieben wird, welche die erforderlichen Organisationsaufgaben arbeitsteilig wahrnehmen. Entsprechend der gewählten Aufgabenteilung werden die Kooperationspartner jeweils Zuordnungssubjekt eines Teils der betriebsbedingten Rechtsbeziehungen und sind somit beide Börsenbetreiber.6 So haben Berliner Börse AG und Nasdaq Deutschland AG in 2003 die Aufgabe des (infrastrukturellen) Betriebs der Börse Berlin-Bremen vorübergehend gemeinsam wahrgenommen.7

3 Weitere typische Geschäftsfelder von Börsenbetreibern sind der Betrieb von Clearing- und Settlementsystemen sowie die Tätigkeit als IT-Dienstleister für andere Börsenbetreiber, vgl. Schmiedel, Performance of international securities markets, S. 20. Weitere Beispiele bei Klenke, Börsendienstleistungen, S. 105 f. Zur Zulässigkeit solcher „Nebentätigkeiten“ durch das Börsenträgerunternehmen im deutschen Recht Lorenz, Wertpapierbörse, S. 144 ff. 4 Bindseil, Verfügungsrechte an organisierten Wertpapiermärkten, S. 59 ff.; Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 51 f. Vgl. demgegenüber die Gleichsetzung der Handelsinfrastruktur mit dem Phänomen der Börse bei Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 36, die vorschlagen, eine Börse im Sinne des § 1 Abs. 1 BörsG 2002 zu definieren als „ein in regelmäßig kürzeren Zeitabständen zugängliches Handelssystem, das Geschäftsabschlüsse [. . .] ermöglicht“. 5 Bonneau/Drummond, Droit des Marchés Financiers, no. 525, S. 436 f.; COB, Rapport annuel 2000, S. 24. 6 Diese Möglichkeit wurde z. B. in der Schweiz im Gesetzgebungsverfahren zum BEHG wahrgenommen, vgl. Schweizerischer Bundesrat, Botschaft zum BEHG, BBl. I 1993, S. 1369 (1396); Weigl, Schweizer Börsenrecht, S. 32. 7 Vgl. Walter, Nasdaq Deutschland, Börsen-Zeitung v. 7. September 2002, Sonderbeilage B 2; o. V., Nasdaq Deutschland stellt Handel ein, Börsen-Zeitung v. 13. August 2003, S. 1. Zur aufsichtsrechtlichen Zulässigkeit dieser Arbeitsteilung nunmehr Christoph, Börsenkooperationen, S. 396 ff.

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II. Die personelle und sachliche Reichweite des börslichen Marktes Während in Bezug auf den Börsenbetreiber die grundsätzlich in Betracht kommenden Formen konsolidativer Strukturveränderungen mit Fusion bzw. Konzernbildung allgemein bekannt sind, stellt sich die Situation beim börslichen Markt anders dar. Obgleich zwar auch der (organisierte) Markt ein lange bekannter Grundbegriff vieler Wirtschaftsrechtsordnungen und namentlich des hier betrachteten deutschen und britischen Rechts ist,8 sind die Möglichkeiten sowie Auswirkungen einer konsolidiativen Strukturveränderung auf Marktebene bislang weitgehend unerforscht. Um im Weiteren bestimmen zu können, welche Strukturmaßnahmen zur Umsetzung einer marktseitigen Konzentrationsstrategie erforderlich sind, bedarf es indes der Kenntnis, nach welchen Kriterien sich die personelle und sachliche Reichweite eines börslichen Marktes in ökonomischer Hinsicht bestimmt. Der bisherigen juristischen wie auch ökonomischen Diskussion von Börsenkonzentrationsphänomenen liegt dabei soweit erkennbar die Annahme zugrunde, dass sich die Reichweite eines börslichen Marktes nach dem Kriterium der Zulassung durch ein und denselben Betreiber bestimmen lasse.9 Zur personellen Reichweite einer Börse sollen hiernach alle diejenigen Handelsteilnehmer gehören, die mit ein und demselben Börsenbetreiber in einem Börsennutzungsverhältnis stehen; zur sachlichen Reichweite alle Wertpapiere, die von ein und demselben Börsenbetreiber in den Handel einbezogen oder zugelassen wurden. Diese Methode, die in phänomenologischer Weise an das äußere Merkmal der Zulassung bzw. Einbeziehung an8

Zum deutschen Markt- und Messerecht etwa Wolf, Grundstrukturen des Marktrechts, 1988. Zum britischen Markt- und Messerecht vgl. Cousins, Pease and Chitty’s Law of Markets and Fairs, 1998. 9 Nur so erklärt sich die allenthalben anzutreffende Bewertung von Eurex (gemeinsame Handelsplattform zwischen Eurex Deutschland und Eurex Zürich AG) als zwei rechtlich getrennte Börsen, vgl. Denning, Europas Börsen im Umbruch, Wirtschaftsdienst 2000, 480 (483); Franke, Eurex, Sp. 647; Hoppmann, Europarechtliche Entwicklungen im Börsenrecht, S. 45; Hopt, Eurex, FS Schimansky 1999, 631 (640); Kurth, Problematik grenzüberschreitender Wertpapieraufsicht, WM 2000, 1521; Schlüter, Börsenhandelsrecht, G XIII 4 b), Rn. 1132 ff.; offenbar auch Prechtel, Grenzüberschreitende Wertpapierhandelssysteme, S. 35 („beide Eurex-Börsen“), allerdings uneinheitlich im Sprachgebrauch; zweifelnd demgegenüber Breitkreuz, Börse, S. 180 f. Gleiches gilt in Bezug auf Euronext, vgl. etwa Bonneau, De la fusion des bourses (à propos d’Euronext): mythe ou réalité?, Bulletin Joly Bourse 2000, 539 (540); Daigre, Droit Boursier et des Marchés Financiers, JCP EA 2001, 28; ders., Les nouvelles règles de marché, RDBF 2001, 213; Goyet/Rontchevsky/ Starck, Droit des Marchés Financiers, RTD com 54 (2001), 169 (176); Hirsch/Marquette, Euronext leads the way for European exchange mergers, IFLR 2000, 18 (19); Levebvre, Euronext: une fusion basée sur les marchés domestiques, BanqueStratégie nov. 2000, 7; Vauplane/Bornet, Droit des Marchés Financiers, no. 257 f., S. 262.

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knüpft, führt zwar zum richtigen Ergebnis, sofern der Regelfall vorliegt, in dem einem Betreiber genau eine Börse zugeordnet ist und umgekehrt. Sobald aber eine Abweichung vorliegt, indem beispielsweise ein Betreiber mehrere Börsen unterhält, kann die Reichweite der mehreren Börsen nach dieser Methode nicht mehr voneinander abgegrenzt werden. Es bedarf also neuer, trennscharfer Kriterien für die personelle und sachliche Reichweite einer Börse. Richtiger Ansatzpunkt hierfür kann im Rahmen der ökonomisch-funktionalen Modellbildung wiederum nur die Transaktionskostensenkung sein. Denn ist eine Börse als Institution zur Minimierung von Sekundärmarkttransaktionskosten definiert, dann muss sich auch ihre personelle wie sachliche Reichweite danach bestimmen, zwischen wem und hinsichtlich welcher Wertpapiere diese besonders transaktionskostenarmen Geschäfte möglich sind.10 1. Personelle Reichweite

Die personelle Reichweite gibt an, zwischen welchen Personen börslichtransaktionskostenarme Wertpapiergeschäfte abgeschlossen werden können.11 Die Transaktionskostensenkung wird dabei im Wesentlichen durch eine zentralisierte Bonitäts- und Integritätsregelung erzielt, welche die kostenintensive individuelle Prüfung des Geschäftspartners überflüssig macht. Zur personellen Reichweite einer Börse gehören also alle diejenigen Personen, zwischen denen ein Geschäftsabschluss gerade infolge der börslichen Regelung ohne eine solche Prüfung möglich ist. Dabei soll sich die Be10 In die richtige Richtung weist daher Breitkreuz, Börse, S. 179 ff. im Anschluss an Vaupel, Genehmigungszuständigkeit, RIW 1993, 733 (737), der in Bezug auf die seinerzeit geplante DTB-MATIF-Verbindung angesichts der systeminternen Interaktionsmöglichkeit der Handelsteilnehmer die (im Ergebnis freilich verneinte) Frage aufwirft, ob hierdurch nicht eine einzige neue Börse entstehe. Einem anderen richtigen Aspekt, nämlich den der regelungsbedingten Transaktionskostensenkung, ist Bonneau, De la fusion des bourses (à propos d’Euronext): mythe ou réalité?, Bulletin Joly Bourse 2000, 539 (540), auf der Spur, wenn er bei Euronext eine „Tendenz zu einer einheitlichen Börse“ infolge der Einheitlichkeit der Regelwerke annimmt. 11 Vgl. Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 51 f. Vgl. im Übrigen auch die räumliche Marktabgrenzung im Kartellrecht: Dort wird – wenn auch mit anderem Erkenntnisinteresse – ebenfalls der Versuch unternommen, die Reichweite eines konkreten Marktes, auf welchem Angebot und Nachfrage tatsächlich interagieren, zu bestimmen. Hierbei spielt das Transaktionskostenkriterium eine ebenso zentrale Rolle, indizieren doch Transaktionskostensprünge – auf Warenmärkten vor allem in Form von Transportkosten – räumliche Marktgrenzen, vgl. etwa Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Bekanntmachung über die Definition des relevanten Marktes, ABl. 1997 C 372/5, Nr. 31. Da der Wertpapierhandel vollständig entmaterialisiert ist und ortsungebunden stattfindet, ist im Börsenwesen die Frage nach der personellen Reichweite an die Stelle der räumlichen Reichweite des Marktes getreten.

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trachtung hier aus Gründen der Vereinfachung zunächst auf den Handel eines einzigen Wertpapiers beschränken. Das Erfordernis individueller Prüfung entfällt zwischen zwei prospektiven Geschäftspartnern, wenn beide auf eine effektive und unparteiische Regelungstätigkeit des Börsenbetreibers zu ihren Gunsten vertrauen können.12 Voraussetzung hierfür ist, dass jeder Geschäftspartner gegen den Betreiber einen Anspruch auf Regelung des jeweils anderen Geschäftspartners hat und der Börsenbetreiber auch tatsächlich über effektive Regelungs- und Eingriffsrechte gegen diese Person verfügt.13 Es muss also zwischen dem Betreiber und den beiden künftigen Geschäftpartnern gleichsam ein Dreiecksverhältnis aus wechselseitig aufeinander bezogenen Regelungsansprüchen und Eingriffsrechten bestehen.14 Nur wenn ein solches Regelungsdreieck besteht, verfügt der Börsenbetreiber über die erforderlichen Eingriffsrechte, und seine beiderseitige Pflichtenbindung bewirkt zugleich den Anreiz zur Unparteilichkeit, der beide Seiten auf eine faire Regelungstätigkeit vertrauen lässt.15 Unter diesen Voraussetzungen bilden die beiden Geschäftspartner einen Regelungsverband, innerhalb dessen die vom Börsenbetreiber vorgenommene Regelung die individuelle Integritäts- und Bonitätsprüfung ersetzt und damit einen börslich-transaktionskostenarmen Geschäftsabschluss ermöglicht. Quelle des teilnehmerseitigen Regelungsanspruchs wie der betreiberseitigen Eingriffsrechte ist dabei jeweils das zwischen dem Handelsteilnehmer und dem Börsenbetreiber bestehende Zulassungsrechtsverhältnis. Es kommt 12 Vgl. Telser/Higinbotham, Organized Futures Markets, J Pol Econ 85 (1977), 969 (973). 13 Vgl. Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 294 mit Fn. 3: Die Unterworfenheit unter ein und denselben Regulator bzw. „Hegemon“ ist aus neo-institutionalistischer Sicht die (selbstverständliche) Voraussetzung der regelungsinduzierten Transaktionskostensenkung. Dem mit der Regelungsunterworfenheit einhergehenden Regelungsanspruch wird meist weniger Aufmerksamkeit zuteil, doch ist er der vertragstheoretischen Modellierung von Regelungsverbänden immanent. Besser bekannt ist der Nexus zwischen dem Verzicht auf Selbstschutz und dem Regelungsanspruch gegen den Regulator aus der Staatstheorie, wo das staatliche Gewaltmonopol mit dem Justizgewähranspruch und staatlichen Schutzpflichten einhergeht, vgl. Götz, Innere Sicherheit, HStR III (2. Aufl.), § 79 Rn. 31 f. 14 Die neo-institutionalistische Literatur spricht hierbei auch vom administrierten Vertrag, vgl. Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 294; Goldberg, Regulation and administered contracts, Bell J Econ 6 (1976), 426 (429). 15 Realiter ist es freilich weniger die Pflichtenbindung als die Tatsache der Entlohnung von beiden Seiten, die den Regulator zur Unparteilichkeit veranlasst. Problematisch ist die Unparteilichkeit des Regulators, da sich die Beziehung zwischen Regulator und Regelungsunterworfenem als eine Prinzipal-Agent-Beziehung darstellt, vgl. Goldberg, Regulation and administered contracts, Bell J Econ 6 (1976), 426 (429 f.).

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grundsätzlich durch privatrechtlichen Vertrag zustande, hat aber auch bei öffentlich-rechtlicher Betreiberstruktur und öffentlich-rechtlicher Ausgestaltung des Nutzungsverhältnisses wie im deutschen Recht stets den Charakter eines konsensual, nämlich durch zustimmungsbedürftigen Zulassungsverwaltungsakt16 herbeigeführten öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisses.17 Kraft dieses Zulassungsrechtsverhältnisses verspricht der Börsenbetreiber dem Handelsteilnehmer die Gewähr einer Handelsmöglichkeit unter bestmöglichen Schutzbemühungen gegen Regelverstöße aller übrigen Handelsteilnehmer.18 Der Handelsteilnehmer verpflichtet sich neben der Entgeltzahlung seinerseits im Wege eines (unechten) Vertrags zugunsten Dritter zur Einhaltung des Regelwerks im Verhältnis zu seinen sämtlichen Mithandelsteilnehmern und räumt dem Börsenbetreiber für den Fall der Regelverletzung Sanktionsrechte zum Schutze dieser Personen ein. Dabei kann dieses Vertragsmodell des börslichen Regelungsverbands aufgrund des konsensualen Charakters auch öffentlich-rechtlicher Börsennutzungsverhältnisse zur rechtsordnungsübergreifenden Analyse der Börsenstrukturen verwendet werden. Zur personellen Reichweite einer Börse gehören also alle diejenigen Personen, zwischen denen infolge der Nutzung ein und derselben Handelsinfrastruktur eine tatsächliche Transaktionsmöglichkeit besteht, sofern diese Personen aufgrund inhaltlich korrespondierender Zulassungsrechtsverhältnisse ein und demselben Regelungsverband angehören. 16 Schäfer-Ledermann, § 7 BörsG Rn. 2; Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 4 m. w. N. 17 Vgl. Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 179; Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 5, S. 174. 18 Die Formulierung bei Schäfer-Ledermann, § 7 BörsG Rn. 3, der Handelsteilnehmer erlange kraft des Anstaltsnutzungsverhältnisses einen Anspruch auf Nutzung der börslichen Einrichtungen erfasst daher nur die halbe Wahrheit, denn allein mit dem Zugang zum Handelsparkett oder zur elektronischen Handelsplattform lässt sich die spezifisch börsliche Transaktionskostenminimierung noch nicht erreichen. Diese erfordert vielmehr zusätzlich eine laufende börsliche Regelungs-, Überwachungs- und Vollzugstätigkeit, auf welche der Anstaltsnutzer ebenso Anspruch erlangt, vgl. von Olenhusen, Börsen und Kartellrecht, S. 32; Klenke, Börsendienstleistungen, S. 109, letzterer allerdings ohne spezifischen Bezug zum deutschen Recht; weniger klar Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 5, S. 173 f. mit der Formulierung, der Börsennutzer erlange Anspruch auf Zugang zum Markplatz einschließlich der börslichen Preisfeststellung. Diesem ökonomisch zwingenden Verständnis stehen heute freilich u. a. §§ 4 Abs. 6, 20 Abs. 2 BörsG 2002 (= §§ 7 Abs. 6, 20 Abs. 2 BörsG 2007) entgegen, der den individualschützenden Charakter der Handelsüberwachungstätigkeit sowie der Tätigkeit des Sanktionsausschusses ausschließt. Ausweislich der Motive sollte freilich nur der Drittschutz gegenüber dem börsenexternen Anlegerpublikum verhindert werden, vgl. RegE 4. FMFG, BT-Drs 14/8017, S. 73, S. 75.

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2. Sachliche Reichweite

Der Markt in einem Wertpapier ist nach dem soeben Gesagten immer dann börslich, wenn alle am Handel teilnehmenden Personen zur personellen Reichweite ein und desselben Regelungsverbands gehören. In der Realität existiert eine Vielzahl verschiedener Wertpapiere, so dass sich die Frage stellt, wann mehrere Wertpapiere, deren Markt je individuell als börslich zu bezeichnen ist, zur sachlichen Reichweite einer einzigen Börse gehören. Dabei soll, da der Markt in einem Wertpapier jeweils innerhalb eines sog. Orderbuchs stattfindet, im Folgenden vom Orderbuch eines Wertpapiers als Synonym für den Markt in einem Wertpapier gesprochen werden. Die Frage lautet also, wann mehrere Orderbücher zur sachlichen Reichweite ein und derselben Börse gehören. Richtiger Ansatzpunkt ist auch hier die Transaktionskostenminimierungsfunktion, wobei nur eine signifikante weitere Kostensenkung, welche über diejenige aus der börslichen Organisation jedes einzelnen Orderbuchs hinausgeht, die Zusammenfassung mehrerer Orderbücher zu einer Börse institutionenökonomisch erklären kann. Eine solche Senkung wird erreicht, wenn der Handelsteilnehmer eines börslichen Orderbuchs auf derselben Handelsinfrastruktur auch in den Orderbüchern anderer Wertpapiere handeln kann, ohne zuvor jeweils orderbuchspezifisch die personelle Reichweite der Regelungsunterworfenheit prüfen zu müssen. Diese grundsätzlich erforderliche Prüfung erschwert als Transaktionskostenhürde den Wechsel zwischen den Orderbüchern und kann so einer fundamental angezeigten Substitution zwischen Wertpapieren entgegenstehen.19 Entfällt sie, so hat dies qualitative Signifikanz. Zur sachlichen Reichweite einer Börse gehören demnach alle Wertpapiere, die auf ein und derselben Handelsinfrastruktur handelbar sind, wenn zwischen deren Orderbüchern ein Wechsel ohne (erneute) Prüfung der personellen Regelungsunterworfenheit möglich ist.20 Das Erfordernis einer orderbuchspezifischen Prüfung der Regelungsunterworfenheit entfällt freilich nur, wenn ein Handelsteilnehmer die Gewissheit hat, dass alle Mit-Handelsteilnehmer der börslichen Regelungsgewalt in Bezug auf alle handelbaren Wertpapiere unterliegen. Voraussetzung dafür ist, dass sich der teilnehmerseitige Regelungsanspruch und die betreiberseitige 19 Einer Substitution entgegenstehende Transaktionskostenhürden begrenzen als Wechselkosen auch den sachlich relevanten Markt im kartellrechtlichen Sinn, vgl. nur Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Bekanntmachung über die Definition des relevanten Marktes, ABl. 1997 C 372/5, Nr. 42. 20 Die „Austauschbarkeit“ der Handelsgegenstände hat schon Vaupel, Genehmigungszuständigkeit, RIW 1993, 733 (737) als Kriterium der sachlichen Reichweite einer Börse ausgemacht, freilich nur im Zusammenspiel mit weiteren, m. E. nicht ausschlaggebenden Kriterien wie der Bildung einheitlicher Börsenorgane.

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Regelungsmacht gegenüber allen Handelsteilnehmern jeweils auf die gesamte Produktpalette beziehen. Es muss also jeder Handelsteilnehmer dem Betreiber in seinem Zulassungsrechtsverhältnis die gleiche, alle handelbaren Wertpapiere umfassende Regelungsmacht einräumen und zugleich einen ebenso umfassenden Regelungsanspruch erwerben. Verkürzend lässt sich sagen, dass das Zulassungsrechtsverhältnis durch alle Handelsteilnehmer für dieses Bündel von Wertpapieren abgeschlossen werden muss.21 Zur sachlichen Reichweite einer Börse gehören somit alle diejenigen Wertpapiere, die auf ein und derselben Handelsinfrastruktur handelbar sind, deren Markt je individuell börslich ist und deren Handelsmöglichkeit von sämtlichen Handelsteilnehmern nur im Bündel erworben werden kann.

B. Idealtypische Konzentrationsstrategien im europäischen Börsendienstleistungsmarkt Nach einer langen Phase der Stabilität quasi-monopolistischer Wettbewerbsstrukturen in national begrenzten Märkten sehen sich die europäischen Börsenbetreiber seit Mitte der 1990er Jahre tiefgreifenden Umbrüchen in ihrem Wettbewerbsumfeld gegenüber. Infolge von Technisierung und Liberalisierung sind zahlreiche Hindernisse für die grenzüberschreitende Börsennutzung entfallen, so dass heute zumindest im Kundensegment der institutionellen Investoren ein europaweiter Börsendienstleistungsmarkt besteht.22 Dabei hat der vergleichsweise rasche Wegfall nationaler Marktgrenzen einen fragmentierten Börsendienstleistungsmarkt hinterlassen, in dem trotz zwischenzeitlich erfolgter Konsolidierungen weiterhin eine – insbesondere im Vergleich zu den USA – zu hohe Anbieterdichte23 und dementsprechend intensive Rivalität besteht.24 21 Praktisch geschieht das dadurch, dass Börsenbetreiber ihre Handelsteilnehmer kraft des Zulassungsrechtsverhältnisses zur Beachtung der Regelwerke in sämtlichen auf der Handelsplattform jeweils zugänglichen Orderbüchern verpflichten, vgl. z. B. Nr. 2401 (i) Euronext Rule Book – Book I; Nr. 3000 ff. LSE Rules. Die Regelungsgewalt ist damit auch bei Erweiterung der sachlichen Reichweite stets gewährleistet. 22 Vgl. schon H. Schmidt/Oesterhelweg/Treske, Der Strukturwandel im Börsenwesen, Kredit und Kapital 1997, 369 (397 ff.). Näher unten Teil 3, Abschnitt 3, A. III. 3. b) aa) (2), S. 487 ff. 23 Vgl. Schmiedel/Schönenberger, Integration of Securities Market Infrastructures in Europe, S. 12; Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss, Herausforderungen der WWU für die Finanzmärkte, ABl 2000/C 367/14, S. 49 (56). 24 O. V., Courting, and competing, The Economist v. 18. Dezember 2004, S. 16; o. V., The battle of the bourses, The Economist v. 5. Mai 2001, Survey, S. 19; Poser, The Stock Exchanges of the United States and Europe, U Pa J Intl Econ L 22 (2001), 497 (499).

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Diese geänderte Marktsituation zwingt Börsenbetreiber zu einer strategischen Neupositionierung, wobei die betriebswirtschaftliche Strategietheorie als langfristig überlebensfähige Wettbewerbspositionen diejenige der Kostenführerschaft, der Qualitätsführerschaft sowie der Spezialisierung unterscheidet.25 I. Betreiberkonzentration als Strategie der Kostenführerschaft In der Position der Kostenführerschaft befindet sich ein Betreiber, der die Börsendienstleistung dauerhaft zu den geringsten Produktionskosten herstellen kann.26 Die Produktionskostenstruktur ist dabei von einem Fixkostenanteil geprägt, der trotz rapider Verbilligung der erforderlichen Hardware27 und zunehmender Ablösung kapitalintensiver Standleitungssysteme durch das Internet als Zugangsmedium28 aufgrund nach wie vor hoher Entwicklungskosten für die Handelssoftware und konstanter Regulierungskosten auf relativ hohem Niveau verweilt.29 Bei der Erzeugung der Börsendienstleistung treten also produktionsseitige Skaleneffekte auf.30 Deren Realisierung erfordert die Verteilung der Fixkosten auf eine gesteigerte Ausbringungsmenge, welche sich im gegenwärtigen Wettbewerbsumfeld idealiter durch Zusammenarbeit mehrere Börsenbetreiber im Produktionsbereich unter gemeinsamer Nutzung der Handelstechnologie sowie des Know-how im Regelungsbereich erzielen lässt.31 Da sich die Partner durch eine solche Ver25 Vgl. nur Porter, Wettbewerbsstrategie, S. 62. Allerdings soll hier eine gegenüber Porter modifizierte Terminologie verwendet werden. Porter spricht statt von Qualitätsführerschaft von „Differenzierung“. Wegen der Verwechslungsgefahr mit der Produktdifferenzierung im Sinne der Industrieökonomik wird hier der Begriff der Qualitätsführerschaft verwendet. 26 Svindland, Elektronische Märkte, S. 103 (121 f.); allgemein Porter, Wettbewerbsstrategie, S. 63. 27 Lee, What is an exchange?, S. 55; Steil, Regional Financial Market Integration, Tokyo Club Papers 12 (1999), 99 (114). 28 IOSCO, Securities Activity on the Internet II, S. 11. Zum Internet-Zugang zur FWB vgl. Deutsche Börse AG, Verkaufsprospekt/Börsenzulassungsprospekt, S. 61. 29 McAndrews/Stefanadis, The Consolidation of European Stock Exchanges, Current Issues in Economics and Finance 8 (2002), 1 (2); van Steenis/Härle, The Future of Equity Trading in Europe, S. 40. 30 Hasan/Malkamäki, Are expansions cost effective for stock exchanges?, Journal of Banking & Finance 25 (2001), 2339 (2360); Malkamäki, Are there Economies of Scale in Stock Exchange Activities?, passim und insbesondere S. 22. 31 Lee, The Future of Securities Exchanges, S. 10; Malkamäki/Topi, Strategic Challenges for Exchanges and Securities Settlement, S. 20 ff.; McAndrews/Stefanadis, The Consolidation of European Stock Exchanges, Current Issues in Economics and Finance 8 (2002), 1 (2); Schmiedel, Technological development and concentration of stock exchanges in Europe, S. 26.

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gemeinschaftung der zentralen Produktionsfaktoren jedoch hochgradig voneinander abhängig machen, kann aus den oben Abschnitt 1, B. III. 2. (S. 47 f.) angesprochenen transaktionskostenökonomischen Gründen eine derartige Produktionsgemeinschaft nur innerhalb einer hierarchischen Struktur, d.h. innerhalb einer zentral steuerbaren Wirtschafteinheit funktionieren.32 Da also eine Verbindung der Börsenbetreiber zu einem Unternehmen im wirtschaftlichen Sinn nötig ist, soll im Weiteren von Betreiberkonzentration die Rede sein. II. Gemeinsame Handelsplattform als Strategie zur Qualitätsführerschaft In der Position der Qualitätsführerschaft befindet sich ein Betreiber, dessen Börsendienstleistung über die gesamte Marktbreite als qualitativ überlegen wahrgenommen wird,33 wobei sich die Betrachtung wie oben Abschnitt 2, C. II. 3. a. E. (S. 60) dargelegt auf die Nutzergruppe der Handelsteilnehmer beschränkt. Für sie sind die Faktoren der Dienstleistungsqualität eine möglichst große Produktpalette und eine hohe Marktqualität. Der Qualitätsführer muss also eine Handelsmöglichkeit für möglichst viele Wertpapiere der betreffenden Gattung (hier Aktien) über alle Handelssegmente hinweg anbieten und dabei als bester, weil liquidester, preisbildungseffizientester und fairster Markt gelten.34 Wie eine Steigerung der Marktqualität möglich ist, ergibt sich aus den jeweiligen Determinanten der Qualitätsmerkmale. Effizienz und Fairness hängen dabei, wie oben gezeigt, neben der Regelungsqualität vor allem von der Liquidität eines Marktes ab, welche wiederum direkt durch die Marktgröße bestimmt ist.35 Da ein Zuwachs an Handelsteilnehmern und Ordervolumina die Börsendienstleistung für alle Nutzer wertvoller macht, tritt bei der Börsennutzung ein nachfrageseitiger Skaleneffekt oder Netzeffekt (spezifisch in Bezug auf Wertpapiermärkte auch Liquiditätseffekt genannt) 32 Vgl. Geiger, Konsolidierung der europäischen Börsenlandschaft am Beispiel der Eurex, S. 200; Lee, The Future of Securities Exchanges, S. 11. Näher zum theoretischen Hintergrund Williamson, Economic Institutions, S. 72 ff. und insbesondere S. 78. 33 Vgl. Porter, Wettbewerbsstrategie, S. 65. 34 Vgl. Svindland, Elektronische Märkte, S. 103 (122). 35 Siehe oben Abschnitt 2, C. I. 3., S. 54 ff. Von „Liquidität als Lebenselixier der Börse“ spricht daher etwa Köndgen, Mutmaßungen, FS Lutter 2000, S. 1401 (1407); ähnlich McAndrews/Stefanadis, The Consolidation of European Stock Exchanges, Current Issues in Economics and Finance 8 (2002), 1 (2); o. V., The Hunt for Liquidity, The Economist v. 28. Juli 2001, S. 63. Empirische Belege für den positiven Zusammenhang von Marktgröße und -qualität bei Arnold/Hersch/Mulherin/Netter, Merging Markets, Journal of Finance 54 (1999), 1083 ff.

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auf.36 Eine nennenswerte Steigerung der Dienstleistungsqualität ist demnach insbesondere durch eine Erweiterung der Handelsteilnehmerschaft möglich,37 wie sie sich im gegenwärtigen Umfeld vor allem durch eine marktseitige Konzentration erreichen lässt.38 Hierbei verbinden zwei oder mehrere kooperierende Börsenbetreiber ihre börslichen Märkte dergestalt, dass fortan eine Interaktion aller Handelsteilnehmer möglich ist.39 Während zu Zeiten der Präsenzbörsen eine solche Verbindung die physische Verlagerung der Handelsteilnehmerschaften auf ein gemeinsames Parkett erfordert hätte, ist sie heute dank der Virtualisierung des Handelsgeschehens durch ein schlichte Vernetzung der elektronischen Handelsplattformen beider Kooperationspartner zur sogenannten gemeinsamen Handelsplattform realisierbar.40 Diese Vernetzung bewirkt, dass jeder Handelsteilnehmer aufgrund seines bereits bestehenden Börsenzugangs nicht mehr nur eine Handelsmöglichkeit in den bei „seiner“ Börse angesiedelten Orderbüchern, sondern darüber hinaus auch in den Orderbüchern der Kooperationsbörse 36

Economides, Network economics with Application to Finance, S. 2 ff. Eine hohe Liquidität entsteht, wenn insgesamt große Volumina durch eine große Zahl von Handelsteilnehmern gehandelt werden. Große Volumina allein genügen nicht, da häufig limitierte (Ausführung nur bis zu einem bestimmten Preis) oder fill-or-kill-Orders (Ausführung ganz oder gar nicht) erteilt werden. Ideal ist eine sehr große Zahl mittlerer und kleinerer Orders, vgl. auch EZB, The euro equity marktes, S. 39. Zur Bedeutung der Zahl der Handelsteilnehmer insbesondere für die Preisbildungseffizienz Easley/O’Hara, Adverse Selection and Large Trade Volume, Journal of Financial and Quantitative Analysis 27 (1992), 185 (201 ff.). 38 Vgl. EZB, The euro equity markets, S. 39; Lee, The Future of Securities Exchanges, S. 11; van Steenis/Härle, The Future of Equity Trading in Europe, S. 40. 39 Cybo-Ottone/Di Noia/Murgia, Recent Developments in the Structure of Securities Markets, BWP Fin Serv 2000, 223 (239); Domowitz, Electronic Derivatives Exchanges, Quarterly Review of Economics and Finance 35 (1995), 163 (167). 40 Domowitz, Electronic Derivatives Exchanges, Quarterly Review of Economics and Finance 35 (1995), 163 (168). Dabei wird der Begriff der „gemeinsamen Handelsplattform“ in der Literatur uneinheitlich verwendet. Zum Teil bezeichnet er schon die schlichte Tatsache, dass viele in- und ausländische Wertpapiere auf einem Handelssystem gehandelt werden, vgl. Clausen/Sørensen, Competition and Cooperation between Stock Exchanges in Europe, EBOR 3 (2002), 371 (391) in Bezug auf das SEAQ International Handelssystem der LSE. Häufig bezeichnet der Begriff auch die Tatsache, dass mehrere Börsen die gleiche Handelstechnologie verwenden, vgl. in Bezug auf die Verwendung der Xetra-Technologie durch die Wiener Börse Hoppmann, Europarechtliche Entwicklungen im Börsenrecht, S. 47. Hier soll er ausschließlich im Sinne der Verwendung ein und derselben elektronischen Handelsplattform durch mehrere Börsenbetreiber gebraucht werden werden. Die Vernetzung zur gemeinsamen Handelsplattform setzt freilich die technische Kompatibilität der Handelssysteme voraus, was sich am einfachsten erzielen lässt, wenn die beiden Betreiber schon vor der Vernetzung die gleiche Handelstechnologie verwendet haben. Die Verwendung der gleichen Handelstechnologie ist daher sehr wohl eine typische Vorstufe der gemeinsamen Handelsplattform im hiesigen Sinne, vgl. Domowitz, a. a. O.; EZB, The euro equity markets, S. 39. 37

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hat.41 In jedem Orderbuch können also fortan die Handelsteilnehmer aller kooperierenden Betreiber interagieren.42 Es kommt somit zur Vervielfachung der Handelsteilnehmerschaft und solchermaßen zu einer erheblich verbesserten Marktqualität.43 Zugleich kann jeder Börsenbetreiber seinen Kunden mit einem einzigen Börsenzugang ein Vielfaches seiner bisherigen Produktpalette anbieten.44 Dabei ist die – rechtliche wie auch technische – Unizität des Zugangs von großer kommerzieller Bedeutung, bestehen doch die Fixkosten eines Börsenzugangs neben hohen erstmaligen Zulassungsentgelten auch in den Kosten der teilnehmerseitigen Anpassung von IT-Systemen und der Einarbeitung in die Funktionsweise der börslichen Handelssysteme.45 III. Lokale Konzentration von Handelssegmenten als Strategie der Spezialisierung Alternativ bietet sich eine Spezialisierung auf einen Teilbereich des Börsendienstleistungsmarktes mit Qualitäts- und ggf. auch Preisführerschaft in diesem Segment an.46 Eine Spezialisierung ist indes nur da möglich, wo heterogene Nutzerpräferenzen bestehen: Sämtliche Handelsteilnehmer wünschen niedrige Nutzungsentgelte sowie eine möglichst weitgehende Senkung impliziter Transaktionskosten. Zwar 41 Vgl. Andersen, The Nordic Stock Market and NOREX, S. 14; Geiger, Konsolidierung der europäischen Börsenlandschaft am Beispiel der Eurex, S. 195; Hirsch/ Marquette, Euronext leads the way for European exchange mergers, IFLR 2000, 18 (21); Stéphan, Misconduct across Jurisdictions, S. 6. 42 Théodore, Euronext: un système intégré, BanqueStratégie nov. 2000, 2 (3); Vaupel, Genehmigungszuständigkeit, RIW 1993, 733 (737); vgl. auch Daigre, Droit Boursier et des Marchés Financiers, JCP EA 2001, 28; Goyet/Rontchevsky/Storck, Droit des Marchés Financiers, RTD com 54 (2001), 169 (176). Allgemein aus netzwerktheoretischer Sicht Katz/Shapiro, Systems Competition and Network Effects, Journal of Economic Perspectives 8 (1994), 93 (109). 43 Vgl. Andersen, The Nordic Stock Market and NOREX, S. 11, S. 14; Geiger, Konsolidierung der europäischen Börsenlandschaft am Beispiel der Eurex, S. 184: Im Falle von Eurex versechsfachte sich etwa durch die gemeinsame Handelsplattform der Kreis derjenigen Personen, die schweizerische Terminprodukte handeln konnten. Zum daraus folgenden Liquiditätszuwachs a. a. O. S. 185 f. 44 Stéphan, Misconduct across Jurisdictions, S. 7; Théodore, Euronext: un système intégré, BanqueStratégie nov. 2000, 2 f. 45 McAndrews/Stefanadis, The Consolidation of European Stock Exchanges, Current Issues in Economics and Finance 8 (2002), 1 (2); Schenk, Informationstechnologie und Börsensysteme, S. 136; Shy/Tarkka, Stock exchange alliances, access fees and competition, S. 9; Thorwartl, Judgmental Analysis of Literature on Stock Exchange Mergers and Alliances in Europe, S. 115, S. 139. 46 Svindland, Elektronische Märkte, S. 103 (121 f.); allgemein Porter, Wettbewerbsstrategie, S. 67.

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können die Präferenzen bezüglich des zu diesem Zwecke einzusetzenden Handelstransparenzniveaus zwischen Privatanlegern und institutionellen Investoren divergieren.47 Doch ist der Gestaltungsspielraum der Börsen, für Großorders zur Vermeidung eines market impact gewisse Lockerungen vorzusehen, unter Artt. 44, 45 MFIRL europaweit einheitlich ausgestaltet,48 so dass hier nur begrenzter Spielraum für eine erfolgreiche Spezialisierungsstrategie besteht.49 Anders hinsichtlich der angebotenen Produktpalette: Hier können die Präferenzen der Handelsteilnehmer weit auseinandergehen. Zwar ziehen alle Handelsteilnehmer eine größere gegenüber einer kleineren Produktpalette vor, aber je nach Anlagestrategie des Handelsteilnehmers wird eine bestimmte Zusammensetzung der Produktpalette als besonders bedarfsgerecht empfunden. Die Produktpalette ist dabei entsprechend den Präferenzen der dominierenden Handelsteilnehmergruppe durch Spezialisierung auf eine bestimmte Wertpapierkategorie zu reorganisieren, in welcher der Betreiber dann allerdings eine möglichst lückenlose Produktpalette anbieten muss. Möglich ist dabei innerhalb der Gattung Aktien zum einen die traditionelle Schwerpunktbildung nach Nationalität der Emittenten, worin sich die bisherige Dominanz national orientierter Anlagestrategien widerspiegelt.50 Eine alternative Schwerpunktbildung ist die länderübergreifende Zusammenfassung von Emittenten ähnlichen Risikoprofils, also die Konzentration auf Wertpapiere eines der Handelssegmente Standardwerte, MidCaps oder Wachstumswerte.51 Dabei setzt sich vor allem beim dominierenden institutionellen Anlegerpublikum zunehmend eine internationale Anlagestrategie durch, deren primäres Kriterium die Risikoklasse der Emittenten ist, innerhalb derer dann eine möglichst breite branchen- und länderübergreifende Streuung angestrebt wird.52 Daher sind Anleger und Handelsteilnehmer zu47 Näher Hopt/Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (374); Lee, What is an exchange?, S. 51. 48 Artt. 44, 45 MFIRL, konkretisiert durch Art. 17 ff. VO (EG) Nr. 1287/2006 sowie hierzu Seitz, Die Regulierung von Wertpapierhandelssystemen in der EU, AG 2004, 497 (502 ff.). Mit dem FRUG umgesetzt in §§ 30 f. BörsG 2007. 49 Im europäischen Börsendienstleistungsmarkt scheint sich im Übrigen auch das Angebot von herkömmlichem börslichem Handel und Blockhandel aus einer Hand bewährt zu haben, vgl. Schwartz, Transatlantische Trends im Aktienhandel, vision+money 4/1999, 40 (41); vgl. auch Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (207 mit Fn. 195). Dem hat die MFIRL Rechnung getragen, indem sie Börsenbetreibern ohne weiteres den parallelen Betrieb von MTFs gestattet, vgl. Artt. 4 Abs. 1 Nr. 15, 5 Abs. 2 MFIRL. 50 Vgl. zu diesem Phänomen des equity home bias im Überblick Lewis, Trying to Explain Home Bias in Equities and Consumption, Journal of Economic Literature 37 (1999), 571 (579 ff.) sowie unten Teil 3, Abschnitt 3, A. III. 3. b) aa) (2), S. 489 f. 51 Wymeersch, Harmonisation, S. 11.

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nehmend an einer europaweiten Zusammenfassung von Wertpapieren ähnlichen Risikoprofils interessiert, weshalb eine Spezialisierung nach Handelssegmenten Erfolg verspricht.53 Eine solche Konzentration verlangt vom Betreiber die Einstellung der Handelsmöglichkeit für alle Wertpapiere außerhalb des Spezialisierungssegments und im Gegenzug die Einrichtung von Handelsmöglichkeiten für möglichst viele in- und ausländische Wertpapiere, deren Emittenten zum Spezialisierungssegment zählen. Dieser Umbau der Produktpalette ist praktisch nur dann mit der erforderlichen Schnelligkeit zu erreichen, wenn zwei oder mehrere kooperierende Börsenbetreiber eine wechselseitige Selbstbeschränkung vornehmen.54 Hierbei spezialisiert sich jeder Kooperationspartner auf ein Handelssegment und stellt die Handelsmöglichkeiten für Wertpapiere anderer Emittentenkategorien zugunsten des kooperierenden Partners ein.55 Seinen bisherigen Nutzern empfiehlt jeder Börsenbetreiber für nicht mehr bediente Handels- und Zulassungsbedarfe die Wahl der jeweiligen Kooperationsbörse. Durch den umfangreichen Zustrom von Wertpapierzulassungen und zugehörigen Ordervolumina ist gewährleistet, dass jede Kooperationsbörse rasch die kritische Liquidität und Größe der Produktpalette im Spezialisierungssegment erreicht, die dann den selbstverstärkenden Prozess aus Qualitätssteigerung und Zustrom weiterer Nutzer in Gang setzen kann.56 Im Ergebnis führt eine solche Kooperation zur Konzentration eines Handelssegments an jeweils einer der beteiligten Börsen, 52 EZB, The euro equity markets, S. 26 ff.; Deutsche Bundesbank, Die internationale Integration der deutschen Wertpapiermärkte, Monatsbericht Dezember 2001, S. 15 (20); Galati/Tsatsaronis, The impact of the euro on Europe’s financial markets, S. 19 ff. 53 EZB, The euro equity markets, S. 38 f.; o. V., The battle of the bourses, The Economist v. 5. Mai 2001, Survey, S. 19 (22); Seifert, Der Börsenzusammenschluß nutzt der ganzen Volkswirtschaft, FAZ v. 23. August 2000, S. 30. Vgl. zur Konzentration des Standardwertehandels auch Köndgen, Mutmaßungen, FS Lutter 2000, S. 1401 (1407); Nobel, Börsenallianzen und -fusionen, FS Lutter 2000, S. 1485 (1496); Poser, The Stock Exchanges of the United States and Europe, U Pa J Intl Econ L 22 (2001), 497 (498). 54 Vgl. o. V., Hunting where the ducks are, The Economist v. 30. Juni 2001, S. 68: Die Standardwerte-Spezialbörse Tradepoint (später virt-x, seit 3. März 2008 SWX Europe) erreichte eine gewisse kritische Liquidität erst, als die schweizerische SWX ihren Standardwertehandel zu deren Gunsten eingestellt hatte. 55 Wymeersch, Harmonisation, S. 11. 56 Vgl. Seifert, Der Börsenzusammenschluß nutzt der ganzen Volkswirtschaft, FAZ v. 23. August 2000, S. 30. Generell zum selbstverstärkenden Prozess von Liquiditätszufluss und Qualitätssteigerung bei Börsen Economides, Network Economics with Application to Finance, S. 4 ff. sowie zur Relevanz einer kritischen Anfangsmasse Geiger, Konsolidierung der europäischen Börsenlandschaft am Beispiel der Eurex, S. 61; Malkamäki/Topi, Strategic Challenges for Exchanges and Securities Settlement, S. 11.

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was im Weiteren verkürzend als lokale Konzentration von Handelssegmenten bezeichnet werden soll.

C. Die Grundtypen der Börsenkonzentration Die zur Umsetzung dieser idealtypischen Konzentrationsstrategien konstruktiv erforderlichen Einzelmaßnahmen können nun anhand des obigen Börsenstrukturmodells ermittelt und damit die Grundtypen der Börsenkonzentration definiert werden: I. Betreiberkonzentration 1. Erforderliche Strukturmaßnahmen

Bei der Betreiberkonzentration gilt es, eine Verbindung mehrerer Börsenbetreiber unter einheitlicher unternehmerischer Leitung herzustellen. Da Börsenbetreiber regelmäßig die Rechtsform einer privaten Kapitalgesellschaft aufweisen, bietet sich hierzu als einfachste und zugleich umfassendste Maßnahme die Fusion im Rechtssinne an, wie sie in allen modernen Gesellschaftsrechtsordnungen und namentlich im deutschen und britischen Recht bekannt ist.57 Allerdings ist die Vollfusion für internationale Konzentrationsvorhaben nur bedingt geeignet, was neben den bisherigen rechtlichen Schwierigkeiten einer grenzüberschreitenden Fusion58 vor allem auf dem ersatzlosen Untergehen zumindest einer der beteiligten Börsenbetreibergesellschaften beruht, welche sowohl bei der Verschmelzung durch Aufnahme wie auch bei der Verschmelzung durch Neugründung – etwa in Form einer SE – unvermeidlich ist59. Dies stößt in den meisten Staaten 57 Vgl. §§ 2 ff. UmwG; s. 425 Companies Act 1985 (= s. 904 Companies Act 2006, Inkrafttreten 6. April 2008) und hierzu Davies, Gower and Davies’ Principles of Modern Company Law, S. 798 ff. 58 Vgl. Clausen/Sørensen, Competition and Cooperation between Stock Exchanges in Europe, EBOR 3 (2002), 371 (390); allg. Stöcker, Rechtsfragen grenzüberschreitender Unternehmenszusammenschlüsse, S. 325 ff. Problematisch war bislang schon die Frage des anwendbaren Rechts, da § 1 Abs. 1 UmwG den Anwendungsbereich auf inländische Gesellschaften beschränkt. In Umsetzung der RL 2005/56/EG wurden mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, BGBl. 2007 I S. 542 nunmehr die §§ 122a bis 122l UmwG eingefügt, welche von dieser Beschränkung für die Verschmelzung eine punktuelle Ausnahme regeln. Unproblematisch war hingegen schon zuvor die innerdeutsche Verschmelzung, weshalb beim Zusammenschluss der Trägerunternehmen der Hamburger und Hannoveraner Börsen zur BÖAG Börsen AG im Jahr 2000 eine Verschmelzung gemäß § 2 ff. UmwG stattfinden konnte, vgl. Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 26.

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nach wie vor auf politische Empfindlichkeiten und selbst kommerzielle Akzeptanzprobleme.60 Alternativ ist sowohl im deutschen wie im britischen Gesellschaftsrecht die Verbindung mehrerer Gesellschaften unter einheitlicher unternehmerischer Leitungsmacht bei gleichzeitigem Fortbestand deren rechtlicher Selbständigkeit möglich. Die Gesellschaften bilden in diesem Falle aus Sicht des deutschen Rechts einen Konzern im Sinne des § 18 AktG, aus Sicht des britischen Rechts stehen die Gesellschaften im holding company – subsidiary-Verhältnis im Sinne der s. 1162 Companies Act 2006. Modi zur Herstellung der einheitlichen Leitungsmacht sind in beiden Gesellschaftsrechtsordnungen der Unternehmensvertrag sowie die faktische Konzernierung, insbesondere durch Erwerb einer Anteils- und Stimmrechtsmehrheit. In der Börsenrealität hat bislang allein Letzteres praktische Relevanz erlangt.61 Nach deutschem Recht greifen im Falle der faktischen Konzernierung zwar bestimmte Schutzregeln zugunsten der abhängigen Gesellschaft, die jedoch die einheitliche unternehmerische Leitung weder grundsätzlich verhindern können noch überhaupt sollen.62 Auch aus Sicht des britischen Rechts ist Rechtsfolge eines holding company – subsidiary-Verhältnisses nur ein Missbrauchsverbot bei Ausübung der Stimmrechtsmacht, während die einheitliche Leitung der Unternehmen auch hier durchaus möglich bleibt.63 Der die Stimmrechtsmacht vermittelnde Anteilserwerb ist dabei aus gesellschaftsrechtlicher Sicht auch grenzüberschreitend ohne weiteres möglich.64 Er lässt die fortan im Mehrheitsbesitz befindliche Börsenbetreibergesellschaft als eigenständigen Rechtsträger fortbestehen. Wird überdies eine 59 Clausen/Sørensen, Competition and Cooperation between Stock Exchanges in Europe, EBOR 3 (2002), 371 (400). 60 Lee, The Future of Securities Exchanges, S. 18 ff.: „A highly charged political issue [. . .]“; Malkamäki/Topi, Strategic Challenges for Exchanges and Securities Settlement, S. 17; Nobel, Börsenallianzen und -fusionen, FS Lutter 2000, 1485 (1509); Shy/Tarkka, Stock exchange alliances, access fees and competition, S. 8; Théodore, Euronext: un système intégré, Banque stratégie 2000, 2; van Steenis/ Härle, The Future of Equity Trading in Europe, S. 41. Vgl. auch aus dem Kreis der deutschen Kreditinstitute Weber, Eine empfindliche Schwächung, FAZ v. 20. Januar 2005, S. 20. Mutatis mutandis aus der Debatte um die Schaffung einer deutsch-französischen Strombörse Gericke, Die schwere Geburt einer europäischen Strombörse, Börsen-Zeitung v. 27. Oktober 2007, S. 8. 61 Vgl. Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2524 f.). 62 Vgl. nur Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 24 IV 1, S. 367 f. 63 Vgl. zur insoweit gleichen Rechtslage unter dem Companies Act 1985 Bloß, Die Unternehmensgruppe im englischen und deutschen Recht der Kapitalgesellschaften, S. 68 f., 71 ff. 64 Zu den bei grenzüberschreitender Konzernbildung praktisch üblichen Gestaltungen vgl. Stöcker, Rechtsfragen grenzüberschreitender Unternehmenszusammenschlüsse, S. 361 ff.

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Holdingstruktur gewählt, in welcher die nationalen Betreibergesellschaften als gleichgeordnete Konzernschwestern unter dem Dach einer Holdinggesellschaft verbunden sind, so kann hierdurch die politische wie kommerzielle Akzeptanz weiter gesteigert werden.65 Die Konzernierung durch Mehrheitserwerb, insbesondere in einer Holdingstruktur, ist somit Mittel der Wahl zur Realisierung einer grenzüberschreitenden Betreiberkonzentration. Das Phänomen der Betreiberkonzentration soll daher der Anschaulichkeit halber im Weiteren schlicht als Betreiberkonzernierung bezeichnet werden. 2. Auswirkungen auf Betreiber- und Marktebene

Während auf Betreiberebene die – zwar rechtlich weiterhin selbständigen – Betreibergesellschaften doch im wirtschaftlichen Sinne zu einer unternehmerischen Einheit verbunden werden, ergeben sich auf Ebene der börslichen Märkte per se keinerlei Veränderungen. Insbesondere findet keine Vereinigung der börslichen Märkte statt, da hierfür zumindest eine tatsächliche Interaktionsmöglichkeit zwischen den jeweiligen Handelsteilnehmerschaften nötig wäre. Die hierfür erforderliche technische Vernetzung der Handelsinfrastrukturen findet aber gerade nicht statt. Es bestehen vielmehr auf Marktebene unverändert zwei getrennte börsliche Märkte, so dass die landläufig als „Börsenfusion“ bezeichnete Betreiberkonzernierung gerade keine Börsenfusion im ökonomischen Sinne ist. 3. Beispiele

Eine Betreiberkonzernierung unter dem Dach einer Börsenholding lag beispielsweise dem gescheiterten iX-Projekt in 2000 zugrunde. Hierbei sollten die operativen Börsenbetreibergesellschaften London Stock Exchange plc und Deutsche Börse AG 100%ige Töchter einer in London ansässigen Holdinggesellschaft werden.66 Erfolgreich realisiert wurde eine Konzernierung unter dem Dach einer Holdinggesellschaft beim Zusammenschluss der Betreibergesellschaften der Stockholmer und Helsinkier Börsen zur OMHEX-Gruppe in 2003,67 nachdem zuvor schon in 2001 und 2002 ein weitgehender Mehrheitserwerb durch die Helsinki Stock Exchange plc. an den Betreibergesellschaften der Talliner und Rigaer Börsen erfolgt war.68 An65 Vgl. Théodore, Euronext: un système intégré, Banque stratégie 2000, 2; Fabius, Eröffnungsrede FESE-Kongress v. 14. Juni 2001. 66 Deutsche Börse AG, Deutsche Börse und London Stock Exchange schließen sich zusammen, Pressemitteilung v. 3. Mai 2000 sowie eingehend dies., iX – Bericht des Vorstands, S. 38 f. 67 Vgl. OM HEX AB, Annual Report 2003, S. 4 f. 68 HEX plc., Annual Report 2001, S. 32 und dies., Annual Report 2002, S. 24.

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fang 2005 wurde auch der Betreiber der Kopenhagener Börse in die Gruppenstruktur eingegliedert,69 so dass die schwedische OMX AB (bis 2004 OMHEX AB) als Holding von fünf operativen Betreibergesellschaften fungiert, die nunmehr alle in 100%igem Anteilsbesitz stehen70 und auf Handelsebene als Norex-Börsenverbund auftreten.71 Auch dem Euronext-Börsenverbund liegt eine Konzernierung der beteiligten nationalen Betreibergesellschaften unter dem Dach der in Amsterdam ansässigen Euronext N. V. als Holdinggesellschaft zugrunde.72 Im September 2000 wurde diese Gesellschaft von den Aktionären der französischen, belgischen, niederländischen Betreibergesellschaften gegründet, welche ihre Anteile als Sacheinlagen einbrachten und Euronext N. V. auf diesem Wege zur 100%igen Anteilseignerin der nationalen Betreibergesellschaften machten.73 Im Jahr 2002 wurden überdies der portugiesische Börsenbetreiber BVLP und die britische LIFFE (Holdings) plc. als 100%ige Töchter übernommen.74 In sämtlichen dieser Fälle wurde die betreiberseitige Konzentration allerdings auch um eine marktseitige Konsolidierung ergänzt (dazu sogleich unter II. 3. und III. 3.). Eine rein betreiberseitige Konzentration im alleinigen Zeichen der Kostenführerschaft war hingegen mit dem gescheiteren Übernameversuch der LSE durch die Deutsche Börse AG in 2004/2005 beabsichtigt.75 Als Modus der betreiberseitigen Verbindung konnte hier angesichts der in Großbritannien zwischenzeitlich etwas wenig ausgeprägten nationalen Empfindlichkeiten76 eine schlichte Konzernierung der London Stock Exchange plc als 69

OMX AB, Annual Report 2004, Teil 1 S. 12. OMX AB, Annual Report 2004, Teil 2 S. 38. Eingehend OM AB/HEX plc., Merger between HEX and OM to create a strong integrated Nordic and Baltic Securities Market, Pressemitteilung v. 20. Mai 2003. 71 Näher hierzu sogleich unter II 3, S. 89 f. 72 Euronext N. V., Annual Report 2004, S. 183. 73 Hirsch/Marquette, Euronext leads the way for European exchange mergers, IFLR 2000, 18 (19): Die Aktionäre der ParisBourseSBF S.A. und der Société de la Bourse de Valeurs de Bruxelles S.A. übertrugen ihre Aktien vollständig an Euronext N. V. als Sacheinlage auf Euronext N. V.-Aktien. Die AEX N. V. wurde im Zuge einer dreiseitigen Fusion auf die Euronext N. V. verschmolzen, wobei deren Vermögen unmittelbar auf eine neugegründete 100%ige Tochter der Euronext N. V., die Euronext Amsterdam N. V. als neue Betreiberin der Amsterdamer Börse, überging, und die ehemaligen AEX-Aktionäre im Gegenzug Aktionäre der Euronext N. V. wurden. 74 Euronext N. V., Annual Report 2002, S. 24. 75 Vgl. Deutsche Börse AG, Creating a World Class Markets Company, S. 9: Strategisches Ziel war es, der „lowest cost producer“ von Börsendienstleistungen zu werden. Im Zuge des vorläufigen Übernahmeangebots wurden den Kunden Kostensenkungen von 10% im eigentlichen Handel und von bis zu 50% im Abwicklungsbereich versprochen, a. a. O., S. 16. 70

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100%ige Tochter der Deutsche Börse AG vorgeschlagen werden.77 Auf Marktebene sollten die Frankfurter wie Londoner Börsen unverändert als separate Märkte fortbestehen.78 Neben der Betreiberkonzernierung findet sich in der Praxis als Weg zur Schaffung einer wirtschaftlichen Einheit auch die Gründung von Gemeinschaftsunternehmen für den Börsenbetrieb.79 Da hierbei allerdings das operative Geschäft (teilweise) auf ein Börsenbetreiberunternehmen übertragen wird, welches aus Sicht zumindest eines der Beteiligten im Ausland ansässig ist, stellen sich die gleichen Akzeptanzprobleme wie im Falle der Betreiberfusion. Im Aktienkassamarkt ist dieser Weg daher bislang nur für Neugründungen in Nischenbereichen beschritten worden.80 So hatten beispielsweise die Wiener Börse AG und die Deutsche Börse AG im Jahr 2000 die Osteuropa-Spezialbörse Newex errichtet, welche von der Newex Börse AG als Gemeinschaftsunternehmen der beiden Mütter betrieben wurde.81

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Vgl. Lee, The Future of Securities Exchanges, S. 18; o. V., Londoner Börse drängt auf Klarheit, FAZ v. 22. Januar 2005, S. 21. 77 Vgl. Deutsche Börse AG, Proposed Pre-Conditional Cash Offer by Deutsche Börse for the London Stock Exchange plc, sub 9 (Governance and Regulation). 78 Vgl. Deutsche Börse AG, Proposed Pre-Conditional Cash Offer by Deutsche Börse for the London Stock Exchange plc, sub 9 (Governance and Regulation). 79 Clausen/Sørensen, Competition and Cooperation between Stock Exchanges in Europe, EBOR 3 (2002), 371 (390); Denning, Europas Börsen im Umbruch, Wirtschaftsdienst 2000, 480 (483). 80 Denning, Europas Börsen im Umbruch, Wirtschaftsdienst 2000, 480 (483). Jüngst haben die Leipziger EEX und die Pariser Powernext für ihre deutsch-französische Konzentration des Stromhandels die Struktur der Gemeinschaftsunternehmen gewählt: Der Spothandel beider Betreiber wird von der zum 30. September 2008 neugegründeten gemeinsamen Tochter Spot Trading SE übernommen, der Terminhandel von der EEX Power Derivatives GmbH, vgl. näher European Energy Exchange AG, Kooperation EEX-Powernext, Pressemitteilung v. 30. Mai 2008. 81 Vgl. Wiener Börse AG, E-Monitor November 2000 – Sonderausgabe Newex; dies., Geschäftsbericht 2001, S. 36: Die Newex Börse AG war eine jeweils 50%ige Tochter der Deutsche Börse AG und der Wiener Börse AG. Die von ihr betriebene Newex-Börse hatte den zuvor an den Börsen der Muttergesellschaften abgewickelten Handel in mittel- und osteuropäischen Aktien übernommen. Schon im August 2002 wurde der gemeinschaftliche Betrieb am Standort Wien allerdings wieder eingestellt und der Handel in den betreffenden Wertpapieren vollständig in den Freiverkehr der FWB transferiert, wo „Newex“ seither das Subsegment der OsteuropaWertpapiere bezeichnet, vgl. dies., Geschäftsbericht 2002, S. 37.

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II. Gemeinsame Handelsplattform 1. Erforderliche Strukturmaßnahmen

Bei Errichtung einer gemeinsamen Handelsplattform soll durch Vernetzung der elektronischen Handelsplattformen eine Verbindung zweier börslicher Märkte – der A-Börse und B-Börse, betrieben von den Betreibern A und B – erreicht werden, so dass die bei A zugelassenen Handelsteilnehmer über ihre bestehenden Zugänge fortan nicht mehr nur in den Orderbüchern der A-Börse, sondern auch in allen Orderbüchern der B-Börse handeln können und umgekehrt. Erforderlich ist also in infrastruktureller Hinsicht die Verbindung der beiden elektronischen Handelsplattformen über eine Schnittstelle.82 Hierdurch wird die rein tatsächliche Zugangsmöglichkeit zu den Orderbüchern des jeweils anderen Börsenbetreibers eröffnet. Jedoch ist dies nicht ausreichend, denn der aufnehmende Börsenbetreiber A wird die Handelsteilnehmer der B-Börse nur dann am Handel partizipieren lassen, wenn dadurch der börsliche Charakter nicht verloren geht. Wie die obigen Ausführungen zur personellen Reichweite eines börslichen Marktes gezeigt haben, muss deshalb sichergestellt sein, dass A über alle am Handel teilnehmenden Personen, also auch über die via Schnittstelle hinzukommenden Handelsteilnehmer der B-Börse, ausreichend effektive Regelungs- und Sanktionsmöglichkeiten hat.83 Solche können als eigene Eingriffsrechte des A aus dem Abschluss selbständiger Zulassungsrechtsverhältnisse mit den hinzukommenden Handelsteilnehmern resultieren. Alternativ können sie aufgrund der Eingriffsrechte des zugangsvermittelnden Börsenbetreibers B bestehen, sofern der aufnehmende Börsenbetreiber A im Innenverhältnis einen Anspruch auf deren Einsatz durch B hat. Andererseits werden auch die Handelsteilnehmer der B-Börse überhaupt nur dann in den Orderbüchern des A handeln wollen, wenn sie die Sicherheit haben, dass der aufnehmende Börsenbetreiber A sein Regelwerk auch zum Schutze der hinzukommenden Handelsteilnehmer unparteiisch durchsetzt.84 Wie im Strukturmodell gezeigt, bedarf es hierfür eines Regelungsanspruchs gegen den aufnehmend Börsenbetreiber zugunsten der hinzukommenden Handelsteilnehmer. Einen solchen Regelungsanspruch können die Handelsteilnehmer entweder aufgrund eines eigenständigen Zulassungsverhältnisses mit 82

Shy/Tarkka, Stock exchange alliances, access fees and competition, S. 8; Svindland, Elektronische Märkte, S. 103 (116). Allg. Katz/Shapiro, Network Externalities, Competition, and Compatibility, American Economic Review 75 (1985), 424. 83 Siehe oben A. II. 1., S. 64 f. 84 Siehe oben A. II. 1., S. 64 f.

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dem aufnehmenden A-Börsenbetreiber selbst innehaben. Alternativ kann ein Regelungsanspruch des zugangsvermittelnden B-Börsenbetreibers gegen den aufnehmenden A-Börsenbetreiber aus deren Innenverhältnis bestehen, der den hinzukommenden Handelsteilnehmern mittelbar zugute kommt. Nur wenn auch diese beiden Voraussetzungen erfüllt sind, dann besteht in jedem Orderbuch das erforderliche Dreieck aus korrespondierendem Regelungsanspruch und Eingriffsrechten zwischen Betreiber und allen am Handel teilnehmenden Personen, so dass der börsliche Charakter des Handels in allen Orderbüchern gewährleistet ist. Im Einzelnen bestehen also die folgenden beiden Konstruktionsmöglichkeiten: a) Erweiterungsmodell Im hier als Erweiterungsmodell bezeichneten Fall wird das erforderliche Regelungsdreieck dadurch hergestellt, dass ein jeder Betreiber die bereits bestehenden Zulassungsrechtsverhältnisse mit seinen Handelsteilnehmern in sachlicher Hinsicht auf die beim Partner angesiedelten Orderbücher erweitert und sodann zwischen den Börsenbetreibern ein qualifizierter Kooperationsvertrag abgeschlossen wird.85 Da somit jeder Handelsteilnehmer nach wie vor nur in einem einzigen Zulassungsrechtsverhältnis steht, hierdurch aber Zugang zu einer erheblich erweiterten Produktpalette mit verbesserter Marktliquidität erlangt, kann hierdurch die Position der Qualitätsführerschaft gegenüber den Börsennutzern besonders leicht vermittelt werden.86 Das Erweiterungsmodell ist daher die idealtypische Methode zur Konstruktion einer gemeinsamen Handelsplattform.87 Im Einzelnen muss hierzu das Zulassungsrechtsverhältnis, welches im Normalfall nur die beim jeweiligen Betreiber selbst angesiedelten Orderbücher umfasst, sachlich um die beim Kooperationspartner angesiedelten Orderbücher erweitert werden. Dadurch erhält der Handelsteilnehmer einen Anspruch gegen seinen Börsenbetreiber (den zugangsvermittelnden Börsenbetreiber) auf Zugang zu einer börslichen Handelsmöglichkeit auch in den Orderbüchern des Kooperationspartners (aufnehmender Börsenbetreiber). Im Gegenzug verpflichtet sich der Handelsteilnehmer auch in Bezug auf 85 Angestrebt ist diese Konstruktion langfristig bei Euronext, vgl. Euronext N. V., Comprehensive Paper, S. 8 f. sowie Stéphan, Misconduct across Jurisdictions, S. 8, S. 10. Praktiziert wurde sie (in modifizierter Form) bei der IBIS-II-Kooperation zwischen FWB und den deutschen Regionalbörsen, vgl. Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 ff. sowie sogleich unter 3., S. 90. 86 Vgl. Bagheri/Nakajima, Competition and Integration among Stock Exchanges, OJLS 2004, 69 (84). 87 Vgl. Cybo-Ottone/Di Noia/Murgia, Recent Developments in the Structure of Securities Markets, BWP Fin Serv 2000, 223 (238).

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diese Orderbücher zur Einhaltung des dort jeweils gültigen Regelwerks und räumt zugleich seinem (zugangsvermittelnden) Betreiber Sanktionsrechte für ein dortiges Fehlverhalten ein.88 Im Kooperationsvertrag verpflichten sich die Börsenbetreiber, jeweils in ihrer Rolle als aufnehmender Betreiber allen Handelsteilnehmern des Partners Zugang zu ihren Orderbüchern zu gewähren und ihre Regelungsmacht unparteiisch auch zugunsten dieser Personen auszuüben.89 Zugleich verpflichten sie sich, jeweils in ihrer Rolle als zugangsvermittelnder Betreiber die ihnen zustehenden Eingriffsrechte gegen ihre Handelsteilnehmer auf Verlangen des aufnehmenden Betreibers auch zur Sanktion eines dortigen Fehlverhaltens auszuüben.90 Erst diese Absprache bewirkt, dass der aufnehmende Betreiber die erforderlichen Eingriffsrechte hat: Gegen seine eingesessenen Handelsteilnehmer aufgrund eigener Zulassungsrechtsverhältnisse, gegen die hinzukommenden Handelsteilnehmer aufgrund des kooperationsvertraglichen Anspruchs gegen den zugangsvermittelnden Partner. Umgekehrt bewirkt der Anspruch des zugangsvermittelnden gegen den aufnehmenden Betreiber auf Zugangsgewähr, dass er seine vertragliche Pflicht zur Bereitstellung einer börslichen Handelsmöglichkeit erfüllen kann, und zwar in Bezug auf die bei ihm selbst angesiedelten Orderbücher in eigener Person, in Bezug auf die beim Kooperationspartner angesiedelten Orderbücher durch diesen als Erfüllungsgehilfen.91 Dabei sichert der Regelungsanspruch der Handelsteilnehmer gegen ihren zugangsvermittelnden Betreiber in Verbindung mit dessen kooperationsvertraglichem Regelungsanspruch die vertrauensschaffende Pflichtbindung des aufnehmenden Betreibers zugunsten der hinzukommenden Handelsteilnehmer.

88 Vgl. Stéphan, Misconduct across Jurisdictions, S. 7, S. 10 zur letztlich angestrebten Konstruktion bei Euronext: Ein einziges Zulassungsrechtsverhältnis mit dem ausgewählten „Zugangstor“ (zugangsvermittelnder Betreiber), das in sachlicher Hinsicht Zugang zu sämtlichen auf der gemeinsamen Handelsplattform angesiedelten Orderbüchern bietet. 89 Vgl. Cybo-Ottone/Di Noia/Murgia, Recent Developments in the Structure of Securities Markets, BWP Fin Serv 2000, 223 (239.). Vgl. zur Konstruktion bei IBIS II Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 (252): Die FWB verpflichtete sich zur Zugangsgewähr zum elektronischen IBIS-Handel für Regionalbörsenteilnehmer. 90 Vgl. zur Konstruktion bei IBIS II Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 (253 f.): Anstelle einer Selbstverpflichtung der Regionalbörsen gegenüber der FWB zur Regulierung ihrer Handelsteilnehmer wurde hier sogar eine Übertragung der Sanktionsrechte der Regionalbörsen auf die FWB vereinbart. 91 Vgl. zur Situation bei IBIS II Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 (250 ff.): Regionalbörsen erbrachten gegenüber Regionalbörsenteilnehmern die Börsendienstleistung, indem sie ihnen die Teilnahmemöglichkeit im elektronischen IBIS-Handel verschafften. Das konnten sie, weil sie im Innenverhältnis einen kooperationsvertraglichen Anspruch gegen die FWB auf Zugangsgewähr hatten.

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Der Kooperationsvertrag enthält darüber hinaus als technische Grundvoraussetzung der Vernetzung eine Verpflichtung, die laufende Kompatibilität der Handelssysteme sicher zu stellen.92 Damit verpflichten sich die Partner automatisch auch zur Koordination künftiger Systemfortentwicklungen. Neben diesen konstruktiv zwingenden Abreden dürften in der Kooperationsabrede regelmäßig eine Reihe weiterer Vereinbarungen getroffen werden, die der Realisierung des kommerziellen Anliegens dienlich sind. So ist eine Regelung über die interne Verteilung der Nutzungsentgelte zu treffen,93 welche jeweils nur vom zugangsvermittelnden Betreiber aufgrund des Zulassungsrechtsverhältnisses von den Handelsteilnehmern eingehoben werden können.94 Außerdem werden die Kooperationspartner zur Vermeidung von Zugangsarbitrage eine Vereinheitlichung der Zugangsbedingungen sowie -entgelte verabreden, da die Handelsteilnehmer den Börsenzugang andernfalls über den billigeren Anbieter suchen würden.95 Um das Qualitätsverbesserungspotential vollständig auszuschöpfen, ist schließlich eine Vereinheitlichung der Handelsregeln sinnvoll.96 Sie nähert die handelbaren Wert92 Vgl. Cybo-Ottone/Di Noia/Murgia, Recent Developments in the Structure of Securities Markets, BWP Fin Serv 2000, 223 (239). Vgl. auch Domowitz, Electronic Derivatives Exchanges, Quarterly Review of Economics and Finance 35 (1995), 163 (168); Hasan/Schmiedel, Do networks in the stock exchange industry pay off?, S. 9. 93 Vgl. Malkamäki, Are there Economies of Scale in Stock Exchange Activities?, S. 23. 94 Bei IBIS II war eine solche Abrede im Innenverhältnis deshalb entbehrlich, weil die FWB die Zugangsgewähr zum IBIS-Handel für Regionalbörsenteilnehmer vom direkten Abschluss eines (zusätzlichen, aber systemwidrigen, vgl. unten Teil 2, Abschnitt 1, A. I., S. 106) privaten Systemnutzungsvertrags zwischen Regionalbörsenteilnehmer und ihrem Trägerunternehmen, der Frankfurter Börse AG, abhängig gemacht hat. Die Nutzungsentgelte wurden auf Basis dieses privatrechtlichen Vertrags eingehoben, vgl. o. V., Börsen finden Ibis-Kompromiß, Börsen-Zeitung v. 6. September 1991, S. 1. Richtigerweise können die Entgelte für die gesamte Börsendienstleistung nur öffentlich-rechtlich von der zugangsgewährenden Börsenanstalt erhoben werden. Da im Falle von IBIS II der Regionalbörsenteilnehmer ausschließlich in einem öffentlich-rechtlichen Nutzungsverhältnis zur Regionalbörse stand, hätten auch nur hier Nutzungsgebühren erhoben werden können. Intern wäre einer partielle Weiterleitung an die FWB zu vereinbaren gewesen. Diese Konstruktion wurde zutreffend in Bezug auf die Sicherheitsleistung gewählt. Hier sollten die Regionalbörsen eine erhöhte Sicherheitsleistung vom Handelsteilnehmer fordern, wobei deren Umfang auch das Volumen der in IBIS getätigten Geschäfte berücksichtigen sollte, vgl. Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 (254). 95 Svindland, Elektronische Märkte, S. 103 (118 f.). 96 Wymeersch, Harmonisation, S. 10. Zur Harmonisierung der Handelsregeln bei IBIS II vgl. Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 (255). Bei Euronext vgl. Euronext N. V., Comprehensive Paper, S. 8; Daigre, Les nouvelles règles de marché, RDBF 2001, 213 f.

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papiere auch hinsichtlich der impliziten Transaktionskosten an, wodurch die Preisbildung umso effizienter wird. Aus vergleichbaren Gründen werden die Kooperationspartner zumindest mittelfristig auch eine Vereinheitlichung der Wertpapierzulassungsstandards und eine gemeinsame Handelssegmentierung anstreben,97 die sodann Basis gemeinsamer Indizes sein kann.98 Verpflichten sich die Kooperationspartner aber solchermaßen zu einer Vereinheitlichung der Regelwerke, so bedeutet dies notwendigerweise, dass auch deren Fortentwicklung fortan nur noch im Konsens zwischen den Partnern erfolgen kann.99 In der Praxis tritt sodann häufig die Zentralisierung des Infrastrukturbetriebs bei einem der Kooperationspartner hinzu, um auf diese Weise auch produktionsseitige Skaleneffekte auszuschöpfen.100 b) Doppelzulassungsmodell Im hier als Doppelzulassungsmodell bezeichneten Fall wird das erforderliche Regelungsdreieck schlicht dadurch hergestellt, dass die hinzukommenden Handelsteilnehmer ein zusätzliches Zulassungsrechtsverhältnis mit dem aufnehmenden Börsenbetreiber abschließen.101 Dieses vermittelt dem auf97 Clausen/Sørensen, Competition and Cooperation between Stock Exchanges in Europe, EBOR 3 (2002), 371 (401); Wymeersch, Harmonisation, S. 10. Vgl. zur ökonomischen Logik einheitlicher Wertpapierzulassungsstandards allg. Mues, Börse, S. 202. Zur Harmonisierung der Zulassungsstandards bei Euronext Euronext N. V., Comprehensive Paper, S. 10 f.; Hirsch/Marquette, Euronext leads the way for European exchange mergers, IFLR 2000, 18 (22). 98 Vgl. bei Euronext de ter Beerst, Euronext, Bulletin Joly Bourse 2001, 419 (422); Hirsch/Marquette, Euronext leads the way for European exchange mergers, IFLR 2000, 18 (21). 99 Zur vergleichbaren Lage innerhalb der Euronext-Gruppe Daigre, Les nouvelles règles de marché, RDBF 2001, 213: Regelwerke werden formell als solche der rechtlich selbständigen nationalen Betreibergesellschaften in Kraft gesetzt, obgleich die Erarbeitung zwingend zentral auf Gruppenebene erfolgt. 100 Allg. Hasan/Malkamäki, Are expansions cost effective for stock exchanges? Journal of Banking & Finance 25 (2001), 2339 (2346); Malkamäki, Are there Economies of Scale in Stock Exchange Activities?, S. 23. Bei Euronext: Stéphan, Misconduct across Jurisdictions, S. 4, bei Eurex: Potthoff/Widmer, Eurex als Modell, ARP 187 (192). 101 Praktiziert wird das Doppelzulassungsmodell bei Eurex, vgl. Potthoff/Widmer, Eurex als Modell, ARP 187 (191) sowie bei Euronext, vgl. Hirsch/Marquette, Euronext leads the way for European exchange mergers, IFLR 2000, 18 (21); Stéphan, Misconduct across Jurisdictions, S. 8. Dabei wird die wechselseitige Doppelmitgliedschaft der Handelsteilnehmer gemeinhin als cross-membership bezeichnet, vgl. Nobel, Börsenallianzen und -fusionen, FS Lutter 2000, 1485 (1507). Die Literatur differenziert jedoch meist nicht danach, ob es sich lediglich um eine erleichterte fakultative Mehrfachmitgliedschaft oder um die zwingende Koppelung der wechselsei-

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nehmenden Betreiber in Bezug auf die bei ihm angesiedelten Orderbücher die nötigen Eingriffsrechte sowie auch den Handelsteilnehmern den Anspruch auf Regelung zu ihren Gunsten. Um auf diesem Wege jedoch die kommerziell erforderliche generelle Zugangsöffnung der Orderbücher des aufnehmenden Betreibers für alle Handelsteilnehmer des zugangsvermittelnden Betreibers zu ermöglichen, muss sichergestellt sein, dass sämtliche Handelsteilnehmer des zugangsvermittelnden Betreibers zeitgleich mit der dortigen Zulassung stets auch ein Zulassungsrechtsverhältnis mit dem aufnehmenden Betreiber eingehen.102 Hierzu werden beide Zulassungen durch eine wechselseitige Bedingung aneinander gekoppelt. Neben dieser konstruktiv zwingenden Koppelung wird meist eine äußerliche Verbindung der beiden de jure separaten Zulassungsrechtsverhältnisse zu einem einzigen Vertragswerk vorgenommen und zugleich versucht, den Vertragsabschlussprozess beim zugangsvermittelnden Betreiber zu konzentrieren, um so den Eindruck der Unizität des Börsenzugangs beim Nutzerpublikum zu verstärken.103 Hierzu erteilen sich die Betreiber beispielsweise wechselseitig Vollmacht, so dass jeder Betreiber im Idealfall zugleich für sich selbst im eigenen Namen sowie für den aufnehmenden Betreiber in dessen Namen einen Zulassungsvertrag abschließen kann. Ähnliches gilt im Bereich eventueller Vollzugsakte gegenüber Handelsteilnehmern, wo über wechselseitige Stellvertretung oder Botenschaft ebenfalls versucht wird, nach Möglichkeit nur den zugangsvermittelnden Betreiber in Erscheinung treten zu lassen.104 In einer zugrundeliegenden Kooperationsabrede verpflichten sich die Partner wechselseitig zur Vornahme der geschilderten Maßnahmen, wobei tigen Zulassungen handelt. Ausschließlich letztere kann eine marktkonzentrative Wirkung entfalten. 102 Vgl. in Bezug auf Euronext Daigre, Euronext: en route vers le futur!, RDBF 2001, 65 (66), der die zentrale Rolle der umfassenden cross-membership betont, allerdings ohne Begründung. Ähnlich in Bezug auf Eurex Kurth, Börsenkooperationen, sub „Zulassungsrechtliche Fragen“. 103 Zur Zusammenfassung der mehreren Zulassungsrechtsverhältnisse in einem einzigen Vertragswerk bei Euronext vgl. Hirsch/Marquette, Euronext leads the way for European exchange mergers, IFLR 2000, 18 (21): „[. . .] enter into a new single admission agreement, co-signed by the three market undertakings.“ Insbesondere in Bezug auf den Terminmarkt Euronext.LIFFE vgl. Euronext N. V., Admission Agreement for Euronext Derivates Membership. 104 Zur Sanktionierung ausschließlich durch den zugangsvermittelnden Betreiber bei Euronext siehe chapter 9 Euronext Rule Book – Book I. Zur Konstruktion bei Eurex vgl. Kurth, Problematik grenzüberschreitender Wertpapieraufsicht, WM 2000, 1521 (1522): Beauftragung des ortsansässigen Börsenbetreibers. Zur ähnlichen Konstruktion bei der gescheiterten DTB-MATIF-Kooperation Schuster, Die internationale Anwendung des Börsenrechts, S. 241.

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auch hier auf technisch-infrastruktureller Ebene als weitere konstruktiv zwingende Maßnahme die laufende Kompatibilität der Handelssysteme hinzukommt. Daneben werden zwecks vollständiger Ausschöpfung der kommerziellen Potentiale auch hier die bereits im Rahmen des Erweiterungsmodells dargestellten weiteren Angleichungen der Nutzungsentgelte und Regelwerke vereinbart sowie eine Zentralisierung des Infrastrukturbetriebs angestrebt. 2. Auswirkungen auf Betreiber- und Marktebene

Mit beiden Konstruktionsmodellen kann das kommerzielle Anliegen erreicht werden, dass nach Vernetzung zur gemeinsamen Handelsplattform jeder Handelsteilnehmer sowohl des A- als auch des B-Betreibers Zugang zur erweiterten Produktpalette hat und dass in jedem Orderbuch der börsliche Charakter des Handels erhalten bleibt: Im Ergebnis besteht also in jedem einzelnen Orderbuch eine einheitliche, nunmehr alle Handelsteilnehmer umfassende personelle Reichweite. Es stellt sich dann die weitere Frage, ob die auf der gemeinsamen Handelsplattform nebeneinander stehenden Orderbücher zur sachlichen Reichweite zweier getrennter oder vielmehr einer einzigen sachlich erweiterten Börse gehören. Dies bestimmt sich nach den im Strukturmodell ermittelten Kriterien, wonach mehrere je individuell börsliche Orderbücher zur sachlichen Reichweite einer Börse gehören, wenn der Zugang zu diesen Orderbüchern von allen Handelsteilnehmern nur jeweils im Bündel erworben werden kann. Im Erweiterungsmodell ist dies aufgrund der sachlichen Erweiterung des Zugangsvertrags beider Betreiber auf die gesamte Produktpalette offensichtlich der Fall. Im Doppelzulassungsmodell erstreckt sich der Zulassungsvertrag eines jeden Betreibers zwar nur auf die bei ihm angesiedelten Orderbücher, infolge der zwingenden Koppelung der beiden Zugangsverträge ist aber auch hier der Zugang zu allen Orderbüchern nur jeweils im Bündel erhältlich. In beiden Konstruktionsmodellen ergibt sich also, dass alle auf der gemeinsamen Handelsplattform gehandelten Wertpapiere zur sachlichen Reichweite eines einzigen börslichen Marktes gehören. Bei Errichtung einer gemeinsamen Handelsplattform kommt es also nicht zum Fortbestand zweier getrennter börslicher Märkte mit bloß vernetzungsbedingt identischer personeller Reichweite, sondern es liegt im ökonomisch-funktionalen Sinn eine einzige, personell wie sachlich erweiterte Börse vor.105 105

Im Ergebnis ebenso Domowitz, Electronic Derivatives Exchanges, Quarterly Review of Economics and Finance 35 (1995), 163 (167 f.). In Bezug auf Eurex tendiert offenbar auch Breitkreuz, Börse, S. 179 ff. zur Annahme einer einzigen Börse im ökonomischen wie auch rechtlichen Sinn. A. A. hingegen Hopt, Eurex, FS Schimansky 1999, S. 631 (649): Im wirtschaftlichen Sinne eine Börse, nicht aber im

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Auf Betreiberebene ist die strukturelle Auswirkung der zugrundeliegenden Kooperationsabrede zu klären. Diese hängt vom Inhalt der Vereinbarung ab. Er richtet sich zwar auf eine dauerhafte und vergleichsweise enge Kooperation beim Betrieb der gemeinsamen Handelsplattform, doch soll mit Rücksichtnahme auf nationale Empfindlichkeiten gerade keine Außengesellschaft entstehen, die als neues Rechtssubjekt dann automatisch die Rolle der nunmehr alleinigen Börsenbetreiberin innehätte. Vielmehr wollen die bisherigen Betreiber auch weiterhin im Außenverhältnis als Börsenbetreiber fungieren,106 so dass es bei einer rein schuldrechtlichen Kooperation im Innenverhältnis bleibt, welche die Betreibergesellschaften rechtlich wie auch unternehmerisch selbständig lässt.107 Die interne Arbeitsteilung erfolgt typischerweise dergestalt, dass jeder Betreiber als „Zugangstor“ für diejenigen Handelsteilnehmer fungiert, die den Börsenzugang im Sitzland des jeweiligen Betreibers suchen. Entsprechendes gilt für die Wertpapiere, wo jedem Betreiber diejenigen Orderbücher zum federführenden Betrieb zugeordnet sind, deren Wertpapier von ihm zugelassen bzw. einbezogen wurde.108

rechtlichen. Ähnlich Christoph, Börsenkooperationen, S. 61; Potthoff/Widmer, Eurex als Modell, ARP 187 (188). In Bezug auf Euronext vgl. Vauplane/Bornet, Droit des Marchés Financiers, no. 242–1, S. 255: „marché unique avec maintien des bourses locales“ sowie ähnlich Daigre, Droit Boursier et des Marchés Financiers, JCP EA 2001, 28; unklar dagegen Bonneau, De la fusion des bourses (à propos d’Euronext): mythe ou réalité? Bulletin Joly Bourse 2000, 539 (540): Tendenz zur einheitlichen Börse („l’on tend vers un marché unique“). Bei gemeinsamer Handelsplattform im Ansatz für eine einheitliche Börse hingegen schon Vaupel, Genehmigungszuständigkeit, RIW 1993, 733 (737), der im Ergebnis in Bezug auf die DTB-MATIF-Kooperation allerdings mangels Bildung einheitlicher Börsenorgane doch zwei getrennte Börsen annahm. Hierin liegt freilich eine Vermischung von Tatbestand und Rechtsfolgen: Nicht weil einheitliche Börsenorgane geschaffen werden, liegt eine Börse im ökonomisch-funktionalen Sinn vor, sondern umgekehrt: Weil eine einheitliche Börse im ökonomisch-funktionalen Sinn vorliegt, verlangt das deutsche Börsenrecht auch „gemeinsame“ Organe zu bilden, d.h. also etwa künftige Börsenratswahlen unter Einbeziehung der gesamten erweiterten Handelsteilnehmer- und Emittentenschaft abzuhalten. 106 Vgl. Lee, The Future of Securities Exchanges, S. 10; Théodore, Euronext: un système intégré, Banque stratégie 2000, 2. Zur vergleichbaren Interessenlage bei der Betreiberkonzernierung siehe auch schon oben I. 1., S. 75 f. 107 Vgl. Bagheri/Nakajima, Competition and Integration among Stock Exchanges, OJLS 2004, 69 (84); Clausen/Sørensen, Competition and Cooperation between Stock Exchanges in Europe, EBOR 3 (2002), 371 (388). 108 Zu dieser Aufteilung etwa bei Euronext siehe Euronext N. V., Comprehensive Paper, S. 8. Svindland, Elektronische Märkte, S. 103 (117) spricht hierbei von einer „natürlichen Arbeitsteilung“ bei grenzüberschreitender Konsolidierung.

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Teil 1: Das Phänomen der grenzüberschreitenden Börsenkonzentration 3. Beispiele

Ein frühes und sehr erfolgreiches Beispiel einer grenzüberschreitenden gemeinsamen Handelsplattform ist die Terminbörse Eurex, betrieben von der Eurex Deutschland als Anstalt des deutschen öffentlichen Rechts und der Eurex Zürich AG.109 Sie entstand 1998 durch Vernetzung der elektronischen Handelsplattformen der ehedem selbständigen Börsen Eurex Deutschland (ehemals DTB) und Eurex Zürich (ehemals Soffex), nachdem schon zuvor an beiden Börsen die gleiche Handelstechnologie eingeführt worden war.110 Die technische Vernetzung ging mit der rechtlichen Koppelung der Börsenzulassungen zu „beiden“ Börsen für sämtliche Handelsteilnehmer und Produkte einher111 und es folgte eine Vereinheitlichung des Regelwerks.112 Als Grundlage dieser marktseitigen Konsolidierung wurde, nachdem zuvor ähnliche Kooperationspläne der DTB mit der französischen MATIF auf rein kooperationsvertraglicher Basis gescheitert waren,113 allerdings eine Konzernverbindung gewählt: Das Trägerunternehmen der Eurex Deutschland, die Eurex Frankfurt AG, steht im 100%igen Anteilsbesitz der schweizerische Betreibergesellschaft Eurex Zürich AG, die ihrerseits eine gemeinschaftlich gehaltene Tochter der schweizerischen SWX AG und der Deutsche Börse AG ist.114 Zur Eurex-Familie gehört seit 2004 auch die US. Futures Exchange L.L.C. als 80%ige Tochter der Eurex Frankfurt AG und Betreiberin der neugegründeten Derivatebörse Eurex US.115 Eine marktseitige Verbindung zur deutsch-schweizerischen Eurex besteht hier allerdings nicht. Das Modell der gemeinsamen Handelsplattform wurde sodann in 2000 auch bei Euronext gewählt, um auf Basis der Konzernverbindung der nationalen Börsenbetreibergesellschaften unter dem Dach der Euronext N. V. (siehe hierzu schon oben I. 3.) die angestrebte marktseitige Konzentration 109 Vgl. Nr. 1 Börsenordnung für die Eurex Deutschland und die Eurex Zürich. Näher Potthoff/Widmer, Eurex als Modell, ARP 1998, 187 (188 f.). 110 Potthoff/Widmer, Eurex als Modell, ARP 1998, 187 (187 f. und 192). 111 Vgl. Hoppmann, Europarechtliche Entwicklungen im Börsenrecht, S. 45; Kurth, Börsenkooperationen, sub „Zulassungsrechtliche Fragen“; Potthoff/Widmer, Eurex als Modell, ARP 1998, 187 (191). 112 Siehe hierzu die inhaltlich identischen Regelungen der Eurex Deutschland und der Eurex Zürich, die auch äußerlich in einem einzigen Dokument, der sog. Börsenordnung für die Eurex Deutschland und die Eurex Zürich, zusammengefasst sind. 113 Siehe die Beschreibung der seinerzeit geplanten Kooperation bei Prechtel, Grenzüberschreitende Wertpapierhandelssysteme, S. 42; Vaupel, Genehmigungszuständigkeit, RIW 1993, 733 ff. 114 Siehe Potthoff/Widmer, Eurex als Modell, ARP 1998, 187 (188). 115 Siehe unter www.eurexus.com/about/company_info/exchange.htm zur Konzernstruktur und Tätigkeitsbereich der Eurex US.

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herbeizuführen.116 Es erfolgte hierzu eine Vernetzung der Märkte auf Basis der Handelstechnologie NSC, überwölbt von einer wechselseitigen Verkoppelung der Handelsteilnehmerzulassungen bei allen drei Börsenbetreibern,117 wobei diese Mehrfachzulassung im Außenverhältnis aber weitestmöglich bei einer vom Nutzer zu wählenden Betreibergesellschaft als „Zugangstor zur gemeinsamen Handelsplattform“ abgewickelt wird.118 An ihre Stelle soll künftig ein einziges, lediglich sachlich erweitertes Zulassungsrechtsverhältnis treten, das jeder Handelsteilnehmer allein mit seinem „Zugangstor“ eingeht.119 Euronext verfügt inzwischen über vereinheitlichte Handelsregeln120 sowie einheitliche Zulassungsstandards- und gebühren für Handelsteilnehmer.121 Ebenso besteht eine einheitliche Handelssegmentierung sowie einheitliche Indizes.122 In diese Architektur wurden nach Übernahme der BVLP im Laufe von 2003 auch die Börsen von Lissabon und Porto integriert.123 Euronext N. V. hat zudem in 2002 mit der LIFFE (Holdings) plc. die Betreibergesellschaft der größten Londoner Terminbörse als 100%ige Tochter erworben und strebt mittelfristig auch im Derivatehandel die Errichtung einer gemeinsamen Handelsplattform an.124 Eine gemeinsame Handelsplattform besteht auch innerhalb des NorexBörsenverbunds zwischen der Kopenhagener, Stockholmer und Helsinkier Börse, deren Betreiber unter dem Dach der OMX AB konzernverbunden sind. Mit der Zulassung zu einer dieser Börsen wird automatisch zugleich die Zulassung zu den jeweils beiden anderen Börsen erlangt.125 Die gemeinsame Handelsplattform erstreckt sich indes nicht auf die Börsen der übrigen unter OMX AB konzernierten Betreibergesellschaften. Diese verwenden zwar schon weitgehend die SAXESS-Handelstechnologie, es be116 Eingehende Darstellung etwa in Euronext N. V., Comprehensive Paper, auch abgedruckt bei Bonneau, De la fusion des bourses (à propos d’Euronext): mythe ou réalité? Bulletin Joly Bourse 2000, 539 (541 ff.). 117 Euronext N. V., Members User Guide, S. 11 f.; Stéphan, Misconduct across Jurisdictions, S. 8. 118 Euronext N. V., Members User Guide, S. 13. 119 Vgl. Stéphan, Misconduct across Jurisdictions, S. 8. 120 Chapter 4 Euronext Rule Book – Book I; Euronext N. V., Euronext: organisation et fonctionnement, S. 12. 121 Chapter 2 Euronext Rule Book – Book I. 122 Chapter 6 f. Euronext Rule Book – Book I; Euronext N. V., Euronext: organisation et fonctionnement, S. 9 f. 123 Euronext N. V., Annual Report 2003, S. 6. 124 Vgl. Euronext N. V., How the Euronext.LIFFE Markets work, S. 2 f. Bislang wird nur eine sehr stark vereinfachte Mehrfachmitgliedschaft der Handelsteilnehmer der beteiligten kontinentalen Derivatebörse auf der LIFFE-Derivatebörse angeboten, vgl. Nr. 2601/1 Euronext Rule Book – Book I. 125 Nr. 4.2.1 S. 5 Norex Member Rules.

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Teil 1: Das Phänomen der grenzüberschreitenden Börsenkonzentration

steht jedoch nur die fakultative Möglichkeit einer – wenn auch stark vereinfachten – Mehrfachmitgliedschaft für die Handelsteilnehmer.126 Während sich im internationalen Bereich mit Eurex, Euronext und Norex erfolgreiche gemeinsame Handelsplattformen nur auf Basis einer Betreiberkonzernierung beobachten lassen – zwei logisch zu trennende Konzentrationsphänomene, die hier separat betrachtet werden sollen –, fand sich im innerdeutschen Bereich mit IBIS II von 1992 bis 1997 ein erfolgreiches Beispiel einer rein kooperationsvertraglich fundierten gemeinsamen Handelsplattform. Es handelte sich hierbei um eine Kooperation zwischen der FWB und den Regionalbörsen auf Basis des Erweiterungsmodells, allerdings mit der Besonderheit, dass seinerzeit nur die FWB über ein elektronisches Handelssystem verfügte und demgemäß nicht die elektronischen Handelsplattformen mehrerer Börsen miteinander vernetzt wurden, sondern lediglich den Regionalbörsen gestattet wurde, durch Erweiterung des jeweiligen Zulassungsrechtsverhältnisses ihren Handelsteilnehmern den Zugang zum elektronischen Handel auf IBIS II (später Xetra) als Teil ihrer regionalen Börsendienstleistung anzubieten.127 Intern wurde zwischen den Börsenanstalten und ihren Trägerunternehmen eine qualifizierte Kooperationsabrede abgeschlossen, in der sich die FWB und ihr Trägerunternehmen verpflichteten, den Regionalbörsenteilnehmern die Handelsteilnahme im elektronischen Handelssystem zu ermöglichen128 und in dem sich umgekehrt die Regionalbörsenanstalten verpflichteten, ihre aus dem sachlich erweiterten Zulassungsrechtsverhältnis resultierenden Sanktionskompetenzen über die Regionalbörsenteilnehmer intern auf die FWB „zur Ausübung“ zu übertragen.129 III. Lokale Konzentration von Handelssegmenten 1. Erforderliche Strukturmaßnahmen

Bei der lokalen Konzentration von Handelssegmenten soll zwischen zwei kooperierenden Börsenbetreibern (A und B) die Konzentration des gesamten Handels in einem Handelssegment an je einer der Börsen erreicht werden, also z. B. der gesamte Standardwertehandel fortan an der A-Börse, der gesamten Wachstumswertehandel an der B-Börse stattfinden. 126

Nr. 4.2.1 S. 3 Norex Member Rules. Vgl. Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 (ibid. und 252 f.); o. V., Börsen finden Ibis-Kompromiß, Börsen-Zeitung v. 6. September 1991, S. 1. 128 Beck, Xetra, WM 1998, 417 (419); Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 (252); o. V., Börsen finden Ibis-Kompromiß, Börsen-Zeitung v. 6. September 1991, S. 1. 129 Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 (253); o. V., Börsen finden IbisKompromiß, Börsen-Zeitung v. 6. September 1991, S. 1. 127

Abschnitt 3: Die grenzüberschreitende Börsenkonzentration

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Hierzu müssen zunächst die bisher noch an der B-Börse bestehenden Handelsmöglichkeiten für Standardwerte an die A-Börse verlegt werden. Zu diesem Zweck muss B als abgebender Betreiber durch Schließung der Orderbücher die Handelsmöglichkeit für Standardwerte einstellen, während A als aufnehmender Betreiber eine entsprechende Handelsmöglichkeit einrichtet. Entsprechendes findet umgekehrt für Wachstumswerte statt. Da die Einrichtung einer Handelsmöglichkeit, wie oben Abschnitt 2, C. II. (S. 57 f.) gezeigt, grundsätzlich sowohl mit einer vorherigen prüfungsgebundenen Wertpapierzulassung unter Mitwirkung des Emittenten als auch aufgrund bloß einseitiger Einbeziehung durch den Börsenbetreiber erfolgen kann, ergeben sich zwei Modelle der lokalen Konzentration von Handelssegmenten: a) Einstellungs-Zulassungs-Modell Diese konstruktiv einfachere Methode verlangt die vollständige Einstellung des Standardwertesegments durch B als abgebenden Betreiber. Vollständige Einstellung bedeutet, dass B für Standardwerte keinerlei Wertpapierzulassungsdienstleistung mehr erbringt, also weder die sich im Zulassungsakt manifestierende Qualitätszertifizierung vornimmt noch eine Handelsmöglichkeit eröffnet.130 Den fortan nicht mehr bedienten Emittenten empfiehlt B die Nutzung der vom Kooperationspartner betriebenen Spezialisierungsbörse, wobei über Migrationshilfen – beispielsweise eine Erstattung der Mehrkosten für eine erneute Wertpapierzulassung – der tatsächliche Wechsel zu dieser Börse gefördert werden kann. An der A-Börse erfolgt dann die (erneute bzw. im Falle von Neuemittenten erstmalige) Zulassung des Wertpapiers ins Standardwertesegment und die Eröffnung einer Handelsmöglichkeit.131 Auf gleiche Weise stellt umgekehrt A als abgebender Betreiber sein Wachstumswertesegment vollständig zugunsten des B ein. Auch ihren jeweiligen Handelsteilnehmern empfehlen die Betreiber für nicht mehr bediente Handelsbedarfe die Nutzung der Kooperationsbörse, wobei wiederum Migrationshilfen – etwa die Erstattung technischer Umrüstungskosten auf die Handelssysteme des Kooperationspartners – gewährt werden können.132 130

Vgl. Wymeersch, Harmonisation, S. 11. Vgl. Wymeersch, Harmonisation, S. 11. 132 Vgl. beim iX-Projekt: Deutsche Börse AG, iX – Bericht des Vorstands, S. 23; o. V., LSE hofiert Anteilseigner, Börsen-Zeitung v. 18. Juli 2000, S. 5: GBP 30.000,00 pro Handelsteilnehmer für die erforderliche Umrüstung der LSE-Handelsteilnehmer auf die Xetra-Technologie. Bei virt-x waren technische Migrationshilfen für die Handelsteilnehmer entbehrlich, da auch das Handelssystem der virt-x auf SWX-Technologie betrieben werden sollte, vgl. Nobel/Blair/Schönholzer, virt-x: a real European Exchange, SZW 2001, 217 (218). 131

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Teil 1: Das Phänomen der grenzüberschreitenden Börsenkonzentration

Basis der Kooperation muss ein rechtsverbindlicher Vertrag sein, da die Einstellung eines Handelssegmentes im Falle mangelnder Abredetreue des Partners ein großes wirtschaftliches Risiko für jeden Börsenbetreiber bedeutet.133 Im Kooperationsvertrag verpflichten sich beide Seiten jeweils in ihrer Rolle als abgebender Betreiber rechtsförmlich zur dauerhaften Einstellung des jeweiligen Spezialisierungssegments ihres Kooperationspartners. Praktisch dürfte eine Vereinbarung über die wechselseitige Gewähr von Migrationshilfen hinzutreten. b) Reduktions-Einbeziehungs-Modell Stößt das Einstellungs-Zulassungsmodell wegen einer eventuell noch fortbestehenden Präferenz der Emittenten für eine Qualitätszertifizierung nach Heimatrecht134 auf Akzeptanzprobleme, dann können sich die Kooperationspartner die logische Trennbarkeit der Qualitätszertifizierungs- und Handelseröffnungskomponenten der Wertpapierzulassungsdienstleistung zunutze machen.135 Die Konzentration des Standardwertehandels bei A kann dann wie folgt vonstatten gehen: Der Betreiber B tritt zwar gegenüber seinem heimischen Standardwerte-Emittenenpublikum weiterhin als Anbieter der Wertpapierzulassungsdienstleistung auf, erbringt diese jedoch nur hinsichtlich der Zertifizierungskomponente durch eine prüfungsgebundene Zulassung nach seinen Qualitätsstandards selbst, während die Eröffnung der tatsächlichen Handelsmöglichkeit durch Einrichtung eines Orderbuchs an der Spezialisierungsbörse durch A erfolgt.136 Der aufnehmende Betreiber A ist hierbei Erfüllungsgehilfe des abgebenden Betreibers B. Ist die Handelsmöglichkeit an der A-Börse aus Sicht der Handelsteilnehmer ähnlich attraktiv wie die bisherige an der B-Börse, so kann den Emittenten eine bedarfsgerechte Wertpapierzulassungsdienstleistung angeboten und dennoch die lokale Konzentration der Handelsmöglichkeit für Standardwerte an der 133 Vgl. Clausen/Sørensen, Competition and Cooperation between Stock Exchanges in Europe, EBOR 3 (2002), 371 (388 f.). Wymeersch, Harmonisation, S. 11, sieht in der lokalen Konzentration sogar eine weiterhegende (und kommerziell umso riskantere) Integration als in der Errichtung einer gemeinsamen Handelsplattform. 134 Eine solche Präferenz der Emittenten resultiert aus entsprechenden Präferenzen (sog. home bias) vor allem des Privatanlegerpublikums, vgl. hierzu unten Teil 3, Abschnitt 3, A. III. 3. b) bb) (2), S. 495. 135 Vgl. Beck, Für Aufnahme in das Standardwerte-Segment von iX genügt die Zulassung in Deutschland, FAZ v. 25. Juli 2000, S. 32; Nobel/Blair/Schönholzer, virt-x: a real European Exchange, SZW 2001, 217 (222); Schönholzer, virt-x: eine europäische Börse mit Schweizer Beteiligung, ARP 2001, 139 (144 f.). 136 Vgl. bei virt-x Nobel/Blair/Schönholzer, virt-x: a real European Exchange, SZW 2001, 217 (222) sowie SWX Swiss Exchange, virt-x – Regulatorische Rahmenbedingungen für Emittenten, Rn. 5 ff. und 18.

Abschnitt 3: Die grenzüberschreitende Börsenkonzentration

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A-Börse erreicht werden.137 Entsprechend erfolgt umgekehrt die Konzentration des Wachstumswertehandels an der B-Börse. Ihren jeweiligen Handelsteilnehmern empfehlen beide Betreiber für nicht mehr bediente Handelsbedarfe wiederum die Nutzung der Kooperationsbörse. Die Betreiber nehmen also keine Volleinstellung des abzugebenden Handelssegments vor, sondern gleichsam eine Reduktion zum bloßen Zulassungssegment, während beim aufnehmenden Betreiber statt einer Zulassung des Wertpapiers lediglich eine Einbeziehung in den Handel erfolgt. Dieses Reduktions-Einbeziehungsmodell bewirkt den Umbau der Produktpalette demnach ohne Migration der Emittenten über eine reine Verlagerung der tatsächlichen Handelsmöglichkeiten. Die zugrundeliegende Kooperationsabrede hat hier einen qualifizierten Inhalt, verpflichten sich beide Seiten doch nicht nur zur dauerhaften Reduktion des abzugebenden Segments, sondern umgekehrt in ihrer Rolle als aufnehmender Betreiber auch zur Einrichtung einer Handelsmöglichkeit für sämtliche vom Partner ins Spezialisierungssegment zugelassenen Wertpapieren. Erst diese interne Einbeziehungsverpflichtung des aufnehmenden Betreibers ermöglicht es dem abgebenden Betreiber, gegenüber seinen Emittenten weiterhin eine vollwertige Wertpapierzulassungsdienstleistung zu erbringen. Zu den konstruktiv zwingenden Abreden tritt praktisch auch hier die Absprache von Migrationshilfen, sowie gegebenenfalls eine Regelung der internen Vergütung durch teilweise Weiterleitung der vom Emittenten erhobenen Entgelte durch den zulassenden Börsenbetreiber an den das Orderbuch betreibenden Kooperationspartner. 2. Auswirkungen auf Betreiber- und Marktebene

Nach einem solchen Umbau der Produktpaletten sind die Handelsmöglichkeiten aller vormals an der A- und B-Börse gehandelten Standardwerte an der A-Börse konzentriert, die aller Wachstumswerte an der B-Börse. Durch Zu- und Abwanderungen je nach Produktpalettenpräferenzen kommt es sodann auch zu einer gewissen Veränderung der Handelsteilnehmerschaften.138 Auf Marktebene bewirkt dies zwar eine Änderung der personellen Zusammensetzung, jedoch verfügen beide Börsen nach wie vor über getrennte personelle Reichweiten. Auch in sachlicher Hinsicht bestehen ge137

Vgl. Nobel/Blair/Schönholzer, virt-x: a real European Exchange, 217 (218). Vgl. bei virt-x Nobel/Blair/Schönholzer, virt-x: a real European Exchange, SZW 2001, 217 (218 mit Fn. 13); Schönholzer, virt-x: eine europäische Börse mit Schweizer Beteiligung, ARP 2001, 139 (141): Die meisten SWX-Teilnehmer haben, sofern sie weiterhin schweizerische Standardwerte handeln wollen, eine Zulassung zu virt-x erlangt. 138

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trennte Reichweiten, ist doch der Zugang zum Handel in Standardwerten an der A-Börse unabhängig von demjenigen für Wachstumswerte an der B-Börse erhältlich. Dabei liegt in dieser Entbündelung des Börsenzugangs nach Wertpapierkategorien gerade der angestrebte Spezialisierungseffekt.139 Auf Betreiberebene hat die Kooperationsabrede aus gleichen Gründen wie die der gemeinsamen Handelsplattform zugrundeliegende Abrede keinen organisationsrechtlichen Charakter im Sinne eines Außengesellschaftsvertrags,140 sondern begründet nur eine schuldrechtliche interne Kooperationspflicht. Nach Umsetzung einer lokalen Konzentration von Handelssegmenten bestehen also zwei separate börsliche Märkte mit neuem personellem und sachlichem Zuschnitt, getragen von zwei rechtlich selbständigen Börsenbetreibern. 3. Beispiele

Im internationalen Bereich ist die lokale Konzentration von Handelssegmenten bislang nur auf Basis des Reduktions-Einbeziehungsmodells unternommen worden. Sie war beim iX-Projekt der Londoner und Frankfurter Börsen als Ergänzung der Betreiberkonzernierung geplant. Hierbei sollte unter Beibehaltung der Möglichkeit einer Zulassung an der jeweiligen Heimatbörse der Standardwertehandel in London, der Wachstumswertehandel in Frankfurt konzentriert werden.141 Praktiziert wird seit 2001 eine lokale Konzentration des Standardwertehandels an der Londoner Börse virt-x (ehemals Tradepoint) auf Basis einer Kooperation zwischen der schweizerischen SWX AG und der Londoner virt-x Ltd.142 Auch hier wird die ReduktionsEinbeziehungsmethode angewandt, indem schweizerische Standardwerteemittenten ihre Wertpapierzulassung weiterhin bei der SWX AG nach schweizerischen Zulassungsstandards erlangen, während der Handel an der virt-x erfolgt.143 Die Besonderheit liegt hierbei darin, dass nur eine „halbseitige“ lokale Konzentration durchgeführt wurde, fungiert doch die virt-x 139 Vgl. Beck, Für Aufnahme in das Standardwerte-Segment von iX genügt die Zulassung in Deutschland, FAZ v. 25. Juli 2000, S. 32. 140 Siehe oben unter II. 2., S. 87. 141 Beck, Für Aufnahme in das Standardwerte-Segment von iX genügt die Zulassung in Deutschland, FAZ v. 25. Juli 2000, S. 32; Deutsche Börse AG, iX – Bericht des Vorstands, S. 6, S. 13 f. 142 Nobel/Blair/Schönholzer, virt-x: a real European Exchange, SZW 2001, 217 ff.; Schönholzer, virt-x: eine europäische Börse mit Schweizer Beteiligung, ARP 2001, 139 ff.; vgl. auch o. V., Hunting where the ducks are, The Economist v. 30. Juni 2001, S. 68. 143 Nobel/Blair/Schönholzer, virt-x: a real European Exchange, SZW 2001, 217 (218); SWX Swiss Exchange, Geschäftsbericht 2000, S. 14.

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Ltd. nur als aufnehmender Betreiber, ohne selbst ein Handelssegment zugunsten der SWX AG abgegeben zu haben. Dabei ist auch im Falle von virt-x die marktseitige Konzentration nicht nur kooperationsvertraglich fundiert, sondern war von Anfang an durch eine gesellschaftsrechtliche Verbindung in Form eines 38,9%igen Anteilsbesitzes der SWX an der virt-x Ltd. getragen.144 In 2003 hat die SWX sämtliche Aneile an der virt-x Ltd. übernommen, so dass diese seither als 100%ige Tochter in die SWX-Gruppe eingebunden ist.145 Im innerdeutschen Bereich wurde schon seit 1995 ein ähnlicher, allerdings nicht segmentsspezifischer Versuch der lokalen Konzentration unternommen. Die Börsen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und München hatten seinerzeit kooperationsvertraglich vereinbart, den Handel von Nebenwerten im Interesse der Liquiditätsbündelung an jeweils einer Börse zu konzentrieren, und zwar an der vom Emittenten gewählten Erstzulassungsbörse. Ausschließlich dort sollte auch der Handel in dem betreffenden Wertpapier eröffnet werden.146

D. Der grenzüberschreitende Charakter einer Börsenkonzentration Angesichts ihrer praktischen Relevanz sowie spezifischen Rechtsproblematik beschränkt sich die Untersuchung im Weiteren auf grenzüberschreitende Börsenkonzentrationen, also Konzentrationsvorgänge zwischen Börsen, die verschiedenen Rechtsordnungen unterliegen. Hierfür bedarf es, jenseits der traditionellen Zuordnung einer Börse zu einem Staat, der Klärung, nach welchem Anknüpfungskriterium sich die internationale Anwendbarkeit des Börsenaufsichtsrechts bestimmt. Als Börsenaufsichtsrecht im engeren Sinn seien dabei diejenigen nationalen Rechtsregeln verstanden, die den Zugang zur Tätigkeit als Börsenbetreiber sowie die Ausgestaltung der Betreiberstruktur und der angebotenen Börsendienstleistung regeln. Angesichts ihrer gesamtökonomischen Relevanz sind diese Fragen in allen europäischen Rechtsordnungen und insbesondere in den beiden Vergleichsrechtsordnungen durch öffentliches Wirtschaftsrecht geregelt.147 Es gilt demnach grundsätzlich das Territorialitätsprinzip, so dass 144 Schönholzer, virt-x: eine europäische Börse mit Schweizer Beteiligung, ARP 2001, 139 (141); SWX Swiss Exchange, Geschäftsbericht 2000, S. 14. 145 Vgl. SWX Swiss Exchange, Geschäftsbericht 2003, S. 18. 146 Vgl. Schäfer-Peterhoff, § 2a BörsG Rn. 9 f. 147 Vgl. Vagts, Securities Regulation, S. 11 ff. No. 10–5 ff. Siehe insbesondere zur öffentlich-rechtlichen Qualifikation der börsenaufsichtsrechtlichen Bestimmungen des FSMA Wade/Forsyth, Administrative Law, S. 170 f.

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Teil 1: Das Phänomen der grenzüberschreitenden Börsenkonzentration

sich der Anwendungsbereich des Börsenaufsichtsrechts jeweils auf innerhalb eines Staatsgebiets lokalisierte Börsen erstreckt.148 Indes erweist es sich als ausgesprochen schwierig, die Lokalisierung einer Börse festzustellen, ist sie doch als Marktphänomen lediglich die gedankliche Zusammenfassung aktueller und potentieller Tauschbeziehungen und damit ein Abstraktum.149 Direkt lokalisierbar sind demgegenüber nur Personen oder Sachen. Eine Börse kann daher immer nur mittelbar durch Anknüpfung an ein mit dem börslichen Marktgeschehen zwingend verbundenes, seinerseits lokalisierbares Element verortet werden.150 Traditionellerweise geschah dies durch Anknüpfung an den Ort des Handelsparketts.151 Dieses Anknüpfungskriterium genügte dem völkerrechtlichen reasonablelink-Erfordernis, ermöglichte es doch die eindeutige Zuordnung zum Recht eines Staates und die sachgerechte Umsetzung der legitimen staatlichen Regelungsinteressen,152 die letztlich in der Funktionsoptimierung des inländischen Kapitalmarktes bestehen.153 Zu Zeiten des reinen Parketthandels setzte dieses Regelungsanliegen zwingend die Funktionsfähigkeit des auf den inländischen Handelsparketten stattfindenden Sekundärhandelsgeschehens voraus, war doch vor der Virtualisierung des Handelsgeschehens keine lokale Dissoziation des unmittelbar funktionsrelevanten Primärmarktes vom Sekundärhandelsgeschehen möglich.154 148 Licht, Stock Exchange Mobility, 41 Va J Intl L (2001), 583 (615); Schuster, Die internationale Anwendung des Börsenrechts, S. 68; Tenenbaum, L’application internationale du droit boursier, S. 90. 149 Tenenbaum, L’application internationale du droit boursier, S. 80; Remay/ Champarnaud, Places Financières et Concurrence entre Marchés Boursiers, Revue d’économie financière 57 (2000), 109 (118). Vgl. allg. zum Problem der Lokalisierung eines Marktes auch Langevoort, Cross-border Insider Trading, Dickinson J Intl Law 19 (2000), 161 (174 f.). 150 Unpraktikabel daher der Vorschlag von Schuster, Die internationale Anwendung des Börsenrechts, S. 240, für die Anwendbarkeit des deutschen Börsenaufsichtsrechts darauf abzustellen, „ob im Inland der Eindruck eines Marktes erweckt wird“, ist dieser Eindruck doch genauso wenig lokalisierbar wie der Markt selbst. 151 Schuster, Die internationale Anwendung des Börsenrechts, S. 68; Vaupel, Genehmigungszuständigkeit, RIW 1993, 733 (734). 152 Vgl. zu den völkerrechtlichen Anforderungen an Rechtsanwendungsregeln Meng, Extraterritoriale Jurisdiktion im öffentlichen Wirtschaftsrecht, S. 541 ff.; Ziegenhain, Extraterritoriale Rechtsanwendung und die Bedeutung des Genuine-LinkErfordernisses, S. 21 ff.; insbesondere in Bezug auf das Kapitalmarktrecht Schuster, Die internationale Anwendung des Börsenrechts, S. 38 ff. 153 Siehe schon oben unter Abschnitt 1, A. III., S. 42 f. sowie eingehend unten Teil 3, Abschnitt 2, A. II. 1., S. 396 ff. 154 Vor der Elektronisierung war die Börsennutzung wegen hoher Entfernungskosten im Wesentlichen nur inländisch möglich. Der elektronische remote access verbilligte die grenzüberschreitende Börsennutzung hingegen so sehr, dass beispielsweise seit Mitte der 1980er Jahre der Handel kontinentaleuropäischer Standardwerte

Abschnitt 3: Die grenzüberschreitende Börsenkonzentration

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Zwar wurde mit der Elektronisierung lediglich das Handelsparkett durch eine elektronische Handelsplattform ersetzt, doch erweist sich eine schlichte Anknüpfung an deren Zentralrechner aufgrund der Beliebigkeit seines Standortes sowie der in Zukunft zu erwartenden Möglichkeit, wechselnde dezentrale Rechnerkapazitäten zu nutzen, als untauglich.155 Das Regelungsanliegen der Funktionsoptimierung des inländischen Kapitalmarktes gebietet streng genommen eine Anknüpfung an den von einer Börse bedienten Zielmarkt, also an den Sitz der Handelsteilnehmer und Emittenten.156 Doch macht die zunehmende Internationalisierung der Produktpalette wie Handelsteilnehmerschaft europäischer Börsen die eindeutige Zuordnung nach diesem Kriterium unmöglich.157 So bleibt als allein völkerrechtsverträglicher Anknüpfungspunkt der Sitz des Börsenbetreibers,158 welcher nunmehr mit Art. 4 Abs. 1 Nr. 20 lit. b) MFIRL europaweit einheitlich vorgegeben ist.159 Für das deutschen Börsenaufsichtsrecht hatte sich diese Anknüpfung schon zuvor durchgesetzt: Maßgeblich ist der Sitz der die Börse betreibenden Anstalt,160 welcher wiederum durch den Sitz des den Börsenbetrieb in erheblichem Umfang an die LSE abwandern konnte, vgl. hierzu Michie, The London Stock Exchange, S. 587 f. Zur parallelen Aufweichung der nationalen Primärmarktgrenzen, die eine Neudefinition des lokalen Bezugspunktes des staatlichen Regelungsanliegens erfordert, Tenenbaum, L’application internationale du droit boursier, S. 207 ff. 155 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 13; Breitkreuz, Börse, S. 165; Nobel, Börsenallianzen und -fusionen, FS Lutter 2000, S. 1485 (1495); Spindler, Internationale Kapitalmarktangebote, WM 2001, 1689 (1697). A. A. Vaupel, Genehmigungszuständigkeit, RIW 1993, 733 (736 f.): Standort des Zentralrechners trotz aller Schwierigkeiten als regelmäßiges Anknüpfungskriterium heranzuziehen. Ähnlich früher Beck, Xetra, WM 1998, 417 (423). 156 So Samm, „Bundesbörsen“ unter Landesaufsicht?, WM 1990, 1265 (1267, 1269); Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 25. Vorsichtig befürwortend für „Umgehungstatbestände“ auch Vaupel, Genehmigungszuständigkeit, RIW 1993, 733 (737). 157 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 13; Licht, Stock Exchange Mobility, 41 Va J Intl L (2001), 583 (622); Spindler, Internationale Kapitalmarktangebote, WM 2001, 1689 (1697). Zur vergleichbaren Problematik in Bezug auf den E-Commerce schon Blaurock, Neue Regelungsfragen am Beispiel des elektronischen Zahlungsverkehrs, FS Söllner 2000, 153 (162 i. V. m. 155). 158 Vgl. i. E. Spindler, Internationale Kapitalmarktangebote, WM 2001, 1689 (1697). Zur internationalen Verbreitung dieser Anknüpfung Corcoran, The Uses of New Capital Markets, Am U L Rev 49 (2000) 581, 594 mit Fn. 35. 159 Schon vor der MFIRL hielt Spindler, Internationale Kapitalmarktangebote, WM 2001, 1689 (1697 f.) die Anknüpfung an den Betreibersitz für europarechtlich geboten. 160 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 13; Breitkreuz, Börse, S. 165 f. Praktisch niedergeschlagen hat sich diese Anknüpfung etwa in der Genehmigung der DTB durch die Hessische Börsenaufsichtsbehörde in 1989, vgl. hierzu Dreyling, Zur staatlichen Aufsicht über Börsen mit überregionalem Wirkungsbereich, WM 1990, 1529.

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Teil 1: Das Phänomen der grenzüberschreitenden Börsenkonzentration

durch seinen Antrag initiierenden privaten Trägerunternehmens im Zeitpunkt der Antragstellung determiniert ist.161 Ebenso bestimmt sich im Vereinigten Königreich die Anwendung des britischen Börsenaufsichtsrechts nach dem Sitz des Börsenbetreibers.162 Zwar erheben beide Rechtsordnungen mit § 37iff. WpHG bzw. s. 292 FSMA einen gewissen Regelungsanspruch über börsliche Märkte schon dann, wenn durch Gewähr eines elektronischen Fernzugangs (remote access) der jeweils inländische Zielmarkt bedient wird. Doch bewirkt dies nur, dass Börsenbetreiber mit Sitz außerhalb von EU/EWR sich vor Angebot ihrer Leistung an inländische Handelsteilnehmer einer aufsichtsbehördlichen Prüfung ihrer Zuverlässigkeit und der Angemessenheit ihrer Heimatregelung unterziehen müssen.163 Börsenbetreiber mit Sitz in EU/EWR-Staaten können dagegen gemäß § 37m WpHG, §§ 11 bis 13 MarktAngV bzw. s. 5 i. V. m. Schedule Part III Nr. 36 Financial Services and Markets Act 2000 (Exemption) Order 2001164 ihre Dienstleistung im Wege des remote access nach schlichter Notifikation der zuständigen Behörden im Aufnahmestaat erbringen.165 Einer Vollregelung durch deutsches bzw. britisches Börsenaufsichtsrecht unterliegt eine Börse also nur, wenn der Börsenbetreiber seinen Sitz im jeweiligen Inland hat. Grenzüberschreitend im Sinne der weiteren Untersuchung ist demnach eine Börsenkonzentration, an welcher Börsen beteiligt sind, deren Betreiber ihren Sitz in verschiedenen Staaten haben.

161

Breitkreuz, Börse, S. 165 f. Ss. 285, 287, 292 FSMA 2000. Nur ein investment exchange, der nicht overseas investment exchange ist, bedarf der exemption nach s. 285 FSMA und unterliegt damit dem britischen Börsenaufsichtsrecht. Ein overseas investment exchange ist nach der Definition im FSA Handbook Glossary ein „investment exchange which has neither its registered office nor its head office in the UK“. Diese Rechtslage galt schon zuvor unter dem FSA 1986, vgl. ss. 37, 40 FSA 1986 sowie hierzu Lomnicka/Powell, Encyclopedia of Financial Services Law, 2–088. 163 In Deutschland: § 37i WpHG, §§ 2 ff. MarktAngV und hierzu Assmann/U. H. Schneider-Dreyling, § 37i WpHG. In Großbritannien: s. 292 FSMA i. V. m. FSA Handbook REC 6. 164 SI 2001/1201. 165 Mit dem FRUG wurde § 37m WpHG aufgehoben und in Umsetzung von Art. 42 Abs. 6 Unterabs. 2 MFIRL eine neue Regelung in § 19 Abs. 11 BörsG 2007 eingefügt. Hiernach muss ein Börsenbetreiber seiner Aufsichtsbehörde im Sitzstaat anzeigen, wenn er ausländischen Handelsteilnehmern remote access anbieten will. Der Sitzstaatbehörde obliegt dann die Mitteilung an die Zielstaatbehörde. Vgl. zu § 19 Abs. 11 BörsG 2007 auch Nachtrag C. V., S. 554. 162

Teil 2

Die grenzüberschreitende Börsenkonzentration im deutschen und britischen Börsenaufsichtsrecht Abschnitt 1

Grundzüge des deutschen und britischen Börsenaufsichtsrechts Der Untersuchung der Börsenkonzentrationsphänomene soll hier zunächst ein Überblick über die Grundzüge des Börsenaufsichtsrechts in beiden Rechtsordnungen vorangestellt werden. Das Börsenaufsichtsrecht im engeren Sinn ist dabei derjenige Teil des öffentlichen Wirtschaftsrechts, der Vorgaben für die Börsenbetreiberstruktur (hierzu jeweils unter I.) sowie über Genehmigungsvoraussetzungen und -folgepflichten (jeweils unter II.) macht. Darüber hinaus lassen sich als Börsenaufsichtsrecht im weiteren Sinne auch diejenigen Vorschriften des öffentlichen Kapitalmarktrechts verstehen, welche die Einbindung des Börsenbetreibers als marktnächsten Regulators in die staatliche Kapitalmarktaufsichtsstruktur bestimmen (hierzu jeweils unter III.). Zwar soll im Weiteren allein die aufsichtsrechtliche Zulässigkeit von Börsenkonzentrationen aus Perspektive der Börsenbetreiber untersucht werden; diese ist gegeben, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen und -folgepflichten (vgl. II.) auch im Falle einer Konzentration erfüllt werden können. Angesichts ihrer Einbindung in staatliche Aufsichtsstrukturen (vgl. III.) sind bei einer grenzüberschreitenden Börsenkonzentration freilich auch Auswirkungen für die Effektivität der staatlichen Kapitalmarktaufsicht denkbar. Da jedoch in beiden Vergleichsrechtsordnungen deren Funktionserhalt nicht Sache der Börsenbetreiber ist,1 müssen diesbezügliche Schwierigkeiten allein staatlicherseits – beispielsweise durch verstärkte Aufsichtskooperationen – 1 Etwas anderes klingt in Bezug auf das deutsche Recht bei U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (29) an, wenn sie davon sprechen, das Trägerunternehmen einer deutschen Börse müsse die „gute Ordnung am Kapitalmarkt gewährleisten“. Überzeugend widerlegt bei Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2527). Vgl. auch unten Abschnitt 2, A. III. 2., S. 162 mit Fn. 127.

100

Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

bewältigt werden. Sie bleiben daher bei der Untersuchung in Teil 2 als Konzentrationshindernisse außer Betracht.2 Dennoch soll die Einbindung der Börsen in die staatlichen Aufsichtsstrukturen hier im Zusammenhang skizziert werden, da sie prägendes Merkmal einer Börsenrechtsordnung ist. Die darin zum Ausdruck kommende Kompetenzverteilung zwischen börslicher Selbstregelung und staatlicher Direktregelung ist von zentraler, später in Teil 3 näher zu betrachtender Funktionsrelevanz.3

A. Das deutsche Börsenaufsichtsrecht I. Betreiberstruktur Börsen im ökonomisch-funktionalen Sinn können in Deutschland in der öffentlich-rechtlichen Strukturform der §§ 1 bis 57 BörsG 2002 (= §§ 1 bis 48 BörsG 2007) betrieben werden. Daneben ist unklar, inwieweit der Gesetzgeber des 4. FMFG mit Schaffung des § 59 BörsG 2002 auch funktional-börsliche Wertpapiermärkte in der privatrechtlichen Strukturform der sog. börsenähnlichen Einrichtung zulassen wollte.4 Dafür spricht zwar der Wortlaut des § 59 BörsG 2002,5 jedoch soll es nach dem die Gesetzesfassung maßgeblich prägenden Bericht des Finanzausschusses im Ermessen der Börsenaufsichtsbehörden stehen, einen geplanten Markt als Börse oder börsenähnliche Einrichtung einzustufen.6 Da die Börsenaufsichtsbehörden der Länder soweit erkennbar einer ökonomisch-funktionalen Börsendefinition folgen,7 ist damit die Möglichkeit eröffnet, dass für Märkte mit einem funktional-börslichen Organisationsgrad die öffentlich-rechtliche Struktur2 Eingehend zu den Problemen, vor welche die zunehmende Internationalisierung der Kapitalmärkte die staatliche Aufsicht auch im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Börsenkonzentrationen stellt Möller, Kapitalmarktaufsicht, 2006. 3 Siehe Teil 3, Abschnitt 3, A. I., S. 415 ff. und Abschnitt 4, A. II. 1., S. 521 ff. 4 Mit dem FRUG wurde § 59 BörsG 2002 aufgehoben und in § 31f WpHG i. d. F. des FRUG eine Regelung über den Betrieb multilateraler Handelssysteme aufgenommen. Funktional-börsliche Märkte können nunmehr auch in dieser Rechtsform betrieben werden. Näher hierzu Nachtrag A. II., S. 535. 5 Vgl. insbesondere dessen S. 1 Nr. 2. Für ein Wahlrecht der Strukturform durch den börsenbetriebswilligen Antragstellers daher die wohl h. M., vgl. Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 5, S. 22; Emmerich/Hoffmann, Das deutsche Börsenrecht vor dem Forum des Gemeinschaftsrechts, FS Selmer 2004, S. 305 (315) jeweils m. w. N.; a. A. Krause, Alternative Wertpapierhandelssysteme, S. 183. 6 Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf des 4. FMFG, BT-Drs. 14/8601, S. 16. 7 Zur Definition einer Börse i. S. d. § 1 BörsG 2002 durch die hessische Börsenaufsichtsbehörde vgl. Kurth, Alternative Systeme wie Börse-light regulieren, Börsen-Zeitung v. 30. Mai 2001, S. 5.

Abschnitt 1: Grundzüge des deutschen und britischen Börsenaufsichtsrechts 101

form der §§ 1 ff. BörsG 2002 auch weiterhin die einzig zulässige bleibt.8 Die Frage kann hier offen bleiben, kommt doch die private Rechtsform in Abwesenheit einer Regelung über den nachträglichen Strukturformwechsel allenfalls für Neugründungen in Betracht. Die für internationale Konzentrationsvorhaben erforderliche Größe erreichen gegenwärtig nur die FWB und die etablierten Regionalbörsen, die in der hergebrachten öffentlich-rechtlichen Strukturform betrieben werden. Allein diese wird im Weiteren betrachtet. Nach § 1 BörsG 2002 (= § 4 Abs. 1 BörsG 2007) bedarf der Betrieb einer Börse der Genehmigung durch die Börsenaufsichtsbehörde, die auf Antrag eines betriebswilligen privaten Unternehmens erteilt wird. Mit der Genehmigung wird eine teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts konstituiert,9 die durch den Börsenrat als Willensbildungs-, sowie die Börsengeschäftsführung mit ihren nachgeordneten Stellen (Handelsüberwachungsstelle, Zulassungsstelle und Sanktionsausschuss) als Vollzugsorgane handelt. Die bislang herrschende Meinung erklärt dies so: Durch den Genehmigungsakt werde das antragstellende Unternehmen mit der Anstaltsträgerschaft beliehen und zugleich die Anstalt errichtet, zu deren Betrieb das Unternehmen fortan berechtigt und vor allem verpflichtet sein soll.10 Aufgrund der irreführenden Wortwahl des Gesetzes, welches das antragstellende Unternehmen in § 1 Abs. 2 S. 1 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 8

Vgl. Krause, Alternative Wertpapierhandelssysteme, S. 183. Das FRUG hat die Teilrechtsfähigkeit der Börsenanstalt in § 2 Abs. 1 BörsG 2007 ausdrücklich festgeschrieben. Bereits zuvor in diesem Sinn die h. M. in der Literatur, vgl. Bauer/Möllers, Parketthandel, S. 62; Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 8, S. 26; Assmann/Schütze-Franke, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rn. 16; Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (550); Hessische Börsenaufsicht, Stellungnahme, sub „II. Börse als Institution“; Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 130; Lorenz, Wertpapierbörse, S. 50; Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402; U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (27). Ähnlich hinsichtlich der Rechtsfähigkeit Breitkreuz, Börse, S. 112: teilrechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die zumindest teilweise Rechtsfähigkeit für das öffentliche Recht folgt aus dem Handeln der Anstalt im eigenen Namen, vertreten durch ihre Geschäftsführer, etwa beim Erlass von Zulassungsverwaltungsakten gegenüber Handelsteilnehmern nach §§ 16, 12 BörsG 2002 (= §§ 19, 15 BörsG 2007). Gegen Rechtsfähigkeit noch die ältere Literatur, Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 19; Schäfer-Peterhoff, § 1 BörsG Rn. 33 sowie auch noch RegE 4. FMFG, BT-Drs 14/8017, S. 72, allerdings ohne Begründung; ebenso Groß, BörsG Vorbemerkungen, Rn. 36; Baumbach/Hopt-Hopt, § 1 BörsG Rn. 1. Unklar demgegenüber VGH Kassel, NJW-RR 1997, 110 und ablehnend OLG Frankfurt am Main, ZIP 2001, 733: „nicht rechtsfähige Anstalt [. . .] oder eine nicht rechtsfähige öffentlich-rechtliche Einrichtung eigener Art“. 10 Vgl. Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 14; Lorenz, Wertpapierbörse, S. 67 ff.; Schäfer-Peterhoff, § 1 BörsG Rn. 4; Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2403); eingehend Kümpel/Hammen, Börsenrechts, S. 89 ff. 9

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S. 1 BörsG 2007) als „Träger“ der Börse bezeichnet, liegt diese Deutung nahe. Doch kann sie die gegenwärtige Börsenstruktur nur unter erheblicher Modifikation des Konzeptes der Anstaltsträgerschaft erklären.11 Diese besteht bekanntermaßen in der Innehabung öffentlich-rechtlicher Organisationsgewalt zur Errichtung, Ausgestaltung und Aufhebung einer Anstalt im Rahmen der einschlägigen Gesetze.12 Sämtliche dieser Befugnisse fehlen dem Trägerunternehmen, nimmt doch gemäß § 1 Abs. 1 BörsG 2002 (= § 4 Abs. 1, Abs. 5 BörsG 2007) das jeweilige Bundesland sowohl Errichtung als auch Aufhebung der Börsenanstalt durch börsenaufsichtsbehördliche Organisationsakte selbst vor,13 während die Ausgestaltung der Börse im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben durch die Anstaltsorgane unter Landesaufsicht erfolgt, ohne dass das Trägerunternehmen hierauf von Rechts wegen irgendeinen Einfluss ausüben könnte.14 Der derzeit faktisch große Einfluss des Trägerunternehmens resultiert aus einer praxisüblichen Personalunion zwischen Börsengeschäftsführung und Geschäftsführungsorganen des Trägerunternehmens, welche allerdings rechtlich in keiner Weise abgesichert ist: Der Börsenrat ist gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 Nr. 2 BörsG 2007) bei der Geschäftsführerbestellung frei, und mit der zunehmendem Auseinanderentwicklung von Anteilseignerstruktur des Trägerunternehmen und der im Börsenrat vertretenen Nutzergruppen kann auch die Personalunion künftig ihre Selbstverständlichkeit einbüßen. Hiervon abgesehen ist es unter staatsaufgabentheoretischem Gesichtspunkt ausgesprochen zweifelhaft, ob die Aufgabe der Verwaltungsorganisation überhaupt im Wege einer „Beleihung mit der Anstaltsträgerschaft“ auf Private übertragen werden könnte.15 11 Breitkreuz, Börse, S. 187 f.; Mues, Börse, S. 85 f.; Schlüter, Börsenhandelsrecht, G I 5, Rn. 170. 12 Siehe nur Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 51. 13 Breitkreuz, Börse, S. 187; Mues, Börse, S. 85 f.; vgl. auch Schlüter, Börsenhandelsrecht, G III 1, Rn. 171 sowie (für die Aufhebung) Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 33. 14 Breitkreuz, Börse, S. 188; Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (550); Mues, Börse, S. 85. 15 Thode/Peres, Die Rechtsform Anstalt, BayVBl. 1999, 6 (8). Vgl. auch Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 59 f. mit eingehender Begründung: Staats- und Verwaltungsorganisation gehören hiernach zu den unvertretbaren und daher nicht auf Private übertragbaren Staatsaufgaben. Kritisch zu sehen sind daher Versuche, die zum Börsenrecht entwickelte Figur der „Beleihung mit der Anstaltsträgerschaft“ auf andere Rechtsgebiete zu übertragen, wie dies beispielsweise Fett, Öffentlich-rechtliche Anstalten als abhängige Konzernunternehmen, S. 254 ff. sowie Helmrich/ Schick, Die beliehene Sparkassen-Holding AG, BKR 2003, S. 882 (884 f.) für das Sparkassenwesen propagieren. Grundsätzlich ablehnend zu einer Anstaltsträgerschaft Privater auch Stern, Anstaltslast und Gewährträgerhaftung im Sparkassenrecht, FS Maurer 2001, 815 (822).

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Richtig erscheint vor diesem Hintergrund vielmehr folgendes Erklärungsmodell:16 Mit der Genehmigung, zu der das betriebswillige Unternehmen mit seinem Antrag die Initiative gibt,17 wird die Börsenanstalt als teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts in Landesträgerschaft errichtet.18 Ihr obliegt fortan die öffentliche Aufgabe19 des Börsenbetriebs.20 Die hierzu erforderlichen Tätigkeiten nimmt die Börsenanstalt selbst wahr, soweit sie Regelbildung und Regelvollzug gegenüber den Börsennutzern betreffen, also regulatorische Betriebstätigkeiten sind.21 Für den technisch-infrastrukturellen Betrieb und die Mittelbeschaffung wird der Anstalt uno actu mit ihrer Errichtung ein Verwaltungshelfer zur Seite gestellt. Diese Rolle übernimmt das antragstellende Unternehmen, das mit der Genehmigung gemäß § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) berechtigt und vor allem verpflichtet wird, der Börsenanstalt auf deren Anforderung die zum Börsenbetrieb erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen.22 In die16 Zur unveränderten Fortgeltung unter dem BörsG 2007 siehe Nachtrag A. III., S. 538. 17 Breitkreuz, Börse, S. 168, S. 189. 18 Mues, Börse, S. 85 f. Dass tatsächlicher Anstaltsträger das jeweilige Bundesland ist, zeigt sich auch am Staatsvertrag über den Zusammenschluss der Börsen Berlin und Bremen, welcher zwischen dem Land Berlin und der Freien Hansestadt Bremen abgeschlossen wurde. Wären die Trägerunternehmen tatsächlich die Anstaltsträger, dann hätten diese die Fusion vereinbaren können. 19 Der Begriff der öffentlichen Aufgabe meint hier eine Aufgabe, die der Staat in unmittelbarer oder mittelbarer Staatsverwaltung wahrnimmt. Er wird hier also synonym zum Begriff der Staatsaufgabe verwendet, wie er sich unter dem inzwischen wohl herrschenden formalen Staatsaufgabenbegriff herausgebildet hat, vgl. zu letzterem nur Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, HStR III (2. Aufl.), § 57 Rn. 137. 20 Bachmann, Regelwerk und Rechtsgeschäft, WM 2001, 1793; Köndgen/Mues, Zwangslizenz für XETRA?, WM 1998, 53 (57); Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.251; Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2403); U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (26 f.); implizit Breitkreuz, Börse, S. 189. 21 Mit dem FRUG wurde dieser Aspekt in § 2 Abs. 1 BörsG 2007 klargestellt. 22 Umfassende Begründung bei Breitkreuz, Börse, S. 188 f., auf Grundlage des erweiterten Verwaltungshelferbegriffs nach Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 151 ff., dem inzwischen die wohl überwiegende verwaltungsrechtliche Literatur folgt, vgl. nur Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 62; Stober, Allgemeines Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 40 II, S. 356. Ohne verwaltungsdogmatische Einordnung als Verwaltungshelfer betont auch Mues, Börse, S. 85 den untergeordneten und dienenden Charakter des Trägerunternehmens gegenüber der Börsenanstalt. Ähnlich nunmehr Christoph, Börsenkooperationen, S. 174 ff., der aber an der (zumindest „technischen“, vgl. a. a. O. S. 124) Anstaltsträgerschaft des Trägerunternehmens festhält. Dezidiert gegen eine Qualifikation des Trägerunternehmens als Verwaltungshelfer hingegen jüngst wieder Lorenz, Wertpapierbörse, S. 66 f. unter Verweis auf das „Initiativrecht“ des Trägerunternehmens sowie seiner erheb-

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ser Verpflichtung besteht die sogenannte Betriebspflicht des Trägerunternehmens. Die Börsengenehmigung ist damit ein Verwaltungsakt mit Mehrfachwirkung: Zum einen ist sie Anstaltserrichtung, zum anderen Betriebsgenehmigung einschließlich Heranziehung des privaten Trägerunternehmens als Verwaltungshelfer durch das genehmigende Bundesland.23 Zugleich erfolgt eine Unterstellung des Trägerunternehmens unter die Leitungskompetenz der Anstalt, so dass jenes fortan als Verwaltungshelfer unmittelbar der Anstalt zugeordnet ist. Damit hat der Börsengesetzgeber schon lange vor dessen begrifflicher „Entdeckung“ einen Fall der funktionalen Teilprivatisierung in Form des sogenannten Betreibermodells normiert.24 Im Betreibermodell wird von einem öffentlichen Aufgabenträger bei unverändert alleiniger Aufgabenverantwortung lediglich der technisch-infrastrukturelle Betrieb einer Einrichtung auf einen privaten Betreiber übertragen, der damit einen rein privaten, aber funktional auf die öffentliche Aufgabenerfüllung bezogenen Teilbeitrag leistet.25 Im börslichen Betreibermodell besteht der Beitrag des Trägerunternehmens in der Beschaffung der Sach- und Personalmittel sowie der Durchführung der technisch-infrastrukturellen Betriebstätigkeit. Die Betriebsmittel bleiben dabei zivilrechtlich dem Trägerunternehmen zugeordnet und werden der Anstalt lediglich für deren Zwecke zur Verfügung gestellt:26 Personal wird dem Direktionsrecht der Börsengeschäftsführung unterstellt;27 Sachmittel wie Räumlichkeiten oder Hardund Software der elektronischen Handelsplattform werden zu öffentlichen Sachen gewidmet, wodurch die Anstalt ein dienstbarkeitsähnliches öffentlich-rechtliches Nutzungsrecht erlangt.28 Dieses ermöglicht ihr wiederum lichen faktischen Einflussmacht auf die Ausgestaltung der Börse. Indes kann das Trägerunternehmen niemals alleine eine Börse errichten, maßgeblich ist vielmehr der staatliche Organisationsakt. Die große faktische Einflussmacht ist in allen Fällen des sog. Betreibermodells gegeben, vgl. Bodanowitz, Organisationsformen, S. 149 ff., ohne dass dies bislang Anlass zu einer veränderten verwaltungsrechtlichen Qualifikation des Betreibers gegeben hätte. 23 Vgl. Breitkreuz, Börse, S. 190 f. 24 Zum sog. Betreibermodell als Unterfall der funktionalen Privatisierung Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 108 ff. 25 Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 108 ff. und insbesondere S. 112; vgl. auch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 62. 26 Breitkreuz, Börse, S. 193; Kümpel, Zur öffentlichrechtlichen Organisation der deutschen Wertpapierbörsen, BKR 2003, 3 (6); Lorenz, Wertpapierbörse, S. 88; Mues, Börse, S. 81 f. 27 RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 60; Breitkreuz, Börse, S. 193; Lorenz, Wertpapierbörse, S. 88; Mues, Börse, S. 76. 28 Breitkreuz, Börse, S. 193; Köndgen/Mues, Zwangslizenz für XETRA?, WM 1998, 53 (59 f.); Mues, Börse, S. 81. Unklar Lorenz, Wertpapierbörse, S. 158 ff., der zwar grundsätzlich eine Widmung für die richtige Form der Mittelbereitstellung an die Anstalt hält, ihr Vorliegen in der Praxis aber bezweifelt, da das Trägerunter-

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die Bereitstellung der Handelsinfrastrukturen im Rahmen des öffentlichrechtlichen Anstaltsverhältnisses an die Börsennutzer. Dabei befindet sich das Trägerunternehmen in einer rechtlich ganz der Anstalt untergeordneten Stellung, über welche die praktische Dominanz des Trägerunternehmens im Außenauftritt der Börsen nicht hinwegtäuschen darf: Gemäß § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) besteht die Rolle des Trägerunternehmens nur darin, „der Börse auf Anforderung der Geschäftsführung die zur Durchführung und angemessenen Fortentwicklung des Börsenbetriebs erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen.“ Die Börsenanstalt ist mithin die alleinige und ungeteilte Aufgabenträgerin,29 die sich lediglich hinsichtlich eines Teils der betriebsnotwendigen Tätigkeiten der Hilfe des Trägerunternehmens bedient. Dessen Tätigkeit kann die Anstalt durch ihr Anforderungsrecht nach § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) jeweils konkret steuern, ohne dass das Trägerunternehmen hierbei von Rechts wegen irgendein Mitspracherecht hätte.30 Obliegt der Börsenbetrieb demnach allein der Anstalt, so ist sie auch die alleinige Anbieterin der Börsendienstleistung gegenüber Handelsteilnehmern und Emittenten.31 Sie erbringt die Börsendienstleistung auf Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Anstaltsverhältnisses,32 das durch Zulassungsverwaltungsakt nach § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007) bei Handelsteilnehmern bzw. §§ 30, 49 BörsG 2002 (= § 32 BörsG 2007) bei Emittenten zustande kommt und eine Gebührenpflicht nach § 14 BörsG 2002 nehmen vermutlich ein geringes Interesse an der dienstbarkeitsähnlichen Belastung seiner Gegenstände habe. Indes kann es angesichts der gesetzlichen Bereitstellungspflicht des Trägerunternehmens nach § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) nicht darauf ankommen, was sich das Trägerunternehmen wünscht, vgl. schon vor ausdrücklicher Normierung der Betriebspflicht überzeugend SchäferPeterhoff, § 1 BörsG Rn. 34. 29 Die Aufgabenträgerschaft der Anstalt kommt deutlich auch in § 13 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 16 Abs. 1 BörsG 2007) zum Ausdruck, wonach die Börsenordnungen sicherstellen sollen, „dass die Börse die ihr obliegenden Aufgaben erfüllen kann“; vgl. auch § 13 Abs. 5 BörsG 2002 (= § 16 Abs. 3 BörsG 2007), wonach die Börsenaufsichtsbehörde von der Börsenanstalt die Aufnahme bestimmter Vorschriften in die Börsenordnung verlangen kann, wenn dies „zur Erfüllung der der Börse [. . .] obliegenden gesetzlichen Aufgaben notwendig ist“ (Hervorhebung in beiden Fällen von Verf.). 30 Schlüter, Börsenhandelsrecht, G I 5, Rn. 153. W. N. siehe unten Abschnitt 2, A. IV. 1., S. 172 mit Fn. 167. 31 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht (2. Aufl.), Rn. 17.149; Lorenz, Wertpapierbörse, S. 85. 32 Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 125; Mues, Börse, S. 80; Schlüter, Börsenhandelsrecht, G III 1, Rn. 262; Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 5; eingehend Lorenz, Wertpapierbörse, S. 57 ff. A. A. Breitkreuz, Börse, S. 209 ff.: öffentlich-rechtliches Körperschafts-Benutzungsverhältnis.

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(= § 17 BörsG 2007) in Verbindung mit den jeweiligen Gebührenordnungen auslöst.33 Für Handelsteilnehmer besteht die Börsendienstleistung in der Zugangsgewähr zu einem börslich-hochorganisierten Markt mit seinen funktionsnotwendigen Elementen Regelwerk und Handelsinfrastruktur.34 Als integrale Bestandteile der Börsendienstleistung sind mithin beide Komponenten Gegenstand des öffentlich-rechtlichen Nutzungsverhältnisses. Systemwidrig ist daher die Praxis an deutschen Börsen, die Börsennutzung neben dem Zulassungsverwaltungsakt vom Abschluss eines privatrechtlichen Handelsplattform-Nutzungsvertrags mit dem Trägerunternehmen abhängig zu machen.35, 36 Die öffentlich-rechtliche Betreiberstruktur ist allerdings auf die beiden öffentlich-rechtlichen Marktsegmente des Amtlichen und Geregelten Marktes beschränkt.37 Als Begriff des deutschen Börsenaufsichtsrechts bezeichnet „Marktsegment“ gesetzlich normierte Handelssegmente im oben Teil 1, 33 Schlüter, Börsenhandelsrecht, G III 3, Rn. 272; Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 5, S. 174. 34 Siehe oben unter Teil 1, Abschnitt 1, B. III. 3., S. 49. 35 Überzeugend begründet bei Mues, Börse, S. 81 ff. Die Praxis ist beispielsweise dargestellt bei Breitkreuz, Börse, S. 212; Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 125 sowie auch bei Lorenz, Wertpapierbörse, S. 85, der sie trotz seiner ausdrücklichen Feststellung, alleinige Börsenbetreiberin sei die Anstalt, unkommentiert lässt. Da die elektronische Handelsplattform schlicht an die Stelle des Parketts getreten ist, der Zugang hierzu aber unzweifelhaft allein aufgrund des Zulassungsverwaltungsakts im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses erlangt wurde und nicht etwa noch eine private Raummiete voraussetzte, vgl. nur Schäfer-Ledermann, § 7 BörsG Rn. 3, muss Entsprechendes für die elektronische Handelsplattform gelten. Unzutreffend ist die Begründung der Notwendigkeit privatrechtlicher Plattform-Nutzungsverträge mit dem Mangel eines entsprechenden Verfügungsrechts der Börsenanstalt bei Breitkreuz, a. a. O., S. 212. Die Handelsplattform (Hardware und Software) wird zur öffentlich-rechtlichen Sache gewidmet, was für die Börsenanstalt ein Nutzungsrecht und vor allem die Befugnis begründet, die Gegenstände im Rahmen des Anstaltsgebrauchs an die Börsennutzer zur Verfügung zu stellen, vgl. derselbe, a. a. O., S. 193. Freilich ist gerade bei vollintegrierten elektronischen Handelssystemen, die ein straight-through-processing von Orders vom routing über die Ausführung bis zur Abwicklung ermöglichen, die Grenzziehung zwischen solchen Leistungen, die zur Börsendienstleistung im engeren Sinn gehören und daher auf öffentlich-rechtlicher Basis zu erbringen sind, und solchen Leistungen, die darüber hinausgehen und daher vom Trägerunternehmen auf privatvertraglicher Basis erbracht werden, ausgesprochen schwierig. Entsprechend wird heute in der Literatur formuliert, dass die Zugangsgewähr zu solchen Systemen „zumindest teilweise“ über die öffentlich-rechtliche Leistung der Börse hinausgehe, vgl. Schlüter, a. a. O., G III 2, Rn. 269. 36 Das FRUG hat diese Praxis nun freilich in § 17 Abs. 3 BörsG 2007 abgesegnet. 37 Zur neuen gesetzlichen Marktsegmentierung unter dem BörsG 2007 vgl. zunächst Nachtrag C. I., S. 546.

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Abschnitt 2, B. II. dargelegten funktionellen Sinn, also die Zusammenfassung von Emittenten ähnlichen Risikoprofils unter gleichen Zulassungsstandards.38 Der Betrieb von Amtlichem und Geregeltem Markt obliegt der Börsenanstalt von Gesetzes wegen.39 Innerhalb dieser gesetzlich vorgeschriebenen Segmente können allerdings gemäß § 42 BörsG 2002, § 50 Abs. 3, § 54 S. 2 BörsG 2002 (= § 42 Abs. 1 BörsG 2007) börsenindividuell Subsegmente mit strengeren Zulassungsstandards eingerichtet werden. Daneben kann die Anstalt gemäß § 57 Abs. 1 BörsG 2002 (= § 48 Abs. 1 BörsG 2007) dem Trägerunternehmen unter bestimmten Voraussetzungen die Bereitstellung eines Freiverkehrs als weiteren Marktsegments in ausschließlich privater Betreiberschaft gestatten.40 Hier nimmt allein das Trägerunternehmen sämtliche regulatorischen und infrastrukturellen Betriebsaufgaben wahr. Die von ihm erarbeiteten Handelsregeln (Freiverkehrsrichtlinien) sind demgemäß privatrechtlicher Natur41 und werden als Allgemeine Geschäftsbedingungen42 in ein privatrechtliches Börsennutzungsverhältnis einbezogen, das zwischen dem Trägerunternehmen und einem Handelsteilnehmer der Börse konkludent zustande kommt, sobald dieser den Handel in Freiverkehrswerten aufnimmt.43 Dabei können die von der Börsenanstalt als Handelsteilnehmer zugelassenen Personen schon kraft dieser Zulassung 38

Hiestermann, Anforderungen an eine öffentlich-rechtliche Börsensegmentierung, sub 1. 39 Str., siehe hierzu unten Abschnitt 3, A. II. 2. a), S. 280 ff. 40 Vgl. nur Schwark-Schwark, § 57 BörsG Rn. 3. Freiverkehrsträger sind dabei heute fast durchweg die jeweiligen Börsenträgerunternehmen, vgl. Breitkreuz, Börse, S. 317. Freiverkehrsträger kann jedoch auch ein Dritter sein, vgl. Schlüter, Börsenhandelsrecht, G X I, Rn. 818 ff. 41 Breitkreuz, Börse, S. 302 ff.; Schwark-Schwark, § 57 BörsG Rn. 2, S. 547; Schlüter, Börsenhandelsrecht, G X I, Rn. 826 ff. 42 Wohl h. M.: Primary Markets Arbitration Panel, BKR 2001, 153 (156); Augsberg, Rechtsetzung, S. 266 ff.; Bachmann, Regelwerk und Rechtsgeschäft, WM 2001, 1793 (1795 f.); Mues, Börse, S. 206; Schwark-Schwark, § 57 BörsG Rn. 2, S. 548; Wolf, Ausschluss vom Neuen Markt, WM 2001, 1785 (1786). Auch Dehlinger, Vertragliche Marktsegmentregulierung an Wertpapierbörsen, S. 100 ff., allerdings beschränkt auf die emittentenbezogenen Regelungen der Freiverkehrsrichtlinien. A. A. Breitkreuz, Börse, S. 313: Freiverkehrsrichtlinien als „aufgrund privater Rechtsetzung erlassene Benutzungsordnungen, denen § 78 Abs. 1 BörsG [a. F. = § 57 BörsG 2002 = § 48 BörsG 2007] zu allgemeiner Geltung verhilft“. Kritisch zu dieser Rechtsfigur indes Merkt, Gutachten 64. DJT, G 112. 43 Eindeutige Stellungnahmen zum Zustandekommen des Benutzungsverhältnisses der Handelsteilnehmer vermeidet die Literatur bislang, vgl. exemplarisch die Kommentierung bei Schwark-Schwark, § 57 BörsG Rn. 1 ff. Richtigerweise ist mit Breitkreuz, Börse, S. 300 davon auszugehen, dass die Handelsteilnehmer der Anstaltsbörse zwar qua § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007) ein gesetzliches Zugangsrecht auch zum Freiverkehr haben, dass allerdings erst mit dem tatsächlichen Handel in Freiverkehrswerten das privatvertragliche Nutzungsverhältnis mit dem Freiverkehrsträger konkludent zustande kommt.

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auch am Handel im Freiverkehr teilnehmen.44 Nach den Kriterien der sachlichen Reichweite einer Börse bildet der Freiverkehr mithin trotz abweichender Betreiberschaft in ökonomischer Sicht das dritte Segment eines einheitlichen börslichen Marktes. Im weiteren Verlauf der Untersuchung betreffen alle Ausführungen, sofern nicht ausdrücklich vom Freiverkehr die Rede ist, ausschließlich die öffentlich-rechtlich strukturierten Marktsegmente, sind doch wegen ihrer Qualität als geregelter Markt für Wertpapiere im Sinne des europäischen Kapitalmarktrechts auch grundsätzlich nur diese Segmente im Rahmen internationaler Konzentrationsbemühungen relevant.45, 46 II. Genehmigungs- und Aufsichtsregime 1. Genehmigung

Der Börsenbetrieb bedarf der Genehmigung durch die Börsenaufsichtsbehörde desjenigen Bundeslandes, in welchem das antragstellende Unternehmen seinen Sitz hat.47 Genehmigungsvoraussetzungen normiert das Börsengesetz nicht explizit, doch hat sich ein Katalog von Kriterien herausgebildet, die sich aus der Mehrfachwirkung der Börsengenehmigung als staatlicher Organisationsakt einerseits sowie Betriebserlaubnis-cum-Verwaltungshelferheranziehung für das private Trägerunternehmen andererseits erklären.48 So ist vor Errichtung der Anstalt zunächst zu prüfen, ob überhaupt ein hinreichender Marktbedarf nach Börsendienstleistungen besteht,49 sind doch Börsen dem Regelungsziel der Kapitalmarktfunktionalität nur dann dienlich, wenn ihr Handelsgeschehen eine hinreichende Liquidität aufweist.50 Zwar 44

Breitkreuz, Börse, S. 226, S. 300. Näher unten Abschnitt 3, A. II. 1. b), S. 258 f., dort Fn. 102 auch zum Neuen Markt im Rahmen des iX-Projektes. 46 Zum möglichen künftigen Bedeutungszuwachs des Freiverkehrs nach Umsetzung der MFIRL durch das FRUG vgl. jedoch im Nachtrag C. VI., S. 556 f. 47 Breitkreuz, Börse, S. 166; anders Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 13 S. 32 m. w. N.: Behörde an dem Ort, an dem die zu errichtende Börse ihren Sitz haben soll, wobei undiskutiert bleibt, ob der Trägerunternehmenssitz an einem anderen Ort sein dürfte. 48 Zum Genehmigungsregime unter dem BörsG 2007 mit seinen (zumindest teilweise) explizit normierten Genehmigungsvoraussetzungen vgl. Nachtrag B. I., S. 539 ff. 49 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 13, S. 34; Breitkreuz, Börse, S. 183; SchäferPeterhoff, § 1 BörsG Rn. 1; Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 20; Segna, Rechtsform, ZBB 1999, 144 (146). A. A. Groß, § 1 BörsG Rn. 4. 45

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indiziert dies schon die Betriebswilligkeit des antragstellenden Unternehmens, doch schließt sich jedenfalls eine eigenständige börsenaufsichtsbehördliche Prüfung an,51 denn nur bei entsprechendem Bedarf kann dem Grunde nach eine öffentliche Börsenbetriebsaufgabe bejaht werden. Sodann ist, da das BörsG stets die Mitwirkung eines Trägerunternehmens beim Börsenbetrieb voraussetzt, vor Erteilung der Genehmigung weiter zu prüfen, ob das betriebswillige Unternehmen nachhaltig zur Erfüllung seiner Verwaltungshelferfunktion in der Lage ist.52 Kriterien hierfür waren schon nach bislang herrschender Ansicht vor allem die finanzielle Solidität und die persönliche Zuverlässigkeit des Antragstellers gewesen; seit dem 4. FMFG findet sich dies durch § 3 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 2 BörsG 2007) bestätigt,53 der finanzielle Solidität und persönliche Zuverlässigkeit in der Person bedeutender Anteilseigner des Trägerunternehmens verlangt und damit erkennen lässt, dass es diese Eigenschaften auch – und logisch primär – in der Person des Trägerunternehmens selbst sicherzustellen gilt.54 Das Kriterium der persönlichen Zuverlässigkeit hat hierbei seinen gewöhnlichen gewerbeaufsichtsrechtlichen Inhalt und meint die Abwesenheit einschlägiger Gesetzesverstöße.55 Für die Frage, wann ein Trägerunternehmen ausreichende finanzielle Ressourcen aufweist, hat sich demgegenüber in der spärlichen Genehmigungspraxis bislang keinerlei fester Maßstab herausgebildet.56, 57 Vor dem Hintergrund des Regelungsanliegens, das in einer Si50 Vgl. Bundeswirtschaftsministerium, Leitgedanken zum Referentenentwurf, zit. nach Beyer-Fehling/Bock, Börsenreform, S. 167 (168); Hessische Börsenaufsichtsbehörde, Stellungnahme, sub A II, Zum Erfordernis der Genehmigung einer Börse. 51 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 13, S. 34; Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 20. 52 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 13, S. 34; Breitkreuz, Börse, S. 183; Göppert, Das Recht der Börsen, S. 85; vgl. auch Groß, § 1 BörsG Rn. 4. Allgemein zu den Voraussetzungen der Verwaltungshelferheranziehung Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 416; Brüning, Der Private bei der Erledigung kommunaler Aufgaben, S. 163. 53 Näher zu dieser Norm sogleich unter Abschnitt 2, A. II., S. 140 ff. 54 Mit dem FRUG wurden die persönliche Zuverlässigkeit und eine ausreichende Finanzmittelausstattung in § 4 Abs. 3 BörsG 2007 unmittelbar als Genehmigungsvoraussetzungen für das Trägerunternehmen normiert. 55 Vgl. in Bezug auf die Zuverlässigkeit der Anteilseigner Schwark-Beck, § 3 BörsG Rn. 4, Christoph, Börsenrechtliche Zulässigkeit, ZBB 2005, 82 (87). 56 Vgl. Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 13, S. 34. Die von Hammen, Börsen- und kreditwesengesetzliche Aufsicht, WM 2001, 929, 936 ff. propagierte Geltung der kreditwesenrechtlichen Eigenmittelanforderungen bezieht sich nur auf das Trägerunternehmen in seiner Rolle als Betreiber des Freiverkehrs. 57 Die mit dem FRUG eingeführte Regelung in § 5 Abs. 5 BörsG 2007, wonach das Trägerunternehmen über „ausreichende finanzielle Mittel für eine ordnungsgemäße Durchführung des Börsenbetriebs“ verfügen muss, hat wenig zur Präzision beigetragen. Näher Nachtrag B. I., S. 539 f.

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cherung der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe besteht, wird man jedoch zumindest ein Eigenkapital verlangen müssen, welches die Realisierung des dem Genehmigungsantrag zugrundeliegenden Betriebskonzepts erwarten lässt.58 Als weitere Genehmigungsvoraussetzung ist, wie sich ebenfalls aus § 3 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 2 BörsG 2007) entnehmen lässt, zu verifizieren, dass das Trägerunternehmen in keiner finanziellen Verbindung zur organisierten Kriminalität steht.59 Die börsenaufsichtsbehördliche Prüfung dieser Kriterien steht im Zentrum des Genehmigungsverfahrens und gibt ihm so – trotz Verstaatlichung des Börsenbetriebs – eine gewisse äußerliche Ähnlichkeit mit „normalen“ gewerbeaufsichtlichen Genehmigungsverfahren, vergleichbar demjenigen nach § 32 KWG. Dennoch besteht auch bei Vorliegen sämtlicher Genehmigungsvoraussetzungen nie ein Anspruch des betriebswilligen Unternehmens auf die Genehmigung, ist diese doch neben der Betriebserlaubnis vor allem ein staatlicher Organisationsakt der Anstaltserrichtung und Verwaltungshelferheranziehung. Auf beides kann mangels subjektiv-öffentlichen Rechts kein Anspruch bestehen.60, 61 2. Genehmigungsfolgepflichten und laufende Börsenaufsicht

Infolge der Mehrgliedrigkeit der Börsenstruktur ist auch hinsichtlich der Genehmigungsfolgepflichten zu unterscheiden: An die Anstalt gerichtet machen §§ 13 bis 56 BörsG 2002 (= §§ 16 bis 47 BörsG 2007) Vorgaben für die konkrete Ausgestaltung der von ihr zu erbringenden Börsendienstleistung. Im Zentrum stehen dabei Vorschriften für das börsliche Regelwerk im materiellen Sinn. Hierzu gehören sämtliche Regelungen bezüglich der Zulassung der Handelsteilnehmer, der handelbaren Wertpapiere, des Handelsgeschehens einschließlich Preisbildungsmechanismus, Handelstransparenz und Wohlverhaltenspflichten. Sie sind, wie eingangs gezeigt,62 zur Erzielung eines börslichen Organisationsgrades unerlässlich und gehören damit im materiellen Sinn zum Börsenregelwerk, gleich ob sie in formeller Hinsicht aus der Regelungsquelle des Gesetzes (Parlamentsgesetz oder Rechtsverordnung) oder der börslichen Selbstregelung (Satzung) stammen.63 Diese materiell-börslichen Regelungsmaterien werden im deutschen Aufsichtsrecht teils unmittelbar gesetzlich durchnor58

So nun auch Christoph, Börsenkooperationen, S. 215 f. Vgl. Schwark-Beck, § 3 BörsG Rn. 6. 60 Vgl. nur Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 13, S. 33; Groß, § 1 BörsG Rn. 6; Schäfer-Peterhoff, § 1 BörsG Rn. 1. 61 Zur Fortgeltung dieser Rechtslage unter dem FRUG vgl. Nachtrag B. I., S. 539 ff. 62 Teil 1, Abschnitt 1, B. III. 3., S. 49. 63 Vgl. Ferrarini, Exchange Governance and Regulation, S. 245 (255). 59

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miert, wie etwa die Zulassungsvoraussetzungen für Handelsteilnehmer in § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007) sowie die Wertpapierzulassungsvoraussetzungen im Amtlichen Markt in § 30 BörsG 2002 i. V. m. WpPG und BörsZulV.64 Teils trifft das Gesetz nur punktuelle Regelungen, wie etwa bezüglich der Prospektpflicht bei Wertpapierzulassung in den Geregelten Markt gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 BörsG 2002 i. V. m. WpPG, während im Übrigen die Ausgestaltung der Zulassungsvoraussetzungen unter der Zielvorgabe eines ordnungsgemäßen Börsenhandels der Börsenanstalt überlassen bleibt. Ähnliches gilt bezüglich des eigentlichen Handelsgeschehens, wo der Gesetzgeber mit den auch und gerade für börsliche Handelsteilnehmer geltenden Marktmissbrauchsverboten in §§ 14, 20a WpHG eine Teilregelung getroffen hat,65 im Übrigen bleibt die Ausgestaltung der Handelsregeln mit dem Ziel einer effizienten, d.h. der wirklichen Marktlage im Sinne von § 24 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 24 Abs. 2 BörsG 2007) entsprechenden Börsenpreisbildung im Wesentlichen der börslichen Selbstregelung überlassen. Neben diese Vorgaben für das Regelwerk tritt bezüglich der Handelsinfrastrukturen gemäß § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) nur die Zielvorgabe einer „angemessenen Fortentwicklung der Börse“ und damit einer jeweils bedarfsgerechten infrastrukturellen Ausgestaltung der Börsendienstleistung.66 Die Börsenanstalt hat die Börsenordnung den gesetzlichen Vorgaben entsprechend auszugestalten und sodann Gesetz und Börsenordnung gegenüber den Börsennutzern umzusetzen; sie hat durch Konzeption und entsprechende Leistungsanforderungen an das Trägerunternehmen auch in technisch-infrastruktureller Hinsicht für eine bedarfsgerechte Ausgestaltung der Börsendienstleistung zu sorgen. Die Anstalt unterliegt dabei der Rechtsaufsicht durch die Börsenaufsichtsbehörde, welche gemäß § 1 Abs. 4 BörsG 2002 (= § 3 Abs. 1 BörsG 2007) die gesetzeskonforme Aufgabenerfüllung überwacht.67 Der Behörde steht dabei in Form eines Anordnungsrechts gegenüber der Anstalt gemäß § 2 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 3 Abs. 5 S. 2 BörsG 2007), eines Zustimmungsvorbehalts zur Börsenordnung und zur Gebührenordnung nach § 13 Abs. 5, § 14 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 16 Abs. 3, 64 Entsprechendes gilt nunmehr für die Wertpapierzulassung in den Regulierten Markt gemäß § 32 BörsG 2007 i. V. m. WpPG und BörsZulV. Zur nunmehrigen gesetzlichen Marktsegmentierung siehe Nachtrag C. I., S. 546. 65 Mit dem FRUG sind außerdem nähere Vorgaben für die Vor- und Nachhandelstransparenz in §§ 30, 31 BörsG 2007 hinzugekommen, die Artt. 44, 45 MFIRL umsetzen. 66 Eingehend zu Inhalt und Umfang der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe unten Abschnitt 2, A. III. 2., S. 159 ff. 67 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 33; Groß, § 1 BörsG Rn. 7; Schäfer-Peterhoff, § 1 BörsG Rn. 10; Schlüter, Börsenhandelsrecht, G V 1, Rn. 319 ff.

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§ 17 Abs. 2 BörsG 2007) sowie eines Zustimmungsvorbehalts zur Geschäftsführerbestellung nach § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 Nr. 2 BörsG 2007) ein Instrumentarium zur proaktiven Aufgabensicherung zur Verfügung.68 Die Genehmigungsfolgepflichten des Trägerunternehmens bestehen vor allem in der laufenden Erfüllung der Leistungsanforderungen,69 welche die Anstalt gemäß § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) an das Trägerunternehmen richtet und deren Erfüllung sie auch überwacht.70 Daneben müssen als abstrakte Mindestvoraussetzungen der Verwaltungshelfertauglichkeit die persönliche Zuverlässigkeit sowie finanzielle Leistungsfähigkeit in der Person des Trägerunternehmens sowie seiner bedeutenden Anteilseigner laufend gewährleistet sein.71 Entgegen § 1 Abs. 4 BörsG 2002, der die Aufgaben der Börsenaufsichtsbehörde auf die Überwachung der Börsenanstalt und der dem Börsenverkehr dienlichen technischen Einrichtungen zu beschränken scheint, obliegt auch diese Überwachung der Trägertauglichkeitsvoraussetzungen der Börsenaufsichtsbehörde.72 Die herrschende, hier freilich abgelehnte Beleihungstheorie kann dies schlicht aus der allgemeinen Staatsaufsicht des Landes über seine Beliehenen ableiten.73 Sieht man das Trägerunternehmen richtigerweise als Verwaltungshelfer an, so lässt sich aus allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen eine Aufsichtszuständigkeit hingegen nur für denjenigen staatlichen Aufgabenträger konstruieren, dem der Verwaltungshelfer unmittelbar untergeordnet ist.74 68 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 33. Vgl. allgemein zu dieser Aufgabe der staatlichen Anstaltsaufsicht Krebs, Verwaltungsorganisation, HStR III (2. Aufl.), § 69 Rn. 40 ff., insb. 42 sowie mit eingehender dogmatischer Herleitung Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 524 ff. 69 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 40, S. 57; Schlüter, Börsenhandelsrecht, G I 5, Rn. 154. 70 Vgl. Breitkreuz, Börse, S. 192; Christoph, Börsenkooperationen, S. 150 und näher hierzu unten Abschnitt 2, A. V. 2. b) bb) (1), S. 200 f. A. A. die h. M., wonach zwar gemäß § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) die Börsengeschäftsführung von ihr benötigte Mittel beim Börsenträger anfordert, hingegen der Börsenaufsichtsbehörde die Aufgabe zukommen soll, die Erfüllung dieser Mittelanforderungen zu überwachen, vgl. Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 40, S. 57; Groß, § 2 BörsG Rn. 15; Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 110 f. Diese Aufspaltung ist unlogisch und zweckwidrig. Kritisch hierzu auch Mues, Anmerkungen zum Börsengesetz, ZBB 2001, 353 (357). 71 Arg. e § 3 Abs. 2 BörsG 2002 (jetzt in § 4 Abs. 3, Abs. 5 BörsG 2007 unmittelbar geregelt). Näher hierzu sogleich Abschnitt 2, A. II., S. 140 ff. 72 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017 S. 146 (zu bb); Christoph, Börsenkooperationen, S. 149. Nunmehr klargestellt in § 3 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007, siehe auch Nachtrag, B. II., S. 541 ff. 73 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 32, S. 52 sowie Rn. 40, S. 58; Groß, § 2 BörsG Rn. 15; Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 110.

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Dies ist hier die Börsenanstalt, welche ja auch tatsächlich die Aufsicht über die Erfüllung ihrer jeweiligen Leistungsanforderungen ausübt. Dass die hiervon zu trennende Überwachung der abstrakten Trägertauglichkeitsvoraussetzungen Sache der Börsenaufsichtsbehörde ist, lässt sich indes positivrechtlich aus § 3 BörsG 2002 (= § 6 BörsG 2007) herleiten, welcher der Behörde mit der Anteilseignerkontrolle das zentrale Instrument zur Sicherung der Trägertauglichkeit zuweist. Außerhalb der dort vorgesehenen Mittel des Anteilserwerbs- bzw. Stimmverbots nach § 3 Abs. 2, Abs. 4 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 2, Abs. 4 BörsG 2007) steht der Börsenaufsichtsbehörde zur Sicherung der Trägertauglichkeit allerdings nur die Drohung mit dem Entzug der Börsengenehmigung nach § 1 Abs. 1 S. 2 BörsG 2002, §§ 48, 49 (L)VwVfG (= § 4 Abs. 5 BörsG 2007) zu Gebote.75, 76

III. Einbindung der Börsenanstalt in die staatliche Kapitalmarktaufsichtsstruktur 1. Bereiche der staatlichen Kapitalmarktaufsicht

Der staatlichen Kapitalmarktregelung geht es über die einzelbörsliche Funktionsoptimierung hinaus vor allem um das übergeordnete Regelungsziel der Gesamt-Sekundärmarktfunktionsoptimierung in einer zunehmend pluralen Sekundärmarktlandschaft.77 Hierzu erfolgt im Dienste der marktübergreifenden Preisbildungseffizienz namentlich eine gewisse staatliche Regelung und Überwachung der Emittentenpublizität. Gesetzliche Regelungen bestehen dabei – entsprechend den Vorgaben der RL 2001/34/EG, RL 2003/6/EG und RL 2003/71/EG – in der inzwischen marktsegmentsübergreifend einheitlichen Prospektpublizität nach §§ 30, 51 BörsG 2002 (entspr. nun § 32 Abs. 2 Nr. 2 BörsG 2007) i. V. m. WpPG, den außerordentlichen Publizitätspflichten nach §§ 15 ff., 21 ff. WpHG sowie den zusätzlichen Zwischenberichtspflichten für Standardwerteemittenten nach § 40 BörsG 2002 i. V. m. §§ 53 ff. BörsZulV (entspr. nun §§ 37w WpHG 74 Vgl. Boge, Der Verwaltungshelfer im Polizeirecht, S. 34; Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 160 f.; insbesondere beim Betreibermodell vgl. Bodanowitz, Organisationsformen, S. 66 f. 75 Groß, § 2 BörsG Rn. 15; vgl. auch Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2405 f.). 76 Zum aufsichtsrechtlichen Instrumentarium unter dem BörsG 2007 vgl. Nachtrag B. II., S. 541 ff. 77 Näher zur Zielstruktur des deutschen Börsen- und Kapitalmarktrechts unten Teil 3, Abschnitt 2, A., S. 391 ff. Vgl. auch RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 33: Staatliche Regelungsaktivitäten müssen sich im Dienste der Kapitalmarktfunktionalität auf börslichen wie außerbörslichen Sekundärhandel beziehen.

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2007).78 Des Weiteren bedarf es zur effektiven Bekämpfung von Marktmissbrauch, der vielfach handelsplatzübergreifend stattfindet, gewisser einheitlicher Missbrauchsverbote mit staatlicher Beaufsichtigung.79 Diesbezügliche Regelungen finden sich in den Insider- und Marktmanipulationsverboten der §§ 14, 20a WpHG, welche für den in- und außerbörslichen Handel börsennotierter Wertpapieren gelten und der Umsetzung der RL 2003/6/EG dienen. Zuletzt bedarf es einer – seit der WPDRL ebenfalls europarechtlich determinierten – staatlichen Regelung und Beaufsichtigung der Wertpapierdienstleister, welche als Intermediäre die Wertpapierorders der Letztanleger an Börsen zur Ausführung bringen. Staatliche Regelungsaktivitäten dienen hier zur Minimierung von Intermediationsverlusten, wie sie vor allem privaten Anlegern drohen. Hierzu enthalten §§ 32 ff. KWG ein Genehmigungsregime, das neben den klassischen Banken auch sonstige Wertpapierintermediäre erfasst80 und deren finanzielle Solidität und persönliche Zuverlässigkeit sicherstellt. Daneben regeln die §§ 31 ff. WpHG Verhaltenspflichten zur Interessenwahrung der Wertpapierdienstleistungsunternehmen gegenüber ihren Kunden.81 2. Zusammenwirken bei der Marktmissbrauchs- und Emittentenaufsicht

Überwachung und Durchsetzung der Handelsteilnehmer- und Emittentenpflichten sind, wie oben Teil 1, Abschnitt 1, B. III. 3. gezeigt, Bestandteil der Börsendienstleistung selbst, insofern sie auch und gerade der Transaktionskostensenkung bei börslichen Wertpapiertransaktionen dienen. Der Vollzug wird insoweit auch in der gegenwärtigen Börsenstruktur (zumindest logisch) primär von den börsenbetreibenden Anstalten selbst wahrgenommen,82 die als Teil der „ordnungsgemäßen Durchführung des Handels an 78 Hinzugekommen sind seit Redaktionsabschluss in Umsetzung der Transparenzrichtlinie weitere Publizitätspflichten für börsenzugelassene Emittenten, siehe hierzu Nachtrag B. II., S. 548 ff. 79 Vgl. RegE 4. FMFG, BT-Drs 14/8017, S. 62 (89). 80 Die typischen Intermediationsformen im Wertpapiersekundärhandel sind die Wertpapierkommission (Handel im eigenen Namen für fremde Rechnung) und die Abschlussvermittlung (Handel im fremden Namen für fremde Rechnung). Ersteres ist ein Bankgeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 4 KWG, zweiteres eine Finanzdienstleistung im Sinne von § 1 Abs. 1a Nr. 2 KWG. Beides unterliegt im Falle gewerbsmäßiger Erbringung der Genehmigungspflicht nach §§ 32 ff. KWG. 81 Diese aufsichtsrechtlichen Interessewahrungspflichten treten neben die privatrechtlichen Interessenwahrungspflichten aus dem Auftragsverhältnis zwischen Letztanleger und Intermediär, die sich freilich zum Schutz der Letztanleger meist als zahnloser Tiger erweisen, läßt sich doch eine nicht-interessengerechte Auftragsausführung vom (Privat-)Anleger in den seltensten Fällen nachweisen, vgl. Köndgen, Ownership and Corporate Governance of Stock Exchanges, JITE 154 (1998), 224 (242).

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der Börse“ grundsätzlich die Einhaltung des gesamten Börsenregelwerks im materiellen Sinn und in diesem Zuge auch der gesetzlichen Emittentenpflichten und Marktmissbrauchsverbote überwachen.83 Die Handelsteilnehmer- wie Emittentenaufsicht erfolgt gemäß §§ 4, 2 Abs. 1 BörsG 2002 (= §§ 7, 3 Abs. 4 BörsG 2007) börsenintern vor allem durch die Handelsüberwachungsstelle,84 an der Emittentenaufsicht wirkt gemäß § 31 Abs. 1 S. 2 BörsG 2002 auch die Zulassungsstelle mit.85 Hauptinstrument ist in beiden Fällen eine elektronische Überwachung der Kursverläufe und ein Abgleich mit öffentlich zugänglichen Unternehmensinformationen.86 Bei bevorstehenden und noch andauernden Pflichtverstößen kann die Börse nach § 4 Abs. 5 S. 2 BörsG 2002 (= § 7 Abs. 5 S. 2 BörsG 2007) bestimmte präventive Anordnungen treffen, im Übrigen stehen ihr bei Verdacht auf Verstöße nach § 4 Abs. 3 i. V. m. § 2 BörsG 2002 (= § 7 Abs. 3 i. V. m. § 3 Abs. 4 BörsG 2007) bzw. § 41 BörsG Ermittlungsbefugnisse in Form von Auskunftsverlangen und Betretensrechten zu. Die börslichen Sanktionen umfassen insbesondere ein Ordnungsgeld und in letzter Konsequenz den Ausschluss von der Handelsteilname nach § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007), § 49 (L)VwVfG bzw. die Beendigung der Wertpapierzulassung nach §§ 30, 43 BörsG 2002 (= §§ 32, 39 Abs. 1 BörsG 2007), § 49 (L)VwVfG. Diese börseneigene Aufsicht über Emittenten und Handelseilnehmer wird durch eine börsenaufsichtsbehördliche Marktaufsicht dupliziert, die gemäß § 1 Abs. 4 S. 3, § 2 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 3 Abs. 1 S. 3, Abs. 5 BörsG 2007) ebenfalls die Einhaltung der gesamten Börsenregelwerke im mate82 RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 59 f.; Schröder, Wertpapierhandelsaufsicht, S. 170, 183. Vgl. Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 37, S. 56: auch praktische Dominanz. 83 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 38, S. 56. Vgl. § 4 Abs. 5 S. 1 BörsG 2002 (= § 7 Abs. 5 S. 1 BörsG 2007): Die börseneigene Aufsicht wacht über die Einhaltung der börsenrechtlichen Vorschriften (BörsG, BörsZulV) und Anordnung (börsliche Satzungen) durch Handelsteilnehmer und Emittenten sowie über sonstige Missstände, die die ordnungsgemäße Durchführung des Börsenhandels beeinträchtigen. Als Missstände in diesem Sinne wird man insbesondere Fälle von Marktmissbrauch im Sinne von §§ 14, 20a WpHG oder auch Verstöße der Emittenten gegen ihre Publizitätspflichten nach WpHG und § 10 WpPG ansehen müssen. Vorsichtig in diesem Sinne bezüglich der Marktmanipulation Schwark-Beck, a. a. O., Rn. 38, S. 57; dezidiert Brockhausen, Kapitalmarktaufsicht in Selbstverwaltung, WM 1997, 1924 (1927, 1929). 84 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 38, S. 56. 85 Schwark-Heidelbach, § 31 BörsG Rn. 5 und zu einzelnen Aufsichtsmitteln bzw. Sanktionen a. a. O., § 38 BörsG Rn. 20 ff., § 41 BörsG Rn. 3 ff. Mit dem FRUG wurde die Zulassungsstelle abgeschafft, vgl. Nachtrag A. III., S. 538, dort auch zur Neuzuweisung ihrer bisherigen Aufgaben. 86 Vgl. Schröder, Wertpapierhandelsaufsicht, S. 197 f.

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riellen Sinn überwacht.87 Dabei verfügt die Börsenaufsichtsbehörde gemäß § 2 Abs. 1 BörsG 2002 (= § 3 Abs. 4 BörsG 2007) über die gleichen Ermittlungsbefugnisse wie die Anstalt selbst. Sie kann nach § 2 Abs. 2 Alt. 2 BörsG 2002 (= § 3 Abs. 5 S. 2 Alt. 2 BörsG 2007) gegenüber Handelsteilnehmern präventive Anordnungen treffen und vor allem nach § 2 Abs. 2 Alt. 1 BörsG 2002 (= § 3 Abs. 5 S. 2 Alt. 1 BörsG 2007) anstaltliche Maßnahmen gegen regelbrüchige Handelsteilnehmer oder Emittenten veranlassen.88, 89 Da den Börsen und Börsenaufsichtsbehörden indes der erforderliche gesamtsekundärmarktweite Überblick und Aktionsradius fehlt, wird diese Aufsicht um eine partielle bundeseigene Aufsicht durch die BaFin ergänzt. Sie beschränkt sich im Bereich der Sekundärmarktteilnehmer auf die Einhaltung der wertpapierhandelsrechtlichen Insider- und Manipulationsverbote nach §§ 14, 20a WpHG,90 erfolgt aber handelsformübergreifend und erfasst in personeller Hinsicht neben den börslichen Handelsteilnehmern insbesondere auch deren Auftraggeber.91 Im Rahmen der Emittentenaufsicht prüft die BaFin die Einhaltung der außerordentlichen Publizitätspflichten der Emittenten nach §§ 15 ff., 21 WpHG,92 daneben kommt der BaFin seit dem BilKoG von 2004 und dem Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz von 2005 bezüglich der Prospektpflicht und regelmäßigen Publizitätspflichten die Aufgabe einer gewissen inhaltlichen Richtigkeitskontrolle in Ergänzung 87

Vgl. RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 59; Brockhaus, Kapitalmarktaufsicht in Selbstverwaltung, WM 1997, 1924 (1926). Zum politischen Hintergrund dieser Duplikation vgl. Schröder, Wertpapierhandelsaufsicht, S. 250. 88 Schwark-Beck, § 2 BörsG Rn. 17 ff. 89 Mit dem FRUG wurden die Befugnisse der Börsenaufsichtsbehörde durch eine beispielhafte Aufzählung in § 3 Abs. 5 S. 3 BörsG 2007 präzisiert. Hierbei wurde insbesondere klargestellt, dass die Börsenaufsichtsbehörde gemäß § 3 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 BörsG 2007 gegenüber der Börse die Aussetzung oder Einstellung des Börsenhandels in einzelnen oder mehreren Finanzinstrumenten anordnen kann, vgl. hierzu auch RegE FRUG BT-Drs. 16/4028 S. 80. Die Kompetenz zur Aussetzung oder Einstellung des Börsenhandels hat die Börsengeschäftsführung gemäß § 25 BörsG 2007 (bislang § 38 BörsG 2002). Die Klarstellung dient der Umsetzung von Art. 50 Abs. 2 lit. j) und k) MFIRL. 90 Vgl. Schröder, Wertpapierhandelsaufsicht, S. 86 f., S. 206 f. 91 Assmann/U. H. Schneider-Assmann, § 14 WpHG Rn. 2, Rn. 12 ff.; Assmann/ U. H. Schneider-Vogel, § 20a WpHG Rn. 29, Rn. 38 f. 92 Mit dem TUG ist seit Redaktionsabschluss auch die Pflicht zur Publikation von Informationen, die für die Wahrnehmung der Aktionärsrechte relevant sind, in die Kontrollkompetenz der BaFin übergegangen. Bislang waren diese Publizitätspflichten in §§ 63, 64, 66 BörsZulV geregelt, ihre Einhaltung wurde von den Börsen und Börsenaufsichtsbehörden überwacht. Nunmehr findet sich die Regelung mit gewissen inhaltlichen Erweiterung (siehe hierzu Nachtrag C. II., S. 548 ff.) in §§ 30a ff. WpHG i. d. F. des FRUG.

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zur fortbestehenden börslichen Prüfung des „Ob“ der Publizität zu: So ist der Prospekt eines Emittenten vor seiner Verwendung zu Angebots- oder Börsenzulassungszwecken in jedem Falle einer Prüfung und Billigung durch die BaFin nach § 13 WpPG zu unterziehen.93 Die im Rahmen der regelmäßigen Publizität zu veröffentlichenden Jahresabschlüsse können einer stichprobenartigen und einer Verdachtsprüfung auf ihre inhaltliche Richtigkeit durch die BaFin nach § 37n ff. WpHG unterzogen werden.94, 95 An dieser bundeseigenen Sekundärmarktaufsicht wirkt die Börse wiederum unterstützend mit, indem sie nach § 4 Abs. 5 S. 4 und S. 5 BörsG 2002 (= § 7 Abs. 5 S. 4 und S. 5 BörsG 2007) der BaFin alle für deren Aufsichtszwecke relevanten Daten zu übermitteln hat. Dies betrifft insbesondere Verdachtsfälle auf Insiderhandel und Marktmissbrauch einschließlich der zugehörigen Handelsdaten, daneben aber auch Auffälligkeiten, die auf die Verletzung der wertpapierhandelsrechtlichen Emittentenpflichten schließen lassen. Sowohl in Bezug auf die Insider- und Marktmanipulationsaufsicht wie auch die Emittentenaufsicht verfügt die BaFin seit dem AnSVG von 2004 über ein ausdifferenziertes Aufsichtsinstrumentarium, das von der präventiven Anordnungsbefugnis nach § 4 Abs. 2 S. 1 WpHG bis zu repressiven Ordnungswidrigkeiten- und Strafsanktionen reicht.96 Die besonders schlagkräftige Sanktion des Ausschlusses von der Handelsteilnahme bzw. der Beendigung der Wertpapierzulassung kann je93

Die Prüfung bezieht sich auf Vollständigkeit, Kohärenz und Verständlichkeit der Informationen, bei Verdacht auf westentliche inhaltliche Unrichtigkeit bestehen weitergehende Kompetenzen nach § 21 Abs. 8 WpPG. Näher Kullmann/Sester, Das Wertpapierprospektgesetz (WpPG), WM 2005, 1068 (1069 ff.). 94 Die §§ 37n ff. WpHG regeln die Durchführung der Bilanzkontrolle („Enforcement-Regime“) sowohl für den Fall, dass eine anerkannte private Rechnungslegungsprüfungsstelle im Sinne des § 342b Abs. 1 HGB besteht, als auch für den Fall, dass eine solche nicht besteht. Gegenwärtig existiert mit der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) e.V. eine solche Prüfstelle. Die Rolle der BaFin ist daher gemäß § 37p WpHG beschränkt: Eine stichprobenartige Prüfung nimmt sie nur auf Veranlassung der Prüfstelle vor, im Übrigen erfolgt eine eigene Prüfung durch die BaFin nur, wenn sie die Richtigkeit der Prüfung durch die DPR bezweifelt oder der Emittent die Prüfung durch die DPR oder deren Ergebnis nicht akzeptiert. Näher zum gegenwärtigen Enforcement-Regime Gros, Enforcement der Rechnungslegung, DStR 2006, 246 ff. 95 Mit dem TUG wurden sämtliche Publizitätspflichten in das WpHG überführt und damit grundsätzlich auch die Prüfung des „Ob“ ihrer Erfüllung der BaFin aufgegeben, vgl. Nachtrag, S. 532. Zugleich wurde das Enforcement-Regime der §§ 37n ff. WpHG zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit auch auf die Halbjahresfinanzberichterstatttung (Zwischenberichte) erstreckt, vgl. Hutter/Kaulamo, Änderungen der Regelpublizität, NJW 2007, 550 (553 f.). 96 Zu erwähnen ist hierbei insbesondere die Befugnis der BaFin, gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 WpHG den Handel in einem Wertpapier vorübergehend auszusetzen, sowie die Befugnis zur Ersatzvornahme einer Pflichtpublikation gemäß § 4 Abs. 6

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

doch nach wie vor ausschließlich die Börsenanstalt verhängen. Zu diesem Zwecke sieht § 6 Abs. 2 WpHG einen formalisierten Informationsaustausch zwischen BaFin und Börsenaufsichtsbehörden vor, welche dann in Ausübung ihres Anordnungsrechts nach § 2 Abs. 2 Alt. 1 BörsG 2002 (= § 3 Abs. 5 S. 2 Alt. 1 BörsG 2007) die börsliche Sanktionierung veranlassen können.97 3. Mitwirkung an der Aufsicht über Wertpapierdienstleister

Die staatliche Intermediärsaufsicht wird demgegenüber ausschließlich von der BaFin ausgeübt, welche zum Vollzug des KWG-Genehmigungsregimes und der §§ 31 ff. WpHG über umfassende Ermittlungs-, Anordnungs- und Sanktionsbefugnisse verfügt. An dieser staatlichen Aufsicht wirken die Börsen lediglich durch Mitteilung aufsichtsrelevanter Vorgänge nach § 4 Abs. 5 S. 4 BörsG 2002 (= § 7 Abs. 5 S. 4 BörsG 2007) mit.98 Hierzu gehört insbesondere der Verdacht auf Frontrunning oder sonstige Pflichtverletzungen eines Intermediärs gegenüber Anlegern. Aber auch jeder Fall von Marktmissbrauch durch einen Handelsteilnehmer ist für die BaFin im Rahmen der Intermediärsaufsicht relevant, können derartige Verstöße doch letztlich die Unzuverlässigkeit im Sinne des § 32 KWG begründen.99

B. Das britische Börsenaufsichtsrecht I. Betreiberstruktur Börsen im ökonomisch-funktionalen Sinn können in Großbritannien wahlweise in einer der beiden folgenden aufsichtsrechtlichen Strukturformen betrieben werden: Der eines Recognised Investment Exchange (RIE) nach s. 285 FSMA oder der eines Alternative Trading System (ATS) nach s. 42 FSMA i. V. m. FSA Handbook MAR 5,100 wobei letztere Form für WpHG. Näher Bürgers, Das Anlegerschutzverbesserungsgesetz, BKR 2004, 424 (430 ff.). 97 Vgl. daneben zum informellen direkten Informationsaustausch zwischen Börsenanstalt und BaFin als den eigentlichen Trägern der Aufsicht Brockhausen, Kapitalmarktaufsicht in Selbstverwaltung, WM 1997, 1924 (1927); Assmann/U. H. Schneider-Dreyling, § 6 WpHG Rn. 5, § 8 WpHG Rn. 17. 98 Schwark-Beck, § 4 BörsG Rn. 20; Brockhausen, Kapitalmarktaufsicht in Selbstverwaltung, WM 1997, 1924 (1929); Schäfer-Peterhoff, § 1b BörsG Rn. 19. 99 Vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler-Fischer, § 33 KWG Rn. 34, Rn. 36; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 33 KWG Rn. 8. Dabei ist zu beachten, dass Marktmissbrauch im Rahmen des § 38 WpHG eine Straftat darstellt und als solche in besonderem Maße geeignet ist, die Zuverlässigkeit des Intermediärs entfallen zu lassen.

Abschnitt 1: Grundzüge des deutschen und britischen Börsenaufsichtsrechts 119

sämtliche nicht-diskretionären multilateralen Handelssysteme offen steht, gleich ob ein börslicher Organisationsgrad erreicht wird oder nicht.101 In beiden Formen bedarf der Marktbetreiber einer Genehmigung durch die britische Allfinanzbehörde FSA (Financial Services Authority) und unterliegt sodann deren laufender Aufsicht. Dabei sind die Genehmigungsvoraussetzungen für RIEs zwar erheblich stringenter,102 doch können andererseits auch nur in dieser Strukturform börsliche Handelssegmente mit dem Status eines geregelten Marktes im Sinne des europäischen Kapitalmarktrechts nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 MFIRL angeboten werden.103 Insbesondere kann daher ein Emittent die amtliche Wertpapierzulassung im Sinne der RL 2001/34/EG nach britischem Recht (United Kingdom official listing – UKOL) nur unter der Bedingungen einer Handelszulassung seiner Wertpapiere auf einem RIE erlangen.104 RIEs stehen damit rechtlich wie faktisch weiterhin im Zentrum der britischen Kapitalmarktstruktur,105 weshalb sich die weitere Betrachtung auf sie beschränkt. Tauglicher Betreiber eines RIE kann nach s. 287 (1) FSMA eine corporation oder eine unincorporated association sein. Letztere ist als privater Verband ohne eigene Rechtspersönlichkeit allerdings schwerfällig und spielt seit Aufgabe dieser Rechtsform durch den LSE-Betreiber in 1986 praktisch keine Rolle mehr.106 Corporations sind demgegenüber rechtsfähige körperschaftliche Verbände.107 Zu ihnen zählen namentlich die privaten Kapitalgesellschaften nach Companies Act 1985/2006, von denen heute allein die (public oder private) limited company als Betreiberrechtsform praktische Relevanz hat.108 100

FSA, The FSA’s approach to regulation of market infrastructure, Feedback Statement, S. 20. Vgl. auch Alcock, FSMA 2000, S. 181; Mackay, Recognised Investment Exchanges, Butterworths Financial Regulation Service, 5 H/2 Rn. 7. 101 MAR 5.1.1 i. V. m. FSA Handbook Glossary. Vgl. auch FSA, Submission to the Competition Commission v. 29. April 2005, S. 2 f. 102 Vgl. FSA, Alternative Trading Systems, PS 153, S. 6, S. 27 f. 103 Vgl. FSA, The FSA’s approach to regulation of market infrastructure, DP 2, S. 43. 104 LR 2.2.3. Vgl. auch FSA, The Listing Review and Implementation of the Prospectus Directive, CP 04/16, S. 5. 105 Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (14); FSA, Potential longer term implications of a change of ownership of the London Stock exchange, Pressemitteilung v. 4. Februar 2005, FSA/PN/015/2005; Walker, Recognised Investment Exchanges and Clearing Houses, S. 207. Vgl. auch FSA, Alternative Trading Systems CP 153, S. 6. 106 Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (7). 107 James, Introduction to English Law, S. 88. 108 Vgl. zu den Betreiberrechtsformen gegenwärtiger RIEs FSA, Annual Report 2003/04, S. 138.

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

Der Börsenbetreiber bedarf einer Betriebsgenehmigung in Form einer Anerkennung (recognition) gemäß s. 290 (1) (a) FSMA. Ebenso wie die sonstigen Finanzdienstleistungsgenehmigungen nach FSMA (authorisations) hat die recognition einen rein gewerbeaufsichtlichen Charakter: Ihre Wirkung beschränkt sich darauf, den Antragsteller von dem umfassenden präventiven Verbot aller Finanzdienstleistungstätigkeiten in ss. 19, 22 FSMA i. V. m. Regulated Activities Order109 zu befreien.110 Weder bewirkt die recognition eine Veränderung der privaten Betreiberrechtsform noch führt sie zur Übertragung hoheitliche Befugnisse.111 Der Börsenbetreiber nimmt demnach sämtliche technisch-infrastrukturellen wie auch regulatorischen Betriebstätigkeiten auf privatrechtlicher Basis wahr. Die von ihm erlassenen Börsenregelwerke werden als allgemeine Geschäftsbedingungen in das privatvertragliche Börsennutzungsverhältnis zwischen Betreiber und Handelsteilnehmern bzw. Emittenten einbezogen.112 II. Genehmigungs- und Aufsichtsregime 1. Genehmigung

Die FSA erteilt eine recognition auf schriftlichen Antrag des Betreibers nach s. 287 FSMA, wenn die gesetzlichen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind und der Finanzminister nach negativem Ausgang einer kartellbehördlichen Prüfung der Börsenregelwerke nach ss. 290 (2), 307 FSMA 109

The Financial Services and Markets Act 2000 (Regulated Activities) Order 2001, SI 2001/544. 110 Walker, Recognised Investment Exchanges and Clearing Houses, S. 207 (217). 111 Vgl. FSA, The FSA’s approach to regulation of market infrastructure, DP 2, S. 7: Börsenbetreibern kommen unter dem FSMA 2000 keine über die eigentliche Börsendienstleistungstätigkeit hinausgehenden regulatorischen Aufgaben mehr zu. Irreführend ist daher die in der Literatur teilweise anzutreffende Bezeichnung von RIEs als „public law institution“, vgl. etwa Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (38). Sie wurde von der Rechtsprechung in den Entscheidungen Shearson Lehman Hutton Inc and Another v Maclaine Watson & Co Ltd and others, Queen’s Bench Division (Commercial Court), [1989] 2 Lloyd’s Rep 570 sowie R v London Metal Exchange Ltd, ex parte Albatros Warehousing BV, Queen’s Bench Division CO/2470/98 v. 30. März 2000 in Bezug auf Altfälle vor Inkrafttreten des FSMA 2000 geprägt, und diente dort im Wesentlichen als rechtstechnischer Kniff, um einseitige Regelwerksänderungen oder Disziplinarentscheidungen auf privatvertraglicher Basis einer gerichtlichen Angemessenheitskontrolle zu unterwerfen. Diese Qualifikation ist heute allerdings nach den dort entwickelten Kriterien nicht mehr zutreffend. Siehe zum zwischenzeitlichen Rollenwandel der RIEs auch unter Teil 3, Abschnitt 1, C., S. 388 ff. 112 FSA, The FSA’s approach to regulation of market infrastructure, DP 2, S. 7 f., Rn. 2.2 i. V. m. Rn. 2.6; Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (17).

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seine Zustimmung erteilt hat.113 Die Genehmigung eines RIE steht dabei nach dem Wortlaut der s. 290 (1) FSMA im Ermessen der FSA.114 Entsprechend der dezidiert wettbewerbsfreundlichen Haltung des Gesetzgebers des FSMA115 und in Fortsetzung der liberalen Genehmigungspraxis ihrer Vorgängerbehörde SIB116 erteilt die FSA bei Vorliegen der Voraussetzungen jedoch regelmäßig die beantragte recognition,117 so dass seit Erlass des FSMA sieben neue RIEs genehmigt wurden, zwei davon im Bereich des Aktienkassahandels.118 Die materiellen Genehmigungsvoraussetzungen finden sich in den vom Finanzministerium erlassenen Financial Services and Markets Act 2000 (Recognition Requirements for Investment Exchanges and Clearing Houses) Regulations 2001 (im Weiteren abgekürzt als RRR)119, dort im Einzelnen in Schedule Part I. Sie werden von der FSA in ihrem Handbook120 REC 2 näher erläutert, wobei diese Erläuterungen ihrer Rechtsnatur nach den norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften des deutschen Rechts ähnlich sind.121 Die Genehmigungsvoraussetzungen lassen sich im Wesent113 Zur kartellrechtlichen Prüfung Mackay, Recognised Investment Exchanges, Butterworths Financial Regulation Service, 5 H/5 f. Rn. 28 f. 114 Alcock, The FSMA 2000, S. 185. 115 Timms, Hansard HC 9 February 2000, Col. 302; Lord McIntosh, Hansard HL, 21 March 2000, Col. 182; Viscount Chandos, Hansard HL, 24 May 2000, Col. 799. 116 Vgl. SIB, Regulation of the United Kingdom Equity Markets, DP, S. v: „[. . .] the UK regulatory system set up by the Financial Services Act clearly envisaged competition amongst markets and gave SIB no legal powers to prevent such competition“; sowie noch deutlicher SIB, Regulation of the United Kingdom Equity Markets, Report, S. 3: „[. . .] our statutory responsibilities [. . .] for recognising investment exchanges require us to admit new participants which fulfill the relevant criteria“. 117 Vgl. FSA, The FSA’s approach to regulation of market infrastructure, DP 2, S. 18 f., wo angesichts der Fragmentierungsgefahren nicht eine Einschränkung der hergebrachten liberalen Genehmigungspraxis, sondern eine verstärkte Handelstransparenz befürwortet wird. In diesem Sinne auch dies., The FSA’s approach to regulation of market infrastructure, Feedback Statement, S. 6. 118 FSA, Annual Report 2002/03, S. 215. Die beiden Aktienkassabörsen sind Jiway und virt-x. Schon zuvor war unter dem FSA 1986 Tradepoint als neue Aktienkassabörse genehmigt worden, vgl. hierzu Cutler, The New Trading Point, PLC 1995 (Aug), 20. Jiway hat inzwischen die Genehmigung zurückgegeben, vgl. FSA a. a. O. 119 SI 2001/995. 120 Das FSA Handbook ist die thematisch geordnete und konsolidierte Zusammenfassung aller von der FSA erlassenen untergesetzlichen Normen (rules) und norminterpretierender guidance. Das FSA Handbook ist in thematische Module untergliedert, die jeweils mit einer Buchstabenkombination (z. B. REC für Recognised Investment Exchanges and Clearing Houses) gekennzeichnet sind. Der aktuelle Stand des Handbook ist abrufbar unter www.fsa.gov.uk/Pages/handbook.

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

lichen in persönliche Anforderungen an den Betreiber einerseits sowie Anforderungen an die technisch-infrastrukturelle sowie regulatorische Ausgestaltung des geplanten Börsenbetriebs andererseits unterscheiden. Deren voraussichtliche Erfüllung hat die FSA auf Grundlage eines mit dem Genehmigungsantrag vorzulegenden Geschäftsplans und Entwurfs der Regelwerke schon ex ante zu prüfen.122 a) Anforderungen an die Finanzmittelausstattung und Person des RIE-Betreibers Nach para 1 Schedule Part I RRR muss ein Betreiber über ausreichende finanzielle Ressourcen (sufficient financial resources) verfügen. Erforderlich sind zur Sicherung eines unterbrechungsfreien Börsenbetriebs grundsätzlich liquide Eigenmittel, welche Adressausfall-, Marktpreis-, Betriebs- und sonstige (namentlich konzernbedingte) Liquiditätsrisiken abdecken,123 wobei die ersteren beiden Risikopositionen nur auftreten, sofern der RIE-Betreiber auch im Bereich der Central-Counterparty- oder Abwicklungsdienstleistungen tätig ist.124 Das Kriterium ausreichender Finanzressourcen für betriebliche Risiken sieht die FSA regelmäßig als erfüllt an, wenn Eigenkapital und liquide Mittel in Höhe der durchschnittlichen 6-monatigen Betriebskosten vorhanden sind.125 Ob hiernach ausreichende Finanzmittel vorliegen, wird von der FSA anfänglich wie fortlaufend überprüft, wofür ihr gemäß REC 3.4 die geprüften Jahresabschlüsse sowie zumindest vierteljährlich interne Rechnungsabschlüsse des Börsenbetreibers vorzulegen sind. Da das britische Finanzmarktaufsichtsmodell zum Zwecke einer risikoadäquaten Fokussierung staatlicher Aufsichtstätigkeit großen Wert auf eine eigenverantwortliche Sicherung der Genehmigungsvoraussetzungen durch die Aufsichtssubjekte legt,126 verlangt para 3 Schedule Part I RRR i. V. m. REC 2.5 überdies, dass ein Börsenbetreiber über unternehmensinterne Risikomanagementsys121 Vgl. zur Funktion der guidance näher Alcock, FSMA 2000, S. 93 f.; Chalk, Regulation of the Market Infrastructure, in: Perry (Hrsg.), The Financial Services and Markets Act, S. 349 (351). 122 REC 5.2.2 f., insbesondere 5.2.3 (3). 123 REC 2.3.3. 124 REC 2.3.3 (2). Vgl. auch Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (39); Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 125 REC 2.3.7. 126 Vgl. REC 4.2.3. und REC 4.3. Siehe auch FSA, A new regulator for the new millennium, S. 10, S. 14 ff. zum sog. risk-based approach to supervision. Insb. zu dessen Anwendung auf RIEs vgl. FSA, RIE and RCH sourcebook, CP 39, S. 19.

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teme verfügt, mit denen er für die nachhaltige Sicherung adäquater Finanzmittel sorgen kann.127 Der Antragsteller muss nach para 2 Schedule Part I RRR überdies die erforderliche persönliche Eignung (suitability) aufweisen. Grundvoraussetzung hierfür sind die fachliche und unternehmerische Kompetenz,128 persönliche Zuverlässigkeit129 und die Bereitschaft zu einem eigeninitiativen Hinwirken auf die Erfüllung der gesetzlichen Genehmigungsanforderungen.130 Darüber hinaus legt die FSA bezüglich der unternehmensinternen Leitungsstrukturen Wert auf die Einhaltung der allgemeinen Grundsätze guter Corporate Governance.131 Ihnen kommt unter gesellschaftsrechtlichem Blickwinkel die Funktion zu, für die Verwirklichung des idealtypischen, aus dem Gewinnmaximierungsinteresse der Anteilseigner resultierenden unternehmerischen Eigeninteresse einer Gesellschaft zu sorgen.132 In ihrer Betonung durch die FSA zeigt sich die Prämisse des britischen Börsenaufsichtsrechts, dass die Verwirklichung eben dieses börsenunternehmerischen Eigeninteresses grundsätzlich zu einem regelungszielkonformen Börsenbetrieb führt.133 Die ausschließliche Ausrichtung der Geschäftstätigkeit an diesem idealtypischen Eigeninteresse ist zudem durch unternehmensinterne Systeme zum Interessenkonfliktmanagement sicherzustellen.134

127 REC 2.5.6, REC 2.5.7. In der Diktion des deutschen Aufsichtsrechts lässt sich hier von „qualitativer“ (statt der an Zahlen orientierten „quantitativen“) Aufsicht sprechen, vgl. zum Begriff Gruner-Schenk, Harmonisierung des Bankenaufsichtsrechts, S. 177 m. w. N. 128 REC 2.4.3 (8). 129 REC 2.4.3 (9). 130 REC 2.4.3 (1). Chalk, Regulation of the Market Infrastructure, in: Perry (Hrsg.), The Financial Services and Markets Act, S. 349 (352); Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 131 REC 2.4.3 (3) bis (7); Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (39); Wisbey, The Challenge of Technology, sub „Regulatory organisation“; Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. Im Falle einer börsennotierten RIE-Betreibergesellschaft verlangt dies regelmäßig die Einhaltung der Standards des Combined Code, vgl. Elderfield a. a. O. 132 Vgl. Lowry/Watson, Company Law, S. 228, S. 259; Mann, Corporate Governances Systeme, S. 223. 133 REC 2.5.11. Vgl. auch Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (39); Walker, Recognised Investment Exchanges and Clearing Houses, S. 207 (217). 134 REC 2.4.3 (11) i. V. m. REC 2.5.10 f.

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b) Anforderungen an die technisch-organisatorische Marktinfrastruktur Neben dem Orderrouting und -matching als Kern der Börsendienstleistung muss ein RIE gemäß para 4 Schedule Part I RRR folgende Funktionen sicherstellen: Die Informationsverbreitung im Bereich der Vor- und Nachhandelstransparenz sowie der Emittentenpublizität; die Aufzeichnung, Überwachung und gegebenenfalls Sanktionierung des Handelsgeschehens; die Abwicklung der getätigten Geschäfte. In Bezug auf die Verbreitung von Emittenteninformationen sowie die Geschäftsabwicklung genügt es hierbei, wenn Dritte diese Dienstleistungen erbringen und der Börsenbetreiber durch entsprechende regulatorische und infrastrukturelle Vorkehrungen sowie vertragliche Arrangements lediglich sicherstellt, dass seine Nutzer diese Leistungen in Anspruch nehmen können.135 Im Übrigen sind die Funktionen als integraler Teil der Börsendienstleistung vom Betreiber im eigenen Namen anzubieten, wenn dabei auch gemäß s. 6 (2) RRR ein Outsourcing im technisch-infrastrukturellen Produktionsbereich durchaus zulässig ist.136 Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung müssen aber die vom RIE getroffenen Vorkehrungen gemäß para 3 Schedule Part I RRR jedenfalls funktionsfähig und dem voraussichtlichen Geschäftsaufkommen gewachsen sein,137 um so auch in infrastruktureller Hinsicht einen störungsfreien Börsenbetrieb zu gewährleisten.138 Angesichts ihrer zentralen Bedeutung überwacht die FSA hierbei vor allem die Computersysteme eines Börsenbetrei135 In Bezug auf Clearing und Settlement vgl. para 3 (2) (d) i. V. m. para 4 (2) (d) Schedule Part I RRR sowie hierzu Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (41); Pennington, The Law of the Investment Markets, S. 86. In Bezug auf die Verbreitung von Emittenteninformationen vgl. para 5 (2) i. V. m. 4 (2) (c) Schedule Part I RRR mit REC 2.12.12 sowie hierzu Mackay, Recognised Investment Exchanges, Butterworths Financial Regulation Service, 5H/68 Rn. 223. Dabei sind die Emittenteninformationen bezüglich listed securities schon aufgrund der UK Listing Rules durch RIS (Regulatory Information Services) zu verbreiten. Als RISBetreiber können neben Börsenbetreibern auch andere Personen fungieren. Tatsächlich sind in Großbritannien als RIS-Betreiber neben dem etablierte RNS-Dienst der London Stock Exchange plc vor allem die bekannten europaweit operierenden Informationsdienste (z. B. Hugin, CNN Matthews, DGAP) anerkannt. RIS-Betreiber bieten typischerweise auch Informationsverbreitungsdienstleistungen für Emittenten von unlisted securities an, so dass ein RIE-Betreiber gänzlich auf den Betrieb eigener Informationssysteme verzichten und bei ihm zugelassene Emittenten anstatt dessen auf die Verwendung dieser Dienste verpflichten kann. 136 Chalk, Regulation of the Market Infrastructure, in: Perry (Hrsg.), The Financial Services and Markets Act, S. 349 (352). 137 Mackay, Recognised Investment Exchanges, Butterworths Financial Regulation Service, 5H/63 f. Rn. 185. 138 Vgl. FSA, The FSA’s approach to regulation of market infrastructure, DP 2, S. 10; dies., The FSA’s approach to regulation of market infrastructure, Feedback Statement, S. 11.

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bers auf deren Funktionsfähigkeit, Stabilität und Manipulationssicherheit.139 Diese Eigenschaften sind wiederum primär durch geeignete unternehmensinterne IT-Risikomanagementsysteme abzusichern, deren Zwecktauglichkeit die FSA in erster Linie prüft.140 c) Anforderungen an die Regelung des Handelsgeschehens Nach para 4 (1) Schedule Part I RRR hat der Börsenbetreiber durch seine Regelungstätigkeit dafür zu sorgen, dass das Handelsgeschehen „in an orderly manner and so as to afford proper protection for investors“ abläuft. Zu regelnde Materien sind gemäß para 4 (2) Schedule Part I RRR insbesondere der Zugang zur Handelsteilnahme; die Zulassungsstandards für Wertpapiere; das eigentliche Handelsgeschehen mit Wohlverhaltenspflichten, Handelstransparenz und Handelsüberwachung sowie die Geschäftsabwicklung. Bezüglich dieser Materien muss der Betreiber geeignete Regelwerke aufstellen und die Börsennutzer vertraglich auf deren Einhaltung verpflichten. Eine gesetzliche Direktregelung findet grundsätzlich nicht statt, mit Ausnahme allerdings der Materie des official listing, also der amtlichen Wertpapierzulassung i. S. d. RL 2001/34/EG, sowie der (Mindest-)Prospektpflicht aller auf geregelten Märkten zugelassener Wertpapiere nach der Prospektrichtlinie RL 2003/71/EG. Diesbezüglich hat der britische Gesetzgeber mit ss. 72 ff. FSMA eine vollständige Hochzonung von Regelung und Vollzug auf die staatliche Ebene vorgenommen, so dass Börsenbetreibern insoweit keine regulatorischen Aufgaben mehr zukommen. Hiervon abgesehen gilt, dass die materiell-börslichen Regelungsmaterien in Großbritannien auch in formeller Hinsicht der RIE-eigenen Regelung überlassen bleiben und nur eine gewisse Steuerung durch aufsichtsrechtliche Vorgaben erfolgt. Diese sind materienspezifisch unterschiedlich dicht: So verlangt para 4 (2) (a) Schedule Part I RRR bezüglich der Regeln über die Handelsteilnahme lediglich, dass die ordnungsgemäße Marktfunktion (orderly market) und der Anlegerschutz sicherzustellen sind, wobei nach Vorstellung des britischen Gesetzgebers und der FSA der Anlegerschutz im Börsenhandel im Wesentlichen durch ein preisbildungseffizientes und marktmissbrauchsfreies börsliches Marktgeschehen mitverwirklicht wird.141 Nach REC 2.7.3 erfordert eine der Marktfunktionalität zuträgliche 139 REC 2.5.18 (3). Vgl. auch Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (40). 140 REC 2.5.18 (1), (2). Vgl. auch Wisbey, The Challenge of Technology, sub „Technology dependence“. 141 Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (42); vgl. auch REC 2.6, wo unter der Überschrift „general safeguards for investors“ inhaltlich nur die Herstellung eines „orderly market“ diskutiert und dabei betont wird, dass ein

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Zugangsregelung üblicherweise die Beschränkung auf finanziell solide, technisch kompetente142 und persönlich zuverlässige Personen.143 Des Weiteren muss der Betreiber jedenfalls sicherstellen, dass er sein Regelwerk gegenüber zuzulassenden Personen auf vertraglicher Basis effektiv durchsetzen kann,144 wofür er sich zulassungsvertraglich Sanktionsrechte bis hin zum Ausschluss von der Handelsteilnahme145 sowie die Möglichkeit nachträglicher Regeländerungen146 vorbehalten muss. Ähnlich grobmaschig sind die aufsichtsrechtlichen Zielvorgaben bezüglich des Preisbildungsmechanismus, wo REC 2.6.6 (1) und (3) unter dem Gesichtspunkt der orderly markets nur verlangen, dass den Nutzern ein Abschluss zum jeweils besten gegenläufigen Angebot ermöglicht wird und geeignete Mechanismen zur Unterbrechung des Handelsgeschehens bei Unregelmäßigkeiten bestehen. Bezüglich der Handelstransparenz verlangt die FSA in REC 2.6.6 (2) eine „ausreichende“ Transparenz und erlaubt damit eine flexible Handhabung in Abhängigkeit von Ordergrößen.147 Schließlich muss die Regelung des Handelsgeschehens eine zeitnahe und sichere Abwicklung getätigter Geschäfte sicherstellen,148 und – sofern der Börsenbetreiber selbst CCP- oder Clearing-Dienstleistungen erbringt – besondere default rules für den Fall der Insolvenz eines Handelsteilnehmers aufweisen.149 Während die gesetzlichen Anforderungen insoweit den Charakter von Zielvorgaben haben, bestehen im Bereich des Marktmissbrauchs in Umsetzung europäischen Richtlinienrechts sehr dichte Vorgaben. So verlangt REC 2.6.5 (1) eine börseneigene Regelung, die zumindest den Standards des Code of Market Conduct entspricht.150 Dieser von der FSA im Verordsolcher (preisbildungseffizienter, marktmissbrauchsfreier) Markt zugleich auch den notwendigen Anlegerschutz sicherstellt, vgl. REC 2.6.5 f. 142 REC 2.7.3 (1); vgl. auch Mackay, Recognised Investment Exchanges, Butterworths Financial Regulation Service, 5H/66 Rn. 205. 143 REC 2.6.4 (1) und (2). 144 REC 2.7.3 (1) (a). 145 REC 2.15.3 (1) (e); vgl. auch Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (41). 146 REC 2.14; vgl. auch Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (18 f.). 147 REC 2.6.7; vgl. auch Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (42). 148 Para 4 (2) (d) Schedule Part I RRR; vgl. auch Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (41). 149 Para 10 ff. Schedule Part II RRR; vgl. auch Alcock, FSMA 2000, S. 184 f.; Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (41). Existieren solche default rules, so erlaubt das britische Insolvenzrecht die Verrechnung und Abwicklung offener Positionen außerhalb des normalen Insolvenzverfahrens.

Abschnitt 1: Grundzüge des deutschen und britischen Börsenaufsichtsrechts 127

nungsrang erstellte Kodex präzisiert das Marktmissbrauchsverbot der s. 118 FSMA, welches im gesamten organisierten Sekundärmarkt gilt.151 Die RIEeigenen Wohlverhaltensregeln dürfen dabei gemäß REC 2.6.5 (2) selbstverständlich durch präzisere oder strengere Regelungen über das gesetzliche Mindestmaß hinausgehen.152 Zur ihrer effektiven Überwachung müssen die RIE-eigenen Regeln gemäß para 4 (2) (e) Schedule Part I RRR, REC 2.9 jedenfalls eine vollständige Aufzeichnungen der getätigte Geschäfte vorsehen.153 Zudem müssen RIE-eigene Sanktionsrechte vertraglich vorbehalten werden, die im Dienste eines orderly market in letzter Konsequenz bis hin zum Ausschluss von der Handelsteilnahme gehen müssen.154 Hinsichtlich der handelbaren Wertpapiere ist nach para 4 (2) (b) Schedule Part I RRR durch börseneigene Regelwerke das Zustandekommen eines proper market sicherzustellen. Die FSA konkretisiert den Begriff des proper market in REC 2.12.4 im Sinne eines preisbildungseffizienten Marktes mit hinreichender Liquidität155 und Informationsdichte.156 Anhand welcher Zulassungsstandards ein RIE das Zustandekommen eines solchen proper market gewährleisten will, überlässt das britische Aufsichtsrecht grundsätzlich diesem selbst.157 Jedoch sieht die FSA das Erfordernis gemäß REC 2.12.6 insbesondere in zwei Grundkonstellationen als erfüllt an: Zum einen dann, wenn der Betreiber die Wertpapierzulassung (admission to trading) davon abhängig macht, dass der Emittent bereits über eine amtliche Zulassung im Sinne der RL 2001/34/EG verfügt, sei es in Form eines official listing in 150 Mackay, Recognised Investment Exchanges, Butterworths Financial Regulation Service, 5H/65 Rn. 190–200. Vgl. aus den Vorarbeiten zum FSA Handbook auch FSA, Market Abuse, CP 10, S. 35. Siehe auch REC 2.13.3, wonach vom RIEBetreiber ein möglichst eigeninitiatives Hinwirken auf die Verwirklichung der Standards des Code of Market Conduct auf seinem Markt erwartet wird. 151 Vgl. zum Geltungsbereich HM Treasury/FSA, UK Implementation of the EU Market Abuse Directive (Directive 2003/6/EC), S. 15 f. Das Marktmissbrauchsverbot nach s. 118 FSMA geht damit über die Vorgaben von Art. 5 RL 2003/6/EG (Marktmissbrauchsrichtlinie), zu deren Umsetzung er dient, hinaus. 152 Vgl. auch FSA, Market Abuse, CP 10, S. 35. 153 Para 4 (2) (e) Schedule Part I RRR mit REC 2.9.3. Vgl. auch Mackay, Recognised Investment Exchanges, Butterworths Financial Regulation Service, 5H/67 Rn. 209. 154 REC 2.6.4 (1). 155 FSA, RIE and RCH Sourcebook, CP 39, S. 16. Sicherzustellen ist sie etwa durch Kriterien hinsichtlich freier Übertragbarkeit und Größe des Streubesitzes zuzulassender Wertpapiere, vgl. REC 2.12.4 (1), (2). Vgl. auch Pennington, The Law of the Investment Markets, S. 87, der einen „proper market“ mit einem aktiven Markt gleichsetzt. 156 REC 2.12.4 (4). Vgl. auch Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (42). 157 REC 2.12.9.

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

Großbritannien (UKOL), sei es in Form einer amtlichen Zulassung im EU/ EWR-Ausland.158 Dabei erklärt sich die Anknüpfung an eine präexistente amtliche Wertpapierzulassung aus der dem britischen Kapitalmarktrecht zugrundeliegenden Trennung der (hoheitlichen) amtlichen Wertpapierzulassung einerseits von der börslichen Handelszulassung andererseits.159 Richtet ein Börsenbetreiber ein Segment für amtlich zugelassene Wertpapiere (listed securities) ein, so muss er in der Lage sein, das Vorliegen dieser amtlichen Zulassung zu verifizieren und bei deren Aufhebung durch die zulassende Stelle auch die Handelszulassung unverzüglich zu beenden.160 Zum anderen kann gemäß REC 2.12.6 ein proper market auch in unlisted securities bestehen, wenn der Börsenbetreiber deren Zulassung mindestens von einer anfänglichen Publizität gemäß FSA Prospectus Rules bzw. deren EWR-ausländischer Äquivalente zur Umsetzung der RL 2003/71/EG sowie von einer laufenden Publizität nach FSA Disclosure Rules abhängig macht.161 Diese gesetzlichen Regeln bestimmen die Prospekt- und Ad-hocPublizitätspflicht aller in Großbritannien an geregelten Märkten gehandelten Emittenten.162 Die RIE-eigenen Standards müssen die dort niedergelegten Erfordernisse als Mindestvoraussetzung der Handelszulassung übernehmen, und es müssen effektive RIE-eigene Überwachungs- und Sanktionsrechte bis hin zur Aufhebung der börslichen Wertpapierzulassung vertraglich gegenüber den Emittenten vorbehalten werden.163 2. Genehmigungsfolgepflichten und laufende Börsenaufsicht

Der Börsenbetreiber unterliegt sodann der Rechtsaufsicht durch die FSA im Hinblick auf die fortwährende Erfüllung der recognititon requirements.164 Hinzu kommen eine Reihe laufender Mitteilungspflichten des 158

REC 2.12.6 (1) (b). Näher hierzu sogleich unter III. 2., S. 132 f. Vgl. auch FSA, The Transfer of the UK Listing Authority to the FSA, CP 37, S. 9. 160 REC 2.12.6 (1) a. E. Vgl. zur praktischen Handhabung in Abstimmung zwischen FSA und den Börsenbetreibern FSA, UKLA Guidance Manual, S. 82. 161 Vgl. REC 2.12.6 (1) (a). Eingehend hierzu unten Abschnitt 3, B. II. 1. b), S. 294 ff. 162 Vgl. s. 73A (3) FSMA (Disclosure Rules); s. 73A (4) i. V. m. s. 84 ff. FSMA (Prospectus Rules) für britische Emittenten, im Übrigen RL 2003/71/EG und die nationalen Umsetzungsvorschriften der anderen EU/EWR-Staaten. Zum Anwendungsbereich vgl. auch HM Treasury/FSA, UK Implementation of the EU Market Abuse Directive (Directive 2003/6/EC), S. 21 sowie dies., UK Implementation of the Prospectus Directive 2003/71/EC, S. 11. 163 REC 2.12.6 (1) a. E.; vgl. auch Alcock, FSMA 2000, S. 184; Chalk, Regulation of the Market Infrastructure, in: Perry (Hrsg.), The Financial Services and Markets Act, S. 349 (352). 159

Abschnitt 1: Grundzüge des deutschen und britischen Börsenaufsichtsrechts 129

Börsenbetreibers an die FSA nach s. 293 FSMA i. V. m. FSA Handbook REC 3. Diese dienen zum Teil der Überwachung des RIE selbst und betreffen insoweit genehmigungsrelevante Tatsachen und Vorgänge wie Quartalsund Jahresabschlüsse des Betreibers,165 personelle Veränderungen im Leitungsorgan,166 sämtliche Regelwerksänderungen167 und sonstigen Änderungen der angebotenen Börsendienstleistung sowie außergewöhnliche Ereignisse im Rahmen des Geschäftsbetriebs.168 Zum anderen handelt es sich um Mitteilungspflichten im Rahmen der Mitwirkung des RIE an der staatlichen Emittenten-, Wertpapierdienstleister- und Marktmissbrauchsaufsicht der FSA (hierzu sogleich unter III).169 Erfüllt der Börsenbetreiber diese Genehmigungsfolgepflichten nicht, so sucht die FSA zunächst das informelle Gespräch.170 Sie hat ihm sodann aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zunächst nach s. 296 FSMA im Wege einer vollstreckbaren Verwaltungsanordnung (direction) die Herstellung eines rechtmäßigen Zustandes aufzugeben.171 Im Falle fortgesetzter oder gravierender Pflichtverstöße hat jedoch der Entzug der Börsengenehmigung (derecognition) nach s. 297 (2) FSMA zu erfolgen, um so den aufsichtswidrigen Börsenbetrieb zu beenden.172 III. Einbindung des RIE-Betreibers in die staatliche Kapitalmarktaufsichtsstruktur War die London Stock Exchange für große Teile des 20. Jahrhunderts der zentrale parastaatliche Kapitalmarktregulator gewesen,173 so ging diese Rolle mit der Gesetzgebung des FSA 1986 und FSMA 2000 und der Schaffung der FSA als umfassend zuständiger Kapitalmarktaufsichtsbehörde ver164 Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (43); Mackay, Recognised Investment Exchanges, Butterworths Financial Regulation Service, 5H/123 Rn. 346. 165 REC 3.8. 166 REC 3.4., REC 3.5. 167 S. 293 (5) FSMA. 168 Z. B. REC 3.15 (Ausfall der Handelsfunktion), REC 3.17 (Unterbrechung oder Ausfall der Handelsüberwachung). 169 REC 3.1.4; vgl. auch FSA, RIE and RCH sourcebook, CP 39, S. 6; Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (40 f.). 170 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 171 REC 4.6. Chalk, Regulation of the Market Infrastructure, in: Perry (Hrsg.), The Financial Services and Markets Act, S. 349 (354). 172 REC 4.7. Chalk, Regulation of the Market Infrastructure, in: Perry (Hrsg.), The Financial Services and Markets Act, S. 349 (354 f.). 173 Näher zur historischen Rolle der LSE siehe unten Teil 3, Abschnitt 1, C., S. 385 ff.

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

loren. Dennoch bleiben Börsenbetreiber auch im heutigen britischen Recht in einer gewissen unterstützenden Funktion an den staatlichen Kapitalmarktaufsichtsaktivitäten beteiligt: 1. Bereiche der staatlichen Kapitalmarktaufsicht

Ähnlich der Lage im deutschen Recht und in Verfolgung durchaus vergleichbarer Regelungsziele nimmt die staatliche Kapitalmarktaufsicht in Großbritannien eine sekundärmarktweite Marktmissbrauchsaufsicht174 sowie eine Wertpapierdienstleistungsaufsicht vor.175 Die gesetzlichen Grundlagen bestehen im Marktmanipulations- und Insiderregime der ss. 118 ff. FSMA i. V. m. Code of Market Conduct, das Zulassungs- und Aufsichtsregime für Wertpapierdienstleister (authorisation) findet sich in den ss. 40 ff. FSMA. Marktweit einheitliche gesetzliche Emittentenstandards bestehen in Umsetzung europarechtlicher Vorgaben in Mindeststandards für die Prospektpflicht sowie die laufende Ad-hoc-Publizität aller in Großbritannien börsenzugelassenen Wertpapiere gemäß ss. 72 ff. FSMA i. V. m. FSA Prospectus and Disclosure Rules, sowie in weitergehenden Anforderungen gemäß FSA Listing Rules für listed securities. 2. Mitwirkung an der Marktmissbrauchs- und Emittentenaufsicht

Der Vollzug des Marktmissbrauchsregimes nach s. 118 FSMA und Code of Market Conduct obliegt umfassend der FSA,176 die zu diesem Zweck Handelsmitteilungen von sämtlichen börslichen und grundsätzlich auch außerbörslichen Sekundärmarktgeschäften erhält.177 Sie verfügt über weitreichende Ermittlungsbefugnisse, präventive Anordnungsbefugnisse sowie ordnungs- und strafrechtliche repressive Befugnisse.178 Allerdings wird hierbei auch die ureigene Überwachungs- und Sanktionstätigkeit der Börsenbetreiber in Form eines besonderen Kooperationsverhältnisses mit der FSA nutz174 Vgl. nur FSA, Market Abuse: A draft Code of Market Conduct, CP 59, S. 3 f. Zur Notwendigkeit der gesamtsekundärmarktweiten Missbrauchsaufsicht in einer pluralen Sekundärmarktstruktur auch zuvor schon SIB, Regulation of the United Kingdom Equity Markets, Report, S. 14. 175 Vgl. nur FSA, Submission to the Competition Commission v. 29. April 2005, S. 3. 176 FSA, Operating Arrangements between FSA and the Recognised Investment Exchanges on Market Misconduct, Nr. 2; dies., Submission to the Competition Commission v. 29. April 2005, S. 4. 177 Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (41). 178 Ss. 171 ff. FSMA sowie hierzu FSA, Enforcing the new regime, CP 17, S. 45 ff.

Abschnitt 1: Grundzüge des deutschen und britischen Börsenaufsichtsrechts 131

bar gemacht:179 Die Regelung in REC 2.6.4 (1) bewirkt, dass die privatrechtlichen Handelsregeln des Betreibers inhaltlich mindestens den Standards der s. 118 FSMA i. V. m. Code of Market Conduct entsprechen. Der Verstoß eines RIE-Handelsteilnehmers gegen das gesetzliche Marktmissbrauchsverbot ist damit zugleich ein Vertragsbruch gegenüber dem Börsenbetreiber. Dieser kann und muss den Vertragsbruch börsenintern zur Aufrechterhaltung des orderly market ahnden.180 Von jeglichem Marktmissbrauchs- oder Insiderverdacht sowie von jeder Disziplinarmaßnahme muss der Betreiber die FSA gemäß REC 3.21 unverzüglich unterrichten.181 Die Behörde kann weitergehende Ermittlungen anstellen und in erwiesenen Fällen hoheitliche Sanktionen nach s. 123 FSMA verhängen bzw. ein Strafverfahren nach s. 397 FSMA (Marktmanipulation) oder s. 402 FSMA i. V. m. s. 52 ff. Criminal Justice Act 1993 (Insider Dealing) einleiten.182 Dabei kann die unter einem strengen Effizienzgebot stehende FSA aus Opportunitätserwägungen allerdings auf hoheitliche Maßnahmen verzichten, wenn in minderschweren Fällen schon die Sanktion durch den Börsenbetreiber ausreichend erscheint.183 Diese Subsidiarität aufsichtsbehördlichen Handelns bedeutet indes keine Überlassung hoheitlicher Aufgaben an den RIE-Betreiber,184 vielmehr macht lediglich die private Sanktionstätigkeit aufgrund eines Regelungsgleichlaufs in bestimmten Fällen ein hoheitliches Eingreifen entbehrlich.185 Ähnlich ist die Rolle des Börsenbetreibers im Rahmen der Aufsicht über die Emittenten börsenzugelassener unlisted securities. Entsprechend europarechtlicher Vorgaben der Prospekt- und Marktmissbrauchsrichtlinie obliegt der FSA in diesem Bereich die Überwachung der Prospekt- und Ad-hoc-Publizität. Die FSA prüft und zertifiziert hierbei gemäß s. 87A FSMA i. V. m. PR 3.1 die Konformität der Börsenzulassungsprospekte eines Emittenten mit den FSA Prospectus Rules; der Börsenbetreiber hat seinerseits nur noch das Vorliegen und die Publikation eines solchermaßen zertifizierten Pro179 FSA, Development of Transaction Monitoring Systems, DP 25, S. 12; Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (40 f.). 180 FSA, Development of Transaction Monitoring Systems, DP 25, S. 12. 181 Vgl. auch FSA, Development of Transaction Monitoring Systems, DP 25, S. 12; FSA, Submission to the Competition Commission v. 29. April 2005, S. 4. 182 FSA, Enforcing the new regime, CP 17, S. 45 ff. 183 ENF 14.4.2 (4). Siehe auch FSA, Market Abuse, CP 10, S. 31; dies., Enforcing the new regime, CP 17, S. 54; Alcock, FSMA, S. 184; Toube, Market Abuse, in: Perry (Hrsg.), The Financial Services and Markets Act, S. 193 (214). 184 Vgl. FSA, Market Abuse: A Draft Code of Market Conduct, CP 59, S. 41. 185 Vgl. FSA, Enforcing the new regime, CP 17, S. 54; dies., Operating Arrangements between the FSA and the Recognised Investment Exchanges on Market Misconduct, Nr. 7.

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

spekts zu prüfen.186 Auch die Überwachung der gesetzlichen Ad-hoc-Publizitätspflichten obliegt umfassend der FSA, die hierzu über weitreichende Befugnisse verfügt.187 In dieses staatliche Aufsichtsregime wird der Börsenbetreiber wiederum eingebunden, indem er die Handelszulassung von unlisted securities privatvertraglich mindestens von der Einhaltung der gesetzlichen Prospectus and Disclosure Standards abhängig machen und die Anforderung gemäß REC 2.12.6 (1) a. E. auch selbst verifizieren können muss. Im Verdachtsfall muss der Börsenbetreiber zur Aufrechterhaltung eines proper market in der Lage sein, gegenüber einem Emittenten aufgrund entsprechender privatvertraglicher Befugnisse die Aussetzung des Handels anzuordnen und zugleich die FSA zu informieren. Bei erwiesenen Verstößen ist gemäß REC 2.12.6 (1) a. E. eine RIE-eigene Sanktion erforderlich, die in gravierenden Fällen bis hin zur Aufhebung der börslichen Wertpapierzulassung gehen können muss. Deutlich eingeschränkter ist die Rolle des Börsenbetreibers im Bereich der listed securities. Hier besteht in Großbritannien schon seit dem FSMA 2000 ein umfassendes hoheitliches Zulassungsregime, welches die FSA in ihrer Funktion als UKLA (United Kingdom Listing Authority) ausführt.188 Von dieser erlangt der Emittent gemäß s. 75 FSMA auf Antrag ein UKOL, wenn er die Voraussetzungen der Listing Rules und Prospectus Rules erfüllt. Auf Grundlage des UKOL kann der Emittent sodann die admission to trading bei einem RIE in dessen Standardwertesegment betreiben.189 In der Folge überwacht die FSA die Einhaltung sämtlicher Zulassungsfolgepflichten nach Listing Rules und Disclosure Rules,190 während der Börsenbetreiber grundsätzlich nur zu verifizieren hat, ob das UKOL des Wertpapiers fortbesteht.191 Die FSA verfügt hierbei über weitreichende Ermittlungs-, präventive Anordnungs- und Aussetzungskompetenzen sowie Sanktionskompetenzen gegenüber regelbrüchigen Emittenten bis hin zur Aufhebung 186 HM Treasury/FSA, UK Implementation of the Prospectus Directive 2003/71/EC, S. 18. Erforderlich ist die Erfüllung einer Prospektpflicht nach FSMA i. V. m. FSA Prospectus Rules dabei nur für die Handelszulassung in denjenigen Handelssegmenten eines RIE, die den Status eines geregelten Marktes im Sinne des europäischen Kapitalmarktrechtes haben. In eventuellen sonstigen Handelssegmenten ist eine Zulassung grundsätzlich ohne einen solchen Prospekt möglich. 187 S. 96A (3) FSMA i. V. m. DR 1.5.3. 188 Vgl. s. 72 FSMA i. V. m. Official Listing of Securities (Change of Competent Authority) Regulations 2000, SI 2000/968. Vgl. hierzu Chalk, The Official Listing of Securities, in: Perry (Hrsg.), The Financial Services and Markets Act, S. 169 (172); FSA, The Transfer of the UK Listing Authority to the FSA, CP 37, S. 8 f. 189 Vgl. REC 2.12.6 (1) (b). Vgl. auch FSA, The Listing Review and Implementation of the Prospectus Directive, CP 04/16, S. 5. 190 FSA, The Transfer of the UK Listing Authority to the FSA, CP 37, S. 15. 191 Vgl. FSA, The Transfer of the UK Listing Authority to the FSA, CP 37, S. 10.

Abschnitt 1: Grundzüge des deutschen und britischen Börsenaufsichtsrechts 133

des UKOL gemäß s. 77 FSMA.192 An dieser staatlichen Aufsicht wirkt der Börsenbetreiber nur unterstützend mit, indem er der FSA Mitteilung von Unregelmäßigkeiten in den Kursverläufen eines Wertpapiers zu machen hat, die auf einen Verstoß gegen die UK Listing Rules hindeuten.193 Der Betreiber hat sodann die Maßnamen der FSA abzuwarten und gegebenenfalls durch Aussetzung des Handels oder Aufhebung der börslichen Wertpapierzulassung nachzuvollziehen.194 Nur bei Gefahr im Verzug ist der Börsenbetreiber ausnahmsweise befugt, eigenmächtig in Form einer Handelsaussetzung vorläufige Maßnahmen zum Schutze eines preisbildungseffizienten und fairen Handelsgeschehens (proper market) zu treffen.195 Unberührt hiervon bleiben die privatvertraglichen Überwachungs- und Sanktionsbefugnisse des Börsenbetreibers für eventuelle RIE-eigene, über die Anforderungen des UKOL-Regimes hinausgehende Zulassungs(-folge-)pflichten. 3. Mitwirkung an der Aufsicht über Wertpapierdienstleister

Noch marginaler ist die heutige Rolle des RIE-Betreibers im Rahmen der staatlichen Aufsicht über die Wertpapierdienstleister: Gemäß REC 3.21 besteht sie lediglich darin, der FSA aufsichtsrelevante Beobachtungen mitzuteilen. Solche bestehen etwa in Hinweisen auf eine ungenehmigte Wertpapierdienstleistungstätigkeit,196 auf eine Verschlechterung der Finanzsituation eines Handelsteilnehmers197 oder auf sonstige aufsichtsrelevante Vorgänge wie etwa Frontrunning.198 Auch können die schon im Rahmen der Marktmissbrauchs-Aufsichtskooperation vorzunehmenden Mitteilungen der RIEs für die FSA zugleich im Rahmen der Wertpapierdienstleisteraufsicht relevant sein, rechtfertigt doch der Marktmissbrauch in gravierenden Fällen den Entzug der Genehmigung (authorisation) eines Wertpapierdienstleisters wegen mangelnder persönlicher Zuverlässigkeit (suitability).199 Eines 192 Zu den Befugnissen der UKLA vgl. FSA, UKLA Guidance Manual, Ch. 7–9, S. 53 ff. 193 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 194 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 195 FSA, The Transfer of the UK Listing Authority to the FSA, CP 37, S. 18; Chalk, The Official Listing of Securities, in: Perry (Hrsg.), The Financial Services and Markets Act, S. 169 (178). 196 REC 3.21.1 (1). 197 Vgl. REC 3.22; REC 3.23. 198 Diesbezüglich besteht zwar keine formalisierte Mitteilungspflicht nach REC 3, dennoch lässt para 6 (2) Schedule Part I RRR i. V. m. REC 2.13.5 erkennen, dass ein Börsenbetreiber auch solche Beobachtungen der zuständigen Aufsichtsbehörde grundsätzlich mitzuteilen hat. 199 FSA, Enforcing the new regime, CP 17, S. 43. Vgl. auch Toube, Market Abuse, in: Perry (Hrsg.), The Financial Services and Markets Act, S. 193 (214).

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

unmittelbaren Nachvollzugs aufsichtsbehördlicher Entscheidungen über die authorisation durch den Börsenbetreiber bedarf es hier nicht zwingend, ist doch die Eigenschaft als zugelassener Wertpapierdienstleister (authorised person) unter britischem Börsenaufsichtsrecht nicht unabdingbare Voraussetzung der Handelsteilnahme.200 Der Börsenbetreiber hat über die Fortsetzung der Handelsteilnahme vielmehr eigenständig anhand seiner jeweiligen Zulassungsregeln zu entscheiden, welche allerdings ihrerseits gemäß para 4 (2) (a) Schedule Part I RRR eine ordnungsgemäße Marktfunktion sicherstellen müssen und zu diesem Behufe typischerweise auch eine gewisse finanzielle Solidität sowie persönliche Zuverlässigkeit der Handelsteilnehmer verlangen müssen.

200

Vgl. para 4 (2) (a) Schedule Part I RRR i. V. m. REC 2.7.3.

Abschnitt 2: Betreiberkonzernierung

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Abschnitt 2

Betreiberkonzernierung Bei der Betreiberkonzentration sollen mehrere Börsenbetreiber zu einer zentral steuerbaren wirtschaftlichen Einheit verbunden werden, um so produktionsseitige Skaleneffekte realisieren zu können. Legt man – wie eingangs modellhaft geschehen – eine private Betreiberrechtsform zugrunde, so eignet sich hierzu im grenzüberschreitenden Bereich nur die Konzernbildung,1 und hierbei als Ausdruck eines „merger of equals“ vor allem die Konzernverschwisterung unter dem Dach einer internationalen Börsenholding,2 welche als sogenannte strategische (bzw. Management-)Holding den Börsenbetrieb ihrer operativen Konzerntöchter koordiniert.3 Diese HoldingKonzernierung liegt als Idealtypus der Betreiberkonzernierung der weiteren Betrachtung zugrunde. Da die Marktebene von einer Betreiberkonzernierung völlig unberührt bleibt,4 stellt sich von aufsichtsrechtlicher Warte nur die Frage, ob ein konzerneingebundener Rechtsträger weiterhin ein geeigneter und damit genehmigungsfähiger Börsenbetreiber ist.

A. Betreiberkonzernierung nach deutschem Recht I. Das Trägerunternehmen als zu konzernierender Rechtsträger Soll eine wirtschaftliche Einheit unter Einbeziehung des Betreibers einer deutschen Börse geschaffen werden, so ist angesichts der mehrgliedrigen Börsenstruktur zunächst zu klären, welcher der am Börsenbetrieb mitwirkenden Rechtsträger – Anstalt, Trägerunternehmen oder gar beide – einzubinden ist. Da der strategische Zweck einer Betreiberkonzernierung in der gemeinsamen Nutzung fixkostenträchtiger Produktionsfaktoren liegt, zu welchen insbesondere die Handelstechnologie zählt, muss nachhaltig sichergestellt werden, dass Entscheidungen im technisch-infrastrukturellen Produktionsbereich einheitlich getroffen werden. Einzubinden ist daher auf deutscher Seite derjenige Rechtsträger, der diesen Produktionsbereich steuert. 1 Hier wie im Weiteren wird der untechnische Konzernbegriff verwendet, welcher Abhängigkeitssachverhalte ohne Rücksicht auf das tatsächliche Vorliegen einer einheitlichen Leitung im Sinne des § 18 AktG bezeichnet, vgl. zu dieser geläufigen Begriffsverwendung Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 1 I 1, S. 1. 2 Siehe oben Teil 1, Abschnitt 3, C. I. 1., S. 75 f. 3 Vgl. Theisen, Der Konzern, S. 181 ff. 4 Siehe oben Teil 1, Abschnitt 3, C. I. 2., S. 77.

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

In der Börsenstruktur des deutschen Rechts sind die Betriebstätigkeiten zwischen Anstalt und Trägerunternehmen aufgeteilt: Die Anstalt selbst besorgt die regulatorischen Betriebsaufgaben; Beschaffungs- sowie infrastrukturelle Betriebsaufgaben nimmt das Trägerunternehmen als Verwaltungshelfer der Anstalt wahr.5 Jedoch liegt, da eine solche Überlassung funktional bezogener Teilbeiträge an Verwaltungshelfer weder Umfang noch Trägerschaft der öffentlichen Aufgabe verändert,6 die Gesamtverantwortung für den Börsenbetrieb vollumfänglich bei der Börsenanstalt.7 Sie erstreckt sich in Form einer anstaltlichen Leitungsverantwortung8 auch auf die technischinfrastrukturelle Komponente der Börsendienstleistung, deren Ausgestaltung durch den Vorbehalt einer anstaltlichen Letztentscheidungsmöglichkeit demokratisch legitimiert bleiben muss.9 Diese Möglichkeit verleiht das Börsengesetz der Anstalt in Form des Anforderungsrechts nach § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007), das sich auf sämtliche zum Betrieb erforderlichen Mittel einschließlich der Handelsinfrastruktur erstreckt.10 Zwar liegt es, wie sogleich zu zeigen sein wird, gerade in der Natur des börslichen Betreibermodells, dem Trägerunternehmen diesbezüglich nur grobmaschige Vorgaben zu machen und ihm so einen relativ großen 5 Siehe schon oben Teil 2, Abschnitt 1, A. I., S. 103 f. Vgl. allgemein zum Anlagenbetrieb als Gegenstand der Verwaltungshilfe Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 103, S. 111 ff. 6 Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 158 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 62; Schoch, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, DVBl. 1994, 962 (963). Dieser allgemeine Grundsatz findet beispielhaft im Abfallrecht in § 16 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG seinen Ausdruck, der die fortdauernde öffentliche Aufgabenträgerschaft bei funktionaler Privatisierung (deklaratorisch) statuiert. 7 Vgl. U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (26 f.); Jaskulla, Aussetzung des Börsenhandels, WM 2002, 1093 (1094); Köndgen/ Mues, Zwangslizenz für XETRA?, WM 1998, 53 (57); Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2403). 8 Zur Verantwortungsstruktur bei funktionaler Privatisierung (Wandel der vollen öffentlichen Erfüllungsverantwortung durch Ausgliederung der Durchführungshandlungen zur öffentlichen Leitungsverantwortung) Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 158 ff. und insb. S. 160 m. w. N.; Erichsen/Burgi-ders., § 54 Rn. 34; ähnlich Schoch, Rechtsfragen der Privatisierung von Abwasserbeseitigung und Abfallentsorgung, DVBl. 1994, 1 (10). 9 Vgl. BVerfGE 93, 37 (70); VerfGH Berlin, DVBl. 2000, 51 (52). Allgemein zur demokratiestaatlich fundierten Letztentscheidungsmöglichkeit, welche durch Einwirkungsmöglichkeiten und eine dementsprechende Einwirkungspflicht durchzusetzen ist, Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 135 ff.; insb. im Falle funktionaler Privatisierung Brüning, Der Private bei der Erledigung kommunaler Aufgaben, S. 161; Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 161 und eingehend S. 410 ff. sowie spezifisch in Bezug auf das Betreibermodell Bodanowitz, Organisationsformen, S. 66 f.; vgl. in Bezug auf das Abfallrecht auch Fluck-Fluck, § 16 KrW-/AbfG Rn. 80 f. 10 Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (557).

Abschnitt 2: Betreiberkonzernierung

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Gestaltungsspielraum zu belassen.11 Dennoch ist es der Anstalt unbenommen, ihre eventuell abweichenden Vorstellungen mithilfe detaillierter Einzelanforderungen durchzusetzen.12 Da also die Letztentscheidungskompetenz über die technisch-infrastrukturelle Ausgestaltung des Börsenbetriebs bei der Börsenanstalt liegt, müsste theoretisch auch und gerade diese mit dem ausländischen Börsenbetreiber zu einer zentral steuerbaren Einheit verbunden werden. Für die Zusammenführung einer Börsenanstalt mit einem anderen Rechtsträger findet sich im innerstaatlichen Bereich das Beispiel des Zusammenschlusses der Berliner und Bremer Börsen aufgrund eines Staatsvertrags zu einer länderübergreifenden Anstalt öffentlichen Rechts.13 International besteht mit der öffentlichen Anstalt zwischenstaatlichen Rechts zwar durchaus eine vergleichbare Rechtsform,14 als zwischenstaatliche Einrichtung erfordert ihre Gründung aber gemäß Art. 24 Abs. 1 GG einen völkerrechtlichen Vertrag des Bundes mit dem Sitzstaat des fusionswilligen ausländischen Börsenbetreibers.15 Handelt es sich hierbei um einen Staat, in dem der Bör11

Siehe unten III. 3. b), S. 166 ff. Vgl. Mues, Anmerkungen zum Börsengesetz, ZBB 2001, 353 (357); ähnlich Breitkreuz, Börse, S. 192 mit Fn. 172; Schäfer-Peterhoff, § 1 BörsG Rn. 34. Mit der Regelung in § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) ist nunmehr klargestellt, dass die Börsenanstalt Mittel einseitig anfordern kann, also zur Durchsetzung ihrer Gestaltungsvorstellungen nicht des Einvernehmens des Börsenträgers bedarf. Dies vertraten unter Berufung auf entsprechende Regelungen der Börsenordnungen zur Rechtslage vor dem 4. FMFG Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (6). Soweit entsprechende Regelungen in den Börsenordnungen fortbestehen, sind sie wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) nichtig. 13 Vgl. Gesetz zu dem Staatsvertrag zwischen dem Land Berlin und der Freien Hansestadt Bremen über den Zusammenschluss der Berliner Wertpapierbörse und der Bremer Wertpapierbörse zu einer gemeinsamen Wertpapierbörse Berlin-Bremen v. 13. März 2003, Berliner GVBl. v. 18. März 2003, S. 126; siehe hierzu auch Schwark-Beck § 1 BörsG Rn. 27, S. 45 sowie umfassend Christoph, Börsenkooperationen, S. 367 ff. 14 Dahm, Völkerrecht II, S. 9 f. Diese Organisationsform weisen beispielsweise die Europäischen Schulen auf, vgl. BVerwGE 91, 126 ff.; Heinze, Die Rechtsstellung der „Europäischen Schulen“ und der an ihnen tätigen deutschen Lehrer, Jahrbuch für internationales Recht, 14 (1969), 209 (211 f.). 15 Im Einzelnen ist die Einordnung der Anstalten zwischenstaatlichen Rechts als zwischenstaatliche Einrichtung i. S. d. Art. 24 Abs. 1 GG streitig, vgl. in Bezug auf die europäischen Schulen dafür BVerwGE 91, 126 (128), ähnlich Seidl-Hohenveldern/Loibl, Das Recht der Internationalen Organisationen, Rn. 0338 f.; ablehnend von Münch/Kunig-Rojahn, GG, Art. 24 Rn. 40. Unabhängig von der Qualifikation wäre zur Gründung aber jedenfalls ein völkerrechtlicher Vertrag erforderlich, vgl. Seidl-Hohenveldern, Gemeinsame zwischenstaatliche Unternehmen, FS Aubin 1979, S. 193 (199); Seidl-Hohenveldern/Loibl, Das Recht der Internationalen Organisationen, Rn. 0339. 12

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senbetrieb – wie heute in den wichtigsten Jurisdiktionen – privatisiert ist,16 so wäre aus dortiger Perspektive die Übertragung auf eine öffentliche Anstalt zwischenstaatlichen Rechts nur unter einer (partiellen) Wieder-Verstaatlichung des Börsenbetriebs möglich, die praktisch kaum zu erwarten sein dürfte.17 Soweit eine zwischenstaatliche Anstaltsgründung indes theoretisch möglich ist, dürften die schon bei privater Betreiberrechtsform gegen eine Vollfusion sprechenden politischen wie kommerziellen Akzeptanzprobleme hier nicht minder virulent sein. Zur Schaffung einer wirtschaftlichen Einheit unter Einbeziehung der Börsenanstalt bliebe demnach nur deren Konzernierung. Jedoch verfügen Börsenanstalten weder über ein die Stimmrechtsmacht vermittelndes Anteilskapital, noch haben sie – anders als etwa Sparkassen und Landesbanken – ein Dotationskapital, an welchem atypische stille Beteiligungen möglich wären.18 Gegenüber Börsenanstalten kommt daher allenfalls die Begründung von Leitungsmacht durch einen Beherrschungsvertrag in Betracht.19 Soll allerdings auf diesem Wege einem Rechtsträger Leitungsmacht eingeräumt werden, der seinerseits nicht dem Einwirkungsrecht eines im Inland demokratisch legitimierten Verwaltungsträgers unterliegt – und ausländische Börsenbetreiber werden bestenfalls unter einem solchen Rechtsträger zur Konzerneingliederung bereit sein –, so darf sich die Leitungsmacht aus verfassungsrechtlichen Gründen gerade nicht auf den Bereich der öffentlichen Aufgabenwahrnehmung der Anstalt erstrecken.20 Da dieser Bereich bei der 16 Schwark, Börsen und Wertpapierhandelsmärkte in der EG, WM 1997, 293 (301); vgl. auch Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 12, S. 30. 17 Vgl. zu den Problemen einer Koexistenz zwischenstaatlicher (öffentlicher) Unternehmen mit innerstaatlichen privatwirtschaftlichen Unternehmen Seidl-Hohenveldern, Gemeinsame zwischenstaatliche Unternehmen, FS Aubin 1979, S. 193 (216). 18 Zur atypischen stillen Kapitalbeteiligung als Modus der faktischen Konzernierung bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten etwa Bezzenberger/Schuster, Die öffentliche Anstalt als abhängiges Konzernunternehmen ZGR 1996, 481 (482 f.); allgemein zur Kapitalbeteiligung an öffentlich-rechtlichen Anstalten unter Gewähr von Mitentscheidungsrechten Bohn, Anstalt, S. 179 f.; U. H. Schneider, Finanzierungsrecht öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute, FS Riesenfeld 1983, S. 237 (253 f.). Durchgeführt wurde eine solche Konzernierung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt unter dem Dach einer Holding-AG bei der DSL-Bank, vgl. hierzu O. Schmidt, Das DSL-Bank-Modell, S. 37 ff. 19 Zur Vertragskonzernierung öffentlich-rechtlicher Anstalten vgl. Bezzenberger/ Schuster, Die öffentliche Anstalt als abhängiges Konzernunternehmen ZGR 1996, 481 (494); Fett, Öffentlich-rechtliche Anstalten als abhängige Konzernunternehmen, S. 91 ff. Ein praktisches Anwendungsbeispiel der Vertragskonzernierung einer öffentlich-rechtlichen Sparkassen-Anstalt bietet das sog. Berliner Modell, beschrieben bei Bezzenberger/Schuster, a. a. O., S. 481 (484 ff.). 20 Fett, Öffentlich-rechtliche Anstalten als abhängige Konzernunternehmen, S. 190 ff. Vgl. auch VerfGH Berlin, DVBl. 2000, 51 (53 f.); Bezzenberger/Schuster, Die öffentliche Anstalt als abhängiges Konzernunternehmen, ZGR 1996, 481

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Börsenanstalt aber den gesamten Börsenbetrieb einschließlich dessen technisch-infrastruktureller Komponente umfasst, ließe sich die einheitliche Leitung diesbezüglich auch im Wege der Vertragskonzernierung nicht herstellen. Die theoretisch erforderliche Einbindung der Anstalt in eine zentral steuerbare wirtschaftliche Einheit ist also schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich.21 Tatsächlich wird aber in der Börsenpraxis den Trägerunternehmen bei der Ausgestaltung der technischen Börseninfrastrukturen weitestgehende Gestaltungsfreiheit gelassen: Sämtliche Initiativen zu technischen Neuerungen kamen bislang aus der Sphäre der Trägerunternehmen und es werden keine Fälle berichtet, in denen die Börsenanstalten diesen Vorschlägen abweichende Konzepte entgegengesetzt hätten.22 Vor diesem Hintergrund ist es durchaus möglich, dass konzentrationswillige ausländische Börsenbetreiber schon auf Basis einer Konzerneinbindung des Trägerunternehmens ein ausreichendes Maß an technisch-infrastruktureller Koordination gewährleistet sehen. Sie können sich mit dieser Erwartung auf die Funktionsfähigkeit von Eurex stützen. Dort ist auf Basis einer Verbindung des schweizerischen Börsenbetreiberunternehmens (Eurex Zürich AG) mit dem Trägerunternehmen der Anstaltsbörse Eurex Deutschland, nämlich der Eurex Frankfurt AG, sogar die Errichtung einer gemeinsamen Handelsplattform gelungen. Diese erfordert, wie eingangs gezeigt, nicht nur die einheitliche Steuerung im infrastrukturellen Produktionsbereich, sondern auch eine sehr enge Koordination auf regulatorischem Gebiet.23 Diese Koordination ist – ohne Konzerneinbindung der Anstalt und folglich allein durch die informelle Einflussnahme des Trägerunternehmens auf die anstaltliche Willensbildung – bislang offenbar reibungslos gelungen.24 (495 f.); Bohn, Anstalt, S. 267 i. V. m. S. 239 ff. Gegen jegliche Konzerneinbindung von Anstalten des öffentlichen Rechts LAG Berlin, AG 1996, 140 (142) sowie dem offenbar zustimmend U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (32). 21 Im Ergebnis ebenso U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (32), wobei allerdings unklar bleibt, ob dies an der generellen Unmöglichkeit bzw. Unzulässigkeit der Konzerneingliederung von Anstalten des öffentlichen Rechts liegt (a. a. O. r. Sp.: „Eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann und darf aber nicht in einen Konzern im Sinne des § 18 Abs. 1 AktG als Tochtergesellschaft eingebunden werden“), oder vielmehr daran, dass es an der (angeblich) rechtfertigenden gesetzlichen Grundlage fehlt (a. a. O. l. Sp.: „Im vorliegenden Fall fehlt es an einer gesetzliche Grundlage, die die Konzernierung zuließe“). 22 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 18, S. 38; Breitkreuz, Börse, S. 192 mit Fn. 172; Köndgen/Mues, Zwangslizenz für XETRA?, WM 1998, 53 (57); Lorenz, Wertpapierbörse, S. 67, S. 101. 23 Siehe oben Teil 1, Abschnitt 3, C. II. 1., S. 80 ff. 24 Die Anstalt ist dabei soweit ersichtlich auch nicht kooperationsvertraglich gebunden: Zwar bestand die hessische Börsenaufsichtsbehörde seinerzeit auf der Un-

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Als einzig möglicher Weg der Betreiberkonzernierung unter deutschem Recht ist daher im Weiteren die (isolierte) Konzerneinbindung des Trägerunternehmens auf ihre börsenaufsichtsrechtliche Zulässigkeit zu untersuchen. II. Beteiligungskontrolle nach § 3 BörsG 2002 (= § 6 BörsG 2007) als Maßstab der Trägerkonzernierung Soll das Trägerunternehmen konzerniert werden, so verlangt dies zumindest den Erwerb einer Anteilsmehrheit durch die künftige Holdinggesellschaft.25 Die börsenaufsichtsrechtliche Zulässigkeit eines solchen Anteilserwerbs beurteilt sich seit dem 4. FMFG unmittelbar am Maßstab der Anteilseignerkontrollnorm des § 3 BörsG 2002 (= § 6 BörsG 2007). Hiernach ist jeder Erwerb einer bedeutenden, also gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 1 S. 1 BörsG 2007) i. V. m. § 1 Abs. 9 KWG mindestens 10%igen,26 Beteiligung an Kapital oder Stimmrechten im Trägerunternehmen vorab bei der Börsenaufsichtsbehörde anzuzeigen.27 Diese kann den Anteilserwerb gemäß § 3 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 2 BörsG 2007) binnen eines Monats untersagen, wenn beim Erwerber einer der in § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Nr. 2 BörsG 2007) normierten Versagungsgründe vorliegt. Unter den gleiterzeichnung einer dreiseitigen Abrede zwischen ihr, der Eurex Zürich AG sowie der Eurex Deutschland Anstalt. Doch hatte diese allein die Sicherung der Wirksamkeit börsenaufsichtsbehördlicher Maßnahmen gegenüber der Eurex Deutschland zum Ziel, weshalb nur die Eurex Zürich AG hierin bestimmte Mitwirkungspflichten übernahm, vgl. die Darstellung bei Hopt, Eurex, FS Schimansky 1999, S. 631 (647 mit Fn. 24). 25 Dies gilt praktisch auch in dem hier nicht weiter betrachteten Fall, dass die einheitliche Leitung durch Abschluss eines Beherrschungsvertrags legitimiert werden soll. Da ein Beherrschungsvertrag gemäß § 293 Abs. 1 S. 2 AktG eines mit Dreiviertelmehrheit gefassten Zustimmungsbeschlusses der Hauptversammlung der (künftig) abhängigen Gesellschaft bedarf, muss auch hier regelmäßig der Erwerb einer Anteilsmehrheit durch die künftige Konzernmutter vorangehen, vgl. Emmerich/ Habersack, Konzernrecht, § 16 IV 3. 26 Eine bedeutende Beteiligung im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 1 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 1 S. 1 BörsG 2007) i. V. m. § 1 Abs. 9 KWG liegt außerdem auch bei Beteiligungen unterhalb dieser Schwelle vor, wenn aus sonstigen Gründen ein maßgebender Einfluss auf die Geschäftsleitung des Trägerunternehmens ausgeübt werden kann. Näher zum Begriff der bedeutenden Beteiligung Blaurock, Bankrechtliche Aufsicht über Gesellschafter, FS Schlechtriem 2003, S. 777 (782 ff.); van de Sande, Unternehmensgruppe, S. 96 ff. 27 Zur Anzeigepflicht im Einzelnen Schwark-Beck, § 3 BörsG Rn. 2. Eingehend zu den Parallelvorschriften im Banken- und Versicherungsaufsichtsrecht vgl. van de Sande, Unternehmensgruppe, S. 136 ff.

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chen Voraussetzungen kann die Behörde gemäß § 3 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 BörsG 2007) bei einer schon bestehenden Beteiligung die Ausübung der Stimmrechte untersagen. Dabei besteht ein Versagungsgrund nach § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BörsG 2007) – wie auch in den Anteilseignerkontrollvorschriften des KWG und VAG, zu welchen eine Parallelregelung geschaffen werden sollte28 – dann, wenn der Erwerber unzuverlässig ist oder aus anderen Gründen nicht den im Interesse einer soliden und umsichtigen Führung des Trägerunternehmens zu stellenden Anforderungen genügt. Letzteres ist dabei namentlich in dem regelbeispielhaft ausformulierten Fall der Mittelherkunft aus einer objektiv rechtswidrigen Tat anzunehmen. Hierin spiegelt sich das vom Gesetzgeber des 4. FMFG mit der Anteilseignerkontrolle u. a. verfolgte Regelungsanliegen der Geldwäschebekämpfung wieder.29 Vor dessen Hintergrund und in Anlehnung an die Auslegungspraxis zu den wortgleichen Vorschriften § 2b KWG und § 104 VAG30 ist dieser Versagungsgrund im Zweifel außerdem dann gegeben, wenn die Investition wirtschaftlich unplausibel ist und daher ein sachfremdes Erwerbsmotiv nahe legt.31 Den im Interesse einer soliden und umsichtigen Führung des Trägerunternehmens zu stellenden Anforderungen genügt der Erwerber insbesondere auch dann nicht, wenn er unzuverlässig ist. Wie in § 2b KWG und § 104 VAG meint dies auch im BörsG die persönliche Unzuverlässigkeit des Erwerbers bzw. seiner Leitungsorganpersonen, wie sie bei gravierenden Verstößen gegen einschlägige straf- und kapitalmarktaufsichtsrechtliche Normen anzunehmen ist.32 In diesem Versagungsgrund prägt sich vor allem das 28

RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 73. RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 73. Kritisch zu diesem Regelungsanliegen in Bezug auf Börsenträgerunternehmen Beck, Reform des Börsenrechts, BKR 2002, 662 (665); Christoph, Die Anteilseignerkontrolle nach dem Börsengesetz, WM 2004, 1856 (1863); Rudolph, Viertes Finanzmarktförderungsgesetz, BB 2002, 1036 (1039). 30 Vgl. zur Heranziehbarkeit der Auslegungspraxis zu § 2b KWG und § 104 VAG im Rahmen des § 3 BörsG 2002 (= § 6 BörsG 2007) Christoph, Die Anteilseignerkontrolle nach dem Börsengesetz, WM 2004, 1856 (1857); Groß, § 3 BörsG Rn. 13. 31 Schwark-Beck, § 3 BörsG Rn. 7, S. 84. Zu diesem Versagungsgrund im Banken- und Versicherungsaufsichtsrecht Boos/Fischer/Schulte-Mattler-Fülbier, § 2b KWG Rn. 9; Hirschmann, Anteilseignerkontrolle im Versicherungs- und Kreditwirtschaftsrecht, S. 110 ff.; van de Sande, Unternehmensgruppe, S. 172. 32 Schwark-Beck, § 3 BörsG Rn. 4, Christoph, Börsenrechtliche Zulässigkeit, ZBB 2005, 82 (87); i. E. auch Groß, § 3 BörsG Rn. 13. Zur Auslegung des Begriffs im Bankenaufsichtsrecht Boos/Fischer/Schulte-Mattler-Fischer, § 33 KWG Rn. 74 sowie eingehend van de Sande, Unternehmensgruppe, S. 162 ff. Differenzierend zur 29

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zweite Regelungsanliegen aus, welches ausweislich der Motive in der „Sicherung der Durchführung und angemessenen Fortentwicklung des Börsenbetriebs“ besteht,33 also in der Sicherung der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe, welche das Gesetz in § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) mit genau diesen Worten bezeichnet. Der Gesetzgeber geht also offenbar davon aus, dass das Trägerunternehmen seinen Beitrag zum anstaltlichen Börsenbetrieb jedenfalls bei persönlicher Unzuverlässigkeit nicht in einer aufgabenadäquaten Weise erbringen kann.34 Angesichts der Gefahr eines gruppeninternen Durchschlagens negativer Eigenschaften ist daher auch bei bedeutenden Anteilseignern die persönliche Zuverlässigkeit sicherzustellen.35 Ebenfalls wegen der Gefahr eines gruppeninternen Durchschlagens gilt, dass der Anteilserwerber den im Interesse einer soliden und umsichtigen Führung zu stellenden Anforderungen auch dann nicht genügt, wenn er finanziell unsolide ist.36 Dabei haben sich bezüglich der finanziellen Verhältnisse des Anteilseigners bislang ebenso wenig feste Anforderungen herausgebildet wie für die börsenaufsichtsrechtlich erforderliche Eigenkapitalausstattung des Trägerunternehmens selbst.37 Da aber der Regelungszweck in der Sicherung des Börsenbetriebs besteht und es demnach jedenfalls außerplanmäßige Betriebsunterbrechungen zu verhindern gilt,38 wie sie im Extremfall aus eventuellen Liquiditätsengpässen des Trägerunternehmens infolge eines Mittelabzugs durch die ihrerseits in Schieflage geratene Mehrheitseignerin resultieren können,39 ist zumindest die finanzielle Solidität des Auslegung des Begriffs der Zuverlässigkeit beim primären Aufsichtssubjekt und beim bedeutenden Anteilseigner U. H. Schneider, Erweiterte Anzeigepflichten und aufsichtsrechtliche Beteiligungsverbote an Kreditinstituten?, BB 1989, 84 (86 f.). 33 RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 73; vgl. auch Schwark-Beck, § 3 BörsG Rn. 4. 34 Vgl. allg. zum Erfordernis der Zuverlässigkeit des Verwaltungshelfers bei funktionaler Privatisierung Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 382 m. w. N. Im Bereich der Abfallbeseitigung vgl. Fluck-Fluck, § 16 KrW-/AbfG Rn. 73. 35 Christoph, Die Anteilseignerkontrolle nach dem Börsengesetz, WM 2004, 1856 (1860). Vgl. zu dieser gruppeninternen Gefahr als Ratio der aufsichtsrechtlichen Anteilseignerkontrolle im Banken- und Versicherungsaufsichtsrecht van de Sande, Unternehmensgruppe, S. 162 ff. 36 Christoph, Die Anteilseignerkontrolle nach dem Börsengesetz, WM 2004, 1856 (1857, 1860); unklar Groß, § 3 BörsG Rn. 14; Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 121. 37 Siehe hierzu bereits oben Abschnitt 1, A. II. 1., S. 109 f. sowie zu der wenig aussagekräftigen Neuregelung in § 5 Abs. 5 BörsG 2007 Nachtrag B. I., S. 539 f. 38 Vgl. Göppert, Das Recht der Börsen, S. 89: „ungestörtes Funktionieren“ der Börse zu sichern. 39 Zum vergleichbaren Regelungsanliegen im Banken- und Versicherungsaufsichtsrecht van de Sande, Unternehmensgruppe, S. 52, S. 169 f.: Ein Mittelabzug

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Anteilserwerbers nach allgemeinen bilanzanalytischen Grundsätzen zu verlangen. Diese in § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BörsG 2007) spezifisch ausformulierten Anforderungen, die im Dienste der Geldwäschebekämpfung und (vor allem) der Sicherung der Börsenbetriebsaufgabe an den Anteilserwerber zu stellen sind, können grundsätzlich auch von einer internationalen Börsenholdinggesellschaft erfüllt werden, besteht doch kein systematischer Zusammenhang dergestalt, dass gerade die Wahrnehmung unternehmerischer Interessen in mehreren Börsenbetreibergesellschaften die Erfüllung eines dieser Kriterien durch den Anteilserwerber kategorisch ausschlösse. Indes sieht die börsenaufsichtsrechtliche Anteilseignerkontrolle – bezeichnenderweise anders als die rein gewerbeaufsichtlichen Parallelnormen im Versicherungs- und Bankenaufsichtsrecht – in § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2007) noch einen generalklauselartigen weiteren Versagungstatbestand für alle sonstigen Fälle vor, in denen „Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung und angemessene Fortentwicklung des Börsenbetriebs beeinträchtigt“ würden.40 Der Gesetzgeber lässt also erkennen, dass die öffentliche Betriebsaufgabe auch noch aus anderen in der Person des Trägerunternehmens bzw. seiner bedeutenden Anteilseigner liegenden Gründen gefährdet sein kann. Anders durch die Konzernmutter aus dem Institut bzw. dem Versicherungsunternehmen bewirkt dessen Zahlungsunfähigkeit gegenüber seinen Kunden mit der Folge systemischer Verwerfungen. Zuzugeben ist freilich, dass ähnlich hohe systemische Risiken bei Börsenträgerunternehmen, die keine Kundengelder verwalten, nicht bestehen, vgl. Beck, Reform des Börsenrechts, BKR 2002, 662 (665). Zu Unterbrechungen des Börsenbetriebs mit den dann allerdings durchaus zu erwartenden systemischen Verwerfungen (vgl. näher unten B. I., S. 227) kann es nur in dem Extremfall eines vorübergehend vollständigen Liquiditätsabzugs durch die Konzernmutter oder beim Zusammentreffen eines Liquiditätsabzugs mit Umständen kommen, die – wie etwa ein völliger Systemzusammenbruch der elektronischen Handelsplattform infolge einer Naturkatastrophe, eines Terroranschlags o. ä. – zu einem plötzlichen und unerwartet hohen Liquiditätsbedarf führen. Zu weit geht freilich Christoph, Die Anteilseignerkontrolle nach dem Börsengesetz, WM 2004, 1856 (1860) in seiner Kritik an der Solvabilitätskontrolle, wenn er bei Börsenbetreibern in Form einer AG schon die Gefahr eines Mittelabzugs durch den Anteilseigner verneint. Derartige Gefahren bestehen im Falle der Konzernierung durchaus, vgl. hierzu unten VI. 1., S. 213 ff. 40 Zur Diskussion um die – im Ergebnis zu bejahende – Verfassungsmäßigkeit dieser Tatbestandsalternative vgl. Christoph, Die Anteilseignerkontrolle nach dem Börsengesetz, WM 2004, 1856 (1860); Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 121; zweifelnd hingegen Schwark-Beck, § 3 BörsG Rn. 8: Zur Sicherung der trägerunternehmerischen Betriebspflicht nicht erforderlich, da diese aufsichtsbehördlich überwacht und durchgesetzt werden könne. Zur Problematik dieser Argumentation sogleich unter III. 1. b), S. 152 ff., insbesondere S. 157.

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ausgedrückt: Persönliche Zuverlässigkeit und finanzielle Solidität des Trägerunternehmens sind nur die Mindestvoraussetzungen einer richtigen Erfüllung der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe. Weitere ungeschriebene Trägertauglichkeitskriterien existieren und sind gegebenenfalls aufsichtsbehördlich zu sichern.41 III. Konzernfreiheit als ungeschriebenes Trägertauglichkeitskriterium? – Grundlagen der weiteren Untersuchung 1. Methodische Überlegungen

Ungeschriebene Tauglichkeitskriterien, deren Beeinträchtigung im Falle eines Anteilserwerbs nach § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2007) ein Erwerbs- bzw. Stimmverbot nach sich ziehen kann, müssen sich im Auslegungswege aus dem Börsengesetz herleiten lassen. Andernfalls würde die Norm zu einem – dann allerdings mangels Bestimmtheit verfassungswidrigen sowie mit der Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 56 EGV unvereinbaren – Freibrief für eine landesbehördliche Börsenindustriepolitik durch Abwehr unwillkommener, und das heißt vor allem ausländischer Mehrheitserwerbe.42 Zu fragen ist also, welche weiteren Umstände in der Person des Trägerunternehmens vorliegen müssen, damit die in „Durchführung und angemessener Fortentwicklung“ bestehende öffentliche Börsenbetriebsaufgabe gesetzeskonform erfüllt werden kann. a) Der herrschende Ansatz bei der Betriebspflicht des Trägerunternehmens Ausgehend vom Gesetzeswortlaut, der in § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) die Rolle des Trägerunternehmens im börslichen Betreibermodell darauf beschränkt, der Anstalt jeweils auf Anforderung die zum Börsenbetrieb erforderlichen Sach- und Personalmittel zur Verfügung zu stellen, scheint die einzig weitere Voraussetzung der Träger41 Zur Fortgeltung dieser Rechtlage unter dem BörsG 2007 siehe Nachtrag B. III., S. 544. 42 Zur Gefahr einer solchen Verwendung des Versagungstatbestands vgl. Schwark-Beck, § 3 BörsG Rn. 8; Christoph, Die Anteilseignerkontrolle nach dem Börsengesetz, WM 2004, 1856 (1857 und passim). Zu vergleichbaren Befürchtungen bei Einführung der bankenaufsichtsrechtlichen Anteilseignerkontrolle schon U. H. Schneider, Erweiterte Anzeigepflichten und aufsichtsrechtliche Beteiligungsverbote an Kreditinstituten?, BB 1989, 84 (87).

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tauglichkeit neben persönlicher Zuverlässigkeit und allgemeiner finanzieller Solidität die spezifische wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zur Erfüllung eben dieser anstaltlichen Leistungsanforderungen zu sein. Nichts liegt also näher, als mit der herrschenden Ansicht bei der Betriebspflicht des Trägerunternehmens anzusetzen und den Versuch einer Konkretisierung nach Inhalt und Umfang zu unternehmen.43 Kann ein maximal zulässiger Anforderungsumfang ermittelt und beziffert werden, so beschränkt sich die Frage der Tauglichkeit des Trägerunternehmens auf eine Finanzausstattung, die diesem Anforderungsumfang Genüge tut:44 Denn verfügt das Trägerunternehmen über eine solche Finanzausstattung, so kann sich die Anstalt den jeweils angeforderten Gegenstand auch im Falle einer Leistungsverweigerung verschaffen, und zwar unabhängig davon, ob man die anstaltliche Leistungsanforderung (zutreffend) als einen an das Trägerunternehmen gerichteten und nach den allgemeinen Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzen durch Ersatzvornahme auf Kosten des Trägerunternehmens vollstreckbaren Verwaltungsakt qualifiziert,45 oder die 43 Vgl. Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 16 ff.; Christoph, Börsenkooperationen, S. 150, S. 154 ff.; Groß, § 1 BörsG Rn. 8 ff.; Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 114 ff.; Lorenz, Wertpapierbörse, S. 94 ff. 44 In diesem Sinne bestimmen die Trägertauglichkeit offenbar: Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 13, S. 34; Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2405); ähnlich Christoph, Börsenkooperationen, S. 215 sowie ders., Börsenrechtliche Zulässigkeit, ZBB 2005, 82 (90 f.), der eine Aufhebung der Börsengenehmigung nur dann für möglich hält, wenn infolge der Konzernierung die Finanzmittel des Trägerunternehmens so weit ausgezehrt werden, dass die Erfüllung der Betriebspflicht nicht mehr gewährleistet scheint (a. a. O. S. 91). Dies setzt logisch die Anknüpfung an eine bezifferbare Finanzmittelausstattung als (einzig weiterem) Erfordernis der Trägertauglichkeit voraus. In diese Richtung deutet es auch, wenn Kümpel, Zur öffentlichrechtlichen Organisation der deutschen Wertpapierbörsen, BKR 2003, 3 (4) die Rolle des Trägerunternehmens als die eines „Financiers“ der Börse beschreibt. Allgemein zur Leistungsfähigkeit als zentralem Kriterium für die Tauglichkeit eines Verwaltungshelfers nach funktionaler Privatisierung Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 416 und insbesondere im Abfallrecht Fluck-Fluck, § 16 KrW-/AbfG Rn. 74. 45 Für Verwaltungsakt Breitkreuz, Börse, S. 152, der a. a. O. S. 192 dann allerdings inkonsequenterweise eine Durchsetzung anstaltlicher Leistungsanforderungen auf dem Klageweg vertritt. Hierfür besteht kein Bedürfnis: Anstalt und Trägerunternehmen als Verwaltungshelfer stehen im klassischen Über-Unterordnungsverhältnis. § 1 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 BörsG 2007) gibt der Anstalt ein einseitiges Leistungsanforderungsrecht und damit die Befugnis zum Erlass eines befehlenden Verwaltungsaktes. Dieser ist nach allgemeinen Grundsätzen im Verwaltungsvollstreckungswege durchsetzbar, wäre doch auch ein Verwaltungsakt ohne Vollstreckungsmöglichkeit eines Gutteils seiner Sinnhaftigkeit beraubt, vgl. allg. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 20 Rn. 2. Dabei können die Börsenanstalten als Träger mittelbarer Staatsverwaltung teilweise auch selbst Vollstreckungsbehörde sein, vgl. im Überblick Sadler, § 4 VwVG Rn. 6; insbesondere zur Rechtslage in Hessen

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Anstalt mit der Beleihungstheorie auf den Weg der verwaltungsgerichtlichen Leistungsklage gegen das Trägerunternehmen verweist.46 Beschränken sich die Anforderungen an die Trägertauglichkeit hierauf, so wäre für die Frage der Zulässigkeit eines Mehrheitserwerbs nach § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2007) nur noch zu prüfen, ob sich konzernierungsbedingte Gefahren für das Vorhandensein der nötigen Finanzmittelausstattung ergeben und wenn ja, ob sie sich konzernoder aufsichtsrechtlich – etwa durch qualifizierte Anforderungen an die Solvabilität des Anteilseigners – abwehren lassen könnten.47 Für letzteres spräche dann immerhin die Situation im Bankenwesen, wo es offenbar gelingt, die nach §§ 10 ff. KWG erforderlichen Eigenmittel auch im Konzernierungsfall sicherzustellen.48 Es bedarf also einer Konkretisierung der Betriebspflicht nach Inhalt und insbesondere maximal zulässigem Anforderungsumfang. Gemäß § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) ist das Trägerunternehmen verpflichtet, der Anstalt die zur Durchführung und angemessenen Fortentwicklung des Börsenbetriebs erforderlichen Sach-, Personal- und Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, wobei die Präzisierung des konkreten Gegenstands der anstaltlichen Leistungsanforderung überlassen bleibt. Dabei kann die Anstalt unter dem Gesichtspunkt des Durchführungsbedarfs vom Trägerunternehmen ausweislich der Motive alle diejenigen vgl. § 68 Abs. 1 HessVwVG: Vollstreckungsbehörde ist die den Verwaltungsakt erlassende Behörde. 46 Lorenz, Wertpapierbörse, S. 129. Wieder anders auf Basis der h. M. Christoph, Die Anteilseignerkontrolle nach dem Börsengesetz, WM 2004, 1856 (1860): Durchsetzbarkeit der Betriebspflicht im Wege des Verwaltungszwangs durch die Börsenaufsichtsbehörde. Zweifelhaft ist dies schon deshalb, weil die trägerunternehmerische „Betriebspflicht“ vor einer Konkretisierung durch anstaltliche Leistungsanforderungen viel zu diffus und damit unvollstreckbar ist. Allenfalls erscheint es sinnvoll, mit Schwark-Beck, § 3 BörsG Rn. 8 für eine in der ursprünglichen Börsengenehmigung näher konkretisierte Betriebspflicht eine aufsichtsbehördlichen Vollstreckbarkeit anzunehmen. Zur geringen praktischen Bedeutung einer solchen aufsichtsbehördlichen Konkretisierung vgl. allerdings sogleich S. 148 f. 47 So der Ansatz bei Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, S. 19 (42 f.); Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2520 ff.); Kümpel/ Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (11 f.), wo allerdings als Instrument der Sicherung vor allem eine (harte) Patronatserklärung des beherrschenden Anteilseigners für die (gesetzlich zulässigen) Mittelanforderungen der Anstalt gegenüber dem Trägerunternehmen diskutiert wird. Auch dieser Ansatz beruht auf der Prämisse der Bestimmbarkeit eines maximal zulässigen Umfanges der anstaltlichen Leistungsanforderungen. 48 Schimansky/Bunte/Lwowski-Fischer, Bankrechtshandbuch, § 129 Rn. 45 ff.; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 10a KWG Rn. 2 ff.; trotz sehr konzernierungskritischer Haltung im Ergebnis ebenso van de Sande, Unternehmensgruppe, S. 221, S. 302 ff.

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Mittel verlangen, die zum laufenden Betrieb der Börse im einmal genehmigten Umfang erforderlich sind.49 Das Trägerunternehmen hat also den laufenden Betriebsaufwand – insbesondere Personal- und Betriebskosten für die elektronische Handelsplattform – zu tragen,50 sowie für Erhaltungsinvestitionen aufzukommen.51 Daneben muss das Trägerunternehmen aber auch die Mittel für bedarfsgerechte Erweiterungs- und auch Modernisierungsinvestitionen bereitstellen,52 denn vor allem letzteres beinhaltet ja der Begriff der Fortentwicklung. Was dabei unter bedarfsgerechte Erweiterungsinvestitionen fällt, dürfte ausgehend vom status quo des Dienstleistungsangebots einer jeweiligen Börse53 relativ unproblematisch zu bestimmen sein:54 Ihrem Gegenstand nach sind sie durch das zu erweiternde Betriebsmittel bestimmt,55 dem Umfang nach durch den zu befriedigenden Publikums49 RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 72. Schon zuvor in diesem Sinne Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 22; Göppert, Das Recht der Börsen, S. 89 f. Überholt sind seit dem 4. FMFG frühere Stellungnahmen der Literatur, die selbst zu einer solchen Erhaltung keine Verpflichtung des Trägerunternehmens annahmen, wie z. B. Schäfer-Peterhoff, § 1 BörsG Rn. 4. Gegen eine Erhaltungspflicht indes auch jüngst wieder Groß, § 1 BörsG Rn. 9; Lorenz, Wertpapierbörse, S. 96 f. Die dem Trägerunternehmen von diesen Autoren zugebilligten Umgestaltungskompetenzen (Änderung/Einstellung von „Handelsplattformen“ oder gar Geschäftszweigen) können ihm allerdings schon deshalb nicht zukommen, weil es sich hierbei gemäß §§ 9 Abs. 2 S. 2, 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BörsG 2002 (= §§ 12 Abs. 2 S. 2, 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BörsG 2007) um der Anstalt vorbehaltene Entscheidungen handelt. Vgl. zur Erhaltungspflicht im Rahmen anderer Betriebspflichten etwa Giemulla/Schmid, § 45 LuftVZO Rn. 2; Greiner, Die Betriebspflicht von Flugplätzen, BayVBl. 1994, 449 (450 f.). 50 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 17; Groß, § 1 BörsG Rn. 8; Kümpel, Bank- und Kapitalmarkrecht, Rn. 17.274; Lorenz, Wertpapierbörse, S. 96; U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM Sonderbeilage 3/40, 24 (34). 51 Christoph, Börsenkooperationen, S. 156; Schwark, Konzerneingliederung, WM 2002, 2517 (2526); vgl. auch Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 114; wohl auch Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 17. 52 Göppert, Das Recht der Börsen, S. 90; Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (554); Kümpel, Zur öffentlichrechtlichen Organisation der deutschen Wertpapierbörsen, BKR 2003, 3 (6); Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 114. Im Grundsatz auch Groß, § 1 BörsG Rn. 10; Lorenz, Wertpapierbörse, S. 100 ff., allerdings selbstwidersprüchlich, da beide ja schon eine Erhaltungspflicht ablehnen. Unklar insoweit Schwark, Konzerneingliederung, WM 2002, 2517 (2520, 2526), allerdings noch zur Rechtslage vor dem 4. FMFG. 53 Diesen individuellen Ausgangspunkt betont der Gesetzgeber in RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 72. Im Anschluss hieran Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 114 sowie zuvor schon Schäfer-Peterhoff, § 1 BörsG Rn. 34. 54 Vgl. Lorenz, Wertpapierbörse, S. 99. 55 Das gilt freilich nur im idealtypischen Fall der reinen Erweiterungsinvestition. In der Unternehmenspraxis weisen Erweitungsinvestitionen meist auch ein Moderni-

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bedarf.56 Beispielsweise geht es also um die bedarfsgerechte Erweiterung der Datenverarbeitungskapazitäten eines bestehenden elektronischen Handelssystems bei nachhaltigem Anstieg der Teilnehmerzahl. Problematisch ist hingegen die Bestimmung zulässiger Mittelanforderungen für Modernisierungsinvestitionen, also etwa für die Einführung gänzlich neuer Handelssysteme.57 Zwar soll die Börsenaufsichtsbehörde nach Vorstellung des Gesetzgebers des 4. FMFG den Umfang der diesbezüglichen Leistungspflicht in der ursprünglichen Börsengenehmigung festlegen können.58 Doch dürfte angesichts der kaum vorherzusehenden technologischen Entwicklung eine Prädetermination der erforderlichen Modernisierungsinvestitionen bestenfalls über einen kurzen Zeitraum möglich sein.59 Eine Leistungsbestimmung würde somit, da selbst nach Vorstellung des Gesetzgebers spätere behördliche Fortschreibungen nicht möglich sein sollen,60 rasch ihre praktische Relevanz verlieren. Der zulässige Anforderungsumfang ist also hiervon losgelöst zu bestimmen. Dabei lässt der gesetzgeberische Hinweis auf den „zunehmenden Einsatz von elektronischen Handelssystemen“61 erkennen, dass es offenbar darauf ankommt, welche Produktionsmethoden zum jeweiligen Betrachtungszeitpunkt im Börsendienstleistungsmarkt gebräuchlich sind.62 Hier sollen deutsche Börsen im Interesse sierungs-/Rationalisierungselement auf, vgl. nur Lück-Steiner, Lexikon der Betriebswirtschaft, S. 335. 56 Vgl. Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 18, S. 38; Lorenz, Wertpapierbörse, S. 99. 57 Vgl. etwa den Versuch der Konkretisierung bei Lorenz, Wertpapierbörse, S. 100 ff., der allerdings den Inhalt der Fortentwicklungspflicht ausschließlich aus ihren Grenzen (Erforderlichkeit und Angemessenheit) zu bestimmen sucht. 58 RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 72. Eine besondere Normierung hat diese Bestimmungsmöglichkeit nicht erfahren, der Gesetzgeber geht also offenbar davon aus, dass diese Konkretisierung als Inhaltsbestimmung der Börsengenehmigung aufgrund § 1 Abs. 1 BörsG 2002 (= § 4 Abs. 1 BörsG 2007) erfolgen kann. 59 Vgl. Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 117. Schon die Zulässigkeit bestimmter inhaltlicher Investitionsvorgaben verneint unter Hinweis auf das börsliche Selbstverwaltungsrecht Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 18, S. 39; kritisch auch Christoph, Börsenkooperationen, S. 161 f.; Mues, Anmerkungen zum Börsengesetz, ZBB 2001, 353 (357). 60 Vgl. RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 72, wo nur die Konkretisierung im Genehmigungsakt erwähnt ist. Gegen nachträgliche aufsichtsbehördliche Konkretisierung offenbar auch Groß, § 1 BörsG Rn. 11. 61 RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 72; ähnlich die Stellungnahme des Bundesrates zum RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 146. 62 Siehe schon Göppert, Das Recht der Börsen, S. 90: Die Leistungspflicht des Trägerunternehmens erfasse alles, was sich „nach der Entwicklung der genehmigten Börse zu deren ungestörtem Funktionieren im Laufe der Zeit als erforderlich erweist“. Vgl. auch den Versuch einer Konkretisierung der Betriebspflicht des Flugplatzbetreibers bei Hofmann/Grabherr, § 6 LuftVerkehrsG Rn. 134: „Das was nach allgemeiner Anschauung der am Luftverkehr beteiligten Kreise zu einem ordnungs-

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der vom Gesetzgeber gewünschten internationalen Wettbewerbsfähigkeit jedenfalls gleichziehen können.63 So ist wohl auch die Literatur zu verstehen, wenn sie eine Bestimmung der Betriebspflicht unter Heranziehung des „modernen Börsenbegriffes“ und der „sich daraus ergebenden Anforderungen für einen funktionierenden und ordnungsgemäßen Börsenhandel“ propagiert:64 Da elektronische Handels-, Auftragsübermittlungs- und Abwicklungssysteme mittlerweile an allen Börsen Standard seien, habe sie auch das Trägerunternehmen einer deutschen Börse auf Anforderung zur Verfügung zu stellen.65 Inwieweit allerdings auch über das Maß des bereits Gebräuchlichen hinaus Mittel für echte Innovationsinvestitionen66 angefordert werden können, das lassen Gesetzgeber wie Literatur im Dunkeln. Den Motiven ist nur zu entnehmen, dass im Interesse der Fortentwicklung „nicht jede“ Investition zu finanzieren sei.67 Die Kommentarliteratur bietet bislang nur folgenden gemäß geführten Flugplatz gehört, muss der Unternehmer beschaffen und betreiben“; ähnlich Quaas, Zur Betriebspflicht des Flughafenunternehmers, ZLW 2003, 175 (178). 63 Vgl. ausdrücklich die Stellungnahme des Bundesrates zum 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 146: „Die Verpflichtung des Börsenträgers zur Bereitstellung [. . .] bezieht sich auf die Fortentwicklung eines wettbewerbsfähigen Börsenbetriebs“. Zum gesetzgeberischen Ziel der internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Börsen vgl. RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017 S. 62; RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 34. 64 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 17; Christoph, Börsenkooperationen, S. 155; Groß, § 1 BörsG Rn. 8; Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2403); vgl. auch Schlüter, Börsenhandelsrecht, G I 5, Rn. 154 („zeitgemäßer Börsenhandel“). Schon vor Normierung des Fortentwicklungsauftrags im 4. FMFG ebenso Beck, Erwerbswirtschaftliche Betätigung, WM 1996, 2313 (2316); Groß (2. Aufl.), §§ 1–2c BörsG Rn. 1c; Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 3 (11). 65 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 17; ders., Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, 19 (42); Christoph, Börsenkooperationen, S. 155 f.; Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 114. 66 Das wirtschaftswissenschaftliche Schrifttum verwendet auch hierfür den Begriff der Modernisierungsinvestition, vgl. nur Lücke (Hrsg.), Investitionslexikon, S. 285. Da es für Zwecke der vorliegenden Untersuchung aber vor allem darauf ankommt, ob die Technologie schon im Markt gebräuchlich ist oder nicht, soll hier begrifflich zwischen Modernisierungs- und Innovationsinvestition unterschieden werden. 67 RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 72. Ähnlich vage klingen literarische Begrenzungsversuche bei der Betriebspflicht des Flugplatzbetreibers z. B. Greiner, die Betriebspflicht von Flugplätzen, BayVBl 1994, 449 (450): „entsprechend dem Stand der Technik ordnungsgemäß aufrechtzuerhalten [. . .] ohne jedoch verpflichtet zu sein, jede technische Neuerung mitzumachen“; ähnlich Quaas, Zur Betriebspflicht des Flughafenunternehmers, ZLW 2003, 175 (178). Eine umfangsmäßig unbegrenzte Betriebspflicht des Trägerunternehmens nehmen demgegenüber (allerdings zur

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Konkretisierungsversuch: Die Modernisierungsmaßnahme müsse „notwendig und sinnvoll“ sein und „in vernünftigem Verhältnis zum bestehenden Bedarf“ stehen.68 Allenfalls für „Investitionen geringeren Umfangs“ dürften daher Mittel angefordert werden.69 Als Beispiel wird sodann die – freilich schon unter dem Gesichtspunkt der bedarfsgerechten Erweiterungsinvestition zu leistende – Anpassungen der Systemkapazität genannt70 oder dem Trägerunternehmen bestenfalls eine „Updateverpflichtung“ bezüglich der elektronischen Handelsplattform auferlegt71. Folgt man dieser Ansicht, so scheint es also geradezu, als seien Innovationsinvestitionen gar nicht verpflichtend zu tätigen.72 Demgegenüber sollen nach dem jüngsten monographischen Konkretisierungsversuch auch Innovationsinvestitionen vorzunehmen sein, sofern und soweit sie im Dienste der „Sicherung der wirtschaftlichen Basis und der Funktionsfähigkeit der Börsen zum Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit erforderlich“ sind.73 Indes dürfte sich auch aus dieser Formel praktisch keine wesentliche Erweiterung der Leistungspflicht des Trägerunternehmens ergeben, wird doch der Anstalt im Streitfall kaum je der Erforderlichkeitsnachweis gelingen. Denn obgleich man den Begriff der „angemessenen Fortentwicklung des Börsenbetriebs“ in § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) angesichts der Motive tatsächlich mit dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der jeweiligen Börse gleichsetzen kann,74 so ist doch die Erforderlichkeit oder auch nur die Tauglichkeit einer Investitionsmaßnahme zu diesem Zweck regelmäßig schwer nachzuweisen.75 Echte Innovationen zeichnen sich dadurch aus, dass noch keine Rechtslage vor dem 4. FMFG) U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (34) an: „verpflichtet [. . .], alles zu tun, um die FWB bei der Veranstaltung einer Börse am Börsenplatz Frankfurt zu unterstützen und zu fördern“ (Hervorhebung von Verf.). 68 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 18, S. 38, dort bezeichnet als „doppelten Verhältnismäßigkeitsprüfung“. Ähnlich Christoph, Börsenkooperationen, S. 158 f.; Groß, § 1 BörsG Rn. 10. Im Wesentlichen diesem Ansatz folgend und ihn präzisierend auch Lorenz, Wertpapierbörse, S. 122 ff. 69 Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, 19 (42); vgl. auch (vor Erlass des 4. FMFG) Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2520). 70 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 18, S. 38. 71 Groß (2. Aufl.), §§ 1–2c BörsG Rn. 1c. 72 So räumt denn auch Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2520), dem Börsenträgerunternehmen in Bezug auf „kostspielige oder neuartige Entwicklungsinvestitionen“ ein „unternehmerisches Ermessen“ ein; diesem ausdrücklich folgend Schlüter, Börsenhandelsrecht, G I 5, Rn. 155. 73 Lorenz, Wertpapierbörse, S. 123 f. 74 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017 S. 146. Vgl. auch Groß, § 1 BörsG Rn. 10. Kritisch demgegenüber Schlüter, Börsenhandelsrecht, G I 5, Rn. 156.

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Erfahrungen mit ihnen bestehen. Über die kommerziellen Erfolgsaussichten eines solchen Projektes können daher, mit Ausnahme evident untauglicher Extremfälle,76 auch von Branchenkennern immer nur Vermutungen angestellt werden.77 Für den Nachweis der Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007), welche die verfassungsrechtlich zwingende Grenze einer obligatorischen Leistungsanforderung gegenüber einem Verwaltungshelfer normiert,78 reicht diese Vermutung selbst dann nicht, wenn man zweckentsprechenderweise eine überwiegende ex-ante-Erfolgswahrscheinlichkeit des Investitionsprojektes ausreichen lässt.79 Anders als dem Gesetzgeber kann der Anstalt bezüglich der Erforderlichkeit einer Maßnahme auch kein Einschätzungsspielraum zugestanden werden.80 Der nötige Erforderlichkeitsnachweis kann daher allenfalls für solche Investitionen gelingen, die der Einführung im Markt schon gebräuchlicher Produktionsmethoden dienen, so dass im Ergebnis auch nach dieser Ansicht gilt: Die Anstalt hat gegen das Trägerunternehmen einen durchsetzbaren Anspruch nur auf Leistung der Mittel für Erhaltungsinvestitionen, bedarfsgerechte Erweiterungsinvestitionen sowie Modernisierungsinvestitionen, die der Einführung bereits marktüblicher Technologien dienen. Mithin ließe sich der jeweils maximal zulässige Anforderungsumfang auf Basis einer gewissen Beobachtung des internationalen Börsendienstleistungsmarktes mit hinreichender Genauigkeit beziffern, und ebenso ließen sich grundsätzlich auch die zu seiner Erfüllung jeweils erforderlichen finanziellen Ressourcen ermitteln.

75 Vgl. insoweit auch Lorenz, Wertpapierbörse, S. 127. Optimistisch hingegen Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (8 f., 11), die offenbar davon ausgehen, es könne behördlicherseits sichergestellt werden, dass der Börsenbetrieb in einer die „internationale Wettbewerbsfähigkeit sicherstellenden Weise“ erfolgt. 76 Diese auszuscheiden ist daher auch das einzig konkrete Ergebnis, was mit einer „Verhältnismäßigkeitsprüfung“ erreicht werden kann, vgl. die bei Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 18, S. 38 sowie Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 114 genannten Beispiele. 77 Vgl. nur Spremann, Wirtschaft, Investition und Finanzierung, S. 364. 78 Vgl. Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 253 ff., S. 420 ff. m. w. N. Zu beachten ist hierbei, dass das Trägerunternehmen zwar freiwillig zum Trägerunternehmen wird, diesen Status danach aber nicht mehr freiwillig aufgeben kann. Das Trägerunternehmen ist demnach wie ein zwangsweise herangezogener Verwaltungshelfer zu behandeln. Ihm steht gegen Leistungsanforderungen der Grundrechtsschutz nach Art. 12 Abs. 1 GG zu, Leistungsanforderungen müssen demnach auf gesetzlicher Grundlage beruhen und verhältnismäßig sein, Burgi, a. a. O., S. 424 f. 79 In diesem Sinne Lorenz, Wertpapierbörse, S. 127. 80 Vgl. nur Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 287 m. w. N.

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b) Kritik und methodische Desiderata So bestechend dieser Ansatz aufgrund seiner Operabilität ist, so erweist er sich doch von bedingter Tragfähigkeit, sobald man ihn im Lichte der öffentlichen Aufgabenerfüllung überprüft, die es ja letztlich sicherzustellen gilt. Ein erster Zweifel besteht schon im Hinblick auf die „internationale Wettbewerbsfähigkeit“, die der Gesetzgeber ausweislich der Motive für die deutschen Börsen anstrebt.81 Ob diese sich mit einem anstaltlichen Mittelanforderungsrecht erreichen lässt, das bestenfalls erlaubt, der Konkurrenz „hinterherzulaufen“, ist ausgesprochen zweifelhaft: Der Erfolg in einem Umfeld, das von intensivem Wettbewerbsdruck geprägt ist, verlangt vielmehr ein proaktives Agieren und hierzu eine über die soeben definierte Leistungspflicht (erheblich) hinausgehende freiwillige Leistungsbereitschaft des Trägerunternehmens.82 Aber selbst wenn sich der öffentliche Fortentwicklungsauftrag im Gleichziehen mit dem international Gebräuchlichen erschöpfen sollte, so stellt sich folgendes weitere Problem: Auch anstaltliche Mittelanforderungen, die sich innerhalb des hierfür Erforderlichen halten, sind nach ganz herrschender Ansicht nur im Rahmen der Zumutbarkeit möglich.83 Die Zumutbarkeitsgrenze ist, ebenso wie die Erforderlichkeitsprüfung, ein Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsprinzips und begrenzt verfassungsrechtlich zwingend die Mittelanforderungen gegenüber einem Verwaltungshelfer, der sich – wie hier das Trägerunternehmen, das die einmal erteilte Börsengenehmigung nach einhelliger Ansicht nicht zurückgeben darf84 – aus seiner Pflichtenstellung nicht befreien kann.85 Diese Zumutbarkeitsgrenze ist spätestens dann überschritten, wenn die Mittelanforderung das Trägerunternehmen in die Insolvenz führen würde.86 81

RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 1, S. 62; RegE 3. FMFG, BT-Drs. 13/8933, S. 55; RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 34. 82 Vgl. auch die Einschätzung von Schlüter, Börsenhandelsrecht, G I 5, Rn. 156. 83 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 18, S. 38; Breitkreuz, Börse, S. 192; Göppert, Das Recht der Börsen, S. 90; Groß, § 1 BörsG Rn. 10; Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 115; Lorenz, Wertpapierbörse, S. 124 ff.; Schäfer-Peterhoff, § 1 BörsG Rn. 34; Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2403). Vgl. zur Zumutbarkeit als Grenze sonstiger Betriebspflichten etwa § 21 Abs. 4 PBefG. 84 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 24; Groß, § 1 BörsG Rn. 11; Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 116; Lorenz, Wertpapierbörse, S. 134; Schäfer-Peterhoff, § 1 BörsG Rn. 4; Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2403); Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 22; Schlüter, Börsenhandelsrecht, G I 2, Rn. 31. Zur Fortgeltung dieser Rechtlage unter dem FRUG vgl. Nachtrag B. II., S. 541. 85 Vgl. Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 253 ff., S. 420 ff., insbesondere S. 424 f.

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Sobald also das Trägerunternehmen nicht mehr über Finanzmittel in Höhe des oben ermittelten Finanzressourcenerfordernisses verfügt, kann die Anstalt von ihm nicht mehr das „zur Durchführung und angemessenen Fortentwicklung des Börsenbetriebs“ Erforderliche, sondern nur noch das jeweils wirtschaftlich Zumutbare anfordern.87 Nun kann die finanzielle Leistungsunfähigkeit im Falle einer eventuellen „Betriebsmüdigkeit“ des Trägerunternehmens auf vielerlei Weise gezielt herbeigeführt werden: Neben schlichter Mittelvergeudung sei hier vor allem die Verschiebung von Finanzmitteln durch inkongruente Verträge auf andere Wirtschaftssubjekte genannt.88 Soll die Erfüllung der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe nicht solchermaßen ins Belieben eines Privaten gestellt werden, so muss die Entlassung eines nicht mehr leistungsfähigen Trägerunternehmens aus dieser Rolle und seine Auswechselung gegen ein neues Unternehmen unter Fortbestand ein und derselben Börsenanstalt und Identität des von ihr betriebenen Marktes möglich sein.89 Gerade diese Trägerauswechselung ist aber im börslichen 86 Lorenz, Wertpapierbörse, S. 124 f. Ebenso oder ähnlich Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.275; Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 114; Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2403). Vgl. auch Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 18, S. 38 sowie Christoph, Börsenkooperationen, S. 159 („wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen“). Im Falle der gesetzlichen Betriebspflicht im Personenbeförderungsrecht ist nach § 21 Abs. 3, Abs. 4 PBefG die Zumutbarkeitsgrenze schon dann erreicht, wenn sich mit einer Investition keine „ausreichende Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals“ mehr erreichen lässt, also die entsprechende Betriebstätigkeit nur defizitär angeboten werden kann und der Betreiber folglich mittelbar in die Insolvenz getrieben würde, vgl. näher hierzu Fromm/Frey/ Sellmann/Zuck, § 21 PBefG Rn. 7, 9. Zur Zumutbarkeitsgrenze bei luftverkehrsrechtlichen Betriebspflichten vgl. Schwenk, Handbuch des Luftverkehrsrechts, S. 462. 87 Vgl. Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2403), der zutreffend darauf hinweist, dass sich mit Hilfe der so umgrenzten Betriebspflicht nicht einmal der Erhalt der Anstaltsbörse im ursprünglich genehmigten Umfang sichern lässt. 88 Vgl. etwa Tröndle/Fischer, § 283 StGB Rn. 4, Rn. 7. Außerhalb einer bereits bestehenden Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit des Trägerunternehmens hat eine derartige Mittelverlagerung freilich keinerlei Relevanz sub specie des Insolvenzstrafrechts, welches folglich auch nicht als Gegenanreiz wirken kann. Anfechtungsansprüche nach §§ 133 InsO entstehen erst nach Insolvenzeröffnung über das Trägerunternehmen, kommen also als Mittel zur Sicherung der öffentlichen Betriebsaufgabe zu spät. 89 Von dieser Möglichkeit geht offenbar die h. M. aus: Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 27; Breitkreuz, Börse, S. 194; Köndgen, Entzug der Börsenzulassung, FAZ v. 22. August 2000, S. 32; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.280; Laule, Die Umstrukturierung der Frankfurter Wertpapierbörse, FS Heinsius 1991, S. 437 (442); Lorenz, Wertpapierbörse, S. 136; offenbar auch Christoph, Börsenrechtliche Zulässigkeit, ZBB 2005, 82 (90). Vgl. allgemein zur „Rückhol- bzw. Weiterübertra-

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Betreibermodell außerhalb der einvernehmlichen Überleitung, wie sie beispielsweise im Jahr 1991 von der IHK Frankfurt auf die seinerzeitige Frankfurter Wertpapierbörse AG (jetzt Deutsche Börse AG) erfolgte,90 praktisch nicht möglich.91 Denn nach der Konzeption des Börsengesetzes stehen sämtliche Betriebsmittel zivilrechtlich dem Trägerunternehmen zu92 und werden der Anstalt nur zum Zwecke des Börsenbetriebs gleichsam „leihweise“ überlassen.93 Mit Ausnahme der ehrenamtlich tätigen Börsenräte94 ist sämtliches Börsenpersonal einschließlich der Geschäftsführer und sonstiger Organwalter beim Trägerunternehmen angestellt.95 Die technische Infrastruktur steht in seinem Eigentum und es ist Inhaber des Urheber- bzw. Nutzungsrechts an der Handelssoftware.96 Da die Mittelbereitstellungspflicht in § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) aber an die Eigenschaft als Trägerunternehmen geknüpft ist, würde sie mit einer hypothetischen Entlassung aus dieser Stellung eo ipso enden.97 Zugleich gungskompetenz“ des öffentlichen Aufgabenträgers, welche im Falle verfassungsobligatorischer oder einfachgesetzlicher Pflichtaufgaben des Staates, deren Erfüllung nicht anderweit gesichert werden kann, verfassungsrechtlich geboten ist Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 384, S. 428; Brüning, Der Private bei der Erledigung kommunaler Aufgaben, S. 164. 90 Eingehend beschrieben bei Laule, Die Umstrukturierung der Frankfurter Wertpapierbörse, FS Heinsius 1991, S. 437 ff. Weitere Beispiele bei Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 26 sowie Christoph, Börsenkooperationen, S. 195 mit Fn. 552: Sie alle erfolgten im Einvernehmen von altem und neuem Trägerunternehmen. 91 U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (27). Die praktische Unmöglichkeit der (nicht-einvernehmlichen) Trägerauswechselung erkennt implizit auch die herrschende börsenrechtliche Literatur an, wenn sie sagt, das Trägerunternehmen dürfe auf die Börsengenehmigung nicht verzichten, denn sonst werde es in die Hand eines Privaten gelegt, ob und wie lange die öffentliche Aufgabe wahrgenommen werde, vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.279; Schäfer-Peterhoff, § 1 BörsG Rn. 4; Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2403 f.); Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 22. Diese Argumentation setzt voraus, dass eine Fortführung des Börsenbetriebs unter Trägerauswechselung nicht möglich ist. Generell zur (zweifelhaften) praktischen Möglichkeit des Austauschs des Betreibers im sog. Betreibermodell Bodanowitz, Organisationsformen, S. 150 f. 92 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 11. Siehe im Übrigen schon oben Abschnitt 1, A. I., S. 104 m. w. N. 93 Breitkreuz, Börse, S. 193. 94 Vgl. Schäfer-Peterhoff, § 3 BörsG Rn. 1. Auch die Mitglieder des Sanktionsausschusses nehmen nach landesgesetzlicher Ausgestaltung z. T. ein Ehrenamt wahr, vgl. beispielsweise § 2 Abs. 1 der hess. Sanktionsausschussverordnung. 95 Breitkreuz, Börse, S. 193; Lorenz, Wertpapierbörse, S. 88; Mues, Börse, S. 76. Die Anstellung bei und Entlohnung durch das Trägerunternehmen betrifft die Mitglieder der Börsengeschäftsführung sowie die Organwalter der Handelsüberwachungsstelle und Zulassungsstelle. 96 Breitkreuz, Börse, S. 192 f.; Lorenz, Wertpapierbörse, S. 88.

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würde die öffentlich-rechtliche Nutzungsbefugnis der Anstalt an den bereitgestellten Mitteln erlöschen.98 Sie wären zu entwidmen und dem entlassenen Trägerunternehmen auszukehren99 und müssten durch die vom neuen Trägerunternehmen bereitzustellenden Mittel ersetzt werden.100 Mag sich dabei hinsichtlich des Personals noch ein funktionserhaltender Transfer bewerkstelligen lassen,101 so scheint eine nahtlose Überleitung des Handelsgeschehens auf eine neue technische Infrastruktur kaum möglich, es sei denn, das ausscheidende Trägerunternehmen übertrüge die bisherige Infrastruktur einschließlich der Nutzungsrechte an der Handelssoftware freiwillig auf das neue Trägerunternehmen.102 Zwingen kann man das ausscheidende Trägerunternehmen hierzu nicht, fehlt doch im Börsengesetz die Grundlage 97

Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2406). A. A. wohl Lorenz, Wertpapierbörse, S. 167, der trotz Ende der Trägereigenschaft vom Fortbestehend der Widmung ausgeht, dies allerdings ohne Hinweis auf eine Rechtsgrundlage. Freilich nimmt Lorenz für den Regelfall an, dass keine Widmung der vom Trägerunternehmen bereitgestellten Gegenstände erfolgt, vgl. a. a. O., S. 160 ff., so dass hieraus kein fortbestehendes öffentlich-rechtliches Nutzungsrecht folgen könnte. 99 Zur Vermeidung dieser grundsätzlichen Auskehrungspflicht werden in anderen Fällen des Betreibermodells – Grundlage ist hier meist ein Verwaltungsvertrag – ausdrückliche „Heimfall- oder Rückkaufansprüche“ vereinbart, um sicherzustellen, dass der öffentliche Aufgabenträger auch im Falle der vorzeitigen Entlassung des Anlagenbetreibers von diesem geschaffene Infrastrukturen weiternutzen kann, vgl. Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 428; Fluck-Fluck, § 16 KrW-/AbfG Rn. 80; Kirchhoff/Müller-Godeffroy, Finanzierungsmodelle für kommunale Investitionen, S. 101. Im Börsenwesen ist die Auskehrungspflicht mangels vertraglicher Verwaltungshelferheranziehung nicht auf diesem Wege vermeidbar; vielmehr ist nach wohl h. M. dem entlassenen Trägerunternehmen sogar noch eine Entschädigung zu zahlen, wenn und soweit sich die auszukehrenden Betriebsmittel anderweit nicht mehr (ähnlich) gewinnbringend verwenden lassen, vgl. Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 37; Breitkreuz, Börse, S. 195 f. 100 Vgl. Lorenz, Wertpapierbörse, S. 168. 101 Etwa indem das Börsenpersonal kollektiv und möglichst zum gleichen Stichtag von seinen arbeitsvertraglichen Kündigungsrechten Gebrauch macht, um dann in die Dienste des neuen Trägerunternehmens zu treten. Ein automatischer Übergang der Arbeitsverhältnisse nach § 613a BGB fände hingegen nur dann statt, wenn das ausscheidende Trägerunternehmen die materiellen und immateriellen Betriebsmittel (zumindest in gewissem Umfang) rechtsgeschäftlich auf das neue Trägerunternehmen überträgt, also eine einvernehmliche Trägerauswechselung stattfindet, wie in dem von Laule, Die Umstrukturierung der Frankfurter Wertpapierbörse, FS Heinsius 1991, S. 437 (455) geschilderten Fall. Der bloße Übergang der Tägerunternehmensfunktion auf ein neues Unternehmen genügt nicht, um einen Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB bzw. der RL 77/187/EWG zu begründen, vgl. EuGH, Urt. v. 11. März 1997, Rs. C-13/95, Slg. 1997 I-1259. 102 So geschehen bei der Ablösung der IHK Frankfurt am Main durch die Frankfurter Wertpapierbörse AG, vgl. Laule, Die Umstrukturierung der Frankfurter Wertpapierbörse, FS Heinsius 1991, S. 437 (455). 98

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für eine Enteignung.103 Die sich damit notwendig ergebende Betriebsunterbrechung104 würde angesichts der Konkurrenzsituation im Börsendienstleistungsmarkt und des Bedarfs professioneller Sekundärmarktteilnehmer nach einer kontinuierlichen Handelsmöglichkeit schlicht zur Abwanderung der wesentlichen institutionellen Orderströme auf andere Handelsplätze und -formen führen und damit das Ende des börslichen Marktes in seiner bisherigen Identität bedeuten. Zeigt sich damit, dass eine vorzeitige Trägerauswechselung bei Leistungsunwilligkeit und daraus folgender Leistungsunfähigkeit nicht möglich ist und demnach die Erfüllung der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe mit der Leistungsbereitschaft des Trägerunternehmens steht und fällt, so folgt daraus: In der Person des Trägerunternehmens gilt es neben der finanziellen Leistungsfähigkeit vor allem die Voraussetzungen der unternehmerischen Betriebswilligkeit nach Möglichkeit zu erhalten, solange eine öffentliche Betriebsaufgabe besteht. Dass sich diese Betriebswilligkeit dabei nicht durch die Auferlegung zusätzlicher „Förder- und Treuepflichten“105 sichern lässt, versteht sich dabei von selbst. Aber auch von der Sondersituation einer Leistungsunwilligkeit abgesehen, würde alleine die nach obigen Kriterien errechnete ausreichende Finanzmittelausstattung des Trägerunternehmens zur Sicherung einer gesetzeskonformen Aufgabenerfüllung nur dann ausreichen, wenn die Anstalt 103 Soweit allgemeine Landesenteignungsgesetze existieren, ist dort jedenfalls der Börsenbetrieb nicht explizit als Enteignungszweck aufgeführt, vgl. beispielhaft § 2 bad.-württ. LEntG; § 3 HEG. Das Auffangtatbestandsmerkmal der Enteignung „zum Wohl der Allgemeinheit“ ist jedenfalls in Bezug auf Enteignungen zugunsten Privater – um die es im Falle der Enteignung der technischen Handelsinfrastruktur zugunsten des künftigen neuen Trägerunternehmens ginge, vgl. zur Parallelsituation im Fernstraßenbau Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 354 f. – zu unbestimmt und damit verfassungswidrig, vgl. BVerfGE 56, 249 (259 ff.); 66, 248 (257 ff.); 74, 264 (285); Dreier-Wieland, Art. 1 GG Rn. 102. 104 Einen Anhaltspunkt für die Dauer der Überleitung des Börsenbetriebs auf eine neue technische Infrastruktur kann die Überleitung des Handelsgeschehens an der Amsterdamer Derivatebörsen auf das LIFFE-Connect-Handelssystem geben. Diese dauerte rund 1 Jahr, konnte aber, da kein Trägerwechsel sondern nur ein Austausch der Handelstechnologie erfolgte, parallel zum laufenden Betrieb erfolgen, vgl. Euronext N. V., Euronext.LIFFE succesfully transfers Amsterdam derivative products to screen trading, Pressemitteilung v. 9. Dezember 2002. Dennoch kam es zu wiederholten ungewollten Handelsunterbrechungen, vgl. Frantzen, Standortbestimmung, Börsen-Zeitung v. 7. September 2002, Sonderbeilage B 4. 105 So aber U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (29, 34), allerdings ohne Angabe der dogmatischen Herleitung und ohne inhaltliche Konkretisierung der angeblichen Förder- und Treuepflichten. Zustimmend Christoph, Börsenkooperationen, S. 159, widersprüchlich allerdings S. 160. Gegen weitergehenden Pflichten des Trägerunternehmens indes Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 18, S. 39; Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2527).

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durch detaillierte Leistungsanforderungen und eine effektive Kontrolle für eine aufgabenkonforme Erfüllung der Betriebspflicht durch das Trägerunternehmen sorgen könnte, also das Trägerunternehmen rein exekutorisch tätig wäre. Nun legt zwar legt § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) ein solches Verständnis von der Rolle des Trägerunternehmens nahe. Doch können die dort erwähnten Mittelanforderungen der Anstalt mehr oder minder detailliert sein. Die verfassungskonforme Interpretation im Lichte des Demokratieprinzips verlangt nur eine Letztentscheidungsmöglichkeit der Anstalt im Konfliktfall, es bedarf keiner vollständigen Durchprogrammierung der funktional privatisierten Beschaffungs- und Betriebstätigkeit.106 Für diese würde der Anstalt gerade infolge der gesetzlich vorgesehenen Ausgliederung des technisch-infrastrukturellen Betriebs auch regelmäßig der technische wie unternehmerische Sachverstand fehlen.107 A fortiori gilt das für die Börsenaufsichtsbehörde.108 Die an das Trägerunternehmen gerichteten Leistungsanforderungen können daher im Regelfall nur grobmaschig sein und belassen ihm damit einen sehr großen Gestaltungsspielraum. Hat man diesen Gestaltungsspielraum als gesetzlich angelegtes Charakteristikum des börslichen Betreibermodells erkannt, so wird klar, dass eine rein finanzielle Bestimmung der Trägertauglichkeit zu kurz greift. Es ist vielmehr zu fragen, welche strukturellen Gegebenheiten vorliegen müssen, damit das Trägerunternehmen seinen Gestaltungsspielraum eigeninitiativ zu einer „richtigen“ Erfüllung seines Teilbeitrags zur anstaltlichen Wahrnehmung der öffentlichen Aufgabe nutzt.109 Damit rückt die Möglichkeit ins Blickfeld, dass das Gesetz überhaupt nicht von einer externen Bestimmbarkeit des Inhalts der Betriebspflicht ausgeht, sondern vielmehr mit dem börs106 Vgl. Burgi, Funktionale Privatisierung, S.158 ff.; vgl. zur funktionsgleichen Einwirkungspflicht auf öffentliche Unternehmen nur Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 137. 107 Vgl. zu diesem generellen Problem bei funktionaler Privatisierung Bodanowitz, Organisationsformen, S. 150 f.; Brüning, Der Private bei der Erledigung kommunaler Aufgaben, S. 187; Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 172, S. 310. 108 Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 50, S. 90. 109 Diese Frage wird ansatzweise bei U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (34) aufgeworfen, wenn gefragt wird, ob die Konzerneinbindung des Trägerunternehmens zu einer „strukturellen Verletzung der öffentlich-rechtlichen Treupflichten“ des Trägerunternehmens führen könne (Hervorhebung von Verf.). Allerdings werden die strukturellen Voraussetzungen einer aufgabenadäquaten Erfüllung der „Treuepflicht“ (welche wohl die Erfüllung der Betriebspflicht beinhaltet) dann a. a. O. nicht systematisch hergeleitet, sondern sogleich ein Interessenkonflikt im Konzernierungsfall diagnostiziert. Weder wird geklärt, warum die richtige Interessenlage des Trägerunternehmens für die Betriebspflichterfüllung so wichtig ist, noch wird gezeigt, unter welchen Voraussetzungen denn eine „richtige“ Interessenlage vorliegt.

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lichen Betreibermodell eine Struktur geschaffen hat, in der das Zusammenwirken von Anstalt und Trägerunternehmen spontan die jeweils „richtige“ Erfüllung der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe hervorbringt.110 Der aufgabenkonforme Inhalt der Betriebspflicht würde dann im laufenden Prozess des Börsenbetriebs uno actu bestimmt und zugleich erfüllt. c) Alternative Methode: Ermittlung der spezifischen Aufgabenadäquanz des börslichen Betreibermodells Löst man sich vom Vorverständnis einer inhaltlichen Bestimmbarkeit der Betriebspflicht, dann weitet sich der Blick aus der Fixierung auf § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) hin zu einer Betrachtung des börslichen Betreibermodells in seiner Gesamtheit. Hierbei sind die geschriebenen und ungeschriebenen Strukturnormen im Rahmen der teleologischen Auslegung daraufhin zu untersuchen, warum der Gesetzgeber gerade diese spezielle Organisationsstruktur für geeignet hielt, die öffentliche Börsenbetriebsaufgabe zu erfüllen.111 Diese spezifische Aufgabenadäquanz ist Voraussetzung der gesetzeskonformen Erfüllung der öffentlichen Betriebsaufgabe; ihre strukturellen Funktionsvoraussetzungen sind aufsichtsrechtlich zu erhalten. Ausgangspunkt dieser Untersuchung ist die öffentliche Betriebsaufgabe, die im Auslegungswege soweit möglich zu konkretisieren ist.112 Sodann ist 110 Zum Ersatz einer materiellen Determination öffentlicher Aufgabenerfüllung durch strukturell-prozedurale Richtigkeitsgewährmechanismen allgemein Augsberg, Rechtsetzung, S. 75 und näher Schuppert, Das Konzept der regulierten Selbstregelung, S. 201 (240 f.); insbesondere bei der kaum konditional programmierbaren anstaltlichen Leistungserbringung Lange, Die öffentlichrechtliche Anstalt, VVDStRL 44 (1986), 169 (175, 177). 111 Dabei mag man mit Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 dem historischen Gesetzgeber ein planvolles Vorgehen absprechen. Tatsache ist, dass es für die Herausbildung und den Fortbestand dieser spezifischen Organisationsstruktur ökonomisch fundierte Gründe gibt, die dem Gesetz heute als objektiver Gesetzeswille entnommen werden können. 112 Dies versäumen bisherige Untersuchungen zur Trägertauglichkeit weitgehend. So wird etwa bei Christoph, Börsenkooperationen, S. 154 ff. sowie ders., Börsenrechtliche Zulässigkeit, ZBB 2005, 82 ff. die öffentliche Aufgabe nach einer kursorischen Erwähnung außer Betracht gelassen und ihr so implizit jede Relevanz für die Bestimmung der Trägertauglichkeitskriterien abgesprochen, welche nach Ansicht des Autors i. E. auch deckungsgleich mit den aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Banken und Versicherungen sein sollen. Ähnlich bei Lorenz, Wertpapierbörse, der den Versuch der Betriebspflichtbestimmung ganz ohne die dogmatisch vorgelagerte Stufe der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe unternimmt. Im anderen Extrem wird von U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 ff. zwar mit dem Konzept der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe argumentiert, diese

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für jedes Element des börslichen Betreibermodells der teleologische Nexus zwischen Struktur und Aufgabenerfüllung zu ermitteln. Er beruht auf Zusammenhängen zwischen Organisationsform und Aufgabenerfüllung, deren Existenz insbesondere die Institutionenökonomik herausgearbeitet hat. Ist dieser Nexus identifiziert, so kann (unten IV. bis VI.) geprüft werden, ob und wie er im Falle einer Trägerkonzernierung in einem internationalen Börsenholdingkonzern beeinträchtigt würde. Ließe eine Konzernierung den Nexus systematisch und in einer durch nachgängige konzern- oder börsenaufsichtsrechtliche Instrumente nicht behebbaren Weise entfallen, so wäre als Ergebnis der Untersuchung festzustellen, dass die Konzernfreiheit des Trägerunternehmens eine Bedingung der Aufgabenadäquanz des börslichen Betreibermodells und damit ein aufsichtsrechtliches Kriterium der Trägertauglichkeit neben persönlicher Zuverlässigkeit und finanzieller Solidität ist. 2. Die öffentliche Börsenbetriebsaufgabe als Ausgangspunkt

§ 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) beschreibt die öffentliche Betriebsaufgabe als „Durchführung und angemessene Fortentwicklung des Börsenbetriebs“ und legt sie einer teilrechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts auf. Damit liegt nach dem heutigen Verständnis jedenfalls eine Staatsaufgabe vor.113 Verfassungsobligatorisch ist sie allerdings nicht, hat doch Art. 74 Nr. 11 GG, der als einziger Verfassungsartikel das Börsenwesen erwähnt, keinen aufgabenrechtlichen Gehalt und lässt sich – wie später noch zu zeigen sein wird – eine staatliche Wahrnehmungspflicht auch nicht aus Infrastrukturschaffungs- oder Schutzpflichten herleiten.114 Die Durchführung des Börsenbetriebs wird somit allein aufgrund des aufgabenstatuierenden Gesetzes zur öffentlichen Aufgabe, weshalb sich auch deren Konkretisierung nur aus dem einfachen Gesetzesrecht selbst ergeben kann. Da öffentliche Aufgaben operationalisierbare Tätigkeiten zur Erreichung bestimmter staatlicher Ziele sind,115 ist das Börsengesetz hierbei im Lichte seiner Regelungsziele auszulegen. Daneben erlaubt auch die vom Gesetzgeber gewählte Organisationsform gewisse grundlegende Rückschlüsse auf Inhalt und Umfang der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe. jedoch ohne dogmatisch stringente Herleitung um Komponenten („Förderung des Finanzplatzes Deutschland“) angereichert, die dann ein im Ergebnis zwar zutreffendes, in concreto aber eher als börsenpolitisch motiviert erscheinendes Ergebnis zu begründen helfen. 113 Zum modernen formalen Staatsaufgabenbegriff nur Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, HStR III (2. Aufl.), § 57 Rn. 137. 114 Siehe unten Teil 3, Abschnitt 4, B., S. 525 ff. 115 Vgl. Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 30; Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, S. 365.

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Von beiden Seiten ausgehend soll daher der Versuch einer Konkretisierung der zwischengelagerten Aufgabenebene erfolgen: Regelungsziel des Börsengesetzes ist, wie sich den Motiven entnehmen lässt, die Funktionsfähigkeit der Börsen und der Anlegerschutz,116 daneben betont der Gesetzgeber wiederholt die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Börsen.117 Mit der hier angesprochenen Funktion der Börsen meint der Gesetzgeber, wie schon eingangs gezeigt, ihre volkswirtschaftliche Funktion. Sie besteht darin, durch das Angebot einer hochorganisierten Handelsmöglichkeit die Sekundärmarkttransaktionskosten für Anleger zu minimieren und hierdurch zugleich die Kapitalkosten für Emittenten zu senken. Die Kriterien der gesamtökonomischen Funktionalität sind hierbei, da mit dem Börsenbetrieb keine negativen externen Effekte einhergehen,118 grundsätzlich mit den oben (Teil 1, Abschnitt 2) vorgestellten Funktionalitätskriterien aus Nutzerperspektive identisch. Diese sind eine bedarfsgerechte Produktpalette, hohe Marktqualität und möglichst geringe explizite Entgelte für Handelsteilnehmer und Emittenten. Regelungsziel des Börsenrechts ist also die Bereitstellung einer nach diesen Kriterien möglichst funktionalen Börsendienstleistung. Hierzu überträgt der Gesetzgeber die Aufgabe der Börsenbereitstellung einer Anstalt des öffentlichen Rechts, deren Bestand als juristische Person des deutschen öffentlichen Rechts unauflöslich an ihren Sitz im Inland geknüpft ist. Er lässt damit erkennen, dass er zur Zielerreichung grundsätzlich einen inländischen Börsenbetrieb für erforderlich hält.119 Ökonomisch fundiert ist dies darin, dass der grenzüberschreitende Börsenzugang bislang mit zum Teil erheblichen zusätzlichen expliziten Transaktionskosten im Abwicklungsbereich verbunden war120 und insbesondere für Privatanleger immer noch mit diversen Mehrkosten belastet sein kann.121 Daraus resultiert(e) ein Bedarf gerade nach inländischer Börsenbereitstellung, den es 116

RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 73, S. 79. Näher hierzu, auch zum Aufgehen des Anlegerschutzes in einem einheitlichen Regelungsziel der Funktionsoptimierung, unten Teil 3, Abschnitt 2, A. I., S. 392 ff. 117 Siehe schon oben S. 152 mit Nachweisen in Fn. 81. 118 Zu möglichen positiven externen Effekten vgl. hingegen unten Teil 3, Abschnitt 3, A. I. 3. b) cc), S. 453. 119 Vgl. zum öffentlichen Interesse an einem inländischen Börsenbetrieb aus den Motiven etwa Bericht des BT-Finanzausschusses 4. FMFG, BT-Drs. 14/8601, S. 9 (Zielsetzung, „deutsche Börsen als Schaufenster zur deutschen Wirtschaft“ zu stärken); aus der Literatur vgl. etwa Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 12, S. 31 (öffentliches Interesse, da Börsen „für die Wettbewerbsfähigkeit einer modernen Volkswirtschaft wesentlich“ sind); ähnlich Schwark-ders., § 1 BörsG Rn. 24 („Betrieb einer Börse als wesentlicher Teil eines funktionsfähigen Finanzplatzes“); Kümpel, Bankund Kapitalmarktrecht, Rn. 17.245 f. 120 Vgl. unten Teil 3, Abschnitt 3, A. III. 3. b) aa) (2), S. 490.

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nach Konzeption des Gesetzgebers im Interesse der Funktionsfähigkeit des inländischen Kapitalmarktes im Inland zu bedienen galt und offenbar weiterhin zu bedienen gilt. Der Gesetzgeber formuliert also im BörsG die Aufgabe der inländischen Börsenbereitstellung.122, 123 Die Börsendienstleistung soll dabei im Interesse der Funktionalität möglichst kostengünstig und qualitativ hochwertig sein. Dabei zeigt der Auftrag zur „angemessenen Fortentwicklung“, den die Motive auch als Erhalt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit umschreiben,124 dass sich die Ausgestaltung der Börsendienstleistung im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben nach den sich wandelnden Bedürfnissen der Kapitalmarktteilnehmer richten soll.125 Zugleich erteilt der Gesetzgeber mit der Aufforderung zur Wettbewerbsfähigkeit auch den Auftrag, die Börsendienstleistung zu marktgerechten Entgelten anzubieten. Der internationale Börsendienstleistungsmarkt soll hierbei nicht nur als Vergleichsmaßstab in Bezug genommen werden: Angesichts des heute zumindest im Kundensegmente der professionellen Sekundärmarktteilnehmer tatsächlich grenzüberschreitenden Börsenkonkurrenz meint der Gesetzgeber mit seiner Aufforderung zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit vielmehr die erfolgreiche Teilnahme hieran, also die Anziehung möglichst großer in- und ausländischer Teilnehmerzahlen und Orderströme, um so auch den möglichsten Fortbestand inländischer Börsen im internationalen Wettbewerb zu sichern.126, 127 121 Die Mehrkosten für Privatanleger bestehen z. B. in erhöhten Kommissionen für die Ausführung auf Auslandsbörsen, vgl. etwa die Preisverzeichnisse von Deutsche Bank, Dresdner Bank, DAB-Bank, ING-DiBa; ohne Aufschlag für Aktienhandel im Ausland hingegen nur die Commerzbank (Preisverzeichnisse jeweils Stand 10. Mai 2006). Nicht auszuschließen ist jedoch, dass es in näherer Zukunft zu einer Angleichung der Kommissionen für in- und ausländische Ausführung kommen kann, vgl. Köndgen, Mutmaßungen, FS Lutter 2000, S. 1401 (1416). 122 Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 104 („Existenz der Börsen [d.h. der inländischen Börsenanstalten] ist öffentliche Aufgabe“); vgl. auch Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 24; Göppert, Das Recht der Börsen, S. 89; wohl auch U. H. Schneider/ Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (36), die ihre dort aufgeworfene Frage nach einer inländischen Börsenbetriebsaufgabe im Verlaufe des Gesamtgutachtens implizit positiv beantworten. 123 Eine Umdefinition der öffentlichen Betriebsaufgabe im Sinne der Mitwirkung an der bedarfsgerechten Bereitstellung von Börsendienstleistungen innerhalb Europas, wie dies bei Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2519) anklingt und es vor dem Hintergrund der börsenrechtlichen Regelungsziele u. U. auch sinnvoll wäre (näher dazu unten Teil 3, Abschnitt 2, B., S. 403 ff.), ist daher de lege lata nicht möglich. 124 Stellungnahme des Bundesrates zum RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017 S. 146. 125 Vgl. auch RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 63 (Flexibilisierung des Börsenrechts um die Anpassung an Marktbedürfnisse zu erleichtern); RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 34. Vgl. auch U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (39).

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Zugleich eröffnet das BörsG der Anstalt jedoch keinerlei andere Einnahmequelle als die Gebührenerhebung: Weder ist das Trägerunternehmen eine Einnahmequelle – vielmehr ist ihm nach allgemeinen Grundsätzen der Verwaltungshilfe zu mindestens ein kostendeckendes, nach wohl überwiegender Ansicht sogar einen gewissen Gewinnanteil umfassendes Entgelt für seinen Produktionsbeitrag zu zahlen128 – , noch sieht das BörsG in Form einer sogenannten Anstaltslast einen Verlustausgleich aus Steuermitteln durch das anstaltstragende Bundesland vor.129, 130 Die Anstalt wird damit, entspre-

126 Vgl. RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 62 („Position der deutschen Börsen [. . .] im europäischen und internationalen Wettbewerb [. . .] verbessern“); ähnlich RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 34 und in diesem Sinne auch Laule, Die Umstrukturierung der Frankfurter Wertpapierbörse, FS Heinsius 1991, S. 437 (446 ff.) sowie nunmehr Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.254: „[gesetzgeberisch] erwünschte Expansion der Börse als Marktveranstaltung zur Stärkung ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit [. . .]“. A. A. (allerdings noch vor Erlass des 4. FMFG) Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (7): Kein Gebot zur Maximierung der Umsätze in den gesetzlichen Marktsegmenten durch entsprechende Aktivitäten der Börse. 127 Klarzustellen ist indes, dass das Börsengesetz darüber hinaus weder der Anstalt noch dem Trägerunternehmen an irgendeiner Stelle die Aufgabe einer allgemeinen „Förderung des Finanzplatzes Deutschland“ im internationalen Wettbewerb zuweist. Diese „Förderung“ ist ein viel zu diffuses Vorhaben und kann daher mangels Operationalisierbarkeit keine öffentliche Aufgabe, sondern allenfalls gesetzgeberisches Regelungsziel sein, vgl. zur Abgrenzung Burgi, Funktionale Privatisierung, 28 ff. m. w. N. Zu Recht kritisch gegen eine solche Überdehnung der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2527). 128 Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 260 ff. und insbesondere S. 269 ff. mit eingehender dogmatischer Begründung. I.E. ebenso Ipsen, Gesetzliche Indienstnahme Privater für Verwaltungsaufgaben, FG Kaufmann 1950, S. 141 (156) („volle Vergütung“). Siehe auch BVerfGE 85, 329 (334.): zumindest Kostendeckung. Vgl. zu den Entgeltregelungen in der Praxis des Betreibermodells etwa Bodanowitz, Organisationsformen, S. 135 f.; Louis, Kommunale Abwasserbeseitigung, S. 27. 129 Str. ist allerdings, ob auch in Abwesenheit einer ausdrücklichen Regelung eine solche Anstaltslast als allgemeiner Grundsatz des Verwaltungsrechts gilt. Ablehnend BVerwGE 64, 248 (257), 75, 318 (324 f.), befürwortend demgegenüber U. H. Schneider, Finanzierungsrecht öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute, FS Riesenfeld 1983, S. 237 (244); Stern, Anstaltslast und Gewährträgerhaftung im Sparkassenrecht, FS Maurer 2001, 815 (817 f.) m. w. N. Sie soll aus der originären Aufgabenwahrnehmungspflicht des Anstaltsträgers folgen. Damit wird jedoch zugleich klar, dass eine Anstaltslast nur solange zu erfüllen ist, wie die öffentliche Aufgabe fortdauert, vgl. U. H. Schneider, a. a. O., S. 237 (244); Stern, a. a. O., S. 815 (824); Oebbecke, Die Anstaltslast, DVBl. 1981, 960 (963). Maßgeblich ist also jeweils die genaue zeitliche Grenze der öffentlichen Aufgabe. Sie wird für das Börsenwesen sogleich näher untersucht, ganz einhellige h. M. ist aber, dass die Börsengenehmigung und mit ihr die Börsenanstalt aufzuheben ist, wenn das Trägerunternehmen insolvent ist: Staatliche Finanzspritzen sind dem Börsenwesen fremd.

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chend dem Postulat der Eigenwirtschaftlichkeit öffentlicher Unternehmen, zu einer kostendeckenden Wirtschaft verpflichtet.131 Der Gesetzgeber gibt der Börsenanstalt mithin die folgende öffentliche Aufgabe: Die Bereitstellung eines börslich-hochorganisierten Marktes, um den inländischen Bedarf nach Börsendienstleistungen jetzt und nach Möglichkeit auch in Zukunft im Inland zu decken. Die Börsendienstleistung soll möglichst kostengünstig und qualitativ hochwertig sein. Dabei weiß der Gesetzgeber, dass Börsenbetreiber infolge der Konkurrenz anderer Anlageformen, die nicht auf eine börsliche Handelbarkeit angewiesen sind,132 sowie infolge eines internationalen Börsenwettbewerbs, wie er jedenfalls im Kundensegment der institutionellen Anleger besteht,133 einen beschränkten Preissetzungsspielraum bei den Nutzungsentgelten haben.134 Der Auftrag lautet also, zu gegebenem Marktpreis eine möglichst qualitativ hochwertige Börsendienstleistung anzubieten. Jedoch soll die Bereitstellung einer solchen Börsendienstleistung nicht unter allen Umständen erfolgen, sondern nur, sofern sie an der jeweiligen Börse kostendeckend möglich ist. Dabei will der Gesetzgeber erreichen – und das lässt er im Auftrag zur angemessenen Fortentwicklung der Börsendienstleistung erkennen –, dass die Aufgabenerfüllung durch ein laufendes Bemühen um Attraktivität und Effizienz möglichst auch in Zukunft im Inland rentabel und erfüllbar bleiben soll. Es liegt also zwar keine Staatsaufgabe mit unbedingter Erfüllungsverantwortung vor,135 andererseits soll sich der Aufgabenträger auch nicht durch 130 Hält man mit der herrschenden Beleihungstheorie das Trägerunternehmen für den Anstaltsträger, so liegt mit § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) eine spezielle gesetzliche Normierung der Anstaltslast vor. Selbst nach der weitesten Auffassung vom Umfang der Betriebspflicht können jedoch nur Mittel für einen gewinnversprechenden Börsenbetrieb angefordert werden, vgl. Lorenz, Wertpapierbörse, S. 127. Die längerfristige Deckung von Verlusten eines nicht mehr rentablen Börsenbetriebs aus den Mitteln des Trägerunternehmens, welches sich diese Mittel aus einer anderweitigen Erwerbstätigkeit beschaffen müsste, kommt damit nicht in Betracht. 131 Vgl. zum regelmäßigen Erfordernis der Eigenwirtschaftlichkeit Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 191. 132 Vgl. RegE 3. FMFG, BT-Drs. 13/8933, S. 54. 133 Vgl. RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 62. 134 So stellte der Präsident der Rheinisch-Westfälischen Börse zu Düsseldorf Jacobi schon in 1993 fest, dass die Börsennutzungsentgelte durch den internationalen Wettbewerb determiniert seien, siehe ders., Die neue Struktur des deutschen Börsenwesens, WM 1993, 1275. Vgl. auch Lorenz, Wertpapierbörse, S. 126 f.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.723. 135 Hätte der Börsengesetzgeber das gewollt, so hätte er eine rein-staatliche Organisationsform bereitstellen müssen für den Fall, dass sich kein privates Unternehmen (mehr) bereit fände, die Rolle als Trägerunternehmen zu übernehmen. Das hat er nicht getan, der Börsenbetrieb kann also gerade nicht unter allen Umständen sicher-

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mangelndes Engagement, das angesichts der Konkurrenzsituation über kurz oder lang zum Niedergang der Börse führen würde, aus der Wahrnehmungsverantwortung stehlen können. Vielmehr ist die zeitliche Grenze der gesetzlichen Betriebsaufgabe erst da erreicht, wo bei ordnungsgemäßer unternehmerischer Anstrengung keine Rentabilität und schließlich auch keine Kostendeckung mehr zu erzielen ist. Da dies frühestens der Fall sein kann, wenn aufgrund einer Veränderung der ökonomischen Gegebenheiten im Börsendienstleistungsmarkt kein nennenswerter Bedarf gerade nach einer inländischen Börsenbereitstellung mehr besteht, kann die öffentliche Aufgabe zutreffend frühestens dann enden, wenn eine inländische Börsenbereitstellung unter dem Gesichtspunkt der Kapitalmarktfunktionalität gesamtökonomisch nicht mehr unverzichtbar ist. 3. Die strukturellen Spezifika des börslichen Betreibermodells und ihre Aufgabenrelevanz

Die öffentliche Aufgabe beinhaltet demnach die inländische Börsenbereitstellung in möglichst qualitativ hochwertiger und kostengünstiger Form solange irgend kostendeckend möglich. Genau das fasst der Gesetzgeber in seinem Auftrag zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Börsen zusammen. Erforderlich ist also ein gleichsam unternehmerisches Angebotsund Produktionsverhalten der Börsenbetreiber, die sich im Selbsterhaltungsinteresse um eine nachhaltige Konkurrenzfähigkeit und damit Nutzergerechtigkeit bemühen sollen. Hierzu überträgt der Gesetzgeber die Aufgabe des Börsenbetriebs auf die Börsenanstalten zur eigenverantwortlichen, gemäß § 1 Abs. 4 BörsG 2002 (= § 3 Abs. 1 BörsG 2007) fachweisungsfreien Wahrnehmung136 und schafft hiermit die Grundvoraussetzung unternehmerischen Agierens.137 Allerdings hat eine Anstalt öffentlichen Rechts mangels pekuniärer Leistungsgestellt werden, vgl. insoweit zutreffend Zahn, Selbstverwaltung und Staatsgewalt im Börsengeschehen, AG 1978, 1 (4 r. Sp.). Demgegenüber im Sinne einer unbedingten staatlichen Wahrnehmungsverantwortung Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2407 mit Fn. 78); selbstwidersprüchlich auch Zahn, Selbstverwaltung und Staatsgewalt im Börsengeschehen, AG 1978, 1 (4 l. Sp.), der für die Börse selbst bei einer eventuellen Trägerauflösung eine „Pflicht zum Fortbestehen“ annimmt, aber offen lässt, wie dies in Abwesenheit eines Trägerunternehmens geschehen soll. Für eine Existenzpflicht der Börse auch Laule, Die Umstrukturierung der Frankfurter Wertpapierbörse, FS Heinsius 1991, S. 437 (451). 136 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 32, S. 50; Kümpel, Zur öffentlichrechtlichen Organisation der deutschen Wertpapierbörsen, BKR 2003, 3 (9). 137 Vgl. Laule, Die Umstrukturierung der Frankfurter Wertpapierbörse, FS Heinsius 1991, S. 437 (443). Generell zur Eignung der rechtsfähigen Anstalt als Organisationsform für eigenverantwortlich auszuführende betriebliche Aufgaben Bohn, An-

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anreize grundsätzlich ein wenig ausgeprägtes Eigeninteresse, diesen Gestaltungsspielraum tatsächlich zu einem wettbewerblichen Angebots- und Produktionsverhalten zu nutzen.138 Dieses Anreizproblem versucht der Börsengesetzgeber durch die spezifische Ausgestaltung der anstaltlichen Organisationsform – binnenplurale Willensbildung im Börsenrat, Heranziehung eines privaten Trägerunternehmens sowie dessen Residualgewinnberechtigung – zu beheben: a) Binnenplurale anstaltliche Willensbildung Nach § 9 Abs. 1 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 1 BörsG 2007) ist der Börsenrat mit Vertretern aller unmittelbaren wie mittelbaren Börsennutzergruppen zu besetzten, also mit Vertretern der Handelsteilnehmer, der Emittenten sowie der (Privat-)Anleger. Dem Börsenrat als zentralem Willensbildungsorgan obliegen gemäß § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BörsG 2007) der Erlass der börslichen Regelwerke sowie die Wahl der Börsengeschäftsführung. Er wirkt überdies an der Besetzung der Handelsüberwachungsstelle sowie des Sanktionsausschusses mit139 und entscheidet gemäß § 9 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 2 BörsG 2007) zusammen mit der Börsengeschäftsführung über die Einführung neuer Handelssysteme. Über den Börsenrat können die Nutzer der Börsendienstleistung mithin zentralen Einfluss auf deren regulatorische wie auch infrastrukturelle Ausgestaltung nehmen.140 Dabei verspricht sich der Börsengesetzgeber von der Beteiligung aller Betroffenen eine bedarfsgerechte und damit zugleich zielkonforme Ausgestaltung der Börsendienstleistung.141 stalt, S. 125; Breuer, Die öffentlichrechtliche Anstalt, VVDStRL 44 (1986), 211 (227 f.); Lange, Die öffentlichrechtliche Anstalt, VVDStRL 44 (1986), 169 (192 f.). 138 Vgl. Bodanowitz, Organisationsformen, S. 112 f. Zu möglichen Elementen einer leistungsabhängigen Vergütung von Führungskräften bei öffentlichen Unternehmen Scholz/Pitschas, Gemeindewirtschaft zwischen Verwaltungs- und Unternehmensstruktur, S. 126 ff., 136 f. sowie zur tatsächlichen Verbreitung dieser Instrumente Greiling, Öffentliche Trägerschaft oder öffentliche Bindung von Unternehmen?, S. 108 mit Fn. 19. 139 § 4 Abs. 2 S. 1 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 BörsG 2007); § 20 Abs. 1 BörsG 2002 (= § 22 Abs. 1 BörsG 2007) i. V. m. den einschlägigen Rechtsverordnungen der Länder, vgl. z. B. § 2 Abs. 2 S. 3 hess. Sanktionsausschussverordnung. 140 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 12, S. 31; Rn. 32, S. 51. 141 Vgl. RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, 62 f.; Mues, Börse, S. 165 sowie allgemein zu dieser mit dem Binnenpluralismus verbundenen Erwartung Augsberg, Rechtsetzung, S. 102 f.; Lange, Die öffentlichrechtliche Anstalt, VVDStRL 44 (1986), 169 (195). Inwieweit diese Hoffnung im Börsenwesen begründet ist, dazu eingehend Teil 3, Abschnitt 3, A. I. 2. b), S. 429 ff.

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b) Residualgewinnberechtigung des privaten Trägerunternehmens: Eigenunternehmerische Anreiz- und Finanzsituation Die Gestaltungsvorgaben des Börsenrates umzusetzen ist nach § 12 BörsG 2002 (= § 15 BörsG 2007) Aufgabe der Börsengeschäftsführung. Ihr obliegt es, für die eigentliche Produktion der Börsendienstleistung zu sorgen, indem sie den Betrieb der erforderlichen Infrastrukturen veranlasst142 sowie für den laufenden Vollzug der Regelwerke sorgt.143 Während letzteres der hoheitlichen Wahrnehmung durch die Anstaltsorgane vorbehalten bleibt, überträgt das Börsengesetz den technisch-infrastrukturellen Betrieb einschließlich der vorgelagerten Mittelbeschaffung auf das private Trägerunternehmen. Dieses unterliegt, anders als die Anstalt, keinen haushaltsrechtlichen Beschränkungen und verfügt daher über die Möglichkeit der Gewinnthesaurierung. So kann es Vorsorge für die langfristige Investitionspolitik betreiben, wie sie zur nachhaltigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Anstaltsbörse unerlässlich ist.144 Der vom Trägerunternehmen zu diesem Zwecke als Teil seiner Vergütung einforderte Gewinnanteil kann nunmehr zulässigerweise in die Höhe der anstaltlichen Gebührenforderung eingerechnet werden.145 Außerdem verbindet sich auch im börslichen Betreibermodell mit der funktionalen Privatisierung die Hoffnung, der Private werde aufgrund seiner größeren Marktnähe sowie seiner größeren Flexibilität namentlich in Personal-, Beschaffungs- und Finanzierungsfragen für eine gesteigerte Effizienz im Produktionsbereich sorgen.146 Allerdings würde die schlichte Ausgliederung der Betriebstätigkeit auf ein privates Unternehmen ein neues Anreizproblem schaffen, fehlen doch der Anstalt wie soeben gezeigt Sachverstand und Marktnähe, um detaillierte 142

Vgl. Mues, Anmerkungen zum Börsengesetz, ZBB 2001, 353 (357). Kümpel, Zur öffentlichrechtlichen Organisation der deutschen Wertpapierbörsen, BKR 2003, 3 (7). 144 Laule, Die Umstrukturierung der Frankfurter Wertpapierbörse, FS Heinsius 1991, S. 437 (449): Fehlende Thesaurierungsmöglichkeit war wesentlicher Grund für die Ablösung der IHK Frankfurt am Main als Träger der FWB durch die FWB AG (heute Deutsche Börse AG). Vgl. auch Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (554); Lorenz, Wertpapierbörse, S. 63. 145 Vgl. OVG Münster, Urteil v. 15. Dezember 1994, DVBl. 1995, 1147; Brüning, Der Private bei der Erledigung kommunaler Aufgaben, S. 194 f.; Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 357 f.; Louis, Kommunale Abwasserbeseitigung, S. 28. 146 So wohl Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 12, S. 31, wenn er von der Nutzbarmachung des privaten Unternehmertums für die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe spricht. Allg. zu diesem Motiv für die Wahl des Betreibermodells Kirchhoff/MüllerGodeffroy, Finanzierungsmodelle für kommunale Investitionen, S. 99 f.; Engstler, Privatisierung öffentlicher Abwasserbeseitigungsanlagen in Niedersachsen, Gemeindehaushalt 1987, 109 (112); vgl. auch Bodanowitz, Organisationsformen, S. 109 ff. mit kritischer Analyse. 143

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Leistungsanforderungen auszusprechen und sodann zu kontrollieren.147 So ist die Aufgabe des Trägerunternehmens in der Praxis nicht die Bereitstellung spezifischer Einzelgegenstände, vielmehr besteht seine Rolle in einer technisch-infrastrukturellen Gesamtbetriebstätigkeit für die Börse.148 Je umfassender und komplexer aber die überlassenen funktionalen Teilbeiträge werden, desto weniger kann der öffentliche Aufgabenträger für eine Beurteilung der Leistungsqualität und der hierfür vom Verwaltungshelfer in Rechnung gestellten Kosten auf einen Vergleichsmarkt zurückgreifen.149 So könnte die Anstalt zwar Qualität und Kosten für die Bereitstellung eines bestimmten elektronischen Handelssystems zumindest durch die Einholung von Vergleichsangeboten der inzwischen zahlreichen IT-Drittanbieter kontrollieren, nicht aber gilt das für so weitgefasste Aufgaben wie den „technisch-infrastrukturellen Börsenbetrieb“ oder „die Mittelbeschaffung“ in ihrer Gesamtheit. Die hieraus resultierende Informationsasymmetrie zwischen Anstalt und Trägerunternehmen gäbe Letzterem erheblichen Spielraum für opportunistisches Verhalten.150 So wäre es im eigenen Gewinnmaximierungsinteresse zwar um Effizienzsteigerung im Produktionsbereich bemüht, erzielte Kostenvorteile würde es aber der Anstalt nicht oder nicht vollständig offenbaren.151 Das natürliche Gewinnmaximierungsstreben des Träger147 Siehe oben S. 157. Neben den dortigen Nachweisen vgl. auch zweifelnd zu den Möglichkeiten einer effektiven staatlichen Steuerung bei Kooperationsverhältnissen mit „professionalisiertem privatem Sachverstand“ Trute, Selbstregulierung und staatliche Steuerung, DVBl. 1996, 950 (961). 148 Vgl. U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (27); Christoph, Börsenrechtliche Zulässigkeit, ZBB 2005, 82 (84): „[. . .] obliegt es dem Börsenträger [. . .] die Börse wirtschaftlich zu betreiben.“ 149 Zur Relevanz des Vergleichsmarktes als Mittel der Leistungsbewertung und -kontrolle im Betreibermodell Bodanowitz, Organisationsformen, S. 149 f.; Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 172 i. V. m. 271; vgl. auch Brüning, Der Private bei der Erledigung kommunaler Aufgaben, S. 144. 150 Vgl. allgemein zu dieser Problematik im herkömmlichen Betreibermodell Bodanowitz, Organisationsformen, S. 150 f.; Brüning, Der Private bei der Erledigung kommunaler Aufgaben, S. 175. Es handelt sich hierbei um ein klassisches PrinzipalAgent-Problem, in dem die wirtschaftlichen Folgen eines bestimmten Verhaltens des Betreibers nicht diesen, sondern den öffentlichen Aufgabenträger treffen. Infolge seiner unzureichenden Informationsmöglichkeiten wird letzterer ausbeutbar, der Betreiber kann sich auf dessen Kosten bereichern – institutionenökonomisch gesprochen kann er sich die „Tauschrente“ des Beauftragungsverhältnisses vollständig aneignen, vgl. allgemein zur Prinzipal-Agent-Problematik im Zusammenhang mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben Greiling, Öffentliche Trägerschaft oder öffentliche Bindung von Unternehmen?, S. 105 ff. Die im börslichen Betreibermodell angelegten strukturellen Informations- und Kontrolldefizite außer Acht lassend sieht demgegenüber Mues, Börse, S. 113 vielmehr das Trägerunternehmen in der Gefahr, von der Anstalt ausgebeutet zu werden. 151 Dieses Verhalten kann auch als klassisches Monopol-Preissetzungsverhalten gedeutet werden, befindet sich doch der Private im Betreibermodell stets in einer

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unternehmens würde also dem gesetzlichen Auftrag zur möglichsten Funktionalität der Börsendienstleistung entgegenlaufen, welche, wie oben gezeigt, durch eine hohe Marktqualität zu geringstmöglichen Börsennutzungsentgelten gekennzeichnet ist.152 Das Börsengesetz löst dieses Anreizproblem, indem es das Trägerunternehmen zum Residualgewinnberechtigten der Börsendienstleistung macht. Zwar setzt die Anstalt in der Gebührenordnung nach § 14 BörsG 2002 (= § 17 BörsG 2007) die Handels- und Zulassungsentgelte fest und ist auch Gebührengläubigerin,153 intern steht aber nach einem unangefochtenen börsengewohnheitsrechtlichen Grundsatz das gesamte Gebührenaufkommen dem Trägerunternehmen zu.154 Da es auch den gesamten Betriebsaufwand trägt, verbleibt ihm der Gewinn aus der Börsendienstleistungstätigkeit.155 Der Gesetzgeber schafft damit genau diejenige Struktur, welche die Institutionenökonomik für Fälle der Teamproduktion mit Leistungskontrollschwierigkeit als wohlfahrtsoptimierend identifiziert: Nämlich eine Struktur, in welcher demjenigen Teampartner mit der besten Kontrollmöglichkeit und (temporären) Monopol-Anbietersituation gegenüber dem öffentlichen Aufgabenträger, vgl. nur Bodanowitz, Organisationsformen, S. 149 f.; Louis, Kommunale Abwasserbeseitigung, S. 33. 152 Einen strukturell unauflöslichen Interessenkonflikt im börslichen Betreibermodell diagnostizieren daher U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (30); Schlüter, Börsenhandelsrecht, G II 2 e), Rn. 210. Im Grundsatz ebenso Mues, Börse, S. 112 f., der den Interessenkonflikt in der gegenwärtigen Börsenpraxis nur dadurch behoben sieht, dass Anstalts- und Trägerunternehmensinteressen infolge personeller Verflechtung identisch seien, a. a. O., S. 114 f. Ähnlich offenbar Köndgen, Entzug der Börsenzulassung, FAZ v. 22. August 2000, S. 32. 153 Schwark-Schwark, § 14 BörsG Rn. 5. 154 Schwark-Schwark, § 14 BörsG Rn. 5. Vgl. im Ergebnis ebenso Beck, Erwerbswirtschaftliche Betätigung, WM 1996, 2313 (2316); Breitkreuz, Börse, S. 131; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.298; Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 100; Lorenz, Wertpapierbörse, S. 89 f.; Schäfer-Peterhoff, § 5 BörsG Rn. 9; Wiede, Die Börse als verwaltungsrechtliches Problem und Rechtsinstitut, S. 63. Diese Autoren gehen indes zu weit, wenn sie das Trägerunternehmen auch zum öffentlich-rechtlichen Gebührengläubiger machen wollen. Das wäre allenfalls dann möglich, wenn das Trägerunternehmen mit der Gebührenhoheit beliehen wäre. Eine solche Beleihung wird in manchen Fällen der Verwaltungshilfe nach funktionaler Privatisierung zwar praktiziert, bedarf aber jedenfalls eines ausdrücklichen Beleihungsaktes des Privaten, der wiederum nur auf gesetzlicher Grundlage erfolgen kann, vgl. Burgi, Funktionale Privatisierung, 105; Steiner, Straßenbau durch Private, NJW 1994, 3150 (3151). Im Börsengesetz ist hiervon keine Rede, worauf zutreffend Schwark-Schwark, § 14 BörsG Rn. 5 hinweist. 155 Vgl. auch Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, 19 (42), der offenbar diesen Sachverhalt meint, wenn er darauf hinweist, dass das Trägerunternehmen letztlich das wirtschaftliche Gesamtrisiko der Börsenveranstaltung trage.

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zugleich dem größten Anreizproblem – beides bedingt sich gegenseitig, soweit es um die Überwachung des eigenen Leistungsbeitrags geht – der Residualgewinn verbleibt.156 Das Trägerunternehmen wird dadurch im wirtschaftlichen Sinn zum eigentlichen Prinzipal der Börsendienstleistungstätigkeit.157 Unangetastet von dieser ökonomischen Verschiebung bleibt indes die rechtliche Verantwortungsstruktur, an deren Spitze verfassungsrechtlich zwingend die Anstalt steht. Infolge seiner Residualgewinnberechtigung hat das Trägerunternehmen fortan ein unternehmerisches Eigeninteresse am langfristigen Erhalt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Anstaltsbörse,158 so dass ein Interessengleichlauf mit dem öffentlichen Betriebs- und Fortentwicklungsinteresse hergestellt ist.159 Die Interessenlage des Trägerunternehmens entspricht damit derjenigen eines idealtypischen, wirtschaftlich wie rechtlich selbständigen Börsenbetreiberunternehmens, welche im Weiteren verkürzend als eigenunternehmerische Interessensituation bezeichnet werden soll. Das Trägerunternehmen hat hierbei nicht nur den erforderlichen Anreiz, seine Betriebstätigkeit möglichst kostengünstig, sondern auch möglichst gut zu erbringen und Effizienzgewinne im Produktionsbereich an die Anstalt zum Zwecke einer wettbewerbsgerechten Gebührensenkung weiter156

Barzel, The Entrepreneur’s Reward for Self-Policing, Economic Inquiry 25 (1987), 103 ff.; Voigt, Institutionenökonomik, S. 101. 157 Vgl. Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2530): Trägerunternehmen wird „wirtschaftlich zum Herrn der Börse“; ähnlich Kümpel, Zur öffentlichrechtlichen Organisation der deutschen Wertpapierbörsen, BKR 2003, 3 (6) sowie ders./Hammen, Börsenrecht, S. 123 f.: „Wirtschaftliches Management der Börse durch Börsenträger“. 158 Das gilt auch, wenn das Trägerunternehmen börsennotiert ist und das Management der Maximierung des shareholder value verpflichtet ist. Hierunter ist die Maximierung des Unternehmenswertes als Barwert zukünftiger Cash Flows zu verstehen, vgl. Spremann, Wirtschaft, Investition und Finanzierung, S. 459. Es geht mithin um die nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes und hierzu um die langfristige Gewinnmaximierung, vgl. Peltzer, Vorstand/Board, S. 223 (241). Auch eine Orientierung am Aktienkurs ist hierbei unschädlich, spiegelt der doch grundsätzlich eben diesen langfristigen Unternehmenswert wider, vgl. Franke/Hax, Finanzwirtschaft, S. 368 ff. und insbesondere S. 370. 159 Vgl. auch Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 18 S. 38 bei Fn. 142 sowie ders., Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, S. 19 (42); Lorenz, Wertpapierbörse, S. 101; Schwark-Schwark, § 12 BörsG Rn. 3, S. 149, die in der Interessenkongruenz von Anstalt und Trägerunternehmen einen Grund für die bisherige reibungslose Funktionsfähigkeit deutscher Börsen erkennen. Im Gegensatz zum hier vertretenen Ansatz wird aus dieser Feststellung aber keine normative Konsequenz im Sinne zu erhaltender struktureller Richtigkeitsgewährvoraussetzungen gezogen. A. A. Schlüter, Börsenhandelsrecht, G II 2 e), Rn. 210, nach dem die deutschen Börsen nicht wegen, sondern vielmehr trotz des Gewinnerzielungsinteresses der Trägerunternehmen (noch) gut funktionieren.

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zugeben.160 Soweit Gesetz und anstaltliche Gestaltungsvorgaben ihm dazu Raum lassen, wird es Innovationen im technisch-infrastrukturellen Bereich unter Vornahme der entsprechenden Investitionen eigeninitiativ umsetzen. Ist das – wie etwa bei der Einführung einer grundlegend neuen Handelstechnologie, worüber nach § 9 Abs. 2 S. 2 BörsG (= § 12 Abs. 2 S. 2 BörsG 2007) die Anstalt durch Börsenrat und -geschäftsführung zu beschließen hat – nicht der Fall, so wird das Trägerunternehmen seine Gestaltungsvorschläge zur Entscheidung an die Anstalt weitergeben.161 Entsprechendes gilt für Geschäftsideen, die, wie beispielsweise die Einrichtung qualifizierter Subsegmente im Amtlichen oder Geregelten Markt nach §§ 42, 50 Abs. 3, 54 S. 2 BörsG 2002 (= § 42 BörsG 2007), regelnder Maßnahmen bedürfen. Bei alledem hat das Trägerunternehmen stets das erforderliche Eigeninteresse an der unternehmerisch gebotenen Reinvestition von Gewinnen, also über die (theoretisch) erzwingbaren Ersatz-, Erweiterungs- und Modernisierungsinvestitionen hinausgehend auch und gerade zur Vornahme echter Innovationsinvestitionen. Zugleich bewirkt das Zufließen des gesamten Gebühreneinkommens, dass die für eine langfristige Investitionspolitik erforderlichen Mittel vorhanden sein können:162 Es ergibt sich so im börslichen Betreibermodell der idealtypische „geschlossene“ Mittelkreislauf eines Unternehmens, in welchem aus dem Absatzerlös der fortlaufende Betriebsaufwand einschließlich der Abschreibungen auf den gegenwärtigen Produktionsmittelbestand, eines angemessen Unternehmerlohns und Kapitalverzinsung – marktübliche Ausschüttungen an Aktionäre sind also unschädlich! – gedeckt werden und im Übrigen eine Gewinnthesaurierung zu Investitionszwecken erfolgt.163 Da diese Situation regelmäßig beim wirtschaftlich selbständigen, für „eigene Rechnung“ operierenden Unternehmensträger gegeben ist, soll sie im Weiteren verkürzend als eigenunternehmerische Finanzsituation apostrophiert werden. Bei ihrem Vorliegen ist, solange nach den Marktgegebenheiten ein gewinnbringender Börsenbetrieb im Inland überhaupt möglich ist, auch der tatsächliche Betrieb und dessen Fortentwicklung durch entsprechende Inves160 Zu beidem fehlt der Anreiz im klassischen Betreibermodell, vgl. Bodanowitz, Organisationsformen, S. 114, S. 149 f. 161 Vgl. zur Börsenpraxis nur Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 18, S. 38 mit Fn. 141; Lorenz, Wertpapierbörse, S. 101. 162 Göppert, Das Recht der Börsen, S. 85. 163 Vgl. nur Perridon/Steiner, Finanzwirtschaft der Unternehmung, S. 464 f. Beispielhaft hierfür die Regelung in § 14 Gebührenordnung der Hanseatischen Wertpapierbörse Hamburg: „Die nach Maßgabe dieser Gebührenordnung erhobenen Gebühren und Auslagen stehen dem Träger der Börse zu. Sie sind bei dem Träger der Börse gesondert auszuweisen und dürfen ebenso wie etwa angefallene Erträgnisse aus diesen Einkünften nur für diese Zwecke der Börse Verwendung finden“.

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titionen gewährleistet. Die Leistungsfähigkeit des Trägerunternehmens endet damit im Normalfall erst dann, wenn aufgrund der Marktlage bei aller unternehmerischen Anstrengung kein gewinnbringender und zuletzt auch kein kostendeckender Börsenbetrieb mehr möglich ist, wobei der Gesetzgeber das normale Risiko unternehmerischer Fehler als in der gewählten Konstruktion unvermeidlich hinnimmt. Ist die Grenze der Kostendeckung erreicht und wird der Träger insolvent, so endet notgedrungen der Börsenbetrieb, und die Börsenaufsichtsbehörde hat nach § 1 Abs. 1 S. 2 BörsG 2002 (= § 4 Abs. 5 BörsG 2007) die Aufhebung der Börse anzuordnen.164 Dann ist aber, wie oben unter 2. gezeigt, grundsätzlich auch das Ende der öffentlichen Betriebsaufgabe erreicht.165 Zeitlicher Umfang der (abstrakten) öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe und Lebensdauer der jeweiligen (konkreten) Börse sind damit in Kongruenz gebracht. 4. Zwischenergebnis und weiterer Gang der Untersuchung

Sind mit der binnenpluralen anstaltlichen Willensbildung sowie der Einschaltung eines residualgewinnberechtigten privaten Trägerunternehmens die für die spezifische Aufgabenadäquanz des börslichen Betreibermodells maßgeblichen Strukturmerkmale herausgearbeitet, so ist im Weiteren zu untersuchen, ob und gegebenenfalls inwieweit die Funktionsfähigkeit dieser Mechanismen beeinträchtigt wird, wenn das Trägerunternehmen unter dem Dach einer internationalen Börsenholding konzerniert wird. Unter IV. werden dabei zunächst mögliche (mittelbare) Verfälschungen der anstaltlichen Willensbildung untersucht. Sodann werden unter V. die Auswirkungen einer Konzernierung auf die Anreizsituation des Trägerunternehmens sowie schließlich unter VI. eventuelle Veränderungen der gesetzlich vorausgesetzten Finanzsituation des Trägerunternehmens betrachtet. IV. Binnenplurale anstaltliche Willensbildung und Trägerkonzernierung Von der binnenpluralen Zusammensetzung des Börsenrates gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) verspricht sich der Gesetzgeber eine bedarfsgerechte und damit zugleich der Kapitalmarkt164 Ganz h. M., vgl. Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 20; Groß, § 1 BörsG Rn. 15; Lorenz, Wertpapierbörse, S. 135 f.; Schäfer-Peterhoff, § 1 BörsG Rn. 6; Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2404); Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 22. 165 Siehe S. 164.

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

funktionalität dienliche Ausgestaltung der Börsendienstleistung. Dabei setzt die Funktionsfähigkeit dieses Richtigkeitsgewährmechanismus voraus, dass ausschließlich die durch das Börsengesetz und die hierauf beruhenden Länderverordnungen166 zur Mitbestimmung berufenen Gruppeninteressen in die ratsinterne Willensbildung einfließen, und dass sich die vom Börsenrat formulierten Gestaltungsvorgaben sodann ebenso unverfälscht im laufenden Börsenbetrieb niederschlagen. 1. Verfälschungsrisiko bei Trägerkonzernierung?

Eine Verfälschung dieses anstaltsinternen Richtigkeitsgewährmechanismus infolge eines Vorgangs im Trägerunternehmen ist allerdings nur dann denkbar und näher zu betrachten, wenn das Trägerunternehmen im börslichen Betreibermodell auf die ratsinterne Willensbildung bzw. deren Umsetzung durch die Börsengeschäftsführung Einfluss nehmen kann. Ist das der Fall, so kann eine eventuelle Veränderung der Interessen des Trägerunternehmens grundsätzlich auch für die Richtigkeitsgewähr bei der anstaltlichen Willensbildung relevant werden. Nun hat das Trägerunternehmen keinerlei rechtlich formalisierte Einflussmöglichkeit auf die anstaltliche Willensbildung: Es ist im Börsenrat nicht vertreten und hat auch sonst weder bezüglich der börslichen Regelwerke noch bei der Besetzung der Börsenorgane ein gesetzlich verankertes Mitspracherecht.167 Das Trägerunternehmen kann allenfalls durch unverbindliche Anregungen auf die anstaltliche Willensbildung einwirken.168 Allerdings ist die Börsenpraxis bislang von einer engen personellen Verflechtung zwischen Anstalt und Trägerunternehmen geprägt.169 Zwar nimmt 166 Vgl. § 10 Abs. 3 BörsG 2002 (= § 13 Abs. 4 BörsG 2007), welcher die Landesregierungen zum Erlass von Rechtsverordnungen über die Wahl der Börsenräte ermächtigt und dabei insbesondere zur Regelung der genauen Zusammensetzung des Rates im Rahmen der Vorgaben des § 9 Abs. 1 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 1 BörsG 2007) autorisiert. 167 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 15, S. 35 f.; Breitkreuz, Börse, S. 149; Groß, § 1 BörsG Rn. 11; Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (550); Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.293; Kümpel, Zur öffentlichrechtlichen Organisation der deutschen Wertpapierbörsen, BKR 2003, 3 (6); Laule, Die Umstrukturierung der Frankfurter Wertpapierbörse, FS Heinsius 1991, S. 437 (444); Wiede, Die Börse als verwaltungsrechtliches Problem und Rechtsinstitut, S. 61. Kritisch hierzu neuerdings Kümpel/Hammen, Börsenrecht, 117 f. sowie Christoph, Börsenkooperationen, S. 163 f., die de lege ferenda Sitz und Stimme des Trägerunternehmens im Börsenrat verlangen. 168 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 18, S. 38; Köndgen/Mues, Zwangslizenz für XETRA?, WM 1998, 53 (57); Lorenz, Wertpapierbörse, S. 67.

Abschnitt 2: Betreiberkonzernierung

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diese Verflechtung auf Ebene des Börsenrates, wo die wahlberechtigten Unternehmen aus der Nutzergruppe der Handelsteilnehmer jahrelang zugleich die dominierenden Anteilseigner des Trägerunternehmens waren,170 heute in dem Maße ab, wie sich die Anteilseignerstruktur der zwischenzeitlich selbst börsennotierten Trägerunternehmen diversifiziert und die personelle Deckungsgleichheit so verloren geht.171 Fast durchweg besteht jedoch weiterhin eine Personalunion zwischen den Leitungsorganen des Trägerunternehmens und der Börsengeschäftsführung.172 Das Gesetz ist hierfür grundsätzlich offen, schränkt § 12 BörsG 2002 (= § 15 BörsG 2007) doch den Kreis derjenigen Personen, die zum Geschäftsführer bestellt werden können, in keiner Weise ein.173 Eine solche „Fremdorganschaft“ im Geschäftsführungsorgan funktionaler Selbstverwaltungsträger ist durchaus gebräuchlich und verfassungsrechtlich unbedenklich.174 Allerdings propagieren Teile der Literatur für Vorstandsmitglieder des Trägerunternehmens einen ungeschriebenen Ausschlussgrund, denn es komme angesichts der Zuständigkeit der Börsengeschäftsführung für die anstaltlichen Leistungsanforderungen gegenüber dem Trägerunternehmen nach § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) zu einem unvermeidlichen Interessenkonflikt, der entsprechend § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 (L)VwVfG zum Aus169 Breitkreuz, Börse, S. 149 f.; Köndgen/Mues, Zwangslizenz für XETRA?, WM 1998, 53 (57); Schlüter, Börsenhandelsrecht, G II 2 e), Rn. 210. 170 Vgl. Köndgen/Mues, Zwangslizenz für XETRA?, WM 1998, 53 (57); Mues, Börse, S. 114. Er konnte noch im Jahr 1999 feststellen, dass der Börsenrat „eine deutliche Dominanz solcher Mitglieder auf(weise), die die Interessen der Betreibergesellschaft wahrnehmen oder diesen zumindest nahestehen“. Tatsächlich setzte sich die Anteilseignerstruktur der Deutsche Börse AG noch in 2000 zu weit über 80% aus Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten zusammen, welcher zugleich als Nutzergruppe der Handelsteilnehmer (Kreditinstitute, Wertpapierhandelsbanken, Finanzdienstleistungsinstitute und sonstige Unternehmen) gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 1 S. 3 BörsG 2007) bis zu 50% der Börsenratssitze (je nach Ausgestaltung der Börsenordnungen) zukommen, vgl. zur Anteilseignerstruktur in 2000 Becker, Eigner der Deutschen Börse legen sich nicht fest, Börsen-Zeitung v. 25. August 2000, S. 3. 171 Vgl. Schlüter, Börsenhandelsrecht, G II 2 e), Rn. 210. Zur Anteilseignerstruktur etwa der Deutsche Börse AG vgl. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2005, S. 91. 172 Breitkreuz, Börse, S. 150; Schlüter, Börsenhandelsrecht, G II 2 e), Rn. 210: Personalunion von Börsengeschäftsführung und Trägerunternehmensvorstand an sämtlichen deutschen Börsen (Stand 2002). 173 Vgl. Breitkreuz, Börse, S. 143: Auch in den Börsenordnungen keine einschränkenden Regelungen. § 15 Abs. 1 BörsG 2007 stellt mit Zuverlässigkeit und fachlicher Eignung nunmehr allerdings qualitative Anforderungen. 174 Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 474 m. w. N. „Fremdorganschaft“ meint in diesem Zusammenhang, dass die Geschäftsführungsorgane nicht einer der zur internen Mitbestimmung im Willensbildungsorgan berufenen Gruppen angehören müssen.

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

schluss der Trägervorstandsmitglieder von der Börsengeschäftsführung führen müsse.175 Formal überzeugend, greift diese Begründung im börslichen Betreibermodell aber gerade nicht, besteht hier doch grundsätzlich der strukturell verankerte Interessengleichlauf zwischen Anstalt und Trägerunternehmen:176 Ebenso wie die Anstalt strebt auch das Trägerunternehmen aufgrund seines unternehmerischen Eigeninteresses die möglichste Wettbewerbsfähigkeit der von ihm getragenen Börse an. Diese Anreizkompatibilisierung ersetzt im börslichen Betreibermodell weitestgehend den Mechanismus der anstaltlichen Leistungsanforderung und -kontrolle, bei welchem eine Personenidentität in der Tat schädlich wäre. Die Personalunion zwischen Börsengeschäftsführung und Vorstand des Trägerunternehmens ist somit im Grundsatz zulässig.177 Durch eine solche Personalunion kann das Trägerunternehmen auf die anstaltliche Willensbildung auf zwei Arten Einfluss erlangen. Diese ergeben 175 Breitkreuz, Börse, S. 152, 155: Systematische Gefahr der „Überberücksichtigung von Trägerinteressen“ in der anstaltlichen Willensbildung. Ihm folgend Christoph, Börsenkooperationen, S. 166 ff.; Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (10); vorsichtig zustimmend auch Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2526). Von einem inhärenten Interessenkonflikt gehen auch Lorenz, Wertpapierbörse, S. 133 sowie Schlüter, Börsenhandelsrecht, G II 2 e) Rn. 210 aus, ohne hieraus jedoch die Konsequenz einer Unzulässigkeit der Personalunion zu ziehen. 176 Vgl. Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 18, S. 38; Schwark-Schwark, § 12 BörsG Rn. 3. Entgegen Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (556) sowie Schlüter, Börsenhandelsrecht, G II 2 e), Rn. 210 besteht dieser grundsätzliche Interessengleichlauf auch und gerade dann, wenn die Anteilseignerstruktur des Trägerunternehmens nicht überwiegend aus Handelsteilnehmern der Börse besteht. Eine Dominanz von Handelsteilnehmern im Trägerunternehmen kann vielmehr sogar schädlich sein und den Gleichlauf zwischen Trägerinteresse und öffentlichem Interesse aufheben, indem das Trägerinteresse dann nämlich auf eine einseitige Bevorzugung dieser Personen gerichtet sein und zu einer Überberücksichtigung dieser Interessen in der anstaltlichen Willensbildung führen kann. Zu den misslichen Auswirkungen der Dominanz von Handelsteilnehmerinteressen näher unten Teil 3, Abschnitt 3, A. I. 2. b), S. 429 ff. 177 Vgl. Laule, Die Umstrukturierung der Frankfurter Wertpapierbörse, FS Heinsius 1991, S. 437 (452); Lorenz, Wertpapierbörse, S. 67 mit Fn. 522; SchwarkSchwark, § 12 BörsG Rn. 3; Wiede, Die Börse als verwaltungsrechtliches Problem und Rechtsinstitut, S. 65. Diese Personalunion wird offenbar auch von den Börsenaufsichtsbehörden unhinterfragt hingenommen, vgl. Kurth, Börsenkooperationen, sub „Organisatorische und zulassungsrechtliche Trennung“. Ursache und Wirkung werden allerdings verwechselt, wenn in der Literatur z. T. hervorgehoben wird, die Personalunion sei deshalb akzeptabel oder gar wünschenswert, weil sie den Interessengleichlauf zwischen Anstalt und Trägerunternehmen überhaupt erst herstelle. In diesem Sinne etwa Köndgen, Entzug der Börsenzulassung, FAZ v. 22. August 2000, S. 32 und ihm zustimmend Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (564); ähnlich Lorenz, Wertpapierbörse, S. 130.

Abschnitt 2: Betreiberkonzernierung

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sich aus der anstaltsinternen Kompetenzverteilung, die dem Börsenrat gemäß § 9 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 BörsG 2007) die regulatorische Ausgestaltung sowie grundlegende infrastrukturelle Entscheidungen vorbehält, während der Geschäftsführung gemäß § 12 BörsG 2002 (= § 15 BörsG 2007) die eigentliche Produktion der Börsendienstleistung in Konkretisierung und Umsetzung dieser Vorgaben obliegt.178 Nur auf diesen letzteren Bereich erlangt das Trägerunternehmen mit der in Personalunion ausgeübten Börsengeschäftsführung direkten Zugriff; es kann so beispielsweise bei der anstaltlichen Entscheidung für ein neues elektronisches Handelssystem dessen Ausgestaltung nach seinem unternehmerischen Ermessen bestimmen. Auf den vorgelagerten Bereich der ratsinternen Willensbildung kann das Trägerunternehmen hingegen allenfalls mittelbaren Einfluss erlangen, wenn und soweit der Geschäftsführung ein solcher möglich ist. Dafür lässt das Börsengesetz formell zwar einen relativ geringen Spielraum, wählt sich doch der Börsenrat gemäß § 9 Abs. 3 S. 2 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 3 S. 3 BörsG 2007) aus seiner Mitte einen eigenen Vorsitz, dem Vorbereitung und Leitung der Ratssitzungen obliegen.179 Anders als etwa dem Vorstand in der AG, der gemäß § 121 Abs. 1 AktG die Hauptversammlung einberuft und hierbei auch die Tagesordnung aufstellt,180 ist der Börsengeschäftsführung von Gesetzes wegen keine Einwirkungsmöglichkeit auf die Beschlussgegenstände des Börsenrates eröffnet.181 Sie ist auf informelle Vorschläge beschränkt, deren Einfließen in die ratsinterne Willensbildung in der Börsenpraxis allerdings dadurch gewährleistet ist, dass vor Ratssitzungen meist vorbereitende Sitzungen des Ratspräsidiums unter Teilnahme der Geschäftsführung stattfinden.182 Der inhaltliche Niederschlag in der Beschlussfassung hängt sodann vom Engagement und der Bereitschaft der Ratsmitglieder ab, Vorschläge der Geschäftsführung kritisch zu hinterfragen.183 Angesichts der Ehrenamtlichkeit des Börsenrates sowie des strukturell bedingten Kenntnisvorsprungs der Geschäftsführung dürfte de facto eine ganz erhebliche inhaltliche Einflussmöglichkeit der Geschäftsführung und mit ihr des Trägerunternehmens auf die ratsinterne Willensbildung anzunehmen sein.184 Sie findet 178 Schwark-Schwark, § 12 BörsG Rn. 1 („umfassende Leitungs- und Geschäftsführungskompetenz“) sowie im Einzelnen zu den Aufgabenbereichen der Geschäftsführung Rn. 4 f. 179 Vgl. Breitkreuz, Börse, S. 141; Schwark-Schwark, § 9 BörsG Rn. 11, 12. 180 Hüffer, § 124 AktG Rn. 2. 181 Die vom Gesetzgeber des 2. FMFG angestrebte Parallelität der börslichen Binnenverfassung zu derjenigen der Aktiengesellschaft ist daher nur von bedingter Tragweite, vgl. auch Schwark-Schwark, § 9 BörsG Rn. 1. 182 Vgl. Schwark-Schwark, § 9 BörsG Rn. 12. 183 Vgl. Kluth, Demokratische Legitimation in der funktionalen Selbstverwaltung, S. 17 (37 f.).

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

sich in der Börsenpraxis bestätigt, in der sich soweit ersichtlich die Gestaltungsvorstellungen des Trägerunternehmens stets durchsetzen konnten.185 Ist damit eine ganz erhebliche Einflussnahme des Trägerunternehmens sowohl auf die ratsinterne Willensbildung als auch auf deren Umsetzung in der laufenden Produktion der Börsendienstleistung möglich, so steht zugleich fest, dass eine Verfälschung dieses Richtigkeitsgewährmechanismus droht, sobald der Interessengleichlauf zwischen Anstalt und Trägerunternehmen aufgelöst wird. Wäre das Interesse des Trägerunternehmen nicht mehr auf die möglichste Wettbewerbsfähigkeit gerade der Anstaltsbörse gerichtet, so würde es – bewusst oder unbewusst – über die Börsengeschäftsführung nur noch objektiv zweitbeste Vorschläge in die ratsinterne Willensbildung einbringen, und der der Börsengeschäftsführung eröffnete Gestaltungsspielraum in der laufenden Börsendienstleistungsproduktion würde nicht mehr kongenial im Dienste größtmöglicher Wettbewerbsfähigkeit der Börse genutzt. 2. Sicherung durch börsenaufsichtsrechtliche Instrumente

Ob eine solche Veränderung der Interessenlage im Falle einer Konzernierung des Trägerunternehmens droht, wird im folgenden Abschnitt [V. 1 a)] eingehend untersucht. Die Frage kann hier zunächst dahinstehen, denn sollte eine Veränderung beim Trägerunternehmen anzunehmen sein, so kann deren Durchschlagen auf die anstaltliche Willensbildung und -umsetzung doch schlicht dadurch verhindert werden, dass der Börsenrat von seinem Recht zur vorzeitigen Abberufung der Börsengeschäftsführer nach § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2007) Gebrauch macht und eine neue, nicht mit dem Trägerunternehmen verbundene Geschäftsführung bestellt.186 Dabei bilden das konzernierungsbedingte Auftreten von Interessendivergenzen und die daraus folgende Gefahr für die Erfüllung der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe jedenfalls den – von der börsenrechtlichen Literatur in Anlehnung an § 84 Abs. 3 AktG geforderten187 – wichtigen Grund für die Abberufung. Aus gleichen Gründen muss 184 Lorenz, Wertpapierbörse, S. 67; Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (6). Vgl. allgemein zur relativ großen Einflussmacht der Geschäftsführungsorgane in der funktionalen Selbstverwaltung Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, S. 448; Kluth, Demokratische Legitimation in der funktionalen Selbstverwaltung, S. 17 (37 f.). 185 Breitkreuz, Börse, S. 192 mit Fn. 172. Vgl. auch Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 18, S. 38; Köndgen/Mues, Zwangslizenz für XETRA?, WM 1998, 53 (57); Lorenz, Wertpapierbörse, S. 101. Siehe auch oben S. 139. 186 Vgl. Schwark-Schwark, § 12 BörsG Rn. 3, S. 149. 187 Vgl. nur Schwark-Schwark, § 9 BörsG Rn. 16.

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auch die Börsenaufsichtsbehörde ihr nach § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2007) erforderliches Einvernehmen zur Abberufung erteilen.188 Die Personalunion und mit ihr die Einflussmöglichkeit des Trägerunternehmens auf die anstaltliche Willensbildung und -umsetzung wird damit beseitigt, das börsliche Betreibermodell wieder auf seine verflechtungsfreie Reinform zurückgeführt. Der Richtigkeitsgewährmechanismus der binnenpluralen anstaltlichen Willensbildung kann so vor Verfälschungen im Zuge der Trägerkonzernierung geschützt werden und bleibt wirksam.189 V. Eigenunternehmerische Anreizsituation des Trägerunternehmens und Konzernierung Wie oben gezeigt, verspricht sich der Gesetzgeber von der Heranziehung des privaten Trägerunternehmens Effizienz im Produktions- und Flexibilität im Finanzierungsbereich, wobei die Residualgewinnberechtigung des Trägerunternehmens ein eigenunternehmerisches Bemühen um die Wettbewerbsfähigkeit der Anstaltsbörse bewirken soll. Das hierbei vorausgesetzte unternehmerische Eigeninteresse, welches sich zum Zwecke der nachhaltigen Gewinnmaximierung auf den Unternehmenserhalt und die Wettbewerbsfähigkeit der angebotenen Dienstleistungen richtet,190 liegt auch in Kapitalgesellschaften vor, in welchen die Leitungsorgane ihr Verhalten – ungeachtet der allfälligen Verfolgung gewisser Privatinteressen – grundsätzlich am Gewinnmaximierungsinteresse der Anteilseigner ausrichten.191 188 Vgl. auch U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (33). 189 Bleibt der Börsenrat allerdings untätig, so besteht für die Börsenaufsichtsbehörde nur ein begrenzter Handlungsspielraum zur proaktiven Sicherung der öffentlichen Betriebsaufgabe: Sie kann die vorzeitige Abberufung eines Börsengeschäftsführers nicht einseitig bewirken, ist hierzu doch gemäß § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2007) jedenfalls die Entscheidung des Börsenrats erforderlich. Zu großzügig hinsichtlich der aufsichtsbehördlichen Handlungsmöglichkeiten ist daher die Formulierung bei Schwark-Schwark, § 12 BörsG Rn. 3, S. 149: „Die Börsenaufsichtsbehörde kann [. . .] im Rahmen ihres Ermessens für eine personelle Trennung [. . .] Sorge tragen.“ Allenfalls kann sie zum nächsten Bestellungstermin die Wieder- bzw. Erstbestellung von Vorstandsmitgliedern eines konzernierten Trägerunternehmens zum Börsengeschäftsführer durch Verweigerung ihres Einvernehmens verhindern. Für die Dauer von bis zu fünf Jahren, der nach § 12 Abs. 1 S. 3 BörsG 2002 (= § 15 Abs. 1 S. 4 BörsG 2007) maximal zulässigen Amtszeit der Börsengeschäftsführung, kann also nach einer Konzernierung des Trägerunternehmens die (dann schädliche) Personalunion fortbestehen. Zur hieraus zu ziehenden normativen Konsequenz gilt dann mutatis mutandis das unter V. 3., S. 210 f. Gesagte. 190 Church/Ware, Industrial Organization, S. 20; Hüffer, § 76 AktG Rn. 15 i. V. m. 13.

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

Soll nun untersucht werden, ob im Falle der Trägerkonzernierung eine Beeinträchtigung der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe im Sinne von § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2007) droht, so ist zunächst festzustellen, ob und gegebenenfalls welche negative Veränderung der unternehmerischen Interessenlage im Konzernierungsfall zu erwarten ist. Sodann ist zu untersuchen, ob eine solche Veränderung ihre rechtliche Relevanz durch eine positive Stellungnahme des Börsenrates zur Konzernierung gemäß § 9 Abs. 2 S. 4 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 4 BörsG 2007) verlieren kann (sogleich unter 1.). Ist das nicht der Fall, so ist zu prüfen, ob die Realisierung des konzernierungsbedingten Risikos jeweils situationsabhängig durch nachgängige konzern- oder börsenaufsichtsrechtliche Instrumente verhindert werden kann (unter 2.). Nur wenn das nicht möglich ist, dann ist zur Sicherung der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe die Gruppeneinbindung präventiv durch ein Erwerbsverbot nach § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2007) zu verhindern. Selbstverständlich gilt das aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nur dann, wenn die Gruppeneinbindung ein ähnlich hohes, systematisch angelegtes Risiko für die gesetzeskonforme Aufgabenwahrnehmung schaffen würde, wie dies etwa die in § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BörsG 2007) ausdrücklich genannte Unzuverlässigkeit eines bedeutenden Anteilseigners täte.192

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Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 1 III 3 a), S. 9. Zur Verfolgung möglicher Eigeninteressen und zu den Instrumenten der Anreizkompatibilisierung zwischen Gesellschafts- und Managementinteressen im Überblick von Werder, Ökonomische Grundfragen der Corporate Governance, S. 3 (7, 12 ff.). 192 Vgl. Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2524), der zutreffend darauf hinweist, dass nicht jedes noch so entfernte Risiko für die Wahrnehmung der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe ausreichen kann, um eine Trägerkonzernierung zu verhindern. Im Rahmen von § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2007) gilt vielmehr der allgemeine gefahrenabwehrrechtliche Grundsatz, dass nur ein Schadenseintritt von gewisser Wahrscheinlichkeit den Eingriff rechtfertigt, wobei an die Wahrscheinlichkeit allerdings um so geringere Anforderungen zu stellen sind, je schwerer der drohende Schaden ist, vgl. nur Tettinger/ Wank-Tettinger, § 35 GewO Rn. 30; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 77. Unerheblich ist grundsätzlich, wann der Schadenseintritt zu erwarten ist, sofern nur eine systematisch angelegte Möglichkeit dafür besteht, dass der Schaden in überschaubarer Zukunft eintreten kann und zu einer effektiven Gefahrenabwehr jetzt gehandelt werden muss, weil eine spätere Abwehr unmöglich ist, vgl. Schenke, a. a. O.

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1. Verfälschungsrisiko bei Trägerkonzernierung

a) Drohende Anreizveränderungen Im Falle der Gruppeneinbindung kann die Börsenholding mittels ihrer Anteilsmehrheit und des daraus resultierenden Einflusses auf die Leitungsorgane die Geschäftspolitik des Trägerunternehmens grundsätzlich an ihrem eigenen Interesse ausrichten. Dabei besteht das Interesse der Holdinggesellschaft selbstverständlich in der Maximierung ihrer Gewinne und äußert sich, da Holdinggesellschaften von den Gewinnausschüttungen ihrer abhängigen Gesellschaften profitieren, grundsätzlich in einem Interesse am größtmöglichen Erfolg des Beteiligungsunternehmens, hier also in einem Interesse am kommerziellen Erfolg der vom Trägerunternehmen betriebenen Börse.193 Holdinginteresse und idealtypisches Eigeninteresse des Trägerunternehmens widersprechen sich also nicht grundsätzlich. Allerdings steht hier die Gruppeneinbindung unter dem Dach einer Börsenholding zur Debatte, also einer Gesellschaft, die an den Betreiberunternehmen mehrerer direkter Konkurrenzbörsen – beispielsweise der Aktienkassabörsen A und B, wovon A-Börse die Anstaltsbörse sei – mehrheitlich beteiligt ist.194 Diese Gruppeneinbindung soll primär die Realisierung einer Strategie der Kostenführerschaft erlauben, indem sie insbesondere den Einsatz der gleichen Handelstechnologie an mehreren Börsen ermöglicht.195 Beschränkt sich das strategische Anliegen der Börsenholding hierauf, so wird sie das Produktionsverhalten der abhängigen Betreiberunternehmen in diesem Punkt einheitlich steuern. Im Übrigen würde sich das Gewinnmaximierungsinteresse der Holding aber nach wie vor in einem Interesse am größtmöglichen Erfolg beider selbständig fortbestehender Börsen A und B äußern196 und dementsprechend unverändert bliebe auch die Anreizsituation der abhängigen Betreiberunternehmen.197

193

Vgl. zur Parallelsituation bei Konzerneinbindung von Kredit- und Finanzdienstleistungsunternehmen Schieber, Die Aufsicht über Finanzkonglomerate, S. 127. 194 Dabei besteht ein direktes Konkurrenzverhältnis zwischen Aktienkassabörsen auch dann, wenn aktuell nicht die gleichen Titel gehandelt werden, denn aufgrund der Einbeziehungsmöglichkeit können (weitestgehend) die gleichen Papiere gehandelt werden, siehe näher unten Teil 3, Abschnitt 3, A. III. 3. b) aa) (1) (b), S. 485 ff. 195 Siehe oben Teil 1, Abschnitt 3, B. I., S. 69 f. 196 Vgl. die von Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2528) berichteten Äußerungen zur (kurzfristigen) Konzernstrategie in der seinerzeit geplanten iX-Gruppe: Selbständiger Erhalt der LSE und FWB als konkurrierende Börsen. 197 Etwas voreilig in der Annahme einer Interessenkollision zwischen Börsenholding und idealtypischem Trägerunternehmensinteresse allein infolge der Konkur-

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

Hat die Holding jedoch einmal Einfluss auf die beiden Betreiberunternehmen erlangt, so ist es sehr naheliegend, dass sie über kurz oder lang auch eine marktseitige Konsolidierung der Börsen anstreben wird. Wie eingangs gezeigt, ist der Börsendienstleistungsmarkt neben produktionsseitigen vor allem auch von nachfrageseitigen Skaleneffekten geprägt: Zunehmende Marktgröße bewirkt zunehmende Liquidität und damit eine insgesamt höhere Qualität der Börsendienstleistung (Liquiditätseffekt).198 Erst mit einer markt- und produktionsseitigen Konsolidierung lässt sich demnach das wirtschaftliche Potential einer Betreiberkonzernierung vollständig ausschöpfen,199 und die gewinnmaximierende Holdinggesellschaft wird mittel- bis langfristig eine solche Konsolidierung anstreben.200 Das Ziel besteht dabei in einer Überführung des gesamten Marktgeschehens auf einen einzigen börslichen Markt, der in letzter Konsequenz auch nur von einem einzigen Betreiberunternehmen getragen wird.201 Die lokale Konzentration von Handelssegmenten oder die Errichtung einer gemeinsamen Handelsplattform, die auf dem parallelen Fortbestehen mehrere Betreiberunternehmen basieren, sind Strategien der Wahl nur für unternehmerisch selbständige Betreiberunternehmen, von denen verständlicherweise keines für die Selbstaufgabe optieren will.202 Innerhalb einer zentral steuerbaren wirtschaftlichen Einheit sind sie hingegen nur zweitbeste Strategien, weil mit den vermeidbaren Mehrkosten für den parallelen Erhalt mehrerer Trägergesellschaften belastet. Insbesondere die gemeinsame Handelsplattform stellt sich hierbei als Übergangslösung dar, welche langfristig die Überleitung aller Handelsvolumina und Betriebstätigkeiten auf eine Einheitsbörse vorbereitet. Eine Börsenholdinggesellschaft wird diese zweitbesten Strategien zugunsten einer vollständigen Konzentration aufgeben, sobald die Parallelexistenz mehrerer nationaler Betreibergesellschaften nicht mehr aus börsenpolitischen oder Publikumsakzeptanzgründen erforderlich ist.203 renzsituation daher U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, S. 24 (33). 198 Siehe oben Teil 1, Abschnitt 3, B. II., S. 70. 199 Hasan/Malkamäki, Are expansions cost effective for stock exchanges?, Journal of Banking & Finance 25 (2001), 2339 (2360); Schmiedel, Performance of international securities markets, S. 215. 200 Vgl. Damrau, Selbstregulierung, S. 145. 201 Vgl. van Steenis/Härle, The Future of Equity Trading in Europe, S. 40. 202 Vgl. Svindland, Elektronische Märkte, S. 103 (117). 203 Vgl. zu den bislang kommerziell maßgeblichen Gründen für den Fortbestand nationaler Betreibergesellschafen innerhalb eines Konzerns oben Teil 1, Abschnitt 3, C. I. 1., S. 57 f. Sie verlangen auch dann das Fortbestehen nationaler Betreiber, wenn eine marktseitige Konzentration realisiert wird, vgl. zur Situation bei Eurex Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, 19 (38) mit Fn. 90; bei Euronext vgl. Stéphan, Misconduct across Jurisdictions, S. 3 sowie die Äußerungen

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Das Interesse der Börsenholding ist also mit hoher Wahrscheinlichkeit mittelfristig nicht mehr auf den Erhalt beider, sondern vielmehr auf eine Konsolidierung unter Aufgabe einer der Börsen gerichtet.204 Ex ante betrachtet besteht damit für beide Börsen ein systematisch angelegtes Risiko der Einstellung. Realisiert es sich für die A-Börse und strebt die Konzernmutter deren Aufgabe an, so verliert – vorbehaltlich einer konzern- oder aufsichtsrechtlichen Abwehrbarkeit des Holdingeinflusses – grundsätzlich auch das (Management des) abhängige(n) Trägerunternehmen(s) den Anreiz zum Bemühen um Erhalt und Wettbewerbsfähigkeit der Anstaltsbörse. b) Die Relevanz von § 9 Abs. 2 S. 4 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 4 BörsG 2007) Mit jeder Einbindung des Trägerunternehmens in einen Börsenholdingkonzern wird also ein systematisch angelegtes Risiko für die gesetzeskonforme öffentliche Aufgabenerfüllung geschaffen. Fraglich ist indes, ob dieses Risiko auch in allen Fällen rechtlich relevant ist. Seit dem 4. FMFG räumt § 9 Abs. 2 S. 4 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 4 BörsG 2007) dem Börsenrat ein Stellungnahmerecht zu „Kooperationsund Fusionsabkommen“ des Trägerunternehmens ein, welche den Börsenbetrieb betreffen. Der Begriff des „Fusionsabkommen“ ist dabei vor dem Hintergrund der Entstehungssituation des 4. FMFG und der seinerzeit diskutierten iX-Integration der Deutsche Börse AG untechnisch weit zu verstehen, so dass hierunter auch die konsensuale Schaffung von Holdingstrukturen fällt.205 Sollte die Stellungnahme des Börsenrates hierzu positiv ausfallen, so fragt sich, ob hierdurch das konzernierungsbedingte Risiko einer späteren Einstellung der A-Börse seine rechtliche Relevanz verlieren kann. Voraussetzung hierfür ist eine Dispositionsbefugnis des Börsenrates über den zeitlichen Umfang der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe: Nur dann, wenn der Börsenrat den zeitlichen Umfang der Aufgabenwahrnehmung unterhalb des oben ermittelten gesetzlichen „Normalumfangs“206 festlegen darf, könnte er eine Maßnahme, welche das Risiko einer vorzeitigen Einstellung der Anstaltsbörse mit sich bringt, durch seinen Beschluss aufsichtsrechtlich unbedenklich machen. des damaligen französischen Wirtschaftsministers Fabius, Eröffnungsrede FESEKongress v. 14. Juni 2001. 204 Damrau, Selbstregulierung, S. 145. Im Ergebnis zutreffend daher die Annahme einer latenten Interessenkollision bei U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000, 24 (33 f.). 205 Vgl. Schwark-Schwark, § 9 BörsG Rn. 18, S. 142. 206 Siehe oben unter III. 2., S. 164.

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

Eine solche Dispositionsbefugnis der Börsenanstalt als Selbstverwaltungsträgerin ist dabei unter staatsaufgabentheoretischem Blickwinkel durchaus nicht ausgeschlossen: Bei der Börsenbetriebsaufgabe handelt es sich, wie oben bereits ausgeführt, nicht um eine verfassungsobligatorische, sondern um eine gesetzesdispositive Staatsaufgabe, die zu einer solchen allein durch das aufgabenstatuierende Gesetz wird.207 Im Ausgangspunkt obliegt es also dem zuständigen (Bundes-)Gesetzgeber, über den zeitlichen Umfang der Aufgabe zu disponieren, indem er selbst festlegt, unter welchen Umständen die öffentliche Aufgabenwahrnehmung beginnen und wann sie enden soll.208 Soll keine Aufgabe mit unbedingter und damit auch zeitlich unbegrenzter Wahrnehmungspflicht geschaffen werden, so kann der Gesetzgeber seine Dispositionsbefugnis über das „Ob“, „Wann“ und „Wie lange“ der konkreten Aufgabenwahrnehmung grundsätzlich auch auf den zur Aufgabenwahrnehmung berufenen staatlichen oder unterstaatlichen Verwaltungsträger übertragen.209 Dies ist beispielsweise im Sparkassenwesen der Fall, wo die Landesgesetzgeber die Entscheidung über Errichtung und Auflösung von Sparkassen der jeweiligen Kommune als Teil ihres Selbstverwaltungsrechts überlassen.210 Im BörsG findet sich an potentiellen Delegationsnormen in diesem Sinne nur § 1 Abs. 1 S. 2 BörsG 2002 (entspr. nun § 4 Abs. 5 BörsG 2007), welcher der Börsenaufsichtsbehörde und damit dem anstaltstragenden Bundesland das Recht einräumt, die Aufhebung einer bestehenden Börse anzuordnen. Indes wird diese Norm von der wohl herrschenden Ansicht als bloße Verweisung auf die allgemeinen Aufhebungsnormen der §§ 48, 49 (L)VwVfG verstanden, so dass der Widerruf einer Börsengenehmigung nur dann zulässig ist, wenn an der Börse dauerhaft kein nennenswerter Handel mehr stattfindet oder das Trägerunternehmen nicht mehr die Gewähr für die ordnungsgemäße Erfüllung der Betriebsaufgabe bietet, insbesondere wenn es insolvenzreif ist.211 Da in diesen Fällen, die im idealtypischen börslichen 207 208

Siehe schon oben III. 2., S. 159. Vgl. Zahn, Selbstverwaltung und Staatsgewalt im Börsengeschehen, AG 1978,

1 (4). 209

Vgl. Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 70, S. 194 f. Vgl. z. B. §§ 2, 5 bad.-württ. Sparkassengesetz; siehe auch Bredow/Schick/ Liebscher, Privatisierung öffentlich-rechtlicher Sparkassen, BKR 2004, 103 (104). 211 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 20; Christoph, Börsenkooperationen, S. 267 f.; Groß, § 1 BörsG Rn. 15; Lorenz, Wertpapierbörse, S. 78; Schäfer-Peterhoff, § 1 BörsG Rn. 6. A. A. (Aufhebung der Börse im freien Ermessen der Börsenaufsichtsbehörde) Breitkreuz, Börse, S. 184 f.; Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 33 sowie die ältere börsenrechtliche Literatur, vgl. Göppert, Das Recht der Börsen, S. 76; Wiede, Die Börse als verwaltungsrechtliches Problem und Rechtsinstitut, S. 57; Zahn, Selbstverwaltung und Staatsgewalt im Börsengeschehen, AG 1978, 1 (4). Diese Ansicht dürfte seit der Neuregelung des § 1 Abs. 2 S. 1 BörsG 2002 (= § 5 210

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Betreibermodell gemeinsam auftreten werden, ohnehin die oben herausgearbeitete zeitliche Grenze der öffentlichen Betriebsaufgabe erreicht ist,212 hat schon das Land keine echte Dispositionsbefugnis.213, 214 Erst recht muss es demnach zweifelhaft erscheinen, ob der Börsenanstalt mit § 9 Abs. 2 S. 4 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 4 BörsG 2007) eine solche Befugnis eingeräumt werden sollte. Der Gesetzgeber überlässt den Börsen nämlich in §§ 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 13 BörsG 2002 (= §§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 16 BörsG 2007) nur insoweit die Konkretisierung der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe, als in der Börsenordnung Geschäftszweig und Handelsarten bestimmt werden. Der Börsenrat bestimmt also den konkreten Anstaltszweck innerhalb eines satzungsindisponiblen Rahmens, welcher durch die gesetzliche Betriebsaufgabe gezogen ist:215 So ermöglicht § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BörsG 2002 (= § 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BörsG 2007) dem Börsenrat beispielsweise den Übergang vom Geschäftszweig der Kassa- zur Terminbörse,216 nicht jedoch die gänzliche Einstellung des Abs. 1 S. 1 BörsG 2007) im 4. FMFG, wonach das Trägerunternehmen nach der Börsengenehmigung nicht nur zum Börsenbetrieb verpflichtet, sondern hierzu auch berechtigt ist, nicht mehr haltbar sein. 212 Siehe oben unter III. 2., S. 164. 213 Bedenklich ist es daher, wenn U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (32) der Börsenaufsichtsbehörde einen Beurteilungsspielraum einräumen, ob sie die öffentliche Aufgabenerfüllung im Falle der Trägerkonzernierung als gefährdet ansehen und Maßnahmen ergreifen will oder nicht. 214 Mit dem FRUG wurde die Aufhebung der Börsengenehmigung in § 4 Abs. 5 BörsG 2007 präzisiert: Sie ist nun – neben §§ 48, 49 (L)VwVfG – möglich, wenn kein Börsenbetrieb (mehr) stattfindet oder wenn die Börsenanstalt oder das Trägerunternehmen nachhaltig gegen Börsenaufsichtsrecht verstoßen. Formell betrachtet macht die Präzisierung der Aufhebungsvoraussetzungen die Annahme einer Dispositionsbefugnis des Landes über den zeitlichen Aufgabenumfang noch schwerer. Andererseits scheint § 4 Abs. 5 Nr. 1 BörsG 2007 der Anstalt die Befugnis einzuräumen, den Börsenbetrieb schlicht nicht mehr auszuüben, was auf eine Dispositionsbefugnis hindeutet. Wäre die Norm so zu deuten, so würde eine positive Stellungnahme des Börsenrates nach § 12 Abs. 2 S. 4 BörsG 2007 die Konzernierung tatsächlich unschädlich machen. Indes muss bezweifelt werden, ob dem Gesetzgeber des FRUG die möglichen Rückschlüsse aus § 4 Abs. 5 Nr. 1 BörsG 2007 auf das Börsenorganisationsrecht in seiner Gesamtheit überhaupt bewusst waren, geschweige denn, dass sie gewollt gewesen wären. Ausweislich RegE FRUG, BT-Drs. 16/4028, S. 82 ist der jetzige § 4 Abs. 5 Nr. 1 BörsG 2007 vielmehr nur einer getreulichen Eins-zu-eins-Umsetzung des Art. 36 Abs. 5 MFIRL geschuldet. Dieser wiederum schuldet seines Existenz der Rücksichtnahme auf bereits bestehende entsprechende Regelungen im Börsenaufsichtsrecht anderer Mitgliedstaaten, z. B. in Großbritannien s. 297 FSMA i. V. m. REC 4.7.4 (4). 215 Schäfer-Peterhoff, § 4 BörsG Rn. 2; U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (38). Im Grundsatz ebenso Bauer/Möllers, Parketthandel, S. 54 f. 216 Vgl. Schwark-Schwark, § 13 BörsG Rn. 9.

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Börsenbetriebs und damit eine Disposition über den zeitlichen Umfang der öffentlichen Aufgabenwahrnehmung.217 Überdies bedarf der Börsenrat gemäß § 13 Abs. 5 BörsG 2002 (= § 16 Abs. 3 BörsG 2007) schon zu einem Wechsel des Geschäftszweigs der Genehmigung der Börsenaufsichtsbehörde.218 Hingegen ist das Einvernehmen zu einer Stellungnahme nach § 9 Abs. 2 S. 4 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 4 BörsG 2007) nicht erforderlich, weshalb die Norm schwerlich im Sinne einer – viel weitergehenden – Dispositionsbefugnis über den zeitlichen Umfang der Aufgabenwahrnehmung gedeutet werden kann. Es bleibt also bei der alleinigen Maßgeblichkeit des gesetzlichen Normalumfangs, wonach das Ende der öffentlichen Betriebsaufgabe erst erreicht ist, wenn bei ordnungsgemäßer unternehmerischer Anstrengung keine Rentabilität mehr erzielbar ist. Geht also von dem „Fusionsabkommen“ die Gefahr einer vorzeitigen Beendigung des inländischen Börsenbetriebs aus, so kann eine positive Stellungnahme des Börsenrates an deren aufsichtsrechtlicher Relevanz nichts ändern. Die praktische Bedeutung des § 9 Abs. 2 S. 4 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 4 BörsG 2007) erschöpft sich daher, da umgekehrt auch eine negative Stellungnahme des Börsenrates für das Trägerunternehmen unverbindlich wäre,219 allein in der rechtzeitigen Information des Börsenrates über anstehende Veränderungen beim Trägerunternehmen.220 2. Sicherung durch konzern- und börsenaufsichtsrechtliche Instrumente

Die eigenunternehmerische Interessenlage des Trägerunternehmens kann im Konzernierungsfall nur gesichert werden, wenn es gelingt, einen eventuellen negativen, auf Beendigung des inländischen Börsenbetriebs gerichteten Einfluss der Holdinggesellschaft abzuwehren. Die hierzu verfügbaren Instrumente unterscheiden sich danach, welche Vorgehensweise die Holdinggesellschaft zur Durchsetzung ihres Konsolidierungsinteresses wählt. Theoretisch stehen die folgenden Wege offen: Im einfachsten Fall kann sie mit ihrer Anteils- und Stimmrechtsmehrheit in der Hauptversammlung des Trägerunternehmens dessen Selbstauflösung beschließen und damit das 217 Vgl. Zahn, Selbstverwaltung und Staatsgewalt im Börsengeschehen, AG 1978, 1 (4): Keine Selbstabschaffungsbefugnis der Börse. Weiter U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (39): Nicht einmal über den Betrieb eines gesetzliches Marktsegmentes innerhalb des Geschäftszweiges der Kassabörse kann Börsenrat disponieren. 218 Schwark-Schwark, § 13 BörsG Rn. 3. 219 Christoph, Börsenrechtliche Zulässigkeit, ZBB 2005, 82 (85); SchwarkSchwark, § 9 BörsG Rn. 18, S. 142. 220 Vgl. Beck, Reform des Börsenrechts, BKR 2002, 662 (668). Kritisch zur Regelung daher Groß, §§ 9–11 BörsG Rn. 6.

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Ende des anstaltlichen Börsenbetriebs herbeiführen [a)]. Alternativ kann die Börsenholding ihr Konsolidierungsinteresse durch eine Einflussnahme auf das Management des Trägerunternehmens durchzusetzen versuchen, sei es durch eine explizite Weisung zur Einstellung der Betriebstätigkeit [b)] oder subtiler durch eine allmähliche Geschäftschancenverlagerung vom Trägerunternehmen der Anstaltsbörse hin zum Betreiber der konzernintern ausersehenen Konzentrationsbörse [c)]. a) Selbstauflösung des Trägerunternehmens Gemäß § 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG wird eine Aktiengesellschaft durch Beschluss der Hauptversammlung mit einer Mehrheit von drei Vierteln des bei Beschlussfassung vertretenden Grundkapitals aufgelöst. Mit Wegfall des Trägerunternehmens muss notgedrungen auch der Börsenbetrieb eingestellt werden, kann sich doch die Anstalt die erforderlichen Betriebsmittel mangels Privatrechtsfähigkeit nicht selbst beschaffen und ist, wie oben gezeigt, eine Ersetzung des ausgeschiedenen Trägers außer im Falle der konsensualen Überleitung, welcher sich das Trägerunternehmen in der vorliegenden Konstellation freilich verweigern würde, nicht praktikabel.221 Aus diesem faktisch zwingenden Ende des Börsenbetriebs bei Trägerwegfall zieht die überwiegende börsenrechtliche Literatur bislang die Konsequenz der normativen Richtigkeit: Die Börsengenehmigung und mit ihr die Betriebspflicht des Trägerunternehmens erlösche mit dessen Auflösung eo ipso222 oder sei zumindest aufzuheben:223 Eine börsenaufsichtsrechtliche 221

Siehe oben unter III. 1. b), S. 153 ff. Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 25; Breitkreuz, Börse, S. 192; Christoph, Börsenkooperationen, S. 272; ders., Börsenrechtliche Zulässigkeit, ZBB 2005, 82 (86); Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (12); Lorenz, Wertpapierbörse, S. 135; Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 22. Nicht ausdrücklich angesprochen wird hierbei das Schicksal der Anstalt, anzunehmen ist jedoch, dass sie nach dieser Ansicht mit Erlöschen der Börsengenehmigung ebenso untergehen soll, vgl. in diesem Sinne nun Christoph, Börsenkooperationen, S. 272. Das ist zumindest zweifelhaft, ist die ursprüngliche Börsengenehmigung doch ein Verwaltungsakt mit Doppelwirkung, nämlich Genehmigung zum Börsenbetrieb an das Trägerunternehmen einerseits sowie organisationsrechtlicher Anstaltserrichtungsakt in Form einer Allgemeinverfügung andererseits, vgl. nur Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 14. Wenn das Trägerunternehmen untergeht, so erlischt damit wohl die Genehmigung zum Börsenbetrieb als personengebundene Erlaubnis gerade für das Trägerunternehmen. Unberührt bleibt jedoch die organisationsrechtliche Komponente des Verwaltungsaktes und damit der Bestand der (teil-)rechtfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts; zu deren Auflösung bedürfte es vielmehr eines ausdrücklichen landesbehördlichen Anstaltsaufhebungsaktes als actus contrarius zum Errichtungsakt. Im Sinne eines (möglichen) Fortbestands der Börsenanstalt bei Trägerauflösung daher nunmehr Lorenz, Wertpapierbörse, S. 136. 222

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Pflichtwidrigkeit der Selbstauflösung kann nach dieser Ansicht nicht festgestellt werden. Ursprung dieser Theorie ist der einhellig anerkannte und insoweit logisch zwingende Grundsatz vom Ende der Betriebspflicht in der Insolvenz des Trägerunternehmens.224 Ausgehend hiervon wird eine Beendigung der Betriebspflicht in allen Fällen der Trägerauflösung postuliert, einschließlich der durch Auflösungsbeschluss willentlich herbeigeführten.225 Zugleich betonen dieselben Vertreter der herrschenden Meinung jedoch, dass ein Trägerunternehmen nicht freiwillig auf die Börsengenehmigung verzichten könne, denn sonst werde die öffentliche Aufgabenerfüllung zur Disposition eines Privaten gestellt.226 Dieser Wertungswiderspruch lässt sich kaum durch eine feinsinnige Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlich gebundenem Trägerunternehmen einerseits und Anteilseigern andererseits beheben, die in ihrer gesellschaftsrechtlichen Handlungsfreiheit unbeschränkt seien.227 Zwar ist Adressat der Betriebspflicht aus § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) nur das Trägerunternehmen als solches,228 und eine Erstreckung der öffentlich-rechtlichen Pflichtenstellung einer Kapitalgesellschaft auf ihre Anteilseigner ist in Ermangelung einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung grundsätzlich nicht möglich.229 Die 223

Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2404). Breitkreuz, Börse, S. 192; Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 22; Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2404); vgl. auch Groß, § 1 BörsG Rn. 15; Schäfer-Peterhoff, § 1 BörsG Rn. 6. 225 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 25; Breitkreuz, Börse, S. 192; Christoph, Börsenkooperationen, S. 272; Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2404). Kritisch wegen eines möglichen Konfliktes mit der Betriebspflicht des Trägerunternehmens nur Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (564); Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (12). 226 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 24; Christoph, Börsenkooperationen, S. 271; Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2403 f.). Des Weiteren auch Groß, § 1 BörsG Rn. 11; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.279; Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 116; Schäfer-Peterhoff, § 1 BörsG Rn. 4; Schlüter, Börsenhandelsrecht, G I 2 e), Rn. 31; Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 22. Ebenso in Bezug auf die Tätigkeitseinstellung durch den Flugplatzbetreiber Greiner, Die Betriebspflicht von Flugplätzen, BayVBl. 1994, 449 (451); Schwenk, Handbuch des Luftverkehrsrechts, S. 412. 227 In diesem Sinne aber Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (12); Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2404 ff.); zustimmend Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 41 a. E., S. 59. 228 Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 121; dies., Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (12). 229 Feick, Die Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Pflichten im konzernfreien und im konzernverbundenen Unternehmen, S. 122 f.; U. H. Schneider, Die Überlagerung des Konzernrechts durch öffentlich-rechtliche Strukturnormen und Organisationspflichten, ZGR 1996, 225 (237 ff.). 224

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Betriebspflicht ist somit nur vom Trägerunternehmen zu erfüllen. Wenn die Betriebspflicht aber das Trägerunternehmen bindet, dann gilt dies notwendigerweise für alle an der unternehmensinternen Willensbildung mitwirkenden Organe einschließlich der Hauptversammlung, soweit aufsichtsrechtlich relevante Maßnahmen ausnahmsweise in deren Zuständigkeit fallen.230 Die Betriebspflicht bildet damit eine Grenze auch und gerade für die Handlungsfreiheit der in der Hauptversammlung verbundenen Anteilseigner. Diese Beachtlichkeit aufsichtsrechtlicher Anforderungen auch für die (beherrschenden) Anteilseigner einer Gesellschaft, die unter dem Stichwort einer allgemeinen konzernweiten Compliance-Pflicht diskutiert wird,231 statuiert der Gesetzgeber im Börsenwesen in einem Teilbereich ausdrücklich, wenn er zum Schutze der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe nicht nur vom Trägerunternehmen selbst, sondern auch von dessen bedeutenden Anteilseignern finanzielle Solidität, persönliche Zuverlässigkeit und die Abwesenheit von Verbindungen zur organisierten Kriminalität verlangt.232

230 Christoph, Börsenkooperationen, S. 219; Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2525); implizit auch Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (563); Köndgen, Stellungnahme, S. 8; allg. vgl. U. H. Schneider, Die Überlagerung des Konzernrechts durch öffentlich-rechtliche Strukturnormen und Organisationspflichten, ZGR 1996, 225 (234 f., 244). A. A. Feick, Die Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Pflichten im konzernfreien und im konzernverbundenen Unternehmen, S. 51: Die Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Pflichten einer AG sei ausschließlich Sache des Vorstands. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass die Erfüllung der von Feick betrachteten öffentlich-rechtlichen Pflichten (vor allem abfall-, immissionsschutz-, steuer- und sozialversicherungsrechtliche Pflichten des Unternehmensträgers) typischerweise nur im laufenden Geschäftsbetrieb relevant werden und ihre Erfüllung mithin zu den vom Vorstand wahrzunehmenden Geschäftsführungsaufgaben gehört. Die atypische Situation, dass (z. B. über § 119 Abs. 2 AktG oder hier über das Institut der Betriebs- und damit Bestandspflicht) auch Hauptversammlungsbeschlüsse für die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Pflichten relevant werden, wird von Feick nicht betrachtet. 231 U. H. Schneider, Die Überlagerung des Konzernrechts durch öffentlich-rechtliche Strukturnormen und Organisationspflichten, ZGR 1996, 225 (240 ff.) m. w. N. 232 Vgl. zur parallelen Situation in der banken- und versicherungsaufsichtsrechtlichen Gruppenleitungskontrolle Schieber, Die Aufsicht über Finanzkonglomerate, S. 135; van de Sande, Unternehmensgruppe, S. 190 ff. und insbesondere S. 195: Wenn im Falle der Gefahr einer negativen, d.h. die solide und umsichtige Führung des abhängigen Unternehmens beeinträchtigenden Einflussnahme dem Anteilseigner nach § 2b Abs. 2 S. 2 KWG bzw. § 104 Abs. 2 VAG die Stimmrechtsausübung entzogen werden kann, dann liegt hierin der Sache nach ein an die Anteilseigner gerichtetes Verbot einer Einflussnahme, welche die Erfüllung aufsichtsrechtlicher Pflichten durch das Beteiligungsunternehmen gefährdet. Dessen aufsichtsrechtliche Pflichten sind mithin auch vom Anteilseigner zu beachten. In diesem Sinne auch U. H. Schneider, Erweiterte Anzeigepflichten und aufsichtsrechtliche Beteiligungsverbote an Kreditinstituten?, BB 1989, 84 (86).

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Konsequenterweise muss man daher die Selbstauflösung des Trägerunternehmens durch Hauptversammlungsbeschluss ebenso wie den Verzicht auf die Börsengenehmigung wegen Verstoßes gegen die Betriebspflicht nach § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) für unzulässig halten. Gewiss wirft die Vorschrift in dieser Interpretation die Frage nach ihrer Verfassungsmäßigkeit auf, wird doch das Trägerunternehmen in einer bestimmten wirtschaftlichen Betätigung gefangen gehalten.233 Hierdurch wird in die Berufsfreiheit des Trägerunternehmens nach Art. 12, Art. 19 Abs. 3 GG sowie zugleich inhaltsregelnd in das Eigentumsgrundrecht seiner Anteilseigner nach Art. 14 GG eingegriffen. Es stellt sich damit die allgemeine Frage der Verfassungsmäßigkeit einer erzwungenen Heranziehung von Privatpersonen als Verwaltungshelfer nach funktionaler Privatisierung.234 Sie wird im Verwaltungsrecht grundsätzlich bejaht, sofern gerade die Heranziehung des Privaten als Verwaltungshelfer für die öffentliche Aufgabenerfüllung erforderlich ist.235 Die börsenrechtliche Literatur hat dabei die (partielle, weil immerhin den Weg in die Verwaltungshelferrolle freiwillig lassende und nur die willkürliche Einstellung der Tätigkeit verhindernde) Zwangsverpflichtung des Trägerunternehmens bislang nicht hinterfragt.236 Tatsächlich wird man angesichts der Einschätzungsprärogative, die dem Gesetzgeber bei der Beurteilung von Geeignetheit und Erforderlichkeit einer bestimmten Organisationsform zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben eingeräumt ist,237 die Verfassungsmäßigkeit trotz der Tatsache, dass eine Verpflichtung zum Börsenbetrieb den Betätigungsspielraum des Trägerunternehmens erheblich in Anspruch nimmt238 (noch) bejahen müssen. Aus 233 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 41, S. 59 spricht deshalb anschaulich von einer – von ihm freilich abgelehnten – „Ewigkeitsgarantie“. Ähnlich die Formulierung bei Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2406). 234 Eingehend hierzu Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 253 ff. 235 Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 256 ff.; von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 149 ff., insb. S. 166 ff. sowie implizit Ipsen, Gesetzliche Indienstnahme Privater für Verwaltungsaufgaben, FG Kaufmann 1950, S. 141 ff. passim, insbesondere S. 149 f.; ders., Gesetzliche Bevorratungsverpflichtung Privater, AöR 90 (1965), 393 (421 ff.). Vgl. aus der Rechtsprechung auch BVerfGE 33, 240 (244) (Gerichtssachverständige). 236 Vgl. die in Fn. 226, S. 186 zitierten Autoren, die einhellig daran festhalten, dass ein Trägerunternehmen den Börsenbetrieb nicht einseitig einstellen könne. Die grundrechtliche Problematik wird dabei im Rahmen dieser Feststellung nicht aufgeworfen. Eine andere Frage ist die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Verstaatlichung des Börsenbetriebs an sich, die in der Literatur durchaus in Frage gezogen wird, vgl. insbesondere Mues, Börse, S. 127 ff. 237 BVerfGE 30, 292 (319) – Erdölbevorratung; E 37, 1 (21) – Stabilisierungsfonds. 238 Zur Relevanz des Umfangs der erzwungenen Heranziehung vgl. BVerfGE 33, 240 (241, 247); Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 258.

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gleichen Gründen stellt die Betriebspflicht des Trägerunternehmens mit der daraus folgenden Einschränkung der Handlungsfreiheit seiner Anteilseigner auch keinen Verstoß gegen die Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit des EGV dar.239 Ist die Regelung der Betriebspflicht in § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) mithin wirksam, so ist ein unter Verstoß hiergegen ergangener Selbstauflösungsbeschluss in Anwendung des § 241 Nr. 3 AktG nichtig:240 § 1 Abs. 2 BörsG 2002 ist eine Vorschrift ausschließlich zum Schutz der Börsenbetriebsaufgabe und der mit ihr verfolgten öffentlichen Interessen,241 die durch eine bloße Anfechtbarkeit des Beschlusses nach § 243 AktG nicht wirksam geschützt werden könnten242 und deren Verletzung daher zur Nichtigkeit nach § 241 AktG führen muss.243 Das Trägerunternehmen besteht somit als Gesellschaft fort. b) Explizite Einstellungsweisung durch Börsenholding Da der Holding somit der direkte Weg zur Schließung der Anstaltsbörse verwehrt ist, muss sie ihr Konsolidierungsinteresse durch eine Einflussnahme auf das fortbestehende Trägerunternehmen realisieren. In Betracht kommt hierfür eine Weisung an dessen Management, die Betriebstätigkeit 239 Vgl. Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (13), dort allerdings in Bezug auf einen Stimmrechtsbindungsvertrag zwischen Börsenaufsicht und Anteilseignern zur Sicherung eben dieser Betriebspflicht; vgl. zur Europarechtmäßigkeit der ebenfalls dem Schutz der Betriebspflicht dienenden börsenaufsichtsrechtlichen Anteilseignerkontrolle Christoph, Die Anteilseignerkontrolle nach dem Börsengesetz, WM 2004, 1856 (1863 ff.); Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (566). 240 A. A. die hLit. Die Konsequenz der Nichtigkeit des Selbstauflösungsbeschlusses wird dabei auch von den wenigen Autoren, die ihn für aufsichtsrechtlich problematisch halten (siehe oben Fn. 226, S. 186), nicht gezogen. Sie empfehlen vielmehr, die Selbstauflösung im Wege eines Stimmbindungsvertrags von der Zustimmung der Börsenaufsichtsbehörde abhängig zu machen, vgl. Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (12 ff.). Wie hier hingegen offenbar Cahn, zit. nach Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (566 mit Fn. 152). 241 Der Begriff des öffentlichen Interesses im Sinne des § 241 Nr. 3 AktG wird nach ganz h. M. weit ausgelegt, vgl. Hüffer, § 241 AktG Rn. 18 m. w. N. Er umfasst jedenfalls Normen, die dem Schutze öffentlich-rechtlicher Interessen im engeren Sinn dienen, also insbesondere der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, vgl. Hachenburg-Raiser, Anh. § 47 GmbHG Rn. 50; Scholz-K. Schmidt, § 45 GmbHG Rn. 75. 242 Vgl. zu diesem Kriterium eines Nichtigkeitsgrundes Großkommentar-K. Schmidt, § 241 AktG Rn. 59; Rowedder-Koppensteiner, § 47 GmbHG Rn. 103. 243 Vgl. auch zur Nichtigkeit privater Rechtsgeschäfte, welche die Erfüllung der Betriebspflicht des Flughafenunternehmers konterkarieren, Greiner, Die Betriebspflicht von Flugplätzen, BayVBl. 1994, 449 (451).

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für die Anstaltsbörse einzustellen und sich auf die typischerweise vorhandenen anderen Geschäftsfelder wie Softwareentwicklung, Informations-, Abwicklungs- oder Verwahrungsdienstleistungen zurückzuziehen, andernfalls die werbende Tätigkeit aufzugeben. aa) Konzernrechtliche Instrumente Die Abwehr einer solchen Einflussnahme ist in erster Linie Sache des Konzernrechts, dient doch gerade dieses Rechtsgebiet dem Schutz der unternehmerischen Eigeninteressen abhängiger Gesellschaften.244 Zugunsten der Trägerunternehmen deutscher Börsen, welche mittlerweile durchweg die Rechtsform der AG aufweisen, kommt dabei in Anknüpfung an den inländischen Unternehmenssitz das deutsche Aktienkonzernrecht zur Anwendung,245 und zwar bei der Konzernierung durch (schlichten) Mehrheitserwerb das Recht der faktischen Konzerne. Dabei besteht im faktischen Konzern keine rechtlich legitimierte Leitungsmacht der Konzernmutter und dementsprechend auch keinerlei rechtliche Folgepflicht des abhängigen Trägerunternehmens. Vielmehr bleibt es bei der eigenverantwortlichen Leitung des abhängigen Unternehmens durch dessen Vorstand gemäß § 76 AktG.246 Ist eine angesonnene nachteilige Maßnahme einzelausgleichsfähig und auch sonst rechtmäßig, so steht es dem Vorstand frei, ihr nachzukommen.247 In allen anderen Fällen – und hierzu zählt die Einstellungsweisung schon allein deshalb, weil sie wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) evident börsenrechtswidrig ist248 – sind sowohl die Veranlassung durch die Mutter als auch die Folgeleistung durch den Tochtervorstand unzulässig249 und haben neben einem praktisch bedeutungslosen Unterlas244 Vgl. nur MüKo-Kropff, § 311 AktG Rn. 10; KK-Koppensteiner, Vorb. § 311 AktG Rn. 6. 245 Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2521); allg. StaudingerGroßfeld, IntGesR, Rn. 557 m. w. N. 246 Siehe nur Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 24 IV 3, S. 369. 247 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 24 IV 3, S. 369; § 25 III, S. 385. 248 Ein weiterer Grund für die Rechtswidrigkeit der angesonnenen Einstellung wird regelmäßig auch im Fehlen des Hauptversammlungsbeschlusses liegen. Dieser ist bei expliziter Änderung des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstands nach § 179 AktG, bei weit formulierter Satzung nach den Grundsätzen der „Holzmüller“-Rechtsprechung wegen faktischer Änderung des Unternehmensgegenstands durch Aufgabe des bisherigen Kerngeschäfts erforderlich, vgl. zu letzterem MüKoKubis, § 119 AktG Rn. 65; KK-Zöllner, § 179 AktG Rn. 109, 119; vgl. auch BGHZ 83, 122 (131) – „Holzmüller“. 249 Christoph, Börsenkooperationen, S. 219; Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2526). Allein diese Unzulässigkeit der Weisungserteilung bzw.

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sungsanspruch der abhängigen Gesellschaft250 vor allem privatrechtliche Schadensersatz- bzw. Verlustausgleichsansprüche zur Folge.251 Hierdurch wird zwar nur das Vermögensinteresse des abhängigen Unternehmens gewahrt,252 während zur Sicherung der aufsichtsrechtlich erforderlichen Anreizstruktur des Trägerunternehmens die negative Einflussnahme vielmehr schon auf Primärebene abgewehrt werden muss.253 Als Reflex der konzernrechtlichen Schadensersatz- bzw. Verlustausgleichspflichten ist eine solche Abwehr aber durchaus denkbar und im Weiteren zu untersuchen. Hierfür ist zunächst zu vergegenwärtigen, auf welchem Weg sich das Holdinginteresse bei faktischer Abhängigkeit im Trägerunternehmen durchsetzt: Die Holding besitzt eine Anteilsmehrheit am Trägerunternehmen und verfügt damit grundsätzlich über eine Stimmrechtsmehrheit in dessen Hauptversammlung. Damit dominiert sie selbst im Falle der Mitbestimmung den Aufsichtsrat des Trägerunternehmens254 und kann so die personelle ZuFolgeleistung kann freilich nicht bewirken, dass aufsichtsrechtswidrige nachteilige Maßnahmen unterbleiben. Sie allein ist mithin auch nicht geeignet, die Konzerneinbindung aufsichtsrechtlich unbedenklich zu machen, wie dies Schwark, a. a. O.; Christoph, Börsenrechtliche Zulässigkeit, ZBB 2005, 82 (91) sowie in Bezug auf bankaufsichtsrechtliche Pflichten im Konzern offenbar auch Schieber, Die Aufsicht über Finanzkonglomerate, S. 107 i. V. m. S. 148 annehmen. Zutreffend weist demgegenüber van de Sande, Unternehmensgruppe, S. 218 f. darauf hin, dass es für die Feststellung einer konzernierungsbedingten Gefahr für aufsichtsrechtliche Schutzgüter nicht darauf ankommt, was Mutter und Tochtervorstand rechtlich dürfen, sondern was in der Konzernpraxis tatsächlich stattfindet. 250 Zu Existenz und Herleitung vgl. nur Kuhlmann/Ahnis, Konzernrecht, C I 4, Rn. 69. Fraglich ist in der praktischen Anwendung schon, ob ein abhängiges Trägerunternehmen diesen Anspruch gegen die Börsenholding geltend machen würde. Wäre dem so oder würde der Anspruch zulässigerweise von einem außenstehenden Aktionär geltend gemacht (hierzu Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 27 II 2, S. 402), so wäre doch die effektive Vollstreckbarkeit eines Unterlassungs- oder Beseitigungsurteils zweifelhaft. Im Falle eines Unterlassungsurteils würde die Zuwiderhandlung für die Börsenholding maximale Kosten in Höhe von EUR 250.000 (Ordnungsgeld nach § 890 ZPO) mit sich bringen, durch welche sich die Börsenholding kaum von der profitablen Konzentrationsstrategie abhalten lassen dürfte. Im Falle eines Beseitigungsurteils, welches zur Rückgängigmachung einer erfolgten Einstellung der Börsenbetriebstätigkeit verpflichten würde, gilt aus den schon oben zur Trägerauswechselung (III. 1. b), S. 153 f.) dargelegten Gründen, dass die Wiederbelebung einer einmal eingestellten Börse kaum möglich ist. 251 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 24 I, S. 364 sowie im Überblick Kuhlmann/Ahnis, Konzernrecht, C I 4, Rn. 65 sowie D IV 1, Rn. 116. 252 Siehe nur Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 8 III 1, S. 96. 253 Vgl. van de Sande, Unternehmensgruppe, S. 55. 254 Bei Mitbestimmung nach §§ 1, 4 DrittelbG kann die Holding zwei Drittel, bei Mitbestimmung nach §§ 1, 7 MitbestG die Hälfte der Aufsichtsratssitze bestimmen, verfügt hier aber nach § 27 Abs. 2, § 29 Abs. 2 MitbestG in Pattsituationen über das ausschlaggebende Stimmrecht, vgl. zusammenfassend Hüffer, § 17 AktG Rn. 11.

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sammensetzung des Vorstands bestimmen.255 Die Vorstandsmitglieder sind aufgrund eigener Einkommens- und Karriereinteressen grundsätzlich geneigt, den Weisungen der Holdinggesellschaft Folge zu leisten.256 Eine Abwehr auf Primärebene ist demnach nur denkbar, wenn die konzernrechtlichen Schadensersatz- bzw. Verlustausgleichspflichten einen ausreichenden finanziellen Gegenanreiz setzen, um entweder schon die Holdinggesellschaft von einer Weisungserteilung [(1)] oder zumindest der Tochtervorstand von deren Befolgung abzuhalten [(2)]. Außer Betracht bleibt hingegen die Frage der Einflussabwehr durch ein Wettbewerbsverbot des Mehrheitsgesellschafters,257 das auf der mitgliedschaftlichen Treuepflicht basiert und sich praktisch in einem generellen Stimmverbot der Börsenholding in der Hauptversammlung des Trägerunternehmens äußern würde.258 In der Aktiengesellschaft bislang ohnehin nicht anerkannt,259 würde ein solches Wettbewerbsverbot die unternehmensstrategisch angestrebte Zusammenfassung mehrerer Börsenbetreiber zu einer zentral steuerbaren wirtschaftlichen Einheit verhindern und damit die hier zu diskutierende aufsichtsrechtliche Fragestellung hinfällig machen. Entsprechendes gilt für die Einflussabwehr durch einen Entherrschungsvertrag, der im Kern eine Selbstverpflichtung des Mehrheitsgesellschafters zur Nichtausübung seiner Stimmrechtsmacht bei den Aufsichtsratswahlen enthält.260 (1) Gegenanreiz zur Weisungserteilung durch die Börsenholding Veranlasst die Holdinggesellschaft das Trägerunternehmen durch explizite Einzelweisung zur Einstellung des Börsenbetriebs, so unterscheiden sich die Rechtfolgen für die Konzernmutter danach, ob sich die nachteilige Wirkung der Einstellung quantifizieren lässt.261 Die wohl überwiegende Ansicht verneint das bei der Aufgabe ganzer Geschäftsfelder262 und gelangt daher zum 255

Decher, Personelle Verflechtung im Aktienkonzern, S. 101. Siehe nur KK-Koppensteiner, § 17 AktG Rn. 21. 257 Ein solches im Grundsatz befürwortend etwa Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 8 III 4 c, S. 98; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 20 V 1, S. 595 f.; Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2528). 258 Vgl. MüKo-Kropff, Vor § 311 AktG Rn. 63. 259 KK-Koppensteiner, Anh. § 318 AktG Rn. 8 f.; MüHGesR IV-Krieger, § 69 Rn. 17; MüKo-Kropff, Vor § 311 AktG Rn. 65. 260 Vgl. Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 3 IV 2, S. 46 sowie eingehend Götz, Der Entherrschungsvertrag im Aktienrecht, S. 45 ff. 261 Vgl. nur MüKo-Kropff, § 317 AktG Rn. 39. 262 MüKo-Kropff, § 311 AktG Rn. 178; Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Anh. § 317 AktG Rn. 14 m. w. N. 256

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Verlustausgleich analog § 302 AktG263 oder neuerdings im Anschluss an die „Bremer Vulkan“- und „KBV“-Rechtsprechung zum GmbH-Recht264 zur sog. Existenzvernichtungshaftung.265 Unterstellt man hingegen mit der Ertragswertmethode die Möglichkeit einer Errechnung und risikoadäquaten Abzinsung künftiger Gewinnströme eines Unternehmens oder Unternehmensteils auf einen Gegenwartswert,266 so müsste sich der durch Einstellung des Börsenbetriebs verlorengehende Gewinn zumindest im Sinne des § 278 ZPO abschätzen lassen.267 Angesichts ihrer Börsenrechtswidrigkeit wäre die Weisung aber auch in diesem Fall nicht nach § 311 AktG legalisierbar. Veranlasst die Holding das Trägerunternehmen dennoch dazu, so ist sie ihm nach § 317 Abs. 1 AktG direkt268 oder analog269 sowie nach § 117 Abs. 1 AktG270 zwar zum Schadensersatz verpflichtet. Indes ist die tatsächliche Durchsetzung dieser Ansprüche ausgesprochen zweifelhaft, denn weder Vorstand noch Aufsichtsrat haben bei fortbestehender Gruppeneinbindung einen Anreiz, gegen die Holdinggesellschaft vorzugehen bzw. ein solches Vorgehen zu veranlassen.271 Auch die Geltendmachung durch Gesellschaftsgläubiger nach § 317 Abs. 4 i. V. m. § 309 Abs. 4 S. 3 AktG ist angesichts des Prozesskostenrisikos und der Nichtausschließlichkeit des Vorteilszuflusses von geringer praktischer Relevanz, kann doch immer nur auf Leistung an die abhängige Gesellschaft geklagt werden.272 Entsprechendes gilt für eine Geltendmachung durch Minderheitsaktionäre nach § 317 Abs. 4 i. V. m. § 309 Abs. 4 S. 1 AktG, sofern solche vorhanden sind. Ganz abgesehen hiervon dürfte jedenfalls der Haftungsumfang nicht ausreichen, um die Holdinggesellschaft von einer 263 Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Anh. § 317 AktG Rn. 5, Rn. 23; dies., Konzernrecht, § 28 II 1, S. 406; MüKo-Kropff, Anh. § 317 AktG Rn. 45 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 31 IV 4 a, S. 965; Schürnbrand, „Verdeckte“ und „atypische“ Beherrschungsverträge im Aktien- und GmbH-Recht, ZHR 169 (2005), 35 (58). 264 BGHZ 149, 10 ff. – „Bremer Vulkan“; BGHZ 151, 181 ff. – „Kindl Backwaren Vertriebs-GmbH (KBV)“; jüngst zur reinen Innenhaftung weiterentwickelt in BGHZ 173, 246 ff. – „TRIHOTEL“. 265 Hüffer, § 1 AktG Rn. 25; KK-Koppensteiner, Anh. § 318 AktG Rn. 73. 266 Siehe nur Born, Unternehmensanalyse und Unternehmensbewertung, S. 75 ff. 267 Vgl. Albach, Die Rechtsverhältnisse verbundener Unternehmen, Neue Betriebswirtschaft 1966, 203 (205); Wieland, Die Abbildung von Fremdeinfluß im Abhängigkeitsbericht, S. 224 ff. 268 Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 317 AktG Rn. 10. 269 Kuhlmann/Ahnis, Konzernrecht, C I 3, Rn. 63. 270 Vgl. nur Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 24 VI 2, S. 373 m. w. N. 271 Praktisch unterbleibt schon die Bilanzierung eines Schadensersatzanspruches nach § 317 Abs. 1 AktG, vgl. anschaulich den Fall in BGHZ 124, 111 (119). 272 Vgl. nur Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 27 I, S. 399 f.

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Konsolidierungsstrategie abzuhalten: Im Rahmen der Schadensersatzpflicht nach § 317 Abs. 1, § 117 Abs. 1 AktG wäre – eine Quantifizierbarkeit unterstellt – der kapitalisierte künftige Gewinn aus dem separaten Betrieb der A-Börse zu ersetzen. Infolge der angebots- und nachfrageseitigen Skaleneffekte im Börsendienstleistungsmarkt darf sich die Holdinggesellschaft aus einer vollständigen betreiber- und marktseitigen Konzentration des Börsenbetriebs demgegenüber einen Gewinnzuwachs versprechen, der diesen Betrag deutlich überschreitet.273 Eine gewinnmaximierende Börsenholding würde sich mithin von ihrer Konsolidierungsstrategie nicht abhalten lassen. Geht man hingegen von einer Verlustausgleichspflicht analog § 302 AktG aus, so ist die Holdinggesellschaft von der Erteilung der Einstellungsweisung bis zu dem Zeitpunkt, da sie nach deren Umsetzung im Trägerunternehmen von einer weiteren Einflussnahme absieht,274 zum Ausgleich sämtlicher Verluste des Trägerunternehmens verpflichtet, wie sie sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung des Unternehmens nach § 275 HGB ergeben.275 Als Verlustposten fallen hier neben Abwicklungsaufwendungen für den Personalabbau insbesondere die außerplanmäßigen Abschreibungen auf die mit Betriebseinstellung nutzlos werdende Handelstechnologie an.276 Gemindert oder erhöht wird dieser Betrag um das Betriebsergebnis aus eventuellen anderen Geschäftsfeldern des Trägerunternehmens.277 Hiernach kann sich für die Holdinggesellschaft zwar eine ganz erhebliche Zahlungsverpflichtung ergeben.278 Jedoch lässt sich nicht generell sagen, wie sich dieser Betrag zu den von der Börsenholding erwarteten Gewinnzuwächsen und insbesondere den strategischen Vorteilen einer Konsolidierung verhält. Keinesfalls kann mit Sicherheit beurteilt werden, ob dieses Haftungsrisiko geeignet wäre, die Holding von der Umsetzung ihrer 273 Siehe schon oben 1. a), S. 180 f. Vereinfachend lässt sich sagen, dass aufgrund des Liquiditätseffektes gilt: Gewinn A-Börse + Gewinn B-Börse < Gewinn (A+B)-Börse. 274 Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Anh. § 317 AktG Rn. 23; MüKo-Kropff, § 317 AktG Anh. Rn. 112. 275 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 28 IV 1, S. 411 i. V. m. § 20 V 3, S. 280 m. w. N.; MüKo-Kropff, § 317 AktG Anh. Rn. 109. 276 Vgl. zur außerplanmäßigen Abschreibung mangels weiterer Verwendbarkeit von Betriebsmitteln Coenenberg, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, S. 165, 173 f., zum anzusetzenden Wert in diesem Fall ders., a. a. O. S. 110; Meyer, Bilanzierung nach Handels- und Steuerrecht, Rn. 2330. 277 Vgl. MüKo-Kropff, § 317 AktG Anh. Rn. 109; Emmerich/Habersack, Aktienund GmbH-Konzernrecht, Anh. § 317 AktG Rn. 23 i. V. m. § 302 AktG Rn. 30. 278 So wurde allein die Höhe der außerplanmäßigen Abschreibung auf die nutzlos werdende Handelstechnologie im Rahmen des iX-Projektes – nur eines der beiden Handelssysteme sollte bestehen bleiben und künftig für die FWB und LSE verwendet werden – auf GBP 1 Mrd geschätzt, vgl. Hilton/Lascelles, iX: better or just bigger?, S. 6.

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Strategie abzuhalten,279 zumal die Geltendmachung der Verlustausgleichspflicht – außer im Falle der Insolvenz des Trägerunternehmens – ähnlich zweifelhaft ist wie diejenige möglicher Schadensersatzansprüche.280 Noch weniger lässt sich über die Abschreckungswirkung ein sicheres Urteil abgeben, wenn man in Analogie zur jüngeren GmbH-Rechtsprechung nur eine Existenzvernichtungshaftung annimmt. Denn diese greift in jedem Falle nur, wenn das Trägerunternehmen nachweislich gerade infolge der Einstellungsweisung insolvenzreif wird oder eine bestehende Insolvenz vertieft wird.281 Ist das Trägerunternehmen neben dem eigentlichen Börsenbetrieb auch auf anderen lukrativen Geschäftsfeldern tätig, wie das durchaus üblich und namentlich bei der Deutschen Börse AG der Fall ist,282 so wird es hierzu unter Umständen gar nicht kommen. Jedenfalls wird der Nachweis der Kausalität zwischen Einstellungsweisung und eventueller späterer Insolvenz und damit dem Gläubigerausfall erschwert,283 so dass eine Einstellungsweisung für die Holdingsgesellschaft konzernrechtlich häufig folgenlos bleiben wird. Auch dem Umfang nach führt das Außenhaftungskonzept – die Abwesenheit von Altschulden des Trägerunternehmens aus konzernfreier Zeit unterstellt284 – zu einem tendenziell geringeren Haftungsrisiko der Holding: Sie müsste für Gläubigerforderungen nämlich nur einstehen, wenn und soweit Gläubiger beim insolvenzreifen Trägerunternehmen ausfallen.285 Finanzielle Auswirkungen auf die Holding ergäben sich also erst 279 Näher zur Schwierigkeit, die Höhe eines geeigneten pekuniären Gegenanreizes zu beziffern, sogleich unter c) bb), S. 210. 280 Bezeichnend hierfür ist, dass sich zum qualifiziert faktischen AG-Konzern fast keine Rechtsprechung findet, vgl. Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 28 I 1, S. 404. 281 KK-Koppensteiner, Anh. § 318 AktG Rn. 90. Vgl. auch in Bezug auf die konzernierte GmbH BGHZ 151, 181 (187 f.). – „Kindl Backwaren Vertriebs-GmbH (KBV)“; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 31 II 3 b), S. 432. 282 Vgl. nur Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2005, S. 91. Zur aufsichtsrechtlichen Zulässigkeit dieser Betätigungen vgl. Lorenz, Wertpapierbörse, S. 137 ff. 283 Zur Beweislastverteilung für die Frage der Kausalität vgl. KK-Koppensteiner, Anh. § 318 AktG Rn. 100. 284 Bestehen solche, so erhöhen sie den Umfang einer eventuellen Existenzvernichtungshaftung, aber grundsätzlich nicht die Verlustausgleichspflicht nach § 302 AktG analog. Allerdings hat die hergebrachte h. M. hier bereits mit einer erweiternden Anwendung des § 303 AktG analog zu helfen versucht, vgl. Kuhlmann/Ahnis, Konzernrecht, D IV 2, Rn. 134 i. V. m. D III 2, Rn. 111 unter Verweis auf BGHZ 115, 187 (199) zum GmbH-Konzern. Im Ergebnis dürfte daher der Umfang der Haftung für Altverbindlichkeiten nach beiden Konzepten ähnlich sein. 285 Vgl. KK-Koppensteiner, Anh. § 318 AktG Rn. 84. Dabei ist es gleichgültig, ob es zum Insolvenzverfahren kommt oder dessen Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird, vgl. KK-Koppensteiner a. a. O. Rn. 82. Vgl. auch BGHZ 151, 181 (188); Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 31 III 1, S. 433 f. (in Bezug auf die Existenzvernichtungshaftung bei der GmbH).

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dann, wenn das gesamte Vermögen des Trägerunternehmens einschließlich eventueller früher gebildeter Rücklagen für die Gläubigerbefriedigung verwertet wurde. Demgegenüber sind analog § 302 AktG sämtliche Verluste des Trägerunternehmens während des Zeitraums der qualifizierten Nachteilszufügung auszugleichen, wobei eine Verrechnung grundsätzlich nur mit anderen (fakultativen) Gewinnrücklagen i. S. d. § 272 Abs. 3 S. 2 HGB desselben Zeitraums möglich ist.286 Reicht schon der potentielle Haftungsumfang nach § 302 AktG analog nicht, um die Holding sicher von der Weisungserteilung abzuhalten, so erst recht nicht derjenige, der sich unter dem Existenzvernichtungskonzept ergibt. Die konzernrechtlichen Instrumente können also nicht gewährleisten, dass die Holdinggesellschaft von einer Konsolidierungsstrategie Abstand nimmt. Hieran ändert auch die persönliche Schadensersatzhaftung der Holding-Leitungsorgane nach §§ 317 Abs. 3, 117 Abs. 2 AktG nichts.287 Denn hält man den aus einer Betriebseinstellung resultierenden Schaden mit der herrschenden Meinung für nicht bezifferbar, geht der Anspruch ohnehin ins Leere.288 Hält man ihn für bezifferbar, so droht den Leitungsorganen zwar eine erhebliche und für Privatpersonen auch potentiell prohibitive Haftung.289 Doch kann eine Holding, die zur Durchsetzung einer Konsolidierungsstrategie entschlossen ist, ihre Organwalter hiervon schlicht freistellen.290 Da die Ansprüche der abhängigen Gesellschaft gegen die Holdinggesellschaft sowie gegen deren Leitungsorgane gemäß § 317 Abs. 3, § 117 Abs. 2 S. 1 AktG im Verhältnis der Gesamtschuld stehen, erhöht sich das Haftungsrisiko und damit auch der finanzielle Gegenanreiz hierdurch nicht. 286 H.M., vgl. Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 28 IV 1, S. 411 i. V. m. § 20 V 3, S. 280 f. Str. allerdings für die Einmann-AG, in welcher nach teilweise vertretener Ansicht auch die Verrechnung mit früheren Rücklagen zulässig sein soll, vgl. Eschenbruch, Konzernhaftung, Rn. 3416. 287 Daneben kommt als weitere Anspruchsgrundlage für Schadensersatzansprüche gegen die Leitungsorgane der Konzernmutter auch § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 266, 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB in Betracht, vgl. BGHZ 149, 10 (17 f.) – Bremer Vulkan. 288 Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht (2. Aufl.), Anh. II § 318 AktG Rn. 30. 289 Vgl. Zimmermann, Vereinbarungen über die Erledigung von Ersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften, FS Duden 1977, S. 773 (775). 290 Vgl. Bastuck, Enthaftung des Managements, S. 121; Ihlas, Organhaftung und Haftpflichtversicherung, S. 182 f. Rechtsverbindlich ist das allerdings nur insoweit möglich, als in der den Dritten schädigenden Handlung nicht zugleich eine Sorgfaltspflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft selbst im Sinne von § 93 AktG liegt. Ist das der Fall, so ist nur eine „faktische“ Enthaftung möglich, indem beispielsweise die primär in Anspruch genommene Gesellschaft auf einen Gesamtschuldnerregress gegen ihre Organpersonen verzichtet, vgl. Ihlas, a. a. O., S. 178 m. w. N.

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(2) Gegenanreiz zur Folgeleistung durch den Trägerunternehmensvorstand Der Vorstand des Trägerunternehmens ist nach § 93 AktG als sorgfältiger Geschäftsleiter verpflichtet, der rechtswidrigen Einstellungsweisung die Gefolgschaft zu versagen.291 Setzt er sie dennoch um, so ist er dem Trägerunternehmen dem Grunde nach schadensersatzpflichtig gemäß § 93 Abs. 2 AktG, § 117 Abs. 2 AktG. Zur Geltendmachung dieses Anspruchs ist nach § 112 AktG der Aufsichtsrat des Trägerunternehmens berufen, wobei dies auch ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied erzwingen kann.292 Allerdings fehlt den von der Mehrheitsaktionärin gewählten Aufsichtsratsmitgliedern regelmäßig der Anreiz hierzu.293 Nur wenn das Trägerunternehmen mitbestimmt ist,294 verfügt der Aufsichtsrat in Form der Arbeitnehmervertreter auch über „außenstehende“ Mitglieder, welche zumindest theoretisch ein Interesse an der Durchsetzung des Schadensersatzanspruches haben. Alternativ kann gemäß § 318 Abs. 4 AktG analog, § 309 Abs. 4 S. 1 AktG jeder Minderheitsaktionär sowie nach Maßgabe des § 93 Abs. 5 AktG auch jeder Gesellschaftsgläubiger den Anspruch einklagen.295 Jedoch ist dies aus den bereits oben (1) genannten Gründen – Prozesskostenrisiko, Nichtausschließlichkeit des Vorteilszuflusses – unwahrscheinlich. Kommt es dennoch zur Klage, so stellt sich auch hier die Frage, ob der dem Vorstand nach §§ 93 Abs. 2, 117 Abs. 2 AktG drohende Haftungsumfang als Gegenanreiz ausreichen würde. Es gilt hier – mutatis mutandis – das zur Schadensersatzhaftung des Holdingvorstandes Gesagte, d.h. es geht der Anspruch entweder aufgrund mangelnder Bezifferbarkeit ohnehin 291

Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 24 IV 3, S. 369; § 25 III, S. 385; Kuhlmann/Ahnis, Konzernrecht, C I 4, Rn. 93. 292 BGHZ 135, 244 (252 ff.); Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2522). 293 Unterlässt der Aufsichtsrat pflichtwidrig die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches namens der Gesellschaft, so macht zwar auch er sich theoretisch gemäß §§ 116, 93 Abs. 2 AktG schadensersatzpflichtig, vgl. hierzu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 III 1 a), S. 819 i. V. m. d), S. 826 ff. Doch ist auch das Risiko einer Durchsetzung dieser Ansprüche gegen den Aufsichtsrat, für welche wiederum der Vorstand zuständig ist, sehr niedrig. Vgl. zur geringen praktischen Relevanz der Aufsichtsratshaftung nur U. H. Schneider, Der Aufsichtsrat des abhängigen Unternehmens im Konzern, FS Raiser 2005, S. 341 (356). 294 Zur Mitbestimmung etwa bei der Deutsche Börse AG vgl. etwa dies., Geschäftsbericht 2005, S. 87 sowie vor Einführung des DrittelbG Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (553). 295 MüKo-Kropff, § 318 AktG Rn. 25 f. i. V. m. Rn. 20; Hüffer, § 318 AktG Rn. 10; Kuhlmann/Ahnis, Konzernrecht, C I 4, Rn. 94.

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ins Leere,296 oder die Holding wird die Möglichkeit einer Haftungsfreistellungsvereinbarung mit dem Trägervorstand wählen,297 so dass das Haftungsrisiko aus § 93 AktG für diesen keine Wirkung als Gegenanreiz entfalten kann. Auch für die Holding erweitern sich hierdurch Haftungsumfang und Gegenanreiz nicht, da die Ansprüche des Trägerunternehmens aus §§ 93 Abs. 2, 117 Abs. 2 AktG gegen seine Organwalter sowie aus §§ 317 Abs. 1, 117 Abs. 1 AktG gegen die Holdinggesellschaft wiederum im Verhältnis der Gesamtschuld stehen.298 Insgesamt bieten also konzernrechtliche Abwehrmechanismen keine Möglichkeit, die Durchsetzung eines möglichen Konsolidierungsinteresses der Holdinggesellschaft auf Primärebene zuverlässig zu verhindern.299 bb) Börsenaufsichtsrechtliche Instrumente Es bleibt damit nur der Einsatz börsenaufsichtsrechtlicher Instrumente. Könnte mit ihrer Hilfe dem Trägerunternehmen die Einstellung des Börsenbetriebs in vollstreckbarer Weise untersagt bzw. die Holdinggesellschaft gar schon von der Weisungserteilung abgehalten werden, so stünde fest, dass eine Konzerneingliederung der Trägertauglichkeit nicht grundsätzlich entgegensteht. (1) Instrumente gegenüber dem Trägerunternehmen Das Trägerunternehmen steht, entsprechend seiner Stellung im börslichen Betreibermodell, unter einer doppelten Aufsicht durch die Börsenaufsichtsbehörde als Genehmigungsbehörde und durch die Börsenanstalt als derjeni296 Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht (2. Aufl.), Anh. II § 318 AktG Rn. 30. 297 Vgl. Ihlas, Organhaftung und Haftpflichtversicherung, S. 183. Allgemein zur Möglichkeit vertraglicher Vereinbarungen zwischen Muttergesellschaft und Tochtervorstand über die Schadensersatzpflicht aus § 93 AktG Zimmermann, Vereinbarungen über die Erledigung von Ersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften, FS Duden 1977, S. 773 (781). 298 Soweit die Haftung der Holdinggesellschaft und der Vorstandsmitglieder des Trägerunternehmens auf § 117 AktG gestützt wird, folgt die Gesamtschuld schon aus der ausdrücklichen Anordnung in § 117 Abs. 2 S. 1 AktG. Die Gesamtschuld besteht aber auch insoweit, als Schadensersatzansprüche gegen die Holding auf die spezifisch konzernrechtliche Anspruchsgrundlage des § 317 Abs. 1 AktG gestützt werden, vgl. nur Hüffer, § 318 AktG Rn. 10 m. w. N. 299 Im Ergebnis wie hier, wenn auch mit anderem rechtlichen Ansatz, U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (34). A. A. Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2521 ff., 2525 ff.).

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gen Verwaltungsträgerin, der es als Verwaltungshelfer unmittelbar zu- und untergeordnet ist:300 Die Börsenaufsichtsbehörde prüft im Rahmen des Genehmigungsverfahrens die Trägertauglichkeitsvoraussetzungen; nach der Anstaltserrichtung obliegt ihr die fortlaufende Prüfung und Sicherung der strukturellen Trägertauglichkeitsvoraussetzungen,301 also der persönlichen Zuverlässigkeit, der allgemeinen finanziellen Solidität sowie der eigenunternehmerischen Anreiz- sowie Finanzsituation in der Person des Trägerunternehmens. Die Börsenaufsichtsbehörde führt damit eine Rechtsaufsicht über das Trägerunternehmen.302 Hierzu kann sie die Anteilseignerkontrolle gemäß § 3 BörsG 2002 (= § 6 BörsG 2007) durchführen und als ultima ratio die Börsengenehmigung gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 BörsG 2002 (= § 4 Abs. 5 BörsG 2007), §§ 48, 49 (L)VwVfG aufheben, wenn die Trägertauglichkeitsvoraussetzungen entfallen sind. Eine allgemeine Anordnungskompetenz gegenüber dem Trägerunternehmen, mit der dem Trägerunternehmen eine bestimmte Art der Leistungserbringung gegenüber der Anstalt aufgeben bzw. die Befolgung einer Weisung der Konzernmutter untersagt werden könnte, fehlt der Börsenaufsichtsbehörde hingegen.303 Eine solche allgemeine Anordnungskompetenz hat die Börsenaufsichtsbehörde gemäß § 2 Abs. 2 BörsG 2002 300

Siehe bereits oben Abschnitt 1, A. II. 2., S. 112. Vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.264. Durch das FRUG nunmehr klargestellt in §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 5 BörsG 2007. 302 Mues, Anmerkungen zum Börsengesetz, ZBB 2001, 353 (357). Ebenfalls für eine Rechtsaufsicht der Börsenaufsichtsbehörde über das Trägerunternehmen die hLit, wobei diese allerdings neben den Trägertauglichkeitsvoraussetzungen meist auch die Erfüllung der Betriebspflicht als Gegenstand der Rechtsaufsicht ansieht, vgl. Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 40 f., S. 57 f.; Groß, § 2 BörsG Rn. 15; Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 40. Einer solchen Rechtsaufsicht könnte es freilich nur darum gehen, zu prüfen, ob das Betreiberunternehmen die von der Anstalt jeweils angeforderten Gegenstände auch tatsächlich bereitstellt. Weiter (auch Fachaufsicht) Blumentritt, Börse, S. 18; Lorenz, Wertpapierbörse, S. 83 f. m. w. N., der allerdings die Frage offen lässt, in welchem Verhältnis eventuelle fachaufsichtliche Weisungen zu den börsenanstaltlichen Mittelanforderung stehen sollen. 303 Groß, § 2 BörsG Rn. 15; Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2404 mit Fn. 43). Vgl. auch Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 40 f., S. 57 f., der zwar die Börsenaufsichtsbehörde für grundsätzlich zuständig hält, die Erfüllung der Betriebspflicht durch das Trägerunternehmen zu beaufsichtigen, der an Aufsichtsinstrumenten aber nur die Möglichkeit der nachträglichen Auferlegung von Nebenbestimmungen zur Börsengenehmigung nennt, im Übrigen aber „Eingriffs- und Weisungsrechte in die Strukturen und die allgemeine Geschäftspolitik des Trägers“ strikt verneint. Ausdrücklich gegen ein Anordnungsrecht auch Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 29, S. 30 sowie ders., Reform des Börsenrechts, BKR 2002, 662 (667). Auch die übrige Literatur, die eine aufsichtsbehördliche Rechts- oder gar Fachaufsicht über die Art- und Weise der trägerunternehmerischen Betriebspflichterfüllung annimmt (siehe oben Fn. zuvor), hält sich bezüglich der einsetzbaren Aufsichtsmittel sehr bedeckt. 301

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(= § 3 Abs. 5 BörsG 2007) allenfalls gegenüber der Börsenanstalt selbst.304 Schickt sich das Trägerunternehmen also zur Einstellung des Börsenbetriebs an, so kann die Börsenaufsichtsbehörde hierauf nur mit der Drohung des Genehmigungsentzugs nach § 1 Abs. 1 S. 2 BörsG 2002 (= § 4 Abs. 5 BörsG 2007), § 49 (L)VwVfG reagieren.305 Weder die Holdinggesellschaft noch das von ihr abhängige Management des Trägerunternehmens selbst werden sich hiervon allerdings beeindrucken lassen, wissen doch auch sie, dass ein Trägeraustausch praktisch nicht möglich ist306 und demnach auch durch einen Genehmigungsentzug die (strategisch ja gerade angestrebte) Einstellung des Börsenbetriebs an der Anstaltsbörse nicht verhindert werden kann. Auch die Alternative zum Genehmigungswiderruf, nämlich die nachträgliche Verhängung von Nebenbestimmungen, die als Minusmaßnahme auf Grundlage der § 1 Abs. 1 S. 2 BörsG 2002 (= § 4 Abs. 5 BörsG 2007), § 49 (L)VwVfG grundsätzlich zulässig wäre,307 ist von eher theoretischer Bedeutung: Sie könnte im vorliegenden Zusammenhang allenfalls in der „Auflage“ bestehen, der Holdingweisung nicht Folge zu leisten, sondern die Betriebspflicht unverändert zu erfüllen. Dies wäre eine schlichte Duplikation der ohnehin bestehenden öffentlich-rechtlichen Betriebspflicht und könnte ebenso wenig wie diese mit dem rudimentären Instrumentarium der Börsenaufsichtsbehörde erzwungen werden. Hingegen unterliegt die eigentliche Erfüllung der trägerunternehmerischen Betriebspflicht der inhaltlichen Steuerung308 und Überwachung309 durch die Börsenanstalt: Ihr räumt § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 304 Posegga, Zusammenschluss von Börsen, WM 2002, 2402 (2404). Mit dem FRUG wurde das nunmehr in § 3 Abs. 5 BörsG 2007 normierte Anordnungsrecht so erweitert, dass theoretisch auch das Trägerunternehmen als Adressat in Betracht kommt. Inhaltlich erstreckt sich die Anordnungsbefugnis jedoch keinesfalls auf die Erfüllung der Betriebspflicht, siehe näher hierzu Nachtrag B. II., S. 541 ff. 305 Groß, § 2 BörsG Rn. 15. 306 Siehe oben III. 1. b), S. 153 ff. 307 Beck, Reform des Börsenrechts, BKR 2002, 662 (667); Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 41, S. 59. Allg. Kopp/Ramsauer, § 49 VwVfG Rn. 14 i. V. m. § 48 VwVfG Rn. 40. 308 Vgl. nur Mues, Anmerkungen zum Börsengesetz, ZBB 2001, 353 (357). Dass die Anstalt den genauen Inhalt der Betriebspflicht mit ihrem Anforderungsrecht festlegt, bestreiten selbst die Vertreter einer börsenaufsichtsbehördlichen Fachaufsicht nicht, vgl. Lorenz, Wertpapierbörse, S. 128. 309 Breitkreuz, Börse, S. 192; Christoph, Börsenkooperationen, S. 150. A. A. insoweit wohl die hLit, welche die Aufsicht über die Erfüllung der (durch anstaltliche Anforderung konkretisierten) Betriebspflicht allein der Börsenaufsichtsbehörde zuweist, vgl. die oben Fn. 302 erwähnten Autoren. Gänzlich unlogisch wird diese Aufteilung der Anforderungs- und Überwachungszuständigkeit, wenn dieselben Autoren dann wiederum der Anstalt die zwangsweise Durchsetzung der Leistungspflicht zuweisen, vgl. Lorenz, Wertpapierbörse, S. 129.

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Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) ein Leistungsanforderungsrecht für Sach-, Personal- und Finanzmittel ein, mit welchem die Börsengeschäftsführung bis ins Detail gehende Einzelanforderungen an die trägerunternehmerische Betriebstätigkeit stellen kann.310 Der Anstalt kommt damit gleichsam eine „Fachaufsicht“ über die Erfüllung der Verwaltungshelferrolle durch das Trägerunternehmen zu.311 Im Normalfall bedarf es dieser Anforderungen nicht, da das Trägerunternehmen im Rahmen der anstaltlichen Gesamtkonzeption eigeninitiativ tätig wird.312 Verweigert das Trägerunternehmen aber die weitere Mitwirkung am Börsenbetrieb, so verleiht § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) der Anstalt zumindest theoretisch die Möglichkeit, die nötigen Einzelleistungen anzufordern und dann im Wege der Verwaltungsvollstreckung313 oder der verwaltungsgerichtlichen Klage314 die Weitererfüllung der Betriebspflicht zu erzwingen.315 Freilich ist dies illusorisch, solange die praxisübliche Personalunion zwischen Börsengeschäftsführung und Leitungsorganen des Trägerunternehmens besteht. Aber auch nach deren Auflösung ist die Praktikabilität eines solchen Vorgehens ausgesprochen zweifelhaft: Nach jahrzehntelanger Überlassung der unternehmerischen Verantwortung im technisch-infrastrukturellen Bereich an das Trägerunternehmen wird die Börsenanstalt kurzfristig keinen Rollenwechsel dahingehend vollziehen können, dass sie die Leitung an sich zieht und das Trägerunternehmen in eine rein exekutorische Rolle (zurück-)verweist.316 Eine detaillierte Einzelsteuerung ist demnach kaum möglich, das 310

Siehe oben A. I., S. 137. Vgl. Mues, Anmerkungen zum Börsengesetz, ZBB 2001, 353 (357). Auf Basis des herkömmlichen Beleihungsmodells, welches das Trägerunternehmen als Anstaltsträger (und nicht als Verwaltungshelfer) ansieht und damit das öffentlich-rechtliche Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen Anstalt und Trägerunternehmen gerade umkehrt, muss eine „Fachaufsicht“ der Anstalt über das Trägerunternehmen freilich eine Absurdität sein. Aus Sicht des Beleihungsmodells stellt allerdings schon das anstaltliche Leistungsanforderungsrecht nach § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) einen Fremdkörper dar, dessen Vereinbarkeit mit der organisationsrechtlichen Überordnung eines Anstaltsträgers über die von ihm getragene Anstalt indes unhinterfragt bleibt, vgl. nur die Kommentierung von Schwark-Beck zu § 1 BörsG Rn. 15 einerseits und Rn. 16 andererseits. 312 Siehe oben III. 3. b), S. 166 ff., insb. S. 170. Vgl. auch Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 18, S. 38 bei Fn. 141. 313 So, wenn man mit Breitkreuz, Börse, S. 152 in den anstaltlichen Leistungsanforderungen richtigerweise Verwaltungsakte sieht. Siehe hierzu auch schon oben S. 145 mit Fn. 45. 314 So Lorenz, Wertpapierbörse, S. 129; Breitkreuz, Börse, S. 192, allerdings inkonsequent im Hinblick auf die von ihm angenommene Qualität der Leistungsanforderungen als Verwaltungsakte. 315 Hiervon gehen offenbar Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, 19 (42 f.); Lorenz, Wertpapierbörse, S. 129 sowie Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2521) aus. 311

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Trägerunternehmen muss vielmehr eine unternehmerische Gesamtbetriebstätigkeit für die Börse erbringen. Diese kann von der Anstalt wohl angefordert, als unvertretbare Handlung aber nicht gegen den Willen des Trägerunternehmens erzwungen werden. Das nach den Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzen mögliche Zwangsgeld von EUR 50.000317 kann zwar wiederholt festgesetzt werden.318 Voraussetzung ist jedoch jeweils die Setzung angemessener Erfüllungsfristen, wobei verwaltungspraktisch schon die Bestimmung einer solchen Frist für eine unternehmerische Gesamtbetriebstätigkeit erhebliche Schwierigkeiten bereiten dürfte. Jedenfalls trifft die Zwangsgeldhaftung nur das Trägerunternehmen als solches und ist schon aus diesem Grund weder geeignet, die Holding von der Weisungserteilung noch den Vorstand des Trägerunternehmens von deren Befolgung abzuhalten. (2) Instrumente gegenüber der Börsenholding Gegenüber der Börsenholding bestehen aufsichtsrechtliche Eingriffsbefugnisse ausschließlich im Rahmen der Anteilseignerkontrolle nach § 3 BörsG 2002 (= § 6 BörsG 2007): Zum Schutz der Trägertauglichkeitsvoraussetzungen kann die Börsenaufsichtsbehörde präventive Erwerbsverbote aussprechen oder bei bestehendem Anteilsbesitz Stimmverbote verhängen. Ein allgemeines Anordnungsrecht der Börsenaufsichtsbehörde – oder gar der Börsenanstalt – gegenüber bedeutenden Anteilseignern des Trägerunternehmens kennt das Gesetz demgegenüber nicht. Wollte man es unter Rückgriff auf die polizeiliche Generalklausel konstruieren,319 so könnte der Börsenholding zwar aufgeben werden, die Einstellungsweisung zu unterlassen. Das maximal zulässige (und durch einmalige Zuwiderhandlung auch nur einmal verwirkte320) Zwangsgeld von EUR 50.000 wäre jedoch noch 316 Vgl. zum laufzeitabhängigen Schwund des Sachverstands beim öffentlichen Aufgabenträgers im Betreibermodell Bodanowitz, Organisationsformen, S. 150 m. w. N. 317 Vgl. z. B. § 23 bad.-württ. VwVG; § 76 Abs. 2 HessVwVG. 318 Vgl. § 13 Abs. 1, Abs. 6 VwVG und die Parallelnormen der Länder, z. B. § 19 Abs. 4 bad.-württ. VwVG, § 71 Abs. 1 HessVwVG. 319 Vgl. zu Möglichkeit und Grenzen des Rückgriffs auf die polizeiliche Generalklausel beispielsweise durch die Sonderordnungsbehörden in Baden-Württemberg Würtenberger/Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, Rn. 135 i. V. m. Rn. 256. Schutzgut des Polizeirechtes ist dabei auch die Sicherung der Funktionsfähigkeit öffentlicher Aufgabenträger, vgl. dies., a. a. O., Rn. 403. Gegen einen solchen Rückgriff im Bereich des Börsenaufsichtsrechts zutreffend Breitkreuz, Börse, S. 202, der einen numerus clausus der börsenrechtlichen Aufsichtsmittel annimmt. 320 Zwangsgelder zur Erzwingung von Unterlassungspflichten werden durch die Zuwiderhandlung verwirkt und können dann – im Falle fortdauernder Unterlas-

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viel weniger als die konzernrechtliche Schadensersatz- bzw. Verlustausgleichspflicht geeignet, eine zur Konsolidierungsstrategie entschlossene Börsenholding von ihren Plänen abzuhalten. Auch mit börsenaufsichtsrechtlichen Instrumenten kann also nicht verhindert werden, dass ein früher oder später aufkeimendes Konsolidierungsinteresse der Holding auf das Trägerunternehmen durchschlägt und dort die eigenunternehmerische Anreizsituation entfallen lässt. Grundsätzlich zeigt sich daher ein Bedarf nach präventiver Sicherung der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe, indem durch ein Anteilserwerbsverbot schon die Trägerkonzernierung als solche verhindert wird. Freilich dürfte in der Konzernpraxis weniger die Weisung zur offen börsenrechtswidrigen Einstellung der Betriebstätigkeit als vielmehr die allmähliche Geschäftschancenverlagerung auf den Betreiber der konzernintern ausersehenen Konzentrationsbörse eine Rolle spielen.321 c) Verdeckte Geschäftschancenverlagerung innerhalb des Börsenholdingkonzerns Grundlage der Geschäftschancenverlagerung ist ein dichter Informationsfluss zwischen der Holding und ihren operativen Töchtern, wie er insbesondere durch eine personelle Verflechtung in den Leitungsgremien hergestellt werden kann.322 Er vermittelt der Holding nicht nur einen genauen Überblick über die Marktchancen der operativen Töchter, bei ihr laufen auch sämtliche Geschäftsideen und das konzernweite Know-how zusammen. Auf dieser Basis erfolgt im strategischen Holdingkonzern die zentrale Steuerung des Angebots- und Produktionsverhaltens der operativen Töchter.323 Verfolgt die Holding eine Konzentrationsstrategie, so kann sie unter Umleitung sungspflichten – erneut angedroht und festgesetzt werden, vgl. Engelhardt/App, § 13 VwVG Rn. 12. Nach Landesrecht ist teilweise von vornherein die Androhung eines Zwangsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung möglich, vgl. im Überblick dies., a. a. O. § 13 VwVG Rn. 13, was die insgesamt verwirkte Summe erheblich erhöhen kann. Im vorliegenden Fall ist dies freilich irrelevant, hätte sich doch ein Verbot der Weisungserteilung mit Einstellung der Börse jedenfalls erledigt. 321 Vgl. zur Geschäftschancenverlagerung als Konzerngefahr Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 1 III 3, S. 10 f. Einen Teilaspekt hiervon bildet die von U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (34 f.) befürchtete „personelle und materielle“ Austrocknung der inländischen Börse. Je weniger offensichtlich dabei der Aufsichtsrechtsverstoß, desto geringer wird auch ein eventueller (pro forma-)Widerstand des Tochtervorstands sein, vgl. van de Sande, Unternehmensgruppe, S. 50. 322 Lutter-Keller, Holding-Handbuch, § 4 Rn. 78; Theisen, Der Konzern, S. 129. 323 Siehe nur Theisen, Der Konzern, S. 181 ff.

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der vom Trägerunternehmen entwickelten Geschäftsideen veranlassen, dass marktgerechte Weiterentwicklungen der Börsendienstleistung nur noch an der designierten Konzentrationsbörse realisiert werden.324 Die Holding kann hierdurch die relative Wettbewerbsfähigkeit verändern und die Anstaltsbörse international zurückfallen lassen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der technisch-infrastrukturellen wie auch der regulativen Ausgestaltung der Börsendienstleistung, gehen doch börsenpraktisch auch die wichtigsten Initiativen in diesem Gebiet vom Trägerunternehmen aus.325 Ab einem bestimmten Leistungsrückstand ist ein Wechsel zumindest der institutionellen Investoren zu attraktiveren Handelsmöglichkeiten zu erwarten.326 Eine solche Handelsmöglichkeit können aufgrund der schon bislang in vielen Rechtsordnungen bestehenden327 und mit Umsetzung von Art. 40 Abs. 5 MFIRL europaweit gegebenen Einbeziehungsmöglichkeit für andernorts börsenzugelassene Wertpapiere sämtliche europäische Börsen anbieten328. In Ausübung dieser Möglichkeit wird sich insbesondere die designierte Konzentrationsbörse darum bemühen, eine attraktive Handelsmöglichkeit in den bislang an der Anstaltsbörse gehandelten Wertpapieren anzubieten und die Orderströme so auf sich umzulenken. Bedingt durch den Liquiditätseffekt erfolgt ein solcher Wechsel typischerweise kollektiv und kann so innerhalb kurzer Zeit zum Versiegen der wichtigsten Orderströme an der Anstaltsbörse führen,329 an der im schlechtesten Falle nur noch ein wenig liquider Handel aus Privatanlegerorders bestehen bliebe.

324 U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (35); allg. Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 1 III 3, S. 10. 325 Vgl. Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 18, S. 38 mit Fn. 141. Neben der dort beispielhaft erwähnten Einführung des zentralen Kontrahenten an der FWB gilt das auch für die Errichtung des seinerzeitigen Neuen Marktes an der FWB, vgl. hierzu Potthoff/Stuhlfauth, Der Neue Markt, WM 1997 Sonderbeilage 3/26, 3. Auch die jetzige Segmentierung in General- und Prime-Standard geht auf die Initiative der Deutsche Börse AG zurück, vgl. dies., Rundschreiben Neue Aktienmarktsegmentierung v. 22. November 2002. 326 Vgl. Svindland, Elektronische Märkte, S. 103 (108 f.); van Steenis/Härle, The Future of Equity Trading in Europe, S. 37 unter Hinweis auf den Wechsel der wesentlichen institutionellen Ordervolumina von LIFFE zur Eurex aufgrund deren technologischen und Kostenvorsprungs in den 1990er-Jahren. 327 Siehe hierzu auch unten Teil 3, Abschnitt 3, A. III. 3. b) aa) (1) (b), S. 486 f. mit Fn. 387. 328 In Deutschland nunmehr umgesetzt in § 33 BörsG 2007, näher hierzu siehe Nachtrag C. III., S. 553. 329 In den Worten der ökonomischen Netzwerktheorie unterliegt der Börsendienstleistungsmarkt dem Phänomen des tipping, vgl. Ahdieh, Making Markets, S Cal L Rev 76 (2003), 277 (305 ff.). Näher und differenzierend zum zugrundeliegenden Liquiditätseffekt indes unten Teil 3, Abschnitt 3, A. III. 2., S. 465 f. m. w. N.

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aa) Konzernrechtliche Instrumente Auch gegenüber dieser verdeckten Einflussnahme greifen die oben [b) aa), S. 190 ff.] dargestellten konzernrechtlichen Instrumente. Eine Sicherung der eigenunternehmerischen Interessenlage versprechen sie aber wiederum nur, wenn der drohende Haftungsumfang einen ausreichenden finanziellen Gegenanreiz setzt, um die Holding von der Einflussnahme bzw. die Leitungsorgane des Trägerunternehmens von der Folgeleistung abzuhalten. (1) Gegenanreiz zur Ausübung der Einflussmacht durch die Börsenholding Dabei bedarf es zu einer Geschäftschancenverlagerung zumindest zeitweilig einer sehr detaillierten Steuerung des Angebots- und Produktionsverhaltens des Trägerunternehmens durch die Holding. Schon aufgrund der hierfür erforderlichen Maßnahmendichte scheitert, ungeachtete einer eventuellen Quantifizierbarkeit des Gesamteffekts der intendierten Volleinstellung nach § 278 ZPO, ein Einzelausgleich der nachteiligen Wirkungen. Es liegt daher ein Fall der qualifizierten Nachteilszufügung vor,330 dessen Rechtsfolge nach bisher herrschender Meinung in der Verlustausgleichspflicht analog § 302 AktG, nach neuerer Ansicht in eine sog. Existenzvernichtungshaftung besteht.331 Ist die Holding ausgleichspflichtig analog § 302 AktG, so hat sie sämtliche Verluste des Trägerunternehmens während des Zeitraums der qualifiziert-faktischen Konzernierung auszugleichen, also von Beginn der geschäftschancenverlagernden Einflussnahme bis zu deren Ende.332 Dabei wird die Holding von dieser Einflussnahme frühestens Abstand nehmen, wenn die Verlagerung der wesentlichen Orderströme auf die designierte Konzentrationsbörse erreicht ist. Wegen des Liquiditätseffektes findet ein Umschwenken der Orderströme erst statt, wenn sich eine gewisse kollektive Erwartungshaltung über den künftig liquidesten Handelsplatz herausgebildet hat.333 Dies kann einige Zeit dauern, während derer die Ordervolumina trotz allmählichen Absinkens des Leistungsniveaus weiterhin der Anstalts330 KK-Koppensteiner, Anh. § 318 AktG Rn. 94; Emmerich/Habersack, Aktienund GmbH-Konzernrecht, Anh. § 317 AktG Rn. 17; MüKo-Kropff, § 317 AktG Anh. Rn. 69. Qualifizierte Nachteilszufügung jedenfalls unter dem inhaltlichen Gesichtspunkt der Geschäftschancenverlagerung: Bruns, Existenz- und Gläubigerschutz in der GmbH, WM 2003, 815 (819 f.), der in der Geschäftschancenverlagerung sogar den Inbegriff der qualifizierten Nachteilszufügung sieht. 331 Vgl. oben unter b) aa) (1), S. 192 mit Nachweisen. 332 Vgl. MüKo-Kropff, § 317 AktG Anh. Rn. 112. 333 Vgl. Shy, The Economics of Network Industries, S. 3.

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börse zufließen.334 In dieser Zeit ist zunächst ein normaler und – so sei unterstellt – verlustfreier Weiterbetrieb der Anstaltsbörse möglich. Erfolgt dann allerdings der Wechsel auf einen anderen Handelsplatz, so entstehen Verluste durch außerplanmäßige Abschreibungen auf die überflüssig gewordenen Teile der Handelsinfrastruktur335 sowie durch fortlaufend hohe Aufwendungen für Personal, Mieten u. ä., bis die Anpassung des Betriebsaufwands an die verringerte Nachfrage vollzogen ist. Danach ist es, sofern nicht infolge des Liquiditätsmangels ohnehin ein Genehmigungsentzug nach § 1 Abs. 1 S. 2 BörsG 2002 (= § 4 Abs. 5 BörsG 2007), § 49 (L)VwVfG erfolgt,336 eine Frage des Einzelfalles, ob sich die Restbörse profitabel weiter betreiben lässt. Ist das der Fall, so beschränkt sich die Verlustausgleichspflicht der Mutter analog § 302 AktG auf die beschriebenen Verluste des Anpassungszeitraumes. Erfolgt ein Genehmigungsentzug oder ist ein kostendeckender Weiterbetrieb der Börse nicht möglich und hat die Einflussnahme der Holding mithin das Trägerunternehmen insgesamt oder zumindest das Geschäftsfeld des Börsenbetriebs vernichtet, so ist der auszugleichende Verlust im Sinne des § 302 AktG unter Ansatz von Zerschlagungswerten zu berechnen.337 Der Haftungsumfang gleicht damit demjenigen bei expliziter Einstellungsweisung [oben b) aa) (1), S. 194 f.]. Hier wie dort gilt, dass er zwar ganz erheblich sein kann, dass sich aber nicht generell sagen lässt, wie er sich zur voraussichtlichen Gewinnsteigerung und insbesondere den langfristigen strategischen Vorteilen einer erfolgreichen marktseitigen Konzentration verhält. A fortiori gilt dies – wie oben – wenn man bei qualifiziert faktischer Nachteilszufügung lediglich eine Existenzvernichtungshaftung annimmt. Mangels Isolierbarkeit einzelner Veranlassungsmaßnahmen und der ihnen zuzuordnenden negativen Auswirkungen laufen auch die – dem Grunde nach durchaus gegebenen – Schadensersatzansprüche des Trägerunternehmens gegen die Leitungsorgane der Holding nach § 317 Abs. 1 und Abs. 3 AktG sowie § 117 AktG338 ins Leere. Nimmt man außerdem eine gesamtschuldnerische Mithaftung der Leitungsorganpersonen für die Verlustaus334

Vgl. van Steenis/Härle, The Future of Equity Trading in Europe, S. 37. Vgl. Coenenberg, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, S. 165, S. 173 f. 336 Zum Genehmigungshindernis respektive Aufhebungsgrund einer „Kümmerbörse“ vgl. Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 33 i. V. m. Rn. 20; ähnlich SchwarkBeck, § 1 BörsG Rn. 20; Groß, § 1 BörsG Rn. 15. Vgl. auch oben Abschnitt 1, A. II. 1., S. 108 f. 337 MüKo-Kropff, § 317 AktG Anh. Rn. 98; Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Anh. § 317 AktG Rn. 23 i. V. m. § 302 AktG Rn. 39. Ähnlich (für den Verlustausgleich nach § 302 AktG im Vertragskonzern) auch KK-Koppensteiner, § 302 AktG Rn. 37. 338 Vgl. Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Anh. § 317 AktG Rn. 23. 335

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gleichspflicht der Holding an,339 so gilt auch hier wiederum nichts anderes als oben: Für die Vorstandsmitglieder persönlich von prohibitivem Umfang, kann die Haftung im Innenverhältnis von der Holdinggesellschaft übernommen und der Gegenanreiz somit neutralisiert werden.340 Konzernrechtliche Instrumente sind demnach nicht geeignet, die Holdinggesellschaft zuverlässig von einer geschäftschancenverlagernden Einflussnahme auf das Trägerunternehmen abzuhalten.341 (2) Gegenanreiz zur Folgeleistung durch den Trägerunternehmensvorstand Auch die Schadensersatzansprüche des Trägerunternehmens gegen seine eigenen Leitungsorgane nach §§ 93, 117 Abs. 2 AktG bzw. §§ 93, 116, 117 Abs. 2 AktG wegen pflichtwidriger Mitwirkung an der Geschäftschancenverlagerung gehen mangels Isolier- und Bezifferbarkeit ins Leere. Sie entfalten damit kaum einen praktischen Anreiz für die Organwalter, sich der Einflussnahme der Holding zu widersetzten. Ein gewisses Hindernis könnte allenfalls § 404 AktG darstellen, der die unbefugte Offenbarung von Geschäftsgeheimnissen, welche ja gerade die Grundlage der konzerninternen Geschäftschancenverlagerung bildet, unter Strafe stellt.342 Indes wird die Tat gemäß § 404 Abs. 3 AktG nur auf Antrag der Gesellschaft verfolgt; bei der Tat eines Vorstandsmitgliedes ist der Aufsichtsrat antragsberechtigt, bei der Tat eines Aufsichtsratsmitglieds der Vorstand.343 Aus den schon oben bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber Organwaltern dargelegten Gründen wird auch hier regelmäßig kein Anreiz für den Aufsichtsrat bestehen, Strafantrag gegen die Vorstandsmitglieder zu stellen, und umgekehrt.344 339

MüKo-Kropff, § 317 AktG Anh. Rn. 130. Siehe bereits oben b)aa) (1), S. 196 mit Nachweisen. 341 I. E. wie hier offenbar U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (35), allerdings nur in Bezug auf den Teilaspekt der Verlagerung von personellen und technischen Ressourcen. Dabei bleibt unklar, ob das konzernrechtliche Instrumentarium schon tatbestandlich nicht für einschlägig erachtet oder lediglich für praktisch nicht effektiv gehalten wird. A. A. Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2523 f. und 2526). 342 Dabei bewirkt zwar grundsätzlich die Zustimmung der übrigen Aufsichtsratsbzw. Vorstandsmitglieder, dass das Offenbaren nicht unbefugt im Sinne der Strafnorm ist, vgl. MüKo-Schaal, § 404 AktG Rn. 34. Richtigerweise wird man aber mit Scholz-Tiedemann, § 85 GmbHG Rn. 20 einer Zustimmung, die einer dem Unternehmensinteresse inhärent zuwiderlaufenden Geschäftschancenverlagerung auf die Konzernmutter dient, die Wirksamkeit versagen müssen. 343 Das antragsberechtigte Organ muss dabei die Antragstellung mehrheitlich beschließen, vgl. MüKo-Schaal, § 404 AktG Rn. 67. 340

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bb) Börsenaufsichtsrechtliche Instrumente Den einseitigen Instrumenten der Börsenaufsichtsbehörde und der Börsenanstalt ist, wie schon gegenüber der expliziten Einstellungsweisung, so erst recht hier wenig praktischer Erfolg beschieden: Zu den schon oben aufgezeigten Schwierigkeiten345 tritt nämlich das Problem hinzu, dass sich die Einflussnahme der Holding zunächst nur in einer schleichenden Verschlechterung der Betriebspflichterfüllung niederschlägt, die sich angesichts der tatsächlichen Sachverstandsverteilung346 für Anstalt und Börsenaufsicht erst manifestiert, wenn der Abzug nennenswerter Orderströme erfolgt und damit ein kaum wieder gutzumachender Schaden für die Anstaltsbörse eingetreten ist.347 Aufsichtsrechtliche Maßnahmen, die erst dann ergriffen werden, kommen jedenfalls zu spät. Erforderlich ist also ein vorgelagerter Abwehrmechanismus, der einer geschäftschancenverlagernden Einflussnahme der Holding bzw. einer Folgeleistung durch das Trägerunternehmen mithilfe eines – nunmehr öffentlich-rechtlich fundierten – finanziellen Gegenanreizes entgegenwirkt, wel344

Vgl. oben b) aa) (2), S. 197. Einen gewissen Beleg hierfür wird man in der Spärlichkeit der Rechtsprechung zu § 404 AktG sehen können, vgl. etwa die Nachweise bei MüKo-Schaal, § 404 AktG. 345 Siehe soeben b) bb), S. 198 ff. 346 Im Realtypus des börslichen Betreibermodells lässt die Anstalt dem Trägerunternehmen weitestgehende unternehmerische Freiheit bei der Erbringung der technisch-infrastrukturellen Betriebstätigkeit. Wie bereits mehrfach angeklungen, fehlt der Börsenanstalt (und erst recht der Börsenaufsichtsbehörde) nach jahrzehntelanger Überlassung der unternehmerischen Verantwortung an das Trägerunternehmen der Sachverstand, um beurteilen zu können, welche Investitionen zum Erhalt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit erforderlich sind, und welches Niveau hierzu eben nicht mehr ausreicht, zumal hierzu ein bloßes Gleichziehen mit bereits marktüblichen Technologien, wie oben III. 1. b), S. 152 gezeigt, regelmäßig unzureichend ist. 347 Zwar zeigt die Börsenrealität, dass mittel- bis langfristig die Rückgewinnung verlorener Ordervolumina durchaus möglich ist. So waren in den 1980er Jahren große Teile des kontinentaleuropäischen institutionellen Ordervolumens auf die seinerzeit wesentlich kostengünstigere Londoner Börse abgewandert, sie konnten aber später von den kontinentaleuropäischen Börsen durch eine Modernisierungsinitiative zurückerobert werden, vgl. Michie, The London Stock Exchange, S. 623; Svindland, Elektronische Märkte, S. 103 (108). Voraussetzung für eine solche Rückeroberung wäre aber wegen des Liquiditätseffektes, dass die inländische Börse einen erheblichen Attraktivitätsvorsprung über die Schwesterbörse gewinnt, was praktisch auch bei allem Investitionseifer nur dann möglich sein dürfte, wenn die Schwesterbörse ihrerseits die nötigen Erneuerungen „verschläft“, vgl. van Steenis/Härle, The Future of Equity Trading in Europe, S. 37. So wurde die Rückeroberung der kontinentaleuropäischen Ordervolumina nicht zuletzt dadurch ermöglicht, dass die Londoner Börse auf den kontinentaleuropäischen Trend zur vollständigen Computerisierung des Handels verspätet reagierte, vgl. Michie, a. a. O., S. 614.

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cher die Vorteile der Konzentrationsstrategie aufwiegt. Geeignete Handlungsform hierfür ist der Verwaltungsvertrag mit seiner Möglichkeit, eine Vertragsstrafe zu vereinbaren.348 Im Gegensatz zum bloßen Schadensersatz für die Einstellung des inländischen Börsenbetriebs, der, wie oben zu § 317 AktG gezeigt, immer unterhalb des zu erwartenden Gewinns aus der Börsenkonzentration liegt und daher als Gegenanreiz notgedrungen unzureichend ist,349 kann eine Vertragsstrafe gemäß §§ 62 (L)VwVfG i. V. m. §§ 339 ff. BGB auch höher angesetzt werden350 und damit möglicherweise prohibitive Wirkung entfalten.351 Dabei ist ein Vertragsschluss mit dem Trägerunternehmen nicht erfolgversprechend,352 träfe doch die finanzielle Folge einer Zuwiderhandlung nur dieses selbst und nicht die sein Verhalten determinierenden Organwalter.353 Diese ihrerseits scheiden aufgrund ihrer Austauschbarkeit im Trägerunternehmen als Vertragspartner aus. Geeigneter Partner eines Verwaltungsvertrags ist daher nur die Holdinggesellschaft, welche sich unter Vertragsstrafe dazu verpflichtet, keinen geschäftschancenverlagernden und damit betriebspflichtgefährdenden Einfluss auszuüben. Die Holding ist als Anteilseignerin potentielle Adressatin aufsichtsrechtlicher Anordnungen nach § 3 BörsG 2002 (= § 6 BörsG 2007) und damit auch taugliche Partnerin eines subordinationsrechtlichen Verwaltungsvertrags im Sinne des § 54 S. 2 (L)VwVfG.354 Das gilt unabhängig davon, ob die Holding im In- oder Ausland ansässig ist, unterliegt doch auch ein ausländischer Anteilseigner in Bezug auf seine Einflussmacht im inländischen Trägerunternehmen dem deutschen Börsenaufsichtsrecht,355 dessen internationaler Anwendungsbereich in völkerrechtkon348 Vgl. BVerwGE 74, 78 (83 f.); Kopp/Ramsauer, § 62 VwVfG Rn. 9; siehe auch Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (20). 349 Siehe oben unter b) aa) (1), S. 193 f. 350 Vgl. nur MüKo-Gottwald, Vor § 339 BGB Rn. 6. 351 Etwas zu voreilig verneinen daher U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (37) die Möglichkeit, die negative Einflussnahme durch einen Verwaltungsvertrag zu unterbinden. 352 A. A. offenbar Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (20), die einen Vertragsschluss mit dem Trägerunternehmen propagieren. 353 Zwar wären diese gemäß § 93 Abs. 2 AktG gegenüber dem Trägerunternehmen für die pflichtwidrig herbeigeführte Vertragsstrafehaftung schadensersatzpflichtig, doch ist diese Haftung im Innenverhältnis wie oben unter b) aa) (2), S. 197. gezeigt, praktisch irrelevant. 354 Vgl. zum möglichen Vertragspartner nur Stelkens/Bonk/Sachs-Bonk, § 54 VwVfG Rn. 61. 355 Vgl. (implizit) Christoph, Börsenrechtliche Zulässigkeit, ZBB 2005, 82 (89). Zum internationalen Anwendungsbereich der kreditwesenrechtlichen Anteilseignerkontrolle vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler-Fülbier, § 2b KWG Rn. 8: Erwerber unterliegt aufsichtsrechtlicher Anteilseignerkontrolle, sofern das Institut, an welchem eine Beteiligung erworben wird, im Inland ansässig ist.

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former Weise eröffnet ist, wenn der Sachverhalt Bezug zum anstaltlichen Börsenbetrieb hat.356 Theoretisch geeignet, liegt die Problematik auch dieses aufsichtsrechtlichen Instrumentes jedoch in seiner praktischen Anwendung: Abgesehen von eventuellen vollsteckungsrechtlichen Problemen gegenüber einer im Ausland ansässigen Gesellschaft357 dürfte es nämlich schon ausgesprochen schwerfallen, den Reservationspreis für die Einflussnahme der Börsenholding festzustellen, also diejenige Höhe der Vertragsstrafe, die einen effektiven Gegenanreiz zur geschäftschancenverlagernden Einflussnahme setzt. Die Vertragsstrafe muss hierzu den potentiellen Gewinn aus einer Umsetzung der marktseitigen Konzentrationsstrategie – abgezinst auf den Gegenwartswert – übersteigen. Wie hoch dieser Wert liegt, ist indes schwer zu bestimmen: Gesichert ist nur die abstrakte Aussage, dass der Gewinn des konsolidierten Börsenbetriebs mit sehr großer Wahrscheinlichkeit den Gewinn aus dem Betrieb zweier separater Börsen übersteigen wird. Dies genügt im vorliegenden Zusammenhang natürlich nicht. Die Börsenaufsichtsbehörde muss vielmehr den Versuch unternehmen, den voraussichtlichen Gewinn betragsmäßig abzuschätzen, um dann die zu vereinbarende Vertragstrafe (zumindest marginal) höher anzusetzen. Anders als bei der oben angesprochenen Ertragswertermittlung eines (einzustellenden) bestehenden Börsenbetriebs geht es hierbei um den künftigen Unternehmensgewinn unter Zugrundelegung einer fundamentalen strukturellen Veränderung. Erfahrungswerte fehlen, und wie die Holding den langfristigen unternehmensstrategischen Vorteil der Börsenkonzentration bewertet, bleibt der Börsenaufsichtsbehörde verschlossen. Es erscheint damit ausgesprochen zweifelhaft, ob mithilfe eines Vertragsstrafeversprechens die geschäftschancenverlagernde Einflussnahme der Holding zuverlässig unterbunden werden könnte. 3. Zwischenergebnis zu V.

Im Falle einer Konzerneinbindung des Trägerunternehmens unter dem Dach einer Börsenholding besteht eine aus den ökonomischen Gegebenheiten im Börsendienstleistungsmarkt resultierende hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Holdinggesellschaft früher oder später zur Strategie der 356 Vgl. zu den völkerrechtlichen Anforderungen an Rechtsanwendungsregeln Meng, Extraterritoriale Jurisdiktion im öffentlichen Wirtschaftsrecht, S. 541 ff.; Ziegenhain, Extraterritoriale Rechtsanwendung und die Bedeutung des Genuine-LinkErfordernisses, S. 21 ff.; insbesondere in Bezug auf das Kapitalmarktrecht Schuster, Die internationale Anwendung des Börsenrechts, S. 38 ff. 357 Hierzu U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (37).

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marktseitigen Konzentration übergeht. Hieraus folgt ein systematisch angelegtes Risiko, dass sich das Interesse der Holding mittelfristig auf die Einstellung der Anstaltsbörse richtet. Die Durchsetzung dieses Holdinginteresses im Trägerunternehmen lässt sich weder durch konzern- noch durch nachgängige aufsichtsrechtliche Mechanismen zuverlässig verhindern. Damit droht ein Wegfall der eigenunternehmerischen Anreizstruktur des Trägerunternehmens, welche Voraussetzung für eine gesetzeskonforme Erfüllung der Betriebspflicht ist. Mit Einbindung in eine Börsenholdinggruppe wird also ein ähnlich hohes und systematisch angelegtes Risiko für die gesetzeskonforme Erfüllung der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe geschaffen wie beim Erwerb einer bedeutenden Beteiligung durch eine unzuverlässige Person. Eine präventive börsenaufsichtsrechtliche Konzerneingangskontrolle durch ein Verbot des Anteilserwerbs nach § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2007) respektive ein Verbot der Stimmrechtsausübung nach § 3 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 BörsG 2007) ist deshalb angezeigt.358 Zugleich ist die Börsenholding-Konzernfreiheit des Trägerunternehmens eine ungeschriebene Trägertauglichkeitsvoraussetzung359. Aus den vorstehenden Untersuchungen sollte im Übrigen klar geworden sein, dass ein Verlust der Trägertauglichkeit nicht nur im Falle der Konzernabhängigkeit des Trägerunternehmens droht. Das für die gesetzeskonforme Aufgabenerfüllung vorausgesetzte eigenunternehmerische Interesse gerade am Erfolg der Anstaltsbörse ist vielmehr schon immer dann gefährdet, wenn das Trägerunternehmen selbst oder andere gruppenangehörige Unternehmen direkt konkurrierende Börsen betreiben. Denn in dieser Situation ist eine Börsenkonzentration durch markt- und schließlich auch betreiberseitige Zusammenlegung in der Regel die gewinnträchtigere Strategie 358

Ebenso im Ergebnis U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (34, 36) sowie offenbar auch Damrau, Selbstregulierung, S. 145; Köndgen, Entzug der Börsenzulassung, FAZ v. 22. August 2000, S. 32; vorsichtig in diese Richtung auch Merkt, Gutachten 64. DJT, G 119 f. A. A. Kümpel, Bankund Kapitalmarktrecht, Rn. 17.255 f., der allerdings zur Begründung nur auf die Meinung eines Vorstandsmitglieds der Deutsche Börse AG verweist, dass iX nicht am deutschen Recht gescheitert sei. Im Ergebnis ebenso Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2523 und 2526), der auf konzernrechtlichen Abwehrmechanismen vertraut. Aus gleichen Gründen ebenso offenbar Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, 19 (43 mit Fn. 115). Im Ergebnis auch Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (10 ff.), die auf eine Sicherung der Betriebspflicht durch Verwaltungsvertrag setzen. Ohne Problembewusstsein im Hinblick auf die öffentliche Aufgabenerfüllung und die Relevanz der richtigen Anreizsituation des Trägerunternehmens im Ergebnis ebenso Christoph, Börsenrechtliche Zulässigkeit, ZBB 2005, 82 (89). 359 Zur Fortgeltung dieser Ergebnisse unter dem BörsG 2007 siehe Nachtrag B. III., S. 544 ff.

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gegenüber dem separaten Weiterbetrieb mehrerer Börsen. Eine Gefährdung der gesetzlich vorausgesetzten Interessenlage kann somit grundsätzlich auch eintreten, wenn das Trägerunternehmen in eigener Person mehrere Börsen betreibt oder herrschendes Unternehmen in einem Börsenbetreiberkonzern ist.360 Zwar lässt sich in der Konzernrealität eine gewisse Tendenz zum vorrangigen Erhalt der Produktionsstandorte am Muttersitz beobachten. Man kann also mit einiger Berechtigung hoffen, dass ein (herrschendes) Trägerunternehmen für eine Konsolidierung auf die von ihm getragene Anstaltsbörse sorgen und selbst die operative Funktion im Konzern über nehmen wird, statt den Börsenbetrieb einer von ihm abhängigen Betreibergesellschaft zu überlassen und sich auf das strategische Konzernmanagement zurückzuziehen. Eine Garantie dafür gibt es indes nicht.361 Im Gegensatz zur Konzernierung als abhängiges Unternehmen bietet das Börsenaufsichtsrecht jedoch in dieser Situation keinerlei effektive Handhabe: Die Anteilseignerkontrolle hilft nicht, da die Gefahr nicht von den 360 A. A. Christoph, Börsenkooperationen, S. 161, S. 350 sowie ders., Börsenrechtliche Zulässigkeit, ZBB 2005, 82 (91 f.): Beteiligung eines Trägerunternehmens an ausländischen Börsenbetreibergesellschaften allenfalls dann aufsichtsrechtlich problematisch, wenn sich das Trägerunternehmen hierbei finanziell „übernimmt“. Das ist konsequent, misst der Autor der richtigen Anreizsituation des Trägerunternehmens doch keine Bedeutung zu, siehe schon Fn. 358, S. 211. Ähnlich die unkritische Haltung bei Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.254. Die Konzernbeherrschung durch ein Trägerunternehmen für zulässig erachtend auch U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (29), allerdings selbstwidersprüchlich, haben diese Autoren a. a. O., S. 33 f. doch den strukturellen Interessenkonflikt im Falle des Betriebs mehrer konkurrierender Börsen im Konzern als Grund für die Verletzung der (angeblichen) öffentlich-rechtlichen Treupflichten des Trägerunternehmens erkannt. Problembewusstsein wird hingegen erkennbar, wenn Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 113 im Falle einer „Kooperation mit Wettbewerbern“ einen möglichen Verstoß des Trägerunternehmens gegen seine Treupflicht gegenüber dem Bundesland andiskutieren. Freilich soll nach diesen Autoren keine Pflichtwidrigkeit vorliegen, wenn das Trägerunternehmen wirtschaftlich zum Erhalt seiner Investitionskraft auf diese Kooperation angewiesen ist. Mit dieser Argumentation wird es dem Trägerunternehmen freilich stets gelingen, ein anderweitiges Engagement gegenüber kritischen Nachfragen der Börsenaufsicht zu rechtfertigen, so dass letztlich eben keine Grenze für die konkurrierende Börsenbetriebstätigkeit des Trägerunternehmens gezogen ist. Die Ansicht, die den Betrieb mehrerer konkurrierender Börsen durch ein und dasselbe Trägerunternehmen für zulässig erachtet, kann sich hierfür auf die Börsenpraxis an der Hamburger und Hannoveraner Börsen stützen, deren Trägerunternehmen in beiden Fällen seit 2000 die BÖAG Börsen AG ist. 361 So war z. B. nach der Übername von LIFFE durch Euronext zunächst geplant, den gesamten Terminhandel sämtlicher Euronext-Börsen unter dortiger Einstellung der Märkte an der LIFFE zu konzentrieren, vgl. o. V., Liffe kürt Euronext zum Sieger im Übernahmekampf um die Terminbörse, Börsen-Zeitung v. 30. Oktober 2001, S. 1.

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unternehmerischen Interessen einer Konzernmutter ausgeht, sondern vielmehr von der anderweitigen unternehmerischen Betätigung des Trägerunternehmens selbst, die ihm nicht untersagt werden kann. Einziges Instrument ist die – freilich zahnlose, weil zum faktischen Ende der Anstaltsbörse führende und daher wenig glaubwürdige – Drohung mit dem Entzug der Börsengenehmigung. Nicht zuletzt hierin zeigt sich die Veraltung des deutschen Börsenaufsichtsrechts: Als Konstrukt zur Nutzbarmachung privater Interessen für die öffentliche Aufgabenerfüllung ist das börsliche Betreibermodell den neuartigen Problemen, die mit dem Übergang von der genossenschaftlichen zur kapitalistischen Betreiberstruktur und dem zeitgleichen Aufkeimen des internationalen Börsenwettbewerbs seit den 1990er Jahren362 entstanden sind, nicht mehr gewachsen. VI. Eigenunternehmerische Finanzsituation des Trägerunternehmens und Konzernierung Drittes aufgabenadäquanzrelevantes Element des börslichen Betreibermodells ist die eigenunternehmerische Finanzsituation des Trägerunternehmens. Auch sie wird mit Hilfe der Residualgewinnberechtigung des Trägerunternehmens hergestellt: Der Gewinn des Börsenbetriebs fließt einem Privatrechtsträger zu, der als solcher über die Möglichkeit der Gewinnthesaurierung verfügt und auch den unternehmerischen Anreiz zu einer zukunftsorientierten Thesaurierungspolitik hat. Idealiter sind deshalb – solange nach den Marktgegebenheiten überhaupt ein gewinnbringender inländischer Börsenbetrieb möglich ist – stets ausreichende Mittel zur Finanzierung derjenigen Investitionen vorhanden, die zu Betrieb und wettbewerbsfähiger Fortentwicklung der Börse erforderlich sind.363 1. Risiken einer Veränderung bei Trägerkonzernierung

Innerhalb einer Holdingstruktur ist davon auszugehen, dass die Obergesellschaft am wirtschaftlichen Erfolg ihrer operativen Töchter interessiert ist. Sie ist daher grundsätzlich bestrebt, ihren operativen Töchtern eine Finanzausstattung zu belassen und zu sichern, welche die Realisierung ihrer Investitionsvorhaben erlaubt.364 Ungeachtet dessen ist es der langfristigen Konzerngewinnmaximierung in aller Regel dienlich, Finanzmittel gruppenintern jeweils dorthin zu verschieben, wo der dringendste Finanzierungsbedarf und/oder die gewinnbrin362 363 364

Zu beiden Entwicklungen näher unten Teil 3, Abschnitt 1, A., S. 375 f. Siehe oben III. 3. b), S. 166 ff., insbesondere S. 170 f. Lutter-Keller, Holding-Handbuch, § 4 Rn. 43.

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gendsten Investitionsmöglichkeiten bestehen.365 Typischerweise geht die Konzerneinbindung daher mit der Eingliederung in ein System der konzernweiten Finanzwirtschaft einher:366 Eine zentrale Steuerung der Gewinnverwendung und Investitionsfinanzierung bildet hierbei den Kern,367 hinzu kommt häufig eine zentrale Steuerung der konzernexternen Finanzierung368 sowie ein konzernweites Liquiditätsmanagement.369 Die Gruppeneingliederung des Trägerunternehmens lässt also seine Einbindung in ein System der Konzernfinanzierung erwarten, welches zumindest in einer konzernweiten Steuerung der Gewinnverwendung besteht.370 Nur sie wird im Weiteren betrachtet. Trotz des grundsätzlichen Holdinginteresses am Erhalt der Investitionsfähigkeit des Trägerunternehmens ist innerhalb eines solchen Systems keineswegs gewährleistet, dass die Finanzmittelzuteilung auf Dauer das Maß der abgezogenen Gewinne erreicht.371 In der besonderen Situation des Börsenholdingkonzerns kann, wenn die Konzernmutter im Zuge einer (späteren) Konsolidierungsstrategie das Interesse am Erhalt des Trägerunternehmens verlieren sollte, dieses System über seinen eigentlichen Zweck hinaus sogar gezielt zur finanziellen Austrocknung des Trägerunternehmens eingesetzt werden.372 Ähnlich der Geschäftschancenverlagerung kann auch auf 365 Lutter-Theisen, Holding-Handbuch, § 11 Rn. 1 f.; U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (35). 366 Siehe nur KK-Koppensteiner, § 311 AktG Rn. 78; MüKo-Kropff, § 311 AktG Rn. 180. 367 Lutter/Scheffler/U. H. Schneider-Lutter/Scheffler/U. H. Schneider, Konzernfinanzierung, § 1 Rn. 1.66; U. H. Schneider, Das Recht der Konzernfinanzierung, ZGR 1984, 497 (498). 368 Lutter/Scheffler/U. H. Schneider-Lutter/Scheffler/U. H. Schneider, Konzernfinanzierung, § 1 Rn. 1.67. 369 Lutter/Scheffler/U. H. Schneider-Lutter/Scheffler/U. H. Schneider, Konzernfinanzierung, § 1 Rn. 1.67. Eingehend zum konzernweiten Liquiditätsmanagement Hormuth, Recht und Praxis des konzernweiten Cash Managements, sowie insbesondere im Holdingkonzern Lutter-Vetter, Holding-Handbuch, § 8. 370 U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (35); ähnlich Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (12): Wahrscheinlichkeit eines Gewinnabflusses an die Muttergesellschaft. Vgl. zur Verbreitung konzerninterner Finanzwirtschaftssysteme bei strategischen Holdinggruppen Kleindiek, Konzernstrukturen und Corporate Governance, S. 571 (576); Lutter-Theisen, Holding Handbuch, § 11 Rn. 6: Drei Viertel verfügen über eine zentrale Steuerung der Gewinnverwendung. 371 Z. B. dann nicht, wenn die gewinnversprechenderen Investitionsmöglichkeiten innerhalb des Konzerns dauerhaft an anderer Stelle liegen, vgl. Lutter-Theisen, Holding Handbuch, § 11 Rn. 43. Vgl. auch Lutter/Scheffler/U. H. Schneider-Scheffler, Konzernfinanzierung, § 8 Rn. 8.75. Gänzlich a. A. und offenbar jegliche Gefahr einer Veränderung der Finanzsituation im Konzernierungsfall verneinend Christoph, Börsenrechtliche Zulässigkeit, ZBB 2005, 82 (91).

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diesem Wege die Umlenkung der Orderströme auf die designierte Konzentrationsbörse betrieben werden. Allerdings muss die Holdinggesellschaft als Basis einer konzernweiten Finanzwirtschaft zunächst Zugriff auf die Gewinne des Trägerunternehmens erlangen. Möglich ist dies im einfachsten Falle, indem der Bilanzgewinn des abhängigen Trägerunternehmens aufgrund eines Gewinnabführungsvertrags offen an die Mutter abgeführt oder – namentlich bei 100%igem Anteilsbesitz – schlichtweg ausgeschüttet wird, um von dort aus im Wege der konzerninternen Außenfinanzierung als Eigenkapital373 oder Fremdmittel374 an die operativen Töchter verteilt zu werden. Alternativ kann die Holding unter Verzicht auf diesen rechtsförmlichen Zwischenschritt das Trägerunternehmen in Ausübung ihrer faktischen Einflussmacht zu direkten konzerninternen Finanzierungsmaßnahmen veranlassen, sei es in Gestalt einer Eigenkapitalzufuhr oder Darlehensgewähr an Mutter- oder Schwestergesellschaften aus bilanziell festgestellten Eigenmitteln,375 sei es durch eine verdeckte Gewinnverschiebung in diese Gesellschaften schon vor der bilanziellen Feststellung durch Konzernverrechnungspreise.376 2. Sicherung durch konzern- und börsenaufsichtsrechtliche Instrumente

Die Sicherung der eigenunternehmerischen Finanzsituation hiergegen ist zum einen durch die Abwehr des Mittelabzugs auf Primärebene möglich. Aber auch die „bloße“ Gewähr eines zeitnahen Ausgleichs des entzogenen Betrags würde genügen, geht es doch – anders als bei der eigenunternehmerischen Anreizsituation – nur um den Erhalt eines Vermögenssaldos. Rechtsförmliche Maßnahmen der Gewinnverteilung [sogleich unter a)] und faktische Maßnahmen der Gewinnverlagerung [unter b)] unterscheiden sich hierbei darin, dass nur bei ersteren auch vom Aktienrecht eine Abwehr 372

Vgl. U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (35) sowie allgemein MüKo-Kropff, § 311 AktG Rn. 180. 373 Vgl. hierzu Lutter/Scheffler/U. H. Schneider-Scheffler, Konzernfinanzierung, § 8 Rn. 8.69. 374 Lutter/Scheffler/U. H. Schneider-Scheffler, Konzernfinanzierung, § 20 Rn. 20.49. 375 Zur upstream (an Konzernmutter) oder sidestream (an Konzernschwester) Fremdfinanzierung Lutter/Scheffler/U. H. Schneider-Scheffler, Konzernfinanzierung, § 20 Rn. 20.66 f. Die konzerninterne Eigenkapitalzufuhr durch Tochterunternehmen ist demgegenüber selten, vgl. Lutter/Scheffler/U. H. Schneider-Scheffler, Konzernfinanzierung, § 8 Rn. 8.69. 376 Lutter-Theisen, Holding Handbuch, § 11 Rn. 65 ff.; Lutter/Scheffler/U. H. Schneider-Wiedemann/Fleischer, Das Recht der konzerninternen Verrechnungspreise, § 29. Vgl. auch U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (35).

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auf Primärebene zu erwarten ist, wird eine rechtsförmige Maßnahme durch den Verstoß gegen Aufsichtsrecht doch nach § 134 BGB, § 241 AktG nichtig. Bei faktischen Maßnahmen kann das Aktienkonzernrecht allenfalls nachgängigen finanziellen Ausgleich nach §§ 311, 317 AktG bieten; die Abwehr auf Primärebene durch einen pekuniären Gegenanreiz scheidet hingegen aus, wenn die anderweit gewinnbringendere Verwendung der Mittel, die hier ja gerade Grund der konzerninternen Mittelverschiebung ist, feststeht. a) Mittelabzug durch Gewinnabführungsvertrag oder Gewinnausschüttungen Die Holdinggesellschaft kann mit ihrer Stimmrechtsmehrheit in der Hauptversammlung des Trägerunternehmens, sofern sie wie in der hier zugrundegelegten Konstellation mehr als drei Viertel des vertretenen Grundkapitals beträgt, den Abschluss eines Gewinnabführungsvertrag durchsetzen. Allerdings beseitigt das Trägerunternehmen, das sich zur vollständigen Gewinnabführung im Sinne des § 301 AktG verpflichtet, seine Investitionskraft als Voraussetzungen der Trägertauglichkeit und stellt damit die Erfüllung seiner Betriebspflicht aus § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) in Frage.377 Genauso wie ein Trägerunternehmen infolge dieser Betriebspflicht nicht einseitig auf die Börsengenehmigung verzichten378 und seine Hauptversammlung keinen Selbstauflösungsbeschluss fassen kann,379 darf es auch nicht durch Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags vorsätzlich die eigenunternehmerische Finanzsituation und damit die Voraussetzungen einer gesetzeskonformen Aufgabenerfüllung beseitigen. Der Gewinnabführungsvertrag ist mithin wegen eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) nach § 134 BGB,380 der Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung gemäß § 241 Nr. 3 AktG nich377

Vgl. U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24

(35). 378 Ganz h. M., siehe Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 24 sowie die Nachweise oben Fn. 226, S. 186. 379 Siehe oben V. 2. a), S. 185 ff. 380 Vgl. Merkt, Gutachten 64. DJT, G 120, allerdings in Bezug auf einen hypothetischen rein privaten Börsenbetrieb durch eine Aktiengesellschaft mit Betriebspflicht: Vertragskonzern „unzulässig“, weil er die Erfüllung der Betriebspflicht gefährdet. Diese Aussage kann a fortiori auf das beliehene Trägerunternehmen mit seiner Betriebspflicht übertragen werden. Vgl. allg. zur Nichtigkeit privater Rechtsgeschäfte, welche die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Betriebspflichten vereiteln, Greiner, Die Betriebspflicht von Flugplätzen, BayVBl 1994, 449 (451). Zu einem ähnlichen Ergebnis (Vertragskonzern wegen Gefährdung aufsichtsrechtlicher Regelungsziele „unzulässig“) gelangt im Banken- und Versicherungsaufsichtsrecht van de Sande, Unternehmensgruppe, S. 215 ff. und insbesondere S. 221.

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tig.381 Der Gewinnabführungsvertrag kann mithin als Grundlage der Konzernfinanzierung im Börsenbetreiberkonzern keine Rolle spielen.382 Eine weitreichende Gewinnausschüttung kann die Holding jedoch auch durch Gewinnverwendungsbeschlüsse nach § 174 AktG erreichen, und zwar insbesondere dann, wenn sie zugleich auf die Rücklagenpolitik der Leitungsorgane des Trägerunternehmens nach § 58 Abs. 2 AktG Einfluss nehmen kann.383 Allerdings wäre aus den soeben genannten Gründen auch ein Gewinnverwendungsbeschluss gemäß § 241 Nr. 3 AktG nichtig, wenn er die eigenunternehmerische Finanzsituation des Trägerunternehmens beeinträchtigen würde.384 Dem Trägerunternehmen stünden gegen den Mittelabzug dann Abwehr- bzw. Schadensersatzansprüche nach § 317 AktG zu.385 Natürlich verlangt eine eigenunternehmerische Finanzsituation keineswegs einen völlig geschlossenen Mittelkreislauf, vielmehr sind gewisse Ausschüttungen an Aktionäre durchaus akzeptabel.386 Das Problem besteht 381 Zur Beachtlichkeit der Betriebspflicht auch für die in der Hauptversammlung verbundenen Anteilseigner vgl. Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2525) sowie zur Beachtlichkeit aufsichtsrechtlicher Pflichten des Aufsichtssubjekts für dessen Anteilseigner im Banken- und Versicherungsaufsichtsrecht vgl. van de Sande, Unternehmensgruppe, S. 195. 382 A. A. offenbar U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (35), welche die Wirksamkeit des beim iX-Projekt anvisierten Gewinnabführungsvertrags zwischen deutschem Trägerunternehmen und ausländischer Börsenholdinggesellschaft nicht anzweifeln. 383 Lutter-Theisen, Holding Handbuch, § 11 Rn. 91: Im Wege einer gezielten Rücklagen- und Ausschüttungspolitik werden in den operativen Töchtern gerade Eigenmittel in Höhe des betriebswirtschaftlichen Optimums belassen, im Übrigen erfolgt eine Ausschüttung an die Mutter. Vgl. auch U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (35). Gänzlich a. A. Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2523 f.), der die Gefahr überhöhter Ausschüttungen an die Mutter schon deshalb verneint, weil die Organe des abhängigen Trägerunternehmens normativ auf dessen Unternehmensinteresse verpflichtet sind. Dieser Schluss vom Sollen auf das Sein ist freilich, wie die Konzernrealität vielfach belegt, nicht gerechtfertigt. 384 Das muss umso mehr gelten, als im BörsG eine dem § 45 Abs. 1 KWG (aufsichtsbehördliches Ausschüttungsverbot zum Erhalt der erforderlichen Eigenmittel) entsprechende Vorschrift fehlt. Zum kreditwesenrechtlichen Ausschüttungsverbot, dessen Folge die Nichtigkeit des Ausschüttungsbeschlusses ist, vgl. nur Boos/Fischer/Schulte-Mattler-Lindemann, § 45 KWG Rn. 19 ff. 385 Der nicht durch einen rechtswirksamen Gewinnverwendungsbeschluss nach § 174 AktG gedeckte Mittelabzug ist eine nachteilige, grundsätzlich einzelausgleichsfähige, aber jedenfalls börsenrechtswidrige Maßnahme. Er kann deshalb nicht nach § 311 AktG durch Nachteilsausgleich legalisiert werden, vielmehr steht der abhängigen Gesellschaft sogleich ein Abwehr- und ggf. Schadensersatzanspruch nach § 317 AktG zu, vgl. Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 27 II 2, S. 401 f. i. V. m. § 23 V 4, S. 348; dies., Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 317 AktG Rn. 10, Rn. 18.

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freilich darin, dass der Gesetzgeber die Grenze aufsichtsrechtlich zulässiger Ausschüttungen nicht durch Vorgabe eines bezifferbaren Mindesteigenkapitals wie im Banken- und Versicherungsaufsichtsrecht absolut bestimmt hat,387 sondern mit der Residualgewinnberechtigung einen strukturellen Richtigkeitsgewährmechanismus für die aufsichtsrechtlich erforderliche Finanzkraft des Trägerunternehmens geschaffen hat: So sind nach der Konzeption des börsenrechtlichen Betreibermodells diejenigen Ausschüttungen zulässig, die ein idealtypisches Trägerunternehmen vornehmen würde, welches im Interesse seiner (und der Anstaltsbörse) nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit auf den Erhalt seiner Investitionskraft bedacht ist. Ein solches idealtypisches, d.h. konzernfreies Unternehmen würde aus dem Jahresüberschuss im Interesse der Innenfinanzierungsfähigkeit teils Rücklagen bilden, teils Ausschüttungen an die Eigenkapitalgeber vornehmen, um hierdurch die langfristige Außenfinanzierungsfähigkeit über den Kapitalmarkt zu sichern.388 Die relative Höhe beider Verwendungen ist determiniert durch den Investitionsbedarf einerseits und der (risikoabhängigen) Mindestrenditeerwartung der Aktionäre anderseits.389 Da sich die Rendite des Aktionärs aus Dividenden und Kurssteigerungen zusammensetzt, die sich bei einer Verbesserung der Gewinnaussichten des Unternehmens ergeben,390 kann die Ausschüttung umso geringer ausfallen, je besser diese Aussichten sind.391 Will das Trägerunternehmen also wegen anstehender Großinvestitionen geringe Ausschüttungen machen, so kann es dies gegenüber den Anteilseignern in der Regel durchsetzen, wenn das Investitionsprojekt gute Gewinnaussichten und damit ein Kurssteigerungspotential begründet.392 Umgekehrt müssen 386

Siehe schon oben unter III. 3. b), S. 170. Vgl. § 10 KWG i. V. m. Grundsatz I über die Eigenmittel der Institute; § 53c VAG i. V. m. KapAusstV. 388 Zur Relevanz der Ausschüttungshöhe für die Kapitalmarktfinanzierungsfähigkeit Wagner, Ausschüttungskompetenzen, ZGR 1988, 210 (211 ff.); siehe auch Perridon/Steiner, Finanzwirtschaft der Unternehmung, S. 534 f. 389 Wagner, Ausschüttungskompetenzen, ZGR 1988, 210 (214); eingehend Drukarczyk, Finanzierung, S. 362 ff. 390 Franke/Hax, Finanzwirtschaft, S. 368 ff. und insb. S. 370; Spremann/Gantenbein, Kapitalmärkte, S. 60. 391 Wagner, Ausschüttungskompetenzen, ZGR 1988, 210 (214). Vgl. auch Spremann, Wirtschaft, Investition und Finanzierung, S. 465 f. sowie unter Berücksichtigung empirischer Daten König, Ausschüttungsverhalten von Aktiengesellschaften, S. 42. Diese Komplementarität von Dividende und Kurssteigerung verkennt Lorenz, Wertpapierbörse, S. 129, der Kurssteigerungen nur bei höheren Dividenden für möglich hält und daher zu einem latenten Interessengegensatz zwischen Aktionären und Trägerunternehmen bzw. Börsenanstalt schon bei Konzernfreiheit gelangt. Ähnlich Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 115 f. 392 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 18, S. 40. Differenzierend nach Anlegertypus Spremann, Wirtschaft, Investition und Finanzierung, S. 330: Gilt uneingeschränkt 387

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den Aktionären in Abwesenheit solcher Aussichten höhere Ausschüttungen geboten werden.393 Diesem Marktmechanismus muss sich auch das Trägerunterunternehmen beugen, wenn es von der Kapitalmarktfinanzierung Gebrauch machen will. Indem der Börsengesetzgeber auch und gerade die Aktiengesellschaft als Rechtsform für das Trägerunternehmen zulässt, hat er die Kapitalmarktfinanzierung als Teil des börslichen Betreibermodells akzeptiert394 und zugleich die damit einhergehende Ausschüttungslogik gebilligt. Ausschüttungen, die sich im solchermaßen beschriebenen marktgerechten Rahmen halten, sind demnach aufsichtsrechtlich unproblematisch.395 Allerdings lässt sich die hiernach akzeptable Ausschüttungshöhe im konkreten Einzelfall kaum zahlenmäßig festlegen. Nur das allgemeine Zinsniveau als Ausgangspunkt der üblichen anlegerseitigen Renditeerwartung396 ist zum jeweils gegebenen Zeitpunkt bekannt, der von den Risiken und Gewinnaussichten des Trägerunternehmens abhängige Risikoaufschlag kann hingegen selbst von Branchenexperten kaum beziffert werden.397 Eine nicht marktgerechte und damit börsenrechtswidrige Ausschüttungshöhe ist daher im – überdies bei fortbestehender Konzernierung eher theoretischen398 – Streitfall kaum extern durch Gerichte feststellbar und somit über die Figur nur bei (der heute meist gegebenen) Dominanz institutioneller Anleger in der Anteilseignerstruktur des Emittenten. 393 Drukarczyk, Finanzierung, S. 363; Wagner, Ausschüttungskompetenzen, ZGR 1988, 210 (214 f.). 394 Die Kapitalmarktgängigkeit der AG ist wesentlicher Grund für die heutige Dominanz der Aktiengesellschaft als Betreiberrechtsform, vgl. Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 11; Lorenz, Wertpapierbörse, S. 63; Schlüter, Börsenhandelsrecht, G I 1, Rn. 21. Spätestens mit der Streichung der letzten Bezugnahme auf öffentlich-rechtliche Trägerrechtsformen (§ 4 Abs. 1 S. 2 BörsG 1998) im 4. FMFG hat der Gesetzgeber diese neue Realität abgesegnet, vgl. RegE 4. FMFG, BT-Drs 14/8017, S. 74. 395 Ähnlich, aber zu weit gehend Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 18 a. E., S. 39 f., der einen möglichen Interessengegensatz zwischen Börsenträger und Aktionären generell ausschließt und daher offenbar jede Ausschüttungshöhe unkritisch betrachtet. A. A. Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (556); Kümpel/ Hammen, Börsenrecht, S. 115 f., welche die Gefahr aufsichtsrechtlich unzulässiger Ausschüttungen insbesondere in einer im Streubesitz reiner Finanzinvestoren befindlichen Publikumsaktiengesellschaft als besonders hoch ansehen. 396 Vgl. Spremann/Gantenbein, Kapitalmärkte, S. 75. 397 Vgl. zur betriebswirtschaftlich optimalen, d.h. im hiesigen Sinne marktgerechten Ausschüttungshöhe bei Unsicherheit Drukarczyk, Finanzierung, S. 365: Berechnung nur unter Annahme eines bestimmten hypothetischen Ertrages von Investitionsprojekten möglich. In der Realität kann mangelnde Marktgerechtigkeit der Ausschüttungshöhe ex post an einer negativen Reaktion der Aktienkurse abzulesen sein. Indes können negative Kursveränderungen auch auf allerlei anderen Ursachen beruhen und überdies ist dieser Indikator nicht vorhanden, wenn das abhängige Trägerunternehmen in 100%igem Anteilsbesitz der Börsenholding steht oder sonst nicht (mehr) börsennotiert ist.

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der Nichtigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses nach § 241 Nr. 3 AktG praktisch nicht abwehrbar. Allenfalls bei einer vollständigen Ausschüttung eines nicht durch Einstellung in andere Gewinnrücklagen geschmälerten Bilanzgewinnes wäre der Schluss auf mangelnde Marktgerechtigkeit zulässig. Aus vergleichbaren Gründen ist auch die börsenaufsichtsrechtliche Abwehr eher theoretischer Natur. Zwar könnte ein Entzug der Börsengenehmigung für die Holdinggesellschaft zumindest dann, wenn sie (noch) keine Strategie der marktseitigen Konzentration verfolgt, durchaus schmerzlich sein. Indes gilt auch hier, dass die Androhung eines Genehmigungsentzugs, der mangels Austauschbarkeit des Trägerunternehmens de facto zum Untergang der Börse und damit auch zu einem – gemessen am zeitlichen Umfang der öffentlichen Betriebsaufgabe – vorzeitigen Ende des Börsenbetriebs führen müsste, kaum glaubwürdig ist.399 Jedenfalls ist das Instrument zum Scheitern verurteilt, wenn es der Börsenaufsichtsbehörde schon nicht gelingen kann, die mangelnde Marktgerechtigkeit der Ausschüttungshöhe und die hieraus folgende Beeinträchtigung der gesetzlich vorausgesetzten eigenunternehmerischen Finanzsituation zu beweisen. Selbst ein Absinken der Investitionstätigkeit des Trägerunternehmens unter das für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Anstaltsbörse erforderliche Niveau, in welchem sich die übermäßige Ausschüttungshöhe manifestieren würde,400 wird im Realtypus des börslichen Betreibermodells sowohl der Anstalt wie auch der Börsenaufsichtsbehörde erst sehr spät auffallen – schlechtestenfalls erst nach einem Abzug der wesentlichen Orderströme.401 Erkennt man diese im realen Bereich verwurzelte Nachweisproblematik, so wird auch klar, dass eine zusätzliche verwaltungsvertragliche Verpflichtung der Holdinggesellschaft zur Bewahrung der eigenunternehmerischen Finanzsituation des Trägerunternehmens nicht weiterhelfen kann.402 398 Das abhängige Trägerunternehmen selbst, vertreten durch seinen Vorstand, hat bei fortbestehender Konzernierung kaum einen Anreiz, die Holdinggesellschaft auf Unterlassung des rechtswidrigen Mittelabzugs bzw. auf Schadensersatz hierfür nach § 317 AktG zu verklagen. Soweit außenstehende Aktionäre vorhanden sind, ist ihnen zwar die Geltendmachung dieser Ansprüche möglich, jedoch wegen des Prozesskostenrisikos kaum praxisrelevant, siehe nur Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 27 I, S. 399 f. Vgl. bereits oben unter V. 2. b) aa) (1), S. 193 zur Geltendmachung konzernrechtlicher Schadensersatzansprüche wegen rechtswidriger Einstellungsweisung. 399 Vgl. auch oben unter V. 3., S. 213. 400 Denn in der idealtypischen konzernfreien Gesellschaft würden die Anteilseigner die Ausschüttungshöhe so ansetzen, dass der Gesellschaft jedenfalls die zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit erforderliche Investitionskraft verbliebe. 401 Siehe schon oben unter V. 2. c) bb), S. 208 f. mit Fn. 346. 402 A. A. offenbar Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (12, 19 ff.), welche im Falle von iX einen Verwaltungsvertrag mit der Konzernmut-

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Gänzlich ungeeignet ist in diesem Zusammenhang schließlich das Instrument der anstaltlichen Leistungsanforderungen nach § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007),403 sind diese doch ohnehin nur im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren möglich und finden ihre Grenze daher jedenfalls in der faktischen Wirtschaftskraft des Trägerunternehmens.404 § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) kann auch seinem Wortlaut nach keine Rechtsgrundlage für Maßnahmen zum Erhalt der normativ erforderlichen wirtschaftlichen Leistungskraft sein: Die Anstalt kann ausdrücklich nur die jeweils erforderliche Bereitstellung von Sach-, Personal- oder Finanzmittel anfordern, nicht aber kann sie dem Trägerunternehmen aufgeben, sich gleichsam vorbeugend im Interesse künftiger Mittelanforderungen wirtschaftlich leistungsfähig zu halten. Bei bestehender Gruppeneinbindung ist also eine Abwehr nicht-marktgerechter und damit aufsichtsrechtlich unzulässiger Ausschüttungen des Trägerunternehmens weder aktien- noch börsenaufsichtsrechtlich möglich. b) Veranlassung zu gewinnverlagernden Maßnahmen Praktisch größere Bedeutung haben in der Konzernrealität direkte konzerninterne Finanzierungsmaßnahmen sowie Maßnahmen der außerbilanziellen Gewinnverlagerung.405 Nimmt das Trägerunternehmen eine offene konzerninterne Finanzierungsmaßnahme, meist eine konzerninterne (up- oder sidestream) Darlehensgewähr, zu marktgerechten Konditionen vor, dann wird sein Vermögen hierdurch nicht geschmälert und die Maßnahme ist börsenaufsichtsrechtlich unproblematisch. Allerdings besteht ein hohes Risiko, dass die Holding eine Darlehensvergabe unter nicht marktgerechter Verzinsung und/oder unzureichender Besicherung veranlasst.406 Dann liegt aus aktienrechtlicher Sicht zuter anrieten, in welchem diese verpflichtet werden sollte, das Trägerunternehmen „finanziell so auszustatten, dass dieses jederzeit für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der FWB [. . .] sorgen kann“. 403 A. A. Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 18 a. E., S. 39 f., der offenbar auf dieses Instrument zur Abwehr übermäßiger Ausschüttungen des Trägerunternehmens setzt. 404 Vgl. oben unter III. 1. b), S. 152 f. mit Nachweisen in Fn. 86. 405 Neben steuerlichen Gründen kommt hinzu, dass hohe Ausschüttungen ggf. mit Minderheitsgesellschaftern geteilt werden müssten. Deshalb ist im Konzern eine weitgehende außerbilanzielle Gewinnverlagerung und im Übrigen eine Thesaurierung zu erwarten, vgl. Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 1 III 3, S. 10; LutterTheisen, Holding-Handbuch, § 11 Rn. 95 ff. Tatsächlich ist bei konzernierten Gesellschaften auch nicht etwa eine höhere, sondern eine deutlich niedrigere Ausschüttungsquote festzustellen, vgl. Lutter/Scheffler/U. H. Schneider-Pellens/Bonse, Konzernfinanzierung, § 13 Rn. 13.37 ff.

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gleich eine ergebnisverlagernde Maßnahme und eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, ähnlich den Austauschgeschäften zu Konzernverrechnungspreisen oder den sog. Konzernumlagen.407 Solch ergebnisverlagernde Geschäfte sind jedenfalls nachteilig im Sinne des § 311 AktG.408 Ist der Nachteil, etwa durch Vergleich zum marktüblichen Preisniveau, quantifizierbar,409 so ist der Gesellschaft innerhalb des Geschäftsjahres ein Nachteilsausgleich bzw. ein aktivierbarer Anspruch hierauf zu gewähren, andernfalls ihr der Schadensersatzanspruch gemäß § 317 AktG zusteht.410 Das Vermögen des Trägerunternehmens bleibt damit de jure ungeschmälert.411 Doch ist die tatsächliche Durchsetzung auch dieses Anspruchs bei fortbestehender Gruppeneinbindung und außerhalb der Insolvenz zweifelhaft,412 weshalb von den konzernrechtlichen Instrumenten schon gegenüber Einzelmaßnahmen der Konzernfinanzierung keine zuverlässige Sicherung der eigenunternehmerischen Finanzsituation des Trägerunternehmens zu erwarten ist.413 Verdichten sich die von der Mutter veranlassten Maßnahmen zu einem Maßnahmenteppich, wie es insbesondere dann zu erwarten ist, wenn die Mutter das Ziel der finanziellen Austrocknung des Trägerunternehmens verfolgt, so führt dies zur Verlustausgleichspflicht analog § 302 AktG gegenüber der abhängigen Gesellschaft, nach neuerer Ansicht zur sog. Existenzvernichtungshaftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern.414 Letztere ist 406 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 1 III 3, S. 10; MüKo-Kropff, § 311 AktG Rn. 183; Lutter/Scheffler/U. H. Schneider-Scheffler, Konzernfinanzierung, § 20 Rn. 20.13. 407 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 1 III 3, S. 10, § 24 VI 1, S. 372; Kuhlmann/Ahnis, Konzernrecht, D II 2, Rn. 53. Insbesondere zu Konzernverrechnungspreisen vgl. Lutter/Scheffler/U. H. Schneider-Wiedemann/Fleischer, Konzernfinanzierung, § 29 Rn. 29.13. 408 Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 311 AktG Rn. 46 ff.; KK-Koppensteiner, § 311 AktG Rn. 61 f.; Müko-Kropff, § 311 AktG Rn. 160 f. Differenzierend Lutter/Scheffler/U. H. Schneider-Wiedemann/Fleischer, Konzernfinanzierung, § 29 Rn. 29.9. 409 Zu den Methoden der Quantifizierung vgl. Müko-Kropff, § 311 AktG Rn. 160 ff. und insb. im Falle von Konzernverrechnungspreisen Lutter/Scheffler/U. H. Schneider-Wiedemann/Fleischer, Konzernfinanzierung, § 29 Rn. 29.15 ff. 410 Vgl. BGHZ 124, 111 (119). Neben den Schadensersatzanspruch aus § 317 AktG tritt der Rückgewähranspruch aus § 62 AktG wegen verdeckter Gewinnausschüttung, vgl. OLG Frankfurt AG 1996, 324 (327); OLG München NGZ 2005, 181 (183); Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 24 VI 1, S. 372, auch m. w. N. zur a. A. 411 Zutreffend insoweit Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2523 f.). 412 Siehe hierzu schon oben unter V. 2. b) aa) (1), S. 193. 413 A. A. Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2523 f.). Wie hier an der praktischen Wirkungskraft der konzernrechtlichen Ansprüche zweifelnd schon U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (35).

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damit schon vom Ansatz her nur auf deren Vermögensschutz gerichtet.415 Aber auch mit der hergebrachten Verlustausgleichspflicht wird keine Wiederherstellung der finanziellen Situation des Trägerunternehmens bei hypothetischer Konzernfreiheit – nämlich Verbleib von Gewinnen im soeben unter a) beschriebenen Umfang im Unternehmen416 – angestrebt: Das abhängige Trägerunternehmen wird lediglich so gestellt, als erziele es laufend eine schwarze Null als Betriebsergebnis.417 Damit sorgt das Konzernrecht zwar für den Gläubigerschutz und den Substanzerhalt,418 sind Erhaltungsinvestitionen doch über den Abschreibungskreislauf gedeckt.419 Die börsenaufsichtsrechtlich angestrebte Sicherung der Investitionskraft des Trägerunternehmens auch für Erweiterung und Modernisierung des Börsenbetriebs kann es hingegen nicht leisten, denn eine über den Verlustausgleich hinausgehende Pflicht zum Erhalt bzw. zur Wiederherstellung der Investitionskraft abhängiger Unternehmen hat sich bislang im Konzernrecht nicht durchgesetzt.420 Was die Abwehrbarkeit durch börsenaufsichtsrechtliche Instrumente angeht, so multiplizieren sich bei gewinnverlagernden Maßnahmen die schon in Bezug auf Gewinnausschüttungen angesprochenen Schwierigkeiten: Denn nicht nur gilt es die mangelnde Marktgerechtigkeit der Höhe der (verdeckten) Ausschüttungen festzustellen, vielmehr müsste die Börsenaufsichtsbehörde zunächst den verdeckten Mittelabzug als solchen bemerken. Ohne tieferen Einblick in das betriebliche Rechnungswesen zumindest des Trägerunternehmens ist dabei schon der gewinnverlagernde Charakter von konzerninternen Geschäften kaum festzustellen.421 Das nachgängige börsen414 Mit Urteil vom 16. Juli 2007, BGH II ZR 3/04 (= BGHZ 173, 246 ff.) – „TRIHOTEL“ wurde die Existenzvernichtungshaftung zwischenzeitlich auf ein Konzept der Innenhaftung gegenüber der abhängigen Gesellschaft umgestellt. 415 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 31 I 1 f., S. 426 ff. (Gläubigerschutz als Ratio der sog. Existenzvernichtungshaftung im GmbH-Recht); K. Schmidt, Gesellschafterhaftung und „Konzernhaftung“ bei der GmbH, NJW 2001, 3577 (3580). Die Umstellung auf das Innenhaftungskonzept in BGH II ZR 3/04 – „TRIHOTEL“ hat insoweit keine grundsätzliche Änderung gebracht, vgl. a. a. O. Rn. 25. 416 Siehe S. 218 f. 417 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 28 IV 1 i. V. m. § 20 V vor 1, S. 278; MüKo-Altmeppen, § 302 AktG Rn. 67. 418 Vgl. MüKo-Kropff, § 317 AktG Anh. Rn. 47. 419 Nur Wöhe/Bilstein, Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, S. 308. 420 Siehe nur Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 28 IV 1 i. V. m. § 20 I 2, S. 267 f.; U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (34 f.). 421 Vgl. Schieber, Die Aufsicht über Finanzkonglomerate, S. 136. Gemäß § 2 Abs. 2 BörsG 2002 kann die Börsenaufsichtsbehörde nur von der Börsenanstalt, Handelsteilnehmern und Emittenten Auskünfte und Dokumentenvorlage verlangen. Mit dem FRUG wurde diese Befugnis in § 3 Abs. 4 BörsG 2007 zwar auf das Trä-

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aufsichtsrechtliche Instrumentarium erweist sich somit auch hier als praktisch wirkungslos und zum Schutze der strukturellen Richtigkeitsgewährvoraussetzungen im börslichen Betreibermodell ungeeignet. 3. Zwischenergebnis zu VI.

Eine Konzernierung eröffnet Möglichkeiten des Mittelabzugs aus dem Trägerunternehmen in Form offener und verdeckter Gewinnausschüttungen. Übersteigt deren Höhe das Niveau marktgerechter Ausschüttungen an Aktionäre, so liegt hierin eine Beeinträchtigung der eigenunternehmerischen Finanzsituation des Trägerunternehmens, welche Voraussetzung für eine gesetzeskonforme Erfüllung der Betriebspflicht ist. Bei offenen sowie erst recht bei verdeckten Ausschüttungen ist eine zuverlässige Abwehr bzw. ein (zeitnaher) Ausgleich weder durch das Aktienkonzernrecht gewährleistet, noch kann der Finanzmittelabzug mithilfe nachgängiger börsenaufsichtsrechtlicher Instrumente verhindert werden. Konzernfinanzsysteme mit dem allfälligen Mittelabzug aus den abhängigen Gesellschaften sind in der Konzernpraxis ubiquitär; jegliche Konzerneinbindung des Trägerunternehmens birgt mithin ein hohes Risiko, dass sich die eigenunternehmerische Finanzsituation verändert. Dies gilt erst recht für den Fall der Konzerneingliederung unter dem Dach einer Börsenholding, wo ein systematisch angelegtes Risiko dafür besteht, dass die Konzernmutter zur Strategie der vollständigen Konzentration des Börsenbetriebs übergeht. In dieser Situation kann sogar die gezielte finanzielle Austrocknung des Trägerunternehmens mit Hilfe des Konzernfinanzwesens bewirkt werden. Da nachgängige Instrumente versagen, ist dieser Gefahr für die öffentliche Börsenbetriebsaufgabe mit einer aufsichtsrechtlichen Konzerneingangskontrolle zu begegnen, also durch ein Verbot des Anteilserwerbs nach § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2007) bzw. ein Verbot der Stimmrechtsausübung nach § 3 Abs. 4 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 4 BörsG 2007).422, 423 gerunternehmen erstreckt, siehe hierzu Nachtrag B. II., S. 543. Selbst wenn die Behörde damit Einblick in die maßgeblichen Unterlagen erlangen und nach Prüfung den gewinnverlagernden Charakter entdecken würde, wäre das Problem der Ermittlung einer unzulässigen Ausschüttungshöhe nicht gelöst. Das hier gefundene Ergebnis gilt somit auch unter dem BörsG 2007 fort, vgl. Nachtrag B. III., S. 544 f. 422 Wie hier im Ergebnis U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (35 f.); unklar Merkt, Gutachten 64. DJT, G 120. A. A. Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2523 f.) sowie Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, 19 (43 mit Fn. 115), die auf konzernrechtliche Abwehrmechanismen vertrauen. Im Ergebnis auch Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (11 f., 19 ff.), die auf eine Sicherung der betriebsnotwendigen Finanzmittelausstattung gegenüber der Konzernmutter durch Verwaltungsvertrag setzen, sowie Christoph, Börsenrechtliche Zulässigkeit, ZBB

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VII. Ergebnis zu Abschnitt 2, A. Die Betreiberkonzentration ist mithin nach deutschem Börsenaufsichtsrecht nicht realisierbar.424 Das gilt für die hier untersuchte Konstellation der Konzerneingliederung des Trägerunternehmens als abhängiger Gesellschaft aus dem doppelten Grund eines Verlusts der eigenunternehmerischen Anreiz- wie auch Finanzsituation. Mit einem Verlust der eigenunternehmerischen, ganz auf den Erfolg der Anstaltsbörse gerichteten Anreizsituation geht aber auch eine beherrschende Stellung des Trägerunternehmens in einem Börsenbetreiberkonzern einher.

B. Betreiberkonzernierung nach britischem Recht Anders als das deutsche Recht sieht das britische Börsenaufsichtsrecht keine formalisierte Anteilseignerkontrolle vor. Es kennt daher keine spezifisch ausformulierten Anforderungen an den Erwerber einer bedeutenden 2005, 82 (89 ff., insb. S. 91), letzterer allerdings ohne jedes Problembewusstsein im Hinblick auf konzernierungsbedingte Veränderungen der Finanzsituation des Trägerunternehmens. 423 Zum gleichen Ergebnis wie hier (Unzulässigkeit jedweder faktischer Konzernierung) gelangt für das Banken- und Versicherungsaufsichtsrecht im Grundsatz van de Sande, Unternehmensgruppe, S. 190 ff. und insbesondere S. 214. Er begründet dies a. a. O., S. 196 damit, dass eine jede im Sinne der §§ 311 ff. AktG nachteilige Maßnahme auch eine Gefährdung der aufsichtsrechtlichen Schutzgüter darstelle, gefährde doch jede Beeinträchtigung der Vermögens- oder Ertragslage des abhängigen Unternehmens auch die Sicherheit der Einlagen bzw. die Erfüllbarkeit der Versicherungsverträge. Der Schluss von der konzernrechtlichen Nachteiligkeit auf die Gefährdung aufsichtsrechtlicher Schutzgüter ist indes zweifelhaft, hat der Gesetzgeber doch mit den banken- und versicherungsrechtlichen Eigenmittelnormen diejenige Finanzausstattung festgelegt, die er zur Sicherung der aufsichtsrechtlichen Schutzgüter für erforderlich hält. Solange diese Eigenmittel- und Liquiditätsausstattung beim zu beaufsichtigenden Institut bzw. Versicherungsunternehmen sowie im Falle der konsolidierten Aufsicht auch auf Gruppenebene gewährleistet ist, bestehen keine Bedenken gegen einen Mittelabzug aus der Tochter, vgl. Schieber, Die Aufsicht über Finanzkonglomerate, S. 136 ff. Denn anders als das Börsenaufsichtsrecht, das mit der eigenunternehmerischen Finanzsituation gleichsam ein Optimum verlangt, genügt im Banken- und Versicherungsaufsichtsrecht eine bestimmte Mindest-Finanzausstattung. 424 A. A. die h. M.: Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, 19 (43); Christoph, Börsenkooperationen, S. 219; ders., Börsenrechtliche Zulässigkeit, ZBB 2005, 82 (89 f.); Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (551); Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.255 f.; Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 ff. In diesem Sinne offenbar auch Hessische Börsenaufsichtsbehörde, Stellungnahme, sub A II 2 g): Zulässigkeit von Eurex, wobei die Eurex Frankfurt AG eine 100%ige Tochter der Eurex-Zürich AG ist. Zur Fortgeltung der hier gefundenen Ergebnisses unter dem BörsG 2007 siehe Nachtrag B. III., S. 544 f.

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Beteiligung, an denen der konzernbegründende Anteilserwerb durch die Börsenholding unmittelbar zu messen wäre. Vielmehr normiert das britische Börsenaufsichtsrecht in FSMA und RRR nur die Anforderungen an die Person des RIE-Betreibers selbst. Jedoch lässt das Gesetz in s. 290 (3) FSMA sowie ss. 1 (2), 2 (2) RRR, welche die FSA bei der Prüfung der recognition requirements insbesondere zur Berücksichtigung der Konzernverhältnisse eines RIE-Betreibers anhalten,425 erkennen, dass die Kriterien der Betreibertauglichkeit durchaus konzernierungssensibel sind. Dabei sind von einer Konzerneingliederung typischerweise die Kriterien der sufficient financial resources und der suitability betroffen, denn infolge der zumindest faktischen Einflussmacht der Konzernmutter auf die Leitungsorgane des RIEBetreibers426 können die persönlichen und finanziellen Verhältnisse der Konzernmutter unmittelbar auf den RIE-Betreiber durchschlagen.427 Nicht unmittelbar konzernierungssensibel sind hingegen die Anforderungen an die regulatorische wie technisch-infrastrukturelle Ausgestaltung der Börsendienstleistung.428 Sie bleiben daher hier außer Betracht. I. Finanzmittelausstattung und Betreiberkonzernierung 1. Generelle Anforderungen

Nach para 1 Schedule Part I RRR muss ein RIE-Betreiber über ausreichende finanzielle Ressourcen (sufficient financial resources) verfügen, um den ordnungsgemäßen Börsenbetrieb zu gewährleisten.429 Das Erfordernis soll sicherstellen, dass der Betreiber auch im Falle von Marktturbulenzen den Börsenbetrieb aufrechterhalten430 sowie im Falle der Geschäftsaufgabe 425

S. 290 (2) FSMA: „In considering an application, the Authority may have regard to any information which it considers relevant [. . .]“. Ausweislich REC 2.3.3, 2.4.4 fallen hierunter insbesondere eventuelle group-Einbindungen des RIE-Betreibers. Nach der Legaldefinition in s. 421 FSMA ist damit das holding company-subsidiary-Verhältnis im Sinne der s. 1162 Companies Act 2006 gemeint. Dieses ist im Wesentlichen deckungsgleich mit der Abhängigkeit im Sinne des § 17 AktG, d.h. Gegenstück ist nicht der Konzern im Rechtssinne, sondern vielmehr die Gruppe verbundener Unternehmen mit (potentieller) Leitungsmacht einer beherrschenden Gesellschaft. Wie bereits in Bezug auf das deutsche Recht wird auch hierfür im Weiteren der untechnisch weite Konzernbegriff verwendet. 426 Zur Einflussmacht der Mehrheitsanteilseigner in britischen (public oder private) limited companies vgl. Mann, Corporate Governance Systeme, S. 251. 427 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 428 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 429 Para 1 (1) Schedule Part I RRR lautet: „The exchange must have financial resources sufficient for the proper performance of its functions as a recognised investment exchange“.

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jederzeit eine geordnete Beendigung des Börsenbetriebs vornehmen kann.431 Hierdurch wird im Interesse der Preisbildungseffizienz wie auch der systemischen Stabilität ein verwerfungsfreies Sekundärmarktgeschehen angestrebt,432 können doch unvorhergesehene Betriebsunterbrechungen eines börslichen Marktes nicht nur den Preisbildungsprozess in den betroffenen Wertpapieren verfälschen, sondern auch erheblich weiterreichende systemische Risiken bergen: So können beispielsweise bei termingebundenen Wertpapiergeschäften Lieferschwierigkeiten auftreten, die angesichts der Massierung infolge des Totalausfalls einer Börse rasch zur finanziellen Destabilisierung einzelner Marktteilnehmer mit marktweiten Ansteckungsrisiken führen können.433 Das britische Börsenaufsichtsrecht legt daher Wert auf safe markets, also disruptionsfrei funktionierende Märkte.434 Notwendig sind vor diesem Hintergrund Finanzmittel, welche die Risiken für einen unterbrechungsfreien Börsenbetrieb abdecken und in jedem Falle für die Fortsetzung des Betriebs bis zu seiner geordneten Beendigung ausreichen.435 REC 2.3 verlangt hierfür – ähnlich der Solvabilitätsstandards für Wertpapierdienstleister in IPRU (INV) – eine finanzielle Risikovorsorge durch ausreichende Eigenkapital- und Liquiditätspolster. Das Eigenkapital muss dabei das zur Risikovorsorge für Kurs-, Adressausfall-, Betriebs- und andere Risiken erforderliche Maß, das seinen Ausdruck in einem rechnerischen Finanzmittelerfordernis (financial resources requirement) findet, übersteigen und in Form hinreichend liquider Mittel vorhanden sein.436 Ist der RIE-Betreiber ausschließlich im Bereich der Börsendienstleistung im engeren Sinn tätig und damit keinen Kurs- und Adressausfallrisiken ausgesetzt, so sieht die FSA eine ausreichende Finanzmittelausstattung in Anwendung von REC 2.3.7 im Regelfall als gegeben an, wenn Eigenkapital 430

Vgl. REC 2.3.5. Siehe auch Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (39). 431 REC 2.3.6. Vgl. auch Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (39); Mackay, Recognised Investment Exchanges, Butterworths Financial Regulation Service, 5 H/62 Rn. 168. 432 Vgl. FSA, The FSA’s approach to regulation of market infrastructure, DP, S. 10 Rn. 2.11, 4.3 i. V. m. 4.16. 433 Vgl. zu den systemischen Risiken einer Betriebsunterbrechung von RIEs schon die FSA-Vorgängerbehörde SIB in SIB, Regulation of the United Kingdom Equity Markets – DP, S. 32. 434 FSA, The FSA’s approach to regulation of market infrastructure, DP, S. 10 Rn. 2.11; dies., The FSA’s approach to regulation of market infrastructure, Feedback Statement, S. 10 f., Rn. 3.4 f. 435 FSA, RIE and RCH sourcebook, PS, S. 14, Rn. 5.22; FSA, Submission to the Competition Commission v. 29. April 2005, S. 8; Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (39). 436 REC 2.3.3. Vgl. auch Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (39); FSA, RIE and RCH sourcebook, CP 39, S. 13 f.

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

und liquide Mittel den Betrag der sechsfachen monatlichen Betriebskosten übersteigen. Auch soweit diese vereinfachte Nachweismöglichkeit nicht greift, sind die aufsichtsrechtlichen Standards nach REC 2.3 grobmaschig formuliert und lassen damit Börsenbetreibern und FSA bei Sicherstellung der ausreichenden Solvabilität gemäß REC 2.3.9 weit größere Flexibilität als etwa die detailliert ausformulierten Solvabilitätsstandards nach IPRU (INV).437 Auf diese kann jedoch als Orientierungshilfe zurückgegriffen werden,438 und zwar insbesondere auf die Standards nach IPRU (INV) ch. 3. Diese regeln die Solvabilitätsanforderungen für securities and futures firms, wozu u. a. Wertpapierdienstleister zählen, die im Tätigkeitsbereich des arranging deals in investments und des dealing in investments as principal im Sinne der Financial Services and Markets Act 2000 (Regulated Activities) Order 2001 tätig sind.439 Auch der Betrieb börslicher Sekundärmärkte ist ein Fall des arranging deals in investments,440 und im Falle einer Clearingund CCP-Tätigkeit wird der RIE-Betreiber wie beim dealing in investments as principal selbst Partei von Sekundärmarkttransaktionen,441 so dass hier eine große Ähnlichkeit im Tätigkeits- und Risikoprofil besteht. 2. Anforderungen im Konzernierungsfall und aufsichtsbehördliches Instrumentarium

Ein abzusicherndes Solvabilitätsrisiko liegt dabei gemäß REC 2.3.3 (6) insbesondere in der Konzerneinbindung des RIE-Betreibers,442 ist doch aufgrund der Einflussmacht der Mutter ein offener oder verdeckter Mittelabzug möglich, gegen den auch die Abwehrmechanismen des britischen Gesell437 Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (39); Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 438 Vgl. grundsätzlich Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (45). 439 IPRU (INV), ch. 3, Rn. 3–1 i. V. m. Appendix 1 i. V. m. FSA Handbook Glossary. 440 PERG 2.7.7 (2); Lomnicka/Powell, Encyclopedia of Financial Services Law, s. 285 FSMA, Rn. 2A-580. A. A. Pennington, The Law of the investment markets, S. 89: Nur bilaterale Abschlussvermittlung ist „arranging deals in investments“, allerdings zum Financial Services Act 1986. 441 Perry, Regulated Activities and the „General Prohibition“, in: Perry (Hrsg.), FSMA, S. 31 (52 f.). So können Clearingdienstleistungen (sofern sie nicht von einem RIE als mitgenehmigte Annexdienstleistung erbracht werden) im Status eines RCH (Recognised Clearing House) oder dem eines Wertpapierdienstleisters (authorised person) erbracht werden, vgl. FSA, Submission to the Competition Commission v. 29. April 2005, S. 5. 442 REC 2.3.3 (6). Vgl. auch Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (39).

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schaftsrechts praktisch keinen sicheren Schutz bieten können.443 So bergen die auch in der britischen Konzernrealität alltäglichen Konzernfinanzierungssysteme die Gefahr eines Mittelabzugs, insbesondere dann, wenn infolge einer Risikorealisierung an anderer Stelle im Konzern ein akuter Liquiditätsbedarf besteht.444 Obgleich hierdurch jederzeit eine Minderung der Eigenmittel unter das nach para 1 Schedule Part I RRR erforderliche Maß möglich ist, leitet die FSA hieraus, wie sich aus REC 2.3.3 (6) (b) selbst ergibt, nicht die grundsätzliche Unzulässigkeit der Konzerneinbindung eines RIE-Betreibers ab. Vielmehr wird, wie auch im Bereich der Aufsicht über Banken- und Wertpapierdienstleister, auf die Mittel der konzernweiten Solvabilitätsaufsicht vertraut.445 Hier wie dort wird dabei die behördliche Solvabilitätsaufsicht um das Erfordernis betreibereigener Risikomanagementsysteme ergänzt, die gemäß REC 2.5.6 (1) insbesondere auch konzernierungsbedingte Solvabilitätsrisiken erkennen und adäquat begrenzen können müssen.446 Die konzernweite Solvabilitätsaufsicht über Börsenbetreiber erfolgt hierbei, ähnlich der Solvabilitätsaufsicht über konzerneingebundene securities and futures firms nach IPRU (INV) ch. 3 und ch. 14, im Grundsatz durch eine Wiederholung der individuellen Solvabilitätsprüfung auf konsolidierter Gruppenebene.447 Dem liegt die Prämisse zugrunde, dass bei ausreichender Finanzmittelausstattung auf Konzernebene im Falle der Realisierung von Betriebs-, Kurs- oder Adressausfallrisiken der Konzern insgesamt finanziell stabil bleibt und daher kein betriebsgefährdender Mittelabzug aus dem abhängigen Unternehmen droht. Ausgehend von dem durch die Konzernrechnungslegung ausgewiesenen Eigenkapital wird geprüft, ob die konzernweiten Finanzmittel dem konzernweiten Finanzmittelerfordernis (group financial resources requirement) entsprechen. Analog IPRU (INV) 14.2 umfasst der Konsolidierungskreis neben der Konzernmutter sämtliche Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute sowie gruppenangehörigen Börsenbetreiber443 Vgl. Farrar/Hannigan, Farrar’s Company Law, S. 530 ff.; Bloß, Die Unternehmensgruppe im englischen und deutschen Recht der Kapitalgesellschaften, S. 95 f. und S. 103 f.: Finanzmittelabzug kann zwar die Konzernmutter sowie die directors der abhängigen Gesellschaft dieser gegenüber schadensersatzpflichtig machen, die Realisierung dieser Ansprüche ist aber sehr schwierig. 444 Davies, Gower and Davies’ Principles of Modern Company Law, S. 202 f.; Farrar/Hannigan, Farrar’s Company Law, S. 530 ff.; Leigh-Pemberton, Banking World, 1987 (Aug.), S. 13 f., zit. nach U. H. Schneider, Erweiterte Anzeigepflichten und aufsichtsrechtliche Beteiligungsverbote an Kreditinstituten?, BB 1989, 84 (85). 445 FSA, Regulatory Implication of the Takeover of Liffe by Euronext, Nr 10; dies., Submission to the Competition Commission v. 29. April 2005, S. 7. 446 Vgl. FSA, Submission to the Competition Commission v. 29. April 2005, S. 8. 447 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005; vgl. auch FSA, Regulatory Implication of the Takeover of Liffe by Euronext, Nr 10.

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unternehmen, gilt es doch alle mit einem gesteigerten systemischen Risikopotential behafteten Wirtschaftseinheiten zu erfassen.448 Im Falle der Eingliederung des RIE-Betreibers in einen Börsenholdingkonzern sind also neben der Konzernmutter alle in- und ausländischen Börsenbetreiberunternehmen sowie daneben insbesondere eventuelle konzernangehörige CCP-, Clearing- und Abwicklungsdienstleister in die konzernweite Betrachtung einzubeziehen. Das group financial resources requirement soll die konzernweite externe Risikoexposition widerspiegeln und ergibt sich daher im Ausgangspunkt analog IPRU (INV) 14.5 aus einer Addition der die individuelle Risikosituation reflektierenden financial resources requirements der konzernangehörigen Unternehmen, abzüglich eventueller Korrekturposten für eine nur gruppeninterne Risikoexposition. Bei dieser Berechnung legt die FSA in Bezug auf gruppenangehörige Unternehmen mit Sitz im EU-Ausland grundsätzlich dasjenige individuelle Finanzmittelerfordernis zugrunde, das sich aus dem heimatlichen Aufsichtsrecht ergibt.449 Nur wenn ein solches nach Ansicht der FSA die Risikosituation des Unternehmens unzureichend abbildet oder gar nicht existiert, wird analog IPRU (INV) 14.5.2 ein fiktives individuelles Finanzmittelerfordernis unter Zugrundelegung der Grundsätze des britischen Aufsichtsrecht errechnet.450 Letzteres kann im Falle der Eingliederung in einen internationalen Börsenholdingkonzern durchaus der Fall sein, da eine Solvabilitätsaufsicht über Börsenbetreiber europaweit erst mit Umsetzung der MFIRL eingeführt werden wird.451 Von dieser formalisierten gruppenweiten Solvabilitätsaufsicht sieht die FSA indes unter normalen Umständen ab, wenn sich der RIE-Betreiber auf die reine Börsendienstleistungstätigkeit beschränk.452 Sie nimmt vielmehr auf Basis der ihr gemäß REC 3.8 vorzulegenden Konzernrechnungslegung453 nur eine Evidenzkontrolle auf die konzernweite finanzielle Solidität vor, die erst im Zweifelsfall in eine eingehende Prüfung umschlägt.454 Diese Ausnahme entspricht in ihrer Ratio dem Absehen von einer formalisierten konzernweiten Solvabilitätsaufsicht über Wertpapierdienstleister nach IRPU (INV) 14.1.4 R, wenn keines der gruppenangehörigen Unternehmen im Einlagengeschäft oder als Wertpapiereigenhändler tätig ist und folglich keine Adressausfall- und Kursrisiken bestehen. Tritt der konzerneinge448

Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. IPRU (INV) ch. 14, Rn. 14.5.2 R (2). 450 IPRU (INV) ch. 14, Rn. 14.5.2 R (3). 451 Vgl. Art. 39 lit. f) MFIRL. 452 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 453 Vgl. FSA, Regulatory Implication of the Takeover of Liffe by Euronext, Rn. 10. 454 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 449

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bundene RIE-Betreiber hingegen auch als CCP- oder Clearingdienstleister auf, dann erfolgt grundsätzlich eine konsolidierte Aufsicht nach den oben beschriebenen Grundsätzen, von der die FSA wiederum aus Gründen der Effizienz analog IRPU (INV) 14.1.2 R absieht, wenn die Börsenholdinggruppe schon im Sitzland der Konzernmutter einer konsolidierten Solvabilitätsaufsicht unterliegt.455 Das Vorliegen ausreichender Finanzmittel auf individueller und, mit den obigen Maßgaben, auf Konzernebene wird von der FSA anfänglich wie fortlaufend überprüft. Die Behörde erhält hierzu gemäß REC 3.8 vom RIEBetreiber neben dessen Einzelrechnungslegung auch den geprüften Konzernabschluss vorgelegt. Die Realisierbarkeit einer konzernweiten Solvabilitätsaufsicht wird überdies durch das ungeschriebene Erfordernis transparenter Gruppenstrukturen erleichtert.456 Daneben ist der FSA gemäß s. 349 FSMA i. V. m. Financial Services and Market Act (Disclosure of Confidential Information) Regulations 2001457 sowie s. 354 FSMA der Datenaustausch mit den zuständigen ausländischen Aufsichtsbehörden erlaubt, der praktisch durch Memoranda of Understanding ausgestaltet werden kann.458 455 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. Eine solche ergibt sich derzeit allenfalls aus dem nationalen Aufsichtsrecht, europarechtlich ist eine konsolidierte Aufsicht über Börsenbetreibergruppen bislang (und auch nach Umsetzung von Art. 39 lit. f) MFIRL) nicht erforderlich: Weder erfordern die Artt. 124 ff. RL 2006/48/EG eine solche (vgl. insbesondere deren Erwägungsgrund 59) noch verlangt sie die RL 2002/87/EG (Finanzkonglomeraterichtlinie), und zwar gemäß Art. 3 RL 2002/87/EG auch dann nicht, wenn, wie im Falle von Euronext, gruppenangehörige Unternehmen Clearingdienstleister sind und damit als solche der Solvabilitätsaufsicht als Banken unterliegen, sofern nur der Schwerpunkt der Gruppentätigkeit im Börsenbetrieb liegt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn man mit der im Europarecht wohl vorherrschenden Interpretation die Börsendienstleistung nicht als eine Wertpapierdienstleistung im Sinne der WPDRL und der RL 93/6/EWG ansieht. Diese Ansicht ist durch die MFIRL bestätigt worden, hätte es doch deren Art. 39 lit. f) nicht bedurft, wenn Börsenbetreiber schon als Wertpapierdienstleister einem Eigenkapitalerfordernis nach RL 93/6/EWG unterlegen hätten. Die a. A. (Börsendienstleistung ist Wertpapierdienstleistung i. S. d. RL 93/6/EWG), etwa vertreten von Hammen, Börsen- und kreditwesengesetzliche Aufsicht, WM 2001, 929 (933 ff.) ist nun nicht mehr haltbar. 456 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. Zum parallelen Erfordernis in der Aufsicht über authorised persons vgl. para 3 Schedule 6 FSMA, COND 2.3 sowie hierzu Stimson/Woodcock, Threshold Conditions, Butterworths Financial Regulation Service 1H4/263 ff. Rn. 519 ff. 457 SI 2001/2188. 458 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. Ein Beispiel ist das Euronext-LIFFE MOU zwischen der FSA und den übrigen für Euronext-Börsen zuständigen kontinentaleuropäischen Börsenaufsichtsbehörden, im Volltext abgedruckt in Bulletin Mensuel COB, Mars 2003, no. 377, S. 65 ff. sowie hierzu FSA, Euronext derivatives markets regulators sign Memorandum of Understanding, Pressemitteilung 033/2003 v. 11. März 2003.

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Stellt die FSA hiernach eine unzureichende Solvabilität fest, so sucht sie gemäß REC 2.3.9 zunächst das informelle Gespräch mit dem RIE-Betreiber, um einen Plan für die Wiederherstellung einer ausreichenden Finanzmittelausstattung aufzustellen.459 Sodann kann die FSA in Ausübung ihres Anordnungsrechts nach s. 296 FSMA dem RIE-Betreiber in geeigneten Fällen die Wiederherstellung einer ausreichenden Finanzmittelausstattung aufgeben und in letzter Konsequenz nach s. 297 (2) FSMA die Genehmigung zum Börsenbetrieb entziehen.460 II. Persönliche Eignung und Betreiberkonzernierung Nach para 2 Schedule Part I RRR muss ein RIE-Betreiber außerdem die erforderliche persönliche Eignung (suitability) aufweisen, also als fit and proper person anzusehen sein. Dieser Grundbegriff des englischen Gewerbeaufsichtsrechts zielt im Rahmen des Börsenaufsichtsrechts darauf, einen gesetzes- und damit möglichst regelungszielkonformen Börsenbetrieb mit hoher Marktqualität und niedrigen Entgelten zu bewirken. Das Kriterium der suitability erfüllt diese Funktion nach britischer Konzeption im Zusammenspiel mit dem Wettbewerb im Börsendienstleistungsmarkt,461 welchen das britische Börsenaufsichtsrecht gemäß der Regelungsmaxime der s. 2 (3) (g) FSMA462 zu fördern sucht.463 1. Kompetenz und persönliche Zuverlässigkeit im engeren Sinn

a) Generelle Anforderungen Grundvoraussetzung für die Funktion dieses wettbewerblichen Richtigkeitsgewährmechanismus ist die fachliche und unternehmerische Kompetenz464 sowie die persönliche Zuverlässigkeit im Sinne der Abwesenheit 459

Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. FSA, Submission to the Competition Commission v. 29. April 2005, S. 7; Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. Vgl. zu einem Fall des (möglichen) Genehmigungsentzugs wegen unzureichender Finanzmittel auch Maguire, Pan-European Trading: The Virtual Vortex?, The Banker 2003, 160 ff. 461 Zur Rolle des Wettbewerbs als Richtigkeitsgewährmechanismus im britischen Börsenaufsichtsrecht vgl. etwa FSA, The FSA’s approach to regulation of market infrastructure, Feedback Statement, S. 17, Rn. 3.25. 462 S. 2 (3) FSMA lautet: „In discharging its general function the Authority must have regard to [. . .] (g) the desirability of facilitating competition between those who are subject to any form of regulation by the Authority.“ 463 Vgl. hierzu schon oben Teil 2, Abschnitt 1, B. II. 1., S. 120 f. 464 REC 2.4.3 (8). 460

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von einschlägigen Gesetzesverstößen.465 Diese Anforderungen bilden den Mindestinhalt des allgemeinen gewerbe- und insbesondere finanzdienstleistungsaufsichtlichen fit and proper-Kriteriums,466 sie stellen auch hier die Mindestvoraussetzungen der suitability des Börsenbetreibers dar.467 Die FSA prüft ihr Vorliegen gemäß REC 2.4.3 (8) und (9) zunächst bei den Leitungsorganpersonen sowie dem höheren Management des RIE-Betreibers selbst, denn deren persönliche Eigenschaften wirken sich unmittelbar in der Geschäftstätigkeit des RIE-Betreibers aus.468 b) Anforderungen im Konzernierungsfall und aufsichtsbehördliches Instrumentarium Eine Gefahr für die suitability des RIE-Betreibers geht jedoch auch von einer Konzernierung aus, können sich doch negative persönliche Eigenschaften der Konzernmutter – wie beispielsweise eine gewisse Bereitschaft zu Aufsichtsrechtsverletzungen um des unternehmerischen Erfolgs willen – infolge der Einflussmacht auf die Leitungsorgane der Tochter ebenso im Geschäftsgebaren des RIE-Betreibers niederschlagen.469 Diese Gefahr besteht unabhängig vom Geschäftszweig der Mutter in jedem Fall der Konzernierung. Die FSA wirkt ihr entgegen, indem sie gemäß REC 2.4.4 auch die fachliche Kompetenz und persönliche Zuverlässigkeit aller derjenigen Personen prüft, die einen beherrschenden Einfluss auf den RIE-Betreiber ausüben können,470 sei es als bedeutender Anteilseigner,471 aufgrund eines an465

REC 2.4.3 (9). Zu Entwicklung und Inhalt des fit and proper-Kriteriums in der Finanzdienstleistungsaufsicht vgl. Virgo/Ryley, Fitness and propriety in financial services in the 21st century, Journal of Financial Regulation and Compliance 2000 (8), 109 ff. 467 Vgl. FSA, RIE and RCH Sourcebook, CP 39, S. 13, Rn. 5.18. 468 Die Prüfung erfolgt dabei grundsätzlich nach den gleichen Grundsätzen, wie die fit and proper-Prüfung bei authorised persons, vgl. FSA, RIE and RCH Sourcebook, CP 39, S. 13, Rn. 5.18. Dabei wird z. B. einschlägigen Gesetzesverstößen eine um so größere Bedeutung beigemessen, je „näher“ sie an der ausgeübten Geschäftstätigkeit liegen, vgl. CON 2.5.6 sowie hierzu Woodcock/Stimson, Fitness and Propriety, Butterworths Financial Regulation Service 1L6/61 f. Rn. 32. Allerdings genügt die Feststellung der Unzuverlässigkeit in der Person eines Leitungsorgans/ directors alleine nicht für aufsichtsrechtliche Konsequenzen, vielmehr ist immer zu prüfen, inwieweit dessen Unzuverlässigkeit auch und gerade zur unsuitability des RIE-Betreibers insgesamt führt, vgl. Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (39). 469 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 470 FSA, Submission to the Competition Commission v. 29. April 2005, S. 7. 471 REC 2.4.4 (1) und (2); Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. Vgl. auch FSA, Submission to the Competition Commission v. 29. April 2005, S. 7; zur fit and pro466

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derweitig vermittelten maßgebenden Einflusses auf die Personalpolitik472 oder sonst als shadow director.473 Gemäß REC 2.4.5 hat sie hierzu das geschäftliche Vorleben dieser Personen zu betrachten und insbesondere auf frühere Verstöße gegen britisches oder ausländisches Recht zu prüfen.474 Sie kann sich hierzu gemäß s. 354 FSMA Informationen von ausländischen Börsenaufsichts- und sonstigen Kapitalmarktregulierungsbehörden übermitteln lassen. Überdies hat der RIE-Betreiber der FSA für diese Aufsichtszwecke gemäß REC 3.4 sämtliche Veränderungen im Leitungsorgan bzw. höheren Management sowie gemäß REC 3.6.6 alle die Beherrschungsverhältnisse betreffenden Veränderungen mitzuteilen. Stellt die Behörde negative Umstände in der Person der Konzernmutter bzw. deren Leitungsorganen fest, so wird wie bei der Solvabilitätsaufsicht zunächst das Gespräch mit dem Börsenbetreiber und eventuell der Konzernmutter gesucht, in welchem auf eine Beseitigung dieser Gefahr hingewirkt wird. Im Falle des Scheiterns können sodann die formellen Aufsichtsmittel nach ss. 296, 297 (2) FSMA bis hin zum Entzug der Börsengenehmigung eingesetzt werden. 2. Freiheit von regulatorischen Interessenkonflikten

a) Generelle Anforderungen Darüber hinaus legt die FSA unter dem Gesichtspunkt der suitability des RIE-Betreibers großen Wert auf eine gute Corporate Governance.475 Sie soll vor allem dadurch sichergestellt werden, dass eine ausreichende Zahl von independent directors im Führungs- und Aufsichtsgremium (board) des Börsenbetreibers vertreten ist.476 Daneben muss die tatsächliche Kontrollund Steuerungsmacht dieses Gremiums über die Börsenbetriebstätigkeit gewährleistet sein.477 In der Betonung guter Corporate Governance maniper-Prüfung bei authorised persons im Konzernierungsfall Woodcock/Stimson, Fitness and Propriety, Butterworths Financial Regulation Service 1L6/7 Rn. 15–20. 472 REC 2.4.4 (3). 473 REC 2.4.4. (5). Die FSA spricht von „any person in accordance with whose instructions the governing body or any key individual is accustomed to act“. Solche Personen bezeichnet das britische Gesellschaftsrecht als shadow director, vgl. s. 741 (2) Companies Act 1985 ( = s. 251 (1) Companies Act 2006). 474 REC 2.4.5 (1) und (2). 475 Vgl. etwa FSA, Submission to the Competition Commission v. 29. April 2005, S. 7. 476 REC 2.4.3 (6) (c). Vgl. auch Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (39): Mindestens zwei independent directors erforderlich. Zur Rolle der independent directors in der gesellschaftsrechtlichen Corporate Governance vgl. Combined Code, Section A 1 2 sowie hierzu Farrar/Hannigan, Farrar’s Company Law, S. 332 ff.; Lowry/Watson, Company Law, S. 262 f.

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festiert sich die Prämisse des britischen Börsenaufsichtsrechts, dass die Verwirklichung des idealtypischen unternehmerischen Eigeninteresses der Betreibergesellschaft grundsätzlich zu einem regelungszielkonformen Börsenbetrieb führt,478 ist es doch auf qualitative und preisliche Attraktivität der Börsendienstleistung für ein möglichst großes Nutzerpublikum gerichtet: In einem (zumindest potentiell) wettbewerblichen Umfeld, wie es das britische Börsenaufsichts- und Kartellrecht gewährleisten, veranlasse das unternehmerische Eigeninteresse den Betreiber grundsätzlich zum Angebot einer möglichst attraktiven und damit „guten“ Börsendienstleistung im Sinne der Regelungsziele und hierbei namentlich zu einer unparteilichen Regelungsund Vollzugstätigkeit.479 Auch das britische Börsenaufsichtsrecht setzt also jenseits dessen, was durch aufsichtsrechtliche Anforderungen an Qualität und Funktionalität der Börsendienstleistung unmittelbar herbeigeführt werden kann, auf einen strukturellen Richtigkeitsgewährmechanismus. Dessen Funktionsvoraussetzung ist die ausschließliche Orientierung der Geschäftstätigkeit eines RIEBetreibers an dem soeben bezeichneten idealtypischen börsenunternehmerischen Interesse, nämlich die Attraktivität der Börsendienstleistung für ein möglichst großes Nutzerpublikum herzustellen. Hierzu bedarf es eines Ausschlusses der Partikularinteressen einzelner Nutzer oder Nutzergruppen vom Einfluss auf die Regelungs- und Vollzugstätigkeit, welche sich regulatorische Vorteile (z. B. Nachsicht bei der Verfolgung von Marktmissbrauch) auf Kosten anderer Nutzer zu verschaffen suchen könnten.480 Das Aufsichts477 REC 2.4.3 (3) und (4). Vgl. allg. Farrar/Hannigan, Farrar’s Company Law, S. 333. sowie auch Combined Code, Section 1 A 1. 478 Vgl. REC 2.5.11. Vgl. auch HM Treasury, Memorandum submitted to the House of Commons Treasury Committee, Rn. 6; Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (39); Walker, Recognised Investment Exchanges and Clearing Houses, S. 207 (217). 479 Vgl. FSA, The FSA’s approach to regulation of market infrastructure, Feedback Statement, S. 11; HM Treasury, Recognition Requirements for Investment Exchanges and Clearing Houses, Consultation Document, Nr. 10–12. Vgl. zum Gleichlauf der kommerziellen Interessen der company mit dem gesetzgeberischen Regelungsziel der „fairen“ börslichen Regelungstätigkeit auch Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (28.). Vorsichtiger formulierte noch in 2000 die Leiterin der Markets & Exchanges Abteilung der FSA Wisbey, The Challenge of Technology, sub „Regulatory organisation“: Demutualisierte for-profit Börsenbetreiber ließen nicht weniger als die bis dato genossenschaftlich organisierten Börsenbetreiber eine gute Regelung ihres Marktgeschehens erwarten, sofern eine gute Corporate Governance gesichert sei. 480 Vgl. REC 2.5.11. Siehe auch Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (40); Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (28.); FSA, RIE and RCH sourcebook, PS, S. 9, Rn. 5.4 ff.: Die Vermeidung von Interessenkonflikten wird hier als Kernaspekt der suitability-Prüfung bezeichnet; Whitmore,

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recht verlangt in REC 2.4.3 (11), REC 2.5.10 ff. deshalb vom RIE-Betreiber die Einrichtung interner Konfliktmanagementsysteme auf allen Ebenen der Betriebsorganisation, mit denen die Vertreter partikularer Interessen identifiziert und von der Wahrnehmung regulatorischer Aufgaben ausgeschlossen werden können.481 b) Aufsichtsrechtliches Konzernierungsverbot unter dem Dach einer am Wertpapierhandel teilnehmenden Person als Konsequenz Da die Regelungstätigkeit – trotz des Erfordernisses einer gewissen unternehmensinternen Unabhängigkeit des „regulatory department“ nach REC 2.4.3 (12) – im britischen Aufsichtsrecht zulässigerweise von der Unternehmensleitung determiniert werden kann482 und die Konzernmutter infolge ihrer Personalhoheit eine zumindest faktische Einflussmacht hierauf hat, können grundsätzlich auch konfligierende Interessen in der Person der Konzermutter für die Frage der suitability des Börsenbetreibers relevant werden.483 Betreiberinterne Konfliktmanagementsysteme sind gegenüber einem solchen, über das gesamte Leitungsgremium bzw. wesentliche Teile desselben gleichsam flächendeckend ausgeübten Einfluss regelmäßig machtlos. Die FSA würde daher etwa den 100%igen Anteilserwerb eines großen Wertpapierdienstleisters oder einer Bank an einem RIE-Betreiber ausgesprochen kritisch beurteilen und im Zweifelsfall bis zur derecognition gehen, wäre doch hier die Gefahr einer Parteilichkeit in der Regelungs- und Vollzugstätigkeit zugunsten dieses einen Börsennutzers allzu greifbar.484 Unproblematisch ist demgegenüber die hier zu betrachtende Konzernierung unter dem Dach einer Börsenbetreiberholding als Konzernobergesellschaft, repräsentiert diese doch gerade nicht die Interessen eines einzelnen Börsennutzers oder einer partikularen Nutzergruppe, sondern verfügt vielmehr, da sie ihren Gewinn aus dem Erfolg der abhängigen Börsenbetreiberunternehmen

Interview v. 30. Juni 2005. Vgl. zur zentralen Relevanz der Vermeidung von Interessenkonflikten beim Betrieb organisierter Märkte auch die Kriterien der Aufsicht über Lloyd’s in LLD 4.2.6. 481 REC 2.5.11. Vgl. auch Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (28). 482 FSA, RIE and RCH sourcebook, PS, S. 9, Rn. 5.4 ff.; Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 483 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 484 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. Im Ergebnis keine Interessenkonflikte waren hingegen bei der RIE-Gründung durch ein Konsortium von großen Finanzdienstleistern im Falle von Tradepoint zu erwarten, da diese Börse im Wesentlichen für den Handel zwischen genau diesen Gründungsmitgliedern gedacht war und daher keine Gefahr einer einseitigen Bevorzugung einzelner Nutzer bestand.

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schöpft, über die idealtypische börsenunternehmerische Anreizstruktur wie ein konzernunabhängiger Börsenbetreiber selbst.485 3. Eigenverantwortliches Hinwirken auf die Einhaltung aufsichtsrechtlicher Anforderungen

a) Generelle Anforderungen Die suitability eines RIE-Betreibers erfordert darüber hinaus, dass er aus eigenem Antrieb auf die Erfüllung der gesetzlichen Genehmigungsanforderungen hinwirkt und sich gegenüber der FSA kooperativ verhält.486 Die bereits erwähnten Erfordernisse unternehmensinterner Risiko- und Konfliktmanagementsysteme stellen partielle Ausprägungen dieses Tauglichkeitskriteriums dar. Ihm liegt der Gedanke zu Grunde, dass ein aufsichtskonformer und damit der Kapitalmarktfunktionalität dienlicher Zustand selbst mit intensivster Aufsichtstätigkeit nicht herbeigeführt werden kann, wenn nicht auch auf Seiten des Aufsichtssubjektes ein eigeninitiatives Bemühen um die Einhaltung aufsichtsrechtlicher Anforderungen hinzukommt.487 Die strukturellen Voraussetzungen hierfür bestehen zum einen in der Bereitschaft, für die Einhaltung des Aufsichtsrechts zu sorgen, wie sie namentlich auf Ebene des board vorhanden sein muss. Zum anderen ist auch die schon in anderem Zusammenhang erwähnte effektive Kontrolle und Steuerung der Betriebstätigkeit durch eben diese Leitungsorgane erforderlich.488 Beides ist im idealtypischen konzernunabhängigen Betreiberunternehmen regelmäßig gegeben, insbesondere kann eine grundsätzliche Bereitschaft zum Erhalt einer kooperativen Beziehung mit der Aufsichtsbehörde im eigenen Fortbestehensinteresse des RIE-Betreiberunternehmens unterstellt werden.489

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Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. REC 2.4.3 (1). Siehe auch Pennington, The Law of the Investment Markets, S. 87; SIB, Regulation of the United Kingdom Equity Markets – Discussion Paper, S. 27; Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 487 FSA, A new regulator for the new millennium, S. 10 Rn. 18; Woodcock/Stimson, Principles for Business, Butterworths Financial Regulation Service 1H2/100 f. Rn. 76 ff. Vgl. auch s. 2 (3) (b) FSMA, welcher lautet: „In discharging its general functions the Authority must have regard to [. . .] (b) the responsibilities of those who manage the affairs of authorised persons“ sowie para 6 (2) Schedule Part I RRR: „The exchange must be able and willing to cooperate, by the sharing of information and otherwise, with the Authority [. . .]“. 488 REC 2.4.3 (3) und (4). 489 Vgl. Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (39). In Bezug auf das deutsche Recht vgl. van de Sande, Unternehmensgruppe, S. 50. 486

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b) Das aufsichtsrechtliche Erfordernis dezentraler Konzernführung als Konsequenz Nun droht im Falle der Eingliederung eines RIE-Betreibers in einen Börsenholdingkonzern kein Verlust dieses grundsätzlichen Fortbestehensinteresses: Denn zwar ist es auch hier nicht minder wahrscheinlich, dass konzernintern mittelfristig eine Strategie der vollständigen Konzentration des Börsenbetriebs angestrebt wird.490 Aber anders als im deutschen Recht könnte die Konzernmutter ein solches Konzentrationsbestreben schlicht dadurch verwirklichen, dass sie den RIE-Betreiber zum Antrag auf derecognition nach s. 297 (1) FSMA veranlasst. Unter der Voraussetzung, dass eine ordnungsgemäße Beendigung des Geschäftsbetriebs gesichert erscheint, kommt die FSA einem solchen Antrag nach.491 Wird also innerhalb eines Börsenholdingkonzerns der RIE-Betrieb fortgesetzt, so nur deshalb, weil die Konzernmutter im Rahmen ihrer jeweiligen Strategie am Fortbestand und möglichsten unternehmerischen Erfolg des RIE-Betreibers interessiert ist. Trotz dieses für den Regelfall anzunehmenden Interessengleichlaufs zwischen Konzern- und RIE-Betreiberinteresse kann die Konzernmutter im Einzelfall aber dennoch geneigt sein, Maßnahmen zu veranlassen, die dem eigenunternehmerischen Interesse des Börsenbetreibers an der Einhaltung des Aufsichtsrechts zuwiderlaufen.492 Ein Beispiel bildet ein Gefälligkeitsdarlehen im Falle eines finanziellen Engpasses an anderer Stelle im Konzern, das zur Unterschreitung der aufsichtsrechtlich erforderlichen Finanzmittelausstattung beim RIE-Betreiber führen kann.493 Dabei – so die aufsichtsrechtliche Prämisse – steigt die Bereitschaft der Leitungsorgane eines RIEBetreibers zur Verletzung aufsichtsrechtlicher Erfordernisse erheblich an, wenn dies zur Erfüllung von Weisungen der Konzernmutter dient.494

490

Siehe schon oben A. V. 1. a), S. 179 ff. Vgl. auch die Einschätzung der FSA in FSA, Submission to the Competition Commission v. 29. April 2005, S. 8. 491 REC 4.7.2: „The FSA will revoke a recognition order if: [. . .] (2) the recognised body has asked the FSA to revoke the order“. Beispiele bilden die antragsgemäße derecognition von Jiway und Coredeal MTS, vgl. FSA, Annual Report 2002/03, S. 215. Vgl. zum Szenario einer möglichen Einstellung der LSE zugunsten einer ausländischen Schwesterbörse FSA, Submission to the Competition Commission v. 29. April 2005, S. 8. Zur Neutralität des britischen Rechts gegenüber einer solchen Wegverlagerung schon die Motive des FSMA, vgl. Lord McIntosh, Hansard HL 18 May 2000, Col 371. 492 Ferran, Interview v. 4. Juli 2002; Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 493 Vgl. zu dieser (rechtsordnungsübergreifenden) Konzerngefahr van de Sande, Unternehmensgruppe, S. 49. U. H. Schneider, Bankenaufsicht im Konzern, WM 1978, 1250 (1256). 494 Ferran, Interview v. 4. Juli 2002.

Abschnitt 2: Betreiberkonzernierung

239

Vor diesem Hintergrund verlangt die suitability im Falle der Konzerneingliederung eine dezentrale Konzernführung, in der das operative Geschäft in der Verantwortung des abhängigen RIE-Betreibers bleibt und von dessen Leitungs- und Aufsichtsorgan (board) effektiv geleitet und kontrolliert wird.495 Freilich erkennt die FSA das kommerzielle Bedürfnis nach einer gewissen zentralen Steuerung der Geschäftspolitik, wie sie innerhalb strategischer Holdingsstrukturen angestrebt wird, durchaus an, weshalb etwa eine Personalunion bei den executive directors im board des RIE-Betreibers mit Führungsfunktionen in der Konzernmutter zulässig ist.496 Allerdings müssen, um im eventuellen Konfliktfall dem eigenunternehmerischen Interesse des RIE-Betreibers zur Geltung zu verhelfen, eine ausreichende Zahl von independent directors im board vertreten sein, denen effektive Kontrollmöglichkeiten über das Management zustehen müssen und die keinesfalls mit Führungs- oder Aufsichtsorganpersonen der Muttergesellschaft oder anderer Konzerngesellschaften identisch sein dürfen.497 Die Erfüllung dieser Anforderungen wird von der FSA verifiziert, indem sie nach REC 2.4.3 (3), (4), (6), (7) die Corporate-Governance-Strukturen des RIE-Betreibers betrachtet und hierbei gemäß REC 2.4.5 (3) namentlich auf eine eventuelle Personenidentität innerhalb des Konzerns prüft. Sie erhält hierzu nach REC 3.4 Mitteilung von allen persönlichen Veränderungen in den Leitungsgremien eines RIE-Betreibers sowie nach REC 3.6 von allen strukturellen Veränderungen der betreiberinternen Corporate-Governance-Mechanismen. Im Falle von Mängeln stehen der FSA auch hier die bereits beschriebene informellen und formellen Reaktionsmöglichkeiten offen, mit denen sie in letzter Konsequenz durch derecognition nach s. 297 (2) FSMA den aufsichtwidrigen Zustand beenden kann.498

III. Ergebnis zu Abschnitt 2, B. Die Erfüllung der Betreibertauglichkeitskriterien ist also auch im Fall der Konzernierung unter dem Dach einer Börsenholding durchaus möglich, die Konzernierung kann also grundsätzlich realisiert werden.499 Voraussetzung 495

Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. Vgl. auch REC 2.4.5 (4) und (5). Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. Vgl. in Bezug auf Euronext-LIFFE FSA, Regulatory Implication of the Takeover of Liffe by Euronext, Rn. 9. 497 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. Vgl. zur Rolle der independent directors in der britischen Corporate Governance Mann, Corporate Governance Systeme, S. 251 ff. und insbesondere in Konzernsituationen Wymeersch, Corporate Governance Regeln in ausgewählten Rechtssystemen, S. 87 (93). 498 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 499 Vgl. FSA, Submission to the Competition Commission v. 29. April 2005, S. 7; Davies, The Single Financial Market – Miracle or Mirage?, Rede v. 19. März 2002; 496

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

ist dabei in Bezug auf das Kriterium einer ausreichenden Finanzmittelausstattung, dass beim abhängigen RIE-Betreiber stets ausreichendes Eigenkapital und liquide Mittel zur Deckung von Kurs-, Adressausfall-, Betriebsund andere Risiken belassen werden, und dass auch der Konzern insgesamt finanziell solide erscheint. Im Zweifelsfall kann eine Prüfung der angemessenen Finanzmittelausstattung auf konsolidierter konzernweiter Basis entsprechend der Grundsätze der Solvabilitätsaufsicht über konzerneingebundene Finanzdienstleister erfolgen. In Bezug auf das Kriterium der suitability ist neben der persönlichen Zuverlässigkeit der Leitungsorgane (und ggf. shadow directors) der Börsenholdinggesellschaft erforderlich, dass eine dezentrale Konzernstruktur gewählt wird, in welcher trotz aller Zentralisierung strategischer Entscheidungen die Verantwortung für das operative Geschäft beim abhängigen RIE-Betreiber verbleibt und dort die geschilderten Strukturen einer guten Corporate Governance erhalten bleiben.

FSA, Potential longer term implications of a change of ownership of the London Stock exchange, Pressemitteilung v. 4. Februar 2005, FSA/PN/015/2005. Vgl. zu der im Ergebnis neutralen Haltung des britischen Rechts gegenüber der Eingliederung eines RIE-Betreibers in einen internationalen Börsenholdingkonzern auch schon Lord McIntosh, HL 24 May 2000, Col. 808 ff.

Abschnitt 3: Lokale Konzentration von Handelssegmenten

241

Abschnitt 3

Lokale Konzentration von Handelssegmenten Bei einer lokalen Konzentration von Handelssegmenten wird zwischen zwei kooperierenden Börsenbetreibern A und B beispielsweise der Standardwertehandel an der A-Börse, der Wachstumswertehandel an der B-Börse konzentriert. Zu diesem Zwecke muss an jeder Börse der Handel in Wertpapieren, die zum Spezialisierungssegment des Partners gehören, eingestellt werden. Dies kann, wie eingangs gezeigt, mit der EinstellungsZulassungsmethode oder der weniger radikalen, einem eventuellen home bias der Emittenten Rechnung tragenden Reduktions-Einbeziehungsmethode geschehen1. In beiden Fällen muss neben dem Umbau der Produktpaletten ein entsprechender Zustrom ausländischer Handelsteilnehmer an die jeweilige Spezialisierungsbörse ermöglicht werden. In den folgenden Länderberichten werden jeweils unter I. die börsenaufsichtsrechtlichen Implikationen für die zugrundeliegende Kooperationsabrede untersucht. Sodann folgt unter II. die Zulässigkeit der zur Umsetzung erforderlichen marktseitigen Vollzugsakte. Hierbei werden zunächst unter 1. alle zur „Herverlagerung“ eines Handelssegments erforderlichen Maßnahmen (Zulassung oder Einbeziehung der Wertpapiere ausländischer Emittenten, Zulassung ausländischer Handelsteilnehmer) untersucht. Unter 2. wird die börsenaufsichtsrechtliche Zulässigkeit der „Wegverlagerung“ eines Handelssegments durch Einstellung bzw. Reduktion zum bloßen Zulassungssegment betrachtet. Soweit die marktseitigen Vollzugsakte zulässig sind, stellt sich die weitere Frage, ob die vertragliche Selbstbindung des Börsenbetreibers bezüglich seines Angebotsverhaltens aufsichtsrechtlich zulässig ist (III.).

A. Lokale Konzentration nach deutschem Recht I. Zugrundeliegende Kooperationsabrede Mit der Einstellung bzw. Reduktion eines Handelssegments gehen die kooperierenden Börsenbetreiber ein erhebliches unternehmerisches Risiko ein, weshalb ihnen an einem rechtsverbindlichen Anspruch gegen den Kooperationspartner auf Erfüllung der Kooperationsabrede gelegen sein muss.2 Soll die lokale Konzentration im Wege der Einstellungs-Zulassungs-Methode verwirklicht werden, so ist der Inhalt dieser Abrede im Wesentlichen 1 2

Siehe oben Teil 1, Abschnitt 3, C. III. 1., S. 90 ff. Vgl. Lee, The Future of Securities Exchanges, S. 10 f.

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

negativ: Beide Seiten verpflichten sich, ein Segment vollständig und dauerhaft einzustellen. Bei der Reduktions-Einbeziehungsmethode begründet die Abrede hingegen intensivere Kooperationspflichten. Zur Reduktionspflicht tritt die positive Pflicht jedes Betreibers hinzu, im jeweiligen Spezialisierungssegment für sämtliche vom Kooperationspartner in dieses Segment zugelassenen Wertpapiere eine Handelsmöglichkeit zu eröffnen. 1. Vertragspartner Börsenanstalt

Von den beiden nach deutschem Recht am Börsenbetrieb beteiligten Rechtssubjekten – Anstalt und Trägerunternehmen – ist dasjenige für den ausländischen Börsenbetreiber der geeignete Vertragspartner, das über die zur Umsetzung erforderlichen Maßnahmen der „Her- und Wegverlagerung“ eines Handelssegments entscheiden kann. Dies ist de jure allenfalls die Börsenanstalt, die gemäß §§ 30, 49 BörsG 2002 (entspr. §§ 32, 33 BörsG 2007) über die Zulassung bzw. Einbeziehung von Wertpapieren in den Amtlichen oder Geregelten Markt3 sowie gemäß § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007) über die Zulassung von Handelsteilnehmern entscheidet. Auch über die Einstellung bzw. Reduktion eines Marktsegments kann – wenn überhaupt – nur die Anstalt entscheiden,4 handelt es sich doch hierbei um eine Frage der regulatorischen Ausgestaltung der Börsendienstleistung, wie sie nach § 13 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 16 Abs. 1 BörsG 2007) der Anstalt als öffentlicher Aufgabenträgerin vorbehalten ist.5

3 Mit dem FRUG wurde die zweistufige Marktsegentierung aufgegeben. Statt des Amtlichen und des Geregelten Marktes gibt es jetzt nur noch den Regulierten Markt, in welchen Wertpapiere gemäß § 32 BörsG 2007 zugelassen oder gemäß § 33 BörsG 2007 einbezogen werden können. Siehe zur neuen Marktsegmentierung Nachtrag C. I., S. 546. 4 Vgl. Bauer/Möllers, Parketthandel, S. 61; Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (6); U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (41); Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2529). A. A. wohl Groß, § 1 BörsG Rn. 9 und Lorenz, Wertpapierbörse, S. 96 f., die dem Trägerunternehmen u. a. das Recht zur Einstellung bzw. Änderung des Geschäftszweiges (z. B. Übergang von der Kassa- zur Terminbörse) einräumen wollen. A fortiori muss das nach dieser Ansicht dann für die Aufgabe von Marktsegmenten gelten, welche ja nur Subkategorien innerhalb des Geschäftszweiges der Kassabörse bilden. Nach dieser Ansicht wäre dann insoweit das Trägerunternehmen als Vertragspartner an der Kooperationsabrede zu beteiligen. 5 Vgl. zur Aufgabenverteilung im börslichen Betreibermodell oben unter Abschnitt 1, A. I., S. 103 f.

Abschnitt 3: Lokale Konzentration von Handelssegmenten

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2. Rechtsfähigkeit der Börsenanstalt für die Kooperationsabrede

Nach herrschender Meinung ist die Börsenanstalt eine nur teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, der die Privatrechtsfähigkeit fehlt.6 Ob sie ein Kooperationsabkommen der hier erforderlichen Art abschließen kann, hängt daher von dessen Rechtsnatur ab. a) Rechtsnatur der Kooperationsabrede Das öffentliche Recht kennt als vertragliche Handlungsformen nur den völkerrechtlichen Vertrag einschließlich des Verwaltungsabkommens sowie den Verwaltungsvertrag.7 Das Völkerrecht als eigenständige öffentlich-rechtliche Rechtsordnung mit Vertragsabschluss- und Leistungsstörungsregeln sowie mit gewissen eigenen Durchsetzungsmechanismen8 wäre dabei als Vertragsrechtsordnung – also als „richtige“ Rechtsordnung, der ein Vertrag im Interesse seiner gerechten Durchführung mittels Rechtsanwendungsregeln zu unterstellen ist9 – im Grundsatz durchaus tauglich.10 Allerdings können völkerrechtliche Verträge nur zwischen Völkerrechtssubjekten geschlossen werden, also grundsätzlich nur zwischen Staaten und internationalen Organisationen.11 Für Träger mittelbarer Staatsverwaltung, insbesondere für Kommunen und Universitäten, wird im Kontext grenzüberschreitender Kooperationen zwar eine gewisse beschränkte Völkerrechtssubjektivität diskutiert.12 Allerdings müsste dann auch dem ausländischen Kooperationspartner Völkerrechtssubjektivität zukommen. Nun sind Börsenbetreiber heute in fast allen für Konzentrationszwecke relevanten europäischen Jurisdiktionen Privat6

Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 8, S. 26 m. w. N. Vgl. Obermayer-Tiedemann, § 54 VwVfG Rn. 55 f. Der Staatsvertrag bleibt als spezifische Handlungsform der Bundesländer untereinander bzw. im Bund-LandVerhältnis außer Betracht. 8 Hobe/Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, S. 207 ff., S. 235 ff. 9 Vgl. zu dieser Zielsetzung allen Rechtsanwendungsrechts Kropholler, Internationales Privatrecht, § 4 I, S. 24 f. Zur Notwendigkeit einer solchen Unterstellung bei Verträgen Böckstiegel, Der Staat als Vertragspartner ausländischer Privatunternehmen, S. 76 m. w. N. 10 Böckstiegel, Der Staat als Vertragspartner ausländischer Privatunternehmen, S. 124. 11 Siehe nur Ipsen-Heintschel von Heinegg, Völkerrecht, § 9 Rn. 2. 12 Grewe, Auswärtige Gewalt, HStR III (2. Aufl.), § 77 Rn. 83; Rudolf, Rechtliche Bemerkungen zu Universitätspartnerschaften, FS Peter Schneider 1980, S. 130 (132). A. A. Fastenrath, Kompetenzverteilung im Bereich der auswärtigen Gewalt, S. 189 f.; Beyerlin, Rechtsprobleme der lokalen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, S.183 ff.; von Münch/Kunig-Rojahn, Art. 32 GG Rn. 66. 7

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

rechtssubjekte.13 Doch erkennen Teile der Völkerrechtslehre auch privaten Unternehmen eine gewisse partielle Völkerrechtssubjektivität zu, und zwar in Bezug auf Verträge wirtschaftlicher Art zwischen Staaten und ausländischen Unternehmen; derartige Verträge werden dann als sog. beschränkt völkerrechtliche Verträge qualifiziert.14 Es erscheint jedoch sehr zweifelhaft, ob diese Rechtsfigur auch auf eine Abrede zwischen einer deutschen Börsenanstalt und einem ausländischen privaten Börsenbetreiber übertragen werden könnte, findet sie ihre Begründung doch ausschließlich in den besonderen Problemen, die sich aus der Vertragsbeteiligung eines souveränen Staates ergeben: Ein Vertrag zwischen Staat und ausländischem Privatunternehmen wäre nämlich vorbehaltlich einer Zuweisung zum Völkerrecht ein normaler Privatvertrag und würde als solcher in der Praxis typischerweise dem Recht des staatlichen Vertragspartners unterstellt,15 welcher kraft seiner Gesetzgebungshoheit das geltende Vertragsrecht jederzeit ändern kann.16 Vergleichbare Probleme bestehen bei einem Vertrag mit einem unterstaatlichen Verwaltungsträger, wie es die Börsenanstalt ist, jedoch nicht. Es bleibt somit hier beim Grundsatz, wonach Privatrechtssubjekte keine Völkerrechtssubjektivität genießen.17 Scheidet ein völkerrechtlicher Vertrag aus, so kann die Abrede zwischen Anstalt und ausländischem Börsenbetreiber nur dann öffentlich-rechtlich qualifiziert werden, wenn sie in Form eines Verwaltungsvertrags nach §§ 54 ff. (L)VwVfG geschlossen wird. Ein solcher kann grundsätzlich immer geschlossen werden, wenn ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Verwaltungsrechts begründet werden soll, und zwar auch und gerade dann, wenn – wie hier zwischen Börsenanstalt und Kooperationspartner – ein Subordinationsverhältnis fehlt.18 Dabei gehört die in der 13 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 12, S. 30; Schwark, Börsen und Wertpapierhandelsmärkte in der EG, WM 1997, 293 (301). 14 Böckstiegel, Der Staat als Vertragspartner ausländischer Privatunternehmen, S. 184 ff.; Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, § 20 Rn. 7. Kritisch IpsenHeintschel von Heinegg, Völkerrecht, § 9 Rn. 11; Stoll, Vereinbarungen zwischen Staat und ausländischem Investor, S. 56 ff.; ablehnend von Münch/Kunig-Rojahn, Art. 32 GG Rn. 13. 15 Böckstiegel, Der Staat als Vertragspartner ausländischer Privatunternehmen, S. 85; Ipsen-Heintschel von Heinegg, Völkerrecht, § 9 Rn. 8; Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, § 20 Rn. 1. 16 Ipsen-Heintschel von Heinegg, Völkerrecht, § 9 Rn. 9 a. E. Vgl. hierzu auch den sog. Lybischen Erdölstreit, beschrieben bei Stoll, Vereinbarungen zwischen Staat und ausländischem Investor, S. 3 f. 17 Vgl. Blumenwitz, Die deutsch-polnischen Städtepartnerschaftsabkommen, S. 20; Böckstiegel, Der Staat als Vertragspartner ausländischer Privatunternehmern, S. 200 ff. 18 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 1; Obermayer-Tiedemann, § 54 VwVfG Rn. 48 f.

Abschnitt 3: Lokale Konzentration von Handelssegmenten

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Kooperationsabrede festgelegte Verpflichtung der Börsenanstalt zur Umgestaltung ihres Leistungsangebots jedenfalls dem Gebiet des öffentlichen Rechts an. Indes kann ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis zum Kooperationspartner außerhalb des Völkerrechts nur dann begründet werden, wenn dieser Vertragspartner seinerseits dem deutschen öffentlichen Recht unterliegt.19 Nur in diesem Falle ist die Unterstellung unter das deutsche Verwaltungsvertragsrecht und die deutsche Verwaltungsjurisdiktion rechtmäßig im Sinne der völkerrechtlichen Vorgaben für Kollisionsregeln und beinhaltet zugleich eine Zuweisung zur „richtigen“ Rechtsordnung.20 Wie eingangs gezeigt, knüpft das deutsche Börsenaufsichtsrecht ausschließlich an den Sitz des Börsenbetreibers an.21 So gelten aufsichtsrechtliche Gestaltungsvorgaben nur für die im Inland ansässige Börsenanstalt; auch soweit das Börsenrecht Anforderungen an Anteilseigner des Trägerunternehmens stellt, ist der inländische Sitz der Börsenanstalt maßgeblich, welcher das Trägerunternehmen zugeordnet ist. So unterliegt zwar die oben betrachtete Börsenholdinggesellschaft unabhängig von ihrem Sitz den Vorschriften über die Anteilseignerkontrolle und ist damit grundsätzlich tauglicher Partner eines Verwaltungsvertrages.22 Nicht aber gilt das für den ausländischen Börsenbetreiber bezüglich der Zulassung von Wertpapieren und Handelsteilnehmern bzw. der Einstellung eines Handelssegmentes an der dortigen Börse.23 Ein Verwaltungsvertrag im engeren Sinne der §§ 54 ff. (L)VwVfG scheitert mithin an der fehlenden gemeinsamen Unterstellung unter das deutsche öffentliche Recht.24 Allerdings wird trotz Anwendbarkeit zweier verschiedener nationaler Rechte auf den Gegenstand einer Kooperation im Bereich kommunaler grenzüberschreitender Kooperationen die Anwendung eines gewissen „transnationalen öffentlichen Rechts“ außerhalb des Völkerrechts diskutiert.25 Da19

Blumenwitz, Die deutsch-polnischen Städtepartnerschaftsabkommen, S. 21. Vgl. Bleckmann, Die völkerrechtlichen Grundlagen des internationalen Kollisionsrechts, S. 41 ff. 21 Siehe oben unter Teil 1, Abschnitt 3, D., S. 97 f. 22 Vgl. schon oben unter Abschnitt 2, A. V. 2. c) bb), S. 209 f. 23 Vgl. Spindler, Internationale Kapitalmarktangebote, WM 2001, 1689 (1698). 24 Ein grenzüberschreitender öffentlich-rechtlicher Vertrag wird dementsprechend nur dort für möglich gehalten, wo sich einer der Partner freiwillig dem öffentlichen Recht der anderen Seite unterstellt, vgl. Bothe, Rechtsprobleme grenzüberschreitender Planung, AöR 102 (1977), 68 (75 f.); Witmer, Grenznachbarliche Zusammenarbeit, S. 186. Hingegen hält nunmehr Christoph, Börsenkooperationen, S. 301 ohne Bedenken einen verwaltungsrechtlichen Vertrag im Sinne des § 54 (L)VwVfG zwischen Börsenanstalt und ausländischem Börsenbetreiber für möglich. 25 Beyerlin, Rechtsprobleme der lokalen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, S. 387 ff.; AK-Zuleeg, Art. 32 GG Rn. 25. Im Grundsatz zustimmend auch Witmer, Grenznachbarliche Zusammenarbeit, S. 186 f. 20

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

mit soll ein Kooperationsvertrag im Bereich der öffentlichen Aufgabenwahrnehmung der Kommunen dem Privatvertragsrecht entzogen und dem eigentlich „richtigen“ öffentlichen Recht zugeordnet werden.26 Durchgesetzt hat sich dieser Ansatz bislang soweit ersichtlich nicht. Seine Ratio trägt überdies nur da, wo auf beiden Seiten der grenzüberschreitenden Kooperation Verwaltungsträger in Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben beteiligt sind. Dort kann es in der Tat nahe liegen, das „richtige“ Recht eher im öffentlichen als in einem über international-privatrechtliche Kollisionsnormen zu bestimmenden Privatvertragsrecht zu suchen. Demnach ist die Verortung der Kooperationsabrede im öffentlichen Recht auf diesem Wege allenfalls dann möglich, wenn auch der ausländische Kooperationspartner der Börsenanstalt ein Verwaltungsträger ist, wie beispielsweise das beliehene Börsenbetreiberunternehmen in Österreich.27 In der Mehrzahl der konzentrationsrelevanten Jurisdiktionen ist er das nicht,28 so dass eine Kooperationsabrede mit dort ansässigen Börsenbetreibern nur als privatrechtlicher Vertrag qualifiziert werden kann.29 b) Privatrechtsfähigkeit der Börsenanstalt? Trotz anderslautender Bekundungen noch in den Motiven des 4. FMFG,30 ist die Börsenanstalt eine teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts.31 Dies lässt sich an § 12 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 15 Abs. 3 BörsG 2007) ablesen, wonach die Börsengeschäftsführung, beispielsweise beim Erlass von Zulassungsverwaltungsakten gegenüber Handelsteilnehmern, die Börsenanstalt als solche vertritt und nicht etwa das anstaltstragende Land.32 26

AK-Zuleeg, Art. 32 GG Rn. 25. § 2 Abs. 1 österr. BörseG. Zur Börsenbetreiberstruktur in Österreich vgl. Feuchtmüller/Lucius/Schaffer, Börsegesetz und WAG, S. 13 f. 28 Vgl. oben unter Abschnitt 2, A. I., S. 138 mit Fn. 16. 29 Vgl. etwa Hopt, Eurex, FS Schimansky 1999, S. 631 (647): Privatrechtliche Qualifikation einer zwischen der Börsenanstalt Eurex Deutschland und der schweizerischen Betreibergesellschaft Eurex Zürich AG abgeschlossenen Kooperationsabrede. 30 RegE 4. FMFG, BT-Drs 14/8017, S. 72: „unselbständige Anstalt“. Dies entspricht der früher h. M., vgl. Schäfer-Peterhoff, § 1 BörsG Rn. 33; Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 19; Wiede, Die Börse als verwaltungsrechtliches Problem und Rechtsinstitut, S. 142 ff. Heute noch in diesem Sinne Schlüter, Börsenhandelsrecht, G I 4, Rn. 135. 31 Nunmehr klargestellt in § 2 Abs. 1 BörsG 2007. Bereits zum BörsG 2002 h. M., vgl. Hessische Börsenaufsicht, Stellungnahme, sub „II. Börse als Institution“. Aus der Literatur vgl. Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 8, S. 26; Assmann/SchützeFranke, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rn. 16; Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 130 sowie weitere Nachweise oben Abschnitt 1, A. I., S. 101 mit Fn. 9. 32 Vgl. zur Maßgeblichkeit dieses Kriteriums Krebs, Verwaltungsorganisation, HStR III (2. Aufl.), § 69 Rn. 36. Da das Trägerunternehmen nach hier vertretener 27

Abschnitt 3: Lokale Konzentration von Handelssegmenten

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Die Privatrechtsfähigkeit wird der Börsenanstalt demgegenüber fast ganz einhellig abgesprochen, fehlt es im BörsG doch an einer ausdrücklichen gesetzlichen Erhebung der Börsenanstalt zur juristischen Person des öffentlichen Rechts, welche nach hergebrachter Ansicht allein die Vollrechtsfähigkeit bewirken kann.33 Zwar hat die Figur der Teilrechtsfähigkeit für nur einzelne Rechtsbereiche in jüngerer Zeit wieder Kritik erfahren.34 Insbesondere im öffentlichen Recht ist sie von begrenzter Aussagekraft, können öffentliche Rechtsträger doch ohnehin nur im Rahmen ihrer gesetzlich begründeten Kompetenzen handeln.35 Den Börsenanstalten ausdrücklich Privatrechtsfähigkeit zu verleihen bestand zu keiner Zeit ein gesetzgeberischer Anlass, denn mit den Beschaffungsaufgaben werden alle eine Privatrechtsfähigkeit erfordernden Tätigkeiten schon vom Trägerunternehmen wahrgenommen.36 Dem Schweigen des Gesetzes kommt somit nur beschränkte Aussagekraft zu, weshalb die Annahme einer bloßen Teilrechtsfähigkeit der Börsenanstalt jedenfalls nicht zwingend ist.37, 38 Versagt man der Börsenanstalt mit der ganz herrschenden Ansicht die Privatrechtsfähigkeit, so scheitert eine lokale Konzentration unter Beteiligung deutscher Börsen schon an der Unmöglichkeit einer rechtsverbindlichen Kooperationsabrede. Ansicht in keiner Weise – auch nicht als Beliehener – Verwaltungsträger ist, kommt eine Zurechnung der verwaltungsrechtlicher Rechtsverhältnisse des Außenverhältnisses zu ihm jedenfalls nicht in Betracht. 33 VG Frankfurt, AG 1963, 306; Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 10; Breitkreuz, Börse, S. 108 ff.; Christoph, Börsenkooperationen, S. 137; Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 129; Lorenz, Wertpapierbörse, S. 47 f. Allg. zur Verleihung der Vollrechtsfähigkeit im öffentlichen Recht Wolff/Bachof/Stober, Allgemeines Verwaltungsrecht Bd. 1, § 34 I 3, S. 532. 34 Bohn, Anstalt, S. 82 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 8 V 1 b), S. 213 m. w. N. Schon früher die Figur der Teilrechtsfähigkeit ablehnend Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrecht I, S. 403 f. 35 Krebs, Verwaltungsorganisation, HStR III (2. Aufl.), § 69 Rn. 35; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 6. 36 Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (23); vgl. auch Wiede, Die Börse als verwaltungsrechtliches Problem und Rechtsinstitut, S. 174 f. 37 Für eine Voll- und damit insbesondere auch Privatrechtsfähigkeit Claussen/ Hoffmann, Neues zur Rechtsform deutscher Wertpapierbörsen, ZBB 1995, 68 (70). Eine Privatrechtsfähigkeit jedenfalls außerhalb des Bereichs der dem Träger zugewiesenen Beschaffungsaufgaben und insbesondere für Kooperationsabkommen bejahend auch Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (23) sowie offenbar auch Hopt, Eurex, FS Schimansky 1999, S. 631 (647). 38 Seit der ausdrücklichen Bezeichnung der Börsen als „teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts“ (Hervorhebungen von Verf.) in § 2 Abs. 1 BörsG 2007 ist die Privatrechtsfähigkeit kaum mehr vertretbar.

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht 3. Vertragspartner Trägerunternehmen

Allerdings ist es aufgrund seiner erheblichen faktischen Einflussmacht wiederum nicht ausgeschlossen, dass ein ausländischer Börsenbetreiber auch im Trägerunternehmen einen tauglichen Kooperationspartner sieht. Grundlage seiner Einflussmacht ist die Personalunion zwischen seinen Leitungsorganen und der Börsengeschäftsführung. Diese Personalunion wäre zwar nach § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2007) von der Börsenaufsichtsbehörde durch Verweigerung ihres Einvernehmens zur Bestellung eines Trägerorgans zum Börsengeschäftsführer soweit möglich zu verhindern, wenn sie der gesetzeskonformen Erfüllung der öffentlichen Betriebsaufgabe schädlich wäre.39 Letzteres ist anzunehmen, wenn einer der kooperationsvertraglichen Umsetzungsakte börsenrechtswidrig wäre (dazu sogleich II.). Sofern das nicht der Fall ist, könnte eine präexistente Personalunion aber fortbestehen und hierüber auch die regulatorische Ausgestaltung der Börsendienstleistung vom Trägerunternehmen beeinflusst werden, wie dies offenbar bei Eurex gelingt.40 Doch ist auch hier festzuhalten, dass die Personalunion in keiner Weise rechtlich verbürgt ist: Der Börsenrat ist in der Wahl der Geschäftsführer frei. II. Marktseitige Vollzugsakte 1. Herverlagerung zwecks Konzentration eines Handelssegments an einer deutschen Börse

Zur Konzentration eines Handelssegments an einer deutschen Börse muss der bisher an der Kooperationsbörse stattfindende Handel in den betreffenden Wertpapieren „herverlagert“ werden, d.h. es müssen die Wertpapiere ausländischer Emittenten an der deutschen Börse zugelassen bzw. einbezogen und ausländische Handelsteilnehmer aufgenommen werden können. Wie schon die gegenwärtige Börsenrealität zeigt, ist diese Aufnahme ausländischer Handelsteilnehmer und Emittenten durchaus möglich.41 Für Standardwerteemittenten sowie Handelsteilnehmer aus dem europäischen Ausland ist der grenzüberschreitende Börsenzugang auch europarechtlich garantiert.42 Unter dem 39

Siehe zu den Grenzen der Personalunion oben Abschnitt 2, A. IV. 2., S. 176 f. Vgl. oben unter Abschnitt 2, A. I., S. 139. 41 Vgl. zur Handelsteilnahme an der FWB über Xetra Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2005, S. 14 (Teilnehmer aus 18 Ländern), zur Präsenz ausländischer Emittenten an der FWB ebenda, S. 16. 42 Zugang für Handelsteilnehmer: Art. 42 MFIRL, zuvor Art. 15 RL 93/22/EWG sowie hierzu Moloney, EC Securities Regulation, S. 658 ff. Zugang für Standardwerteemittenten: Artt. 6 f. RL 2001/34/EG; hierzu Moloney, a. a. O., S. 96 f. 40

Abschnitt 3: Lokale Konzentration von Handelssegmenten

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Gesichtspunkt der Realisierbarkeit einer lokalen Konzentration ist hier also nur zu fragen, inwieweit die aufsichtsrechtlichen Vorgaben der Börse eine möglichst einfache Gestaltung dieses Zugangs erlauben. a) Zulassung von Standardwerten43 Wertpapiere können an deutschen Börsen nach Maßgabe der §§ 30 ff. BörsG 2002 i. V. m. Börsenzulassungsverordnung (BörsZulV) und WpPG in den Amtlichen Markt oder nach Maßgabe der §§ 49 ff. BörsG 2002 in Verbindung mit WpPG und den jeweiligen Börsenregelwerken in den Geregelten Markt zugelassen werden. Die §§ 30 ff. BörsG 2002 i. V. m. BörsZulV setzen die Vorgaben der RL 2001/34/EG um, welche ihrerseits die Vorschriften der bisherigen Börsenzulassungs-, Prospekt- und Publizitätsrichtlinien44 sowie der Richtlinie über regelmäßige Informationen45 in sich aufnimmt. Die Zulassung in den Amtlichen Markt vermittelt also eine „amtliche Zulassung“ im Sinne des europäischen Kapitalmarktrechts.46 Da Standardwerteemittenten regelmäßig dieses europarechtliche Qualitätssiegel anstreben,47 kommt für eine lokale Konzentration des Standardwertesegments an einer hiesigen Börse nur die Zulassung in das Marktsegment des Amtlichen Marktes in Betracht. Da sich Schwierigkeiten oder zumindest psychologische Vorbehalte gegen eine Wertpapierzulassung an einer deutschen Konzentrationsbörse vor allem da ergeben können, wo sich die Anforderungen des deutschen Rechts 43 Die Zulassung von Wertpapieren hat sich mit dem FRUG erheblich geändert. Statt des Amtlichen und Geregelten Marktes kennt das BörsG 2007 nurmehr den Regulierten Markt gemäß § 32 BörsG 2007. Seine Qualitätsanforderungen bauen auf denen des bisherigen Amtlichen Marktes auf. Innerhalb des Regulierten Marktes können sodann börsenautonom qualifizierte Subsegmente eingerichtet werden. Auf diesem Weg bleibt eine aussagekräftige Qualitätssegmentierung möglich und somit auch eine segmentsspezifische lokale Spezialisierung unter Beteiligung deutscher Börsen. Zur funktionellen Nachfolge des Geregelten und Amtlichen Marktes durch den Regulierten Markt und seine qualifizierten Subsegmente, zur Zulassung in den Regulierten Markt und zur Übertragbarkeit der hier gefundenen Ergebnisse auf die Rechtlage unter dem BörsG 2007 siehe Nachtrag C., S. 546 ff. Die Angabe von Parallelfundstellen ist im folgenden Unterabschnitt a) wegen der erheblichen Änderungen nicht möglich. 44 RL 79/22/EWG; RL 80/390/EWG; RL 88/627/EWG. 45 RL 82/121/EWG. 46 Vgl. Schwark-Heidelbach, § 30 BörsG Rn. 12. Zum Konzept der „amtlichen Zulassung“ bzw. des „official listing“ im Sinne des europäischen Kapitalmarktrechtes Moloney, EC Securities Regulation, S. 83 ff. 47 Heinze, Europäisches Kapitalmarktrecht, S. 37; Moloney, EC Securities Regulation, S. 83 f. Vgl. auch Jäger, Wahl des richtigen Börsensegments, NZG 1999, 381 (383).

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

von denen des Heimatrechts des Emittenten unterscheiden,48 ist vor allem festzustellen, inwieweit das deutsche Recht über den europaweit einheitlichen Mindeststandard hinausgeht. aa) Zulassungsverfahren Zuständig für die Zulassung eines Wertpapiers zum Amtlichen Markt ist gemäß § 31 Abs. 1 S. 1 BörsG 2002 die Zulassungsstelle der Börsenanstalt. An sie ist gemäß § 30 Abs. 2 BörsG 2002, § 48 BörsZulV ein schriftlicher und nach § 23 Abs. 1 (L)VwVfG in deutscher Sprache verfasster Antrag zu richten,49 der unter Beiziehung eines Emissionsbegleiters zu stellen ist.50 Als Emissionsbegleiter können neben deutschen Kreditinstituten oder Finanzdienstleistungsinstituten gemäß § 30 Abs. 2 BörsG 2002, § 53b Abs. 1 S. 1 KWG auch Wertpapierhandelsunternehmen aus dem EU/EWR-Ausland fungieren,51 allerdings nur, sofern sie an einer deutschen Börse als Handelsteilnehmer zugelassen sind.52 Für eine lokale Konzentration des Standardwertesegments an einer deutschen Börse stellt diese Regelung ein praktisches Erschwernis dar. Denn gerade in der kritischen Übergangsphase kann die Migration im Ausland bereits börsenzugelassener Emittenten erleichtert werden, wenn sie sich ihrer bisherigen Emissionshelfer bedienen können. Vielfach wird es sich hierbei um international tätige Investmentbanken handeln, die zwar über Erfahrung im internationalen Emissionsgeschäft, nicht aber unbedingt über eine deutsche Handelszulassung verfügen.53 Mit dem 48

Vgl. Lamfalussy et al., Initial Report, S. 11 i. V. m. S. 38. Schlüter, Börsenhandelsrecht, G VII 2, Rn. 497. 50 Schanz, Börseneinführung, § 12 Rn. 4; Schlüter, Börsenhandelsrecht, G VII 2, Rn. 499 ff. 51 Der Begriff des Wertpapierhandelsunternehmens ist legaldefiniert in § 1 Abs. 3d S. 2 KWG. Danach sind Wertpapierhandelsunternehmen „Institute, die keine Einlagenkreditinstitute sind und die Bankgeschäfte im Sinne des § 1 Absatzes 1 Satz 2 Nr. 4 bis 10 KWG betreiben oder Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Absatzes 1a Satz 2 Nr. 1 bis 4 KWG erbringen, [. . .].“ Zu den Bankgeschäften im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 2 KWG gehört insbesondere das Finanzkommissions- und das Emissionsgeschäft, zu den Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1a S. 2 KWG die Abschlussvermittlung, so dass damit die drei typischen Formen des Emissionsgeschäfts durch Investmentbanken erfasst sind, vgl. nur Boos/Fischer/SchulteMattler-Fülbier, § 1 KWG Rn. 103 bis 106. 52 Laut Regierungsbegründung zum Harmonisierungsbegleitgesetz (BT-Drs. 13/7627, S. 27) soll das Erfordernis der Börsenzulassung des Emissionshelfers Erfahrung mit der Erfüllung von Zulassungsfolgepflichten sicherstellen. Kritisch Schwark (2. Aufl.), § 36 BörsG Rn. 18. 53 Das zeigt z. B. ein Vergleich der in Großbritannien als Emissionsbegleiter zugelassenen Personen (vgl. FSA, UK Listing Authority List of Sponsors) mit der Handelsteilnehmerschaft der FWB (vgl. Deutsche Börse AG, Xetra-Teilnehmer). 49

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Zulassungsantrag ist gemäß § 30 Abs. 3 Nr. 2 BörsG 2002 ein Prospekt sowie die in § 48 Abs. 2 BörsZulV aufgeführten Dokumente zum Nachweis der materiellen Zulassungsbedingungen vorzulegen,54 wozu im Falle eines Zulassungsantrags ausländischer Emittenten mit Blick auf §§ 1, 3 BörsZulV namentlich Unterlagen über die im Sitzstaat geltenden Rechtsgrundlagen gehören.55 Lässt die Zulassungsstelle das Wertpapier zu, so eröffnet die Börsengeschäftsführung gemäß § 37 BörsG 2002 auf weiteren Antrag des Emittenten die Handelsmöglichkeit in dem betreffenden Wertpapier.56 bb) Zulassungsvoraussetzungen Mit Einführung des „Europapasses“ für den Wertpapierverkaufs- und Zulassungsprospekt durch Umsetzung der RL 2003/71/EG ist eine erhebliche Hürde für grenzüberschreitende Wertpapierzulassungen weggefallen.57 Ein ausländischer Emittent, der die Zulassung zum Amtlichen Markt einer deutschen Börse beantragt, kann seiner Prospektpflicht nach § 30 Abs. 3 Nr. 2 BörsG 2002 gemäß § 17 Abs. 3 WpPG jetzt durch Vorlage seines im Sitzstaat58 nach den jeweiligen nationalen Umsetzungsvorschriften der RL 2003/71/EG erstellten und dort behördlich gebilligten Prospekts nachkommen.59 Voraussetzung ist dabei gemäß § 19 Abs. 4 WpPG nur, dass der Prospekt in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache – praktisch also Englisch – verfasst ist und die dem Prospekt voranzustellende Prospektzusammenfassung ins Deutsche übersetzt wird.60 Teilt die Sitzstaatbehörde auf Ersuchen des Emittenten entsprechend Art. 18 RL 2003/71/EG der BaFin die Billigung mit, so kann der Sitzstaatprospekt gemäß § 17 Abs. 3 WpPG für die Zwecke der Zulassung zu einer deutschen Börse verwendet werden.61 Der Emittent kann also, wie dies im Falle einer lokalen Konzentration verstärkt vorkommen würde, den im Sitzstaat zu 54

Näher Schwark-Heidelbach, § 30 BörsG Rn. 17. Schwark-Heidelbach, § 30 BörsG Rn. 17 und Rn. 24. 56 Schlüter, Börsenhandelsrecht, G VII 2, Rn. 521. 57 Näher zum Inhalt der Richtlinie Kunold/Schlitt, Die neue EU-Prospektrichtlinie, BB 2004, 501 (502 ff.); Sandberger, Die EU-Prospektrichtlinie, EWS 2004, 297 (298 ff.). 58 Gemäß § 2 Nr. 13 lit. a) WpPG [= Art. 2 Abs. 1 lit. m) RL 2003/71/EG] ist im Falle einer Aktienemission der Sitzstaat des Emittenten dessen „Herkunftsstaat“ im Sinne der RL, in welchem die behördliche Prospektbilligung zu erfolgen hat. 59 Kullmann/Sester, Das Wertpapierprospektgesetz (WpPG), WM 2005, 1068 (1070). 60 Kullmann/Sester, Das Wertpapierprospektgesetz (WpPG), WM 2005, 1068 (1071). Vgl. auch Art. 19 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 2 RL 2003/71/EG. 61 Kullmann/Sester, Das Wertpapierprospektgesetz (WpPG), WM 2005, 1068 (1070). 55

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Emissionszwecken verwendeten Prospekt ohne wesentlichen Mehraufwand auch für die nachfolgende Wertpapierzulassung ins Standardwertesegment der deutschen Spezialisierungsbörse verwenden. Dieser Prospekt muss gemäß § 30 Abs. 3 Nr. 2 BörsG 2002, § 3 Abs. 3 WpPG hierzulande veröffentlicht werden,62 was gemäß § 14 Abs. 2 WpPG in den dort genannten alternativen Formen geschehen kann. Ausreichend ist danach gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 3 WpPG insbesondere auch eine ausschließlich elektronische Publikationsform auf der Emittenten- oder Börsenhomepage, sofern auf Verlangen jedem Anleger eine Papierversion zur Verfügung gestellt wird.63 Eine weitere Erleichterung, die im Rahmen der lokalen Konzentration für migrierende Altemittenten relevant werden kann, bietet die Ausnahme von der Prospektpflicht nach § 4 Abs. 2 Nr. 8 WpPG.64 Voraussetzung ist, dass das Wertpapier an der bisherigen Zulassungsbörse mindestens 18 Monate gelistet war und seinerzeit ein Zulassungsprospekt nach Maßgabe der RL 80/390/EG bzw. 2001/34/EG, wie er bislang für die amtliche Wertpapierzulassung im Sinne des Europarechts erforderlich war, veröffentlicht wurde.65 Für die Zulassung in den Amtlichen Markt der deutschen Börse ist dann gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 8 lit. f) WpPG nur noch ein zusammenfassendes Dokument zu erstellen, das inhaltlich den Anforderungen einer Prospektzusammenfassung nach § 5 Abs. 2 WpPG entsprechen muss. Hinsichtlich der qualitativen Voraussetzungen setzen § 30 Abs. 3 Nr. 1 BörsG 2002, §§ 1 bis 12 BörsZulV im Wesentlichen nur die Mindestvorgaben der RL 2001/34/EG um, so dass auch hierin keine Hindernisse für die grenzüberschreitende Wertpapierzulassung liegen. Erforderlich ist lediglich ein zumindest dreijähriger Bestand des Emittenten und eine ebenso lange Publikation der Rechnungslegung,66 die Rechtmäßigkeit von Emittent und Wertpapieren nach dem Sitzstaatrecht,67 die freie Handelbarkeit und 62

Vgl. Art. 14 Abs. 1 RL 2003/71/EG. Kullmann/Sester, Das Wertpapierprospektgesetz (WpPG), WM 2005, 1068 (1073 f.). Zu Art. 14 Abs. 2, Abs. 7 RL 2003/71/EG siehe auch deren Erwägungsgrund 31. 64 In Umsetzung von Art. 4 Abs. 2 lit. h) RL 2003/71/EG. 65 Zum bisherigen Prospekterfordernis nach Europarecht vgl. Moloney, EC Securities Regulation, S. 141 ff. Zu den (früheren) deutschen Umsetzungsvorschriften vgl. Schwark-Heidelbach, §§ 13 ff. BörsZulV. 66 § 3 BörsZulV, in Umsetzung von Art. 44 RL 2001/34/EG. Näher SchwarkHeidelbach, § 3 BörsZulV sowie zur europarechtlichen Regelung Heinze, Europäisches Kapitalmarktrecht, S. 59. 67 § 1 BörsZulV, in Umsetzung von Art. 42 RL 2001/34/EG; § 4 BörsZulV, in Umsetzung von Art. 45 RL 2001/34/EG. Das deutsche Recht hat die Vorgabe des Art. 42 („Die Gesellschaft muss [. . .] den Gesetzen und Verordnungen entsprechen, denen sie unterliegt“) in § 1 BörsZulV umgesetzt, indem es auf das am Sitzstaat geltende Recht abstellt. Irrelevant ist also, ob das Sitzstaatrecht möglicherweise der 63

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hinreichende Streuung der Wertpapiere.68 Allein hinsichtlich der (voraussichtlichen) Mindestmarktkapitalisierung der Emission bzw. des erforderlichen Eigenkapitals des Emittenten geht das deutsche Recht in § 2 BörsZulV mit EUR 1,25 Mio über die Mindestanforderung des Art. 43 Abs. 1 RL 2001/34/EG in Höhe von EUR 1 Mio hinaus.69 cc) Zulassungsfolgepflichten Neben der laufenden Einhaltung der qualitativen Zulassungsbedingungen70 hat der Emittent gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BörsG 2002 die Gleichbehandlung seiner Aktionäre sicherzustellen sowie die Existenz einer inländischen Zahlstelle zu gewährleisten,71 womit auch hier nur die Mindestanforderungen gemäß RL 2001/34/EG gestellt werden. Den Kern der Zulassungsfolgepflichten eines Emittenten bilden daneben vor allem seine laufenden Publizitätspflichten, auf welche § 39 Abs. 1 Nr. 3 BörsG 2002 mit der Pflicht zur angemessenen Unterrichtung des Publikums verweist. Diese bestehen zum einen in der regelmäßigen Publizität durch Veröffentlichung von Jahresabschluss und Lagebericht nach § 65 BörsZulV und durch Veröffentlichung eines Zwischenberichts nach § 40 BörsG 2002 i. V. m. §§ 53 ff. BörsZulV.72 Auch insoweit hält sich das deutsche Recht Gründungstheorie folgt und die Gesellschaft infolgedessen möglicherweise nach einer anderen Gesellschaftsrechtsordnung „lebt“. In Bezug auf die Wertpapiere verlangt der Verordnungsgeber in § 4 BörsZulV hingegen nur die Übereinstimmung mit dem „für den Emittenten geltenden Recht“; theoretisch könnte hier also ein vom Sitzstatut abweichendes Gründungsstatut maßgeblich sein. Aus Gründen der Systematik kann jedoch auch hier nur das Sitzstaatrecht gemeint sein. In diesem Sinne offenbar auch Schwark-Heidelbach, § 4 BörsZulV Rn. 1 i. V. m. § 30 BörsG Rn. 24. 68 §§ 5, 6, 9 BörsZulV sowie hierzu Schwark-Heidelbach, BörsZulV. Die Vorschriften dienen der Umsetzung von Artt. 46 und 48 RL 2001/34/EG; hierzu Heinze, Europäisches Kapitalmarktrecht, S. 59 ff. 69 Näher vgl. Schwark-Heidelbach, § 2 BörsZulV. Diese strengeren Anforderungen stellt das deutsche Recht in Ausübung von Art. 43 Abs. 3 RL 2001/34/EG, der insoweit eine Spezialregelung gegenüber der allgemeinen Öffnungsklausel in Art. 8 der Richtlinie darstellt. 70 Schanz, Börseneinführung, § 12 Rn. 33. 71 Hierzu Schlüter, Börsenhandelsrecht, G VII 2, Rn. 524 f.; Zietsch/Holzborn, Zulassungsfolgepflichten – Teil I, WM 2002, 2356 (2359). Der Zahlstelle kommt heute, da Wertpapiere in aller Regel nicht mehr einzelverbrieft sind und Dividendenzahlungen sowie Bezugsrechtsausübung im Wertpapier-Giralverkehr erfolgen, nur noch Bedeutung als Ort der Schalterpublizität gemäß § 65 BörsZulV zu, vgl. Hüffer, § 10 AktG Rn. 10. Zur Entmaterialisierung von Wertpapieren im europäischen Ausland vgl. in Großbritannien The Uncertificated Securities Regulations 2001, SI 2001/3755, in Frankreich Art. L 211-4 Code Monétaire Financier sowie hierzu Vauplane/Bornet, Droit des Marchés Financiers, no. 42.

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an die bisherigen europäischen Mindestvorgaben.73 Die Berichte sind nach gegenwärtiger Rechtslage in deutscher Sprache vorzulegen,74 der Zwischenbericht gemäß § 61 BörsZulV überdies durch Pflichtblatt- oder Schalterpublizität mit Bundesanzeigerhinweis zu publizieren.75 Bei Erstellung erlaubt das deutsche Recht Emittenten aus dem EU/EWR-Ausland bislang, mit den Einschränkungen für die Konzernrechnungslegung gemäß VO (EG) Nr. 1606/2002,76 uneingeschränkt die Anwendung ihrer jeweiligen heimatlichen Rechnungslegungsstandards.77 Außerordentliche Publizitätspflichten bestehen entsprechend der bisherigen europarechtlichen Mindestvorgaben78 mit der Pflicht zur Mitteilung aller 72 Schanz, Börseneinführung, § 12 Rn. 34; Schlüter, Börsenhandelsrecht, G VII 2 Rn. 527. Im Einzelnen vgl. Schwark-Heidelbach, § 40 BörsG Rn. 8 ff. Ist der Emittent konzernrechnungslegungspflichtig, so sind gemäß § 65 Abs. 2 BörsZulV grundsätzlich sowohl Einzel- als auch Konzernabschluss zu publizieren, beim Zwischenbericht hat der Emittent gemäß § 56 BörsZulV ein Wahlrecht zwischen Einzel- oder Konzernebene. Einschränkend hierzu Schwark-Heidelbach, § 40 BörsG Rn. 15 m. w. N. 73 Art. 67, Artt. 70 ff. RL 2001/34/EG. Vgl. hierzu näher Heinze, Europäisches Kapitalmarktrecht, S. 77 f., S. 242 ff.; Moloney, EC Securities Regulation, S. 157 ff. Die Vorschriften sind nunmehr ersetzt durch Artt. 4 ff. RL 2004/109/EG (Transparenzrichtlinie), umzusetzen bis 20. Januar 2007. 74 Für Zwischenbericht: § 53 S. 2 BörsZulV i. V. m. § 58 S. 2 BörsZulV, wonach eine Abfassung in Englisch nur für Emittenten aus Drittstaaten zulässig ist; vgl. auch Schwark-Heidelbach, § 40 BörsG Rn. 29. Für Jahresabschluss und Lagebericht enthält § 65 BörsZulV keine ausdrückliche Sprachenregelung. Mit Blick auf §§ 53, 58 BörsZulV sowie die allgemeine Sprachenregelung in § 70 BörsZulV ist das Schweigen des Gesetzgebers hier aber wohl dahingehend zu deuten, dass eine Abfassung in deutscher Sprache erst recht für den Jahresbericht erforderlich ist. A. A. Zietsch/Holzborn, Zulassungsfolgepflichten – Teil I, WM 2002, 2356 (2360 mit Fn. 39: Abfassung in einer finanzmarktüblichen Sprache zulässig, jedenfalls in englischer Sprache). 75 Schwark-Heidelbach, § 40 BörsG Rn. 27. Der Zwischenbericht ist gemäß § 62 BörsZulV zugleich mit Publikation der Zulassungsstelle zu übermitteln, damit diese ihren Überwachungsaufgaben nachkommen kann. Eine entsprechende Pflicht zur Übermittlung von Jahresabschluss und Lagebericht mit deren Veröffentlichung fehlt, obgleich dies in Art. 67 i. V. m. Art. 102 Abs. 1 S. 2 RL 2001/34/EG verlangt wurde. 76 Hiernach hat die Konzernrechnungslegung börsennotierter Gesellschaften für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2005 beginnen, nach IFSR (ehemals IAS) zu erfolgen. Für die Rechnungslegung der einzelnen Konzerngesellschaften bleibt es jedoch weiterhin bei den nationalen Rechnungslegungsstandards. Zur praktischen Handhabung vgl. FWB Rundschreiben Listing 03/2004. 77 Harrer, Quotation on the Official Market on the Frankfurt Stock Exchange compared to the New York Stock Exchange and the London Stock Exchange, JIBL 2002, 360 (373). 78 Artt. 65 Abs. 2, 66, 68 Abs. 2, 69 RL 2001/34/EG, nunmehr ersetzt durch die RL 2004/109/EG (Transparenzrichtlinie).

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für die Ausübung der Aktionärsrechte relevanten Vorgänge gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 3, § 39 Abs. 2 BörsG 2002 i. V. m. §§ 63, 64, 66 BörsZulV,79 hierunter fällt etwa die Einberufung der Hauptversammlung, Mitteilung über Ausschüttungen, Kapitalerhöhungen und Bezugsrechtsausübung sowie beabsichtigte Satzungsänderungen.80 Nach § 70 BörsZulV sind diese Mitteilungen im Wege der Pflichtblattpublizität in deutscher Sprache vorzunehmen.81 Die zentrale Publizitätspflicht besteht freilich in der auf Art. 6 RL 2003/6/EG82 fußenden Ad-hoc-Publizitätspflicht nach § 15 Abs. 1 WpHG.83 Hiernach sind Insiderinformationen84 aus der Sphäre des Emittenten unverzüglich zu publizieren, wobei § 15 Abs. 7 WpHG i. V. m. § 5 WpAIV hierfür die Nutzung elektronischer Informationssysteme vorschreibt. Ausländischen Emittenten hat die BaFin in Ausübung ihrer Ermächtigung aus § 15 Abs. 7 WpHG i. V. m. § 5 Abs. 2 S. 2 WpAIV generell gestattet, Mitteilungen ausschließlich in englischer Sprache vorzunehmen.85 Allerdings bleibt es bei der hier in Frage stehenden Erstzulassung der Wertpapiere an einer deutschen Börse bei der allgemeinen Vorab-Mitteilungspflicht an BaFin und Börsengeschäftsführung nach § 15 Abs. 4 WpHG. Die Ausnahme hiervon gemäß § 15 Abs. 4 S. 4 WpHG gilt seit Juli 2005 nur noch im Falle eines Zweitlistings an einer deutschen Börse.86 Flankiert wird diese Ad-hoc-Publizität durch die Verpflichtung des Emittenten zur Führung von Insiderverzeichnissen nach § 15b WpHG.87 79

Näher Schwark-Heidelbach, §§ 63 ff. BörsZulV; Zietsch/Holzborn, Zulassungsfolgepflichten – Teil I, WM 2002, 2356 (2360). 80 Schlüter, Börsenhandelsrecht, G VII 2 Rn. 527 mit weiteren Beispielen. 81 In Umsetzung von Artt. 102, 103 RL 2001/34/EG, welche keine Zulassung anderer europäischer Sprachen verlangen. Kritisch zur Beschränkung auf die deutsche Sprache Zietsch/Holzborn, Zulassungsfolgepflichten – Teil I, WM 2002, 2356 (2359). 82 Die Vorschrift trat mit Wirkung vom 12. April 2003 an die Stelle von Art. 68 RL 2001/34/EG sowie Art. 7 RL 89/592/EWG (Insiderrichtlinie). 83 Zur Bedeutung vgl. nur Assmann/U. H. Schneider-Assmann, § 15 WpHG Rn. 2. 84 Der Begriff der „Insiderinformation“ ist mit dem AnSVG v. 28. Oktober 2004 an die Stelle des bisherigen Begriffs der kursrelevanten oder „Insidertatsache“ getreten. Zum Verhältnis der beiden Begriffe und den damit verbundenen Erweiterungen der Ad-hoc-Publizitätspflicht vgl. Bürgers, Das Anlegerschutzverbesserungsgesetz, BKR 2004, 424 (426). 85 Allgemeinverfügung der BaFin zu § 15 WpHG v. 13. Juli 2005, Nr. 1. 86 Allgemeinverfügung der BaFin zu § 15 WpHG v. 13. Juli 2005, Nr. 2. Zur früheren Rechtslage BAWe, Bekanntmachung zur Mitteilung kursbeeinflussender Tatsachen nach § 15 WpHG durch ausländische Emittenten v. 11. August 1998, Bundesanzeiger Nr. 168 v. 9. September 1998. 87 Konkretisiert in §§ 14 ff. WpAIV. Die Vorschrift beruht auf Art. 6 Abs. 3 Unterabs. 3 RL 2003/6/EG, ihrerseits konkretisiert durch Art. 5 RL 2004/72/EG.

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

Über die generellen Ad-hoc-Publizität hinaus sieht § 15a Abs. 4 WpHG eine spezielle Pflicht zur Publikation von Directors’ Dealing vor, also von Geschäften in den Wertpapieren des Emittenten durch dessen Führungspersonen.88 Der Emittent hat derartige Geschäfte in der Form des § 5 WpAIV zu publizieren, wobei auch hier eine ausschließliche Veröffentlichung in englischer Sprache ausreicht.89 Lediglich mit dieser speziellen Publizitätspflicht geht der deutsche Gesetzgeber über die Vorgaben der Marktmissbrauchsrichtlinie RL 2003/6/EG für die Publikation von Insiderinformationen hinaus.90 Zuletzt bestehen die bekannten Beteiligungstransparenzpflichten. Gemäß § 25 und § 26 Abs. 1 WpHG haben in- wie ausländische Emittenten an deutschen Börsen zugelassener Wertpapiere eine Schwellenwertüberschreitung infolge fremden Anteilserwerbs durch Pflichtblattpublizität in deutscher Sprache mitzuteilen und der BaFin einen entsprechenden Publikationsbeleg zu übersenden.91 Die zusätzliche, über bisherige europarechtliche Vorgaben hinausgehende Mitteilungspflicht bei Schwellenwertüberschreitung infolge eigenen Anteilserwerbs nach § 25 Abs. 1 S. 3 WpHG gilt nur für Emittenten mit Sitz im Inland,92 so dass das deutsche Recht in Bezug auf ausländische Emittenten auch insoweit nicht über die europaweit einheitlichen Anforderungen hinausgeht.93 Sämtliche vom Emittenten im Rahmen der regelmäßigen wie außerordentlichen Publizität binnen eines Jahres veröffentlichten Informationen sind sodann nach § 10 WpPG zu einem jährlichen Dokument zusammenzufassen und – ausweislich § 10 Abs. 2 WpPG unabhängig vom Sitzstaat 88 Hierzu Zietsch/Holzborn, Zulassungsfolgepflichten – Teil I, WM 2002, 2356 (2364 f.) sowie zu den Erweiterungen durch das AnSVG v. 28. Oktober 2004 vgl. Bürgers, Das Anlegerschutzverbesserungsgesetz, BKR 2004, 424 (427 f.). 89 Allgemeinverfügung der BaFin zu § 15a WpHG v. 13. Juli 2005. 90 Art. 6 Abs. 4 RL 2003/6/EG, konkretisiert durch Art. 6 RL 2004/72/EG verlangt bezüglich des Directors’ Dealing lediglich eine Mitteilung durch die handelnden Personen selbst an die zuständige Aufsichtsbehörde sowie einen individuellen Informationszugang der Kapitalmarktteilnehmer, nicht aber die Publikation durch den Emittenten. 91 Vgl. nur Assmann/U. H. Schneider-U. H. Schneider, § 25 WpHG. 92 Allerdings ist zu beachten, dass ausländische Emittenten in vergleichbaren Fällen nach § 15 Abs. 1 WpHG mitteilungspflichtig sein können, da ein eigener Anteilserwerb in diesem Umfang in aller Regel zugleich eine mitteilungspflichtige Insiderinformation ist, vgl. Schäfer-Opitz, § 25 WpHG Rn. 9. 93 Diese fanden sich bisher in Art. 91 der RL 2001/34/EG, welche ihrerseits die Vorschriften der RL 88/627/EG konsolidierte; vgl. zu letzterer Elster, Europäisches Kapitalmarktrecht, S. 12 ff. Die Vorschrift ist nunmehr ersetzt durch Art. 12 Abs. 6 (Fremdbeteiligung) und Art. 14 (Erwerb oder Veräußerung eigener Anteile) RL 2004/109/EG.

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des Emittenten – bei der BaFin zu hinterlegen sowie zu publizieren, wofür auch hier gemäß § 14 Abs. 2 WpPG eine ausschließlich elektronische Publikationsform ausreicht.94 Keine Zulassungsfolgepflichten ergeben sich demgegenüber für ausländische Emittenten bei Zulassung an einer deutschen Börse aus dem WpÜG. Die Pflichten der Zielgesellschaft gelten gemäß § 2 Abs. 3 WpÜG nur für börsennotierte Gesellschaften mit Sitz in Deutschland. Die Bieterpflichten nach § 2 Abs. 4 WpÜG gelten demgegenüber zwar auch für ausländische Gesellschaften, jedoch unabhängig von der Zulassung ihrer Aktien an einer deutschen Börse. Es liegt damit lediglich eine allgemein kapitalmarktrechtliche Pflicht vor, die für die Zulassung ausländischer Wertpapiere an einer deutschen Börse keine spezifischen Implikationen hat. dd) Zwischenergebnis Die Zulassung der Wertpapiere ausländischer Emittenten in den Amtlichen Markt einer deutschen Börse ist somit, wie auch schon die bisherige Börsenpraxis zeigt, durchaus möglich. Praktische Hürden liegen für ausländische Emittenten weniger in strengen materiellen Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten, geht doch das deutsche Recht nur an einzelnen Stellen über den europaweit einheitlichen Mindeststandard hinaus. Auch Spracherfordernisse sind heute weniger hinderlich, da mit Prospekt und Adhoc-Mitteilungen einige wichtige Publizitätspflichten in Englisch erfüllt werden können. Für die übrigen Pflichtpublikationen nach BörsZulV bleibt es allerdings vorerst bis zur Umsetzung der RL 2004/109/EG (Transparenzrichtlinie) beim Erfordernis der deutschen Sprache.95 Praktische Erschwernisse einer lokalen Konzentration des Standardwertehandels an einer deutschen Börse dürften jedoch in den veralteten und unsystematischen gesetzlichen Vorgaben für die praktischen Erfüllungsmodalitäten der diversen Publizitätspflichten liegen. Mit Ausnahme der Prospekt, Ad-hoc- und Jahresdokumentspublizität ist weiterhin Papierform vorgesehen, d.h. Pflichtblatt- oder Schalterpublizität, teils ergänzt um einen Bundesanzeigerhinweis. Die gesetzlichen Anforderungen können also nicht durchweg durch die elektronische Informationsverbreitung erfüllt werden, die ausländische Standardwerteemittenten meist ohnehin schon vornehmen, sei es aufgrund dortiger gesetzlicher Vorgaben, sei es freiwillig, um so den Infor94

Die Vorschrift beruht auf Art. 10 RL 2003/71/EG. Zur zwischenzeitlichen Umsetzung durch das TUG, seiner internationalisierungsförderlichen Wirkung sowie den Auswirkungen auf die Realisierbarkeit grenzüberschreitender lokaler Konzentrationen von Handelssegmenten siehe Nachtrag C. II., S. 548 ff. und C. VI., S. 555 f. 95

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mationsbedürfnissen eines zunehmend internationalen Anlegerpublikums gerecht zu werden. Da die Pflichtblattpublizität im Wesentlichen nur ein deutsches Publikum erreicht,96 werden gerade ausländische Emittenten auf die Parallelnutzung elektronischer Verbreitungsmedien keinesfalls verzichten können und sind dann durch die zusätzlich zu erfüllende Pflichtblattpublizität einer doppelten Kostenbelastung ausgesetzt. Abhilfe verspricht allerdings auch insoweit die Umsetzung der Transparenzrichtlinie.97 b) Zulassung von Wachstumswerten98 Soll der Wachstumswertehandel an einer deutschen Börse im Wege der Einstellungs-Zulassungsmethode konzentriert werden, so kommt hierfür nur eine Zulassung der Wertpapiere in den Geregelten Markt in Betracht. Eine Zulassung in den Freiverkehr ist für Wachstumswerte-Emittenten uninteressant, ist doch der Freiverkehr nach herrschender Ansicht kein geregelter Markt für Wertpapiere im Sinne der WPDRL/MFIRL.99 Eine Zulassung zu einem solchen Markt ist erforderlich, um das Wertpapier für das institutionelle Investorenpublikum, und dort insbesondere für die immer bedeutsameren Versicherungen und Investmentfonds, attraktiv zu machen.100 Diese hält der Gesetzgeber in Umsetzung europarechtlicher Vorgaben durch zahlreiche Vorschriften zu einer bevorzugten Anlage in Wertpapieren an, die an einem 96 Börsenpflichtblätter sind z. B. an der FWB ausschließlich deutsche Zeitungen und Zeitschriften, vgl. Bekanntmachung der Zulassungsstelle der FWB v. 1. Januar 2003. 97 Siehe hierzu soeben Fn. 95, S. 257. 98 Mit der Ersetzung von Amtlichem und Geregeltem Markt durch das einheitliche Marktsegment des Regulierten Marktes durch das BörsG 2007 kommt auch für Wachstumswerte- und MidCap-Emittenen nur noch eine Zulassung in dieses Segment in Betracht, wenn sie eine Zulassung in einen geregelten Markt im Sinne des europäischen Kapitalmarktrechts wünschen. Parallelfundstellen werden im folgenden Unterabschnitt b) daher nicht angegeben. Näher zu Voraussetzungen und Folgepflichten der Zulassung in den Regulierten Markt siehe Nachtrag C. II., S. 548 ff. sowie zum möglichen Bedeutungszuwachs des Freiverkehrs, auch im Zusammenhang einer lokalen Konzentration von Handelssegmenten vgl. unter Nachtrag C. VI., S. 556 f. 99 Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 233; Schlüter, Börsenhandelsrecht, G X 1, Rn. 813; Schwark-Schwark, § 58 BörsG Rn. 2. Vgl. auch Groß, § 57 BörsG Rn. 11; Schäfer-Ledermann, § 78 BörsG Rn. 4. Die Art. 4 Abs. 1 Nr. 14, Artt. 36 ff. MFIRL führen das Konzept des geregelten Marktes (regulated market) weiter, also der Börsen im traditionellen Sinne, wie es im früheren Richtlinienrecht begründet und in der WPDRL (partiell) ausgestaltet worden war, vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 18. 100 Vgl. Plückelmann, Der Neue Markt der Deutsche Börse AG, S. 206; Potthoff/ Stuhlfauth, Der Neue Markt, WM 1997 Sonderbeilage 3/26, 3 (6 f.).

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geregelten Markt zugelassen sind.101 Eine reine Freiverkehrszulassung hatte daher schon bislang für Wachstumswerteemittenten nur Sprungbrettfunktion zu einer Zulassung in den Geregelten Markt.102 Die Zulassung von Wertpapieren in den Geregelten Markt bestimmt sich nach §§ 49 ff. BörsG 2002 in Verbindung mit den jeweiligen Börsenordnungen. Diese regeln gemäß der Ermächtigung in § 50 BörsG 2002 das Zulassungsverfahren sowie die qualitativen Anforderungen an den Emittenten, während sich die Publizitätspflichten aus gesetzlichen Vorschriften ergeben. Anders als im Amtlichen Markt sind die Zulassungsvoraussetzungen hier also nicht vollständig gesetzlich durchnormiert, vielmehr macht das BörsG nur bereichsweise Zielvorgaben und überlässt die konkrete Ausgestaltung der Zulassungsregeln der anstaltlichen Selbstregelung.103 Es ist hier also für die Frage der Realisierbarkeit einer lokalen Konzentration des Wachstumswertehandels zu prüfen, inwieweit diese gesetzlichen Vorgaben eine Ausgestaltung der börslichen Zulassungsregeln erlauben, die auch und gerade die Zulassung ausländischer Wertpapiere erleichtert. aa) Zulassungsverfahren Für die Zulassung in den Geregelten Markt ist gemäß § 49 Abs. 2 BörsG 2002 ebenfalls die Zulassungsstelle zuständig. An sie ist gemäß § 49 Abs. 2 S. 1 BörsG 2002 der – wie auch im Amtlichen Markt unter Beiziehung eines Emissionsbegleiters im Sinne des § 30 Abs. 2 BörsG 2002 zu stellende – Zulassungsantrag zu richten.104 Im Übrigen ist das Zulassungsverfahren 101

Vorschriften für zulässige Anlageformen bestehen insbesondere für Investmentfonds und Versicherungen. Für Investmentfonds beruhen sie auf Art. 19 RL 85/611/EWG, umgesetzt in Deutschland in § 47 InvG. Für Versicherungen vgl. Art. 23 f. RL 2002/83/EG sowie Art. 21 Abs. 1 RL 92/49/EWG, umgesetzt in §§ 1 Abs. 1 Nr. 12, 2 Abs. 3 AnlV. 102 Vgl. Jäger, Wahl des richtigen Börsensegments, NZG 1999, 381 (384) sowie aus jüngerer Zeit wieder Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2005, S. 14 zum sog. „Entry Standard“ innerhalb des Freiverkehrs. Im Rahmen des iX-Projektes sollte der Wachstumswertehandel grenzüberschreitend im seinerzeitigen Neuen Markt konzentriert werden, welcher ein Subsegment des Freiverkehrs war. Kommerziell sinnvoll war dieses Konzept nur deshalb, weil die Wertpapiere des Neuen Marktes zunächst nach den Standards der §§ 49 ff. BörsG 2002 in den Geregelten Markt zugelassen wurden und durch diesen Kunstgriff mit einer Zulassung zu einem geregelten Markt im Sinne des europäischen Kapitalmarktrechts versehen werden konnten, vgl. hierzu Potthoff/Stuhlfauth, Der Neue Markt, WM 1997 Sonderbeilage 3/26, 3 (7) sowie eingehend Plückelmann, Der Neue Markt der Deutsche Börse AG, S. 203 ff. 103 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.606. 104 Jäger, Wahl des richtigen Börsensegments, NZG 1999, 381 (383); SchwarkSchwark, § 49 BörsG Rn. 11.

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gemäß § 50 Abs. 2 BörsG 2002 durch die Börsenordnungen zu regeln. Mit Blick auf die Zielvorgabe eines ordnungsgemäßen Börsenhandels haben die Verfahrensregeln sicherzustellen, dass die materiellen Zulassungsvoraussetzungen zuverlässig nachgeprüft werden können. Deshalb haben die Börsenordnungen grundsätzlich dem § 48 BörsZulV vergleichbare Dokumentenvorlagepflichten vorzusehen.105 Auf die Zulassung folgt gemäß §§ 54, 37 Abs. 1 BörsG 2002 die Handelseinführung durch die Börsengeschäftsführung.106 bb) Zulassungsvoraussetzungen Auch im Geregelten Markt bestehen die Zulassungsvoraussetzungen gemäß § 51 BörsG 2002 in der Erfüllung qualitativer Mindestanforderungen und der Publikation eines Zulassungsprospektes. Seit Umsetzung der RL 2003/71/EG ist die Zulassungsprospektpflicht marktsegmentsübergreifend einheitlich geregelt,107 so dass auch hier der im Sitzstaat des Emittenten nach dortigen Vorschriften erstellte und behördlich gebilligte Prospekt für eine Börsenzulassung hierzulande ausreicht (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 BörsG 2002 in Verbindung mit §§ 17 Abs. 3, 18 WpPG).108 Für die Einzelheiten einschließlich möglicher Ausnahmen von der Prospektpflicht für den ausländischen Emittenten sei auf das oben Gesagte verwiesen.109 Hinsichtlich der qualitativen Anforderungen verlangen § 50 Abs. 2 BörsG 2002 und § 51 Abs. 1 Nr. 1 BörsG 2002 von den Börsenordnungen, solche Kriterien aufzustellen, die das Zustandekommen eines ordnungsgemäßen Börsenhandels sichern.110 Ein solcher Handel beinhaltet insbesondere eine geordnete Preisbildung unter Ausschluss verzerrender Sonderfaktoren,111 also eine möglichst effiziente Preisbildung. Von Seiten des zuzulassenden Wertpapiers kommt es hierzu neben hinreichender laufender Emittentenpublizität112 vor allem auf eine hohe Liquidität an.113 Zudem kann auch eine 105 Vgl. Groß, § 49 BörsG Rn. 9; Schanz, Börseneinführung, § 12 Rn. 8; Schwark-Schwark, § 49 BörsG Rn. 12; Assmann/Schütze-von Rosen, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 2 Rn. 171. 106 Schwark-Schwark, § 49 BörsG Rn. 10, S. 525. 107 Kullmann/Sester, Das Wertpapierprospektgesetz (WpPG), WM 2005, 1068 (1069). 108 Groß, § 51 BörsG Rn. 6. 109 Oben a) bb), S. 251 f. 110 Groß, § 51 BörsG Rn. 3; vgl. auch Schwark-Schwark, § 51 BörsG Rn. 3, S. 534. 111 Vgl. Schwark-Heidelbach, § 38 BörsG Rn. 5; Jaskulla, Aussetzung des Börsenhandels, WM 2002, 1093 (1095). 112 Schwark-Heidelbach, § 38 BörsG Rn. 5. 113 Vgl. Schwark-Heidelbach, § 38 BörsG Rn. 5.

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gewisse finanzielle Solidität des Emittenten die Risiken für eine effiziente Preisbildung mindern. Typischerweise enthalten die Börsenordnungen daher etwa das Erfordernis der Rechtmäßigkeit des Emittenten nach dem jeweils auf ihn anwendbaren Recht, Vorgaben zur Bestandsdauer, zur Mindestkapitalisierung und Stückelung der Emission,114 ohne dass das Gesetz jedoch eines dieser Kritikern in concreto verlangen oder der börslichen Selbstregelung gezielte Mindestvorgaben machen würde.115 Umgekehrt geben die Anforderungen nach §§ 1 ff. BörsZulV den oberen Rand der zulässigen qualitativen Anforderungen ab,116 da der Geregelte Markt vom Gesetzgeber ausdrücklich als ein weniger anspruchsvolles Segment konzipiert wurde, um jungen und/oder mittelgroßen Unternehmen den Weg an die Börse zu öffnen.117 cc) Zulassungsfolgepflichten Hinsichtlich der Zulassungsfolgepflichten eines Emittenten des geregelten Marktes enthält das BörsG mit §§ 54, 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BörsG 2002 wiederum relativ dichte Vorgaben. So ist der Emittent schon kraft Gesetzes zur Anlegergleichbehandlung und Bereitstellung einer inländischen Zahlstelle verpflichtet (§§ 54, 39 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 BörsG 2002).118 Gemäß §§ 54, 39 Abs. 1 Nr. 3 BörsG 2002 ist sicherzustellen, dass der Emittent Publikum und Zulassungsstelle angemessen unterrichtet, wobei die Börsenordnung diesem Erfordernis Genüge tut, wenn sie die Publikation von Jahresabschluss und Lagebericht nach jeweiligen heimatlichen Rechnungslegungsstandards des Emittenten119 und in einer kapitalmarktüblichen Sprache (Englisch) vorschreibt.120 Die Form der Veröffentlichung ist gemäß 114

Schwark-Schwark, § 51 BörsG Rn. 3, S. 533. Vgl. etwa § 69 FWB Börsenordnung, welcher im Wesentlichen auf die materiellen Anforderungen nach BörsZulV verweist, aber eine flexiblere Handhabung erlaubt. 115 Vgl. Schwark-Schwark, § 51 BörsG Rn. 3, S. 533: Keine gesetzliche Vorgaben für die börslichen Anforderungen an Unternehmensgröße oder Bestandsdauer des Emittenten. 116 Vgl. Schwark-Schwark, § 51 BörsG Rn. 3, S. 533; ähnlich Kümpel, Bankund Kapitalmarktrecht, Rn. 17.611. 117 RegE Börsenzulassungs-Gesetz, BT-Drs. 10/4296, S. 10 f.; Kümpel, Bankund Kapitalmarktrecht, Rn. 17.605; Schwark-Schwark, § 49 BörsG Rn. 2. 118 Schwark-Schwark, § 54 BörsG Rn. 1; Zietsch/Holzborn, Zulassungsfolgepflichten – Teil II, WM 2002, 2393 (2394). 119 Dies genügt mit Ausnahme der Konzernrechnungslegung schon im Amtlichen Markt, also erst recht im Geregelten Markt. Die Pflicht zur Konzernrechnungslegung gemäß IFRS gilt dabei gemäß Art. 4 VO (EG) Nr. 1606/2002 auch im Geregelten Markt. 120 Vgl. Zietsch/Holzborn, Zulassungsfolgepflichten – Teil II, WM 2002, 2393 (2395).

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§ 50 Abs. 1 BörsG 2002 ebenfalls durch die Börsenordnung zu regeln, wobei eine elektronische Publikation mit Pflichtblatthinweis den aufsichtsrechtlichen Erfordernissen im Dienst der geordneten Preisbildung genügt.121 Im übrigen gelten nach herrschender Ansicht kraft der Verweisung des § 54 S. 1 BörsG 2002 auf § 39 Abs. 1 Nr. 3 BörsG 2002 die in den §§ 63 ff. BörsZulV konkretisierten Pflichten zur Veröffentlichung aller aktionärsrelevanten Vorgänge,122 wobei hier allerdings wiederum die Papierform und das Erfordernis der deutschen Sprache einzuhalten sind.123 Weitergehende laufende Publizitätspflichten kann die Börsenordnung – wie sich aus der ausschließlich auf die qualifizierten Subsegmente bezogenen Ermächtigung in § 54 S. 2 BörsG 2002 ergibt – im Grundsegment des Geregelten Marktes nicht vorschreiben.124 Die zentralen außerordentlichen Publizitätspflichten ergeben sich auch hier unmittelbar aus den §§ 15, 15a, 25 WpHG sowie neuerdings § 10 WpPG, welche für alle in- und ausländischen Emittenten börsenzugelassener Wertpapiere unabhängig vom Zulassungssegment aufgrund europäischen Richtlinienrechts gelten. Nur mit der Erstreckung der Beteiligungstransparenz des § 25 WpHG auf Emittenten des geregelten Marktes geht der deutsche Gesetzgeber über den bisher zwingenden europarechtlichen Mindeststandard hinaus.125 121 Vgl. § 63 Abs. 1 lit. b) und lit. c) Börse Berlin-Bremen Börsenordnung. Für Pflichtblatt- oder Schalterpublizität hingegen Zietsch/Holzborn, Zulassungsfolgepflichten – Teil II, WM 2002, 2393 (2395). 122 Schwark-Schwark, § 54 BörsG Rn. 1, S. 540; Zietsch/Holzborn, Zulassungsfolgepflichten – Teil II, WM 2002, 2393 (2394 f.) Zweifel könnten hieran bestehen, weil die Verweisung in § 54 S. 1 BörsG 2002 gerade nicht die VO-Ermächtigung des § 39 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 40 Abs. 2 BörsG 2007) umfasst, sondern nur auf die allgemeine Pflicht zur „angemessenen Unterrichtung“ des § 39 Abs. 1 Nr. 3 BörsG 2002 verweist. In diese Richtung deuten überdies auch die Motive des 4. FMFG, welche in § 54 S. 1 BörsG lediglich eine Fortführung des § 76 BörsG a. F. sehen, vgl. RegE 4. FMFG, BT-Drs 14/8017, S. 82. Diese Vorschrift verwies gerade nicht auf die in der BörsenzulassungsVO konkretisierten Unterrichtungspflichten. 123 Zietsch/Holzborn, Zulassungsfolgepflichten – Teil II, WM 2002, 2393 (2395 f.). 124 Arg. e contrario § 54 S. 2 BörsG 2002. Vgl. auch Gegenäußerung BReg zur Stellungnahme des Bundesrates zum 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 179, zu Nummer 29. Kritisch zu einer durch Börsenordnung eingeführten generellen Zwischenberichtspflicht im Geregelten Markt daher Zietsch/Holzborn, Zulassungsfolgepflichten – Teil II, WM 2002, 2393 (2394 f.). 125 Dieser ergab sich bislang aus Artt. 89, 91 RL 2001/34/EG, welche nur für Wertpapier mit Zulassung zur „amtlichen Börsennotierung“ im Sinne des europäischen Kapitalmarktrechts gilt, also im Amtlichen Markt deutscher Börsen. Zur Erweiterung des Anwendungsbereichs der §§ 21 ff. WpHG durch das 4. FMFG Schwark-Schwark, vor § 21 WpHG Rn. 3. An die Stelle der Artt. 89, 91 RL

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dd) Zwischenergebnis Auch die lokale Konzentration des Wachstumswertehandels an einer deutschen Börse auf dem Zulassungswege ist demnach durchaus möglich. Auch hier gilt, dass praktische Erschwernisse weniger in strengen rechtlichen Anforderungen liegen, geht doch das deutsche Recht, soweit es zwingende Vorgaben macht, kaum über den europarechtlichen Mindeststandard hinaus. Erschwerend wirkt vielmehr die schon bei den Standardwerten dargestellte unsystematische Regelung hinsichtlich der Erfüllungsmodi der laufenden Publizitätspflichten, wo indes mit Umsetzung der Transparenzrichtlinie Abhilfe in Sicht ist. c) Einbeziehung von Wertpapieren in den Handel126 Vorerst von größerer praktischer Relevanz dürfte indes die ReduktionsEinbeziehungsmethode bleiben, die den Emittenten zumindest wahlweise eine Wertpapierzulassung nach heimatlichem Recht erlaubt. Diese werden Emittenten auch künftig bevorzugen, solange insbesondere die von vielen Emittenten im Interesse einer breiten Anteilsstreuung geschätzten Kleinanleger127 weiterhin einen home bias aufweisen.128 So basiert auch virt-x, die einzig erfolgreiche grenzüberschreitende Konzentration von Handelssegmenten, auf dieser Methode: Schweizerische Standardwerteemittenten erlangen ihre Zulassung weiterhin nach schweizerischem Recht an der SWX und werden sodann an der britischen Börse virt-x in den Handel einbezogen.129 2001/34/EG sind nunmehr die Artt. 9 ff. RL 2004/109/EG getreten. Zur Umsetzung durch das TUG mit der daraus folgenden marktsegmentsübergreifenden Vereinheitlichung (u. a.) der außerordentlichen Publizitätspflichten, vgl. Nachtrag C., 546 ff. 126 Mit dem FRUG hat sich die Einbeziehung von Wertpapieren in den börslichen Handel erheblich erleichtert. Durch die Aufgabe der Zweiteilung des Marktes in Amtlichen und Geregelten Markt hat sich zudem die Frage des Einbeziehungssegmentes erledigt. Die Einbeziehung von Wertpapieren erfolgt nunmehr gemäß § 33 BörsG 2007 in den Regulierten Markt. Parallelfundstellen werden aufgrund dieser Änderungen im nun folgenden Unterabschnitt c) nicht angegeben. Zur Einbeziehung in den Regulierten Markt und der Auswirkung auf die Realisierbarkeit einer lokalen Konzentration siehe zunächst Nachtrag C. III., S. 553. 127 Von einer breiten Streuung der Aktien kann sich das Emittentenmanagement größeren eigenen Handlungsspielraum und eine geringere Anfälligkeit für feindliche Übernahmen versprechen, vgl. Färber, Determinanten der Entscheidung für eine Börseneinführung, S. 99 ff. 128 Vgl. im Überblick Lewis, Trying to Explain Home Bias in Equities and Consumption, Journal of Economic Literature 37 (1999), 571 (579 ff.). Siehe auch unten Teil 3, Abschnitt 3, A. III. 3. b) aa) (2), S. 487 ff., insbesondere S. 489.

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aa) Einbeziehungssegment als Problem? Soll auf diesem Wege ein Handelssegment an einer deutschen Börse konzentriert werden, so müssen die beim ausländischen Kooperationspartner zugelassenen Wertpapiere des betreffenden Segments hierzulande in den Handel einbezogen werden. Das deutsche Börsenaufsichtsrecht gestattet Börsen eine Einbeziehung von Wertpapieren gemäß § 56 BörsG 2002 allerdings nur in den Geregelten Markt oder nach § 57 BörsG 2002 in den Freiverkehr. Damit kann jedenfalls die Herverlagerung des Wachstumswertesegments gelingen, denn der Geregelte Markt ist ohnehin das für diese Werte prädestinierte Marktsegment. Problematisch ist allerdings, ob auf diesem Wege auch eine Konzentration des Standardwertehandels an einer deutschen Börse realisiert werden könnte. Denn es würden dann die einbezogenen ausländischen Standardwerte in einem anderen Marktsegmenten gehandelt als die bei der Anstaltsbörse zugelassenen Standardwerte, deren Zulassung natürlich in den Amtlichen Markt erfolgt. Da Handelssegmente im kommerziellen Sinn – im Gegensatz zu den Marktsegmenten im rechtlichen Sinne des BörsG – jedoch nur die gedankliche Zusammenfassung von Emittenten ähnlichen Risikoprofils für Handelszwecke darstellen,130 ist rein konstruktiv zur lokalen Konzentration eines Handelssegments an der deutschen Börse nur Folgendes erforderlich: Alle Orderbücher der betreffenden Emittentenkategorie müssen für die Handelsteilnehmer aufgrund ihrer (einen) Teilnehmerzulassung an der Anstaltsbörse erreichbar sein, also nach den Kriterien der sachlichen Reichweite in einem börslichen Markt gehandelt werden.131 An deutschen Börsen ist das für alle Orderbücher im Amtlichen Markt, Geregelten Markt und selbst Freiverkehr der Fall.132 Das Einbeziehungssegment spielt also grundsätzlich keine Rolle. Allerdings sollten auch die Handelsmethoden in den Orderbüchern der betreffenden Emittentenkategorie weitestgehend vereinheitlicht werden können, um auf diese Weise Vergleichbarkeit und Aussagekraft der relativen Kursentwicklungen der im Handelssegment zusammengefassten Wertpapiere zu steigern.133 Nun unterscheiden sich Amtlicher und Geregelter Markt seit Abschaffung der besonderen Vorgaben für die amtliche Börsenpreisfeststellung in § 29 BörsG 1998 durch das 4. FMFG 129 Schönholzer, virt-x: eine europäische Börse mit Schweizer Beteiligung, ARP 2001, 139 (144). 130 Vgl. oben unter Teil 1, Abschnitt 2, C. II. 2., S. 59. 131 Vgl. zur sachlichen Reichweite einer Börse im ökonomisch-funktionalen Sinn oben Teil 1, Abschnitt 3, A. III. 2., S. 67 f. 132 Breitkreuz, Börse, S. 300. Siehe auch oben unter Teil 2, Abschnitt 1, A. I., S. 107 f. 133 Vgl. Wymeersch, Harmonisation, S. 9.

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hinsichtlich der zulässigen Handelsmethoden nicht mehr,134 vielmehr gelten in allen Marktsegmenten einschließlich des Freiverkehrs heute die relativ grobmaschigen Vorgaben des § 24 Abs. 2 BörsG 2002, welche der Börsenanstalt Spielraum zur segmentsübergreifenden Angleichung lassen.135 Zuletzt muss die Gesamtheit der zugelassenen und einbezogenen Standardwerte dem Publikum als ein einheitliches Segment qualitativ hochwertiger Emittenten vermittelt werden können. Denn ohne die entsprechende Außenwahrnehmung lassen sich die Markteffizienzvorteile und damit auch das strategische Ziel der lokalen Konzentration nicht realisieren.136 Diese Außendarstellung ist allein eine Frage des börslichen Marketings, für welches keine aufsichtsrechtlichen Vorgaben bestehen.137 Dass auf diesem Wege durchaus eine Handelssegmentierung quer zur bestehenden gesetzlichen Marktsegmentierung in der Publikumswahrnehmung etabliert werden kann, belegt eindrücklich die Frankfurter Wertpapierbörse mit ihrer in 2003 eingeführten Neusegmentierung in Prime Standard und General Standard.138 So gehören zum Prime Standard sowohl Emittenten des Amtlichen wie des Geregelten Marktes, sofern sie sich zur Erfüllung qualifizierter Publizitätspflichten verpflichten. Im Übrigen gehören sämtliche Emittenten des Amtlichen und Geregelten Marktes dem General Standard an139. Diese Segmentierung überlagert inzwischen auch in der Börsenberichterstattung die hergebrachte gesetzliche Unterscheidung,140 wozu nicht zuletzt segmentsübergreifende Indizes beitragen.141 Da auch für die Indexbildung keine auf134 Hiestermann, Anforderungen an eine öffentlich-rechtliche Börsensegmentierung, sub 1; Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 225. 135 Schlüter, Börsenhandelsrecht, G VIII 4, Rn. 752 und G X 3, Rn. 869 f.; Schwark-Beck, § 24 BörsG Rn. 4 und Schwark-Schwark, § 57 BörsG Rn. 5. 136 Vgl. Hilton/Lascelles, iX: better or just bigger?, S. 5. Als Instrument hierzu vgl. etwa die im Rahmen des iX-Projektes geplante gemeinsame Indexfamilie, die zugelassene und einbezogene Werte der Segmente im Dienste der Außendarstellung zusammenfassen sollte, Deutsche Börse AG, iX – Bericht des Vorstands, S. 9. 137 Vgl. beispielhaft zur Vermarktung des seinerzeitigen Handelssegments des „Neuen Marktes“ Plückelmann, Der Neue Markt der Deutsche Börse AG, S. 101. Vgl. nunmehr auch Christoph, Börsenkooperationen, S. 315. 138 Vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.594; im Einzelnen Schlitt, Die neuen Marktsegmente der Frankfurter Wertpapierbörse, AG 2003, 57 ff. Zu weiteren Fällen einer von den gesetzlichen Marktsegmenten abweichenden Handelssegmentierung Breitkreuz, Börse, S. 44. 139 Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 230 f.; Schlitt, Die neuen Marktsegmente der Frankfurter Wertpapierbörse, AG 2003, 57 (59). 140 Vgl. nur den Kursteil der FAZ. 141 Der DAX umfasst die umsatz- und kapitalisierungsstärksten Unternehmen des Prime Standard unabhängig vom deren Zulassung im Amtlichen oder Geregelten Markt, vgl. Deutsche Börse AG, Leitfaden zu den Aktienindizes der Deutschen Börse, Nr. 2.1.1.

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sichtsrechtlichen Vorgaben bestehen,142 wäre Vergleichbares auch im Falle einer lokalen Konzentration möglich. Das Einbeziehungssegment – Geregelter Markt oder auch Freiverkehr – ist somit grundsätzlich irrelevant. Aufgrund seiner Qualität als geregelter Markt im Sinne des europäischen Kapitalmarktrechts beschränkt sich die Betrachtung im Weiteren allerdings auf die Einbeziehung in das Segment des Geregelten Marktes. bb) Einbeziehungsfähige Wertpapiere Nach § 56 Abs. 1 Nr. 1 lit. b BörsG 2002 dürfen die Börsenordnungen eine Einbeziehung unter anderem für solche Wertpapiere vorsehen, die bereits in einem anderen EU/EWR-Staat zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind143. Mit dem in § 2 Abs. 5 WpHG legaldefinierten Begriff des organisierten Marktes144 bezeichnet der deutsche Kapitalmarktgesetzgeber diejenigen Wertpapiersekundärmärkte, die von staatlich anerkannten Stellen geregelt und überwacht werden, regelmäßig stattfinden und für das Publikum unmittelbar oder mittelbar zugänglich sind, also geregelte Märkte im Sinne der Art. 4 Abs. 1 Nr. 14, Artt. 36 ff. MFIRL.145 Diesen Status haben in allen EU und EWR-Staaten insbesondere die traditionellen (Zentral-)Börsen,146 auf welche sich im Rahmen grenzüberschreitender Konzentrationsüberlegungen das Interesse fokussiert.147 Da § 56 Abs. 1 BörsG 2002 nicht nach dem Marktsegment der Zulassung an der Heimatbörse differenziert, können sowohl Wertpapiere, die in das dortige Standardwertesegment zugelassen sind, als auch solche, die in ein nachgelagertes Segment zugelassen sind, hierzulande in den Handel einbezogen werden.148 Fraglich ist allerdings, ob § 56 BörsG 2002 auch die Einbeziehung solcher Wertpapiere erlaubt, die an der ausländischen Börse ausschließlich zugelassen sind, nicht aber auch gehandelt werden149. Der Gesetzgeber ging bei Schaffung von § 56 BörsG 2002 offenbar von dem Normalfall aus, dass an der Zulassungsbörse selbstverständlich auch ein Handel in dem einzube142

Vgl. Schwark-Schwark, § 13 BörsG Rn. 11. Wortgleich insoweit nun § 33 Abs. Abs. 1 Nr. 1 lit. b BörsG 2007. 144 Diese Definition legt der Gesetzgeber auch im Bereich des Börsengesetzes zugrunde, vgl. nur Schwark-Beck, § 24 BörsG Rn. 17, S. 262. 145 Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 83; Schwark-Schwark, § 56 BörsG Rn. 3. 146 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Übersicht über die geregelten Märkte, ABl. 2005 C 300/23; Moloney, EC Securities Regulation, S. 656. 147 van Steenis/Härle, The Future of Equity Trading in Europe, S. 40. 148 Vgl. Schwark-Schwark, § 56 BörsG Rn. 3. 149 Die Frage stellt und beantwortet sich in gleicher Weise zu § 33 BörsG 2007. 143

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ziehenden Wertpapier stattfinde. Nur daraus erklärt sich, dass der Gesetzgeber des 4. FMFG als Grund für die erstmalige Schaffung einer Einbeziehungsmöglichkeit in den öffentlich-rechtlich organisierten Teil der Börse anführen konnte, auch auf EU/EWR-ausländischen organisierten Märkten würden die Melde- und Handelstransparenzanforderungen nach Artt. 20, 21 WPDRL (jetzt Artt. 25 ff., Artt. 44 ff. MFIRL) erfüllt.150 Beide Pflichten werden nur da relevant, wo ein Handel in dem zugelassen Wertpapier stattfindet. Maßgeblich ist jedoch vor dem Hintergrund der börsenrechtlichen Regelungsanliegen nicht, dass an der Zulassungsbörse ein Handel stattfindet, sondern vielmehr, dass er – sofern er stattfindet – mit hinreichender Preisbildungseffizienz erfolgt, wozu die Melde- und Transparenzpflichten nach WPDRL bzw. MFIRL einen erheblichen Beitrag leisten. Dies ist wichtig, weil sich im Normalfall an der Zulassungsbörse eines Wertpapiers auch sein liquidester Markt befindet, an dessen Preisbildung sich dann diejenige der deutschen Einbeziehungsbörse maßgeblich orientiert.151 Dementsprechend besteht kein Grund, Wertpapiere, die an ihrer Zulassungsbörse nicht gehandelt werden, von der Einbeziehung in den anstaltsbörslichen Handel auszuschließen. Vielmehr ist es vor dem Hintergrund möglichster Preisbildungseffizienz und der hierzu erforderlichen Liquidität sogar wünschenswert, dass der Handel möglichst vollständig an der deutschen Einbeziehungsbörse stattfindet.152 So verlangt auch der Wortlaut des § 56 Abs. 1 BörsG 2002 ausdrücklich nur die Zulassung an der Heimatbörse, nicht auch einen dortigen Handel. Da dem Gesetzgeber bei Schaffung der Norm in 2002 das Phänomen der Trennung von Zulassung und Handelseröffnung – nicht zuletzt aufgrund der Diskussion um iX und virt-x153 – durchaus schon bekannt war, kann diese Formulierung im Wortsinn verstanden werden. 150 RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 82. Im Anschluss hieran auch SchwarkSchwark, § 56 BörsG Rn. 3. 151 Das gilt sowohl mit wie auch ohne die mit § 24 Abs. 2 S. 4 BörsG 2002 (= § 24 Abs. 3 S. 3 BörsG 2007) zugelassene gezielte Berücksichtigung auswärtiger Referenzpreise in der Kursfeststellung. Zur Berücksichtigung der Preise liquiderer Märkte vor Schaffung dieser Regelung vgl. Schwark-Beck, § 24 BörsG Rn. 17, S. 263. Zur generellen Orientierung der Kurse am Preis des liquidesten Handelsplatzes vgl. nur Kehr, Preisfindung bei verteilter Börsenstruktur, passim und insbesondere S. 181 ff. 152 Zur Bedeutung der Liquidität für die Preisbildungseffizienz siehe nur oben Teil 1, Abschnitt 2, C. I. 3., S. 55 f. Vgl. im Übrigen zur Relevanz der Liquidität für die Preisbildungsqualität im Falle der Einbeziehung auch RegE 4. FMFG, BTDrs. 14/8017, S. 83. 153 Das iX-Projekt wurde am 3. Mai 2000 vorgestellt, vgl. Deutsche Börse AG, Deutsche Börse und London Stock Exchange schließen sich zusammen, Pressemitteilung v. 3. Mai 2000. Virt-x wurde am 10. Juli 2000 lanciert, vgl. SWX Swiss Exchange, Geschäftsbericht 2000, S. 6.

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cc) Einbeziehungsverfahren Die Einbeziehung erfolgt gemäß § 56 Abs. 1 BörsG 2002 durch Verwaltungsakt der Börsengeschäftsführung, und zwar auf Antrag eines Handelsteilnehmers. Eine eigeninitiative Eröffnung der Handelsmöglichkeit durch die Börse sieht das Gesetz also nicht vor.154 Soll jedoch ein Handelssegment im Wege der Reduktions-Einbeziehungsmethode an eine deutsche Börse verlagert werden, so muss die Börsenanstalt ihrem Kooperationspartner die Eröffnung der Handelsmöglichkeit verbindlich zusagen können, damit dieser gegenüber seiner Emittentenkundschaft eine vollwertige Wertpapierzulassungsdienstleistung anbieten kann.155 Eine solche verbindliche Einbeziehungszusage könnte die deutsche Börse nur machen, wenn über Hilfskonstruktionen die Mitwirkung eines Handelsteilnehmers als „Pro-forma-Antragsteller“ im Sinne des § 56 Abs. 1 BörsG 2002 gesichert wird, beispielsweise durch einen Verwaltungsvertrag zwischen Börsenanstalt und Handelsteilnehmer156 oder hilfsweise ein Privatvertrag des Trägerunternehmens157 mit dem Handelsteilnehmer. Erlässt die Börsengeschäftsführung aufgrund einer solchen Zusage sodann die entsprechenden Einbeziehungsverwaltungsakte, so stellt sich allerdings das Problem des Ermessensausfalls, denn gemäß § 56 Abs. 1 „können“ Wertpapiere in den Geregelten Markt einbezogen werden, müssen es aber nicht.158 Der Ermessensausfall würde den Einbeziehungsverwaltungsakt indes nur rechtswidrig, nicht jedoch nichtig machen, weshalb die Frage hier nicht weiter verfolgt werden soll.159 Die eigentliche börsenaufsichtsrechtliche Problematik, die hier im Hintergrund steht, liegt in der Zulässigkeit einer Selbstbindung der Börsenanstalt gegenüber Dritten in puncto ihres 154

Vgl. Schlüter, Börsenhandelsrecht, G VIII 3, Rn. 748. Vgl. zu den beiden Komponenten der Wertpapierzulassungsdienstleistung oben unter Teil 1, Abschnitt 2, C. II., S. 58. Insbesondere im Falle der lokalen Konzentration vgl. oben Teil 1, Abschnitt 3, C. III. 1. b), S. 92 f. 156 §§ 54 ff. (L)VwVfG. 157 Das Trägerunternehmen wäre dann, wenn es nicht ohnehin schon Vertragspartner des ausländischen Börsenbetreiber ist (vgl. oben I. 3., S. 248), allerdings auch in die zugrundeliegende Kooperationsabrede als dritter Partner aufzunehmen. 158 Vgl. zum Problem des Ermessensausfalls bei börslichen Entscheidungen im Rahmen von Kooperationen Hopt, Eurex, FS Schimansky 1999, S. 631 (646). 159 Die bloß deklaratorische Behauptung der Börsengeschäftsführung, dass sie sich nicht gebunden fühle, kann dabei – entgegen der offenbar bei Hopt, Eurex, FS Schimansky 1999, S. 631 (646) vertretenen Ansicht – freilich am Ermessensausfall nichts ändern, wenn die Geschäftsführung ihr Ermessen tatsächlich nicht ausübt, sondern bei Vorliegen der Einbeziehungsvoraussetzungen jedenfalls einbezieht, vgl. Kopp/Ramsauer, § 40 VwVfG Rn. 60. 155

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Angebotsverhaltens: Diese Frage stellt sich in verschärfter Weise bei der gemeinsamen Handelsplattform und wird dort näher untersucht.160 dd) Materielle Einbeziehungsbedingungen sowie Informationsverbreitung Gemäß § 56 Abs. 2 S. 1 BörsG 2002 haben die Börsenordnungen die näheren Bestimmungen über die Einbeziehung zu treffen, also der Gewähr eines ordnungsgemäßen Börsenhandels dienende Einbeziehungsvoraussetzungen aufzustellen. Nähere Vorgaben für die Qualitätsanforderungen an die Emittenten einzubeziehender Wertpapiere macht das Gesetz nicht. Als Mindestanforderungen sieht die Literatur die Beachtung des Gleichbehandlungsgebots durch die Emittenten sowie die Bereithaltung einer inländischen Zahl- und Hinterlegungsstelle entsprechend § 39 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BörsG 2002 an.161 Indes ist letztere mit der Entmaterialisierung von Aktien im europäischen Kapitalmarkt162 weitgehend funktionslos geworden; an ihre Stelle tritt heute die Depotbank des Anlegers, welche im Wege des Effektengiralverkehrs nicht nur die Verwahrung der Wertpapiere,163 sondern auch die Dividendenzahlung sowie Bezugsrechtsausübung besorgt.164 Hat die Zahlstelle bei börsenzugelassenen Emittenten immerhin noch die Funktion der gesetzlichen Schalterpublizität gemäß § 65 BörsZulV,165 so entfällt bei einzubeziehenden Wertpapieren auch dies, da der Gesetzgeber für die Informationsverbreitung nach § 56 Abs. 2 S. 1 BörsG 2002 keine bestimmten Formen vorschreibt. Die Bereithaltung einer inländischen Zahlstelle ist somit als Einbeziehungskriterium obsolet. Nicht so das Gleichbehandlungsgebot; allerdings wird es von Emittenten einzubeziehender Standardwerte schon aufgrund ihrer Wertpapierzulassung bei der Kooperationsbörse befolgt, für welche Art. 65 Abs. 1 RL 2001/34/EG die Gleichbehandlung der Aktionäre verlangt. Im Übrigen müssen Emittenten, die dem Gesellschaftsrecht eines EU-/ EWR-Mitgliedstaates unterliegen, schon aufgrund (europaweit vereinheitlichter) Vorgaben des Gesellschaftsrechts ein ebensolches Gebot beachten.166 160

Siehe unten Abschnitt 4, A. III. 3., S. 351 ff. Schwark-Schwark, § 56 BörsG Rn. 6. 162 Giovannini et al., Cross-Border Clearing and Settlement Arrangements in the European Union, S. 6; Vauplane/Bornet, Droit des Marchés Financiers, no. 42. 163 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rn. 5.43, S. 225 f.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 11.194 ff. Zu ausländischen Wertpapieren im Effektengiralverkehr Kümpel, a. a. O., Rn. 11.223 ff. 164 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 11.275 ff.; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rn. 5.16, S. 210. 165 Siehe oben unter a) cc), S. 253 mit Fn. 71. 166 Vgl. Art. 42 RL 77/91/EWG. 161

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So bleibt als aufsichtsrechtliche Kernanforderung § 56 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002, wonach die Börsenordnungen die Unterrichtung des Börsenpublikums über all diejenigen Tatsachen sicherzustellen haben, die vom Emittenten an seiner Zulassungsbörse als Pflichtpublikationen veröffentlicht werden.167 Wie der Ermächtigungsnorm des § 56 Abs. 2 S. 1 BörsG 2002 zu entnehmen ist, hat grundsätzlich der antragstellende Handelsteilnehmer für die Weiterverbreitung zu sorgen.168 Dabei würden sich im Rahmen einer lokalen Konzentration zur Sicherung der – kommerziell erforderlichen169 – zeitgleichen Informationsverbreitung im Publikum beider Staaten folgende Alternativen anbieten: Eine Weiterverbreitung durch die einbeziehende Börse selbst, welche die Pflichtpublikationen des Emittenten vom Betreiber der Zulassungsbörse übermittelt erhält und in ein elektronisches Informationssystem einstellt.170 Oder gar eine direkte Verpflichtung des Emittenten des einzubeziehenden Wertpapiers, seine Pflichtpublikationen von vornherein über ein international tätiges und auch im deutschen Publikum weit verbreitetes Informationssystem zu publizieren. Eine derartige Verpflichtung wäre im Zulassungsrechtsverhältnis zwischen Emittent und ausländischer Zulassungsbörse zu vereinbaren. Die elektronische Publikationsform erkennt inzwischen auch der deutsche Gesetzgeber in § 14 WpPG, § 15 WpHG i. V. m. § 5 WpAIV als taugliche Informationsverbreitungsform sowohl für ordentliche wie außerordentliche Pflichtpublikationen an;171 sie genügt da167 Vgl. zur zentralen Bedeutung der Informationsverbreitung RegE 4. FMFG, BT Drs. 14/8017, S. 83. 168 Die Sinnhaftigkeit dieser Regelung lässt sich bezweifeln, wird doch mit dem antragstellenden Handelsteilnehmer gerade eine Person zum Verantwortlichen für die Informationsweiterverbreitung gemacht, die u. U. ein erhebliches Eigeninteresse daran haben kann, ihr bekannte Unternehmensinformationen erst mit einer gewissen Verzögerung im Markt weiterzuverbreiten. Denn den Antrag auf Einbeziehung eines Wertpapier wird aufgrund der damit einhergehenden Verpflichtungen nur ein Handelsteilnehmer stellen, der von der Handelbarkeit des Wertpapiers an der inländischen Börsen profitiert, weil er selbst in dem betreffenden Papier Handel treibt. 169 Der Einzugsbereich der Konzentrationsbörse erstreckt sich im Falle der lokalen Konzentration von Handelssegmenten anders als im Normfall der Einbeziehung eines Wertpapiers auf das Publikum im Staat der Zulassungs- wie Einbeziehungsbörse. Kommerzielle Akzeptanz kann der (ausschließliche) Handel an der Einbeziehungsbörse nur dann erlangen, wenn das gesamte Publikum zeitgleich und zuverlässig mit identischen Informationen versorgt wird, vgl. auch Schönholzer, virt-x: eine europäische Börse mit Schweizer Beteiligung, ARP 2001, 139 (158). 170 Vgl. SWX Swiss Exchange, virt-x – Regulatorische Rahmenbedingungen für Emittenten, Rn. 20 ff.; SWX Swiss Exchange, Zulassungsstelle: Rundschreiben Nr. 1 vom 15. Januar 2004, Rn. 11 f., dort auch zum Recht der vorzeitigen Weitergabe der Informationen von der Zulassungs- an die Einbeziehungsbörse. 171 Vgl. auch BAWe/Deutsche Börse AG, Insiderhandelsverbote und Ad-hoc-Publizität nach dem Wertpapierhandelsgesetz, S. 55 f.: Elektronische Publikation unter dem Gesichtpunkt der Preisbildungseffizienz sogar überlegen.

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her jedenfalls auch als Form der Weiterverbreitung gemäß § 56 Abs. 2 BörsG 2002.172 Indes konfligieren diese Verbreitungsformen mit dem Erfordernis der Weiterverbreitung durch den antragstellenden Handelsteilnehmer. Wie die Motive zeigen, hielt der Gesetzgeber die Verpflichtung gerade dieser Person offenbar für eine wesentliche Voraussetzung der Einbeziehung.173 Um eine zumindest „Pro-forma“-Einbindung des Antragstellers auch in den Prozess der Informationsweiterverbreitung wird man daher nicht umhinkommen.174 Inhaltlich erstreckt sich die Informationspflicht des § 56 Abs. 2 BörsG 2002 nach Vorstellung des Gesetzgebers offenbar nur auf die laufende Publizität.175 Der Prospekt ist daher, auch bei erst kurz zurückliegender Zulassung an der Kooperationsbörse, hierzulande nicht weiterzuverbreiten.176 Auch eine eigenständige Verkaufsprospektpflicht nach § 3 WpPG entsteht durch die bloße Handelseinbeziehung bereits im Publikum untergebrachter Wertpapiere an einer deutschen Börse grundsätzlich nicht.177 Erfolgen aber – wie dies im Rahmen einer lokalen Konzentration bei später hinzukommenden Neuemittenten häufig der Fall sein wird – öffentliches Verkaufsangebot und Zulassung an der Heimatbörse sowie die Handelseröffnung an der deutschen Einbeziehungsbörse in engem zeitlichem Zusammenhang, so kann es ratsam sein, durch eine entsprechende Angebotsstrukturierung sicherzustellen, dass unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein öffentliches Verkaufsangebot in Deutschland im Sinne des §§ 2 Nr. 4 WpPG vorliegt.178 172 Dies klingt auch in den Motiven an („bereits bestehenden technischen Möglichkeiten“ der Informationsverbreitung), vgl. RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 83. 173 Stellungnahme des Bundesrates zum 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 157, Nummer 31; Gegenäußerung BReg zur Stellungnahme des Bundesrates zum 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 179, zu Nummer 31. 174 Alternativen zur Informationsverbreitung durch den Antragsteller diskutiert auch die Kommentarliteratur nicht, vgl. Groß, § 56 BörsG Rn. 4; Schwark-Schwark, § 56 BörsG Rn. 6.; Schlüter, Börsenhandelsrecht, G VIII 3, Rn. 749. 175 Vgl. RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 82 f., mit besonderer Betonung der Ad-hoc-Publizitätspflicht für die Preisbildungsqualität. 176 Vgl. etwa § 86 FWB Börsenordnung; § 65 Abs. 3 Börse Berlin-Bremen Börsenordnung; § 99 Abs. 3 Baden-Württembergische Wertpapierbörse Börsenordnung. So auch die h. M. zur Einbeziehung in den Freiverkehr, vgl. nur Schwark-Schwark, § 57 BörsG Rn. 4: Keine Weiterverbreitung des Prospekts. 177 Vgl. die Definition des die Prospektpflicht auslösenden öffentlichen Angebots in § 2 Nr. 4 WpPG, sowie hierzu Groß, § 2 WpPG Rn. 8 ff., insbes. Rn. 15, S. 276. Vgl. zu den Vorgängervorschriften im VerkProspG Assmann/Lenz/Ritz, § 1 VerkProspG Rn. 51; Schwark-Heidelbach, § 1 VerkProspG Rn. 10 f. m. w. N. 178 Vgl. zur vergleichbaren Problematik bei virt-x-Emittenten Schönholzer, virt-x: eine europäische Börse mit Schweizer Beteiligung, ARP 2001, 139 (158). Zu Ein-

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Schließlich muss die Börsenanstalt nach § 56 Abs. 3 i. V. m. § 38 Abs. 1 bis 3 den Handel aussetzen bzw. die Einbeziehung des Wertpapiers beenden, wenn zeitweise bzw. dauerhaft kein ordnungsgemäßer Börsenhandel mehr gewährleistet erscheint. Das ist der Fall, wenn der Handel illiquide geworden oder keine hinreichende Information mehr im Markt verbreitet wird, wobei letzteres in der hiesigen Konstellation nur dann denkbar ist, wenn der Emittent seinen heimatbörslichen Publizitätspflichten nicht mehr nachkommt. Da unter diesen Umständen aber auch die dortige Wertpapierzulassung aufzuheben ist,179 konfligiert die anstaltliche Beendigung der Einbeziehung nicht mit den Dienstleistungspflichten der Heimatbörse gegenüber ihrem Emittentenkunden. ee) Zwischenergebnis Die Herverlagerung eines Handelssegments im Wege der Reduktions-Einbeziehungsmethode ist damit, wenn auch mit Hilfskonstruktionen, grundsätzlich realisierbar. d) Zulassung von Handelsteilnehmern180 Der der veränderten Produktpalette entsprechende Zustrom ausländischer Handelsteilnehmer erfolgt praktisch im Wege des remote access, also der grenzüberschreitenden elektronischen Handelsteilnahme.181 Eine solche ist jedenfalls möglich, so dass auch hier nur zu fragen ist, inwieweit die aufsichtsrechtlichen Vorgaben der Börsenanstalt eine möglichst nutzerfreundzelheiten einer solchen Angebotsgestaltung unter deutschem Recht vgl. SchwarkHeidelbach, § 1 VerkProspG Rn. 26 f. Freilich können in Zukunft gerade länderübergreifende öffentliche Angebote beabsichtigt sein. Diese werden durch das WpPG und die zugrundeliegende RL 2003/71/EG erheblich erleichtert: Sofern der im Heimatland behördlich gebilligte Verkaufsprospekt eines ausländischen Emittenten bereits in englischer Sprache erstellt ist, bedarf es nur der Übersetzung der Prospektzusammenfassung ins Deutsche, damit er hierzulande als Verkaufsprospekt verwendet werden kann, vgl. § 17 Abs. 3, § 19 Abs. 4 WpPG. Wird freilich diesem Sprach- und Übersetzungserfordernis nicht Genüge getan, so droht ein Bußgeld nach § 30 Abs. 1 WpPG. 179 Artt. 5, 48 RL 2001/34/EG. In Deutschland umgesetzt in § 38 Abs. 3 BörsG 2002 (= § 39 Abs. 1 BörsG 2007), § 49 VwVfG i. V. m. BörsZulV bzw. §§ 15, 15 a, 25 WpHG. 180 Die Zulassung von Handelsteilnehmern hat sich mit dem FRUG in der Sache kaum geändert. Im nun folgenden Unterabschnitt d) konnten daher durchweg die inhaltsgleichen Parallelfundstellen im BörsG 2007 angegeben werden. Zu den punktuellen Änderungen, welche das FRUG im Bereich der grenzüberschreitenden Handelsteilnehmerzulassung gebracht hat, vgl. zunächst Nachtrag C. V., S. 554 f. 181 Vgl. Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, 19 (24).

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liche Gestaltung des grenzüberschreitenden Zugangs erlauben. Wie schon beim grenzüberschreitenden Zugang von Emittenten gilt dabei auch hier, dass sich Schwierigkeiten für ausländische Nutzer vor allem da ergeben können, wo das deutsche Recht über den europaweit einheitlichen Mindeststandard hinausgeht. Dabei sollen hier ausschließlich die Voraussetzungen und Folgepflichten des Börsenzugangs als solchem betrachtet werden. Eventuelle weitere aufsichtsrechtliche Erfordernisse nach KWG, wenn die ausländischen Handelsteilnehmer auch Wertpapierdienstleistungen an inländische Kunden erbringen wollen,182 bleiben hier außer Betracht. aa) Zulassungsvoraussetzungen und -verfahren Gemäß § 16 Abs. 1 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 1 BörsG 2007) bedürfen Handelsteilnehmer der Zulassung durch die Börsengeschäftsführung. Die Zulassungsvoraussetzungen sind in § 16 Abs. 2 und Abs. 4 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 2 und Abs. 4 BörsG 2007) gesetzlich geregelt, börseneigener Gestaltungsspielraum besteht nur in Bezug auf den Nachweis der Zulassungsvoraussetzungen und das Zulassungsverfahren gemäß § 16 Abs. 7 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 7 BörsG 2007). Voraussetzung einer Zulassung ist die Eigenschaft als professioneller Kapitalmarktteilnehmer der in § 16 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 2 BörsG 2007) genannten Tätigkeitsbereiche. Zulassungsfähig sind somit neben klassischen Wertpapierintermediären183 auch institutionelle Investoren wie Investmentgesellschaften oder Versicherungen.184 Damit sind die wesentlichen Personengruppen, die im europäischen Ausland gegenwärtig tatsächlich am Börsenhandel teilnehmen,185 hierzulande zulassungsfähig. 182 Vgl. BaFin, Hinweise zur Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und Abs. 1a KWG von grenzüberschreitend betriebenen Bankgeschäften und/oder grenzüberschreitend erbrachten Finanzdienstleistungen, Merkblatt September 2003, S. 1. 183 Wertpapierkommissionäre oder Abschlussvermittler sind zulassungsfähig nach § 16 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3 BörsG 2007); wer Eigenhandel im engeren Sinn betreibt nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 2 Nr. 1 BörsG 2007). 184 Sie betreiben Anschaffung und Veräußerung für eigene Rechnung i. S. d. § 16 Abs. 2 Nr. 1 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 2 Nr. 1 BörsG 2007). Wie hier Schäfer-Ledermann, § 7 BörsG Rn. 10; differenzierend Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 18, S. 179; enger Schlüter, Börsenhandelsrecht, G VI 2, Rn. 417 f. 185 Zwar ist nicht in allen europäischen Ländern die Zulassungsfähigkeit gesetzlich begrenzt – beispielsweise in Großbritannien lässt das Gesetz im Grundsatz auch die Handelsteilnahme von Privatanlegern zu, vgl. REC 2.7.3, ähnlich in Italien Art. 62 decreto legislativo no. 58 v. 24 Februar 1998 – aber tatsächlich beschränken

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

Für eine Zulassung zur Handelsteilnahme erfordert das deutsche Börsenaufsichtsrecht, ähnlich wie dasjenige im europäischen Ausland186 und entsprechend der Vorgaben in Art. 42 Abs. 3 MFIRL, außerdem persönliche Zuverlässigkeit und berufliche Eignung der Leitungspersonen und Börsenhändler des zuzulassenden Unternehmens gemäß § 16 Abs. 4 Nr. 1 und § 16 Abs. 5 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 4 Nr. 1 und § 19 Abs. 5 BörsG 2007).187 Die Zuverlässigkeit beurteilt sich analog den zu § 33 Abs. 1 Nr. 2 KWG entwickelten Kriterien188 und fehlt mit Blick auf die börsenrechtlichen Regelungsziele insbesondere bei früheren Verstößen gegen sekundärmarktrechtliche Bestimmungen.189 Neben inländischem Recht müssen hier richtigerweise auch Verstöße gegen die Parallelvorschriften des ausländischen Rechts berücksichtigt werden,190 so dass die Börsengeschäftsführung bei ihren Zulassungsentscheidungen im Interesse der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Börsenhandels gehalten sein wird, die Vorlage entsprechender ausländischer Nachweise zu verlangen oder entsprechende Auskünfte der zuständigen Herkunftslandbehörden einzuholen.191 Die berufliche Eignung setzt Kenntnisse und Fähigkeiten eines professionellen Wertpapiersekundärmarktteilnehmers voraus, die gemäß § 16 Abs. 6 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 6 BörsG 2007) grundsätzlich bei Vorliegen einschlägiger Berufsausbildung und -erfahrung gegeben ist.192 Mindestens eine leitende Person des zuzulassenden Unternehmens muss in diesem Sinne beauch die dortigen Börsen ihren Zugang auf professionelle Kapitalmarktteilnehmer, vgl. z. B. Nr. 1000 LSE Rules; Nr. 1.1 virt-x Rules. Beispielsweise in Österreich (§ 15 BörseG), Schweiz (Art. 7 i. V. m. Art. 2 lit. d) BEHG), Frankreich (Art. L 421-8 Code Monétaire Financier), Spanien (Art. 37 Ley del Mercado de Valores) ist die Zulassungsfähigkeit schon gesetzlich auf professionelle Kapitalmarktteilnehmer beschränkt. 186 Frankreich: Art. 514-3 Règlement Général AMF; Großbritannien: REC 2.7.3. 187 Breitkreuz, Börse, S. 228, S. 230; Groß, § 16 BörsG Rn. 7, Rn. 11; SchwarkSchwark, § 16 BörsG Rn. 22, Rn. 32. 188 Groß, § 16 BörsG Rn. 9; Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 22; Walter, Rechtliche Aspekte der Zulassung als Freimakler an einer deutschen Wertpapierbörse, WM 1986, 1489 (1493). 189 Vgl. Schäfer-Ledermann, § 7 BörsG Rn. 13, 14; Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 22. 190 Vgl. zur Situation im schweizerischen Recht Althaus, Amtshilfe und Vor-OrtKontrolle, S. 29 m. w. N. 191 In Ausübung der Ermächtigung des § 16 Abs. 7 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 7 BörsG 2007) zur Regelung von Zulassungsverfahren und Nachweis der Zulassungsvoraussetzungen behält sich beispielsweise die FWB in § 19 ihrer Börsenordnung das Recht vor, Erkundigungen bei Dritten einzuholen oder die Vorlage von Unterlagen zu verlangen. 192 Groß, § 16 BörsG Rn. 9; Schäfer-Ledermann, § 7 BörsG Rn. 15; SchwarkSchwark, § 16 BörsG Rn. 24.

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ruflich geeignet sein, daneben gilt dies vor allem für die tatsächlich handelnden Personen (Börsenhändler) dieses Unternehmens. Für den Nachweis der beruflichen Eignung von Börsenhändlern sehen die Börsenordnungen regelmäßig eine bei der Börse veranstaltete Prüfung vor.193 Diese für ausländische remote-access-Teilnehmer unter Umständen beschwerliche Nachweisform ist allerdings nach § 16 Abs. 6 S. 3 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 6 S. 3 BörsG 2007) nicht exklusiv, so dass die Börse in Ausübung ihres Gestaltungsspielraums nach § 16 Abs. 7 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 7 BörsG 2007) andere Nachweismethoden zulassen kann, z. B. unter Berücksichtung der an der Kooperationsbörse gesammelten Berufserfahrung.194 Erforderlich ist gemäß § 16 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BörsG 2007) außerdem die Gewähr ordnungsgemäßer Abwicklung. Gemäß § 13 Abs. 4 BörsG 2002 (= § 16 Abs. 2 Nr. 2 BörsG 2007) kann die Börsenordnung hierzu nähere Bestimmungen enthalten, die bislang meist eine ausschließliche Benutzug des deutschen Abwicklungsdienstleisters Clearstream durch sämtliche Handelsteilnehmer vorschrieben.195 Eine ordnungsgemäße Abwicklung kann allerdings auch dann erreicht werden, wenn Handelsteilnehmer unterschiedlichen Abwicklungssystemen angehören, sofern diese Systeme ihrerseits vernetzungsbedingt interoperabel sind.196 Unter dem Druck des europäischen Kartellrechts197 sowie eines Richtlinienvorhabens198 nimmt dies gegenwärtig zu,199 insbesondere Clearstream hat sich grundsätzlich für andere Systeme geöffnet.200 Soweit demnach die Interoperabilität besteht oder von den kooperationswilligen Börsen193

Groß, § 16 BörsG Rn. 11; Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 32 mit Fn. 92. Schäfer-Ledermann, § 7 BörsG Rn. 26. 195 Vgl. etwa § 16 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2 FWB Börsenordnung (Stand: 1. Jan. 2003); § 16 Börsenordnung Düsseldorf (Stand: 2. Juni 2003). In diesem Sinne weiterhin Groß, § 16 BörsG Rn. 7. Zur Zulässigkeit solcher Regeln SchwarkSchwark, § 16 BörsG Rn. 25. Kritisch unter ökonomischem Gesichtspunkt Giovannini et al., Cross-Border Clearing and Settlement Arrangements in the European Union, S. 46. 196 Hémon, Alliances, nouveaux marchés et nouveaux produits des contreparties centrales, Revue d’économie financière 82 (2006), 213 (215); Lannoo, Updating EU Securities Markets Regulation, S. 16. Vgl. beispielhaft die Abwicklungsstruktur bei virt-x, vgl. SWX Swiss Exchange, Geschäftsbericht 2002, S. 39. 197 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Commission raises competition concerns about behaviour of Clearstream Banking AG, Pressemitteilung IP/03/462 v. 31. März 2003. 198 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Mitteilung Clearing und Abrechnung – Künftige Maßnahmen, KOM (2004) 312 endgültig. 199 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Mitteilung Clearing und Abrechnung – Künftige Maßnahmen, KOM (2004) 312 endgültig, S. 3. 200 Vgl. o. V., Seifert’s second proposal, The Economist v. 18. Dezember 2004, S. 133. 194

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betreibern sichergestellt wird,201 kann die Börsenanstalt ihren Gestaltungsspielraum nach § 13 Abs. 4 BörsG 2002 (= § 16 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 21 BörsG 2007) zum Verzicht auf das kostentreibende Erfordernis eines weiteren Abwicklungszugangs für ausländische Handelsteilnehmer nutzen.202 § 16 Abs. 4 Nr. 3 und 4 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 4 Nr. 3 und 4 BörsG 2007) machen den Börsenzugang zuletzt von einem Eigenkapital von mindestens EUR 50.000 sowie hinreichender Solvenz abhängig203 und geht damit über die teils erheblich flexibler formulierten Eigenkapitalanforderungen anderer Rechtsordnungen wie auch des Art. 42 MFIRL hinaus.204 Einen konkreten Nachweis nach Nr. 3 müssen allerdings nur solche ausländischen Handelsteilnehmer erbringen, die nicht schon als Finanzdienstleister nach § 53b KWG im Inland tätig sind. Unter § 53b KWG fallen EU/EWRausländische Wertpapierdienstleister, deren Herkunftslandzulassung Finanzkommissionsgeschäfte oder Finanzdienstleistungen entsprechend § 1 Abs. 1a KWG umfasst.205 Nach § 53b KWG tätig, wie es das BörsG verlangt, ist ein ausländisches Unternehmen jedoch nur dann, wenn es Finanzdienstleistungen an inländische Abnehmer erbringt.206 Auf ausländische Handelsteilnehmer, die ausschließlich den Börsenzugang an einer deutschen Börse begehren, erstreckt sich die Ausnahme somit nicht. Sie müssen also, ebenso wie die das Eigengeschäft betreibenden ausländischen institutionellen Investoren, einen konkreten Solvabilitätsnachweis gemäß Nr. 3, Nr. 4 erbringen.207 Allerdings erlaubt es § 16 Abs. 4 S. 2 BörsG (= § 19 Abs. 4 S. 2 BörsG 2007), durch Börsenordnung vom Nachweis der Eigenkapitalausstattung wie 201 Letzteres war etwa im Rahmen des iX-Projektes geplant, vgl. Deutsche Börse AG, iX – Bericht des Vorstands, S. 13. 202 Vgl. nunmehr auch die flexiblere Regelung § 16 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2 FWB Börsenordnung. 203 Vgl. insbesondere zur Bedeutung des § 16 Abs. 4 Nr. 4 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 4 Nr. 4 BörsG 2007) Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 29. 204 Art. 42 Abs. 3 lit. d) MFIRL verlangt von den Handelsteilnehmern „ausreichende Mittel [. . .], um ihre Funktion auszufüllen“. Ähnlich flexibel schon die bisherige Regelungen etwa in Frankreich, vgl. Art. 514-3 Règlement Général AMF, in Großbritannien, vgl. REC 2.7.3, und in Italien, vgl. Art. 63 Abs. 1 decreto legislativo no. 58. 205 Vgl. auch Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 26. 206 Vgl. näher dazu, welche Aktivitäten eine den Anwendungsbereich des KWG eröffnende Dienstleistungstätigkeit im Inland darstellen BaFin, Hinweise zur Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und Abs. 1a KWG von grenzüberschreitend betriebenen Bankgeschäften und/oder grenzüberschreitend erbrachten Finanzdienstleistungen, Merkblatt September 2003, S. 1. 207 A. A. offenbar Schäfer-Ledermann, § 7 BörsG Rn. 18; Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 26; wie hier offenbar Groß, § 16 BörsG Rn. 7.

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auch der Zuverlässigkeit und Eignung gänzlich abzusehen, wenn der Antragsteller bereits an einer EU/EWR-ausländischen Börse zugelassen ist, deren Zulassungsanforderungen denjenigen des § 16 Abs. 4 Nr. 1, Nr. 3 und Nr. 4 BörsG (= § 19 Abs. 4 Nr. 1, Nr. 3 und Nr. 4 BörsG 2007) vergleichbar sind. Im Zulassungsverfahren ist daher nur zu prüfen, ob diese ausländische Börse ein vergleichbares Regelungs- und Vollzugsniveau aufweist.208 Diese Vorschrift kann im Rahmen der lokalen Konzentration die Aufnahme solcher ausländischer Handelsteilnehmer erleichtern, die die Zulassung zur Anstaltsbörse zusätzlich zur fortbestehenden Heimatbörsenzulassung anstreben. bb) Zulassungsfolgepflichten Als Zulassungsfolgepflichten hat der Handelsteilnehmer einer deutschen Börse neben der laufenden Erfüllung der Voraussetzungen nach § 16 Abs. 2, Abs. 4 BörsG (= § 19 Abs. 2, Abs. 4 BörsG 2007) insbesondere die gesetzlichen Insiderhandels- und Marktmanipulationsverbote nach §§ 14, 20a WpHG zu beachten, letzteres konkretisiert durch die MaKonV. Diese Verbote beanspruchen gemäß § 1 Abs. 2 WpHG Geltung für alle Handelsaktivitäten an einer inländischen Börse unabhängig vom Sitz des (remote-) Handelsteilnehmers.209 Sie dienen der Umsetzung der Vorgaben aus RL 2003/6/EG (Marktmissbrauchsrichtlinie) und der hierzu ergangenen Durchführungsrichtlinie der Kommission RL 2003/124 zur Definition der InsiderInformation und Markmanipulation sowie RL 2004/72/EG zur Definition zulässiger Marktpraktiken. Diese Bestimmungen sorgen inzwischen für ein europaweit vergleichbares Niveau der Marktmissbrauchsregulierung. Praktisch relevant ist daneben vor allem die Meldepflicht nach § 9 Abs. 1 S. 4 WpHG. Zum Zwecke einer effektiven Marktaufsicht müssen auch ausländische Handelsteilnehmer der BaFin sämtliche auf einer deutschen Börse getätigten Geschäfte melden, und zwar unabhängig von einer eventuellen Pflicht zur Meldung derselben Geschäfte an ihre jeweilige Herkunftslandbehörde.210 Die Mitteilungen an die BaFin erfolgen gemäß § 9 Abs. 2 S. 1 208 Vgl. RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 75; Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 30. 209 Zu dieser Regelung des territorialen Anwendungsbereichs durch das AnSVG in Umsetzung von Art. 10 Abs. 1 RL 2003/6/EG (Marktmissbrauchsrichtlinie) vgl. Assmann/U. H. Schneider-Assmann, § 1 WpHG Rn. 4. 210 Assmann/U. H. Schneider-Dreyling, § 9 WpHG Rn. 8. Zu Mehrfach-Meldepflichten kann es für Handelsteilnehmer kommen, die Wertpapierdienstleister im Sinne der RL 93/22/EWG sind. Für diese ist gemäß Art. 20 Abs. 1 lit. b) RL 93/22/EWG eine Meldepflicht grundsätzlich aller Wertpapiergeschäfte an die Herkunftslandbehörde vorzusehen. Diese Doppelmeldepflicht lässt Art. 20 Abs. 5 RL 93/22/EWG für börsliche Geschäfte zu.

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WpHG i. V. m. §§ 13, 14 WpHMV auf elektronischem Wege spätestens am Werktag nach dem Geschäftsabschluss, wobei § 14 WpHMV auch eine Direktübermittlung der Meldedaten durch die elektronischen Systeme der Börse oder der Abwicklungssysteme zulässt.211 Für ausländische Handelsteilnehmer stellt dies eine wichtige Erleichterung dar, erlaubt es doch die Erfüllung der – eventuell mehrfachen – Meldepflichten mit vertretbarem Kostenaufwand.212, 213 cc) Zwischenergebnis Die für den Erfolg der lokalen Konzentration unerlässliche Zulassung ausländischer Handelsteilnehmer ist also möglich,214 strengere Anforderungen bestehen allerdings möglicherweise hinsichtlich des (starren) Finanzmittelerfordernisses nach § 16 Abs. 4 Nr. 3 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 4 Nr. 3 BörsG 2007). Im Übrigen ermöglichen § 16 Abs. 4 S. 2 und Abs. 7 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 4 S. 2 und Abs. 7 BörsG 2007) den Börsen eine integrationsfreundliche Ausgestaltung des Zulassungsverfahrens. Die gesetzlichen Zulassungsfolgepflichten können durch elektronische Meldung erfüllt werden und behindern einen grenzüberschreitenden Börsenzugang somit nicht. 2. Wegverlagerung eines Handelssegmentes zwecks Konzentration beim Kooperationspartner215

Ist damit die „Herverlagerung“ eines Spezialisierungssegments an die deutsche Börse möglich, so wird doch in der Börsenpraxis eine lokale Konzentration nicht ohne korrespondierende „Wegverlagerung“ eines Segments von der deutschen Börse zum Kooperationspartner stattfinden.216 Das 211

Vgl. zur Meldung über die Börsen z. B. BAWe, Jahresbericht 1998, S. 22; Assmann/U. H. Schneider-Dreyling, § 9 WpHG Rn. 23. 212 Vgl. Assmann/U. H. Schneider-Dreyling, § 9 WpHG Rn. 23. 213 Mit dem FRUG wurde diese Meldepflicht in Umsetzung von Art. 25 Abs. 3 MFIRL auf Handelsteilnehmer aus Drittstaaten beschränkt, während Handelsteilnehmer aus EU/EWR-Staaten nurmehr der Meldepflicht gegenüber ihrer Herkunftslandbehörde unterliegen. Siehe hierzu auch Nachtrag C. V., S. 554. 214 Vgl. auch Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, 19 (32). 215 Mit der neuen gesetzlichen Marktsegmentierung durch das FRUG haben sich für den folgenden Abschnitt wenn auch nicht in der Sache, so doch in der Diktion erhebliche Veränderungen ergeben. Parallelfundstellen können daher nur teilweise angegeben werden. Die nun folgenden Ausführungen zum Amtlichen und Geregelten Markt gelten – mutatis mutandis – auch zum Regulierten Markt. Zur Einstellung oder Reduktion von Handelssegmenten unter dem BörsG 2007 siehe zunächst Nachtrag, C. IV., S. 553 f.

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virt-x-Projekt, bei dem aus Sicht der britischen Börse ausschließlich eine Herverlagerung stattfand, ohne dass zugleich zugunsten der schweizerischen SWX ein Segment aufgegeben werden musste, bestätigt als Ausnahme nur diese Regel, profitiert dort doch die SWX AG als 100%ige Anteilseignerin der virt-x Ltd. unmittelbar auch von deren kommerziellem Erfolg.217 Im Falle der hier untersuchten kooperationsvertraglich fundierten lokalen Konzentration muss es der Börsenanstalt jedoch auch möglich sein, ein Handelssegment zugunsten der Kooperationsbörse vollständig einzustellen [a)] oder zumindest zum reinen Zulassungssegment zu reduzieren [b)]. a) Einstellung eines Handelssegments Einzustellen wäre also an der hiesigen Börse der Amtliche Markt (wenn der Standardwertehandel beim ausländischen Kooperationspartner konzentriert werden soll) oder der Geregelte Markt (wenn der Wachstums-/MidCap-Wertehandel dort konzentriert werden soll). Hierzu genügt die Einstellung einzelner Orderbücher, wie sie auf Delistingantrag eines Emittenten gemäß § 38 Abs. 4 S. 1 BörsG 2002 (= § 39 Abs. 2 S. 1 BörsG 2007) möglich ist, selbstverständlich nicht.218 Es bedürfte vielmehr der Volleinstellung eines gesamten Segments auf Betreiben der Börsenanstalt, die also ihr Dienstleistungsangebot generell einschränken müsste. In formeller Hinsicht erfordert dies analog § 13 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 16 Abs. 1 BörsG 2007) eine Änderung der Börsenordnung: Schon bezüglich der Handelsarten verlangt § 13 Abs. 2 Nr. 3 BörsG 2002 (= § 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BörsG 2007) eine Festlegung in der Börsenordnung, um auf diese Weise die Präzisierung der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe im konkreten Anstaltszweck dem binnenplural besetzen Börsenrat vorzubehalten.219 Logisch übergeordnet ist der Frage der Handelsarten freilich diejenige der handelbaren Wertpapiere und mithin der Marktsegmente. A fortiori 216

Vgl. Svindland, Elektronische Märkte, S. 103 (117). Zur aktuellen Konzernstruktur vgl. SWX Swiss Exchange, Geschäftsbericht 2004, S. 13. 218 Es könnte hiermit nicht garantiert werden, dass sämtliche Emittenten des zu verlegenden Handelssegments migrieren. Eventuell würde eine Aufsplitterung in migrierende und an der Heimatbörse verbleibende Emittenten erfolgen, mit welcher der strategisch anvisierte Konzentrationserfolg vereitelt und der an der Heimatbörse verbleibende Restmarkt qualitativ minderwertig, weil illiquide würde. So wurde auch in der mangelnden Entscheidung für eine vollständige Einstellung des Amtlichen Marktes einer der zentralen Mängel des iX-Projektes gesehen, vgl. Hilton/ Lascelles, iX: better or just bigger?, S. 5. 219 Schlüter, Börsenhandelsrecht, G II 1, Rn. 179; vgl. Schwark-Schwark, § 13 BörsG Rn. 11. 217

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ist daher auch für diese Frage im Dienste der Richtigkeitsgewähr eine Regelung in der Börsenordnung erforderlich.220 In materieller Hinsicht kann allerdings auch der Börsenrat den Anstaltszweck nur im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben für die zu erbringende Börsendienstleistung ausgestalten.221 Sieht das Gesetz zwingend den Betrieb von Amtlichem und Geregeltem Markt vor, so wäre die Einstellung ein Verstoß gegen die gesetzliche Börsenbetriebsaufgabe und zugleich gegen den gesetzlichen Leistungsanspruch der Börsennutzer, welcher sich als Folgewirkung aus der öffentlichen Betriebsaufgabe der Anstalt ergibt.222 Eine solchermaßen gegen gesetzliche Vorgaben verstoßende Satzungsregelung wäre schon aus normhierarchischen Gründen nichtig;223 auf die Genehmigung durch die Börsenaufsichtsbehörde nach § 13 Abs. 5 BörsG (= § 16 Abs. 3 BörsG 2007) käme es nicht mehr an.224 Zu untersuchen sind also die gesetzlichen Vorgaben für die von einer Aktienkassabörse zu betreibenden Marktsegmente. Wie sich aus §§ 30, 49 BörsG ergibt, betreibt eine Wertpapierbörse die Marktsegmente des Amtlichen und Geregelten Marktes. Anders als beim Marktsegment des Freiverkehrs, dessen Betrieb gemäß § 57 BörsG 2002 (= § 48 BörsG 2007) fakultativ ist,225 statuiert das Gesetz bezüglich des Amtlichen und Geregelten Marktes weder eine Betriebsmöglichkeit noch spricht es ausdrücklich von einer Pflicht der Börse, diese Segmente einzurichten. Vielmehr erwähnt der Gesetzgeber die Marktsegmente nur en passant bei Regelung der Voraussetzungen, unter denen Wertpapiere zum Amtlichen oder Geregelten Markt zuzulassen sind. Hiermit bringt er zum Ausdruck, dass der Betrieb dieser beiden Marktsegmente so selbstverständlich zum gesetzlichen Anstaltszweck einer Wertpapierkassabörse im Sinne von § 1 Abs. 7 BörsG 2002 (= § 2 220 Im Ergebnis ebenso Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (6 f.); U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (41); Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2530). 221 Vgl. Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (6); Schäfer-Peterhoff, § 4 BörsG Rn. 2. 222 Die Verletzung etwaiger Nutzungsansprüche, in welchen offenbar Hammen, „Fusion“ von Wertpapierbörsen, ZBB 2001, 84 (89) das zentrale Hindernis sieht, ist damit jedenfalls nur sekundärer Rechtswidrigkeitsgrund. Wie dort allerdings nun Christoph, Börsenkooperationen, S. 143, S. 305, der zwar eine öffentliche Betriebsaufgabe für den Amtlichen und Geregelten Markt verneint, aber öffentlich-rechtliche Nutzungsansprüche der Handelsteilnehmer und Emittenten bejaht. 223 Vgl. nur Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 4 Rn. 48. 224 Vgl. Breitkreuz, Börse, S. 129. A. A. U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (41). 225 § 57 Abs. 1 Hs. 1 BörsG 2002 lautet: „Für Wertpapiere, die weder zum amtlichen Markt zugelassen noch zum geregelten Markt zugelassen oder einbezogen sind, kann die Börse einen Freiverkehr zulassen [. . .]“ (Hervorhebung von Verf.).

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Abs. 2 BörsG 2007) gehört, dass es hierzu keiner besonderen Festlegung in der Börsenordnung bedarf.226 Dies erklärt, weshalb die Marktsegmente gerade nicht zu den in § 13 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 16 Abs. 1 BörsG 2007) erwähnten Regelungsgegenständen der Börsenordnung gehören: Der nach § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BörsG 2002 (= § 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BörsG 2007) vom Börsenrat festzulegende Geschäftszweig enthält nur die grundlegende Bestimmung der Börse zur Wertpapierkassa-, Waren- oder Terminbörse im Sinne des § 1 Abs. 7 oder Abs. 8 BörsG 2002 (= § 2 Abs. 2 oder Abs. 3 BörsG 2007).227 Entscheidet sich der Börsenrat für den Geschäftszweig der Wertpapierkassabörse, so zieht dies automatisch den Betrieb von Amtlichem und Geregeltem Markt nach sich.228 Die Frage der zu betreibenden Marktsegmente gehört also gerade nicht mehr zur Festlegung des Geschäftszweigs.229 Die in § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 BörsG 2002 (= § 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BörsG 2007) enthaltene Ermächtigung zur Regelung der Handelsarten meint demgegenüber ausweislich der Motive nur die Bestimmung der Marktmikrostruktur, also darüber, ob der Handel eines Wertpapiers im elek226 Damit besteht eine gewisse Ähnlichkeit zu den von Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (6) vergleichsweise herangezogenen §§ 1, 17 SparkVO Meckl. Vorp., wonach eine Sparkasse (u. a.) „Einlagen von jedermann hereinnimmt“. Weder „kann“ noch „muss“ eine Sparkasse dies tun, dennoch wird aus der Formulierung klar, dass das Einlagengeschäft gleichsam der begriffsnotwendige, natürliche Anstaltszweck einer Sparkasse ist. A. A. freilich im Ergebnis bezüglich der Börsen dann Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (7), da im BörsG keine ausdrückliche Pflicht zum Betrieb der gesetzlichen Marktsegmente statuiert werde. Im Ergebnis ebenso Bauer/Möllers, Parketthandel, S. 54 f. mit Fn. 210, die aus der Tatsache, dass der Betrieb des Freiverkehrs fakultativ ist, eine entsprechende Gestaltungsfreiheit des Börsenrates bezüglich aller Marktsegmente ableiten. 227 Schäfer-Peterhoff, § 4 BörsG Rn. 3; Schwark-Schwark, § 13 BörsG Rn. 9. Gänzlich anders Hammen, „Fusion“ von Wertpapierbörsen, ZBB 2001, 84 (88): Der Börsenrat dürfe nicht darüber bestimmen, ob eine Börse Waren- oder Wertpapierbörse ist, sehr wohl aber dürfe er die „Geschäftszweige“ festlegen, die nach Ansicht von Hammen die Marktsegmente bezeichnen. Allerdings ist nicht ersichtlich, warum das Gesetz die Marktsegmente des Amtlichen und Geregelten Marktes in den §§ 30 ff. BörsG 2002 als „Märkte“, in § 13 BörsG 2002 (= § 16 BörsG 2007) hingegen als „Geschäftszweige“ bezeichnen sollte. Der terminologische Unterschied spricht für unterschiedliche Regelungsgegenstände. Zutreffend an Hammens Einwand ist allerdings, dass die Änderung des Geschäftszweigs von Waren- zur Wertpapierbörse oder umgekehrt freilich eine so grundlegende Veränderung der börslichen Tätigkeit ist, dass sie nicht vom Börsenrat alleine beschlossen werden darf, sondern stets der Mitwirkung der Börsenaufsichtsbehörde bedarf. Diese ist allerdings durch das Genehmigungserfordernis nach § 13 Abs. 5 BörsG 2002 (= § 16 Abs. 3 BörsG 2007) ohnehin sichergestellt. 228 U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (39). 229 Vgl. Schwark-Schwark, § 13 BörsG Rn. 9; unklar Groß, § 13 BörsG Rn. 3. A. A. Hammen, „Fusion“ von Wertpapierbörsen, ZBB 2001, 84 (88).

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tronischen oder Präsenzhandel, ordergetrieben oder quotegetrieben, fortlaufend oder zum Einheitspreis erfolgen soll.230 Nach der endgültigen Entkoppelung der Marktsegmente von bestimmten Arten der Preisfeststellung im 4. FMFG231 – sie bestand zuvor für den Amtlichen Markt im Erfordernis der amtlichen Kursfeststellung unter Einschaltung von Kursmaklern sowie ähnlich für den Geregelten Markt im Erfordernis der Kursfeststellung durch Skontroführer232 – kann diese Ermächtigung keinesfalls mehr im Sinne einer Wahlfreiheit zur Einrichtung der gesetzlichen Marktsegmente gedeutet werden.233 Die Wortlautinterpretation spricht also für einen zwingenden Betrieb von Amtlichem und Geregeltem Markt. Bestärkt wird sie durch die Motive zu § 42 und § 54 S. 2 BörsG 2002 (= § 42 BörsG 2007), durch die im 4. FMFG die Möglichkeit qualifizierter Subsegmente innerhalb des Amtlichen und Geregelten Marktes geschaffen wurde. Hierbei betonte der Gesetzgeber, dass trotz solcher Subsegmente an einer Anstaltsbörse für Emittenten immer die Möglichkeit einer Zulassung nach den unqualifizierten Standards des Amtlichen oder Geregelten Marktes bestehen müsse.234 Die Existenz der Grundsegmente wird vom Gesetzgeber also zwingend vorausgesetzt. Teleologisch fundiert ist diese Auslegung schließlich darin, dass die Emittenten der im Amtlichen oder Geregelten Markt notierten Wertpapiere typischerweise solche sind, für die eine Kapitalmarktfinanzierung sinnvoll und gesamtökonomisch zur Ergänzung der Bankenfinanzierung und Komplettierung der Finanzmärkte wünschenswert ist.235 Dies gilt namentlich für 230

RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 74. Vgl. RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 76; Schwark-Beck, § 24 BörsG Rn. 4. 232 Vgl. §§ 29, 75 BörsG 1998. 233 A. A. vor den Änderungen des 4. FMFG Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2529). Da seinerzeit in § 4 Abs. 2 BörsG 1998 noch keine Ermächtigung zur Regelung der Handelsarten in der Börsenordnung enthalten war, wurde dieser Schluss aus der Formulierung in § 29 BörsG 1998 gezogen. Diese Vorschrift regelte die amtliche Kursfeststellung, die nach h. M. im Amtlichen Markt zwingend zu erfolgen hatte. Da § 29 Abs. 1 S. 1 BörsG 1998 lautete: „Bei Wertpapieren, deren Börsenpreis amtlich festgestellt wird, erfolgt diese Feststellung durch Kursmakler“, konnte hieraus mit einiger Berechtigung geschlossen werden, dass die Kursfeststellung nicht zwingend amtlich erfolgen und es demnach auch nicht zwingend einen Amtlichen Markt an jeder Wertpapierbörse geben müsse. In diesem Sinne offenbar auch Bauer/Möllers, Parketthandel, S. 54: „[. . .] keine Verpflichtung [der Börse] zur Aufrechterhaltung der amtlichen Preisfeststellung [. . .]“. Ähnlich Kümpel/Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (7), sowie Hammen, „Fusion“ von Wertpapierbörsen, ZBB 2001, 84 (88), die einen vergleichbaren Umkehrschluss aus § 30 BörsG 1998 („An den Börsen, an denen Börsenpreise amtlich festgestellt werden, sind [. . .]“) zogen. 234 RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 80, S. 82. 231

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Standardwertemittenten. Aber auch für Wachstums- und MidCap-Werte wollte der Gesetzgeber ausdrücklich den Zugang zum Kapitalmarkt eröffnen, um so die vielfach beklagte mangelhafte Eigenkapitalausstattung jüngerer und/oder mittlerer Unternehmen mit der daraus folgenden Abhängigkeit von Fremdfinanzierung, erhöhter Insolvenzanfälligkeit und gebremster Wachstumsdynamik abzumildern.236 Deshalb hat er im BörsenzulassungsGesetz von 1986 neben einer Anpassung der Zulassungsvoraussetzungen zum Amtlichen Markt an die seinerzeitige Börsenzulassungsrichtlinie 79/279/EWG zugleich den Geregelten Markt als nachgelagertes Marktsegment geschaffen.237 Die öffentliche Betriebsaufgabe umfasst also stets Amtlichen und Geregelten Markt,238 wobei der soeben geschilderte Normzweck jedenfalls die Erbringung einer Wertpapierzulassungsdienstleistung in diesen Marktsegmenten verlangt. Die Volleinstellung des einen wie anderen Segments ist damit unzulässig.239 b) Reduktion auf Zulassungssegment Müssen Amtlicher und Geregelter Markt somit jedenfalls als Zulassungssegmente erhalten bleiben, so fragt sich, ob wenigstens die Einstellung der betreffenden Handelsmöglichkeiten an der Anstaltsbörse möglich ist, um so im Wege der Reduktions-Einbeziehungslösung das betreffende Handelssegment bei der Kooperationsbörse zu konzentrieren. Für den Emittenten hätte eine solche Reduktion zum bloßen Zulassungssegment nur die Modifikation der Wertpapierzulassungsdienstleistung zur Folge: Die Qualitätszertifizierungskomponente erbrächte weiterhin die Börsenanstalt durch Erlass des prüfungsgebundenen Zulassungs-Verwaltungs235

Vgl. Obst/Hintner-Fischer/Rudolph, Grundformen von Finanzsystemen, S. 390 ff. 236 Vgl. RegE Börsenzulassungs-Gesetz, BT-Drs. 10/4296, S. 10 f. 237 RegE Börsenzulassungs-Gesetz, BT-Drs. 10/4296, S. 10 f.; Hiestermann, Anforderungen an eine öffentlich-rechtliche Börsensegmentierung, sub 3; Jäger, Wahl des richtigen Börsensegments, NZG 1999, 381 (383); Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.605, Rn. 17.611; Schäfer-Ledermann, Vor § 71 BörsG Rn. 2; Schwark-Schwark, § 49 BörsG Rn. 2. 238 Ebenso U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (39). A. A. (allerdings vor Erlass des 4. FMFG) Bauer/Möllers, Parketthandel, S. 54 f.; Hammen/Kümpel, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (6 f.); Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2529). 239 A. A. Christoph, Börsenkooperationen, S. 305, sofern den Handelsteilnehmern und Emittenten ausreichend Zeit gelassen werde, sich auf die Änderungen einzustellen.

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aktes nach den Standards des Amtlichen oder Geregelten Marktes; die Handelseröffnung würde sodann durch den Kooperationspartner als Erfüllungsgehilfen der Anstalt an der dortigen Börse erfolgen. Der Emittent steht jedoch nach wie vor nur in einem Nutzungsverhältnis mit der Anstalt. Es liegt also gleichsam ein Fall des internationalen Outsourcings durch die Börsenanstalt vor. Ob eine solche grenzüberschreitende Auslagerung von zentralen Bereichen des Börsenbetriebs durch die Anstalt an ein ausländisches Privatrechtssubjekt ohne gesetzliche Grundlage – § 1 Abs. 3 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 3 BörsG 2007) gilt nur für das Trägerunternehmen und nur im technisch-infrastrukturellen Bereich – überhaupt möglich wäre, erscheint ausgesprochen zweifelhaft.240 Jedenfalls verbindet das Börsengesetz aber Zulassung und Handelseröffnung als die beiden Komponenten der Wertpapierzulassungsdienstleistung zwingend an ein und derselben Börse.241 Dieser Grundsatz findet seinen Ausdruck etwa in der Vorschrift des § 37 Abs. 4 BörsG 2002 (= § 38 Abs. 4 BörsG 2007). Danach erlischt die Zulassung zum Amtlichen Markt, wenn nicht spätestens drei Monate danach die tatsächliche Handelsaufnahme an der Zulassungsbörse erfolgt ist. Hintergrund ist u. a., dass die zur Kapitalmarktfunktionalität erforderliche Sekundärmarkttransaktionskostensenkung nur da möglich ist, wo in einem zugelassenen Wertpapier auch tatsächlich ein börslicher Handel möglich ist.242 Das BörsG verlangt dabei eine Handelsmöglichkeit gerade an der Zulassungsbörse, was nicht zuletzt darin rational begründet ist, dass eine effektive Überwachung sowohl der Emittent- wie der Handelsteilnehmerpflichten besonders da gelingt, wo eine Zusammenschau von Handelsdaten und Publikationsverhalten des Emittenten möglich ist.243 Die Trennung von Zulassung und Handelsaufname beim seinerzeitigen „Neuen Markt“ war aufsichtsrechtlich nur deshalb akzeptabel, weil nach der Zulassung der Wertpapiere zum Geregelten Markt die Handelsaufnahme zwar nicht „im“ Geregelten Markt der FWB erfolgte, aber doch „im“ Freiverkehr der FWB und damit innerhalb ein und desselben börslichen Marktes.244 Bei der Reduktion eines Marktsegments zum bloßen 240

Vgl. zur Parallelproblematik bei Auslagerung der Luftverkehrskontrolle auf eine ausländische juristische Person des Privatrechts jüngst LG Konstanz, Urteil v. 27. Juli 2006, AZ: 4 O 234/05, S. 48 ff. (URL: www.jum.badenwuerttemberg.de/ servlet/PB/show/1201157/urteil_im_flugzeugunglueck_ueberlingen.pdf). 241 Köndgen, Entzug der Börsenzulassung, FAZ v. 22. August 2000, S. 32. 242 Vgl. nur oben Teil 1, Abschnitt 1, B. III. 3., S. 48 f. 243 Vgl. BAWe, Jahresbericht 1999, S. 22 f. 244 Vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.643; Potthoff/Stuhlfauth, Der Neue Markt, WM 1997 Sonderbeilage 3/26, 1 (4 f.). Zum Freiverkehr als drittem Segment des börslichen Marktes an einer Anstaltsbörse oben unter Abschnitt 1, A. I., S. 108.

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Zulassungssegment zum Zwecke der grenzüberschreitenden lokalen Konzentration wäre das gerade nicht der Fall, weshalb sie aufsichtsrechtlich unzulässig ist.245 III. Ergebnis zu Abschnitt 3, A. Die lokale Konzentration ist unter Beteiligung einer deutschen Börse nur dergestalt realisierbar, dass es ausschließlich zu einer Herverlagerung eines Handelssegments an die inländische Börse kommt. Außerhalb einer Konzernverbindung – welche wie oben gezeigt nur durch Konzernierung des Trägerunternehmens denkbar, aber aufsichtsrechtlich unzulässig ist – dürfte sich hierzu kein ausländischer Börsenbetreiber bereit finden, wäre das Geschäft für diesen doch ausschließlich mit dem Verlust von Marktanteilen verbunden. Die lokale Konzentration unter Beteiligung einer deutschen Börse ist demnach insgesamt nicht realisierbar246.

B. Die lokale Konzentration nach britischem Recht I. Zugrundeliegende Kooperationsabrede Partner der zugrundeliegenden Kooperationsabrede ist auf britischer Seite der RIE-Betreiber, der sämtliche Betriebsaufgaben wahrnimmt und dabei im Rahmen aufsichtsrechtlicher Vorgaben insbesondere über die Einrichtung und Einstellung von Handelssegmenten entscheiden kann. Praktisch weist der RIE-Betreiber in der heutigen britischen Börsenlandschaft die Rechtsform einer limited company nach dem Companies Act 1985/2006 auf, ist also eine private Kapitalgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit.247 245 A. A. konsequent Christoph, Börsenkooperationen, S. 310 f., der eine Betriebspflicht für bestimmte Handelssegmente gänzlich verneint, allerdings ohne Erörterung des § 37 BörsG 2002 (= § 38 BörsG 2007). Wie hier Köndgen, Entzug der Börsenzulassung, FAZ v. 22. August 2000, S. 32; iE ebenso U. H. Schneider/ Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (42 f.), allerdings ausschließlich mit wirtschaftlichen Überlegungen, denen rechtliche Relevanz nur über die Erweiterung der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe um die „Förderung des Finanzplatzes Deutschland“ verliehen wird. Eine solche Erweiterung der Börsenbetriebsaufgabe ist freilich abzulehnen, vgl. schon oben unter Abschnitt 2, A. III. 2., S. 161 mit Fn. 127. 246 Dieses Ergebnis ist unter dem FRUG zu qualifizieren: Infolge des (potentiellen) Bedeutungszuwachses der qualifizierten Subsegmente sowie des Freiverkehrs, über deren Einstellung die Börse bzw. das Trägerunternehmen frei entscheiden kann, ist künftig eine signifikante Wegverlagerung eines Handelssegments zugunsten eines Kooperationspartners denkbar. Im Einzelnen siehe Nachtrag C. VI., S. 555. 247 Vgl. oben Abschnitt 1, B. I., S. 119.

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

Nach herrschender Ansicht ist die Rechtsfähigkeit solcher Gesellschaften durch den Verbandszweck begrenzt, so dass ultra-vires-Akte nicht binden.248 Die Rechtswirksamkeit einer Kooperationsabrede ist somit zunächst eine Frage der objects clause des jeweiligen Gesellschaftsvertrags. Praktisch meist ohnehin sehr weit formuliert,249 kann diese Klausel gemäß ss. 4, 378 (2) Companies Act 1985 durch die Gesellschafterversammlung mit Dreiviertelmehrheit ausgedehnt werden, soweit dies zu Kooperationszwecken erforderlich ist.250 II. Marktseitige Vollzugsakte 1. Herverlagerung zwecks Konzentration eines Handelssegments an einem britischen RIE

Die zur Herverlagerung erforderlichen Maßnahmen – Zulassung oder Einbeziehung ausländischer Wertpapiere und Zulassung ausländischer Handelsteilnehmer – sind auch unter britischem Recht selbstverständlich möglich, wie die Börsenrealität insbesondere an LSE251 und virt-x252 zeigt. Es ist also auch hier nur der börsenaufsichtsrechtliche Spielraum für eine integrationsfreundliche Ausgestaltung durch den RIE-Betreiber auszuloten. a) Zulassung von Standardwerten Aufsichtsrechtliche Vorgaben für die Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem RIE finden sich in para 4 (2) (b) Schedule Part I RRR, wonach ein RIE eine Handelsmöglichkeit nur für solche Wertpapiere eröffnen darf, in denen ein proper market zu erwarten ist. Darunter ist gemäß 248 Vgl. nur Ashbury Railway Carriage and Iron Co, Ltd. v Riche (1875), LR 7 HL 653. Zum Stand der Diskussion um die ultra-vires-Lehre vgl. etwa Goulding, Company Law, ch 6, S. 159 f. Die am 1. Oktober 2009 in Kraft tretenden ss. 39, 40 Companies Act 2006 geben die ultra-vires-Doktrin auf. 249 Goulding, Company Law, S. 92. Mit der ebenfalls am 1. Oktober 2009 in Kraft tretenden s. 31 Companies Act 2006 wird dieser Rechtstatsache dadurch Rechnung getragen, dass der Gesellschaftszweck in Abwesenheit einer ausdrücklichen Einschränkung in der objects clause als unbeschränkt gilt. 250 Vgl. nur Goulding, Company Law, S. 103, S. 126 f. Künftig finden sich die entsprechenden Vo rschriften in ss. 21, 283 Companies Act 2006, die gestaffelt am 1. Oktober 2007 und 1. Oktober 2009 in Kraft treten. 251 Zur internationalen Zusammensetzung der Handelsteilnehmerschaft vgl. London Stock Exchange plc, Annual Report 2005, S. 11, zur Emittentenschaft vgl. a. a. O. S. 9 f. 252 Zur Zusammensetzung der Handelsteilnehmerschaft vgl. virt-x Ltd., Member List, zu den gehandelten Wertpapieren dies., Product List.

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REC 2.12.4 ein preisbildungseffizienter Markt zu verstehen, in dem eine hinreichende Liquidität253 und ausreichende Informationsdichte für die Marktteilnehmer gewährleistet ist.254 Die konkrete Ausgestaltung der börslichen Zulassungsregeln bleibt dabei gemäß REC 2.12.9 dem RIE-Betreiber überlassen. Erfüllen kann der RIE-Betreiber das proper markets-Kriterium nach der Vorschrift des REC 2.12.6 (1) (b) insbesondere dann, wenn er die börsliche Wertpapierzulassung (admission to trading) davon abhängig macht, dass der Emittent über eine amtliche Zulassung im Sinne der RL 2001/34/EG verfügt. Will ein RIE-Betreiber also ein Standardwertesegment anbieten, so müssen seine Regelwerke das Vorliegen eines UK official listing (UKOL) oder einer EU-/EWR-ausländischen amtlichen Wertpapierzulassung verlangen. Die zweite Alternative spielt indes im Rahmen der hier zu untersuchenden Alternative der lokalen Konzentration keine nennenswerte Rolle, wird doch in den meisten europäischen Ländern die amtliche Wertpapierzulassung im Sinne der RL 2001/34/EG durch die Börsenzulassung in eben dasjenige Standardwertesegment der Heimatbörse vermittelt, welches im Falle einer lokalen Konzentration des Standardwertesegmentes im Wege der Einstellungs-Zulassungsmethode geschlossen werden soll.255 Der RIE-Betreiber muss also die admission to trading der herzuverlagernden Standardwerteemittenten gemäß REC 2.12.6 (1) (b) vom Vorliegen eines UKOL abhängig machen, welches der Emittent von der FSA erlangt. Zugleich muss der RIE-Betreiber gemäß REC 2.12.6 (1) dafür Sorge tragen, dass er gegenüber den Emittenten vertraglich berechtigt ist, eine eventuelle Aussetzung oder Aufhebung des UKOL sogleich im Wege einer entsprechenden Aussetzung oder Aufhebung der börslichen Wertpapierzulassung nachzuvollziehen.256 Darüber hinaus muss er gemäß REC 2.12.6 (1) a. E. gegenüber dem Emittenten zur Beobachtung der Handelsverläufe, Datenaufzeichnung und Meldung von Verdachtsfällen an die FSA sowie bei Gefahr im Verzug zur vorläufigen Handelsaussetzung berechtigt sein.257 Durch eine 253 FSA, RIE and RCH Sourcebook, CP 39, S. 16, Rn. 5.32. Sicherzustellen etwa durch Kriterien hinsichtlich freier Übertragbarkeit und Größe des Streubesitzes zuzulassender Wertpapiere, vgl. REC, 2.12.4 (1), (2). Vgl. auch Pennington, The Law of the Investment Markets, S. 87, der einen „proper market“ mit einem aktiven Markt gleichsetzt. 254 REC 2.12.4 (4). Vgl. auch Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (42); Pennington, The Law of the Investment Markets, S. 87. 255 Die letztere Alternative wäre daher allenfalls in den seltenen Fällen relevant, in denen ein Emittent neben der ursprünglichen Zulassung auf der Kooperationsbörse über weitere EU-/EWR-ausländische amtliche Zulassungen verfügt (sog. Mehrfachzulassung, Multiple Listing). 256 Siehe schon oben unter Abschnitt 1, B. II. 1. c), S. 127 f.

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entsprechende Gestaltung der börslichen Regelwerke, welche als allgemeine Geschäftsbedingungen zum Inhalt des privatrechtlichen Zulassungsvertrags des Emittenten werden, ist dies auch gegenüber ausländischen Emittenten ohne weiteres möglich und kann durch elektronische Kursbeobachtung und ggf. Unterbrechung des Handels auch praktisch realisiert werden, so dass eine Handelszulassung ausländischer Standardwerte vor dem proper markets-Kriterium kein Problem darstellt. Die Realisierbarkeit der lokalen Konzentration des Standardwertesegments an einem RIE bestimmt sich somit danach, wie leicht ausländische Emittenten ein UKOL erlangen können. Die Voraussetzungen eines UKOL richten sich nach den ss. 72 ff. FSMA sowie den auf Grundlage von s. 73A (1) FSMA von der FSA erlassenen Listing Rules (LR). Die Voraussetzungen unterscheiden sich danach, ob ein primary oder secondary listing angestrebt wird, wobei Letzteres eine Zweitzulassung bei schon bestehender EU-/EWR-ausländischer amtlicher Zulassung i. S. d. RL 2001/34/EG ist.258 Aus den soeben schon genannten Gründen kommt für die migrierenden ausländischen Emittenten im Rahmen der lokalen Konzentration praktisch nur ein UK primary listing in Betracht. Ein solches können ausländische Emittenten gemäß LR 2.1.1 grundsätzlich unter denselben Bedingungen wie britische Emittenten erlangen.259 aa) Zulassungsverfahren Ein UKOL wird auf Antrag des Emittenten erteilt, der gemäß ss. 75, 88 FSMA i. V. m. LR 8.2.1 schriftlich in englischer Sprache und unter Beiziehung eines sponsor zu stellen ist.260 Als sponsor können nach entsprechender Akkreditierung britische wie auch EU-/EWR-ausländische Kredit- und Wertpapierdienstleistungsinstitute mit ausreichender persönlicher Zuverlässigkeit und breiter Erfahrung im Emissionsgeschäft fungieren,261 so dass sich migrierende Emittenten vielfach von ihren bisherigen Emissionshelfern betreuen lassen können.262 Im Falle eines im EU-/EWR-Ausland ansässigen 257 Vgl. FSA, The Transfer of the UK Listing Authority to the FSA, CP 37, S. 15 Rn. 4.6. 258 Vgl. FSA, Handbook Glossary. 259 Vgl. hierzu auch FSA, The Listing Review and Implementation of the Prospectus Directive, CP 04/16, S. 40 ff. 260 Näher zur Rolle des Sponsor FSA, The Listing Review and Implementation of the Prospectus Directive, CP 04/16, S. 30 ff., insbesondere S. 32 f.; Harrer, Quotation on the official market of the Frankfurt Stock Exchange compared to the New York Stock Exchange and the London Stock Exchange, JIBL 2002, 360 (369 f.). 261 LR 8.6.5, LR 8.6.7. Vgl. hierzu auch FSA, The Listing Review and Implementation of the Prospectus Directive, CP 04/16, S. 32, Rn. 3.51 f. 262 Vgl. FSA, UK Listing Authority List of Sponsors.

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Emittenten, auf den sich die Betrachtung hier beschränken soll, ist mit dem Zulassungsantrag der gemäß den nationalen Umsetzungsvorschriften zur RL 2003/71/EG im Herkunftsland des Emittenten erstellte und dort behördlich gebilligte Zulassungsprospekt vorzulegen.263 Des Weiteren ist eine dem Nachweis des erforderlichen Streubesitzes dienende Aufstellung über die Verteilung des Anteilsbesitzes einzureichen,264 sowie auf Verlangen der FSA weitere Dokumente zum Nachweis der materiellen Zulassungsvoraussetzungen.265 bb) Zulassungsvoraussetzungen Die materiellen Zulassungsvoraussetzungen eines UKOL bestehen entsprechend der Vorgaben in RL 2001/34/EG und RL 2003/71/EG in qualitativen Mindestanforderungen an den Emittenten sowie der Erfüllung seiner Prospektpflicht. Ist der heimatliche Prospekt dabei nicht schon in englischer Sprache erstellt, so ist grundsätzlich eine Übersetzung der Zusammenfassung des Prospektes in englischer Sprache vorzulegen.266 Indes erlaubt das britische Recht selbst hiervon eine Ausnahme, wenn der Emittent, wie das im Falle einer lokalen Konzentration von Handelssegmenten häufig der Fall sein wird, das UKOL allein zum Zwecke einer admission to trading auf einem RIE erstrebt ohne auch ein öffentliches Angebot in Großbritannien zu machen.267 Schwierigkeiten für die Realisierbarkeit der lokalen Konzentration können sich somit allenfalls aus den qualitativen Anforderungen an den Emittenten ergeben. Dabei macht das britische Recht von der in Art. 8 Abs. 1 RL 2001/34/EG eingeräumten Befugnis zur Aufstellung strengerer, über das europaweit einheitliche Mindestmaß hinausgehender Zulassungsvoraussetzungen in einigen zentralen Punkten Gebrauch.268 So, wenn es neben den Erfordernissen der freien Handelbarkeit,269 der hinreichenden Streu263

LR 3.2.2 (1) (a) i. V. m. LR 3.3.2 (2) (b). LR 3.2.2 (1) i. V. m. LR 3.3.3 (1). 265 LR 3.2.2 (2) i. V. m. 3.3.6. Verlangt werden können beispielsweise der Gesellschaftsvertrag, zurückliegende Jahresabschlüsse, Zwischenberichte und frühere Prospekte. Gemäß LR 1.4.6 sind diese Dokumente grundsätzlich in englischer Sprache vorzulegen. 266 LR 3.2.2 i. V. m. LR 3.3.2 (2) (b). 267 PR 4.1.6 (Übersetzungspflicht nur bei einem offer in the UK). Vgl. hierzu auch FSA, The Listing Review and Implementation of the Prospectus Directive, CP 04/16, S. 17 Rn. 2.25. 268 Vgl. FSA, The Listing Review and Implementation of the Prospectus Directive, CP 04/16, S. 4, Rn. 1.4. 269 LR 2.2.4, in Umsetzung von Art. 46 RL 2001/34/EG. 264

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ung270 und Mindestmarktkapitalisierung271 nicht nur einen mindestens dreijährigen Bestand des Emittenten,272 sondern gemäß LR 6.1.4 auch den Nachweis einer erfolgreichen Geschäftstätigkeit während dieser letzten drei Geschäftsjahre durch Vorlage eines earning record verlangt.273 Der Emittent muss zudem gemäß LR 6.1.16 über eine seiner Geschäftstätigkeit angemessen Kapitaldecke verfügen, wobei auch die Geschäftstätigkeit eventueller abhängiger Unternehmen abgedeckt sein muss.274 cc) Zulassungsfolgepflichten Der Emittent muss die genannten qualitativen Voraussetzungen der UKOL laufend erfüllen; weitere Zulassungsfolgepflichten sind die schon europarechtlich vorgegebene Gleichbehandlung aller Aktionäre275 sowie eine Zahlstelle in Großbritannien.276 Darüber hinaus muss der Emittent Angehörige seiner Leitungsorgane und des Managements einer strengen Begrenzung des Handels in emittenteneigenen Wertpapieren unterwerfen.277 Bei den laufenden Publizitätspflichten geht das britische Recht über die bisherigen Anforderungen des Europarechts zum Teil deutlich hinaus.278 So bei der jährlichen und halbjährlichen Berichtspflicht, wo die Rechnungslegung nach den heimischen Standards des ausländischen Emittenten gemäß LR 9.8.2 (1) – auch außerhalb der Konzernrechnungslegung279 – nur dann genügt, wenn in allen wesentlichen Aspekten Übereinstimmung mit IFRS besteht.280 Außerdem sind gemäß LR 9.8.4 in die jährliche Berichterstat270 LR 6.1.19. in Umsetzung von Art. 48 RL 2001/34/EG. Zur Berechnung des erforderlichen Streubesitzes Harrer, Quotation on the official market of the Frankfurt Stock Exchange compared to the New York Stock Exchange and the London Stock Exchange, JIBL 2002, 360 (369). 271 LR 2.2.7 in Umsetzung von Art. 43 RL 2001/34/EG. 272 Vgl. Art. 44 RL 2001/34/EG. 273 Vgl. hierzu FSA, The Listing Review and Implementation of the Prospectus Directive, CP 04/16, S. 27 f., Rn. 3.30 ff. 274 Hierzu FSA, The Listing Review and Implementation of the Prospectus Directive, CP 04/16, S. 29, Rn. 3.34. Vgl. auch Harrer, Quotation on the official market of the Frankfurt Stock Exchange compared to the New York Stock Exchange and the London Stock Exchange, JIBL 2002, 360 (370). 275 LR 9.3.1, in Umsetzung von Art. 65 Abs. 1 RL 2001/34/EG. 276 LR 9.2.4, in Umsetzung von Art. 65 Abs. 2 RL 2001/34/EG. 277 LR 9.2.8. 278 FSA, The Listing Review and Implementation of the Prospectus Directive, CP 04/16, S. 4, Rn. 1.4. 279 Für diese hat die Rechnungslegung schon gemäß VO (EG) Nr. 1606/2002 für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2005 beginnen, nach IFSR zu erfolgen.

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tung über das europaweit einheitliche Maß des rechnungslegungsrechtlich Erforderlichen,281 welches Art. 67 Abs. 3 RL 2001/34/EG bzw. nunmehr Art. 4 Abs. 3 RL 2004/109/EG ausreichen lässt, hinausgehend eine Reihe zusätzlicher Angaben über Konzernverhältnisse und Corporate Governance des Emittenten aufzunehmen.282 Insbesondere muss der ausländische Emittent gemäß LR 9.8.7 (2) angeben, ob und inwieweit seine Corporate-Governance-Praktiken von den Standards des britischen Combined Code abweichen.283 Jährlicher und halbjährlicher Bericht sind in englischer Sprache zu erstellen284 und durch Einreichung zur Document Viewing Facitity der FSA und Publikation eines entsprechenden Hinweises in einem regulatory information service (RIS) zu veröffentlichen.285 Diese sind von der FSA akkreditierte privat betriebene elektronische Börseninformationsdienste.286 Außerordentliche Publizitätspflichten bestehen entsprechend europarechtlicher Vorgaben für alle Mitteilungen des Emittenten, welche für die Ausübung der Aktionärsrechte relevant sind.287 Auch sie sind neben der postalischen oder elektronischen Übermittlung an die Aktionäre288 durch Einreichung zur Document Viewing Facility der FSA unter Hinweis hierauf in einem RIS zu veröffentlichen.289 Dabei erweitern die Listing Rules allerdings den Kreis derjenigen Vorgänge, die der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfen, über das gesellschaftsrechtliche Maß hinaus und schaffen dadurch entsprechend erweiterte Mitteilungspflichten.290 So bedür280 LR 9.8., LR 9.9. Vgl. FSA, The Listing Review and Implementation of the Prospectus Directive, CP 04/16, S. 40, Rn. 3.86. 281 Vgl. RL 78/660/EWG. 282 Das Erfordernis weitergehender Angaben war bislang nach Art. 8 RL 2001/34/EG zulässig. Wie Erwägungsgrund 38 der RL 2004/109/EG zeigt, gilt das auch unter der Transparenzrichtlinie weiter. 283 Vgl. FSA, The Listing Review and Implementation of the Prospectus Directive, CP 04/16, S. 41, Rn. 3.91. 284 LR 1.4.6. Vgl. auch FSA, The Listing Review and Implementation of the Prospectus Directive, CP 04/16, S. 41, Rn. 3.91. 285 LR 9.6.1 f. Der Zwischenbericht ist überdies gemäß den Vorgaben der RL 2001/34/EG durch Anzeige in einer landesweit verbreiteten Zeitung zu publizieren, LR 9.9.5. 286 FSA Handbook Glossary. Vgl. auch FSA, Review of the UK Mechanisms for Disseminating Regulatory Information by Listed Companies, CP 92, S. 26 ff. 287 LR. 9.3.3. Vgl. auch Waldhausen, Die ad-hoc-publizitätspflichtige Tatsache, S. 133 ff., dort auch zum Verhältnis dieser Mitteilungspflichten zur allgemeinen Adhoc-Mitteilungspflicht. 288 LR 9. 3.4 f. i. V. m. LR 1.4.9. 289 LR 9.6.1 i. V. m. LR 9.6.3. 290 Harrer, Quotation on the official market of the Frankfurt Stock Exchange compared to the New York Stock Exchange and the London Stock Exchange, JIBL 2002, 360 (371). Zum Hintergrund dieser Erweiterung vgl. FSA, The Listing

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fen außergewöhnliche Transaktionen des Emittenten, deren Volumen 25% der Unternehmensaktiva, des Umsatzes oder der Gewinne des Unternehmens erreicht oder übersteigt, gemäß LR 10.1.3 ff., LR 10.5.1 (2) der Zustimmung der Gesellschafterversammlung.291 Gleiches gilt gemäß LR 11.1.7 für alle Transaktionen mit Großaktionären des Emittenten.292 Kern der außerordentlichen Publizität ist schließlich die durch Art. 6 Abs. 1 RL 2003/6/EG fundierte und in den FSA Disclosure Rules normierte Ad-hoc-Publizitätspflicht von Insiderinformationen durch unverzügliche Einstellung in englischer Sprache in ein RIS.293 Dabei sieht das britische Recht neben dieser allgemeinen Ad-hoc-Publizitätspflicht sowie der ebenfalls europarechtlich vorgegebenen Mitteilungen im Rahmen der Beteiligungstransparenz294 eine Reihe weiterer spezifisch ausformulierter Mitteilungspflichten vor. Sie betreffen typischerweise kursrelevante Tatsachen wie das vorläufige Geschäftsergebnis,295 personelle Veränderungen in den Leitungs- und Aufsichtsgremien des Emittenten,296 einen beabsichtigten Erwerb eigener Anteile durch den Emittenten297 oder einen Anteilserwerb durch Angehörige der Leitungsorgane oder des Managements des Emittenten.298 Infolge der spezifischen Ausformulierung dieser Mitteilungspflichten in den Listing Rules sind diese Informationen auch unabhängig von einer konkreten Kursrelevanz im Einzelfall – und damit in weiterem Umfang als Review and Implementation of the Prospectus Directive, CP 04/16, S. 35 f., Rn. 3.66. 291 Vgl. Waldhausen, Die ad-hoc-publizitätspflichtige Tatsache, S. 138 ff. 292 Großaktionär (substantial shareholder) ist gemäß LR 11.1.4 (1) i. V. m. FSA Handbook Glossary jeder, der die Ausübung von 10% oder mehr der Stimmrechte kontrolliert. von der Mitteilungspflicht bleiben nur Bagatelltransaktionen, deren Volumen unterhalb von 0,25% der Unternehmensaktiva, Umsatz sowie Gewinn liegt, ausgenommen, LR 11.1.6. 293 DR 2.2.1. Vgl. hierzu HM Treasury/FSA, UK Implementation of the EU Market Abuse Directive (Directive 2003/6/EC), S. 11 Rn. 2.8. 294 LR 9.6.7 ff. Dabei ist die Beteiligungstransparenz nach britischem Recht gemäß ss. 198 ff. Companies Act 1985 deutlich strenger als die derzeit europarechtlich vorgegebene, die eine Mitteilung erst ab einem 10%igen Anteilserwerb verlangt. Von ausländischen Emittenten wird gemäß LR 9.6.10 i. V. m. LR 1.4.2 grundsätzlich nur die Mitteilung der ihnen nach Heimatrecht zugehenden Informationen verlangt, aber auch jedes sonstigen Anteilserwerbs ab 3%, von dem sie auf andere Weise Kenntnis erlangen. 295 LR 9.7. 296 LR 9.6.11 f. 297 LR 12.4.4. Dabei ist ein solcher Erwerb gemäß LR 12 überhaupt nur in engen Grenzen zulässig. 298 DR 3.1.2, DR 3.1.4. Dabei wird von EU-/EWR-ausländischen Emittenten gemäß DR 3.1.8 die Mitteilung solcher Geschäfte verlangt, sobald ihm derartige Informationen nach den auf ihn anwendbaren nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 6 (4) RL 2003/6/EG und RL 2004/72/EG zugehen.

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nach den europarechtlichen Vorgaben – mitteilungspflichtig.299 Keine weiteren Zulassungsfolgepflichten ergeben sich demgegenüber für einen ausländischen Emittenten aus dem City Code on Takeovers and Mergers.300 dd) Zwischenergebnis Unter diesen Voraussetzungen kann ein ausländischer Emittent ein UK primary listing erlangen und damit die börsenaufsichtsrechtliche Voraussetzung für eine Standardwerte-Handelszulassung bei einem RIE erfüllen. In prozeduraler Hinsicht erleichtert für ausländische Emittenten das RIS-System die Erfüllung der Zulassungsfolgepflichten, zumal die FSA im Interesse der internationalen Attraktivität des britischen Sekundärmarktes insbesondere auch europaweit tätige Informationsdienstleister aus dem Ausland als RIS anerkennt.301 Dies ist besonders für Emittenten relevant, die auf eine internationale Publikumsinformation Wert legen bzw. neben dem britischen Publikum zumindest auch das Publikum ihres Sitzlandes informieren wollen,302 wie das im Falle einer lokalen Konzentration von Handelssegmenten regelmäßig anzunehmen sein wird. In materieller Hinsicht, namentlich im Hinblick auf die laufende Publizität, bestehen zum Teil gegenüber dem europaweit einheitlichen Mindestmaß erheblich qualifizierte Anforderungen. Deren Auswirkung auf die praktische Realisierbarkeit einer lokalen Konzentration des Standardwertehandels an einem britischen RIE ist ambivalent zu beurteilen. Zwar erschweren sie nach dem oben Gesagten theoretisch den grenzüberschreitenden Zugang zu britischen Börsen; allerdings zeigt der kommerzielle Erfolg beispielsweise des Prime Standard der FWB303, dass beim europäischen Standardwerteemittentenpublikum durchaus ein qualifizierter Zertifizierungsbedarf besteht, der hier befriedigt werden kann. 299

Waldhausen, Die ad-hoc-publizitätspflichtige Tatsache, S. 138 ff. Vgl. Nobel/Blair/Schönholzer, virt-x: a real European Exchange, SZW 2001, 217 (223): Die Pflichten einer Zielgesellschaft gelten nur für Gesellschaften „resident in the UK“, was neben einer Gründung nach englischem Recht auch einen effektiven Hauptverwaltungssitz im Vereinigten Königreich erfordert, vgl. City Code on Takeovers and Mergers, Introduction 4 (a) und Graham, in: Button/Bolton (Hrsg.), A Practitioner’s Guide to the City Code on Takeovers and Mergers, S. 15 (16). Bieterpflichten gelten für in- und ausländische Gesellschaften unabhängig von einem official listing und stellen damit keine Zulassungsfolgepflichten dar, vgl. Stern, United Kingdom, in: Button/Bolton (Hrsg.), A Practitioner’s Guide to Takeovers and Mergers in the European Union, S. 556. 301 FSA, Review of the UK mechanism for disseminating regulatory information by listed companies, CP 92, S. 32, Rn. 5.38. 302 FSA, Review of the UK mechanism for disseminating regulatory information by listed companies, CP 92, S. 32 f., Rn. 5.38. 303 Vgl. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2003, S. 37. 300

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b) Zulassung von Wachstumswerten Soll der Handel in Wachstumswerten grenzüberschreitend an einem britischen RIE konzentriert werden, so bestimmt sich auch hier die Realisierbarkeit danach, ob die börslichen Zulassungsregeln eines solchen internationalen Wachstumswertesegments dem proper-markets-Kriterium von para 4 (2) (b) Schedule Part I RRR, REC 2.12.4 Genüge tun könnten. Das ist gemäß REC 2.12.6 (1) (a) regelmäßig dann der Fall, wenn der RIE-Betreiber an die zum Handel zuzulassenden Wertpapiere Kriterien anlegt, die appropriate for securities offered to the public in the UK sind. Diese Formulierung verwies bislang auf die Public Offer of Securities (POS) Regulations 1995, welche die Prospektpflicht im Falle eines öffentlichen Angebots regelten.304 Im Wege eines gesetzlichen Duplikationsgebotes wurde Börsenbetreibern in REC 2.12.6 (1) (a) aufgegeben, die Wertpapierzulassung nicht-amtlich zugelassener Wertpapiere von einer den POS Regulations mindestens gleichwertige Zulassungsprospektpflicht abhängig zu machen. Die POS Regulations 1995 wurden im Juli 2005 in Umsetzung der Prospektrichtlinie 2003/71/EG aufgehoben und durch die FSA Prospectus Rules ersetzt.305 Zusammen mit den FSA Disclosure Rules, die in Umsetzung von Art. 6 RL 2003/6/EG die allgemeine Ad-hoc-Publizitätspflicht festlegen,306 bestehen damit partielle gesetzliche Mindestvorgaben für die RIE-eigenen Zulassungsregeln in unlisted-securities-Handelssegmenten, die den Status eines geregelten Marktes im Sinne des europäischen Kapitalmarktrechts haben sollen.307 Daneben steht es einem RIE-Betreiber zwar auch frei, Handelssegmente anzubieten, die diesen Status nicht aufweisen, denn dem proper-marketsKriterium nach REC 2.12.4 kann grundsätzlich auch mit Publizitätsanforderungen unterhalb dieser europarechtlich fundierten gesetzlichen Schwellen Rechnung getragen werden.308 Doch sind derartige Handelssegmente als 304

SI 1995/1537. Vgl. para 2 Schedule 3 Prospectus Regulation 2005, SI 2005/1433. Siehe hierzu auch HM Treasury/FSA, UK Implementation of the Prospectus Directive 2003/71/EC, S. 17. 306 Explanatory Memorandum to the Financial Services and Markets Act 2000 (Market Abuse) Regulations 2005 (SI 2005/381), Rn. 2.–4.4. Vgl. auch HM Treasury/FSA, UK Implementation of the EU Market Abuse Directive (Directive 2003/6/EC), S. 21. Sie ersetzen die bisherigen Regeln in der Traded Securities (Disclosure) Regulations 1994, SI 1994/188. 307 Vgl. FSA, The Listing Review and Implementation of the Prospectus Directive, CP 04/16, S. 5, Rn. 1.7. 308 FSA, The Listing Review and Implementation of the Prospectus Directive, CP 04/16, S. 5, Rn. 1.7. Ein Beispiel bildet der AIM (Alternative Investment Market) der LSE, der seit 10. Oktober 2004 den Status eines geregelten Marktes aufgegeben 305

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Zulassungssegment im Rahmen der lokalen Konzentration aus den oben genannten Gründen irrelevant.309 In einem für die lokale Konzentration des Wachstumswertehandels geeigneten Handelssegment müssen die RIE-eigenen Zulassungsregeln von den herzuverlagernden ausländischen Emittenten also zumindest die Einhaltung der Prospektpublizität gemäß der RL 2003/71/EG i. V. m. VO (EG) Nr. 809/2004 bzw. den Umsetzungsvorschriften hierzu im Sitzland des Emittenten310 sowie der Ad-hoc-Publizität gemäß FSA Disclosure Rules verlangen.311 Da bezüglich des Prospektes gemäß RL 2003/71/EG das Herkunftslandprinzip gilt und die in den FSA Disclosure Rules geregelte Adhoc-Publizität materiell europaweit einheitlich ist und in formeller Hinsicht durch schlichte RIS-Einstellung der Ad-hoc-Meldungen in englischer Sprache erfüllt werden kann,312 ist für die Frage der Realisierbarkeit einer lokalen Konzentration des Wachstumswertehandels im Wesentlichen noch zu betrachten, inwieweit das proper-markets-Kriterium auch eine integrationsfreundliche Ausgestaltung der börseneigenen Regeln über das Zulassungsverfahren, die materiellen Zulassungsvoraussetzungen und die laufende regelmäßige Publizität erlaubt. aa) Zulassungsverfahren Die Handelszulassung eines Wertpapiers in ein Handelssegment für unlisted securities erfolgt rein privatvertraglich zwischen Emittent und Börsenbetreiber und im Gegensatz zu den listed securities ohne vorhergehenden behördlichen Akt.313 Die Anforderungen an den Emittenten erlangen ihre Geltung nur aufgrund der privatrechtlichen Zulassungsregeln, die in den Zulassungsvertrag zwischen Betreiber und Emittent als Geschäftsbedingungen einbezogen werden.314 Hinsichtlich des Zulassungsverfahrens bestehen hat. Dort gilt nun im Falle einer reinen Handelszulassung ohne gleichzeitiges öffentliches Angebot eine erhebliche vereinfachte Form der Prospektpublizität, vgl. Nr. 3 f. AIM Rules. 309 Vgl. oben A. II. 1. b), S. 258 f. 310 Vgl. FSA, The Listing Review and Implementation of the Prospectus Directive, CP 04/16, S. 5. Rn. 1.7. 311 Vgl. FSA/HM Treasury, UK Implementation of Market Abuse Directive 2003/6/EC, S. 21, Rn. 3.33 ff. 312 DR 2.2.1. 313 Vgl. FSA, The Transfer of the UK Listing Authority to the FSA, CP 37, S. 10. 314 Vgl. FSA, The Transfer of the UK Listing Authority to the FSA, Response to CP 37, S. 5 Rn. 5. Schon vor dem FSMA 2000 wurden die Geltung der Zulassungsregeln allein aufgrund Einbeziehung in den Zulassungsvertrag zwischen RIE und Emittent angenommen, vgl. Alcock, Dealing in UK Equities, S. 2.

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keine spezifischen aufsichtsrechtlichen Vorgaben, doch ist zum Zwecke eines effektiven Vollzugs der RIE-eigenen Regeln erforderlich, dass die Verfahrensgestaltung dem Betreiber die tatsächliche Verifikation der von ihm aufgestellten materiellen Zulassungsvoraussetzungen erlaubt. Wie genau sich der RIE-Betreiber die erforderliche Gewissheit verschaffen will, bleibt ihm überlassen, so dass hier eine integrationsfreundliche Ausgestaltung möglich ist, beispielsweise indem eine Zulassungsbegleitung auch durch EU-/EWR-ausländische Investmentbanken ermöglicht315 und eine elektronische Abwicklung des Zulassungsverfahrens zugelassen wird.316 bb) Zulassungsvoraussetzungen Zulassungsvoraussetzung ist gemäß s. 85 (2) FSMA zunächst freilich die Publikation eines im Heimatland des Emittenten gemäß der jeweiligen Umsetzungsvorschriften der RL 2003/71/EG gebilligten Prospektes in Großbritannien, grundsätzlich unter Übersetzung zumindest der Prospektzusammenfassung ins Englische.317 Im Übrigen bestehen bezüglich der an den Emittenten zu stellenden qualitativen Mindestanforderungen außer der Zielvorgabe der proper markets nach REC 2.12.4 keine spezifischen aufsichtsrechtlichen Vorgaben. Proper markets erfordern nach REC 2.12.4 (1) adequate forces of supply and demand, also eine gewisse Liquidität, die allerdings gemäß REC 2.12.5 keinesfalls so hoch sein muss, dass jegliche rein ordergrößeninduzierte Preisverschiebung bei Großorders ausgeschlossen ist.318 Daher ist es neben der Grundvoraussetzung der freien Übertragbarkeit der Wertpapiere319 nicht unbedingt erforderlich, dass die Zulassung eines Wachstumswertes von einer bestimmter Mindestkapitalisierung und Streuung abhängig gemacht wird,320 solange insgesamt ein preisbildungseffizientes Marktgeschehen sichergestellt werden kann. Alternative Zulassungskriterien im Interesse einer verwerfungsfreien Preisbildung können beispielsweise die Anknüpfung an eine bestimmte Mindestbestandsdauer321 und, namentlich im Falle von jungen Unternehmen, an qualifizierte Informationspflichten sein.322

315 316 317 318 319 320 321 322

Vgl. Nr. 1 AIM Rules i. V. m. Guidance Note Rule Nr. 1. Vgl. Nr. 5 AIM Rules. PR 4.1.6. Vgl. auch Pennington, The Law of the Investment Markets, S. 87. Vgl. Nr. 32 AIM Rules. Vgl. Nr. 1 ff., Nr. 32 ff. AIM Rules. Vgl. Nr. 7 AIM Rules: Mindestbestandsdauer oder lock-in-Vereinbarung. Vgl. Nr. 10 ff. Rules.

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cc) Zulassungsfolgepflichten Hinsichtlich der regelmäßigen Publizität zugelassener Emittenten macht das britische Börsenaufsichtsrecht ebenso wenig spezifische Vorgaben. Sofern also insgesamt eine ausreichende Verbreitung preisbildungsrelevanter Information im Sinne von REC 2.12.11 gewährleistet erscheint, die den Marktteilnehmern ein „reasonably informed judgment“ über Wert und Risiko der Anlage ermöglicht, müssen die börslichen Zulassungsregeln dem Emittenten (bislang) keine Zwischenberichtspflicht auferlegen, sondern können es vielmehr bei einer Pflicht zur Publikation von Jahresabschluss und Lagebericht nach den heimatlichen Rechnungslegungsstandards eines EU-/ EWR-ausländischen Emittenten belassen.323 An außerordentlichen Publizitätspflichten ist neben der Ad-hoc-Publizität gemäß FSA Disclosure Rules vom Emittenten die Veröffentlichung der nach dem jeweiligen heimatlichen Gesellschaftsrecht erforderlichen aktionärsrelevanten Mitteilungen zu verlangen.324 Die börslichen Zulassungsregeln müssen insoweit eine in Großbritannien allgemein zugängliche Verbreitungsform vorschreiben,325 wobei die Verbreitung in englischer Sprache durch Einstellen in ein RIS jedenfalls dem aufsichtsrechtlichen Erfordernis genügt.326 Weitergehende Ad-hoc-Publikationspflichten für bestimmte Tatsachen unabhängig von deren konkreter Kursrelevanz kann ein RIE-Betreiber zwar aufstellen, muss das aber grundsätzlich nicht tun, um dem propermarkets-Kriterium zu genügen.327 Indes ist seit der Umsetzung der RL 2003/71/EG (Prospektrichtlinie) in britisches Recht das proper-markets-Kriterium in REC 2.12.6 dahin auszulegen, dass ein Börsenbetreiber die Aufrechterhaltung der Handelszulassung eines EU-/EWR-ausländischen Emittenten von der Publikation des jährlichen Dokumentes gemäß Art. 10 RL 2003/71/EG bzw. den diesbezüglichen Umsetzungsvorschriften des Sitzstaates des Emittenten abhängig machen muss.328 Die Einhaltung der Zulassungsfolgepflichten muss der RIE-Betreiber gemäß REC 2.12.6 (1) a. E. überwachen und effektiv sanktionieren können.329 323 REC 2.12.9. – Mit Umsetzung des Art. 5 RL 2004/109/EG wird die Zwischenberichtspflicht für alle auf einem geregelten Markt im Sinne des europäischen Kapitalmarktrechts gehandelten Wertpapiere verpflichtend. 324 Vgl. Nr. 20 AIM Rules. 325 REC 2.12.12. 326 Vgl. Nr. 10, Nr. 30 AIM Rules. 327 REC 2.12.9. 328 Vgl. FSA, The Listing Review and Implementation of the Prospectus Directive, CP 04/16, S. 5, Rn. 1.7. 329 Alcock, FSMA 2000, S. 184; Pennington, The Law of the Investment Markets, S. 87.

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Dabei wird vom RIE-Betreiber vor allem die Überwachung der Kursverläufe auf Unregelmäßigkeiten verlangt, die auf einen Verstoß gegen außerordentliche Publizitätspflichten hindeuten.330 Auf die daraus resultierende Gefahr für einen proper market muss der RIE-Betreiber mit einer vorläufigen Handelsaussetzung reagieren331 sowie Verdachtsfälle der FSA zur dortigen Ermittlung weitergeben können.332 Erwiesene Pflichtverletzungen des Emittenten muss der RIE-Betreiber mit börslichen Sanktionen belegen können, wobei zumindest eine Veröffentlichung des Pflichtverstoßes sowie in gravierenden Fällen die Aufhebung der Handelszulassung möglich sein müssen.333 Hierzu muss sich der RIE-Betreiber durch eine entsprechende Formulierung der Zulassungsregeln zulassungsvertragliche Überwachungs-, Informationsweitergabe- und Sanktionsrechte einräumen lassen.334 Auf dieser Basis kann ein Börsenbetreiber gegenüber in- wie ausländischen Emittenten gleichermaßen effektiv vorgehen, ist die elektronische Überwachung der Kursverläufe doch vom Emittentensitz unabhängig und steht hinter einem Auskunftsverlangen des RIE-Betreibers letztlich stets die Drohung mit einer endgültigen Beendigung des Zulassungsvertrags, sollte der Emittent entgegen seinen zulassungsvertraglichen Pflichten eine ausreichende Aufklärung verweigern.335 Dem börsenaufsichtsrechtlichen Erfordernis einer effektiven börseneigenen Überwachung zuzulassender Wertpapiere kann also auch bezüglich ausländischer Emittenten ohne weiteres Genüge getan werden. dd) Zwischenergebnis Die börsenaufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Zulassungsregeln des RIE ermöglichen eine integrationsfreundliche Ausgestaltung auch im Segment der Wachstumswerte, insbesondere kann die Erfüllung sämtlicher 330

Vgl. Alcock, FSMA 2000, S. 184 mit Fn. 1. REC 2.12.6 (1) a. E. 332 REC 3. 21. Dies betrifft Fälle, in denen der Verstoß gegen die Ad-hoc-Publizitätspflicht zugleich den Verdacht auf einen Marktmissbrauch in der Alternative der s. 118 (8) FSMA begründet. Zu Fällen, in denen Emittenten in diesen Verdacht geraten können vgl. Nobel/Blair/Schönholzer, virt-x: a real European Stock Exchange, SZW 2001, 217 (234 ff., insbesondere S. 236). 333 REC 2.12.6 (1) a. E.; Alcock, FSMA 2000, S. 18. 334 Vgl. Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (31), in Bezug auf die Disziplinarrechte gegenüber Handelsteilnehmern. Gegenüber zugelassenen Emittenten gilt das Gleiche. Fehlen besondere Regeln, so gelten die allgemeinen vertraglichen Leistungsstörungsrechte, also bei Vertragsverletzung in letzter Konsequenz jedenfalls die Kündigung, vgl. Frase, a. a. O. 335 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. Vgl. auch Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (31). 331

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laufender Publizitätspflichten durch Nutzung elektronischer RIS-Informationssysteme vorgesehen werden. c) Einbeziehung von Standardwerten in den Handel aa) Einbeziehungssegment und einbeziehungsfähige Wertpapiere Die Regelung über handelbare Wertpapiere in para 4 (2) (b) Schedule Part I RRR unterscheidet nicht danach, ob die Handelsmöglichkeit auf Zulassungsantrag des Emittenten eröffnet oder das Wertpapier vom RIE-Betreiber einseitig in den Handel einbezogen wird; auch letzteres ist damit grundsätzlich zulässig.336 Eine gesetzliche Marktsegmentierung an RIEs kennt das britische Recht nicht,337 zugelassene und einbezogene Standardwerte können daher ohne weiteres in der RIE-eigenen Einteilung zu einem einheitlichen Handelssegment zusammengefasst werden. Einer Anpassung der Handelsmodalitäten in den Orderbüchern zugelassener und einbezogener Standardwerte stehen keine Hindernisse entgegen, zu beachten ist jeweils nur das Erfordernis einer marktgerechten, möglichst effizienten Preisbildung nach REC 2.6.6 (1). In Ausübung dieser Gestaltungsfreiheit werden etwa an der LSE zugelassene und einbezogene Standardwerte zum sog. Main Market zusammengefasst.338 Ebenso wenig bestehen aufsichtsrechtliche Vorgaben hinsichtlich der Indexbildung. Zwar geht auch die Einbeziehungsregelung in REC 2.12.6 (2) (a) von dem idealtypischen Fall eines an seiner Zulassungsbörse auch gehandelten Wertpapiers aus.339 Zwingende Voraussetzung für die Einbeziehungsfähigkeit ist jedoch weder ein tatsächlicher Handel noch überhaupt das Angebot einer Handelsmöglichkeit für das einzubeziehende Wertpapier an seiner Zulassungsbörse.340 Dementsprechend ist im Falle von virt-x die Einbeziehung der an der SWX zwar amtlich zugelassenen, aber nicht gehandelten schweizerischen Standardwerte unter REC 2.12.6 (2) (a) unproblematisch zulässig.

336 Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (42). Vgl. auch REC 2.12.6 (2). 337 Vgl. REC 2.12 passim. 338 Vgl. Nr. 7110 LSE Rules (einbezogene ausländische Wertpapiere als International Equity Market Securities, welche Teil des Main Market sind). Zur Zulassung in diesen Markt vgl. LSE Admission and Disclosure Standards. 339 Vgl. Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (42). 340 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005.

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bb) Einbeziehungsverfahren Gemäß REC 2.12.6 (2) kann der RIE-Betreiber die Handelsmöglichkeit für einzubeziehende Wertpapiere jederzeit eigeninitiativ eröffnen.341 Besondere verfahrensrechtliche Vorgaben sich nicht zu beachten.342 Dem RIE-Betreiber ist somit eine verbindliche Einbeziehungszusage an den Kooperationspartner für dort zugelassene Standardwerte – vorbehaltlich der Erfüllung der materiellen Einbeziehungsvoraussetzungen – ohne weiteres möglich.343 cc) Materielle Einbeziehungsvoraussetzungen und Informationsverbreitung Zentrales Einbeziehungskriterium ist das Zustandekommen eines proper market. In REC 2.12.6 (2) konkretisiert die FSA, unter welchen Umständen sie dies typischerweise als erfüllt ansieht. In Parallele zur Regelung über die Wertpapierzulassung ist das gemäß REC 2.12.6 (2) (b) grundsätzlich dann der Fall, wenn die einzubeziehenden Wertpapiere bereits über eine anderweitige amtliche Zulassung im Sinne der RL 2001/34/EG verfügen. Diese kann ein UKOL oder eine EU-/EWR-ausländische amtliche Zulassung sein, wobei im Rahmen der hier betrachteten Variante der lokalen Konzentration allein letztere relevant ist. Dabei ist gemäß REC 2.12.4, REC 2.12.11 erforderlich, dass preisbildungsrelevante Informationen in ausreichendem Umfang im britischen Börsenpublikum verbreitet werden. Dies verlangt zumindest die Weiterverbreitung der vom Emittenten aufgrund seiner heimatlichen Zulassung veröffentlichten Pflichtpublikationen im britischen Markt.344 Eine Übersetzung ins Englische ist hierbei grundsätzlich nicht erforderlich,345 kann aus Gründen der Publikumsakzeptanz aber vorgesehen sein, wie beispielsweise bei virt-x, wo die zulassende SWX ihren Emittenten die Veröffentlichung von Pflichtpublikationen in englischer Sprache abverlangt.346 Mitzuveröffentlichen ist bei der Einbeziehung im Interesse einer ausreichenden Information des britischen Publikums im Sinne von REC 2.12.11 grundsätzlich auch der 341 Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (42). Vgl. auch das Einbeziehungsverfahren bei virt-x, virt-x Ltd., Regulatory Environment, Directive 14: Admission of Securities to Trading, Nr. 3.1. 342 Vgl. virt-x Ltd., Regulatory Environment, Directive 14: Admission of Securities to Trading, Nr. 3.1. 343 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 344 Vgl. REC 2.12.11 (1). Vgl. virt-x Ltd., Regulatory Environment, Directive 14: Admission of Securities to Trading, Nr. 3.2. 345 Vgl. Nr. 7110.3 LSE Rules. 346 SWX Ad hoc-Publizitäts-Richtlinie, Nr. 3 Rn. 14.

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jüngste vom Emittenten veröffentlichte Prospekt,347 im Rahmen einer lokalen Konzentration also der heimatliche Zulassungsprospekt. Dagegen löst die Einbeziehung keine erneute eigenständige Prospektpflicht nach s. 85 FSMA aus, liegt doch weder ein öffentliches Angebot der Wertpapiere in Großbritannien noch ein Antrag auf Handelszulassung vor.348 Allerdings kann sich für Neuemittenten wiederum eine Klarstellung durch entsprechende Angebotsbeschränkungen empfehlen, wenn das öffentliche Angebot im Heimatland, die dortige amtliche Zulassung sowie die Handelseröffnung am RIE zeitlich nahe beieinander liegen.349 Bei zeitsensiblen Informationen, also vor allem Ad-hoc-Meldungen, ist dabei gemäß REC 2.12.11 (1) a. E. und (3) aus Gründen der Preisbildungseffizienz und Missbrauchsprävention eine möglichst zeitgleiche Weiterverbreitung im britischen Publikum erforderlich. Sie erfolgt typischerweise durch Einstellen in ein in Großbritannien weit verbreitetes elektronisches Informationssystem, insbesondere die von der FSA anerkannten RIS. Dies kann gemäß REC 2.12.12 insbesondere durch den RIE-Betreiber selbst oder eine von ihm beauftrage Person besorgt werden, also beispielsweise auch durch die Zulassungsbörse. Ausreichend ist jedoch auch jede andere Methode, mit der die Verbreitung der Pflichtpublikationen des Emittenten an das britischen Publikum zuverlässig sichergestellt werden kann,350 so dass insbesondere auch eine Direkteinstellung durch den Emittenten genügt,351 wenn er durch eine entsprechende Modifikation des Zulassungsrechtsverhältnisses mit der Kooperationsbörse hierzu verpflichtet werden kann. Diese Möglichkeit wird etwa von virt-x genutzt: Schweizerische Standardwerteemittenten sind unter SWX-Regeln verpflichtet, ihre Publizitätspflichten durch Einstellung der Meldungen in englischer Sprache in international operieren Informationssysteme zu erfüllen, wodurch eine zeitgleiche Information des gesamten interessierten Börsenpublikums gewährleistet ist.352

347

Vgl. Nr. 7110.2 (ii) LSE Rules. Art. 85 FSMA dient der Umsetzung von Art. 3 RL 2003/71/EG. 349 Schönholzer, virt-x: eine europäische Börse mit Schweizer Beteiligung, ARP 2001, 139S. 139 (158); Nobel/Blair/Schönholzer, virt-x: a real European Stock Exchange, SZW 2001, 217 (237). 350 Vgl. FSA, RIE and RCH sourcebook, PS, S.12, Rn. 5.23. 351 Vgl. HM Treasury, FSMA 2000 Recognition Requirements for Investment Exchanges and Clearing Houses, Consultation Document Dec 2000, Rn. 7. 352 Vgl. virt-x Ltd., Regulatory Environment, Nr. 1.3.1; SWX Ad hoc-PublizitätsRichtlinie, Nr. 3. 348

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dd) Überwachungs- und Handelsaussetzungsmechanismen des RIE Des Weiteren ist Voraussetzung einer Einbeziehung gemäß REC 2.12.6 (2) a. E., dass der Börsenbetreiber über geeignete Mechanismen der Handelsaussetzung und -einstellung verfügt, wenn ein preisbildungseffizientes Handelsgeschehen vorübergehend oder dauerhaft nicht gewährleistet scheint. Gemäß REC 2.12.6 (2) a. E. muss sich der RIE-Betreiber hierzu selbst Zugriff auf die an der Heimatbörse veröffentlichten preisbildungsrelevanten Informationen verschaffen, und sei es auch nur über die allgemein zugänglichen Informationsquellen.353 Das Erfordernis ist also in aller Regel miterfüllt, wenn das Informationsweiterverbreitungserfordernis nach REC 2.12.11 erfüllt ist. Die im Rahmen einer lokalen Konzentration naheliegende Alternative, nämlich eine Direktübermittlung von der Zulassungsbörse, die regelmäßig von allen Pflichtpublikationen des amtlich zugelassenen Emittenten vorab Kenntnis erlangt und spätestens im Moment der Veröffentlichung ihrerseits zur Weitergabe befugt ist, genügt dementsprechend ebenso. A fortiori gilt das für eine vorzeitige Übermittlung, wie sie möglich wird, wenn sich die Zulassungsbörse vom Emittenten das Recht einer vorzeitigen internen Weitergabe einräumen lässt, wie dies beispielsweise bei virt-x geschehen ist.354 Auf Basis dieser Informationen sowie der üblichen elektronischen Kursüberwachung ist dem Betreiber sodann die zeitnahe Handelsaussetzung möglich, wenn ein proper market vorübergehend nicht gewährleistet erscheint.355 Ähnlich unproblematisch ist die nach REC 2.12.6 (2) a. E. erforderliche Handelseinstellung bei dauerhaftem Wegfall des proper market, kann ein RIE-Betreiber die Einbeziehung als rein einseitigen Akt356 doch ohnehin jederzeit beenden.

353 Vgl. virt-x Ltd., Regulatory Environment, Directive 14: Admission of Securities to Trading, Nr. 3.2 e. 354 Vgl. SWX Swiss Exchange, virt-x: Regulatorische Rahmenbedingungen für Emittenten, S. 6, Rn. 23 i. V. m. SWX Ad hoc-Publizitäts-Richtlinie, Nr. 3 Rn. 7. 355 Vgl. die Regeln zur Handelsaussetzung bei virt-x Ltd., Regulatory Environment, Directive 6: Extraordinary Situations, sowie virt-x Ltd., Regulatory Environment, Directive 14: Admission of Securities to Trading, Nr. 3.2. 356 Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (42). Vgl. auch bei virt-x Ltd., Regulatory Environment, Directive 14: Admission of Securities to Trading, Nr. 3.1.

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ee) Zwischenergebnis Aufsichtsrechtlich bestehen damit keine Hindernisse für eine lokale Konzentration des Standardwertesegments durch eine einseitige Eröffnung der Handelsmöglichkeit an einem RIE. d) Einbeziehung von Wachstumswerten in den Handel Auch die Verlagerung des Wachstumswertesegments an einen RIE setzt das Zustandekommen eines proper market in den einzubeziehenden Wertpapieren voraus. Außer im Falle der präexistenten EU-/EWR-amtlichen Zulassung ist das gemäß REC 2.12.6 (2) (b) jedoch regelmäßig nur dann der Fall, wenn die Wertpapiere an ihrer Zulassungsbörse materiellen Zulassungsstandards unterliegt, die denjenigen der amtlichen Zulassung im Sinne der RL 2001/34/EG vergleichbar sind. Dabei wird in Bezug auf die Prospekt- und Ad-hoc-Publizität spätestens mit der europaweiten Umsetzung der Prospekt- und Marktmissbrauchsrichtlinien, die für alle auf geregelten Märkten zugelassenen Wertpapiere unabhängig vom Zulassungssegment gelten, ohnehin eine Identität der Standards bei allen an EU-/EWR-geregelten Märkten zugelassenen Wertpapieren hergestellt. Im übrigen wird sich bezüglich der qualitativen Zulassungsvoraussetzungen bei Wachstumswerten keine Parität zu den Standards der amtlichen Zulassung nach RL 2001/34/EG erzielen lassen, erfüllen diese doch die Bestandsdauer- und Größenkriterien regelmäßig nicht und verfügen gerade aus diesem Grund nur über die Zulassung in ein nachgelagertes Handelssegment. Indes stellt REC 2.12.9 klar, dass das proper markets-Kriterium keinesfalls ausschließlich in den typischen Fällen von REC 2.12.6 erfüllt ist, vielmehr ein ordnungsgemäßer Markt auch auf andere Weise sichergestellt werden kann. Dabei kann, wie REC 2.12.5 erkennen lässt, beispielsweise eine geringere Marktkapitalisierung bzw. Liquidität durch eine größere Informationsdichte ausgeglichen werden. Auf dem gleichen Gedanken beruhte die bisherige Regelung für Wachstumswerteemittenten in Chapter 25 Listing Rules, wonach unter Verzicht auf das Marktkapitalisierungs- und Bestandsdauererfordernis sogar ein UKOL erteilt werden konnte, wenn im Gegenzug durch Quartalsberichterstattung eine qualifizierte Publizität gewährleistet war.357 Diese Regelung wurde in jüngster Zeit unter Verweis auf die ohnehin strengen Ad-hoc-Publizitätspflichten des britischen Rechts sogar noch 357

LR 25.13 (Stand Juli 2002). Vgl. auch Harrer, Quotation on the official market of the Frankfurt Stock Exchange compared to the New York Stock Exchange and the London Stock Exchange, JIBL 2002, 360 (369).

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erweitert.358 Dementsprechend genügen jedenfalls solche Wachstumswerte dem proper-markets-Kriterium nach REC 2.12.4, die an ihrer Zulassungsbörse einer ähnlich qualifizierten Publizitätspflicht durch Quartalsberichte und/oder erweiterte Ad-hoc-Mitteilungspflichten unterliegen.359 Die Wachstumswertesegmente der meisten europäischen Börsen weisen solche, gegenüber den allgemeinen Anforderungen des nachgelagerten Handelssegments qualifizierten Publizitätsstandards auf, die dem erhöhten Zertifizierungsbedarf dieser Emittenten gerecht werden.360 In Deutschland erfüllt diese Funktion seit der Einstellung des Neuen Marktes in 2003 der auf Basis von § 54 S. 2 BörsG 2002 eingeführte Prime Standard innerhalb des Geregelten Marktes der FWB.361 Wertpapiere, die in ein solches Wachstumssegmente zugelassen sind, können sodann am RIE in den Handel einbezogen werden, sofern auch die Informationsverbreitung im britischen Handelspublikum gemäß REC 2.12.11 sichergestellt ist und der RIE-Betreiber über geeignete Handelsaussetzungs- und Handelsbeendigungsmechanismen im Sinne des REC 2.12.6 (2) a. E. verfügt. e) Zulassung von Handelsteilnehmern Die Handelsteilnehmerzulassung regelt para 4 (2) (a) Schedule Part I RRR. Hiernach hat der RIE-Betreiber den Börsenzugang von Kriterien abhängig zu machen, welche die ordnungsgemäße Marktfunktion und den Anlegerschutz sicherstellen.362 Da nach Vorstellung des britischen Gesetzgebers und der FSA der Anlegerschutz im Börsenhandel im Wesentlichen durch ein preisbildungseffizientes und faires börsliches Marktgeschehen mitverwirklicht wird,363 ist also die Marktfunktionalität die maßgebliche Zielgröße.364 Durch welche konkrete Ausgestaltung seiner Zulassungsregeln ein RIE-Betreiber dies sicherstellen will, bleibt grundsätzlich ihm überlassen. 358 FSA, The Listing Review and Implementation of the Prospectus Directive, CP 04/16, S. 28: UKOL für qualifizierte Wachstumswerte ohne die (bisherige) Quartalsberichtertattung möglich. 359 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 360 Vgl. z. B. bei Euronext das NextEconomy-Segment (Quartalsberichtserstattung nach IFRS, sämtliche Pflichtpublikationen auch in Englisch), vgl. Nr. 7101 ff. Euronext Rule Book – Book I. Im Überblick O’Hara, WFE Trading Survey 2003, S. 12. 361 Vgl. §§ 75 ff. FWB Börsenordnung: Quartalsberichterstattung nach IFRS oder US-GAAP in deutscher und englischer Sprache, Ad-hoc-Publikation in deutscher und englischer Sprache. 362 „[. . .] criteria designed to protect the orderly functioning of the market and the interests of investors.“ 363 Vgl. REC 2.6 sowie hierzu schon oben unter Abschnitt 1, B. II. 1. c), S. 125. 364 Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (42); vgl. auch Pennington, The Law of the Investment Markets, S. 87.

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aa) Zulassungsverfahren Die Zulassung von Handelsteilnehmern erfolgt rein privatvertraglich.365 Für die Gestaltung des Zulassungsverfahrens bestehen keine näheren aufsichtsrechtlichen Vorgaben, wie bei der Zulassung von Wertpapieren ist allerdings auch hier zu verlangen, dass die Verfahrensgestaltung dem RIE-Betreiber eine effektive Verifizierbarkeit der materiellen Zulassungsvoraussetzungen erlaubt, so dass z. B. zur Prüfung der Integrität eines ausländischen Handelsteilnehmers die Vorlage ausländischer Registerauszüge bzw. die Einholung von heimatlichen Behördenauskünften vorgesehen sein muss.366 Im Übrigen kann das Verfahren flexibel und unter weitgehender Abwicklung im (elektronischen) Korrespondenzweg ausgestaltet werden.367 bb) Zulassungsvoraussetzungen Mithilfe welcher Zulassungskriterien typischerweise eine ordnungsgemäße Marktfunktion gesichert werden kann, lässt die FSA in REC 2.7 erkennen. Danach ist von den Handelsteilnehmern zunächst eine den börslichen Handelssystemen angemessene technische Kompetenz zu fordern.368 Im Falle des elektronischen Fernzugangs muss der Handelsteilnehmer die Gewähr dafür bieten können, dass der Zugang nur von berechtigten Personen genutzt wird.369 Handelsteilnehmer müssen zudem auch in persönlicher Hinsicht appropriate to admit sein.370 Grundvoraussetzung hierfür ist, dass ein zuzulassender Handelsteilnehmer bislang nicht gravierend in Marktmissbrauchsdelikte oder sonstige Kapitalmarktdelikte verwickelt war.371 Im Übrigen bestimmt sich die Angemessenheit einer Zulassung nach der Art der auf der Börse getätigten Geschäfte und der Größe und Geschäftserfahrenheit der übrigen Nutzer.372 Damit ermöglicht das britische Recht eine gewisse Segmentierung nach Nutzergruppen. Für den typischen börslichen Markt, der weder eine Spezialisierung auf Kleinanlegerorders 365

Vgl. REC 2.7.3 (1) (a); Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1

(17). 366 Vgl. REC 2.7.3 (4) i. V. m. REC 2.10. Alternativ genügt die Beschränkung der Handelsteilnahme auf Wertpapierdienstleister, die schon im Herkunftsland einer behördlichen Zuverlässigkeitskontrolle unterliegen. Diese Möglichkeit nutzt beispielsweise virt-x, vgl. virt-x Ltd., Regulatory Environment, Directive 1: Admission and Membership Procedures, Nr. 1.2 a. 367 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 368 REC 2.7.3 (1) (b). 369 REC 2.7.4. 370 REC 2.7.3 (1) (c). 371 REC 2.6.4 (1) und (2). 372 REC 2.7.3 (1) (c).

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noch ausschließlich auf Großinvestoren anstrebt, ergibt sich daraus typischerweise das Erfordernis einer gewisser Geschäftserfahrenheit und Fachkunde des Handelsteilnehmers.373 Eine Beschränkung auf bestimmte Berufsgruppen oder bestimmte aufsichtsrechtliche Status verlangt das britische Recht hingegen nicht.374 Auch eine ausreichende Eigenkapitalausstattung der Handelsteilnehmer sieht die FSA nur dann als zwingende Zulassungsvoraussetzung an, wenn der RIE-Betreiber selbst als Central Counterparty- oder Clearingdienstleister auftritt.375 Nur in diesem Falle muss der Betreiber auch default rules aufstellen, die bei drohender Zahlungsunfähigkeit eines Handelsteilnehmers die Verrechnung sämtlicher offener Positionen außerhalb des normalen Insolvenzverfahrens vorsehen.376 Zu diesem Behufe muss freilich die Handelsteilnahme auf Personen beschränkt werden, deren heimatliches Insolvenzrecht eine solche Aufrechnung zulässt. Innerhalb des EWR ist dies allerdings aufgrund von Art. 3 RL 98/26/EG über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen377 jedenfalls gewährleistet, so dass hieraus kein aufsichtsrechtliches Hindernis für die Aufnahme entsprechender Handelsteilnehmer resultiert.378 Tritt der RIE-Betreiber nicht selbst als CCP- und Clearingdienstleister auf, so bleibt es ihm überlassen, ob und welche Finanzausstattung er von seinen Handelsteilnehmern im Interesse einer gesicherten Erfüllung der börslichen Geschäfte verlangen will.379 Er muss dann aber im Interesse eines ordnungsgemäßen Marktgeschehens von sämtlichen Handelsteilnehmern die direkte oder indirekte Teilnahme an einem bzw. mehreren interoperablen Clearing- und Settlementsystemen verlangen.380 Praktisch setzt schon diese Teilnahme eine gewisse Finanzausstattung voraus,381 so dass die Han373 Vgl. Nr. 1010 f. LSE Rules; Nr. 1.1 b) virt-x Rules; virt-x Ltd., Regulatory Environment, Directive 1: Admission and Membership Procedures, Nr. 1.2. 374 Vgl. REC 2.7.3 (1) (c); Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (41). 375 REC 2.7.3 (1) (d). 376 Schedule Part II RRR; REC 2.17. 377 In Deutschland umgesetzt in § 96 Abs. 2 InsO. 378 Vgl. Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (41); Schönholzer, virt-x: eine europäische Börse mit Schweizer Beteiligung, ARP 2001, 139 (148). 379 Vgl. Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (16). 380 REC 2.8; Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (41); Pennington, The Law of the Investment Markets, S. 87. Vgl. z. B. Nr, 1.1 c) virt-x Rules; virt-x Ltd., Regulatory Environment, Directive 1: Admission and Membership Procedures, Nr. 1.2. 381 Vgl. für britische Abwicklungsdienstleister para 19 (2) (a), (b) Schedule Part III RRR i. V. m. REC 2.7.3 (1) (d).

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delsteilnahme in jedem Falle zumindest mittelbar von einer ausreichenden, allerdings nicht auf einen bestimmten Betrag fixierten und damit flexibel handhabbaren Finanzausstattung abhängig ist.382 cc) Zulassungsfolgepflichten Neben der laufenden Erfüllung dieser Zulassungsvoraussetzungen hat der Handelsteilnehmer eines RIE insbesondere das gesetzliche Marktmissbrauchsverbot nach s. 118 FSMA zu beachten. Gemäß s. 118A (1) (b) FSMA beansprucht dieses Verbot Geltung für alle Geschäfte auf einem RIE unabhängig vom Sitz des Handelsteilnehmers.383 Das Marktmissbrauchsverbot nach s. 118 FSMA umfasst sieben Tatbestandsalternativen, die im Wesentlichen Insidergeschäfte, Marktmanipulation durch irreführende Information sowie manipulatives Handelsverhalten verbieten384 und bei vorsätzlicher Begehung jeweils auch strafbewehrt sind.385 Sie werden von der FSA im Code of Market Conduct386 konkretisiert und setzen die Vorgaben der RL 2003/6/EG (Marktmissbrauchsrichtlinie) und der hierzu ergangenen Durchführungsrichtlinien der Kommission um.387 In Parallele zu diesen gesetzlichen Verhaltenspflichten muss ein RIE-Betreiber, von dem para (2) (f) Schedule Part I RRR angemessene Regeln zur Eindämmung von Marktmissbrauch verlangt, in seinen Handelsregeln börseneigene Marktmissbrauchsverbote aufzustellen, die mindestens dem Inhalt der s. 118 FSMA und dem Code of Market Conduct entsprechen.388 Durch diese Synchronisierung gesetzlicher und börsenzugangsvertraglicher Verhaltenspflichten wird sichergestellt, dass jedes gesetzlich verbotene und von der FSA hoheitlich zu ahndende Verhalten zugleich einen Verstoß gegen den Börsenzulassungsvertrag darstellt,389 der in letzter Konsequenz zur Beendigung der Handelsteilnahme führen kann.390 382

Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. S. 118A (1) (b) (i) FSMA i. V. m. s. 4 (1) (a) Financial Services and Markets Act 2000 (Prescribed Markets and Qualifying Investments) Order 2001, SI 2001/996, geändert durch SI 2005/381. Siehe auch Alcock, FSMA 2000, S. 118. 384 Alcock, FSMA 2000, S. 119 f. 385 Insidergeschäfte: ss. 52 ff. Criminal Justice Act 1993. Marktmanipulation durch irreführende Information und manipulatives Handelsverhalten: s. 397 FSMA 2000. Vgl. hierzu näher Nobel/Blair/Schönholzer, virt-x: a real European Exchange, SZW 2001, 217 (227 ff.) sowie Alcock, FSMA 2000, S. 112 f. 386 FSA Handbook, MAR 1. 387 RL 2003/124/EG; RL 2004/72/EG. 388 REC 2.6.5 (1). 389 Vgl. FSA, Operating Arrangements between the FSA and the Recognised Investment Exchanges on Market Misconduct, Nr. 6. 383

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Als weitere gesetzliche Zulassungsfolgepflicht haben die Handelsteilnehmer eines RIE Meldepflichten gegenüber der FSA gemäß SUP 17 zu erfüllen. Ausländische Handelsteilnehmer unterliegen dieser gesetzlichen Meldepflicht gegenwärtig allerdings nur insoweit, als sie nicht den Status eines Wertpapierdienstleisters im Sinne der MFIRL haben.391 Unabhängig von ihrem aufsichtsrechtlichen Status unterliegen jedoch alle Handelsteilnehmer einer parallelen Meldepflicht an den RIE-Betreiber:392 Da das britische Börsenaufsichtsrecht in para 4 (2) (f) sowie para 8 Schedule Part I RRR von einem Börsenbetreiber verlangt, alle Verstöße gegen sein Regelwerk selbst effektiv überwachen und sanktionieren zu können, muss sich ein RIE-Betreiber als Grundlage hierfür sämtliche Handelsdaten übermitteln lassen und zu diesem Behufe eine entsprechende zulassungsvertragliche Meldepflicht statuieren.393 Sie wird grundsätzlich über das elektronische trade reporting system des jeweiligen RIE erfüllt, wobei nach SUP 17.7.8 hierdurch im Falle der Anerkennung diese Systeme durch die FSA zugleich den gesetzlichen Meldepflichten Genüge getan werden kann.394 Neben dieser Datenübermittlung verlangt das aufsichtsrechtliche Erfordernis einer effektiven Überwachung gemäß para 4 (2) (f), para 8 Schedule Part I RRR von einem RIE-Betreiber, sich gegenüber seinen Handelsteilnehmern vertraglich ein Recht zur Aufzeichnung, Aufbewahrung395 und eventuellen Weitergabe der Daten an in- und ausländische Aufsichtsbehörden396 einräumen zu lassen. Darüber hinaus müssen börsenzugangsvertragliche Auskunfts- sowie Sanktionsrechte bis hin zur Aufhebung der Handelsteilnehmerzulassung vorgesehen sein.397 Hat sich ein RIE-Betreiber diese Rechte einräumen lassen, so kann er auf dieser Basis sein Regelwerk auch gegenüber ausländischen Handelsteilnehmern effektiv durchsetzen so wie es REC 2.7.3 (1) (a) verlangt, steht doch hinter allen Maßnahmen des RIE-Betreibers letztlich das Druckmittel des Handelsausschlusses.398 390 Vgl. zum Zusammenwirken von RIE und FSA in der Marktmissbrauchsüberwachung auch oben Abschnitt 1, B. III. 2., S. 130 f. 391 SUP 17.1.1. (2); FSA Handbook Glossary. 392 Vgl. Nr. 3500 ff. LSE Rules; section 2 virt-x Rules; virt-x Ltd., Regulatory Environment, Nr. 2.2. 393 Ein trade reporting an den RIE wird daher vorausgesetzt in REC 2.5.8; REC 2.9 sowie 2.10.3. 394 FSA, Development of transaction monitoring systems, DP 25, S. 12, Rn. 3.13. 395 REC 2.9. 396 REC 2.10.3 (1); FSA, Development of transaction monitoring systems, DP 25, S. 12, Rn. 3.13. 397 REC 2.15.3 (d), (e); Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (40); Cutler, The New Trading Point, Compliance Monitor 1995, August, 20. Vgl. auch Nr. 2000 ff. LSE Rules i. V. m. Compliance Procedure. 398 Vgl. Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005.

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dd) Zwischenergebnis Damit erweist sich die Zulassung EU-/EWR-ausländischer Handelsteilnehmer aufsichtsrechtlich als unproblematisch. Der dem RIE-Betreiber bei Ausgestaltung seiner Zulassungsregeln belassene Gestaltungsspielraum ermöglicht insbesondere die Zulassung sämtlicher Berufsgruppen, die am Börsenhandel anderer europäischer Börsenplätze typischerweise teilnehmen. Die freie Gestaltung des Zulassungsverfahrens und des Nachweises der Zulassungsvoraussetzungen erlaubt die Abwicklung im Korrespondenzweg und gesetzliche wie zulassungsvertragliche Folgepflichten können durch elektronische Datenübermittlung erfüllt werden. 2. Wegverlagerung eines Handelssegments zwecks Konzentration beim Kooperationspartner

a) Einstellung eines Handelssegments Das britische Börsenaufsichtsrecht überlässt die Entscheidung, für welche Wertpapiere eine börsliche Handels- und Zulassungsmöglichkeit angeboten werden soll, und damit die Frage, welche Handelssegmente betrieben werden sollen, gemäß para 4 (2) (b) Schedule Part I RRR, REC 2.12 der Gestaltungsfreiheit des RIE-Betreibers. Entsprechendes gilt auch für die Einstellung von Handelssegmenten.399 Das britische Börsenaufsichtsrecht ist demnach gegenüber der partiellen Einstellung der RIE-Betriebstätigkeit ebenso neutral wie gegenüber ihrer vollständigen Einstellung.400 Zwar setzt das UKOL-Regime, das nach LR 2.2.3 und LR 9.2.1 die Erteilung und Aufrechterhaltung eines UKOL von der gleichzeitigen Handelszulassung des Wertpapiers auf einem britischen RIE abhängig macht, die Existenz eines Standardwertesegmentes an mindestens einem RIE voraus. Der britische Gesetzgeber hat sich bei der Koppelung der beiden Akte allerdings darauf verlassen, dass derartige Segmente schon aufgrund des kommerziellen Eigenanreizes der Börsenbetreiber zumindest so lange angeboten werden, wie im Emittentenpublikum eine Nachfrage nach einem UK official listing besteht.401 Dementsprechend wird aus der Koppelung des UK official 399 Vgl. FSA, Potential longer term implications of a change of ownership of the London Stock exchange, Pressemitteilung FSA/PN/015/2005 v. 4. Februar 2005. 400 Siehe zu letzterem nur REC 4.7.2 (2) sowie schon oben unter Abschnitt 2, B. II. 3. b), S. 238. 401 Erstmals in 2005 wurden anlässlich des Übernahmeangebots der Deutsche Börse AG für die London Stock Exchange plc die möglichen Konsequenzen einer Einstellung des Standardwertesegments an der LSE für das UKOL-Regime zu dis-

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

listing an eine RIE-Handelszulassung auch keine Betriebspflicht für Standardwertsegmente für individuelle Börsenbetreiber hergeleitet.402 Entschließt sich ein RIE-Betreiber ihm Rahmen einer lokalen Konzentration, sein Standard- oder Wachstumswertesegment einzustellen, so kann er dies bei Existenz entsprechender Kündigungsklauseln bzw. Änderungsvorbehalte in seinen Nutzungsverträgen und unter entsprechender Änderung seiner Regelwerke umsetzen. Unter börsenaufsichtsrechtlichem Gesichtspunkt ist gemäß para 7 Schedule Part I RRR, REC 2.14 die frühzeitige Mitteilung der geplanten Veränderung an die Handelsteilnehmer und Emittenten erforderlich, um diesen die Möglichkeit einer Stellungnahme und vor allem eines geordneten Transfers zu anderen börslichen Märkten zu geben.403 Gemäß REC 3.14.2 (2) ist außerdem die FSA über das Vorhaben zu informieren, und zwar spätestens zeitgleich mit der Bekanntgabe an die Nutzer. Im Rahmen einer lokalen Konzentration wird ein RIE-Betreiber bemüht sein, eine Migration der Emittenten und Handelsteilnehmer an die Kooperationsbörse zu erzielen. Der hierbei übliche Einsatz von Migrationshilfen unterliegt keinen aufsichtsrechtlichen Beschränkungen.404 b) Reduktion auf Zulassungssegment Die Reduktion eines Handelssegments zum Zulassungssegment bedeutet für Handelsteilnehmer den Wegfall der Handelsmöglichkeit und damit eine partielle Einstellung der an sie erbrachen Handelsorganisationsdienstleistung. Die Auswirkung ist insoweit vergleichbar mit der Volleinstellung eines Handelssegments, und wie diese als Teileinstellung aufsichtsrechtlich unproblematisch. Dabei kann der RIE-Betreiber seinen Status beibehalten, solange er überhaupt noch Handelsorganisationsdienstleistungen erbringt und damit im Bereich des arranging deals in investments tätig ist,405 was im Spezialisierungssegment natürlich weiterhin der Fall ist. Für Emittenten bedeutet die Maßnahme die bereits oben beschriebene Modifikation der Wertpapierzulassungsdienstleistung unter Einschaltung des ausländischen Kooperationspartners. Dabei ist es dem Betreiber gemäß s. 6 kutieren, vgl. FSA, Submission to the Competition Commission v. 29. April 2005, S. 8. 402 FSA, The transfer of the UK Listing Authority to the FSA, CP 37, S. 9 Rn. 2.5; FSA, Potential longer term implications of a change of ownership of the London Stock exchange, Pressemitteilung FSA/PN/015/2005 v. 4. Februar 2005. 403 Vgl. Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (19); Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 404 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 405 Vgl. REC 4.7.4 (4) i. V. m. PERG 2.7.7 (2); Lomnicka/Powell, Encyclopedia of Financial Services Law, s. 285 FSMA, Rn. 2A-580.

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(2) RRR gestattet, Teilleistung unter Ausnahme sogenannter regulatory functions durch Erfüllungsgehilfen erbringen zu lassen.406 Diese regulatorischen Funktionen umfassen bei der Wertpapierzulassungsdienstleistung die Erstellung und Anwendung der Zulassungsregeln durch Abschluss des Zulassungsvertrags mit dem Emittenten einschließlich dessen laufenden Vollzugs, allerdings unter Ausschluss der rein technischen Beobachtung der Kursverläufe als Vorbereitungsmaßnahmen hierzu. Die solchermaßen definierten regulatorischen Aufgaben verbleiben bei der Reduktions-Einbeziehungsmethode aber gerade beim RIE-Betreiber, allein die rein faktische Eröffnung der Handelsmöglichkeit (einschließlich ggf. der Handelsbeobachtung und technischen Auswertung der Kursverläufe) erfolgt beim Kooperationspartner. Voraussetzung eines Outsourcings ist jedoch, dass der Betreiber der Einbeziehungsbörse seinerseits eine fit and proper person ist.407 Wie das Gesetz in s. 6 (3) RRR selbst zu erkennen gibt, kommt es hierfür neben einer allgemeinen gewerbeaufsichtlichen Zuverlässigkeit vor allem darauf an, dass der Erfüllungsgehilfe bereit und in der Lage ist, die versprochene Teilleistung zu erbringen. Der Kooperationspartner, dessen persönliche Zuverlässigkeit oftmals schon aufgrund seiner heimatlichen Beaufsichtigung gewährleistet ist,408 muss also insbesondere die Eröffnung der Handelsmöglichkeit verbindlich zusagen können. Ist der Kooperationspartner nach seinem heimatlichen Börsenaufsichtsrecht zu einer solchen Zusage in der Lage, so kann auf dieser Basis jedenfalls die Reduktion des Wachstumswertesegments eines RIE zum reinen Zulassungssegment realisiert werden. Auch die praktisch erforderliche Direkteinstellung der Pflichtpublikationen des Emittenten in ein auch beim Publikum der Einbeziehungsbörse weit verbreitetes Informationssystem in einer dort akzeptierten Sprache kann der RIE-Betreiber durch Modifikation seiner Zulassungsregeln jedenfalls für Neuemittenten ohne weiteres vorschreiben, macht das britische Börsenaufsichtsrecht für die Zulassungsregeln doch nur Mindestvorgaben, lässt dem RIE-Betreiber aber nach oben Gestaltungsspielraum. Gegenüber Altemittenten gilt das Gleiche, wenn die praktisch übliche Änderungsklausel im Zulassungsvertrag enthalten ist.409 Zu beachten sind die schon oben bei a) beschriebenen Ankündigungspflichten gegenüber Börsennutzern sowie der FSA, der gemäß REC 3.13 auch das Outsourcing der Handelseröffnungskomponente an den ausländischen Kooperationspartner anzuzeigen ist. 406

S. 6 RRR i. V. m. s. 3 (3) RRR. S. 6 (3) RRR, REC 2.2.3. 408 Zur Zuverlässigkeit als Kriterium der Trägertauglichkeit im deutschen Recht vgl. oben unter Abschnitt 1, A. II. 1., S. 109. Künftig ist eine solche Aufsicht aufgrund von Art. 37 MFIRL europaweit vorzusehen. 409 Vgl. Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (18). 407

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

Demgegenüber steht einer Wegverlagerung des Standardwertesegments auf diesem Wege die Verkoppelung des UKOL mit einer admission to trading auf einem RIE entgegen. So setzen die Erteilung und Aufrechterhaltung eines UKOL gemäß LR 2.2.3 und LR 9.2.1 die Handelszulassung auf einem RIE voraus. Zweck dieser Verknüpfung ist es, ein UKOL auf solche Wertpapiere zu beschränken, in denen das Zustandekommen eines anlegergerechten und transaktionskostenarmen Sekundärhandels im britischen Inland gewährleistet ist.410 Gegenwärtig sieht die FSA hierfür die Eröffnung einer Handelsmöglichkeit innerhalb Großbritanniens als erforderlich an.411 Aus diesem Grund kann die listing-Voraussetzung nach LR 2.2.3 und LR 9.2.1 nicht durch eine „nackte“ Zulassung in das listed-securities-Segment eines RIE erfüllt werden.412 Damit bleibt es dem RIE-Betreiber zwar börsenaufsichtsrechtlich unbenommen, sein Standardwertesegment zum reinen Zulassungssegment zu reduzieren. Da britische Emittenten aber auf dieser Basis kein UKOL mehr erlangen könnten und daher die Handelszulassung auf einem anderen britischen RIE suchen müssten, lässt sich die Konzentration des Standardwertehandels bei der ausländischen Kooperationsbörse mithilfe einer solchen Reduktion nicht erreichen. III. Zulässigkeit der Selbstbindung an den Kooperationspartner In der zugrundeliegenden Kooperationsabrede verpflichtet sich der RIEBetreiber gegenüber seinem ausländischen Kooperationspartner zu einer dauerhaften Reduktion seines Dienstleistungsangebots. Im Falle der Reduktions-Einbeziehungsmethode tritt zu dieser Zusage auch die positive Verpflichtung hinzu, die beim Partner zugelassenen Wertpapiere in den Handel an der eigenen Börse einzubeziehen. Die Frage nach der aufsichtsrechtlichen Zulässigkeit dieser Selbstbindung soll indes auch in Bezug auf das britische Recht erst bei der gemeinsamen Handelsplattform untersucht werden, wo sie sich aufgrund des weit größeren Abstimmungsbedarfs erst recht stellt.413

410 Vgl. FSA, The Transfer of the UK Listing Authority to the FSA, Response to CP 37, S. 4 f., Rn. 5. 411 FSA, The Listing Review and Implementation of the Prospectus Directive, CP 04/16, S. 5; Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 412 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 413 Siehe unten Abschnitt 4, B. III. 3., S. 367 ff.

Abschnitt 3: Lokale Konzentration von Handelssegmenten

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IV. Ergebnis zu Abschnitt 3, B. Die lokale Konzentration ist unter britischem Recht mit der Einschränkung realisierbar, dass sich die Reduktion des Standardwertesegments zugunsten der Handelskonzentration an einer ausländischen Börse praktisch nicht verwirklichen lässt. Im Übrigen ist das britische Recht gegenüber dem Angebotsverhalten eines RIE neutral, Volleinstellung wie Reduktion sind von Rechts wegen ohne weiteres möglich. Bezüglich der Herverlagerung ist das britische Recht bei der Zulassung von Wertpapieren wie Handelsteilnehmern verfahrensrechtlich flexibel, hinsichtlich zuzulassender Wertpapiere sind die materiellen und Publizitätsanforderungen allerdings zum Teil deutlich anspruchsvoller. Ein Hindernis muss das indes nicht sein. Im Übrigen kann die Konzentration von Handelssegmenten beim RIE jedenfalls Wege im Reduktions-Einbeziehungswege gelingen, welche ohne weiteres möglich ist.

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

Abschnitt 4

Gemeinsame Handelsplattform Bei Errichtung einer gemeinsamen Handelsplattform soll durch Vernetzung der Handelsplattformen zweier kooperierender Börsenbetreiber jedem Handelsteilnehmer Zugang zu den Orderbüchern der beiden bislang separaten Börsen verschafft werden, dadurch die Produktpalette erweitert und mithilfe des Liquiditätszuwachses die Marktqualität gesteigert werden. Zur Umsetzung sind, wie eingangs gezeigt, rechtskonstruktiv zwei Methoden denkbar: Zum einen die Erweiterungsmethode, bei der ein jeder der kooperierenden Börsenbetreiber die Zulassungsrechtsverhältnisse seiner Handelsteilnehmer sachlich erweitert und zwischen den Betreibern eine qualifizierte Kooperationsabrede geschlossen wird. Zum anderen die Methode der (gekoppelten) Doppelzulassung aller Handelsteilnehmer.1 In beiden Fällen ist über das rechtskonstruktive Minimum hinaus eine weitere Vereinheitlichung der börslichen Regelwerke für den Erfolg der gemeinsamen Handelsplattform erforderlich.2 Intern streben die Kooperationspartner nicht nur die Infrastrukturvernetzung, sondern die Konzentration des Infrastrukturbetriebs bei einem der Betreiber an, um so auch produktionsseitige Skaleneffekte auszuschöpfen3. Beides verlangt eine wechselseitige Selbstbindung der Börsenbetreiber, welche fortan im Konsens agieren müssen. In den nun folgenden Länderberichten sind wiederum unter I. zunächst die börsenaufsichtsrechtlichen Implikationen für die zugrundeliegende Kooperationsabrede zu untersuchen, welche gegenüber der lokalen Konzentration einige Besonderheiten aufweist. Unter II. wird sodann die Zulässigkeit der erforderlichen externen Umsetzungsakte geprüft, also solcher Akte, die unmittelbar das Börsennutzungsverhältnis der Handelsteilnehmer und Emittenten betreffen und dort entsprechende regulatorische Veränderungen erfordern. Dabei wird zunächst die Realisierbarkeit der Kooperationsmethode untersucht, ist sie doch die idealtypische Methode zur Schaffung einer gemeinsamen Handelsplattform. Nur hilfsweise ist auf die Doppelzulassungsmethode einzugehen. Abschließend werden jeweils unter III. die internen Umsetzungsakte betrachtet, also solche, die die Art und Weise des Infrastrukturbetriebs sowie der Regelbildung betreffen. Hierbei ist insbesondere die Problematik der internen Selbstbindung der Börsenbetreiber an den 1 2 3

Siehe oben Teil 1, Abschnitt 3, C. II. 1., S. 80 ff. Siehe oben Teil 1, Abschnitt 3, C. II. 1., S. 83 f. Siehe oben Teil 1, Abschnitt 3, C. II. 1., S. 84.

Abschnitt 4: Gemeinsame Handelsplattform

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Konsens des Kooperationspartners zu untersuchen, die wegen der positiven Verpflichtung zum gemeinsamen Börsenbetrieb gegenüber der Parallelproblematik bei der lokalen Konzentration erheblich verschärft ist.

A. Gemeinsame Handelsplattform nach deutschem Recht I. Zugrundeliegende Kooperationsabrede Die Errichtung einer gemeinsamen Handelsplattform impliziert eine sehr weitgehende, strategisch riskante Bindung an den Kooperationspartner. Mehr noch als bei der lokalen Handelsplattform muss Basis der Kooperation also eine rechtsverbindliche Abrede sein.4 In ihr wird neben der Erweiterung bzw. wechselseitigen Koppelung der Zulassungsrechtsverhältnisse auch die Anpassung der Regelwerke sowie die Infrastrukturvernetzung bzw. -konzentration vereinbart. Tauglicher Vertragspartner ist bezüglich der regulatorischen Maßnahmen die Börsenanstalt, in deren Kompetenz der Abschluss der Zulassungsrechtsverhältnisse mit den Handelsteilnehmern gemäß § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007) ebenso wie die Ausgestaltung der börslichen Regelwerke gemäß § 13 BörsG 2002 (= § 16 BörsG 2007) fällt.5 Hingegen ist der Infrastrukturbetrieb im börslichen Betreibermodell Sache des Trägerunternehmens, freilich unter Ägide der Börsenanstalt, welche mit ihrem Leistungsanforderungsrecht nach § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) de jure eine bis ins Detail gehende Steuerung vornehmen kann. Indes betrifft diese Steuerung nur das „Was“ der Leistung, nicht auch das „Wie“: § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) gibt lediglich ein Anforderungsrecht und autorisiert daher schon dem Wortlaut nach nicht zur weitergehenden Determination des trägerunternehmerischen Produktionsprozesses. Insbesondere ist es, wie sich aus § 1 Abs. 3 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 3 BörsG 2007) in Verbindung mit § 9 Abs. 2 S. 4 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 4 BörsG 2007) nunmehr eindeutig ergibt, allein vom Trägerunternehmen – nach unverbindlicher Anhörung des Börsenrates6 – zu entscheiden, ob es Leistungen selbst erzeugen oder sie auf 4

Vgl. Lee, The Future of Securities Exchanges, S. 10 f. Vgl. Abschnitt 3, A. I. 1., S. 242. In Bezug auf die gemeinsame Handelsplattform auch Köndgen/Mues, Zwangslizenz für XETRA?, WM 1998, 53 (58). 6 Zur (rechtlich wie praktisch geringen) Bedeutung des Stellungnahmerechts des Börsenrates gemäß § 9 Abs. 2 S. 4 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 4 BörsG 2007) vgl. oben Abschnitt 2, A. V. 1. b) a. E., S. 184. 5

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

Subunternehmer auslagern will.7 Soll also nur eine Vernetzung der elektronischen Handelsplattformen stattfinden, so kann die Anstalt dies selbst veranlassen, indem sie das Trägerunternehmen nach § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) zur Herstellung der technischen Kompatibilität des börslichen Handelssystems mit demjenigen der Kooperationsbörse und zur Vernetzung anweist. Obgleich im börslichen Betreibermodell unüblich, sind solche detaillierten Leistungsanforderungen durchaus zulässig, denn auch hinsichtlich der technisch-infrastrukturellen Komponente der Börsendienstleistung liegt die Gestaltungsverantwortung bei der Börsenanstalt.8 In diesem Szenario wäre sie also alleine taugliche Vertragspartnerin des ausländischen Börsenbetreibers.9 Soll dagegen der Infrastrukturbetrieb bei der Partnerbörse konzentriert werden, so stellt dies aus Perspektive der deutschen Börse ein Outsourcing an den Kooperationspartner dar. Diese Entscheidung fällt in die Kompetenz des Trägerunternehmens, welches demnach auf deutscher Seite neben der Börsenanstalt in die (dann dreiseitige) Kooperationsabrede einzubeziehen wäre. Sei die Kooperationsabrede hiernach zwei- oder dreiseitig, sie ist aus den schon oben dargelegten Gründen im grenzüberschreitenden Bereich jedenfalls privatrechtlicher Natur.10 Weil der Börsenanstalt nach der zutreffenden herrschenden Ansicht die Privatrechtsfähigkeit fehlt,11 scheitert die Einrichtung einer gemeinsamen Handelsplattform auf kooperationsvertraglicher Basis schon aus diesem Grund, sofern der ausländische Kooperationspartner nicht auch allein im Trägerunternehmen aufgrund dessen faktischer Einflussmacht einen tauglichen Vertragspartner sieht.12

7 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 30, S. 49; ders., Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, S. 19 (35 f.); ausführlich Christoph, Börsenkooperationen, S. 325 f. Vgl. auch Gegenäußerung BReg zur Stellungnahme des Bundesrates zum 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 174, zu Nummer 1. 8 Grundsätzlich siehe oben Abschnitt 1, A. I., S. 103 ff., näher unter Abschnitt 2, A. I., S. 136 f. jeweils m. w. N. 9 Vgl. Köndgen/Mues, Zwangslizenz für XETRA?, WM 1998, 53 (58), allerdings zu einem rein inländischen Szenario. A. A. Christoph, Börsenkooperationen, S. 308 vor dem Hintergrund des klassischen Beleihungsmodells: Träger einzubinden, da der Anstalt eine detaillierte Steuerung der technischen Ausgestaltung nicht (immer) möglich sei angesichts der Begrenzung des Anforderungsrechts (nur) auf das zur angemessenen Fortentwicklung Erforderliche. 10 Siehe oben Abschnitt 3, A. I. 2. a), S. 243 ff. 11 Siehe oben Abschnitt 3, A. I. 2. b), S. 246 f. 12 Siehe oben Abschnitt 3, A. I. 3., S. 248.

Abschnitt 4: Gemeinsame Handelsplattform

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II. Externe Umsetzungsakte 1. Erweiterungsmodell

Im Erweiterungsmodell der gemeinsamen Handelsplattform muss zum einen die Börsenanstalt als zugangsvermittelnde Börsenbetreiberin das Anstaltsnutzungsverhältnis mit ihren Handelsteilnehmern in sachlicher Hinsicht um die Orderbücher des Kooperationspartners erweitern. Zum anderen muss sie als aufnehmende Börsenbetreiberin den Handelsteilnehmern ihres Kooperationspartners ohne eigenen Zulassungs-Verwaltungsakt Zugang zu den bei ihr angesiedelten Orderbüchern gewähren.13 a) Erweiterung des Anstaltsnutzungsverhältnisses auf Orderbücher der Kooperationsbörse Das sachlich zu erweiternde Anstaltsnutzungsverhältnis zwischen Börsenanstalt und Handelsteilnehmern kommt gemäß § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007) durch einen Zulassungsverwaltungsakt zustande.14 Es verpflichtet den Handelsteilnehmer auf die Einhaltung der börslichen Handelsregeln in allen angebotenen Orderbüchern und verschafft der Anstalt damit korrespondierende Sanktionsrechte nach §§ 16, 20 BörsG 2002 (= §§ 19, 22 BörsG 2007), § 48, § 49 (L)VwVfG.15 Im Gegenzug erhält der Handelsteilnehmer den Anspruch auf Zugang zum börslichen Handel.16 Dieses Nutzungsverhältnis umfasst grundsätzlich nur den Zugang zu den bei der jeweiligen Börsenanstalt selbst angesiedelten Orderbüchern, also solchen Oderbüchern, in welchen von der Anstalt nach §§ 30, 49 BörsG 2002 (= § 32 BörsG 2007) zugelassene oder gemäß § 56 BörsG 2002 (= § 33 BörsG 2007) einbezogene Wertpapiere unter organisatorischer Ägide der Anstalt gehandelt werden.17 Dies entspricht dem Idealtypus der anstaltlichen Leistungserbringung, in welchem angebotene Dienstleistungen von der Anstalt selbst als betrieblicher Einheit produziert werden.18 13

Siehe oben Teil 1, Abschnitt 3, C. II. 1. a), S. 81 ff. Groß, § 16 BörsG Rn. 4; Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 4; Wiede, Die Börse als verwaltungsrechtliches Problem und Rechtsinstitut, S. 126 f. 15 Breitkreuz, Börse, S. 233 ff.; Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 185 f. Vgl. auch Schäfer-Ledermann, § 7 BörsG Rn. 3; Schwark (2. Aufl.), § 7 BörsG Rn. 5: Börsennutzer unterliegt kraft des Anstaltsnutzungsverhältnisses der „Anstaltsgewalt“ der Börsenanstalt. Ähnlich Wiede, Die Börse als verwaltungsrechtliches Problem und Rechtsinstitut, S. 129 f. 16 Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 182 f.; Schäfer-Ledermann, § 7 BörsG Rn. 3; Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 4. Eingehend von Olenhusen, Börsen und Kartellrecht, S. 31 ff., S. 36 ff. 17 Vgl. von Olenhusen, Börsen und Kartellrecht, S. 31 ff., S. 36 ff. 14

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

Unter allgemein-verwaltungsrechtlichem Gesichtspunkt bestehen indes im Bereich der Leistungsverwaltung keine Bedenken gegen ein Outsourcing: Ganz oder teilweise von (auch privaten) Dritten erzeugte Dienstleistungen können also von Verwaltungsträgern durchaus im eigenen Namen angeboten werden, wofür namentlich die verschiedenen Betreibermodelle ein anschauliches Beispiel sind.19 Gegen eine bloß zugangsvermittelnde Tätigkeit der Börsenanstalt, die ihr Dienstleistungsangebot und damit das Anstaltnutzungsverhältnis auch auf Orderbücher erstreckt, die bei einem anderen Börsenbetreiber angesiedelt sind und dort federführend betrieben werden, ist somit von dieser Warte nichts einzuwenden.20 Doch könnte die Erweiterung des Anstaltsnutzungsverhältnisses aus spezifisch börsenrechtlichen Gründen unzulässig sein. Zumindest im Verhältnis zwischen inländischen Wertpapierbörsen ist das allerdings nicht der Fall, hat doch der Gesetzgeber mit § 17 Abs. 1 BörsG 200221 genau dieses Angebot einer Handelsmöglichkeit in den elektronischen Orderbüchern einer Börse durch eine andere inländische Börse gesetzlich abgesegnet.22 Die 18 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 46; Lange, Die öffentlichrechtliche Anstalt, VVDStRL 44 (1986), 169 (171 f.). 19 Im Überblick Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 112 ff. Vgl. zur rechtlichen Zulässigkeit des Betreibermodells auch Bodanowitz, Organisationsformen, S. 49 ff., dort insbesondere in Bezug auf die kommunale Abwasserbeseitigung. 20 Vgl. Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 (251 f.). Keine allgemein-verwaltungsrechtlichen Bedenken äußert auch die übrige börsenrechtliche Literatur gegen eine solche, bei IBIS II praktizierte und durch § 17 BörsG 2002 (= § 7a BörsG 1998) partiell geregelte Kooperation der Börsenanstalten, vgl. Breitkreuz, Börse, S. 322 ff. und insbesondere S. 329; Schäfer-Ledermann, § 7a BörsG Rn. 3; Pötzsch, Das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz, WM 1998, 946 (953 f.); SchwarkSchwark, § 17 BörsG Rn. 7; offenbar auch Groß, § 17 BörsG Rn. 2. 21 Die Vorschrift ist durch das FRUG ersatzlos gestrichen worden. Näher hierzu Nachtrag, D. I., S. 557 f. Die Frage der analogen Übertragbarkeit des § 17 Abs. 1 BörsG 2002 auf grenzüberschreitende gemeinsame Handelsplattformen stellt sich daher nicht mehr. Interessant bleiben der historische Hintergrund und die rechtliche Konstruktion der seinerzeitigen innerdeutschen Börsenvernetzung. 22 Hierin liegt, neben der zulassungsverfahrensfreien Zugangsgewähr durch den aufnehmenden Börsenbetreiber, der zweite wesentliche Regelungsgehalt von § 17 Abs. 1 BörsG 2002. Er wird in der börsenrechtlichen Literatur durchweg sehr stiefmütterlich behandelt. Die – logisch vorrangige – Erweiterung des Leistungsangebots durch den zugangsvermittelnden Börsenbetreiber wurde durch § 17 Abs. 1 BörsG 2002 jedoch automatisch mitgeregelt, war sie doch auch im Verhältnis zwischen deutschen Börsen keineswegs selbstverständlich, vgl. nur den Argumentationsaufwand, mit dem Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 (252 f.) vor Einführung des § 7a Abs. 1 BörsG 1998 = § 17 Abs. 1 BörsG 2002 die Zulässigkeit einer solchen Erweiterung des Leistungsangebots begründen musste. Dass die Zulässigkeit einer solchen Erweiterung vor Einführung der gesetzlichen Regelung in § 7 a Abs. 1 BörsG 1998 keineswegs selbstverständlich war, verkennen Beck, Xetra, WM 1998, 417 (423) sowie Schwark-Schwark, § 17 BörsG Rn. 10, S. 203, wenn sie der Norm

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Vorschrift entspricht § 7a Abs. 1 BörsG 1998. In ihr wurde der seit 1991 auf rein kooperationsvertraglicher Basis zwischen der FWB und den Regionalbörsen praktizierte IBIS-II-Verbund auf eine umfassende gesetzliche Grundlage gestellt,23 nachdem schon mit dem 2. FMFG von 1994 in § 7a BörsG a. F. eine Teilklärung erfolgt war.24 Das IBIS-II-System war der Vorgänger des heutigen elektronischen Handelssystems Xetra.25 Es wurde von einer Tochter der Frankfurter Börse AG (heute Deutsche Börse AG26) entwickelt und zunächst nur an der FWB für den dortigen Standardwertehandel eingesetzt.27 Aus Furcht vor Wettbewerbsnachteilen wollten die Regionalbörsen ihren Teilnehmern ebenfalls Zugang zu diesem elektronischen Standardwertehandel bieten, und zwar als Teil ihres eigenen Dienstleistungsangebotes.28 Ein entsprechender politischer Kompromiss wurde von den Börsenfachministern der Bundesländer in 1991 gefunden und auf dieser Basis der sog. IBIS-Rahmenvertrag zwischen FWB und Frankfurter Börse AG sowie den Regionalbörsen und ihren jeweiligen Trägern abgeschlossen.29 Darin verpflichtet sich die FWB und Frankfurter Börse AG gegenüber den Regionalbörsen, diesen die Eröffnung des Zugangs zum IBIS-Handel für ihre Handelsteilnehmer zu ermöglichen.30 Zugleich wurde den Regionalbörsen gestattet, diese Handelsmöglichkeit im eigenen Namen und im Rahmen ihres eigenen Anstaltsnutzungsverhältnisses anzubieten.31 Die Regionalbörsen übertrugen im Gegenzug ihre Sanktionsrechte, soweit sie ihnen aufgrund des solchermaßen sachlich erweiterten Anstaltsnutzungsverhältnisses zustanden, intern zur Ausübung auf die FWB,32 wobei sie ihre bei einer Deutung im Sinne des Erweiterungsmodells einen eigenständigen Regelungsgehalt absprechen. 23 Zur Funktion des § 17 BörsG 2002 als „lex IBIS II“ vgl. Breitkreuz, Börse, S. 323 f.; Schäfer-Ledermann, § 7a BörsG Rn. 3; Pötzsch, Das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz, WM 1998, 946 (953) sowie insbesondere auch die Stellungnahme des Bundesrates zum RegE 3. FMFG, BT-Drs. 13/8933, S. 162. 24 Vgl. Pötzsch, Das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz, WM 1998, 946 (953). 25 Beck, Xetra, WM 1998, 417. 26 Vgl. zur Umfirmierung Schäfer-Peterhoff, § 1 BörsG Rn. 35. 27 Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249. 28 Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249; Schwark-Schwark, § 17 BörsG Rn. 7, S. 200. 29 Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 (252); Köndgen/Mues, Zwangslizenz für XETRA?, WM 1998, 53 (54); o. V., Börsen finden Ibis-Kompromiß, Börsen-Zeitung v. 6. September 1991, S. 1. 30 Beck, Xetra, WM 1998, 417 (419); Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 (252). 31 Beck, Xetra, WM 1998, 417 (419); Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 (252); o. V., Börsen finden Ibis-Kompromiß, Börsen-Zeitung v. 6. September 1991, S. 1. Vgl. auch Jacobi, Die neue Struktur des deutschen Börsenwesens, WM 1993, 1275.

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Regelwerke zuvor so anpassten, dass sie bezüglich des elektronischen Handels den IBIS-Regeln der FWB entsprachen.33 Der IBIS-Verbund stellte somit einen Fall der gemeinsamen Handelsplattform auf Basis der Erweiterungsmethode dar,34 die jedoch insoweit atypisch war, als nur eine einseitige Zugangserweiterung zugunsten der Regionalbörsenteilnehmer erfolgte.35 Der IBIS-Verbund wurde seit 1991 auf Basis des Rahmenvertrages praktiziert.36 Seine börsenaufsichtsrechtliche Rechtmäßigkeit bestätigte der Gesetzgeber, indem er zunächst in 1994 den Zugang von Handelsteilnehmern zum elektronischen Handel einer aufnehmenden Börse ohne erneuten Zulassungsakt gestattete, und sodann in 1998 klarstellend anfügte, dass zu-

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Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 (253); Kurth, Überregionalität des deutschen Börsenhandels, ZfgK 1998, 553 (555 f.). 33 Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 (254 f.). 34 Es entstand – bei Zugrundelegung des zutreffenden ökonomisch-funktionalen Börsenbegriffs – eine einzige Börse, die in personeller Hinsicht die Frankfurter IBIS-Teilnehmer sowie die regionalen IBIS-Teilnehmer umfasste sowie in sachlicher Hinsicht die 30 auf IBIS gehandelten DAX-Werte. Gemeinsame Betreiber dieser einen Börse waren die FWB sowie die teilnehmenden Regionalbörsen, wobei der technische Infrastrukturbetrieb bei der Frankfurter Börse AG konzentriert war. Diese Konsequenz war freilich mit der allseits hochgehaltenen Vorstellung rechtlich getrennter Börsen schwer vereinbar und bereitete dem juristischen Schrifttum Erklärungsschwierigkeiten, vgl. Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 (250 sowie 253 sub D: IBIS-Handel zwischen den Handelsteilnehmern verschiedener Börsenanstalten als außerbörslicher Handel). Die Fiktion rechtlich getrennter Börsen lehnt denn auch – insoweit zutreffend – Beck, Xetra, WM 1998, 417 (419) ab, um freilich zu dem unzutreffenden und seinerzeit vermutlich börsenpolitisch motivierten Schluss zu kommen, es habe sich bei dem Börsenhandel der Regionalbörsenteilnehmer auf IBIS II stets um einen Handel allein an der FWB gehandelt. Ähnlich wie hier (eigenständige neue Börse) hingegen Schlüter, Rechtliche Stellungnahme zu Einzelfragen des IBIS-Handels, Gutachten, zit. nach ders., Börsenhandelsrecht, G XI 1, Rn. 920 mit Fn. 800. Zur Eigenständigkeit der elektronischen IBIS-Börse gegenüber der Frankfurter Parkettbörse siehe auch Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 26 a. E. 35 Weiterhin atypisch gegenüber der oben unter Teil 1, Abschnitt 3, B. II., S. 70 ff. geschilderten idealtypischen gemeinsamen Handelsplattform ist, dass die Zugangserweiterung nur für individuelle Regionalbörsenteilnehmer und nicht pauschal für die gesamte Teilnehmerschaft erfolgte. Dies erklärt sich daraus, dass die Regionalbörsen seinerzeit noch reine Präsenzbörsen waren und der Zugang zum IBIS-Handel daher den erstmaligen Anschluss an ein elektronisches Handelssystem über eigene Standleitungen erforderte. Es konnte daher nicht – wie heute – eine pauschale Zugangserweitung für alle Handelsteilnehmer der Kooperationsbörse durch schlichte Vernetzung der elektronischen Plattformen erfolgen, sondern der Systemzugang erfolgte auf individueller Basis. Rechtskonstruktiv hätte die kooperationsvertragliche Basis bei IBIS (später in Verbindung mit § 17 BörsG 2002) auch für eine pauschale Zugangserweiterung gereicht. 36 Vgl. Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249.

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vor natürlich die zugangsvermittelnde Börse ihr Anstaltsnutzungsverhältnis entsprechend erweitern muss.37 37 Aktueller Anlass für diese Klarstellung gegenüber der bis dahin gültigen Fassung des § 7a BörsG war die Aufkündigung des IBIS-Rahmenvertrags durch die FWB/Deutsche Börse AG. Nach Einführung des neuen und verbesserten Handelssystems Xetra befürchteten die Regionalbörsen auf Basis des alten § 7a BörsG, der seinem seinerzeitigen Wortlaut nach einen Zugang zum elektronischen Handelssystem Xetra allein auf Basis der Regionalbörsenzulassung und ohne deren Zustimmung ermöglicht hätte, eine Vereinnahmung ihrer Handelsteilnehmer durch die FWB, vgl. Köndgen/Mues, Zwangslizenz für XETRA?, WM 1998, 53 (55). Es erfolgte daher die Klarstellung, dass ein Handelszugang zu Xetra allein aufgrund der Regionalbörsenzulassung nur möglich ist, wenn die Regionalbörsen dies in ihrer jeweiligen Börsenordnung so vorsehen. Um eine bloße Klarstellung handelt es sich deshalb, weil es ohne eine entsprechende Erweiterung des Regionalbörsen-Anstaltsnutzungsverhältnisses schon an einem Geltungsgrund für die zwingend erforderlichen Eingriffsrechte gegenüber den hinzukommenden Regionalbörsen-Handelsteilnehmern gefehlt hätte, wenn weder mit der FWB noch mit der Regionalbörse ein Anstaltsnutzungsverhältnis in Bezug auf die IBIS/Xetra-Orderbücher bestanden hätte, vgl. Schäfer-Ledermann, § 7a BörsG, Rn. 1 f. Eine entsprechende Erweiterung des Anstaltsnutzungsverhältnisses der zugangsvermittelnden Börse war und ist somit konstruktiv jedenfalls erforderlich, denn sonst könnte die aufnehmende Börse in ihren Orderbüchern den börslichen Charakter des Handels nicht aufrecht erhalten. Zu einer anderen, mit dem börsenpolitischen Hintergrund aber kaum vereinbaren Deutung der gesetzgeberischen Ergänzung von 1998 kann man nur dann gelangen, wenn man mit dem faktischen Zugang zum Xetra-System das Zustandekommen eines faktischen Anstaltsnutzungsverhältnisses mit der FWB annimmt (so i. E. Beck, Xetra, WM 1998, 417 (423), freilich seinerzeit von interessierter Seite; im Ergebnis ebenso Kurth, Handlungsbefugnisse der Landesverwaltung bei Börsenaufsicht und -zulassung, ZfgK 1998, 618 (620); nunmehr auch Breitkreuz, Börse, S. 265). Dann hätte die aufnehmende Börse originäre gesetzliche Sanktionsrechte nach §§ 16, 20 BörsG 2002, §§ 48, 49 VwVfG schon allein kraft der Benutzung ihres Handelssystems. Allerdings ist gegen diese Deutung einzuwenden, dass derartige Sanktionsrechte von praktisch relativ geringer Schlagkraft wären, da doch im Falle des nur faktischen Anstaltsnutzungsverhältnisses die Zahlung des hohen erstmaliges Zugangsentgelts entfällt und damit die Effektivität pekuniärer Sanktionen sowie die Abschreckungswirkung des Ausschlusses von der Handelsteilnahme erheblich eingeschränkt sind, vgl. zur Bedeutung der erstmaligen Zulassungsentgelte als Wohlverhaltensunterpfand oben Teil 1, Abschnitt 2, C. I. 1., S. 53. Das bloß faktische Nutzungsverhältnis dürfte demnach, losgelöst von allen dogmatischen Bedenken, als Quelle ausreichend effektiver öffentlich-rechtlicher Eingriffs- und Sanktionsrechte jedenfalls unzureichend sein. Es bedarf daher für eine Zugangserweiterung ohne eigenen Zulassungsakt bei der aufnehmender Börse jedenfalls einer entsprechenden sachlichen Erweitung des Anstaltsnutzungsverhältnisses bei der zugangsvermittelnden Börse in Verbindung mit einer internen Ausübungs-Übertragung wie bei der IBIS-II-Kooperation bzw. einer internen Ausübungsverpflichtung zugunsten der aufnehmenden Börse. Praktisch musste die Frage seinerzeit nicht diskutiert werden, da die Frankfurter Börse AG schon zu Zeiten der IBIS-II-Kooperation über den (systemwidrigen!) Abschluss privatrechtlicher IBIS-Systemzugangsverträge mit den Regionalbörsenteilnehmern diese auf die Einhaltung der FWB-Regelwerke verpflichtete (vgl. Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 (255 mit Fn. 32)), was im Falle

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Steht damit fest, dass die Erweiterung des Anstaltsnutzungsverhältnisses auf die Orderbücher einer anderen inländischen Börse möglich ist, so stellt sich die Frage, ob sich § 17 Abs. 1 BörsG 2002 analog auf die Errichtung einer grenzüberschreitenden gemeinsamen Handelsplattform erstrecken lässt. Dies ist durch eine teleologische Analyse derjenigen Vorschriften zu ermitteln, zu denen § 17 BörsG 2002 eine Ausnahme erlaubt. Hierbei handelt es sich um den ungeschriebenen Grundsatz, dass eine Börsenanstalt Handelsmöglichkeiten nur in denjenigen Orderbüchern anbieten kann, deren Wertpapiere bei und von ihr rechtsförmlich zugelassen bzw. in den Handel einbezogen sind. Dieser Grundsatz sichert, dass alle in dem betreffenden Markt gehandelten Wertpapiere einen einheitlichen Mindestqualitätsstandard – nämlich denjenigen einbezogener Wertpapiere nach § 56 BörsG 2002 (entspr. nun § 33 BörsG 2007) – erfüllen. Danach muss ein einzubeziehendes Wertpapier zumindest an einem organisierten Markt innerhalb von EU/EWR oder einer Drittstaatenbörse mit vergleichbaren Zulassungs- sowie Melde- und Transparenzpflichten zugelassen sein.38 Aufgrund europarechtlicher Vorgaben für die erstmalige sowie fortlaufende Publizität von Emittenten börsenzugelassener Wertpapiere39 sowie bezüglich der Handelstransparenz40 ist hinsichtlich solcher Wertpapiere ein einheitliches Maß an Effizienz und Fairness der Kursbildung gesichert.41 Ökonomisch erklärt sich das Erfordernis eines einheitlichen Mindestqualitätserfordernisses aller gehandelten Wertpapiere an einer Börse daraus, dass hierdurch die Vergleichbarkeit und Aussagekraft der relativen Kursentwicklungen als primärmarktrelevantes Informationssignal gewährleistet wird.42 Es dient mithin der gesamtökonomischen Funktionalität des börslichen Marktgeschehens. Im Verhältnis zwischen inländischen Börsen konnte der Gesetzgeber eine pauschale Erweiterung des Dienstleistungsangebotes auf sämtliche bei einer anderen Börse angesiedelten Orderbücher erlauben, da auch alle dort gehander Regelverletzung privatrechtliche Sanktionsmöglichkeiten bis hin zur Beendigung des Handelszugangs nach sich zog. Die FWB war daher auf effektive öffentlichrechtliche Sanktionsmöglichkeiten gar nicht angewiesen. Zur Systemwidrigkeit dieser privatrechtlichen System-Zugangsverträge neben dem öffentlich-rechtlichen Anstaltsnutzungsverhältnis siehe aber schon oben Teil 2, Abschnitt 1, A. I., S. 106. 38 Vgl. näher Schwark-Schwark, § 56 BörsG Rn. 3 f. 39 Bisher Börsenzulassungs-, Verkaufsprospekt- und Insiderrichtlinie, nunmehr Prospekt-, Transparenz- und Marktmissbrauchsrichtlinie. 40 Artt. 44 f. MFIRL, konkretisiert durch Artt.17 ff. VO (EG) 1287/2006. 41 Vgl. Regierungsbegründung zu § 56 BörsG 2002 (= § 55 RegE), RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017 S. 82 f. 42 Mues, Börse, S. 202; näher Zufferey, Regulation of Trading Systems on Financial Markets, S. 96 f.

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delten Wertpapiere jedenfalls den Mindeststandard von § 56 BörsG 2002 (entspr. nun § 33 BörsG 2007) erfüllen. Im Verhältnis zu ausländischen Börsen, auch solchen innerhalb von EU/EWR, ist das nicht der Fall: Europarechtliche Mindestvorgaben bestanden bislang nur bezüglich der zuzulassenden Wertpapiere, während die schlichte Einbeziehung von Wertpapieren in den Handel bislang völlig ungeregelt war. Diese kann im europäischen Ausland also wesentlich großzügiger gehandhabt werden. Auch Art. 40 Abs. 5 MFIRL ändert hieran nicht, ist danach doch nur die Einbeziehungsmöglichkeit für bereits in EU/EWR-Staaten börsenzugelassene Wertpapiere künftig zwingend, ohne die vom nationalen Recht eingeräumten und eventuell weitergehenden Einbeziehungsmöglichkeiten derweil auf solche Wertpapier zu beschränken.43 Daher ist nicht gewährleistet, dass bezüglich aller an einer ausländischen Börse gehandelten Wertpapiere ein dem § 56 BörsG 2002 (entspr. § 33 BörsG 2007) entsprechender Mindestqualitätsstandard gewährleistet ist. Eine analoge Erstreckung des § 17 Abs. 1 BörsG 2002 auf grenzüberschreitende gemeinsame Handelsplattformen muss demnach ausscheiden.44 Es bleibt damit bei dem Grundsatz, dass der Anstalt nur das Angebot von Handelsmöglichkeiten in von ihr zugelassenen bzw. einbezogenen Wertpapieren möglich ist. Wollte man indes die Erweiterung des Anstaltsnutzungsverhältnisses auf die von der Kooperationsbörse betriebenen Orderbücher für zulässig erachten, so wäre des Weiteren erforderlich, dass die Börsenanstalt ihre Handelteilnehmer auf die Einhaltung der dort jeweils gültigen Regeln verpflichtet. Erst hierdurch würde sich die Anstalt als zugangsvermittelnde Börsenbetreiberin die nötigen Eingriffsrechte im Falle eines dortigen Fehlverhaltens ihrer Handelsteilnehmer verschaffen, die sie dann auf Anforderung des Kooperationspartners selbst ausüben oder diesem, wie bei IBIS II geschehen, zur Ausübung übertragen könnte. Die Verpflichtung der Handelsteilnehmer auf bestimmte Handelsregeln erfolgt unter dem Börsengesetz allerdings nicht durch einen beliebig zu gestaltenden und erweiterbaren privatrechtlichen Vertrag. Vielmehr treten die von der Börse erlassenen Handelsregeln für den Handelsteilnehmer mit seiner Aufnahme in das Anstaltsnutzungsverhältnis automatisch in Kraft.45 Ihr Geltungsgrund ist die der Anstalt in Form der Satzungsautonomie übertragene Hoheitsgewalt.46 Dabei gelten 43

Anders als die RL 2003/71/EG, die dem Konzept der Maximum-Harmonisierung folgt, enthält die MFIRL in Bezug auf die geregelten Märkte grundsätzlich nur Vorgaben für eine (herkömmliche) Minimum-Harmonisierung, vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 20 f. Diese sind nicht-abschließender Natur. Vgl. zu den beiden Harmonisierungskonzepten im Vergleich Moloney, EC Securities Regulation, S. 13 ff. 44 IE wie hier Schwark-Schwark, § 17 BörsG Rn. 2, S. 196. 45 Vgl. nur Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 185.

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immer nur diejenigen Regeln, welche die Börsenanstalt als Börsenordnung nach § 13 BörsG 2002 (= § 16 BörsG 2007) erlassen hat. Auch beim Handel in den beim Kooperationspartner angesiedelten Orderbüchern gelten für die Handelsteilnehmer der Börsenanstalt daher zunächst nur die bereits bestehenden satzungsrechtlichen Handelsregeln.47 Nun gelten allerdings in den Orderbüchern des Kooperationspartners bereits dessen Handelsregeln und sollen grundsätzlich auch ohne wesentliche Veränderungen weitergelten, d.h. soweit es um den Handel in den Orderbüchern des Kooperationspartners geht, müssen für die Handelsteilnehmer der Anstalt Regeln in Kraft gesetzt werden, die denjenigen der Partnerbörse entsprechen. In bezug auf die inländische Situation hat § 17 BörsG 2002 = § 7a BörsG a. F. insoweit überwiegend die Deutung als gesetzliche Geltungsanordnung im Rahmen eines faktischen Anstaltsnutzungsverhältnisses erfahren.48 Geht man im Hinblick auf den historischen Hintergrund der Norm jedoch davon aus, dass nicht das Zustandekommen eines Anstaltsnutzungsverhältnisses mit der aufnehmenden Börse, sondern vielmehr eine Erweiterung des sachlichen Leistungsangebots der zugangsvermittelnden Börse gewollt war,49 so kann § 17 Abs. 1 BörsG 2002 auch wie folgt gedeutet werden: Kraft gesetzlicher An46 Breitkreuz, Börse, S. 117 f.; Kümpel, Zur öffentlichrechtlichen Organisation der deutschen Wertpapierbörsen, BKR 2003, 3 (9 f.); Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 185; Schwark-Schwark, § 13 BörsG Rn. 1. Allgemein zur Rechtsetzungskompetenz (sog. Satzungsautonomie) in der funktionalen Selbstverwaltung kraft Delegation staatlicher Hoheitsgewalt Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 488 mit Fn. 8. Zumindest missverständlich ist es daher, wenn der Gesetzgeber in § 17 Abs. 1 BörsG 2002 von der „Anerkennung“ des Regelwerkes durch den Handelsteilnehmer spricht. Die Anerkennung ist nie Geltungsgrund von Börsenregeln, sondern allein die Hoheitsgewalt, der die Handelsteilnehmer mit Eingehung des Anstaltsnutzungsverhältnisses unterworfen sind. Dass der Gesetzgeber in § 17 BörsG 2002 – einer, wie Breitkreuz, Börse, S. 327 ff. zu Recht hervorhebt, ausgesprochen misslungenen Norm – dennoch von der „Anerkennung“ eines Regelwerkes spricht, lässt sich nur vor dem historischen Entstehungshintergrund der Norm erklären, der auf eine rechtliche Absicherung des IBIS-Kompromisses gerichtet war, vgl. schon oben Fn. 23, S. 319. Bei IBIS mussten die Regionalbörsenteilnehmer neben dem von ihrer Heimatbörse vermittelten öffentlich-rechtlichen Zugang zum elektronischen IBIS-Handel einen (wie oben Abschnitt 1, A. I., S. 106 gezeigt freilich systemwidrigen) privatrechtlichen Anschlussvertrag mit der Frankfurter Börse AG abschließen und mithin deren privatrechtliche Systemnutzungsbedingungen anerkennen, vgl. hierzu Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 (252, 255 mit Fn. 32). Insbesondere diese Anerkennung meinte der Gesetzgeber, als er erstmals in 1994 in § 7a BörsG eine diesbezügliche Regelung schuf, vgl. RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 67; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.557. 47 Vgl. Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 (252). 48 Kurth, Handlungsbefugnisse der Landesverwaltung bei Börsenaufsicht und -zulassung, ZfgK 1998, 618 (620) sowie ders., Überregionalität des deutschen Börsenhandels, ZfgK 1998, 553 (555); ihm folgend Breitkreuz, Börse, S. 265; SchwarkSchwark, § 17 BörsG Rn. 5.

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ordnung gelten die Handelsregeln des Kooperationspartners, soweit es um den Handel in den bei ihm angesiedelten Orderbüchern geht, eo ipso im Range und als Teil des Börsensatzungsrechtes der zugangsvermittelnden Börse. Allerdings läge hierin ein Eingriff in Satzungsautonomie der zugangsvermittelnden Anstalt und eine Durchbrechung des in der binnenpluralen anstaltlichen Willensbildung liegenden Richtigkeitsgewährmechanismus. Die Interpretation von § 17 BörsG 2002 im Sinne einer gesetzlichen Geltungsanordnung ist daher schon im Verhältnis zwischen inländischen Börsen zweifelhaft; a fortiori gilt dies aus demokratiestaatlichen Gründen bei der grenzüberschreitenden Kooperation.50 Vielmehr scheint nur folgender Weg gangbar: Die zugangsvermittelnde Börsenanstalt muss ihren Satzungsgebungswillen selbst betätigen und, wie seinerzeit bei der IBIS-II-Kooperation geschehen, für den Handel in den Orderbüchern des Kooperationspartners Regeln als Satzungsrecht in Kraft setzen, die inhaltlich den dort bereits bestehenden Regeln entsprechen.51 Die von der Anstalt solchermaßen ins eigene Regelwerk übernommenen Handelsregeln müssten dann natürlich auch den Anforderungen des § 24 BörsG 2002 (= §§ 24, 30, 31 BörsG 2007) entsprechen. Was im Rahmen einer gemeinsamen Handelsplattform mit einem inländischen Kooperationspartner, dessen Regelwerk diesen Erfordernissen ohnehin schon genügt, automatisch gewährleistet ist und daher auch in § 17 Abs. 1 BörsG 2002 nicht normiert werden musste, kann im Falle einer grenzüberschreitenden gemeinsamen Handelsplattform problematisch sein. Praktisch bedeutet dies, dass das Regelwerk des Kooperationspartners diesen Anforderungen des deutschen Börsenaufsichtsrechts angepasst werden muss. Dies allein stünde allerdings der Realisierbarkeit einer gemeinsamen Handelsplattform nicht grundsätzlich entgegen, zumal die MFIRL eine weitere Harmonisierung der national-gesetzlichen Vorgaben im zentralen Bereich der Handelstransparenz erzwingt.52 b) Zugang für Handelsteilnehmer der Kooperationsbörse ohne eigenen Zulassungs-Verwaltungsakt Des Weiteren müsste es der Börsenanstalt in ihrer Rolle als aufnehmende Börsenbetreiberin erlaubt sein, den Handelsteilnehmern ihres ausländischen 49 Vgl. zu § 17 BörsG 2002 als „lex IBIS II“ Nachweise oben Fn. 23, S. 319. A. A. zum Normzweck Beck, Xetra, WM 1998, 417 (423): Gesetzgeberisches Anliegen sei vereinfachtes Zustandekommen eines Anstaltsnutzungsverhältnisses mit der aufnehmenden Börse, im konkreten Fall der FWB, gewesen; ebenso SchwarkSchwark, § 17 BörsG Rn. 1. 50 Vgl. hierzu noch eingehend unten III. 3., S. 351 ff. 51 Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 (254 f.: „Parallelgesetzgebung“). 52 Vgl. Artt. 44 f. MFIRL., Artt. 17 ff. VO (EG) 1287/2006.

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Kooperationspartners ohne weiteren rechtsförmigen Zulassungsakt Zugang zum Handel in ihren Orderbüchern zu gewähren. Dem steht im Grundsatz § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007) entgegen, der den Zugang zum börslichen Handel von einem prüfungsgebundenen Zulassungsakt der Geschäftsführung abhängig macht. Indes wurde im Verhältnis zwischen inländischen Börsen mit § 17 Abs. 1 BörsG 2002 gerade dieser Zugang zum elektronischen Börsenhandel ohne erneuten rechtsförmlichen Zulassungsakt ermöglicht.53 Auch hier stellt sich die Frage der analogen Übertragbarkeit auf grenzüberschreitende Sachverhalte.54 Das Erfordernis eines prüfungsgebundenen Zulassungsaktes nach § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007) sichert einerseits einen gewissen qualitativen Standard der Handelsteilnehmer hinsichtlich Bonität, persönlicher Zuverlässigkeit und beruflicher Eignung.55 Zum anderen erlaubt es nur dieses präventive Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, den Börsenzugang von der Zahlung eines erstmaligen Zulassungsentgeltes gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 BörsG 2002 (= § 17 Abs. 1 S. 1 BörsG 2007) sowie ggf. von einer besonderen Sicherheitsleistung nach § 19 BörsG 2002 (= § 20 BörsG 2007) i. V. m. der jeweiligen Börsenordnung abhängig zu machen. Letztere sichert die Erfüllung der börslichen Transaktionen,56 die im Nichtleistungsfalle auf Anordnung der Börsengeschäftsführung unmittelbar aus den Sicherheiten erfolgt.57 Die erstmaligen Zulassungsentgelte, die von den Börsen im Rahmen des gebührenrechtlich Zulässigen möglichst hoch angesetzt werden können,58 dienen als Wohlverhaltensunterpfand, verfallen sie doch beim Aus53 Vor dieser gesetzlichen Regelung war die zulassungsverfahrensfreie Erweiterung der Handelsteilnahme bei IBIS II rechtswidrig, vgl. Schlüter, Börsenhandelsrecht, G XI 1, Rn. 922. 54 § 17 Abs. 1 BörsG 2002 ist durch das FRUG ersatzlos gestrichen worden, vgl. oben Fn. 21, S. 318. Näher zur Streichung und zur Fortgeltung der hier gefundenen Ergebnisse im Nachtrag, D. I., S. 557 f. 55 Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 182; Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 1. 56 Groß, § 19 BörsG Rn. 2; Schäfer-Ledermann, § 8a BörsG Rn. 2; SchwarkSchwark, § 19 BörsG Rn. 1. 57 Vgl. etwa Nr. 6.6 Durchführungsbestimmungen zu § 13 FWB Börsenordnung. 58 Zur Höhe erstmaliger Zulassungsentgelte nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 BörsG 2002 (= § 17 Abs. 1 Nr. 1 BörsG 2007) vgl. Schwark-Schwark, § 14 BörsG Rn. 4: Zulässig wäre es hiernach, die „gesamten Aufwendungen für den Börsenbetrieb“ in erstmalige Zulassungsentgelte umzulegen. In der Börsenrealität ist das erstmalige öffentlich-rechtliche Zulassungsentgelt im Falle des elektronischen Handels relativ niedrig, vgl. etwa § 8 i. V. m. Tabelle I FWB Gebührenordnung. Seine ökonomische Funktion erfüllen hier die Anschlussentgelte, die aufgrund des (allerdings systemwidrigen) privatrechtlichen Systemnutzungsvertrages mit der Deutsche Börse AG zu zahlen sind, vgl. Schlüter, Börsenhandelsrecht, G IV 3, Rn. 276 sowie im Einzelnen

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schluss von der Handelsteilname ersatzlos und verleihen der börslichen Sanktion damit eine besonders einschneidende Wirkung.59 Indem er den Börsenzugang von qualitativen Zulassungsstandards und solchen Zahlungen abhängig macht, ist § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007) ein funktionsnotwendiges Instrument zur Senkung der Sekundärmarkttransaktionskosten auf ein funktional-börsliches Niveau.60 Im Falle der inländischen gemeinsamen Handelsplattform konnte der Gesetzgeber in § 17 BörsG 2002 auf den prüfungsgebundenen Zulassungsakt bei der aufnehmenden Börsenanstalt verzichten, weil beide Komponenten der Transaktionskostensenkung anderweit sichergestellt werden können. Zum einen gilt an allen deutschen Börsen für die Zulassung von Handelsteilnehmern unterschiedslos § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007) und damit ein einheitlicher, durch die Börsenordnungen nur marginal ausgestaltungsfähiger Standard.61 Zum anderen verpflichten sich im Falle des Erweiterungsmodells die kooperierenden Börsenanstalten jeweils in ihrer Rolle als zugangsvermittelnde Börsenbetreiber dazu, ihre Sanktionsrechte bis hin zum Ausschluss von der Handelsteilnahme auch zugunsten der aufnehmenden Börsenanstalt einzusetzen sowie ggf. höhere Sicherheiten zu erheben. Eine entsprechende Abrede ist im Erweiterungsmodell zum Erhalt des börslichen Regelungsdreiecks konstruktiv zwingend und wird daher, wie auch die IBIS-II-Kooperation belegt,62 von den beteiligten Börsenbetreibern schon aus eigenem Antrieb getroffen.63 Durch eine solche Abrede wird sichergestellt, dass auch der Verstoß gegen Erfüllungs- oder Wohlverhaltenspflichten beim Handel in den Orderbüchern der aufnehmenden Börsenanstalt zum Verfall der an Heimatbörse gezahlten Sicherheitsleistung bzw. erstmaligem Zulassungsentgelte führen kann und damit eine effektive Sanktion erfährt. Nun kann bei einer grenzüberschreitenden gemeinsamen Handelsplattform – immer vorausgesetzt, man erkennt der Börsenanstalt die notwendige Privatrechtsfähigkeit zu – die treuhänderische Ausübung der Sanktionsrechte durch den ausländischen Kooperationspartner nicht minder vereinbart Deutsche Börse AG, Preisverzeichnis für die Nutzung des elektronischen Handelssystems Xetra. 59 Allg. hierzu oben Teil 1, Abschnitt 2, C. I. 1., S. 53. 60 Vgl. nur Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 182; Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 1 f. 61 RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 67. Vgl. auch Beck, Xetra, WM 1998, 417 (423); Köndgen/Mues, Zwangslizenz für XETRA?, WM 1998, 53 (55); Kurth, Überregionalität des deutschen Börsenhandels, ZfgK 1998, 553 ff.; Kümpel, Bankund Kapitalmarktrecht, Rn. 17.557; Schwark-Schwark, § 17 BörsG Rn. 1. 62 Kümpel, IBIS-Integration, WM 1992, 249 (253, 254 f.). 63 Vgl. oben Teil 1, Abschnitt 3, C. II. 1. a), S. 81 ff.

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werden, als dies bei IBIS II zwischen den inländischen Börsenbetreibern der Fall war. Hohe erstmalige Zulassungsentgelte sowie Sicherheitsleistungen werden dabei an ausländischen Börsen in aller Regel in ähnlicher Form erhoben64 und können im Rahmen der dortigen Ausübung der Sanktionsrechte ihre Effektivierungswirkung auch zugunsten der Handelsregeln der Börsenanstalt entfalten. Problematisch ist indes die Äquivalenz der qualitativen Zulassungsanforderungen für Handelsteilnehmer. Gelten an der ausländischen Kooperationsbörse nur minder strenge Anforderungen, indem z. B. eine Berufsgruppenbeschränkung entsprechend § 16 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 2 BörsG 2007) fehlt oder die Eigenkapitalerfordernisse niedriger sind, so muss eine analoge Anwendung von § 17 BörsG 2002 jedenfalls ausscheiden. Fraglich ist allerdings, ob eine Analogie zumindest da in Betracht kommt, wo die Standards der ausländischen Kooperationsbörse denjenigen des § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007) äquivalent sind. Dem Regelungsanliegen des § 16 Abs. 2, Abs. 4 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 2, Abs. 4 BörsG 2007) wäre hier nämlich durchaus Genüge getan. Jedoch hat der Gesetzgeber den Fall gleichwertiger Zulassungsstandards an der Erstzulassungsbörse eines Handelsteilnehmers schon in § 16 Abs. 4 S. 2 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 4 S. 2 BörsG 2007) geregelt und hier – selbst im Verhältnis zu EU-/EWR-Börsen – nur eine Verfahrenserleichterung vorgesehen, nicht aber einen gänzlichen Verzicht auf den Zulassungsakt.65 Da dem Gesetzgeber des 4. FMFG, mit welchem § 16 Abs. 4 S. 2 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 4 S. 2 BörsG 2007) geschaffen wurde,66 das Phänomen einer gemeinsamen Handelsplattform auf Basis des Erweiterungsmodells mit IBIS II durchaus bekannt war, wird man dieser Regelung abschließenden Charakter zuerkennen müssen. Es fehlt mithin schon an der Regelungslücke, die Voraussetzung einer analogen Erstreckung des § 17 BörsG 2002 auf den Handelsteilnehmerzugang bei grenzüberschreitenden gemeinsamen Handelsplattformen wäre.67 Realisierbar ist unter Beteiligung einer deutschen Börse daher allenfalls das Doppelzulassungsmodell der gemeinsamen Handelsplattform.

64 Zu den Entgeltstrukturen verschiedener Börsen im Überblick Benesch/Prüggler, Internationale Börsen im Vergleich, S. 72 ff., 97 ff., 115 ff. 65 Schwark-Schwark, § 17 BörsG Rn. 2, S. 196. 66 Vgl. hierzu RegE 4. FMFG, BT-Drs 14/8017, S. 75. 67 Im Ergebnis wie hier Schwark-Schwark, § 17 BörsG Rn. 2, S. 196. Ohne nähere Diskussion ebenso Schäfer-Ledermann, § 7a BörsG Rn. 2; Groß, § 17 BörsG Rn. 1.

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2. Doppelzulassungsmodell

Im Doppelzulassungsmodell wird das Regelungsdreieck in den Orderbüchern des aufnehmenden Börsenbetreibers dadurch hergestellt, dass die via Schnittstelle hinzukommenden Handelsteilnehmer auch mit dem aufnehmenden Betreiber ein Zulassungsrechtsverhältnis eingehen.68 Aus Sicht des deutschen Rechts muss also zwischen den hinzukommenden Handelsteilnehmern und der Börsenanstalt ein öffentlich-rechtliches Anstaltsnutzungsverhältnis zustande kommen, wie dies beispielsweise bei Eurex gemäß Nr. 3 Eurex Börsenordnung für die schweizerischen Handelsteilnehmer vorgeschrieben ist.69 Grundsätzlich erfordert das einen Zulassungsverwaltungsakt nach § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007). Die in der Literatur postulierte Möglichkeit eines faktischen Anstaltsnutzungsverhältnisses, welches allein aufgrund der tatsächlichen Börsennutzung die Anwendbarkeit von Börsengesetz und Börsenregelwerk einschließlich der korrespondierenden Eingriffsrechte auslöst,70 mag zwar dogmatisch einwandfrei sein.71 Für vorliegende Zwecke wäre es jedenfalls unzureichend. Denn wie oben gezeigt sind erstmalige Zulassungsentgelte und Sicherheitsleistungen unverzichtbare Elemente, um der börslichen Sanktionsgewalt eine ausreichend präventive Wirkung zu verleihen.72 Das gilt insbesondere gegenüber Handelsteilnehmern im Ausland, wo die Vollstreckung anstaltlicher Ordnungsgelder schwierig sein kann und die Effektivierung der börslichen Regelwerke daher ganz auf der (auch pekuniären) Schmerzhaftigkeit eines Ausschlusses von der Handelsteilnahme beruht. Von derartigen Zahlungen kann der Börsenzugang aber nur durch einen vorgängigen Zulassungsakt abhängig gemacht werden. Zur Schaffung einer gemeinsamen Handelsplattform bedarf es daher jedenfalls einer regulären Begründung des Anstaltsnutzungsverhältnisses durch Zulassung nach § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007). Dabei ist die Begründung eines Anstaltsnutzungsverhältnisses nach § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007) mit ausländischen Handelsteilnehmern ohne weiteres möglich.73 Die Besonderheit der gemeinsamen Handelsplatt68

Siehe oben Teil 1, Abschnitt 3, C. II. 1. b), S. 84. Näher Hopt, Eurex, FS Schimansky 1999, S. 631 (640); Potthoff/Widmer, Eurex als Modell, ARP 1998, 187 (191). 70 In diesem Sinne offenbar Kurth, Handlungsbefugnisse der Landesverwaltung bei Börsenaufsicht und -zulassung, ZfgK 1998, 618 (620); ihm folgend Breitkreuz, Börse, S. 265; Schwark-Schwark, § 17 BörsG Rn. 5. 71 Zum grundsätzlichen Erfordernis einer verwaltungsaktsförmigen Zulassung zur Anstaltsbenutzung vgl. allerdings nur Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II (5. Aufl.), § 99 III 1, Rn. 9. Dezidiert gegen ein zulassungsaktfreies faktisches Nutzungsverhältnis mit der aufnehmenden Börse Schäfer-Ledermann, § 7a BörsG Rn. 1 f. 72 Soeben 1. b), S. 326. 69

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

form liegt darin, dass das Zulassungsverfahren für die hinzukommenden Handelsteilnehmer soweit möglich durch den ausländischen Kooperationspartner als „Zugangstor zur gemeinsamen Handelsplattform“ abgewickelt werden soll.74 Entsprechendes gilt auch für eventuelle Vollzugsakte, also z. B. Ermittlungs- oder Sanktionsmaßnahmen wie Auskunftsverlangen nach § 4 Abs. 3 i. V. m. § 2 Abs. 1 BörsG 2002 (= § 7 Abs. 3 i. V. m. § 3 Abs. 4 BörsG 2007) oder die Beitreibung von Ordnungsgeldern. Es stellt sich also die Frage, inwieweit der ausländische Börsenbetreiber in das Verfahren auf Erlass der entsprechenden Verwaltungsakte eingebunden werden kann. Die Betrachtung soll hierbei exemplarisch auf die Einbindung in das Zulassungsverfahren beschränkt werden [a) aa)]. Zugleich müssen an beiden Börsen die Zulassung zu zugangsvermittelnder und aufnehmender Börse aneinander gekoppelt werden, um die wechselseitige pauschale Öffnung für sämtliche Handelsteilnehmer der Kooperationsbörse zu ermöglichen [a) bb)].75 Nach Betrachtung dieser die Handelsteilnehmer betreffenden Fragen ist im Weiteren unter b) zu prüfen, ob das deutsche Börsenaufsichtsrecht auch Implikationen für die vernetzungsbedingt „hinzukommenden“ Wertpapiere erhebt. Zuletzt stellt sich unter c) die Frage, inwieweit die wechselseitige Anpassung der Regelwerke möglich ist. a) Zulassung hinzukommender Handelsteilnehmer aa) Einschaltung des Kooperationspartners in das Zulassungsverfahren Die hinzukommenden Handelsteilnehmer sollen nach Möglichkeit nur mit ihrem zugangsvermittelnden Börsenbetreiber als „Zugangstor“ zu tun haben. Idealiter sollte dieser den Zulassungsverwaltungsakt nach selbständiger Prüfung der Voraussetzungen als eigene Erklärung mit Wirkung für und gegen die Anstalt erlassen können. Angesichts der aus Rechtsstaatlichkeitsgründen zwingenden öffentlichrechtlichen Kompetenzordnung ist allerdings eine Einbeziehung verwaltungsträgerexterner Stellen in formelles Verwaltungshandeln nur sehr begrenzt möglich.76 Anerkannte Formen der Einbeziehung in das Verwaltungsverfahren sind lediglich die Amtshilfe sowie das zwischenbehördliche 73

Siehe oben Abschnitt 3, A. II. 1. d), S. 272 ff. Siehe oben Teil 1, Abschnitt 3, C. II. 1. b), S. 84 f. 75 Siehe oben Teil 1, Abschnitt 3, C. II. 1. b), S. 84 f. 76 Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 35 III, Rn. 15 m. w. N. aus der Rechtsprechung. Hufeld, Die Vertretung der Behörde, S. 21 ff. spricht daher vom Grundsatz der Selbstorganschaft der Behörde. 74

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Mandat,77 im weiteren Sinne auch die Organleihe.78 Alle drei Formen erlauben jedoch nur die Einbeziehung eines anderen Verwaltungsträgers bzw. seiner Organe in ein Verwaltungsverfahren.79 Ist der ausländische Börsenbetreiber nach dortigem Recht ausnahmsweise noch als Verwaltungsträger organisiert,80 so läge in seiner Einbeziehung in das Zulassungsverfahren nach § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007) jedoch auch eine Übertragung von Hoheitsrechten auf den Sitzstaat des Kooperationspartners, die, wenn überhaupt,81 ausschließlich auf völkervertraglicher Basis möglich wäre.82 Eine Einbeziehung von Privatpersonen dergestalt, dass sie einen Verwaltungsakt mit Wirkung für und gegen die Börsenanstalt erlassen können, ist gänzlich unmöglich: Die Beleihung, die ohnehin nur durch oder aufgrund Gesetzes möglich wäre,83 würde den zugangsvermittelnden Börsenbetreiber selbst zu einem im eigenen Namen handelnden Träger deutscher Verwaltung machen.84 Die gewillkürte Mandatierung einer Privatperson durch eine Behörde ist zwar nicht kategorisch ausgeschlossen,85 wäre jedoch als Ausnahme zu Art. 33 Abs. 4 GG infolge des institutionellen Gesetzesvorbehalts ebenfalls nur durch oder aufgrund Gesetzes zulässig.86 77 Hufeld, Die Vertretung der Behörde, S. 22. Man kann die im Falle von IBIS erfolgte Übertragung der Sanktionsrechte der Regionalbörsen zur Ausübung auf die FWB in § 2 IBIS-Rahmenvertrag als einen solchen Fall des zwischenbehördlichen Hilfsmandates qualifizieren. In diesem Sinne offenbar Kurth, Überregionalität des deutschen Börsenhandels, ZfgK 1998, 553 (555 f.). 78 Vgl. Hirschberger, Organleihe, S. 91 ff. 79 Zum zwischenbehördlichen Hilfs-Mandat vgl. Hufeld, Die Vertretung der Behörde, S. 198 und 219 ff. Zur Organleihe vgl. Hirschberger, Organleihe, S. 88. Zur Amtshilfe vgl. Stelkens/Bonk/Sachs-Bonk/Schmitz, § 4 VwVfG Rn. 25. Die Amtshilfe scheidet als taugliche Einbeziehungsform für den zugangsvermittelnden Börsenbetreiber überdies schon deshalb aus, weil sie schon begrifflich auf Einzelfälle beschränkt ist, vgl. nur Stelkens/Bonk/Sachs-Bonk/Schmitz, a. a. O. Rn. 30. 80 So beispielsweise in Österreich, wo der Börsenbetreiber gemäß § 2 Abs. 1 österr. BörseG Beliehener ist. 81 Nach wohl überwiegender Ansicht kann Art. 24 GG eine Sperrwirkung gegen eine Übertragung von Hoheitsrechten unmittelbar auf fremde Staaten bzw. deren Verwaltungsträger entnommen werden, vgl. Dreier-Pernice, Art. 24 GG Rn. 24; Mosler, Die Übertragung von Hoheitsgewalt, HStR VII (2. Aufl.), § 175 Rn. 38; Maunz/Dürig-Randelzofer, Art. 24 Rn. 53; Sachs-Streinz, Art. 24 GG Rn. 20. 82 Von Münch/Kunig-Rojahn, Art. 24 GG Rn. 23 a. 83 Vgl. nur OVG Münster DÖV 1980, 528 (529); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 58. 84 Vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 35 IV, Rn. 20; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 56. 85 Zu einem praktischen Fall (Sonderermittler Hirsch) und der darum entbrannten verwaltungsrechtlichen Diskussion vgl. Hufeld, Die Vertretung der Behörde, S. 23 f.; Schwandt, Der Ermittlungsführer in den Vorermittlungen, Recht im Amt 2000, 265 (266 f.).

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Der zugangsvermittelnde Börsenbetreiber könnte demnach allenfalls als Empfangsbote an die Börsenanstalt gerichtete Zulassungsanträge entgegennehmen und sodann Zulassungsverwaltungsakte als Erklärungsbote an die hinzukommenden Handelsteilnehmer übermitteln. Eine solche Einschaltung verwaltungsexterner Personen als (unselbständige) Verwaltungshelfer in Botenfunktion ist nach wohl überwiegender Ansicht ohne besondere gesetzliche Ermächtigung zulässig.87 Da in der bloßen Botenschaft gerade keine Ausübung inländischer Hoheitsgewalt liegt – sie verbleibt, wie generell bei der Verwaltungshilfe, ungeteilt beim öffentlichen Aufgabenträger88 –, bestehen auch keine verfassungs- oder völkerrechtlichen Bedenken gegen die Einschaltung eines ausländischen Rechtssubjekts, sei es privater oder öffentlicher Natur.89 Nur in diesem Sinne einer Botenschaft für die deutsche Börsenanstalt kann es daher verstanden werden, wenn schweizerische Eurex-Teilnehmer die erforderliche Parallelzulassung zur Eurex Deutschland durch Antragstellung bei der Eurex Zürich AG erlangen können.90 bb) Wechselseitige Koppelung der Zulassungen zur Anstaltsund Kooperationsbörse Um die pauschale Zugangsöffnung für sämtliche Handelsteilnehmer des jeweiligen Kooperationspartners zu ermöglichen, müssen an beiden kooperierenden Börsen die Teilnehmerzulassungen aneinander gekoppelt wer86 Hufeld, Die Vertretung der Behörde, S. 25 unter Verweis auf BVerfGE 83, 130 (150, 152 ff.). A. A. Schwandt, Der Ermittlungsführer in den Vorermittlungen, Recht im Amt 2000, 265 (267), allerdings ohne Begründung. 87 Hufeld, Die Vertretung der Behörde, S. 21; Stelkens/Bonk/Sachs-Stelkens/Stelkens, § 41 VwVfG Rn. 7; vgl. auch Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, § 35 III 5, Rn. 20. Generell für die Einschaltung von Verwaltungshelfern ohne gesetzliche Grundlage Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 285; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 238 ff.; von Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 37 f. Differenzierend nach dem Grad der Selbständigkeit Bodanowitz, Organisationsformen, S. 59 f. 88 Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 158 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 62. 89 Vgl. Breitkreuz, Börse, S. 268; Kurth, Problematik grenzüberschreitender Wertpapieraufsicht, WM 2000, 1521 (1522): Beide Autoren sehen kein verwaltungsoder völkerrechtliches Problem darin, wenn die Börsengeschäftsführung der Eurex Deutschland sich gemäß Nr. 3.8.1 der Eurex Börsenordnung der privatrechtlichen Eurex Zürich AG als Helferin bei der Informationsbeschaffung von schweizerischen Eurex-Handelsteilnehmern bedient. Vorsichtig kritisch zur vergleichbaren Konstruktion bei der ehedem anvisierten DTB-MATIF-Kooperation indes Schuster, Die internationale Anwendung des Börsenrechts, S. 241. 90 Vgl. zum Zulassungsverfahren bei Eurex Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, S. 19 (39); Potthoff/Widmer, Eurex als Modell, ARP 1998, 187 (191).

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den.91 Hierdurch würde der Zugang zur Anstaltsbörse zusätzlich von der Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen der Kooperationsbörse abhängig gemacht. Jedoch regelt das Gesetz selbst in § 16 Abs. 2 und Abs. 4 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 2 und Abs. 4 BörsG 2007) die materiellen Zulassungsvoraussetzungen. Eine börseneigene satzungsrechtliche Ausgestaltung der Handelsteilnehmerzulassung sieht das Gesetz gemäß § 16 Abs. 4 S. 2, Abs. 7 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 4 S. 2, Abs. 7 BörsG 2007) ausschließlich für beweisrechtliche Fragen im Zulassungsverfahren vor,92 eine Ermächtigung zur Aufstellung weiterer materieller Zugangsvoraussetzungen findet sich hingegen nicht.93, 94 Sie kann insbesondere nicht § 17 Abs. 1 HS. 2 BörsG 2002 entnommen werden, denn die dortige Ermächtigung zu „näheren Bestimmungen“ in den Börsenordnungen kann aus systematischen wie historischen Gründen („lex IBIS II“) ausschließlich für die oben unter 1. dargestellte besondere Konstellation gelten, dass eine zugangsvermittelnde inländische Börse ihren Teilnehmern den Zugang zum elektronischen Handel an einer anderen inländischen Börse im Wege des Erweitungsmodells bieten will und hierzu ihre eigenen Regularien an die dortigen Erfordernisse anpassen muss.95 Es stellt sich daher die Frage, ob eine Börsenanstalt auch ohne Ermächtigung weitere Zulassungsvoraussetzungen aufstellen kann. Dies beurteilt sich, da die Börsenanstalten als Träger mittelbarer Staatsverwaltung gemäß Art. 1 Abs. 3 GG grundrechtsgebunden sind und die Börsennutzung für die Ausübung der Berufsfreiheit zahlreicher Kapitalmarktteilnehmer relevant ist, nach den Grundsätzen des allgemeinen Parlamentsvorbehalts und der Wesentlichkeitstheorie, die auch und gerade für die Verteilung von Normgebungskompetenzen zwischen Parlament und Trägern mittelbarer Staats91

Siehe oben Teil 1, Abschnitt 3, C. II. 1. b), S. 84. In Bezug auf Eurex auch Kurth, Problematik grenzüberschreitender Wertpapieraufsicht, WM 2000, 1521; Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, 19 (39), allerdings mit mehr börsenpolitischer als börsenstruktureller Begründung. 92 Schäfer-Ledermann, § 7 BörsG Rn. 6; Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 36. 93 Schäfer-Ledermann, § 7 BörsG Rn. 6. Das Fehlen einer Ermächtigung zur – praktisch unerlässlichen – Regelung der technischen Zugangsvoraussetzungen wurde bisher in der Börsenpraxis durch den Abschluss privatrechtlicher Anschlussverträge zwischen Handelsteilnehmer und Trägerunternehmen gelöst. 94 Mit dem FRUG wurde § 19 Abs. 4 S. 3 BörsG 2007 eingeführt, wonach die Börsenordnungen weitere Voraussetzungen für den Zugang zu „Handelssystemen der Börse“ aufstellen kann. Näher zu dieser Norm im Nachtrag D. II., S. 558. 95 A. A. in gewisser Hinsicht Breitkreuz, Börse, S. 229 f., der dem § 17 Abs. 1 Halbs. 2 BörsG 2002 offenbar eine generelle Ermächtigung zur Regelung der technischen Systemkompetenz als weitere materielle Zulassungsvoraussetzung neben § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007) entnimmt. Nach Abschaffung der Norm durch das FRUG stellt sich diese Frage nicht mehr.

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verwaltung maßgeblich sind.96 Zentrale Fragen bedürfen hiernach einer parlamentsgesetzlichen Normierung, weniger wesentliche Fragen können der satzungsrechtlichen Regelung aufgrund parlamentsgesetzlicher Ermächtigung überlassen werden; für nur am Rande grundrechtsrelevante Fragen kann eine Satzungsregelung auch ohne parlamentsgesetzliche Ermächtigung getroffen werden.97 Maßgeblich ist also die Grundrechtsrelevanz einer derartigen Koppelung an die Zulassung zur Partnerbörse, welche davon abhängt, unter welchen Voraussetzungen die Zulassung dort erworben werden kann: Kann sie – wie beispielsweise die Zulassung zur Eurex Zürich für die Handelsteilnehmer der Eurex Deutschland98 – unter den gleichen oder gar weniger anspruchsvollen Voraussetzungen als die Zulassung nach § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007) erworben werden, dann erschwert sie den Zugang zur Anstaltsbörse nicht. Im praktischen Ergebnis bewirkt sie dann lediglich das zusätzliche Verfahrenserfordernis, dass der Teilnahmeaspirant seinen Zulassungsantrag auch an den Betreiber der Partnerbörse zu richten hat.99 Dies berührt ihre Berufsfreiheit allenfalls marginal, so dass die Koppelung auch ohne gesetzliche Ermächtigung möglich ist.100 Anders hingegen, wenn die Zulassung zur Partnerbörse nur unter strengeren oder gänzlich anderen Anforderungen – z. B. einer besonderen Berufsgruppenzugehörigkeit, weitergehenden Kapitalerfordernissen oder dem Vorhandensein ganz bestimmter elektronischer Systeme – erworben werden kann. Infolge der Koppelung würden sie nämlich auch zu materiellen Voraussetzungen der Zulassung zur Anstaltsbörse, und würden diese gegenüber dem gesetzlichen Status quo nach § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007) erschweren. Zwar können, wenn man die Freimakler und Skontrofüh96

Allg. Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 489 ff.; Chen, Öffentlich-rechtliche Anstalten und ihre Nutzung, S. 87 f. Insbesondere für die börsliche Selbstregelung Breitkreuz, Börse, S. 120 f.; Schwark-Schwark, § 13 BörsG Rn. 1. 97 BVerfGE 58, 257 (278); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6 Rn. 11, 11b. 98 Vgl. Potthoff/Widmer, Eurex als Modell, ARP 1998, 187 (191); Hopt, Eurex, FS Schimansky 1999, S. 631 (645 f.): Mit der Zulassung zur Eurex Deutschland erlangt ein Handelsteilnehmer in einem administrativ stark vereinfachten Verfahren und ohne Erfüllung weiterer materieller Voraussetzungen automatisch auch die Zulassung durch die Eurex Zürich AG. 99 Hopt, Eurex, FS Schimansky 1999, S. 631 (646). 100 So im Ergebnis auch Hopt, Eurex, FS Schimansky 1999, S. 631 (646), allerdings ohne die Frage der Grundrechtsrelevanz ausdrücklich aufzuwerfen. Allg. zur satzungsrechtlichen Regelung von verfahrensrechtlichen „Randfragen“ des Börsenzugangs vgl. Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 38, wobei das Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung aber generell auf den Fall von (sehr eng verstandenen) Grundrechtseingriffen beschränkt wird, vgl. auch sogleich Fn. 105, S. 335.

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rer als Besonderheit des Parketthandels außer Betracht lässt,101 sämtliche am Börsenhandel teilnehmenden Berufsgruppen (Wertpapierintermediäre, Eigenhändler und institutionelle Investoren) ihrem Beruf durch schlichte Einschaltung eines weiteren Intermediärs selbst dann nachgehen, wenn eine direkte Handelsteilnahme nicht mehr möglich wäre. In der Koppelung läge also im Sinne der Stufentheorie „nur“ eine Berufsausübungsregelung,102 was grundsätzlich auch eine geringere Grundrechtsrelevanz im Sinne der Wesentlichkeitslehre impliziert.103 Doch liegt eine Ausübungsregelung von erheblicher Tragweite vor, kann sie doch das Dienstleistungsangebot dieser Berufsgruppen verteuern und ihre Marktposition damit grundlegend verändern. Eine Regelung von bloß unwesentlicher Bedeutung für die Grundrechtsausübung, die im Satzungswege ohne gesetzliche Ermächtigung vorgenommen werden dürfte, liegt hierin jedenfalls nicht.104 Die Koppelung der Börsenzulassung nach § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007) an die Partnerbörsenzulassung ist also im Falle dortiger engerer Zulassungsbedingungen wegen Verletzung von Art. 12 GG unzulässig.105, 106

101 Dies Ausübung dieser Berufe steht und fällt mit dem Zugang zum Börsenparkett: Eine Erschwerung des Börsenzugangs durch weitere materielle Zulassungsvoraussetzungen stellt hier eine subjektive Zulassungsschranke dar, vgl. Breitkreuz, Börse, S. 232; Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 11. 102 Vgl. Breitkreuz, Börse, S. 233; Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 11. 103 Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 506. 104 Vgl. allg. Chen, Öffentlich-rechtliche Anstalten und ihre Nutzung, S. 95 m. w. N.: Teilnehmerkreis und Teilnahmebedingungen müssen parlamentsgesetzlich geregelt werden. Nimmt man die Abgrenzung der Normgebungskompetenzen von Parlament und Satzungsgeber hingegen nicht nach der „Wesentlichkeit“, sondern – wie dies etwa Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, HStR III (2. Aufl.), § 62 Rn. 49 unter Berufung auf BVerfGE 68, 1 (86) postuliert – nach der Frage möglichst großer inhaltlicher Richtigkeitsgewähr vor, so gelangt man zum gleichen Ergebnis: Vom Börsenrat, in dem die bereits zugelassene Handelsteilnehmer dominieren, ist in punkto Zulassung neuer Handelsteilnehmer keine wohlfahrtsoptimierende Regelung zu erwarten, herrscht bei ihm doch eine intrinsische Tendenz zur Bildung eines closed shop vor, vgl. zu dieser Gefahr vorerst nur Schäfer-Ledermann, § 7 BörsG Rn. 27. 105 Vgl. auch Schäfer-Ledermann, § 7 BörsG Rn. 6: Aufstellung zusätzlicher materieller Zulassungsbedingungen durch Börsenordnung unzulässig. Weniger streng Schwark-Schwark § 16 BörsG Rn. 37: Weitere materielle Erschwernisse des Börsenzugangs stünden im Zusammenhang mit Erlangung einer Begünstigung, nämlich der Börsenzulassung, und seien daher kein Grundrechtseingriff. Sie wären daher auch ohne gesetzliche Ermächtigung zulässig. Kritisch anzumerken ist hierzu, dass mit dieser Begründung beliebige weitere materielle Zulassungsvoraussetzungen gerechtfertigt werden könnten; der vom Gesetzgeber (vgl. RegE Novelle 1975, BT-Drs. 7/101, S. 11) angestrebte abschließende Charakter der Regelung materieller Börsenzugangsvoraussetzungen in § 16 Abs. 2, Abs. 4 BörsG würde damit ausgehebelt. A. A. (Koppelung im Rahmen der „cross-membership“ stets ohne weiteres zulässig)

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

b) Zulassung oder Einbeziehung hinzukommender Wertpapiere? Soweit die Koppelung realisiert werden kann, stellt sich die weitere Frage, ob das deutsche Börsenaufsichtsrecht auch Anforderungen an die „hinzukommenden“ Wertpapiere stellt. Als hinzukommende Wertpapiere sollen hierbei, in Parallele zu den hinzukommenden Handelsteilnehmern, diejenigen Wertpapiere bezeichnet werden, die beim Kooperationspartner zugelassen bzw. einbezogen sind und für die Teilnehmer der Anstaltsbörse gerade infolge der Vernetzung der Handelsplattformen handelbar werden. aa) Geltungsanspruch des deutschen Börsenrechts In der herkömmlichen – und bislang auch hier gebrauchten – Diktion werden bei Schaffung einer gemeinsamen Handelsplattform die Zulassungen zu den „beiden Partnerbörsen“ aneinander gekoppelt. Folgt man diesem gedanklichen Modell, so würde die Koppelung der Zulassungen und die Vernetzung der elektronischen Handelsplattformen lediglich die personelle Erweiterung der Handelsteilnehmerschaften beider Börsen bewirken, die aber im Übrigen jeweils als separate Börsen im Rechtssinne fortbestünden:107 Sie würden weiterhin über je einen eigenen Börsenbetreiber, eine eigene, unveränderte Produktpalette sowie je eine eigene Handelsteilnehmerschaft verfügen, die freilich erweitert worden und nun mit derjenigen des Kooperationspartners personenidentisch wäre. Legt man dieses Verständnis zu Grunde, so erhebt das deutsche Börsenrecht gegenüber den hinzukommenden Wertpapieren keinerlei Geltungsanspruch, würde es sich hierbei doch um Wertpapiere handeln, die ausschließlich „an der Partnerbörse“ gehandelt werden. Es bestünde daher aus börsenaufsichtsrechtlichen Christoph, Börsenkooperationen, S. 303, allerdings ohne Erörterung im Hinblick auf eine Einengung der Zulassungsvoraussetzungen. 106 Zur Frage der Übertragbarkeit dieses Ergebnisses auf die Rechtlage unter dem BörsG 2007 mit seinem § 19 Abs. 4 S. 3 siehe Nachtrag D. II., S. 558. 107 So zu Eurex etwa Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, S. 19 (37); Hoppmann, Europarechtliche Entwicklungen im Börsenrecht, S. 45; Hopt, Eurex, FS Schimansky 1999, S. 631 (640); Kurth, Börsenkooperationen, sub „Organisationsrecht“; Schlüter, Börsenhandelsrecht, G XIII 4, Rn. 1131. Die gleiche Bewertung hat auch die gemeinsame Handelsplattform der Euronext-Börsen, die ebenfalls im Doppelzulassungsmodell konstruiert ist, erfahren: Gizard, Interview v. 5. Juni 2002; Vauplane/Bornet, Droit des Marchés Financiers, no. 242–1, S. 255: „marché unique avec maintien des bourses locales“ sowie ähnlich Daigre, Droit Boursier et des Marchés Financiers, JCP EA 2001, 28. Nunmehr in diesem Sinne wohl auch Christoph, Börsenkooperationen, S. 336 f.: „klare [. . .] Trennung der Börsen“, dabei den Begriff der „Börse“ aber für die börsenbetreibende Anstalt verwendend und ohne Sensibilität für die Trennung von börslichem Marktphänomen und Börsenbetreiber.

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Gründen keinerlei Beschränkung für die Handelbarkeit solcher Wertpapiere auf der gemeinsamen Handelsplattform und keinerlei Notwendigkeit zu regulatorischen Maßnahmen der Börsenanstalt in Bezug auf diese Wertpapiere.108 Ein Erfordernis, die börsenaufsichtsrechtliche Zulässigkeit der Zugangseröffnung zu den hinzukommenden Wertpapieren zu prüfen, ergibt sich demgegenüber dann, wenn diese Wertpapiere eben doch zur sachlichen Reichweite der Anstaltsbörse gehören würden. Die Frage der sachlichen Reichweite einer Börse im Rechtssinn war, soweit erkennbar, bislang nicht Gegenstand näherer Analyse.109 Anerkannt ist aber inzwischen, dass der Börsenbegriff des deutschen Rechts ein ökonomisch-funktionaler ist, was in Anbetracht der gesetzlichen Regelungsanliegen des BörsG der zutreffenden teleologischen Begriffbildung entspricht.110 Ist der juristische Börsenbegriff mithin ökonomisch-funktional determiniert, so gilt das auch für die hiervon direkt abhängigen Fragen der personellen und sachlichen Reichweite des Marktes, denn sie umgrenzen das nach Intention des Gesetzgebers regelungsbedürftige Phänomen der Börse. Es ergibt sich hier also, dass die bereits eingangs im Strukturmodell (Teil 1, Abschnitt 3, A.) entwickelte ökonomisch-funktionale Bestimmung der personellen und sachlichen Reichweite111 eines börslichen Marktes auch rechtlich maßgeblich ist. Danach gehören mehrere Orderbücher zur Reichweite ein und desselben börslichen Marktes, wenn alle Handelsteilnehmer zwischen den Orderbüchern ohne die zusätzliche Transaktionskostenhürde wechseln können, die sich aus der jeweils individuellen Prüfung der Regelungsunterworfenheit der Mithandelsteilnehmer ergeben würde. Ist das der Fall, so wird die Produktkonkurrenz innerhalb eines Marktes optimiert und damit die Aussagekraft der relativen Kursentwicklungen als allokationsrelevante Informationssignale im Dienste der gesamtökonomischen Funktionalität von Börsen optimiert. Andererseits können aber auch Verwerfungen in der Preisbildung 108 Es ist evident, dass ein solches Rechtsverständnis die Realisierung einer gemeinsamen Handelsplattform erheblich vereinfacht. Es mag hierin der Grund liegen, weshalb vor allem die kooperierenden Börsenbetreiber selbst, die doch gegenüber ihren Kunden nicht müde werden, die Einheitlichkeit des börslichen Marktes zu betonen, rechtlich auf die Fiktion getrennter Börsen pochen, vgl. Deutsche Börse AG, Verkaufsprospekt/Börsenzulassungsprospekt, S. 85. Die Autoren Potthoff und Beck, die wiederholt mit Äußerungen zum rechtlichen Status der Eurex hervorgetreten sind, waren Vorstandsmitglied bzw. Chefjustiziar der Deutsche Börse AG. 109 Vgl. nur die bislang detaillierteste Äußerung der deutschen Literatur zum Börsenbegriff im Hinblick auf das Phänomen der gemeinsamen Handelsplattform bei Breitkreuz, Börse, S. 268 i. V. m. 178 f: Sache einer „abwägenden Einzelfallentscheidung“. 110 Siehe oben Teil 1, Abschnitt 1, A. III., S. 41 ff. 111 Siehe S. 63 ff.

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eines Wertpapiers leichter auf andere Wertpapiere übergreifen. Zur sachlichen Reichweite eines börslichen Marktes im Rechtssinne müssen demnach alle diejenigen Wertpapiere gehören, in denen die Handelsteilnehmerschaft eines Marktes eine tatsächliche, je individuell börslich-transaktionskostenarme Handelsmöglichkeit hat, sofern die Handelsmöglichkeiten von sämtlichen Handelsteilnehmern nur im Bündel erworben werden können.112 Bei einer gemeinsamen Handelsplattform im Doppelzulassungsmodell mit ihrer technischen Vernetzung und zwingenden Koppelung der Handelsteilnehmerzulassungen bedeutet dies, dass auch im Rechtssinne eine einzige Börse sowohl in personeller wie sachlicher Hinsicht entsteht,113 die aus Sicht des deutschen Rechts in ihrer Gesamtheit als (auch) der Anstalt zugeordnete Börse zu qualifizieren ist. Danach gehören alle auf der gemeinsamen Handelsplattform handelbaren Wertpapiere zur sachlichen Reichweite (zumindest auch) der Anstaltsbörse im Sinne des BörsG. Die §§ 30 ff. BörsG 2002 (= §§ 32 ff. BörsG 2007) erheben also Geltungsanspruch und regeln die Handelbarkeit auch der „hinzukommenden“ Wertpapiere.114, 115 In der Sache bewirkt die Geltung des BörsG die Sicherung einer Mindest112

Vgl. oben Teil 1, Abschnitt 3, A. 2., S. 67 ff. Vgl. auch die Bewertung als eine Börse im Rechtssinne, die Eurex oder die DTB-MATIF-Verbindung vereinzelt erfahren hat: Vaupel, Genehmigungszuständigkeit, RIW 1993, 733 (737); implizit Schäfer-Peterhoff, § 2a BörsG Rn. 12; zweifelnd Breitkreuz, Börse, S. 181, 268; unklar Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.660: ein gemeinsamer Computerhandel mit zwei Veranstaltern, sowie Rn. 17.665: „Der von den beiden Eurex-Börsen gemeinsam betriebene Terminhandel ist [. . .] eine vollelektronische Börse“ (Hervorhebungen von Verf.). Zu beachten ist, dass der Autor den Begriff der Börse hier in Übereinstimmung mit dem (zweideutigen) Sprachgebrauch des Börsengesetzes offenbar mal als Bezeichnung für die Börsenbetreiber, mal als Bezeichnung für die Börse als hochorganisierten Markt verwendet. 114 Einen gewissen Beleg hierfür mag man in der seinerzeitigen Handhabung bei Eurex sehen: Sämtliche auf der gemeinsamen Handelsplattform gehandelten Produkte bedurften neben einer eventuellen primären Zulassung durch die Eurex Zürich AG jedenfalls auch noch der Zulassung durch die Eurex Deutschland, vgl. Kurth, Börsenkooperationen, sub „Zulassungsrechtliche Fragen“; Hoppmann, Europarechtliche Entwicklungen im Börsenrecht, S. 45. Freilich dürfte Hintergrund dieser Regelung seinerzeit weniger die Befolgung eines aufsichtsrechtlichen Erfordernisses, als vielmehr das kommerzielle Bestreben gewesen sein, allen Produkte den Status eines an einem geregelten Markt im Sinne der WPDRL gehandelten Finanzprodukts zu verschaffen, vgl. Geiger, Konsolidierung der europäischen Börsenlandschaft am Beispiel der Eurex, S. 196. Inzwischen wurde das Erfordernis der Doppelzulassung abgeschafft, vgl. Nr. 4.1 Eurex Börsenordnung. 115 Dieses Ergebnis gilt unter dem BörsG 2007 unverändert fort, hat doch die Einführung einer Börsendefinition in § 2 Abs. 1 BörsG 2007 den Börsenbegriff der Tatbestandsseite unverändert gelassen, vgl. Nachtrag A. I., S. 533. Dieser ist nach wie vor ökonomisch-funktional determiniert, so dass dies auch für die hieraus direkt abgeleiteten Fragen der sachlichen Reichweite des börslichen Marktes gilt. 113

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qualität aller auf der gemeinsamen Handelsplattform zugänglichen Wertpapiere und einheitliche Anforderungen an die ordnungsgemäße, effiziente Preisbildung in allen Orderbüchern. Die Vergleichbarkeit der relativen Kursentwicklungen aller gehandelten Papiere und mithin die ökonomische Funktionalität von Börsen wird so gesichert, was wiederum die teleologische Richtigkeit der Reichweitenbestimmung belegt. bb) Handelbarkeit kraft Zulassung oder Einbeziehung in den Handel116 Handelbar sind hiernach an einer deutschen Börse nur solche Wertpapiere, die entweder nach § 30 BörsG 2002 in den Amtlichen Markt zugelassen, nach §§ 49 ff. BörsG 2002 in den Geregelten Markt zugelassen oder einbezogen, oder nach § 57 BörsG 2002 (= § 48 BörsG 2007) in den Freiverkehr einbezogen sind. Den Anforderungen des deutschen Aufsichtsrechts ist dabei jedenfalls Genüge getan, wenn die hinzukommenden Wertpapiere zusätzlich die Zulassung zur deutschen Börse erlangen. Es würde damit auch bezüglich der handelbaren Produkte eine Doppelzulassungsmethode praktiziert, wie dies beispielsweise ursprünglich bei Eurex der Fall war.117 Voraussetzung einer Doppelzulassung ist natürlich die inhaltliche Vereinbarkeit der an beiden Börsen gültigen Wertpapierzulassungsstandards118 sowie vor allem die Mitwirkung des Emittenten, die jedoch angesichts des (möglichen) zusätzlichen Compliance-Aufwands nicht stets gewährleistet ist. 116 Die Neusegmentierung des börslichen Marktes durch das FRUG, vgl. Nachtrag C. I., S. 546 f., bringt für die folgenden Ausführungen vor allem terminologische Änderungen, welche die Angabe von Parallelfundstellen nur teilweise erlauben. Die wichtigste inhaltliche Änderung beinhaltet § 33 BörsG 2007, wonach eine Einbeziehung jetzt in den Regulierten Markt erfolgen kann, siehe Nachtrag C. III., S. 553. Die nachfolgend erörterte Problematik des Einbeziehungssegments stellt sich damit nicht mehr. Im Übrigen sind die Ergebnisse auf die Rechtslage unter dem BörsG 2007 übertragbar. 117 Vgl. Deutsche Börse AG, Verkaufsprospekt/Börsenzulassungsprospekt, S. 85; Hoppmann, Europarechtliche Entwicklungen im Börsenrecht, S. 45; Kurth, Börsenkooperationen, sub „Zulassungsrechtliche Fragen“. 118 In Bezug auf Standardwerte bestehen dabei schon aufgrund von RL 2001/34/EG (ehedem RL 79/279/EG) und RL 2003/71/EG europaweit einheitliche Mindeststandards der Wertpapierzulassung. Deutschland hat sich im Wesentlichen auf eine Minimalumsetzung beschränkt, so dass die Anforderungen des BörsG i. V. m. BörsZulV (und nunmehr WpPG) selten strenger sein dürften als die ausländischen. Ein dort bereits im Standardwertesegment zugelassener Emittent dürfte daher in der Regel keine Probleme haben, auch die Anforderungen des deutschen Rechts zu erfüllen. Beschwerlich können allerdings bislang noch die Modi der laufenden Publizität sein, vgl. dazu schon oben im Rahmen der lokalen Konzentration, Abschnitt 3, A. II. 1. a) dd), S. 257 f.

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Die Handelbarkeit eines hinzukommenden Wertpapiers muss dann durch schlichte Einbeziehung in den Handel realisiert werden können. Das ist gemäß § 56 BörsG 2002 für sämtliche an einer EU/EWR-ausländischen Börse zum Handel zugelassenen Wertpapiere möglich, sofern sich ein Handelsteilnehmer als Antragsteller findet und für die Verbreitung der Pflichtpublikationen auch im deutschen Publikum gesorgt ist.119 Dass die Einbeziehung hierbei „nur“ in den Geregelten Markt erfolgen kann, steht auch bei Standardwerten einer Realisierung des kommerziellen Anliegens nicht entgegen, verhindert sie doch, wie bereits oben zu lokalen Konzentration gezeigt, keineswegs die Zusammenfassung aller auf der gemeinsamen Handelsplattform gehandelten Standardwerte zu einem einheitlichen Handelssegment in der Außendarstellung.120 Wertpapiere, die jedoch auch an der Partnerbörse nur in den Handel einbezogen sind, können an der deutschen Börse nicht nach § 56 BörsG 2002 in den Geregelten Markt, sondern allenfalls nach § 57 BörsG 2002 (= § 48 BörsG 2007) in den Freiverkehr einbezogen werden, sofern das Wertpapier den materiellen Anforderungen der – vom Freiverkehrsträger sehr flexibel gestaltbaren121 – Freiverkehrsrichtlinien entspricht. Da die im Freiverkehr gehandelten Werte für alle nach § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007) zugelassenen Handelsteilnehmer automatisch kraft dieser Zulassung zur Anstaltsbörse122 und praktisch auch auf derselben elektronischen Handelsplattform handelbar123 sind, bilden sie zusammen mit den Werten des Amtlichen und Geregelten Marktes die sachliche Reichweite ein und desselben börslichen Marktes im wirtschaftlichen Sinn,124 weshalb der Freiverkehr als 119 Näher hierzu oben im Rahmen der lokalen Konzentration, vgl. Abschnitt 3, A. II. 1. c) bb) bis dd), S. 266 ff. Zur Einbeziehung in den Regulierten Markt nach § 33 BörsG 2007 siehe Nachtrag C. III., S. 553. 120 Siehe ebenfalls dort, Abschnitt 3, A. II. 1. c) aa), S. 265. 121 Vgl. nur Breitkreuz, Börse, S. 303. 122 Breitkreuz, Börse, S. 300. In diesem Sinne offenbar auch Claussen, Bankund Börsenrecht, § 9 II 8 d) Rn. 49. sowie die Handhabung an der Frankfurter Börse, vgl. Deutsche Börse AG, Verkaufsprospekt/Börsenzulassungsprospekt, S. 86. A. A. Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 221: Sie postulieren, allerdings ohne Begründung, dass eine gesonderte Zulassung durch den Freiverkehrsträger nötig sei. 123 Vgl. an der Frankfurter Börse § 41 Abs. 1 FWB Börsenordnung: Freiverkehrswerte können wie Werte des Amtlichen oder Geregelten Marktes auf Xetra gehandelt werden. 124 Vgl. auch schon oben unter Abschnitt 1, A. I., S. 108 f. Da wie soeben S. 337 festgestellt die Kriterien der sachlichen Reichweite im ökonomischen wie rechtlichen Sinn identisch sind, ist es zutreffend, wenn der Freiverkehr als drittes Marktsegment einer Börse i. S. d. BörsG bezeichnet wird, wie z. B. bei Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 221; Schlüter, Börsenhandelsrecht, G VII, Rn. 476. Das Gesetz trägt dem im Übrigen Rechnung, wenn es in § 57 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 24 Abs. 1 BörsG 2007) die im Freiverkehr ermittelten Preise als Börsenpreise bezeichnet und

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Einbeziehungssegment zur Realisierung des kommerziellen Anliegens einer gemeinsamen Handelsplattform durchaus tauglich ist. Die Tatsache, dass der Freiverkehr nicht als geregelter Markt im Sinne der WPDRL/MFIRL anerkannt ist, spielt dabei hier keine Rolle, da die Wertpapiere den Status der Handelbarkeit auf einem solchen Markt schon aufgrund ihrer (unverändert fortbestehenden) Einbeziehung an der Kooperationsbörse haben. c) Weitere Vereinheitlichung der Börsenregelwerke125 Auf der gemeinsamen Handelsplattform ergibt sich ein weiterer Vereinheitlichungsbedarf für die beiden Börsenregelwerke, sei es zur Vermeidung von Zugangsarbitrage,126 sei es, um das kommerzielle Potential der marktseitigen Konzentration voll auszuschöpfen.127 Zum Börsenregelwerk zählen dabei die Materien des Börsenregelwerks im eingangs definierten materiellen Sinn, also Zugangsregelung für Handelsteilnehmer, die Zulassungs- und Einbeziehungsregelung für Wertpapiere sowie die Regelung des börseninternen Handelsgeschehens, gleich aus welcher formellen Rechtsquelle sie stammen128. Hinsichtlich der Zulassungsstandards für Handelsteilnehmer lässt das deutsche Recht den Börsen kaum Spielraum. § 16 BörsG 2002 enthält hinsichtlich der materiellen Voraussetzungen der Handelsteilnehmer-Zulassung eine abschließende gesetzliche Vollregelung. Es ist also eine Anpassung der Partnerbörse an das deutsche Recht erforderlich, was eine hinreichende Flexibilität des dortigen Rechts voraussetzt. Hinsichtlich der Wertpapierzulassungsregeln, deren Anpassung zur Schaffung internationaler Handelssegmente erforderlich wäre, enthält § 30 BörsG 2002 i. V. m. BörsZulV und WpPG für Standardwerte ebenfalls eine Vollihre Feststellung den Erfordernissen des § 24 Abs. 2 BörsG 2002/2007 unterwirft. Man kann also in § 57 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 24 Abs. 1 BörsG 2007) eine Bestätigung sehen, dass sich die sachliche Reichweite eines börslichen Marktes im Sinne des deutschen Rechts tatsächlich nach den Kriterien der ökonomischen Reichweite bestimmt. 125 Mit dem FRUG hat sich die Marktsegmentierung und Wertpapierzulassung grundlegend geändert. Auch die Regelung der Handelsteilnehmerzulassung hat eine kleine, im vorliegenden Zusammenhang jedoch gewichtigte Veränderung erfahren. Im nachfolgenden Unterabschnitt werden deshalb insoweit keine Parallelfundstellen aus dem BörsG 2007 angegeben. Zu den Neuerungen und der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die neue Rechtslage vgl. Nachtrag D. III., S. 559 ff. 126 Vgl. zu dieser Gefahr grundsätzlich Svindland, Elektronische Märkte, S. 103 (118). 127 Wymeersch, Harmonisation, S. 10. 128 Siehe oben Teil 2, Abschnitt 1, A. II. 2., S. 110.

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regelung129. Der mangelnde Gestaltungsspielraum nach unten ist dabei freilich irrelevant, spiegeln die Regeln des deutschen Rechts doch im Wesentlichen nur den europaweit einheitlichen Mindeststandard der RL 2001/34/EG wider,130 während die RL 2003/71/EG eine abschließende und europaweit einheitliche Regelung der Prospektpflicht enthält.131 So besteht allenfalls ein Anpassungsbedarf nach oben. Ein gewisser Gestaltungsspielraum hierfür ist der Börsenanstalt durch § 42 BörsG 2002 eingeräumt, der in Subsegmenten strengere laufende Publizitätspflichten und damit die Anpassung nach oben in einem zentralen und auch aus Nutzersicht besonders relevanten Punkt erlaubt.132 Allerdings muss zumindest pro forma ein Grundsegment weiterbetrieben werden, in dem eine Standardwertzulassung allein auf Basis der gesetzlichen Anforderungen erlangt werden kann,133 was zu einer möglicherweise unerwünschten Zersplitterung des Standardwertsegments führen kann. Im Ergebnis ähnlich ist die Situation im nachgelagerten Marktsegment des Geregelten Marktes gemäß § 54 S. 2 BörsG 2002. Hinsichtlich der Handelsregeln – also der Regeln über zulässige Ordertypen, Orderzusammenführung, Vor- und Nachhandelstransparenz und Wohlverhaltenspflichten – ergibt sich ein rechtlich zwingender Vereinheitlichungsbedarf zumindest im Hinblick auf den Handel in den „hinzukommenden“ Wertpapieren. Dieser unterliegt aufgrund der ursprünglichen Zulassung bzw. Einbeziehung dieser Wertpapiere beim Kooperationspartner den dortigen Handelsregeln. Zugleich müssen die hinzukommenden Wertpapiere aus Sicht des deutschen Rechts auch von der Börsenanstalt in den Handel einbezogen werden und unterliegen damit den hiesigen Regeln.134 Da der Handel ein und desselben Wertpapiers135 nur nach einheitlichen Re129 Nach Redaktionsabschluss ist durch das TUG die Regelung der laufenden Transparenzpflichten in das WpHG verschoben worden, vgl. hierzu Nachtrag, S. 532. 130 Vgl. oben Abschnitt 3, A. II. 1. a)bb), S. 251 ff. 131 Kunold/Schlitt, Die neue EU-Prospektrichtlinie, BB 2004, 501 (502); Sandberger, Die EU-Prospektrichtlinie, EWS 2004, 297 (299). 132 Schwark-Heidelbach, § 42 BörsG Rn. 1, S. 466; Rn. 4, S. 468; Schlüter, Börsenhandelsrecht, G VII 2, Rn. 535. Vgl. auch Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2003, S. 37. 133 Vgl. nur RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 80, wonach an einer Anstaltsbörse für Emittenten immer auch die Möglichkeit einer Zulassung nach den unqualifizierten Standards des Amtlichen Marktes bestehen muss. 134 Gemäß §§ 24 Abs. 2, 57 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 24 Abs. 1, Abs. 2 BörsG 2007) müssen die Handelsregeln in allen an einer inländischen Börse in einem gesetzlichen Marktsegment oder im Freiverkehr gehandelten Wertpapieren das ordnungsgemäße (insbesondere preisbildungseffiziente und marktmissbrauchsfreie) Zustandekommen von Börsenpreisen sicherstellen. 135 Er soll auf der gemeinsamen Handelsplattform natürlich auch nur in einem einzigen Orderbuch stattfinden. Bezüglich der schon vor der Vernetzung nur an ei-

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geln stattfinden kann, bedarf es einer Anpassung. Je nach Börsenbegriff der Partnerrechtsordnung ergibt sich ein ähnlich zwingender Vereinheitlichungsbedarf auch umgekehrt aus Sicht des dortigen Rechts. Jedenfalls ist eine umfassende Vereinheitlichung der Handelsregeln kommerziell unerlässlich.136 Hierfür lässt das deutsche Recht den Börsen relativ großen Gestaltungsspielraum. Soweit nicht ohnehin europarechtlich zwingende Vorgaben bestehen, wie das hinsichtlich der Wohlverhaltenspflichten mit gesetzlichen Insider- und Marktmanipulationsverboten137 und mit der MFIRL auch bezüglich der Handelstransparenz138 in weitem Umfang der Fall ist, macht die Norm des § 24 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 24 Abs. 2 2007) mit der Zielvorgabe, das Zustandekommen marktgerechter Preise zu sichern und hierbei die Chancengleichheit der Marktteilnehmer zu wahren, nur recht grobmaschige Vorgaben.139 Insbesondere sind die in Europa gebräuchlichen quote- und/oder order-getriebene Preisbildungsmechanismen140 durchweg ner Börse gehandelten Wertpapiere versteht sich das von selbst. Bezüglich ehedem doppelnotierter Wertpapiere erfolgt eine Zusammenfassung des Handels in einem einzigen Orderbuch, denn gerade hierdurch ist ja der erwünschte Liquiditäts- und Qualitätszuwachs zu erwarten. 136 Wymeersch, Harmonisation, S. 10. Im Ergebnis ebenso Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, 19 (38 f.), der den Vereinheitlichungsbedarf schon aus technischen Praktikabilitätserfordernissen herleitet (und im Falle von Eurex zugleich im Wesentlichen durch die „Einprogrammierung“ wesentlicher Handelsregeln in die Matching-Algorithmen des gemeinsam verwendeten elektronischen Handelssystems gelöst sieht, a. a. O. S. 34). Ein Beleg für den zumindest kommerziellen Vereinheitlichungsbedarf wird man darin sehen können, dass die Vereinheitlichung sowohl bei Eurex als auch bei Euronext eines der zentralen Anliegen im Gefolge der Errichtung der gemeinsamen Handelsplattformen war. Vgl. zu Eurex die (einheitliche) „Börsenordnung für die Eurex Deutschland und die Eurex Zürich“ sowie zur Harmonisierung der Handelsregeln bei Euronext vgl. Euronext N. V., Comprehensive Paper, S. 8; Daigre, Les nouvelles règles de marché, RDBF 2001, 213 f. 137 Auf Grundlage von RL 2003/6/EG (Marktmissbrauchsrichtlinie) und der hierzu ergangenen Durchführungsrichtlinie der Kommission RL 2003/124 zur Definition der Insider-Information und Markmanipulation sowie RL 2004/72/EG zur Definition zulässiger Marktpraktiken. 138 Artt. 44, 45 MFIRL, konkretisiert durch Artt. 17 ff. VO (EG) 1287/2006. 139 Näher Schwark-Beck, § 24 BörsG Rn. 8 ff. m. w. N. 140 Im Überblick zu verschiedenen Preisbildungsmechanismen EZB, The euro equity markets, S. 37. Im ordergetriebenen Preisbildungsmechanismus ergeben sich Geschäftsabschlüsse, wenn sich Kundenorders im Orderbuch ausführbar gegenüberstehen. Die Zusammenführung erfolgt entweder fortlaufend oder punktuell in der sog. „Auktion“. Im quotegetriebenen Preisbildungsmechanismus ergeben sich Geschäftsabschlüsse dadurch, dass je ein oder mehrere market maker pro Wertpapier feste An- und Verkaufskurse stellen und Kunden ihre Orders diesen zuleiten, dabei selbstverständlich den besten Preis für ihr jeweiliges Ordervolumen suchend. Im Kern basieren beide Preisbildungsmechanismen auf der Ausführung von Orders gegen das jeweils günstigste gegenläufige Angebot, weshalb keine fundamentalen Unterschiede bestehen. An den meisten Börsen dominieren heute kombinierte Preisbil-

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mit den weitmaschigen Vorgaben des § 24 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 24 Abs. 2 BörsG 2007) vereinbar.141 Die Schaffung einheitlicher Handelsregeln auf der gemeinsamen Handelsplattform sollte der Börsenanstalt auf dieser Grundlage gelingen. III. Interne Umsetzungsakte Der Betrieb einer gemeinsamen Handelsplattform erfordert des Weiteren interne Umsetzungsakte: Die Vernetzung der Handelsplattformen (1.) bzw. die Konzentration des Infrastrukturbetriebs bei einem der Kooperationspartner (2.), sowie die Selbstbindung der anstaltlichen Willensbildung, muss diese doch fortan im Konsens mit dem Kooperationspartner erfolgen (3.). 1. Vernetzung der Handelsplattformen142

Zur Vernetzung der Handelsplattformen müssen die bislang getrennten Handelsinfrastrukturen zunächst rein physisch verbunden und Schnittstellen eingerichtet werden. Regelmäßig werden auch wechselseitige Anpassungen der Handelssoftware erforderlich, sofern die Partnerbörsen nicht ohnehin schon die gleiche Handelstechnologie verwenden.143 Diese Änderungen können die Systemzuverlässigkeit beeinträchtigen,144 infolge der Vernetzung können zudem eventuelle hard- oder softwarebedingte Systeminstabilitäten beim Kooperationspartner auf die gesamte gemeinsame Handelsplattform durchschlagen.145 Zwar enthält das BörsG hinsichtlich der Handelsinfrastrukturen und deren Stabilität keine ausdrücklichen aufsichtsrechtlichen Anforderungen, sondern dungsmechanismen, vgl. EZB, a. a. O., S. 38, wobei ein market making entweder explizit vorgesehen ist oder endogen entsteht als kurzfristiges, spekulatives Eigengeschäft großer professioneller Handelsteilnehmer, vgl. Domowitz, Liquidity, Transaction Costs, and Reintermediation in Electronic Markets, S. 14 mit Fn. 27. 141 Schwark-Beck, § 25 BörsG Rn. 31. 142 Mit dem FRUG wurden erstmals ausdrücklich die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Handelsinfrastruktur formuliert. Zu diesen Anforderungen und zur Übertragbarkeit der Ergebnisse siehe daher zunächst Nachtrag, D. IV., S. 561 f. 143 So arbeiten neben der FWB auch die Dubliner und Wiener Börse unter Verwendung der Xetra-Technologie, vgl. Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2005, S. 46. Zur Verbreitung der von OMX AB entwickelten Handelstechnologie vgl. OMX AB, Annual Report 2004, S. 33, zur Verbreitung der von AtosEuronext entwickelten NSC-Techologie vgl. Euronext N. V., Annual Report 2004, S. 93. 144 Vgl. zur Fehleranfälligkeit von Schnittstellen Schenk, Informationstechnologie und Börsensysteme, S. 136 f. 145 Vgl. grundsätzlich Gizard, Interview v. 5. Juni 2002.

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überlässt diese Frage der Gestaltungsverantwortung der Börsenanstalt, welche sie ihrerseits im Rahmen regelmäßig nur grobmaschiger Vorgaben dem Trägerunternehmen überantwortet.146 Doch erhellt eine Interpretation der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe (§ 1 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 = § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) im Lichte der regulatorisch angestrebten Börsenund Kapitalmarktfunktionalität, dass es zum grundlegenden Auftrag der Börse gehört, für den ordnungsgemäßen und d.h. zunächst einmal unterbrechungsfreien Börsenbetrieb zu sorgen.147 Die Börsenanstalt hat deshalb im Zuge ihrer Aufgabenerfüllung insbesondere für eine stabile Funktionsfähigkeit ihrer technischen Handelsinfrastrukturen zu sorgen.148 Während dies zu Zeiten der Parkettbörsen kaum problematisch war, ist die Systemstabilität mit der Elektronisierung des Handelsgeschehens zu einer vergleichsweise störungsanfälligen Grundvoraussetzung funktionsfähiger Börsen geworden.149 Hierauf reagierte der Gesetzgeber des 2. FMFG, indem er mit § 1 Abs. 4 S. 2 BörsG 2002 (= § 3 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) klarstellte, dass sich die Börsenaufsicht auch auf „Einrichtungen, die sich auf den Börsenverkehr beziehen“, erstreckt.150 Ausweislich der Motive gehört hierzu namentlich die elektronische Handelsplattform einer Börse.151 Die Anstalt muss somit – durch entsprechend konkretisierte Anforderungen gegenüber dem Trägerunternehmen – bei einer Vernetzung der Handelsplattformen jedenfalls sicherstellen, dass die Handelsinfrastruktur weiterhin stabil funktioniert. Zu diesem Zweck muss sie neben der Systemkompatibilität angesichts des vernetzungsbedingten Risikos eines Durchschlagens insbesondere auch die Stabilität und kapazitätsmäßige Angemessenheit der Partnersysteme sicherstellen bzw. die Aufrechterhaltung der Vernetzung von diesen Anforderungen abhängig machen. 146

Siehe oben Abschnitt 2, A. I., S. 136 f. und S. 139. Vgl. Göppert, Das Recht der Börsen, S. 89; Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 104 f. Zur Relevanz des disruptionsfreien Börsenbetriebs für die Sekundärmarktfunktionalität siehe auch Abschnitt 2, B. I. 1., S. 226 f. 148 Vgl. RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 59 unter Hinweis auf die seinerzeit als besonders relevant empfundene Gefahr technisch nicht ausgereifter Systeme. Siehe auch Beck, Xetra, WM 1998, 417 (421); Schäfer-Peterhoff, § 1 BörsG Rn. 11. 149 Die Bedeutung des kontinuierlichen Systembetriebs zeigt sich etwa daran, dass 88% aller Börsen ihre Infrastrukturen vollständig redundant ausgestalten, vgl. O’Hara, WFE Trading Survey 2003, S. 16; zur Störungsanfälligkeit vgl. dies., a. a. O., S. 17 f. 150 Vgl. RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 59; Schäfer-Peterhoff, § 1 BörsG Rn. 11. Dazu, dass diese Änderung in Bezug auf die elektronischen Handelssysteme nur klarstellenden Charakter hatte, da der Infrastrukturbetrieb als integraler Teil des Börsenbetriebs ohnehin schon der Börsenaufsicht unterlag, vgl. Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 34; Breitkreuz, Börse, S. 198. 151 RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 59. 147

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Die Börsenaufsichtsbehörde, der natürlich auch unter § 1 Abs. 4 S. 2 BörsG 2002 (= § 3 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) nur eine Rechtsaufsicht152 und keine Zweckmäßigkeitskontrolle zusteht,153 muss über Gefahren von infrastrukturbedingten Betriebsunterbrechungen an der Anstaltsbörse wachen.154 Aus den genannten Gründen können diese Gefahren in der anstaltlichen Infrastruktur selbst, aber auch in den Handelsinfrastrukturen der ausländischen Partnerbörse liegen, welche somit ebenfalls ins Blickfeld der deutschen Aufsichtsbehörde rücken.155 Treten Gefahren auf, so kann die Börsenaufsichtsbehörde ihr Instrumentarium gegenüber der Anstalt einsetzen und ihr im Wege der Anordnung nach § 2 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 3 Abs. 5 BörsG 2007) Maßnahmen zur Sicherung der Infrastrukturstabilität aufgeben,156 bei dauerhaften Systemdefiziten an der Kooperationsbörse bis hin zur Beendigung der Vernetzung. 152

Vgl. nur Breitkreuz, Börse, S. 200; Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 34. Zuzugeben ist die praktische Schwierigkeit der Grenzziehung zwischen einer nur unzweckmäßigen Infrastrukturgestaltung und einer solchen, in welcher das Risiko von Systemunterbrechungen so greifbar wird, dass es eine aufsichtsrechtlich relevante Gefahr für den ordnungsgemäßen Börsenbetrieb darstellt. Allgemein zur den Schwierigkeiten der Abgrenzung von Rechts- und Fachaufsicht im Falle einer – wie hier – im Wesentlichen nur final programmierten öffentlichen Aufgabe vgl. Lange, Die öffentlichrechtliche Anstalt, VVDStRL 44 (1986), 169 (201 f.). 154 Insbesondere dazu, dass Aufsichtssubjekt in Bezug auf die Handelsinfrastrukturen die Anstalt als Börsenbetreiberin selbst und nicht das Trägerunternehmen ist, vgl. Schäfer-Peterhoff, § 1 BörsG Rn. 11. 155 Vgl. zur Parallelsituation anlässlich der Bildung einer gemeinsamen Handelsplattform zwischen der Pariser, Brüsseler und Amsterdamer Börsen im Zuge von Euronext Gizard, Interview v. 5. Juni 2002: Belgische und niederländische Aufsichtsbehörden hatten auch Zuverlässigkeit des französischen NSC-Systems zu prüfen, wobei sie allerdings keine eigenständige Prüfung vor Ort vornahmen, sondern sich im Rahmen einer Aufsichtskooperation auf die von der französichen CMF übermittelten Daten stützten. 156 Zur Anwendbarkeit von § 2 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 3 Abs. 5 BörsG 2007) gelangt man, wenn man den Normzweck mit Schwark-Beck, § 2 BörsG Rn. 20 in der Ermöglichung einer effektiven Rechtsaufsicht über die Börsenanstalt sieht und zugleich mit der hier vertretenen Ansicht die Anstalt als primäre Aufgabenträgerin betrachtet. Dann ist der Begriff der „ordnungsgemäßen Durchführung des Handels“ in § 1 Abs. 4, § 2 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 3 Abs. 1, Abs. 5 S. 2 BörsG 2007) extensiv im Sinne einer gesetzeskonformen Aufgabenerfüllung zu verstehen, welche in § 1 Abs. 2 S. 2 BörsG (= § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) mit ähnlichen Worten als „Durchführung [. . .] des Börsenbetriebs“ bezeichnet wird. Deren Grundvoraussetzung ist jedenfalls der disruptionsfreie Börsenbetrieb, über dessen Voraussetzungen die Börsenaufsicht zu wachen hat. Die h. M., welche als primären Aufgabenträger nicht die Anstalt, sondern das Trägerunternehmen ansieht, diskutiert vergleichbare Fragen im Rahmen der Aufsicht über das Trägerunternehmen, vgl. Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 41, welcher a. a. O. bei Fn. 249 ein Vorgehen im Wege „der Rechtsaufsicht“ gegen das Trägerunternehmen befürwortet, wenn Systeminsuffizienen und -instabilitäten drohen. 153

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2. Konzentration des Infrastrukturbetriebs

Wird gar die Konzentration des Infrastrukturbetriebs beim ausländischen Kooperationspartner angestrebt, so tritt neben die Frage der Systemstabilität diejenige der Zulässigkeit eines Outsourcings beim Systembetrieb durch das Trägerunternehmen nach § 1 Abs. 3 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 3 BörsG 2007) [a)]. Wird hingegen eine Konzentration beim inländischen Trägerunternehmen vereinbart, so stellt sich vor allem das Problem, inwieweit eine Tätigkeit des Trägerunternehmens als Auslagerungsunternehmen im Dienste des ausländischen Börsenbetreibers zulässig ist [b)]. a) Infrastrukturbetrieb durch den ausländischen Kooperationspartner Soll der Infrastrukturbetrieb beim ausländischen Kooperationspartner konzentriert werden, so muss das Trägerunternehmen diese Tätigkeit auf den ausländischen Börsenbetreiber als Erfüllungsgehilfen auslagern können. Eine solche Auslagerung ist, wie § 1 Abs. 3 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 3 BörsG 2007) heute klarstellt, grundsätzlich zulässig. Da es sich beim Betrieb der Handelsinfrastruktur um einen wesentlichen Tätigkeitsbereich handelt,157 ist in formeller Hinsicht die vorherigen Anzeige der Auslagerung an Börsenaufsichtsbehörde und Börsenrat gemäß § 1 Abs. 3 S. 3, § 9 Abs. 2 S. 4 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 3 S. 3, § 12 Abs. 2 S. 4 BörsG 2007) erforderlich.158 In materieller Hinsicht ist gemäß § 1 Abs. 3 S. 1 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 3 S. 1 BörsG 2007) erforderlich, dass die Auslagerung die „ordnungsmäßige Durchführung des Handels an der Börse“ nicht beeinträchtigt. „Insbesondere“ muss sich das Trägerunternehmen hierzu gemäß § 1 Abs. 3 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 3 S. 2 BörsG 2007) ausreichende Weisungsrechte und Kontrollmöglichkeiten vorbehalten.159 Dabei zeigt die Formulierung, dass allein der Vorbehalt solcher Eingriffsrechte nicht genügt, sich vielmehr die Frage der Auslagerungsfähigkeit eines Tätigkeitsbereichs nach weiteren Kriterien beurteilt.160 Die Auslegung hat dabei vom Normzweck auszuge157 Vgl. die Stellungnahme des Bundesrates zum RegE 4. FMFG, auf dessen Initiative die Regelung zurückgeht, in BT-Drs. 14/8017, S. 146. Nun auch Christoph, Börsenkooperationen, S. 323, S. 327 f. 158 Die Anzeigepflicht an den Börsenrat ergibt sich dabei aus dessen Stellungnahmerecht nach § 9 Abs. 2 S. 4 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 4 BörsG 2007), vgl. hierzu und zum Umfang der Unterrichtung Beck, Reform des Börsenrechts, BKR 2002, 662 (667 f.). 159 Näher Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 29, S. 47. 160 Vgl. die parallele Situation bei der Auslagerungskontrolle im Bankrecht. Hier ist zu § 25a Abs. 2 KWG anerkannt, dass (ungeschriebene) Grundvoraussetzung eines Outsourcing das Vorliegen eines auslagerungsfähigen Bereichs ist, Boos/Fi-

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hen, der im Schutz der „ordnungsmäßigen Durchführung des Handels an der Börse“ besteht. Versteht man diesen Begriff mit der herkömmlichen Ansicht und in Anlehnung an die Formulierung des (u. a.) zur Handelsaufsicht ermächtigenden § 1 Abs. 4 S. 3 BörsG 2002 (= § 3 Abs. 1 S. 3 BörsG 2007) lediglich im Sinne der Rechtmäßigkeit des eigentlichen Handelsgeschehens,161 so greift diese Interpretation zu kurz. Denn für dieses Schutzgut drohen infolge einer Auslagerung im technisch-infrastrukturellen Bereich kaum aufsichtsrechtlich relevante Gefahren.162 Das durch Outsourcing potentiell gefährdete Regelungsanliegen ist vielmehr die gesetzeskonforme Erfüllung der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe als solche, die ja in der nachhaltigen Bereitstellung einer – auch und gerade in infrastruktureller Hinsicht – qualitativ hochwertigen und international wettbewerbsfähigen Börsendienstleistung besteht.163 Auch der historische Entstehungskontext legt einen solchen weitergehenden Schutzzweck nahe, wurde die Auslagerungskontrolle doch genauso wie die Betriebspflicht im Zeichen der Diskussion um internationale Betreiberfusionen und die dadurch befürchtete Beeinträchtigungen der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe geregelt.164 § 1 Abs. 3 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 3 BörsG 2007) dient somit der Sicherung der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe und insbesondere der Aufrechterhaltung des strukturellen Richtigkeitsgewährmechanismus. scher/Schulte-Mattler-Braun, § 25a KWG Rn. 563, 577 ff. Näher und mit eingehender Kritik der bisherigen Handhabung allerdings Jörgens, Die koordinierte Aufsicht über europaweit tätige Bankengruppen, S. 263 ff. 161 Vgl. Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 38; Breitkreuz, Börse, S. 197. Ein Blick auf die Parallelnorm des § 25a Abs. 2 KWG, § 33 Abs. 2 WpHG zeigt dabei allerdings, dass die Formulierung „ordnungsmäßige Durchführung des Handels“ weniger einer bewussten Anknüpfung des Gesetzgebers an § 1 Abs. 4 BörsG 2002 (= § 3 Abs. 1 BörsG 2007), als vielmehr einer unbesehene Übernahme der Formulierungen des § 25a Abs. 2 KWG und § 33 Abs. 2 WpHG („Ordnungsmäßigkeit“ der Geschäfte bzw. Dienstleistungen) geschuldet sein dürfte, zu welchen ausdrücklich Parallelnormen geschaffen werden sollten, vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 146. 162 Eine Beeinträchtigung wäre allenfalls denkbar, wenn ein externer Infrastrukturbetreiber die Handelssoftware so gestalten würde, dass etwa die Rückverfolgung von Geschäften zum Handelsteilnehmer erschwert würde oder die Ausgestaltung der Handelsalgorithmen die Durchführung von Marktmanipulationen erleichtern würde. In letzterem sah der Gesetzgeber des 2. FMFG eine Gefahr, vgl. RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 59. Tatsächlich dürfte es sich hierbei um eher theoretische Fallgestaltungen handeln. Ein echtes Regelungsbedürfnis für die Auslagerungskontrolle verneint dementsprechend Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 30. 163 Siehe eingehend oben Abschnitt 2, A. III. 2., S. 159 ff. 164 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 146. Zur Notwendigkeit der Auslegung im Lichte der seinerzeitigen iX-Konzentrationsbemühungen und der dabei aufgeflammten Diskussion um die Sicherung der öffentlichen Betriebsaufgabe vgl. auch Schwark- Beck, § 1 BörsG Rn. 28.

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Dieser Richtigkeitsgewährmechanismus baut darauf, dass das Trägerunternehmen im Rahmen der anstaltlichen Vorgaben eigeninitiativ eine optimale Betriebstätigkeit für die Anstaltsbörse erbringt.165 Das hierdurch strukturell gesicherte Qualitätsniveau soll auch im Falle einer Auslagerung gewahrt bleiben. Auslagerungsfähig sind deshalb vor dem Hintergrund des § 1 Abs. 3 S. 1 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 3 S. 1 BörsG 2007) überhaupt nur solche Bereiche, bei deren Outsourcing Leistungsqualität und Kosten für das Trägerunternehmen effektiv kontrollier- und sanktionierbar bleiben.166 Beim Infrastrukturbetrieb ist das heute im Großen und Ganzen gegeben, existiert doch ein Vergleichsmarkt in Gestalt von IT-Dienstleistern und verschiedenen europäischen Börsenbetreibern, die auch als Infrastrukturdienstleister tätig werden.167 Ist die Kontrollierbarkeit damit gegeben, so kann erwartet werden, dass das Trägerunternehmen im eigenunternehmerischen Interesse für ein aufgabenkonformes Leistungsniveau sorgt. Der Infrastrukturbetrieb ist damit ein auslagerungsfähiger Bereich.168 Man wird im Dienste der Sicherung des Börsenbetriebs aber verlangen müssen, dass sich das Trägerunternehmen in der Auslagerungsabrede – beziehungsweise im Falle der gemeinsamen Handelsplattform im diesbezüglichen Passus der Kooperationsabrede – über die in § 1 Abs. 3 S. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 3 S. 2 BörsG 2007) ausdrücklich erwähnten Kontroll- und Weisungsrechte hinaus das Rechts der Vertragsauflösung bei Schlechterfüllung vorbehält.169 Des Weiteren müssen Kooperationspflichten bei der (Rück-)Überleitung der Tätigkeit auf das Trägerunternehmen oder einen neuen Dienstleister vereinbart werden, für den Fall, dass die Auslagerung beendet werden solle. Andernfalls könnte es zu Unterbrechungen im Börsenbetrieb kommen, die den Bestand der Börse gefährden170 und das Trä-

165

Siehe oben Abschnitt 2, A. III. 3. b), S. 166 ff. und insbesondere S. 170 f. Vgl. zur parallelen Problematik auf der ersten Stufe der Auslagerung (öffentlicher Aufgabenträger an privates Unternehmen als Verwaltungshelfer) Bodanowitz, Organisationsformen, S. 149 ff.; Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 172, S. 310. Vgl. zum Outsourcing anderer Finanzdienstleister Hanten, Aufsichtsrechtliche Aspekte des Outsourcing bei Kapitalanlagegesellschaften, ZBB 2003, 291 (294). 167 Vgl. zur Bedeutung des Vergleichsmarktes für die Leistungskontrolle schon oben unter Abschnitt 2, A. III. 3. b), S. 167. Als Infrastrukturdienstleister für andere Börsenbetreiber treten u. a. OMX, Euronext und Deutsche Börse AG auf, vgl. oben Fn. 143, S. 344. 168 IE ebenso Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, 19 (36); Christoph, Börsenkooperationen, S. 323 f. 169 Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 29 unter Heranziehung des BaFin-Rundschreibens 11/2001 zur Auslagerung von Bereichen auf ein anderes Unternehmen durch Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute nach § 25a Abs. 2 KWG. 170 Siehe dazu schon oben unter Abschnitt 2, A. III. 1. b), S. 156. 166

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gerunternehmen schon im Vorfeld von der proaktiven Ausübung seiner vertraglichen Kontroll- und Sanktionsrechte abhalten könnten.171 b) Infrastrukturbetrieb durch das Trägerunternehmen der Anstaltsbörse Soll umgekehrt der Infrastrukturbetrieb beim Trägerunternehmen konzentriert werden, so stellt sich die Frage, ob diese zusätzliche wirtschaftliche Betätigung zulässig ist.172 Sie beurteilt sich in Ermangelung besonderer gesetzlicher Bestimmungen nach den allgemeinen Kriterien der Trägertauglichkeit, wobei hier nur der Gesichtspunkt der eigenunternehmerischen Anreizsituation problematisch ist. Denn wird ein Trägerunternehmen für einen anderen Börsenbetreiber als Infrastrukturdienstleister tätig, so könnte sich eine unzulässige Anreizverschiebung dergestalt ergeben, dass das Trägerunternehmen nicht mehr ausschließlich auf den Erfolg der Anstaltsbörse fokussiert ist.173 Anders als beim gleichzeitigen Betrieb mehrerer Konkurrenzbörsen ist das Trägerunternehmen beim rein austauschvertraglich basierten Infrastrukturbetrieb für einen anderen Börsenbetreiber allerdings nicht unternehmerisch interessiert, denn seine Vergütung ist grundsätzlich unabhängig vom Markterfolg seines Kunden und ihm fließt selbst im Falle einer erfolgsabhängigen Vergütung doch nie der Residualgewinn der dortigen Börsenbetriebstätigkeit zu. Das nur mittelbare Interesse am Erfolg auch der anderen Börse lässt den Anreiz des Trägerunternehmens zu einem möglichst guten Einsatz für die Anstaltbörse nicht entfallen, weshalb Infrastrukturbetriebsleistungen für andere Börsenbetreiber zulässig sind.174 Erst recht gilt das für die Konzentration des Infrastrukturbetriebs beim Trägerunternehmen im Rahmen einer gemeinsamen Handelsplattform, wo jede Dienstleistungstätigkeit für den „anderen“ Börsenbetreiber unmittelbar dem gemeinsam betriebenen börslichen Markt zugute kommt.175 171 Die in diesem Unterabschnitt gefundenen Ergebnisse gelten unter dem FRUG unverändert fort, da sich die Regelung des Outsourcings in § 5 Abs. 3 BörsG 2007 gegenüber der bisherigen Rechtslage nicht verändert hat, vgl. auch Nachtrag D. IV., S. 561 f. 172 Vgl. Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, 19 (36 f.); eingehend Lorenz, Wertpapierbörse, S. 137 ff. und insbesondere S. 144 ff. 173 Vgl. Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (559); Lorenz, Wertpapierbörse, S. 138, S. 144. 174 IE ebenso Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, 19 (36 f.), der allerdings jegliche aufsichtsrechtliche Relevanz wirtschaftlicher Betätigung außerhalb des eigentlichen Börsenbetriebs verneint, sowie Christoph, Börsenkooperationen, S. 331 ff., der zwar eine aufsichtsrechtliche Relevanz grundsätzlich bejaht, aber dem Aspekt der unternehmerischen Anreizsituation keinerlei Bedeutung zumisst. A. A. Lorenz, Wertpapierbörse, S. 166 f.: Infrastrukturbetrieb für „große“ Konkurrenzbörsen oder für zahlreiche Kleinbörsen ist unzulässig.

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3. Selbstbindung an den Konsens des Kooperationspartners

Gleich ob die technischen Infrastrukturen nur vernetzt sind oder ihr Betrieb konzentriert ist, die Gestaltungsvorstellungen der beiden Betreiber bezüglich ihrer Handelsinfrastrukturen müssen sich fortan einheitlich entwickeln. Gleiches gilt in regulatorischer Hinsicht, um ein möglichst einheitliches Regelwerk für die gemeinsame Handelsplattform anbieten zu können. In der zugrundeliegenden Kooperationsabrede muss sich die Börsenanstalt folglich zur Willensbildung im Konsens mit ihrem Kooperationspartner verpflichten. Ist nur das Trägerunternehmen Vertragspartner,176 so müsste dieses zusagen und dafür sorgen können, dass die anstaltliche Willensbildung entsprechend der von ihm mit dem ausländischen Kooperationspartner erarbeiteten Gestaltungskonzepte erfolgt. Praktisch dürfte die Konsensfindung dabei die Schaffung eines „Kooperationsrates“ erfordern, in dem die Börsengeschäftsführung (bzw. Leitungsorgane des Trägerunternehmens, welche dieses Amt ohnehin meist in Personalunion ausüben) und Leitungsorgane des ausländischen Börsenbetreibers in regelmäßigen Zusammentreffen die gemeinsamen Gestaltungskonzepte erarbeiten.177 Soweit es nicht nur um Details der technisch-infrastrukturellen Ausgestaltung der Börsendienstleistung geht, über welche die Börsengeschäftsführung alleine entscheiden darf, ist zur anstaltsinternen Umsetzung dieser Konzepte dann die Beschlussfassung des Börsenrates erforderlich.178 Denn in seine ausschließliche Kompetenz fallen gemäß § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 Nr. 1 BörsG 2007) der Erlass der Börsenordnung sowie gemäß § 9 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 2 BörsG 2007) auch grundlegende technisch-infrastrukturelle Entscheidungen wie z. B. die Einführung eines neuen elektronischen Handelssystems. Dabei kann praktisch nur ein veränderungsloses Absegnen dieser Konzepte zum Ziel führen, ist doch ein weiteres Entgegenkommen vom Kooperationspartner über den bereits erzielten Kompromiss hinaus kaum zu 175 Auch die hier gefundenen Ergebnisse gelten unter dem BörsG 2007 fort, vgl. Nachtrag D. IV., S. 561 f. 176 Siehe oben I., S. 315 f. in Verbindung mit Abschnitt 3, A. I. 3., S. 248. 177 Vgl. den ähnlichen Ablauf beim Abschluss sogenannter Normverträge im Sozialversicherungsrecht. Normverträge zielen auf eine Koordination der Normsetzung durch mehrere Sozialversicherungsträger und sind Ausdruck des dort bestehenden Abstimmungsbedarfs. Sie werden als Vertrag zwischen deren Spitzen ausgehandelt, vgl. Hänlein, Rechtsquellen im Sozialversicherungsrecht, S. 265 ff.; Neumann, Normenvertrag, Rechtsverordnung oder Allgemeinverbindlicherklärung?, S. 19 f. 178 Vgl. zur parallelen Lage im Sozialversicherungsrecht Schulin-Ebsen, Handbuch des Sozialversicherungsrechts I, § 7 Rn. 98: In Abwesenheit einer gesetzlichen Geltungsanordnung bedarf der Inhalt der Normverträge (vgl. zum Begriff Fn. zuvor) der Umsetzung in verbandsinternes Satzungsrecht.

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erwarten. Infolge dieser Selbstbindung lässt die Anstalt ihre Gestaltungsentscheidungen partiell extern determinieren und überträgt somit einen Teil der ihr obliegenden Gestaltungsverantwortung auf den kooperierenden Betreiber.179 Soll die Zulässigkeit einer inhaltlichen Determination der anstaltlichen Willensbildung durch Externe geprüft werden, so ist Maßstab der § 9 BörsG 2002 (= § 12 BörsG 2007). Diese Vorschrift normiert den Grundsatz der anstaltsinternen Willensbildung durch den binnenplural zusammengesetzten Börsenrat sowie die vom Börsenrat bestellten Börsengeschäftsführer.180 Regelerlass sowie alle börslichen Vollzugakte sind hierdurch – direkt oder indirekt – binnenplural legitimiert. Noch vor einer teleologischen Auslegung des § 9 BörsG 2002 (= § 12 BörsG 2007) im Lichte der börsenrechtsspezifischen Regelungsziele ist vorrangig die verfassungsrechtliche Relevanz der binnenpluralen anstaltlichen Willensbildung zu klären, kann diese doch zu einer besonders strengen Auslegung der Norm zwingen. Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Überlegungen ist dabei, dass jede Ausübung von Hoheitsgewalt nach Art. 20 Abs. 2 GG demokratisch legitimiert sein muss,181 wobei nicht nur die unmittelbare Regelungstätigkeit gegenüber dem Bürger, sondern auch die vorausgehende verwaltungsinterne Entscheidungsfindung Ausübung von Hoheitsgewalt in diesem Sinne ist182. Die Legitimation von Verwaltungstätigkeit vollzieht sich grundsätzlich durch die beiden komplementären Mechanismen der personellen und sachlichen Legitimation.183 Die personelle Legitimation besteht in einer ununterbrochenen, über Ministerialbürokratie und Parlament letztlich auf das Staatsvolk rückführbaren Kette von Bestellungsakten,184 die sachliche Legitimation in einer inhaltlichen Determination der Verwaltungstätigkeit durch Parlamentsgesetze nebst parlamentarischer Verantwortlichkeit des Ministers.185 Während im Börsenwesen die 179 Vgl. zur Bewertung vergleichbarer Vorgängen im Sozialversicherungsrecht Hänlein, Rechtsquellen im Sozialversicherungsrecht, S. 285 mit Rückverweis auf S. 228 ff. Eine ähnliche Situation ergibt sich beim Zusammenschluss mehrerer Träger funktionaler Selbstverwaltung zu privatrechtlichen Spitzenverbänden, hierzu Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 481: Fremdbestimmung infolge eines „faktischen Zwangs zum einheitlichen Auftreten“. 180 Siehe oben Abschnitt 2, III. 3. a) und b), S. 165. 181 Vgl. nur Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, HStR II (3. Aufl.), § 24 Rn. 12; präzisierend für Selbstverwaltungsträger Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 372 f. 182 BVerfGE 93, 37 (68 f.). 183 Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, S. 327 f.; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 357 f. 184 BVerfGE; 47, 253 (272, 275); 93, 37, 67; Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, HStR II (3. Aufl.) § 24 Rn. 16.

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sachliche Legitimation durch vergleichsweise dichte gesetzliche Vorgaben für die börseneigene Regelungs- und Vollzugstätigkeit noch stark ausgeprägt ist,186 fehlt es in der Börsenanstalt vor allem an personeller Legitimation:187 Der Börsenrat als zentrales Willensbildungsorgan wird von den Nutzergruppen nach § 10 BörsG 2002 (= § 13 BörsG 2007) frei gewählt. Dieser wiederum wählt gemäß § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2007) die Börsengeschäftsführung, welche – teils wieder in Zusammenarbeit mit dem Rat – die übrigen Börsenorgane bestellt.188 Einziges Element staatlich-hierarchischer Mitwirkung hieran ist das aufsichtsbehördliche Einvernehmen zur Bestellung der Börsengeschäftsführung gemäß § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2007) und der Besetzung der Handelsüberwachungsstelle nach § 4 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 BörsG 2007). In Anbetracht dieses für die funktionale Selbstverwaltung durchaus typischen personellen Legitimationsdefizits wird der binnenpluralen Willensbildung in der verfassungsrechtlichen Diskussion unterschiedliche Bedeutung zugemessen: Zum Teil wird in ihr ein eigenständiger originär-demokratischer Legitimationsmechanismus erblickt. Die mitentscheidenden Nutzer werden hiernach unter der Bezeichnung als Verbandsvolk zum Legitimationssubjekt im Sinne des Art. 20 Abs. 2 GG erhoben.189 Die binnenplural ausgestaltete 185 BVerfG v. 5. Dezember 2002 – 2 BvL 5 u 6/98; Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, HStR II (3. Aufl.) § 24 Rn. 21. 186 Vgl. zur Dichte gesetzlicher Vorgaben für die börslichen Regelwerke soeben unter II. 2. c), S. 341 ff. 187 Vgl. allg. zu diesem Defizit in der funktionalen Selbstverwaltung BVerwGE 106, 64 (76 f.); Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 373 f. 188 Gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 BörsG 2007) wird der Leiter der Handelsüberwachungsstelle auf Vorschlag der Geschäftsführung vom Börsenrat im Einvernehmen mit der Börsenaufsichtsbehörde bestellt, sonstiges Personal der Handelsüberwachungsstelle kann von der Börsengeschäftsführung benannt werden, arg. e § 4 Abs. 2 S. 4 BörsG 2002 (= § 7 Abs. 2 S. 3 BörsG 2007). Die personelle Zusammensetzung der Zulassungsstelle bleibt gemäß § 31 BörsG 2002 der Regelung durch die Börsenordnung überlassen. An der FWB werden die Mitglieder der Zulassungsstelle durch den Börsenrat gewählt, vgl. § 52 Abs. 1 FWB Börsenordnung. Zulässig wäre aber auch eine unmittelbare Bestellung durch die Börsengeschäftsführung, vgl. Schwark-Heidelbach, § 31 BörsG Rn. 7; Schwark (2. Aufl.), § 37 BörsG Rn. 4. Die personelle Zusammensetzung des Sanktionsausschusses ist gemäß § 20 BörsG 2002 (= § 22 BörsG 2007) durch den Landesverordnungsgeber zu regeln. In Hessen sieht § 2 SanktionsausschussVO eine Wahl durch den Börsenrat auf Vorschlag der Börsengeschäftsführung vor. Zulässig wäre aber auch hier eine Regelung, wonach die Börsengeschäftsführung die Mitglieder bestellt, vgl. Schwark (2. Aufl.), § 9 BörsG Rn. 5. 189 Maunz/Dürig-Herzog, Art. 20 GG, Erl. II Rn. 56 f.; Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, S. 386 ff.; Oebbecke, Weisungsund unterrichtungsfreie Räume in der Verwaltung, S. 87 ff.; Tettinger, Demokratie-

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funktionale Selbstverwaltung trägt nach diesem Verständnis ihre verfassungsrechtliche Legitimation eo ipso in sich. Mithin steht der formell-legitimatorische Aspekt, nämlich die Entscheidung allein durch die Entscheidungsbetroffenen, im Vordergrund und würde als solcher ein striktes Verbot der Mitwirkung Dritter und zumal ausländischer Dritter an der Willensbildung bewirken.190 Indes kann staatsrechtliches Legitimationssubjekt im Sinne des Demokratieprinzips nur das Staatsvolk in Bund und Ländern sein.191 Die binnenplurale Mitentscheidung hat keine unmittelbar demokratiestaatliche Relevanz, weshalb auch der Schluss auf die absolute Unzulässigkeit einer partiell externen Determination nicht möglich ist. Selbstverständlich muss aber die funktionale Selbstverwaltung mit ihrem strukturbedingten Legitimationsdefizit eine verwaltungsorganisationsrechtliche Ausnahme bleiben, die ihre Rechtfertigung vor dem Demokratieprinzip nur durch ihre besondere Aufgabenadäquanz erlangen kann.192 Diese ist gerade in der Möglichkeit binnenpluraler Willensbildung zu suchen, wie sie die Ausgliederung auf Träger mittelbarer Staatsverwaltung ermöglicht.193 Für die Frage, ob eine partiell externe Mitwirkung an der anstaltlichen Willensbildung mit dem Demokratieprinzip vereinbar ist, wird man also auf die der gesetzgeberischen Entscheidung zugunsten der funktionalen Selbstverwaltung zugrundeliegenden Überlegungen zurückverwiesen. Neben dem formell-partizipatorischen Element, welches auch in Abwesenheit eines unmittelbar-demokratiestaatlichen Bedeutungsgehalts doch dem ganz pragmatischen Anliegen der Akzeptanzsteigerung durch Mitwirkung dienen kann,194 spielen dabei meist auch materielle Richtigkeitsüberlegungen eine Rolle.195 Sind diese beiden Richtigprinzip im Kammerwesen, in: Schnapp (Hrsg.), Funktionale Selbstverwaltung und Demokratieprinzip, S. 89 (93); vgl. auch Lange, Die öffentlich-rechtliche Anstalt, VVDStRL 44 (1986), 169 (195). In diesem Sinne in Bezug auf die Börse SchwarkBeck, § 1 BörsG Rn. 12 S. 31; Christoph, Börsenkooperationen, S. 140 f.; Kümpel/ Hammen, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 1 (6). 190 Vgl. Maunz/Dürig-Herzog, Art. 20 GG, Erl. II Rn. 54 f.; Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, 421 ff., 441 ff.; Kleine-Cosack, Berufsständische Autonomie und Grundgesetz, S. 204. 191 Wohl h. M.: BVerwGE 106, 64 (77); Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, HStR II (3. Aufl.) § 24 Rn. 33; Augsberg, Rechtsetzung, S. 81; Castendiek, Der sozialversicherungsrechtliche Normensetzungsvertrag, S. 105 ff.; eingehend Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 369 ff. m. w. N.; differenzierend Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 274 ff. 192 Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, HStR II (3. Aufl.) § 24 Rn. 34; Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 277. Ähnlich i. E. auch Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 379. Die Rechtfertigung stellt hier einen Fall der praktischen Konkordanz zwischen Demokratieprinzip und anderen Staatszielen bzw. Staatsaufgaben dar, vgl. Kluth, a. a. O., S. 351 f. 193 Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 379 f.

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keitsgewährmechanismen auch bei einem „Fremdeinfluss“ noch wirksam, so ist er mit dem – telelogisch ausgelegten – einfachen Organisationsrecht vereinbar und zugleich vor dem Demokratieprinzip gerechtfertigt. Im Börsenrecht verspricht sich der Gesetzgeber vom Binnenpluralismus nach § 9 BörsG 2002 (= § 12 BörsG 2007) eine formell-partizipatorisch vermittelte Akzeptanzsteigerung,196 daneben aber auch und gerade eine in der Sache „gute“ Ausgestaltung der börslichen Regelwerke:197 Durch die Mitentscheidung aller ökonomisch betroffenen Gruppen (Handelsteilnehmer, Emittenten, Anleger) soll eine allen Interessen bestmöglich Rechnung tragende Ausgestaltung der Börsendienstleistung bewirkt werden.198 Der Gesetzgeber legt hierbei in § 9 Abs. 1 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 1 BörsG 2007) in Verbindung mit den jeweiligen Länderverordnungen zur Wahl der Börsenräte selbst ein ganz bestimmtes Verhältnis der einfließenden Interessen fest, von welchem er sich die Hervorbringung der richtigen Regelungsergebnisse im Börsenrat verspricht. Der formell-legitimatorische Aspekt, der sich in der ratsinternen Willensbildung unter Mitwirkung von Handelsteilnehmern, Emittenten und Anlegern als direkten oder indirekten Nutzer der Börsendienstleistung äußert,199 194

Augsberg, Rechtsetzung, S. 102 f.; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 236. 195 Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 237 f.; Dreier, Hierarchische Verwaltung, S. 278 ff. 196 Vgl. RegE Novelle 1975, BT-Drs. 7/101, zit. nach Beyer-Fehling/Bock, Börsenreform, S. 204: Binnenplurale Zusammensetzung „soll dazu beitragen, die Börse allen interessierten Kreisen einflußmäßig und optisch näher zu bringen“. Vgl. auch Laule, Die Umstrukturierung der Frankfurter Wertpapierbörse, FS Heinsius 1991, S. 437 (443). 197 Vgl. BT-Drs. 12/6679, S. 62 f. Ein Indiz dafür, dass vor allem dieser inhaltliche Aspekt im Vordergrund steht, ist die ungleiche Gewichtung der Nutzergruppen im Börsenrat und vor allem die Beteiligung der Anleger. Wäre Ratio nämlich nur die formelle Legitimation durch Mitentscheidung der Anstaltsnutzer, so ließe sich die Beteiligung der Anleger nicht rechtfertigen. Ihre Beteilung soll aber für das Einfließen der „nur“ ökonomisch betroffenen Anlegerinteressen und damit zur gemeinwohlkonformen, also inhaltlich richtigen Regelung sorgen, vgl. Augsberg, Rechtsetzung, S. 168. Auf die Unvereinbarkeit der Beteiligung formell außenstehender, nur in der Sache betroffener Interessen mit einer rein formell-legitimatorischen Begründung der binnenpluralen Willensbildung weist Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, HStR II (3. Aufl.), § 24 Rn. 18 mit Fn. 25 hin; ähnlich Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 472 f. 198 Vgl. BT-Drs. 12/6679, S. 62 f. in Verbindung mit den zugrundeliegenden Vorschlägen der Börsensachverständigenkommission. 199 Vgl. zu diesem Aspekt der Nutzermitwirkung Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 472 f. Legt man das zutreffende Verständnis der gemeinsamen Handelsplattform als einer Börse in sachlicher wie personeller Hinsicht zugrunde, so ist der Börsenrat als Anstaltsorgan künftig aus der gesamten erweiterten Handelsteilneh-

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verbietet es dabei nicht, dass sich der Börsenrat aus externen Quelle inspirieren lässt und Vorschläge Dritter im Einzelfall übernimmt, sofern darin jeweils eine Ausübung seiner Entscheidungsfreiheit zu sehen ist.200 Aber ein dauerhafter Verzicht auf die eigene Ausübung der Entscheidungsgewalt, wie er in der praktisch erforderlichen Vorabverpflichtung auf die Übernahme der Regelungsvorschläge des Kooperationsrats läge, würde zur Auslagerung der Regelbildung auf dieses Gremium führen und damit zum Verlust oder zumindest einer ganz erheblichen Ausdünnung der vom Börsengesetzgeber gewollten formellen Legitimation der anstaltlichen Regelungstätigkeit.201 Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Richtigkeitsgewähr führt die Selbstbindung der Anstalt an den Konsens des Kooperationspartners zu folgender Problematik: Durch die Bindung an die im Kooperationsrat erarbeiteten Kompromisse kommt es inhaltlich zu einer „hälftigen“ Determination der anstaltlichen Willensbildung durch die Interessen des Partnerbörsenbetreibers. Ist dieser, wie in den meisten Jurisdiktionen, ein privates Unternehmen, so ist seine Willensbildung zwar grundsätzlich ebenfalls an Nutzerinteressen orientiert.202 Indes lässt sich in keiner Weise sicherstellen, dass die teils gegenläufigen Interessen von Anlegern, Emittenten und Handelsteilnehmern in der internen Willensbildung des Kooperationspartners jeweils genau in dem Maße Berücksichtigung finden, welches der deutsche Gesetz- und Verordnungsgeber in § 9 Abs. 1 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 1 mer- und Emittentenschaft zu wählen, wie dies zutreffend bei Breitkreuz, Börse, S. 179 und Vaupel, Genehmigungszuständigkeit, RIW 1993, 733 (737) anklingt. Die gesamte Nutzerschaft der gemeinsamen Handelsplattform ist damit jedenfalls im Börsenrat repräsentiert. Dies entbindet jedoch nicht vom Koordinationsbedarf mit dem – von den Nutzern personenverschiedenen – kooperierenden Börsenbetreiberunternehmen und dem hieraus resultierenden Fremdeinfluss auf die anstaltliche Willensbildung. 200 Vgl. ähnlich in Bezug auf die Mitwirkung privater Verbände an der Satzungsgebung im Sozialversicherungsrecht Schulin-Ebsen, Handbuch des Sozialversicherungsrechts I, § 7 Rn. 46: Mitwirkung verfassungsrechtlich unbedenklich, solange dem öffentlich-rechtlichen Entscheidungsträger eine Veto-Position zukommt. 201 Vgl. zur Parallelsituation im Sozialversicherungsrecht Hänlein, Rechtsquellen im Sozialversicherungsrecht, S. 291 f.; Schulin-Ebsen, Handbuch des Sozialversicherungsrechts I, § 7 Rn. 46: Mitwirkung (nur dann) zulässig, wenn es dem öffentlichen Entscheidungsträger möglich ist, einem Einigungsvorschlag nicht zuzustimmen und die Letztentscheidung einer Schiedsstelle überbleibt, die Trägerin der mittelbaren Staatsverwaltung ist. Sehr kritisch zur Ausdünnung des Legitimationsniveaus bei der de-facto Übertragung von Entscheidungskompetenzen auf privatrechtlichen Spitzenverbände der Träger funktionaler Selbstverwaltung auch Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 482. Gänzlich gegen eine Mitwirkung privater Dritter am Aushandeln sog. Normsetzungsverträge zwischen Trägern funktionaler Selbstverwaltung Castendiek, Der sozialversicherungsrechtliche Normensetzungsvertrag, S. 175 ff. 202 Vgl. hierzu noch eingehend Teil 3, Abschnitt 3, A. I. 3. b), S. 448 ff.

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BörsG 2007) und den Verordnungen zur Wahl der Börsenräte als Richtigkeitsgewährmechanismus vorsieht.203 Die inhaltliche Selbstbindung der Anstalt ist damit börsenaufsichtsrechtlich und zugleich unter demokratiestaatlichem Gesichtspunkt unzulässig.204, 205 IV. Ergebnis zu Abschnitt 4, A. Zwar sind zumindest die für das Doppelzulassungsmodell erforderlichen externen Umsetzungsakte unter deutschem Börsenaufsichtsrecht durchaus zulässig, doch scheitert die Errichtung einer gemeinsamen Handelsplattform an der Unzulässigkeit der internen Selbstbindung der Anstalt. Ist die Anstalt (Privatrechtsfähigkeit unterstellt) Partnerin der Kooperationsabrede, so ist ihre Selbstbindung an den Konsens des Kooperationspartners nach § 134 BGB bzw. bei Anwendbarkeit ausländischen Vertragsrechts jedenfalls über den Ordre-public-Vorbehalt des Art. 6 EGBGB unwirksam. Ein absprachekonformes Verhalten der Anstalt ist damit nicht erzwingbar. Schließt der ausländische Börsenbetreiber die Kooperationsabrede von vornherein nur mit dem Trägerunternehmen, so lässt sich auch auf diesem Wege die Bindung der anstaltlichen Willensbildung an den Konsens des Kooperationspartners nicht rechtlich absichern. Denn zwar hat das Trägerunternehmen regelmäßig einen erheblichen faktischen Einfluss auf die interne Willensbildung der Anstalt, so dass es dort in der Regel die im „Kooperationsrat“ gefundenen Ausgestaltungskonzepte wird durchsetzen können;206 aber rechtlich gesichert ist diese faktische Einflussmacht wie bereits oben dargelegt keinesfalls. Es wird sogar zu überlegen sein, ob die Börsenaufsichtsbehörde 203 Vgl. kritisch zu einer ähnlichen Verschiebung des „richtigen“ Gewichts der mitentscheidenden Gruppen im Sozialversicherungsrecht Hänlein, Rechtsquellen im Sozialversicherungsrecht, S. 292. 204 Vgl. Hopt, Eurex, FS Schimansky 1999, S. 631 (646), allerdings in Bezug auf eine Selbstbindung der Börsengeschäftsführung an den Kooperationspartner bei regulatorischen Vollzugsakten gegenüber Handelsteilnehmern. Die Gründe, aus denen eine Selbstbindung der Börsenorgane an Vorgaben Dritter bei Ausübung ihres Verwaltungsermessens unzulässig ist, liegen jedoch genauso wie die hier erörterten Gründe, aus denen eine Selbstbindung bei der Regelbildung unzulässig ist, letztlich im Erfordernis demokratischer Legitimation bei Ausübung von Hoheitsgewalt begründet. A. A. (mit Kooperationsbörse abgestimmte Regelung zulässig) Christoph, Börsenkooperationen, S. 306 f., allerdings ohne Erörterung des demokratiestaatlichen Aspektes. 205 Die hier gefundenen Ergebnisse sind auch die Rechtslage unter dem BörsG 2007 unverändert übertragbar, hat sich doch die börsliche Binnenstruktur – mit Ausnahme der Abschaffung der Zulassungsstelle – nicht verändert, vgl. auch Nachtrag D. V., S. 563. 206 So bislang offenbar bei Eurex, vgl. schon oben Abschnitt 2, A. I. a. E., S. 139 f.

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nicht gehalten ist, der (Wieder-)bestellung eines Leitungsorgans eines solchermaßen kooperationsvertraglich gebundenen Trägerunternehmens zum Börsengeschäftsführer das erforderliche Einvernehmen zu verweigern, wenn klar ist, dass dieser Mechanismus nur zur Umgehung des börsengesetzlichen und verfassungsrechtlichen Selbstbindungsverbotes der Anstalt dient. Eine gemeinsame Handelsplattform unter Beteiligung einer deutschen Börse ist demnach insgesamt nicht realisierbar.

B. Gemeinsame Handelsplattform nach britischem Recht I. Zugrundeliegende Kooperationsabrede Partner der Kooperationsabrede ist in Großbritannien allein der RIE-Betreiber, in dessen privater Gestaltungsmacht die regulatorische wie infrastrukturelle Ausgestaltung der Börsendienstleistung liegt. Zu klären ist also nur die börsenaufsichtsrechtliche Zulässigkeit der externen wie internen Umsetzungsakte. II. Externe Umsetzungsakte 1. Erweiterungsmodell

a) Erweiterung des Zulassungsvertrags auf Orderbücher der Kooperationsbörse Im Erweiterungsmodell muss der RIE-Betreiber zunächst in seiner Rolle als zugangsvermittelnder Betreiber in der Lage sein, die mit seinen Nutzern abgeschlossenen Zulassungsverträge in sachlicher Hinsicht auf die Orderbücher des Kooperationspartners zu erweitern: Dabei umfasst das zulassungsvertragliche Nutzungsverhältnis zwischen dem RIE-Betreiber und seinen Handelsteilnehmern im aufsichtsrechtlich zugrundegelegten Normalfall nur die vom RIE-Betreiber selbst produzierte Börsendienstleistung, also den Zugang zur Handelsmöglichkeit in den beim RIE-Betreiber selbst angesiedelten und von ihm betriebenen Orderbüchern. Doch lässt der britische Gesetzgeber in s. 6 (2) und (3) RRR ein Outsourcing beim Börsenbetrieb ausdrücklich zu, sofern diese die regulatory functions eines RIE-Betreibers unberührt lässt. Kern der regulatorischen Aufgaben ist dabei die Erstellung und Durchsetzung der börslichen Regelwerke, die in den angebotenen Orderbüchern gelten sollen.207 207

Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005.

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Erweitert der RIE-Betreiber das zulassungsvertragliche Nutzungsverhältnis mit den bei ihm zugelassenen Handelsteilnehmern in sachlicher Hinsicht um die vom Kooperationspartner betriebenen Orderbücher, so muss er seine Handelsteilnehmer auf die Einhaltung der dort jeweils gültigen Regelwerke verpflichten und sich zugleich gegenüber seinen Nutzern entsprechende vertragliche Sanktionsrechte verschaffen. Für die Handelsteilnehmer des RIE erlangen diese Regeln mithin allein aufgrund dieses Zulassungsvertrags und damit in formeller Hinsicht als Regelungen ihres zugangsvermittelnden Betreibers Geltung, also als Regeln des RIE-Betreibers. Die Teilnehmer unterliegen auch nur dessen vertraglicher Sanktionsgewalt. Formell bleiben damit alle regulatorischen Kompetenzen beim RIE-Betreiber, und die inhaltliche Fremdbestimmung der Regelwerke eines RIE ist – wie sogleich unten III. 3. zu zeigen sein wird – grundsätzlich unproblematisch. Indes verlangt die Funktionsfähigkeit einer gemeinsamen Handelsplattform im Erweiterungsmodell auch, dass der zugangsvermittelnde RIE-Betreiber auf Anforderungen des Kooperationspartners in Bezug auf den dortigen Handel Vollzugsakte gegenüber seinen Handelsteilnehmern vornimmt, ohne dass ihm hier ein eigener Entscheidungsspielraum verbliebe.208 Die Vereinbarkeit einer solchen Fremdbestimmung der regulatorischen Tätigkeiten des RIE mit den ss. 6 (2), 3 (3) RRR ist ausgesprochen zweifelhaft, verlangt das britische Aufsichtsrecht trotz aller Pragmatik bei der Handhabung der Outsourcingbestimmungen doch immer eine Letztverantwortung des RIE-Betreibers in puncto Regelbildung und -vollzug.209 b) Zugang für Handelsteilnehmer der Kooperationsbörse ohne Abschluss eines eigenständigen Zulassungsvertrags Jedenfalls steht der Realisierung einer gemeinsamen Handelsplattform im Erweitungsmodell auch unter dem britischen Recht entgegen, dass die Zugangsgewähr für Handelsteilnehmer ohne Abschluss eines eigenständigen Zulassungsvertrages unzulässig ist: So verlangt REC 2.7.3 (1) (a) ausdrücklich, dass ein RIE-Betreiber nur solche Personen am Handel teilnehmen lassen darf, denen gegenüber er seine Regelwerke vertraglich durchsetzen kann. Obwohl hierunter dem Wortlaut nach auch eine Durchsetzbarkeit mittels der kooperationsvertraglichen Vollzugsansprüche des RIE-Betreibers gegen den zugangsvermittelnden Börsenbetreiber fallen würde, verlangt die FSA hierzu doch direkte vertragliche Rechte im Verhältnis zwischen RIEBetreiber und Handelsteilnehmer und damit jedenfalls den Abschluss eines eigenständigen Zulassungsvertrags als Basis jeglicher Handelsteilnahme.210 208 209

Vgl. oben Teil 1, Abschnitt 3, C. II. 1. a), S. 81 f. Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005 sowie sogleich 2. a) aa), S. 360 f.

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht 2. Doppelzulassungsmodell

Eine gemeinsame Handelsplattform kann somit auch unter britischem Aufsichtsrecht allenfalls im Wege der Doppelzulassungsmethode errichtet werden, in welcher die via Schnittstelle hinzukommenden Handelsteilnehmer auch mit dem RIE-Betreiber in ein eigenes vertragliches Zulassungsrechtsverhältnis eintreten müssen. Der Abschluss eines Zulassungsvertrages mit ausländischen Handelsteilnehmern ist dabei, wie schon im Rahmen der lokalen Konzentration von Handelssegmenten gezeigt, durchaus zulässig und praktikabel.211 Zu untersuchen ist auch hier nur, inwieweit der ausländische Kooperationspartner in den Vertragsabschluss sowie spätere Vollzugsakte gegenüber den hinzukommenden Handelsteilnehmern eingebunden werden kann, und inwieweit die Handelsteilnehmerzulassung an einem RIE von der parallelen Zulassung zur ausländischen Kooperationsbörse abhängig gemacht werden kann. a) Zulassung hinzukommender Handelsteilnehmer aa) Einschaltung des Kooperationspartners in den Abschluss des Zulassungsvertrags Idealiter soll der ausländische Kooperationspartner den Zulassungsvertrag mit den hinzukommenden ausländischen Handelsteilnehmern selbst abschließen können.212 Er muss also als Stellvertreter (agent) des RIE-Betreibers auftreten und nach Möglichkeit in Anwendung der RIE-Zulassungsregeln selbst und gleichsam als Außenstelle des RIE-Betreibers die Zulassungsentscheidung treffen können. Entsprechendes gilt in Bezug auf spätere Vollzugsakte gegenüber den hinzukommenden Handelsteilnehmern, die der zugangsvermittelnde Betreiber nach Möglichkeit selbst mit Außenwirkung vornehmen können soll. Eine solche eigenverantwortliche Anwendung der RIE-Regeln durch betreiberexterne Personen würde indessen gegen das Verbot der Auslagerung von regulatory functions nach ss. 6 (2), 3 (3) RRR verstoßen.213 Zwar wird die Beschränkung des Outsourcings pragmatisch gehandhabt, so dass die Mitwirkung Dritter bei der Vorbereitung regulatorischer Entscheidungen durchaus möglich ist.214 So wird etwa bei Euronext.LIFFE in Bezug auf die 210

Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. Vgl. oben Teil 2, Abschnitt 3, B. II. 1. e), S. 304 ff. 212 Vgl. oben Teil 1, Abschnitt 3, C. II. 1. b), S. 84 f. 213 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 214 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. Vgl. auch Pennington, The Law of the Investment Markets, S. 87 zur Rechtslage unter dem FSA 1986. 211

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Wohlverhaltensüberwachung die rein technische Handelsbeobachtung und -auswertung von einer bei der Schwesterbörse Euronext Amsterdam angesiedelten Überwachungsabteilung vorgenommen.215 Werden hierbei Anomalien aufgedeckt, so müssen indes alle weiteren Ermittlungs- und Sanktionsmaßnahmen gegenüber den Handelsteilnehmern in Anwendung der LIFFERegelwerke vom LIFFE-Betreiber selbst vorgenommen werden.216 Die eigentliche regulatorische Tätigkeit, kraft derer gegenüber den Nutzern in Anwendung der RIE-eigenen Regeln rechtserhebliche Zulassungs-, Ermittlungs- oder Sanktionsentscheidungen getroffen werden, ist also dem RIEBetreiber selbst vorbehalten.217 Möglich ist somit auch unter britischem Recht allenfalls eine Einschaltung des Kooperationspartners in Botenfunktion.218 bb) Wechselseitige Koppelung der Zulassungen zu RIE und Kooperationsbörse An welche Zulassungsbedingungen ein RIE-Betreiber die Handelsteilnahme auf seinem Markt knüpft, überlässt das britische Börsenaufsichtsrecht grundsätzlich dessen kommerzieller Gestaltungsfreiheit. Sicherzustellen ist gemäß para 4 (2) (a) Schedule Part I RRR nur das Zustandekommen eines funktionsfähigen, d.h. preisbildungseffizienten und manipulationsfreien Marktgeschehens, was typischerweise durch eine Beschränkung der Handelsteilnahme auf zuverlässige, technisch kompetente und finanziell solide Personen geschieht.219 Gewährleisten die Zulassungsregeln ein solches preisbildungseffizientes und faires Marktgeschehen, so bleibt es dem RIEBetreiber freigestellt, an welche weiteren Kriterien er die Zulassung knüpfen will, sofern diese Kriterien nur objektiv und nicht diskriminierend sind.220 Unzulässig wäre es unter diesem Gesichtspunkt, wenn ein RIE-Betreiber die Zulassung eines Handelsteilnehmers davon abhängig machen würde, dass dieser keine Zulassung zu einer anderen Börse hat.221 Unproblematisch ist demgegenüber die positive Koppelung der RIE-Zulassung an die Zulassung zur Partnerbörse.222 215

Vgl. Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 217 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 218 Vgl. etwa Euronext.LIFFE Application for Euronext Derivatives Membership, S. 1 mit Fn. 2. 219 Vgl. REC 2.7.3. 220 REC 2.7.3 (2). 221 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005: Börsenaufsichtsrechtliche und kartellrechtliche Unzulässigkeit. 222 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 216

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b) Maßnahmen bezüglich der hinzukommenden Wertpapiere? Die Frage der sachlichen Reichweite eines investment exchange im aufsichtsrechtlichen Sinne war bislang auch im britischen Börsenaufsichtsrecht nicht Gegenstand der Diskussion. Hierzu bestand bislang auch noch kein konkreter Anlass, sieht doch selbst Euronext.LIFFE, trotz weitergehender Pläne für die Errichtung einer vollwertigen gemeinsamen Handelsplattform, bislang nur eine vereinfachte fakultative Mehrfachzulassung zu LIFFE und den Schwester-Derivatebörsen innerhalb der Euronext-Gruppe vor.223 Vorherrschend ist dabei auch im britischen Aufsichtsrecht bislang ein von der phänomenologischen Begriffsbildung geprägtes Verständnis, wonach zur sachliche Reichweite eines investment exchange nur diejenigen Wertpapiere gehören, die durch ein und denselben Betreiber zugelassen bzw. einbezogen wurden.224 Gegenüber den auf der gemeinsamen Handelsplattform handelbaren, beim Kooperationspartner zugelassenen bzw. einbezogenen Wertpapieren erhebt das britische Börsenrecht daher keinen Regelungsanspruch.225 c) Weitere Vereinheitlichung der Börsenregelwerke Die erforderliche Vereinheitlichung der für die gemeinsame Handelsplattform geltenden Regelwerke ist umso leichter realisierbar, je flexibler die aufsichtsrechtlichen Vorgaben für die regulatorische Ausgestaltung der Börsendienstleistung sind. Dabei belässt das britische Börsenaufsichtsrecht mit para 4 (2) (a) Schedule Part I RRR und REC 2.7 dem RIE-Betreiber bezüglich der Zugangsregeln für Handelsteilnehmer sehr großen Spielraum. Sicherzustellen ist nur die Marktfunktionalität, wozu regelmäßig eine Beschränkung des Zugangs auf zuverlässige, technisch kompetente und finanziell solide Personen erforderlich ist,226 ohne dass das britische Recht eine bestimmte Berufszugehörigkeit, einen bestimmten aufsichtsrechtlichen Status oder ein bestimmtes Mindesteigenkapital von einem potentiellen Handelsteilnehmer verlangt.227 Damit ist eine weitgehende Adaption der Standards auf der gemeinsamen 223 Vgl. etwa Euronext.LIFFE, Application for Euronext Derivatives Membership, S. 1 mit Fn. 1. 224 Vgl. Ferran, Interview v. 4. Juli 2002; Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 225 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 226 REC 2.7.3, näher oben Abschnitt 3, B. II. 1. e), S. 304 ff. 227 Vgl. REC 2.7.3 (1) (c); Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (41).

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Handelsplattform an die häufig weniger flexiblen Anforderungen der Partnerrechtsordnung möglich. Im Bereich der Zulassungsstandards für Wertpapiere besteht in Bezug auf Standardwerte infolge der gesetzlichen Direktregelung des UK official listing in den UK Listing Rules hingegen wenig Gestaltungsspielraum. Der RIE-Betreiber muss in seinem Standardwertesegment mindestens ein UK official listing (oder eine EU/EWR-amtliche Zulassung) als Voraussetzung der admission to trading verlangen.228 Ein RIE-eigener Gestaltungsspielraum besteht hier nur nach oben, kann er doch jedenfalls strengere Zulassungsvoraussetzungen aufstellen.229 Soll also bezüglich der Standardwerte auf der gemeinsamen Handelsplattform eine Vereinheitlichung erreicht werden, so ist dies nur auf oder oberhalb des Niveaus der UK Listing Rules möglich. Dabei gehen deren Anforderungen, wie bereits oben im Rahmen der lokalen Konzentration von Handelssegmenten gezeigt,230 hinsichtlich einiger materieller Zulassungsvoraussetzungen und laufender Publizitätspflichten über die Standards von RL 2001/34/EG hinaus. Erforderlich ist also, dass aus Sicht der Kooperationsbörse eine Anpassung „nach oben“ möglich ist, sofern bei dieser nicht aufgrund ihres heimatlichen Börsenaufsichtsrechts ohnehin schon derartig qualifiziert Anforderungen für die Standardwertezulassung gelten. Hinsichtlich der Zulassungsstandards für Wachstums- und MidCap-Werte besteht hingegen eine deutlich größere Flexibilität des RIE-Betreibers, sind diese Materien doch grundsätzlich gemäß REC 2.12.9 seiner Selbstregelung überlassen. Er hat gemäß REC 2.12.6 (1) (a) zwar das Duplikationsgebot bezüglich der FSA Prospectus und Disclosure Rules zu beachten. Da diese jedoch die Prospekt- und Ad-hoc-Publizität in Übereinstimmung mit den Vorgaben der RL 2003/71/EG und 2003/6/EG regeln231 und insoweit also ein europaweit einheitlicher Standard für Emittenten auf geregelten Märkten besteht, resultiert aus diesem Duplikationsgebot kein Hindernis für die Vereinheitlichung der Regelwerke. Im Übrigen lässt das britische Recht der RIE-eigenen Selbstregelung bezüglich der qualitativen Zulassungsvoraussetzungen und sonstigen laufenden Publizitätspflichten große Gestaltungsfreiheit, sofern nur insgesamt das Zustandekommen eines preisbildungseffizienten proper market gewährleistet ist.232 228

REC 2.12.6 (1) (b). FSA, The Transfer of the UK Listing Authority to the FSA, CP 37, S. 10. 230 Abschnitt 3, B. II. 1. a) bb) und cc), S. 289 ff. 231 HM Treasury/FSA, UK Implementation of the Prospectus Directive 2003/71/EC, S. 21; dies., UK Implementation of the EU Market Abuse Directive (Directive 2003/6/EC), S. 21. 232 REC 2.12.6 (1) (a), REC 2.12.9. 229

364

Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

Hinsichtlich der Handelsregeln – also der Regeln über Ordertypen, Orderzusammenführung, Vor- und Nachhandelstransparenz sowie Wohlverhaltenspflichten – besteht gemäß para 4 (1) Schedule Part I RRR grundsätzlich eine ebenso große Gestaltungsfreiheit des RIE-Betreibers. Hinsichtlich der Wohlverhaltenspflichten besteht ein Duplikationsgebot bezüglich der in s. 118 FSMA und FSA Code of Market Conduct gesetzlich normierten Insider- und Marktmanipulationsverbote,233 die indes im Wesentlichen nur die Vorgaben der RL 2003/6/EG und der hierzu ergangenen Durchführungsvorschriften in RL 2003/124 und RL 2004/72/EG umsetzen und damit den europaweit einheitlichen Standard von Wohlverhaltenspflichten beim Handel auf geregelten Märkten widerspiegeln.234 Der RIE-Betreiber hat Gestaltungsfreiheit nach oben für strengere Wohlverhaltenspflichten.235 Im übrigen besteht hinsichtlich Ordertypen und Handelsalgorithmen eine sehr große Flexibilität des britischen Aufsichtsrechts, verlangt doch REC 2.6.6 (1) und (3) unter dem Gesichtspunkt der orderly markets nur, dass den Nutzern ein Abschluss zum jeweils besten gegenläufigen Angebot ermöglicht werden muss und geeignete Mechanismen zur Unterbrechung des Handelsgeschehens bei Unregelmäßigkeiten bestehen. Bezüglich der Handelstransparenz verlangt die FSA in REC 2.6.6 (2) eine „ausreichende“ Transparenz und erlaubt damit trotz eines grundsätzlich hohen Transparenzanspruchs eine flexible Handhabung in Abhängigkeit von Ordergrößen und zu erwartender ordergrößenbedingter Preisverschiebung.236 Sofern nur insgesamt das Zustandekommen eines orderly market, also eines preisbildungseffizienten und manipulationsfreien Handelsgeschehens sichergestellt ist, hat der RIEBetreiber also eine sehr große Flexibilität zu einem Entgegenkommen an den Kooperationspartner bei der Gestaltung der einheitlichen Regelwerke.

233

REC 2.6.5 (1). HM Treasury/FSA, UK Implementation of the EU Market Abuse Directive (Directive 2003/6/EC), S. 15 ff.: Das britische market abuse Regime geht nur insoweit über die Vorgaben der RL 2003/6/EG hinaus, als es im Marktmissbrauchstatbestand neben der Ordererteilung bzw. dem Handel alle missbräuchlichen Verhaltensweisen erfasst sowie auch für den Handel in bestimmten Wertpapieren gilt, die nicht auf einem geregelten Markt im Sinne des europäischen Kapitalmarktrechts zugelassen sind. 235 REC 2.6.5 (1). 236 REC 2.6.7. Vgl. auch Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (42). 234

Abschnitt 4: Gemeinsame Handelsplattform

365

III. Interne Umsetzungsakte 1. Vernetzung der Handelsplattformen

Gemäß para 3 Schedule Part I RRR muss die technische Infrastruktur des RIE und gemäß REC 2.5.18 ff. namentlich die elektronischen Handelssysteme einschließlich der Handelsüberwachungs- und eventueller Informationsverbreitungssysteme stets funktionsfähig und dem voraussichtlichen Geschäftsaufkommen gewachsen sein. Es muss also sichergestellt sein, dass bei der Systemvernetzung ausreichende Kapazitäten für den Zustrom der neu hinzukommenden Handelsteilnehmer vorhanden sind.237 Insbesondere müssen zur Verifikation dieser Anforderungen auch die betreiberinternen IT-Risikomanagementsysteme den neuen Gegebenheiten angepasst werden.238 2. Konzentration des Infrastrukturbetriebs

Wird anstelle der bloßen Vernetzung eine Konzentration des Infrastrukturbetriebs bei einem der kooperierenden Betreiber angestrebt, so treten zu den Anforderungen der ausreichenden Systemkapazität und -qualität, die stets erfüllt sein müssen, die folgenden Fragen hinzu: Soll der Infrastrukturbetrieb beim ausländischen Kooperationspartner konzentriert werden, so liegt aus Perspektive des britischen Aufsichtsrechts ein Outsourcing des RIE-Betreibers beim Börsenbetrieb vor. Ein solches ist nach s. 6 (2) RRR grundsätzlich zulässig, sofern es sich nicht auf die Bereiche der Regelbildung und des Regelvollzugs erstreckt. Der Systembetrieb ist damit grundsätzlich auslagerungsfähig. Nach s. 6 (3) RRR ist Voraussetzung einer zulässigen Auslagerung, dass der herangezogene Dritte seinerseits die notwendige Zuverlässigkeit, technische und fachliche Kompetenz sowie finanzielle Solidität zur Ausführung der ihm übertragenen Tätigkeiten aufweist,239 ohne dass hierzu jedoch ein besonderer aufsichtsrechtlicher Status erforderlich wäre.240 Erforderlich ist hingegen, dass dem Dritten die Bedeutung der von ihm wahrgenommenen Tätigkeiten im Rahmen des Börsenbetriebs bewusst ist,241 was beim Outsourcing an einen anderen Börsenbetreiber geradezu idealtypisch der Fall ist. Überdies stehen persönliche Zuverlässigkeit und finanzielle Solidität teils schon aufgrund der heimatlichen Beaufsichtigung des Kooperationspartners fest. Die Konzentration des 237 238 239 240 241

Zur Systemkapazität vgl. REC 2.5.18 (3). Vgl. REC 2.5.18 (1) und (2) sowie REC 2.5.19. REC 2.2.6. REC 2.2.3. REC 2.2.6 (4).

366

Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

Infrastrukturbetriebs beim ausländischen Börsenbetreiber ist daher grundsätzlich möglich.242 Die Ausgliederung berührt dabei freilich in keiner Weise die aufsichtsrechtliche Verantwortlichkeit des RIE-Betreibers nach para 3 Schedule Part I RRR, wonach er die Angemessenheit und Funktionsfähigkeit der dem Börsenbetrieb dienenden technischen Infrastrukturen sicherzustellen hat. Der ausgegliederte Betrieb der elektronischen Handelsplattform muss demnach in jedem Falle in die betreiberinternen Kontrollmechanismen und IT-Risikomanagementsysteme einbezogen bleiben, über die der Betreiber nach wie vor verfügen muss. Auf dieser Basis muss dem RIE eine effektive Überwachung der ausgegliederten Tätigkeit und die Beendigung des Outsourcings bei Schlechtleistung möglich sein.243 Praktische Hindernisse für eine tatsächliche Ausübung dieser vertraglichen Rechte wegen technischer Schwierigkeiten des Systembetreiberwechsels oder aufgrund der engen kooperationsvertraglichen Bindungen zwischen den beiden Betreibern stehen der Zulässigkeit des Outsourcings ebenso wenig entgegen wie beim Outsourcing innerhalb von Gruppenstrukturen,244 kann das britische Recht einen aufsichtswidrigen Zustand doch stets durch eine glaubhafte Drohung mit der Aufhebung der recognition entgegenwirken. Die Konzentration des Infrastrukturbetriebs beim Kooperationspartner ist also unter den genannten materiellen Voraussetzungen zulässig. Sie ist der FSA, da der Infrastrukturbetrieb einen „significant part of relevant functions“ darstellt, gemäß REC 3.13 mit Details zur Person des Dritten und der Ausgliederungsvereinbarung anzuzeigen. Soll umgekehrt der Infrastrukturbetrieb beim RIE-Betreiber konzentriert werden, so unterliegt dies keinen aufsichtsrechtlichen Beschränkungen. Einem RIE-Betreiber ist aufgrund seiner recognition neben dem eigentlichen Börsenbetrieb die Erbringung verwandter Dienstleistungen an beliebige Kunden erlaubt. Neben CCP- und Clearingdienstleistungen gehören zu den solchermaßen erlaubten Tätigkeiten auch die Softwareentwicklung und der Systembetrieb.245 Aufsichtsrechtliche Beschränkungen für eine Infrastrukturbetriebstätigkeit für andere in- oder ausländische Börsenbetreiber bestehen demnach nicht, seien diese Börsenbetreiber nun Kooperationspartner oder Konkurrenten des RIE-Betreibers.246 242

Vgl. REC 2.2.4 (Auslagerung an anderen Börsenbetreiber möglich), REC 2.2.5 (der Dritte kann in Großbritannien oder andernorts ansässig sein). 243 REC 2.2.7.; Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 244 Vgl. REC 2.4.5 a. E. 245 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 246 Vgl. REC 2.2.4, REC 2.4.5 a. E. So wurde etwa im Falle von Euronext.LIFFE der Systembetrieb für LIFFE sowie die sonstigen innerhalb der Euronext-Gruppe betriebenen Terminbörsen bei der Euronext UK plc. konzentriert, vgl. Euronext N. V., How the Euronext.LIFFE Market Works, S. 2.

Abschnitt 4: Gemeinsame Handelsplattform

367

3. Selbstbindung an den Konsens des Kooperationspartners

Auch unter britischem Recht stellt sich die Frage, ob die Selbstbindung des RIE-Betreibers an den Konsens des ausländischen Kooperationspartners mit aufsichtsrechtlichen Vorgaben über die betreiberinterne Willensbildung vereinbar ist. Dabei geht das britische Recht davon aus, dass Gestaltungsentscheidungen betreiberintern allein vom Leitungsorgan im Rahmen aufsichtsrechtlicher Anforderungen nach kommerziellen Gesichtspunkten getroffen werden und legitimerweise getroffen werden dürfen.247 Die RIENutzer haben kein formelles Mitwirkungsrecht, dessen Aushöhlung im Falle der betreiberseitigen Selbstbindung an den Konsens des Kooperationspartners drohen könnte. Zwar ist gemäß para 7 Schedule Part I RRR, REC 2.14 vor jeder Änderung des Regelwerks eine Konsultation der Nutzer erforderlich, doch sind die Ergebnisse dieser Konsultation für den RIE-Betreiber unverbindlich.248 Sie dient denn nur der Gewähr von due process, also vor allem der rechtzeitigen Information der Betroffenen über bevorstehende Änderungen.249 Auch angesichts eventuell entgegenstehender Stellungnahmen von Nutzern wird die RIE-interne Willensbildung legitimerweise allein durch die kommerziellen Interessen des Betreibers bestimmt,250 vertraut das britische Recht doch darauf, dass in einem wettbewerblichen Umfeld schon dieses idealtypische Eigeninteresse der RIE-Betreibergesellschaft zu einer nutzergerechten Ausgestaltung der Börsendienstleistung führt.251 Solange der RIE-Betreiber über die nach para 2 Schedule Part I RRR, REC 2.4.3 erforderlichen Mechanismen einer guten Corporate Governance verfügt, ist auch mit hinreichender Sicherheit gewährleistet, dass von Management getroffene Gestaltungsentscheidungen diesem idealtypischen unternehmerischen Eigeninteresse des RIE-Betreibers Rechnung tragen. Aus welcher Quelle sich derartige Gestaltungsentscheidungen dann inhaltlich speisen, ist grundsätzlich gleichgültig.252 Auszuschließen von einer Einflussnahme auf die betreiberinterne Willensbildung gilt es gemäß REC 2.4.3 (11), 2.5.10 247

Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. Vgl. auch REC 2.14.6. 249 HM Treasury, Recognition Requirements for Investment Exchanges and Clearing Houses, Consultation Document, Nr. 12; Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 250 HM Treasury, Recognition Requirements for Investment Exchanges and Clearing Houses, Consultation Document, Nr. 12; Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 251 Vgl. FSA, The FSA’s approach to regulation of market infrastructure, Feedback Statement, S. 11; HM Treasury, Recognition Requirements for Investment Exchanges and Clearing Houses, Consultation Document, Nr. 10–12. Vgl. zum Gleichlauf der kommerziellen Interessen der „company“ mit dem Regelungsziel der „fairen“ Regelungstätigkeit auch Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (28.). 252 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 248

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Teil 2: Börsenkonzentration im deutschen und britischen Aufsichtsrecht

nur die Partikularinteressen einzelner Nutzer oder Nutzergruppen, da diese mit dem idealtypischen börsenunternehmerischen Interesse an einer möglichst allen Nutzergruppen gleichermaßen gerecht werdenden Ausgestaltung und fairen Regelungstätigkeit konfligieren.253 Wie bei der Betreiberkonzernierung gilt indes auch hier, dass eine inhaltliche Einflussnahme durch einen anderen Börsenbetreiber unter diesem Gesichtspunkt grundsätzlich unschädlich ist, solange dieser nicht ausnahmsweise seinerseits von solchen Partikularinteressen dominiert ist.254 Die Selbstbindung an den Konsens des Kooperationspartners tritt also grundsätzlich nicht in Konflikt mit den aufsichtsrechtlichen Anforderungen des britischen Rechts an die interne Willensbildung des RIE-Betreibers.255 IV. Ergebnis zu Abschnitt 4, B. Die gemeinsame Handelsplattform nach dem Doppelzulassungsmodell kann demnach im britischen Recht realisiert werden.

253

Siehe dazu eingehend oben Abschnitt 2, B. II. 2. a), S. 232 f. Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005; siehe auch oben Abschnitt 2, B. II. 2. b), S. 236 f. 255 Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 254

Teil 3

Vergleich und Grundzüge eines konzentrationsoffenen Börsenaufsichtsrechts de lege ferenda Abschnitt 1

Die Börsenstrukturtypen und ihre Ausprägung im deutschen und britischen Börsenaufsichtsrecht Die bisherige Untersuchung hat erhebliche Unterschiede in der Realisierbarkeit grenzüberschreitender Börsenkonzentrationen unter dem deutschen und britischen Börsenaufsichtsrecht ergeben: Das deutsche Recht verbietet die Betreiberkonzentration gänzlich und erschwert marktseitige Konzentrationen bis zur Unmöglichkeit, während unter dem britischen Recht beides mit punktuellen Abstrichen grundsätzlich möglich ist. Welche strukturellen Unterschiede zwischen deutschem und britischem Börsenaufsichtsrecht dem zugrunde liegen, wird in Abschnitt 2 analysiert werden, nachdem ein Zieladäquanzvergleich der beiden Lösungen in Bezug auf die Börsenfunktionalität (soviel sei hier vorweggenommen) die grundsätzliche Überlegenheit der konzentrationsoffenen britischen Lösung gezeigt haben wird. Noch vor dieser Vergleichung und als Grundlage der anschließenden Untersuchung der de lege ferenda zu ziehenden Konsequenzen ist zunächst festzustellen, ob zwischen den Regelungsbereichen des Börsenaufsichtsrechts systematische Zusammenhänge dergestalt bestehen, dass Änderungen an einer Stelle notwendigerweise Veränderungen an anderer Stelle nach sich ziehen. Existieren solche Zusammenhänge, so bilden die jeweils zusammengehörigen Ausgestaltungsvarianten börsenaufsichtsrechtliche Regelungsstrukturtypen.1 Nur diese Strukturtypen stehen dann als grundsätzliche Gestaltungsoptionen zur Verfügung, und tragfähige rechtspolitische Empfehlungen können erst abgegeben werden, wenn auch die mit einer Struktur1

Nach Schulze-Fielitz, Gesetzgebungslehre als Soziologie der Gesetzgebung, S. 156 (170), bildet die Gesamtheit der für einen Sachbereich zuständigen staatlichen und unterstaatlichen Regelungsinstanzen, die Regelungsinstrumente und die Aufgabenverteilung eine „Regelungsstruktur“. Lassen sich Börsenstrukturtypen feststellen, so bilden diese zugleich Regelungsstrukturen in diesem Sinne.

370

Teil 3: Grundzüge des Börsenaufsichtsrechts de lege ferenda

veränderung notwendigerweise verknüpften Folgeänderungen berücksichtigt, die Strukturtypusänderung also in ihrer Gesamtheit auf ihre Zieladäquanz untersucht wurde.2 Die hierfür erforderliche Zieladäquanzanalyse der börslichen Regelungsstrukturen am Maßstab des übergeordneten Regelungsziels der Sekundärmarktfunktionalität (Abschnitt 3) kann und muss sich auf diese Strukturtypen beschränken. Im Folgenden ist also die Existenz börsenaufsichtsrechtlichen Regelungsstrukturtypen zu untersuchen sowie sodann eine Zuordnung des gegenwärtigen deutschen und britischen Börsenaufsichtsrechts vorzunehmen. Ein historischer Abriss der Rechtsentwicklung in den beiden Ländern soll dabei die ökonomischen sowie vor allem regulativ-administrativen Rahmenbedingungen illustrieren, unter welchen sich die verschiedenen Typen ausgeprägt haben sowie Strukturveränderungen möglich wurden.

A. Der öffentlichrechtlich-monopolistische und privat-wettbewerbliche Strukturtypus als Gestaltungsoptionen des Börsenaufsichtsrechts Das Börsenaufsichtsrecht regelt, wie bereits oben erwähnt,3 die folgenden Bereiche: Die Betreiberrechtsform, die öffentlich-rechtlich oder privat sein kann; die Börsenmakrostruktur, die monopolistisch oder wettbewerbsplural sein kann. Sodann die Vorgaben für die Ausgestaltung der Börsendienstleistung, die mehr oder minder dicht sein können: Es geht hier um die Frage der Kompetenzverteilung zwischen unmittelbar-staatlicher Regelung und Selbstregelung im materiell-börslichen Bereich.4 Schließlich regelt das Börsenaufsichtsrecht im weiteren Sinn auch die Einbindung des Börsenbetreibers in die sonstigen staatlichen Kapitalmarktregelungsaktivitäten und -strukturen. Ein systematischer Zusammenhang lässt sich dabei selbstverständlich zwischen Betreiberrechtsform und Börsenmakrostruktur feststellen, geht 2

Der jeweilige Regelungstypus ist als Ausgestaltungsalternative mit seinen sämtlichen Vor- und Nachteilen jeweils nur „im Paket“ erhältlich. Vgl. zu derartigen Dilemma-Situationen bei Wahl von Regelungs- und Organisationstypen Hood/Schuppert, Delivering Public Services in Western Europe, S. 15 f. 3 Vgl. oben Teil 2, Abschnitt 1, S. 99. 4 Diese Frage stellt sich unabhängig davon, ob der Börsenbetreiber selbst öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich organisiert ist. „Unmittelbar-staatliche Regelung“ im Gegensatz zur börslichen Selbstregelung meint also Regelung durch den Gesetzbzw. Verordnungsgeber und Vollzug durch staatliche Behörden. Hood/Schuppert, Delivering Public Services in Western Europe, S. 8 f. sprechen insoweit von der Aufgabenwahrnehmung durch „core government bureaucracies“ im Gegensatz zur unterstaatlichen Aufgabenwahrnehmung durch „para-government organizations“.

Abschnitt 1: Börsenstrukturtypen im Börsenaufsichtsrecht

371

doch in liberal-rechtsstaatlichen Wirtschaftsverfassungen eine (nicht nur formell5) private Betreiberrechtsform auch mit einer grundsätzlichen Zuweisung der Aktivität zum Bereich der privaten Betätigungsfreiheit einher: Diese wird vor dem Hintergrund der Berufs- und Gewerbefreiheit grundsätzlich nur durch subjektive Zugangsschranken beschränkt und bringt damit eine zumindest potentiell wettbewerbsplurale Börsenmakrostruktur hervor.6 Umgekehrt besteht ein ähnlich typischer Zusammenhang zwischen der Grundentscheidung für eine öffentlich-rechtliche Betreiberrechtsform und einer monopolistischen Börsenmakrostruktur,7 wird doch der Staat als Unternehmensträger – selbst wenn ihm die Vorgaben des jeweiligen öffentlichen Wirtschaftsrechts den Betrieb untereinander konkurrierender Unternehmen erlauben8 – selten den Anreiz zum Betrieb mehrere unmittelbar konkurrierender Börsen haben. Es lässt sich also von einem privat-wettbewerblichen und einem öffentlich-monopolistischen Börsenstrukturtypus sprechen. Bezüglich der Selbstregelungskompetenzen lassen sich zwar nicht im jeweiligen konkreten Umfang, wohl aber hinsichtlich des Kompetenzverteilungsprinzips typusbedingte Unterschiede feststellen: Denn nur im Falle privater Betreiberschaft sind staatliche Vorgaben im materiell-börslichen Bereich als Berufsausübungsregeln für den Börsenbetreiber an Art. 12 GG bzw. vergleichbaren Grundrechtsverbürgungen anderer Rechtsordnungen zu messen.9 Mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip besteht damit ein justiziabler Kompetenzverteilungsgrundsatz, vor welchem staatliche Direktregelungen oder Regelungsvorgaben nur Bestand haben können, wenn sie wegen Unzulänglichkeiten der betreibereigenen Selbstregelungen zur Erreichung der börsenrechtlichen Regelungsziele erforderlich sind. Ein solch justiziabler Verteilungsgrundsatz fehlt bei öffentlich-rechtlicher Betreiberstruktur jeden5

Nur formell Privatrechtssubjekte sind Kapitalgesellschaften des privaten Rechts, deren Anteile ganz (Eigengesellschaft) oder mehrheitlich (gemischt-wirtschaftliche Unternehmen) von der öffentlichen Hand gehalten werden, vgl. Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 61 f. 6 Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 3 Rn. 4, 5 ff.; vgl. auch Stober, Allgemeines Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 4 II 1, S. 40 f., IV 2 a, S. 43 f. 7 Vgl. Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 102. 8 Beispielsweise besteht im deutschen öffentlichen Wirtschaftsrecht kein allgemeiner Grundsatz, dass ein und dieselbe Gebietskörperschaft nicht untereinander konkurrierende öffentliche Unternehmen betreiben dürfte, vgl. Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 172 ff. Einschränkungen können sich aber aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot sowie vor allem aus der die Verstaatlichung jeweils in concreto tragenden Begründung („natürliches Monopol“) ergeben. Darüber hinaus enthält das einfache Gesetzesrecht mitunter das Verbot des Betriebs mehrer konkurrierender öffentlicher Unternehmen durch ein und dieselbe Gebietskörperschaft, vgl. z. B. § 4 Abs. 2 bad.-württ. Sparkassengesetz. 9 Vgl. allg. nur Dreier-Wieland, Art. 12 GG Rn. 84.

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Teil 3: Grundzüge des Börsenaufsichtsrechts de lege ferenda

falls im deutschen Recht: Weder können Träger mittelbarer Staatsverwaltung aus Grundrechten für sich einen gewissen Kompetenzbestand herleiten,10 noch verlangen Normen des Staatsorganisationsrechts außerhalb der kommunalen Selbstverwaltung vom Bundesgesetzgeber eine bestimmte Kompetenzverteilung zugunsten von Selbstverwaltungsträgern.11 So unterliegt die Wahl zwischen den Ebenen der gesetzlichen Regelung und börseneigenen Selbstregelung jenseits der Wesentlichkeitstheorie12 nur dem allgemeinen Postulat möglichster Richtigkeitsgewähr.13 Von weitestgehender Überlassung zur Selbstregelung im Vertrauen auf die Gemeinwohlbindung eines öffentlich-rechtlich strukturierten Betreibers bis hin zur detaillierten gesetzlichen Durchregelung materiell-börslicher Materien ist dem Gesetzgeber hier mithin alles möglich. Ähnlich typusbedingte Unterschiede lassen sich auch bezüglich der Einbindung der Börsenbetreiber in staatliche Regelungs- und Aufsichtsaktivitäten außerhalb des materiell-börslichen Bereichs feststellen. Im Falle öffentlich-rechtlicher Börsen kann der Gesetzgeber nämlich versucht sein, auch solche Aufgaben (wie beispielsweise die Regelung und Überwachung des außerbörslichen Handelsgeschehens oder die Intermediärsaufsicht) auf den 10 Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 417 ff. m. w. N. Dies gilt im Übrigen auch für die binnenplural zur Mitwirkung aufgerufenen Interessengruppen selbst, vgl. Augsberg, Rechtsetzung, S. 92. 11 Vgl. Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 249 ff., 511 ff. Anders – aber für das Börsenrecht infolge von Art. 74 Nr. 11 GG und der bundesgesetzlichen Regelung praktisch irrelevant – mitunter im Landesverfassungsrecht, bspw. in Art. 71 Abs. 1 bad.-württ. LVerf, wo die Selbstverwaltung auch für Träger der funktionalen Selbstverwaltung garantiert wird. 12 Siehe hierzu schon oben unter Teil 2, Abschnitt 4, A. II. 2. a) bb), S. 333 f. sowie allg. Ossenbühl, Satzung, HStR III (2. Aufl.), § 66 Rn. 26 ff. 13 Eingehend Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 487 ff. und insbesondere S. 493 f. Die Zuordnung der Regelungs- und Vollzugskompetenzen zu demjenigen Verwaltungsträger, der die bestmögliche Wahrnehmung der Aufgabe verspricht, kann als Gebot des Demokratie- und Rechtsstaatsprinzips verstanden werden, siehe Krebs, Verwaltungsorganisation, HStR III (2. Aufl.), § 69 Rn. 77 unter Verweis auf BVerfG 63, 1 (34): „Gebot optimaler Verwaltungsorganisation“. Justiziable Pflichten zur Zuordnung konkreter Aufgaben zu einem bestimmten Verwaltungsträger dürften sich hieraus kaum je ableiten lassen, müssen Verwaltungsorganisationsentscheidungen doch immer mehreren, mitunter gegenläufigen Verfassungsstrukturprinzipien Rechnung tragen, deren praktische Konkordanz durch recht verschiedene konkrete Ausformungen hergestellt werden kann, vgl. Kluth, a. a. O., S. 351 ff., Krebs, a. a. O., Rn. 78 ff. Besondere Schwierigkeiten folgen daraus, dass das Demokratieprinzip in Bezug auf die funktionale Selbstverwaltung ambivalent ist: Zum einen kann es unter dem Gesichtspunkt der sachlichen Legitimation eine möglichst weitgehende gesetzliche Determination der Verwaltungstätigkeit fordern, zum anderen kann die inhaltliche Richtigkeitsgewähr für eine dezentrale Selbstregelung unter binnenpluraler Betroffenenbeteiligung sprechen, vgl. Krebs, a. a. O., Rn. 80.

Abschnitt 1: Börsenstrukturtypen im Börsenaufsichtsrecht

373

Börsenbetreiber als „sachnächsten“ Träger mittelbarer Staatverwaltung zu übertragen.14 Anders bei privater Betreiberstruktur: Hier kommt eine solche Aufgabenzuweisung – außer im Wege der Beleihung, die jedoch als typusfremd hier außer Betracht bleiben soll – nicht mehr in Betracht. Bei privater Betreiberstruktur erstrecken sich die börslichen Regelungs- und Vollzugskompetenzen also (maximal) auf den materiell-börslichen Bereich,15 hat der Börsenbetreiber doch auch nur in diesen Bereichen eine nutzungsvertraglich fundierte privatrechtliche Regelungsgewalt.16 Darüber hinaus kann der private Börsenbetreiber an staatlichen Kapitalmarktregelungs- und -aufsichtsaktivitäten allenfalls in untergeordneter Hilfsrolle mitwirken, wie insbesondere durch die Mitteilung verdachtsbegründender Sachverhalte oder die Bereitstellung von Handelsaufzeichnungen an die Aufsichtsbehörden. Es kommt so zu einer klareren Aufgabentrennung.17

14 Zu Beispielen aus Deutschland und Großbritannien vgl. die historische Darstellung unter B und C. Vgl. in der französischen Börsengeschichte zur Doppelrolle der hoheitlich konstituierten Compagnie nationale und Chambre Syndicale des Agents des Change als Börsenbetreiber und Selbstregelungsverband bezüglich des Berufsrechts der Wertpapierintermediäre vgl. Aïdan, Droit des marchés financiers, no. 33 f.; Gontard, La Bourse de Paris, S. 273 ff. 15 Wie oben Teil 2, Abschnitt 1, A. II. 2., S. 110 dargelegt, handelt es sich hierbei um die Regelung des Börsenzugangs für Handelsteilnehmer und Emittenten sowie des eigentlichen Handelsgeschehens. 16 Vgl. hierzu oben Teil 1, Abschnitt 1, B. III. 3., S. 48 f. sowie Abschnitt 3, A. II. 1., S. 64 f.: Die Regelungsmacht eines privaten Börsenbetreibers gegenüber seinen Nutzern richtet sich nach dem Umfang der „Unterwerfung“ im Börsennutzungsvertrag und kann sich damit grundsätzlich auf beliebige Materien in- und außerhalb des materiell-börslichen Bereiches erstrecken. Unerlässlich zur Erreichung des börslichen Organisationsgrades sind nur die Regelungen im materiell-börslichen Bereich. In welchen weiteren Materien Regelungsgewalt übertragen wird, ist eine Frage dessen, in welchen Bereichen die Nutzer eine Regelung wünschen, weil sie transaktionskostenökonomisch sinnvoll ist, und der Börsenbetreiber sie wirtschaftlich sinnvoll anbieten kann. In historischer Perspektive war dies z. B. auch in Bezug auf die Regelung des Intermediär-Anleger-Verhältnisses der Fall, da sich die Intermediäre hiervon eine Steigerung des Anlegervertrauens und eine Zunahme ihrer Geschäftstätigkeit versprachen. Im modernen Umfeld, in welchem Börsenbetreiber infolge der wettwerblichen Börsenmakrostruktur die positiven externen Effekte einer Regelungstätigkeit in diesem Bereich nicht mehr internalisieren können, ist eine freiwillige, privatvertragliche Übertragung von Regelungsgewalt in diesen Materien nicht mehr anzutreffen. So hat etwa die LSE die letzten Überbleibsel einer allgemeinen Berufsregelung für Wertpapierintermediäre (eine börseneigene Best-executionPflicht zugunsten der Letztanleger) mit dem Auftreten von Tradepoint als erstem direktem Konkurrenten aufgegeben, entbehrte sie doch fortan der kommerziellen Logik, vgl. Lovell/White/Durrant, Tradepoint, Sharelink, Sequence and the London stock exchange, IHL 1995, S. 39 (40). 17 Vgl. zu dieser Konsequenz einer Privatisierung allg. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, S. 153.

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Teil 3: Grundzüge des Börsenaufsichtsrechts de lege ferenda

Die damit erkennbaren öffentlich-rechtlichen und privat-wettbewerblichen Börsenstrukturtypen stehen sich allerdings erst in jüngerer Zeit tatsächlich als Gestaltungsalternativen gegenüber. Historisch führte die Überlassung des Börsenbetriebs an den privaten Sektor aufgrund technologischer und ökonomischer Gegebenheiten gleichsam zwingend zur Herausbildung einer intermediärsgenossenschaftlichen und monopolistischen Börsenstruktur:18 In Ermangelung von Telekommunikationsmitteln war bis ins letzte Viertel des 20. Jahrhunderts hinein für praktisch jede Wertpapiertransaktion ein Intermediär einzuschalten, der sich an einem börslich organisierten Handelsplatz mit anderen, ihm persönlich vertrauten Intermediären traf.19 Die Börsendienstleistung war damit integraler Bestandteil einer einheitlichen Wertpapiertransaktionsdienstleistung. Zentraler Input bei Erzeugung dieser Dienstleistung war ursprünglich das Humankapital des Intermediärs, das er für jahrelanges Erlernen von Markgepflogenheiten und Vertrauensaufbau unter seinen Intermediärskollegen investieren musste.20 Die ökonomisch effizienteste Organisationsstruktur für den Börsenbetrieb war deshalb die genossenschaftliche,21 da sie diese spezifischen Investitionen der Intermediäre am zuverlässigsten absichern konnte.22 Ebenso aus dem Mangel an geeigneten Telekommunikationstechnologien ergab sich ursprünglich die Notwendigkeit der Handelskonzentration an einem einzigen Börsenplatz. Die 18 Bindseil, Verfügungsrechte an organisierten Wertpapiermärkten, S. 136 ff.; Jacquillat, La gouvernance des entreprises de marchés, Revue d’économie financière 82 (2006), 169 (174); Mues, Börse, S. 117 f. m. w. N. Vgl. zu den Betreiberrechtsformen deutscher Börsen Ende des 19. Jahrhunderts im Überblick Loeb, The German Stock Exchange Act 1896, Quarterly Journal of Economics 1897 (11), 388 f. Insbesondere zur Situation in Frankfurt Bauer/Möllers, Parketthandel, S. 15 m. w. N.: „Maklersyndikat“. 19 Jacquillat, La gouvernance des entreprises de marchés, Revue d’économie financière 82 (2006), 169 (174); Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1. 20 Bindseil, Verfügungsrechte an organisierten Wertpapiermärkten, S. 105; vgl. auch Pirrong, Theory of Financial Exchange Organization, S. 30. Zur Relevanz der Reputation in frühen Wertpapiermärkten vgl. Michie, The London Stock Exchange, S. 31. Vertrauen und Reputation, und folglich die Identität der Tauschpartner, werden auch von Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 315 als zentrales Element von Börsen angesehen, dabei allerdings die Möglichkeit technologiebedingter Veränderungen außer Acht lassend. 21 „Genossenschaftlich“ ist hierbei nicht im technischen Sinn zu verstehen, sondern erfasst alle Organisationsformen, bei denen Nutzer und Anteilseigner identisch sind, vgl. IOSCO, Exchange Demutualization, S. 3. 22 Umfassend Bindseil, Verfügungsrechte an organisierten Wertpapiermärkten, passim und insbesondere S. 135 ff. I.E. ebenso Di Noia, Customer-Controlled Firms, S. 173 (184 f.); Ferrarini, Exchange Governance and Regulation, S. 245 (253); Schmidtchen, Ownership and Corporate Governance of Stock Exchanges, JITE 154 (1998), 252 (254).

Abschnitt 1: Börsenstrukturtypen im Börsenaufsichtsrecht

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solchermaßen geschaffenen intermediärsgenossenschaftlichen und monopolistischen Börsenstrukturen bargen intrinsische Kartellgefahren, die den Staat auf den Plan rufen mussten.23 Eine Übernahme des Börsenbetriebs in staatliche Eigenregie erfolgte zwar selten,24 doch kam es durchweg zu einer starken staatlichen Überformung und Steuerung der bestehenden genossenschaftlich-monopolistischen Strukturen. Selbst dort, wo – anders als in Deutschland – keine explizite Einbeziehung der Börsen in den staatlichen Sektor erfolgte, war eine Dienstbarmachung für staatliche Kapitalmarktaufsichtsaufgaben und eine staatliche Einflussnahme auf die börslichen Selbstregelungsaktivitäten zu beobachten, die diesen Börsen einen meta-staatlichen Status verschafften.25 Der Wendepunkt kam erst mit dem Einzug elektronischer Handelstechnologien seit den 1980er Jahren.26 Sie erlauben einen vollständig anonymisierten Handel auf elektronischen Plattformen im Wege des remote access.27 Die Humankapitalinvestitionen der Intermediäre wurden hierdurch weitgehend irrelevant, so dass die genossenschaftliche Betreiberstruktur ihre überlegene ökonomische Effizienz einbüßte. Mit der Elektronisierung löste sich aus der Wertpapiertransaktionsdienstleistung der Börsenbetrieb als eigenständige Dienstleistung heraus,28 die zumindest institutionelle Investoren jetzt auch isoliert via remote access in Anspruch nehmen konnten und wollten.29 Diese Börsendienstleistung ist vergleichsweise kapitalintensiv, was 23

Karmel, Turning Seats into Shares, Hastings L J 53 (2002), 367 (404). Im Überblick vgl. Köndgen, Ownership and Corporate Governance of Stock Exchanges, JITE 154 (1998), 224 (228 ff.). Im napoleonischen Frankreich wurden mit den innerbörslichen Ordnungs- und Streitschlichtungsaufgaben zeitweise wesentliche Börsenbetriebstätigkeiten vom Polizeipräfekten und damit von unmittelbarstaatlichen Behörden wahrgenommen, vgl. Gontard, La Bourse de Paris, S. 27 ff. In Griechenland wurde die Athener Börse im Jahr 1918 verstaatlicht, um seither in 1995 wieder in eine private Gesellschaftsform in nunmehr überwiegend privatem Anteilsbesitz überführt zu werden, vgl. Bradley, Demutualization of Financial Exchanges, J Int L Bus 21 (2001), 657 (660 mit Fn. 18). 25 Coffee, Competition among Securities Markets, S. 14. Vgl. zur historischen Situation der Börsen in Großbritannien und der hieraus von der Rechtsprechung später gezogenen Konsequenz einer Einordnung der Börsen als public law institution sogleich unter C., S. 387 mit Fn. 105. Zur früheren Situation in Frankreich Aïdan, Droit des marchés financiers, no. 34, zur Lage in den USA Karmel, Turning Seats into Shares, Hastings L J 53 (2002), 367 (400 ff.). 26 Steil, Changes in the Ownership and Governance of Securities Exchanges, BWP Fin Serv 2002, 61 (62). 27 Vgl. Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (159). 28 Ferrarini, Exchange Governance and Regulation, S. 245 (253); Poser, The Stock Exchanges of the United States and Europe, U Pa J Intl Econ L 22 (2001), 497 (511). 29 Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (5); Lee, What is an exchange?, S. 30. 24

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Teil 3: Grundzüge des Börsenaufsichtsrechts de lege ferenda

nach Erkenntnissen der Institutionenökonomik die rein kapitalistische Betreiberstruktur mit Separierung von Anteilseigner- und Nutzerschaft zur effizientesten Betreiberrechtsform werden lässt:30 Die „natürliche“ Rechtsform eines Börsenbetreibers ist damit heute die kapitalistische. Belegt wird dies durch die Demutualisierungswelle, die zu Beginn der 1990er-Jahre unter dem zunehmenden Druck des ebenfalls elektronisierungsbedingten Interbörsenwettbewerbs ins Rollen kam und heute so gut wie alle Börsenbetreiber in Europa erfasst hat,31 und in deren Folge sie meist auch aus Aufsichtsaufgaben außerhalb des materiell-börslichen Bereichs entlassen wurden.32 Damit stehen sich heute als idealtypische Gestaltungsalternativen im Börsenaufsichtsrecht einerseits ein tatsächlich privat-wettbewerblicher, andererseits ein explizit öffentlich-rechtlicher Börsenstrukturtypus mit den oben geschilderten Eigenheiten gegenüber.

B. Die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Typus in Deutschland Mit der teilrechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts als Börsenbetreiberin stellt das deutsche Börsenaufsichtsrecht eine Ausprägung des öffentlich-rechtlichen Strukturtypus dar. Zwar ist die Börsenmakrostruktur nicht streng monopolistisch, doch auch keineswegs wettbewerbsplural.33 30 Bindseil, Verfügungsrechte an organisierten Wertpapiermärkten, S. 44 f.; Di Noia, Customer-Controlled Firms, S. 173 (184); Köndgen, Ownership and Corporate Governance of Stock Exchanges, JITE 154 (1998), 224 (238); eher empirisch den Vorteil der leichteren Kapitalbeschaffung betonend Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (8). Einen alternativen Erklärungsansatz für die überlegene Effizienz der kapitalistischen Betreiberstruktur geben Hart/Moore, The Governance of Exchanges: Members’ Cooperatives versus Outside Ownership, Oxford Review of Economic Policy 12 (1996), 53 ff. 31 IOSCO, Exchange Evolution, S. 4; dies., Exchange Demutualization, S. 3; Köndgen, Ownership and Corporate Governance of Stock Exchanges, JITE 154 (1998), 224 (233). Vgl. auch zur gegenwärtigen Rechtsform der Trägerunternehmen deutscher Börsen Lorenz, Wertpapierbörse, S. 62 f. 32 Vgl. IOSCO, Exchange Evolution, S. 21; Jacquillat, La gouvernance des entreprises de marchés, Revue d’économie financière 82 (2006), 169 (170, 176); Steil, Changes in the Ownership and Governance of Securities Exchanges, BWP Fin Serv 2002, 61. 33 Zum fortbestehenden monopolistischen Charakter des deutschen Börsenrechts angesichts der Regelung in § 59 BörsG 2002 Emmerich/Hoffmann, Das deutsche Börsenrecht vor dem Forum des Gemeinschaftsrecht, FS Selmer 2004, S. 305 (315 f.). Zur Abschaffung des § 59 BörsG 2002 durch das FRUG und Neuregelung der Multilateralen Handelssysteme im WpHG 2007 durch das FRUG siehe Nachtrag A. II., S. 535 f., zum nach wie vor nicht wettbewerbspluralen Charakter des deutschen Börsenrechts Nachtrag B. I., S. 539 ff.

Abschnitt 1: Börsenstrukturtypen im Börsenaufsichtsrecht

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Auf die Erteilung der Börsengenehmigung besteht selbst bei Erfüllung aller subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen kein Anspruch, vielmehr steht die Genehmigung im freien Ermessen des zuständigen Bundeslandes. So kommt es bestenfalls zu einer föderal bedingten Parallelexistenz der Börsen verschiedener Bundesländer. Historisch geht das heutige Börsenaufsichtsrecht auf das Börsengesetz von 1896 zurück. Hintergrund der Gesetzgebung war eine Spekulationskrise mit Folgewirkungen im realen Sektor der Wirtschaft.34 Als sich im Jahr 1891 die weitverbreitete Übervorteilung von Anlegern durch ihre Intermediäre offenbarte, war eine reichseinheitliche Regelung des Börsenwesens unumgänglich.35 Dabei wurde in den Gesetzgebungsarbeiten als Problemkern die suboptimale Anreizstruktur der börsenbetreibenden Kaufmannskorporationen ausgemacht.36 Dennoch wurde eine reichsweit einheitliche Regelung der Börsenorganisationsstruktur mit Rücksicht auf Länderinteressen alsbald aufgegeben und stattdessen versucht, Börsen zumindest überall unter Staatsaufsicht zu bringen.37 Hierzu wurde der Börsenbetrieb von einer landesbehördlichen Genehmigung abhängig gemacht, ein Staatskommissar eingesetzt und die Börsenordnungen der landesbehördlichen Genehmigung unterworfen.38 Das Gesetz von 1896 hatte damit nur einige Eckpunkte des Börsenwesens festgelegt. Indes erfolgte schon in 1898 eine erste interpretatorische Präzision durch das preußische Oberverwaltungsgericht, das in seiner Feenpalast-Entscheidung den umfassenden gewerbeaufsichtlichen Regelungsanspruch des Börsengesetzes betonte und dessen § 1 daher als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt für alle funktional-börslichen Markterscheinungen auslegte.39 Die Entwicklung des Börsenaufsichtsrechts setzte 34 Loeb, The German Stock Exchange Act 1896, Quarterly Journal of Economics 1897 (11), 388 (389); Mues, Börse, S. 39 f.; Schulte, Die Regulierung der deutschen Effektenbörsen, S. 66, der darauf hinweist, dass die angeblichen realwirtschaftlichen Folgen wohl zu Unrecht der Börsenspekulation zugeschrieben wurden. 35 Schulte, Die Regulierung der deutschen Effektenbörsen, S. 67 m. w. N. Vgl. auch die Amtliche Begründung zum Entwurf eines Börsengesetzes, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, 9. Legislaturperiode, IV. Session 1895/96, 1. Anlagenband, Aktenstück Nr. 14, S. 11. 36 Börsen-Enquête-Kommission, Bericht, S. 10; Schulz, Das deutsche Börsengesetz, S. 198 f. 37 Loeb, The German Stock Exchange Act 1896, Quarterly Journal of Economics 1897 (11), 388 (391); Mues, Börse, S. 40; Schulz, Das deutsche Börsengesetz, S. 189 ff., insbesondere S. 193. Vgl. auch die Amtliche Begründung zum Entwurf eines Börsengesetzes, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, 9. Legislaturperiode, IV. Session 1895/96, 1. Anlagenband, Aktenstück Nr. 14, S. 12. 38 §§ 1, 2, 4 BörsG i. d. F. v. 1896. Zur Staatsaufsicht nach damaligem Recht vgl. Loeb, The German Stock Exchange Act 1896, Quarterly Journal of Economics 1897 (11), 388 (392 ff.); Wienck, Staatsaufsicht im Börsenwesen, S. 27 ff.

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sich sodann mit dem sogenannten Berliner Börsenstreit von 1902/03 fort.40 Der betraf zwar preußisches Landesrecht, hatte aber aufgrund der Dominanz der Berliner Börse sowie preußischer Rechtsvorstellungen auch für die Auslegung des Reichsrechts unmittelbare Relevanz.41 Die Berliner Börse wurde seinerzeit von der Berliner Kaufmannskorporation betrieben, einem privaten Zusammenschluss der am Börsenhandel als Intermediäre und/oder Eigenhändler teilnehmenden Kreditinstitute.42 Da man die einseitige Überrepräsentation dieses Personenkreises für Missstände verantwortlich machte, sollten nach dem Willen der preußischen Regierung künftig auch die Interessen anderer Beteiligter in die Ausgestaltung der Börsen einfließen können.43 Der Erlass der Börsenordnung wurde daher der Kaufmannskorporation entzogen und auf die öffentlich-rechtlich strukturierte Handelskammer übertragen, welche auch diese anderen beteiligten Personenkreise repräsentierte.44 Das Streben nach binnenpluraler Willensbildung als einem strukturellen Richtigkeitsgewährmechanismus war somit das zentrale Motiv des Übergangs zur öffentlich-rechtlichen Betreiberrechtsform. Hierbei erfolgte allerdings keine vollständige Verstaatlichung des Börsenbetriebs, vielmehr beließ man den technisch-infrastrukturellen Börsenbetrieb bei der Kaufmannskorporation, die auch Eigentümerin der Börseneinrichtungen blieb.45 Damit 39 Preuß OVGE 34, 315 (328 ff.). Vgl. auch Göppert, Das Recht der Börsen, S. 73. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Berliner Varietétheater „Feenpalast“ fand eine ungenehmigte Zusammenkunft von Kaufleuten mit börslichem Organisationsgrad statt. Die preußischen Behörden erließen eine Schließungsverfügung, die der börsentragende Verein u. a. mit der Begründung angriff, zu einer Börse im Sinne des BörsG werde eine Veranstaltung erst durch die behördliche Genehmigung. Eine solche liege nicht vor, weshalb gegen die Zusammenkunft auch nicht aufgrund des Börsengesetzes vorgegangen werden könne, vgl. zu den Vorgängen insgesamt Wermert, Börse, Börsengesetz und Börsengeschäfte, S. 96 f. Dieser Argumentation verschloss sich das preußische Oberverwaltungsgericht und suchte statt dessen eine eigenständige Definition des Börsenbegriffs der Tatbestandsseite. Zur Unterscheidung von Börsenbegriff der Tatbestands- und Rechtsfolgenseite siehe schon oben Teil 1, Abschnitt 1, A. II., S. 39 f. 40 Vgl. die Dokumentation in: Berliner Jahrbuch für Handel und Industrie 1903, Bd. I, S. 340 ff. 41 Mues, Börse, S. 36, S. 42; Nußbaum, Kommentar zum Börsengesetz für das Deutsche Reich, S. XXVII. 42 Breitkreuz, Börse, S. 26; Nußbaum, Kommentar zum Börsengesetz für das Deutsche Reich, S. XXVII f. 43 Vgl. Handelskammer Berlin, Bericht an den Minister für Handel und Gewerbe vom 28. Februar 1903, Berliner Jahrbuch für Handel und Industrie 1903, Bd. I, S. 355 (357); Nußbaum, Kommentar zum Börsengesetz für das Deutsche Reich, S. XXVII. 44 Breitkreuz, Börse, S. 27; Mues, Börse, S. 42; Nußbaum, Kommentar zum Börsengesetz für das Deutsche Reich, S. XXVII f. 45 Nußbaum, Kommentar zum Börsengesetz für das Deutsche Reich, S. XXVII f.

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war der Grundstein für die dualistische Betreiberstruktur des deutschen Börsenaufsichtsrechts gelegt.46 Dieser strukturelle Richtigkeitsgewährmechanismus hatte sich mit dem Berliner Börsenstreit indes vorerst nur in Preußen durchgesetzt. Der Reichsgesetzgeber ging daher zur gesetzlichen Direktregelung in einzelnen materiell-börslichen Bereichen über: Schon im Börsengesetz von 1896 war der Zugang zur Handelsteilnahme geregelt worden,47 in 1910 erfolgte eine erste Normierung der Zulassungsstandards für Wertpapiere.48 Die Kursfeststellung wurde in den 1930er Jahren der öffentlich-rechtlich strukturierten Kursmaklerkammer übertragen.49 Nach Ende des 2. Weltkriegs herrschte auf Bundesebene zunächst bis 1975 Regelungsabstinenz im Börsenaufsichtsrecht.50 Doch hatte sich die Vorstellung von der öffentlich-rechtlichen Rechtsform der „Börse“, sei es als Anstalt des öffentlichen Rechts51 oder als Körperschaft,52 welcher für den Infrastrukturbetrieb ein „Träger“ beigeordnet ist, inzwischen so etabliert, dass sie der erstmaligen Schaffung eines bundeseinheitlichen Börsenorganisationsrechtes unhinterfragt zugrunde gelegt wurde.53 Die Novelle von 1975 regelte auf dieser Basis nur die börseninterne Organstruktur und hierbei namentlich die Zusammensetzung des Börsenvorstands als Leitungs- und Regelgebungsorgan der Börse. Dabei war der Gedanke des Binnenpluralismus als Mechanismus zur Sicherung der Gemeinwohlkompatibilität der börslichen Selbstregelung durchaus wach,54 wurde jedoch in der Novelle nur halbherzig umgesetzt, indem man 46

Mues, Börse, S. 42. § 7 BörsG i. d. F. v. 1896. 48 § 44 BörsG i. d. F. v. 1908 i. V. m. Bekanntmachung betreffend die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel v. 4. Juli 1910. 49 Ansätze hierzu bestanden schon im BörsG i. d. F. v. 1896, vgl. hierzu Loeb, The German Stock Exchange Act 1896, Quarterly Journal of Economics 1897 (11), 388 (392). Vollständig ausgeformt wurde das Kursmaklerwesen dann mit der Novelle von 1934, vgl. hierzu Schulte, Die Regulierung der deutschen Effektenbörsen, S. 80; Schwark (2. Aufl.), Einleitung Rn. 12 f. 50 Schwark (2. Aufl.), Einleitung Rn. 15. Zur zwischenzeitlichen kapitalmarktrechtlichen Regulierungstätigkeit vgl. Schulte, Die Regulierung der deutschen Effektenbörsen, S. 90 ff. Die Maßnahmen betrafen die Verbriefung der Wertpapiere, den Abbau der staatlichen Emissionskontrolle sowie kapitalmarktrelevante Steuergesetze. 51 Vgl. schon § 41 Preußisches Handelskammergesetz v. 24. Februar1870, i. d. F. der Änderung v. 19. August 1897. 52 Uppenbrink, Die deutschen Wertpapierbörsen als Körperschaften des öffentlichen Rechts, S. 90 ff.; in jüngerer Zeit wieder ebenso Breitkreuz, Börse, S. 95 ff. 53 Vgl. RegE Novelle 1975, BT-Drs. 7/101, zit. nach Beyer-Fehling/Bock, Börsenreform, S. 203. 54 RegE Novelle 1975, BT-Drs. 7/101, zit. nach Beyer-Fehling/Bock, Börsenreform, S. 203 f. 47

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die Kooptation von Anleger- und Emittentenvertretern ins Belieben eines Börsenvorstandes stellte, der seinerseits aus Handelsteilnehmerkreisen gewählt wurde.55 Konsequent ausgeformt wurde die binnenplurale Struktur der Börsenanstalt erst im 2. FMFG von 1994 durch die obligatorische Aufnahme von Anleger- und Emittentenvertretern in den neugeschaffenen Börsenrat.56 Während sich der Gesetzgeber um die Festschreibung der öffentlichrechtlichen Börsenstruktur bemühte, war sein Impetus zur gesetzlichen Direktregelung anderer sekundärmarktrelevanter Materien nur sehr schwach ausgeprägt. Versuche einer stärkeren Intermediärsregelung zur Bewältigung des latenten Interessenkonflikts mit dem Letztanleger scheiterten in 1975;57 Gleiches gilt für das Bemühen um eine gesetzliche Insiderregelung.58 Diese Materien blieben vorerst den Börsen zur Selbstregelung überlassen. Flankiert wurde dieses Regelungsmodell gesetzgeberisch nur dadurch, dass man das Sekundärmarktgeschehen auf Börsen zu konzentrieren versuchte59. Hierdurch sollte (unter anderem) der börslichen Regelungsaktivität ein möglichst großer Anwendungsbereich verschafft werden, denn auch seinerzeit hatten die Börsen nur über solche Personen Regelungsgewalt, die ihre unmittelbaren Nutzer waren. Die öffentlich-rechtliche Betreiberstruktur erlebte hiermit einen gewissen Bedeutungszuwachs, kam doch spätestens jetzt zum ursprünglichen Motiv der binnenpluralen Mitbestimmung auch die Funktion hinzu, durch Verstaatlichung eine Sekundärmarktfragmentierung zu vermeiden.60 Insgesamt bestand damit eine Situation, in der den 55

§ 3 Abs. 2 S. 3 BörsG i. d. F. von 1975. § 3 Abs. 1 S. 2 BörsG i. d. F. des 2. FMFG von 1994. Vgl. hierzu BT-Drs. 12/6679, S. 62. 57 Zur Bewältigung des Interessenkonfliktes hätte der Börsenzwang mit seinem strikten Selbsteintrittsverbot des Intermediäres (§ 1 Abs. 1 Referentenentwurf 1967) sowie eine Verschärfung der Handelstransparenz (§ 19 Referentenentwurf 1967) beitragen sollen, vgl. Bundeswirtschaftsministerium, Pläne zur Verbesserung des Börsenwesens, sub 1), zit. nach Beyer-Fehling/Bock, Börsenreform, S. 157 f.; Schwark (1. Aufl.), Einl. Rn. 16, S. 30. Beide Maßnahmen wurden auf Druck der Kreditwirtschaft nicht realisiert, vgl. Schulte, Die Regulierung der deutschen Effektenbörsen, S. 143 ff., S. 153 ff. 58 Schulte, Die Regulierung der deutschen Effektenbörsen, S. 175 ff. und insbesondere S. 181. 59 Ursprünglich war im Referentenentwurf von 1967 ein umfassender Börsenzwang angestrebt worden, vgl. 1. Abschnitt (§§ 1 bis 10) des Entwurfs. Dieser Vorschlag löste von Seiten der Kreditinstitute eine freiwillige Selbstverpflichtung aus, zumindest die Orders von (Klein-)Anlegern stets der Börse zuzuführen (§ 29 Abs. 1 AGB Banken). Zu einer gesetzlichen Regelung kam es sodann in der Novelle von 1975 nicht mehr. Erst mit dem 2. FMFG von 1994 fand in § 10 BörsG a. F. (= § 22 BörsG 2002) eine Pflicht, Anlegerorders regelmäßig auf einer Börse zur Ausführung zu bringen, Eingang in das Gesetz. 56

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Börsen – jenseits gesetzlicher Vorgaben für die Handelsteilnehmer- und Wertpapierzulassung – fast der gesamte materiell-börsliche Bereich zu Regelung und eigenem Vollzug überlassen blieb.61 Die börsliche Selbstregelung stellte so die einzig nennenswerte Regelungsaktivität im Sekundärmarktgeschehen dar.62 Sie war trotz der Konzentrationsbemühungen notgedrungen lückenhaft und im internationalen Vergleich verfügte Deutschland über eine schwächliche Kapitalmarktregulierung.63 Nicht zuletzt unter dem Druck europarechtlicher Vorgaben begann der Gesetzgeber daher mit dem 2. FMFG von 1994,64 gefolgt durch das Richtlinienumsetzungsgesetz von 199765 und das 3. FMFG von 1998,66 die Hochzonung von Regelungs- und Vollzugsaufgaben auf die unmittelbar-staatliche Ebene: Mit § 3 WpHG67 wurde das BAWe (heute BaFin) geschaffen und ihm die Aufsicht über die Einhaltung des neugeschaffenen sekundärmarktweiten Insiderhandelsverbots in § 14 WpHG sowie der erstmalig gesetzlich geregelten Ad-hoc-Publizitäts- sowie Beteiligungstransparenzpflichten in §§ 15, 21 ff. WpHG übertragen. In den §§ 31 ff. WpHG wurden zudem erstmals öffentlich-rechtliche Intermediärspflichten statuiert, welche die bereits existierende und durch das BAKred 60 Mues, Börse, S. 98 f. Vgl. nur die Begründungen des mangelnden Genehmigungsanspruchs bei Schwark (2. Aufl.), § 1 BörsG Rn. 20 f.; Lorenz, Wertpapierbörse, S. 77. Mit der Bedarfsprüfung konnte das Anliegen der möglichsten Liquiditätskonzentration zumindest teilweise erreicht werden. Bemühungen um eine Konzentration der Ordervolumina auf einigen wenigen Börsen hatte es dabei schon lange zuvor gegeben. So wurde Ende 1934 vom Reichswirtschaftsministerium die Stilllegung von 12 Regionalbörsen dekretiert, vgl. Schulte, Die Regulierung der deutschen Effektenbörsen, S. 80 m. w. N. Was seinerzeit durch direkte staatliche Intervention herbeigeführt worden war, sollte fortan durch eine Beschränkung der Neugründung von Börsen durch § 1 BörsG aufrechterhalten werden. 61 Vgl. Schröder, Wertpapierhandelsaufsicht, S. 43 f., 47 ff. 62 Schröder, Wertpapierhandelsaufsicht, S. 49. In Bezug auf das Verbot des Insiderhandels blieb diese Situation bis zum 2. FMFG von 1994 so, mit welchem § 14 WpHG geschaffen wurde. In Bezug auf sonstige Formen von Marktmissbrauch galt dies sogar bis zum 4. FMFG von 2000, mit dem § 20a WpHG eingefügt wurde. 63 BT-Drs. 12/6679, S. 33. Vgl. auch Hopt, Auf dem Weg zum deutschen Insidergesetz, FS Beusch 1993, S. 393 (395); Schulte, Die Regulierung der deutschen Effektenbörsen, S. 182 mit Fn. 794, m. w. N. 64 BGBl. 1994 I S. 1749. Umgesetzt wurden im 2. FMFG mit Verspätung die RL 89/592/EWG (Insider-Richtlinie) sowie die RL 88/627/EWG (Beteiligungstransparenzrichtlinie). Eingehend zum 2. FMFG Schröder, Wertpapierhandelsaufsicht, S. 62 ff. 65 BGBl. 1997 I S. 2518. Umgesetzt wurde damit vor allem die WPDRL. 66 BGBl. 1998 I S. 529. 67 Aufgehoben durch Art. 4 Nr. 3 des Gesetzes über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht v. 22. April 2002, BGBl. 2002 I S. 1310 ff.

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ausgeübte Solvenzaufsicht nach KWG ergänzen. Die Behörde erhält als Grundlage ihrer Überwachungstätigkeit seither aufgrund des § 9 WpHG umfassende Meldung von börslichen und außerbörslichen Geschäften der Wertpapierintermediäre. Ihr wurden schon seinerzeit gewisse weitergehende Ermittlungsbefugnisse eingeräumt,68 doch blieb die Vollzugstätigkeit zunächst praktisch im Wesentlichen auf die repressiven Instrumente beschränkt.69 Nach wie vor konnten in präventiver Weise nur die Börsenorgane – gegebenenfalls auf Anweisung der Börsenaufsichtsbehörden gemäß § 1a Abs. 2 BörsG a. F.70 – einem Emittenten nach § 41 Abs. 2 BörsG 2002 die Publikation bestimmter Informationen aufgeben und diese nötigenfalls im Wege der Ersatzvornahme selbst publizieren.71 Nur sie konnten zur Abwehr von Gefahren für die effiziente und faire Preisbildung den Handel eines Wertpapiers aussetzen.72 Erst in jüngerer Zeit wurden mit dem AnSVG vom Oktober 2004,73 dem BilKoG74 und dem ProspektrichtlinieUmsetzungsgesetz vom Juni 200575 die Befugnisse der BaFin erheblich auf das jetzt gegebene Maß ausgedehnt.76 Die Börsenstruktur des deutschen Rechts stellt damit heute eine insoweit atypische Ausprägung des öffentlich-rechtlichen Strukturtypus dar, als keine Dienstbarmachung für Regelungsaufgaben außerhalb des materiell-börslichen Bereichs erfolgt, und als auch innerhalb des materiell-börslichen Bereichs in zentralen Punkten eine Verteilung der Regelungs- und Vollzugskompetenzen erreicht ist, die einer an Regelungseffizienz- und -richtigkeitsgesichtpunkten orientierten Aufgabenverteilung zwischen börslicher und 68

§§ 15 Abs. 5, 16, 29 WpHG i. d. F. des 3. FMFG, abgedruckt bei Weisgerber/ Baur, Das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz, S. 24 ff. 69 Verhängung von Bußgeldern nach § 39 Abs. 2 WpHG i. d. F. des 3. FMFG, ggf. Abgabe an die Staatsanwaltschaft in Insiderfällen. Vgl. BAWe, Jahresbericht 1998, S. 17 f., S. 23; dies., Jahresbericht 1999, S. 25, S. 30. 70 Geschaffen durch das 2. FMFG, vgl. RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 60. Näher Schröder, Wertpapierhandelsaufsicht, S. 176 ff. 71 § 44c BörsG 1998 (= § 41 Abs. 2 BörsG 2002/2007). Zur Einschränkung der Befugnisse der BaFin durch die börsenaufsichtlichen Kompetenzen vgl. Assmann/ U. H. Schneider-Dreyling, § 4 WpHG Rn. 11. 72 § 43, 44d BörsG 1998 = §§ 30, 34 BörsG 2002. Zur Einräumung dieser Befugnis an die BaFin nunmehr Assmann/U. H. Schneider-Dreyling, § 4 WpHG Rn. 26 f.; Holzborn/Israel, Das Anlegerschutzverbesserungsgesetz, WM 2004, 1948 (1949). 73 BGBl. 2004 I S. 2630. Im Überblick hierzu Holzborn/Israel, Das Anlegerschutzverbesserungsgesetz, WM 2004, 1948 ff. 74 BGBl. 2004 I S. 3408. 75 Hierzu Kullmann/Sester, Das Wertpapierprospektgesetz (WpPG), WM 2005, 1068 ff. 76 Nach Redaktionsabschluss wurde mit dem TUG die Überwachung sämtlicher ordentlicher wie außerordentlicher Emittentenpublizitätspflichten der BaFin übertragen, vgl. Nachtrag, S. 533.

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unmittelbar-staatlicher Regelungsebene entspricht. Freilich ist dieser heutige Zustand eher das Ergebnis zwingender europarechtlicher Vorgaben denn Ausfluss stringenter gesetzgeberischer Überlegungen zur richtigen Kompetenzverteilung, zu welchen der Gesetzgeber angesichts der öffentlichrechtlichen Betreiberstruktur auch weiterhin nicht gezwungen ist.

C. Die Entwicklung des privat-wettbewerblichen Typus in Großbritannien Das britische Börsenrecht stellt demgegenüber eine Ausprägung des privat-wettbewerblichen Börsenstrukturtyps dar: Nach s. 287 (1) FSMA kommen als Börsenbetreiber nur private Unternehmensträger in Betracht, wobei die recognition bei Erfüllung der subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen nach s. 285 FSMA stets erteilt wird.77 Historisch nahm die Entwicklung ihren Anfang im ausgehenden 18. Jahrhundert, als zur Erfüllungssicherung von Optionsgeschäften eine räumliche Abgrenzung des Handelsgeschehens mit persönlichen Zugangskontrollen nötig wurde.78 Die erste geschlossene Händlerversammlung in einem Londoner Kaffeehaus scheiterte, als die Zugangsbeschränkung zu einem öffentlichen Gasthaus gerichtlich für unzulässig erklärt wurde.79 Daraufhin errichtete eine Gruppe von Händlern und externen Kapitalgebern ein privates Börsengebäude, und im Jahr 1801 erfolgte die Gründung der London Stock Exchange (später als LSE abgekürzt).80 Der Börsenzugang erfolgte auf Ba77

Siehe oben Teil 2, Abschnitt 1, B. II. 1., S. 120 f. Michie, The London Stock Exchange, S. 31 ff. Der in 1734 erlassene Barnard’s Act verbot Optionsgeschäfte, so dass ihre Erfüllung nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden konnte. Die Sekundärmarktteilnehmer mussten die Erfüllung nun anderweit sicherstellen, nämlich durch einen strengen Ehrenkodex innerhalb geschlossener Händlerverbände, welche die Nichterfüllung durch Ausschluss von der Handelsteilnahme sanktionieren konnten. Als sodann nach der französischen Revolution ein enormer Zustrom kontinentaleuropäischer Wertpapierhändler nach London erfolgte, war der Organisationsbedarf endgültig unabweisbar geworden, vgl. Michie, a. a. O., S. 33 f. 79 Cooper/Cridlan, Law and Procedure of the Stock Exchange, S. 4; Michie, The London Stock Exchange, S. 31. 80 Michie, The London Stock Exchange, S. 35; vgl. auch Cooper/Cridlan, Law and Procedure of the Stock Exchange, S. 4, die allerdings 1802 als Gründungsdatum angeben. 1801 ist das Jahr, ab welchem der Marktzugang vom Abschluss eines Zulassungsvertrags und der Einhaltung von Regelwerken abhängig gemacht wurde, also erstmals ein börslicher Organisationsgrad erreicht wurde. Aus diesem Grunde kann hier vom Gründungsdatum der LSE als Börse gesprochen werden. Im Jahr 1802 erfolgte hingegen die formelle Regelung der gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse der Betreibergesellschaft. 78

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sis eines Nutzungsvertrags und wurde von der persönlichen Zuverlässigkeit, der Beachtung der börslichen Handelsregeln und der Zahlung eines jährlichen Nutzungsentgelts abhängig gemacht.81 Die staatliche Regelungstätigkeit begann unterdessen mit gesellschaftsrechtlichen Materien und griff von da auch auf den Kapitalprimärmarkt aus, wo nach diversen Gründungsbetrugswellen der Regelungsbedarf verortet wurde.82 Dagegen wurde, nach punktuellen Einzelregelungen im 17. und 18. Jahrhundert, offenbar kein Regelungsbedarf im Sekundärmarkt empfunden.83 Der Grund hierfür mag darin liegen, dass es aufgrund der großen Präsenz externer Kapitalgeber in der LSE-Betreibergesellschaft zunächst nicht zur Ausprägung der intermediärsgenossenschaftlichen Betreiberrechtsform kam und damit auch deren Anreizprobleme entfielen.84 Jedenfalls scheint die LSE im 19. Jahrhundert ein durchaus akzeptables Regelungsniveau geliefert zu haben.85 Die LSE und mit ihr der Londoner Finanzplatz florierten und wuchsen zum internationalen Finanzzentrum heran.86 81 London Stock Exchange Commission, Report of the Commissioners, S. 5; Michie, The London Stock Exchange, S. 35. Regelungsbereiche waren neben den Zugangsvoraussetzungen für Handelsteilnehmer nur das eigentliche Handelsgeschehen mit Ordertypen, Matching, Handelstransparenz und Wohlverhaltenspflichten, vgl. Cooper/Cridlan, Law and Procedure of the Stock Exchange, S. 5. Die Voraussetzungen für die Handelbarkeit von Wertpapieren kamen als Regelungsgegenstand erst später hinzu, vgl. Michie, a. a. O., S. 265 f. 82 Das erste wichtige Gesetz ist der sog. Bubble Act von 1720, in dem die Kapitalmarktgängigkeit verschiedener Gesellschaftsformen geregelt wurde. Zu Hintergrund und Inhalt vgl. Gower, Gower’s Principles of Modern Company Law, S. 24 ff. Als weitere wichtige Gesetzgebungsakte sind die Gesellschaftsrechtsreformen des 19. Jahrhunderts zu nennen: Der Joint Stock Companies Act 1844, Joint Stock Companies Act 1856 und der Companies Act von 1862. In diesen Gesetzen wurde die private Kapitalgesellschaft modernen Verständnisses ausgeprägt, vgl. Birds/ Boyle/Ferran/Villiers, Boyle & Birds’ Company Law, S. 3 ff. Daneben wurden auch rudimentäre Vorgaben für die Aufnahme von Finanzmitteln am Kapitalmarkt gemacht, vgl. Pennington, The Law of the Investment Markets, S. 30 f. 83 So geriet ein erstes Gesetz zur Regelung des Wertpapierdienstleistungsgewerbes von 1697 schon kurze Zeit nach Erlass in Vergessenheit, vgl. Pennington, The Law of the Investment Markets, S. 29 f. Im Gefolge der South-Sea-Spekulationskrise wurde zwar auch eine Regulierung der Wertpapierhändler angestrebt, doch scheiterte das Gesetz im House of Lords, vgl. Rider, Financial Services Reporter, Rn. 1–150. Verabschiedet wurde dagegen in 1734 der Barnard’s Act zum Verbot von Termingeschäften, vgl. Pennington, a. a. O., S. 29 f. Die parlamentsgesetzliche Regelung des Wertpapiersekundärmarktgeschehens setzt sich dann erst 1939 mit dem Prevention of Fraud (Investors) Act fort, vgl. Pennington, The Law of the Investment Markets, S. 36 ff. 84 Michie, The London Stock Exchange, S. 50, S. 56, S. 332 sowie die zusammenfassende Bewertung auf S. 640. 85 Rider, Financial Services Reporter, Rn. 1–200. Vgl. auch das insgesamt positive Urteil über die Qualität der börslichen Selbstregelung, das die von der Regie-

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Indes bahnte sich auch in der LSE-Betreibergesellschaft die der damaligen ökonomischen Logik entsprechende genossenschaftliche Struktur ihren Weg und ab 1876 wurde die Börsennutzung vom Anteilsbesitz abhängig gemacht.87 Zugleich erfolgte eine zahlenmäßige Beschränkung des Börsenzugangs, die im Laufe der Jahre einen „closed shop“ der Börsenhändler hervorbrachte.88 Die Kartellierungstendenz war seither ausgeprägt.89 Mit ihr dehnte die LSE den Regelungsanspruch auf neue Materien aus und begann, auch das Berufsrecht der Intermediäre zu regeln.90 Unter anderem wurde ab 1912 ein Mindestkommissionsniveau festgelegt.91 Zugleich wuchs die LSE aufgrund der natürlichen Monopolisierungstendenzen zur dominierenden Börse im Vereinigten Königreich heran.92 Damit war ein privater Regelungsverband entstanden, der eine überragende Stellung im Kapitalmarkt innehatte und seinen Regelungsanspruch auch außerhalb materiell-börslicher Materien erhob. Diesen Regelungsverband sollte sich später der Staat dienstbar machen, als der Regelungsbedarf im Sekundärmarkt unabweisbar wurde, man aber aus verschiedenen Gründen nicht zu einer parlamentsgesetzlichen Regelung willens war. Hierzu musste die LSE zunächst unter den Einfluss des Staates geraten, was im Ersten Weltkrieg geschah: Zur Sicherung der Staatsfinanrung zur Untersuchung des Börsenwesens eingesetzte London Stock Exchange Commission, Report of the Commissioners, S. 5 im Jahr 1878 fällte. 86 Michie, The London Stock Exchange, S. 70 ff. m. w. N. 87 London Stock Exchange Commission, Report of the Commissioners, S. 6; Michie, The London Stock Exchange, S. 75 ff. Endgültig abgeschlossen war dieser Vergenossenschaftlichungsprozess erst in 1947, als Anteilseignerschaft und Handelsteilnehmerschaft vollständig deckungsgleich geworden waren, vgl. Michie, a. a. O., S. 331 f. 88 Michie, The London Stock Exchange, S. 84 f., S. 196 ff., S. 222 ff. 89 Blake, Financial Market Analysis, S. 34; Clarke, Regulating the City, S. 93; Michie, The London Stock Exchange, S. 640 f. 90 Michie, The London Stock Exchange, S. 113 ff. m. w. N. 91 Cooper/Cridlan, Law and Procedure of the Stock Exchange, S. 5; Michie, The London Stock Exchange, S. 114. Weitere Beschränkungen betrafen die zulässigen Tätigkeitsbereiche sowie die gesellschaftsrechtlichen Organisationsform der Handelsteilnehmer; es wurde eine Obergrenze für die Zahl der Angestellten eines Handelsteilnehmers festgelegt sowie Werbeverbote eingeführt, vgl. Michie, a. a. O., S. 196 ff. 92 Zur Entwicklung der Regionalbörsen im Überblick Cooper/Cridlan, Law and Procedure of the Stock Exchange, S. 6 f. Die Regionalbörsen waren zunächst zahlreich, ihr sachlicher wie personeller Einzugsbereich war aber lokal sehr beschränkt. Zur später wachsenden Dominanz der LSE vgl. Michie, The London Stock Exchange, S. 116 ff. Der formelle Zusammenschluss der LSE mit den verbleibenden Regionalbörsenbetreibern einschließlich desjenigen der Irischen Börsen zum sog. International Stock Exchange (ISE) erfolgte jedoch erst in 1973, vgl. Halsbury’s Laws of England (4. Aufl.), vol. 45 para 2, S. 6 f.

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zen waren massive Eingriffe in den Kapitalmarkt nötig geworden.93 Um diese durchzusetzen, griff das britische Finanzministerium direkt auf die LSE zu, die unter der Drohung einer vollständigen Schließung zu regierungskonformem Verhalten gezwungen war.94 Von nun an stand die Selbstregelungstätigkeit der LSE unter dem Zeichen vorauseilenden Gehorsams gegenüber regierungsamtlichen Wünschen.95 Dieser Regelungsmodus wurde nach dem Krieg beibehalten96 und kam zum Einsatz, als nach den spekulativen Krisen der 1920er Jahren der Ruf nach verschärfter Regulierung des Kapitalprimärmarktes laut wurde. Die Regierung erkannte den Regelungsbedarf durchaus an, zog indes die börsliche Selbstregelung einer gesetzlichen Regelung vor und nahm auf die LSE im Sinne ihrer Vorstellungen Einfluss.97 Um der börslichen Regelungstätigkeit die gewünschte gesamtsekundärmarktweite Geltung zu verschaffen, wurde im Gegenzug für das einflusskonforme Verhalten die faktische Monopolstellung der LSE nunmehr auch rechtlich abgesichert: Im Prevention of Fraud (Investors) Act von 1939 wurde die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen für Personen, die nicht Mitglieder eines recognised stock exchange waren, von einer staatlichen Genehmigung abhängig gemacht.98 Zugleich wurden sie gezwungen, Wertpapiertransaktionen über die Börse abzuwickeln.99 Konkurrenzfähige Wertpapierdienstleistungen erforderten damit praktisch eine Mitgliedschaft bei der LSE,100 deren faktisches Monopol im Börsendienstleistungsmarkt zusätzlich durch politische Garantien abgesichert wurde.101 Als sich nach dem Zweiten Weltkrieg das Kapitalmarktgeschehen wieder normalisierte, stand damit ein formell zwar nach wie vor privatrechtlich strukturierter, in der Sache aber mit staatlichen Regelungsaufgaben betrauter Verband zur Verfügung, dessen Sanktionstätigkeit zur wirtschaftlichen 93 So wurden z. B. Mindestpreise für Regierungsanleihen festgelegt, vgl. Michie, The London Stock Exchange, S. 148. 94 Michie, The London Stock Exchange, S. 149 f. m. w. N. 95 Michie, The London Stock Exchange, S. 152 ff. und insbesondere S. 154 m. w. N. 96 Michie, The London Stock Exchange, S. 182. Er fand seine volle Ausprägung nach dem Zweiten Weltkrieg unter der Drohung mit einer Verstaatlichung der Börse, vgl. ders., a. a. O., S. 326, S. 366 ff. 97 Michie, The London Stock Exchange, S. 265 ff., S. 281 f. 98 S. 1 (1) und s. 2 (1) (a) Prevention of Fraud (Investors) Act 1939, in Kraft getreten 1944. 99 S. 15 Prevention of Fraud (Investors) Act 1939. 100 Vgl. Cooper/Cridlan, Law and Procedure of the Stock Exchange, S. 5. 101 Alcock, Dealing in UK Equities, S. 2; Michie, The London Stock Exchange, S. 293 f., S. 294, S. 336 ff. Gower, Review of Investor Protection – Discussion Document, S. 14 mit Fn. 16 bemerkt: „[The London Stock Exchange] is the only recognised stock exchange and there is no likelihood of others being recognised“.

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Existenzvernichtung eines Wertpapierintermediärs geeignet und so von quasi-hoheitlicher Schlagkraft war.102 Dieser Verband wurde als zentraler parastaatlicher Kapitalmarktregulator herangezogen.103 Die Materien, deren Regelung nunmehr von der LSE erwartet wurde, erstreckten sich neben dem materiell-börslichen Bereich umfassend auf die Intermediärsregelung sowie die sekundärmarktweite Insider- und Manipulationsregelung.104 Diese aufsichtsrechtliche Struktur, die ihre volle Ausprägung in den 1950er Jahren fand, weist mit ihrer monopolistischen Makrostruktur und der Dienstbarmachung für staatliche Regelungsaufgaben deutliche Züge des öffentlich-rechtlichen Strukturtyps auf.105 102 Vgl. Michie, The London Stock Exchange, S. 324: „By the end of the war the Stock Exchange had become, almost, an administrative arm of the government in exercising supervision over the securities market“. Vgl. auch Rider, Financial Services Reporter, Rn. 2–050. 103 Alcock, Dealing in UK Equities, S. 1; ders., FSMA 2000, S. 2 ff.; Michie, The London Stock Exchange, S. 324, S. 336 f. Vgl. zu einem Versuch der Einordnung derartiger Formen der Dienstbarmachung formell privater Regelung für staatliche Zwecke auf der Staat-Privat-Skala Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 165 ff. und insbesondere S. 187. 104 Zu den Regelungsbereichen des LSE vor 1986 beispielsweise Halsbury’s Laws of England (4. Aufl.), vol 45 para 17, S. 30 f. Zu den (weit hinter den Regeln der LSE zurückbleibenden) gesetzlichen Standards und Anforderungen des Common Law im materiell-börslichen Bereich vgl. hingegen Cooper/Cridlan, Law and Procedure of the Stock Exchange, S. 9 f. Zum minimalen personellen Anwendungsbereich der gesetzlichen Intermediärsregelung durch den Prevention of Fraud (Investors) Act 1939 und den Prevention of Fraud (Investments) Act 1958 vgl. Pennington, The Law of the Investment Markets, S. 44. Sehr kritisch zum mangelnden Vollzugswillen der Regierungsbehörden Rider, Financial Services Reporter, Rn. 1–300. Praktisch war die Intermediärs- sowie sonstige Sekundärmarktregelung damit Sache der LSE. Diese Erwartung konnte die LSE indes alleine nur bedingt erfüllen. Das galt namentlich im Bereich des Insiderhandels im Umfeld von Übernahmeangeboten, da die LSE keine Regelungsgewalt über die Letztanleger hatte. Angesichts des erklärten Regelungsunwillens der Regierung wurde auf Betreiben u. a. der LSE das Panel on Takeovers and Mergers als weiterer Selbstregelungsverband geschaffen, vgl. Michie, The London Stock Exchange, S. 427 f. Dieser Selbstregelungsverband war – ähnlich der LSE selbst – Teil einer formell privaten, aber inhaltlich nach Regierungswünschen handelnden Regelungsstruktur und wurde von den Gerichten für die Frage des judicial review konsequenterweise als public law institution eingeordnet, vgl. etwa Donaldson MR, in: R v Panel on Takeovers and Mergers ex p. Datafin Plc [1987] QB 815 (838). 105 Vgl. Gower, Review of Investor Protection – Discussion Document, S. 52 f. Sie führte später, schon nach Auflösung dieser Struktur in zentralen Punkten, zur Qualifikation der RIEs als public law institutions in der Rechtsprechung, vgl. Shearson Lehman Hutton Inc and Another v Maclaine Watson & Co Ltd and others, Queen’s Bench Division (Commercial Court), [1989] 2 Lloyd’s Rep 570; ähnlich R v London Metal Exchange Ltd, ex parte Albatros Warehousing BV, Queen’s Bench Division CO/2470/98 v. 30. März 2000, Nr. 23 ff.

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Die solchermaßen ausgeprägte Börsenstruktur wurde beibehalten, bis sich die LSE-Regelwerke in den 1970er Jahren zunehmend dem Kartellvorwurf ausgesetzt sahen,106 hatte der Gesetzgeber doch nie den Schritt getan, die LSE in ihrer Rolle als Kapitalmarktregulator formell vom Kartellrecht auszunehmen.107 Unter dem Druck des kartellbehördlichen Verfahrens kam es zu einem Vergleich zwischen Regierung und LSE. Im Gegenzug für eine Befreiung vom Kartellverbot erklärte sich die LSE bereit, künftig auf die Festlegung von Mindestkommissionen zu verzichten und den Börsenzugang für Neumitglieder zu öffnen.108 Indes löste der erzwungene Wegfall der Kommissionsregelung eine Flut von Folgeänderungen aus, die es der LSE unmöglich machten, ihre Regulatorenrolle weiter gemäß den Erwartungen der Regierung auszuüben.109 Die Regierung entschloss sich daher in 1985 zu einem kapitalmarktrechtlichen Systemwechsel, dessen fundamentaler Charakter ihm die Bezeichnung als „big bang“ eintrug.110 Mit dem Financial Services Act 1986 erfolgte der Übergang von einem System staatlich beeinflusster, aber formell privater Selbstregelung zu einem System der dezidiert hoheitlichen Kapitalmarktregulierung.111 Zu diesem Zwecke wurde das Securities and Investment Board (SIB) als oberste Regulierungsbehörde mit ihm nachgeordneten berufskammerähnlichen Regulatoren geschaffen.112 Zu diesen gehört unter ande106 Black, Rules and Regulators, S. 50; Clarke, Regulating the City, S. 94 f.; Michie, The London Stock Exchange, S. 481 ff. 107 Rider, Financial Services Reporter, Rn. 1–500. 108 Ellger/Kalss, Börsen- und Kapitalmarktrecht des Vereinigten Königreichs, S. 593 (608 f.); Schuster, Die internationale Anwendung des Börsenrechts, S. 94. Eingehend Michie, The London Stock Exchange, 549 ff. 109 Blake, Financial Market Analysis, S. 36; Clarke, Regulating the City, S. 97; Ellger/Kalss, Börsen- und Kapitalmarktrecht des Vereinigten Königreichs, S. 595 (610); Rider, Financial Services Reporter, Rn. 1–500; Michie, The London Stock Exchange, S. 554 m. w. N. 110 Alcock, Dealing in UK Equities, S. 8; Blake, Financial Market Analysis, S. 35 f.; Clarke, Regulating the City, S. 119 f. 111 Vgl. Alcock, FSMA 2000, S. 32 mit Fn. 2; Clarke, Regulating the City, S. 4. Insbesondere zum hoheitlichen Regelungscharakter, über den die Bezeichnung der Regelungsstruktur als „self-regulation within a statutory framework“ nicht hinwegtäuschen darf, Black, Rules and Regulators, S. 78; Hamilton, Regulation of Financial Services, S. 243 (244 ff.); Schuster, Die internationale Anwendung des Börsenrechts, S. 97 f. Vgl. auch schon Gower, „Big Bang“ and City Regulation, MLR 51 (1988), 1 (11), der den angeblichen Selbstregelungscharakter des Regulierungsregimes sehr stark relativierte. 112 Überblick über die Regelungsstruktur bei Blake, Financial Market Analysis, S. 31. Diese berufskammerähnlichen Regulierungsbehörden wurden als self-regulatory organisations bezeichnet. Tatsächlich handelte es sich um Verbände mit Zwangsmitgliedschaft und hoheitlicher Regelungsgewalt, so dass in ihrer Bezeichnung nicht mehr als ein verbales Tribut an die bisherige Regelungstradition zu se-

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rem die TSA (The Securities Association), die von der LSE die Aufgabe der Intermediärsregulierung übernahm.113 Solchermaßen von Aufsichtsaufgaben außerhalb des materiell-börslichen Bereichs entbunden, konnte der privatwirtschaftliche Charakter des Börsenbetriebs (wieder) aufleben.114 Regierung und SIB legten gegenüber dem aufblühenden Interbörsenwettbewerb eine dezidiert freundliche Haltung an den Tag.115 Die erste Neugründung einer Wertpapierbörse folgte in 1995 mit Tradepoint.116 Deren Betreiber hatte die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft und in 2000 zog die LSE mit ihrer Demutualisierung nach.117 In Umsetzung europarechtlicher Vorgaben war es zuvor schon seit 1994 zur parlamentsgesetzlichen Regelung des Insiderhandels,118 der Ad-hocPublizität119 und der Verkaufsprospektpflicht120 gekommen. Mit der Schaffung der FSA als schlagkräftiger zentraler Kapitalmarktregulierungsbehörde durch den FSMA 2000 wurde schließlich die Voraussetzung geschaffen, um seither auch den Vollzug dieser Materien insoweit in unmittelbar-staatliche Verantwortung zu übernehmen, als ein börseneigener Vollzug wegen möglicher Anreizdefizite Unzulänglichkeiten erwarten lässt. So wurde im Jahr 2000 auch die Funktion als UK Listing Authority im Sinne der RL 2001/34/EG (ehedem RL 79/279/EG), mit der die LSE noch in 1984 im Wege der Beleihung betraut worden war,121 umfassend auf die FSMA hochgezont. hen war, vgl. Hamilton, Regulation of Financial Services, S. 243 (244). Zur „Freiwilligkeit“ der Mitgliedschaft in den self-regulatory organisations vgl. Rider, Financial Services Reporter, Rn. 2–600 a. E. 113 Alcock, Dealing in UK Equities, S. 16, S. 23. Die TSA wurde später mit der Association of Futures Brokers and Dealers zur Securities and Futures Authority (SFA) verschmolzen, vgl. Alcock, a. a. O., S. 16. 114 Vgl. Alcock, Dealing in UK Equities, S. 24; Michie, The London Stock Exchange, S. 569 ff. m. w. N. 115 SIB, Regulation of the United Kingdom Equity Markets – Discussion Paper, S. v: „[. . .] the UK regulatory system set up by the Financial Services Act clearly envisaged competition amongst markets and gave SIB no legal powers to prevent such competition“; ders., Regulation of the United Kingdom Equity Markets – Report, S. 3. 116 Cutler, The New Trading Point, Compliance Monitor 1995, August, S. 20. 117 Vgl. London Stock Exchange plc, Our history. 118 Company Securities (Insider Dealing) Act 1985, später ersetzt durch den Criminal Justice Act 1993 (Part V) sowie SIB Core Rule 28, erlassen auf Grundlage von s. 63A FSA 1986. Vgl. hierzu Schuster, Die internationale Anwendung des Börsenrechts, S. 172 ff. 119 The Traded Securities (Disclosure) Regulations 1994, SI 1994 No. 188. 120 The Public Offer of Securities Regulations 1995, SI 1995 No. 1573. 121 The Stock Exchange (Listing) Regulations 1984, SI 1984 No. 716. Zu den Gründen dieser Betrauung Michie, The London Stock Exchange, S. 586, zur rege-

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Mit Behebung dieses letzten, noch historisch bedingten Systembruchs stellt sich die britische Börsenstruktur heute als eine gleichsam idealtypische Ausprägung einer privat-wettbewerblichen Börsenstruktur dar. Der Börsenbetreiber ist in staatliche Regelungsaufgaben außerhalb des materiellbörslichen Bereichs nicht mehr eingebunden ist, und innerhalb dieses Bereichs erfolgt eine an der Zielerreichungstauglichkeit der privaten Regelung orientierte Kompetenzverteilung zwischen Staat und Börsenbetreiber unter möglichster Belassung börslicher Feiräume.

lungssystematischen Qualifikation Gower, A Review of Investor Protection – Discussion Document, S. 52 f. mit Fn. 10: „delegation“, was der Beleihung des deutschen Verwaltungsrechts entspricht, vgl. Wade/Forsyth, Administrative Law, S. 315 ff.

Abschnitt 2: Das deutsche und britische Recht im Vergleich

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Abschnitt 2

Das deutsche und britische Recht der Börsenkonzentration im Vergleich Sind damit die grundsätzlichen Ausgestaltungsoptionen umrissen, so soll nun die eigentliche Vergleichung des deutschen und britischen Rechts der Börsenkonzentrationen und eine Analyse der jeweils ausschlaggebenden rechtlichen Unterschiede erfolgen. Die hieraus abzuleitende vorläufige rechtspolitische Empfehlung ist dann in Abschnitt 3 einer Gesamtbewertung unter Berücksichtigung der strukturtypusbedingten Folgeänderungen zu unterziehen.

A. Die Regelungsziele des deutschen Börsenaufsichtsrechts als Vergleichsmaßstab Der anzulegende Vergleichsmaßstab ist dabei die Zieladäquanz der jeweiligen Lösungen in Bezug auf die Regelungsziele des deutschen Rechts, ist das Erkenntnisinteresse hier doch darauf gerichtet, ob und gegebenenfalls wie eine bessere Ausgestaltung gerade des hiesigen Börsenrechts möglich ist.1 Gut ist eine bestimmte rechtliche Ausgestaltung mit der normativen Regelungstheorie2 dann, wenn sie eine möglichst weitgehende Verwirklichung der selbstgesteckten Regelungsziele ermöglicht, also eine hohe Zieladäquanz aufweist.3 1

Siehe oben Einleitung, S. 34. Sie betrachtet Rechtsnormen als Mittel des Staates zur Erreichung bestimmter Regelungsziele im Dienste der Gemeinwohlverwirklichung und untersucht dabei vor allem, wann ein staatlich-regulatives Eingreifen in Marktprozesse im Gemeinwohlinteresse geboten ist und wie es ausgestaltet sein sollte, vgl. z. B. Kahn, The Economics of Regulation, passim sowie Ogus, Regulation, S. 29 ff. Sie erlaubt damit eine qualitative Bewertung verschiedener Normierungskonzepte. Im Gegensatz dazu untersucht die empirisch ausgerichtete sog. economic theory of regulation (ökonomische Regulierungstheorie) das tatsächliche Zustandekommen von Normen und welche (organisierten) Interessen sich im Regelungsergebnis niederschlagen, vgl. im Überblick Ogus, a. a. O., S. 55 ff.; Wolf, Ansätze einer ökonomischen Regulierungstheorie, S. 12 ff. 3 Vgl. Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, S. 43, die vom Maßstab der „Funktionalität“ als der Eignung einer rechtlichen Lösung zur Befriedigung des jeweiligen Rechtsbedürfnisses sprechen. Im klassischen Zivilrecht besteht das Regelungsziel meist schlicht in der „gerechten“ Lösung eines privaten Interessenkonfliktes, weshalb sich in der Zivilrechtsvergleichung häufig der Vergleichsmaßstab der „Gerechtigkeit“ findet, vgl. auch Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, S. 46. Im öffentlichen Recht werden dagegen – rechtsgebietsbedingt – spezifischere Regelungsziele verfolgt. 2

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Die Zieladäquanz setzt sich dabei ihrerseits aus den Faktoren der inhaltlichen Regelungsgüte (das Recht ordnet das im Sinne der Zielerreichung „richtige“ Verhalten an) und der Regelungseffektivität (das Verhalten der Regelungsunterworfenen wird tatsächlich im Sinne des angeordneten Verhaltens gesteuert) zusammen. Neben sie tritt im Bezugsrahmen des modernen liberalen Verfassungsstaates als weiteres Merkmal der Regelungsqualität ihre Effizienz, also die Eignung zur Zielerreichung unter möglichst geringer Beschränkung der bürgerlichen Freiheitsrechte sowie unter möglichst geringem Einsatz von Staatstätigkeit und -ressourcen.4 Die Untersuchung dieser Nebenbedingung soll allerdings zugunsten einer Bewertung am primären Maßstab der Zieladäquanz zurücktreten: Auf Grundrechtsaspekte ist abschließend unter Abschnitt 4, B. zurückzukommen, während zur Messung monetärer Regelungskosten bislang keine ausgereiften Konzepte existieren.5 Bezüglich der Effizienz muss es also bei der eher intuitiven Feststellung bleiben, dass Regelungsstrukturen mit privater Börsenbetreiberschaft prima vista den Vorzug geringerer Staatstätigkeit im Kapitalmarkt mit sich bringen. I. Gesetzgeberischer Zielbefund Anders als manch modernere Gesetze enthält das Börsengesetz bislang keine ausdrückliche Zielbestimmung,6 so dass die gesetzgeberischen Regelungsanliegen vorrangig den Motiven zu entnehmen sind. Indes hielt sich der historische Gesetzgeber bei der Benennung spezifisch börsenrechtlicher Regelungsziele meist zurück zugunsten einer pauschalen Bezugnahme auf die übergeordneten kapitalmarktrechtlichen Regelungsziele des Funktionsund Anlegerschutzes;7 allenfalls wurden die ganz spezifischen und oft stark zeitgebundenen Ziele börsengesetzlicher Einzelnormen dargelegt.8 4

Vgl. Hoffmann-Riem, Effizienz als Herausforderung an das Verwaltungsrecht, S. 11 (16 f. und zur Einbeziehung von Drittrechtsgütern in den Effizienzgedanken insbesondere S. 19). Spezifisch in Bezug auf die Kapitalmarkregulierung, allerdings unter Beachtung ausschließlich monetärer Regelungskosten Merkt, Gutachten 64. DJT, G 67 ff.; weiter Bagheri/Nakajima, Competition and Integration among Stock Exchanges, OJLS 2004, 69 (91). 5 Vgl. nur Merkt, Gutachten 64. DJT, G 68 f. m. w. N. 6 Eine solche wird deshalb von Hopt/Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (373) angemahnt. 7 Vgl. z. B. RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 33. 8 Vgl. z. B. RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 36 ff.; RegE Novelle 1989, BTDrs. 11/4177, S. 9 ff.; RegE Börsenzulassungs-Gesetz, BT-Drs. 10/4296, S. 10 ff. Zur Problematik einer solchermaßen nur punktuellen Konkretisierung der ihrerseits unbenannt bleibenden übergeordneten Regelungsziele allg. Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, S. 399 f.

Abschnitt 2: Das deutsche und britische Recht im Vergleich

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Erst in jüngerer Zeit und insbesondere in den Motiven des 4. FMFG findet sich eine ausdrückliche Statuierung gerade der börsenrechtlichen Regelungsziele.9 So heißt es in der Begründung zu § 9 BörsG 2002 (= § 12 BörsG 2007) betreffend den Börsenrat und zu § 31 BörsG 2002 betreffend die Zulassungsstelle: „Zielsetzung der börsenrechtlichen Vorschriften ist die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Börse“.10 Gleichgeordnet findet sich daneben in der Begründung zu § 4 BörsG 2002 (= § 7 BörsG 2007) betreffend die Handelsüberwachungsstelle: „Zielsetzung der börsenrechtlichen Vorschriften ist der Schutz des Anlegerpublikums in seinem Vertrauen auf Fairness und Chancengleichheit an den Börsen“.11 Die börsenrechtlichen Regelungsziele sind also offenbar die Förderung der Börsenfunktionalität sowie der Anlegerschutz im Rahmen börslicher Geschäfte. Sie stellen sich damit als direkte sachgebietsspezifische Ausprägungen der übergeordneten kapitalmarktrechtlichen Regelungsziele des Funktions- und Anlegerschutzes dar. Es handelt sich bei ihnen um die klassischen Regelungsziele des Börsenrechts, die in dieser Form zuvor schon von der Literatur herausgearbeitet worden waren.12 Daneben lässt sich in den Motiven der jüngeren Börsengesetzgebung als weiteres Regelungsziel die Stärkung der Position deutscher Börsen im internationalen Wettbewerb ausmachen,13 gleichsam als die börsenspezifische Ausprägung des wiederholt propagierten kapitalmarktrechtlichen Regelungsanliegens der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland.14

9 In den Motiven des FRUG äußert sich der Gesetzgeber hinsichtlich der materiellen Regelungziele des Börsenrechts hingegen nicht mehr. Das erklärt sich aus dem dezidiert beschränkten Anliegen des FRUG, welches sich in der „Ein-zueins“-Minimalumsetzung der MFIRL unter sonstiger Beibehaltung des deutschen Rechts erschöpft, vgl. RegE BT-Drs. 16/4028, S. 52. Zur Fortgeltung der börsenrechtlichen Regelungsziele des deutschen Rechts unter dem FRUG siehe Nachtrag B. III., S. 544 mit Fn. 60. 10 RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 73, S. 79. 11 RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 73. 12 Vgl. eingehend Mues, Börse, S. 46 ff.; H. Schmidt, Börsenorganisation zum Schutze der Anleger, S. 75 f.; ähnlich auch Hopt/Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (375). 13 RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 1; RegE 3. FMFG, BT-Drs. 13/8933, S. 55; RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 34. 14 RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 62, RegE 3. FMFG, BT-Drs. 13/8933, S. 54; RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 33.

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II. Systematisierung der Regelungsziele im Rahmen der kapitalmarktrechtlichen Zielpyramide Indes lässt dieser gesetzgeberische Zielbefund das Verhältnis der Ziele zueinander unklar, was eine unmittelbare Heranziehung als Vergleichsmaßstab erschwert. Da Zielantinomien denkbar sind15 (so könnte je nach Inhalt des Anlegerschutzziels eine diesem Anliegen dienliche Regelung durchaus der Funktionsfähigkeit sowie der internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Börsen abträglich sein16), ist die Bewertung der Zieladäquanz börsenrechtlicher Regelungen erst möglich, wenn zuvor das Verhältnis der Ziele untereinander geklärt worden ist. Hierzu müssen die in den Motiven statuierten Ziele durch Einordnung in eine Zielstruktur systematisiert werden. Auch bleiben die vom Gesetzgeber benannten Regelungsziele auf einer vergleichsweise hohen Abstraktionsebene. So ist die „Funktionsfähigkeit der Börse“ zu vage, um als solche Maßstab eines Zieladäquanzvergleichs zu sein. Die statuierten Regelungsziele sind daher durch ihre – expliziten oder impliziten – gesetzgeberischen Unterziele zu präzisieren, was im Rahmen der Zielstruktur durch eine Ermittlung ihrer jeweiligen Determinanten möglich wird.17 Ausgangspunkt der Systematisierung ist dabei die Feststellung, dass im modernen Verfassungsstaat alle Staatstätigkeit und damit auch die Rechtsetzung dem Ziel der Gemeinwohlverwirklichung zu dienen hat.18 Die ab15

Fleischer, Gutachten 64. DJT, F 31; Hopt/Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (365); Klenke, Börsendienstleistungen, S. 47. 16 Vgl. das bei Hopt/Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (374) genannte Beispiel aus dem Bereich der börslichen Handelstransparenz. 17 Die in der Literatur (z. B. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.400 ff.; Assmann/Schütze-Assmann, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 1 Rn. 24 ff.; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, § 1 III 1, Rn. 1.40 ff., S. 19 f.; Schröder, Wertpaperhandelsaufsicht, S. 35 f.) verbreitete Präzisierung des Ziels der (übergeordneten) Kapitalmarktfunktionalität durch Aufspaltung in die Komponenten der institutionellen, operationalen und allokativen Funktionsfähigkeit bringt zwar insoweit einen Erkenntnisgewinn, als damit verschiedene Ausprägungen der ökonomischen Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte angesprochen werden. Doch wird hierbei zwischen Primär- und Sekundärmärkten nur unzureichend differenziert. Sekundärmarktspezifisch ist am ehesten der Teilaspekt der sog. operationalen Funktionsfähigkeit, unter welchem u. a. die Ermöglichung von Sekundärmarkttransaktionen unter möglichst geringer Kostenbelastung verstanden wird, vgl. nur Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8. 412 ff. Die Determinanten der solchermaßen verstandenen operationalen Funktionsfähigkeit der Sekundärmärkte werden dabei aber meist nicht oder jedenfalls nicht systematisch analysiert, so dass der Ansatz für die hiesigen Zwecke nicht weiter führt. 18 Vgl. Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, HStR III (2. Aufl.), § 57 Rn. 2; Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen,

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steigende Konkretisierung des Gemeinwohlziels in verschiedenen Sachgebieten und Teilsachgebieten obliegt hierbei – im Rahmen lediglich rudimentärer und im vorliegenden Zusammenhang kaum einschlägiger verfassungsrechtlicher Zielvorgaben wie etwa der Sozialstaatlichkeit – dem Gesetzgeber selbst.19 Hat der Gesetzgeber Regelungsziele für ein Sachgebiet formuliert, so beanspruchen diese logischerweise Geltung auch für dessen Teilgebiete und können dort nur mehr durch eine Ausformulierung von teilgebietsspezifischen Unterzielen konkretisiert werden.20 Daraus folgt, dass die mit einem bestimmten Regelungskomplex verfolgten Ziele – eventuell über mehrere Stufen – stets auf das Gemeinwohlziel rückführbar sein müssen und sich somit in eine Zielpyramide einfügen, wie sie jedem Rechtsgebiet immanent ist. Da sich mit ihrer Hilfe die statuierten Ziele hierarchisieren und Zielinterdependenzen feststellen lassen, soll diese Zielpyramide im Weiteren für das Börsenrecht rekonstruiert werden. Methodisch ist hierbei von der vom Gesetzgeber zugrundegelegten tatsächlichen Verknüpfung der Sachmaterien auszugehen: Entsprechend ökonomischer Zusammenhänge21 konzipiert der Gesetzgeber das Börsenrecht als Teil eines übergreifenden Wertpapiersekundärmarktrechts und mitsamt diesem als Teil des Kapitalmarktrechts.22 Die Systematisierung der Regelungsziele des Börsenrechts hat somit bei den kapitalmarktrechtlichen Regelungszielen anzusetzen, welche ihrerseits auf das Gemeinwohl rückführbar sein müssen. Hiervon absteigend erfolgt sodann die Systematisierung des Zielbefunds, wobei eine Ergänzung durch Unterziele unter Einsatz ökonomischer Zusammenhänge dort möglich und geboten ist, wo der Gesetzgeber die Determinanten eines Ziels nicht weiter präzisiert.23 S. 199 f. Auf diesen Ausgangspunkt weist auch Köndgen, Besprechung von Hopt/ Baum/Rudolph (Hrsg.), Börsenreform, ZHR 164 (2000), 648 (652) hin, wenn er betont, dass das Recht die Kapitalmarktfunktionalität nicht um ihrer selbst willen, sondern zum Wohle der daraus Nutzen ziehenden Bürger schütze. 19 Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, HStR III (2. Aufl.), § 57 Rn. 125; Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, S. 383 f. 20 Vgl. anschaulich Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, S. 399 f. 21 Vgl. zur Übertragbarkeit ökonomischer Begriffsinhalte und -systematiken ins Wirtschaftsrecht allg. Schwark, Anlegerschutz durch Wirtschaftsrecht, S. 62 f. Wie oben Teil 1, Abschnitt 1, A. III., S. 41 ff. gezeigt, lässt sich die Maßgeblichkeit der ökonomischen Begriffsbildung für das Börsenrecht – und entsprechend für das Kapitalmarktrecht insgesamt – auch teleologisch begründen. 22 Vgl. Assmann, Harmonisierung des Kapitalmarkt- und Börsenrechts in der EG, S. 61 (64); Klenke, Börsendienstleistungen, S. 46 mit Fn. 83. Zur Einordnung der Börsen in das System der Finanzmärkte im ökonomischen Sinne oben Teil 1, Abschnitt 1, B. I., S. 43 f. 23 Vgl. Schwark, Anlegerschutz durch Wirtschaftsrecht, S. 367 f.

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Teil 3: Grundzüge des Börsenaufsichtsrechts de lege ferenda 1. Kapitalmarktfunktionalität als einheitliches Oberziel

In den Motiven der jüngeren Kapitalmarktgesetzgebung statuiert der Gesetzgeber als übergeordnete Regelungsziele die Förderung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes, den Anlegerschutz sowie die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland.24 Zentrales und stets vorrangig benanntes Regelungsziel ist dabei die Förderung der Kapitalmarktfunktionalität.25 Der Gesetzgeber verfolgt dieses Ziel, da er funktionsfähige Kapitalmärkte als wichtigen Beitrag zum realwirtschaftlichen Wachstum ansieht26 und wirtschaftlicher Wohlstand in der sozialen Marktwirtschaft selbstverständlicher Teil der Gemeinwohlverwirklichung ist.27 Daraus lässt sich unmittelbar ableiten, dass die zu optimierende Funktion die volkswirtschaftliche Funktion des Kapitalmarktes ist,28 die in der möglichst zielgenauen und transaktionskostenarmen Allokation der Finanzmittel der Kapitalgeber (vor allem der privaten Haushalte) zu den produktivsten Verwendungen bei den kapitalnehmenden Unternehmen bzw. beim Staat besteht.29 Der Gemeinwohlnexus der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Finanzmarktes wird vom Gesetzgeber dagegen weniger klar ausgesprochen. Doch lässt die Nennung im engsten Zusammenhang mit der 24

RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 62. RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 62; RegE 3. FMFG, BT-Drs. 13/8933, S. 54; RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 33. 26 RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 62; RegE 3. FMFG, BT-Drs. 13/8933, S. 54: Der Gesetzgeber stellt hier einen direkten Nexus zwischen Kapitalmarktfunktionalität, Wirtschaftswachstum und Beschäftigung her. Ähnlich schon RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 33 sowie RegE Novelle 1975, RegE Novelle 1975, BT-Drs. 7/101, zit. nach Beyer-Fehling/Bock, Börsenreform, S. 200. 27 Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 286 f.; Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, S. 229; Stern, Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland I, S. 902 f.; Zacher, Das soziale Staatsziel, HStR I (2. Aufl.), § 25 Rn. 48 ff. 28 So ausdrücklich RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 33: „Aufgabe des Staates ist es, die Rahmenbedingungen der Finanzmärkte so zu setzen, dass sie ihre volkswirtschaftliche Funktion zu jeder Zeit erfüllen“ (Hervorhebung von Verf.); vgl. auch RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 62: „leistungsfähiges Finanzsystem ist unverzichtbares Element einer modernen Volkswirtschaft“. 29 Vgl. RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 33: „Finanzmärkte gewährleisten eine effiziente Ressourcenallokation [. . .]“ und „müssen fähig sein, die [. . .] Finanzierungsbedürfnisse der Marktteilnehmer optimal zu befriedigen“; RegE 3. FMFG, BT-Drs. 13/8933, S. 54: Aufgabe der Finanzmärkte ist eine „ausreichende und kostengünstige Ausstattung der Wirtschaft mit Risikokapital“; vgl. des Weiteren schon RegE Börsenzulassungs-Gesetz, BT-Drs. 10/4296, S. 10 sowie RegE Novelle 1975, BT-Drs. 7/101, zit. nach Beyer-Fehling/Bock, Börsenreform, S. 200. 25

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Kapitalmarktfunktionalität30 erkennen, dass es darum geht, möglichst viele in- und ausländische Anleger und Emittenten als Teilnehmer des inländischen Kapitalmarktes zu gewinnen, hierdurch das Mittelangebot sowie die Auswahl renditestarker Anlageformen auszudehnen und damit die Nützlichkeit des Kapitalmarktes für Kapitalgeber wie -nehmer zu verbessern.31 Der Gemeinwohlnexus der internationalen Wettbewerbsfähigkeit besteht somit in ihrem Beitrag zur verbesserten ökonomischen Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes.32 Zugleich ist die internationale Attraktivität des inländischen Kapitalmarktes nach Vorstellung des Gesetzgebers ausschließlich durch dessen möglichste Funktionalität zu erzielen, ist also vollständig durch deren Faktoren bestimmt. Eine darüber hinausgehende Determinationskraft auf Ebene der Unterziele und der eingesetzten regulatorischen Mittel entfaltet das Ziel der internationalen Wettbewerbsfähigkeit nicht und geht mithin vollständig in der Funktionsfähigkeit auf.33 Demgegenüber scheint der Gesetzgeber dem Anlegerschutz zumindest in der Vergangenheit eine eigenständige Gemeinwohlrelevanz beigelegt zu haben. Ein eindrückliches Beispiel liefern die Motive der Börsenrechtsnovelle von 1975. Der Gesetzgeber stellte hier das gesellschaftspolitische Ziel der Beteiligung breiter Bevölkerungsschichten an Produktivkapital durch vermehrten Aktienbesitz von Privatanlegern in den Vordergrund und den Anlegerschutz (auch) in deren Dienst.34 Mit dieser sozialstaatlichen Komponente der Gemeinwohlverwirklichung, nämlich der sozialen Sicherheit durch Vermögensbildung in Kleinanlegerhand und der sozialen Gleichheit durch Beteiligung am Produktivvermögen,35 scheint der Gesetzgeber dem Anlegerschutz einen eigenständigen Gemeinwohlnexus außerhalb der „bloß“ wachstumssteigernden Relevanz funktionsfähiger Kapitalmärkte beizulegen und 30 RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 62; RegE 3. FMFG, BT-Drs. 13/8933, S. 54; RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 33. Beispielhaft vgl. RegE Novelle 1989, BT-Drs. 11/4177, S. 9: Ermöglichung von Terminbörsen zur Verbesserung der ökonomischen Funktionsfähigkeit des Finanzmarktes sowie zur Verbesserung dessen internationaler Wettbewerbsfähigkeit. 31 Sehr deutlich in diesem Sinne RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 33: Die internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Finanzplatzes soll dazu beitragen, dass ausländische Anlagegelder als Finanzierungsquelle erschlossen werden. Vgl. auch RegE 3. FMFG, BT-Drs 13/8933, S. 54; RegE Novelle 1989, BT-Drs. 11/4177, S. 9: International wettbewerbsfähige Terminmärkte eröffnen den inländischen Anlegern interessante Anlagemöglichkeiten. 32 RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 33 betont daneben auch Beschäftigung im Finanzsektor selbst als Beitrag zum Wohlstand. 33 So i. E. schon H. Schmidt, Börsenorganisation zum Schutze der Anleger, S. 78. 34 Vgl. RegE Novelle 1975, BT-Drs. 7/101, zit. nach Beyer-Fehling/Bock, Börsenreform, S. 200. Noch deutlicher in diesem Sinne Bundeswirtschaftsministerium, Leitgedanken zum Referentenentwurf, zit. nach Beyer-Fehling/Bock, Börsenreform, S. 167 (168).

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ihn so als gleichrangiges Regelungsziel neben den Funktionsschutz zu stellen.36 Ähnlich ließe sich die heute gern betonte Relevanz anlegerfreundlicher Kapitalmärkte für die private Altersvorsorge verstehen.37 Tatsächlich hat der Gesetzgeber allerdings schon in der Novelle von 1975 keine einzige Neuerung abschließend mit dem Anlegerschutz begründet, sondern stets mit dem letztendlich zu bewirkenden Funktionsschutz der Börsen.38 Mit der 1989 beseitigten Beschränkung der Termingeschäftsfähigkeit39 entfielen letzte (angeblich) anlegerschützende, aber evident funktionsschädliche Regelungen,40 und seither lässt der Gesetzgeber keine Bereitschaft mehr erkennen, Anlegerschutz über das der Funktionsfähigkeit zuträgliche Maß hinaus zu betreiben.41 Bei einer Detailanalyse erscheint der Anlegerschutz 35 Zur sozialen Sicherheit als Element des sozialen Staatsziels vgl. Zacher, Das soziale Staatsziel, HStR I (2. Aufl.), § 25 Rn. 40 ff., zur sozialen Gleichheit ders., a. a. O., Rn. 32 ff. 36 Als eigenständige Regelungsziele erscheinen Funktions- und Anlegerschutz auch in den der Novelle von 1975 zugrundeliegenden Leitgedanken zum Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums, zit. nach Beyer-Fehling/Bock, Börsenreform, S. 167 (168, sub 1. d). In diesem Sinne deutet auch Mues, Börse, S. 51 die (früheren) gesetzgeberischen Äußerungen zu den Regelungszielen: „die eigenständige Nennung [. . .] deutet auf einen über die Steuerungsleistung des Marktes hinausgehenden Bedeutungsgehalt hin. [. . .] Anlegerschutz und Funktionsschutz sind als Zielkonflikt und nicht als Synonyme begriffen“. So („Zieldualismus“) auch bis heute die ganz überwiegende kapitalmarktrechtliche Literatur, vgl. nur Merkt, Gutachten 64. DJT, G 57 mit zahlreichen wN aus der Literatur. 37 RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 62; vgl. auch Mues, Börse, S. 46, S. 51. 38 Der damals geplante Börsenzwang (§§ 1 bis 10 Referentenentwurf BörsG 1967) wurde mit der funktionsförderlichen Wirkung gesteigerter Liquidität begründet, vgl. Bundeswirtschaftsministerium, Leitgedanken zum Referentenentwurf, zit. nach Beyer-Fehling/Bock, Börsenreform, S. 167 (168 f., sub 2.). Auch die seinerzeit diskutierte Verbesserung der Emittentenpublizität und Handelstransparenz wurden damit begründet, dass sie im Interesse einer Ausdehnung des Kapitalmarktes das Publikum von dessen „Fairness“ überzeugen sollten, vgl. Bundeswirtschaftsministerium, Leitgedanken zum Referentenentwurf, zit. nach Beyer-Fehling/Bock, Börsenreform, S. 167 (168, sub 1. b). Noch deutlicher ist die Akzentuierung der Kapitalmarktfunktionalität als letzmaßgebliches Ziel durch den federführenden Referenten im Bundeswirtschaftsministerium Beyer-Fehling, Unsere Börsen sind veraltet, FAZ v. 12. Dezember 1967, zit. nach Beyer-Fehling/Bock, Börsenreform, S. 170 (172). 39 § 53 BörsG a. F., geändert durch das Gesetz zur Änderung des Börsengesetzes v. 11. Juli 1989, BGBl. 1989 I S. 1412 (Einführung des sog. Informationsmodells für die Verbindlichkeit von Termingeschäften). 40 Die Funktionsschädlichkeit wurde schon bald nach Erlass des Börsengesetzes in der Literatur angeprangert, vgl. etwa Wermert, Börse, Börsengesetz und Börsengeschäfte, S. 35 f.; aus der späteren Literatur nur Schwark (1. Aufl.), Einl. §§ 50–70, Rn. 34. Da sie auch dem Gesetzgeber bewusst gewesen sein musste, ist Mues, Börse, S. 51 zuzugeben, dass der Gesetzgeber bis zur Novelle von 1989 durch die Aufrechterhaltung der Beschränkung immerhin „passiv“ einen über die Funktionsförderung hinausgehenden, eigenständigen Anlegerschutz betrieb.

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also schon in der Kapitalmarktgesetzgebung seit 1975 vornehmlich als Mittel zum Zweck der Funktionsoptimierung; jedenfalls aber erschöpfte sich der Anlegerschutz in funktionalitätsförderlichen Maßnahmen und entfaltete somit keine eigene Determinationskraft mehr. In den Motiven des 4. FMFG stellt der Gesetzgeber den Gemeinwohlnexus des Anlegerschutzes schließlich nur noch über die Erforderlichkeit des Anlegervertrauens für funktionsfähige Kapitalmärkte her: Nur wenn Anleger davon ausgehen können, die Rendite ungeschmälert durch Betrugsverluste auf Primär- oder Sekundärmarktebene zu erhalten, werden sie zur Bereitstellung ihrer Ersparnisse am Kapitalmarkt bereit sein.42 Anlegerschutz besteht also vor allem im Schutz vor einer missbräuchlichen Schmälerungen der dem Anleger fundamental zustehenden („gerechten“) Rendite, nicht aber im Schutz vor dem Anlagerisiko an sich.43 Erforderlich zur Realisierung des gesetzgeberisch anvisierten Schutzniveaus ist somit „nur“ die Funktionsoptimierung des Kapitalmarktes. Eine darüber hinausgehende Determinationskraft für die staatliche Regelungstätigkeit kommt dem Anlegerschutz nicht zu und er geht mithin im Ziel der Funktionsoptimierung auf.44 41 Vgl. ausdrücklich in diesem Sinn schon RegE Börsenzulassungs-Gesetz, BTDrs. 10/4296, S. 11: „[. . .] die eingeschränkten Publizitätspflichten bewirken einen [. . .] verminderten Anlegerschutz. Der [. . .] Interessengegensatz wurde für den geregelten Markt bewusst zugunsten des erleichterten [Börsen-]Zugangs entschieden. Das folgt aus der grundlegenden Zielsetzung, die eindeutig auf die Verbesserung der Eigenkapitalausstattung der Unternehmen ausgerichtet ist. Ein erforderliches Mindestmaß an Anlegerschutz bleibt gewährleistet“. Vgl. auch RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 62: Anlegerschutz nur insoweit, als er auch der Funktionsfähigkeit und damit der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Finanzmarktes zuträglich ist. 42 RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 62 r. Sp: „Die Phase der starken Kursausschläge [. . .] hat [. . .] die Notwendigkeit zur Stärkung des Anlegerschutzes aufgezeigt. Vertrauen in die Integrität und Funktionsfähigkeit des Finanzmarktes ist aber ein bedeutsamer Faktor der Standortqualität und Voraussetzung für eine kostengünstige Kapitalaufnahme durch Unternehmen. Dieses Vertrauen gilt es zu stärken.“ Dieses Begründungsmuster wiederholt sich auf Ebene der Teilsachgebiete, z. B. im Börsenrecht, vgl. die Begründung zu § 4 Abs. 6 BörsG 2002 in RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 73, l. Sp. Zuvor war im Allgemeinen Teil der Begründung zum RegE 3. FMFG, BT-Drs. 13/8933, S. 54 der Anlegerschutz begrifflich sogar ganz verschwunden zugunsten eines funktionsförderlichen „Anlegervertrauens“; ähnlich vgl. auch schon RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 33: „Zur Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte ist das Vertrauen der Anleger von entscheidender Bedeutung.“ 43 RegE 4. FMFG, BT-Drs. 14/8017, S. 62 f.; Hommelhoff, Anlegerinformation im Aktien-, Bilanz- und Kapitalmarktrecht, ZGR 2000, 748 (772). Zur Differenzierung dieser Risiken im Rahmen des Anlegerschutzziels Fleischer, Gutachten 64. DJT, F 32 f. 44 Grundlegend in diesem Sinne Assmann, Prospekthaftung als Haftung für die Verletzung kapitalmarktbezogener Informationspflichten nach deutschem und US-

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Teil 3: Grundzüge des Börsenaufsichtsrechts de lege ferenda 2. Sekundärmarktfunktionalität als bereichsspezifische Ausprägung und ihre Determinanten als börsenrechtsrelevante Unterziele

Alleiniges Oberziel des deutschen Kapitalmarktrechts ist somit heute die ökonomische Funktionsoptimierung des Kapitalmarktes, wobei unmittelbare Gemeinwohlrelevanz aufgrund ihres Beitrags zum Wirtschaftswachstum nur die Primärmarktfunktionalität hat,45 zu welcher freilich ein funktionsfähiger Sekundärmarkt unerlässlich ist.46 Die Sekundärmarktfunktionalität ist die hier maßgebliche bereichsspezifische Ausprägung des regulatorischen Oberziels. Sie ist umso höher, je geringer die Sekundärmarkttransaktionskosten sind,47 welche aus Such- und Informationskosten48 sowie für zahlreiche Anleger überdies aus Intermediationskosten bestehen.49 Determinanten der Sekundärmarktfunktionalität und damit in concreto maßgebliche börsenrechtliche Regelungsziele sind demnach: a) Bedarfsgerechte Versorgung mit Börsendienstleistungen Such- und Informationskosten im Sekundärmarkt lassen sich auf idealtypische Weise durch die börsliche Organisation des Handels minimieren. Das gilt zwar nicht ausnahmslos, denn nicht für alle Emittenten rechnet amerikanischem Recht, S. 274; Assmann/Schütze-Assmann, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 1 Rn. 23; Schwark, Gesellschaftsrecht und Kapitalmarktrecht, FS Stimpel 1985, S. 1087 (1092 f.). Des weiteren Augsberg, Rechtsetzung, S. 41; von Keussler, Vom Grauen zum Weißen Kapitalmarkt, S. 37. Vorsichtiger Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, § 1 III, Rn. 1. 38: „Der Schwerpunkt der Aufgabe des Kapitalmarktrechts ist in der Herstellung und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts zu sehen“; ähnlich Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 105. Zumindest in Bezug auf das Börsenrecht im Sinne eines einheitlichen Ziels der Funktionsoptimierung Wastl/Schlitt, Abkehr vom klassischen Börsenbegriff, WM 2001, 1702 (1708): Anlegerschutz als Ausfluss eines funktionierenden Börsenwesens; ähnlich Lorenz, Wertpapierbörse, S. 151. Im Ergebnis letztlich ebenso (rechtspolitische Bewertung allein am Maßstab der ökonomischen Effizienz) Mues, Börse, S. 51 a. E.; Deutsche Bundesbank, Regulierung von Wertpapiermärkten, Monatsbericht Januar 2006, S. 37 (41). Zum Aufgehen des Anleger- im Funktionsschutzes in anderen Teilgebieten des Finanzmarktrechts vgl. etwa van de Sande, Unternehmensgruppe, S. 39 m. w. N. 45 Vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.394 f. 46 Vgl. Bundeswirtschaftsministerium, Leitgedanken zum Referentenentwurf, zit. nach Beyer-Fehling/Bock, Börsenreform, S. 167. Zum Funktionszusammenhang von Primär- und Sekundärmarkt vgl. oben Teil 1, Abschnitt 1, B. II., S. 44. Zu weiteren Determinanten der Primärmarktfunktionalität vgl. Assmann/Schütze-Assmann, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 1 Rn. 24. 47 Vgl. RegE 3. FMFG, BT-Drs 13/8933, S. 55. 48 Siehe oben Teil 1, Abschnitt 1, B. III. 1., S. 45 f. 49 Vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.416.

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sich die Börsenzulassung,50 und auch in börsennotierten Wertpapieren können bestimmte Transaktionstypen u. U. im OTC-Handel oder auf Alternativen Handelssystemen, wie sie hierzulande in der Rechtsform der §§ 58, 59 BörsG 2002 (= § 31f WpHG i. d. F. des FRUG) betrieben werden können, unter geringeren Transaktionskosten ausgeführt werden.51 Im Regelfall jedoch bleibt die börsliche die bei weitem transaktionskostenärmste Ausführungsform für Wertpapiergeschäfte. Grundvoraussetzung der Sekundärmarktfunktionalität und börsenrechtliches Regelungsziel ist demnach die nachfragegerechte Versorgung des inländischen Wirtschaftsraums mit Börsendienstleistungen.52 b) Börsenfunktionalität Zentrales börsenrechtliches Regelungsziel ist die Optimierung der volkswirtschaftlichen Börsenfunktionalität an sich.53 Da mit der Börsennutzung keine negativen externen Effekte verbunden sind, ist sie identisch mit der Funktionalität der Börsendienstleistung aus Nutzerperspektive. Für Handelsteilnehmer wie Emittenten ist dies gleichermaßen dann gegeben, wenn die börslichen Märkte eine gute Produktpalette und hohe Marktqualität aufweisen, wie sie sich in den Qualitätsmerkmalen der Liquidität, Preisbildungseffizienz und Fairness des Handelsgeschehens äußert.54 Als Grundvoraussetzung ist dabei ein disruptionsfreier Börsenbetrieb zu gewährleisten.55 Nicht zuletzt bestimmt sich die Funktionalität einer Börse für Nutzer wie Gesamtwirtschaft auch nach der Höhe der Nutzungsentgelte.

50 Vgl. o. V., Kleine Unternehmen verlassen Wall Street, FAZ v. 27. Januar 2005, S. 21. Zum Zusammenhang von Compliancekosten, erzielbarer Kapitalkostenreduktion und Funktionalität der Börsendienstleistung für Emittenten oben Teil 1, Abschnitt 2, C. II., S. 57 ff. 51 Das gilt insbesondere für den Handel extrem großer Ordervolumina durch institutionelle Investoren, vgl. EZB, The Euro Equity Markets, S. 41; Macey/O’Hara, Regulating Exchanges and Alternative Trading Systems, J Legal Stud 28 (1999), 17 (29). Vgl. zum Zusammenhang zwischen Transaktionstypus und transaktionskostenärmster Ausführungsform im Überblick van Steenis/Härle, The Future of Equity Trading in Europe, S. 39. 52 Vgl. etwa RegE Novelle 1975, BT-Drs. 7/101, zit. nach Beyer-Fehling/Bock, Börsenreform, S. 200. 53 Vgl. etwa Bundeswirtschaftsministerium, Leitgedanken zum Referentenentwurf, zit. nach Beyer-Fehling/Bock, Börsenreform, S. 167 (168). 54 Vgl. oben Teil 1, Abschnitt 2, C., S. 53 ff. Zum dementsprechenden Inhalt der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe vgl. unter Teil 2, Abschnitt 2, A. III. 2., S. 159 f. 55 Vgl. Göppert, Das Recht der Börsen, S. 89; Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 104 f. Zur Relevanz des disruptionsfreien Börsenbetriebs für die Sekundärmarktfunktionalität Klenke, Börsendienstleistungen, S. 45 f.

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c) Gesamtsekundärmarktqualität Angesichts der unvermeidlich pluralen Sekundärmarktlandschaft – neben den soeben genannten außerbörslichen Handelsformen kommt die hierzulande schon föderal bedingte Pluralität der Börsenplätze hinzu – kann sich das Regelungsziel der Sekundärmarktfunktionalität nicht in der Funktionsoptimierung einzelner Börsen erschöpfen. Erforderlich ist vielmehr die Herstellung der gesamtsekundärmarktweiten Marktqualität.56 Gesamtmarktweite Preisbildungseffizienz bedeutet dabei, dass Sekundärmarkttransaktionen unabhängig vom konkreten Handelsplatz zu einem Preis ausgeführt werden, der eine möglichst zutreffende Auskunft über den Unternehmenswert des Emittenten gibt. Gesamtsekundärmarktweite Fairness bedeutet, dass Marktteilnehmer überall darauf vertrauen können, zu einem nicht manipulationsbedingt verzerrten Preis zu handeln. Beides lässt sich in einer pluralen Sekundärmarktlandschaft nur handelsplatzübergreifend durch unmittelbar-staatliche Regelungs- und Aufsichtsaktivitäten erzielen.57 Da einerseits die Marktqualität des börslichen und außerbörslichen Handelsgeschehens in enger Wechselbeziehung stehen und andererseits der Börsenbetreiber in die staatlichen Aufsichtsstrukturen strukturtypusunabhängig zumindest in einer Hilfsfunktion eingebunden ist,58 ist das Regelungsziel der Gesamtsekundärmarktqualität auch von börsenrechtlicher Relevanz. d) Intermediationskostenminimierung Ähnliches gilt für das Regelungsziel der Intermediationskostenminimierung: Intermediationskosten bestehen in Entgelten (insbesondere Kommissionen) sowie möglicherweise in Verlusten der Letztanleger infolge interessenwidriger Orderausführung oder infolge von Intermediärinsolvenzen.59 Während die Sicherung eines möglichst niedrigen Kommissionsniveaus dem Wettbewerb auf dem Wertpapierdienstleistungsmarkt überlassen bleibt, erfolgt zur Reduktion von Intermediationsverlusten eine staatliche Solvabilitäts- und Wohlverhaltensaufsicht über Wertpapierdienstleister.60 Auch in die diesbezüglichen staatlichen Aufsichtsaktivitäten sind Börsenbetreiber in ei56

Vgl. RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 33 f. Vgl. nur RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 33. 58 Vgl. oben unter Abschnitt 1, A., S. 372 f. sowie zur Einbindung deutscher Börsenanstalten im Einzelnen Teil 2, Abschnitt 1, A. III. 2., S. 113 ff. 59 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.416; insbesondere zu den Verlustrisiken infolge nicht-interessengerechter Orderausführung Prentice, Whither Securities Regulation?, Duke L J 51 (2002), 1397 (1426 ff.). 60 Vgl. oben Teil 2, Abschnitt 1, A. III. 1., S. 113 f. 57

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ner gewissen Hilfsrolle eingebunden,61 weshalb dieses Regelungsziel ebenfalls Implikationen für die Ausgestaltung des Börsenrechts haben kann.

B. Vergleich und Analyse am Maßstab der Börsenfunktionalität Der Vergleich des deutschen und britischen Rechts der Börsenkonzentrationen kann sich auf eine Zieladäquanzbewertung am Maßstab der Börsenfunktionalität beschränken, haben die Konzentrationsphänomene mit ihren Produktionskosten-, Marktgrößen- und Produktpalettenveränderungen doch auch nur auf die Determinanten dieses Regelungsziels eine unmittelbare Auswirkung. Auf die übrigen börsenrechtlichen Regelungsziele einschließlich des Ziels einer bedarfsgerechten Versorgung des inländischen Wirtschaftsraums mit Börsendienstleistungen sind nur mittelbare Effekte denkbar, auf welche sodann in Abschnitt 3 beim umfassenden Zieladäquanzvergleich einzugehen ist.62 I. Grenzüberschreitende Betreiberkonzernierung 1. Zieladäquanzvergleich

Während das deutsche Börsenaufsichtsrecht die Konzernierung sowohl der Anstalt wie auch des Trägerunternehmens unter dem Dach einer Konzernmutter verhindert, welche zugleich an konkurrierenden Börsenbetreibern unternehmerisch beteiligt ist,63 kann eine Betreiberkonzernierung in Großbritannien unter der Voraussetzung der finanziellen Solidität und persönlichen Zuverlässigkeit der Konzernmutter sowie dezentraler Konzernführung durchaus realisiert werden.64 Das britische Recht weist damit eine höhere Zieladäquanz auf, lassen sich doch mit einer Betreiberkonzernierung produktionsseitige Skaleneffekte in erheblichem Umfang realisieren,65 welche den Börsenbetreibern Spielräume für eine funktionalitätsförderliche Senkung der Börsennutzungsent61

Vgl. oben Teil 2, Abschnitt 1, A. III. 3., S. 118. Siehe unten S. 499 ff. 63 Vgl. Teil 2, Abschnitt 2, A. VII., S. 225. Zur Fortgeltung unter dem BörsG 2007 vgl. Nachtrag B. III., S. 544 ff. 64 Vgl. Teil 2, Abschnitt 2, B. IIII., S. 239 f. 65 Hasan/Malkamäki, Are expansions cost effective for stock exchanges?, Journal of Banking & Finance 25 (2001), 2339 (2360); Schmiedel, Technological development and concentration of stock exchanges in Europe, S. 22, S. 25; siehe auch oben Teil 1, Abschnitt 3, B. I., S. 69. 62

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Teil 3: Grundzüge des Börsenaufsichtsrechts de lege ferenda

gelte eröffnen.66 Außerdem lassen sich in der Börsenpraxis auch lokale Konzentrationen bzw. gemeinsamen Handelsplattformen offenbar nur auf Basis einer Betreiberkonzernierung dauerhaft realisieren.67 Dies erklärt sich aus der Tatsache, dass sich die Partner mit marktseitigen Konzentrationen in eine so hochgradige wechselseitige Abhängigkeit begeben, dass der bereits oben angesprochene Bedarf nach Absicherung in der Praxis auch durch rechtsverbindliche Kooperationsverträge nicht befriedigt werden kann. Nötig ist vielmehr die Verbindung zu einer zentral steuerbaren Wirtschaftseinheit,68 was praktisch durch eine Betreiberkonzernierung erfolgt.69 Da die Betreiberkonzernierung somit de-facto-Voraussetzung der marktseitigen Konzentrationsphänomene ist, hat sie auch an deren – sogleich unter II. 1. und III. 1. festzustellenden – funktionalitätsförderlichen Wirkungen teil. 2. Der zugrundeliegende Strukturunterschied

Der unmittelbare Grund für die im Ergebnis so unterschiedliche Behandlung von Betreiberkonzernierungen im deutschen und britischen Börsenaufsichtsrecht besteht in den andersartigen Tauglichkeitskriterien für das Trägerunternehmen bzw. den RIE-Betreiber: Zwar verlangen deutsches wie britisches Recht als Mindestvoraussetzung die persönliche Zuverlässigkeit des Betreibers und damit die Abwesenheit einschlägiger Rechtsverstöße auch bei der Konzernmutter bzw. deren Leitungsorganen.70 Darüber hinaus verlangt das deutsche Recht als die zentrale persönliche Voraussetzung der Trägertauglichkeit aber die eigenunternehmerische Anreizsituation des Trägerunternehmens zum bestmöglichen Einsatz gerade für die Anstaltsbörse.71 Daraus folgt als Anforderung an einen Mehrheitserwerber, dass dieser nicht anderweit unternehmerisch mit dem Betrieb von Wertpapierbörsen befasst sein darf, sei es direkt oder über andere Tochterunternehmen, würde doch sonst mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Anreizverlust beim Trägerunternehmen drohen.72 Demgegenüber ist in 66 Vgl. Shy/Tarkka, Stock Exchange alliances, access fees and competition, S. 22 ff. 67 Köndgen, Ownership and Corporate Governance of Stock Exchanges, JITE 154 (1998), 224 (240); Lee, The Future of Securities Exchanges, S. 10 ff. 68 Lee, The Future of Securities Exchanges, S. 10; Svindland, Elektronische Märkte, S. 103 (118). Vgl. auch Geiger, Konsolidierung der europäischen Börsenlandschaft am Beispiel der Eurex, S. 200. Zum theoretischen Hintergrund vgl. oben Teil 1, Abschnitt 1, B. III. 2., S. 47 f. 69 Vgl. oben Teil 1, Abschnitt 3, C. I. 1., S. 75 f. 70 Siehe oben Teil 2, Abschnitt 2, A. II., S. 141 f. und Abschnitt 2, B. II. 1., S. 232 ff. 71 Teil 2, Abschnitt 2, A. III. 3. b), S. 169 f.

Abschnitt 2: Das deutsche und britische Recht im Vergleich

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Großbritannien neben der persönlichen Zuverlässigkeit nur erforderlich, dass beim Börsenbetreiber keine Interessenkonflikte zwischen dem idealtypischen börsenunternehmerischen Interesse und partikularen Nutzerinteressen bestehen, weshalb eine Konzernierung zwar unter dem Dach eines Wertpapierdienstleisters oder sonstigen Börsennutzers unzulässig wäre, im Übrigen aber grundsätzlich unproblematisch ist.73 Zwar setzt auch das britische Recht in gewissem Maße auf die eigenunternehmerische Anreizsituation des RIE-Betreibers, aber nur insoweit, als es um die Einhaltung der regulatorischen Mindestanforderungen nach RRR geht.74 Hierbei wird unterstellt, dass das Bemühen um deren Einhaltung im laufenden Börsenbetrieb umso größer ist, je mehr an unternehmerischer Eigenverantwortung dem RIE-Betreiber verbleibt. Doch während im deutschen Recht die eigenunternehmerische Anreizsituation in Ermangelung einer aufsichtsbehördlichen Kontrollierbarkeit der Betriebspflicht, die auf ein „optimales“ unternehmerisches Bemühen um den Erfolg der Anstaltsbörse gerichtet ist, letztlich der einzige Mechanismus zur Sicherung eines gesetzeskonformen Börsenbetriebs ist, kommt ihr im britischen Recht eine viel geringere Bedeutung zu: Hier ist primärer Mechanismus zur Sicherung eines gesetzeskonformen Börsenbetriebs die aufsichtsbehördliche Überwachung der Anforderungen nach RRR und REC, die als Mindestanforderungen formuliert sind und ihrem Inhalt nach durchaus extern verifizierbar sind. Das unternehmerische Eigeninteresse an deren Einhaltung soll diese Aufsicht nur abrunden. Es schließt eine Konzerneinbindung sonach keineswegs aus, sondern erfordert lediglich eine dezentrale Konzernführung, in der die Verantwortung für das tägliche operative Geschäft beim RIE-Betreiber bleibt.75 Auch stellen deutsches wie britisches Börsenaufsichtsrecht gleichermaßen bestimmte Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung des RIE-Betreiber bzw. Trägerunternehmens, doch verlangt das britische Recht im Interesse der Abwehr von unvorhergesehenen Betriebsunterbrechungen und damit einhergehender systemischer Risiken „nur“ das Vorliegen einer gewissen risikoadäquaten Mindesteigenkapitalausstattung, die sich nach der konkreten Betriebstätigkeit und deren Risikoträchtigkeit jeweils genau beziffern lässt.76 Zum Schutze dieser Eigenkapitalausstattung verlangt das britische Recht auch von der Konzernmutter finanzielle Stabilität, die im Zweifel durch eine konsolidierte Eigenkapitalprüfung nachzuweisen ist.77 Solange 72 73 74 75 76 77

Teil Teil Teil Teil Teil Teil

2, 2, 2, 2, 2, 2,

Abschnitt Abschnitt Abschnitt Abschnitt Abschnitt Abschnitt

2, 2, 2, 2, 2, 2,

A. V. 3., S. 210 ff. B. II. 2. b), S. 236 f. B. II. 3. a), S. 237 f. B. II. 3. b), S. 238 f. B. I. 1., S. 226 ff. B. I. 2., S. 228 ff.

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Teil 3: Grundzüge des Börsenaufsichtsrechts de lege ferenda

die Eigenkapitalanforderungen auf konzernweiter wie auf Ebene des RIEBetreibers erfüllt bleiben, ist der allfällige Finanzmittelabzug im Rahmen konzerninterner Finanzbeziehungen aber unproblematisch. Demgegenüber verlangt das deutsche Börsenaufsichtsrecht viel weitergehend eine Finanzsituation, in der über die marktüblichen Ausschüttungen an (nicht-unternehmerische) Aktionäre hinaus sämtliche Mittel dem Trägerunternehmen zur Reinvestition oder Rücklagenbildung verbleiben müssen.78 Jegliche Schmälerung dieser Finanzsituation – sei es durch offene Ausschüttungen, sei es durch verdeckte Gewinnverlagerungen im Rahmen konzerninterner Austauschbeziehungen – ist damit unvereinbar. Da das Risiko hierfür anderweit nicht abwehrbar ist, schließt das deutsche Börsenaufsichtsrecht die Konzernierung des Trägerunternehmens als abhängiges Unternehmen aus.79 Diese Andersartigkeit der Tauglichkeitskriterien ergibt sich ihrerseits daraus, dass deutsches und britisches Recht zur Erreichung im Wesentlichen identischer börsenaufsichtsrechtlicher Regelungsziele80 auf eine ganz unterschiedliche Ausgestaltung der Börsenstruktur setzen: In Großbritannien besteht eine Börsenstruktur des privat-wettbewerblichen Typs. Das Gesetz stellt lediglich gewisse Mindestanforderungen gefahrenabwehrender Natur an den Börsenbetreiber und macht gewisse Vorgaben für die Ausgestaltung der Börsendienstleistung in regulatorischer wie technisch-infrastruktureller Hinsicht.81 Im Übrigen überlässt es das britische Recht dem Marktmechanismus, oberhalb dieser Mindestvorgaben für eine möglichst gute Börsendienstleistungsqualität und niedrige Nutzungsentgelte zu sorgen. Der RIEBetreiber selbst, so wird angenommen, werde sich im Gewinnmaximierungsinteresse um eine möglichst attraktive Ausgestaltung bemühen und sich zu diesem Zwecke investitionsfähig halten. Auch die Mutterinteressen sind im Konzernierungsfall gleichgerichtet; ein Konflikt mit einem entgegengerichteten Konsolidierungsinteresse der Mutter, der zum Versagen dieses wettbewerblichen Richtigkeitsgewährmechanismus führen könnte, droht grundsätzlich nicht, könnte ein solches doch schlicht durch die Einstellung des RIE realisiert werden.82 Dieser Einstellung gegenüber ist das britische Recht wiederum neutral, vertraut es doch auch insoweit dem Marktmechanismus.83 78

Teil 2, Abschnitt 2, A. III. 3. b), S. 170 f. Teil 2, Abschnitt 2, A. VI. 3., S. 224 f. 80 Zu den Regelungszielen des britischen Börsenaufsichtsrechts FSA, The FSA’s approach to regulation of market infrastructure, DP 2, S. 9 f.; vgl. auch zu den übergeordneten Regelungszielen des britischen Kapitalmarktrechts Taylor, Accountability and Objectives of the FSA, S. 17 (24 ff.). 81 Teil 2, Abschnitt 1, B. II. 1. b) und c), S. 124 ff. 82 Vgl. Teil 2, Abschnitt 2, B. II. 3. b), S. 238. 79

Abschnitt 2: Das deutsche und britische Recht im Vergleich

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Demgegenüber versucht das deutsche Recht seine Ziele nach wie vor durch eine Verstaatlichung des Börsenbetriebs zu erreichen. Der Gesetzgeber überträgt hierzu auf eine Anstalt des öffentlichen Rechts die Aufgabe der „Durchführung und angemessenen Fortentwicklung des Börsenbetriebs“, also die Aufgabe, Börsendienstleistungen inländisch bereitzustellen und nachhaltig für eine möglichst gute Börsendienstleistungsqualität zu möglichst niedrigen Preisen zu sorgen.84 Für ein hohes Qualitätsniveau soll und kann in der hiesigen, im Dienste der Liquiditätskonzentration gewollt wettbewerbsfeindlichen Börsenmakrostruktur85 nicht der Interbörsenwettbewerb sorgen,86 sondern vielmehr der Mechanismus der binnenpluralen Mitentscheidung der Nutzer im Börsenrat.87 Dieser Richtigkeitsgewährmechanismus soll dabei direkt in der anstaltlichen Regelsetzung zum Tragen kommen und mittelbar auch durch die anstaltlichen Gestaltungsvorgaben für die technisch-infrastrukturelle Ausgestaltung wirksam werden, die dann vom Trägerunternehmen umzusetzen sind. Da indes nur grobmaschige Vorgaben möglich sind, innerhalb derer dem Trägerunternehmen ein sehr großer Gestaltungsspielraum bleibt, ist Voraussetzung für eine zielkonforme Umsetzung dieser Vorgaben eine Anreizsituation des Trägerunternehmens, die ganz auf die möglichste Wettbewerbsfähigkeit der Anstaltsbörse gerichtet ist, sowie eine eigenunternehmerische Finanzsituation. Als Mechanismus hierfür dient die Residualgewinnberechtigung des Trägerunternehmens,88 wobei Funktionsvoraussetzung aber die Konzernunabhängigkeit des Trägerunternehmens ist. II. Lokale Konzentration von Handelssegmenten 1. Zieladäquanzvergleich

Nach deutschem Börsenaufsichtsrecht ist zwar die Konzentration eines Handelssegmentes an der deutschen Börse durch Zulassung oder Einbezie83 Vgl. Lord McIntosh, Hansard HL 18 May 2000, Col 371; ders., Hansard HL 24 May 2000, Col 808 ff. 84 Teil 2, Abschnitt 2, A. III. 2., S. 159 ff. 85 Vgl. oben Abschnitt 1, B., S. 380. Gerade in der durch die Verstaatlichung ermöglichten Konzentration des Handelsgeschehens auf einige wenige Märkte scheint jüngst wieder Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.249 einen zentralen Vorteil der öffentlich-rechtlichen Organisationsform zu sehen. Zur europarechtlich determinierten Wettbewerbsöffnung durch Zulassung von MTFs durch das FRUG Nachtrag A. II., S. 535 f. 86 Vgl. von Olenhusen, Börsen und Kartellrecht, S. 20: Zwischen den deutschen Börsen sei „von einem Wettbewerb nichts zu spüren“. 87 Teil 2, Abschnitt 2, A. III. 3. a), S. 165. 88 Teil 2, Abschnitt 2, A. III. 3. b), S. 166 ff. und insbesondere S. 168 f.

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Teil 3: Grundzüge des Börsenaufsichtsrechts de lege ferenda

hung der Wertpapiere ausländischer Emittenten und Zulassung ausländischer Handelsteilnehmer ohne weiteres möglich.89 Unzulässig ist aber die Wegverlagerung der Marktsegmente des Amtlichen und Geregelten Marktes und damit aller Marktsegmente deutscher Börsen, die den Status eines geregelten Marktes im Sinne der MFIRL genießen.90 Allenfalls der Freiverkehr, der im Aktienkassamarkt nur für Nischensegmente Bedeutung hat, könnte zwecks Konzentration an der ausländischen Kooperationsbörse eingestellt werden. Damit ist die Beteiligung deutscher Börsen an einer kommerziell bedeutsamen lokalen Konzentration praktisch nicht möglich, kann doch keine „Gegenleistung“ für eine Herverlagerung erbracht werden.91 Demgegenüber ist eine solche lokale Konzentration nach britischem Börsenaufsichtsrecht mit gewissen Abstrichen durchaus realisierbar: Nicht nur die Herverlagerung ist möglich, sondern auch die Wegverlagerung von Handelssegmenten ist im Wege der schlichten Einstellung ohne weiteres möglich.92 Praktisch nicht realisierbar ist lediglich die Wegverlagerung des Standardwertesegmentes im Wege der Reduktions-Einbeziehungslösung, koppeln die FSA Listing Rules doch ein UKOL zwingend an die Eröffnung einer Handelsmöglichkeit auf einem britischen RIE.93 Dabei würde eine lokale Konzentration die funktionalitätsförderliche Einsparung von expliziten Transaktionskosten durch die Handelsteilnehmer ermöglichen, welche zur Umsetzung der heute dominierenden brachen- und segments- statt länderspezifischen Anlagestrategien fortan einer geringeren Zahl von parallelen Börsenzugängen bedürften.94 Zugleich würde die länderübergreifende Zusammenfassung von Emittenten ähnlichen Risikoprofils innerhalb eines börslichen Marktes eine Verbesserung der Sekundärmarktpreisbildungseffizienz bringen, denn es wäre eine von Transaktionskostenhürden unverzerrte Substitution zwischen den alternativen Anlagewerten möglich.95 Im Dienste einer zunehmend international investitionswilligen 89 Teil 2, Abschnitt 3, A. II. 1., S. 248 ff. sowie zur Situation unter dem BörsG 2007 Nachtrag C. II., V., S. 548 ff. 90 Teil 2, Abschnitt 3, A. II. 2., S. 278 ff. Zur Fortgeltung dieses Ergebnisses für den Regulierten Markt unter dem BörsG 2007 siehe Nachtrag C. IV., S 553, a. a. O. allerdings auch zur gewachsenene Bedeutung der qualifizierten Subsegmente, welche die Börse autonom einstellen kann. 91 Teil 2, Abschnitt 3, A. III., S. 285 f. Zur Modifikation dieses Ergebnisses unter dem BörsG 2007 vgl. Nachtrag C. VI., S. 556. 92 Teil 2, Abschnitt 3, B. II. 1., S. 248 ff. sowie B. II. 2. a), S. 309 f. 93 Teil 2, Abschnitt 3, B. II. 2. b), S. 310 ff. 94 Bagheri/Nakajima, Competition and Integration among Stock Exchanges, OJLS 2004, 69 (84); vgl. im Übrigen Teil 1, Abschnitt 3, B. III., S. 72 f. 95 London Economics, Quantification of the Macro-Economic Impact of Integration of EU Financial Markets, S. 44 f. Vgl. auch oben Teil 2, Abschnitt 4, A. II. 2. b)aa), S. 337.

Abschnitt 2: Das deutsche und britische Recht im Vergleich

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Anlegerschaft könnte damit die länderübergreifende Vergleichbarkeit der Kursentwicklungen verbessert und ihre Aussagekraft als primärmarktrelevante Informationssignale gesteigert werden.96 Eine solche grenzüberschreitende Sekundärmarkteffizienz ist Voraussetzung richtiger Finanzmittelallokation in einem europaweiten Kapitalprimärmarkt, wie er durchschnittlich 1,1% zum Wachstum der europäischen Volkswirtschaften beizutragen verspricht.97 2. Der zugrundeliegende Strukturunterschied

Grund für die konzentrationshinderliche Unzulässigkeit der Einstellung oder Reduktion eines Handelssegmentes an deutschen Börsen ist die Vorgabe des Börsengesetzes zum Betrieb von Amtlichem und Geregeltem Markt. In Konkretisierung der öffentlichen Betriebsaufgabe und im Interesse einer (nach Vorstellung des Gesetzgebers) bedarfsgerechten inländischen Bereitstellung von Börsendienstleistungen wird den Anstalten hierdurch aufgegeben, für Standardwerte wie MidCap- und Wachstumswerte Handelsmöglichkeiten zu betreiben sowie für Emittenten der betreffenden Wertpapiere Zulassungsdienstleistungen anzubieten.98, 99 Vergleichbare Vorgaben finden sich im britischen Börsenaufsichtsrecht nicht. Welche Handelssegmente ein RIE-Betreiber eröffnen will, ob überhaupt und wenn ja für welche Emittentenkategorie er Zulassungsdienstleistungen erbringen will, bleibt dem kommerziellen Ermessen des RIE-Betreibers überlassen.100 Zwar setzt das UK official listing Regime, das die Erteilung eines UKOL von der Handelszulassung auf einem RIE abhängig macht, die Existenz eines Standardwertesegments voraus. Doch leitet das britische Recht hieraus für den einzelnen RIE-Betreiber keine Betriebspflicht her, sondern verlässt sich auch insoweit auf den Marktmechanismus.101 96 London Economics, Quantification of the Macro-Economic Impact of Integration of EU Financial Markets, S. 45; vgl. auch Mues, Börse, S. 202; Zufferey, Regulation of Trading Systems on Financial Markets, S. 96 f. 97 London Economics, Quantification of the Macro-Economic Impact of Integration of EU Financial Markets, S. 44 f. und S. 133; im Anschluss hieran Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Finanzdienstleistungen, Siebenter Fortschrittsbericht, S. 3; ähnlich Lamfalussy et al., Final Report, S. 9 f. 98 Teil 2, Abschnitt 3, A. II. 2., S. 278 ff. 99 Zum Betrieb des Regulierten Marktes als Kern der öffentlichen Betriebsaufgabe unter dem BörsG 2007 vgl. Nachtrag C. IV., S. 553. 100 Teil 2, Abschnitt 3, B. II. 2., S. 309 ff. 101 Teil 2, Abschnitt 3, B. II. 2. a), S. 310. Vgl. insb. auch FSA, Potential longer term implications of a change of ownership of the London Stock Exchange, Pressemitteilung v. 4. Februar 2005, FSA/PN/015/2005.

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Teil 3: Grundzüge des Börsenaufsichtsrechts de lege ferenda

III. Gemeinsame Handelsplattform 1. Zieladäquanzvergleich

Im Erweiterungsmodell scheitert der Aufbau einer gemeinsamen Handelsplattform im deutschen wie britischen Recht an der Unzulässigkeit einer Zugangsgewähr für die Handelsteilnehmer des ausländischen Kooperationspartners ohne eigenständiges Zulassungsrechtsverhältnis an der aufnehmenden Börse.102 Während unter dem britischen Recht aber zumindest die Doppelzulassungsmethode grundsätzlich praktikabel ist, ist auch dies nach deutschem Börsenaufsichtsrecht nicht der Fall.103 Dabei würde die gemeinsame Handelsplattform mit ihrer erweiterten Produktpalette den Handelsteilnehmern unmittelbar die funktionalitätsförderliche Einsparung expliziter Transaktionskosten ermöglichen.104 Die Vervielfachung der Handelsteilnehmerschaft und der dadurch bewirkte Liquiditätszuwachs ließen eine erhebliche Verbesserung der Marktqualität erwarten.105 Insbesondere die grenzüberschreitende Zusammenfassung von Emittenten gleicher Kategorie innerhalb eines Marktes würde zusätzlich den soeben geschilderten Funktionalitätszuwachs im Rahmen einer zunehmenden Integration des europäischen Kapitalmarktes bringen.106 2. Der zugrundeliegende Strukturunterschied

Die gemeinsame Handelsplattform im Doppelzulassungsmodell ist unter dem deutschen Recht, das schon der wechselseitigen Koppelung der Handelsteilnehmerzulassungen und der Anpassung der Regelwerke enge Grenzen setzt, jedenfalls deshalb nicht realisierbar, weil die interne Selbstbindung der anstaltlichen Willensbildung an den Konsens des Kooperationspartners und der damit einhergehenden externen Einflüsse unzulässig ist.107 102

Teil 2, Abschnitt 4, A. II. 1. b), S. 325 ff. sowie Teil 2, Abschnitt 4, B. II. 1. b), S. 359 f. 103 Teil 2, Abschnitt 4, A. IV., S. 357 f. Zur Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die Situation unter dem BörsG 2007 siehe Nachtrag D. V., S. 563. 104 Bagheri/Nakajima, Competition and Integration among Stock Exchanges, OJLS 2004, 69 (84); Shy/Tarkka, Stock exchange alliances, access fees and competition, S. 27 ff.; vgl. im Übrigen schon oben Teil 1, Abschnitt 3, B. II., S. 70 ff. 105 Vgl. Arnold/Hersch/Mulherin/Netter, Merging Markets, Journal of Finance 54 (1999), 1083 (1097 f.); Deutsche Bundesbank, Regulierung von Wertpapiermärkten, Monatsbericht Januar 2006, S. 37 (40); Hasan/Schmiedel, Do networks in the stock exchange industry pay off?, S. 39. Vgl. im Übrigen oben Teil 1, Abschnitt 3, B. II., S. 70 ff. 106 Siehe unter II. 1., S. 408 mit Fn. 95.

Abschnitt 2: Das deutsche und britische Recht im Vergleich

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Der Grund hierfür liegt darin, dass das Börsengesetz auf den Richtigkeitsgewährmechanismus der binnenpluralen Entscheidungsfindung setzt: Von der internen Mitwirkung der Handelsteilnehmer, Letztanleger und Emittenten verspricht sich der Börsengesetzgeber eine bedarfsgerechte und damit funktionalitätsförderliche Ausgestaltung der börslichen Regelwerke. Hierzu legt der Gesetz- und Verordnungsgeber selbst durch zahlenmäßige Vorgaben für die Vertretung der Gruppen im Börsenrat ein Kräfteverhältnis fest, von dem er sich das wohlfahrtsoptimierende Regelungsergebnis verspricht. Dessen Aufrechterhaltung verbietet die vertragliche Bindung an den Konsens eines Dritten. Demgegenüber setzt das britische Börsenrecht auf einen ganz anderen, wenn auch ebenso strukturellen Richtigkeitsgewährmechanismus, nämlich den der börsenunternehmerischen Anreizsituation in einem wettbewerblichen Umfeld.108 Hier ist der Anreiz des RIE-Betreibers idealiter auf das Angebot einer Börsendienstleistung gerichtet, die für möglichst viele Nutzer attraktiv ist und zu diesem Zweck eine gute Regelungsqualität bietet.109 Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit dieses Mechanismus ist freilich eine Ausweichmöglichkeit der Börsennutzer, für welche die wettbewerbsplurale Börsenmakrostruktur sorgt,110 die das britisches Börsenaufsichtsrecht mit seiner Überlassung des Börsenbetriebs in den Bereich der privaten Betätigungsfreiheit unter Zuhilfenahme des allgemeinen Kartellrechts herzustellen sucht.111 Da dieser Richtigkeitsgewährmechanismus ganz auf die nachgängige Bewertung der Dienstleistungsqualität durch die Börsennutzer und den daraus folgenden Anreiz des Betreibers zu einer nutzergerechten Regelung und ggf. Regelwerksanpassung setzt, können dem britischen Recht die Quellen, aus denen der Betreiber seine Regelwerke schöpft, grundsätzlich 107 Teil 2, Abschnitt 4, A. III. 3., S. 351 ff. sowie zur Rechtslage unter dem BörsG 2007 Nachtrag D. V., S. 563. 108 Teil 2, Abschnitt 2, B. II. 2. a), S. 234 f. 109 FSA, The FSA’s approach to regulation of market infrastructure, Feedback Statement, S. 11; HM Treasury, Recognition Requirements for Investment Exchanges and Clearing Houses, Consultation Document, Nr. 10–12. 110 Vgl. Board/Sutcliffe/Wells, Orderly Markets, S. 13. 111 Vgl. allg. zum Wettbewerb als Mechanismus der Kapitalmarktregulierung unter dem FSMA Taylor, Accountability and Objectives of the FSA, S. 17 (36) und insbesondere im Börsenaufsichtsrecht Walker, Recognised Investment Exchanges and Clearing Houses, S. 207 (219 f.); vgl. zur Rolle der Kartellbehörden bei der Sicherung des Interbörsenwettbewerbs auch FSA, Submission to the Competition Commission v. 29. April 2005, S. 7. Zur dezidiert wettbewerbsfreundlichen Haltung des britischen Börsenaufsichtsrechts vgl. FSA, The FSA’s approach to regulation of market infrastructure, DP 2, S. 18 f.; dies., The FSA’s approach to regulation of market infrastructure, Feedback Statement, S. 6 sowie zuvor unter dem FSA 1986 schon SIB, Regulation of the United Kingdom Equity Markets – Discussion Paper, S. v; ders., Regulation of the United Kingdom Equity Markets – Report, S. 3.

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Teil 3: Grundzüge des Börsenaufsichtsrechts de lege ferenda

gleichgültig sein, sofern nicht gerade ein partikulares Nutzerinteresse Einfluss gewinnt.112 IV. Vorläufiges Ergebnis: Privat-wettbewerblicher Börsenstrukturtyp überlegen Während die Konzentrationsfeindlichkeit des deutschen Rechts letztlich in der Verstaatlichung des Börsenbetriebs, der Definition einer bestimmten öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe sowie den daraus folgenden strukturellen Besonderheiten der internen Willensbildung begründet liegt, ergibt sich die funktionalitätsförderliche Konzentrationsoffenheit des britischen Rechts gerade aus der Entscheidung für eine privat-wettbewerbliche Börsenstruktur. In dieser wird sowohl hinsichtlich der bedarfsgerechten Versorgung mit Börsendienstleistungen wie auch hinsichtlich der sekundärmarkt-funktionalitätsförderlichen Ausgestaltung der börslichen Regelwerke oberhalb gewisser Mindestvorgaben grundsätzlich auf den Marktmechanismus vertraut. Aufsichtsrechtlich wird er nur in seinen strukturellen Funktionsvoraussetzungen abgesichert, welche in einer idealtypischen börsenunternehmerischen Anreizsituation sowie in einer wettbewerblichen Börsenmakrostruktur liegen und als solche einer Börsenkonzentration nicht grundsätzlich entgegenstehen.

112

Teil 2, Abschnitt 4, B. III. 3., S. 367 ff.

Abschnitt 3: Vergleich am Maßstab der Sekundärmarktfunktionalität

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Abschnitt 3

Zieladäquanzvergleich am übergeordneten Maßstab der Sekundärmarktfunktionalität Ein Strukturtypenwechsel ist indes für das deutsche Recht nur dann zu empfehlen, wenn er neben der funktionalitätsförderlichen Konzentrationsoffenheit insgesamt positive Auswirkungen auf die Sekundärmarktfunktionalität verspricht.1 Eindeutig festgestellt werden könnte dies, wenn eine hypothetische privat-wettbewerbliche Börsenstruktur in Bezug auf sämtliche Determinanten der Sekundärmarktfunktionalität eine der gegenwärtigen Börsenstruktur mindestens gleichwertige Zieladäquanz aufwiese. Vorrangig ist dabei natürlich das Unterziel der Börsenfunktionalität selbst in den Blick zu nehmen. Sie hängt nicht nur von den bislang betrachteten Determinanten (Marktgröße, gute Produktpalette und geringe Produktionskosten) ab, welche von Börsenkonzentrationen unmittelbar positiv beeinflusst werden können. Vielmehr wird sie durch folgende weitere Faktoren bestimmt: Durch die Qualität der börslichen Regelwerke; durch den Umfang, in welchem sinkende Produktionskosten in Form geringerer Entgelte tatsächlich an die Börsennutzer weitergegeben werden; durch die Gewähr eines disruptionsfreien Börsenbetriebs.2 Bezüglich dieser letzteren Determinante sind indes keine strukturtypusbedingten Unterschiede festzustellen. Denn sowohl das Trägerunternehmen des deutschen Rechts als auch das Betreiberunternehmen einer privat-wettbewerblichen Börsenstruktur werden aus unternehmerischem Eigeninteresse um einen reibungslosen Betrieb bemüht sein und deshalb für die Stabilität der Infrastrukturen sowie grundsätzlich auch für eine ausreichende Zahlungsfähigkeit sorgen.3 Die Bewältigung der (in beiden Strukturen4) verbleibenden Solvabilitätsgefahren ist nur durch eine entsprechende Aufsicht über den Börsenbetreiber möglich5, wie 1 Anders offenbar Wymeersch, Harmonisation, S. 6 ff. und insbesondere S. 8, der schon aufgrund ihrer Konzentrationsoffenheit für privat-wettbewerbliche Börsenstrukturen in Europa plädiert. 2 Siehe oben Abschnitt 2, A. II. 2. b), S. 401 f. 3 Vgl. zur tatsächlichen Häufigkeit von Betriebsunterbrechungen in verschiedenen Jurisdiktionen O’Hara, WFE Trading Survey 2003, S. 17 f. 4 Die bei IOSCO, Exchange Evolution, S. 10 f. dargestellten Solvabilitätsvorteile der hergebrachten, öffentlich-rechtlich überformten genossenschaftlichen Betreiber gegenüber privaten Betreibern sind im Falle Deutschlands nicht einschlägig, da das Trägerunternehmen nicht über die dort zugrundegelegten Befugnisse gegenüber den Börsennutzern verfügt. 5 Während im Ausland der Zusammenhang zwischen finanzieller Solidität des Börsenbetreibers und dem im Interesse von Sekundärmarktfunktionalität und systemischer Stabilität zu erstrebenden disruptionsfreien Börsenbetrieb deutlich erkannt

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Teil 3: Grundzüge des Börsenaufsichtsrechts de lege ferenda

sie mit Art. 39 lit. f) MFIRL nun vorgegeben ist.6 Hinsichtlich der übrigen Determinanten der Börsenfunktionalität sind demgegenüber strukturtypusbedingte Unterschiede in der Zieladäquanz denkbar und im Folgenden unter A zu untersuchen. Neben der Börsenfunktionalität an sich kommt es zur Verwirklichung des übergeordneten Regelungsziels der Sekundärmarktfunktionalität auch auf eine bedarfsgerechte Versorgung des inländischen Kapitalmarktes mit Börsendienstleistungen an;7 des Weiteren ist die handelsplatzübergreifende Markteffizienz und -fairness sicherzustellen, und es sind zuletzt auch eventuelle Intermediationskosten der Anleger im Blick zu behalten.8 Auf sämtliche dieser Unterziele ist eine zumindest indirekte Auswirkung eines Typuswechsels denkbar und im Anschluss unter B zu betrachten.9

wird (vgl. IOSCO, Exchange Evolution, S. 10; Jacquillat, La gouvernance des entreprises de marchés, Revue d’économie financière 82 (2006), 169 (179)) scheint die hiesige börsenrechtliche Diskussion auf diesem Auge bislang blind gewesen zu sein, vgl. Beck, Reform des Börsenrechts, BKR 2002, 662 (665), der der Solvabilitätsaufsicht über Börsenbetreiber die volkswirtschaftliche Sinnhaftigkeit abspricht; siehe auch Schwark-ders., § 3 BörsG Rn. 8. Differenzierend Christoph, Die Anteilseignerkontrolle nach dem Börsengesetz, WM 2004, 1856 (1860), der der Solvabilitätsaufsicht immerhin zur Sicherung der öffentlichen Börsenbetriebspflicht eine gewisse Relevanz zuspricht; ähnlich Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 120 f., welche die Solvabilitätskontrolle überdies mit dem formalen Argument befürworten, dass der Börsenbetrieb der Tätigkeit der sog. Abschlussvermittlung im Sinne des § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 2 KWG gleiche, welche der kreditwesenrechtliche Solvabilitätsaufsicht unterliegt. 6 Vgl. Seitz, Die Regulierung von Wertpapierhandelssystemen in der EU, AG 2004, 497 (501). Zur zwischenzeitlichen Umsetzung in das deutsche Recht durch das FRUG siehe Nachtrag B. I., S. 539. 7 Siehe oben Abschnitt 2, A. II. 2. a), S. 400. 8 Siehe oben Abschnitt 2, A. II. 2. c) und d), S. 402 f. 9 Zu kurz greift daher Mues, Börse, S. 95 ff. und insbesondere S. 98, wenn er die Frage einer Privatisierung des Börsenbetriebs allein davon abhängig macht, ob sich mit ihr eine weitergehende Senkung der börslichen Transaktionskosten erzielen lässt. Vgl. zur Notwendigkeit einer umfassenderen Bewertung von Marktorganisationsfragen unter dem übergeordneten Kapitalmarkteffizienz- und Wohlfahrtsgesichtspunkt auch Allen/Hawkins/Sato, Electronic trading and its implications for financial systems, BIS Papers No.7, S. 30 (31).

Abschnitt 3: Vergleich am Maßstab der Sekundärmarktfunktionalität

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A. Zieladäquanzvergleich am Maßstab der Börsenfunktionalität (übrige Determinanten) I. Qualität der börslichen Selbstregelung Wie schon eingangs gezeigt, beruht die börsliche Transaktionskostensenkung neben einer gewissen infrastrukturellen Unterstützung des Handels vor allem auf der zentralisierten Regelung der Wertpapiertransaktionen.10 Die Qualität der Börsenregelwerke im materiellen Sinn – also der börseneigenen oder gesetzlichen Regelungen über Handelsteilnehmerzugang, handelbare Wertpapiere und Ablauf des Handelsgeschehens11 – ist demnach von maßgeblicher Bedeutung für den Funktionalitätsgrad einer Börse. Da mit der Frage nach dem aufsichtsrechtlichen Strukturtypus aber nur die Modi der betreibereigenen Regelung zur Disposition gestellt sind, beschränkt sich die weitere Betrachtung auf die börsliche Selbstregelung in diesen Bereichen. 1. Kriterien der Regelungsqualität

Die hier näher zu betrachtenden Kriterien der Regelungsqualität sind die inhaltliche Regelungsgüte sowie die Regelungseffektivität.12 Zwar gelten diese normativen Kriterien der Regelungsqualität wie oben gezeigt primär für das staatlich gesetzte Börsenaufsichtsrecht. Da börsliche Selbstregelung aber immer nur innerhalb eines staatlicherseits gewählten Börsenstrukturtypus und als integraler Teil eines solchen stattfindet,13 sind für die rechtspolitische Frage der Überlegenheit des einen oder anderen Typus auch und gerade die Ergebnisse der börslichen Selbstregelung an diesem normativen Maßstab zu messen. a) Regelungseffektivität Die Effektivität der börslichen Selbstregelung, also ihre Eignung zur tatsächlichen Steuerung der Normunterworfenen im Sinne des angeordneten Verhaltens, setzt zunächst die einheitliche Regelgeltung voraus.14 Insbeson10

Siehe oben Teil 1, Abschnitt 1, B. III. 3., S. 48 f. Vgl. zum Begriff der Börsenregelwerke im materiellen Sinn bereits Teil 2, Abschnitt 1, A. II. 2., S. 110 sowie zu den Regelungsmaterien Teil 1, Abschnitt 1, B. III. 3., S. 49 f. 12 Siehe oben Abschnitt 2, A., S. 392 f. 13 Vgl. Augsberg, Rechtsetzung, S. 42. 14 Unter Regelgeltung wird hier die Geltung im rein rechtstechnischen Sinn verstanden, die von der tatsächlichen Effektivität zu unterscheiden ist, vgl. zur Differenzierung Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 39. 11

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dere Regeländerungen müssen also gegenüber sämtlichen Nutzern zeitgleich in Geltung gesetzt werden können.15 Ist die Regelgeltung sichergestellt, so bedarf ein tatsächlich regelkonformes Verhalten nach sozialwissenschaftlichem Erkenntnisstand weiterer Gründe.16 Diese können zum Teil in sozialisationsbedingter Norminternalisierung und -akzeptanz liegen.17 Für Regeln eher technischer Art, wie dies Börsenregelwerke sind, ist der Grund der Normbefolgung indes in effektiven Sanktionsmechanismen zu suchen, die den Regelbruch kostspielig machen und so dem opportunistischen Normbruchanreiz entgegenwirken.18 Dabei stellen sich die Kosten des Normbruchs als Produkt der angedrohten Sanktion – Ordnungsgelder, Publikation des Regelbruchs oder letztlich der Ausschluss von der Handelsteilnahme – und der Sanktionierungswahrscheinlichkeit dar.19 Diese setzt ihrerseits die Kontrollierbarkeit des Nutzerverhaltens voraus, die heute angesichts der automatisierten Überwachung des elektronischen Handelsgeschehens von technischer Warte für alle Börsenbetreiber gleichermaßen gegeben ist.20 Ergibt sich der Verdacht eines Regelverstoßes, so muss der Börsenbetreiber vom Nutzer weitere Aufklärung verlangen können,21 was wiederum durch Sanktionsdrohungen für den Nichtbefolgensfall effektiviert werden muss. 15

Blumentritt, Börse, S. 180 f. Braun, Recht und Moral im pluralistischen Staat, JuS 1994, 727; Williams, Norms, S. 204 (206). 17 Braun, Recht und Moral im pluralistischen Staat, JuS 1994, 727 f.: Sozialisation als Geltungsgrund vor allem bei den „moralnahen“, historisch verwurzelten Grundregeln einer Gesellschaft naheliegend. Weitergehend Augsberg, Rechtsetzung, S. 43 f., der eine rein „sozial-normative“ Bindungswirkung auch in jüngeren Regelungsmaterien wirtschaftlich-technischer Art für möglich hält. 18 Damrau, Selbstregulierung, S. 90 f.; H. Schmidt, Börsenorganisation zum Schutze der Anleger, S. 229 f. Vgl. auch Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 46 f., der eine Normgeltung ohne Sanktionsdrohung generell für unmöglich hält. Ähnlich kategorisch Hart, The Concept of Law, S. 193. Allgemein zum Effektivitätsgrund der Sanktionierbarkeit und dem damit zusammenhängenden individuellen KostenNutzen-Kalkül Opp, Die Entstehung sozialer Normen, S. 34 f. 19 Damrau, Selbstregulierung, S. 91; Opp, Die Entstehung sozialer Normen, S. 35 f. 20 Vgl. Corcoran, The Uses of New Capital Markets, Am U L Rev 49 (2000), 581 (589); WFE, Regulation of Markets Survey 2004, S. 22. Zum „Hineinprogrammieren“ der Überwachungsmechanismen in die elektronischen Handelsplattformen vgl. O’Hara, WFE Trading Survey 2003, S. 16. 21 Informationsverlangen stellen strukturtypusübergreifend das praktisch relevanteste Ermittlungsinstrument der Börsenbetreiber dar, vgl. beispielhaft Schwark-Beck, § 2 BörsG Rn. 1 einerseits, REC 2.7.3 (4), REC 2.10.3 sowie Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (32 f.) andererseits. Die weitergehenden Ermittlungsbefugnisse, namentlich ein Betretungsrecht beim Börsennutzer, die etwa das deutsche Börsenrecht mit §§ 2, 4 BörsG 2002 (= § 3, 7 BörsG 2007) den Börsen einräumt, sind demgegenüber offenbar von gänzlich untergeordneter Bedeutung, vgl. Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, 19 (30). 16

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Letztlich kommt es also auf die Durchsetzbarkeit verhängter Sanktionen an: Diese muss gegen Regelbrüchige unabhängig von deren eventueller Lokalisierung im Ausland gewährleistet sein, um den börslichen Regelwerken zur Effektivität zu verhelfen. b) Inhaltliche Regelungsgüte aa) Das Erfordernis struktureller Richtigkeitsgewähr Im Blick auf das Regelungsziel der Funktionalität sind börsliche Regelwerke dann „gut“, wenn sie eine möglichst weitgehende Reduktion der Sekundärmarkttransaktionskosten ermöglichen. Indes lassen sich keine allgemeingültigen Aussagen darüber machen, welche konkrete inhaltliche Ausgestaltung der Börsenregelwerke hiernach „gut“ ist,22 hängt doch der transaktionskostenoptimale Regelungsinhalt unter anderem von den jeweiligen Ursachen und dem Ausmaß impliziter Transaktionskosten bei den verschiedenen Nutzergruppen ab.23 Diese sind nicht nur schwer messbar,24 vor allem unterliegen sie mit den raschen Umfeldveränderungen im Kapitalmarkt einem laufenden Wandel.25 Daraus erklärt sich rechtsordnungsübergreifend die Überlassung materiell-börslicher Regelungsmaterien an den Börsenbetreiber, wären doch die Kapazitäten eines parlamentarischen Gesetzgebers mit der erforderlichen kontinuierlichen Informationsbeschaffung und -verarbeitung unweigerlich überfordert.26 Ihr liegt die Erwartung zugrunde, dass der Börsenbetreiber schon aufgrund seiner Sachnähe über eine bessere Informationsbasis und damit zumindest über eine der strukturellen Voraussetzungen verfügt, um gute Regelungsinhalte hervorzubringen.27 22 Vgl. Damrau, Selbstregulierung, S. 140 (Markttransparenz), S. 152 (Emittentenpublizität), S. 188 (Insider-/Marktmanipulationsregulierung). 23 Macey/O’Hara, Regulating Exchanges and Alternative Trading Systems, J Legal Stud 28 (1999), 17 (30). 24 Vgl. beispielsweise die Quantifikationsversuche für Suchkosten im Wertpapiersekundärmarkt bei Flood/Huisman/Koedijk/Lyons, Search Costs. 25 Zum Zusammenhang von Umfeldänderungen und Änderungen des „richtigen“, ökonomisch optimalen Regelungsniveaus etwa Opp, Die Entstehung sozialer Normen, S. 85 f. Zur Dynamik der Finanzmärkte als Determinante der diesbezüglichen Regelungsstrukturen Speyer, Governance internationaler Finanzmärkte, S. 302 (306). 26 Vgl. Deutsche Bundesbank, Regulierung von Wertpapiermärkten, Monatsbericht Januar 2006, S. 37 (42). Zum Entlastungsmotiv der Selbstregelung allgemein Engel, Regulierung durch Organisation und Verfahren, FS Mestmäcker 1996, S. 119 (128); Marburger, Die Regeln der Technik, 381 f. 27 Bradley, Demutualization of Financial Exchanges, J Int L Bus 21 (2001), 657 (659, 686); Damrau, Selbstregulierung, S. 76 f. Allgemein Augsberg, Rechtsetzung,

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Vor dem Hintergrund des hier verfolgten Erkenntnisinteresses ist allerdings weiter zu untersuchen, ob über diesen Informationsvorsprung hinaus Unterschiede in der relativen Eignung verschiedener Börsenstrukturformen zur Schaffung eines „guten“, d.h. transaktionskostenminimierenden Regelungsniveaus bestehen.28 bb) Zum Stand der Forschung über die Kriterien struktureller Richtigkeitsgewähr Dabei ist die organisationsformspezifische Eignung verschiedener privater und öffentlicher Selbstregelungsstrukturen zur Hervorbringung zielkonformer Regelungen ein bislang nur unzureichend erforschtes Feld.29 Zwar rückte mit der Erkenntnis von der regulatorischen Überforderung des modernen Staates30 und unter dem Einfluss systemtheoretischen Denkens31 die Nutzbarmachung unterstaatlicher Regelungsstrukturen für staatliche Zwecke zunehmend ins Zentrum der regelungstheoretischen Diskussion.32 Hieraus ist das Konzept der „regulierten Selbstregulierung“ erwachsen, wonach der Staat innerhalb seiner Aufgabenfelder verstärkt private und/oder öffentliche Selbstregelungsstrukturen heranziehen soll, dabei aber S. 53 f.; Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 80 f. Weitere mögliche Motive bestehen in der finanziellen Entlastung des Staates sowie in der höheren Regelungsflexibilität, vgl. Augsberg, a. a. O., S. 52 f.; Brennecke, Normsetzung durch private Verbände, S. 118. 28 Vgl. allgemein zur Erforderlichkeit dieser weitergehenden Fragestellung in der Selbstregelungsdiskussion nachdrücklich Black, Decentring Regulation, CLP 2001, 103 (123 f.); Schuppert/Bumke, Verfassungsrechtliche Grenzen privater Standardsetzung, S. 71 (90 ff.). 29 Vgl. Schuppert, Das Konzept der regulierten Selbstregelung, S. 201 (225). Nur „erste Vorüberlegungen“ zu einer Theorie der Regelungsformenwahl werden nach Schuppert, a. a. O. in Schuppert/Bumke, Verfassungsrechtliche Grenzen privater Standardsetzung, S. 71 ff geliefert. Auch die nunmehr unter der Bezeichnung „Governance-Forschung“ geführte Diskussion steht weiterhin vor dieser Aufgabe, vgl. Speyer, Governance internationaler Finanzmärkte, S. 302 (307). 30 Paradigmatisch Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts. 31 Insbesondere Teubner, Recht als autopoietisches System, S. 81 ff. sowie passim; Willke, Die Steuerungsfunktion des Staates aus systemtheoretischer Sicht, S. 685 ff. 32 Teubner/Willke, Kontext und Autonomie: Gesellschaftliche Selbststeuerung durch reflexives Recht, ZfRSoz 5 (1984), 4 (13 ff.); Schmidt-Preuß, Verwaltung und Verwaltungsrecht zwischen gesellschaftlicher Selbstregulierung und staatlicher Steuerung, VVDStRL 56 (1997), 160 ff. und Di Fabio, Verwaltung und Verwaltungsrecht zwischen gesellschaftlicher Selbstregulierung und staatlicher Steuerung, VVDStRL 56 (1997), 235 ff.

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in Wahrnehmung seiner verbleibenden Gewährleistungsverantwortung durch „Regulierung“ der unterstaatlichen Selbstregelung für deren Gemeinwohlkonformität zu sorgen hat.33 Angesichts der erstrebten Entlastung des Staates soll hierfür weniger eine inhaltliche Kontrolle als vielmehr die zweckgerechte strukturelle Gestaltung der Selbstregelungsverbände eine Rolle spielen.34 Im Rahmen dieser Diskussion wurde schon früh darauf hingewiesen, dass die Selbstregelungsträger in Bezug auf verschiedene Regelungsmaterien eine jeweils ganz unterschiedliche „institutionelle Kompetenz“ aufweisen können.35 Die deshalb angemahnte systematische Erforschung organisationsformbedingter Eignungsunterschiede im Rahmen einer institutional choice- bzw. governance-Lehre ist indes bislang nicht wesentlich über die Zusammenstellung der praktisch-intuitiv empfundenen Vor- und Nachteile der Selbstregelung hinausgekommen.36 Allgemeingültige und belastbare Erkenntnisse über die relative Zieladäquanz verschiedener Selbstregelungsstrukturen fehlen und werden in dieser Allgemeinheit wohl auch noch einige Zeit auf sich warten lassen, würden sie doch die Kenntnis der Wirkzusammenhänge zwischen Regelungsstrukturen und einer unüberschaubaren Vielzahl potentieller gesetzgeberischer Regelungsziele erfordern.37 Besten33 Vgl. statt vieler die zusammenfassende Darstellung bei Schuppert, Das Konzept der regulierten Selbstregelung, S. 201 ff. mit zahlreichen wN. Aus der britischen Diskussion vgl. etwa Black, Decentring Regulation, CLP 2001, 103 ff. 34 Schuppert, Das Konzept der regulierten Selbstregelung, S. 201 (240 f.); Trute, Selbstregulierung und staatliche Steuerung, DVBl. 1996, 950 (961) sowie aus der britischen Literatur Black, Decentring Regulation, CLP 2001, 103 (126 f.). Für den Bereich der Kapitalmarktregulierung siehe insbesondere auch Augsberg, Rechtsetzung, S. 75. 35 Schuppert, Institutional Choice im öffentlichen Sektor, S. 647 (649). Inzwischen spricht Schuppert, Das Konzept der regulierten Selbstregelung, S. 201 (228) im selben Zusammenhang von der „regulatorischen Kompetenz“. 36 Schuppert, Institutional Choice im öffentlichen Sektor, S. 647 (658); Black, Decentring Regulation, CLP 2001, 103 (123). Krit. namentlich in Bezug auf die Selbstregelungsdiskussion im Kapitalmarktwesen auch Langhart, Rahmengesetz und Selbstregulierung, S. 114. Beispiele für solche „Zusammenstellungen“ etwa bei Augsberg, Rechtsetzung, S. 318 ff.; Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 80 f.; Dehlinger, Vertragliche Marktsegmentregulierung an Wertpapierbörsen, S. 58 ff. 37 Ähnlich pessimistisch i. E. Damrau, Selbstregulierung, S. 84. In der Ökonomie befasst sich die Social Choice-Theorie u. a. mit Fragen der relativen Tauglichkeit verschiedener Regelungsstrukturen zur Hervorbringung wohlfahrtsoptimaler Regelungsergebnisse und der Gestaltung von Regelungsstrukturen (sog. Mechanism Design bzw. Implementation Theory). Dabei ist die Social Choice-Lehre bislang im Wesentlichen nur mit sog. Unmöglichkeitstheoremen hervorgetreten, also Aussagen darüber, dass sich wohlfahrtsoptimale Ergebnisse unter bestimmten Gegebenheiten jedenfalls nicht erzielen lassen. Vgl. hierzu den zusammenfassenden Überblick zum

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falls da, wo sich das gesetzgeberische Regelungsanliegen wie im Kapitalmarktrecht in einer ökonomischen Funktionsoptimierung erschöpft, deren Determinanten ihrerseits vergleichsweise gut erforscht sind, scheinen solche Wirkzusammenhänge unter Rückgriff auf die Erkenntnisse insbesondere der Neuen Institutionenökonomik ermittelbar38 und damit allgemeine Aussagen über die relative Zieladäquanz von Regelungsstrukturen möglich.39 So wurde auch der erste Versuch einer abstrakt-generellen Bestimmung von Tauglichkeitskriterien für unterstaatliche Selbstregelungsstrukturen in jüngerer Zeit von Damrau in Bezug auf das Börsenwesen unternommen.40 Indes bedarf die dort erarbeitete Formel – eine Regelungsstruktur sei gut, wenn die Anreizsituation des Regulators mit dem gesetzgeberischen Regelungsanliegen kompatibel sei, welches wiederum in der Internalisierung externer Effekte bestehe41 – bei all ihrer Richtigkeit noch erheblicher Präzisierung, sollen hieraus Schlüsse für die relative Zieladäquanz der hier untersuchten Börsenstrukturtypen gezogen werden. cc) Regelungstheoretische Anforderungen an „gute“ börsliche Regelwerke und mögliche Rückschlüsse auf den Regelungsmechanismus Ausgangspunkt hierfür ist eine Verortung der börslichen Regelungsaktivitäten im System der Regelung wirtschaftlicher Aktivitäten, wie es sich nach den für hiesige Zwecke sehr vereinfachten Erkenntnissen der Wohlfahrtsund Institutionenökonomik darstellt. Sie ermöglicht eine Präzisierung der zu internalisierenden externen Effekte und damit auch grundlegende Aussagen über die Anforderungen an eine „gute“ Regelung. Hierbei erweist es sich als zweckmäßig, zunächst von einem hypothetischen Urzustand völliger Regelungsfreiheit auszugehen, in dem mangels Eigentumsrechten sämtliche Ressourcen zugleich jedermann und niemand geStand der Social Choice-Forschung bei Suzumura, Introduction, S. 1 (10 ff.), sowie Maskin/Sjöström, Implementation Theory, S. 237 ff. 38 Zur Fruchtbarkeit dieses theoretischen Ansatzes grundsätzlich Hood/Schuppert, Delivering Public Services in Western Europe, S. 12. 39 Vgl. Damrau, Selbstregulierung, S. 84. 40 Damrau, Selbstregulierung, 2003. 41 Damrau, Selbstregulierung, S. 58 f. und S. 85, unter Anknüpfung an Engel, Normen und Nutzen, S. 71 (92 ff.). Zur Voraussetzung der Anreizkompatibilität auch Steil, Changes in the Ownership and Governance of Exchanges, BWP Fin Serv 2002, 61 (79) sowie ähnlich Augsberg, Rechtsetzung, S. 122: Gemeinwohlkompatibilität der unterstaatlichen Regelung am ehesten dann zu erwarten ist, wenn „sich der private Normsetzer von der Ausrichtung auf das Gemeinwohl eigene Vorteile versprechen kann“.

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hören.42 Jegliche wirtschaftliche Aktivität, sei sie Güterkonsum oder -produktion, verbraucht Ressourcen und bringt u. U. auch Güter hervor, hat also jedenfalls negative sowie gegebenenfalls auch positive externe Effekte. Sämtliche dieser externen Effekte wirken erga omnes. Im ersteren Fall finden die betreffenden Aktivitäten in wohlfahrtswidriger Weise zu viel, im letzteren Fall zu wenig statt. Eine gesamtgesellschaftliche Wohlfahrtssteigerung ist in dieser Situation durch die Gründung eines Regelungsverbands möglich, der über sämtliche Wirtschaftsubjekte umfassende Regelungsgewalt haben und daher praktisch staatlicher Natur sein muss.43 Soweit an den verbrauchten Ressourcen (z. B. saubere Luft) respektive an den hergestellten Gütern (z. B. innere Sicherheit) keine Eigentumsrechte formulierbar sind, müssen die jeweiligen wirtschaftlichen Aktivitäten direkt ordnungsrechtlich geregelt und/ oder in staatliche Wahrnehmung übernommen werden.44 Dies ist der staatliche Sektor der klassischen Staat-Markt-Dichotomie.45 Soweit hingegen Eigentumsrechte formulierbar sind, wie dies etwa auch für die Güter Finanzkapital und Unternehmensanteile gilt, kann sich der Staat im Grundsatz auf die Definition dieser Eigentumsrechte zurückziehen.46 Durch die sich hiermit ergebende Notwendigkeit, Ressourcen bzw. Güter käuflich von ihren Eigentümern zu erwerben, erfolgt hier eine Internalisierung sowohl positiver wie negativer externer Effekte.47 Die wohlfahrtsoptimierende Steuerung der wirtschaftlichen Aktivitäten kann dann grundsätzlich den der jeweiligen Aktivität vor- und nachgelagerten Ressourcenund Gütermärkten überlassen werden.48 Man befindet sich also hier im Sektor des „Marktes“. Hier kommt es zur privatautonomen vertraglichen Transaktionsregelung im bilateralen Verhältnis, welche unter den Voraussetzungen eines funktionierenden Wettbewerbs für eine „faire“ Tauschrententeilung in 42 So auch der methodische Ausgangspunkt bei Demsetz, Toward a Theory of Property Rights, S. 34 ff. und im Anschluss hieran Opp, Die Entstehung sozialer Normen, S. 59 ff.; Engel, Normen und Nutzen, S. 71 (93 f.). 43 Ogus, Regulation, S. 16; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 86 f. unter Bezugname auf die Staatstheorie von Locke. 44 Ogus, Regulation, S. 33 ff.; eingehend Kahn, The Economics of Regulation, passim. Exemplifiziert am Beispiel der inneren Sicherheit bei Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 254 ff. 45 Vgl. Kahn, The Economics of Regulation, S. 2. 46 Daintith, Regulation, S. 8, No. 10–16; Ogus, Regulation, S. 16. Dabei wird hier ein enger Begriff der Eigentumsrechte (Verfügungsrechte im engeren Sinn) zugrundegelegt, wie er sich z. B. bei Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 82 ff. findet. 47 Siehe nur Ogus, Regulation, S. 19. 48 Ogus, Regulation, S. 17 (unter Hinweis auf Coase, The Problem of Social Cost, J L Econ 3 (1960), 1 ff.) sowie S. 19; Posner, Economic Analysis of Law, S. 36 f.; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 81.

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dem Sinne sorgt, dass die Transaktion für jede Seite gewinnbringend ist. Im Aggregat führt dies zu pareto-optimalen Ergebnissen.49 Indes blendet diese idealisierende Betrachtungsweise Informationsasymmetrien zwischen den Transaktionspartnern und den hierdurch ermöglichten Opportunismus aus.50 Vielfältige Übervorteilungen werden damit möglich, mit denen sich ein Transaktionspartner die Tauschrente seines Gegenübers einverleiben kann.51 Das Verhalten des opportunistischen Vertragspartners löst also externe Effekte zwischen den Parteien aus (die hier deshalb „inter-partes-externe Effekte“ genannt werden sollen), die ähnlich den oben erwähnten erga-omnesexternen Effekten eine erheblich wohlfahrtsmindernde Wirkung haben. Die inter-partes externen Effekte bzw. die von den Vertragsparteien zu deren Vermeidung aufgewendeten Such-, Informations- und Überwachungskosten stellen die originären Kosten ungeregelter Transaktionen dar,52 und sie können durchaus prohibitive Höhe erreichen.53 Es bedarf daher zum Erhalt der wohlfahrtsförderlichen Wirkung von Markttransaktionen einer Internalisierung bzw. Elimination dieser externen Effekte, und zu diesem Zwecke einer die vereinbarungskonforme Vertragsdurchführung schützenden Regelung,54 die hier als Vertragsschutzregelung bezeichnet werden soll. Diese Vertragsschutzregelung findet notwendigerweise innerhalb eines hierarchischen Regelungsverbandes statt, in welchem der Regulator Durchsetzungsgewalt gegenüber den beiden Transaktionspartnern haben muss.55 Dabei kann als Regelungsverband der Staat fungieren;56 Vertragsschutzrege49 Ogus, Regulation, S. 16, S. 24; Varian, Grundzüge der Mikroökonomik, S. 483 ff. 50 Williamson, Economic Institutions, S. 44 ff.; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 92 ff. Insbesondere in Bezug auf den Kapitalsekundärmarkt vgl. schon oben Teil 1, Abschnitt 1, B. III. 1., S. 45. 51 Posner, Economic Analysis of Law, S. 101 ff.; Williamson, Economic Institutions, S. 47 f. 52 Vgl. nur Coase, The Firm, the Market, and the Law, S. 6. 53 Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 195 f. 54 Ogus, Regulation, S. 17; Williamson, Economic Institutions, S. 68 ff., der insoweit von der Notwendigkeit eines „governance“-Mechanismus für die Transaktion spricht. Eine Ausnahme hiervon bilden nur die sog. selbst-durchsetzenden Verträge. Bei ihnen ist die Vertragsbefolgung intrinsisch anreizkonform, weil sie für alle Seiten das ohnehin ökonomisch nutzbringendste Verhalten darstellt, vgl. Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 175 f. 55 Hart, The Concept of Law, S. 192 f. Hier wird der Einfachheit halber nur der Fall thematisiert, in dem die eigentliche Transaktion bilateral bleibt und das Opportunismusproblem nicht durch eine Hineinverlagerung in eine (neue) Wirtschaftseinheit (z. B. ein Unternehmen) gelöst wird. Zu den beiden Formen der Institutionenbildung schon oben Teil 1, Abschnitt 1, B. III. 2., S. 47 f.; näher Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 178 f. und insbesondere Williamson, Economic Institutions, S. 78.

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lung kann indes wegen des beschränkten Wirkungskreises der inter-partesexternen Effekte auch von unterstaatlichen Regelungsverbänden wahrgenommen werden,57 was namentlich dann sinnvoll ist, wenn bestimmte Transaktionstypen nur innerhalb bestimmter, vergleichsweise enger Personenkreise stattfinden. Inhaltlich kann sich die Vertragsschutzregelung im einfachsten Fall auf eine schlichte Durchsetzungshilfe gegen vertragsbrüchige Transaktionspartner beschränken, wie dies beispielsweise bei der zivilgerichtlichen Durchsetzungshilfe der Fall ist.58 Durch Schadensersatzpflichten wird hierbei eine Internalisierung der externen Effekte beim Schädiger bewirkt.59 Wo das – etwa mangels Erkennbarkeit einer Übervorteilung durch die betroffenen Transaktionspartner oder bei massenhaft gleichförmigen Transaktionen wie im Wertpapiersekundärhandel und dem damit einhergehenden Schnelligkeitsbedürfnis60 – nicht in Betracht kommt, ist eine möglichst weitgehende Elimination von inter-partes-externen Effekten (= originäre Transaktionskosten, im Wertpapierhandel als implizite Transaktionskosten bezeichnet61) durch verbandsinterne Betrugsverbote und die Formulierung erfüllungssichernder und betrugserschwerender Metapflichten erforderlich.62 Diese Pflichten sind vom Regelungsunterworfenen im Gegensatz zu den vertraglichen Hauptpflichten, die gegenüber dem Vertragspartner zu erfüllen sind, gegenüber dem Regulator zu erfüllen und werden von diesem zentral überwacht und sanktioniert.63 Die börsliche Regelungsaktivität besteht im Kern gerade in einer solchen Vertragsschutzregelung für Sekundärmarkttransaktionen,64 nämlich in der 56

Daintith, Regulation, S. 8, No. 10–16; Kahn, The Economics of Regulation, S. 2. Der Markt ist also in weitem Umfang „staatliche Veranstaltung“, denn ohne staatliche Vertragsschutzregelung könnte kaum ein Markt funktionieren. Des weiteren sichert der Staat die Marktfunktion auch durch das Kartellrecht. Schon hieran zeigt sich, dass von einer strengen Markt-Staat-Dichotomie in der Realität keine Rede sein kann. 57 Collins, Regulating Contracts, S. 108 ff.; Daintith, Regulation, S. 18 f., No. 10–36; MacGregor/Prosser/Villiers, Introduction, S. 11 f.; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 177. 58 Vgl. Daintith, Regulation, S. 8, No. 10–16. 59 Opp, Die Entstehung sozialer Normen, S. 72. 60 Albrecht/Bronfman/Messenheimer, Regulatory Regimes, S. 9 (11); Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (13). 61 Zur Terminologie siehe bereits oben Teil 1, Abschnitt 2, C. I., S. 53. 62 Albrecht/Bronfman/Messenheimer, Regulatory Regimes, S. 9 (11 f.); Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (13); Pritchard, Markets as Monitors, Va L Rev 85 (1999), 925 (947 i. V. m. 983); allgemein Opp, Die Entstehung sozialer Normen, S. 72. 63 Vgl. Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (13, 17). 64 Siehe oben Teil 1, Abschnitt 1, B. III. 3., S. 48 f. Eine weitere börsliche Tätigkeit besteht in der Vorformulierung allgemeiner Geschäftsbedingungen für die Wert-

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Formulierung, Überwachung und Durchsetzung verbandsinterner Insiderund Manipulationsverbote und erfüllungssichernder bzw. betrugserschwerenden Metapflichten: Zugangsvoraussetzungen für Handelsteilnehmer dienen der Erfüllungssicherung, Handels- und Emittententransparenz der Erschwerung manipulativer Verhaltensweisen und damit der Sicherung „fairer“ Preise, wobei es hier zunächst zweckmäßig ist, die Emittentenregelung primär als Metapflicht zur Sicherung der Manipulationsfreiheit von Sekundärmarkttransaktionen zu verstehen, hinter welche die Funktion als erfüllungssichernde Metapflicht im Verhältnis von Anleger und Emittenten im Rahmen der Primärmarkttransaktion zurücktritt.65 Der erzielbare Grad an Elimination externer Effekte hängt direkt von der Art und Dichte der Metapflichten und der Intensität ihrer Überwachung ab, welche wiederum Kosten (Regelungskosten) erzeugt.66 Dabei sollen hier regelungsbedingte Compliancekosten auf Seite der Regelungsunterworfenen zunächst außer Betracht bleiben;67 Regelungskosten im hiesigen Sinn sind also nur diejenigen Kosten, die der Regulator zur Aufstellung und Durchsetzung der Regelung aufwenden muss.68 Sie stellen eine neue Form von Transaktionskosten dar69 und sind naturgemäß umso höher, je höher das gewählte Regelungsniveau ist. Angesichts dieser Kostspieligkeit der Vertragsschutzregelung ist das transaktionskosten- und damit auch wohlfahrtsoptimale Regelungsniveau dort erreicht, wo der Saldo aus Regelungsnutzen und -kosten maximal ist.70 papiertransaktionen selbst, vgl. etwa an der FWB die sog. Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse. Diese Aktivität kann hier außer Betracht bleiben: Zwar trägt auch sie zur Reduktion von Sekundärmarkttransaktionskosten bei, vgl. nur H. Schmidt, Wertpapierbörsen, S. 135 (143 f.). Die konkrete Ausgestaltung der Geschäftsbedingungen ist allerdings bei weitem nicht so wohlfahrtssensibel wie die Frage des richtigen Regelungsniveaus bei der Vertragsschutzregelung, können eventuelle Auswirkungen einer besonders stringenten/laxen Regelung der Käufer- oder Verkäuferpflichten auf die Tauschrentenverteilung doch schlicht in die Kauf-/Verkaufsangebote eingepreist werden. 65 Diese Beschränkung wird in der Detailanalyse [unten 2. b) cc), S. 439 ff. sowie 3. b) cc), S. 453 f.] wieder aufgehoben. 66 Vgl. nur Opp, Die Entstehung sozialer Normen, S. 80 f. 67 Compliancekosten bestehen heute für Handelsteilnehmer vor allem in den Kapitalkosten für die Einhaltung von Eigenkapitalerfordernissen als Börsenzugangsvoraussetzung, vgl. White, International Regulation of Securities, S. 207 (228), sowie für Emittenten in den Kosten der Erstellung und Veröffentlichung der geforderten Publikationen, vgl. hierzu schon oben Teil 1, Abschnitt 2, C. II. 2., S. 59 f. 68 Merkt, Gutachten 64. DJT, G 67 spricht insoweit von direkten Regulierungskosten. 69 Sie werden in Form von Entgelten auf die Nutzer umgelegt und im Wertpapierhandel als explizite Transaktionskosten bezeichnet, vgl. schon oben Teil 1, Abschnitt 2, C. I., S. 53.

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Der Regelungsnutzen besteht hierbei im aggregierten regelungsbedingten Wohlfahrtszuwachs, also gerade in den regelungsbedingt eliminierten Betrugsverlusten aller derjenigen Personen, die an den geregelten Transaktionen teilnehmen.71 Unberücksichtigt bleiben hierbei natürlich die regelungsbedingten „Verluste“ derjenigen Personen, die sich zuvor auf betrügerischem Wege Vorteile von ihren Transaktionspartnern verschaffen konnten, denn diese individuellen Vorteile sind per definitionem gesamtökonomische Wohlfahrtsverluste.72 Nimmt man realitätsnah mit zunehmender Regelungsdichte einen fallenden Grenznutzen73 und zugleich konstante Grenzkosten der Regelung an,74 so ergibt sich hieraus, dass das wohlfahrtsoptimale Regelungsniveau bei einem Wert unterhalb einer „vollständigen“ Regelungsdichte zu erwarten ist, also unterhalb einer hypothetischen Regelungsdichte, die zu einer vollständigen Elimination aller impliziten Transaktionskosten führen würde.75 Die Problematik börslicher Regelung besteht nun weniger in der Frage, welche Art von Verboten, erfüllungssichernden und betrugsverhindernden Metapflichten gewählt wird: Der Katalog einsetzbarer Instrumente weist in zeitlicher wie räumlicher Dimension erstaunliche Konstanz auf,76 was auf 70

Vgl. Albrecht/Bronfman/Messenheimer, Regulatory Regimes, S. 9 (15 f.). Im Grundsatz ebenso, allerdings ohne diesen Ansatz für die rechtspolitische Bewertung alternativer Regelungsstrukturen weiter fruchtbar zu machen Merkt, Gutachten 64. DJT, G 68. Allgemein Opp, Die Entstehung sozialer Normen, S. 84 f. Dies gilt mutatis mutandis für jede Form der Regelung, auch für die staatliche Definition von Eigentumsrechten oder die ordnungsrechtliche Regelung einer mit externen Effekten verbundenen wirtschaftlichen Aktivität: Sie sollte unter Wohlfahrtsgesichtspunkten überhaupt nur dann stattfinden, wenn der Saldo aus Regelungsnutzen abzüglich Regelungskosten positiv ist, und sie sollte in dem Maße stattfinden, das den Saldo maximiert, vgl. Opp, a. a. O., S. 84; Llewellyn, A prospectus form the FSA, JFRC 6 (1998), 305 (306). 71 Albrecht/Bronfman/Messenheimer, Regulatory Regimes, S. 9 (13 ff.); vgl. auch allgemein Merkt, Gutachten 64. DJT, G 68. 72 Obgleich die Tauschrente insgesamt unverändert bleibt, ist deren Verteilung zwischen den Transaktionspartnern nämlich nicht gleichgültig. Denn der „betrogene“ Tauschpartner wird sich vom Markt zurückziehen, und das Gesamtvolumen der objektiv wohlfahrtsförderlichen Transaktionen wird abnehmen, vgl. Rudolph/ Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (185) sowie allg. Kasper/Streit, Institutional Economics, 192. Gesetzgeber und börsenrechtliche Literatur betonen diesen Aspekt, wenn sie von der Relevanz des Anlegervertrauens in die Fairness und Chancengleichheit der Märkte sprechen, ohne welches der Kapitalmarkt nicht zustande kommt, vgl. nur RegE 4. FMFG, BT-Drs 14/8017, S. 62; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.390. 73 Albrecht/Bronfman/Messenheimer, Regulatory Regimes, S. 9 (17); allgemein Varian, Grundzüge der Mikroökonomik, S. 59 ff. 74 Vgl. Albrecht/Bronfman/Messenheimer, Regulatory Regimes, S. 9 (15 ff.). 75 Vgl. allg. Llewellyn, A prospectus from the FSA, JFRC 6 (1998), 305 (306).

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einen Konsens über die grundsätzliche Tauglichkeit bestimmter regulatorischer Mittel und im Wesentlichen homogene diesbezügliche Präferenzen hindeutet.77 Sie liegt vielmehr in der Wahl der per saldo aus Regelungsnutzen und Regelungskosten optimalen Regelungsintensität. In die Berechnung des richtigen Regelungsniveaus sind dabei folgende Faktoren einzubeziehen: Einerseits die Kosten der Regelung, die beim Börsenbetreiber anfallen und von den Börsennutzern in Form von Nutzungsentgelten getragen werden. Andererseits der kumulierte Regelungsnutzen: Das ist der Regelungsnutzen aller Personen, die an der geregelten Transaktion teilhaben. Beschränkt man die Betrachtung zunächst auf die Wertpapiersekundärmarktransaktion, so fällt der Regelungsnutzen – wenn auch in unterschiedlichem Umfang – allen direkten und indirekten Börsennutzern zu, also den Handelsteilnehmern und den intermediiert handelnden (Letzt-)Anlegern. Innerhalb dieser Nutzerschaft sind verschiedene Gruppen allerdings unterschiedlich stark von opportunismusbedingten Verlustrisiken betroffen und weisen eine unterschiedlich ausgeprägte Selbstschutzfähigkeit auf.78 Demgemäß verlaufen die individuellen Regelungsnutzenkurven der Angehörigen verschiedener Nutzergruppen ganz unterschiedlich, und die Nutzergruppen präferieren daher ein jeweils unterschiedliches Regelungsniveau als für sie per saldo transaktionskostenoptimal.79 Typischerweise bevorzugen Privatanleger ein deutlich höheres Regelungsniveau als professionelle Kapitalmarktteilnehmer.80 Zur 76 Es handelt sich um die schon eingangs Teil 1, Abschnitt 1, B. III. 3., S. 49 f. genannten Regelungen wie Zuverlässigkeits- und Bonitätsprüfung der Handelsteilnehmer, Betrugs- und Manipulationsverbote beim Börsenhandel sowie die ein solches Verhalten erschwerenden Handelstransparenz- sowie Emittentenpublizitätspflichten. Diese Instrumente haben in historischer Perspektive zwar Verschärfungen und technologiebedingte Modifikationen (z. B. durch Einführung einer Central Counterparty) aber keinen grundsätzlichen Wandel erlebt. Die einzige zentrale Veränderung im Laufe der geschichtlichen Entwicklung besteht in der Aufgabe des Anteilsbesitzes an der Betreiberorganisation als Zugangsvoraussetzung für Handelsteilnehmer, welche im Zuge der Demutualisierung erfolgte. Zu deren spezifischen ökonomischen Hintergründen allerdings schon oben Abschnitt 1, A., S. 375 ff. 77 Sieht man, wie hier, von nennenswerten Compliancekosten und damit auch von nennenswerten Unterschieden in der Compliancekostenbelastung zwischen den verschiedenen Nutzergruppen ab, so ergeben sich hieraus homogene Präferenzen aller Nutzer für die jeweils effektivste Art von transaktionskostensenkenden regulatorischen Instrumenten. 78 Vgl. Damrau, Selbstregulierung, S. 136. 79 Damrau, Selbstregulierung, S. 136; Macey/O’Hara, Regulating Exchanges and Alternative Trading Systems, J Legal Stud 28 (1999), 17 (30); Pirrong, The SelfRegulation of Commodity Exchanges, J L Econ 38 (1995), 141 (162). 80 Board/Sutcliffe/Wells, Orderly Markets, S. 12. Vgl. auch Damrau, Selbstregulierung, S. 136, der allerdings zu weit geht, wenn er annimmt, dass institutionelle Investoren sich aufgrund ihrer Marktkenntnis gänzlich selbst gegen Übervorteilungs-

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Bestimmung des gesamtwirtschaftlich optimalen Regelungsniveaus, das bei einem Mittelwert zwischen den Gruppenpräferenzen liegen muss, ist eine richtige Aggregation der gruppenspezifischen Nutzenkurven nötig,81 die hierbei grundsätzlich entsprechend ihrem Anteil am Gesamttransaktionsvolumen einer Börse Berücksichtigung finden müssen.82 2. Eignung der gegenwärtigen deutschen Börsenstruktur zur Gewähr der Regelungsqualität

a) Effektivität der satzungsrechtlichen Regelwerke und anstaltlichen Vollzugsakte Die Regelwerke deutscher Börsen ergehen gemäß § 13 Abs. 1 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BörsG 2007) als Satzungen der börsenbetreibenden Anstalten. Ihr Geltungsgrund liegt also in der hoheitlichen Rechtsetzungsgewalt des anstaltstragenden Landes, welche der Börsenanstalt in Form der sog. Satzungsautonomie partiell übertragen ist.83 Das Inkrafttreten von Satzungen erfolgt nach den allgemeinen Grundsätzen für abstrakt-generelle hoheitliche Regelungen, also grundsätzlich durch Erlass und Verkündung,84 gemäß § 13 Abs. 5 BörsG 2002 (= § 16 Abs. 3 BörsG 2007) ist zusätzlich die Genehmigung der Satzung durch die Börsenaufsichtsbehörde erforderlich.85 Ist diese erteilt, so tritt die Börsenordnung gegenüber allen Börsennutzern einheitlich und unabhängig von deren Zustimmung in Kraft.86 Die Anstaltsbörse hat damit insbesondere auch die Möglichkeit, Regelwerksänderungen unabhängig vom eventuellen Widerspruch gefahren im Wertpapiersekundärhandel schützen könnten. Vgl. zu den manipulations- und insiderhandelsbedingten Verlustrisiken institutioneller Investoren eingehend Davis/Steil, Institutional Investors, S. 399 ff. 81 Vgl. Macey/O’Hara, Regulating Exchanges and Alternative Trading Systems, J Legal Stud 28 (1999), 17 (30) und allgemein Goldberg, Regulation and administered contracts, Bell J Econ 7 (1976), 426 (432); Voigt, Institutionenökonomik, S. 232; näher und kritisch zur Problematik Arrow, Social Choice and Individual Values, S. 4 f., dort allerdings vor allem zum nicht-monetären Regelungsnutzen. 82 Vgl. allg. Varian, Grundzüge der Mikroökonomik, S. 533 ff. 83 Breitkreuz, Börse, S. 118. Allg. zur Satzungsautonomie Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 4 Rn. 22. 84 Vgl. zum allgemeinen Verkündungserfordernis als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips HessStGH NVwZ 1989, 1153; BayVerfGH NVwZ 1989, 1053; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 688. 85 Zum Genehmigungserfordernis Breitkreuz, Börse, S. 129; Schwark-Schwark, § 13 BörsG Rn. 3. 86 Augsberg, Rechtsetzung, S. 164. Das börsliche Satzungsrecht hat damit die für Rechtsnormen typische und unerlässliche Heteronomität, vgl. hierzu Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 84 ff. m. w. N.

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einzelner Nutzer mit Wirkung für die gesamte Nutzerschaft – praktisch unter Belassung hinreichender Zeit zur Anpassung87 – einzuführen.88 Die Normeffektivität der Börsenordnungen hängt sodann von der Sanktionierbarkeit von Regelverstößen ab.89 Auch hier weist die öffentlichrechtliche Strukturform auf den ersten Blick Vorteile auf, ergehen Sanktionsakte doch in Form von Verwaltungsakten und können mithin im Wege des Verwaltungszwangs durchgesetzt, Ordnungsgelder also beispielsweise beigetrieben werden.90 Indes löst die hoheitliche Natur der Sanktionsakte gerade im grenzüberschreitenden Bereich Probleme aus, da die Vollstreckung im Ausland weiterhin nur auf dem schwerfälligen Amtshilfeweg möglich ist.91 Die zentrale Rolle bei der Effektivierung börslicher Regelwerke spielt freilich die (Drohung mit der) Beendigung der Handelsteilnahme nach § 48, § 49 (L)VwVfG bzw. mit der Beendigung der Wertpapierzulassung nach § 43 S. 2 BörsG 2002 (= § 39 Abs. 1 BörsG 2007), die bei gravierenden und/oder wiederholten Verstößen möglich ist.92 Beides Verwaltungsakte, setzt ihr wirksamer Erlass gemäß § 41 (L)VwVfG die Bekanntgabe an den jeweiligen Börsennutzer voraus. Hieraus entstehen gegenüber Börsennutzern im Ausland Zustellungsschwierigkeiten, die sich börsenpraktisch nur durch das zusätzliche Zulassungserfordernis eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten lösen lassen.93 Der Vollzug ist dann, 87 So wurde z. B. bei der Einstellung des Neuen Marktes eine bis zu 9-monatige Übergangszeit gewährt, vgl. § 95 FWB Börsenordnung i. d. F. v. 1. Juli 2003. 88 Diesen Vorteil betonen insbesondere Hessische Börsenaufsichtsbehörde, Stellungnahme, sub A II b); Kümpel, Zur öffentlichrechtlichen Organisation der deutschen Wertpapierbörsen, BKR 2003, 3 (10); Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 151 ff.; Kurth, Der Charme der öffentlichrechtlichen Börse, Börsen-Zeitung v. 6. Mai 2002, Sonderbeilage B 2. Implizit auch Blumentritt, Börse, S. 180. 89 Vgl. Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, S. 19 (31). 90 Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 150; Kurth, Der Charme der öffentlichrechtlichen Börse, Börsen-Zeitung v. 6. Mai 2002, Sonderbeilage B 2. Zweifelnd an diesem Effektivitätsvorteil schon in Bezug auf inländische Börsennutzer Zietsch/Holzborn, Zulassungsfolgepflichten – Teil I, WM 2002, 2356 (2358). 91 Kurth, Problematik grenzüberschreitender Wertpapieraufsicht, WM 2000, 1521 (1522, 1527); Mues, Börse, S. 164; vgl. auch Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, S. 19 (31), dort auch zu den (wenigen) bestehenden Europa- und völkerrechtlichen Vollstreckungsabkommen. 92 Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 44 f. i. V. m. Rn. 22 f.; Schwark-Heidelbach, § 43 BörsG Rn. 6 f. 93 Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, 19 (31); Kurth, Problematik grenzüberschreitender Wertpapieraufsicht, WM 2000, 1521 (1522). Vgl. etwa § 18 Abs. 3 FWB Börsenordnung sowie Nr. 3.9 Eurex Börsenordnung. Dieses die zweckgerechte Durchführung des Verwaltungsverfahrens sichernde Erfordernis ist nach hLit mit § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007) und Art. 12 GG vereinbar, vgl. nur Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 38.

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nach entsprechender Androhung und Festsetzung, durch eine schlichte Kappung des Zugangs zur elektronischen Handelsplattform94 bzw. durch Einstellung der Handelsmöglichkeit für das betreffende Wertpapier möglich.95 Den Börsenanstalten gelingt damit im Ergebnis die Effektivierung ihrer Regelwerke gegenüber in- wie ausländischen Nutzern.96 b) Tauglichkeit der anstaltlichen Willensbildung zur Hervorbringung inhaltlich guter Regelung Gute börsliche Regelung zeichnet sich, wie zuvor gezeigt, durch die kosten-nutzenoptimale Regelungsdichte aus. Diese umfasst sowohl die Regelsetzungsdichte als auch die hiervon zu unterscheidende Vollzugsdichte. In der deutschen Börsenstruktur entscheidet über die Regelsetzung der Börsenrat nach § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 Nr. 1 BörsG 2007). Die Vollzugsdichte wird hingegen unmittelbar von der Börsengeschäftsführung, der Handelsüberwachungs- und Zulassungsstelle sowie vom Sanktionsausschuss determiniert97. Hierbei kann der Börsenrat das Verhalten der Börsengeschäftsführung, trotz deren grundsätzlicher Weisungsfreiheit, doch über sein Wahl- und Abberufungsrecht nach § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 Nr. 2 BörsG 2007) zumindest mittelbar steuern. Vergleichbares gilt für die Handelsüberwachungs- und Zulassungsstelle sowie den Sanktionsausschuss, deren jeweiliger Vorsitzender vom Börsenrat im Zusammenwirken mit der Geschäftsführung (und im Falle der Handelsüberwachungsstelle unter Zustimmung der Börsenaufsichtsbehörde) bestellt98 und im Falle des Sanktionsausschusses bei Vorlie94 Zu beachten ist hierbei, dass entgegen der h. M. die Benutzung des elektronischen Handelssystems alleine aufgrund der hoheitlichen Zulassung zur Handelsteilnahme erfolgt und keinen gesonderten Abschluss eines Systemnutzungsvertrags erfordert, siehe hierzu schon oben Teil 2, Abschnitt 1, A. I., S. 106. Demgemäß erfordert auch die Beendigung der Handelsteilnahme keineswegs die Beendigung eines Vertragsverhältnisses, sondern allein die Aufhebung des Zulassungsverwaltungsaktes. 95 Es handelt sich hierbei um eine Form des unmittelbaren Zwangs, vgl. Sadler, § 12 VwVG; App/Wettlaufer, Verwaltungsvollstreckungsrecht, § 32 Rn. 6 a. E., S. 192. 96 Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, 19 (32); ohne Begründung i. E. ebenso Blumentritt, Börse, S. 276. A. A. hingegen Mues, Börse, S. 164. 97 Zur Abschaffung der Zulassungsstelle durch das FRUG siehe Nachtrag A. III., S. 538. 98 Gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 BörsG 2007) wird der Leiter der Handelsüberwachungsstelle auf Vorschlag der Geschäftsführung vom Börsenrat im Einvernehmen mit der Börsenaufsichtsbehörde bestellt. Die personelle Zusammensetzung der Zulassungsstelle bleibt gemäß § 31 BörsG 2002 der Regelung durch die Börsenordnung überlassen. An der FWB werden die Mitglieder

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gen eines wichtigen Grundes auch abberufen werden kann.99 Die vom Börsenrat artikulierten Präferenzen werden sich damit grundsätzlich auch im Verhalten der Vollzugsorgane widerspiegeln, so dass in der idealtypischen deutschen Börsenstruktur die Regelungsdichte insgesamt letztlich vom Börsenrat determiniert wird. Abweichungen im Realtypus aufgrund einer Personalunion zwischen Anstalt und Trägerunternehmen bleiben dabei als Auswirkungen einer nicht strukturtypischen Besonderheit hier außer Betracht. Unabhängig hiervon erweist es sich bei der Untersuchung der strukturellen Tauglichkeit der anstaltlichen Willensbildungsmechanismen zur Hervorbringung guter Regelung als zweckmäßig, folgende Regelungsgegenstände zu unterscheiden: Zunächst die Zugangsvoraussetzungen für Handelsteilnehmer, sodann das eigentliche Handelsgeschehen sowie zuletzt die Emittentenpflichten. Bezüglich dieser Materien lassen sich jeweils spezifische Interessenkonstellationen der zur Mitbestimmung im Börsenrat berufenen Gruppen – gemäß § 9 Abs. 1 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 1 BörsG 2007) sind dies Emittenten, private Letztanleger und vor allem Handelsteilnehmer, wobei diese Gruppe Intermediäre wie auch institutionelle Letztanleger umfasst – feststellen, die es folglich separat zu untersuchen gilt. Da der Weg zur „guten“ Regelung über die richtige Aggregation der Nutzerinteressen führt, ist zunächst zu ermitteln, welche Interessen die zur Mitbestimmung berufenen Gruppe im Hinblick auf die jeweilige Regelungsmaterie idealtypischerweise haben und sodann zu prüfen, ob die börsenratsinterne Willensbildung zumindest grundsätzlich geeignet ist, die richtigen Interessen einfließen zu lassen und diese richtig zu aggregieren.100 Dabei abstrahiert die Untersuchung, wie schon eingangs des Abschnitts angedeutet, von den in diesen Regelungsbereichen in unterschiedlichem Umfang anzutreffenden (nationalen oder europäischen) gesetzlichen Vorgaben und Direktregelungen.101 Denn zum einen entscheidet auch im Falle der Zulassungsstelle durch den Börsenrat gewählt, vgl. § 52 Abs. 1 FWB Börsenordnung. Die personelle Zusammensetzung des Sanktionsausschusses ist gemäß § 20 Abs. 1 BörsG 2002 (= § 22 Abs. 1 BörsG 2007) durch den Landesverordnungsgeber zu regeln. In Hessen sieht § 2 SanktionsausschussVO eine Wahl durch den Börsenrat auf Vorschlag der Börsengeschäftsführung vor. 99 Vgl. § 20 BörsG 2002 (= § 22 BörsG 2007) i. V. m. § 2 Abs. 2 S. 5 hess. Sanktionsausschussverordnung. 100 Vgl. zur Methode im Grundsatz auch Damrau, Selbstregulierung, S. 86 f.; Lee, What is an exchange?, S. 8. Dabei basiert die hiesige Untersuchung nur auf grundlegenden Konzepten der ökonomischen Theorie. Zahlreiche kapitalmarkttheoretische Erkenntnisse, wie sie namentlich unter Anwendung spieltheoretischer Konzepte gewonnen werden können, müssen hier notgedrungen außer Betracht bleiben; sie gehören vielfach auch noch nicht zum gesicherten Erkenntnisstand. Bezüglich dieser Theorien sei auf die jeweilige Darstellung bei Damrau, Selbstregulierung, S. 126 ff. verwiesen.

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der gesetzlichen Direktregelung der Börsenbetreiber praktisch häufig über das Vollzugsniveau, das für die tatsächlich erzielbare Regelungsgüte von durchaus maßgeblicher Bedeutung sein kann.102 Vor allem aber geht es hier darum, zu möglichst allgemeingültigen Aussagen über die relative Zieladäquanz der Börsenstrukturtypen zu gelangen. Zu diesem Zweck ist die Eignung der alternativen Selbstregelungsstrukturen zur strukturellen Richtigkeitsgewähr im materiell-börslichen Bereich losgelöst von eventuellen gesetzlichen Direktregelungen zu betrachten. aa) Zugangsvoraussetzungen für Handelsteilnehmer Zugangsvoraussetzungen für Handelsteilnehmer dienen neben einer gewissen Zuverlässigkeitsprüfung im Dienste der Betrugsvermeidung primär dem Zweck, die Erfüllung der börslichen Transaktionen zu sichern.103 Hierzu dienen etwa die Mindesteigenkapitalerfordernisse bzw. das Erfordernis der Zugehörigkeit zu einer der Solvabilitätsaufsicht unterliegenden Berufsgruppe in § 16 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 und 4 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 4. S. 1 Nr. 3 und 4 BörsG 2007). An der erfüllungssichernden Regelung haben alle Anleger ein direktes Interesse. Es ist bei institutionellen Investoren nicht weniger ausgeprägt als beim privaten Letztanleger, ist doch angesichts der Anonymität der Abschlussmechanismen selbst bei guter Marktkenntnis insoweit ein Selbstschutz nicht möglich.104 Das Einfließen der Interessen privater wie auch institutioneller Letztanleger in die ratsinterne Willensbildung ist somit richtig und führt grundsätzlich zum wohlfahrtsoptimalen Regelungsniveau. Emittenten sind hingegen vom eventuellen Ausfall der Vertragspartner einer Sekundärmarkttransaktion nicht unmittelbar betroffen. Da sie jedoch von sinkenden Sekundärmarkttransaktionskosten mittelbar in Form geringerer Kapitalkosten profitieren,105 sind sie ebenso wie Letztanleger an einer 101

Zum Begriff des Börsenregelwerks im materiellen Sinn Teil 2, Abschnitt 1, A. II. 2., S. 110, zum Umfang staatlicher Direktregelungen oder Vorgaben für die börsliche Selbstregelung in diesem Bereich vgl. für Deutschland a. a. O., für Großbritannien Teil 2, Abschnitt 1, B. II. 1. c), S. 125 ff. 102 Vgl. Macey/O’Hara, Regulating Exchanges and Alternative Trading Systems, J Legal Stud 28 (1999), 17 (24). 103 Corcoran, The Uses of New Capital Markets, Am U L Rev 49 (2000), 581 (590); Kalss, Different Stock Exchange Interest Groups, S. 193 (198); Rudolph/ Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (202). Siehe auch schon eingangs Teil 1, Abschnitt 1, B. III. 3., S. 48. 104 Vgl. Steil, Changes in the Ownership and Governance of Exchanges, BWP Fin Serv 2002, 61 (67). 105 Vgl. dazu nur oben Teil 1, Abschnitt 2, C. II. 3., S. 60 f.

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effizienten Erfüllungsschutzregelung interessiert.106 Ihre Mitentscheidung in Fragen der Zulassungsvoraussetzungen für Handelsteilnehmer ist mithin unschädlich. Kritisch ist indes die Mitwirkung von Intermediären zu beurteilen. Das Problem liegt hierbei weniger darin, dass Intermediäre als ökonomisch Nichtbetroffene an einem suboptimalen Regelungsniveau interessiert wären. Denn in der Praxis übernehmen Intermediäre regelmäßig eine Delkrederehaftung oder es kommt zur Erfüllungshaftung nach § 384 Abs. 3 HGB.107 Das Interesse der Intermediäre an erfüllungssichernder Regelung ist daher nicht weniger ausgeprägt als dasjenige der Letztanleger. Die Problematik besteht vielmehr darin, dass Intermediäre typischerweise an möglichst strengen Zulassungsvoraussetzungen interessiert sind, etwa durch Beschränkung des Börsenzugangs auf bestimmte Berufsgruppen oder ein hohes Eigenkapitalerfordernis.108 Hintergrund dieses „überschießenden“ Interesses ist nicht die Transaktionskostensenkung, sondern vielmehr das zweckfremde Motiv, Zugangshürden gegen eine direkte Handelsteilnahme von (institutionellen) Letztanlegern aufzustellen und/oder die Zahl der Intermediäre im Interesse eines gehobenen Kommissionsniveaus gering zu halten.109 Diese letztere Motivation ist dabei umso ausgeprägter, je mehr das Letztanlegerpublikum gerade auf den börslichen Wertpapierhandel angewiesen ist und sich folglich durch eine Kollusion ökonomische Renten extrahieren lassen.110, 111 106 Vgl. zur grundsätzlichen Konvergenz von Emittenten- und Anlegerinteresse an möglichst niedrigen Sekundärmarkttransaktionskosten H. Schmidt, Börsenorganisation zum Schutze der Anleger, S. 70 f. 107 Vgl. hierzu nur Schlüter, Börsenhandelsrecht, B III 2, Rn. 180 ff. Ähnliches gilt im Übrigen auch in anderen (europäischen und außereuropäischen) Rechtsordnungen. So kommt es z. B. in Frankreich kraft Art. L 533-5 Code Monétaire Financier zu einer zwingende Delkrederehaftung der Wertpapierintermediäre, vgl. hierzu Bonneau/Drummond, Droit des Marchés Financiers, no. 913 ff., S. 695. Zur Lage in den USA vgl. Mahoney, Information Technology and the Organization of Securities Markets, S. 14. 108 Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (203); Scarpa, The theory of quality regulation and self-regulation, S. 236 (246). 109 Grundlegend Saloner, Self-Regulating Commodity Futures Exchanges, S. 261 (267 f.) sowie allgemein für berufliche Selbstregelungsorganisationen Shaked/Sutton, The Self-Regulating Profession, Rev Econ Stud 48 (1981), 217 (224). Vgl. auch Damrau, Selbstregulierung, S. 144; Di Noia, Customer-Controlled Firms, S. 173 (187); Mahoney, The Exchange as Regulator, Va L Rev 83 (1997) 1453 (1456); Pirrong, The organization of financial exchange markets, Journal of Financial Markets 2 (1999), 329 (349 ff.); ders., Theory of Financial Exchange Organization, S. 6; Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (203); Scarpa, The theory of quality regulation and self-regulation, S. 236 (246). Beispielhaft zur Zugangsbeschränkung bei der Londoner Börse etwa Michie, The London Stock Exchange, S. 199 ff. 110 Mahoney, The Exchange as Regulator, Va L Rev 83 (1997) 1453 (1456); Pirrong, Theory of Financial Exchange Organization, S. 6 sowie insbesondere zur Be-

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In Fragen des Börsenzugangs ist also die Mitentscheidung von Wertpapierintermediären problematisch, da deren Interesse tendenziell auf ein wohlfahrtswidrig zu hohes Regelungsniveau gerichtet ist. Zu betrachten ist nun die Zusammensetzung des Börsenrates und die hieraus folgende Durchsetzungsfähigkeit dieser Interessen in der Willensbildung: Zwar stellen die Wertpapierintermediäre mit der Gruppe der „Kreditinstitute einschließlich der Wertpapierhandelsbanken“ sowie den „sonstigen Finanzdienstleistungsunternehmen“ nur zwei der sieben Nutzergruppen, die gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007) im Börsenrat vertretenen sein müssen. Doch bestimmen die einschlägigen Länderverordnungen in Übereinstimmung mit § 10 Abs. 3 BörsG 2002 (= § 13 Abs. 4 BörsG 2007) die Gruppe der Kreditinstitute und Wertpapierhandelsbanken – also solcher Unternehmen, die zumindest auch im Bereich der traditionellen Wertpapierintermediation, namentlich dem Wertpapierkommissionsgeschäft tätig sind112 – hierbei durchweg zur zahlenmäßig stärksten Einzelgruppe im Börsenrat.113 Zwar dürfen die Vertreter der Kreditinstitute und Wertpapierhandelsbanken mitsamt den Vertretern der von ihnen abhängigen Unternehmen gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 1 S. 3 BörsG 2007) maximal die Hälfte der Mitglieder des Börsenrates stellen.114 Schon mit diesem dingung der Marktmacht S. 36 ff. Allgemein zu den Voraussetzungen einer erfolgreichen expliziten oder impliziten Kollusion Church/Ware, Industrial Organization, ch. 10, S. 306 ff. 111 Der Wertpapierhandel für eigene Rechnung, den die meisten Intermediäre parallel hierzu betreiben (vgl. Köndgen, Ownership and Corporate Governance of Stock Exchanges, JITE 154 (1998), 224 (236)) verteuert sich durch solchermaßen überhöhte Handelsteilnehmerzulassungsstandards hingegen nicht nennenswert: Die börslichen Zulassungsanforderungen und damit auch die Compliancekosten des Handelsteilnehmers variieren regelmäßig nicht danach, ob er ausschließlich als Intermediär tätig ist oder zusätzlich Geschäfte für eigene Rechnung tätigt, und anspruchsvollen Eigenkapitalanforderungen unterliegt der Handelsteilnehmer im letzteren Fall ohnehin schon aufgrund staatlicher Solvabilitätsregulierung. Im Übrigen kann sich auch insoweit für die bereits börsenzugelassenen Handelsteilnehmer eine Beschränkung des Zugangs zum börslichen Handel für potentielle Konkurrenten lohnen. 112 Vgl. § 1 Abs. 1 sowie § 1 Abs. 3d S. 3 KWG. 113 Vgl. etwa an der FWB: Gemäß § 1 hess. Verordnung über die Wahl der Börsenräte der Frankfurter Wertpapierbörse und der Eurex Deutschland werden 11 von 24 Sitzen allein durch die Kreditinstitute und Wertpapierhandelsbanken gewählt. An der Börse Berlin-Bremen: Gemäß § 1 Verordnung über die Wahl des Börsenrates der Börse Berlin-Bremen werden gar 12 der 24 Sitze von den Kreditinstituten besetzt, hinzu kommt ein Vertreter der Finanzdienstleistungsinstitute. An der Börse Düsseldorf: Gemäß § 2 Abs. 3 nrw. WahlVO werden 12 der 24 Sitze von den Kreditinstituten besetzt, es kommen 2 Vertreter der Finanzdienstleistungsinstitute hinzu. 114 Gemäß § 9 Abs. 1 S. 4 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 1 S. 4 BörsG 2007), eingeführt durch AnSVG von 2004, sind hiervon Ausnahmen zulässig. Mit dieser Norm soll es ermöglicht werden, dass an Börsen, die ausschließlich von einem professio-

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hälftigen Anteil kann aber jegliche den Intermediärsinteressen zuwiderlaufende Regelung verhindert werden. Zählt man außerdem die Vertreter der sonstigen mit Intermediationsdienstleistungen wie Abschlussvermittlung bzw. Eigenhandel i. S. d. § 1 Abs. 1a Nr. 2, Nr. 4 KWG befassten Institute hinzu, die keine Wertpapierhandelsbanken sind und mithin von der Obergrenze des § 9 Abs. 1 S. 3 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 1 S. 3 BörsG 2007) nicht erfasst werden,115 so können sich Intermediärsinteressen bei den Mehrheitsentscheidungen im Börsenrat jedenfalls durchsetzen.116 Der Mechanismus der binnenpluralen Mitentscheidung nach § 9 BörsG 2002 (= § 12 BörsG 2007) ist somit im Bereich der Zulassungsvoraussetzungen für Handelsteilnehmer nicht geeignet, das transaktionskostenoptimale Regelungsniveau hervorzubringen.117 bb) Regelung des eigentlichen Handelsgeschehens Die Regelung des eigentlichen Handelsgeschehens betrifft neben technischen Fragen wie Ordertypen und Matchingalgorithmen118 vor allem die sensiblen Materien der börseninternen Insider- und Manipulationsverbote sowie der Handelstransparenz als betrugserschwerende Metapflicht. Sämtliche privaten wie institutionellen Letztanleger sind von Tauschrenteneinbußen infolge betrügerischer Machenschaften wie Marktmanipulation nellen Publikum genutzt werden, den Anteil dieser Nutzergruppe unter Verzicht auf (Privat-)Anlegervertreter weiter zu erhöhen, vgl. RegE AnSVG BR-Drs. 341/04, S. 90. 115 Die Ansicht von Schwark-Schwark, § 9 BörsG Rn. 7, wonach sämtliche mit Wertpapierintermediationsdienstleistungen befasste Personen unabhängig von ihrer Eigenschaft als Kreditinstitut oder Wertpapierhandelsbank jedenfalls von dieser Obergrenze erfasst sein sollen, ist zwar rechtspolitisch wünschenswert, aber mit dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift unvereinbar, welcher mit „Wertpapierhandelsbanken“ auf einen in § 1 Abs. 3d S. 3 KWG legaldefinierten Begriff Bezug nimmt, der an die Eigenschaft als Kreditinstitut anknüpft und vom Begriff der „Wertpapierhandelsunternehmen“ im Sinne des § 1 Abs. 3 d S. 2 KWG (Eigenschaft als Kreditinstitut nicht erforderlich) eindeutig unterschieden wird. 116 Vgl. zum Mehrheitsprinzip im Börsenrat etwa § 8 Abs. 1 S. 2 FWB Börsenordnung; § 8 Abs. 1 S. 2 Börse Düsseldorf Börsenordnung. 117 Zweifelnd i. E. auch Damrau, Selbstregulierung, S. 143 ff., allerdings ohne die a. a. O. S. 86 f. angekündigte Analyse der anstaltsinternen Willensbildung unter Disaggregation der Interessengruppen vorzunehmen. 118 Zur Tauglichkeit der börsenratsinternen Willensbildung zur Wahl der effizientesten Regelungsalternative in Bezug auf diese Materien eingehend Damrau, Selbstregulierung, S.138 f., insbesondere S. 140, jedoch ohne klare Trennung der Situationen im börslichen Realtypus (mit möglichen Interessenverschiebungen infolge personeller Verflechtungen zwischen Anstalt und Trägerunternehmen) und im börsengesetzlichen Idealtypus.

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oder Insiderhandel betroffen und sind damit unmittelbare Nutznießer der diesbezüglichen Regelungsaktivität. Das Einfließen ihrer Interessen in die börsliche Willensbildung ist daher grundsätzlich richtig, doch zeigen sich unterschiedliche Regelungsniveaupräferenzen: Institutionelle Anleger wünschen aufgrund ihrer Marktkenntnis und daraus resultierender Selbstschutzfähigkeiten119 typischerweise ein deutlich niedrigeres Regelungsniveau als die Privatanleger.120 Das Problem ist also gerade die richtige Aggregation. Grundsätzlich nicht zu beanstanden ist aus den gleichen Gründen wie oben aa) die Mitentscheidung der Emittenten: Sie profitieren mittelbar von sinkenden Transaktionskosten für ihre Anleger und nehmen daher jedenfalls in Bezug auf die Regelung des eigentlichen Handelsgeschehens in der ratsinternen Willensbildung Anlegerinteressen wahr.121 Dabei hängt es vom an119

In bezug auf die Handelstransparenz kann als weiterer Grund für geringere Regelungsniveaupräferenzen hinzutreten, dass institutionelle Investoren den market impact ihrer Großorders zu vermeiden suchen und daher für solche Orders eine verzögerte Publikation wünschen, vgl. Davis/Steil, Institutional Investors, S. 408 f. Ob allein aus diesem in der Literatur meist angeführten Grund aber tatsächlich ein Interesse an erheblich reduzierter Handelstransparenz für sämtliche Großorders folgen kann, lässt sich wegen der mangelnden Differenzierbarkeit von informationsinduzierten und rein liquiditätsbedingten Orders und den daraus folgenden strategischen Problemen durchaus bezweifeln. 120 Hopt/Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (374); vgl. auch Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (551). Undifferenziert demgegenüber Kalss, Different Stock Exchange Interest Groups, S. 193 (198), die allen Investoren gleiche Regelungspräferenzen unterstellt. Das gilt jedoch allenfalls dann, wenn ein hohes Regelungsniveau auch für institutionelle Investoren mittelbar dadurch nutzbringend ist, dass diese von der verstärkten Anwesenheit von privaten Investoren profitieren. Auf diese mögliche Verquickung weist Pritchard, A Self-Regulatory Model for Securities Markets, S. 6 hin. Sie könnte vorliegen, wenn die Marktliquidität, wie u. a. von McInish, Capital Markets, S. 56 vorgetragen, vor allem durch die typischerweise limitierten Orders privater Anleger gefördert würde. Maßgeblich für die Liquidität des Marktes ist freilich vermutlich weniger die Orderart, als das Gesamtordervolumen, vgl. Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (179 f.), zu welchem Privatanleger nur in geringem Umfang beitragen. Zur dennoch möglichen Interessenkonvergenz institutioneller und privater Anleger in puncto Handelstransparenz vgl. allerdings unten 3 b) bb), S. 452 in Fn. 205. 121 Vgl. zur grundsätzlichen Interessenkonvergenz Fischel, Organized Exchanges, U Chicago L Rev 54 (1987), 119 (128 f.); Macey/O’Hara, Regulating Exchanges and Alternative Trading Systems, J Legal Stud 28 (1999), 17 (38); Kalss, Different Stock Exchange Interest Groups, S. 193 (197). Eine Einschränkung ist hier allerdings in Bezug auf die Insiderregulierung zu machen: Insiderwissen findet sich in ganz besonderem Maße bei den Angehörigen des Managements, die daher ein Interesse an möglichst laxer Insiderregulierung durch die Börsen haben können, vgl. Damrau, Selbstregulierung, S. 191. Da das Emittentenmanagement aber über das Abstimmungsverhalten in den Börsenratswahlen entscheidet, fließen in börsenratsinterne Willensbildung diesbezüglich als „Emittenteninteressen“ die vom Anlegerinteresse divergierenden Managementinteressen ein.

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visierten Anlegerpublikum eines Emittenten ab, für welches konkrete Regelungsniveau er sich einsetzt. Die angesprochene Aggregationsproblematik besteht somit auch unter Beteiligung der Emittenten an der Willensbildung unvermindert fort. Intermediäre tragen hingegen die wirtschaftlichen Folgen eines betrugsoder insiderbedingt schlechten Geschäftsabschlusses nicht, vielmehr treffen die Verluste die Letztanleger, für deren Rechnung gehandelt wurde. Freilich wünschen Intermediäre deshalb nicht etwa eine Null-Regelung, erteilen doch Letztanleger überhaupt nur dann Kommissionsaufträge, wenn die Wertpapieranlage abzüglich sämtlicher Transaktionsverluste rentabel bleibt.122 Auch reine Intermediäre sind daher an einem gewissen Regelungsniveau interessiert,123 doch besteht keine vollständige Konvergenz: Das Intermediärsinteresse ist nicht auf das kosten-anlegernutzen-optimale (und damit zugleich wohlfahrtsoptimale) Regelungsniveau gerichtet, sondern selbstverständlich nur auf ein Regelungsniveau, welches maximale Intermediationsgewinne ermöglicht.124 Im Grundsatz ist dies ein Regelungsniveau, welches gerade ausreicht, um die Wertpapieranlage unter Berücksichtigung sämtlicher Transaktionskosten marginal renditeträchtiger als alternative Anlageformen zu machen.125 Bei der Netto-Rendite der Wertpapieranlage ist jedoch auch deren Risikobehaftung, die zwischen den Wertpapieren verschiedener Emittenten sehr unterschiedlich sein kann, zu berücksichtigen und entsprechend zu diskontieren.126 Mit dem Sinken der Se122

Pritchard, A Self-Regulatory Model for Securities Markets, S. 2. Mues, Börse, S. 217; Pritchard, A Self-Regulatory Model for Securities Markets, S. 2. 124 Vgl. auch Weber/Gisinger/Bruchez, Die Schweizer Finanzmarktinfrastruktur und die Rolle des Staates, S. 89. 125 Sobald die Wertpapieranlage (unter Berücksichtigung der Transaktionskosten sowie unter – praktisch freilich nicht vollständig zu erzielender – zutreffender Diskontierung des Anlagerisikos) auch nur marginal rentierlicher als alternative Anlageformen ist, fließen zumindest bei Unterstellung eines völlig rationalen Anlegerverhaltens sämtliche anlagesuchenden Gelder in die Wertpapieranlage, sind doch sämtliche zins-/renditetragenden Anlageformen für Anleger grundsätzlich perfekte Substitute, vgl. Varian, Grundzüge der Mikroökonomik, 11.1 ff. S. 192 ff.; vgl. auch Mahoney, The Exchange as Regulator, Va L Rev 83 (1997) 1453 (1457 f.) sowie zur Nachfragekurve bei perfekten Substituten nur Varian, a. a. O., S. 101. Auch soll vereinfachend angenommen werden, dass der Transaktionsbedarf eines Anlegers, der sich erst einmal zur Wertpapieranlage entschlossen hat, exogen bestimmt ist und mit den expliziten und impliziten Transaktionskosten nur noch unbedeutend variiert. Damit ist unter der Bedingung beschränkter Handelsalternativen das größtmögliche Auftragsvolumen für Intermediäre gesichert. Vgl. zu diesem Zusammenhang auch Steil, Changes in the Ownership and Governance of Exchanges, BWP Fin Serv 2002, 61 (65). 126 Vgl. nur Spremann/Gantenbein, Kapitalmärkte, S. 74 ff. 123

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kundärmarkttransaktionskosten werden also auch immer risikoträchtigere Investments attraktiv, so dass sich der Kapitalprimärmarkt mit der Folge eines entsprechend steigenden Sekundärhandelsbedarfs ausweiten kann. Deshalb ist im Grundsatz anzunehmen, dass auch den Intermediären im Interesse eines steigenden Auftragsvolumens an einer weitestmöglichen Senkung der Transaktionskosten gelegen ist.127 Indes gilt etwas anderes, wenn es den Intermediären kartellierungsbedingt möglich ist, Monopolpreise durchzusetzen und hierdurch maximale Intermediationsgewinne schon bei einem geringeren Auftragsvolumen zu erzielen.128 Dabei ist die Wahrscheinlichkeit einer (impliziten) Kollusion umso höher, je weniger die Letztanleger auf intermediationsfreie Handelsformen ausweichen können und je geringer – etwa aufgrund hoher Zugangsschranken – die Zahl börsenzugelassener Intermediäre ist.129 Beiden Bedingungen leistet aber, wie soeben unter aa) gezeigt, das System der intermediärsdominierten binnenpluralen Mitbestimmung Vorschub. Es ist mithin anzunehmen, dass Intermediäre in der anstaltlichen Willensbildung ein Regelungsniveau präferieren, das jedenfalls deutlich unterhalb des von Privatanlegern bevorzugten Niveaus liegt.130 Den Börsenrat dominieren nun die unmittelbaren Handelsteilnehmer, welche fünf der sieben gesetzlich zu beteiligenden Nutzergruppen stellen und nach den Länderverordnungen zur Börsenratswahl insgesamt rund zwei Drittel der Börsenratsmitglieder wählen.131 Ihrer Tätigkeit nach sind sie In127 So i. E. Fischel, Organized Exchanges, U Chicago L Rev 54 (1987), 119 (122 f.); Fischel/Grossman, Customer Protection in Futures and Securities Markets, Journal of Futures Markets 4 (1984), 273 (290 ff.); Macey/O’Hara, Regulating Exchanges and Alternative Trading Systems, J Legal Stud 28 (1999), 17 (19); Mahoney, The Exchange as Regulator, Va L Rev 83 (1997) 1453 (1457 f.) sowie offenbar auch Pritchard, A Self-Regulatory Model for Securities Markets, S. 6 sowie ders., Markets as Monitors, Va L Rev 85 (1999), 925 (966 ff.). 128 Pirrong, Theory of Financial Exchange Organization, S. 31, S. 36 ff.; vgl. auch Steil, Changes in the Ownership and Governance of Exchanges, BWP Fin Serv 2002, 61 (65). Allg. zur gewinnmaximierenden Produktionsmenge eines Monopolisten (bzw. eines erfolgreichen Mengen- oder Preiskartells) Church/Ware, Industrial Organization, S. 32 ff. 129 Vgl. Pirrong, Theory of Financial Exchange Organization, S. 36 ff., dort S. 39 f. auch differenzierend zu den Umständen, unter welchen es zum Kommissionenkartell oder eher zu einer suboptimalen Handelsregelung bzw. einer Kombination beider Instrumente kommt. Vgl. allg. zu den Voraussetzungen erfolgreicher Kartellierung Church/Ware, Industrial Organization, ch. 10, S. 305 ff. 130 Vgl. Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 170; Steil, Changes in the Ownership and Governance of Exchanges, BWP Fin Serv 2002, 61 (65). Weitergehend Scarpa, The theory of quality regulation and self-regulation, S. 236 (247): Präferenz für ein wohlfahrts-suboptimales Regelungsniveau. 131 An der FWB machen die Handelsteilnehmer 16 der 24 Börsenratsmitglieder aus, die restlichen acht sind Emittenten- und Privatanlegervertreter, vgl. § 1 VO

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termediäre und/oder institutionelle Investoren. In beiden Fällen ziehen sie ein Regelungsniveau vor, das deutlich unterhalb der Präferenzen der Privatanleger liegt. Deren Präferenzen können, auch wenn sie von Emittentenvertretern mitverfochten werden sollten, von den Handelsteilnehmern vollständig majorisiert werden und finden damit im Ergebnis in der ratsinternen Willensbildung keinerlei Niederschlag.132 Auch die Tatsache, dass der Börsenrat für mehrere Regelungsgebiete zuständig ist, und die dadurch theoretisch eröffnete Möglichkeit politischer Tauschgeschäfte zwischen Interessengruppen133 ändert hieran nichts. Denn die mit komfortablen Mehrheiten ausgestatteten Handelsteilnehmer bedürfen in keinem Bereich der Unterstützung durch Privatanleger oder Emittenten zur Durchsetzung ihrer Präferenzen.134 Es lässt sich damit feststellen, dass der anstaltliche Willensbildungsmechanismus im Bereich der eigentlichen Handelsregelung typischerweise zu einem zu niedrigen Regelungsniveau führt.135 Dieses äußert sich in zu laxen Manipulations- und Insiderverboten und Transparenzpflichten, vor allem aber in einer defizitären Überwachung und Durchsetzung, da gerade diese die hohen Regelungskosten erzeugt, welche die professionellen Kapitalmarktteilnehmer vermeiden wollen.136 über die Wahl der Börsenräte der Frankfurter Wertpapierbörse und der Eurex Deutschland. 132 Köndgen, Ownership and Corporate Governance of Stock Exchanges, JITE 154 (1998), 224 (249). Vgl. allgemein zu dieser Auswirkung des Mehrheitsprinzips Ogus, Regulation, S. 59 f. 133 Sog. logrolling, vgl. im Überblick hierzu Ogus, Regulation, S. 61 f.; sowie näher Buchanan/Tullock, The Calculus of Consent, S. 120 ff., insbesondere S. 131 ff. 134 Vgl. zu dieser Voraussetzung des logrolling vgl. nur Ogus, Regulation, S. 61. 135 Vgl. kritisch zum Regelungsniveau, das die von Intermediärsinteressen dominierte Selbstregelung hinsichtlich des Handelsgeschehens hervorbringen kann Deutsche Bundesbank, Regulierung von Wertpapiermärkten, Monatsbericht Januar 2006, S. 37 (42); Pirrong, Theory of Financial Exchange Organization, S. 36 ff., S. 42 (im Falle fehlenden Interbörsenwettbewerbs bzw. fehlender Handelsalternativen für Letztanleger hohe Wahrscheinlichkeit für gesamtökonomisch ineffizientes Regelungsniveau). Kritisch insbesondere in punkto Handelstransparenz auch Schwark, Anlegerschutz durch Wirtschaftsrecht, S. 236 f. In bezug auf die Handelstransparenz im Ergebnis ebenso pessimistisch Damrau, Selbstregulierung, S. 142, der freilich a. a. O., S. 188 ff. in Bezug auf die börsliche Insiderregulierung durchaus die Hervorbringung wohlfahrtsoptimaler Ergebnisse annimmt. In beiden Fällen gelangt der Autor zu diesen Ergebnissen allerdings ohne die von ihm selbst (a. a. O., S. 86 f.) für erforderlich gehaltene Detailanalyse der Interessenkonstellationen im Börsenrat. 136 Di Noia, Customer-Controlled Firms, S. 173 (187 f.); vgl. auch Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 171; Scarpa, The theory of quality regulation and self-regulation, S. 236 (254). Ein historischer Beleg kann darin gesehen werden, dass vor Schaffung des aufsichtsbehördlich vollzogenen Insiderhandelsverbots im 2. FMFG Fälle von

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cc) Emittentenpflichten Die börsliche Emittentenregelung besteht, neben gewissen Mindestvorgaben für Unternehmensgröße, Emissionsvolumen und freie Handelbarkeit der Wertpapiere, im Kern aus den anfänglichen und laufenden Publizitätspflichten der Emittenten. Diese Publizitätspflichten haben regelungstheoretisch betrachtet eine Doppelfunktion: Zum einen dienen sie der Preisbildungseffizienz und damit der Betrugsverhinderung im Rahmen von Sekundärmarkttransaktionen.137 Zugleich lassen sich Publizitätspflichten aber auch als Metapflichten zum Schutz der Anleger im Rahmen der Primärmarkttransaktion mit dem Emittenten verstehen.138 Auch in diesem Verhältnis – einem Dauerschuldverhältnis aus Eigenkapitalzufuhr gegen das Versprechen künftiger Dividendenzahlungen – droht eine opportunistische Übervorteilung der Anleger durch den Emittenten, etwa in Form überhöhter Ausgabepreise oder zu niedriger Dividenden, wie sie aus Misswirtschaft mit dem Unternehmenskapital oder gezielter Verschleierung und Veruntreuung von Unternehmensgewinnen durch das Management resultieren können.139 Auch gegen diese Übervorteilungsgefahren sind die Publizitätspflichten der Emittenten gerichtet.140 Dem gleichen Zweck können überdies börsliche Corporate-Governance-Regeln dienen.141 Jedoch regeln sie, sofern überhaupt vorhanden,142 nur die Primärmarkttransaktion und haben keinerInsiderhandel oder Marktmanipulation, die freilich auch in Abwesenheit einer ausdrücklichen Regelung mit einem ordnungemäßen Handelsgeschehen unvereinbar und daher de jure von den Börsenorganen zu ahnden waren, vgl. nur Schröder, Wertpapierhandelsaufsicht, S. 47 f. m. w. N., in der Praxis nicht verfolgt wurden, vgl. Schulte, Die Regulierung der deutschen Effektenbörsen, S. 180 ff. Vgl. auch zu den eklatanten Vollzugsdefiziten börseneigener Marktmissbrauchsregeln bei den ehedem intermediärgenossenschaftlich organisierten amerikanischen Börsen NYSE und Nasdaq Steil, Changes in the Ownership and Governance of Exchanges, BWP Fin Serv 2002, 61 (74 f.). 137 Siehe zu dieser Funktion schon eingangs unter Teil 1, Abschnitt 1, B. III. 3., S. 49. 138 Mues, Börse, S. 200 f. 139 Vgl. nur Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 20 f. m. w. N. Zum moral hazard des Kapitalnehmers als Anlagerisiko siehe auch schon eingangs Teil 1, Abschnitt 1, B. II., S. 44. 140 Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 122 sieht hierin sogar die primäre Funktion der Publizitätspflichten. 141 Vgl. Damrau, Selbstregulierung, S. 166 ff.; Macey/Kanda, The Stock Exchange as a Firm, Cornell L Rev 75 (1990), 1007 (1022 f.). 142 Corporate-Governance-Regeln finden sich grundsätzlich im jeweiligen Gesellschaftsrecht einer Rechtsordnung. Weitergehende Corporate-Governance-Regeln für börsenzugelassene Emittenten bestehen im deutschen Recht gegenwärtig nur im Corporate-Governance-Kodex, der allerdings nur der Erklärungspflicht des § 161 AktG unterliegt und damit fakultativen Charakter hat, vgl. hierzu Ringleb/Kremer/

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lei vertragsschützende Funktion in Bezug auf die Sekundärmarkttransaktion, weshalb sie außerhalb der eigentlichen Börsendienstleistung liegen.143 Die Untersuchung beschränkt sich daher auf die Regelung der Emittentenpublizität, welche allerdings aufgrund ihrer Doppelfunktion die Interessen der im Börsenrat mitentscheidenden Kapitalmarktteilnehmergruppen in mehrfacher Weise berührt: Privatanleger bedürfen sowohl unter dem Aspekt des Übervorteilungsschutzes im Rahmen der Primär- wie auch der Sekundärmarkttransaktion eines hohen Regelungsniveaus. Ihr Interesse richtet sich daher auf vergleichsweise dichte Publizitätspflichten und einen stringenten Vollzug. Auch institutionelle Investoren bedürfen grundsätzlich unter beiden Aspekten dieses Schutzes. Jedoch sind aufgrund ihrer Marktkenntnis sowohl die Fähigkeiten zur richtigen Bewertung eines Wertpapiers wie auch zum Selbstschutz gegen Übervorteilung durch das Emittentenmanagement ausgeprägter, weshalb sie ein deutlich geringeres Regelungsniveau präferieren.144 Reine Intermediäre sind demgegenüber unter beiden Gesichtspunkten nicht schutzbedürftig, aber zum Erhalt ihres Auftragsvolumens auch insoweit an einem gewissen Mindestregelungsniveau interessiert.145 Ambivalent ist hingegen die Interessenlage der Emittenten: Als mittelbare Nutznießer sinkender Sekundärmarkttransaktionskosten müssten Emittenten theoretisch wie Letztanleger an einem gehobenen Regelungsniveau interesLutter/von Werder, Deutscher Corporate Governance Kodex, Rn. 104. Eine größere Rolle spielen Corporate-Governance-Regeln etwa in den USA, vgl. Pritchard, A Self-Regulatory Model for Securities Markets, S. 9. 143 Vgl. Fischel, Organized Exchanges, U Chicago L Rev 54 (1987), 119 (122). Kritisch zur Frage, ob Börsen in diesem Annex-Bereich einen ausreichenden Regelungsanreiz haben können Pritchard, A Self-Regulatory Model for Securities Markets, S. 9. Eine eingehende Untersuchung der börslichen Corporate-Governance-Regelung findet sich bei Damrau, Selbstregulierung, S. 166 ff. 144 Vgl. Choi, Regulating Investors not Issuers, Cal L Rev 88 (2000), 279 (282). Zur vergleichbaren Situation in Bezug auf Terminkontrakte Pirrong, Theory of Financial Exchange Organization, S. 31: Präferenz institutioneller Investoren für weniger strenge Produktregelung aufgrund Selbstschutzfähigkeit. 145 Vgl. soeben unter bb), S. 436 f. Siehe auch Kahan, Some Problems with Stock Exchange Based Securities Regulation, Va L Rev 83 (1997), 1509 (1512 f.), der den Intermediären auf Basis der – allerdings durchaus zweifelhaften – These, dass eine ineffiziente Preisbildung das Handelsvolumen erhöhe, sogar ein gezieltes Interesse an suboptimaler Emittentenpublizität unterstellt. Optimistischer hingegen Mahoney, The Exchange as Regulator, Va L Rev 83 (1997) 1453, (1459), der den reinen Intermediären eine identische Interessenlage wie den von ihnen bedienten Letztanlegern zuschreibt, dabei allerdings außer Acht lassend, dass die Intermediäre ihren Gewinn schon bei einem niedrigeren als dem anlegergerechten Regelungsniveau maximieren können; i. E. ebenso Pritchard, Markets as Monitors, Va L Rev 85 (1999), 925 (972 f.) ohne nähere Begründung.

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siert sein.146 Indes macht der Doppelcharakter der Publizitätspflichten hier eine nähere Betrachtung der Binnenstrukturen des Emittenten unerlässlich.147 Diese zeigt, dass es den Emittenten als solchen nicht gibt und sich die Kapitalgesellschaft vielmehr als Nexus von Verträgen zwischen Anlegern, Management und Gläubigern darstellt.148 In bezug auf die Primärmarkttransaktion stehen sich als Transaktionspartner Anleger und Management gegenüber, und die Publizitätspflichten des Emittenten sind insoweit gegen die opportunistische Verfolgung wirtschaftlicher Eigeninteressen durch das Management gerichtete betrugserschwerende Metapflichten. Das Management selbst ist daher an möglichst geringer Transparenz interessiert;149 allenfalls am Erhalt eines Regelungsniveaus, welches die Wertpapieranlage gerade marginal ertragreicher als alternative Anlageformen hält und damit die Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt ermöglicht, ist ein Eigeninteresse des Managements vorstellbar, aber keineswegs erwiesen.150 Die Präferenzen des Emittentenmanagements richten sich mithin bestenfalls auf ein ähnlich niedriges Regelungsniveau wie diejenigen der reinen Intermediäre. Nun entscheidet über das Abstimmungsverhalten der Emittenten in den Börsenratswahlen ausschließlich das jeweilige Emittentenmanagement,151 so dass in die ratsinterne Willensbildung de facto nur Managementinteressen einfließen. 146 Dezidiert in diesem Sinne Fischel, Organized Exchanges, U Chicago L Rev 54 (1987), 119 (128 f.); Pritchard, A Self-Regulatory Model for Securities Markets, S. 6. Auf Basis dieser Argumentation ließe sich sogar annehmen, dass es gar keiner hierarchischen (börslichen oder unmittelbar-staatlichen) Emittentenpublizitätsregulierung bedürfte, sondern man sich gänzlich auf die freiwillige Publizität der Emittenten verlassen könnte. Eingehend zu dieser Argumentationslinie und zum Diskussionsstand Damrau, Selbstregulierung, S. 149 ff. 147 Diese Binnenstrukturen lässt Fischel, Organized Exchanges, U Chicago L Rev 54 (1987), 119 (128 f.) außer Acht und setzt das Management einer Kapitalgesellschaft ohne weiteres mit „dem Unternehmer“ und Emittenten gleich. 148 Vgl. Voigt, Institutionenökonomik, S. 98 ff.; grundlegend Alchian/Demsetz, Production, Information Costs, and Economic Organization, American Economic Review 72 (1972), 777 ff. 149 Damrau, Selbstregulierung, S. 154; Fox, Retaining Mandatory Securities Disclosure, S. 16 f.; Kahan, Some Problems with Stock Exchange Based Securities Regulation, Va L Rev 83 (1997), 1509 (1511 f.); Mues, Börse, S. 201. Differenzierend Pritchard, A Self-Regulatory Model for Securities Markets, S. 20 f., sowie ders., Markets as Monitors, Va L Rev 85 (1999), 925 (969 f.), der ein Interesse des Managements an suboptimalen Emittentenstandards und -durchsetzung nur in postIPO-Situationen für möglich hält; ähnlich Choi, Regulating Investors not Issuers, Cal L Rev 88 (2000), 279 (288 f.). 150 Vgl. zur Frage, inwieweit das Emittentenmanagement ein Eigeninteresse an zutreffender Unternehmenspublizität haben kann Damrau, Selbstregulierung, S. 154 f.; Prentice, Whither Securities Regulation?, Duke L J 51 (2002), 1397 (1416 ff.).

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Aufgrund der Dominanz der Handelsteilnehmer und Emittenten im Börsenrat – sie machen zusammen sechs der insgesamt sieben gesetzlich zur Mitbestimmung im Börsenrat berufenen Gruppen aus und stellen in der praktischen Ausgestaltung durch die Länderverordnungen über zwei Drittel der Börsenratsmitglieder152 – kann das Anlegerinteresse an einem gehobenen Regelungsniveau vollständig majorisiert werden und findet damit regelmäßig keinerlei Niederschlag in der börsenratsinternen Willensbildung. Ohne dass hier Aussagen darüber möglich wären, welche Regelungsniveaupräferenzen sich im Ergebnis durchsetzen, lässt sich jedenfalls feststellen, dass der anstaltliche Willensbildungsmechanismus die Aufgabe der richtigen Aggregation der Nutzerpräferenzen nicht leisten kann und typischerweise zu einem zu niedrigen Niveau der Emittentenpublizitätsregelung führt, das sich vor allem in einem laxen börslichen Vollzug bestehender Regeln äußern wird.153 3. Eignung einer hypothetischen privat-wettbewerblichen Börsenstruktur zur Gewähr der Regelungsqualität

a) Das Problem der Effektivität privater Regelwerke und Sanktionsakte Ist der Börsenbetreiber ein Privatrechtssubjekt, so werden die Börsenregelwerke als Allgemeine Geschäftsbedingungen erstellt154 und sie erlangen Wirkung durch die Einbeziehung in die Börsennutzungsverträge der 151

Die Ausübung des Stimmrechts ist eine Aufgabe der Geschäftsführung, die §§ 76, 77 AktG dem Vorstand in eigener Verantwortung zuweist, vgl. allg. MüKoHefermehl/Spindler, § 77 AktG Rn. 1. Vgl. im Übrigen auch § 10 Abs. 3 VO über die Wahl der Börsenräte der Frankfurter Wertpapierbörse und der Eurex Deutschland. 152 So z. B. an der FWB 22 der insgesamt 24 Börsenratsmitglieder, vgl. § 1 VO über die Wahl der Börsenräte der Frankfurter Wertpapierbörse und der Eurex Deutschland. 153 Vgl. auch kritisch zu dem Regelungs- und Vollzugsniveau, das die Selbstregelung durch die seinerzeit genossenschaftlich strukturierte und von Intermediärsinteressen dominierte NYSE in punkto Emittentenpflichten hervorgebracht hat Prentice, Whither Securities Regulation?, Duke L J 51 (2002), 1397 (1434 ff.). 154 Blumentritt, Börse, S. 193 f. Vgl. ebenso zur Rechtsnatur der Freiverkehrsrichtlinien Primary Markets Arbitration Panel, BKR 2001, 153 (156); Augsberg, Rechtsetzung, S. 266 ff.; Bachmann, Regelwerk und Rechtsgeschäft, WM 2001, 1793 (1795 f.); Mues, Börse, S. 206; Plückelmann, Der Neue Markt der Deutsche Börse AG, S. 145 f.; Wolf, Ausschluss vom Neuen Markt, WM 2001, 1785 (1786). Auch Dehlinger, Vertragliche Marktsegmentregulierung an Wertpapierbörsen, S. 100 ff., allerdings beschränkt auf die emittentenbezogenen Regelungen der Freiverkehrsrichtlinien.

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Handelsteilnehmer und Emittenten.155 Ihr Geltungsgrund ist also der privatautonome Vertragskonsens.156 Probleme können sich hieraus im Falle eines späteren Anpassungsbedarfs ergeben, erfordert die Einheitlichkeit der Regelgeltung gegenüber sämtlichen Nutzern doch praktisch ein einseitiges Änderungsrecht des Börsenbetreibers. Ein solches lässt das deutsche Privatrecht nach § 315 BGB indes durchaus zu, sofern es vertraglich wirksam vorbehalten wurde und sich die jeweiligen Änderungen im Rahmen der Billigkeit halten. Der Änderungsvorbehalt erfolgt typischerweise in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen selbst. Seine Wirksamkeit beurteilt sich deshalb nach § 307 BGB, wobei auch im Rahmen der Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen zwischen Unternehmern im Sinne des § 14 BGB (Börsenbetreiber einerseits, Handelsteilnehmer und Emittenten andererseits) die grundsätzliche Wertung des § 308 Nr. 4 BGB Berücksichtigung zu finden hat. Jedoch ist hiernach sogar eine Änderung der Hauptleistungspflichten möglich, wenn und soweit sie unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist.157 Trotz ihrer grundsätzlich sehr kritischen Haltung zu Änderungsvorbehalten nimmt die Rechtsprechung bei der erforderlichen Wertungsentscheidung durchaus Rücksicht auf die Besonderheiten des betroffenen Vertragsverhältnisses, namentlich auf die Frage, inwieweit eine Befugnis zur Regelanpassung angesichts veränderlicher Umfeldbedingungen funktionsnotwendig ist.158 Daneben wird geprüft, ob durch die bloße spätere Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB159 einer Übervorteilung der anderen Seite wirksam vorgebeugt 155 Hierzulande also gemäß § 305 BGB. Vgl. eingehend zur insoweit vergleichbaren Situation bei Online-Handelsplattformen Burgard, Online-Marktordnung und Inhaltskontrolle, WM 2001, 2102 (2105 ff.). 156 Die Anerkennung, die dieser Vertragskonsens durch das jeweilige staatlich gesetzte Privatrecht erfährt – dem Vertrag wird die zivilrechtliche Wirksamkeit zuerkannt und für daraus resultierende Ansprüche wird die Klagemöglichkeit vor staatlichen Zivilgerichten eröffnet – ist derjenige Nexus, mit dem private Regelungen ihre im weiteren Sinne „rechtliche“ Verbindlichkeit erlangen, vgl. Augsberg, Rechtsetzung, S. 26 ff.; Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 52 f. 157 Näher Ulmer/Brandner/Hensen-Schmidt, § 308 Nr. 4 BGB Rn. 9. Zwar findet § 308 Nr. 4 BGB nach seinem Wortlaut und wohl überwiegender Ansicht nur Anwendung, wenn es um einseitige Änderungen der Leistung des Verwenders geht, Ulmer/Brandner/Hensen-Schmidt, a. a. O. Rn. 4 m. w. N. Indes ist zu beachten, dass im Börsenwesen eine klare Trennung zwischen Leistung des Verwenders (= Börsenbetreibers) und des anderen Teils (= Handelsteilnehmer, Emittenten) nicht möglich ist, so dass die Verhaltensregeln, unter deren Einhaltung die Börsennutzung möglich ist, durchaus als Modalitäten der Leistungserbringung des Börsenbetreibers angesehen werden können. 158 BGH WM 1999, 2545 (2547); BGH NJW 1991, 2559 (2563 f.). Vgl. auch Ulmer/Brandner/Hensen-Schmidt, § 308 Nr. 4 BGB Rn. 9. 159 Zu einer solchen Billigkeitskontrolle einseitiger Regeländerungen im Börsenwesen vgl. etwa LG Frankfurt am Main, BKR 2001, 109 (111 f.).

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werden kann.160 Die Funktionsnotwendigkeit einseitiger Änderungsbefugnisse hat die Rechtsprechung beispielsweise in Bezug auf die Allgemeinen Bausparbedingungen bejaht und hierbei vor allem den zugrundeliegenden „Kollektivgedanken“ betont.161 Noch mehr muss das im Börsenwesen gelten, wo die allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht nur das bilaterale Verhältnis von Verwender und Kunde regeln, sondern zugleich die Grundlage der Wertpapiersekundärtransaktionen zwischen den Handelsteilnehmern bilden.162 In einer privat-wettbewerblichen Börsenordnung – es sei daran erinnert, dass beide Strukturmerkmale typusbedingt miteinander einhergehen – würde die Möglichkeit der Nutzung konkurrierender Börsen und alternativer Handelsformen überdies zum erforderlichen Übervorteilungsschutz beitragen. Es kann daher erwartet werden, dass sich die Rechtsprechung der Erforderlichkeit einseitiger, durch AGB eingefügter Änderungsvorbehalte – natürlich unter Präzision von Voraussetzungen, Grund und Zielrichtung möglicher Änderungen163 sowie gegebenenfalls unter Einräumung von Sonderkündigungsrechten für den Änderungsfall164 – nicht verschließen würde,165 wären doch sonst auch sämtliche Formen privat organisierter Märkte außerhalb des Börsenwesens wie z. B. ebay oder B2B-Plattformen unter deutschem Recht praktisch nicht realisierbar. Erforderlich ist auf dieser Basis des Weiteren eine effektive Möglichkeit zur Überwachung und Sanktion von Regelverstößen. Auch die hierzu erforderlichen Maßnahmen müssen im Falle privater Börsenbetreiberschaft in den jeweiligen Nutzungsverträgen fundiert sein. Insbesondere die Über160 Vgl. MüKo-Gottwald, § 315 BGB Rn. 20; Ulmer/Brandner/Hensen-Schmidt, § 308 Nr. 4 BGB Rn. 9; Wolf/Horn/Lindacher-Horn, AGBG, § 23 Rn. 459; Freund, Die Änderung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in bestehenden Verträgen, S. 136; Bachmann, Regelwerk und Rechtsgeschäft, WM 2001, 1793 (1796 f.). 161 BGH NJW 1991, 2559 (2563 f.). 162 Augsberg, Rechtsetzung, S. 273; Bachmann, Regelwerk und Rechtsgeschäft, WM 2001, 1793 (1797). 163 Siehe nur BGH WM 1999, 2545 (2547). 164 Vgl. zu diesem Erfordernis Wolf, Der Ausschluss vom Neuen Markt und die Aufnahme von Ausschlussgründen in das Regelwerk Neuer Markt, WM 2001, 1785 (1791). 165 Die Zulässigkeit des Änderungsvorbehalts befürwortend Augsberg, Rechtsetzung, S. 273 ff.; Bachmann, Regelwerk und Rechtsgeschäft, WM 2001, 1793 (1797); Hellwig, Börsenreform, ZGR 1999, 781 (792); Merkt, Gutachten 64. DJT, G 85; Mues, Börse, S. 163; Segna, Rechtsform, ZBB 1999, 144 (150 f.). Im Ergebnis ebenso Claussen, Rechtsform, ZBB 2000, 1 (8). Unter der Voraussetzung tatbestandlicher Konkretisierung der möglichen Änderungsgründe in der Änderungsklausel wohl auch Primary Markets Arbitration Panel, BKR 2001, 153 (157) – A. A. Blumentritt, Börse, S. 197 ff.; Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 156 ff.; Römermann/ Schröder, Der Ausschluss sogenannter „Penny Stocks“ vom Neuen Markt, BKR 2001, 83 (85).

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wachungsbefugnisse (elektronische Überwachung und Auswertung der Handelsdaten), die Informationsrechte des Börsenbetreibers im Verdachtsfall (Auskunft, Dokumentenvorlage) sowie eventuelle Eilbefugnisse im Falle von bevorstehenden Verstößen (Untersagung bestimmter Geschäfte) müssen hierzu vertraglich ausdrücklich ausbedungen sein.166 Aber auch die Leistungsstörungsrechte, die im Falle eines festgestellten Regelbruchs schon das allgemeine Schuldrecht gewähren würde,167 werden typischerweise vertraglich besonders ausgestaltet und ergänzt, so dass dem Börsenbetreiber ein nach Intensität des Regelverstoßes gestaffeltes und formalisiertes Sanktionsinstrumentarium zusteht.168 So werden für den Fall eines „normal“ schweren Regelverstoßes regelmäßig feste Ordnungsgelder vereinbart,169 was sich 166 Im Einzelnen zu möglichen Ausgestaltungen und deren Effektivität Mues, Börse, S. 218; zustimmend Köndgen, Besprechung von Hopt/Baum/Rudolph (Hrsg.), Börsenreform, ZHR 164 (2000), 648 (653); ähnlich Hellwig, Börsenreform, ZGR 1999, 781 (792). Kritisch hierzu, aber m. E. unter Missdeutung der Mues’schen Argumentation Blumentritt, Börse, S. 287 f. Grundsätzlich die Tauglichkeit rein privatvertraglich basierter Kontroll- und Ermittlungsrechte bejahend demgegenüber offenbar auch Hopt/Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (415 f. und 447), die das Erfordernis der Beleihung nur für die Schaffung einer börsenexternen gemeinsamen Zulassungs- und Handelsüberwachungsstelle diskutieren. Zu beachten ist hierbei, dass sich die gegenwärtigen hoheitlichen Ermittlungsbefugnisse über die (ohnehin jederzeit mögliche) elektronische Auswertung der Kursverläufe im Wesentlichen nur auf Auskunftsansprüche und ggf. die Dokumentenvorlage erstrecken; von dem der Handelsüberwachungsstelle nach gegenwärtiger Rechtslage zustehenden Betretungsrecht ist, soweit ersichtlich, nie Gebrauch gemacht worden, jedenfalls berichtet die Literatur keinen einzigen Anwendungsfall. In gravierenden Verdachtsfällen scheint durchweg nur eine Meldung an die BaFin zu erfolgen, die dann die Ermittlungen durchführt. Vgl. hierzu etwa die Kommentierung bei Schwark-Beck, § 4 BörsG Rn. 14 i. V. m. § 2 BörsG Rn. 13 ff.; Groß, § 4 BörsG Rn. 4 i. V. m. § 2 BörsG Rn. 12 f.; siehe auch Mues, Börse, S. 218, der als praxisrelevante Befugnisse der Handelsüberwachungsstelle von vornherein nur die Auskunfts- und Dokumentenvorlageverlangen ansieht. Im Übrigen könnte auch ein Betretensrecht der Börse privatvertraglich vereinbart werden (vgl. nur Nr. 2010.6 LSE Rules; Nr. 9201/1 (ii) Euronext Rule Book – Book I) und wäre überdies mangels Territorialitätsproblemen im Ausland leichter realisierbar, als ein hoheitliches Betretungsrecht, vgl. Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, S. 19 (31 f.). 167 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung nach § 280 BGB. Vgl. zur Anwendbarkeit des allgemein-schuldrechtlichen Instrumentariums auf den Börsennutzungsvertrag unter britischem Recht Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (31). 168 Vgl. etwa bei den privatrechtlichen Börsen in Großbritannien allg. Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (31); zum gestaffelten Sanktionsinstrumentarium der LSE siehe Section C LSE Rules, zum ebenso privatvertraglich fundierten Sanktionsinstrumentarium an der Euronext siehe Chapter 9 Euronext Rule Book – Book I. 169 Vgl. etwa Nr. C100 ff. LSE Rules; Nr. 9301/1 (ii) (a) Euronext Rule Book – Book I.

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aus privatrechtlicher Sicht als Vertragsstrafeversprechen nach § 339 S. 2 BGB darstellt.170 Entsprechende Ansprüche können im Nichtleistungsfall zivilgerichtlich durchgesetzt werden, wobei als Gerichtsstand nach Art. 23 EuGVO171 bzw. Art. 17 des Luganer Übereinkommens172 auch gegenüber Nutzern im EU-/EWR-Ausland unproblematisch der Sitz des Börsenbetreibers vereinbart werden kann.173 Die gerichtliche Durchsetzung ist dabei im Inland etwas schwerfälliger als eine Durchsetzung im Wege des Verwaltungszwangs.174 Gegenüber ausländischen Handelsteilnehmern besteht hingegen der Vorteil, dass Vollstreckungshilfe in Zivil- und Handelssachen namentlich innerhalb Europas zwischenzeitlich einfacher zu erlangen ist als die Amtshilfe in Verwaltungsangelegenheiten.175 Praktisch kann das Problem durch eine Vollstreckung in eine besondere Sicherheitsleistung des 170 Vgl. etwa Palandt-Grüneberg, Vorb v § 339 BGB Rn. 1; vgl. zu den „Geldstrafen“ für Regelwerksverletzungen durch Emittenten im seinerzeitigen Neuen Markt ebenso Primary Markets Arbitration Panel, BKR 2001, 153 (154). 171 Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. 2000 L 236/03, S. 715. 172 Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen v. 16. September 1988, BGBl. 1994 II S. 2660. 173 Zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen der Gerichtsstandsvereinbarung näher Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht, Art. 23 EuGVO Rn. 23 ff. 174 Vgl. Hessische Börsenaufsichtsbehörde, Stellungnahme, sub A II b). Praktisch mögen die Unterschiede indes weniger gravierend sein, geht es doch um Geldforderungen, so dass für die Titulierung der privatvertraglichen Forderungen das Mahnbescheidsverfahren offen steht. Die Vollstreckung selbst erfolgt nach dem achten Buch der ZPO und damit im Ergebnis sehr ähnlich wie die Verwaltungsvollstreckung von Geldforderungen, vgl. § 5 VwVG (i. V. m. §§ 249 ff. AO, §§ 704 ff. ZPO) bzw. die Parallelvorschriften im Landesrechts (z. B. §§ 13 ff. bad.-württ. VwVG; §§ 15 ff. HessVwVG); allg. zur Verwaltungsvollstreckung von Geldforderungen Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 20 Rn. 10. 175 Zur Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen innerhalb Europas vgl. Artt. 38 ff. EuGVO/Artt. 31 ff. Luganer Übereinkommen; zudem VO 805/2004 i. V. m. §§ 1079 ff. ZPO (Europäischer Vollstreckungstitel). Die Vollstreckung hoheitlicher Geldforderungen ist demgegenüber innerhalb Europas bislang nur für Geldstrafen und Geldbußen vereinfacht worden, vgl. Rahmenbeschluss 2005/214/JI des Rates v. 24. Februar 2005 über die Anwendung des Grundsatzes der Gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen. Selbst die von den Börsen festgesetzten Ordnungsgelder fallen freilich nicht in dessen Anwendungsbereich, vgl. Art. 5 des Rahmenbeschlusses. – Bezeichnenderweise führen Kurth, Problematik grenzüberschreitender Wertpapieraufsicht, WM 2000, 1521 (1522); Beck, Grenzüberschreitende Tätigkeit, FS Kümpel 2003, S. 19 (31 f.) gerade die Zuhilfenahme der privatrechtlichen Befugnisse des Kooperationspartners bei Eurex als einen Weg zur Entschärfung der Amtshilfeproblematik an. Zu den fortbestehenden Schwierigkeiten der Verwaltungsvollstreckung im Ausland Christoph, Börsenkooperationen, S. 446 ff.

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Handelsteilnehmers gelöst werden, die dann vom Börsennutzer als Voraussetzung weiterer Handelsteilnahme wieder aufgestockt werden muss.176 Ausschlaggebend für die Effektivierung der Börsenregelwerke ist indes, wie oben gezeigt, primär die Frage einer glaubwürdigen Drohung mit der Beendigung der Börsennutzung.177 Zivilrechtlich ist die Beendigung der Börsennutzung bei gravierendem Regelverstoß nichts anderes als eine Beendigung des Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund nach § 314 BGB,178 deren Voraussetzungen und das anzuwendende Verfahren im Nutzungsvertrag näher präzisiert werden können und sollten.179 Der Vollzug einer solchen Entscheidung erfolgt – genauso wie bei öffentlich-rechtlicher Betreiberschaft – durch schlichte Kappung des Zugangs zur elektronischen Handelsplattform180 bzw. durch Schließung des betreffenden Orderbuchs181 und ist damit sofort effektiv. Eine nachgängige Rechtsmäßigkeitskontrolle vor den Zivilgerichten ist dabei natürlich genauso wenig ausgeschlossen, wie im Falle eines hoheitlichen Beendigungsaktes die Kontrolle vor den Verwaltungsgerichten.182 Ein hypothetischer privater Börsenbetreiber könnte 176 Vgl. Corcoran, The Uses of New Capital Markets, Am U L Rev 49 (2000), 581 (597 f.). Nach gegenwärtiger deutscher Rechtslage kann sich hingegen die Anstaltsbörse dieses Kniffes nicht bedienen, darf die Sicherheitsleistung nach § 19 Abs. 1 S. 1 BörsG 2002 (= § 20 Abs. 1 S. 1 BörsG 2007) doch ausdrücklich nur zur Sicherung der Erfüllung von Markttransaktionen dienen, vgl. näher SchwarkSchwark, § 19 BörsG Rn. 2 f. 177 Collins, Regulating Contracts, S. 114 und 212; Daintith, Regulation, S. 21, No.10–40; Pritchard, A Self-Regulatory Model for Securities Markets, S. 22. 178 Vgl. Wolf, Der Ausschluss vom Neuen Markt und die Aufnahme von Ausschlussgründen in das Regelwerk Neuer Markt, WM 2001, 1785 (1788). 179 Festzuschreiben wäre dabei im Rahmen des zur Feststellung eines Ausschlussgrundes anzuwendenden Verfahren insbesondere auch die Anhörungs- und Verteidigungsrechte des betroffenen Börsennutzers, ggf. einschließlich einer verbandsinternen „Berufungsinstanz“. Zur Ausgestaltung der Ausschlussgründe und -verfahren an der LSE siehe Nr. C300 ff. LSE Rules; an der Euronext siehe chapter 9 Euronext Rule Book – Book I. Vgl. auch zur Ausgestaltung der Ausschlussgründe und -verfahren gegenüber Emittenten des seinerzeitigen Neuen Marktes Nr. 2.1 ff. Regelwerk Neuer Markt. 180 Vgl. zur Situation bei den privaten Börsenbetreibern in Großbritannien Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 181 Blumentritt, Börse, S. 282. 182 Vgl. Hessische Börsenaufsichtsbehörde, Stellungnahme, sub A II b). Dabei bewirkt eine zivilgerichtliche Klage auf Weitergewähr der Börsennutzung nicht schon per se eine Vollzugshemmung, hierfür ist vielmehr jeweils ein gesonderter Antrag des Börsennutzers auf einstweilige Verfügung nach § 935 ZPO erforderlich. Anders infolge von § 80 Abs. 1 VwGO grundsätzlich die verwaltungsgerichtliche Klage gegen den Ausschluss von der Handelsteilnahme, wobei das BörsG – anders als bei Maßnahmen der Handelsüberwachungsstelle bzw. der Börsenaufsicht nach §§ 2, 4 BörsG 2002 (= §§ 3, 7 BörsG 2007) bzw. den Eilmaßnahmen der Börsengeschäftsführung nach § 4 Abs. 5 S. 2 BörsG 2002 (= § 7 Abs. 5 S. 2 BörsG 2007)

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demnach seine Regelwerke gegenüber in- wie ausländischen Nutzern vergleichbar gut effektivieren wie es bislang die Börsenanstalt vermag.183 b) Tauglichkeit unternehmerischer Willensbildung zur Hervorbringung inhaltlich guter Regelung Betreiberintern ist der Regelerlass wie auch die Entscheidung über die Überwachungs- und Vollzugsintensität Sache des Geschäftsführungsorgans und der ihm nachgeordneten Betriebsabteilungen. Regelungsentscheidungen erfolgen somit wie alle sonstigen Produktionsentscheidungen nach unternehmerischen Gesichtspunkten, orientiert am Gewinnmaximierungsinteresse der Anteilseigner der Betreibergesellschaft.184 Auf diese betreiberinterne Willensbildung haben die Börsennutzer keinerlei direkten Einfluss, doch muss sich die Regelungstätigkeit natürlich an den Interessen derjenigen orientieren, welche mit ihren Orderrouting- und Listingentscheidungen über Umsatz und Gewinn des Börsenbetreibers entscheiden.185 aa) Zugangsvoraussetzungen für Handelsteilnehmer So wird der Börsenbetreiber bei Ausgestaltung der Zugangsvoraussetzungen jedenfalls auf die Präferenzen seiner aktuellen und potentiellen Handelsteilnehmer sowie auch auf Emittentenpräferenzen Rücksicht nehmen. Unmittelbare Handelsteilnehmer sind Intermediäre und institutionelle Letzt– im Falle der Anordnung des Ruhens bzw. des Ausschlusses von der Handelsteilnahme nach § 16 Abs. 8 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 8 BörsG 2007), §§ 48, 49 (L)VwVfG auf den gesetzlichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkungen verzichtet hat, vgl. hierzu auch Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 49. Grundsätzliche Effektivitätsnachteile gegenüber dem öffentlichen Recht können der privatrechtlichen Lösung hier also nicht nachgesagt werden. 183 So i. E. Mues, Börse, S. 164, S. 218 f. 184 Vgl. zur Situation bei den privaten Betreiberunternehmen des britischen Rechts Frase, The Legal Structure of Financial Markets, S. 1 (8). Mögliche Interessendivergenzen zwischen Anteilseignern und Betreibermanagement werden hier ausgeblendet. Sie können durch Instrumente des Gesellschaftsrechts und insbesondere der Corporate Governance hinreichend minimiert werden. 185 Steil, Changes in the Ownership and Governance of Exchanges, BWP Fin Serv 2002, 61 (76 f.). Zu beachten ist, dass in der hier diskutierten Form der privatwettbewerblichen Börsenstruktur allein der Marktmechanismus für die Berücksichtigung der Nutzerinteressen sorgen soll. Eine betreiberinterne Mitbestimmung – wie sie etwa Hopt/Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 ff. bei ihrem Privatisierungsvorschlag als Richtigkeitsgewährmechanismus angeregt haben – findet gerade nicht statt, würde sie doch nur die Nachteile der binnenpluralen Mitbestimmung in den privaten Börsenstrukturtypus hereintragen. Vgl. näher hierzu unten Abschnitt 4, A. 1., S. 508 f.

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anleger. Letztere wünschen ein vergleichsweise hohes Regelungsniveau zum Schutz gegen die Insolvenz ihrer anonymen Geschäftspartner, ein Risiko gegen welches sie sich kaum selbst schützen können. Gleiches gilt, wie oben gezeigt,186 auch für die Intermediäre, die sich in Bezug auf Ausfallrisiken infolge einer Delkrederehaftung regelmäßig in anlegergleicher Situation befinden. Private Letztanleger sind hingegen weder aktuell noch auch auf absehbare Zeit potentiell unmittelbare Handelsteilnehmer einer Börse.187 Ob und wie sie von der börsenunternehmerischen Willensbildung dennoch berücksichtigt werden, kann hier zunächst offen bleiben, decken sich ihre Präferenzen in Bezug auf die Erfüllungssicherung doch im Wesentlichen mit denen der Intermediären und institutionellen Investoren. Deren Berücksichtigung wird den Börsenbetreiber – wie bereits gezeigt – zur Wahl des auch gesamtökonomisch richtigen Regelungsniveaus veranlassen.188 Zu diesem führt grundsätzlich auch die Berücksichtigung von Emittentenpräferenzen, die als mittelbare Nutznießer der Regelung ein anlegergleiches Präferenzniveau haben. Der Börsenbetreiber wird also ein relativ hohes Regelungsniveau bei den Zulassungsvoraussetzungen festlegen,189 dabei aber flexiblen Erfüllungssicherungsinstrumenten – wie etwa der umsatzabhängigen Sicherheitsleistung bzw. der volumenmäßigen Beschränkung des zulässigen Transaktionsvolumens in Abhängigkeit vom Eigenkapital eines Handelsteilnehmers – den Vorzug vor starren Kriterien wie Berufsgruppenbeschränkungen geben, die den Börsenzugang limitieren ohne der weiteren Bonitätssicherung zu dienen.190 Denn das „überschießende“ Interesse der Intermediäre an Zu186

Siehe unter 2. b) aa), S. 432. Vgl. IOSCO, Transparency and Market Fragmentation, S. 10. Das deutsche Börsenrecht lässt eine direkte Handelsteilnahme privater Anleger bislang nicht zu, vgl. § 16 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 19 Abs. 2 BörsG 2007). Auch in Großbritannien, das eine solche gesetzliche Beschränkung der Handelsteilnahme nicht kennt, vgl. REC 2.7.3, gewährt kein Börsenbetreiber Privaten eine direkte Zugangsmöglichkeit, vgl. Elderfield, The Regulation of Market Infrastructure, S. 37 (41). Freilich dürfte dies entgegen Mues, Börse, S. 173 f. heute nicht am Mangel der technischen Zugangsvoraussetzungen liegen, sind diese doch mit der zunehmenden Heranziehung des Internets als Zugangsmedium durch die Börsen durchaus auch beim Privatanleger gegeben. Vielmehr stehen der direkten Handelsteilnahme Privater finanzielle Risiken entgegen, vgl. Köndgen, Ownership and Corporate Governance of Stock Exchanges, JITE 154 (1998), 224 (245); Mahoney, Information Technology and the Organization of Securities Markets, S. 16; Steil, Changes in the Ownership and Governance of Exchanges, BWP Fin Serv 2002, 61 (64). Ein Modell für den privaten Direktzugang entwirft demgegenüber Köndgen, Mutmaßungen, FS Lutter 2000, S. 1401 (1417 f.). 188 Oben unter 2. b) aa), S. 431. 189 Karmel, Turning Seats into Shares, Hastings L J 53 (2002), 367 (423); Santos/Scheinkman, Competition among Exchanges, S. 21 f. und passim. 187

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gangslimitierung steht dem Gewinnstreben des Börsenunternehmens diametral gegenüber und wird sich daher in der unternehmerischen Willensbildung, anders als in einer partizipativen Binnenstruktur, nicht ohne Abstriche durchsetzen.191 bb) Regelung des eigentlichen Handelsgeschehens Kernbereich dieser Regelung ist, wie oben gezeigt, die börseneigene Insider- und Marktmanipulationsregelung. Sämtliche Letztanleger sind als potentielle Marktmissbrauchsopfer hieran interessiert, aufgrund unterschiedlicher Selbstschutzfähigkeit wünschen Privatanleger jedoch ein deutlich höheres Regelungsniveaus als institutionelle Anleger.192 Die Emittenteninteressen sind grundsätzlich gleichgerichtet, ihre konkrete Regelungsniveaupräferenz bestimmt sich im Einzelnen nach der hauptsächlich anvisierten Anlegergruppe.193 Schwierig ist hingegen die Interessenlage der Intermediäre zu bestimmen. Ihre Präferenzen richten sich, wie oben in 2. b) bb) eingehend dargestellt, im Gegensatz zu den Anleger- und Emittentenpräferenzen nicht auf das transaktionskosten- und damit zugleich wohlfahrtsoptimale Regelungsniveau, sondern auf dasjenige, welches den Intermediären maximale Gewinne sichert.194 Dieses kann, wenn eine zumindest implizite Kollusion der Intermediäre bei der Preissetzung für ihre Dienstleistungen möglich ist, durchaus unterhalb des wohlfahrtsoptimalen Regelungsniveaus liegen. Die kollusionsförderlichen Umfeldbedingungen, nämlich die Angewiesenheit der Letztanleger auf die Intermediation sowie eine relativ geringe Zahl börsenzugelassener Intermediäre, sind in einer privat-wettbewerblichen Börsenstruktur indes weit weniger wahrscheinlich: So wird sich zwar am rechtlichen wie auch faktischen Intermediationszwang für Privatanleger auch in absehbarer Zukunft nichts ändern,195 doch lässt das deutsche Recht in Übereinstimmung mit den europarechtlichen Vorgaben durchaus die direkte Handelsteilnahme institutioneller Investoren zu, § 16 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BörsG 190 Vgl. Corcoran, The Uses of New Capital Markets, Am U L Rev 49 (2000), 581 (590); Lee, The Future of Securities Exchanges, S. 14; Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (203). 191 Lee, The Future of Securities Exchanges, S. 14. Vgl. auch allg. Coffee, Competition versus Consolidation: The Significance of Organizational Structure in Financial and Securities Regulation, Business Lawyer 1995, 447 (454). 192 Siehe oben unter 2. b) bb), S. 435. 193 Siehe oben unter 2. b) bb), S. 435 f., dort auch in Fn. 121 zur Einschränkung in Bezug auf die Materie der Insiderregulierung. 194 Siehe S. 436 f. 195 Vgl. IOSCO, Transparency and Market Fragmentation, S. 10.

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2002 (= § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BörsG 2007). Ein privater Börsenbetreiber wäre dabei, im Gegensatz zur intermediärsdominierten Börsenanstalt,196 vital daran interessiert, für diese Personen die unmittelbare Handelsteilnahme auch tatsächlich attraktiv zu machen, bringen sie doch den Löwenanteil des börslichen Ordervolumens.197 Der faktische Intermediationszwang betrifft also im Wesentlichen nur Privatanleger. Von einem wettbewerblich agierenden Börsenbetreiber ist nun weit weniger zu erwarten, dass er sich von seiner Intermediärskundschaft zu einer zweckfremden Limitierung des Börsenzugangs und damit zum Erhalt kartellartiger Strukturen instrumentalisieren lässt. Denn hierdurch würde das Wertpapiergeschäft für den Letztanleger verteuert und der Sekundärhandelsbedarf zu Lasten des Börsenbetreibers absolut verringert.198 Fehlen damit die kartellierungsbedingten Möglichkeiten der Monopolrentenextraktion, so ist nach dem bereits oben in 2. b) bb) Gesagten anzunehmen, dass sich das Intermediärsinteresse auf ein Regelungsniveau richtet, das weniger weit von dem transaktionskostenoptimalen, von Anlegern und Emittenten präferierten Regelungsniveau abweicht. Doch auch soweit Intermediäre ein unverändert wohlfahrts-suboptimales Präferenzniveau aufweisen, wird sich dieses in der börsenunternehmerischen Willensbildung weit weniger durchsetzen können, als in der anstaltlichen.199 Ihm wirken die Privatanlegerpräferenzen entgegen, auf welche der unternehmerisch agierende Börsenbetreiber Rücksicht nehmen muss, sobald Privatanleger zwischen verschiedenen Handelsmöglichkeiten wählen können200 und ihre Wahlmöglichkeit entweder selbst durch ein aktives Orderrouting ausüben,201 oder aber die anstelle ihrer entscheidenden Intermediäre durch eine strenge Best-execution-Pflicht zur Wahl der anlegergerechteste Handelsmöglichkeit gezwungen sind.202 Unter diesen Bedingungen entscheiden 196 Am Wertpapierhandel deutscher Börsen nehmen gegenwärtig kaum institutionelle Investoren direkt teil, vgl. Schwark-Schwark, § 16 BörsG Rn. 18, S. 179 mit Fn. 54. 197 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 14: Rund 90% des Ordervolumens. Zur Frage, ob das Angebot eines Direktzugangs von institutionellen Investoren tatsächlich genutzt werden wird vgl. van Steenis/Härle, The Future of Equity Trading in Europe, S. 30. 198 Vgl. Pirrong, Theory of Financial Exchange Organization, S. 30. 199 Vgl. Ferrarini, Exchange Governance and Regulation, S. 245 (257). 200 Vgl. Ferrarini, Exchange Governance and Regulation, S. 245 (258); Lee, The Future of Securities Exchanges, S. 14. Dabei geht auch schon vom potentiellen (Regulierungs-)Wettbewerb eine erheblich disziplinierende Wirkung aus, vgl. Coffee, Competition versus Consolidation: The Significance of Organizational Structure in Financial and Securities Regulation, Business Lawyer 1995, 447 (454); IOSCO, Exchange Evolution, S. 23. 201 Zum Weisungsrecht vgl. § 384 Abs. 1 HGB sowie Nr. 2 Abs. 1 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte der deutschen Banken.

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Privatanleger, obgleich sie nicht unmittelbare Kunden des Börsenbetreibers sind, nämlich über dessen Umsatz und Gewinn mit.203 Sofern der Betreiber also nicht gerade eine Strategie der kundensegmentspezifischen Spezialisierung auf institutionelle Anleger betreibt – die in einer wettbewerblichen Börsenmakrostruktur unschädlich und hinzunehmen wäre – wird er die Interessen der Privatanleger berücksichtigen, indem er ein Regelungsniveau zwischen den niedrigen Intermediärs- und den gehobenen Privatanlegerpräferenzen wählt. Die vollständige Elimination der Privatanlegerinteressen, wie sie im Börsenrat durch Majorisierung der Anlegervertreter erfolgt, ist damit jedenfalls ausgeschlossen und das gewählte Regelungsniveau wird weniger weit vom Wohlfahrtsoptimum abweichen.204, 205 202 Vgl. zur bisherigen Rechtslage § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG und hierzu Assmann/U. H. Schneider-Koller, § 31 WpHG Rn. 9 ff. Mit dem FRUG wurde die Pflicht zur bestmöglichen Ausführung in § 33 a WpHG i. d. F. des FRUG detailliert geregelt. Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit dieses Mechanismus ist dann freilich eine stringente Überwachung dieser Best-execution-Pflicht. Ihr zuwider läuft die Praxis des „payment for order flow“, vgl. Macey/O’Hara, Regulating Exchanges and Alternative Trading Systems, J Legal Stud 28 (1999), 17 (27); Lee, The Future of Securities Exchanges, S. 2. Sie muss von den Kapitalmarktregulatoren in einer privat-wettbewerblichen Börsenstruktur entsprechend aufmerksam kontrolliert werden, vgl. IOSCO, Exchange Evolution, S. 23; Whitmore, Interview v. 30. Juni 2005. 203 Steil, Changes in the Ownership and Governance of Exchanges, BWP Fin Serv 2002, 61 (77). Vgl. auch Blumentritt, Börse, S. 229, der die Letztanleger daher als die eigentliche „Zielgruppe des Unternehmens Börse“ bezeichnet. 204 Karmel, Turning Seats into Shares, Hastings L J 53 (2002), 367 (423 f.); Steil, Changes in the Ownership and Governance of Exchanges, BWP Fin Serv 2002, 61 (75 f.); vgl. auch Ferrarini, The European Regulation of Stock Exchanges, CMLR 36 (1999), 569 (583). 205 Eine Sonderproblematik stellt sich auch hier in Bezug auf die Handelstransparenz. Im Ausgangspunkt ist das Privatanlegerinteresse auf eine möglichst weitgehende – idealiter vollständige, da für ihn regelungskostenarme – pre- und posttrade-Transparenz gerichtet. Das Interesse institutioneller Investoren ist hingegen zur Vermeidung eines market impact auf eine verringerte Publizität für Großorders gerichtet. Legt der Börsenbetreiber hier ein Transparenzniveau oberhalb der Präferenz institutioneller Investoren fest, so besteht eine große Gefahr, dass institutionelle Orders im außerbörslichen Handel abgewickelt werden, Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (207 mit Fn. 195). Ein unternehmerisch agierender Börsenbetreiber wird also ein an institutionellen Präferenzen orientiertes Transparenzniveau festlegen und zumindest für Großorders eine zeitlich limitierte Geheimhaltung erlauben. Fraglich ist nun allerdings, ob dieses Transparenzniveau tatsächlich wohlfahrts-suboptimal ist. Unter strenger Anwendung der oben A. I. b) cc), S. 420 ff. entwickelten Kriterien ist das zu bejahen, wurde doch soeben festgestellt, dass das Privatanlegerinteresse auf ein deutlich höheres Transparenzniveau gerichtet ist, woraus theoretisch folgt, dass das soziale Optimum jedenfalls oberhalb des von institutionellen Investoren gewünschten Niveaus liegen muss. Indes ist das Interesse rational handelnder Privatanleger dann auf eine geringere als die vollständige Transparenz gerichtet, wenn ihnen dies einen insgesamt höheren Regelungsnutzen brächte. Hierbei

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cc) Emittentenpflichten Von der börslichen Regelung der Emittentenpflichten und namentlich der Emittentenpublizität profitieren in erster Linie die privaten wie institutionellen Letztanleger. Nun gehen in die börsenunternehmerische Willenbildung, vermittelt über das Gewinnmaximierungsstreben des privaten Betreibers, jedenfalls die Interessen der unmittelbar am Handel teilnehmenden institutionellen Investoren ein. Wie soeben gezeigt, gilt dies in einem wettbewerblichen Umfeld aber durchaus auch für die Interessen der nur mittelbar am Handel teilnehmen Privatanleger. Von der börslichen Publizitätsregelung profitieren indes auch alle außerbörslich handelnden Investoren, sind Unternehmensinformationen mit ihrer Publikation doch für jedermann zugänglich.206 Diesen weitergehenden Regelungsnutzen kann der Börsenbetreiber nicht durch Entgelterhebung internalisieren, so dass seine Tätigkeit mit positiven externen Effekten verbunden ist.207 Der Börsenbetreiber hat deshalb grundsätzlich einen von gesamtökonomischer Warte suboptimalen Regelungsanreiz.208 Eine Internalisierung dieses außerhalb der Börsenkundschaft auftretenden Regelungsnutzens – die im deutschen System durch die Mitwirkung der Emittenten- und Anlegervertreter im Börsenrat bezweckt, durch die Möglichkeit deren Majorisierung aber zugleich vereitelt wird – ist in einem Marktmechanismus zwar grundsätzlich über hohe Listingentgelte möglich, welche dem Börsenbetreiber die emittentenspezifischen Regelungskosten vergüten.209 Listingist zu berücksichtigen, dass bei vollständiger Transparenz zwar abstrakt eine bessere Preisbildungseffizienz möglich ist, dass dieser Effekt jedoch mehr als aufgezehrt wird, wenn Großorders gänzlich aus der börslichen Preisbildung ausscheiden: Denn sowohl die tatsächliche Preisbildungseffizienz als auch vor allem die Liquidität des Marktes würden abnehmen, vgl. Deutsche Bundesbank, Regulierung von Wertpapiermärkten, Monatsbericht Januar 2006, S. 37 (40); Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (207). Damit liegt die Vermutung nahe, dass auch von Privatanlegern ein Transparenzniveau präferiert wird, das geeignet ist, institutionelle Investoren im börslichen Markt zu halten. In diesem Falle ist ein vom Börsenbetreiber entsprechend den institutionellen Präferenzen festgelegtes Handelstransparenzniveau nicht wohlfahrts-suboptimal. Vgl. eingehend zu ökonomischen Fragen der Handelstransparenz Rudolph/Röhrl, a. a. O., S. 143 (206 ff.). 206 Mues, Börse, S. 201: öffentliches Gut. 207 Coffee, Competition among Securities Markets, S. 77; Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 122. 208 Coffee, Competition among Securities Markets, S. 77; Esty/Gerardin, Regulatory Co-Opetition, S. 30 (33 f.). Ein praktischer Beleg findet sich etwa darin, dass mit der zunehmenden Pluralisierung der britischen Sekundärmarktlandschaft die LSE von sich aus die Entbindung von ihren Aufgaben als UK-Listing Authority Rules betrieb, vgl. Bradley, Demutualization of Financial Exchanges, J Int L Bus 21 (2001), 657 (690).

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entgelte sind vom Emittenten zu entrichten und schmälern über den Emittentengewinn letztlich die Dividende sämtlicher Anleger, wodurch sämtliche Nutznießer der börslichen Regelung auch für deren Kosten aufkämen:210 Doch setzt eine Internalisierung auf diesem Wege voraus, dass Emittenten ihre Listingentscheidungen tatsächlich an den Publizitätspräferenzen ihrer Anlegerschaft orientieren und sie auf diesem Wege in die börsenunternehmerische Willensbildung einfließen lassen.211 Gerade das ist, wie bereits oben in 2. b) cc) gezeigt,212 aufgrund der Doppelnatur der Publizitätspflichten jedenfalls dann nicht unbedingt der Fall, wenn die Listingentscheidung – wie in aller Regel – allein durch das Emittentenmanagement getroffen wird.213 Auch in einer privat-wettbewerblichen Börsenstruktur ist mithin die erste Voraussetzung der strukturellen Richtigkeitsgewähr in Bezug auf die Regelung der Emittentenpflichten nicht erfüllt, es sind hier also ähnlich schlechte Regelungsergebnisse zu erwarten wie in der Regelungsstruktur des gegenwärtigen deutschen Rechts.214

209 Mues, Börse, S. 202; Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 123, S. 126; Picot/Bortenlänger/Röhrl, Börsen im Wandel, S. 124 f. 210 So geht etwa Romano, Empowering Investors, Yale L J 107 (1998), 2359 (2399) von der vollständigen Internalisierbarkeit der positiven externen Effekte börslicher Emittentenregulierung durch die Börsenbetreiber aus, allerdings ohne nähere Begründung. Ähnlich offenbar Mues, Börse, S. 202. Von einer immerhin partiellen Internalisierung geht Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 123 aus. 211 Dies übersieht z. B. Mues, Börse, S. 202, der eine Internalisierungsmöglichkeit über Listingentgelte im Grundsatz bejaht und die Notwendigkeit staatlicher Regelung nur aus der Effizienzförderlichkeit marktübergreifend einheitlicher Emittentenstandards herleitet. 212 Siehe S. 440 f. 213 Bradley, Demutualization of Financial Exchanges, J Int L Bus 21 (2001), 657 (682); Damrau, Selbstregulierung, S. 153 f., S. 165; Prentice, Whither Securities Regulation?, Duke L J 51 (2002), 1397 (1435). Daher findet sich in jüngerer Zeit die Anregung, die Listingentscheidungen und die Wahl des Börsenplatzes durch die Anteilseigner treffen zu lassen, vgl. etwa Pritchard, Markets as Monitors, Va L Rev 85 (1999), 925 (970, 992); auch Damrau, Selbstregulierung, S. 166. 214 Vgl. Bradley, Demutualization of Financial Exchanges, J Int L Bus 21 (2001), 657 (682); Kahan, Some Problems with Stock Exchange Based Securities Regulation, Va L Rev 83 (1997), 1509 (1511 f.); Wymeersch, Harmonisation, S. 6; zweifelnd auch Jacquillat, La gouvernance des entreprises de marchés, Revue d’économie financière 82 (2006), 169 (178). Optimistisch hingegen Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 126; Romano, Empowering Investors, Yale L J 107 (1998), 2359 (2399); Steil, Changes in the Ownership and Governance of Exchanges, BWP Fin Serv 2002, 61 (72 ff.). Vorsichtig optimistisch auch Damrau, Selbstregulierung, S. 165 f.

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4. Zwischenergebnis zu I.

Es zeigt sich, dass die binnenplurale anstaltliche Willensbildung auf keinem Regelungsgebiet geeignet ist, die wohlfahrtsoptimalen Regelungsergebnisse hervorzubringen.215 Zwar sichert die binnenplurale Struktur mit Gruppenwahl und börsenratsinterner Mehrheitsentscheidung allen Nutzergruppen eine gewisse Mitsprache im Regelbildungsprozess („voice“), doch ist ein tatsächliches Einfließen ihrer Interessen in das Regelungsergebnis infolge des Mehrheitsprinzip und der dadurch eröffneten Majorisierungsmöglichkeit nicht gesichert.216 In der gegenwärtigen Ausgestaltung der Börsenräte triff dieses Schicksal die Privatanleger sowie partiell die Emittenten, setzt sich doch durchweg das hiervon abweichende, von den professionellen Kapitalmarktteilnehmern präferierte Regelungsniveau durch. Eine insgesamt höhere Tauglichkeit zur Hervorbringung guter börslicher Selbstregelung verspricht demgegenüber die privat-wettbewerbliche Börsenstruktur.217 In ihr sichert die Möglichkeit, den Börsenhandelsplatz zuguns215 So i. E. schon Mues, Börse, S. 165, der allerdings zur Begründung nur auf das „Übergewicht der Kreditwirtschaft“ verweist. A. A. Hessische Börsenaufsichtsbehörde, Stellungnahme, sub A II 2 b): Börsenrat ist ein „Interessenvertretungsorgan von höchster Qualität“, das den „Ausgleich aller im Börsenbereich vertretenen Interessen“ ermöglicht; Kurth, Der Charme der öffentlichrechtlichen Börse, Börsen-Zeitung v. 6. Mai 2002, Sonderbeilage B 2. Die Gemeinwohlkompatibilität der ratsinternen Willensbildung bejahend offenbar auch Augsberg, Rechtsetzung, S. 168; Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (552) sowie Kümpel, Zur öffentlichrechtlichen Organisation der deutschen Wertpapierbörsen, BKR 2003, 3 (9 ff. sowie passim), der zur Begründung u. a. darauf verweist, dass selbst der Justiziar der Deutsche Börse AG keinen Privatisierungsbedarf sehe. Dies sollte freilich nicht verwundern, ist die Deutsche Börse AG doch der größte Profiteur der gegenwärtigen deutschen Börsenstruktur, welche ihr einerseits die De-facto-Steuerung der Angebotspolitik der Börsenanstalt erlaubt, andererseits ihre dominierende Stellung im deutschen Markt absichert und ihr – faktischen sowie oben gezeigt durchaus auch rechtlichen – Schutz gegen eine Übernahme durch ausländische Konkurrenten bietet. 216 Köndgen, Ownership and Corporate Governance of Stock Exchanges, JITE 154 (1998), 224 (249); Mues, Börse, S. 165. Wo immer das Mehrheitsprinzip zur Anwendung gelangt und auch kein logrolling möglich ist, kann die binnenplurale partizipative Willensbildung gerade nicht die Kompromissfindung „in der Mitte“ gewährleisten, wie sie sich z. B. Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 373 f. generell von ihr verspricht. 217 Damrau, Selbstregulierung, S. 193 f.; im Ergebnis ebenso schon Mues, Börse, S. 131 ff., S. 165, S. 167 ff. Ähnlich – grundsätzliche Überlegenheit der privaten, kapitalgesellschaftlichen Betreiberrechtsform gegenüber intermediärsdominierten genossenschaftlichen Betreiberstrukturen – Karmel, Turning Seats into Shares, Hastings L J 53 (2002), 367 (423); Pritchard, A Self-Regulatory Model for Securities Markets, S. 16 ff. und insb. S. 19; Singh, Mergers, Demutualization and Governance of Exchanges, S. 3; unter Betonung des Wettbewerbsaspekts auch Pirrong, Theory of Financial Exchange Organization, S. 3, S. 43. Noch weitergehend Ferrarini, Ex-

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ten einer besser geregelten Alternative zu wechseln („exit and choice“), grundsätzlich allen direkten wie auch indirekten Börsennutzern die Berücksichtigung ihrer Interessen.218 Dabei weist der privat-wettbewerbliche Strukturtypus gegenüber der binnenplural mitbestimmten („voice“-)Regelungsstruktur grundsätzliche Vorteile auf, die unabhängig von der jeweiligen Zusammensetzung des Börsenrates gelten. Denn die dortige Willensbildung muss im Dienste der Handlungsfähigkeit notgedrungen nach dem Mehrheitsprinzip erfolgen.219 Mit der Majorisierungsmöglichkeit ist damit stets ein Risiko gegeben, das wohlfahrtsoptimale Regelungsniveau zu verfehlen.220 Zwar ist es nicht ausgeschlossen, dass es dem regelungsstrukturschaffenden Gesetz- bzw. Verordnungsgeber gelingt, die relativen Anteile der mitwirkenden Interessengruppen so anzupassen, dass die erzielte Regelung dem Ergebnis einer anteiligen Aggregation der Nutzerpräferenzen entspricht.221 Indes kann sich change Governance and Regulation, S. 245 (257 f.) und Steil, Changes in the Ownership and Governance of Exchanges, BWP Fin Serv 2002, 61 (72 ff. und insb. 81), die in sämtlichen Regelungsbereichen einschließlich der Emittentenregelung eine überlegene Zieladäquanz annehmen. Empirische Belege bei Krishnamurti/Sequeira/Fangjian, Stock Exchange Governance and Market Quality, 2002, passim. Allgemein zu den Vorzügen „kompetitiver Selbstregelung“ Ogus, Rethinking SelfRegulation, OJLS 15 (1995), 97 (102 ff.). Kritisch hingegen Bradley, Demutualization of Financial Exchanges, J Int L Bus 21 (2001), 657 ff. passim, vor allem unter Hinweis auf interne Corporate Governance-Probleme (auch) des kapitalistisch strukturierten Börsenbetreibers; IOSCO, Exchange Demutualization, S. 5 ff., sowie dies., Exchange Evolution, S. 8 f., dabei aber die möglichen Wirkungen des Inter-Börsenwettbewerbs außer Acht lassend. Ablehnend auch Kalss, Different Stock Exchange Interest Groups, S. 193 (195) unter Hinweis auf den intrinsischen Interessenkonflikt zwischen kommerziellem Anreiz des Betreibers und Regelungsaufgaben gegenüber Börsennutzern. Näher zu diesem Einwand unter IV., S. 496 f. 218 Vgl. Pritchard, A Self-Regulatory Model for Securities Markets, S. 16; Steil, Changes in the Ownership and Governance of Exchanges, BWP Fin Serv 2002, 61 (76 f.); auch Licht, Stock Exchange Mobility, 41 Va J Intl L (2001), 583 (618), insbesondere zur Berücksichtigung der Letztanlegerinteressen. Allgemein zu „exit and choice“ als alternativem Richtigkeitsgewährmechanismus zur Mitsprache in der Normsetzung („voice“) Hirschmann, Abwanderung und Widerspruch, S. 17 ff., insb. S. 28; Augsberg, Rechtsetzung, S. 102 i. V. m. S. 106 f. 219 Vgl. zu möglichen Funktionalitätsproblemen der binnenpluralen Mitentscheidung Augsberg, Rechtsetzung, S. 107 ff. 220 Pritchard, A Self-Regulatory Model for Securities Markets, S. 16; allgemein Augsberg, Rechtsetzung, S. 108; Ogus, Regulation, S. 59 f. 221 Vgl. zu den Schwierigkeiten der „richtigen“ Auswahl der zur binnenpluralen Mitentscheidung berufenen Gruppen Schreyer, Pluralistische Entscheidungsgremien im Bereich sozialer und kultureller Staatsaufgaben, S. 94 ff. Zu den theoretischen Problemen einer „richtigen“ Gremienzusammensetzung angesichts der strategischen Fehldarstellung von Präferenzen Arrow, Social Choice and Individual Values, S. 7 und Maskin/Sjöström, Implementation Theory, S. 237 (243 f.).

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die solchermaßen im Regelungsmechanismus abgebildete Zusammensetzung der Börsennutzerschaft jederzeit ändern, also etwa der relative Anteil der Privatanleger an der Investorenschaft zu- oder abnehmen, womit sich auch das wohlfahrtsoptimale Regelungsniveau verschiebt. Theoretisch ergibt sich hieraus der Bedarf einer laufenden Revision der Regelungsstrukturen, die vom Gesetz- bzw. Verordnungsgeber zu erwarten aufgrund des Regulierungsaufwands wohl unrealistisch ist. Vergleichbare Anpassungsprobleme wirft die privat-wettbewerbliche Börsenstruktur nicht auf: In die börsenunternehmerische Willensbildung fließen die Interessen der Nutzerschaft – begrenzt allenfalls durch die jeweilige Wettbewerbsstrategie des Betreibers – jeweils entsprechend ihrem Verhältnis am Gesamttransaktionsvolumen ein. Verändert sich, etwa infolge eines verstärkten privaten Aktieninvestments, der Privatanlegeranteil am Transaktionsvolumen, so kann und wird der Börsenbetreiber durch eine entsprechen Anpassung seiner Regelwerke hierauf reagieren. Einer Veränderung des Regelbildungsmechanismus selbst bedarf es hierbei im Gegensatz zur binnenpluralen Willensbildungsstruktur nicht. Der zentrale Nachteil partizipativer Regelungsstrukturen besteht freilich darin, dass sie jenseits einer gewissen Verbandsgröße und Regelungskomplexität notgedrungen auch dem Repräsentationsprinzip folgen. Eine unmittelbare Artikulation der Nutzerinteressen erfolgt demnach nur in den periodischen, gemäß § 10 Abs. 1 BörsG 2002 (= § 13 Abs. 1 BörsG 2007) alle drei Jahre stattfindenden Börsenratswahlen. Zwischen den Wahlterminen erfolgt die Interessenwahrnehmung durch die Ratsvertreter, so dass die eigentlichen Nutzerpräferenzen nur indirekt in die anstaltliche Willensbildung einfließen. Demgegenüber steht die börsenunternehmerische Willensbildung auf einer ungleich breiteren Informationsbasis, enthält doch jede Listingentscheidung und jedes Orderrouting monetär verschlüsselte Angaben über die jeweiligen Regelungsbedürfnisse der Marktteilnehmer.222 Diese strukturellen Vorteile privat-wettbewerblicher Regelung legen es also nahe, ihr den Vorzug zu geben, sofern ein funktionierender Marktmechanismus für die Regelungsdienstleistungen besteht. Dies kann zwar im Bereich der Emittentenpflichten schon infolge der positiven externen Effekte der Regelungstätigkeit nicht der Fall sein. In den übrigen Bereichen sind hingegen keine nennenswerten externen Effekte zu beobachten, womit die Grundvoraussetzung eines funktionsfähigen Marktmechanismus erfüllt 222

Vgl. zum Problem der Beschaffung hochgradig fragmentierter Information als Grundproblem moderner Wirtschaftsregulierung Black, Decentring Regulation, CLP 2001, 103 (107); Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 238 ff. m. w. N. Siehe im Übrigen schon oben unter 1. b) aa), S. 417 f. Zum Preismechanismus als überlegenem Informationsaggregations- und -übermittlungsmechanismus aus regelungstheoretischer Sicht Hurwicz, Optimality and informational efficiency in resource allocation processes, S. 393 ff.

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ist.223 Die privat-wettbewerbliche Regelungsstruktur ist mithin dann vorzugswürdig, wenn – wie es hier bislang unterstellt wurde – der Interbörsenwettbewerb seinerseits überhaupt wünschenswert und nach den übrigen ökonomischen Gegebenheiten langfristig funktionsfähig ist. Außerdem muss es zumindest durch aufsichtsrechtliche Mittel möglich sein, die idealtypische börsenunternehmerische Anreizsituation beim Betreiber sicherzustellen.224 Diese Funktionsvoraussetzungen des privat-wettbewerblichen Börsenstrukturtypus sollen sogleich unter III. und IV. untersucht werden; zuvor ist unter II. noch die Zieladäquanz der beiden Regelungsstrukturen im Hinblick auf die Höhe der Börsennutzungsentgelte anzusprechen.

II. Höhe der Börsennutzungsentgelte Börsennutzungsentgelte bilden als explizite Transaktionskosten einen Teil der Gesamtkosten einer jeden Sekundärmarkttransaktion. Die Funktionalität einer Börse ist dementsprechend umso höher, je geringer bei einem gegebenen Regelungsniveau die Nutzungsentgelte sind.225 Ihre Höhe hängt zum einen davon ab, wie sehr Anreiz und praktische Möglichkeiten des Börsenbetreibers zur Effizienzsteigerung und Produktionskosteneinsparung ausgeprägt sind. Zum anderen ist maßgeblich, wie sehr für ihn ein Anreiz besteht, eventuelle Kostensenkungen an die Nutzer weiterzugeben. Dabei lassen sich zwar auf der Produktionskostenebene keine grundlegenden Anreizunterschiede feststellen: Sowohl das residualgewinnberechtigte Trägerunternehmen, das im Rahmen allenfalls grobmaschiger anstaltlicher Vorgaben sämtliche kostenrelevanten Entscheidungen zu treffen hat,226 als 223 Coffee, Competition versus Consolidation: The Significance of Organizational Structure in Financial and Securities Regulation, Business Lawyer 1995, 447 (455 f.). Zum Umfang der externen Effekte differenzierend, im Ergebnis aber wie hier Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 113 ff., S. 144 ff. 224 Vgl. allg. zu dieser Voraussetzungen funktionierenden regulatorischen Wettbewerbs Coffee, Competition versus Consolidation: The Significance of Organizational Structure in Financial and Securities Regulation, Business Lawyer 1995, 447 (454). 225 Siehe oben unter Abschnitt 2, A. II. 2. b), S. 401. 226 Siehe oben unter Teil 2, Abschnitt 2, A. III. 1. b), S. 152 f. sowie Teil 2, Abschnitt 2, A. III. 3. b), S. 166 ff. Ausnahmsweise bedarf es einer anstaltlichen Mitentscheidung gemäß § 9 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 2 BörsG 2007) bei der Einführung technischer Handelssysteme, zu welcher der intermediärsdominierte Börsenrat zustimmen muss. Zu hieraus folgenden Ineffizienzen bei der Wahl der Handelstechnologie vgl. Domowitz/Steil, Automation, S. 15; Steil, Changes in the Ownership and Governance of Exchanges, BWP Fin Serv 2002, 61 (62). In der deutschen Börsenrealität dürfte nur die Tatsache, dass die Banken neben der Intermediation meist in erheblichem Umfang Wertpapiergeschäfte für eigene

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auch das Betreiberunternehmen in einer privat-wettbewerblichen Börsenstruktur sind vital an einer Produktionskostenminimierung interessiert.227 Jedoch stehen dem privaten Betreiberunternehmen hierzu größere Möglichkeiten offen, indem es produktionsseitige Skaleneffekte auch auf dem Konzentrationswege realisieren kann. Strukturtypusbedingte Anreizunterschiede sind hingegen bei der Weitergabe von Produktionskostensenkungen festzustellen: Ein privater Betreiber wird Effizienzsteigerungen immer nur insoweit an die Börsennutzer weitergeben, als eine Senkung der Nutzungsentgelte wettbewerblich nötig ist.228 Anders hingegen in der anstaltlichen Börsenstruktur: Hier entscheidet gemäß § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 Nr. 1 BörsG 2007) der mit direkten und indirekten Börsennutzern besetzte Börsenrat über die Gebührenordnung. Er wird für eine vollständige Weitergabe von Kostensenkungen sorgen,229 wobei allerdings die Handelsteilnehmer in der Verteilungsfrage ihre Dominanz im Rahmen des gebührenrechtlich Möglichen zu ihren Gunsten nutzen können.230 Voraussetzung einer jeden Weitergabe an Rechnung an der Börse tätigen, zu der frühen Einführung elektronischer Handelssysteme geführt haben. 227 Bradley, Demutualization of Financial Exchanges, J Int L Bus 21 (2001), 657 (682); IOSCO, Exchange Demutualization, S. 7; dies., Exchange Evolution, S. 8, S. 22. 228 Vgl. Joly, Avenir des bourses: Les attentes des émetteurs, Revue d’économie financière 82 (2006), 139 (141); allg. Chruch/Ware, Industrial Organization, S. 20 ff., S. 31 ff. Tatsächlich hat sich das Preissetzungsverhalten privater Börsenbetreiber im wettbewerblich geprägten internationalen Umfeld bislang in sinkenden Börsennutzungsentgelten ausgewirkt, vgl. IOSCO, Exchange Evolution, S. 23. Weitergehend sieht die IOSCO, Exchange Demutualization, S. 13 die Gefahr bei privatwettbewerblicher Börsenstruktur sogar eher in zu niedrigen, d.h. nicht kostendeckenden Börsennutzungsentgelten. Freilich lassen sich zur Gewinnung von Marktanteilen strategisch unter Selbstkosten angesetzte Preise in einem wettbewerblichen Umfeld allenfalls kurzfristig durchhalten, sofern keine Möglichkeit der dauerhaften Quersubventionierung besteht. 229 Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (557). Vgl. auch Bradley, Demutualization of Financial Exchanges, J Int L Bus 21 (2001), 657 (672); Di Noia, Customer-Controlled Firms, S. 11; Kalss, Different Stock Exchange Interest Groups, S. 193 (203); Karmel, Turning Seats into Shares, Hastings L J 53 (2002), 367 (403). 230 Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (557). Vgl. auch Di Noia, Customer-Controlled Firms, S. 173 (174); Lee, What is an exchange?, S. 20; van Steenis/Härle, The Future of Equity Trading in Europe, S. 40. Denkbar ist eine bevorzugte Senkung der Handelsentgelte für Großorders bis hin zur Quersubventionierung der Handelsentgelte durch überhöhte Listingentgelte. Ein gewisser Beleg hierfür ist, dass intermediärsgenossenschaftlich strukturierte Börsenbetreiber einen deutlich größeren Anteil ihrer Einnamen aus Listingentgelten beziehen als kapitalistisch strukturierte Betreiber, vgl. WFE, Cost and Revenue Survey 2004, S. 22. Allgemein zu den möglichen Quersubventionierungsformen bei genossenschaftlicher

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die Nutzer ist freilich, dass das Trägerunternehmen Effizienzgewinne überhaupt an die Börsenanstalt offenbart.231 Den vom Gesetzgeber unterstellten Anreiz zu solcher Ehrlichkeit hat aber auch das Trägerunternehmen nur dann und nur insoweit, als es unter dem Druck des – gegenwärtig im innereuropäischen Börsendienstleistungsmarkt sicherlich existenten, dem deutschen Recht jedoch strukturtypusfremden – Interbörsenwettbewerbs steht.232 Unter Berücksichtigung der größeren produktionsseitigen Flexibilität lässt sich damit eine mindestens gleichwertige Zieladäquanz der privat-wettbewerblichen Börsenstruktur feststellen. III. Funktionsvoraussetzung Börsenwettbewerb Nur unter der Voraussetzung eines funktionsfähigen Börsenwettbewerbs kann ein Börsenstrukturtyp mit privater Betreiberschaft die bislang festgestellte höhere Zieladäquanz aufweisen.233 Hier ist nun zunächst zu klären, ob ein solcher Wettbewerb im Hinblick auf das übergeordnete Regelungsziel der Sekundärmarktfunktionalität überhaupt wünschenswert sein kann (1.). Erst dann ist der Frage nachzugehen, ob er angesichts der ökonomischen Eigenheiten des Börsendienstleistungsmarktes langfristigen Bestand haben kann (2.). Ist das der Fall, so kann ein funktionsfähiger Börsenwettbewerb grundsätzlich mit den Instrumenten des Kartellrechts gesichert werden; nur einige grundlegende Aspekte der Kartellrechtsanwendung im Börsendienstleistungsmarkt sollen deshalb unter (3.) Erwähnung finden.

Betreiberrechtsform Domowitz/Steil, Automation, S. 12 ff. Sie fallen im privat-wettbewerblichen Umfeld mit demutualisierter Betreiberrechtsform weg, vgl. Remay/ Champarnaud, Places Financières et Concurrence entre Marchés Boursiers, Revue d’économie financière 57 (2000), 109 (110). 231 Siehe oben Teil 2, Abschnitt 2, A. III. 3. b), S. 167 f. Allgemein zur Problematik Bodanowitz, Organisationsformen, S. 114, S. 149 f. 232 Ansonsten besteht die gewinnmaximierende Strategie des Trägerunternehmens im (partiellen) Verschweigen von Kostensenkungen, was zu überhöhten Börsennutzungsentgelten führt. Die Börsenanstalt wird damit zu einem (klassischen) monopolistischen Angebotsverhalten gezwungen, vgl. allg. hierzu Church/Ware, Industrial Organization, S. 32 f. Vgl. zur Haltbarkeit dieser theoretischen Vorhersage auch angesichts der weitgehenden Identität von Börsennutzerschaft und Anteilseignerschaft am Trägerunternehmen, wie sie etwa bei der Deutsche Börse AG bis zum Börsengang im Jahr 2001 bestand, vgl. Di Noia, Customer-Controlled Firms, S. 12 ff. 233 Nach hiesigem Verständnis und unter dem Blickwinkel der hier allein betrachteten spezifisch kapitalmarktrechtlichen Regelungsziele ist der Börsenwettbewerb nur Mittel zum Zweck besserer Kapitalmarktfunktionalität. Als Regelungsanliegen (auch) um seiner selbst willen erscheint der Börsenwettbewerb hingegen bei Hopt/ Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (361) sowie Merkt, Gutachten 64. DJT, G 58.

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1. Interbörsenwettbewerb versus Marktqualität?

Der Wettbewerb zwischen Börsen steht in augenscheinlichem Widerspruch zur Sekundärmarktfunktionalität, verlangt er doch eine gewisse Börsenpluralität.234 Diese fragmentiert die Orderströme,235 während, wie schon eingangs gezeigt, die Marktqualität in ganz erheblichem Maße von der Liquidität und mithin von der Marktgröße abhängt.236 Bei aller Richtigkeit dieses Zusammenhangs, der in der Vergangenheit allerorten zur Rechtfertigung staatlicher bzw. staatlich überformter monopolistischer Börsenstrukturen diente,237 ist der Nexus heute weniger zwingend seit elektronische Kommunikationstechnologien eine informationelle Marktintegration ermöglichen.238 So haben professionelle Kapitalmarktteilnehmer und via Internet zunehmend auch private Investoren zeitnahen Zugriff auf die aktuellen Kurse sämtlicher internationaler Börsen,239 was innerhalb Europas durch die Handelstransparenzpflichten nach Artt. 29, 30, 45 MFIRL auch rechtlich gewährleistet ist.240 Spezialisierte Börseninformationsdienste oder Zugangsintermediäre, die ihren Kunden elektronische Handelsoberflächen mit vergleichenden Informationen zu Kursen und Volumina unterschiedlicher Handelplätze bieten, sorgen für eine Zusammenfas234

Dönges, Competition for order flow, S. 74. IOSCO, Transparency and Market Fragmentation, S. 3; Bagheri/Nakajima, Competition and Integration among Stock Exchanges, OJLS 2004, 69 (81); Mues, Börse, S. 101. 236 Siehe oben Teil 1, Abschnitt 2, C. I. 3., S. 54 ff. 237 Vgl. Mues, Börse, S. 131; siehe auch oben Abschnitt 1, B., S. 380. Gegenwärtig befürwortet Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.249 eine (offenbar auf dem Wege öffentlich-rechtlicher Intervention zu erzielende) weitere Reduktion der Börsenplätze im Dienste der Marktfunktionalität. 238 Bagheri/Nakajima, Competition and Integration among Stock Exchanges, OJLS 2004, 69 (88); Board/Sutcliffe/Wells, Orderly Markets, S. 16; McInish/Wood, Competition, Fragmentation, and Market Quality, S. 63 ff. passim; Mues, Börse, S. 106 f. m. w. N.; Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (255); White, International Regulation of Securities, S. 207 (228). 239 Damrau, Selbstregulierung, S. 142; Schenk, Informationstechnologie und Börsensysteme, S. 73. Pessimistischer noch in 1995 Madhavan, Consolidation, Fragmentation, and the Disclosure of Trading Information, Rev Fin Stud 8 (1995), 579 ff. passim. 240 Vor- und Nachhandelstransparenz für geregelte Märkte und MTFs, konkretisiert durch Artt. 17 ff., Art. 27 ff. VO (EG) Nr. 1287/2006, in Deutschland durch das FRUG umgesetzt in §§ 30, 31 BörsG 2007 sowie in § 31g WpHG i. d. F. des FRUG. Die Gefahr einer Abwärtsspirale, in der jeder börsliche Markt seine Handelstransparenz einschränkt, um ein free-riding auf seinen Informationssignalen zu verhindern, ist damit gebannt. Ein Problemaufriss findet sich bei White, International Regulation of Securities, S. 207 (228). Ob eine solche Gefahr ohne Regelung tatsächlich besteht, ist eine umstrittene Frage, vgl. Damrau, Selbstregulierung, S. 142. 235

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sung auf einen Blick.241 Ordergeber können ihre eigenen Aufträge dementsprechend limitieren und transferieren hierdurch die in den fremden Kursen aggregierten Informationssignale an ihren jeweiligen Handelsplatz.242 Börsenbetreiber können die virtuelle Marktintegration ihrerseits proaktiv herbeiführen, indem sie die Einbeziehung andernorts festgestellter Kurse in ihre jeweiligen Preisbildungsmechanismen ermöglichen, wie es etwa die Regelung über Referenzpreise in § 24 Abs. 2 S. 4 BörsG 2002 (= § 24 Abs. 2 S. 3 BörsG 2007) ausdrücklich zulässt.243 Natürlich hat diese informationelle Marktintegration gewisse Grenzen.244 Zudem setzt eine hohe Marktqualität neben der Preisbildungseffizienz immer auch die tatsächliche Ausführbarkeit von Orders voraus: Liquidität bleibt also wichtig.245 Die Intermarkt-Arbitrage, die Angebotsüberhänge von einem Handelsplatz zum anderen verschiebt,246 kann bislang nur teilweise helfen, so dass eine gewisse tatsächliche Orderkonzentration auf den Handelsplätzen unerlässlich ist.247 Marktqualität ist also mit einer atomistischen Fragmentierung des Börsendienstleistungsmarktes unvereinbar,248 kann hingegen bei gemäßigter Börsenpluralität in einer Weise verwirklicht sein, die sich praktisch durch eine Börsenunizität mit den ihr anhaftenden Monopolgefahren nicht erreichen ließe.249 241 Ferrarini, The European Regulation of Stock Exchanges, CMLR 36 (1999), 569 (577); Domowitz, Liquidity, Transaction Costs, and Reintermediation in Electronic Markets, S. 15; Domowitz/Steil, Automation, S. 9; EZB, The euro equity markets, S. 41; IOSCO, Transparency and Market Fragmentation, S. 14 f. 242 Vgl. Mahoney, Information Technology and the Organization of Securities Markets, S. 12. 243 Näher zur Berücksichtigung von Referenzpreisen vgl. Schwark-Beck, § 24 BörsG Rn. 17 f. 244 Vgl. auch IOSCO, Transparency and Market Fragmentation, S. 14. 245 IOSCO, Transparency and Market Fragmentation, S. 16. 246 Board/Sutcliffe/Wells, Orderly Markets, S. 12. 247 IOSCO, Transparency and Market Fragmentation, S. 17. Optimistischer zu den Arbitragemöglichkeiten Lee, What is an exchange?, S. 54; Mues, Börse, S. 107: Wahrenburg, Trading system competition and market-maker competition, BIS Papers No. 7, S. 53 sowie White, International Regulation of Securities, S. 207 (228), der daher vermutet, dass trotz Handelsplatzpluralität keine Marktfragmentierung drohe. 248 Bagheri/Nakajima, Competition and Integration among Stock Exchanges, OJLS 2004, 69 (81). 249 Board/Sutcliffe/Wells, Orderly Markets, S. 16; Schenk, Informationstechnologie und Börsensysteme, S. 35 m. w. N. Ähnlich Mues, Börse, S. 107 f. sowie offenbar auch Klenke, Börsendienstleistungen, S. 194. Im Ergebnis ebenso Hopt/Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (362). Vgl. allgemein aus netzwerk- und regelungstheoretischer Sicht Katz/Shapiro, Systems Competition and Network Effects, Journal of Economic Perspectives 8 (1994), 93 (112 f.). Eher kritisch hingegen Prada, Une nouvelle organisation des marchés, Revue d’économie financière 82 (2006), 41 (44).

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2. Die Funktionsfähigkeit des Interbörsenwettbewerbs

Gegenwärtig besteht innerhalb Europas ein intensiver Interbörsenwettbewerb.250 Die mittel- und langfristige Funktionsfähigkeit dieses Wettbewerbs, also die Möglichkeit wettbewerblicher Koexistenz sowie des Marktzutritts neuer Anbieter zum Börsendienstleistungsmarkt, wird indes in der Kapitalmarktforschung durchaus kontrovers diskutiert.251 So könnten schon produktionsseitige Skaleneffekte der Funktionsfähigkeit entgegenstehen.252 Skaleneffekte entstehen im Börsendienstleistungsmarkt aufgrund des relativ hohen Anteils fixer Handelsinfrastrukturaufwendungen an den Produktionskosten,253 und gerade sie sind es, die im gegenwärtigen Umfeld zu Börsenkonzentrationen in Gestalt der Betreiberkonzernierung Anlass geben.254 Erheblich wettbewerbshinderlich wirken Skaleneffekt indes nur dann, wenn aufgrund eines sehr hohen Fixkostenanteils das Minimum der Durchschnittskosten und mithin die minimale effiziente Größe des Börsenbetriebs erst bei einem Produktionsvolumen erreicht ist, welches im Verhältnis zum Marktvolumen sehr groß ist.255 Zwar kam es mit der Elektronisierung des Börsenhandels in den 1980/90er Jahren zu einer tiefgreifenden Verschiebung der Kostenstrukturen zugunsten fixer Infrastrukturkosten.256 Seither ist jedoch infolge der rapiden Verbilligung von Hard- und Software257 sowie der Verbreitung des Internets, das kostenintensive Stand250 Bagheri/Nakajima, Competition and Integration among Stock Exchanges, OJLS 2004, 69 (73); IOSCO, Exchange Evolution, S. 23; Licht, Stock Exchange Mobility, 41 Va J Intl L (2001), 583 (588 f.). 251 Im Überblick zu den wesentlichen Argumenten Bagheri/Nakajima, Competition and Integration among Stock Exchanges, 69 (78 ff.). Die langfristige Funktionsfähigkeit bejahen etwa Board/Sutcliffe/Wells, Orderly Markets, S. 7; Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 159 ff.; pessimistischer hingegen insbesondere Lee, The Future of Securities Exchanges, S. 9. 252 Lee, What is an exchange?, S. 55; Malkamäki/Topi, Strategic Challenges for Exchanges and Securities Settlement, S. 10. Allgemein Chruch/Ware, Industrial Organization, S. 119. 253 Vgl. nur Deutsche Bundesbank, Regulierung von Wertpapiermärkten, Monatsbericht Januar 2006, S. 37 (40). 254 Siehe oben Teil 1, Abschnitt 3, B. I., S. 69 f. 255 Church/Ware, Industrial Organization, S. 54 f.; Varian, Gründzüge der Mikroökonomik, S. 405 f. 256 Bindseil, Verfügungsrechte an organisierten Wertpapiermärkten, S. 86, S. 106 f. Entsprechend haben in diesem Zeitraum die Skaleneffekte zugenommen vgl. Malkamäki/Topi, Strategic Challenges for Exchanges and Securities Settlement, S. 10. 257 Domowitz/Steil, Automation, S. 11; Kurth, Alternative Systeme wie Börselight regulieren, Börsen-Zeitung v. 30. Mai 2001, S. 5; Lee, What is an exchange?, S. 55; Weber/Gisinger/Bruchez, Die Schweizer Finanzmarktinfrastruktur und die

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leitungsnetze als Zugangsmedium ablöst,258 wieder ein Rückgang fixer Infrastrukturkosten im Verhältnis zu variablen Produktionskosten festzustellen.259 Skaleneffekte und mit ihnen die minimale effiziente Größe eines Börsenbetriebs sind also tendenziell im Sinken begriffen,260 während sich zugleich der Börsendienstleistungsmarkt volumenmäßig261 und jedenfalls im Kundensegment der institutionellen Investoren auch in räumlicher Hinsicht erheblich erweitert hat.262 Produktionsseitige Skaleneffekte als Wettbewerbshindernis verlieren somit an Relevanz. Auch im Hinblick auf die Frage marktzutrittserschwerender verlorener Kosten macht sich der Wandel der Produktionstechnologie bemerkbar, besteht doch die Handelsinfrastruktur zunehmend aus standardisierten und damit weiterveräußerlichen Hardwarekomponenten.263 Allerdings ist eine maßgeschneiderte Handelssoftware weiterhin unerlässlich.264 Die hierfür aufzuwendenden verlorenen Kosten erschweren einen Marktzutritt, ohne ihn freilich zu verhindern.265 Ein bedeutsames Wettbewerbshindernis liegt demgegenüber in absoluten Kostenvorteilen der etablierten Börsenbetreiber, wenn sie privilegierten oder gar ausschließlichen Zugang zu bestehenden Clearing- und Settlementsystemen haben.266 Da ein solcher Zugang als Ergänzung zur Börsendienstleistung unverzichtbar ist, würde der Marktzutritt eines neuen Börsenbetreibers in diesem Fall den prohibitiv teuren Aufbau alternativer Abwicklungsstrukturen verlangen.267 Lange Zeit Hindernis eines kompetitiven MarktRolle des Staates, S. 33. Vgl. auch Schenk, Informationstechnologie und Börsensysteme, S. 72. 258 IOSCO, Securities Activity on the Internet II, S. 11. Beispielsweise zum Internet-Zugang zur FWB vgl. Deutsche Börse AG, Verkaufsprospekt/Börsenzulassungsprospekt, S. 61. 259 In jüngerer Zeit mit umfassenden statistischen Erhebungen WFE, Cost & Revenue Survey 2004, S. 34 f. Vgl. auch Bagheri/Nakajima, Competition and Integration among Stock Exchanges, OJLS 2004, 69 (80): Skaleneffekte nicht in allen Produktionsbereichen. 260 Vgl. Köndgen, Ownership and Corporate Governance of Stock Exchanges, JITE 154 (1998), 224 (239). 261 Köndgen, Mutmaßungen, FS Lutter 2000, S. 1401 (1407): „explosionsartige Ausweitung der Handelsvolumina“. 262 Zum räumlichen Markt sogleich unter 3. b) aa) (2), S. 487 ff. 263 Dönges, Competition for order flow, S. 11; Domowitz/Steil, Automation, S. 11; Schenk, Informationstechnologie und Börsensysteme, S. 62 f. 264 O’Hara, WFE Trading Survey 2003, S. 16. 265 Domowitz/Steil, Automation, S. 11. Allgemein vgl. Church/Ware, Industrial Organisation, S. 119. 266 Bagheri/Nakajima, Competition and Integration among Stock Exchanges, OJLS 2004, 69 (76); Board/Sutcliffe/Wells, Orderly Markets, S. 18.

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zutritts in den europäischen Börsendienstleistungsmarkt,268 haben inzwischen kartellrechtliche Maßnahmen269 sowie die Inaussichtstellung zusätzlicher regulatorischer Maßnahmen auf europäischer Ebene270 den Zutritt zu den Abwicklungsstrukturen geöffnet.271 Insbesondere für den grenzüberschreitenden Bereich verlangt Art. 34 MFIRL nunmehr auch eine aufsichtsrechtliche Absicherung diskriminierungsfreier Zutrittsrechte.272 Der zentrale Einwand gegen die Funktionsfähigkeit des Interbörsenwettbewerbs besteht indes im eingangs angesprochenen Zusammenhang von Marktgröße und Marktqualität: Grundsätzlich ist die Marktqualität und damit auch der Nutzen der Börsendienstleistung für ihre Abnehmer umso größer, je zahlreicher die Nutzerschaft ein und derselben Börse ist (Netzwerkoder Liquiditätseffekt).273 Entsprechend traditioneller Netzwerkmodelle konvergieren alle Orderströme letztlich auf einer Börse, wobei dieser Vorgang sehr rasch vor sich geht, sobald eine von mehreren ursprünglich gleich großen Börsen einen minimalen Liquiditätsvorsprung erlangt hat.274 Jedoch gilt das nur unter der Prämisse, dass die Marktliquidität der allein maßgebliche Auswahlfaktor für die Börsennutzer ist, hinter welchen die Faktoren der Entgelthöhe, Regelungsdichte und Produktpalette gänzlich zurücktreten. Selbst wenn man dies unterstellt, so ist doch nach gegenwärtigem Stand der netzwerktheoretischen Forschung die monopolbegründende Wirkung der Netzwerkeffekte zu relativieren: Unter realitätsgerechter Berücksichtigung 267 Board/Sutcliffe/Wells, Orderly Markets, S. 18, S. 23. Bestehende Clearingund Settlementstrukturen haben insoweit den Charakter einer „essential facility“, vgl. zum Begriff Immenga/Mestmäcker-Möschel, § 19 GWB Rn. 178. 268 Vgl. Remay/Champarnaud, Places Financières et Concurrence entre Marchés Boursiers, Revue d’économie financière 57 (2000), 109 (110). 269 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Commission raises competition concerns about behaviour of Clearstream Banking AG, Pressemitteilung IP/03/462 v. 31. März 2003. 270 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Clearing und Abrechnung in der Europäischen Union, KOM (2002), 257 endg.; dies., Clearing und Abrechnung in der Europäischen Union – Künftige Maßnahmen, KOM (2004) 312 endg. 271 Vgl. Kauppi, Bericht über Clearing und Settlement, S. 14 f. 272 Näher hierzu sowie zu künftig anvisierten Maßnahmen Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Clearing und Abrechnung in der Europäischen Union, KOM (2004) 312 endg., S. 17; Seitz, Die Regulierung von Wertpapierhandelssystemen in der EU, AG 2004, 497 (505). Durch das FRUG wurde Art. 34 MFIRL zwischenzeitlich in § 21 BörsG 2007, § 24b Abs. 3 KWG umgesetzt. 273 Katz/Shapiro, Systems Competition and Network Effects, Journal of Economic Perspectives 8 (1994), 93 (94). 274 Vgl. Pagano, Trading Volume and Asset Liquidity, Quarterly Journal of Economics 104 (1989), 255 (262); Svindland, Elektronische Märkte, S. 103 (115). Allg. Katz/Shapiro, Systems Competition and Network Effects, Journal of Economic Perspectives 8 (1994), 93 (105 f.).

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der Unsicherheit der Marktakteure über die Handelsplatzwahl der übrigen Marktteilnehmer wird nämlich die Koexistenz mehrerer Börsen im Gleichgewicht wie auch der Marktzutritt neuer Anbieter möglich.275 Unter der Voraussetzung der Erkennbarkeit regulatorischer Unterschiede für den Nutzer eröffnen sich hiermit Spezialisierungspotentiale, die als zentrifugale Kräfte den Netzeffekten entgegenwirken und die wettbewerbliche Koexistenz sowie den Marktzutritt neuer Anbieter mit maßgeschneiderten Dienstleistungsangeboten ermöglichen.276 Voraussetzung einer solchen Ausdifferenzierung der Dienstleistungsangebote ist allerdings, dass die Börsennutzer Differenzen der Regelungsqualität wahrnehmen können.277 Nun ist die Qualität börslicher Regelung für die Nutzer sicher nicht direkt beobachtbar, kann durch Lektüre der Regelwerke doch bestenfalls von der Regelsetzungsdichte Kenntnis genommen werden, nicht aber von der Vollzugsdichte und dem letztlich maßgeblichen Grad der Reduktion impliziter Transaktionskosten. Dieser lässt sich vielmehr nur durch Erfahrung und Vergleich mit anderen Orderausführungsformen näherungsweise ermitteln. Für institutionelle Investoren ist eine solche laufende Beobachtung und Auswertung eine Selbstverständlichkeit,278 so dass eine hinreichende Normbewertungsfähigkeit bei ihnen jedenfalls bejaht werden kann.279 Anders vermutlich bei Privatanlegern,280 doch kann zu deren 275

Vgl. Dönges, Competition for order flow, S. 103 ff.; Pagano, Trading Volume and Asset Liquidity, Quarterly Journal of Economics 104 (1989), 255 (263 ff.). 276 Bagheri/Nakajima, Competition and Integration among Stock Exchanges, OJLS 2004, 69 (80); Coffee, Competition among Securities Markets, S. 12 ff., S. 52 ff.; Dönges/Heinemann, Competition for Order Flow as a Coordination Game, S. 5 ff.; Ferrarini, Exchange Governance and Regulation, S. 245 (247); Katz/Shapiro, Systems Competition and Network Effects, Journal of Economic Perspectives 8 (1994), 93 (106); Lee, What is an exchange?, S. 55; Pagano, Trading Volume and Asset Liquidity, Quarterly Journal of Economics, May 1989, S. 255 (268); Mahoney, The Exchange as Regulator, Va L Rev 83 (1997) 1453 (1458); Parlour/Seppi, Liquidity-based Competition for Order Flow, Review of Financial Studies 16 (2003), 301 ff.; H. Schmidt/Oesterhelweg/Treske, Der Strukturwandel im Börsenwesen, Kredit und Kapital 1997, 369 (373); Weber/Gisinger/Bruchez, Die Schweizer Finanzmarktinfrastruktur und die Rolle des Staates, S. 34, S. 42 ff. Beispiele bei Remay/Champarnaud, Places Financières et Concurrence entre Marchés Boursiers, Revue d’économie financière 57 (2000), 109 (111). Überblick über verschiedenen theoretischen Erklärungen der Koexistenz von organisierten Märkten bei Dönges, Competition for order flow, S. 74 ff. 277 Ogus, Rethinking Self-Regulation, OJLS 15 (1997), 97 (103); Stephan, Regulatory Cooperation and Competition, S. 36 ff. 278 Davis/Steil, Institutional Investors, S. 429 mit Fn. 47. 279 Davis/Steil, Institutional Investors, S. 237; Damrau, Selbstregulierung, S. 205 ff.; vgl. auch Speyer, Governance internationaler Finanzmärkte, S. 302 (307). 280 Kritisch zur Qualitätsbewertungsfähigkeit insbesondere der privaten Letztanleger Mues, Börse, S. 217. Differenzierend und insgesamt optimistischer hin-

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Gunsten die Qualitätsbewertungsfähigkeit der Intermediäre nutzbar gemacht werden, indem diese durch eine stringente Überwachung der Best-execution-Pflicht zur verstärkten Berücksichtigung auch der impliziten Transaktionskosten für Kleinanlegerorders angehalten werden.281 Dabei entfällt bei nicht-genossenschaftlicher Betreiberstruktur auch der Anreiz der Intermediäre zu einem bevorzugten Orderrouting auf die „eigene“ Börse;282 jegliches payment for order-flow muss allerdings aufsichtsrechtlich streng kontrolliert werden.283 Zuletzt können einem funktionsfähigen Interbörsenwettbewerb Wechselkosten entgegenstehen. Solche Kosten können vor allem in den umsatzunabhängigen pauschalen Zugangsentgelten (vgl. Teil 1, Abschnitt 2, B. I. 2.) sowie u. U. in den Kosten für den Zutritt zu anderen Clearing- und Abwicklungssystemen sowie in technischen Anschlusskosten (Erwerb spezifischer Software, Einarbeitungskosten) bestehen.284 Indes entstehen solche Kosten nur, wenn der Nutzer einen Direktzugang anstrebt statt seine Orders über einen Intermediär an die Börse zu leiten. Praktisch werden sie also nur für wechselwillige institutionelle Investoren und Intermediäre relevant. In diesem Fall können Wechselkosten durch eine gewisse strategische Preissetzung für Neukunden reduziert285 sowie technische Wechselkosten subventioniert werden,286 so dass sich mit der wohl überwiegenden Mehrgegen Choi, Regulating Investors not Issuers, Cal L Rev 88 (2000), 279 (284 ff. und insbesondere 296 ff.). Ohne Differenzierung Fischel/Grossman, Customer Protection in Futures and Secruties Markets, Journal of Futures Markets 4 (1984), 273 (293 f.). 281 IOSCO, Transparency and Market Fragmentation, S. 17 f. Denkbar auch, dass sich künftig unabhängige Qualitätszertifizierungsinstanzen – wie z. B. Finanztest – der Frage der Orderausführungsgüte annehmen, vgl. Board/Sutcliffe/Wells, Orderly Markets, S. 12. 282 Bagheri/Nakajima, Competition and Integration among Stock Exchanges, OJLS 2004, 69 (81). 283 IOSCO, Transparency and Market Fragmentation, S. 18. 284 Schenk, Informationstechnologie und Börsensysteme, S. 70. Vgl. auch Hilton/ Lascelles, iX: better or just bigger?, S. 6, wo die Kosten des Wechsels der LSE-Nutzer auf das Xetra-Handelssystem (wie beim iX-Projekt vorgeschlagen) auf durchschnittlich GBP 30.000,00 je Nutzer geschätzt wurden. 285 Domowitz/Steil, Automation, S. 8 f. mit Beispielen; Geiger, Konsolidierung der europäischen Börsenlandschaft am Beispiel der Eurex, S. 71 f. 286 Cybo-Ottone/Di Noia/Murgia, Recent Developments in the Structure of Securities Markets, BWP Fin Serv 2000, 223 (251). Vgl. auch die oben unter Teil 1, Abschnitt 3, C. III. 1. a), S. 91 mit Fn. 132 erwähnten Beispiele von Migrationshilfen im Rahmen der lokalen Konzentration von Handelssegmenten. Hierin liegt ein Fall des „Sponsorings“ einer neuen Handelsform im Sinne von Katz/Shapiro, Systems Competition and Network Effects, Journal of Economic Perspectives 8 (1994), 93 (101 ff.).

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zahl der Beobachter die Funktionsfähigkeit des Börsenwettbewerbs insgesamt bejahen lässt.287 3. Der Schutz des Interbörsenwettbewerbs durch das Kartellrecht

Mit dem nationalen und europäischen Kartellrecht existieren normative Grundlagen, deren grundsätzliche Eignung zum Schutz eines funktionsfähigen Wettbewerbs außer Zweifel steht. Dies gilt im Börsendienstleistungsmarkt jedenfalls dann, wenn seine ökonomischen Besonderheiten (also insbesondere Netzeffekte,288 produktionsseitige Skaleneffekte sowie die Frage des Zugangs zu Abwicklungssystemen) in ihren teils ambivalenten Auswirkungen auf den Wettbewerb erfasst und in der kartellrechtlichen Bewertung berücksichtigt werden. Im Folgenden seien daher nur zwei Themenkreise herausgegriffen: Die für die kartellrechtliche Bewertung insbesondere der verschiedenen Börsenkonzentrationsphänomene in concreto heranzuziehenden Rechtsgrundlagen sollen aufgezeigt sowie im Anschluss der relevante Markt bestimmt werden, sind hier doch viele Schwierigkeiten der Kartellrechtsanwendung im Börsendienstleistungsmarkt verwurzelt. a) Die normativen Grundlagen der kartellrechtlichen Beurteilung aa) Marktseitige Konzentration auf kooperationsvertraglicher Basis Die einer marktseitigen Konzentration (lokale Konzentration von Handelssegmenten, gemeinsame Handelsplattform) zugrundeliegenden Kooperationsabreden der Börsenbetreiber können als wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen Unternehmen sowohl dem Kartellverbot nach Art. 81 EGV als auch § 1 GWB unterliegen. Die Anwendbarkeit des euro287 Board/Sutcliffe/Wells, Orderly Markets, S. 7; Coffee, Competition among Securities Markets, S. 12 ff., S. 52 ff.; Damrau, Selbstregulierung, S. 208; Davis/Steil, Institutional Investors, S. 237, S. 361 ff.; Domowitz/Steil, Automation, S. 11; Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 161. Vorsichtig bejahend auch Bagheri/Nakajima, Competition and Integration among Stock Exchanges, OJLS 2004, 69 (79 f.) mit differenzierter Betrachtung unter Berücksichtigung von Pfadabhängigkeiten. A. A. Lee, The Future of Securities Exchanges, S. 9. 288 Sie waren in jüngeren Jahren in Bezug auf den Telekommunikationssektor sowie auf B2B-Plattformen Gegenstand intensiver Diskussion, vgl. Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, S. 4 f.; Veljanovski, EC Antitrust and the New European Economy, ECLR 22 (2001), 115 ff., der sogar eine Übersensibilität der europäischen Kartellrechtspraxis gegenüber Netzeffekten diagnostiziert; monographisch Tröller, Kartellrechtliche Probleme von elektronischen B2B-Marktplätzen.

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päischen Kartellrechts verlangt dabei eine Eignung zur Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels, wie sie bei grenzüberschreitender Absprache zwischen Börsenbetreibern innerhalb des europäischen Börsendienstleistungsmarktes – zur Reichweite des räumlich relevanten Marktes sogleich unter b)289 – durchaus zu bejahen ist.290 Erforderlich ist allerdings die Spürbarkeit dieser potentiellen Beeinträchtigung, die gemäß Nr. 7 a) Bekanntmachung 2001/C 368/07 bei einem kumulativen Anteil der beteiligten Unternehmen am relevanten Markt von über 10% zu bejahen ist. Ist die Spürbarkeitsgrenze überschritten, so kommt das europäische Kartellrecht neben dem nationalen Kartellrecht nach Maßgabe von Art. 3 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1/2003, § 22 Abs. 2 GWB vorrangig zur Anwendung.291 Unterhalb dieser Schwelle bleibt es bei der alleinigen Anwendung des nationalen Rechts, aus deutscher Sicht also der §§ 1 ff. GWB. Aufgrund der inzwischen fast vollständigen Angleichung dieser Vorschriften an das europäische Recht einschließlich eines Verweises auf die europäischen Gruppenfreistellungsvorschriften soll im Weiteren nur die Rechtslage unter Art. 81 EGV dargestellt werden.292 (1) Die lokale Konzentration von Handelssegmenten Bei der lokalen Konzentration von Handelssegmenten liegt eine (wechselseitige) Spezialisierungsvereinbarung vor, wie sie durch den beiderseitigen Verzicht auf die Erzeugung bestimmter Produkte oder die Erbringung bestimmter Dienstleistungen zugunsten des jeweiligen Kooperationspartners definiert ist.293 Als solche bezweckt und bewirkt die Kooperationsabrede in geradezu idealtypischer Form eine Einschränkung des bis dato bestehenden 289

Siehe S. 487 ff. sowie S. 493 ff. So offenbar auch die Kommission, XXXI. Bericht über die Wettbewerbspolitik 2001, Nr. 198. A. A. Beck, Die Börsen im Lichte des deutschen und europäischen Kartellrechts, WM 2000, 597 (608), allerdings auf Basis der Annahme national begrenzter relevanter Märkte. 291 Lettl, Kartellrecht, § 7 Rn. 463, S. 205 f.; Gauer/Dalheimer/Kjolbye/De Smijter, Regulation 1/2003: a modernised application of EC competition rules, Competiton Policy Newsletter 2003/1, 3 (6). 292 Zu dieser Angleichung vgl. nur Lettl, Kartellrecht, § 8 Rn. 480 ff., S. 214 ff. Als deutsche Besonderheit überlebt hat hierbei nur die Freistellung für Mittelstandskartelle nach § 3 GWB. Sie umfassen seit der Reform in 2005 zwischenbetriebliche Kooperationen jeder Art zwischen kleinen und mittleren Unternehmen, wobei es zur Abgrenzung von Großunternehmen weiterhin vor allem auf die relativen Anteile am betroffenen Markt ankommen dürfte. Danach könnte § 3 GWB etwa für grenzüberschreitende Kooperationen deutscher Regionalbörsen in Betracht kommen, wenn auch der Kooperationspartner eine kleine bzw. Nischenbörse ist. 293 Vgl. nur Fine, Mergers and Joint Ventures in Europe, Rn. 13–001, S. 386. 290

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direkten Wettbewerbs294 zwischen den beteiligten Börsenbetreibern durch eine Einschränkung der Erzeugung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b) EGV.295 Aufgrund der potentiellen Effizienzförderlichkeit von Spezialisierungen sieht die VO (EG) Nr. 2658/2000 allerdings weitreichende Freistellungsmöglichkeiten vor.296 Sie setzen gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. b) VO jedoch voraus, dass die Kooperationspartner neben der wechselseitigen Produktionseinschränkung auch den wechselseitigen Bezug der Spezialisierungsprodukte voneinander zum Zwecke des Weiterabsatzes vereinbaren. Diese den Rückzug eines Unternehmens vom nachgelagerten Absatzmarkt verhindernde Absprache297 fehlt bei einer lokalen Konzentration von Handelssegmenten (weitestgehend), sollen doch die Handelsteilnehmer den Zugang zum Spezialisierungssegment direkt beim jeweiligen Betreiber erlangen; nur die Emittenten im Falle der Reduktions-Einbeziehungsmethode erhalten die Zulassungsdienstleistung weiterhin bei ihrem angestammten Börsenbetreiber. Kommt eine Gruppenfreistellung somit nicht in Betracht, so beurteilt sich die kartellrechtliche Zulässigkeit einer lokalen Konzentration unmittelbar am Maßstab des Art. 81 Abs. 3 EGV. Es ist also im Einzelfall zu prüfen, ob sie neben der Wettbewerbsbeschränkung zu einer überwiegenden Verbesserung der Dienstleistungsqualität und/oder Produktionskostensenkung führt,298 welche infolge fortbestehenden Wettbewerbsdrucks auch an die 294 Dazu, dass keine wertpapierspezifische Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes vorgenommen werden kann sogleich unten b) aa) (1) (b), S. 485 f. Es kann daher nicht argumentiert werden, dass es in keinem einzigen Markt zu einer (weiteren) Beschränkung des Wettbewerbs komme, weil der Handel in einem Wertpapier (wie in den meisten Fällen) ohnehin schon an einer der beteiligten Börsen konzentriert gewesen sei und sich hieran durch die Umschichtung der Orderbücher nichts ändere. 295 Fine, Mergers and Joint Ventures in Europe, Rn. 13–007, S. 389; Emmerich, Kartellrecht, § 37 8 b), S. 401. Siehe auch Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EGV auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001 C 3/2, Nr. 101. 296 Vgl. Erwägungsgrund 8 zu VO (EG) Nr. 2658/2000 über die Anwendung von Art. 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Spezialisierungsvereinbarungen. 297 Vgl. Erwägungsgrund 12 zu VO (EG) Nr. 2658/2000. 298 Vgl. zu den einzelnen möglichen Leistungsgewinnen i. S. d. Art. 81 Abs. 3 EGB vgl. Gleiss/Hirsch, Art. 85 (3) Rn. 1875 ff.; Loewenheim/Meesen/RiesenkampffMeesen, Art. 81 Abs. 3 Rn. 17 ff.; Fine, Mergers and Joint Ventures in Europe, Rn. 13–019 ff., S. 395 f. Klassischer Leistungsgewinn im Falle der Spezialisierung sind die Produktionskostensenkungen infolge von Skaleneffekten. Sie fallen unter die „Verbesserung der Warenerzeugung“ i. S. d. Art. 81 Abs. 3 Alt. 1 EGV. Steigerungen der Produktqualität sind jedenfalls als Effizienzgewinn anerkannt, Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EGV auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001 C 3/2,

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Börsennutzer weitergegeben werden.299 Dabei stehen bei der lokalen Konzentration die schon oben dargelegten Qualitätsverbesserungen durch eine nutzergerechtere Produktpalette und verbesserte Marktliquidität im Vordergrund, welche den Nutzern unmittelbar in Form ersparter Aufwendungen für mehrfache Börsenzugänge und geringeren impliziten Transaktionskosten zugute kommen.300 Freilich ist nach Art. 81 Abs. 3 lit. b) EGV der Fortbestand von Wettbewerb im relevanten Markt unter Berücksichtigung der Marktanteile301 und der oben dargelegten potentiell marktzutrittsbeschränkenden Wirkung von Netzeffekten und den Verhältnissen auf dem nachgelagerten Clearing- und Abwicklungsmarkt sorgfältig zu prüfen.302 Hierbei ist neben den genannten Umfeldveränderungen der jüngsten Zeit insbesondere zu beachten, dass die in Handelssegmenten zusammengefassten Wertpapiere bestimmter Emittentenkategorien bzw. das Angebot einer Börsendienstleistung in diesen Handelssegmenten, wie sogleich zu zeigen ist, keine gesonderten sachlich relevanten Märkte darstellen.303 (2) Die gemeinsame Handelsplattform Bei der gemeinsamen Handelsplattform kooperieren mehrere Börsenbetreiber dergestalt, dass sie gemeinschaftlich eine Börse im ökonomischen Sinne betreiben, den Zugang zu welcher sie im Außenverhältnis allerdings jeweils im eigenen Namen als Gegenstand einer eigenständigen Börsendienstleistung anbieten. Nr. 32; Gleiss/Hirsch, Art. 85 (3) Rn. 1892, werden dabei allerdings meist unter der „Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts“ erfasst, wo sie indes bislang vor allem im Rahmen von FuE-Kooperationen relevant wurden, vgl. Fine, a. a. O., Rn. 13–023. Die Situation im Börsendienstleistungsmarkt, wo allein schon aufgrund der Spezialisierung Qualitätszuwächse eintreten, dürfte dabei einen Sonderfall darstellen. 299 Zu diesem Erfordernis näher Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EGV auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001 C 3/2, Nr. 103; Fine, Mergers and Joint Ventures in Europe, Rn. 13–024 f., S. 396 f. 300 Siehe oben Teil 1, Abschnitt 3, B. III., S. 72 f. sowie Teil 3, Abschnitt 2, B. II. 1., S. 407 ff. 301 Vgl. das Beispiel in Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EGV auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001 C 3/2, Nr. 113. 302 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EGV auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001 C 3/2, Nr. 105. 303 Siehe unten b) aa) (1) (b), S. 485 f. In diesem Sinne segementsspezifischer sachlich relevanter Märkte aber offenbar Mues, Börse, S. 185 f.

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Erfolgt die Kooperation dabei in dem eingangs beschriebenen weiten Umfang (also mit Konzentration des Infrastrukturbetriebs, Anpassung der Entgelte und einem einheitlichen Außenauftritt),304 so weist die gemeinsame Handelsplattform erhebliche Ähnlichkeiten mit einem konzentrativen Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen im Sinne des Art. 3 Abs. 4 FKVO305 auf. Tatsächlich wird die Zahl der unterschiedlichen Börsendienstleistungsangebote hier in fusionsähnlicher Weise reduziert. Indes fehlt bei der rein kooperationsvertraglich basierten gemeinsamen Handelsplattform ein eigenständiges Management mit Dispositionsbefugnis über die Betriebsmittel.306 Diese werden vielmehr von den jeweils im Konsens agierenden Kooperationspartnern bereitgestellt,307 die auch den Vertrieb der Börsendienstleistung nach außen im eigenen Namen vornehmen.308 Trotz typischerweise dauerhafter Anlage der Kooperation liegt daher mangels Selbständigkeit der Wirtschaftseinheit kein Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen vor, sondern lediglich eine (interne) Produktionsgemeinschaft. Dabei beseitigt die gemeinsame Handelsplattform in ihrer typischen Ausgestaltung (mit vereinheitlichten Preisen für eine inhaltlich nunmehr identische Börsendienstleistung) den Wettbewerb zwischen den ehemals konkurrierenden Kooperationspartnern im Sinne des Art. 81 Abs. 1 EGV praktisch 304

Siehe oben unter Teil 1, Abschnitt 3, C. II. a), S. 83 f. VO (EG) Nr. 139/2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen. 306 Vgl. zu diesem Erfordernis eines Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmens Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Mitteilung über den Begriff des Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmens, ABl. 1998 C 66/1, Nr. 12. Siehe auch Hewitt, Joint Ventures, Rn. 6–08, S. 140 f. Über ein solches eigenständiges Management verfügt hingegen Eurex, weshalb die Kommission hier ein konzentratives Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen annahm, vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, XXXI. Bericht über die Wettbewerbspolitik 2001, S. 69 Nr. 197. Zur Struktur von Eurex siehe oben Teil 1, Abschnitt 3, C. II. 3., S. 88. Infolge der Konzerneinbindung des schweizerischen Börsenbetreiberunternehmens und des deutschen Trägerunternehmens (und der offenbar bedingungslosen Gefolgschaft des Börsenrates der Eurex-Deutschland-Anstalt gegenüber den Vorgaben der in Personalunion mit dem Trägerunternehmensvorstand besetzten Börsengeschäftsführung) war dabei trotz der formell rein bilateralen Kooperation die Einheitlichkeit der Unternehmensleitung durch das Management der Eurex Zürich AG möglich. Näher zu den de-facto-Strukturen der Unternehmensleitung vgl. Geiger, Konsolidierung der europäischen Börsenlandschaft am Beispiel der Eurex, S. 147 ff. 307 Vgl. oben Teil 1, Abschnitt 3, C. II. 2., S. 87 f. Zu einer ähnlich bilateralen Kooperation in einem anderen Sachverhalt vgl. Kommissionsentscheidung M 1315 v. 15. Oktober 1998 in Sachen ENW/Eastern; Hewitt, Joint Ventures, Rn. 6–10, S. 141. 308 Vgl. oben Teil 1, Abschnitt 3, C. II. 2., S. 87 f. Zur Maßgeblichkeit dieses Aspekts vgl. auch Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Mitteilung über den Begriff des Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmens, ABl. 1998 C 66/1, Nr. 13. 305

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vollständig. In Anerkennung ihrer potentiell effizienzförderlichen Wirkung sieht indes VO Nr. 2658/2000 auch für Produktionsgemeinschaften grundsätzlich eine gruppenweise Freistellung vor, sofern der kumulative Marktanteil der gemeinsamen Handelsplattform am relevanten Börsendienstleistungsmarkt 20% nicht überschreitet.309 Allerdings kann hierbei gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. a) VO Nr. 2658/2000 die Vereinheitlichung der Nutzungsentgelte zwischen den Kooperationspartnern niemals freigestellt werden.310 Die Tatsache, dass es sich hierbei um eine für den Bestand der gemeinsamen Handelsplattform praktisch unerlässliche Beschränkung handelt, kann nur im Rahmen der Einzelfallprüfung dieser wettbewerbsbeschränkenden Abrede am Maßstab des Art. 81 Abs. 3 EGV berücksichtigt werden.311 Neben signifikanten Qualitätsverbesserungen in Form einer erweiterten Produktpalette und liquiditätsbedingten Marktqualitätsverbesserungen,312 die hier stärker noch als bei der lokalen Konzentration von Handelssegmenten zu erwarten sind, spielen bei der gemeinsamen Handelsplattform auch Produktionskostensenkungen eine Rolle,313 wie sie vor allem durch eine Zentralisierung des Infrastrukturbetriebs möglich werden und deren angemessene Weitergabe im Falle eines ausreichenden verbleibenden Wettbewerbs – festzustellen wie oben unter Berücksichtigung der Markanteile und sorgfältiger Bewertung des Liquiditätseffektes314 – durchaus zu erwarten ist.

309 Art. 4 VO (EG) Nr. 2658/2000 über die Anwendung von Art. 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Spezialisierungsvereinbarungen. Zu möglichen Ausnahmen vgl. Hewitt, Joint Ventures, Rn. 6–39, S. 157. 310 Eine Ausnahme griffe nach Art. 5 Abs. 2 lit. b) VO (EG) Nr. 2658/2000 nur im Falle des gemeinsamen Vertriebs der Börsendienstleistung, welcher indes dann nicht gegeben ist, wenn jeder der Kooperationspartner die Dienstleistung weithin im eigenen Namen anbietet. Vgl. auch Hewitt, Joint Ventures, Rn. 6–39, S. 157. 311 Vgl. Fine, Mergers and Joint Ventures in Europe, Rn. 15–043. Dabei kann insbesondere der Gesichtspunkt eine Rolle spielen, dass mit der wettbewerbsbeschränkenden Abrede ein Trittbrettfahren verhindert werden soll, vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EGV auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001 C 3/2, Nr. 35. 312 Zur Produktpalettenerweiterung als Leistungsgewinn vgl. Fine, Mergers and Joint Ventures in Europe, Rn. 15–034 mit zahlreichen Nachweisen aus der Entscheidungspraxis. 313 Vgl. zu deren Relevanz Fine, Mergers and Joint Ventures in Europe, Rn. 15–031. 314 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EGV auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001 C 3/2, Nr. 96 ff.; Fine, Mergers and Joint Ventures in Europe, Rn. 15–050 ff.

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bb) Marktseitige Konzentration auf Basis einer Betreiberkonzernierung Die Praxis der letzten Jahre hat gezeigt, dass marktseitigen Konsolidationsbemühungen auf rein kooperationsvertraglicher Basis wenig dauerhafter Erfolg beschieden ist.315 Künftige marktseitige Konzentrationsbemühungen sind daher nur innerhalb einer zentral steuerbaren wirtschaftlichen Einheit zu erwarten,316 die praktisch durch eine ihrerseits der Fusionskontrolle unterfallende Einbindung der Börsenbetreiber als 100%ige Tochterunternehmen unter dem Dach einer Börsenholdinggesellschaft hergestellt wird. Erfolgt nun zwischen konzernverschwisterten Börsenbetreibergesellschaften eine lokale Konzentration von Handelssegmenten oder wird eine gemeinsame Handelsplattform errichtet, so ist dieser Vorgang nach neuerer Rechtsprechung des EuGH nicht am Kartellverbot zu messen: Bei Gesellschaften, an denen ein und dasselbe Mutterunternehmen mehrheitlich beteiligt ist, wird – unabhängig von der konkreten Intensität der zentralen Konzernsteuerung – angenommen, dass diese ihr Marktverhalten nicht selbständig bestimmen. Sie bilden damit im Sinne des Kartellrechts eine „wirtschaftliche Einheit“ und nur ein Unternehmen im Sinne des Art. 81 EGV.317 Demzufolge unterliegt in diesem Falle allein der zugrundeliegende Konzernbildungsvorgang einer Prüfung nach Maßgabe des jeweils anwendbaren Fusionskontrollrechts. Alle weiteren konzerninternen Umgestaltungen der Börsendienstleistungsproduktion sind kartellrechtlich irrelevant, doch können die von ihnen ausgehenden wettbewerblichen Effekte natürlich in der fusionsrechtlichen Prüfung berücksichtigt werden.318

315 Köndgen, Ownership and Corporate Governance of Stock Exchanges, JITE 154 (1998), 224 (240); Lee, The Future of Securities Exchanges, S. 10 ff. Siehe oben Abschnitt 2, B. I. 1., S. 404 m. w. N. zum transaktionskostenökonomischen Hintergrund. 316 Svindland, Elektronische Märkte, S. 103 (118). Vgl. auch Geiger, Konsolidierung der europäischen Börsenlandschaft am Beispiel der Eurex, S. 200. 317 EuGH Urt. v. 30. September 2003, Rs. T-203/01 (Manufacture française de pneumatiques Michelin/Kommission), Nr. 290 der Egrd. Zuvor schon für das Verhältnis von Konzernmutter und (straff geführter) 100%iger Tochter EuGH, Urt. v. 24. Oktober 1996, Rs. C-73/95 (Viho Europe BV/Kommission). Im Ergebnis zustimmend, aber kritisch zum dogmatischen Ansatz beim Unternehmensbegriff Fleischer, Konzerninterne Wettbewerbsbeschränkungen und Kartellverbot, AG 1997, 491 (493 ff.), der vielmehr auf das konzerninterne Fehlen eines beschränkbaren Wettbewerbs abstellt, welcher Schutzgut und Anwendungsgrund des Art. 81 EGV ist. Ebenso FK-Roth/Ackermann, Art. 81 Abs. 1 EGV Grundfragen, Rn. 212; Gleiss/Hirsch, Art. 85 EGV Rn. 190 f. 318 Vgl. insbes. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse gemäß der Ratsverordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl. 2004 C 31/3, Nr. 80 f.

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cc) Betreiberkonzernierung Die fusionskontrollrechtliche Prüfung von Börsenbetreiberkonzernierungen vollzieht sich auch im grenzüberschreitenden Bereich gegenwärtig (noch) überwiegend nach den nationalen Fusionskontrollvorschriften,319 aus deutscher Sicht also nach den §§ 35 ff. GWB. Denn das europäische Fusionskontrollrecht erhebt seinen Anwendungsanspruch gemäß Art. 1 FKVO erst ab einer Schwelle des kumulierten Umsatzes von EUR 2,5 Mrd. Dabei kann das Umschlagsvolumen einer Börse selbstverständlich nicht mit ihrem Umsatz gleichgesetzt werden, der vielmehr allein aus den Zulassungs- und Handelsentgelteinnahmen besteht.320 Hiermit werden gegenwärtig die hohen Werte der FKVO bei innereuropäischen Börsenbetreiberfusionen meist nicht erreicht: Euronext hatte im Jahr 2005 unter Einschluss der Geschäftstätigkeit der Pariser, Brüsseler, Amsterdamer und der portugiesischen Börsen sowie der Londoner Terminbörse LIFFE Umsatzerlöse in Höhe von EUR 961,9 Mio,321 Deutsche Börse AG und LSE hätten im Jahr 2005 einen kumulierten Umsatz von ca. EUR 2,01 Mrd gehabt;322 allein eine Fusion von Euronext und Deutsche Börse AG hätte im Jahr 2005 mit einem kumulierten Umsatz von ca. EUR 2,59 Mrd die Anwendbarkeitsschwelle knapp überschritten. In den übrigen Fällen verbliebe es also, soweit keine Übertragung der Fusionskontrolle auf die Kommission nach Art. 4 Abs. 5 bzw. Art. 22 FKVO erfolgt, bei der Prüfung durch die nationalen Kartellbehörden in Anwendung des nationalen Fusionskontrollrechts. Ist hierbei die Anwendbarkeitsschwelle des § 35 Abs. 1 GWB mit über EUR 500 Mio kumulativem Umsatz und über EUR 25 Mio Inlandsumsatz eines beteiligten Unternehmens überschritten,323 so ist zu prüfen, ob auf dem relevanten europäischen Börsendienstleistungsmarkt infolge des Zusammenschlusses eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt würde.324 Ist dies unter Berück319 Kritisch hierzu aus rechtspolitischer Sicht Kommission der Europäischen Gemeinschaften, XXX. Bericht über die Wettbewerbspolitik 2000, S. 81 Nr. 241. 320 Monti, The integration of European capital market infrastructure and competition law, sub 3. Zu Einzelheiten der Umsatzberechnung siehe Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Mitteilung über die Berechnung des Umsatzes, ABl. 1998 C 66/25. 321 Euronext N. V., Annual Report 2005, S. VIII. 322 Vgl. zum Umsatz der Deutsche Börse AG vgl. dies., Geschäftsbericht 2005, S. 5 (EUR 1.631,5 Mio), zum Umsatz der London Stock Exchange plc dies., Annual Report 2005, S. 2 (260 Mio GBP, d.h. EUR 380,2 Mio unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen Umrechnungskurses im Jahr 2005 von 1 GBP = 1,4624 EUR). 323 Was bei Fusion unter Beteiligung der Deutsche Börse AG/FWB nach gegenwärtigem Stand jedenfalls der Fall wäre, vgl. Fn. zuvor sowie schon Merkt, Gutachten 64. DJT, G 117.

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sichtigung der oben geschilderten Besonderheiten und Entwicklungen des Börsendienstleistungsmarktes – Senkung der Marktzutrittsschranken, abnehmende Bedeutung des Liquiditätseffektes – zu bejahen,325 so ist gemäß § 36 Abs. 1 GWB weiter zu prüfen, ob die Nachteile der Marktbeherrschung durch eventuelle Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen überwogen werden. Hierbei ist zu beachten, dass bei der reinen Betreiberkonzentration allenfalls produktionsseitige Skaleneffekte zu erwarten sind, wobei deren Weitergabe an die Börsennutzer gesichert sein muss. Tritt eine marktseitige Konzentration hinzu, so sind außerdem die oben dargelegten Verbesserungen der Dienstleistungsqualität mit ihren positiven Rückwirkungen auf die Kapitalmarktfunktionalität zu erwarten und in die Abwägung der Vor- und Nachteile einzustellen.326 b) Relevanter Markt Bislang wurde die Existenz eines europaweiten Börsendienstleistungsmarktes unterstellt. Die sachliche wie räumliche Marktabgrenzung sei hier nachgeholt, und zwar aus den soeben unter cc) erwähnten Gründen ebenfalls in Anwendung der Kriterien des deutschen Rechts. Inhaltlich besteht dabei weitgehende Deckungsgleichheit mit den Marktabgrenzungskriterien des europäischen Kartellrechts, so dass die Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft327 sowie die diesbezügliche Auslegungspraxis ergänzend herangezogen werden können.328 Hierbei wird die eingangs (Teil 1) vorgenommene Verengung der Betrachtung auf den Markt für Handelsorganisationsdienstleistungen nun auf324 Allg. Immenga/Mestmäcker-Mestmäcker/Veelken, § 36 GWB Rn. 119 ff. Vgl. auch Bundeskartellamt Entscheidung v. 27. Juni 2005, Gesch.-Z.: B 4 – 67110 – Fa – 09/05, S. 10 ff. (zum fehlgeschlagenen Übernahmeversucht Deutsche Börse AG/ LSE in 2005). 325 Dabei kann der Ansicht von Beck, Die Börsen im Lichte des deutschen und europäischen Kartellrechts, WM 2000, 597 (608, 611), der die Möglichkeit der Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung durch eine grenzüberschreitende Börsenfusion gegenwärtig kategorisch verneint, nicht gefolgt werden. Diese Ansicht fußt auf der – jedenfalls im Jahre 2006 nicht mehr haltbaren – Annahme, dass national getrennte Börsendienstleistungsmärkte vorlägen. Siehe zur räumlichen Reichweite des Markes sogleich unter b) aa) (2), S. 487 ff. 326 Würde ein Zusammenschluss erst unter Hinzutreten dieser Vorteile zulässig, so kann das Kartellamt den beteiligten Börsenbetreibern gemäß § 40 Abs. 3 GWB zur Auflage machen, entsprechende marktseitige Konzentrationen binnen gewisser Fristen in die Wege zu leiten. Kritisch zu diesem Instrument allerdings Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, § 13 Rn. 143, S. 374. 327 ABl. 1997 C 372/5. 328 Vgl. etwa Emmerich, Kartellrecht, § 18 4 a), S. 168 mit Fn. 8 sowie passim.

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gehoben. Zwar ergibt sich aus der Natur der Wertpapierzulassungsdienstleistung grundsätzlich die dort dargelegte Akzessorietät der Listingplatzpräferenzen der Emittenten zu den Handelsplatzpräferenzen der Anleger, doch sind bei der Bestimmung der tatsächlichen Reichweite des relevanten Marktes in diesem hochgradig regulatorisch überformten Bereich auch und vor allem rechtliche Vorgaben zu beachten. Diese können den Gleichlauf der Listing- und Handelsplatzpräferenzen auflösen, weshalb hier eine gesonderte Betrachtung des Marktes für Wertpapierzulassungsdienstleistungen geboten ist.329 Zur Klarstellung sei hier wiederholt, dass ausschließlich Börsendienstleistungen im Bereich des Aktienhandels betrachtet werden und hierbei vom Präsenzhandel aufgrund seiner heute untergeordneten Bedeutung abstrahiert wird. aa) Der Markt für Handelsorganisationsdienstleistungen Die Handelsorganisationsdienstleistung besteht in der Bereitstellung einer transaktionskostenarmen Sekundärhandelsmöglichkeit für Anleger, die dabei teils direkt, teils durch Intermediäre am Handel teilnehmen. Im ersteren Fall bestimmen sie selbst Ausführungsart und -ort für ihre Orders. Im letzteren Fall determinieren die Anlegerpräferenzen die diesbezügliche Entscheidung des Intermediärs, sei es qua ausdrücklicher Weisung,330 sei es qua kommissions- und aufsichtsrechtlicher Best-execution-Pflicht, die eine interessengerechte Auftragsausführung verlangt.331 Die Handelsplatzentscheidungen der Intermediäre werden somit nicht nur auf dem Umweg des 329 Vgl. schon die getrennte Analyse in Bundeskartellamt Entscheidung v. 27. Juni 2005, Gesch.-Z.: B 4 – 67110 – Fa – 09/05, S. 12 ff.; Competition Commission, Deutsche Börse AG, Euronext NV and London Stock Exchange plc, S. 31. 330 Zum Weisungsrecht vgl. in Deutschland: § 384 Abs. 1 HGB sowie Nr. 2 Abs. 1 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte der deutschen Banken. Großbritannien: FSA, Best Execution, DP, S. 12 Rn. 4.6. Frankreich: Art. 1991 Code civil sowie hierzu Bonneau/Drummond, Droit des Marchés Financiers, no. 415. 331 Vgl. die bisherigen, auf Art. 11 WPDRL basierenden aufsichtsrechtlichen Vorschriften, in Deutschland § 31 Abs. 1 WpHG i. V. m. Nr. 3.3 Richtlinie zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG; Großbritannien: COB 7.5.1 ff. sowie eingehend FSA, Best Execution, CP 154. Frankreich: Art. L. 533-4 Code Monétaire Financier i. V. m. Art. 321-42 Règlement Général AMF und hierzu Bonneau/Drummond, Droit des Marchés Financiers, no. 417. An Stelle dieser Vorschriften sind zwischenzeitlich die jeweiligen nationalen Umsetzungsvorschriften zu Art. 21 MFIRL, konkretisiert durch Artt. 44 ff. RL 2006/73, welche die Best-execution-Pflicht verschärfen sollen, getreten. In Deutschland ist dies § 33a WpHG, konkretisiert durch § 11 der Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregelung und Organisationsanforderungen für Wertpapierdiensleistungsunternehmen (Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung – WpDVerOV) vom 20. Juli 2007, BGBl. 2007 I S. 1432.

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kommerziellen Anreizes, sondern vielmehr von Rechts wegen unmittelbar von den Anlegerpräferenzen bestimmt. Da die Umsatzerlöse der Börsen heute weniger aus den pauschalen Zugangsentgelten der Handelsteilnehmer, als vielmehr zu über 90% aus den Transaktionsentgelten herrühren, welche erst für den eigentlichen Orderumschlag anfallen,332 erscheint es insgesamt als gerechtfertigt, in den ordergebenden Anlegern die kartellrechtlich relevanten Abnehmer der Handelsorganisationsdienstleistung zu sehen.333 Innerhalb der Anlegerschaft sind dabei für die wettbewerbliche Betrachtung zwei Kundensegmente zu differenzieren, die sich hinsichtlich ihrer Handelspräferenzen sowie der durch rechtliche Vorgaben determinierten sonstigen Wettbewerbsbedingungen deutlich unterscheiden:334 Das Segment der institutionellen Anleger einerseits, also aller gewerblichen Investoren wie insbesondere Investmentfonds und Versicherungen,335 aber auch der Kreditinstitute und Wertpapierdienstleister in Bezug auf ihren Handel für eigene Rechnung,336 und dasjenige der Privatanleger andererseits. Dabei gehen derzeit rund 90% der Orderströme von institutionellen Investoren aus,337 wobei mit der Zunahme privater Risiko- und Altersvorsorge ein wei332

WFE, Cost and Revenue Survey 2004, S. 25 f. Zum Umsatzanteil im Einzelnen vgl. z. B. Euronext N. V., Offering Circular, S. 39 f.; Deutsche Börse AG, Verkaufsprospekt/Börsenzulassungsprospekt, S. 31: In 1999 machten die kumulierten Zulassungsentgelte aus Zulassung von Handelsteilnehmern und Wertpapieren unter 10% der Umsatzerlöse im Geschäftsfeld Kassamarkt, unter 2% im Geschäftsfeld Terminmarkt aus. 333 Zur Berücksichtigung der Endabnehmer anstelle der unmittelbaren Abnehmer vgl. Kleinmann/Bechtold, § 22 GWB Rn. 25; Immenga/Mestmäcker-Möschel, § 19 GWB Rn. 25 m. w. N. der Rspr.; Langen/Bunte-Ruppelt § 19 GWB Rn. 12. Im Ergebnis wie hier Oehler, Wertpapierbörsen im Wettbewerb, Sparkasse 2000, S. 351 (355); mit vergleichbarer Begründung, aber ohne definitive Entscheidung Mues, Börse, S. 186 oben. Vgl. auch Blumentritt, Börse, S. 229, der in anderem Zusammenhang die Letztanleger als die eigentliche „Zielgruppe des Unternehmens Börse“ bezeichnet. A. A. Beck, Die Börsen im Lichte des deutschen und europäischen Kartellrechts, WM 2000, 597 (600): Nur Intermediäre Abnehmer. 334 Zur getrennten Betrachtung heterogener Kundensegmente vgl. im deutschen Recht FK-Rieger, § 36 GWB 1999 Rn. 40; im europäischen Kartellrecht Immenga/ Mestmäcker-Immenga, EG-Wettbewerbsrecht I, FKVO Rn. 46. Ohne diese Differenzierung allerdings nunmehr die Marktabgrenzung in den Untersuchungen des Bundeskartellamtes, Entscheidung v. 27. Juni 2005, Gesch.-Z.: B 4 – 67110 – Fa – 09/05, S. 12 ff. sowie der Competition Commission, Deutsche Börse AG, Euronext NV and London Stock Exchange plc, S. 28 ff. 335 Neben Schadens- und Rückversicherern spielen hier zunehmend Lebensversicherer sowie Pensionsfonds eine Rolle vgl. Gros/Lannoo, The Euro Capital Market, S. 61 ff. 336 Benesch/Prüggler, Internationale Börsen im Vergleich, S. 31 f.; vgl. auch Blumentritt, Börse, S. 229. 337 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 14.

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terer Anstieg dieses Anteils erwartet wird.338 Institutionelle Investoren haben typischerweise einen sehr guten Marktüberblick bei Handelsorganisationsdienstleistungen. Sie verfügen zunehmend über einen Direktzugang zum organisierten Wertpapierhandel339 bzw. leiten ihr Orders, soweit sie über Intermediäre handeln, mit Hilfe des Weisungsrechts gezielt an bestimmte Ausführungsorte.340 (1) Sachlich relevanter Markt Die Bestimmung des sachlich relevanten Marktes zielt auf die Bestimmung der ggf. mit Börsen im Wettbewerb stehenden Handelsformen. Sie folgt dem Bedarfsmarktkonzept, fragt also danach, welche Handelsformen dem Anleger als Alternativen zur Befriedigung seines Bedarfs nach einem transaktionskostenarmen Wertpapiersekundärhandel zur Verfügung stehen.341 Solche Alternativen können dabei sowohl unter dem Gesichtspunkt der nachfrage- als auch der angebotsseitigen Substitution bestehen.342 (a) Nachfragesubstitution Unter dem Gesichtspunkt der Nachfragesubstitution gehören alle diejenigen Handelsformen zum relevanten Markt, zwischen denen ein Anleger zum Zwecke eines möglichst transaktionskostenarmen Sekundärhandels ohne weiteres wählen kann343. Die Subsituierbarkeit bestimmt sich also im Wesentlichen nach den Präferenzen der Anleger in Bezug auf Marktqualität und explizite Transaktionskosten. (aa) Kundensegment institutionelle Anleger Institutionelle Investoren handeln typischerweise sehr große Ordervolumina, welche die Gefahr impliziter Transaktionskosten in Gestalt eines market impact mit sich bringen. Die Vermeidung dieser impliziten Transak338

Gros/Lannoo, The Euro Capital Market, S. 61 f. O’Hara, WFE Trading Survey 2003, S. 33. 340 Davis/Steil, Institutional Investors, S. 408 f.; Malkamäki/Topi, Strategic Challenges for Exchanges and Securities Settlement, S. 29 f. 341 Vgl. zum Bedarfsmarktkonzept nur Emmerich, Kartellrecht, § 18 4 a), S. 168. 342 Zum deutschen Recht: FK-Rieger, § 36 GWB 1999 Rn. 40; Wiedemann-Richter, Handbuch des Kartellrechts, § 20 Rn. 23 m. w. N. aus der Rspr. Zum EG-Kartellrecht: Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Bekanntmachung über die Definition des relevanten Marktes, ABl. 1997 C 372/5, Nr. 15 f., 20 ff. 343 Vgl. Emmerich, Kartellrecht, § 18 4 a), S. 169. 339

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tionskosten steht für institutionelle Anleger in Vordergrund und erklärt ihren Bedarf nach möglichster Marktliquidität344 sowie ggf. eine Präferenz für abgeschwächte Handelstransparenz für besonders großvolumige Orders.345 Eine entsprechende Sekundärhandelsmöglichkeit bieten weiterhin vornehmlich die traditionellen Börsen an, die in der Terminologie des europäischen Kapitalmarktrechts die Rechtsform des geregelten Marktes gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 MFIRL aufweisen.346 Eventuelle Beschränkungen des direkten Börsenzugangs für einzelne Gruppen von institutionellen Anlegern im nationalen Börsenaufsichtsrecht – namentlich Versicherungsunternehmen waren bis dato hiervon betroffen347 – entfallen mit Umsetzung des Art. 42 Abs. 3 MFIRL, so dass geregelte Märkte den besonders kostengünstigen Direktzugang für alle institutionellen Anleger anbieten können.348 Neben geregelten Märkten bieten sogenannte Alternative Handelssysteme, die europarechtlich die neugeschaffene Rechtsform eines MTF (Multilateral Trading Facility) gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 MFIRL aufweisen, funktional-börsliche Handelsmöglichkeiten an.349 Die hier abgeschlossenen Geschäfte konnten schon bislang meist über die bestehenden Clearing- und Settlementsysteme abgewickelt werden,350 was mit Art. 34 MFIRL nun 344 Davis/Steil, Institutional Investors, S. 236; Meyer/Wittrock, Marketing-Strategien für die deutschen Börsen, ZfgK 1994, 536 (538); Scheffrahn, Gestaltung einer wettbewerbsfähigen Börse Schweiz, S. 251; Schiereck, Internationale Börsenplatzentscheidungen institutioneller Investoren, S. 90. 345 Davis/Steil, Institutional Investors, S. 408 f. 346 Seitz, Die Regulierung von Wertpapierhandelssystemen in der EU, AG 2004, 497 (498). 347 Vgl. zur Rechtslage vor Umsetzung der MFIRL in Frankreich: Art. L 421-8 i. V. m. Art. L 531-1, Art. L321-1 Code Monétaire Financier: Zugang können alle „prestataires de services d’investissement“ haben, welche auch Investmentfonds umfassen, nicht aber Versicherungen; ähnlich in Österreich: § 15 Abs. 1 BörseG i. V. m. § 1 BWG. Direktzugang weder für Versicherungen noch für Investmentfonds hatten bislang z. B. Italien: Art. 25 decreto legislativo no. 58 del 24 febbraio 1998, Irland: sec. 18 (11) Stock Exchange Act 1995 und Spanien: Art. 37 (1) Ley del Mercado de Valores erlaubt. 348 Zur jetzigen Form des Art. 42 Abs. 3 MFIRL vgl. aus den Vorarbeiten Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Mitteilung betreffend den gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente, KOM (2004) 15 endg., S. 11. Zur wettbewerblichen Relevanz des Direktzugangs im Kundensegment der institutionellen Investoren Davis/Steil, Institutional Investors, 421 f. 349 Seitz, Die Regulierung von Wertpapierhandelssystemen in der EU, AG 2004, 497 (501); Stünkel, EG-Grundfreiheiten und Kapitalmärkte, S. 166 f. 350 von Rosen, Private Handelssysteme – eine Herausforderung für die Börsen, ZfgK 1994, 1213 (1214); vgl. zur Abwicklung außerbörslicher Geschäfte in einzelnen Ländern der EU auch Giovannini et al., Cross-Border Clearing and Settlement Agreements in the European Union, S. 21 ff.

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zumindest im grenzüberschreitenden Bereich auch rechtlich abgesichert wird.351 Bisher in ihrer Teilnehmerschaft keinen aufsichtsrechtlichen Beschränkungen unterworfen,352 können Alternative Handelssysteme auch unter der MFIRL gemäß Art. 14 Abs. 4 i. V. m. Art. 42 Abs. 3 MFIRL weiterhin einen Direktzugang für alle institutionellen Anleger bieten.353 Auch hinsichtlich der Handelstransparenz sieht die Richtlinie eine Nivellierung zwischen geregelten Märkten und MTF vor,354 indem sie von den Mitgliedstaaten in Artt. 29, 30 und Artt. 44, 45 grundsätzlich einheitlich Mindesttransparenzstandards verlangt und rechtsformübergreifend einheitliche Möglichkeiten der Lockerung von Transparenzpflichten im Blockhandel vorsieht.355 Allerdings bleibt die besondere Flexibilität der MTF bei Eröffnung einer funktional-börslichen Handelsmöglichkeit für beliebige Wertpapiere ohne Mitwirkung des Emittenten, ohne vorherige börsliche Zulassung oder andere qualitative Mindestanforderungen auch unter der MFIRL als Wettbewerbsvorteil erhalten.356 So haben sich MTF inzwischen zur wichtigsten Handelsform im Bereich der nicht-börsennotierten Anleihen entwickelt. 351 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 37. Zu weiteren Maßnahmen vgl. dies., Clearing und Abrechnung in der Europäischen Union – Künftige Maßnahmen, KOM (2004) 312 endg., S. 15 ff. Durch das FRUG wurde Art. 34 MFIRL insoweit zwischenzeitlich in § 24b Abs. 3 KWG umgesetzt. 352 FESCO, The Regulation of Alternative Trading Systems in Europe, S. 7 f., S. 13. Zur Rechtslage in Frankreich: Bonneau/Drummond, Droit des Marchés Financiers, no. 950. Großbritannien: MAR 5.4. in Verbindung mit Annex 1 MAR 5. Deutschland: § 59 BörsG 2002 sowie kritisch hierzu Cohn, Alternative Handelssysteme, ZBB 2002, 365 (370). 353 Zu Art. 42 Abs. 3 MFIRL soeben bei Fn. 348, S. 480. Zu eng demgegenüber Seitz, Die Regulierung von Wertpapierhandelssystemen in der EU, AG 2004, 497 (501): Beschränkung auf Intermediäre. In Deutschland wurden die Richtlinienvorgaben inzwischen durch das FRUG in § 31f Abs. 1 Nr.1 WpHG i. d. F. des FRUG i. V. m. § 19 Abs. 2, Abs. 4 BörsG 2007 umgesetzt. 354 Spindler/Kasten, Der neue Rechtsrahmen für den Finanzdienstleistungssektor – Teil I, WM 2006, 1749 (1755) m. w. N. Bislang hatten MTF hier Wettbewerbsvorteile durch teils erheblich geringere Transparenzanforderungen, vgl. im Überblick FESCO, The Regulation of Alternative Trading Systems in Europe, S. 7 f., 13; in Frankreich: Bonneau/Drummond, Droit des Marchés Financiers, no. 962; in Großbritannien: FSA, Alternative Trading Systems, CP 153, S. 20 f.; sowie die Regelung seit 2003 in MAR 5.4 (Stand 2003); in Deutschland: Zur früheren Rechtslage Dornau, Alternative Handelssysteme in den USA und Europa, S. 27 sowie zur Regelung seit dem 4. FMFG vgl. Cohn, Alternative Handelssysteme, ZBB 2002, 365 (369). 355 Seitz, Die Regulierung von Wertpapierhandelssystemen in der EU, AG 2004, 497 (501 ff.). Zur Konkretisierung durch Kommissions-VO vgl. Artt. 17 ff. VO (EG) 1287/2006 mit Erwägungsgrund 12. In Deutschland zwischenzeitlich umgesetzt in § 31g WpHG i. d. F. des FRUG, §§ 30, 31 BörsG 2007. 356 Vgl. Art. 14 Abs. 6 MFIRL sowie hierzu Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 22.

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Demgegenüber wird ihr Anteil am Ordervolumen bei (börsennotierten) Aktien auf unter 1% geschätzt,357 welcher sich allerdings aufgrund ihrer angebotsseitigen Flexibilität358 und der hohen Wechselbereitschaft institutioneller Orderströme im Falle einer merklichen Verteuerung des Handels auf geregelten Märkten rasch erhöhen könnte.359, 360 Institutionelle Anleger wickeln überdies erhebliche Ordervolumina im gering organisierten OTC-Handel ab, in dem es zu rein bilateralen, oftmals durch spezielle Intermediäre vermittelten Kontakten zwischen potentiellen Tauschpartnern kommt.361 Der Suchprozess wird mehr und mehr durch elektronische Inseratsysteme o. ä. unterstützt.362 Trotz dieses zunehmenden Organisationsgrades kann der OTC-Handel, der bei Kreditderivaten und anderen Nicht-Standardprodukten dominiert,363 im Bereich der Aktien und Anleihen nur dann börsenähnlich transaktionskostenarm sein, wenn der Tauschpartner und dessen Bonität schon bekannt ist und der Aufwand an Such- und Informationskosten daher gering bleibt.364 Der OTC-Handel 357

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 10; van Steenis/Härle, The Future of Equity Trading in Europe, 37; vgl. auch Competition Commission, Deutsche Börse AG, Euronext NV and London Stock Exchange plc, S. 34. 358 Vgl. dazu sogleich näher unter (b), S. 485 f. 359 Belege für diese hohe Wechselwilligkeit der institutionellen Orderströme bietet etwa der Erfolg des SEAQ-Systems der Londoner Börsen in den 1980er Jahren, welches innerhalb sehr kurzer Zeiträume massive Orderströme von kontinentaleuropäischen Börsen abziehen konnte, vgl. Gros/Lannoo, The Euro Capital Market, S. 43. Ähnlich der Marktzutritt von Eurex vgl. hierzu Gros/Lannoo, a. a. O., S. 53. Siehe auch Dönges, Competition for order flow, S. 50. 360 Zwischenzeitlich konnten sich, nach der europaweiten Umsetzung der MFIRL, die Londoner MTFs Chi-X und Turquoise mit beachtlichen, freilich im Durchschnitt noch einstelligen prozentualen Anteilen der Aktienhandelsumsätze im Markt etablieren, vgl. o. V., Turquoise erzielt Geländegewinne, Börsenzeitung vom 27. Januar 2009, S. 4; Kalbhenn, Börsenbetreiber stehen vor harter Belastungsprobe, BörsenZeitung v. 13. Januar 2009, S. 8. 361 FSA, Alternative Trading Systems, CP 153, S. 13; Macey/Kanda, The Stock Exchange as a Firm, Cornell L Rev 75 (1990), 1007 (1011); Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 66. 362 FSA, Alternative Trading Systems, CP 153, S. 14; o. V., Voice squad, The Economist v. 11. Januar 2003, S. 63. 363 Vgl. Weber/Gisinger/Bruchez, Die Schweizer Finanzmarktinfrastruktur und die Rolle des Staates, S. 31; EZB, The Euro Equity Markets, S. 22. 364 Vgl. Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 66. Wird hingegen vom Betreiber eines Inseratsystems auch eine Bonitätskontrolle vorgenommen, so weist diese Handelsform schon einen gehobenen Organisationsgrad auf und ist zu den MTF zu rechnen, wenn auch ein systeminterner Abschlussmechanismus geboten wird. Vgl. zu den durch die Technisierung möglich gewordenen fließenden Übergängen FESCO, Proposed Standards for Alternative Tradings Systems, S. 2.

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kann den funktional-börslichen Handel daher allenfalls in Einzelfällen substituieren und ist somit nicht zum relevanten Markt zu rechnen.365 Im Kundensegment der institutionellen Investoren gehören somit zum sachlich relevanten Markt neben geregelten Märkten auch Alternative Handelssysteme in der Rechtsform des MTF.366 (bb) Kundensegment Privatanleger Privatanleger handeln typischerweise kleinvolumige Orders, bei deren Abwicklung explizite Transaktionskosten zwar eine relativ größere Bedeutung haben;367 doch gerade für die weniger selbstschutzfähigen Privatanleger drohen Marktmissbrauchs- und Volatilitätsverluste. Angesichts einer meist ausgeprägteren Risikoaversion legen sie daher Wert auf eine hohe Marktqualität in puncto Preisbildungseffizienz und Fairness.368 Diesen Anforderungen genügt der börsliche Handel an geregelten Märkten, der allerdings nur auf dem kostenintensiven Weg über Intermediäre erfolgen kann. Obgleich sie ursprünglich aufsichtsrechtlich nicht beschränkt waren, haben allerdings auch MTF für Privatanleger keinen Direktzugang angeboten.369 Hinsichtlich der Erreichbarkeit also grundsätzlich vergleichbar, wurden MTF bisher in den meisten europäischen Ländern durch Vorschriften über die Ausführung von Privatkundenorders systematisch gegenüber den traditionellen Börsen benachteiligt: So hatten viele Mitgliedstaaten in Ausübung ihres Rechts aus Art. 14 Abs. 3 WPDRL Konzentrationsklauseln eingeführt.370 Das deutsche Recht hat einen ähnlichen Effekt durch 365

Im Ergebnis ebenso schon von Olenhusen, Börsen und Kartellrecht, S. 154. Beck, Die Börsen im Lichte des deutschen und europäischen Kartellrechts, WM 2000, 597 (601); vgl. auch Ferrarini, Exchange Governance and Regulation, S. 245 (247); Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (159). A. A. (nur geregelte Märkte) Bundeskartellamt Entscheidung v. 27. Juni 2005, Gesch.-Z.: B 4 – 67110 – Fa – 09/05, S. 14 ff.; Competition Commission, Deutsche Börse AG, Euronext NV and London Stock Exchange plc, S. 39. 367 Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 34; Scheffrahn, Gestaltung einer wettbewerbsfähigen Börse Schweiz, S. 251. 368 Vgl. Oehler, Wertpapierbörsen im Wettbewerb, Sparkasse 2000, 351 (355). 369 Krause, Alternative Wertpapierhandelssysteme, S. 74. 370 Vgl. zu Art. 14 Abs. 3 WPDRL Moloney, EC Securities Regulation, S. 663 ff. Zur Konzentrationsklausel in Frankreich Art. L. 421-12 Code Monétaire Financier; Italien: Art. 25 (2) Decreto Legislativo n. 58 del 24 febbraio 1998 i. V. m. Artt. 6–9 Consob Rigolamento n. 11768. Spanien: Art. 36 I Ley del Mercado de Valores i. V. m. Real Decreto 1416/1991. Zur möglichen Unvereinbarkeit dieser Konzentrationsklauseln mit der Dienstleistungsfreiheit der MTFs Stünkel, EG-Grundfreiheiten und Kapitalmärkte, S. 197 ff. 366

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den Börsenvorrang in § 22 BörsG 2002 erzielt, wonach Intermediäre Kundenorders in Abwesenheit einer expliziten Weisung auf einem geregelten Markt auszuführen haben.371 Demgegenüber bringt Art. 21 Abs. 3 MFIRL auch hier eine wettbewerbliche Annäherung: Ein Intermediär kann Orders in Abwesenheit einer expliziten Weisung sowohl auf einem geregelten Markt wie auch auf einem MTF ausführen, sofern er seinen Kunden auf diese Auftragsausführungsmöglichkeit ausdrücklich hingewiesen hat.372 Vorläufig stellen MTF jedoch für Privatinvestoren noch kein Substitut für den Handel auf geregelten Märkten dar.373 Zunehmend wird als Abwicklungsform für Privatkundenorders hingegen die systematische Internalisierung angeboten.374 Hierbei wird eine Kundenorder, statt an die Börse weitergeleitet zu werden, unmittelbar gegen Bestände des Intermediärs ausgeführt, wodurch ein Kaufvertrag zwischen Intermediär und Anleger zustande kommt.375 In aller Regel wird hierbei ein price improvement zugesagt, d.h. die Ausführung zum aktuellen Börsenpreis oder besser.376 Allerdings verlieren die Börsenpreise mit dem Abschöpfen der Orderströme selbst an Effizienz, so dass die Internalisierung bei globaler Betrachtung keine Alternative zum börslichen Handel sein kann;377 auf der individuellen Ebene der jeweiligen konkreten Handelsentscheidungen eines Anlegers ist sie das aber durchaus.378 Allerdings sind auch hier die erwähnten rechtlichen Beschränkungen für die außerbörsliche Ausführung von Privatkundenorders zu berücksichtigen, so dass eine Internalisierung nur auf ausdrücklichen Kundenwunsch im jeweiligen Einzelfall möglich ist.379 Auch die MFIRL bringt hier keine Gleichstellung, sondern 371 Zum Börsenvorrang vgl. Schwark-Schwark, § 22 BörsG Rn. 2 ff. Die wettbewerbliche Benachteiligung von MTF wurde durch das 4. FMFG verschärft: Während nach § 10 BörsG 1998 eine generelle Weisung ausreichte, bedarf es beim Privatanleger gemäß § 22 BörsG 2002 einer Einzelweisung für jede Order. Vgl. auch Nr. 2 (1) der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte der deutschen Banken. 372 Mit dem FRUG umgesetzt durch die ersatzlose Streichung des § 22 BörsG 2002 und die Gleichstellung von Börsen und MTF im Rahmen des § 33a WpHG i. d. F. des FRUG. 373 Vgl. van Steenis/Härle, The Future of Equity Trading in Europe, 37. 374 van Steenis/Härle, The Future of Equity Trading in Europe, 38. 375 Schlüter, Börsenhandelsrecht, A IV 6, Rn. 231. Vgl. nunmehr auch die Definition des systematischen Internalisierers in Art. 4 Abs. 1 Nr. 7 MFIRL. 376 Vgl. Stünkel, EG-Grundfreiheiten und Kapitalmärkte, S. 168; Theissen, Internalisierung und Marktqualität, S. 2. 377 Biais/Davydoff, Internalization, investor protection and market quality, S. 22 ff.; Theissen, Internalisierung und Marktqualität, S. 6 ff. 378 Theissen, Internalisierung und Marktqualität, S. 19. 379 So in Deutschland insbesondere die Auftragsausführung über „Xetra Best“, die trotz ihrer Bezeichnung eine Form der Internalisierung, also der bilateralen Auf-

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verlangt gemäß Art. 21 Abs. 3 MFIRL weiterhin eine ausdrückliche Gestattung durch den Kunden.380 In welchem Umfang Privatanleger künftig zu einer entsprechenden aktiven Weisungserteilung übergehen, muss sich zeigen.381 Bislang zählen im Kundensegment der Privatinvestoren nur geregelte Märkte zum sachlich relevanten Markt. (b) Angebotsseitige Substitution – Wertpapierspezifische Abgrenzung des relevanten Marktes? Hat die bisherige Analyse ergeben, dass geregelte Märkte und für institutionelle Anleger überdies auch MTFs den Bedarf nach einem möglichst transaktionskostenarmen Sekundärhandel decken können, so stellt sich die Frage, welche konkreten Handelseinrichtungen einander tatsächlich substituieren können. Da ein Handelsbedarf immer nur bezüglich eines spezifischen Wertpapiers besteht, kommen als alternative Ausführungsplätze nur solche Märkte in Betracht, an denen eine Handelsmöglichkeit für das betreffende Papier eingerichtet ist. Dies würde für eine wertpapierspezifische Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes sprechen mit der Folge einer Vielzahl gesondert zu untersuchender Einzelmärkte.382 Ob eine solche wertpapierspezifische Abgrenzung vorzunehmen ist, bestimmt sich nach der Möglichkeit einer angebotsseitigen Substitution (Produktionsumstellungsflexibilität).383 Diese bezeichnet hier die Fähigkeit von Handelsorganisationsdiensttragsausführung zwischen Anleger und Intermediär ist. Zur Funktionsweise und rechtlichen Bewertung eingehend Schlüter, Börsenhandelsrecht, G XI 4, Rn. 1010 und insbesondere Rn. 1034 f. 380 Diese kann allerdings gem. Art. 21 Abs. 3 MFIRL auch generell erteilt werden. Vgl. hierzu aus den Vorarbeiten Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 32. 381 Es wird künftig mit erheblichem Wettbewerbsdruck durch Internalisierung gerechnet, vgl. van Steenis/Härle, The Future of Equity Trading in Europe, S. 38. Ähnlich Deutsche Börse AG, Verkaufsprospekt/Börsenzulassungsprospekt, S. 16. Vgl. demgegenüber zum relativ geringen Verbreitungsgrad der Internalisierung in 2003 O’Hara, WFE Trading Survey 2003, S. 35. Auch hierzulande scheint sich der Xetra-Best-Handel (siehe oben Fn. 379) eher mäßigen Erfolgs zu erfreuen, vgl. Stünkel, EG-Grundfreiheiten und Kapitalmärkte, S. 161 mit Fn. 599. 382 In diesem Sinne Röhrl, Börsenwettbewerb, S. 65; vgl. auch Mues, Börse, S. 185 f., der allerdings im Ergebnis offen läßt, ob eine wertpapier- oder handelssegmentsspezifische Abgrenzung vorzunehmen ist. Aufgeworfen wird die Frage der wertpapierspezifischen Marktabgrenzung auch von Domowitz/Lee, The Legal Basis for Stock Exchanges, S. 37; Merkt, Gutachten 64. DJT, G 117 sowie Köndgen, Mutmaßungen, FS Lutter 2000, 1401 (1408). 383 Vgl. Wiedemann-Richter, Handbuch des Kartellrechts, § 20 Rn. 23; Langen/ Bunte-Ruppelt, § 19 GWB Rn. 20; Schulte-Schulte, Handbuch Fusionskontrolle, S. 97 Rn. 382; im Europarecht Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Be-

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leistern, auf ihren Plattformen bei entsprechender Nachfrage sehr rasch eine Handelsmöglichkeit für bislang nicht gehandelte Wertpapiere einzurichten. Ist eine solche Angebotserweiterung kurzfristig und ohne erhebliche Investitionen möglich, so konkurrieren alle Anbieter von Handelsorganisationsdienstleistungen im Bereich des Aktienhandels miteinander und der sachlich relevante Markt ist demnach nicht wertpapierspezifisch abzugrenzen. Von technischer Warte erfordert die Bereitstellung einer Handelsmöglichkeit für ein neues Wertpapier auf einer bereits existierenden Handelsplattform lediglich die Einrichtung eines weiteren elektronischen Orderbuchs. Dies ist mit geringen marginalen Kosten verbunden und kann binnen sehr kurzer Zeiträume erfolgen.384 Rechtlich bestehen für MTFs auch nach Umsetzung der MFIRL keine Grenzen für die Eröffnung von Handelsmöglichkeiten in beliebigen Wertpapieren.385 An geregelten Märkten ist zwar die Zulassung eines Wertpapiers nur auf Antrag des Emittenten möglich.386 Doch konnten schon bisher an vielen europäischen Börsen Wertpapiere in ein niedrigeres Handelssegment ohne Mitwirkung des Emittenten einbezogen werden, wenn die Wertpapiere bereits andernorts an einem europäischen geregelten Markt oder einer außereuropäischen Börse mit vergleichbar strengen Zulassungsvoraussetzungen zugelassen waren.387 Mit Art. 40 kanntmachung über die Definition des relevanten Marktes, ABl. 1997 C 372/5, Nr. 20 ff. 384 Domowitz/Steil, Automation, S. 11. Vgl. auch London Stock Exchange plc, Annual Report 2001, S. 22 (Errichtung eines neues Marktsegments in nur 5 Monaten). 385 Zur bisherigen Rechtslage vgl. zusammenfassend FESCO, The Regulation of Alternative Trading Systems in Europe, S. 7 f., S. 13. Zu Art. 14 Abs. 6 MFIRL (Eröffnung einer Handelsmöglichkeit ohne Zustimmung des Emittenten) vgl. aus den Motiven Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 22. 386 RL 2001/34/EG verlangt nicht ausdrücklich, dass der Zulassungsantrag vom Emittenten zu stellen ist, doch kann eine Zulassung aufgrund der qualifizierten Publizitätsanforderungen praktisch nur unter Mitwirkung des Emittenten erlangt und aufrechterhalten werden. Die Umsetzung in den meisten nationalen Rechtsordnungen schreibt ausdrücklich das Antragserfordernis des Emittenten vor, vgl. z. B. Deutschland: § 30 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 32 Abs. 2 BörsG 2007); Großbritannien: LR 3.2.2 i. V. m. Handbook Glossary; Spanien: Art. 32 Abs. 1 Ley del Mercado de Valores; Österreich: § 72 Abs. 1 BörseG; Portugal: Art. 205 Abs. 1, Art. 233 Abs. 1 Código dos Valores Mobiliários; Schweiz: § 8 BEHG i. V. m. Art. 50 SWX Kotierungsreglement. 387 Ferrarini, Pan-European Securities Markets II, S. 41. Vgl. beispielsweise für Deutschland: §§ 49 Abs. 1 Alt. 2, 56 BörsG 2002 (Einbeziehung in das Marktsegment des Geregelten Marktes). Großbritannien: para 4 (2) (b) Schedule Part I RRR i. V. m. REC 2.12.6 (2). Niederlande: Art. 22 Wet toezicht effectenverkeer i. V. m. A-2406/3 Euronext Amsterdam Market Rules. Dänemark: Artt. 16, 21 Abs. 2 Lov om værdipapirhandel.

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Abs. 5 MFIRL wird diese Möglichkeit europaweit generalisiert.388 Dabei sichert die Erstzulassung an einem geregelten Markt die Publikation qualifizierter Emittenteninformationen, welche mithilfe heutiger Informationstechnik ohne nennenswerte Verzögerung im gesamten Markt zugänglich sind.389 Die Einbeziehung ist damit für den Handelsteilnehmer ein vollwertiger Ersatz für die Handelsmöglichkeit an der Börse der Erstnotierung. Eine angebotsseitige Substitution ist daher schon bislang in weitem Umfang, mit Umsetzung der MFIRL durch alle europäischen geregelten Märkte möglich. Der sachlich relevante Markt ist somit nicht wertpapierspezifisch abzugrenzen.390 Zu ihm gehören im Kundensegment der Privatanleger alle geregelten Märkte, im Segment der institutionellen Anleger alle geregelte Märkte und MTFs. (2) Der räumlich relevante Markt Der geographische Raum, innerhalb dessen eine Substitution zwischen verschiedenen funktional-börslichen Märkten tatsächlich stattfinden kann, bestimmt sich aus technischen und rechtlichen Grenzen der Angebotsreichweite sowie vor allem aus den Präferenzen der Anleger hinsichtlich des Handelsorts.391 388 Seitz, Die Regulierung von Wertpapierhandelssystemen in der EU, AG 2004, 497 (500). Vgl. auch Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Draft Commission Regulation implementing Directive 2004/39/EC v. 6. Februar 2006, S. 31 f. In Deutschland hat die Umsetzung von Art. 40 Abs. 5 MFIRL zwischenzeitlich zur Schaffung des § 33 BörsG 2007 über die Einbeziehung von Wertpapieren in den Regulierten Markt geführt. Näher hierzu Nachtrag C. III., S. 553. 389 Vgl. Hammes, Die Vorschläge der Europäischen Kommission zur Überarbeitung der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, ZBB 2001, 498 (505). Einen zentralen Beitrag hierzu leistet das neue Publikationsregime für Emittenteninformationen gemäß Art. 21 RL 2004/109/EG, in Deutschland zwischenzeitlich umgesetzt in §§ 3 ff WpAIV, vgl. Nachtrag C. II., S. 551. 390 A. A. Mues, Börse, S. 186 sowie offenbar auch von Olenhusen, Börsen und Kartellrecht, S. 155. Allerdings wurde die Frage der angebotsseitigen Substitution hier nicht aufgeworfen, was sich daraus erklären mag, das die Möglichkeit der einseitigen Einbeziehung in den Handel für deutsche Börsen – außerhalb des Freiverkehrs – erst mit dem 4. FMFG im Jahr 2002 geschaffen wurde. Wieder anders Beck, Die Börsen im Lichte des deutschen und europäischen Kartellrechts, WM 2000, 597 (600), der offenbar von einer produktpalettenspezifische Abgrenzung des relevanten Marktes ausgeht, wonach für einen deutschen Börsennutzer nur inländische Börsen zum sachlich relevanten Markt gehören sollen. Unklar ist, weshalb Beck die Möglichkeit der angebotsseitigen Substitution zwar zur Begründung, dass alle deutschen Börsen zu einem sachlich relevanten Markt gehören, heranzieht (a. a. O., S. 600 l. Sp.), diesen Aspekt aber in Bezug auf Börsen im europäischen Ausland außer Betracht lässt (a. a. O., S. 600, r. Sp).

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Technisch bedingte Grenzen des Aktionsradius von Börsen sind mit der Verlagerung des Handelsgeschehens auf elektronische Handelsplattformen weitgehend entfallen, da eine Handelsteilnahme hierauf ortsunabhängig über remote access möglich ist. Zwar war der hierfür anfangs erforderliche Aufbau börseneigenen Standleitungsnetze mit steigenden Distanzkosten verbunden, doch kann zunehmend auch das Internet als Zugangsmedium genutzt werden.392 Anbieter börslicher Märkte können damit auf ein präexistentes Kommunikationsnetzwerk zurückgreifen und ihre Dienstleistung entfernungsunabhängig zu konstanten Kommunikationskosten anbieten.393 Von technischer Warte kann somit gegenwärtig von einer (mindestens) europaweiten Reichweite des Dienstleistungsangebots gesprochen werden, was sich in der tatsächlichen Verteilung der Teilnehmerschaft europäischer Börsen belegt findet.394 Rechtliche Beschränkungen des Aktionsradius wurden innerhalb Europas (EU und EWR)395 für geregelte Märkte schon durch Art. 15 Abs. 4 WPDRL behoben, der die grenzüberschreitende Erbringung von Börsendienstleistungen via remote access von Kontrollen durch den Zielstaat loslöste,396 und welcher in den Artt. 33, 42 Abs. 6 MFIRL fortgeschrieben wird. Auch MTF konnten, trotz teilweise unklarer Rechtlage,397 schon bislang ihre Dienstleis391 Zum deutschen Recht: Immenga/Mestmäcker-Möschel, § 19 GWB Rn. 35 ff. Zum europäischen Kartellrecht: Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Bekanntmachung über die Definition des relevaten Marktes, Nr. 29 f. 392 IOSCO, Securities Activity on the Internet II, S. 11. Beispielsweise zum Internet-Zugang zur FWB vgl. Deutsche Börse AG, Verkaufsprospekt/Börsenzulassungsprospekt, S. 61. 393 Remay/Champarnaud, Places Financières et Concurrence entre Marchés Boursiers, Revue d’économie financière 57 (2000), 109 (116). 394 Vgl. zur Teilnehmerschaft der FWB über Xetra Deutsche Börse AG, Geschäftsbericht 2004, S. 23 (55% des Handelsvolumens rühren von ausländischen Handelsteilnehmern her), S. 25 (Teilnehmer in 18 Ländern), ähnlich London Stock Exchange plc, Annual Report 2005, S. 11 (Teilnehmer in 29 Ländern). 395 Neben den Mitgliedstaaten der EU umfasste der räumliche Geltungsbereich der WPDRL wie auch nunmehr derjenige der MFIRL auch die EWR-Staaten, vgl. Nr. 30ca Annex IX EWR-Abkommen. 396 Moloney, EC Securities Regulation, S. 659 f.; Stünkel, EG-Grundfreiheiten und Kapitalmärkte, S. 189 ff. Zu anfänglichen Versuchen, diese Möglichkeit unter Berufung auf Art. 15 Abs. 5 WPDRL einzuschränken Elster, Europäisches Kapitalmarktrecht, S. 311. Unklar war unter der WPDRL des Weiteren, ob die zuständigen Behörden des Zielstaates zumindest zu notifizieren waren, vgl. Moloney, a. a. O., S. 660. Deutschland hat die Anzeigepflicht mit § 37m WpHG in 2002 eingeführt. 397 In zahlreichen Ländern wurde der Betrieb eines MTF bislang als Wertpapierhauptdienstleistung im Sinne von Nr. 1 lit. a) Annex Abschnitt A WPDRL (Annahme und Übermittlung von Aufträgen) qualifiziert, so daß Betreiber von deren europaweiter Liberalisierung profitierten. Zur bisherigen Qualifikation von MTF un-

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tungen für die institutionelle Nutzerschaft europaweit anbieten.398 Die MFIRL hat dies mit Einführung eines eigenständigen Europapasses für MTF in ihrem Art. 31 Abs. 5 MFIRL festgeschrieben. Über Europa hinaus bestehen hingegen trotz internationaler Liberalisierungserfolge weiterhin erhebliche rechtliche Hürden für grenzüberschreitende Börsendienstleistungen, gleich in welcher Rechtsform sie erbracht werden.399 Ist also technisch und rechtlich ein europaweites Angebot möglich, so bestimmen Nachfragemerkmale die tatsächliche Reichweite des räumlichen Marktes. Dabei zeigt die Betrachtung der Orderströme weiterhin ein (wenn auch abnehmendes) Übergewicht der Heimatbörsen bei privaten und selbst institutionellen Anlegern.400 Ob hieraus national begrenzte Märkte für Handelsorganisationsdienstleistungen herzuleiten sind, bedarf einer Untersuchung der zugrundeliegenden Faktoren, wobei portfoliobedingte Gründe von echten Handelsplatzpräferenzen zu unterscheiden sind.401 So schlägt sich in den gegenwärtigen Orderströmen weiterhin der sogenannte equity home bias nieder:402 Diese Präferenz für Wertpapiere inländischer Emittenten resultierte traditionell vor allem aus den Wechselkursrisiken eines Auster den nationalen Umsetzungsvorschriften der WPDRL in Deutschland vgl. Cohn, Alternative Handelssysteme, ZBB 2002, 365 (371); Spindler, Internationale Kapitalmarktangebote, WM 2001, 1689 (1698); Großbritannien vgl. FSA, The FSA’s approach to regulation of market infrastructure, DP 2, S. 39; Frankreich vgl. Vauplane/Bornet, Droit des Marchés Financiers, no. 730. 398 Moloney, EC Securities Regulation, S. 688; Dönges, Competition for orderflow, S. 46 mit Beispielen. 399 Insbesondere zu den Zugangsbeschränkungen zum amerikanischen Markt Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Finanzdienstleistungen, Dritter Fortschrittsbericht, KOM (2000) 692/2 endg., S. 12; näher Steil, Building a Transatlantic Securities Market, S. 46 ff. Zu Liberalisierungsbemühungen der jüngeren Zeit Brown-Hruska, Market Competition and Regulatory Cooperation: A New Dynamic in US-EU Financial Relations, sub IV f. 400 Vgl. Clearstream International/Deutsche Börse AG, Cross-Border Equity Trading, Clearing & Settlement in Europe, S. 7 (60% der Orders werden auf inländische Handelsplätze geleitet). Vgl. aber zur deutlichen Zunahme der grenzüberschreitenden Orderströme Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Bericht über die Integration der Finanzmärkte 2004, SEC (2004) 559, S. 8 f. 401 Wegen der bis zur 6. GWB-Novelle von der h. M. angenommenen Beschränkung des räumlich relevanten Marktes in der nationalen Fusionskontrolle auf einen (maximal) deutschlandweiten Markt ist die Problematik der räumlichen Marktabgrenzung bei Existenz nationaler Marktführer bislang vor allem im europäischen Kartellrecht diskutiert, vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Bekanntmachung über die Definition des relevanten Marktes, ABl. 1997 C 372/5, Nr. 29 und Nr. 50; dies., Entscheidung im Fall Kali+Salz/MdK/Treuhand, IV/M.308 v. 14. Dezember 1993, ABl. 1994 L 186/38, sub (41) und (44). Siehe auch Korah, Competition Law of the European Community, II, § 8.06 (3) (c) (iii), S. 8–123 m. w. N. 402 Lamfalussy et al., Initial Report, S. 11.

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landsinvestments.403 Sie bewirkten beim typischerweise sehr risikoaversen Privatanleger unmittelbar eine Präferenz für inländische Wertpapiere, während institutionelle Anleger durch aufsichtsrechtliche Währungskongruenzregeln zu einem überwiegenden Investment in inländische Wertpapiere gezwungen waren.404 Mit der Euroeinführung sind diese Gründe innerhalb der Eurozone entfallen, doch vollzieht sich die Portfolioanpassung bei institutionellen und insbesondere bei privaten Anlegern nur langsam.405 Das fortbestehende Übergewicht inländischer Wertpapiere, die ihren traditionellen Handelsplatz im Inland haben, erklärt gegenwärtig die überwiegenden Orderströme auf inländische Handelsplätze.406 Für die Bestimmung des räumlichen Marktes ist eine hiervon abstrahierende Betrachtung der Handelsplatzpräferenzen erforderlich: Institutionelle Anleger suchen zur Vermeidung impliziter Transaktionskosten den liquidesten Markt für ein Wertpapier unabhängig von dessen Lokalisierung.407 Dabei erforderte der Zugang zu einem ausländischen Handelsplatz bislang die Einschaltung zumindest eines weiteren Intermediärs auf Ebene der Abwicklungssysteme mit dem entsprechenden Anstieg 403 De Santis/Gerard/Hillion, The European Single Currency and World Equity Markets, S. 205 (218 ff.). Neben Wechselkursrisiken werden für das Phänomen des equity home bias eine Reihe weiterer Erklärungen diskutiert, wie gesteigerte Informations- und Kontrollkosten über ausländische Emittenten infolge von Sprach- und Rechtsunkenntnis, erschwerter Zugang zu Informationsmedien, steuerliche Schwierigkeiten und gesteigerte Sekundärmarkttransaktionskosten bei Nutzung ausländischer Märkte, vgl. im Überblick bei Lewis, Trying to Explain Home Bias in Equities and Consumption, Journal of Economic Literature 37 (1999), 571 (579 ff.). 404 Danthine/Giavazzi/von Thadden, European Financial Markets after EMU, S. 9; Biais, European Stock Markets and European Unification, S. 236 (243). Europarechtlich ist grundsätzlich eine 80%ige Währungskongruenz von Versicherungsansprüchen und Anlagegegenständen im Lebens- und im Nicht-Lebensversicherungsbereich vorgeschrieben, vgl. Art. 24 i. V. m. Anhang 2 RL 2002/83/EG (Lebensversicherung); Art. 6 i. V. m. Anhang 1 RL 88/357/EG (Nicht-Lebensversicherungen). Deutschland schreibt außerdem über die Anforderungen der RL 2003/41/EG hinaus eine 70%ige Währungskongruenz für Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge i. S. v §§ 112 ff. VAG (§ 115 VAG i. V. m. § 5 PensionsfondsKapitalanlagen VO) sowie für Altersvorsorgesondervermögen i. S. v. §§ 87 ff. InvG vor (§ 88 Abs. 7 InvG). 405 Adjaouté/Danthine/Isakov, Portfolio Diversification in Europe, S. 140 ff. 406 EZB, The Euro Equity Markets, S. 39; Ferrarini, The European Regulation of Stock Exchanges, CMLR 36 (1999), 569 (578); van Steenis/Härle, The Future of Equity Trading in Europe, S. 37. 407 Schiereck, Internationale Börsenplatzentscheidungen institutioneller Investoren, S. 90. Ein Beleg findet sich in der Dominanz Londons als bevorzugtem Handelsplatz kontinentaler institutioneller Investoren während der 1980/90er Jahre für eine Reihe kontinentaleuropäischer Wertpapiere, in denen London nach Einführung des SEAQ-Handelssystems zum liquidesten Markt geworden war, vgl. hierzu Gros/ Lannoo, The Euro Capital Market, S. 43.

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der expliziten Transaktionskosten.408 Während die Systemgrenzen traditionell entlang nationaler Grenzen verliefen, ändert sich dies mit der grenzüberschreitenden Konsolidation der Abwicklungsdienstleister409 und der nicht zuletzt kartellrechtlich erzwungenen Systemöffnung gegenwärtig.410 Im Übrigen tragen auch spezialisierte Intermediäre, die institutionellen Anlegern aus einer Hand den Zugang zu multiplen in- und ausländischen Handels- und Abwicklungssystemen bieten können, für eine Angleichung der Kosten des in- und ausländischen Handels bei.411 Für institutionelle Investoren kann damit ein europaweiter Börsendienstleistungsmarkt angenommen werden.412 Anders bislang noch im Kundensegment der Privatanleger: Sie erteilen ihre Orders meist weisungsfrei, so dass die Wahl des Ausführungsortes dem Intermediär im Rahmen seiner Best-execution-Pflicht überlassen bleibt. Diese Pflicht wird vielfach (noch) national gehandhabt, so dass der Intermediär nur landesintern die beste Ausführungsmöglichkeit wählen muss.413 408

Giovannini et al., Cross-Border Clearing and Settlement Agreements in the European Union, S. 36 ff. 409 Vgl. im Überblick Russo/Hart/Schönenberger, The evolution of clearing and central counterparty services in the United States and Europe, S. 31 f. 410 Vgl. Kauppi, Bericht über Clearing und Settlement, S. 14 f.; Bagheri/Nakajima, Competition and Integration among Stock Exchanges, OJLS 2004, 69 (76). 411 EZB, The Euro Equity Markets, S. 42; Domowitz/Steil, Automation, S. 9. 412 So offenbar die Marktabgrenzung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in ihrer Coredeal MTS-Entscheidung vom April 2001, berichtet in Monti, The integration of European capital market infrastructure and competition law, sub 4.: Wettbewerb zwischen Coredeal MTS (Großbritannien), Eurex und Swiss Exchange im Bereich der Handelsorganisationsdienstleistung für Unternehmensanleihen. Vgl. auch bezüglich OM Stockholm – SOM Helsinki Kommission der Europäischen Gemeinschaften, XXX. Bericht über die Wettbewerbspolitik 2000, S. 166 (relevanter Markt „zumindest der EWR“). Weiter (EU und USA) Competition Commission, Deutsche Börse AG, Euronext NV and London Stock Exchange plc, S. 39. Aus der Literatur vgl. schon Mues, Börse, S. 188 (europaweiter Inter-Börsenwettbewerb); Meyer/Wittrock, Marketing-Strategien für die deutschen Börsen, ZfgK 1994, 536 (europaweiter, u. U. sogar weltweiter Markt). A. A. (nationale Märkte) im Ergebnis Beck, Die Börsen im Lichte des deutschen und europäischen Kartellrechts, WM 2000, 597 (604), allerdings nicht unter dem Gesichtspunkt des räumlichen Marktes – insoweit wird durchaus ein europaweiter Markt angenommen, vgl. ders., a. a. O., WM 2000, 597 (603) – sondern aufgrund mangelnder sachlicher Substituierbarkeit in- und ausländischer Handelsplätze. Insoweit zustimmend wohl auch Merkt, Gutachten 64. DJT, G 117 sowie nunmehr Bundeskartellamt Entscheidung v. 27. Juni 2005, Gesch.-Z.: B 4 – 67110 – Fa – 09/05, S. 26. 413 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 31; Wymeersch, Revision of the ISD, S. 4. Beispielsweise erfüllt ein Intermediär in Großbritannien seine Best-execution-Pflicht bei Wertpapieren, die im SETS-System der London Stock Exchange gehandelt werden, stets durch eine Ausführung in diesem System, vgl. COB 7.5.6 (3). Zur Rechtslage in Deutsch-

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Mit Umsetzung von Art. 21 MFIRL wird sich dies ändern, ist doch künftig die europaweite Suche der vorteilhaftesten Ausführungsmöglichkeit erforderlich.414 Allerdings gilt das nur im Rahmen der bestehenden Handelsmöglichkeiten eines Intermediärs. Viele Handelshäuser verfügen bereits über mehrere in- und ausländische Börsenzugänge; soweit das jedoch nicht der Fall ist, genügt die inländische Orderausführung der Best-executionPflicht und es wird sich hier bestenfalls ein allmählicher Wandel in Antwort auf sich eventuell verändernde Anlegerpräferenzen einstellen. Gegenwärtig ist damit im Privatanlegersegment noch ein national begrenzter Markt anzunehmen. bb) Der Markt für Wertpapierzulassungsdienstleistungen (1) Sachlich relevanter Markt Die Funktion der Wertpapierzulassung besteht für den Emittenten primär in einer Reduktion seiner Kapitalkosten, da Anleger bei Aussicht auf eine transaktionskostenarme Sekundärhandelsmöglichkeit sowie eine von dritter Seite überwachte Emittentenpublizität eine geringere Verzinsungen hinzunehmen bereit sind.415 Diesen Bedarf nach Zertifikation und proaktiver Eröffnung einer Handelsmöglichkeit decken in Europa bislang nur geregelte Märkte.416 Sie weisen durchweg ein oder mehrere Handelssegmente mit qualifizierten und betreiberseits überwachten Emittentenqualitäts- und -publizitätsstandards auf, in welchen eine Wertpapierzulassung auf Betreiben des Emittenten möglich ist. Hierzu zählen u. a. Standardwertesegmente mit „amtlicher Börsennotierung“ im Sinne der RL 2001/34/EG, in welchen europaweit einheitliche Minderstandards aufgrund der Börsenzulassungs-, Prospekt- und Transparenzrichtlinie gelten.417 Alternative Handelssysteme bieten eine ähnliche land vgl. nur Nr. 2 Abs. 2 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte der deutschen Banken. 414 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 31 f.; dies., Draft Commission Directive implementing Directive 2004/39/EC v. 6. Februar 2006, S. 52. In diesem Lichte wird auch der nunmehrige Art. 44 RL 2006/73 (zur Konkretisierung des Art. 21 MFIRL) zu interpretieren sein. Art. 21 MFIRL ist in Deutschland zwischenzeitlich durch das FRUG in § 33a WpHG i. d. F. des FRUG, § 11 WpDVerOV umgesetzt worden. Näher hierzu unter Nachtrag A. II., S. 535 f. 415 Siehe oben Teil 1, Abschnitt 2, C. II., S. 57 f. 416 Beck, Die Börsen im Lichte des deutschen und europäischen Kartellrechts, WM 2000, 597 (601). 417 RL 2001/34/EG, RL 2003/71/EG sowie RL 2004/109/EG, wobei letztere bis 20. Januar 2007 in nationales Recht umzusetzen ist.

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Dienstleistung nicht an,418 obgleich dies auf privatautonomer Basis bislang419 wie auch unter der MFIRL nicht unzulässig wäre.420 Es ließe sich jedoch in Frage stellen, ob eine solche Zulassungsdienstleistung, die anders als bei geregelten Märkten auch keinerlei behördlicher Oberaufsicht unterläge, für den Emittenten überhaupt die erstrebte Zertifizierungswirkung haben könnte,421 zumal in Anbetracht der bereits dargelegten intrinsischen Anreizdefizite eines Handelsplatzbetreibers.422 Der sachlich relevante Markt umfasst jedenfalls gegenwärtig ausschließlich die Wertpapierzulassungsdienstleistung durch geregelte Märkte.423 (2) Räumlich relevanter Markt Der räumlich relevante Markt wird durch die geographischen Grenzen beschrieben, innerhalb derer die verschiedenen geregelten Märkte in Konkurrenz um die Zulassungsentscheidung der Emittenten treten. Technischwirtschaftliche Barrieren für die Angebotsreichweite bestehen auch hier kaum, da die Wertpapierzulassung und alle aus dem Zulassungsverhältnis folgenden Publizitätspflichten im Korrespondenzwege erfüllt werden können, wobei auch hier die zunehmende Elektronisierung Distanzkosten minimiert.424 Rechtliche Barrieren für die grenzüberschreitende Erbringung von 418 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 22. 419 Zur bisherigen Rechtslage im Überblick FESCO, The Regulation of Alternative Trading Systems in Europe, S. 7 f.; zu den auf einer börsenähnlichen Einrichtung im Sinne des § 59 BörsG 2002 handelbaren Wirtschaftsgütern vgl. Cohn, Alternative Handelssysteme, ZBB 2002, 365 (368). 420 Art. 4 Nr. 15, Art. 14 Abs. 2 MFIRL, sowie aus den Vorarbeiten Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 22. Unpräzise daher Beck, Die Börsen im Lichte des deutschen und europäischen Kartellrechts, WM 2000, 597 (601): „nur [Wertpapierbörsen] sind berechtigt, Wertpapiere zum Handel zuzulassen“. Zur zwischenzeitlichen Umsetzung in Deutschland siehe § 31f WpHG i. d. F. des FRUG. 421 Vgl. Emmerich/Hoffmann, Das deutsche Börsenrecht vor dem Forum des Gemeinschaftsrechts, FS Selmer 2004, S. 305 (316). 422 Siehe oben I. 3. b) cc), S. 453 f. 423 Bundeskartellamt Entscheidung v. 27. Juni 2005, Gesch.-Z.: B 4 – 67110 – Fa – 09/05, S. 13; Competition Commission, Deutsche Börse AG, Euronext NV and London Stock Exchange plc, S. 29. 424 Dabei gilt im Einzelnen folgendes: Die Prospektpflicht konnte bislang gemäß Art. 98 RL 2001/34/EG nur in Schriftform erfüllt werden, seit Umsetzung von Art. 14 RL 2003/71/EG (in Deutschland § 14 WpPG) genügt europaweit die elektronische Publikation (mit individueller Übersendung in Papierform an Anleger auf deren Wunsch). Hinsichtlich der laufenden Publizität gestattete Art. 102 RL 2001/34/EG den Mitgliedstaaten schon bislang, eine ausschließlich elektronische Publikation vorzusehen, vgl. Heinze, Europäisches Kapitalmarktrecht, S. 270, S. 300,

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Börsenzulassungsdienstleistungen sind bezüglich der Zulassung zur amtlichen Börsennotierung im Sinne des europäischen Kapitalmarktrechts innerhalb Europas schon im Jahr 1979 gefallen.425 Bezüglich der nachgelagerten Handelssegmente gilt nur die allgemeine Dienstleistungsfreiheit,426 wobei direkte rechtliche Hindernisse einer grenzüberschreitenden Wertpapierzulassung ohnehin nicht zu beobachten sind.427 Mittelbare rechtliche Hindernisse, wie international unterschiedliche Prospekt- und Publizitätspflichten, die trotz früherer Harmonisierungsbemühungen verblieben waren, sind bzw. werden mit der Umsetzung der RL 2003/71/EG (Prospektrichtlinie) und der RL 2004/109/EG (Transparenzrichtlinie) weitgehend beseitigt.428 Ohnehin Elster, Europäisches Kapitalmarktrecht, S. 52. Die Mitgliedstaaten haben hiervon in jüngeren Jahren zunehmend Gebrauch gemacht. Mit Artt. 19 bis 21 RL 2004/109/EG wurde europaweit ein neues, im Kern auf elektronischen Informationsmedien aufbauendes Veröffentlichugnsregime für sämtliche Emittentenpublikationen eingeführt. Zur Umsetzung hierzulande näher Nachtrag C. II., S. 551. 425 RL 79/279/EWG, nunmehr konsolidiert in RL 2001/34/EG, harmonisiert die (Mindest-)Bedingungen für die Wertpapierzulassung und verbietet im Falle strengerer nationaler Standards eine Diskriminierung zwischen in- und ausländischen Emittenten. Bei Einhaltung dieser Standards soll den Emittenten eine Zulassung zur amtlichen Börsennotierung im Ausland möglich sein, zusätzliche Hindernisse dürfen von Seiten des Börsen-Sitzlandes nicht aufgestellt werden. Als seinerzeit nicht beachteter Nebeneffekt folgt hieraus eine Möglichkeit der Börsenbetreiber, ihre Zulassungsdienstleistung grenzüberschreitend anzubieten, sofern – wie auch heute noch in den meisten Mitgliedstaaten – die Zulassung zur „amtlichen Börsennotierung“ vom Börsenbetreiber ausgesprochen wird. 426 Die WPDRL regelte infolge ihrer Fokussierung auf Wertpapierdienstleister primär deren grenzüberschreitendem Börsenzugang und damit reflexhaft auch die Dienstleistungsfreiheit der geregelten Märkte im Bereich der Handelsorganisationsdienstleistungen, vgl. Stünkel, EG-Grundfreiheiten und Kapitalmärkte, S. 190. Zur Frage der Zulassungsdienstleistungen traf sie keine Aussage. Auch die MFIRL gewährt geregelten Märkten nicht ausdrücklich das Recht, Wertpapierzulassungsdienstleistungen an ausländische Emittenten zu erbringen; allerdings könnte Art. 40 MFIRL in diesem Sinne auszulegen sein, zumal mit der RL unter anderem das Ziel angestrebt wurde, den europaweiten Interbörsenwettbewerb zu erleichtern, vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 5, S. 12. 427 Vgl. Großbritannien: s. 4 (2) (b) RRR i. V. m. REC 2.12.6: Anforderungen für Wertpapierzulassungsregeln unterschiedslos für in- und ausländische Emittenten. Ähnlich Frankreich: Art. L 421-3 Code Monétaire Financier, Art. 517-1 Règlement Général AMF; Deutschland: §§ 50, 51 BörsG 2002. 428 Die inhaltlichen Transparenzanforderung werden nunmehr auf europäischer Ebene im Wesentlichen abschließend vorgeben, vgl. etwa zum Prospektinhalt VO (EG) Nr. 809/2004 sowie zum neuen Regelungskonzept der Vollharmonisierung im Dienste eines „europäischen Passes“ für Emittenten Sandberger, Die EU-Prospektrichtlinie, EWS 2004, 297 (299). In Deutschland ist die RL 2003/71/EG im WpPG umgesetzt worden. Die RL 2004/109/EG ist nach Redaktionsabschluss im Wesentlichen im WpHG und der WpAIV umgesetzt worden, vgl. näher hierzu Nachtrag C. II., S. 548 f.

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erschwerte diese (Rest-)Unterschiedlichkeit nur die Zweit- bzw. Mehrfachzulassung eines Wertpapiers im Ausland.429 Bei der Erstzulassung können sich Emittenten somit ganz primär an den Handelsortpräferenzen ihrer hauptsächlich anvisierten Anlegerzielgruppen orientieren. Bei der institutionellen Anlegerschaft ist dies der voraussichtlich liquideste Handelsplatz innerhalb des EWR unabhängig von dessen Lokalisierung.430 Um die Listingentscheidung eines Emittenten, der ausschließlich institutionelle Investoren ansprechen will, konkurrieren daher alle geregelten Märkte in einem EWR-weiten Markt.431 Die überwiegende Mehrzahl der Emittenten will hingegen auch Privatinvestoren gewinnen,432 welche, wie gezeigt, nach wie vor inländische Handelsplätze bevorzugen. Für Erstzulassungen ist somit jedenfalls gegenwärtig noch ein nationaler Markt anzunehmen.433 Bei Zweitlistings ist hingegen ein zumindest europaweiter, häufig auch die USA umfassender Wettbewerb der Börsenplätze anzunehmen.434 429

Vgl. Seitz, Die Integration der europäischen Wertpapiermärkte und die Finanzgesetzgebung in Deutschland, BKR 2002, 340 (344). 430 Siehe schon oben unter (2), S. 490 zur Handelsortpräferenz institutionellen Investoren. Die Präferenz für EWR-interne Zulassungsorte ergibt sich hierbei für Investmentfonds und Versicherungen aus aufsichtsrechtlichen Vorgaben über zulässige Anlageformen, welche die Anlage in Wertpapieren, die nicht an einem EWRinternen geregelten Markt gehandelt werden, beschränken. Vgl. etwa für Investmentfonds Art. 19 RL 85/611/EWG, für Versicherungen Art. 24 Abs. 3 RL 2002/83/EG (Lebensversicherung) und Art. 21 Abs. 1 RL 92/49/EG (Nichtlebensversicherung). 431 Emittenten dieser Kategorie sind meist High-Tech-Unternehmen mit hohem Wachstumspotential und Kapitalbedarf, die aufgrund des hohen Anlagerisikos für Privatanleger kaum in Betracht kommen, vgl. Wymeersch, Harmonisation, S. 9. Pagano/Röell/Zechner, The Geography of Equity Listing, S. 3. Auf diese Kundengruppe zielte beispielsweise Nasdaq Europe, vgl. Nasdaq Europe, Primary Market Statistics August 2002, für einen Überblick über internationale Unternehmen, die ihre Erstzulassung auf Nasdaq Europe erhalten hatten. Zur Zielgruppe der Vorgängerbörse EASDAQ, welche in Nasdaq Europe aufging, vgl. schon Licht, Stock Market Integration in Europe, S. 49 ff. 432 Von einer breiten Anteilsstreuung kann sich das Emittentenmanagement größeren eigenen Handlungspielraum und geringere Anfälligkeit für feindliche Übernahmen versprechen, vgl. Färber, Determinanten der Entscheidung für eine Börseneinführung, S. 99 ff. 433 Beck, Die Börsen im Lichte des deutschen und europäischen Kartellrechts, WM 2000, 597 (600 f.). Siehe nunmehr auch Bundeskartellamt Entscheidung v. 27. Juni 2005, Gesch.-Z.: B 4 – 67110 – Fa – 09/05, S. 25; differenzierend Competition Commission, Deutsche Börse AG, Euronext NV and London Stock Exchange plc, S. 30. 434 Competition Commission, Deutsche Börse AG, Euronext NV and London Stock Exchange plc, S. 30; vgl. auch Pagano/Röell/Zechner, The Geography of Equity Listing S. 1.

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IV. Funktionsvoraussetzung börsenunternehmerische Willensbildung Die Funktionsfähigkeit des privat-wettbewerblichen Börsenstrukturtyps hängt des Weiteren davon ab, dass das Betreiberunternehmen seine Regelungsentscheidungen tatsächlich – wie oben als idealtypisches börsenunternehmerisches Verhalten unterstellt – an den Präferenzen der verschiedenen Nutzergruppen orientiert und diese angemessen berücksichtigt. Dieses Verhalten ist grundsätzlich dann anzunehmen, wenn sich Börsenbetreiber und Nutzer wie im marktwirtschaftlichen Idealfall mit gleichsam entgegengerichteten Gewinnmaximierungsinteressen gegenüberstehen, welche allein durch den Marktmechanismus und den daraus folgenden Anreiz zum Angebot einer für möglichst viele potentielle Nutzer attraktiven Börsendienstleistung in Einklang gebracht werden. Es ist hingegen nicht der Fall, wenn der Börsenbetreiber bzw. die seine Unternehmenspolitik bestimmenden Personen einer bestimmten Börsennutzergruppe angehören, also ein intrinsischer Interessengleichlauf zwischen Betreiber und einem einzelnen Nutzer oder einer bestimmten Nutzergruppe besteht. Diese können nämlich ihr Gewinnmaximierungsstreben meist einfacher dadurch verwirklichen, dass sie ihren Einfluss auf den Börsenbetreiber zu einer gerade ihren Interessen dienlichen Ausgestaltung der Börsendienstleistung nutzen.435 Aufsichtsrechtlich zu verhindern gilt es also den beherrschenden Einfluss partikularer Nutzergruppen oder einzelner Nutzer auf den Börsenbetreiber. Da die intermediärsgenossenschaftliche436 Betreiberstruktur inzwischen als „natürliche“ Betreiberrechtsform durch die kapitalistische Betreiberstruktur mit Separierung von Anteilseigner- und Nutzerschaft abgelöst ist,437 stehen einem solchen Anliegen heute keine forminhärenten Hindernisse mehr entgegen. Auch bei einer im Wortsinne kapitalistischen Betreiberstruktur sind aber im Einzelfall Abhängigkeiten von partikularen Nutzerinteressen denkbar, sei es als Konzernabhängigkeit, sei es als kommerzielle Abhängigkeit in Form einer geschäftspolitisch nötigen Rücksichtnahme auf die Interessen eines großen Kunden.438 Eine kommerzielle Abhängigkeit setzt dabei voraus, dass ein einzelner Handelsteilnehmer- bzw. Emittentenkunde einen exorbitanten Anteil am Umsatz des Börsenbetreibers ausmacht. Sie dürfte daher von praktisch geringer Relevanz sein, sind doch Börsen435

Di Noia, Customer-Controlled Firms, S. 173 (174 f.). Es sei daran erinnert, dass als „genossenschaftlich“ hier sowohl Betreiberstrukturen bezeichnet werden, die im Rechtssinne als Genossenschaften organisierten sind, als auch solche mit anderer Rechtsform, bei welchen aber eine Identität von Nutzer- und Anteilseignerschaft vorliegt. 437 Näher oben Abschnitt 1, A., S. 376. 438 Jacquillat, La gouvernance des entreprises de marchés, Revue d’économie financière 82 (2006), 169 (179). 436

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dienstleistungen ihrer Natur nach auf eine sehr große Zahl von Nutzern angelegt.439 Und selbst da, wo – wie etwa in der Anfangsphase von Tradepoint – nur einige wenige institutionelle Investoren untereinander handelten, konnte sich der Börsenbetreiber doch nicht die Bevorzugung eines Nutzers erlauben, da er damit die Dienstleistung für die übrigen Nutzer entwertet und den Börsenbetrieb zum Erliegen gebracht hätte.440 Das Gefahrenpotential für die unverzerrte börsenunternehmerische Willensbildung ist hier also relativ gering; im Übrigen ist die Problematik der Nachfragemacht im Rahmen der Kartellaufsicht in den Branchen der Wertpapierintermediäre und institutionellen Anleger zu berücksichtigen.441 Gesellschaftsrechtlich vermittelte Abhängigkeiten des Börsenbetreibers sind demgegenüber in einer privat-wettbewerblichen Börsenstruktur ein häufiges Phänomen, ist doch der Anteilserwerb an privaten Kapitalgesellschaften grundsätzlich nicht beschränkt.442 Unproblematisch ist dabei unter dem Gesichtspunkt der börsenunternehmerischen Willensbildung die Konzernabhängigkeit von Personen, die nicht dem Kreis der Börsennutzer angehören, also z. B. von einem anderen Börsenbetreiber oder von einem Industrieunternehmen, dessen Wertpapier nicht auf der jeweiligen Börse zugelassen ist: Selbst wenn man berücksichtigt, dass das Interesse beherrschender Gesellschafter oftmals nicht mit dem unternehmerischen Eigeninteresse des Börsenbetreibers identisch sein muss (was sich beispielsweise in der – unter anderem Gesichtspunkt ebenfalls aufsichtsrechtlich relevanten – Gewähr unzureichend besicherter Kredite an den Gesellschafter äußern kann),443 so wird doch die börsenunternehmerische Willensbildung im oben definierten Sinn hiervon nicht verzerrt. Erst recht unproblematisch ist aus vergleichbarem Grund der Arbeitnehmereinfluss auf die unternehmerische Willensbildung im Falle einer mitbestimmten Börsenbetreibergesellschaft. Eine relevante Gefahr für die idealtypische börsenunternehmerische Willensbildung 439

Vgl. Pritchard, A Self-Regulatory Model for Securities Markets, S. 6. Vgl. hierzu auch oben Teil 2, Abschnitt 2, B. II. 2. b), S. 236 f. mit Fn. 484. 441 Kalss, Different Stock Exchange Interest Groups, S. 193 (208) weist darauf hin, dass institutionelle Investoren im europäischen Börsendienstleistungsmarkt möglicherweise ein Oligopol auf Nachfrageseite darstellen können. 442 Vgl. indes zu den aufsichtsrechtlichen Beschränkungen des Anteilserwerbs an Börsenbetreiberunternehmen in verschiedenen Rechtsordnungen im Überblick IOSCO, Exchange Evolution, S. 16 ff. 443 Vgl. zu derartigen Interessendivergenzen und ihrer aufsichtsrechtlichen Relevanz unter dem Gesichtpunkt der finanziellen Solidität des Börsenbetreibers sowie der persönlichen Eignung im britischen Rechts siehe oben Teil 2, Abschnitt 2, B. I. 2., S. 228 ff. sowie II. 3. b), S. 238 f. Vergleichbare aufsichtsrechtliche Betreibertauglichkeitskriterien wären im Falle einer privat-wettbewerblichen Börsenstruktur auch hierzulande einzuführen, vgl. hierzu unten Abschnitt 4, A. I. 3. a) aa) und bb), S. 512 ff. 440

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besteht indes, wenn einzelne oder einige wenige konzertiert handelnde Nutzer ein und derselben Nutzergruppe einen beherrschenden Einfluss auf die Unternehmenspolitik des Börsenbetreibers erlangen, wobei praktisch insbesondere die Beherrschung durch institutionelle Investoren oder Intermediäre relevant sein dürfte.444 Da das private Konzernrecht die Beeinflussung der Unternehmenspolitik der Konzerntochter auf Primärebene nicht zuverlässig ausschließen kann und jedenfalls im Falle des Vertragskonzerns auch gar nicht ausschließen will, bedarf es hier einer spezifisch börsenaufsichtsrechtlichen Konzernkontrolle. Dabei ist die Durchführung einer laufenden Konzernleitungskontrolle aufgrund der zahlreichen informellen Einflussmöglichkeiten innerhalb eines Konzerns sowie der notwendigerweise beschränkten Aufsichtskapazitäten der Börsenaufsichtsbehörden illusorisch, wie bereits die Untersuchungen in Teil 2 gezeigt haben dürften.445 Allein praktikabel und damit im Rahmen einer privat-wettbewerblichen Börsenordnung auch erforderlich ist eine aufsichtsrechtliche Konzerneingangskontrolle, welche die Erlangung eines beherrschenden Einflusses eines oder mehrerer konzertiert handelnder Börsennutzer derselben Nutzergruppe auf das Betreiberunternehmen verhindert: Die betreffenden Personen müssen sich also zwischen der Handelsteilnahme auf der betreffenden Börse einerseits und dem beherrschenden Einfluss auf das Betreiberunternehmen andererseits entscheiden.446 Für den zentralen Konzernbildungstatbestand – den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung – bietet im deutschen Börsenaufsichtsrecht schon jetzt § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2007) einen geeigneten rechtlichen Rahmen für eine solche Konzerneingangskontrolle.447 In der 444 Vgl. zu den dann drohenden Interessenkonflikten schon die Darstellung zum britischen Recht in Teil 2, Abschnitt 2, B. II. 2. a), S. 234 f.; zu weiteren potentiellen Interessenkonflikten Weber/Gisinger/Bruchez, Die Schweizer Finanzmarktinfrastruktur und die Rolle des Staates, S. 87 f. 445 Vgl. insbesondere Teil 2, Abschnitt 2, A. V., S. 177 ff. Pessimistisch zu den Möglichkeiten einer aufsichtsbehördlichen Konzernleitungskontrolle in Bezug auf das Banken- und Versicherungsaufsichtsrecht van de Sande, Unternehmensgruppe, S. 225 ff. 446 Vgl. zu den Ansätzen einer solchen Konzerneingangskontrolle im britischen Börsenaufsichtsrecht oben Teil 2, Abschnitt 2, B. II. 2. b), S. 236 f. Zur möglichen Koexistenz von gesellschafts- und aufsichtsrechtlichem Konzernrecht allgemein Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 11 I, S. 165. 447 Die Norm kann und sollte auch schon im Rahmen der gegenwärtigen Börsenstruktur zur Kontrolle der Konzernierung des Trägerunternehmens unter dem Dach einzelner Handelsteilnehmer genutzt werden, ist doch de facto über das Trägerunternehmen auch ein Einfluss auf den anstaltlichen Regelvollzug möglich, was wegen der dargelegten Interessenkonflikte die zweckgerechte und gesetzeskonforme Erfüllung der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe im Sinne des § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2002 (= § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2007) gefährdet. Ökonomisch sinnlos,

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aufsichtsrechtlichen Konzerneingangskontrolle, die im Rahmen einer privatwettbewerblichen Börsenordnung zu schaffen wäre, müsste auch den übrigen Tatbeständen der Begründung einer beherrschenden Einflussmöglichkeit448 Rechnung getragen werden. Dabei soll nicht geleugnet werden, dass insbesondere bezüglich der Beherrschung durch mehrere konzertiert handelnde Personen – gesellschaftsrechtlich ein Mehrmütterkonzern, kapitalmarktrechtlich eher unter dem Schlagwort des acting in concert bekannt – erhebliche Nachweisschwierigkeiten auftreten können, wie sie auch aus der Anwendung der § 22 Abs. 2 WpHG, §§ 30 Abs. 2, 35 WpÜG bekannt sind.449 In dogmatischer Hinsicht handelt es sich bei der aufsichtsrechtlichen Konzerneingangskontrolle um ein junges Feld, und Erfahrungen aus der Versicherungs- und Kreditwesenaufsicht können, da die abzuwehrenden Konzernierungsgefahren hier ganz anderer Natur sind, nur beschränkt übertragen werden. Künftiger weiterer Erforschung der Zusammenhänge zwischen Nutzergruppeneinfluss und Richtigkeitsgewähr der börsenunternehmerischen Willensbildung muss es überlassen bleiben, eventuell aufsichtsrechtlich unbedenkliche Fälle des (bedeutenden) Anteilserwerbs zu identifizieren und das Instrumentarium der Anteilseignerkontrolle entsprechend zu präzisieren. Doch zeigt etwa die britische Erfahrung, dass über aufsichtsrechtliche Instrumente eine Sicherung der (idealtypischen) börsenunternehmerischen Willensbildung als Funktionsvoraussetzung für eine privat-wettbewerbliche Börsenstruktur grundsätzlich möglich sein sollte.

B. Zieladäquanzvergleich am Maßstab der übrigen börsenrechtlichen Regelungsziele Weitere börsenrechtlich relevante Regelungsziele sind sub specie der Sekundärmarktfunktionalität die bedarfsgerechte Versorgung des inländischen Kapitalmarktes mit Börsendienstleistungen, die Herstellung von gesamtsekundärmarktweiter Preisbildungseffizienz und Fairness sowie die Minimierung von Intermediationskosten.450 Nur wenn eine hypothetische privatwie Rudolph, Viertes Finanzmarktförderungsgesetz, BB 2002, 1036 (1039) meint, ist die Vorschrift damit bei entsprechender Auslegung und Anwendung schon jetzt nicht. Zum ökonomischen wie regelungstheoretischen Imperativ wird sie beim Übergang zu einer Börsenordnung des privat-wettbewerblichen Typs. 448 Im Überblick Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 3 II 3, S. 37 ff. 449 U. H. Schneider, Acting in Concert, WM 2006, 1321 (1326 f.). Vgl. zu einem einschlägigen Beispiel – Frage eines Pflichtangebotes nach § 35 Abs. 2 WpÜG an die Aktionäre der Deutsche Börse AG wegen eines Kontrollerwerbs im Wege des acting in concert der Fondsgesellschaften um die britische TCI (The Children’s Investment Fund Management (UK) LLP) – nur BaFin, BaFin stellt bei der Deutschen Börse kein Acting in Concert fest, Pressemitteilung v. 19. Oktober 2005.

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wettbewerbliche Börsenstruktur auch insoweit eine der bisherigen Börsenstruktur zumindest gleichwertige Zieladäquanz verspricht, kann ihre Einführung uneingeschränkt ratsam sein. I. Bedarfsgerechte Versorgung des inländischen Kapitalmarktes mit Börsendienstleistungen Die möglichen Auswirkungen eines Strukturtypenwechsels auf das Regelungsziel der bedarfsgerechten Versorgung sind evident, würde doch mit der öffentlichen Betriebsaufgabe auch die hieraus entspringende Betriebspflicht wegfallen.451 Ein privater Betreiber könnte also den Börsenbetrieb grundsätzlich nach Gutdünken einstellen oder seinen Sitz ins Ausland verlegen,452 wobei börsenaufsichtsrechtlich freilich für eine rechtzeitige Ankündigung und geordnete Abwicklung des Börsenbetriebs zu sorgen wäre. Denkbar, wenn auch nicht unbedingt realitätsnah ist somit, dass kein Börsenbetreiber mit Sitz im Inland verbliebe. Selbst von einem solchen Extremszenario würde indes nicht notwendigerweise eine (nachhaltige) Beeinträchtigung der bedarfsgerechten Versorgung inländischer Kapitalmarktteilnehmer mit Börsendienstleistungen ausgehen. Denn wo der Betreibersitz liegt, ist angesichts der Virtualisierung der Börsendienstleistung für den Nutzer grundsätzlich irrelevant.453 Industriepolitische Präferenzen für einen inländischen Betreibersitz spielen unter dem normativ allein maßgeblichen börsenrechtlichen Regelungsziel der Sekundärmarktfunktionalität keine Rolle;454 relevante nutzerseitige Präferenzen für einen inländischen Han450

Siehe oben Abschnitt 2, A. II. 2., S. 400 ff. Außer Betracht bleiben soll hier die von Hopt/Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (402 mit Fn. 483) angedachte, einer privat-wettbewerblichen Börsenstruktur freilich typusfremde Möglichkeit, dem privaten Betreiber eine öffentlich-rechtliche Betriebspflicht aufzuerlegen. Näher zur Ablehnung einer solchen Betriebspflicht sogleich Abschnitt 4, A. I. 2., S. 510. 452 Bradley, Demutualization of Financial Exchanges, J Int L Bus 21 (2001), 657 (658, 700 ff.); IOSCO, Exchange Evolution, S. 26; Licht, Stock Exchange Mobility, 41 Va J Intl L (2001), 583 (591); vgl. zur (rechtlich) möglichen Sitzverlegung der LSE ins europäische Ausland auch FSA, Submission to the Competition Commission v. 29. April 2005, S. 8. 453 Vgl. oben A. III. 3. b) aa) (2), S. 487 f. 454 Hierzu zählt etwa die im Rahmen der medialen Diskussion um das iX-Projekt sowie um spätere Fusionspläne der Deutsche Börse AG wiederholt geäußerte Ansicht, der Betreibersitz in Frankfurt sei zum Erhalt der Bedeutung als Finanzplatz einschließlich der Arbeitsplätze erforderlich, vgl. nur Weber, Eine empfindliche Schwächung, FAZ v. 20. Januar 2005, S. 20. In der Sache sicherlich zutreffend, gehören beide Anliegen doch nicht zu den börsenrechtlichen Regelungszielen. Gegen eine Berücksichtigung industriepolitischer Erwägungen im Ergebnis schon Klenke, Börsendienstleistungen, S. 47; Merkt, Gutachten 64. DJT, G 86; implizit auch 451

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delsort können sich demgegenüber aufgrund von Regulierungsunterschieden oder Mehrkosten für den grenzüberschreitenden Börsenzugang ergeben, wie sie namentlich Privatanleger noch zu tragen haben.455 Folgt hieraus ein fortbestehender nennenswerter Bedarf gerade nach inländischen Börsendienstleistungen, so erlaubt eine privat-wettbewerbliche Börsenordnung neuen Anbietern den Eintritt in diese Marktlücke. II. Gesamtsekundärmarkteffizienz Im Dienste der gesamtsekundärmarktweiten Preisbildungseffizienz trifft das deutsche Recht bislang eine gesetzliche Regelung der Emittentenpublizität im Amtlichen Markt und eine Teilregelung im Geregelten Markt456. In deren Vollzug sind die Börsenanstalten trotz einer erheblichen Reduktion ihrer Rolle seit dem 2. FMFG weiterhin eingebunden.457 Außerdem fördert das deutsche Börsenaufsichtsrecht die zutreffende Informationsaggregation durch eine Konzentration der Orderströme auf einige wenige Börsen.458 Zu diesem Zwecke schreibt § 22 BörsG 2002 für alle weisungsfrei erteilten Anlegerorders die Ausführung auf einer inländischen Börse vor,459 deren Zahl durch das Genehmigungserfordernis gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BörsG 2002 (= § 4 Abs. 1 BörsG 2007) mit Bedarfsprüfung und ohne jeglichen Genehmigungsanspruch gering gehalten werden kann.460 Soweit ein gewisser Börsenpluralismus unvermeidlich ist, soll die Handelstransparenz nach § 24 Abs. 2 S. 2 und 3 BörsG 2002 (= § 24 Abs. 2, Abs. 3, §§ 30, 31 BörsG 2007) in Verbindung mit der nunmehr gestatteten Berücksichtigung von ReferenzChristoph, Die Anteilseignerkontrolle nach dem Börsengesetz, WM 2004, 1856 ff.; a. A. offenbar Fenchel, Das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz, DSTR 2002, 1355 (1356): Standortsicherung nötig. 455 Siehe hierzu schon oben Teil 2, Abschnitt 2, A. III. 2., S. 160 mit Fn. 121. 456 Zur Rechtslage nach TUG und FRUG mit dem einheitlichen Marktsegment des Regulierten Marktes und den nunmehr fast durchweg europarechtlich vorgegebenene Emittententransparenzpflichten näher im Nachtrag C. II., S. 548 f. 457 Siehe oben Teil 2, Abschnitt 1, A. III. 2., S. 114 ff. 458 Kümpel, Bank- und Börsenrecht, Rn. 17.249. 459 Vgl. hierzu die Motive zu § 22 BörsG 2002 = § 10 BörsG a. F. in RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 69 sowie zur Entstehungsgeschichte dieser Norm Bundeswirtschaftsministerium, Leitgedanken zum Referentenentwurf, zit. nach BeyerFehling/Bock, Börsenreform, S. 167 (168). Im Einzelnen siehe Schwark-Schwark, § 22 BörsG sowie zur Vorgängernorm Schäfer-Geibel, § 10 BörsG. Das FRUG hat hier in Umsetzung von Art. 21 Abs. 3 MFIRL eine deutliche Veränderung gebracht, indem § 22 BörsG 2002 ersatzlos gestrichen und Börsen und MTF in § 33a WpHG i. d. F. des FRUG gleichgestellt worden sind, vgl. Nachtrag A., S. 535. 460 Vgl. Mues, Börse, S. 99 sowie oben Teil 2, Abschnitt 1, A. II. 1., S. 108, Teil 3, Abschnitt 1, B., S. 380. Zum Forbestehen dieser Rechtslage unter dem FRUG siehe Nachtrag B. I., S. 539.

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preisen anderer Handelsplätze nach § 24 Abs. 2 S. 4 BörsG 2002 (= § 24 Abs. 2 S. 3 BörsG 2007) die informationelle Marktintegration fördern.461 Trotz der partiellen Vollzugsverantwortlichkeit der Börsenanstalten für die Publizitätsregelung hätte ein Typuswechsel aber voraussichtlich weder positive noch negative Auswirkungen auf die Preisbildungseffizienz: Wie oben gezeigt, ist der Anreiz zu einer stringenten Überwachung und Durchsetzung der Emittentenpflichten sowohl in der gegenwärtigen deutschen Börsenstruktur wie auch bei privater Börsenbetreiberschaft suboptimal.462 Eine Lösung ist hier auf anderem Wege zu suchen, nämlich durch die Fortsetzung der mit dem AnSVG, dem WpPG sowie dem BilKoG unternommenen Hochzonung der Emittentenaufsicht auf die BaFin.463 Im Übrigen würde bei einem Typuswechsel der Börsenvorrang nach § 22 BörsG 2002 als solcher nicht berührt und könnte im Rahmen des europarechtlich nach Art. 21 Abs. 3 MFIRL noch Zulässigen weithin als regulatorisches Mittel der Effizienzsicherung eingesetzt werden.464 Allerdings entfiele mit dem Übergang zu einer privat-wettbewerblichen Börsenstruktur die Möglichkeit, Börsenneugründungen durch eine Bedarfskontrolle zu begrenzen.465 Wie ebenfalls oben gezeigt, ist hiervon aber im heutigen Marktumfeld per saldo keine Minderung der Marktqualität zu erwarten,466 wenn die aufsichtsrechtlichen Vorgaben über die Handelstransparenz konsequent und auf dem hohen Niveau durchgesetzt werden, welches durch Artt. 27 ff., Artt. 44 f. MFIRL nunmehr europarechtlich vorgegeben ist.467

461

Vgl. Groß, §§ 24, 25 BörsG Rn. 8 f.; Schwark-Beck, § 24 BörsG Rn. 17 ff.; Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf des 4. FMFG, BT-Drs. 14/8601, S. 14. 462 Siehe oben Abschnitt 3, A. I. 2. b) cc), S. 439 ff. sowie 3. b) cc), S. 453 f. 463 Hierzu sogleich in Abschnitt 4, A. II. 1., S. 521 ff. Zur weiteren Kompetenzverlagerung auf die BaFin durch das nach Redaktionsabschluss erlassene TUG vgl. Nachtrag, S. 533. 464 Nach Art. 21 Abs. 3 MFIRL kann ein Intermediär Kundenorders in Abwesenheit expliziter Weisungen sowohl auf einem geregelten Markt wie auf einem MTF ausführen, sofern er seinen Kunden auf diese Art der Orderausführung zuvor ausdrücklich hingewiesen hat. Zur Ausführung im Wege der Internalisierung bedarf es demgegenüber einer ausdrücklichen Gestattung durch den Kunden. Erlaubt ist unter der MFIRL also ein Vorrang der besonders hoch organisierten gegenüber den weniger organisierten Handelsformen. In diesem Sinne zwischenzeitlich § 33a Abs. 5 S. 2 WpHG i. d. F. des FRUG: Für Orderausführung außerhalb von Börsen oder MTF ist Kundenweisung erforderlich. 465 Mues, Börse, S. 98 f. 466 Siehe oben A. III. 1., S. 461 f. 467 Konkretisiert durch Artt. 17 ff., Art. 27 ff. VO (EG) Nr. 1287/2006. Zur zwischenzeitlichen Umsetzung durch das FRUG siehe §§ 31, 31 BörsG 2007 und § 31g WpHG i. d. F. des FRUG.

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III. Gesamtsekundärmarktfairness Gesamtsekundärmarktfairness als Aspekt der Sekundärmarktfunktionalität468 erfordert insbesondere die Unterbindung von Marktmissbrauch in Form von Insidergeschäften und Marktmanipulationen. Diesbezügliche Regelungen finden sich in den Insider- und Marktmanipulationsverboten der §§ 14, 20a WpHG, welche für jeglichen Handel börsennotierter Wertpapieren gelten und deren Einhaltung handelsplatzübergreifend von der BaFin überwacht wird.469 In die diesbezüglichen staatlichen Aufsichtsaktivitäten sind die Börsenanstalten praktisch vor allem durch ihre Mitteilungspflichten nach § 4 Abs. 5 S. 4, S. 5 BörsG 2002 (= § 7 Abs. 5 S. 4, S. 5 BörsG 2007) eingebunden: Alle Unregelmäßigkeiten, die der Handelsüberwachungsstelle im Rahmen ihrer Beobachtung der Kursverläufe auffallen und die den Verdacht auf einen Marktmissbrauch begründen, muss die Anstalt mitsamt der zugehörigen Daten unverzüglich der BaFin übermitteln.470 Indes schlägt das oben herausgearbeitet Anreizdefizit der Börsenanstalten im Bereich der Insider- und Missbrauchsüberwachung471 auch auf die Erfüllung dieser Mitwirkungspflichten durch: Denn wo eine laxe börseninterne Aufsicht zu Aufdeckungsdefiziten führt, geht auch die Mitteilungspflicht ins Leere. Fruchtbarer könnte die börsliche Mitwirkungspflicht hingegen im Falle einer privat-wettbewerblichen Börsenstruktur sein, ist doch dort – das Vorliegen der Funktionsvoraussetzungen in Form einer unverfälschten börsenunternehmerischen Willensbildung immer vorausgesetzt – das Anreizdefizit grundsätzlich weniger ausgeprägt und mithin schon die betreibereigenen Regelung und Überwachung des börslichen Handelsgeschehens stringenter.472 Im Falle eines Typuswechsels sind damit jedenfalls keine Verschlechterungen zu befürchten und mithin (ceteris paribus) auch keine Einbuße bei der Gesamtsekundärmarktfairness.

468

Siehe oben Abschnitt 2, A. II. 2. c), S. 402. Siehe oben Teil 2, Abschnitt 1, A. III. 1., S. 113. 470 Siehe oben unter Teil 2, Abschnitt 1, A. III. 2., S. 117 sowie näher SchwarkBeck, § 4 BörsG Rn. 19; zur Situation unter der Vorgängervorschrift Schäfer-Peterhoff, § 1b BörsG Rn. 9; Schröder, Wertpapierhandelsaufsicht, S. 209 f. 471 Siehe oben A. I. 2. b) bb), S. 434 ff. 472 Siehe oben A. I. 3. b) bb), S. 450 ff. 469

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IV. Intermediationskostenminimierung Ähnliches gilt im Ergebnis bezüglich der Intermediationskostenminimierung, welche ebenfalls Teilaspekt der Sekundärmarktfunktionalität ist.473 Diesem Regelungsziel dienen die Solvabilitäts- und Zuverlässigkeitsaufsicht über Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute nach §§ 32 ff. KWG sowie die Überwachung der Verhaltenspflichten nach §§ 31 ff. WpHG durch die BaFin.474 Die Börsenanstalten wirken auch hieran durch Mitteilung relevanter Tatsachen nach § 4 Abs. 5 S. 4 BörsG 2002 (= § 7 Abs. 5 S. 4 BörsG 2007) mit,475 und wieder lässt der Typuswechsel keine Verschlechterung bei der Erfüllung dieser Pflichten erwarten: Die Börsenanstalt mit ihrer intermediärsdominierten internen Willensbildung hat naturgegeben ein wenig ausgeprägtes Interesse, Umstände weiterzugeben, welche beispielsweise den Verdacht der Übervorteilung von Letztanlegern durch ihre Intermediäre begründen.476 Bei privater Betreiberstruktur kann dieser Anreiz unter den oben dargelegten Funktionsvoraussetzungen, also insbesondere der Qualitätsbewertungsfähigkeit der Börsennutzer sowie der kommerziellen Unabhängigkeit des Betreibers von einzelnen großen Intermediärskunden, ausgeprägter sein.477 Eine Verschlechterung der Anreizsituation gegenüber dem status quo ist damit jedenfalls nicht zu erwarten.

C. Abschließendes Vergleichsergebnis Die privat-wettbewerbliche Börsenstruktur weist also schon im heutigen Umfeld und zumal mit Blick auf die absehbaren Entwicklungen – weitere Intensivierung des Inter-Börsenwettbewerbs durch Absinken der Marktzutrittschranken infolge technischer wie vor allem regulatorischer Entwicklungen im Zuge der MFIRL-Umsetzung – eine überlegene Zieladäquanz im Hinblick auf die Sekundärmarktfunktionalität auf. Nicht nur ermöglicht die private Betreiberstruktur die potentiell marktqualitätsförderliche Konsolidierung und Reorganisation der Börsenlandschaft, eine privat-wettbewerbliche Börsenstruktur verspricht auch eine höhere Regelungsqualität und einen stringenteren börseneigenen Vollzug in den zur börslichen Selbstregelung 473

Siehe oben Abschnitt 2, A. II. 2. d), S. 402 f. Siehe oben Teil 2, Abschnitt 1, A. III. 1., S. 113 f. 475 Siehe oben Teil 2, Abschnitt 1, A. III. 3., S. 118 f. Näher Schwark-Beck, § 4 BörsG Rn. 20 sowie zur Vorgängervorschrift Brockhausen, Kapitalmarktaufsicht in Selbstverwaltung, WM 1997, 1924 (1929); Schäfer-Peterhoff, § 1b BörsG Rn. 19. 476 Damrau, Selbstregulierung, S. 134 f.; vgl. auch Steil, Changes in the Ownership and Governance of Exchanges, BWP Fin Serv 2002, 61 (76). 477 Damrau, Selbstregulierung, S. 135; Steil, Changes in the Ownership and Governance of Exchanges, BWP Fin Serv 2002, 61 (76 f.). 474

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überlassenen Materien. Weder bezüglich der bedarfsgerechten Versorgung inländischer Kapitalmarktteilnehmer mit Börsendienstleistungen noch bezüglich der handelsplatzübergreifenden Preisbildungseffizienz sind im Ergebnis Beeinträchtigungen zu erwarten. Auch hinsichtlich der börslichen Mitwirkung an staatlichen Aufsichtsaktivitäten im Bereich der Marktmissbrauchs- und Intermediärsaufsicht lässt die privat-wettbewerbliche Struktur aufgrund der veränderten Anreizsituation eher eine Verbesserung als eine Verschlechterung erwarten.

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Teil 3: Grundzüge des Börsenaufsichtsrechts de lege ferenda

Abschnitt 4

Die Grundzüge eines konzentrationsoffenen Börsenaufsichtsrechts de lege ferenda A. Die erforderlichen Änderungen des deutschen Börsenaufsichtsrechts und die Vorgaben des Europarechts Von theoretischer Warte ist also der Übergang zu einer privat-wettbewerblichen Börsenstruktur empfehlenswert. Indes bewegt sich jegliche Änderung auf dem Gebiet des Börsenwesens heute in einem hochgradig europarechtlich vorgeprägten Umfeld: Mit der RL 2003/71/EG (Prospektrichtlinie)1 und der RL 2003/6/EG (Marktmissbrauchsrichtlinie)2 wurden im Bereich der Emittentenpublizität sowie der Insider- und Marktmanipulationsaufsicht weitreichende materiell-rechtliche wie aufsichtsstrukturelle Vorgaben gemacht; die RL 2004/109/EG (Transparenzrichtlinie) regelt Inhalt und Abwicklung der regelmäßigen und anlassabhängigen Publizitätspflichten. Mit der MFIRL ist das Europarecht nunmehr viel weiter als noch mit der WPDRL auf das Gebiet des eigentlichen Börsenaufsichtsrechts vorgedrungen.3 Es stellt dort fundamentale Anforderungen an den Börsenbetreiber und die Ausgestaltung der Börsendienstleistung, ohne allerdings die hier maßgebliche Frage des Börsenstrukturtypus als solche in die eine oder andere Richtung zu entscheiden.4 Im weiteren sollen daher die für den Übergang zu einer privat-wettbewerblichen Börsenstruktur erforderlichen Änderungen des Börsenaufsichtsrechts in groben Zügen skizziert und, soweit einschlägig, zugleich in den Rahmen der Richtlinienvorgaben gestellt werden.

1

Umgesetzt durch das WpPG. Umgesetzt im Wesentlichen durch das AnSVG, welches Änderungen im BörsG und vor allem im WpHG gebracht hat. 3 Vgl. Seitz, Die Regulierung von Wertpapierhandelssystemen in der EU, AG 2004, 497 (500 f.). Siehe auch Erwägungsgrund 5 der MFIRL sowie Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 18. 4 Seitz, Die Regulierung von Wertpapierhandelssystemen in der EU, AG 2004, 497 (505). Dabei erscheint die ausdrückliche Klarstellung in Art. 36 Abs. 1 Unterabsatz 3 MFIRL, dass die Börsenbetreiberschaft auch unter der MFIRL zwischen mehreren Personen geteilt sein kann, spezifisch auf das börsliche Betreibermodell des deutschen Rechts zugeschnitten, vgl. ders., a. a. O., AG 2004, 497 (499). 2

Abschnitt 4: Grundzüge des Börsenaufsichtsrechts de lege ferenda

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I. Änderungen des Börsenaufsichtsrechts im engeren Sinn 1. Aufgabenprivatisierung und private Betreiberstruktur

Kernelement der Reform ist die Aufgabenprivatisierung im Bereich des Börsenbetriebs. Dieser ist vollständig in den Bereich der privaten Betätigungsfreiheit zu entlassen, wo er fortan den Wirkmechanismen des Marktes unterliegt.5 Mit dem Verzicht auf die staatliche Wahrnehmungsverantwortung erfolgt indes kein vollständiger Rückzug des Staates, vielmehr verbleibt im Aufgabenfeld des Börsenwesens eine staatliche Gewährleistungsverantwortung für die zieladäquate Funktion des Börsenwesens.6 Die Börsenaufsicht ist und bleibt also eine Aufgabe des Staates, wenn auch mit typuswechselbedingt anderer Akzentuierung.7 Dem de lege ferenda privaten Börsenbetreiber stehen dabei die vom Gesellschaftsrecht zur Verfügung gestellten Rechtsformen für private Unternehmensträger zur Verfügung. Praktisch dürften hierbei nur Kapitalgesellschaften8 und wegen ihrer überlegenen Finanzierungsmöglichkeiten insbesondere Aktiengesellschaften eine Rolle spielen,9 ohne dass jedoch eine regulatorische Festlegung auf bestimmte gesellschaftsrechtliche Formen getroffen werden sollte. Nicht nur stünde sie adaptiver ökonomischer Selbststeuerung entgegen und könnte auf diesem Wege zu neuen Ineffizienzen führen, sie ist auch unnötig: Da im privat-wettbewerblichen Börsenstrukturmodell eine binnenplurale Nutzermitbestimmung entbehrlich ist, bedarf es keiner Begrenzung auf die (eine solche Mitbestimmung im Aufsichtsrat ermöglichende) Rechtsform der Aktiengesellschaft.10 Auch bietet keine 5 In diesem Sinne schon Hopt/Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (402 ff.): Alternative Zulassung privat betriebener Börsen unter Fortbestand der in Anstaltsform betriebenen Börsen. Zustimmend und weitergehend Köndgen, Besprechung von Hopt/Rudolph/Baum (Hrsg.), Börsenreform, ZHR 164 (2000), 648 (653 f.): Vollständige Privatisierung. Ebenso Claussen, Rechtsform, ZBB 2000, 1 (9); Hellwig, Börsenreform, ZGR 1999, 781 (793 f.); Merkt, Gutachten 64. DJT, G 86 f.; Mues, Börse, S. 161 ff.; Schwark, Börsen und Wertpapierhandelsmärkte in der EG, WM 1997, 293 (302). 6 Vgl. zum Begriff der Gewährleistungsverantwortung, der direktes Korrelat zum Konzept der sog. regulierten Selbstregelung ist, nur Stober, Allgemeines Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 26 II, S. 248 f. Zum Konzept der regulierten Selbstregelung schon oben unter Abschnitt 3, A. I. 1. b) bb), S. 418. 7 Hierzu sogleich unter 3., S. 511 ff. 8 Vgl. schon oben S. 376. 9 Vgl. Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (556). 10 A. A. Hopt/Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (406 f.), die offenbar vor allem aus diesem Grunde für einen Rechtsformzwang in die AG bzw. eine qua Sondervorschrift zwingend mit einem Aufsichtsrat auszustattende GmbH plädieren. Im Ergebnis ebenso Segna, Rechtform, ZBB 1999, 144 (148): Beschränkung auf die Rechts-

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Teil 3: Grundzüge des Börsenaufsichtsrechts de lege ferenda

Rechtsform per se Schutz vor dem Wiederentstehen intermediärsdominierter Strukturen mit ihren funktionalitätsabträglichen Folgen; sie sind als phänotypische Ausprägung vielmehr in jeder Rechtsform möglich.11 Soweit derartige Strukturen in einer wettbewerblichen Börsenmakrostruktur noch auftreten,12 ist ihnen mit der einzelfallbezogenen Interessenkonflikts- und Anteilseignerkontrolle als maßgeschneidertem aufsichtsrechtlichem Instrument zur Sicherung der unverzerrten börsenunternehmerischen Willensbildung zu begegnen.13 Auch in die gesellschaftsrechtlichen oder betriebsorganisatorischen Binnenstrukturen des Börsenbetreibers ist von börsenaufsichtsrechtlicher Seite – jenseits der besagten Interessenkonfliktkontrolle – nicht hineinzuregieren. Insbesondere ist eine irgendwie geartete binnenplurale Besetzung des Aufsichtsrats zum Zwecke der Nutzermitentscheidung14 nicht nur verzichtbar,15 sondern wäre sogar potentiell kontraproduktiv, hat doch die obige Unterform der AG, allerdings aus Gründen eines ausreichenden „Verkehrsschutzes“, was hier nur Anteilseigner- und Gläubigerschutz durch die gesellschaftsrechtliche Publizität sowie die Kapitalaufbringungsvorschriften heißen kann. Ähnlich Merkt, Gutachten 64. DJT, G 91; Mues, Börse, S. 225. Indes ist zu beachten, dass das Börsenaufsichtsrecht nicht dem Schutz der Aktionäre des Börsenbetreibers dient (das ist vielmehr Sache des Gesellschaftsrechts), sondern der Funktionsfähigkeit des Kapital(sekundär)marktes. Soweit hierfür von der finanziellen Situation des Börsenbetreibers Gefahren ausgehen, ist die börsenaufsichtsrechtliche Solvabilitätsaufsicht (hierzu sogleich unter 3. a) bb), S. 513 f.) das geeignetere Mittel, vgl. schon Hopt/ Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (406). 11 Vgl. etwa zur intermediärsdominierten Anteilseignerstruktur der Deutsche Börse AG vor ihrem Börsengang in 2000 Becker, Eigner der Deutschen Börse legen sich nicht fest, Börsen-Zeitung v. 25. August 2000, S. 3 (Graphik). Allgemein zum meist zu beobachtenden vorläufigen Fortbestehen der Intermediärsdominanz in der Anteilseignerstruktur von Börsenbetreibern nach deren Rechtsformwechsel Di Noia, Customer-Controlled Firms, S. 173 (176). Wegen der Funktionsschädlichkeit intermediärsgenossenschaftlicher Strukturen ist der Vorschlag von Claussen, Rechtsform, ZBB 2000, 1 (8), die Börsennutzung durch regulatorische Vorgaben künftig wieder an den Anteilsbesitz zu knüpfen, abzulehnen. 12 Zu den – heute meist nicht mehr gegebenen – ökonomischen Umfeldbedingungen, die der intermediärsgenossenschaftlichen Struktur Vorschub leisten, oben Abschnitt 1, A., S. 375 f. 13 Siehe oben Abschnitt 3, A. IV., S. 496 ff., dort auch zur eventuellen Nachweisproblematik. 14 So vorgeschlagen von Hopt/Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (401, 407) und im Anschluss hieran von Baums/Segna, Börsenreform, S. 43; Merkt, Gutachten 64. DJT, G 92; Segna, Rechtsform, ZBB 1999, 144 (149). Ebenfalls befürwortet von Hammen, Börsenorganisationsrecht im Wandel, AG 2001, 549 (553), der freilich a. a. O. S. 553 f. die Realisierbarkeit einer solchen binnenpluralen Aufsichtsratsstruktur unter deutschem Aktienrecht in Zweifel zieht; im Anschluss hieran diese verneinend mit eingehender Untersuchung Blumentritt, Börse, S. 257 ff. 15 Vgl. Mues, Börse, S. 165; ähnlich Blumentritt, Börse, S. 229.

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suchung gezeigt, dass der Richtigkeitsgewährmechanismus der Nutzermitentscheidung („voice“) demjenigen der rein börsenunternehmerischen Entscheidungsfindung in einem wettbewerblichen Umfeld („exit and choice“) durchaus unterlegen ist. Eines Reimportes partizipativer Strukturen in das privatwettbewerbliche Börsenstrukturmodell bedarf es also nicht. Entsprechendes gilt für die binnenplurale Besetzung bestimmter operativer Abteilungen des Börsenbetreibers, z. B. der Handelsüberwachungs- und Sanktionsabteilung.16 Der private Börsenbetreiber bedarf schließlich auch keiner Beleihung:17 Im materiell-börslichen Bereich – und allenfalls hier soll der Börsenbetreiber seine ureigenen Regelungsaufgaben auch nach dem hiesigen Modell wahrnehmen – genügen die privatvertraglichen Regelungs- und Sanktionsmöglichkeiten des Börsenbetreibers, welche er sich im Börsennutzungsvertrag einräumen lässt, um ihm die erforderliche Regelungsgewalt zu verschaffen.18 Regelungsaufgaben außerhalb des materiell-börslichen Bereiches (wie etwa die Aufsicht über Wertpapierdienstleister) sowie Regelungsaufgaben, die zwar dem Gegenstand nach materiell-börslich sind, sich aber (wie die Marktmissbrauchsaufsicht in der pluralen Sekundärmarktlandschaft) nur in einer Marktgesamtschau bewältigen lassen, überfordern die Leistungsfähigkeit des Börsenbetreibers unabhängig davon, ob dieser über privatrechtliche oder hoheitliche Befugnisse verfügt. Diese Aufgaben werden deshalb großteils schon gegenwärtig durch die BaFin wahrgenommen, deren Aufgaben und Befugnisse allerdings noch zu komplettieren sind, siehe dazu sogleich unter II.19 2. Wettbewerbliche Börsenmakrostruktur

Funktionsvoraussetzung des „exit and choice“-Richtigkeitsgewährmechanismus ist eine wettbewerbliche Börsenmakrostruktur mit zumindest potentiellem Wettbewerb durch Marktzutritt neuer Anbieter. Da von börsenähn16 So aber i. E. befürwortet von Blumentritt, Börse, S. 281 ff., welcher der Geschäftsführung in ihrer Funktion als „Zulassungs-“ und „Handelsüberwachungsstelle“ jeweils binnenplural besetzte Beiräte zur Seite stellen will. Ähnlich auch Hellwig, Börsenreform, ZGR 1999, 781 (795): Binnenplural besetzter Börsenrat neben Aufsichtsrat und Geschäftsführung zur Wahrnehmung von Regelungsfragen. Kritisch zu einer solchen Binnenstruktur indes Merkt, Gutachten 64. DJT, G 92 f. 17 A. A. Baums/Segna, Börsenreform, S. 99; Blumentritt, Börse, S. 276 ff., 289 ff.; Claussen, Rechtsform, ZBB 2000, 1 (9); Merkt, Gutachten 64. DJT, G 85 f., die – in wechselnden Nuancen – eine Beleihung für zwingend notwendig erachten oder sie zumindest hilfsweise zur Schaffung ausreichender Eingriffskompetenzen befürworten. Differenzierend zwischen Regelungsbereichen hierbei Mues, Börse, S. 203 ff., S. 218. 18 Siehe oben Abschnitt 3, A. I. 3. a), S. 442 ff. 19 Siehe S. 521 ff.

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lichen Einrichtungen im Sinne des § 59 BörsG 2002 (= § 31f WpHG i. d. F. des FRUG) der nötige disziplinierende Wettbewerbdruck gegenwärtig allenfalls im Bereich der Handelsorganisationsdienstleistungen für institutionelle Investoren ausgeht, sollte dieser Marktzutritt auch und gerade in der formellen Rechtsform der Börse (geregelter Markt im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 MFIRL) möglich sein. Um dies zu ermöglichen, muss neben der Aufgabenprivatisierung das Genehmigungserfordernis nach § 1 BörsG 2002 (= § 4 BörsG 2007) von der bisherigen Bedarfsprüfung befreit und fortan ausschließlich an subjektiv-zulassungsbeschränkende Kriterien wie z. B. Zuverlässigkeit und finanzielle Solidität geknüpft werden.20 Neben dem freien Marktzutritt erfordert ein funktionsfähiger Inter-Börsenwettbewerb jedoch, wie häufig übersehen wird, auch den freien Marktaustritt.21 Daraus folgt, dass dem Börsenbetreiber auch keine die freiwillige Aufgabe der Geschäftstätigkeit hindernde Betriebspflicht auferlegt werden sollte.22 Sie wäre überdies im Hinblick auf das Grundrecht aus Art. 12 GG der de lege ferenda privaten Börsenbetreiber kritisch zu bewerten, ist sie doch zur erstrebten Sicherung einer bedarfsgerechten Versorgung inländischer Kapitalmarktteilnehmer mit Börsendienstleistungen wie oben gezeigt nicht erforderlich.23 Im Übrigen bedarf es zur Herstellung und Bewahrung eines funktionsfähigen Interbörsenwettbewerbs einer schlagkräftigen Kartellaufsicht. Rechtliche Neuerung sind hierzu, wie oben gezeigt, grundsätzlich nicht erforderlich;24 zu denken ist allenfalls an einen Ausbau des in § 6 Abs. 2 S. 2 BörsG 2002 (= § 9 Abs. 2 S. 2 BörsG 2007) bereits angelegten institutionalisierten Informationsaustausches zwischen Börsenaufsichts- und Kartellbehörden durch eine automatische Weiterübermittlung sämtlicher Genehmigungsanträge, Regelwerke und -änderungen an die Kartellbehörden auch außerhalb von konkreten Verdachtsfällen.25 20

Wie hier schon Hopt/Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (405 f.). Zustimmend Baums/Segna, Börsenreform, S. 38 f.; Hellwig, Börsenreform, ZGR 1999, 781 (795 f.); Köndgen, Besprechung von Hopt/Rudolph/Baum (Hrsg.), Börsenreform, ZHR 164 (2000), 648 (653); Merkt, Gutachten 64. DJT, G 86. 21 Vgl. nur Church/Ware, Industrial Organization, S. 123, S. 507 f. m. w. N.; insbesondere für das Börsenwesen vgl. Merkt, Gutachten 64. DJT, G 86. 22 A. A. Hopt/Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (402 mit Fn. 483) sowie dem offenbar zustimmend Merkt, Gutachten 64. DJT, G 120 mit Fn. 440. 23 Siehe soeben Abschnitt 3, B. I., S. 500. Vgl. zu Tätigkeitspflichten als Eingriff in Art. 12 GG nur BVerfGE 30, 292 (313). Die gegenwärtige Betriebspflicht des Trägerunternehmens lässt sich, wie oben unter Teil 2, Abschnitt 2, A. V. 2. a), S. 188 f. ausgeführt, wohl nur unter Verweis auf die gesetzgeberische Einschätzungsprärogative vor Art. 12 GG (noch) halten. 24 Siehe oben Abschnitt 3, A. III. 3., S. 468 ff. Vgl. auch schon Hopt/Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (363 f.); Merkt, Gutachten 64. DJT, G 117.

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3. Börsenaufsicht

Mit dem Übergang zu einer privat-wettbewerblichen Börsenstruktur bedarf es auf Ebene der staatlichen Börsenaufsicht einer korrespondierenden Abkehr von der bisherigen Anstaltsaufsicht,26 welcher mit der Rechtsaufsicht über die Erfüllung der gesetzlich nicht näher definierten Aufgabe der „Durchführung und angemessenen Fortentwicklung des Börsenbetriebs“ zumindest theoretisch die Möglichkeit zu einer gewissen positiven Steuerung der börslichen Tätigkeit eröffnet ist.27 An ihre Stelle hätte eine rein ordnungsrechtliche, der („bloßen“) Gefahrenabwehr verpflichtete Börsenaufsicht zu treten, ähnlich der bestehenden Banken- und Finanzdienstleistungsaufsicht.28 Diese hat nur mehr für die Einhaltung gewisser abstrakt-genereller Genehmigungsvoraussetzungen und -folgepflichten zu sorgen, die dem Erhalt der Funktionsvoraussetzungen des privat-wettbewerblichen Strukturtyps oder der Abwehr von bestimmten Einzelgefahren für die Sekundärmarktfunktionalität dienen:

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Etwa nach dem Vorbild der ss. 303 ff. FSMA. Zu ihr oben Teil 2, Abschnitt 1, A. II. 2., S. 110 f. sowie Abschnitt 2, A. passim. Im Überblick Breitkreuz, Börse, S. 197 ff., nach dessen Ansicht die Aufsicht freilich nicht über eine Börsenanstalt, sondern über eine Körperschaft stattfindet. Für die hergebrachte h. M., welche die Börsenanstalt als eine vom Trägerunternehmen abhängige unselbständige Anstalt ansieht, findet die Beaufsichtigung mit dem Ziel der gesetzeskonformen Aufgabenerfüllung primär gegenüber dem Trägerunternehmen als Beliehenem statt, vgl. nur Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 40. 27 Instrumente hierzu sind etwa das Erfordernis der aufsichtsbehördlichen Zustimmung zur Bestellung der Börsengeschäftsführung nach § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2002 (= § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BörsG 2007) und das Erfordernis der Genehmigung der Börsenordnung und Gebührenordnung nach §§ 13, 14 BörsG 2002 (= §§ 16, 17 BörsG 2007). Nach § 13 Abs. 5 S. 2 BörsG 2002 (= § 16 Abs. 3 S. 2 BörsG 2007) kann die Börsenaufsichtsbehörde proaktiv eine bestimmte Ausgestaltungen der Börsenordnungen verlangen, wenn dies nach ihrer Ansicht notwendig ist, damit die Börse die ihr obliegende gesetzliche Aufgabe erfüllen kann, also gemäß § 1 Abs. 2 BörsG 2002 (= § 5 Abs. 1 BörsG 2007) „Durchführung und angemessene Fortentwicklung des Börsenbetriebs“. Vgl. allg. zu dem Problem, dass eine „Rechtsaufsicht“ bei vager Formulierung der zu erfüllenden öffentlichen Aufgabe de facto in eine Fachaufsicht umschlagen kann, schon Lange, Die öffentlichrechtliche Anstalt, VVDStRL 44 (1986), 169 (201) sowie als (unfreiwilliges) Beispiel hierfür SchwarkBeck, § 1 BörsG Rn. 41 bei Fn. 249; keine klare Grenzziehung bringt die Auslegung der Aufsichtsaufgabe bei Christoph, Börsenkooperationen, S. 145. Freilich haben die Börsenaufsichtsbehörden die ihnen solchermaßen verliehene Einflussmöglichkeit, soweit ersichtlich, kaum genutzt und in keinem Fall eigene Vorstellungen dazu entwickelt, wie die öffentliche Betriebsaufgabe richtig zu erfüllen sei, vgl. Schwark, Konzerneingliederung, WM 2000, 2517 (2521). 28 Vgl. zum Wechsel des Aufsichtscharakters als Privatisierungsfolge Trute, Selbstregulierung und staatliche Steuerung, DVBl. 1996, 950 (953 f.). 26

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a) Materielle Anforderungen aa) Zuverlässigkeit des Börsenbetreibers und Freiheit von Interessenkonflikten Neben der allgemeinen gewerbeaufsichtlichen Zuverlässigkeit im Sinne von Gesetzes- und Rechtstreue, die künftig im Einklang mit der Vorgabe des Art. 37 MFIRL bei allen Leitungsorganpersonen sowie entsprechend Art. 38 MFIRL auch bei sonstigen Personen mit maßgeblichem Einfluss auf den Börsenbetreiber vorliegen muss,29 ist in persönlicher Hinsicht vom Börsenbetreiber vor allem zu verlangen, dass er soweit möglich die Gewähr für eine idealtypische börsenunternehmerische Willensbildung bietet, welche sich im Interesse der Gewinnmaximierung auf eine für möglichst viele Nutzer attraktive Ausgestaltung der Börsendienstleistung richtet.30 Aus der betreiberinternen Willensbildung auszuschließen sind dabei, wie gezeigt, partikulare Nutzer- bzw. Nutzergruppeninteressen. Dies gilt allerdings auf allen Ebenen der Willensbildung von der grundlegenden Ausgestaltung der Börsendienstleistung einschließlich der Regelbildung bis hin zum Regelvollzug im konkreten Einzelfall. Die Vorgabe in Art. 39 lit. a) MFIRL, wonach das nationale Börsenaufsichtsrecht künftig von Börsenbetreibern Vorkehrungen Regelung interner Interessenkonflikte verlangen muss, sollte demnach im obigen Sinne ausgelegt und umgesetzt werden.31 Dabei ist vom Börsenbetreiber bezüglich der betrieblichen Ebene, auf welcher der eigentliche Regelvollzug erfolgt, die Einrichtung betriebsinterner Kontrollmechanismen zu verlangen, die – etwa durch stringente Einstellungskriterien, Nebenbeschäftigungsverbote oder entsprechender Anzeigepflichten der hier tätigen Arbeitnehmer32 – geeignet sein müssen, das Einfließen partikularer Nutzerinteressen in konkrete Vollzugsentscheidungen zu 29 Zur zwischenzeitlichen Umsetzung der Richtilinienvorgaben durch das FRUG siehe Nachtrag B. I., S. 539. 30 Grundvoraussetzung hierfür ist freilich, dass das Betreiberunternehmensmanagement überhaupt im Gewinnmaximierungsinteresse der Anteilseigner handelt. Hierbei geht es um ein Problem der allgemeinen Corporate Governance-Lehre bzw. des Gesellschaftsrechts, welches durch die dort entwickelten Instrumente zu hinreichender Zufriedenheit gelöst werden kann. Allenfalls ließe sich überlegen, ob die Einhaltung des (bislang freiwilligen) Deutschen Corporate Governance-Kodex für Börsenbetreiberunternehmen verpflichtend gemacht und als Aspekt der Betreibertauglichkeit der behördlichen Aufsicht unterstellt wird, vgl. schon Merkt, Gutachten 64. DJT, G 91. 31 Mit dem FRUG ist das, obgleich eine stringente Interessenkonfliktskontrolle schon in der gegenwärtigen deutschen Börsenstruktur angezeigt wäre, nicht erfolgt. Zur wenig ambitionierten Umsetzung der Richtlinienvorgabe Nachtrag vgl. B. II., S. 541 ff. mit Fn. 54. 32 Etwa nach Vorbild der REC 2.5.15 f.

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verhindern.33 Bezüglich möglicher Interessenkonflikte auf unternehmerischer Ebene bedarf es hingegen zusätzlich der oben in Abschnitt 3, A. IV. dargelegten aufsichtsrechtlichen Konzerneingangskontrolle,34 lassen sich diese Konflikte doch weder durch das allgemeine Konzernrecht noch durch die Grundsätze guter Corporate Governance effektiv verhindern. Zu dieser Konzerneingangskontrolle bietet die Anteilseignerkontrolle gemäß § 3 BörsG 2002 (= § 6 BörsG 2007) in richtiger Auslegung bereits jetzt eine gewisse Handhabe. De lege ferenda ist den übrigen Konzernbildungstatbeständen Rechnung zu tragen,35 und im Übrigen der Eingriffstatbestand angesichts seiner schneidigen grundrechtbeschränkenden Wirkung bei Betreiber wie (prospektivem) Anteilseigner36 hinsichtlich seiner Voraussetzungen zu präzisieren. bb) Finanzmittelausstattung De lege lata verlangt das deutsche Recht im Dienste der gesetzeskonformen Erfüllung der öffentlich Betriebsaufgabe eine ungeschmälerte eigenunternehmerische Finanzausstattung beim Trägerunternehmen. Diese Maximalanforderung ist mit Aufgabe des börslichen Betreibermodells hinfällig. An ihre Stelle sollte unter dem de lege ferenda rein gefahrenabwehrenden Paradigma eine Mindestfinanzmittelausstattung treten, die insbesondere der Abwehr systemischer Gefahren dient, wie sie von unvorhergesehenen Unterbrechungen des Börsenbetriebs ausgehen können.37 Auch Art. 39 lit. f) 33 Dem Börsenbetreiber würde damit eine aufsichtsrechtliche Organisationspflicht auferlegt, die ähnlich § 33 Abs. 1 Nr. 2 WpHG als im Richtlinienwege konkretisierbare Zielvorgabe formuliert sein könnte. 34 Siehe oben unter Abschnitt 3, A. IV., S. 498 f. Im Grundsatz so schon Merkt, Gutachten 64. DJT, G 119 f. 35 Ob die Definition der „bedeutenden Beteiligung“ in § 1 Abs. 9 KWG, welche kraft Verweisung in § 3 BörsG 2002 (= § 6 BörsG 2007) auch im Börsenaufsichtsrecht maßgeblich ist, zwingend einen Anteilsbesitz erfordert oder schon jetzt auch sonstige Konzernierungstatbestände erfasst, ist in der bankaufsichtsrechtlichen Literatur streitig, dafür Boos/Fischer/Schulte-Mattler-Fülbier, § 1 KWG Rn. 212; krit. Blaurock, Bankrechtliche Aufsicht über Gesellschafter, FS Schlechtriem 2003, S. 777 (785). 36 Näher zur Grundrechtsbeeinträchtigung durch Erwerbsverbote Christoph, Die Anteilseignerkontrolle nach dem Börsengesetz, WM 2004, 1856 (1859 ff.). 37 Vgl. zu systemischen Risiken von Betriebsunterbrechungen Klenke, Börsendienstleistungen, S. 45. Diese Mindestfinanzmittelausstattung ist freilich schon de lege lata überfällig, bestehen die geschilderten Risiken doch auch im börslichen Betreibermodell des gegenwärtigen Rechts. Dieses schütz das Trägerunternehmen zwar vor konzernierungsbedingten Risiken für seine Finanzsituation, kann aber Misswirtschaft oder eine schlechte wirtschaftliche Entwicklung nicht verhindern. Zwar ist nach der börsenrechtlichen Literatur schon bislang die finanzielle Leistungsfähigkeit

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MFIRL verlangt nunmehr, eine ausreichende Finanzmittelausstattung des Börsenbetreibers vorzuschreiben, bei welcher Art und Umfang der auf dem geregelten Markt abgeschlossenen Geschäfte sowie der Höhe der Risiken, welchen der Börsenbetreiber ausgesetzt ist, Rechnung zu tragen ist.38 Wie in der Literatur zu Recht hervorgehoben wurde, spielt der Umfang der Marktgeschäfte für die Stabilität des Börsenbetreibers nur dann eine Rolle, wenn er selbst Partei dieser Geschäfte wird, insbesondere also dann, wenn er als CCP fungiert.39 Im Übrigen sind die Eigenkapital- und Liquiditätserfordernisse mit Blick auf die abzuwehrende Gefahr grundsätzlich am Betriebsaufwand zu orientieren und sollten eine geordnete Abwicklung ermöglichen. Das britische Recht, das hierzu standardmäßig einen Betrag in Höhe der sechsfachen monatlichen Betriebskosten ausreichen lässt, mag als Orientierung dienen.40 In jedem Falle ergibt sich hierbei ein konkret bezifferbarer Betrag, ausgehend von welchem sich mit den bereits in der Kreditwesenaufsicht erprobten Instrumenten der Solvabilitätsaufsicht eine ausreichende Finanzmittelausstattung auch in der Konzernierungssituation hinreichend verifizieren lässt.41 Für Fälle der Börsenbetreiberkonzernierung oder sonstiger Eingliederungen des Börsenbetreibers in ein Finanzkonglomerat ist dabei insbesondere das Instrument der konsolidierten Aufsicht vorzusehen. Im Übrigen entspricht es dem Paradigma der Gewährleistungsaufsicht, wenn auch in der Börsen(-betreiber-)aufsicht, wie schon bisher im Bankenaufsichtsrecht, Elemente der qualitativen Aufsicht künftig gegenüber der quantitativen Aufsicht an Bedeutung gewinnen, also von aufsichtsbehörddes Trägerunternehmens Genehmigungsvoraussetzung, aber die genauen Anforderungen bleiben offen, vgl. Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 13, S. 34. Sehr zweifelhaft ist daher, ob die Börsenaufsichtsbehörde unter Berufung auf die mangelnde finanzielle Solidität des Trägerunternehmens die Börse aufheben und so eventuellen systemischen Gefahren vorbeugen könnte. 38 Gemäß Erwägungsgrund 55 MFIRL sollte die Neufassung der RL 93/6/EG (Kapitaladäquanzrichtlinie) auch die Eigenkapitalanforderungen an die Betreiber geregelter Märkte präzisieren. Dieses Vorhaben wurde inzwischen aufgegeben, vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005–2010, KOM (2005) 629 endg., S. 16 sowie nunmehr Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 lit. a), lit. b) RL 2006/49/EG. Der ursprünglich mit Blick auf die Kapitaladäquanzrichtlinie bewust weit gefasste Art. 39 lit. f) MFIRL ist somit die einzige regulatorische Vorgabe. Sie wurde durch das FRUG in § 5 Abs. 5 BörsG 2007 lediglich eins zu eins umgesetzt, vgl. auch Nachtrag B. I., S. 539. 39 Ferrarini, Pan-European Securities Markets II, S. 30; Seitz, Die Regulierung von Wertpapierhandelssystemen in der EU, AG 2004, 497 (501). Eine Beschreibung der CCP-Tätigkeit findet sich bei Schwark-Beck, § 1 BörsG Rn. 6, S. 24. 40 REC 2.3.7 sowie hierzu oben Teil 2, Abschnitt 2, B. I. 1., S. 226 f. 41 Vgl. Schimansky/Bunte/Lwowski-Fischer, Bankrechtshandbuch, § 129 Rn. 45 ff.; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 10a KWG Rn. 2 ff.; van de Sande, Unternehmensgruppe, S. 221, S. 302 ff.

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licher Seite insbesondere auch die Qualität der betreiberinternen Finanzrisikomanagementsysteme berücksichtigt werden kann.42 cc) Mindestanforderungen an die regulatorische Ausgestaltung der Börsendienstleistung (1) Regelungsinhalt In den materiell-börslichen Regelungsmaterien sind auch insoweit, als sie der börslichen Selbstregelung belassen bleiben, im Dienste eines funktionalitätssichernden Mindestqualitätsniveaus der Börsendienstleistung bzw. der Gesamtsekundärmarktqualität gewisse inhaltliche Mindestanforderungen zu stellen: So können zwar aufgrund einer richtigen Anreizsituation des privaten Betreibers die Fragen des Zugangs der Handelsteilnehmer sowie die Ausgestaltung des eigentlichen Handelsgeschehens einschließlich Ordertypen, Matchingalgorithmen, Insider- und Manipulationsverboten sowie die Frage der Handelstransparenz grundsätzlich der börslichen Selbstregelung überlassen werden.43 Bezüglich der Handelstransparenz macht indes schon die MFIRL mit ihren Artt. 44 f., präzisiert durch Artt. 17 ff. VO 1287/200644 aus Gründen der Gesamtsekundärmarkteffizienz zwingende Vorgaben.45 Ähnliches gilt für die marktübergreifend einheitlichen, durch RL 2003/6/ EG vorgegebenen Marktmissbrauchsverbote: Sie greifen kraft Gesetzes ohnehin auch und insbesondere für börsliche Wertpapiergeschäfte und bilden damit faktisch den Mindestinhalt dessen, was der Börsenbetreiber zum Inhalt seiner dieselbezüglichen Handelsregeln machen muss. Dabei wird es sich als sinnvoll erweisen, dem Börsenbetreiber eine aufsichtsrechtliche Duplikationspflicht aufzuerlegen, denn nur wenn die Einhaltung der gesetzlichen Verbote auch zu den nutzungsvertraglich begründeten Pflichten der Börsennutzer gegenüber dem Börsenbetreiber zählt, kann letzterer diese Verhaltenspflichten im Börseninnenverhältnis eigenverantwortlich mit vertraglichen Überwachungs- und Sanktionsrechten durchsetzen und die betrei42 Zur sog. qualitativen Aufsicht als typischem Instrument der Gewährleistungsaufsicht Junker, Gewährleistungsaufsicht über Wertpapierdienstleistungsunternehmen, S. 93 f. Zur Relevanz betreiberinterner Risikomanagementsysteme im Rahmen der Solvabilitätsaufsicht nach britischem Börsenrecht vgl. REC 2.5.6 f. sowie hierzu oben Teil 2, Abschnitt 1, B. II. 1. a), S. 122. 43 Ferrarini, Pan-European Securities Markets II, S. 26. 44 Durch das FRUG zwischenzeitlich umgesetzt in §§ 30, 31 BörsG sowie § 31g WpHG i. d. F. des FRUG. 45 Vgl. hierzu etwa Erwägungsgrund 44 der MFIRL sowie Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 12 f.

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bereigene Vollzugstätigkeit so im Dienste der Sekundärmarktfunktionalität nutzbar gemacht werden. Darüber hinaus bedarf es unter dem gefahrenabwehrenden Regelungsparadigma jedoch nur der aufsichtsrechtlichen Zielvorgabe, dass die börslichen Regelungen ein ordnungsgemäßes Handelsgeschehen mit hinreichender Marktqualität und verlässlicher Erfüllung abgeschlossener Geschäfte sicherstellen müssen: Näherer Vorgaben über das eigentliche Handelsgeschehen, die Orderzusammenführung und den Preisbildungsmechanismus sowie den Handelsteilnehmerzugang bedarf es also grundsätzlich nicht. Eine solche weitgefasste aufsichtsrechtliche Anforderung an die börslichen Regelwerke entspricht auch Art. 39 lit. d) MFIRL. Nur dort, wo eine bestimmte Ausgestaltung der Regelwerke zur Zielerreichung praktisch alternativlos ist – wie etwa die Beschränkung der Handelsteilnahme auf finanziell leistungsfähige Personen als Mittel zur Erfüllungssicherung – kann das Aufsichtsrecht gerade dies vom Börsenbetreiber verlangen. Art. 42 Abs. 3 lit. d) MFIRL fordert vom nationalen Aufsichtsrecht künftig eine solche Zugangsbegrenzung, ohne jedoch bestimmte Kriterien vorzugeben, anhand derer die Leistungsfähigkeit festzustellen ist. Der damit gewährte Spielraum sollte insbesondere zur Aufgabe der starren Eigenkapitalanforderungen an Handelsteilnehmer nach § 16 BörsG 2002 (= § 19 BörsG 2007) genutzt werden.46 Grundlegend anders ist die Lage hingegen im Bereich der Emittentenregelung. Hier ist wegen intrinsischer Anreizdefiziten des Börsenbetreibers eine staatliche Regelung und ein ebensolcher Vollzug nicht nur im Bereich der Standardwerte, sondern auch im Bereich der MidCap- und Wachstumswerte angezeigt47. Der Börsenbetreiber sollte künftig die Einhaltung der gesetzlichen Emittentenstandards allenfalls noch in Parallele zur BaFin verifizieren, deren Aufsicht durch die Mitteilung aufsichtsrelevanter Beobachtungen unterstützen und im Übrigen die behördlichen Entscheidungen nachvollziehen (siehe dazu sogleich unter II. 1.). Ist damit staatlicherseits ein einheitliches Mindestqualitätsniveau aller börsengängigen Wertpapiere sichergestellt, so bleibt auf dieser Basis die Handelssegmentierung einschließlich eventuell qualifizierter Voraussetzungen für die börsliche Handelszulassung des Wertpapiers in Übereinstimmung mit Art. 40 und Erwä46 So schon Merkt, Gutachten 64. DJT, G 96 ff.; restriktiver noch Mues, Börse, S. 173 f. 47 Seit Redaktionsschluss wurde mit dem TUG in Umsetzung der RL 2004/109/EG ein wesentlicher Schritt in diese Richtung getan: Nicht nur wurden sämtliche regelmäßigen wie anlassabhängigen Publizitätspflichten für alle börsenzugelassenen Emittenten vereinheitlicht, sondern deren Überwachung auch in die grundsätzliche Zuständigkeit der BaFin gegeben. Näher hierzu im Nachtrag C. I. und II., S. 546 ff.

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gungsgrund 57 MFIRL dem Börsenbetreiber überlassen.48 Die börseneigenen Regeln der Wertpapierhandelszulassung knüpfen also an die staatlich verifizierten Mindestvoraussetzungen an und bauen ggf. auf diesen auf. Sie müssen, insbesondere wenn sie weitergehende Anforderungen an die Emittenten aufstellen, einem ordnungsgemäßen Handel auf dem börslichen Markt zuträglich sein und hierzu den Anforderungen nach Art. 40 MFIRL, Art. 35 VO (EG) 1287/2006 entsprechen.49 Dabei sollten Börsenbetreiber nicht zum Angebot bestimmter Handelssegmente verpflichtet werden. Auch das Angebot eines „Grundsegments“, in dem die Zulassung bereits bei Erfüllung der gesetzlichen Emittentenstandards erlangt werden kann, sollte entgegen bisheriger Rechtslage nicht mehr obligatorisch sein.50 Ähnlich der oben erwähnten Betriebspflicht wären nämlich auch solche Vorgaben der Funktionsfähigkeit des Interbörsenwettbewerbs abträglich und im Übrigen zur Sicherung einer bedarfsgerechten Versorgung in einem wettbewerblichen Umfeld auch überflüssig. (2) Regelungseffektivität Ist mit diesen inhaltlichen Mindestvorgaben eine funktionalitätskompatible Ausgestaltung der börslichen Regelwerke gesichert, so muss das Aufsichtsrecht noch die Mindestbedingungen der Regelungseffektivität sicherstellen. Der Börsenbetreiber ist daher zu verpflichten, sich in den Börsennutzungsverträgen mit seinen Handelsteilnehmern und Emittenten von vornherein ein einseitiges Vertragsänderungsrecht sowie effektive Ermittlungs-, Sanktions- und Eilbefugnisse bezüglich der Verletzung aller materiell-börslichen Regeln einräumen zu lassen.51 Diese können dann insbesondere auch zur Effektivierung der (im Börsenregelwerk zu duplizierenden) gesetzlichen Marktmissbrauchsverbote und Emittentenstandards nutzbar gemacht werden, wie es Art. 40 Abs. 3, Abs. 4 und Art. 43 Abs. 1 MFIRL vorsehen. Zuletzt muss der Börsenbetreiber dartun können, dass er auch in technischer wie personeller Hinsicht über die geeigneten Strukturen und 48 Vgl. schon Wymeersch, Revision of the ISD, S. 10. Die von Merkt, Gutachten 64. DJT, G 104 angeführte Gefahr der Unübersichtlichkeit und Intransparenz ist dabei infolge der Anknüpfung an die einheitlichen gesetzlichen Standards nicht ausgeprägt. 49 Art. 35 VO 1287/2006 konkretisieren vor allem den Begriff der hinreichend freien Handelbarkeit und präzisiert Kriterien, nach welchen sich beurteilt, ob ein zuzulassendes Wertpapier „fair, ordnungsgemäß und effizient“ handelbar im Sinne des Art. 40 Abs. 1 MFIRL ist. 50 Vgl. schon Mues, Börse, S. 226 f.; Wymeersch, Revision of the ISD, S. 10. 51 Vgl. zu den Erfordernissen der Regelungseffektivität bei privater Betreiberstruktur im Einzelnen oben Abschnitt 3, A. I. 3. a), S. 442 ff.

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Systeme zur Überwachung der börslichen Regelwerke verfügt und auch tatsächlich für einen stringenten Vollzug sorgt.52 Das formelle Erfordernis ausreichender vertraglicher Überwachungs- und Sanktionsrechte gegenüber seinen Nutzern ist dabei insbesondere im Fall einer etwaigen gemeinsamen Handelsplattform sensibel, müssen doch diese vertraglichen Befugnisse des Börsenbetreibers dann auch gegenüber allen vernetzungsbedingt hinzukommenden Handelsteilnehmern und Emittenten gegeben sein. Zu überlegen könnte daher sein, ob dem deutschen Börsenaufsichtsrecht, dem mit § 17 BörsG 2002 das Erweiterungsmodell der gemeinsamen Handelsplattform immerhin schon bekannt ist,53 zum Nachweis ausreichender Regelungs- und Vollzugsmacht gegenüber diesen Nutzern auch ein vertraglicher Regelungsanspruch des Börsenbetreibers gegen den seinerseits entsprechend befugten Kooperationspartner ausreichen kann, zumal die europarechtlichen Vorgaben in Artt. 40, 43 MFIRL nur „wirksame Vorkehrungen und Verfahren“ zur Sicherung der Regeltreue der Nutzer verlangen. b) Aufsichtsverfahren Während in aufsichtsstruktureller Hinsicht keine wesentlichen Änderungen erforderlich sind – im Grundsatz ist eine privat-wettbewerbliche Börsenstruktur mit einer fortbestehenden Länderverwaltungskompetenz durchaus vereinbar, die im Übrigen auch nach Art. 48 MFIRL zulässig bleibt,54 so bedarf es künftig folgender Neugestaltungen im Verwaltungsverfahren: 52 Vgl. auch Art. 6 Abs. 6 RL 2003/6/EG (Marktmissbrauchsrichtlinie) mit Erwägungsgrund 27. 53 Siehe oben Teil 2, Abschnitt 4, A. II. 1., S. 317 ff. 54 Art. 48 MFIRL gestattet es den Mitgliedstaaten, für die Aufsicht über geregelte Märkte mehrere zuständige Behörden zu benennen. Freilich ist für die künftig vermehrt erforderliche internationale Kooperation der Börsenaufsichtsbehörden gemäß Art. 56 Abs. 1 Unterabsatz 3 in jedem Mitgliedstaat eine einzige zuständige Behörde als Kontaktstelle zu benennen, über welche sämtliche Informations- und Amtshilfeersuchen zu leiten sind. Dies verstärkt die schon bisher vorgebrachten Effizienz- und Effektivitätsgründe für eine bundesweit zentralisierte Börsenaufsicht, vgl. zu diesen etwa Hopt/Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (449 ff.); Merkt, Gutachten 64. DJT, G 120 f. sowie zur verfassungsrechtlicher Zulässigkeit nunmehr eingehend Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 170 ff. Auch im Falle weiterer Länderzuständigkeit für die Börsenaufsicht sollte jedoch im Dienste einer Rationalisierung der Aufsichtsstrukturen die Entflechtung von Börsen(betreiber)aufsicht und hoheitlicher Marktaufsicht erfolgen, um letztere künftig allein der BaFin zuzuweisen. Von der in Art. 12 Abs. 1 lit. c) RL 2003/6/EG (Marktmissbrauchsrichtlinie) eingeräumten Befugnis zur Beteiligung weiterer Behörden neben der in Umsetzung von Art. 11 RL 2003/6/EG zentral zuständigen BaFin sollte also künftig kein Gebrauch mehr gemacht werden.

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Grundlage der Aufsichtstätigkeit über die oben genannten Kriterien müssen umfassende Informationen der Aufsichtsbehörde über Börsenregelwerke und Nutzungsverträge, über die tatsächliche Vollzugsintensität und auch über gewisse Binnenverhältnisse des Börsenbetreibers sein, welche sich die Behörde gegebenenfalls durch Informationsbefugnisse bis hin zu einem Betretensrecht selbst beschaffen können muss. Schon gegenwärtig sehen § 2 Abs. 1 S. 1 und S. 6 BörsG 2002 (= § 3 Abs. 4 S. 1, S. 4 Nr. 4 und S. 5 BörsG 2007) derartige, nunmehr gemäß Art. 50 Abs. 2 lit. a) bis d) MFIRL auch europarechtlich erforderliche, Befugnisse vor.55 Als Eingriffe in die informationelle Selbstbestimmung des de lege ferenda privaten und damit grundrechtsberechtigten Börsenbetreibers ist jedoch eine genauere Spezifizierung der vorzulegenden Informationen angezeigt.56 Stellt die Börsenaufsichtsbehörde Verstöße gegen die materiellen Aufsichtskriterien fest, so kann sie hierauf im Falle von Unzuverlässigkeit oder Interessenkonflikten in der Person von Anteilseignern mit dem Instrumentarium der Anteilseignerkontrolle nach § 3 BörsG 2002 (= § 6 BörsG 2007) reagieren, das gemäß Art. 38 Abs. 3 MFIRL nunmehr auch europarechtlich geboten ist. Im Übrigen bleibt vor allem die (Drohung der) Genehmigungsaufhebung. Diese sieht § 1 Abs. 1 S. 2 BörsG 2002 (= § 4 Abs. 5 BörsG 2007) schon gegenwärtig vor, doch ist sie fortan entsprechend dem ordnungsrechtlichen Charakter der Aufsicht ausdrücklich an das anfängliche Fehlen oder den späteren Wegfall der materiellen aufsichtsrechtlichen Anforderungen zu knüpfen.57 Freilich sind wegen der radikalen Wirkung eines Genehmigungsentzugs gerade hier von behördlicher Seite die Möglichkeiten des informellen Vorfeldhandelns auszuschöpfen.58 Als milderes Mittel gegenüber dem Genehmigungsentzug ist überdies mit Umsetzung der Art. 50 Abs. 2 lit. i) und Art. 51 Abs. 1 MFIRL ein allgemeines Anordnungsrecht der Börsenaufsichtsbehörde zu schaffen, mit welchem dem Börsenbetreiber die Beseitigung aufsichtswidriger Zustände aufgegeben und dies gegebenenfalls mit Mitteln des Verwaltungszwangs erzwungen werden bzw. die Zuwiderhandlung mit geeigneten Sanktionen belegt werden kann.59 In Ausfor55

Näher Schwark-Beck, § 2 BörsG Rn. 2 ff. Vgl. etwa die detaillierte Regelung der mitzuteilenden Informationen im britischen Recht in REC 3.1 bis REC 3.23. 57 Vgl. Art. 36 Abs. 5 lit. b) bis lit. d) MFIRL. Sonstige Aufhebungsgründe, wie sie Art. 36 Abs. 5 lit. e) MFIRL zulässt, sollten also nicht vorgesehen werden. 58 Zu diesen Möglichkeiten im allgemeinen Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 15 Rn. 14 ff. 59 Anders als das Optimum der Betriebspflichterfüllung in der gegenwärtigen Struktur, welches die Aufsichtsbehörde nicht ermitteln und daher auch nicht durchsetzen kann, geht es hier um konkret erkennbare aufsichtswidrige Zustände (wie z. B. eine zu geringe Eigenkapitalausstattung des Börsenbetreibers), deren Vorliegen wie Behebung sich für die Aufsichtsbehörde eindeutig feststellen lassen. 56

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mung dieser Vorgaben könnte insbesondere auch ein Instrument ähnlich § 36 KWG sinnvoll sein, mit welchem die Aufsichtsbehörde die Abberufung unzuverlässiger oder mit Interessenkonflikten behafteter Leitungsorgane verlangen kann.60 Gerade im Hinblick auf die zunehmende Internationalisierung im Börsenwesen und namentlich der mit dem Typuswechsel ermöglichten grenzüberschreitenden Börsenkonzentration ist im Rahmen der Aufsichtsverfahren auch die Schaffung erweiterter internationaler Kooperationsbefugnisse der Börsenaufsicht unerlässlich, wie sie nun durch Art. 56 ff. MFIRL vorgegeben werden. Vergleichbar § 7 WpHG auszugestalten, bedarf dabei insbesondere die Informationsweitergabe an ausländische Aufsichtsbehörden aus datenschutzrechtlichen Gründen einer gesetzlichen Normierung.61 Beispielsweise im Falle einer grenzüberschreitenden Betreiberkonzernierung muss ein solcher Datenaustausch im Rahmen der Zuverlässigkeits-, Interessenkonflikts- und Finanzaufsicht möglich sein. In Ermangelung einer freiwilligen Kooperation ausländischer Börsenaufsichtsbehörden62 bedarf es hierzu rechtlich verankerter Informationsansprüche, wie sie mit Umsetzung von Artt. 58, 59 MFIRL innerhalb Europas überall zu schaffen sind.63 Keiner gesetzlichen Regelung bedarf demgegenüber die den Aufsichtsbehörden schon jetzt gegebene Befugnis, etwa im Falle einer grenzüberschreitenden Börsenkonzentration mit ausländischen Aufsichtsbehörden durch Bildung gemeinsamer Arbeitsgruppen zu kooperieren.64 Sinnvoll könnte diesbezüg60 Vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler-Fischer, § 36 KWG Rn. 18 ff. Mit dem FRUG wurde in § 15 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007 erstmals ein Zuverlässigkeits- und Eignungserfordernis für Börsengeschäftsführer aufgestellt, wobei zur Eignung auch die Abwesenheit „beruflicher Interessenkonflikte“ gehört, RegE BT-Drs. 16/4028, S. 83. Fehlen die Voraussetzungen, so muss die Börsenaufsichtsbehörde gemäß § 15 Abs. 2 BörsG 2007 ihr Einvernehmen zur Bestellung des Geschäftsführers versagen. Maßnahmen gegen einen bereits im Amt befindlichen Börsengeschäftsführer sind nicht vorgesehen. 61 Vgl. Assmann/U. H. Schneider-Dreyling, § 7 WpHG Rn. 17 ff. 62 Zu den Schwierigkeiten der auf rein völkerrechtlicher Komitas beruhenden Amtshilfe etwa Althaus, Amtshilfe und Vor-Ort-Kontrolle, passim; Kurth, Problematik grenzüberschreitender Wertpapieraufsicht, WM 2000, 1521 (1527). 63 Vgl. Erwägungsgrund 63 der MFIRL sowie Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 38. Das FRUG hat diese Vorgabe für das Börsenaufsichtsrecht in §§ 8, 10 BörsG 2007 i. V. m. § 7 Abs. 1 WpHG i. d. F. des FRUG umgesetzt. Die formalisierte internationale Kooperation im Bereich der Börsenaufsicht findet also nur über die BaFin statt, vgl. RegE FRUG, BT-Drs. 16/4028, S. 60. 64 Vgl. Christoph, Börsenkooperationen, S. 464 f.; Kurth, Börsenkooperationen, sub „Grundsätzliches zur internationalen Zusammenarbeit“. Beispiele sind etwa die im Zuge von iX angedachten deutsch-britischen Aufsichtsforen, vgl. BAWe/Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung/FSA, iX – Gemeinsame Erklärung, Nr. 8 sowie hierzu Bergsträsser, Regulatory Implications of

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lich aber eine gesetzliche Normierung der Möglichkeit sein, bestimmte Aufsichtsaufgaben bei Vergleichbarkeit der materiellen Standards durch einen lead supervisor wahrnehmen zu lassen, also etwa im Falle eines grenzüberschreitenden Börsenbetreiberkonzerns die konsolidierte Solvabilitätsaufsicht durch die Aufsichtbehörde am Sitz der Konzernmutter.65 II. Änderungen im übrigen Kapitalmarktaufsichtsrecht 1. Emittentenregelung und -aufsicht

Strukturtypusunabhängig besteht beim Börsenbetreiber ein intrinsisches Anreizdefizit im Bereich der Emittentenregelung. Das Defizit ist umso größer, je höher der erwünschte Emittentenstandard mit seinen Qualitäts- und Publizitätsanforderungen über dem gesellschaftsrechtlich Erforderlichen liegt. Idealiter ist der Übergang zu einer privat-wettbewerblichen Börsenstruktur daher von einer weitergehenden Hochzonung der Emittentenregelung- und aufsicht in ummittelbar-staatliche Wahrnehmung zu flankieren.66 Emittentenstandards und -transparenzpflichten, wie sie insbesondere der Umsetzung der RL 2001/34/EG, RL 2003/6/EG und RL 2004/109/EG dienen, sollten also nicht nur durch Gesetz statuiert werden; sie sollten vielmehr auch durch eine staatliche Behörde überwacht und sanktioniert werden.67, 68 an Exchange Merger, S. 289 (290 f.) oder die für die Beaufsichtigung von Euronext geschaffenen verwaltungskooperativen Strukturen, vgl. Nr. 1.1. Convention/Accord sur la coordination de la régulation, du contrôle et de la surveillance du groupe Euronext, Bulletin COB 2001 no. 356, S. 11 ff. 65 Vgl. zum „lead supervisor“ in der Beaufsichtigung von Banken, Versicherungen und Finanzkonglomeraten §§ 8a Abs. 2, 8b, 8c KWG, §§ 104l Abs. 2, 104m VAG; hierzu auch Schieber, Die Aufsicht über Finanzkonglomerate, S. 111 f., S. 148 ff. 66 So schon Wymeersch, Revision of the ISD, S. 10. Aus der deutschen Diskussion vgl. Hopt/Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (412 ff.), deren börsenpraktisch begründetes Plädoyer für eine aus den Börsen ausgegliederte und mit Hoheitsbefugnissen beliehene zentrale Zulassungsstelle im Ergebnis ähnlich ist. Ablehnend hierzu Köndgen, Besprechung von Hopt/Rudolph/Baum (Hrsg.), Börsenreform, ZHR 164 (2000), 648 (654). 67 Nicht übersehen werden soll dabei freilich, dass auch staatliche Behörden der Einflussnahme durch die von ihnen beaufsichtigten Industrien unter- und erliegen können (regulatory capture), wie es insbesondere die ökonomische Regelungstheorie herausgearbeitet hat, vgl. im Überblick nur Ogus, Regulation, S. 55 ff.; insbesondere in Bezug auf die Kapitalmarktregulierung White, International Regulation of Securities, S. 207 (215 ff.). Dennoch dürfte Mahoney, The Exchange as Regulator, Va L Rev 83 (1997) 1453 (1476), der unmittelbar-staatliche Behörden diesbezüglich für ebenso anfällig hält wie den Börsenbetreiber, entgegenzuhalten sein, dass die Steuer- bzw. Gebührenfinanzierung der staatlichen Überwachungstätigkeit immerhin

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Mit dem AnSVG, dem BilKoG und dem Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz wurden schon erhebliche Schritte in diese Richtung unternommen. So prüft die BaFin nunmehr bezüglich aller börsenzugelassener Emittenten die Einhaltung der außerordentlichen Publizitätspflichten nach §§ 15 ff., § 21 WpHG (Insidertatsachen, Beteiligungstransparenz) und der Prospektpflicht. Zudem nimmt sie gemäß § 37n ff. WpHG im Rahmen eines zweistufigen Prüfungssystems in Zusammenarbeit mit der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung eine strichprobenartige und Verdachtsprüfung der jährlichen Regelpublizität auch hinsichtlich der inhaltlichen Richtigkeit war. Zugleich wurde der BaFin in § 4 WpHG ein schlagkräftiges Ermittlungsund Eingriffsinstrumentarium an die Hand gegeben. Auf dieser Basis sollte die Verifikation sämtlicher gesetzlicher Emittentenpflichten künftig durch die BaFin erfolgen.69 In einer solchen Rolle würde die BaFin einem Emittenten gleichsam ein die Börsenzulassung grundsätzlich ermöglichendes Qualitätssiegel erteilen, das sie im Falle gravierender und/oder nachhaltiger Pflichtverletzungen auch wieder entziehen kann.70 Eine Börsenzulassung wäre dann zu beenden, wozu der Börsenbetreiber aufsichtsrechtlich zu verpflichten und der Börsenaufsichtsbehörde in Umsetzung von Art. 50 Abs. 2 lit. k) MFIRL zugleich ein entsprechendes Anordnungsrecht einzuräumen wäre. Dabei befindet sich der Börsenbetreiber mit seinem unmittelbaren Zugriff auf die Handelsdaten, die er im Rahmen der Handelsüberwachung ohnehin auswertet, natürlich in einer überlegenen Position zur Aufdeckung eventueller Emittentenpflichtverletzungen. Das gilt namentlich im Bereich der außerordentlichen Publizitätspflichten. Auf diese Fähigkeit sollte die Kapitaldie Möglichkeit der Unabhängigkeit eröffnet, während dies beim kommerziellen Börsenbetreiber nicht der Fall ist. Vgl. anschaulich Kay nach Ferrarini, Exchange Governance and Regulation, S. 245 (257): „With self-regulation regulatory capture is there from the outset“. 68 Ist das der Fall, dann bestehen auch deutlich geringere Bedenken dagegen, dass die Aktie des Börsenbetreiberunternehmens selbst auf der jeweiligen Börse zum Handel zugelassen ist. Zu diesen Bedenken vgl. Bradley, Demutualization of Financial Exchanges, J Int L Bus 21 (2001), 657 (685 f.); IOSCO, Exchange Demutualization, S. 8 f.; Karmel, Turning Seats into Shares, Hastings L J 53 (2002), 367 (421). 69 Zwischenzeitlich ist mit dem TUG ein weiterer wesentlicher Schritt in diese Richtung getan worden, vgl. bereits oben Fn. 47, S. 516. Im Referentenentwurf des FRUG wurde dann sogar vorgeschlagen, auch die Wertpapierzulassung der BaFin zu übertragen, vgl. § 32 BörsG-E. Krit. zur Vereinbarkeit dieses Vorschlags mit verfassungsrechtlichen Vorgaben angesichts der öffentlich-rechtlichen Struktur deutscher Börsen Hammen, Börsenreform und Verfassungsrecht, WM 2007, 1297 (1299 f., 1304 f.). Bereits der RegE FRUG hatte das Ansinnen dann auch wieder aufgegeben, vgl. RegE FRUG, BT-Drs. 16/4028, S. 87. 70 Wymeersch, Revision of the ISD, S. 10.

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marktaufsicht auch künftig nicht verzichten.71 Der Börsenbetreiber ist daher, wie es schon Art. 40 Abs. 3 MFIRL vorsieht, zur (parallelen) Überwachung der gesetzlichen Emittentenstandards und zur Mitteilung eventueller Auffälligkeiten an die BaFin zu verpflichten. Auch aus regelungstheoretischer Sicht verspricht dies Erfolg, wirkt sich doch das kostenbedingte Anreizdefizit bei den gleichsam als Nebenprodukt der Handelsüberwachung ohnehin anfallenden Erkenntnissen nicht aus. Ob und inwieweit darüber hinaus vom Börsenbetreiber auch das Ergreifen eigener Eil- und Sanktionsmaßnahmen sinnvollerweise erwartet werden kann, ist hingegen nach den obigen regelungstheoretischen Erwägungen zweifelhaft. Gemäß Art. 41 MFIRL ist es dem Börsenbetreiber von aufsichtsrechtlicher Warte jedenfalls zu gestatten, zum Funktionsschutz seines börslichen Marktes Handelsaussetzungen anzuordnen, was insbesondere für die auf die gesetzlichen Mindeststandards aufgesattelten, börseneigenen Zulassungsvoraussetzungen als Eilmaßnahme unerlässlich ist. Soweit vom Börsenbetreiber mit Hilfe dieses Instrumentariums auch die Durchsetzung der gesetzlichen Standards erwartet wird, muss jedenfalls klar sein, dass eine stringente aufsichtsbehördliche Überwachung und ein ebensolcher Vollzug hierdurch keinesfalls entbehrlich werden. 2. Gesamtsekundärmarktweite Marktmissbrauchssowie Wertpapierdienstleistungsaufsicht

Hinsichtlich der erforderlichen zentralen Marktmissbrauchsaufsicht bestehen schon de lege lata in Umsetzung der RL 2003/6/EG und der zu ihrer Konkretisierung ergangenen Durchführungsrichtlinien72 strenge materielle Anforderungen im WpHG sowie spätestens seit dem AnSVG auch ein schlagkräftiges Eingriffsinstrumentarium der BaFin.73 Neben seiner fortbestehenden Mitteilungspflicht nach § 4 Abs. 5 S. 4, S. 5 BörsG 2002 (= § 7 Abs. 5 S. 4, S. 5 BörsG 2007) hätte der Börsenbetreiber de lege ferenda in der soeben unter I. 3. cc) geschilderten Weise (Duplikation und privatvertragliche Sanktionierung von Marktmissbrauch) mitzuwirken. Rechtliche Anpassungen wären daneben insbesondere im Bereich der Wertpapierdienstleistungsaufsicht empfehlenswert: Hier muss, um Privatanlegerpräferenzen stärker im Orderrouting zum Ausdruck und damit den Börsenwettbewerb auch zu ihren Gunsten zur Geltung zu bringen, die Best-execution-Pflicht der Intermediäre stringenter formuliert und überwacht werden. Dabei sollte dem Intermediär stärker als bisher auch die Prüfung impliziter Transaktionskosten sowie die Berücksichtigung auslän71 72 73

Wymeersch, Harmonisation, S. 7 f. RL 2003/124/EG, RL 2003/125/EG; RL 2004/72/EG; VO (EG) 2273/2003. Vgl. hierzu RegE AnSVG, BR-Drs. 341/04, S. 51, S. 55 ff.

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discher Ausführungsmöglichkeiten aufgegeben werden.74 Die Umsetzung des Art. 21 MFIRL, konkretisiert durch Artt. 44, 46 RL 2006/73 gibt hierzu Gelegenheit.75

B. Vereinbarkeit der Aufgabenprivatisierung mit höherrangigem Recht Die Aufgabenprivatisierung als Kernelement des Übergangs zu einer privat-wettbewerblichen Börsenstruktur ist ihrerseits nicht durch Richtlinienvorgaben determiniert, so dass ihre Realisierbarkeit rechtlich nur von den Vorgaben des europäischen Primärrecht und des deutschen Verfassungsrechts abhängt. Dabei ergeben sich jedenfalls aus ersterem keine Privatisierungshindernisse: Zwar erkennt der EuGH inzwischen die Existenz staatlicher Schutzpflichten zugunsten von Grundfreiheiten an, indem er staatliche Handlungspflichten zum Einschreiten gegen private Handelshemmnisse für möglich hält.76 Die hier allein als Quelle von Schutzpflichten in Betracht kommende betreiberseitige Versagung des Börsenzugangs gegenüber ausländischen Wertpapierdienstleistern, welche deren Dienstleistungsfreiheit beeinträchtigen könnte, ist indes schon durch Art. 15 WPDRL/Art. 33 MFIRL ausgeschlossen. So können Grundfreiheiten im Börsenwesen allenfalls als Privatisierungsimpuls,77 nicht aber als Privatisierungsschranke wirken. Auch aus Art. 86 Abs. 2 EGV lässt sich eine solche Schranke nicht herleiten, erlaubt die Vorschrift doch nur eine gewisse staatlich-monopolisierte Aufgabenwahrnehmung, ohne sie vorzugeben.78 Ebenso wenig macht sonstiges europäisches Primärrecht den Mitgliedstaaten außerhalb des Zentral74 Zur bisherigen Situation vgl. Nr. 3.3 der Richtlinie gemäß § 35 Abs. 6 WpHG zur Konkretisierung der §§ 31, 32 WpHG der BaFin v. 23. August 2001. 75 Das FRUG hat die Richtlinienvorgaben im neuen § 33a WpHG i. d. F. des FRUG eins zu eins umgesetzt. 76 EuGH, Urt. v. 9. Dezember 1997, Rs C-265/95 – „Französische Bauernproteste“; EuGH, Urt. v. 12. Juni 2003, Rs C-112/00 – „Schmidberger“. Zu den bislang von Seiten der Rechsprechung wenig geklärten Voraussetzungen und Grenzen grundfreiheitlicher Schutzpflichten Jaeckel, Schutzpflichten im deutschen und europäischen Recht, S. 246 ff. und nunmehr Höfchen, Schutzpflichten zugunsten der Grundfreiheiten des Gemeinschaftsrechts, 2005. 77 In dieser Wirkung eingehend untersucht, im Ergebnis aber abgelehnt bei Mues, Börse, S. 143–153. Vgl. zur Vereinbarkeit von Genehmigungspflichten für grenzüberschreitende Börsendienstleistungen mit den Grundfreiheiten aus jüngerer Zeit auch Stünkel, EG-Grundfreiheiten und Kapitalmärkte, S. 174 ff. 78 Lenz/Borchart-Grill, Art. 86 II EGV Rn. 4, Rn. 23; Helm, Rechtspflicht zur Privatisierung, S. 82 ff. Zur Anwendung von Art. 86 Abs. 2 im Finanzsektor vgl. im Überblick Freeman/Whish/Osborne, Butterworths Competition Law, Vol. 1 III, Nr. 1546 ff.

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bankwesens (vgl. Art. 109 EGV) Vorgaben darüber, welche wirtschaftlichen Aktivitäten in staatlicher Wahrnehmungsverantwortung geführt werden müssten. Privatisierungshindernisse können sich für den deutschen Börsengesetzgeber daher allenfalls aus dem Grundgesetz erheben. Sie würden das Vorliegen einer zwingenden verfassungsrechtlichen Staatsaufgabe zur Wahrnehmung des Börsenbetriebs voraussetzen.79 Da eine solche Aufgabe jedenfalls nicht aus Art 74 Nr. 11 GG ableitbar ist,80 kann sie sich nur wie folgt ergeben:81 I. Sozialstaatsprinzip, Art. 20 GG: Staatliche Infrastrukturverantwortung Börslich hochorganisierte Wertpapiermärkte stellen einen funktionsnotwendigen Teil der Kapitalmarktinfrastruktur in einer modernen Volkswirtschaft dar, weshalb sich die Gemeinwohlverantwortung des Staates für das wirtschaftliche Wohlergehen, verankert im Sozialstaatsprinzip des Art. 20 GG, im Börsenwesen möglicherweise zu einer obligatorischen Staatsaufgabe verdichtet.82 So ist u. a. aus sozialstaatlichen Gründen für das Straßenwesen sowie die sonstigen Verkehrswege- und Versorgungsleitungsnetze eine staat79

Vgl. zur Herleitung von Privatisierungsschranken aus obligatorischen Staatsaufgaben Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 194 f.; Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 59 ff. 80 Mues, Börse, S. 125 ff. Allgemein zur mangelnden Ableitbarkeit von Staatsaufgaben aus Gesetzgebungskompetenzen nur Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, HStR III (2. Aufl.), § 57 Rn. 147 sowie differenzierend Badura, Arten der Verfassungsrechtssätze, HStR VII (2. Aufl.), § 159 Rn. 17. 81 Vgl. im Überblick zu möglichen Quellen obligatorischer Staatsaufgaben Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 198 ff. 82 Zur Ableitung staatlicher Aufgaben im Bereich der Infrastrukturschaffung aus dem Sozialstaatsprinzip allgemein Hünnekens, Rechtsfragen der wirtschaftlichen Infrastruktur, S. 116 ff. m. w. N.; Reidt, Verfassungsrechtliche Aspekte der Mautfinanzierung von Fernstraßen, NVwZ 1996, 1156 (1157 f.). Insbesondere für das Börsenwesen in diesem Sinne offenbar Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 104 ff., wenn allein schon aus dem öffentlichen Interesse an funktionsfähigen Börsen eine Staatsaufgabe des Börsenbetriebs hergeleitet wird. – Kein Raum ist im vorliegenden Zusammenhang entgegen der offenbar von U. H. Schneider/Burgard, Gutachten, WM 2000 Sonderbeilage 3/40, 24 (26) vertretenen Ansicht hingegen für den Topos der Daseinsvorsorge, denn will man dem Begriff seine aufgabenstiftende Wirkung erhalten, so muss man ihn auf den traditionellen Kern der Schaffung der Grundbedingungen der individuellen menschlichen Existenz beschränken. Vgl. auch Ronellenfitsch, Wirtschaftliche Betätigung des Staates, HStR III (2. A), § 84 Rn. 48. In diesem Sinne existenznotwendig sind Börsen sicherlich nicht, wie schon Damrau, Selbstregulierung, S. 252 f. feststellt.

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liche Infrastrukturverantwortung anerkannt,83 die sich nach teilweise vertretener Ansicht auf sämtliche ökonomischen Infrastrukturen erstrecken lässt.84 Indes führt eine solche staatliche Infrastrukturverantwortung nach moderner Staatsaufgabendogmatik nur in seltenen Fällen zu einer Pflicht, den Infrastrukturbetrieb in staatliche Eigenregie zu übernehmen.85 Wie nunmehr auch die Normierung der staatlichen Infrastrukturverantwortung im Bahn- und Postwesen in Art. 87e, Art. 87f GG erkennen lässt, erschöpft sich die Infrastrukturverantwortung dort, wo aufgrund der ökonomischen Gegebenheiten – wie etwa auch im Börsenwesen – eine private Bereitstellung der Infrastrukturen erwartet werden kann, in einer staatlichen Gewährleistungsverantwortung für die Gemeinwohlkonformität der privaten Tätigkeit.86 II. Grundrechtliche Schutzpflichten Allenfalls kann sich eine verfassungsobligatorische Börsenbetriebsaufgabe aus grundrechtlichen Schutzpflichten ergeben. So werden etwa (potentielle) Wertpapierdienstleister in ihrem Grundrecht auf freie Berufswahl nach Art. 12 GG beeinträchtigt, wenn ein Börsenbetreiber ihnen in Ausübung seiner Privatautonomie die zur Berufsausübung als Wertpapierintermediär weiterhin praktisch erforderliche Zulassung zur börslichen Handelsteilnahme verweigert.87 Als Folgewirkung können auch Privatanleger in ihren Vermögensanlage- und Handelsmöglichkeiten und damit in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 GG beschränkt werden.88 Indes resultiert hieraus eine staatliche Börsenbetriebsaufgabe nur dann, wenn eine erhebliche Grundrechtsbeeinträchtigung mit hoher Wahrscheinlichkeit droht und außerdem der staatliche Börsenbetrieb die einzig sinnvolle Abhilfe bietet.89 Im Börsenwesen kann hiervon heute keine Rede sein: Bestanden die beschriebenen Diskriminierungsgefahren durchaus zu Zeiten, als die natür83 Krüger, Gegen eine Entstaatlichung der öffentlichen Wege, S. 36 f., S. 44 ff.; eingehend Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, S. 323 ff., für den die verfassungsrechtliche Herleitung der Infrastrukturverantwortung indes primär aus Tatsache folgt, dass flächendeckende Infrastrukturen Entstehens- und Bestandsvoraussetzung eines (Territorial-)Staates moderner Prägung sind. Die Infrastrukturverantwortung folgt also gleichsam aus einer impliziten obligatorischen Staatsaufgabe zum Selbsterhalt. 84 Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 197. 85 Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, S. 334 ff. 86 Stober, Allgemeines Wirtschaftsrecht, § 26 II, S. 248 f.; Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 197. 87 Damrau, Selbstregulierung, S. 253 ff.; vgl. auch Mues, Börse, S. 131. Siehe zu den möglichen Auswirkungen von Zugangsbeschränkungen auf das Grundrecht des Art. 12 GG auch schon oben Teil 2, Abschnitt 4, A. II. 2. a) bb), S. 334. 88 Vgl. Mues, Börse, S. 131.

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liche Struktur des Börsenbetreibers diejenige einer gebietsmonopolistischen Intermediärsgenossenschaft mit allen ihr inhärenten Kartellierungstendenzen war,90 so sind Börsenbetreiber heute fast ausschließlich extern-kapitalistisch strukturiert. Das Eigeninteresse dieser Börsenbetreiber ist typischerweise auf die Gewinnung einer möglichst großer Handelsteilnehmerschaft gerichtet.91 Zwar lassen sich betreiberseitige Diskriminierungen gegenüber Zugangskandidaten hierdurch nicht völlig ausschließen, doch schwächt sich in einer wettbewerblichen Börsenmakrostruktur ihre berufswahlbeschränkende Wirkung mehr und mehr ab. Im Übrigen ist ihnen mit dem kartellrechtlichen Missbrauchsverbot entgegenzuwirken;92 weitergehend kann Börsenbetreibern ein spezifisch börsenaufsichtsrechtliches Diskriminierungsverbot auferlegt werden, welches dann unabhängig vom Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung eingreifen würde.93 Gebieten somit grundrechtlichen Schutzpflichten die Fortführung des staatlichen Börsenbetriebs nicht, so wirkt auch Art. 12 GG nur in seiner abwehrrechtlichen Dimension zugunsten der Berufswahlfreiheit potentieller Börsenbetreiber.94 Aus dem deutschen Verfassungsrecht ergeben sich somit keine Privatisierungshindernisse, allenfalls kann es neben den hiesigen rein rechtspolitischen Erwägungen einen zusätzlichen normativen Privatisierungsimpuls liefern.

89 Vgl. zu den Voraussetzungen staatlicher Schutzpflichten nur Isensee, Das Grundrecht als Abwehrrecht und staatliche Schutzpflicht, HStR V (2. Aufl.), § 111 Rn. 89 ff. 90 Siehe oben Abschnitt 1, A., S. 375 f. 91 Kalss, Different Stock Exchange Interest Groups, S. 193 (197); Rudolph/Röhrl, Börsenorganisation, S. 143 (203); vgl. auch Steil, Changes in the Ownership and Governance of Exchanges, BWP Fin Serv 2002, 61 (65). Dieses idealtypische Eigeninteresse gilt es freilich aufrechtzuerhalten; hierzu dient die soeben bei A. I. 3. a) aa), S. 512 f. beschriebene Anteilseigner- und Interessenkonfliktskontrolle. 92 Vgl. zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des Art. 86 EGV auf eine solche Zugangsverweigerung etwa Monti, The integration of European capital market infrastructure and competition law, sub 4.; zur Sicherung eines diskriminierungsfreien Börsenzugangs im Falle privatrechtlicher Börsenträgerschaft durch § 20 GWB etwa Plückelmann, Der Neue Markt der Deutschen Börse AG, S. 148 ff. sowie Wolf, Der Ausschluss vom Neuen Markt und die Aufnahme von Ausschlussgründen in das Regelwerk Neuer Markt, WM 2001, 1785 (1789) (beide in Bezug auf den Börsenzugang von Emittenten). 93 Vgl. die Regelung im britischen Recht in REC 2.7.3 (2). 94 Insoweit sei auf Köndgen, Stellungnahme, S. 6; Mues, Börse, S. 127 ff. sowie Wastl/Schlitt, Abkehr vom klassischen Börsenbegriff, WM 2001, 1702 (1709) verwiesen, welche die gegenwärtige deutsche Börsenstruktur für mit Art. 12 GG unvereinbar halten.

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C. Schlussbetrachtung: Kompetitive regulierte Selbstregelung als Regelungsmodus supranationaler Marktphänomene Der Übergang zu einer privat-wettbewerblichen Börsenstruktur ginge im deutschen Recht nicht nur mit einer Herunterzonung von Regelungsaufgaben auf die private Ebene, sondern auch mit einer nicht unerheblichen Heraufzonung von Aufgaben aus mittelbar-staatlicher in die unmittelbarstaatliche Wahrnehmung einher. Die bisherige Aufgaben- und Interessensgemengelage im börslichen Betreibermodell würde damit aufgelöst95 und eine klarere Trennung hergestellt zwischen solchen Aufgaben, die aufgrund externer Effekte der unmittelbar-staatlichen Wahrnehmung bedürfen und solchen, die von Privaten (unter heutigen Umständen) besser wahrgenommen werden können und daher unter dem Postulat möglichster Zieladäquanz wie auch Effizienz der Regelungsstrukturen in eine rein private Wahrnehmung unter staatlicher Gewährleistungsaufsicht zu entlassen sind.96 Dabei kommt in einer privat-wettbewerblichen Börsenstruktur neben der gefahrenabwehrenden staatlichen Rahmenaufsicht dem Wettbewerbsmechanismus die zentrale Rolle bei der positiven Richtigkeitsgewähr im Sinne eines laufenden Hinwirkens auf eine möglichst funktionalitätsförderliche Ausgestaltung der börslichen Regelungen zu. Aufgrund dieses Zusammenspiels staatlich-regulativer und wettbewerblicher Mechanismen zur Sicherung der Gemeinwohlkonformität der börslichen Selbstregelung stellt der vorgeschlagene Regelungsmodus eine Ausprägung der sog. kompetitiven regulierten Selbstregelung dar.97 Die Börse tritt hierbei als privater Regelungsverband in Erscheinung.98 Der Börsenbetreiber – in der Literatur auch einprägsam als privates „Mini95 Eine unter dem Paradigma der regulierten Selbstregelung auch in anderen Gebieten anzutreffende Folgewirkung, vgl. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, S. 153. 96 Diese Überlassung von ehemals anstaltlich wahrgenommenen Regelungsaufgaben an den privaten Börsenbetreiber bedarf dabei – entgegen der unklaren Formulierung bei Augsberg, Rechtsetzung, S. 232, die dort freilich nur in Bezug auf die privatautonome Regelung der Binnenverhältnisse von Vereinen bezogen ist – im liberalen Rechtsstaat per se keiner besonderen verfassungsrechtlichen Legitimation. 97 Grundlegend hierzu Ogus, Rethinking Self-Regulation, OJLS 15 (1995) 97 (102 ff.). Aus der hiesigen Literatur vgl. etwa Engel, Regulierung durch Organisation und Verfahren, FS Mestmäcker 1996, S. 119 (124) sowie näher ders., Legal Experiences of Competition among Institutions, S. 89 ff.; Ladeur, Die Regulierung von Selbstregulierung und die Herausbildung einer „Logik der Netzwerke“, DV Beiheft 4 (2001), 59 (67, 76). 98 Zum Begriff des Regelungsverbandes siehe oben Teil 1, Abschnitt 1, B. III. 2., S. 46 f.

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Government“ der Börsennutzer bezeichnet99 – nimmt dabei Aufgaben wahr, die regelungstheoretisch durchaus nicht auf staatliche Instanzen beschränkt sind.100 Dabei zeigt sich insbesondere im Internationalisierungskontext ein besonderer Vorzug privater Regelungsverbände, sind doch die vertraglich fundierten Regelungs- und Sanktionsrechte anders als hoheitliche Regelungsbefugnisse in ihrer Wirkung nicht territorial beschränkt.101 Stehen also schlagkräftige verbandsinterne Sanktionen zur Verfügung, deren Durchsetzung – wie die Beendigung der Börsennutzung – nicht auf staatliche Durchsetzungshilfe angewiesen ist, so kommt ein privater Verband mit der Internationalisierung seiner Teilnehmerschaft ohne weiteres zurecht.102 Die Erweiterung der Verbands- und Marktgrenzen kann sich damit losgelöst von, und, wenn dies ökonomischer Effizienz entspricht, geradezu quer zu nationalstaatlichen Grenzen vollziehen, ohne hierbei die Schwerfälligkeit zwischenstaatlich-internationaler Regelungsstrukturen aufzuweisen. Private Regelungsverbände sind somit die supranational-virtualisierten Marktphänomenen angemessene Regelungsstruktur.103 Dort, wo die im Interesse der Gemeinwohlkonformität zu stellenden Bedingungen der Regelungseffektivität und -qualität erfüllt sind, können sie eine bei institutional choice- bzw. governance-Fragen104 vermehrt in Betracht zu ziehende Alternative darstellen.105 99

Corcoran, The Uses of New Capital Markets, Am U L Rev 49 (2000), 581 (587). 100 Siehe oben unter Teil 3, Abschnitt 3, A. I. 1. b) cc), S. 422. Weitere Beispiele für private Regelungsverbände bei Teubner, Global Bukowina: Legal Pluralism in the World Society, in: ders. (Hrsg.), Global Law without a State, S. 3 (4). 101 Corcoran, The Uses of New Capital Markets, Am U L Rev 49 (2000), 581 (607 f.); Poser, The Stock Exchanges of the United States and Europe, U Pa J Intl Econ L 22 (2001), 497 (438). Zum Problem der Divergenz von zu regelndem wirtschaftlichem Sachverhalt und territorialem Geltungsbereich staatlich gesetzten Rechts aus jüngerer Zeit nur Zürn, Global Governance, S. 121 (122 ff.). 102 Corcoran, The Uses of New Capital Markets, Am U L Rev 49 (2000), 581 (585, 607 f.). Zur ähnlichen Lage in grenzüberschreitenden Gesellschaften und Konzernen vgl. Muchlinski, ‚Global Bukowina‘ Examined: Viewing the Multinational Enterprise as a Transnational Law-making Community, S. 79 (80 bis 85), sowie in internationalen Sportverbänden Zürn, Global Governance, S. 121 (137). Zur „Exklusion“ als dem idealtypischen Zwangssurrogat im Bereich des transnationalen Wirtschaftsrechts vgl. Rost, Die Herausbildung transnationalen Wirtschaftsrechts auf dem Gebiet der internationalen Finanz- und Kapitalmärkte, S. 263 f. 103 Corcoran, The Uses of New Capital Markets, Am U L Rev 49 (2000), 581 (587 ff.); Trachtman, Cyberspace, Sovereignty, Jurisdiction, and Modernism, Ind J Global Stud 5 (1998), 561 (580); vgl. auch Ferrarini, Pan-European Securities Markets I, S. 11 f. Es ist daher möglicherweise kein Zufall, wenn sich, wie Speyer, Governance internationaler Finanzmärkte, S. 302 (304 f.) feststellt, im internationalen Finanzmarkt deutlich mehr Selbstregelung der Marktteilnehmer findet als etwa im Bereich der Gütererzeugung und des internationalen Warenhandels. 104 Vgl. zum Begriff der „Governance“, welcher in der jüngeren staatswissenschaftlichen Diskussion zunehmend an die Stelle des Begriffs der Regelungsstruktur

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Im Börsenwesen ermöglicht die Wahl dieser Regelungsform einen (unverzerrteren) grenzüberschreitenden Interbörsenwettbewerb, wie er flexible Prozesse der regulatorischen Anpassung an Marktbedürfnisse verspricht.106 Trotz aller unerlässlichen Harmonisierung, die innerhalb Europas mit der Umsetzung der FSAP-Richtlinien erreicht wird, bleibt damit an zentraler Stelle ein Element der regulatory competition erhalten.107 Dabei sind die Funktionsvoraussetzungen eines solchen Regelungswettbewerbs zwischen Börsen – im Gegensatz zum herkömmlich diskutieren Regelungswettbewerb zwischen Staaten108 – ungleich besser erfüllt, ist doch der Verbandswechsel durch die Regelungskunden hier leichter zu bewerkstelligen, der Anreizmechanismus klarer und der private Regelgeber in seiner Reaktion viel flexibler als der nationale Gesetzgeber.109 Insbesondere wirkt der Wettbewerbsmechanismus bei privat-wettbewerblicher Börsenstruktur nicht nur hinsichtlich des Regelungsinhaltes, sondern auch hinsichtlich Entstehen und Vergehen der Regelungsverbände selbst.110 Der ökonomischen Effizienz entsprechende, dynamische Anpassungsprozesse sind somit auch hinsichtlich deren Anzahl und Ausdifferenzierung möglich: Wo – wie augenscheinlich in der gegenwärtigen europäischen Börsenlandschaft – ein ökonomisch ineffizientes Parallelangebot von Börsendienstleistungen besteht, kann der Wettbewerbsmechanismus im Falle einer privat-wettbewerblichen Börsenstruktur für die erforderliche Konsolidation unter Überleben der effizientesten Anbieter sorgen.111 Umgekehrt ist aber auch das spontane Auftreten bzw. Institution im hier zugrundegelegten Sinne tritt, nur Hoffmann-Riem, Governance im Gewährleistungsstaat, S. 195 (197 ff.). 105 Vgl. Zürn, Global Governance, S. 121 (127, 136 ff.), dort auch zum Zusammenspiel privater Verbände mit Staaten und internationalen Organisationen bei der Bewältigung von Internationalisierungsphänomenen. 106 Hopt/Baum, Börsenrechtsreform, S. 287 (366); Mahoney, The Exchange as Regulator, Va L Rev 83 (1997) 1453 (1456). Von der innovationsfördernden Kraft des Leistungswettbewerbs zwischen den Börsenplätzen sprach im Übrigen schon der Gesetzgeber des 2. FMFG, RegE 2. FMFG, BT-Drs. 12/6679, S. 36. 107 Zur Harmonisation vs. Regulatory Competition-Debatte im Überblick Esty/ Gerardin, Regulatory Co-Opetition, S. 30 f. und insb. in Bezug auf die Kapitalmarktregulierung Moloney, EC Securities Regulation, S. 11 ff. 108 Diesen im Bereich der Kapitalmarktregulierung befürwortend namentlich Romano, Empowering Investors, Yale L J 107 (1998), 2359 (2388 ff.) sowie dies., The Advantages of Competitive Federalism for Securities Regulation, 2002. 109 Vgl. zu den Funktionsvoraussetzungen der regulatory competition im Überblick Coffee, Competition versus Consolidation: The Significance of Organizational Structure in Financial and Securities Regulation, Business Lawyer 1995, 447 (453 f.). Kritisch zur Funktionsfähigkeit des Regulierungswettbewerbs zwischen Staaten etwa Esty/Gerardin, Regulatory Co-Opetition, S. 30 (33 ff.). 110 Vgl. zu diesem Erfordernis eines vollständig funktionsfähigen Regelungswettbewerbs Trachtman, Regulatory Competition and Regulatory Jurisdiction in International Securities Regulation, S. 289 (294, sub T2) m. w. N.

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neuer Regelungsangebote im Falle eines wirtschaftlich ineffizienten Mangels an Ausdifferenzierung möglich und, wie das der erfolgreiche Marktzutritt diverser MTFs im Bereich des Anleihenhandels gezeigt hat, auch durchaus zu erwarten. Der Übergang zu einer privat-wettbewerblichen Börsenstruktur ermöglicht damit evolutorische Anpassungsprozesse, in welchen Regelungsinhalte wie auch vor allem Regelungsstrukturen mit den Marktentwicklungen unter dem Postulat möglichster Regelungs- und damit Transaktionskosteneffizienz organisch mitwachsen.112 Das verspricht im Hinblick auf die materiellen Regelungsziele eine höhere Kapitalmarktfunktionalität und kann Verwerfungen vermeiden helfen, wie sie entgegen ökonomischen Bedürfnissen aufrechterhaltene institutionelle Strukturen bei ihrem letztendlichen Aufbrechen auslösen können.113

111

Wymeersch, Harmonisation, S. 8. Vgl. allg. zu diesem Erfordernis Teubner, Global Bukowina: Legal Pluralism in the World Society, in: ders. (Hrsg.), Global Law without a State, S. 3 (19). Zur Theorie spontaner Anpassungsprozesse von Oranisatiosstrukturen siehe schon Witt, Coordination of Individual Economic Activies as an Evolving Process of Self-Organization, S. 411 (419 ff.). Das Erfordernis gesteigerter Lern- und Wandlungsfähigkeit institutioneller Arrangements findet dabei in der jüngeren regelungstheoretischen Debatte zunehmende Beachtung, vgl. nur Quack, Zum Werden und Vergehen von Institutionen, S. 346 ff. 113 Vgl. auch zum Zusammenhang von inkrementeller struktureller Anpassung und Stabilität der Finanzmärkte Allen/Hawkins/Sato, Electronic trading and its implications for financial systems, BIS Papers No. 7, S. 30 (48). 112

Nachtrag: Das deutsche Börsenaufsichtsrecht nach Umsetzung der Transparenzrichtlinie und der MFIRL Mit dem Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (TUG) vom 5. Januar 20071 ist die RL 2004/109/EG in deutsches Recht umgesetzt worden, mit dem Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG) vom 16. Juli 20072 die MFIRL. Das TUG ist in seinen wesentlichen Teilen am 20. Januar 2007,3 das FRUG ist in drei Stufen am 20. Juli 2007, 1. November 2007 und 1. Januar 2008 in Kraft getreten.4 Die Umsetzung der FSAP-Richtlinien ist damit im Wesentlichen abgeschlossen.5 Das TUG hat grundlegende Änderungen im Bereich der Emittentenregelung gebracht. So sind in materieller Hinsicht zunächst die ordentlichen Publizitätspflichten marktsegmentsübergreifend vereinheitlicht6 und mit Zwischenmitteilung und Bilanzeid verschärft worden; verschärft wurden sodann auch die außerordentlichen Publizitätpflichten.7 In rechtsanwendungsrechtlicher Sicht wurde das Herkunftslandprinzip eingeführt,8 ein zentrales Anliegen der Richtlinie zur europäischen Sekundärmarktintegration.9 In deren Dienst steht auch das neue, im Wesentlichen auf europaweit tätigen elektronischen Informationsdiensten basierende Publikationsregime für Emittenteninformationen.10 Das TUG hat die Regelung der laufenden Emittentenpubli1

BGBl. I 2007, S. 10 v. 10. Januar 2007. BGBl. I 2007, S. 1330 v. 19. Juli 2007. 3 Art. 15 TUG. 4 Art. 14 FRUG. 5 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Transposition of FSAP Directives – State of play as at 24/09/2008. 6 Der Anwendungsbereich der Transparenzrichtlinie erfasst gemäß Art. 1 Abs. 1 RL 2004/109/EG sämtliche Emittenten, die an einem geregelten Markt im Sinne des europäischen Kapitalmarktrechts zugelassen sind. Vorgaben über die regelmäßige Emittentenpublizität enthielt zuvor nur die RL 2001/34/EG für Wertpapiere mit amtlicher Börsennotierung, was hierzulande einer Zulassung im Amtlichen Markt entsprochen hat. 7 Näher unten C. II., S. 548 ff. 8 RegE TUG, BT-Drs. 16/2498, S. 27. 9 Erwägungsgründe 6 f. RL 2004/109/EG. Aus den Vorarbeiten vgl. etwa Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Transparenzrichtlinie-Vorschlag, KOM (2003) 138 endg., S. 10 ff. 2

Nachtrag: Umsetzung der Transparenzrichtlinie und der MFIRL

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zität vollständig im WpHG konzentriert und der BaFin als zentraler nationaler Behörde die Aufgabe der Überwachung zugewiesen. Im Anschluss hat das FRUG Neuerungen für Wertpapierdienstleister und Marktinfrastrukturbetreiber nebst wettbewerbsintensivierenden Änderungen der Gesamtsekundärmarktstruktur gebracht, so insbesondere die Zulassung Multilateraler Handelssysteme, deren wettbewerbliche Gleichstellung mit Börsen für Fragen der ordnungsgemäßen Orderausführung durch Intermediäre, sowie die Überwölbung sämtlicher Orderausführungsformen durch eine anspruchsvolle Handelstransparenz. Für das Börsenorganisationsrecht im engeren Sinn haben sich hingegen kaum unmittelbare Veränderungen ergeben. Der Gesetzgeber hat sich auf eine konservative Minimalumsetzung der europarechtlichen Vorgaben im Zulassungs- und Betreiberaufsichtsregime beschränkt.11 Das kann nicht verwundern, hatten die deutschen Vertreter in den Beratungen der MFIRL doch darum gerungen, eine mit der hergebrachten Anstaltsstruktur kompatible Fassung der Richtlinie zu erreichen.12 Immerhin hat der deutsche Gesetzgeber die Richtlinienumsetzung zu einem redaktionellen Großreinemachen im BörsG genutzt. Dies hat auch bei inhaltlich unveränderten Regelungen zu einem neuen Fundort geführt, der im vorstehenden Text soweit möglich bereits in Klammern angegeben worden ist. Im Weiteren wird ein Überblick über das nunmehr geltende Börsenaufsichtsrecht unter Hervorhebung der wesentlichen inhaltlichen Änderungen gegeben. Dabei wird insbesondere dargestellt, inwieweit die Ergebnisse der Untersuchung auf die aktuelle Rechtslage übertragbar sind.

A. Börsenbetreiber- und Gesamtsekundärmarktstruktur I. Börsendefinition Als erste augenfällige Änderung enthält § 2 Abs. 1 BörsG 2007 erstmals eine Börsendefinition. Hiernach sind Börsen teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts, die nach Maßgabe des Börsengesetzes multilaterale 10 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Transparenzrichtlinie-Vorschlag, KOM (2003) 138 endg., S. 7 ff. 11 RegE FRUG, BT-Drs. 16/4028, S. 52. 12 Dies hat insbesondere zur Änderung der Definitionen des geregelten Marktes und des Marktbetreibers in Art. 4 Abs. 1 Nr. 13 und Nr. 14 MFIRL sowie zur Einfügung von Art. 36 Abs. 1 Unterabs. 3 MFIRL geführt, welche der Tatsache der „Aufspaltung“ der Markbetreiberschaft zwischen Anstalt und Trägerunternehmen im deutschen Recht Rechnung tragen. Vgl. demgegenüber den Entwurf der MFIRL Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002), 625 endg., S. 54, S. 81 ff. sowie hierzu auch Seitz, Die Regulierung von Wertpapierhandelssystemen in der EU, AG 2004, 497 (499).

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Nachtrag: Umsetzung der Transparenzrichtlinie und der MFIRL

Systeme regeln und überwachen, welche die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf zugelassener Handelsgegenstände innerhalb des Systems nach festgelegten Bestimmungen so zusammenbringen, dass ein Kaufvertrag zustande kommt. Der Börsenbegriff der Tatbestandsseite, das börsliche Marktphänomen, wird hierdurch freilich nur mittelbar definiert. Als Börse definiert wird vielmehr die börsenbetreibende Anstalt des öffentlichen Rechts.13 Die vom Börsengesetz geregelten Marktphänomene bezeichnet § 2 Abs. 1 BörsG 2007 nunmehr in Übereinstimmung mit den Vorgaben von Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 MFIRL als multilaterale Systeme mit einem besonders hohen Organisationsgrad: So ist eine zentralisierte, systeminterne Zusammenführung von Angebot und Nachfrage erforderlich, die nach „festgelegten Bestimmungen“ erfolgt. Die richtlinienkonforme Interpretation ergibt hierbei, dass es sich um eine nicht-diskretionäre Orderzusammenführung handeln muss.14 Als weiteren Aspekt des besonders hohen Organisationsgrades hebt die Legaldefinition mit dem Zulassungserfordernis die zentralisierte Regelung der Handelsgegenstände hervor.15 Die Definition des Börsenbegriffs der Tatbestandsseite erfasst damit die börslichen Marktphänomene im ökonomischfunktionalen Sinn, die schon bislang Regelungsgegenstand des BörsG waren16 und den Gegenstand der vorliegenden Arbeit bilden. 13 Grundlegend zur Unterscheidung von börslichem Markt und Börsenbetreiber oben Teil 1, Abschnitt 2, A., S. 51. 14 Erwägungsgrund 6 MFIRL. Aus den dortigen Ausführungen ergibt sich auch, dass die Formulierung in Art. 4 Nr. 14 MFIRL, wortgleich übernommen in § 2 Abs. 1 BörsG 2007, wonach ein geregelter Markt bzw. eine Börse scheinbar auch bei bloßer „Förderung des Zustandekommens von Verträgen“ vorliegen kann, nur verdeutlichen soll, dass kein vollautomatisierter Vertragsabschluss im elektronischen Handelssystem erforderlich ist. Auch die im Parketthandel durch den Skontroführer oder den market maker persönlich zustande gebrachten Verträge sind börslich, sofern die Orderzusammenführen nicht-diskretionär erfolgt. 15 Holzborn/Israel, Die Neustrukturierung des Finanzmarktrechts durch das Finanzmarktrichtlinieumsetzungsgesetz (FRUG), NJW 2008, 791 (795). 16 Lepczyk, Schwerpunktbereich – Einführung in das Börsenrecht, JuS 2007, 985 (986). Zum ökonomisch-funktionalen Börsenbegriff des bisherigen Rechts siehe oben Teil 1, Abschnitt 1, B. III. 3., S. 48 ff. Keine definitorische Bedeutung misst § 2 Abs. 1 BörsG 2007 der Existenz eines eigenständigen Preisbildungsmechanismus zu. Für Börsen ergibt sich das Erfordernis auf Rechtsfolgenseite aus § 24 Abs. 2 S. 1 BörsG 2007, wonach Preise der wirklichen Marktlage entsprechen müssen, also eine Preisbildung im Markt aus Angebot und Nachfrage erfolgen muss, vgl. zum insoweit wortgleichen bisherigen § 24 BörsG 2002 nur Schwark-Beck, § 24 BörsG Rn. 10 ff. Die Frage, ob das Kriterium nicht vielmehr schon auf Tatbestandsseite den Anwendungsbereich des BörsG einschränken müsste, kann damit für Börsen offen bleiben. Bei den Multilateralen Handelssystemen im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 8 WpHG i. d. F. des FRUG, die eine inhaltsgleiche Definition aufweisen und auf Rechtfolgenseite durch § 31f Abs. 1 Nr. 4 WpHG i. d. F. des FRUG eben-

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Leider hat der Gesetzgeber die terminologische Bereinigung des BörsG nicht konsequent betrieben17. Nach wie vor finden sich Normen, in denen „Börse“ das börslich-hochorganisierte Marktphänomen der Tatbestandsseite bezeichnet. Das gilt inbesondere in Bezug auf die den Ausangspunkt des ganzen Börsenaufsichtsrechts bildende Erlaubnisnorm des § 4 Abs. 1 BörsG 2007. Hiernach bedarf „die Errichtung einer Börse“ der Erlaubnis. Zwar lässt sich das zwanglos als „Errichtung der börsenbetreibenden Anstalt“ verstehen. Doch dass die Anstaltserrichtung nicht ohne Hoheitsakt erfolgen kann, ist so banal, dass es keiner Norm bedurft hätte. Regelungsbedürftig und deshalb einem Verbot mit Ausnahmevorbehalt unterworfen ist und bleibt auch unter dem BörsG 2007 die Einrichtung und der Betrieb börslich-hochorganisierter Märkte mit ihrer sensiblen volkswirtschaftlichen Funktion. „Börse“ bezeichnet in dieser Norm also nach wie vor den Börsenbegriff der Tatbestandseite.18 II. Rechtsformen für den Börsenbetrieb und Gesamtsekundärmarktstruktur Börsen im ökonomisch-funktionalen Sinn können in Deutschland nunmehr sowohl in der öffentlich-rechtlichen Strukturform der §§ 2 bis 48 BörsG 2007 als auch in der privatrechtlichen Strukturform eines Multilateralen Handelssystems nach §§ 2 Abs. 3 Nr. 8, 31f WpHG i. d. F. des FRUG betrieben werden.19 Die bisherige Unklarheit in der Handhabung des § 59 BörsG 2002 über bösenähnliche Einrichtungen ist damit beseitigt: Bei Einfalls zum Betrieb eines dem § 24 Abs. 2 BörsG 2007 genügenden Preisbildungsmechanismus gezwungen werden, stellt sich dann allerdings die Frage, ob der Gesetzgeber das Geschäftsmodell des Crossing-Systems tatsächlich verbieten wollte. Crossing-Systeme sind multilaterale Systeme, in welchen Angebot und Nachfrage nicht-diskretionär, aber zu einem feststehenden Preis zusammengeführt werden, vgl. etwa Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 20. Die MFIRL verlangt in Art. 14 Abs. 1 lediglich, dass Verträge auf Multilateralen Handelssystemen fair und ordnungsgemäß zustande kommen müssen, was keinen eigenen Preisbildungsmechanismus verlangt. Mit seinem Verweis auf § 24 Abs. 2 BörsG 2007 dürfte der deutsche Gesetzgeber unbeabsichtigt eine superäquivalente Umsetzung der Richtlinie gewählt haben. 17 Kritisch zur Doppeldeutigkeit des Börsenbegriffs im BörsG 2002 oben Teil 1, Abschnitt 1, A. II., S. 39 f. 18 Ebenso inkonsequent die Begriffsverwendung in § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007: Hiernach hat der Träger der Börse die „zum Börsenbetrieb erforderlichen Mittel“ bereitzustellen. „Börsenbetrieb“ meint dabei freilich nicht den Betrieb der Anstalt als Verwaltungsträgerin selbst, sondern den Betrieb des börslichen Marktes. Bei konsequenter Anwendung der Gesetzesterminologie müsste dort heute stehen: „die zum Betrieb des multilateralen Systems [. . .] erforderlichen Mittel“. 19 RegE FRUG, BT-Drs. 16/4028, S. 79.

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haltung der §§ 31f, 31g WpHG muss einem zugelassenen Wertpapierdienstleistungsunternehmen der Betrieb des Multilateralen Handelssystems von der BaFin gestattet werden. Nur Börsen im Sinne des § 2 BörsG 2007 können jedoch Marktsegmente mit dem Status eines geregelten Marktes im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Nr. 14, Art. 36 ff. MFIRL und des europäischen Kapitalmarktrechts anbieten.20 Zur Unterscheidung vom bisherigen nachgelagerten börslichen Marktsegment des Geregelten Marktes und in Anlehnung an die englische Richtliniendiktion vom regulated market nennt das BörsG dieses börsliche Marktsegment nun Regulierten Markt.21 Der Regulierte Markt zeichnet sich durch die Geltung und staatliche Überwachung der gesetzlichen Zulassungs- und Zulassungsfolgepflichten für Emittenten gemäß §§ 32 ff. BörsG 2007, BörsZulVO, WpPG und WpHG aus.22 Nach wie vor verleiht also nur die Zulassung seiner Wertpapiere an einer Börse einem Emittenten dieses besondere Qualitätszertifikat und erlaubt wichtigen institutionellen Investorengruppen eine bevorzugte Anlage in diesen Wertpapieren.23 Eine Privatisierung des Börsenwesens durch die Hintertür hat das FRUG also nicht gebracht.24 Betreiber Multilateraler Handelssysteme können jedoch beliebige bereits börsenzugelassene Wertpapiere in ihren Handel einbeziehen.25 Mit § 33a Abs. 5 S. 2 WpHG wurden Börsen und Multilaterale Handelssysteme für die Frage der ordnungsgemäßen Orderausführung durch Intermediäre gleichgestellt;26 der bisherige Börsenvorrang des § 22 BörsG 2002 ist ent20 Art. 4 Abs. 1 Nr. 14, Artt. 36 ff. MFIRL führen das Konzept des sog. geregelten Marktes im Sinne des europäischen Kapitalmarktrechts als eines qualifizierten und hoheitlich überwachten Handelsplatzes weiter, Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 18. Das Konzept ist im früheren Richtlinienrecht begründet und in der WPDRL (partiell) ausgestaltet worden. Geregelte Märkte sind hiernach Börsen im traditionellen Sinne bzw. deren Marktsegmente. 21 §§ 32 ff. BörsG 2007. Inländische und EU/EWR-ausländische geregelte Märkte i. S. d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 14, Artt. 36 ff. MFIRL werden in § 2 Abs. 5 WpHG i. d. F. des FRUG zusammenfassend als „organisierte Märkte“ bezeichnet. 22 Weber, Die Entwicklung des Kapitalmarktrechts im Jahre 2007, NJW 2007, 3688 (3690). 23 Vgl. die Anlagevorschriften für Investmentfonds in § 47 InvG, beruhend auf Art. 19 RL 85/611/EWG, für Versicherungen in §§ 2 Abs. 1 Nr. 12, Nr. 13, § 3 Abs. 2 AnlV 2007, beruhend auf Artt. 23 f. RL 2002/83/EG sowie Art. 21 Abs. 1 RL 92/49/EWG. 24 Die Rede des Gesetzgebers in RegE FRUG, BT-Drs. 16/4028 S. 81 vom „Wahlrecht“ eines prospektiven Betreibers zwischen der Rechtsform einer Börse oder diejenigen eines MTF ist nur mit Einschränkungen zutreffend. Das volle Spektrum börslicher Dienstleistungen kann nur eine Börsenanstalt erbringen. Vgl. auch Baumbach/Hopt-Hopt (33. Aufl.), BörsG Einleitung Rn. 21. 25 Arg e § 31a Abs. 1 WpHG i. d. F. des FRUG.

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fallen.27 Zugleich haben auch Börsen mit § 33 BörsG 2007 in Umsetzung von Art. 40 Abs. 5 MFIRL die Möglichkeit erhalten, an in- und EU/EWRausländischen geregelten Märkten zugelassene Wertpapiere eigeninitiativ in ihren Handel einzubeziehen, um so ihre Produktpalette attraktiver zu gestalten.28 Die in Umsetzung von Art. 21 MFIRL deutlich verschärfte und in § 33a WpHG i. d. F. des FRUG verselbständigte Pflicht zur bestmöglichen Orderausführung hält Intermediäre nunmehr ausdrücklich an, die Handelsplatzwahl durch Ausführungsgrundsätze auch an den expliziten und impliziten Ausführungskosten, also an der Marktqualität, zu orientieren.29 Bei der Aufstellung und jährlichen Überprüfung der Ausführungsgrundsätze müssen auch bislang nicht genutzte Märkte in Betracht gezogen werden.30 Klargestellt wurde sodann mit §§ 32 ff. WpHG die Zulässigkeit der systematischen Internalisierung, welche jedoch von der Weisung des Letztanlegers abhängig bleibt.31 Insgesamt dürfte sich mit der Umsetzung der MFIRL der bisher schon bestehende Wettbewerb um Orderströme europaweit zwischen verschiedenen Handelsplätzen und -formen deutlich verschärfen.32 Zur Sicherung der Sekundärmarktfunktionalität und Vermeidung der Marktfragmentierung hat 26

In Umsetzung von Art. 21 Abs. 3 MFIRL. Den Börsenvorrang oder gar eine ausschließliche Konzentration der regulären Orderströme auf die traditionellen Börsen (geregelten Märkte) hatte Art. 14 Abs. 3 WPDRL zwar noch zugelassen, doch war die Vorschrift bereits bei Erlass der WPDRL sehr kontrovers, vgl. nur Moloney, EC Securities Regulation, S. 663 f. Die Gleichstellung von geregelten Märkten und anderen funktional-börslichen Handelsformen im Wettbewerb um Orderströme war eines der zentralen Anliegen der Richtlinienüberarbeitung, vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRLII-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 9 ff.; Europäisches Parlament, Entschließung zur Aktualisierung der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, ABl. 2002 C 21 E/106, Nr. 18 sowie Erwägungsgrund 5 MFIRL. 28 Näher sogleich unter C. III., S. 553. 29 Holzborn/Israel, Die Neustrukturierung des Finanzmarktrechts durch das Finanzmarktrichtlinieumsetzungsgesetz (FRUG), NJW 2008, 791 (794) sowie im Einzelnen Zingel, Die Verpflichtung zur bestmöglichen Ausführung von Kundenaufträgen nach dem Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz, BKR 2007, 173 ff. 30 § 33a Abs. 1 Nr. 1 WpHG i. d. F. des FRUG, in Umsetzung von Art. 21 Abs. 4 MFIRL. Näher hierzu aus den Motiven Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 31 f. 31 Zum Weisungserfordernis siehe § 33a Abs. 5 S. 2 WpHG i. d. F. des FRUG, welcher Art. 21 Abs. 3 MFIRL umsetzt. Die Richtlinie hat von einer Gleichstellung der systematischen Internalisierung mit geregelten Märkten und MTFs vornehmlich wegen der erhöhten Gefahr von Interessenkollisionen abgesehen, vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 22 f. 32 Näher Gomber/Hirschberg, Ende oder Stärkung der konventionellen Börsen?, AG 2006, 777 (779, 782 f.). 27

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die MFIRL ihre wettbewerbsintensivierenden Vorgaben durch ein anspruchsvolles handelsformübergreifendes Vor- und Nachhandelstransparenzregime flankiert.33 Es findet sich in den Artt. 27 bis 30 und Artt. 44, 45 MFIRL, jeweils konkretisiert durch Ausführungsvorschriften in VO (EG) Nr. 1287/2006 und umgesetzt durch das FRUG in §§ 31g, 32a WpHG und §§ 30, 31 BörsG 2007.34 Die Voraussetzungen eines nachhaltig funktionsfähigen Börsenwettbewerbs – und damit auch die Funktionsvoraussetzungen eines privat-wettbewerblichen Börsenstrukturtyps – sind damit europaweit auf feste regulatorische Grundlagen gestellt. III. Börsenbetreiberstruktur im engeren Sinn Die Betreiberstruktur deutscher Börsen ist im Wesentlichen unverändert geblieben. Erfreulich ist die Klarstellung der Teilrechtsfähigkeit der Börsenanstalt in § 2 Abs. 1 BörsG 2007. Diese Norm konstatiert auch die Zuständigkeit der Börsenanstalt für die regulatorischen Börsenbetriebsaufgaben.35 Hinsichtlich der Binnenstruktur der Börsenanstalt ist die Abschaffung der Zulassungsstelle zu erwähnen.36 Deren Aufgaben nimmt nunmehr gemäß §§ 32 Abs. 1, 41 BörsG 2007 die Börsengeschäftsführung wahr. Darüber hinaus hat das FRUG leider keine Klarstellung der komplizierten Organisationsstruktur gebracht. Auch den Motiven ist eine solche nicht zu entnehmen. Doch scheint der Gesetzgeber des FRUG weiterhin dem Beleihungsmodell verhaftet, so dass die Ungereimtheiten in der Konzeption der Börsenstruktur perpetuiert werden. Die das börsliche Betreibermodell im Wesentlichen konstituierende Norm des § 1 Abs. 2 S. 1 und S. 2 BörsG 2002 findet sich indes unverändert in § 5 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BörsG 2007 wieder und gibt den Schlüssel zur dogmatisch richtigen Interpretation der Börsenstruktur. Volle Gültigkeit behalten daher die Ausführungen in Teil 2, Abschnitt 1 über die alleinige Aufgabenträgerschaft der Anstalt, die Rolle 33 Erwägungsgrund 44 MFIRL; Kommission der Europäischen Gemeinschaften, WPDRL-II-Vorschlag, KOM (2002) 625 endg., S. 23 ff. 34 Näher Gomber/Hirschberg, Ende oder Stärkung der konventionellen Börsen?, AG 2006, 777 (780 f.). 35 Die Regelung lautet: „Börsen sind teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts, die nach Maßgabe dieses Gesetzes multilaterale Systeme regeln und überwachen, welche [. . .]“ (Hervorhebungen von Verf.). 36 Der RegE FRUG, BT-Drs. 16/4028 S. 87 begründet die Abschaffung damit, dass mit der Übertragung der Prospektprüfung auf die BaFin durch das WpPG die Hauptaufgabe der Zulassungsstelle weggefallen sei. Die Rolle der Zulassungsstelle in der laufenden Emittentenüberwachung (§§ 41 Abs. 2, 43 S. 1 BörsG 2002) unterschlägt der Gesetzgeber hierbei, wohl zu Recht angesichts der geringen praktischen Bedeutung der börseneigenen Überwachung der laufenden Emittentenpflichten.

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des Trägerunternehmens im börslichen Betreibermodell sowie die Gestaltungsverantwortung der Anstalt im regulatorischen wie auch im infrastrukturellen Bereich37. Ebenso vollständig sind übertragbar die Ausführungen in Teil 2 jeweils zu Beginn der Abschnitte 2, 3 und 4 über den Partner der Konzentration bzw. der Kooperationsabrede auf deutscher Seite.38 Auszunehmen sind lediglich die Überlegungen zur Privatrechtsfähigkeit der Börsenanstalt,39 welche nach der ausdrücklichen Bezeichnung der Börsen als teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts in § 2 Abs. 1 S. 1 BörsG 2007 nicht mehr vertretbar sind.

B. Das Genehmigungs- und Aufsichtsregime und die Betreiberkonzernierung I. Genehmigungsvoraussetzungen – Kein Genehmigungsanspruch Nach wie vor bedarf der Börsenbetrieb einer Genehmigung der Börsenaufsichtsbehörde, § 4 Abs. 1 BörsG 2007. Während die Genehmigungsvoraussetzungen bislang ungeschrieben waren und nur aus der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe, der Funktion des Trägerunternehmens im börslichen Betreibermodell und der Anteilseignerkontrollnorm rückgeschlossen werden konnten, findet sich nun eine partielle Regelung in § 4 Abs. 3 BörsG 2007, welcher regelbeispielhafte Versagungsgründe statuiert.40 So ist gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 BörsG 2007 Voraussetzungen der Genehmigung zunächst das Vorhandensein der zum Börsenbetrieb erforderlichen (Finanz-)Mittel.41 Wie § 5 Abs. 5 BörsG 2007 zu entnehmen ist, beurteilt sich dies in Abhängigkeit von Art, Umfang und Risikostruktur der „an der Börse“ (voraussichtlich) getätigten Geschäfte. Versteht man diese Genehmigungsvoraussetzung im Lichte der kapitalmarktrechtlichen Regelungsziele als Norm zur Sicherung der unterbrechungsfreien Börsenfunktion, so zeigt 37

Siehe oben Teil 2, Abschnitt 1, A. I., S. 100 ff. Siehe oben Teil 2, Abschnitt 2, A. I., S. 135 ff.; Abschnitt 3, A. I., S. 241 ff.; Abschnitt 4, A. I., S 315 f. 39 Siehe oben Teil 2, Abschnitt 3, A. I. 2. b), S. 246 f. 40 Der Gesetzgeber selbst scheint als sedes materiae den § 4 Abs. 2 BörsG 2007 anzusehen, vgl. RegE FRUG BT-Drs. 16/4028, S. 81. Streng genommen regelt § 4 Abs. 2 BörsG 2007 jedoch nur formelle Anforderungen an die Antragsunterlagen. Dass die schriftlich zu belegenden Umstände materielle Genehmigungsvoraussetzungen sind, ergibt sich erst aus § 4 Abs. 3 BörsG 2007. 41 In Umsetzung von Art. 39 lit. f) MFIRL. Fehlerhaft ist die Annahme des Gesetzgebers, dass ausreichende finanzielle Mittel damit erstmals zur Genehmigungsvoraussetzung geworden seien, RegE FRUG, BT-Drs. 16/4028, S. 81. Zur bisherigen Rechtslage nur oben Teil 2, Abschnitt 1, A. II. 1., S. 108 ff., insb. S. 109 f. 38

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sich, dass die „an der Börse getätigten Geschäfte“ eine unmittelbare Rolle nur dann spielen, wenn der Börsenbetreiber als Anbieter von CCP-Dienstleistungen dem Gegenparteirisiko ausgesetzt ist.42 Im Übrigen muss es darauf ankommen, dass der Börsenbetreiber ausreichende finanzielle Mittel hat, um den Börsenbetrieb auch in allfälligen Krisenzeiten bis zu einer geordneten Beendigung wie gewohnt aufrechtzuerhalten. Dies klarzustellen oder das Finanzmittelerfordernis sonst zu präzisieren hat der deutsche Gesetzgeber mit seiner wenig ambitionierten Ein-zu-eins-Umsetzung des Art. 39 lit. f) MFIRL leider unterlassen.43 Weitere Genehmigungsvoraussetzungen sind daneben gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 und 3 BörsG 2007 die persönliche Zuverlässigkeit und fachliche Eignung der Geschäftsleiter des Trägerunternehmens wie seiner bedeutenden Anteilseigner.44 Auch hierin liegt gegenüber der bisherigen Rechtlage keine Neuerung.45 Anders § 4 Abs. 3 Nr. 4 i. V. m. § 5 Abs. 4 BörsG 2007, wonach das betriebswillige Unternehmen auch die Gewähr dafür bieten muss, im laufenden Betrieb die erforderlichen Interessenkonflikt- sowie Risikomanagementsysteme vorzuhalten sowie für einen stabilen technisch-infrastrukturellen Börsenbetrieb zu sorgen.46 Dass diese Genehmigungsvoraussetzungen nicht abschließend sind und aus ihrer Erfüllung kein Anspruch auf Genehmigungserteilung folgt, zeigt schon der Wortlaut des § 4 Abs. 3 BörsG 2007, wonach die Erlaubnis „insbesondere“ zu versagen ist, wenn die genannten Voraussetzungen fehlen. Andere Versagungsgründe, etwa der negative Ausgang der Bedarfsprüfung oder das Fehlen weiterer, ungeschriebener Trägertauglichkeitskriterien, sind also möglich.47 Schließlich besteht auf die Börsenerlaubnis schon deshalb 42 Kritisch deshalb schon zum Wortlaut der MFIRL Ferrarini, Pan-European Securities Markets II, S. 30; Seitz, Die Regulierung von Wertpapierhandelssystemen in der EU, AG 2004, 497 (501). 43 Der europäische Gesetzgeber konnte bei seiner lapidaren Fassung des Art. 39 lit. f) noch auf die anstehende Überarbeitung der RL 93/6/EG verweisen, deren Anwendungsbereich auf Betreiber geregelter Märkte erstreckt werden sollte, vgl. Erwägungsgrund 55 MFIRL. Bis zur Umsetzung der MFIRL in deutsches Recht war dieses Projekt indes auf europäischer Ebene fallen gelassen worden, so dass die Präzisierung nun am nationalen Gesetzgeber gelegen hätte. 44 In Umsetzung von Artt. 37, 38 MFIRL, näher RegE FRUG BT-Drs. 16/4028, S. 81. 45 Zum bisherigen Recht siehe Teil 2, Abschnitt 1, A. II. 1., S. 108 ff. sowie näher Abschnitt 2, A. II., S. 140 ff. 46 Dass § 4 Abs. 3 Nr. 4 BörsG 2007 mit seiner etwas vagen Rede von den „sich aus diesem Gesetz ergebenden Anforderungen an den Betrieb der Börse“ tatsächlich als Verweis (auch) auf § 5 Abs. 4 BörsG 2007 zu lesen ist, ergibt sich erst aus den Motiven sowie der richtlinienkonformen Interpretation im Lichte der Art. 36 Abs. 1, Art. 39 lit. a) bis lit. c) MFIRL. Die Umsetzung in §§ 4, 5 BörsG 2007 muss als redaktionell missglückt bezeichnet werden.

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kein Anspruch, weil es sich bei der Börsengenehmigung auch unter dem BörsG 2007 um den staatlichen Organisationsakt der Anstaltserrichtung mit – je nach dogmatischem Standpunkt – Verwaltungshelferheranziehung bzw. Beleihung des Trägerunternehmens handelt, auf welchen naturbedingt kein subjektiv-öffentliches Recht besteht.48 Einen wettbewerbspluralen, kompetitiven Charakter weist das BörsG damit nach wie vor nicht auf.49 II. Genehmigungsfolgepflichten und laufende Börsenaufsicht Die Genehmigungsfolgepflichten des Trägerunternehmens sind nunmehr teils in § 5 BörsG 2007 ausdrücklich normiert, teils § 4 Abs. 5 BörsG 2007 zu entnehmen, welcher die Voraussetzungen der Erlaubnisentziehung regelt, teils auch weiterhin nur durch teleologische Interpretation des börslichen Betreibermodells zu gewinnen. Zentrale Genehmigungsfolgepflicht des Trägerunternehmens ist freilich nach wie vor die Wahrnehmung seiner Verwaltungshelferrolle, insbesondere also die Erfüllung der anstaltlichen Leistungsanforderungen gemäß § 5 47 Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf eines FRUG, BT-Drs. 16/4899, S. 13, der sich allerdings gegen eine Bedürfnisprüfung ausspricht. 48 Lepczyk, Schwerpunktbereich – Einführung in das Börsenrecht, JuS 2007, 985 (987). Der Gesetzgeber stellt unter Verweis auf die Anstaltseigenschaft deshalb in RegE FRUG, BT-Drs. 16/4028 S. 81 klar, dass es sich bei § 4 Abs. 1 BörsG 2007 nicht um ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt handele. Beim Verbot mit Erlaubnisvorbehalt besteht ein Genehmigungsanspruch, wenn die normierten Voraussetzungen vorliegen, vgl. nur Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 51. Liegt also kein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt vor, so handelt es sich bei § 4 Abs. 1 BörsG 2007 nach wie vor um ein (repressives) Verbot mit der Möglichkeit einer Ausnahmebewilligung, vgl. Maurer, a. a. O., § 9 Rn. 55. Die ursprünglich in der Liquiditätskonzentration auf einige wenige Börsenplätze liegende Ratio des repressiven Verbots ist mit der europarechtlich erzwungenen Zulassung Multilateraler Handelssysteme freilich hinfällig geworden. 49 Nichts anderes folgt aus der – allerdings missverständlichen – Formulierung in RegE FRUG, BT-Drs. 16/4028, S. 81, wonach ein betriebswilliges Unternehmen die Wahl habe, ob ein funktional-börslicher Markt als Börse oder als Multilaterales Handelssystem betrieben werden solle. Damit wird nicht etwa ein subjektiv-öffentliches Recht auf die Börsengenehmigung ausgesprochen, sondern lediglich konstatiert, dass für funktional-börsliche Märkte zumindest im Hinblick auf die Handelsorganisationsdienstleistung heute die Organisationsformen der Börse oder des Multilateralen Handelssystems existieren. Unzutreffend die Deutung bei Spindler/Kasten, Änderungen des WpHG durch das Finanzmarktrichtlinieumsetzungsgesetz (FRUG), WM 2007, 1245 (1246), welche mit der Formulierung, das BörsG sehe „eine Art Opt-in-System“ vor, offenbar von einem subjektiv-öffentlichen Recht auf Börsengenehmigung ausgehen. Diesen folgend Holzborn/Israel, Die Neustrukturierung des Finanzmarktrechts durch das Finanzmarktrichtlinieumsetzungsgesetz (FRUG), NJW 2008, 791 (795).

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Abs. 1 S. 2 BörsG 2007. Zur Wahrnehmung der Betreiberrolle ist das Trägerunternehmen auch unter dem BörsG 2007 „berechtigt und verpflichtet“,50 und die Novelle hat an der bisherigen Rechtslage, wonach das Trägerunternehmen die Börsengenehmigung nicht freiwillig zurückgeben kann, nichts geändert.51 Als abstrakte Mindestvoraussetzungen der Verwaltungshelfertauglichkeit muss laufend die persönliche Zuverlässigkeit und fachliche Eignung der Geschäftsleiter des Trägerunternehmens gewährleistet sein; bedeutende Anteilseigner müssen zuverlässig sein und auch sonst die im Interesse einer soliden und umsichtigen Führung des Trägerunternehmens zu stellenden Anforderungen erfüllen, § 4 Abs. 5 Nr. 2 i. V. m. Abs. 3 Nr. 2 und 3 BörsG 2007. Das Trägerunternehmen muss laufend über die ausreichende finanzielle Mittel für einen ordnungsgemäßen Börsenbetrieb verfügen, § 5 Abs. 5 BörsG 2007.52 Erfreulich ist die Neuregelung in § 5 Abs. 4 Nr. 2 und 3 BörsG 2007, wonach das Trägerunternehmen über angemessene interne Risikomanagementsysteme verfügen und die laufende Funktionsfähigkeit seiner Handelsinfrastrukturen gewährleisten können muss.53 Schließlich verlangt § 5 Abs. 4 Nr. 1 BörsG 2007 in Umsetzung von Art. 39 lit. a) MFIRL 50 Vgl. auch BT-Drs. 16/4028, S. 82: „weiterhin bestehende Betriebspflicht des Börsenträgers“. 51 Lepczyk, Schwerpunktbereich – Einführung in das Börsenrecht, JuS 2007, 985 (987). Nachdem § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007 das Trägerunternehmen zur Erfüllung der anstaltlichen Leistungsanforderungen verpflichtet, kann es zu der in § 4 Abs. 5 Nr. 1 BörsG 2007 als Voraussetzung eines Genehmigungsentzugs geregelten sechsmonatigen Einstellung des Börsenbetriebs nur kommen, wenn die Anstaltsorgane selbst den Weiterbetrieb aufgegeben haben. Ob die Anstaltsorgane dies dürften, ist eine andere, am zeitlichen Umfang der öffentlichen Aufgabe zu messende Frage, vgl. schon oben Teil 2, Abschnitt 2, A. V. 1. b), S. 181 ff. Dabei muss bezweifelt werden, ob dem Gesetzgeber des FRUG die möglichen Rückschlüsse aus § 4 Abs. 5 Nr. 1 BörsG 2007 auf das Börsenorganisationsrecht in seiner Gesamtheit überhaupt bewusst waren, geschweige denn, dass sie gewollt gewesen wären. Ausweislich RegE FRUG, BT-Drs. 16/4028, S. 82 ist der jetzige § 4 Abs. 5 Nr. 1 BörsG 2007 vielmehr nur einer getreulichen Eins-zu-eins-Umsetzung des Art. 36 Abs. 5 MFIRL geschuldet; er kann daher keinesfalls im Sinne einer Betriebseinstellungs-Befugnis des Trägerunternehmens gedeutet werden. Entsprechendes gilt für § 4 Abs. 4 BörsG 2007. 52 Die Bemessung nach „Art, Umfang und Risikostruktur der an der Börse getätigten Geschäfte“ gemäß § 5 Abs. 5 BörsG 2007 ist hier so unpräzise wie bei der anfänglichen Finanzmittelprüfung. Unnötig dupliziert wir das laufende Finanzmittelerfordernis des § 5 Abs. 5 BörsG 2007 überdies in § 4 Abs. 5 Nr. 2 i. V. m. § 4 Abs. 3 Nr. 1 BörsG 2007, was wiederum einer redaktionell unambitionierten Einszu-eins-Umsetzung des Art. 36 Abs. 5 lit. c) MFIRL einerseits sowie Art. 39 lit. f) MFIRL andererseits geschuldet sein dürfte. 53 In Umsetzung von Art. 39 lit. b) und lit. c) MFIRL. Näher zu § 5 Abs. 4 Nr. 3 BörsG 2007 auch sogleich unter D. IV., S. 561 f.

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vom Trägerunternehmen die Einrichtung von Systemen, mit welchen sich Interessenkonflikte zwischen Trägerunternehmen bzw. dessen Anteilseignern und dem öffentlichen Interesse am ordnungsgemäßen Börsenbetrieb, insbesondere an den Überwachungsaufgaben der Börse, ermitteln und verhindern lassen.54 Außerdem muss das Trägerunternehmen gemäß § 5 Abs. 2 BörsG 2007 laufend auf seiner Internetseite Angaben über seine Beteiligungsstruktur machen.55 Das Trägerunternehmen unterliegt wie auch die Börsenanstalt der laufenden Aufsicht durch die Börsenaufsichtsbehörden, was nunmehr in § 3 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007 klargestellt ist.56 Unverändert handelt es sich hierbei nur um eine Rechtsaufsicht, § 3 Abs. 1 S. 1 BörsG 2007, welcher es im Kern um die Sicherung der laufenden Trägertauglichkeitsvoraussetzungen geht, während die Überwachung der Betriebspflichterfüllung bei Börsenanstalt selbst liegt. Das Instrumentarium der Börsenaufsichtsbehörde gegenüber dem Trägerunternehmen umfasst nunmehr Auskunftsverlangen, Vorladung, Prüfungsund Betretensrechte gemäß § 3 Abs. 4 S. 1 BörsG 2007.57 Die Reaktionsmöglichkeiten der Behörde beim Wegfall von Trägertauglichkeitsvoraussetzungen beschränken sich indes nach wie vor auf den Genehmigungsentzug gemäß § 4 Abs. 5 BörsG 2007 bzw. Anteilserwerbs- und Stimmverbote im 54

Auch diese Norm wurde unbesehen aus dem europäischen Recht übernommen. Diesem geht es vor allem darum, dass Einfließen „falscher“ Interessen in die börslichen Regelbildung und den Regelvollzug zu verhindern, und zwar namentlich dort, wo Börsen in den staatlichen Regelvollzug eingebunden sind, vgl. Art. 39 lit. a) a. E. MFIRL. Angesichts der Zuständigkeit der Börsenanstalt (mit ihrer eigenen Personalhoheit) für die regulatorische Betriebsaufgaben (vgl. explizit § 2 Abs. 1 BörsG 2007) macht diese Regelung im deutschen Recht nur Sinn mit Blick auf den Realtypus des börslichen Betreibermodells, in welchem die Trägerunternehmen durch die Personalunion in den Geschäftsführungsorganen großen Einfluss auch auf den Regelvollzug haben. Für die praktische Handhabung werden die Börsenaufsichtsbehörden zu definieren haben, welche Interessen als „kollidierend“ anzusehen sind und wie demzufolge geeignete Interessenkonfliktmanagementsysteme auszusehen haben. Der deutsche Gesetzgeber hat sich hierzu ausweislich der Motive keine Gedanken gemacht. Auch der europäische Gesetzgeber schweigt sich aus, was daran liegen dürfte, dass die Vorstellungen in den Mitgliedstaaten darüber auseinandergehen, welche Interessen richtigerweise in die regulatorische Tätigkeit von Börsen einfließen dürfen. In der praktischen Anwendung des § 5 Abs. 4 Nr. 1 BörsG 2007 werden sich die Börsenaufsichtsbehörden voraussichtlich darauf beschränken, ein Einzelfall-Interessenkonfliktmanagement zu verlangen, mit welchem (nur) die Einflussnahme einzelner Nutzer auf die börsliche Regelvollzugstätigkeit in eigenen Angelegenheiten verhindert werden soll. 55 In Umsetzung von Art. 38 Abs. 2 lit. a) MFIRL. 56 RegE FRUG 16/4028, S. 80. 57 Baumbach/Hopt-Hopt (33. Aufl.), § 3 BörsG Rn. 6.

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Rahmen der Anteilseignerkontrolle nach § 6 BörsG 2007, welcher mit dem bisherigen § 3 BörsG 2002 wortgleich ist. Die Anordnungsbefugnis nach § 3 Abs. 5 S. 1 BörsG 2007 umfasst zwar dem Wortlaut nach auch das Trägerunternehmen, freilich erlaubt sie nur Anordnungen „zur Aufrechterhaltung der Ordnung und für den Geschäftsverkehr an der Börse“. Ausweislich der Motive meint das die „äußere Ordnung“ des börslichen Geschäftverkehrs und reicht nicht in den Bereich der Binnenstrukturen und der Geschäftpolitik des Trägerunternehmens hin.58 Die Vorschrift des § 3 Abs. 5 S. 2 BörsG 2007, der wie der bisherige § 2 Abs. 2 BörsG 2002 als ein allgemeines Anordnungsrecht zur Sicherung der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe ausgelegt werden kann,59 kennt als Adressaten weiterhin nicht das Trägerunternehmen. III. Börsenkonzernfreiheit als ungeschriebenes Trägertauglichkeitskriterium Dass diese Anforderungen nicht abschließend sind, vielmehr weitere Trägertauglichkeitskriterien existieren und laufend zu erfüllen sind, folgt wiederum aus § 4 Abs. 3 i. V. m. § 4 Abs. 5 Nr. 2 BörsG 2007. Damit ist nach wie vor ein normatives Einfallstor für die ungeschriebenen Trägertauglichkeitskriterien gegeben, welche sich aus der teleologischen Interpretation des börslichen Betreibermodells im Lichte der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe ergeben. An diesen Grundkostanten des deutschen Börsenrechts hat das FRUG nichts geändert: Unverändert sind einerseits die Regelungsziele60 sowie der Inhalt und (zeitliche) Umfang der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe,61 die börsliche Organisationsstruktur in ihren aufgabenadäquanzrele58 Vgl. RegE FRUG BT-Drs. 16/4028, S. 80: § 3 Abs. 5 S.1 BörsG 2007 entspreche § 18 Abs. 1 BörsG 2002. Diese Vorschrift meinte indes nach h. M. nur die „äußere Ordnung“ und den rein praktischen Ablauf des Geschäftsverkehrs, vgl. nur Schwark-Schwark, § 18 BörsG Rn. 1 f. 59 Siehe oben Teil 2, Abschnitt 4, A. III. 1., S. 346 mit Fn. 156. 60 Da das FRUG nur der „Ein-zu-eins“-Minimalumsetzung der MFIRL unter sonstiger Beibehaltung des deutschen Rechts dient (RegE, BT-Drs. 16/4028, S. 52), werden die Regelungsziele vom Gesetzgeber nicht reflektiert. Sie bleiben in den nicht europarechtlich determinierten Bereichen gegenüber der bisherigen Rechtslage unverändert. Soweit Normen des BörsG nun europarechtlich vorgegeben sind, sind zwar auch die Regelungsziele der MFIRL zu beachten, mit Anlegerschutz und Funktionsoptimierung (Erwägungsgrund 44 MFIRL) verstärken sie jedoch nur bereits bestehende Regelungsziele des deutschen Rechts, ohne weitere Ziele auszuschließen. 61 Ein Bekenntnis des Gesetzgebers zur öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe, welche es im Zweifel sogar gegen den Willen der Anstaltsorgane durchzusetzen gilt, kann in der Neuschaffung des § 3 Abs. 10 BörsG 2007 gesehen werden. Hiernach kann die Börsenaufsichtsbehörde zur Sicherung des „ordnungsgemäßen Börsen-

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vanten Elementen der binnenpluralen Willensbildung (§§ 12, 13 BörsG 2007) und des residualgewinnberechtigten Trägerunternehmens (§ 5 Abs. 1 BörsG 2007) andererseits.62 Uneingeschränkte Gültigkeit haben deshalb auch heute die in Teil 2, Abschnitt 2, A. III. hergeleiteten Ergebnisse, wonach die eigenunternehmerische Anreiz- und Finanzsituation ungeschriebene Kriterien der Trägertauglichkeit sind. Bei einer Börsenholdingkonzernierung des Trägerunternehmens würde aus den in Teil 2, Abschnitt 2, A. V. 1. und VI. 1. dargelegten Gründen ein Verlust der eigenunternehmerischen Anreiz- und Finanzsituation drohen, und damit eine Gefährdung der öffentlichen Börsenbetreibsaufgabe. Die nachgängige Abwehr dieser Gefahren ist auch durch das punktuell erweiterte aufsichtsbehördliche Instrumentarium des BörsG 2007 praktisch nicht möglich. Zwar können ihre erweiterten Informationsbeschaffungsrechte (§ 3 Abs. 4 BörsG 2007) der Börsenaufsichtsbehörde zumindest theoretisch helfen, einem verdeckten geschäftschancenverlagernden Einfluss der Konzernmutter auf die Spur zu kommen. Eine Durchsetzung der aufgabenadäquaten Betriebspflichterfüllung durch konkrete Einzelanforderungen wäre angesichts der Sachverstandsverteilung aber selbst dann nicht zu erwarten, wenn sich die Börsenaufsicht über einen Beauftragen im Sinne des § 3 Abs. 10 BörsG 2007 des anstaltlichen Leistungsanforderungsrechts gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007 bemächtigen würde. Gleiches gilt im Ergebnis bei der eigenunternehmerischen Finanzsituation: Zwar könnte die Börsenaufsichtsbehörde mit Hilfe ihrer erweiterten Informations- und Dokumentenvorlageansprüchen zumindest bei intensivem Studium des trägerunternehmerischen Rechnungswesens eine Mittelverlagerung durch Konzernumlagen und -verrechnungspreise erkennen. Nicht gelöst ist jedoch nach wie vor das zentrale Problem, nämlich die Bestimmung der Marktgerechtigkeit der hierin liegenden Ausschüttungen an die Konzernmutter. Im Übrigen gelten die Ausführungen oben Teil 2, Abschnitt 2, A., V. 2. und VI. 2. zur mangelnden konzernrechtlichen und börsenaufsichtsbehördlichen Abwehrbarkeit der Konzerngefahren unverändert fort. betriebs“ und Aufrechterhaltung der „Grundfunktionen der Börse“ vorübergehend einen Beauftragten bestellen, welcher die Aufgaben der Börsenanstalt auf Kosten des Trägerunternehmens wahrnimmt, vgl. auch BT-Drs. 16/4028 S. 81. Der im 4. FMFG gerade erst abgeschaffte Staatskommissar – ehedem § 1 Abs. 3 S. 1 BörsG 1998 – ersteht mit dieser Norm wieder auf, vgl. auch Baumbach/Hopt-Hopt (33. Aufl.), § 3 BörsG Rn. 12. 62 Selbst wenn der Börsenbetrieb vorübergehend durch den staatlichen Beauftragten erfolgt, so doch stets auf Kosten des Trägerunternehmen, § 3 Abs. 10 BörsG 2007. Das Trägerunternehmen trägt somit jedenfalls den Betriebsaufwand, ihm steht umgekehrt das Gebührenaufkommen zu, wobei eine gewisse Bestätigung dieses hergebrachten börsenrechtlichen Grundsatzes in den Motiven zu § 17 Abs. 3 BörsG 2007 gesehen werden kann, BT-Drs. 16/4028, S. 84.

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Auch die unternehmensinternen Konfliktmanagementsysteme im Sinne des § 5 Abs. 4 Nr. 1 BörsG 2007 wären – sofern überhaupt gegen derartig fundamentale Interessenkonflikte zwischen Anteilseignern und öffentlicher Betreibsaufgabe gerichtet63 – gegen einen über das gesamte Unternehmensleitungsgremium ausgeübten Konzerneinfluss machtlos und böten keinen zuverlässigen nachgängigen Schutz der öffentlichen Aufgabenerfüllung. Auch unter dem BörsG 2007 muss die Börsenaufsichtsbehörde also im Falle einer Börsenbetreiberkonzernierung die Anteilseignerkontrollnorm des § 6 Abs. 2 Nr. 2 BörsG 2007 zu einer präventiven Konzerneingangskontrolle nutzen.64

C. Börsliche Marktsegmente, Handelsteilnehmerzulassung und die lokale Konzentration von Handelssegmenten I. Börsliche Marktsegmente Seine zentralen Neuerungen hat da FRUG im Bereich der börslichen Marktsegmente gebracht: Die bisherige Aufteilung in Amtlichen und Geregelten Markt wurde abgeschafft, Börsen betreiben gemäß § 32 BörsG 2007 von Gesetzes wegen nur noch einen einheitlichen Regulierten Markt. Mit Umsetzung der Wertpapierprospektrichtlinie und der Transparenzrichtlinie waren zuvor wesentliche Zulassungsvoraussetzungen und -folgepflichten in einem geregelten Markt im Sinne des europäischen Kapitalmarktrechts auf einem so hohen Niveau vereinheitlicht worden, dass eine zweistufige Marktsegmentierung nur noch durch eine signifikante Anhebung der qualitativen Anforderungen im Amtlichen Markt möglich gewesen wäre.65 Der63 Obgleich Hintergrund der Vorschrift die unbesehene Umsetzung von Art. 39 lit. a) MFIRL sein dürfte, welchem es primär um Interessenkonflikte im regulatorischen Bereich geht, vgl. oben Fn. 54, lassen Wortlaut wie Motive doch auch eine Interpretation in dem Sinne zu, dass es um den Schutz der öffentlichen Börsenbetriebsaufgabe in ihrer Gesamtheit geht, vgl. BT-Drs 16/4028, S. 82: Interesse an „Funktionsfähigkeit der Börse“, Schutz der „Erfüllung der öffentlichen Aufgabe der Börse“. 64 Gegen die aufsichtsrechtliche Unzulässigkeit der Börsenbetreiberkonzernierung des Trägerunternehmens würde freilich § 4 Abs. 2 S. 4 BörsG 2007 (erleichterte Prüfung der fachlichen Eignung der Leitungspersonen bei präexistenter Tätigkeit im Börsenbetreiberbereich) sprechen, wäre die Norm nicht bloß einer unbesehenen Übernahme der Regelung in Art. 37 Abs. 2 MFIRL geschuldet, vgl. RegE FRUG BT-Drs. 16/4028, S. 81. 65 Z. B. verlangt Art. 5 RL 2004/109/EG von allen Emittenten, deren Wertpapiere zu einem geregelten Markt zugelassen sind, einen Halbjahresfinanzbericht, Art. 6 RL 2004/109/EG darüber hinaus pro Halbjahr einen weiteren Zwischenbericht der Geschäftsführung des Emittenten. Nach dem bisherigen deutschen Börsenzulas-

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artige Premium-Segmente wurden indes z. B. von der FWB schon bisher als qualifizierte Subsegmente (Prime Standard) innerhalb der gesetzlichen Marktsegmente erfolgreich angeboten. Der Gesetzgeber hat deshalb davon abgesehen, ein neues Premium-Segment als gesetzliches Marktsegment vorzuschreiben.66 Vielmehr wurden in Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben nur die Voraussetzungen der Zulassung in den Regulierten Markt geregelt. Dabei enthält die BörsZulV nur noch die qualitativen Anforderungen an Emittent und Wertpapier, welche gegenüber den bisherigen Anforderungen im Amtlichen Markt im Wesentlichen unverändert geblieben sind. Die Prospektpflicht ist, wie schon seit Juni 2005, im WpPG geregelt. Sämtliche ordentlichen wie außerordentlichen Publizitätspflichten sind nun im WpHG zusammengefasst, in welches durch das TUG die §§ 30a ff. WpHG über die Mitteilung aktionärsrelevanter Informationen und die §§ 37v ff. WpHG über die regelmäßige Finanzberichterstattung eingefügt worden sind. Im übrigen wurde, in Übereinstimmung mit Erwägungsgrund 57 und Art. 40 MFIRL, den Börsenanstalten mit § 42 BörsG 2007 die Möglichkeit belassen, innerhalb des Regulierten Marktes Subsegmente mit qualifizierten Zulassungsvoraussetzungen und Transparenzpflichten einzurichten.67 Diese qualifizierten Subsegmente werden genauso wie das Grundsegment durch die Börsenanstalt in öffentlich-rechtlicher Form betrieben. Unverändert erlaubt das BörsG 2007 daneben den Betrieb eines Freiverkehrs in rein privat-rechtlicher Form durch das Trägerunternehmen.68 Im Sinne der MFIRL hat der Freiverkehr den Status eines MTF,69 wodurch er nicht weniger als ein geregelter Markt von den richtlinienrechtlichen Erleichterungen der grenzüberschreitenden Tätigkeit profitiert.70 sungsrecht waren (Halbjahres-)Zwischenberichte nur im Amtlichen Markt, weitere Berichte selbst dort nicht erforderlich, vgl. §§ 53 ff. BörsZulV a. F. 66 RegE FRUG, BT-Drs. 16/4028, S. 87. 67 RegE FRUG, BT-Drs. 16/4028, S. 88. 68 Während nach Vorstellung des RegE FRUG die bisherige rein privatrechtliche Betreiberschaft noch dadurch beseitigt werden sollte, dass die Freiverkehrsrichtlinien fortan von der Börsengeschäftsführung in öffentlich-rechtlicher Form zu erlassen seien (§ 48 Abs. 1 S. 2 BörsG-E sowie hierzu RegE FRUG, BT-Drs. 16/4028, S. 89), wurde in der schließlich Gesetz gewordenen Fassung der Status quo beibehalten: Die Freiverkehrsrichtlinien werden vom privaten Freiverkehrsträger erlassen und vollzogen, die Börsengeschäftsführung muss lediglich prüfen, ob anhand der Freiverkehrsrichtlinien ein ordnungemäßer, fairer und preisbildungseffizienter Handels im Freiverkehr möglich ist, andernfalls der Freiverkehr nicht „an der Börse“ stattfinden darf. Die Änderungen gegenüber dem RegE FRUG gehen auf den Finanzausschuss zurück, vgl. dessen Bericht zum Entwurf des FRUG, BT-Drs. 16/4899, S. 15. 69 Vgl. Art. 5 Abs. 2 MFIRL mit Erwägungsgrund 56 sowie aus den Motiven zum FRUG RegE, BT-Drs. 16/4028, S. 89; Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf des FRUG, BT-Drs. 16/4899, S. 15.

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Trotz Einheitssegments ist mit der börsenautonomen Einrichtung qualifizierter Subsegmente eine aussagekräftige qualitative Handelssegmentierung möglich. Hiermit bleibt die lokale Spezialisierung auf bestimmte Handelssegmente als kommerzielle Strategie sinnvoll und die Beteiligung deutscher Börsen hieran grundsätzlich möglich. War jedoch bislang der Amtliche Markt das Segment der Qualitätsemittenten, während der Geregelte Markt als nachrangiges Segmente auf jüngeren und/oder kleineren Unternehmen zielte, so hat mit der Richtlinienumsetzung eine funktionale Aufwärtsverschiebung stattgefunden: Soll Premium-Emittenten eine mit entsprechender Publizitäts- und Differenzierungswirkung verbundene Wertpapierzulassungsdienstleistung angeboten werden, so dienen hierfür börsenautonome Premium-Segmente;71 der Regulierte Markt ist, obgleich nach den gesetzlichen Anforderungen Nachfolger des Amtlichen Marktes, nur funktionaler Nachfolger des Geregelten Marktes als gesetzliches Marktsegmente mit den niedrigst-möglichen Zulassungsanforderungen. II. Wertpapierzulassung im Regulierten Markt Zuständig für die Zulassung eines Wertpapiers in den Regulierten Markt ist gemäß § 32 Abs. 1 BörsG 2007 nunmehr die Börsengeschäftsführung.72 Das Zulassungsverfahren, insbesondere das integrationshinderliche Erfordernis eines Emissionsbegleiters mit inländischer Handelsteilnehmerzulassung, ist indes unverändert geblieben, § 32 Abs. 2 BörsG 2007.73 Wie schon bislang die Zulassung in den Amtlichen Markt, verlangt die Zulassung in den Regulierten Markt gemäß § 32 Abs. 3 Nr. 2 BörsG 2007 die Vorlage eines nach WpPG bzw. den Parallelvorschriften des Sitzstaates eines ausländischen Emittenten erstellten und dort behördlich gebilligten, in einer in Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache verfassten und mit deutschsprachiger Prospektzusammenfassung versehenen Zulassungsprospekts.74 Die qualitativen Voraussetzungen einer Zulassung in den Regulierten Markt sind in § 32 Abs. 3 Nr. 1 BörsG 2007 normiert. Hiernach muss ein Emittenten den Anforderungen nach Art. 35 VO (EG) Nr. 1287/2006 sowie nach §§ 1 bis 12 BörsZulV entsprechen. Letztere sind identisch mit den 70 Vgl. Weber, Die Entwicklung des Kapitalmarktrechts im Jahre 2007, NJW 2007, 3688 (3690). 71 Baumbach/Hopt-Hopt (33. Aufl.), § 42 BörsG Rn. 1. 72 Zur Abschaffung der Zulassungsstelle siehe bereits oben A. III., S. 538. 73 Baumbach/Hopt-Hopt (33. Aufl.), § 32 BörsG Rn. 3. 74 §§ 17 Abs. 3, 19 Abs. 4 WpPG. Im Einzelnen zur Prospektpflicht deutscher Emittenten nach WpPG Apfelbacher/Metzner, Das Wertpapierprospektgesetz in der Praxis, BKR 2006, 81 ff.

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vormaligen Voraussetzungen der Zulassung in den Amtlichen Markt und setzen ihrerseits die Anforderungen der RL 2001/34/EG für die „amtliche Börsennotierung“ im Sinne des europäischen Kapitalmarktrechts um. Da somit sämtliche zum Regulierten Markt zugelassenen Emittenten ohnehin (mindestens) den Anforderungen der RL 2001/34/EG entsprechen, ist der Verweis auf Art. 35 VO (EG) Nr. 1287/2006 wegen dessen Absatz 5 in Bezug auf Aktienemittenten ein Pleonasmus des deutschen Gesetzes. Allenfalls kann Art. 35 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1287/2006 eine gewisse Interpretationshilfe bei Anwendung des § 5 BörsZulV (freie Handelbarkeit der Wertpapiere) leisten. Die regelmäßigen Publizitätspflichten eines Emittenten im Regulierten Markt bauen auf denjenigen im bisherigen Amtlichen Markt auf, wurden durch das TUG jedoch inhaltlich erweitert und vor allem in der Abwicklung grundlegend verändert. Kraft § 37v WpHG muss ein Jahresfinanzbericht, bestehend aus dem Jahresabschluss nach Sitzstaatrecht, einem Lagebericht und einem Bilanzeid gemäß §§ 264 Abs. 2 S. 3, 289 Abs. 1 S. 5 HGB veröffentlicht werden.75 Kraft § 37w WpHG ist nunmehr von allen börsenzugelassenen Aktienemittenten ein Halbjahresfinanzbericht zu veröffentlichen, bestehend aus einem verkürzten Abschluss, einem Zwischenlagebericht und einem Bilanzeid.76 Die Zwischenberichtspflicht ist damit gegenüber der früheren Rechtlage erweitert worden. Eine echte Neuerung des TUG stellt § 37x WpHG dar, welche pro Halbjahr eine weitere Zwischenmitteilung der Geschäftsführung über die wesentlichen Ereignisse und deren Auswirkung auf die Finanzlage des Emittenten vorschreibt.77 Publiziert der Emittenten vollwertige Quartalsberichte, so ist hiermit die Zwischenmitteilungspflicht freilich erfüllt, § 37x Abs. 3 WpHG. An außerordentlichen Publizitätspflichten sehen die §§ 30a bis 30c WpHG zunächst die Veröffentlichung aller für die Wahrnehmung der Aktionärsrechte relevanten Informationen vor. Gegenüber der früheren Regelung in §§ 63 bis 64, 66 BörsZulV enthalten die neuen Vorschriften in § 30b Abs. 1 Nr. 1 WpHG zunächst erweiterte Mitteilungspflichten bei der Einberufung zur Hauptversammlung78 sowie eine nunmehr auch kapitalmarkt75

Hutter/Kaulamo, Änderungen der Regelpublizität, NJW 2007, 550 (551). Näher Hutter/Kaulamo, Änderungen der Regelpublizität, NJW 2007, 550 (551 f.). 77 In Umsetzung von Art. 6 Abs. 1 RL 2004/109/EG. Näher Hutter/Kaulamo, Änderungen der Regelpublizität, NJW 2007, 550 (552); Nießen, Die Harmonisierung der kapitalmarktrechtlichen Transparenzregeln durch das TUG, NZG 2007, 41 (45). 78 Es ist nicht nur wie bisher die Einberufung als solche mitzuteilen, vielmehr sind auch die Tagesordnung, die Gesamtzahl der Aktien und der Stimmrechte und die Teilnamerechte der Aktionäre im elektronischen Bundesanzeiger zu veröffent76

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rechtliche Pflicht zur Einladung der Aktionäre nebst Übersendung eines Vollmachtsformulars auf Verlangen in § 30a Abs. 1 Nr. 5 WpHG.79 In § 30e Abs. 1 Nr. 1 a) WpHG ist für Aktienemittenten eine neue Mitteilungspflicht vorgesehen für den Fall, dass sich bei Derivaten, die vom Emittenten selbst begeben wurden und die ein Umtausch- oder Erwerbsrecht auf die zugelassenen Aktien gewähren, Rechtsänderungen ergeben.80 Mit § 30e Abs. 1 Nr. 2 WpHG ist eine Pflicht zur Publikation jeglicher Anleiheemission sowie in § 30e Abs. 1 Nr. 2 WpHG eine Pflicht zur Anschlusspublikation von Drittstaatenpublikationen hinzugekommen, sofern diese auch für das Anlegerpublikum in EU und EWR von Bedeutung sind.81 Die zentrale außerordentliche Publizitätspflicht zur Ad-hoc-Mitteilung von Insidertatsachen aus der Sphäre des Emittenten nach § 15 WpHG, ergänzt um die Directors’-Dealing-Publizität nach § 15a WpHG, ist inhaltlich unverändert geblieben. Hingegen wurden die Beteiligungstransparenzpflichten der §§ 21 ff. WpHG erheblich verschärft,82 vor allem durch die Einführung neuer Meldeschwellen, deren niedrigste nun bei 3% liegt.83 Unverändert besteht schließlich die Pflicht zur Zusammenfassung aller binnen eines Jahres veröffentlichten Kapitalmarktinformationen in einem jährlichen Dokument gemäß § 10 WpPG. Den Pflichten zur Mitteilung aktionärsrelevanter Informationen nach §§ 30a bis 30c WpHG unterliegen nur Emittenten, für welche Deutschland der Herkunftsstaat ist. Gemäß § 2 Abs. 6 WpHG sind dies Emittenten mit Sitz in Deutschland sowie Drittstaatenemittenten mit Erstzulassung in Deutschland.84 Emittenten mit Sitz im EU/EWR-Ausland müssen – unablichen. Siehe auch Nießen, Die Harmonisierung der kapitalmarktrechtlichen Transparenzregeln durch das TUG, NZG 2007, 41 (45). 79 Kritisch zu dieser Duplikation aktienrechtlicher durch kapitalmarktrechtliche Verhaltenspflichten Hutter/Kaulamo, Änderungen der anlassabhängigen Publizität, NJW 2007, 471 (477). 80 In Umsetzung von Art. 16 Abs. 1 RL 2004/109/EG. 81 In Umsetzung von Art. 16 Abs. 3 (Anleiheemission) und Art. 23 Abs. 3 RL 2004/109/EG (Anschlusspublikation). Letztere erfasst praktisch vor allem Pflichtpublikationen in den USA bei mehrfachnotierten Emittenten, näher Hutter/Kaulamo, Änderungen der anlassabhängigen Publizität, NJW 2007, 471 (477). 82 Näher zu den Änderungen Nießen, Die Harmonisierung der kapitalmarktrechtlichen Transparenzregeln durch das TUG, NZG 2007, 41 (42 f.). 83 Der deutsche Gesetzgeber macht hierdurch von der Regelung in Art. 3 Abs. 1 der RL 2004/109/EG zur Einführung strengerer Vorschriften für Emittenten mit Sitz im Inland Gebrauch, um ein „Anschleichen“ an Emittenten zu verhindern, vgl. RegE TUG BT-Drs. 16/2498, S. 28. Europaweit einheitlich vorgegeben ist erst die Meldeschwelle von 5%, vgl. Art. 9 Abs. 1 RL 2004/109/EG. 84 Im Einzelnen Hutter/Kaulamo, Änderungen der anlassabhängigen Publizität, NJW 2007, 471 (472).

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hängig vom Ort der Börsenzulassung – nur die durch die RL 2004/109/EG vorgegebenen parallelen Pflichten nach ihrem Sitzstaatrecht erfüllen. Die übrigen regelmäßigen wie außerordentlichen Publizitätspflichten finden hingegen auf alle Inlandsemittenten im Sinne des § 2 Abs. 7 WpHG Anwendung. Das sind Emittenten mit Sitz und Börsenzulassung in Deutschland genauso wie EU/EWR-Auslandsemittenten mit ausschließlicher Börsenzulassung in Deutschland.85 Diese Durchbrechung des Herkunftslandprinzips ist in Art. 21 Abs. 3 RL 2004/109/EG selbst angelegt und ein Tribut an das Marktortprinzip.86 Für einen EU/EWR-ausländischer Emittenten mit ausschließlicher Zulassung an einer inländischen Börse bedeutet dies, dass Publizitätspflichten teils nach Sitzstaatrecht, teils nach deutschem Recht zu erfüllen sind. Immerhin aber wurde das Veröffentlichungsregime in Umsetzung der Artt. 19 bis 21 RL 2004/109/EG so modernisiert, dass die Publizitätspflichten nunmehr auch für ausländische Emittenten unschwer zu erfüllen sind: Sämtliche Publizitätspflichten, ausgenommen die §§ 30a bis 30c WpHG mit ihrem eigenen elektronischen Publikationsregime, können fortan durch die Übermittlung an europaweit tätige Medien gemäß § 3a WpAIV erfüllt werden, ergänzt um eine Übermittlung an das elektronische Unternehmensregister und eine Nachweismitteilung an die BaFin.87 Zu den Medien im Sinne des § 3a WpAIV müssen solche gehören, die die Informationen rasch und zeitgleich im gesamten EU-/EWR-Gebiet verbreiten können,88 praktisch also elektronische Kapitalmarktinformationsdienste.89 Ausländische Emittenten können sich, wie schon bei der Prospektpublizität, gemäß § 3b WpAIV weitgehend der englischen Sprache bedienen, ebenso deutsche Emittenten bei Mehrfachzulassung im In- und Ausland.90 Im Falle der Fi85 Im Einzelnen Hutter/Kaulamo, Änderungen der anlassabhängigen Publizität, NJW 2007, 471 (473). 86 Nießen, Die Harmonisierung der kapitalmarktrechtlichen Transparenzregeln durch das TUG, NZG 2007, 41 (42). 87 Nießen, Geänderte Transparenzanforderungen im Wertpapierhandelsgesetz, NJW-Spezial 2007, 75 (76) sowie im Einzelnen Hutter/Kaulamo, Änderungen der Regelpublizität, NJW 2007, 550 (554 ff.). 88 In Umsetzung von Art. 21 Abs. 1 RL 2004/109/EG. 89 Vgl. RegE TUG, BT-Drs. 16/2498 S. 49. Um eine flächendeckende Verbreitung im Publikum zu ermöglichen, sollen weitere Medien hinzutreten, deren Auswahl sich an der Aktionärsstruktur sowie Ort und Zahl der Börsenzulassungen orientieren soll, RegE a. a. O.. Printmedien sollen dabei, je nach Aktionärsstruktur, heute noch zu den auszuwählenden Medien gehören, mit der zunehmenden Virtualisierung des Informationsverhaltens auch der Kleinanleger dürfte sich das aber bald ändern, so auch die Einschätzung bei Hutter/Kaulamo, Änderungen der Regelpublizität, NJW 2007, 550 (555). Die gesetzlich zwingende Benutzung von Printmedien, nämlich der Börsenpflichtblätter, ist mit § 46 Abs. 4 WpHG zum 31. Dezember 2008 endgültig entfallen.

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nanzberichterstattung ist der Bericht als solcher vom Emittenten im Internet zur Verfügung zu stellen und ein Hinweis auf Tatsache und Ort der Bereitstellung gemäß § 3a WpAIV über die Medien zu verbreiten.91 Grundsätzlich genügt für die Verbreitung eine Zuleitung an die Medien, nur bei der Ad-hoc-Publizität muss der Emittenten auch die tatsächliche Veröffentlichung der Insiderinformation sicherstellen, § 5 WpAIV.92 Hier ist zur effektiven Marktaufsicht des Weiteren eine Vorabmitteilung der Insiderinformation an die BaFin und die Geschäftsführung der Zulassungsbörsen erforderlich, § 15 Abs. 3 WpHG. In der Konsequenz des nunmehr europaweit im Wesentlichen identischen Publikationsregimes dürfte eine erhebliche Vereinfachung und Verbilligung der grenzüberschreitenden Börsenzulassung und vor allem auch der Migration im Zuge einer lokalen Konzentration von Handelssegmenten liegen, denn unabhängig vom Zulassungsort kann ein Emittent seine Pflichtpublikationen künftig im Kern über europaweit tätige, insbesondere elektronische Medien verbreiten.93 Erleichtert wird damit gegenüber der in Teil 2, Abschnitt 3, A. II. 1. dargestellten bisherigen Rechtslage die lokale Konzentration mit einer vollwertigen Börsenzulassung an der hiesigen Konzentrationsbörse (EinstellungsZulassungsmethode). Soll ein Premiumsegment an einer deutschen Börse konzentriert werden, so liegt es bei der Börsenanstalt, etwaige qualifizierte Publizitätspflichten gemäß § 42 Abs. 1 BörsG 2007 in der Abwicklung ähnlich internationalisierungsfreundlich auszugestalten, wobei sich praktisch die Anknüpfung an das gesetzliche Publikationsregime anbietet.

90 In Umsetzung des Sprachenregimes des Art. 20 RL 2004/109/EG, den der deutsche Gesetzgeber mit § 3b WpAIV recht internationalisierungsfreundlich umgesetzt hat. 91 In Umsetzung von Art. 21 RL 2004/109/EG, konkretisiert durch Art. 3 RL 2007/14/EG v. 8. März 2007 mit Durchführungsbestimmungen zu bestimmten Vorschriften der Richtlinie 2004/109/EG, ABl. 2007 L 69/27 ff. Hierzu auch Nießen, Die Harmonisierung der kapitalmarktrechtlichen Transparenzregeln durch das TUG, NZG 2007, 41 (44, 46). 92 Nießen, Die Harmonisierung der kapitalmarktrechtlichen Transparenzregeln durch das TUG, NZG 2007, 41 (46). 93 Vgl. Hutter/Kaulamo, Änderungen der Regelpublizität, NJW 2007, 550 (555); Pirner/Lebherz, Wie nach dem Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz publiziert werden muss, AG 2007, 19 (22 f.), die allerdings darauf hinweisen, dass für Emittenten mit ausschließlich inländischer Börsenzulassung die Kosten der Publizität gegenüber der bisherigen Rechtlage ansteigen dürften.

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III. Einbeziehung in den Regulierten Markt Eine zentrale Neuerung enthält § 33 BörsG 2007 mit der Möglichkeit einer eigeninitiativen Einbeziehung von Wertpapieren durch die Börsengeschäftsführung in den Regulierten Markt.94 Sie besteht gleichermaßen bei einer präexistenten inländischen wie bei einer EU/EWR-ausländischen Börsenzulassung.95 Die Neuregelung ist in Umsetzung von Art. 40 Abs. 5 MFIRL erfolgt und erleichtert eine lokale Konzentration von Handelssegmenten im Wege der Reduktions-Einbeziehungsmethode ganz erheblich, entbindet sie doch von überflüssigen Hilfskonstruktionen. Der Emittent erfüllt die Zulassungsvoraussetzungen und laufenden Publizitätspflichten an der Zulassungsbörse, während nach § 33 Abs. 2 BörsG 2007 lediglich die Weiterverbreitung der Pflichtpublikationen im inländischen Markt nach näherer Maßgabe der Börsenordnungen gewährleistet sein muss.96 Im Falle der eigeninitiativen Einbeziehung durch die Börsengeschäftsführung hat diese im Zweifel selbst für die Weiterverbreitung zu sorgen, was freilich dem redaktionell unzureichend angepassten § 33 Abs. 2 BörsG 2007 nur dem Sinn nach zu entnehmen ist. Praktisch dürfte auch hier das Publikationsregime der Artt. 19 bis 21 RL 2004/109/EG mit seiner Betonung europaweit tätiger Kapitalmarktinformationsdienste sehr zu einer Vereinfachung der grenzüberschreitenden Integration der Sekundärmärkte beitragen. IV. Einstellung von Handelssegmenten im Rahmen einer lokalen Konzentration Wie zuvor der Betrieb eines Amtlichen und eines Geregelten Marktes, so gehört nach dem BörsG 2007 der Betrieb des Regulierten Marktes zum Kern der öffentlichen Betriebsaufgabe einer Wertpapierkassabörse. Dies wird durch den Wortlaut der §§ 2 Abs. 2, 16 Abs. 1, 32 ff. BörsG 2007 über Geschäftszweig, Regelungsgegenstände der Börsenordnung und Zulassung von Wertpapieren einerseits, andererseits durch §§ 42, 48 BörsG 2007 über die fakultative Einrichtung qualifizierter Subsegmente innerhalb des Regulierten Marktes und die fakultative Zulassung eines Freiverkehrs belegt. Auch die zur bisherigen Rechtslage angeführten historischen und teleologischen Argumente gelten unter den §§ 32 ff. BörsG 2007 weiter, welche der Gesetzgeber als Fortführung des bisherigen Regimes gesetzlicher Marktsegmente unter Aufgabe allein der Zweiteilung konzipiert hat.97 Eine 94 95 96 97

Baumbach/Hopt-Hopt (33. Aufl.), Baumbach/Hopt-Hopt (33. Aufl.), Baumbach/Hopt-Hopt (33. Aufl.), RegE FRUG BT-Drs. 16/4028, S.

§ 32 BörsG Rn. 2. § 32 BörsG Rn. 2. § 32 BörsG Rn. 3. 87 ff.

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Volleinstellung des Regulierten Marktes scheidet daher aus, ebenso eine Reduktion zum bloßen Zulassungssegment, verknüpft doch § 38 Abs. 4 BörsG 2007 die Zulassung und Handelseröffnung im Regulierten Markt ebenso zwingend wie zuvor § 37 Abs. 4 BörsG 2002 im Amtlichen Markt.98 Freigestellt ist den Börsenanstalten durch § 42 Abs. 1 BörsG 2007 die Einrichtung und ebenso die Einstellung ihrer qualifizierten Subsegmente, beispielsweise des Prime Standard an der FWB. Galt dies zwar schon nach §§ 42, 50 Abs. 3 BörsG 2002, so hat diese Einstellungsmöglichkeit mit Aufgabe der gesetzlichen Zweiteilung des Marktes jedoch an Bedeutung gewonnen. Denn durch die Einstellung etwa eines Premium-Segments zugunsten einer Kooperationsbörse und Weiterbetrieb (nur noch) des Grundsegmentes des Regulierten Marktes könnte eine signifikante lokale Konzentration erreicht werden. Erforderlich ist freilich die Volleinstellung des Subsegments, eine Wegverlagerung im Wege der Reduktions-Einbeziehungsmethode ist infolge der zwingenden Verknüpfung von Zulassung und Handelseröffnung innerhalb des Regulierten Marktes, zu welchem auch qualifizierte Subsegmente gehören, nach § 38 Abs. 4 BörsG 2007 nicht möglich. V. Handelsteilnehmerzulassung Die Regelungen des BörsG zur Handelsteilnehmerzulassung sind durch das FRUG unverändert geblieben, entsprachen sie doch schon bislang im Wesentlichen den Anforderungen des Art. 42 Abs. 3 MFIRL.99 Keine Neuerung enthält, entgegen den Motiven,100 die Regelung in § 19 Abs. 6 S. 3 BörsG 2007, wonach die Börsenordnung die integrationsfreundliche Möglichkeit vorsehen kann, den Eignungsnachweis der Börsenhändler in anderer Form als durch Eignungsprüfung zu führen.101 Tatsächlich neu ist hingegen die Regelung in § 19 Abs. 4 S. 3 BörsG 2007, wonach die Börsenordnung weitere Voraussetzungen für den Zugang zum (elektronischen) Handelssystem der Börse vorsehen kann. Ungeachtet der Frage nach der Reichweite dieser Ermächtigung102 erschwert sie die lokale Konzentration von Handelssegmenten jedenfalls nicht, können kooperationswillige Börsen von der fakultative Regelungsermächtigung doch entsprechend zurückhaltenden Gebrauch machen. Eine Erleichterung des grenzüberschreitenden Handelsteilnehmer-Zugangs stellt schließlich der Wegfall der Meldepflicht nach § 9 98 § 38 BörsG 2007 als schlichte Fortführung des bisherigen § 37 BörsG 2002 vgl. RegE FRUG BT-Drs. 16/4028, S. 88. 99 Vgl. RegE FRUG BT-Drs. 16/4028 S. 84. 100 RegE FRUG BT-Drs. 16/4028 S. 84. 101 Im Wesentlichen wortgleich bislang in § 16 Abs. 6 S. 3 BörsG 2002 enthalten. 102 Siehe hierzu sogleich unten D. II., S. 558 f.

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Abs. 1 S. 4 WpHG a. F. für Handelsteilnehmer aus EU-/EWR-Staaten dar.103 Die Meldepflicht für inländische Börsengeschäfte an die BaFin greift künftig nur noch für Handelsteilnehmer aus Drittstaaten; Handelsteilnehmer aus EU/ EWR-Staaten erfüllen ihre Meldepflichten in Umsetzung von Art. 25 Abs. 3 MFIRL nur noch gegenüber ihren jeweiligen Herkunftslandbehörden.104 Die im Hinblick auf den grenzüberschreitenden remote access aus Börsenbetreibersicht wichtigste Änderung enthalten schließlich § 19 Abs. 10 und Abs. 11 BörsG 2007. Nach § 19 Abs. 10 BörsG 2007 muss die Börsengeschäftsführung die Absicht, im Ausland einen grenzüberschreitenden Fernzugang anzubieten, der Börsenaufsichtsbehörde und der BaFin unter Angabe des Staates anzeigen.105 Die Regelung setzt Art. 42 Abs. 6 Unterabs. 2 S. 1 MFIRL um. Hintergrund ist die Pflicht der nationalen Aufsichtsbehörden, die grenzüberschreitende Erbringung der Börsendienstleistung gemäß Art. 42 Abs. 6 Unterabs. 2 S. 2 MFIRL den Aufsichtsbehörden im Zielstaat anzuzeigen.106 Diese formelle Folgepflicht der Börsenanstalten behindert den remote access für ausländische Handelsteilnehmer natürlich ebenso wenig wie die in Umsetzung von Art. 42 Abs. 7 MFIRL eingeführte Pflicht nach § 19 Abs. 11 BörsG 2007, der Börsenaufsichtsbehörde jährlich ein Verzeichnis der Handelsteilnehmer zu übermitteln. VI. Realisierbarkeit einer grenzüberschreitenden lokalen Konzentration unter dem BörsG 2007 Hinsichtlich der marktseitigen Vollzugsakte hat sich die Realisierbarkeit einer grenzüberschreitenden lokalen Konzentration gegenüber der Situation unter dem BörsG 2002 erleichtert. 103 Weber, Die Entwicklung des Kapitalmarktrechts im Jahre 2007, NJW 2007, 3688 (3690); Zeitz, Der Begriff des „Geschäfts“ im Lichte des § 9 WpHG, WM 2008, 918. 104 Die Meldepflicht gegenüber den Herkunftslandbehörden bestand auch schon bislang gemäß Art. 20 Abs. 1 lit. b) RL 93/22/EWG, jedoch hatte Art. 20 Abs. 5 RL 93/22/EWG den Mitgliedstaaten erlaubt, eine Meldepflicht auch im Börsenstaat einzuführen. Diese Ausnahmeregelung ist mit der MFIRL weggefallen, im Gegenzug sieht die MFIRL einen verstärkten Informationsaustausch der nationalen Aufsichtsbehörden vor, Art. 25 Abs. 3 MFIRL. Das Herkunftslandprinzip wird damit in diesem Bereich konsequent durchgeführt, vgl. auch RegE FRUG, BT-Drs. 16/4028, S. 62; Zeitz, Der Begriff des „Geschäfts“ im Lichte des § 9 WpHG, WM 2008, 918 sowie a. a. O. S. 922 zu den Besonderheiten bei grenzüberschreitenden Geschäften unter Einbeziehung von Zweigniederlassungen. 105 Baumbach/Hopt-Hopt (33. Aufl.), § 19 BörsG Rn. 8. 106 Gemäß § 7 Abs. 1 WpHG obliegt diese Aufgabe der internationalen Kooperation in der Aufsicht über „Märkte, an denen Finanzinstrumente gehandelt werden“ der BaFin.

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Nachtrag: Umsetzung der Transparenzrichtlinie und der MFIRL

Die komplette Herverlagerung eines Marktsegments an eine deutsche Börse wurde vor allem durch die europaweite Harmonisierung der Publizitätspflichten und des Publikationsregimes vereinfacht. Zwar muss ein EU/ EWR-ausländischer Emittent mit ausschließlicher Börsenzulassung in Deutschland infolge von Art. 21 Abs. 3 RL 2004/109/EG Teile seine Publizitätspflichten gemäß Herkunftstaatsrecht, die wesentlichen Teile als deutscher Inlandsemittent aber nach deutschem Recht erfüllen. Dies dürfte jedoch durch die praktischen Vorteile des europaweit einheitlichen Publikationsregimes aufgewogen werden, welches dem Emittenten eine Erfüllung seiner aufsichtsrechtlichen Pflichten unter gleichzeitiger Information seines Anleger- und Handelsteilnehmerpublikums in mehreren Ländern ermöglicht. Auch die Herverlagerung eines Handelssegments im Wege des ReduktionsEinbeziehungsmodells wird durch die Möglichkeit kostengünstiger europaweiter Informationsverbreitung erleichtert. Dabei hat die Umsetzung der Transparenzrichtlinie mit der europaweiten Vergleichbarkeit und Zugänglichkeit von Emittenteninformationen die Substituierbarkeit der Wertpapiere europäischer Emittenten aus Anlegersicht erhöht, weshalb sich eine grenzüberschreitende lokale Konzentration von Handelssegmenten mehr denn je anbietet. Auch ist deutschen Börsenanstalten inzwischen eine signifikante Wegverlagerung eines Handelssegments zugunsten der Kooperationsbörse möglich, und zwar durch Volleinstellung eines (Premium-)Subsegments, für welches das deutsche Börsenrecht keine Betriebspflicht enthält. Aufgrund der europarechtlich bedingten funktionalen Aufwärtsverschiebung in der gesetzlichen Marktsegmentierung kann diesen qualifizierten Subsegmenten nun eine kommerziell wesentlich bedeutenderer Rolle zukommen. Möglich erscheint zudem, dass künftig der Freiverkehr im Rahmen einer lokalen Konzentration von Handelssegmenten eine Rolle spielen wird. So ist infolge der richtliniengesteuerten Anhebung der Zulassungsanforderungen zu geregelten Märkten im Sinne des europäischen Kapitalmarktrechts eine Versorgungslücke im Bereich kleinerer und/oder jüngerer Emittenten entstanden, welche die Anforderungen an Mindestkapitalisierung und Bestandsdauer gemäß §§ 2 f. BörsZulV (in Umsetzung von Artt. 42, 43 RL 2001/34/EG) nicht erfüllen.107 Ein entsprechendes „Einsteiger-Segment“ kann nur mehr im Freiverkehr eingerichtet werden.108 Trotz mangelnden Charakters als geregelter Markt im Sinne des europäischen Kapitalmarkt107 Baumbach/Hopt-Hopt (33. Aufl.), § 32 BörsG Rn. 1 spricht von einem evidenten Bedürfnis nach Marktsegmenten mit gegenüber § 32 BörsG 2007 i. V. m. BörsZulV erleichterten Zugangsvoraussetzungen. 108 Ein Beispiel bildet der Entry Standard der FWB, vgl. näher hierzu Deutsche Börse AG, Entry Standard.

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rechts bringt eine solche Zulassung dem Emittenten immerhin den Vorteil, dass sein Wertpapier mit anderen börsenzugelassenen Wertpapieren innerhalb ein und desselben börslichen Markts im ökonomisch-funktionalen Sinn handelbar ist. Das bewirkt insbesondere eine leichtere Zugänglichkeit des Papiers für das börsenzugelassene institutionelle Anleger- und Intermediärspublikum sowie eine gesteigerte Publikumswahrnehmung. Über Einstellung und Betrieb des Freiverkehrs entscheidet der Börsenträger, ohne durch öffentlich-rechtliche Betriebspflichten gebunden zu sein. Der Realisierbarkeit einer grenzüberschreitenden lokalen Konzentration von Handelssegmenten unter Beteiligung deutscher Börsen steht freilich auch unter dem BörsG 2007 die mangelnde Privatrechtfähigkeit der Börsenanstalt sowie vor allem die Unzulässigkeit einer Trägerkonzernierung entgegen, welche in der Praxis den Erfolg derart weitgehender betrieblicher Kooperationsprojekte bedingt.

D. Wegfall lex IBIS, die Anforderungen an die Handelsinfrastruktur und die gemeinsame Handelsplattform I. Der Wegfall des bisherigen § 17 BörsG 2002 Der bisherige § 17 BörsG 2002 ist ersatzlos entfallen. Für die Streichung des § 17 Abs. 2 BörsG 2002 mit seinem Anspruch auf Systemintegration nennt der Regierungsentwurf die Umsetzung der wettbewerbspluralen Konzeption der MFIRL, mit welcher eine Pflicht zur gegenseitigen Vernetzung der Börsen nicht vereinbar sei.109 Ob § 17 Abs. 2 BörsG 2002 dabei bislang tatsächlich eine solche Pflicht zur marktseitigen Verbindung der börslichen Märkte oder nur eine „Zwangslizenz“ für Handelssoftware statuiert hat,110 kann hier dahinstehen, denn wettbewerbsfeindlich war die Regelung allemal und nur vor der seinerzeit dominierenden Stellung der IBIS-/XetraTechnologie zu rechtfertigen.111 Den Wegfall des § 17 Abs. 1 BörsG 2002, welcher den Zugang zum elektronischen Handelssystem einer Börse allein aufgrund einer bereits bestehenden inländischen Handelsteilnehmerzulassung bei entsprechender Regelung in der dortigen Börsenordnung erlaubte 109

RegE FRUG BT-Drs. 16/4028, S. 84. Näher Schwark-Schwark, § 17 BörsG Rn. 10. 111 Zur Diskussion der Verfassungsmäßigkeit der Norm Köndgen/Mues, Zwangslizenz für XETRA?, WM 1998, 53 (55); Schwark-Schwark, § 17 BörsG Rn. 11. Der wahre Hintergrund der Norm war freilich ein börsenpolitischer und lag in der Rücksichtnahme auf Länderinteressen, vgl. ders., a. a. O., Rn. 7. 110

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Nachtrag: Umsetzung der Transparenzrichtlinie und der MFIRL

und damit die bisherige IBIS-/Xetra-Vernetzung deutscher Regionalbörsen mit der FWB aufsichtsrechtlich ermöglicht hat, begründet der Gesetzgeber mit der Flexibilisierung des Handelsteilnehmerzugangs in § 19 Abs. 6 BörsG 2007.112 Da diese Regelung jedoch nur die Börsenhändlerzulassung (marginal) erleichtert, die Handelsteilnehmerzulassung hingegen völlig unverändert lässt, stellt sich der Wegfall auch des § 17 Abs. 1 BörsG 2002 vielmehr als Konsequenz aus der politischen Abkehr vom seinerzeit föderal erzwungenen IBIS-Kompromiss dar.113 Für die Frage grenzüberschreitender gemeinsamer Handelsplattformen bedeutet der Wegfall des bisherigen § 17 Abs. 1 BörsG 2002 allerdings nur, dass sich die – ohnehin zu verneinende – Frage einer analogen Übertragbarkeit auf den internationalen Kontext nicht mehr stellt. Es bleibt damit bei dem oben Teil 2, Abschnitt 4, A. II. 1. gefundenen Ergebnis, dass inländische Börsen ihr Anstaltsnutzungsverhältnis in sachlicher Hinsicht nicht schlicht auf die beim ausländischen Kooperationspartner angesiedelten Orderbücher erweitern können. Ebenso bleibt es dabei, dass Börsen den Handelsteilnehmern den Zugang zu ihrem Dienstleistungsangebot auch im Rahmen einer Börsenkooperation nur aufgrund eines eigenständigen Zulassungsverwaltungsaktes gemäß § 19 BörsG 2007 gewähren können. Eine gemeinsame Handelsplattform im Erweiterungsmodell ist damit aufsichtsrechtlich weiterhin unzulässig. II. Die Ermächtigung in § 19 Abs. 4 S. 3 BörsG 2007 In § 19 Abs. 4 S. 3 BörsG 2007 werden die Börsen ermächtigt, durch ihre Börsenordnungen „weitere Voraussetzungen“ für den Zugang der Handelsteilnehmer „zu Handelssystemen der Börse“ aufzustellen. Ob hierin tatsächlich eine Ermächtigung liegt, beliebige weitere Zulassungsvoraussetzungen – etwa im Rahmen einer gemeinsamen Handelsplattform im Dop112

RegE FRUG BT-Drs. 16/4028, S. 84. Freilich hätte § 17 Abs. 1 BörsG 2002 als Basis einer freiwilligen gemeinsamen Handelsplattform deutscher Börsen bestehen bleiben können. Derartige Überlegungen hat der Gesetzgeber ausweislich der Motive jedoch nicht angestellt. Die komplette Streichung des § 17 Abs. 1 BörsG 2002 hat die Deutsche Börse AG prompt zum Anlass genommen, den missliebigen Xetra-Nutzungsvertrag mit der Düsseldorfer Börse am 18. Oktober 2007 zu kündigen, vgl. o. V., Börse Düsseldorf droht wegen Xetra mit Klage, Börsen-Zeitung v. 27. Oktober 2007, S. 5. Zugleich hat sie die über die Regionalbörsen am Xetra-Handel partizipierenden Handelsteilnehmer aufgefordert, sich unmittelbar an der FWB zum Handel zuzulassen, vgl. o. V., Börse Düsseldorf pocht auf Xetra, Börsen-Zeitung v. 25. Oktober 2007, S. 5. Für eine (neue) gemeinsame Handelsplattform der deutschen Börsen aus Sicht der Handelsteilnehmer etwa Baader/Kroneck, Die Kleinstaaterei der Regionalbörsen ist Unsinn, Börsen-Zeitung v. 13. Oktober 2007, S. 5. 113

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pelzulassungsmodell die Zulassung an der Partnerbörse – aufzustellen, muss indes bezweifelt werden. Das BörsG verwendet den Begriff des Handelssystems, wie insbesondere in § 19 Abs. 10 und § 20 Abs. 1 BörsG 2007 deutlich wird, zur Kennzeichnung elektronischer Handelssysteme im Gegensatz zum Parketthandel.114 Für einen geordneten Börsenbetrieb auf elektronischen Handelssystemen ist die Regelung von technischen Zugangserfordernissen (Anforderungen an die IT-Systeme der Nutzer, Zugangssicherung gegen unbefugte Benutzung o. ä.) eine unabdingbare Voraussetzung. Die bisherige Börsenpraxis hatte das Problem der mangelnden öffentlich-rechtlichen Regelungsermächtigung durch den – eigentlich systemwidrigen – parallelen Abschluss privatrechtlicher Systemanschlussverträge zwischen dem Börsenträgerunternehmen und den Handelsteilnehmern umgangen.115 Die Regelung in § 19 Abs. 4 S. 3 BörsG 2007 dürfte daher in aller erster Linie als Ermächtigung der Börsenanstalten zu verstehen sein, Zugangsvoraussetzungen der technisch-infrastrukturellen Art aufzustellen. Für eine solchermaßen begrenzte Bedeutung spricht auch die Auslegung im Lichte von Art. 12 GG. Eine Deutung im Sinne einer weitergehenden Ermächtigung ist, auch angesichts der wenig stringenten Begriffsverwendung im Börsengesetz, aber immerhin möglich.116 In diesem Falle wäre die wechselseitige Kopplung der Handelsteilnehmerzulassungen und damit der zentrale externe Umsetzungsakt einer gemeinsamen Handelsplattform im Doppelzulassungsmodell – im Gegensatz zur Rechtslage unter dem BörsG 2002 – auch dann realisierbar, wenn die dortige Zulassung nur unter strengeren oder gänzlich anderen Bedingungen erworben werden kann als nach § 19 BörsG 2007. III. Die weitere Vereinheitlichung der Regelwerke Deutet man § 19 Abs. 4 S. 3 BörsG 2007 in diesem weiteren Sinne, so würde hierdurch zugleich die wechselseitige Anpassung der Regelwerke vereinfacht, wie sie auf einer gemeinsamen Handelsplattform erforderlich ist. 114 Vgl. des Weiteren etwa die Motive zu § 17 Abs. 3 BörsG 2007 sowie zu § 19 Abs. 6, beide RegE FRUG, BT-Drs. 16/4028, S. 84. 115 Diese werden freilich trotz der neuen Regelung in § 19 Abs. 4 S. 3 BörsG 2007 nicht obsolet werden, hat der Gesetzgeber doch die aufgrund der Verträge gegebene (mindestens ebenso systemwidrige) Möglichkeit des Börsenträgerunternehmens, gesonderte privatrechtliche Nutzungsentgelte von den Handelsteilnehmern zu erheben, in § 17 Abs. 3 BörsG 2007 „in Übereinstimmung mit der derzeitigen Rechtspraxis“ (RegE FRUG, BT-Drs. 16/4028, S. 84) gesetzlich abgesegnet. 116 In diesem Sinn, trotz vorherigen Hinweises aus die Grundrechtsrelevanz von Börsenzugangsvoraussetzungen, Baumbach/Hopt-Hopt (33. Aufl.), § 19 BörsG Rn. 4.

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Nachtrag: Umsetzung der Transparenzrichtlinie und der MFIRL

Denn wenn auch § 19 Abs. 2 und 4 BörsG 2007 zwingende Mindestvoraussetzungen der Handelsteilnehmerzulassung enthalten, so wäre auf Grundlage des § 19 Abs. 4 S. 3 BörsG 2007 zumindest eine Anpassung „nach oben“ an etwaige strengere Handelsteilnehmerzulassungsregeln der Partnerbörse möglich.117 Legt man § 19 Abs. 4 S. 3 BörsG 2007 hingegen, wie hier favorisiert, allein als Ermächtigung zu technisch-infrastrukturellen Zugangsvoraussetzungen aus, so bleibt der Gestaltungsspielraum unter dem BörsG 2007 unverändert gering, die erforderliche Anpassung der Regelwerke wäre also nur bei großer Flexibilität der Partnerrechtsordnung möglich. Hinsichtlich der Wertpapierzulassung enthalten die § 32 BörsG 2007 i. V. m. BörsZulVO, WpPG und § 15, § 15a, §§ 30a ff., §§ 37v ff. WpHG eine gesetzliche Vollregelung. Da sie weitestgehend nur den gemäß RL 2001/34/EG, RL 2004/109/EG und MFIRL zwingenden europäischen Mindeststandard der Wertpapierzulassung zu einem geregelten Markt im Sinne des europäischen Kapitalmarktrechts umsetzen,118 spielt der mangelnde Gestaltungsspielraum nach unten bei innereuropäischen Börsenkonzentrationen nach wie vor keine Rolle. Einen eventuell erforderlichen Gestaltungsspielraum nach oben eröffnet § 42 BörsG 2007 den Börsenanstalten in weiterem Umfang als bisher, indem er – entsprechend Erwägungsgrund 57 der MFIRL – nicht mehr nur die börsenautonome Aufstellung weiterer Publizitätspflichten, sondern auch strengerer materieller Zulassungsvoraussetzungen erlaubt.119 Indes erlaubt auch § 42 BörsG 2007 keine generelle Anhebung der Wertpapierzulassungsstandards an einer Börse, sondern ausdrücklich nur in Teilbereichen des Regulierten Marktes.120 Ein Grundsegment muss also wie schon nach bisheriger Rechtslage zumindest pro forma weiterbetrieben werden. Hinsichtlich der Regelung des eigentlichen Handelsgeschehens hat die europaweite Umsetzung der Artt. 44, 45 MFIRL in ihrer durch Artt. 17 ff. 117 Im Sinne möglicher qualitativ anspruchsvollerer Zulassungsregeln Baumbach/ Hopt-Hopt (33. Aufl.), § 19 BörsG Rn. 4 a. E. 118 Über die Mindestanforderungen geht das deutsche Recht in Ausübung der Ermächtigung in Art. 3 Abs. 1 der RL 2004/109/EG nur insoweit hinaus, als die unterste Schwelle der Beteilungstransparenzpflicht bereits bei 3% angesetzt wurde. Diese Regelung gilt jedoch nur für Inlandsemittenten, gemäß § 2 Abs. 7 WpHG also Emittenten mit Sitz in Deutschland oder Drittstaatenemittenten mit ausschließlicher Zulassung an einer deutschen Börse. Sie gilt indes nicht, wenn ein Emittent mit Sitz im Inland ausschließlich an einer anderen EU-/EWR-Börse zugelassen ist, so dass hier eine gewisse theoretische Gefahr der Zugangsarbitrage besteht. Deutsche Börsenbetreiber könnten insoweit von der Kooperationsbörse eine Anpassung „nach oben“ wünschen. 119 RegE FRUG, BT-Drs. 16/4028, S. 88. 120 Baumbach/Hopt-Hopt (33. Aufl.), § 42 BörsG Rn. 1.

Nachtrag: Umsetzung der Transparenzrichtlinie und der MFIRL

561

VO (EG) 1287/2006 konkretisierten Form zu einer Vereinheitlichung der Vor- und Nachhandelstransparenz im Aktienhandel geführt.121 Im Falle einer innereuropäischen gemeinsamen Handelsplattform würde die Anpassung der Regelwerke in diesem Kernbereich erleichtert, umgekehrt freilich bei Kooperationen mit nicht EU-/EWR-Börsen durch die nunmehr sehr detaillierten gesetzliche Regelung ohne börseneigenen Gestaltungsspielraum erschwert. In Deutschland finden sich die entsprechenden Regeln über die Handelstransparenz in §§ 30, 31 BörsG 2007. IV. Die neuen Anforderungen an die Handelsinfrastruktur und die Vernetzung der Handelsplattformen In Umsetzung von Art. 39 lit. c) MFIRL sind mit dem FRUG erstmals ausdrücklich aufsichtsrechtliche Anforderungen an die technischen Handelsinfrastrukturen formuliert worden: Gemäß § 5 Abs. 4 Nr. 3 BörsG 2007 ist das Börsenträgerunternehmen verpflichtet, die technische Funktionsfähigkeit der Handelsinfrastruktur sicherzustellen, für einen reibungslosen und zeitnahen Abschluss der im Handelssystem ausgeführten Geschäfte zu sorgen und insbesondere wirksame Notfallmaßnahmen bei einem Systemausfall vorzusehen. Aufgabendogmatisch korrekt wäre diese Anforderung im Rahmen der Anstaltsaufsicht an die marktbetreibende Börsenanstalt zu richten gewesen, welche dann entsprechende Leistungsanforderungen gemäß § 5 Abs. 1 BörsG 2007 an das Trägerunternehmen richtet.122 Dennoch – und im Lichte des Realtypus deutscher Börsen nicht ganz zu Unrecht – hat der Gesetzgeber die Anforderung direkt an das Trägerunternehmen gerichtet. In der Sache ist eine erfreuliche Klarstellung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Handelsinfrastruktur erfolgt, welche dem BörsG bislang nur mittelbar zu entnehmen waren.123 Sie präzisieren damit zugleich den öffentlichen Betriebsauftrag der Börsenanstalten, die in allererster Linie für einen reibungslosen und unterbrechungsfreien Börsenbetrieb zu sorgen haben. Für die Frage der aufsichtsrechtlichen Realisierbarkeit einer gemeinsamen Handelsplattform ergeben sich damit gegenüber der bisherigen Rechtslage keine Veränderungen: Bei der Vernetzung der Handelsplattformen ist für den reibungslosen Übergang, die stabile Systemfunktionalität und ausreichende Systemkapazitäten zu sorgen. Andernfalls sind aufsichtsrechtliche Anord121

Hierin lag gerade ein zentrales Anliegen der MFIRL im Dienste der Funktionsoptimierung und der europaweiten Kapitalmarktintegration, vgl. Erwägungsgrund 44 MFIRL. 122 Siehe oben Teil 2, Abschnitt 1, A. I., S. 100 ff., näher Teil 2, Abschnitt 2, A. I, S. 135. 123 Siehe oben Teil 2, Abschnitt 4, A. III. 1., S. 344 f.

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Nachtrag: Umsetzung der Transparenzrichtlinie und der MFIRL

nungen an die Börsenanstalt möglich, § 3 Abs. 5 S. 2 BörsG 2007,124 welche sich wiederum an das Trägerunternehmen wendet.125 Keine Veränderungen ergeben sich auch, wenn der Infrastrukturbetrieb bei einem der kooperierenden Börsenbetreiber konzentriert werden soll. Dies gilt zunächst für die Konzentration beim ausländischen Kooperationspartner, da die Vorschrift über die Auslagerung von Betriebstätigkeiten in § 5 Abs. 3 BörsG 2007 identisch mit dem bisherigen § 1 Abs. 3 BörsG 2002 ist.126 Dies gilt aber auch, was die Konzentration der Betriebstätigkeit beim inländischen Trägerunternehmen angeht, denn keine der ungeschriebenen oder geschriebenen Trägertauglichkeitsvoraussetzungen wird hierdurch berührt. Eine Infrastrukturbetriebsleistung für einen ausländischen Börsenbetreiber lässt weder die notwendige eigenunternehmerische Anreizsituation entfallen, noch entstehen hierdurch mögliche regulatorische Interessenkonflikte im Sinne eines richtigerweise auch materiell-rechtlich zu verstehenden § 5 Abs. 4 Nr. 1 BörsG 2007,127 hat doch ein anderer Börsenbetreiber in Bezug auf die Regulierung des Handelsgeschehens an der Anstaltsbörse keine konfligierenden Interessen.128

124 Zur Anwendbarkeit von § 3 Abs. 5 S. 2 BörsG 2007 (= § 2 Abs. 2 BörsG 2002) gelangt man, wenn man den Normzweck mit Schwark-Beck, § 2 BörsG Rn. 20 in der Ermöglichung einer effektiven Rechtsaufsicht über die Börsenanstalt sieht und zugleich mit der hier vertretenen Ansicht die Anstalt als primäre Aufgabenträgerin betrachtet. Dann ist der Begriff der „ordnungsgemäßen Durchführung des Handels“ in § 3 Abs. 1, Abs. 5 BörsG 2007 extensiv im Sinne einer gesetzeskonformen Aufgabenerfüllung zu verstehen, welche in § 5 Abs. 1 S. 2 BörsG 2007 mit ähnlichen Worten als „Durchführung [. . .] des Börsenbetriebs“ bezeichnet wird. Deren Grundvoraussetzung ist jedenfalls der disruptionsfreie Börsenbetrieb, über dessen Voraussetzungen die Börsenaufsicht zu wachen hat. 125 Keine direkte Anordnungsbefugnis der Börsenaufsichtsbehörde besteht gegenüber dem Trägerunternehmen, siehe oben Nachtrag B. II., S. 541 f. 126 RegE FRUG, BT-Drs. 16/4028, S. 82. 127 Mit dem schlichten Vorhandensein von Vorkehrungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten kann es nicht getan sein, vielmehr zielt das Börsenaufsichtsrecht auf eine tatsächliche Vermeidung regulatorischer Interessenkonflikte. 128 Eine Ausnahme ist nur im Falle der Zulassung von Aktien des kooperierenden Börsenbetreiberunternehmens an der Anstaltsbörse bzw. im Falle der gemeinsamen Handelsplattform an der Anstalts- oder der Kooperationsbörse denkbar. Allg. zu regulatorischen Interessenkonflikten im Falle des Selbstlistings Bradley, Demutualization of Financial Exchanges, J Int L Bus 21 (2001), 657 (685 f.).

Nachtrag: Umsetzung der Transparenzrichtlinie und der MFIRL

563

V. Die anstaltliche Binnenstruktur als fortbestehendes Hindernis einer gemeinsamen Handelsplattform unter dem BörsG 2007 Hat sich die Realisierbarkeit der externen Umsetzungsakte für eine gemeinsame Handelsplattform im Doppelzulassungsmodell damit tendenziell erleichtert, so bleibt als zentrales Hindernis jedoch die Unzulässigkeit der Selbstbindung der Börsenanstalt an den Konsens eines Kooperationspartners. Sie liegt in der öffentlichen Aufgabenträgerschaft, der anstaltlichen Selbstverwaltung und der binnenpluralen Struktur des Börsenrates begründet. Diese hat das FRUG unangetastet gelassen, §§ 12, 13 BörsG 2007.129 Die Ausführungen in Teil 2, Abschnitt 4, A. III. 3. hierzu haben unveränderte Gültigkeit.

129

RegE FRUG, BT-Drs. 16/4028, S. 83.

Rechtsakte und Regelwerke Stand 13. November 2006 Europäische Rechtsakte I. Richtlinien RL 2006/49/EG

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten

ABl. 2006 L 177/201

RL 2006/48/EG

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (Neufassung)

ABl. 2006 L 177/1

RL 2005/56/EG

Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten

ABl. 2005 L 310/1

RL 2004/109/EG

Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG

ABl. 2004 L 390/38

RL 2004/72/EG

Richtlinie der Kommission vom 29. April 2004 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates – Zulässige Marktpraktiken, Definition von Insider-Informationen in Bezug auf Warenderivate, Erstellung von Insider-Verzeichnissen, Meldung von Eigengeschäften und Meldung verdächtiger Transaktionen

ABl. 2004 L 162/70

RL 2004/39/EG

Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates,

ABl. 2004 L 145/1

Rechtsakte und Regelwerke

565

geändert durch RL 2006/31/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates, ABl. 2006 L 114/60 RL 2003/125/EG

Richtlinie der Kommission vom 22. Dezember 2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates in Bezug auf die sachgerechte Darbietung von Anlageempfehlungen und die Offenlegung von Interessenkonflikten

ABl. 2003 L 339/73

RL 2003/124/EG

Richtlinie der Kommission vom 22. Dezember 2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates betreffend die Begriffsbestimmung dun die Veröffentlichung von Insider-Inforationen und die Begriffsbestimmung der Marktmanipulation

ABl. 2003 L 339/70

RL 2003/71/EG

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG

ABl. 2003 L 345/64

RL 2003/41/EG

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Juni 2003 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung, berichtigt ABl. 2004 L 291/18

ABl. 2003 L 235/10

RL 2003/6/EG

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch)

ABl. 2003 L 96/16

RL 2002/87/EG

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats und zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG, 79/267/EWG, 92/49/EWG, 92/96/EWG, 93/6/EWG und 93/22/EWG des Rates und der Richtlinien 98/78/EG und 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, zuletzt geändert durch Richtlinie 2005/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2005, ABl. 2005 L 79/9

ABl. 2003 L 35/1

RL 2002/83/EG

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über Lebensversicherungen, zuletzt geändert durch RL 2005/68/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2005, ABl. 2005 L 323/1

ABl. 2002 L 345/1

566

Rechtsakte und Regelwerke

RL 2001/34/EG

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Börsennotierung und über die hinsichtlich dieser Wertpapiere zu veröffentlichenden Informationen, zuletzt geändert durch Richtlinie 2005/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2005, ABl. 2005 L 79/9

ABl. 2001 L 184/1

RL 98/26/EG

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierlieferund -abrechnungssystemen

ABl. 1998 L 166/45

RL 93/22/EWG

Richtlinie des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen, außer Kraft gesetzt durch RL 2004/39/EG

ABl. 1993 L 141/27

RL 92/49/EG

Richtlinie des Rates vom 18. Juni 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/EWG (Dritte Richtlinie Schadenversicherung), zuletzt geändert durch RL 2005/68 des des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2005, ABl. 2005 L 323/1

ABl. 1992 L 228/1

RL 89/592/EWG

Richtlinie des Rates vom 13. November 1989 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend InsiderGeschäfte, außer Kraft gesetzt durch RL

ABl. 1989 L 334/30

RL 88/627/EWG

Richtlinie des Rates vom 12. Dezember 1988 über die bei Erwerb und Veräußerung einer bedeutenden Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft zu veröffentlichenden Informationen, außer Kraft gesetzt durch RL 2001/34/EG

ABl. 1988 L 348/62

RL 88/357/EG

Zweite Richtlinie des Rates vom vom 22. Juni 1988 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs sowie zur Änderung der Richtlinie 73/239/EWG, zuletzt geändert durch Richtlinie 2005/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005, ABl. 2005 L 149/14

ABl. 1988 L 172/1

Rechtsakte und Regelwerke

567

RL 85/611/EWG

Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Rechtsund Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) hinsichtlich der Anlagen der OGAW, zuletzt geändert durch Richtlinie 2005/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2005, ABl. 2005 L 79/9

ABl. 1985 L 375/3

RL 82/121/EWG

Richtlinie des Rates vom 15. Februar 1982 über regelmäßige Informationen, die von Gesellschaften zu veröffentlichen sind, deren Aktien zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse zugelassen sind, außer Kraft gesetzt durch RL 2001/34/EG

ABl. 1982 L 48/26

RL 80/390/EWG

Richtlinie des Rates vom 17. März 1980 zur Koordinierung der Bedingungen für die Erstellung, die Kontrolle und die Verbreitung des Prospekts, der für die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse zu veröffentlichen ist, außer Kraft gesetzt durch RL 2001/34/EG

ABl. 1980 L 100/1

RL 79/279/EWG

Richtlinie des Rates vom 5. März 1979 zur Koordinierung der Bedingungen für die Zulassung von Wertpapieren zu amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse, außer Kraft gesetzt durch RL 2001/34/EG

ABl. 1979 L 66/21

RL 78/660/EWG

Vierte Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, zuletzt geändert durch Richtlinie 2006/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006, ABl. 2006 L 224/1

ABl. 1978 L 222/11

RL 77/91/EWG

Zweite Richtlinie des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, zuletzt geändert durch Richtlinie 2006/68/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006, ABl. 2006 L 264/32

ABl. 1977 L 26/1

568

Rechtsakte und Regelwerke II. Verordnungen

VO (EG) Nr. 809/2004

Verordnung (EG) der Kommission vom 29. April 2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Informationen sowie das Format, die Aufnahme von Informationen mittels Verweis und die Veröffentlichung solcher Prospekte und die Verbreitung von Werbung, berichtigt durch ABl. L 186/3

ABl. 2004 L 149/1

VO (EG) Nr. 139/2004

Verordnung (EG) des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“)

ABl. 2004 L 24/1

VO (EG) Nr. 805/2004

Verordnung (EG) des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen, zuletzt geändert durch VO (EG) Nr. 1869/2005 der Kommission vom 16. November 2005, ABl. 2005 L 300/6

ABl. 2004 L 143/15

VO (EG) Nr. 2273/2003

Verordnung (EG) der Kommission vom 22. Dezember 2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates – Ausnahmeregelungen für Rückkaufprogramme und Kursstabilisierungsmaßnahmen

ABl. 2003 L 336/33

VO (EG) Nr. 1606/2002

Verordnung (EG) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards

ABl. 2002 L 243/1

VO (EG) Nr. 44/2001

Verordnung (EG) des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, zuletzt geändert durch VO (EG) Nr. 2245/2004 der Kommission vom 27. Dezember 2004, ABl. 2004 381/10

ABl. 2001 L 12/1

VO (EG) Nr. 2658/2000

VO (EG) vom 29. November 2000 über die Anwendung von Art. 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Spezialisierungsvereinbarungen, zuletzt geändert durch die Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik pp., ABl. 2003 L 236/33

ABl. 2000 L 304/3

Rechtsakte und Regelwerke

569

III. Sonstiges Rahmenbeschluss 2005/214/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Anwendung des Grundsatzes der Gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen

ABl. 2005 L 76/16

Deutsche Rechtsakte I. Bundesrecht AktG

Aktiengesetz vom 6. September 1965, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität pp. Vom 22. September 2005 (BGBl. I 2802)

BGBl. 1965 I S. 1089

AnlV

Verordnung über die Anlage des gebundenen Vermögens von Versicherungsunternehmen (Anlageverordnung – AnlV) vom 20. Dezember 2001, zuletzt geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 22. Mai 2005 (BGBl. I S. 1373)

BGBl. 2001 I S. 3913

AnSVG

Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz) vom 28. Oktober 2004

BGBl. 2004 I S. 2630

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002, zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970)

BGBl. 2002 I S. 42

BilKoG

Gesetz zur Kontrolle von Unternehmensabschlüssen (Bilanzkontrollgesetz) vom 15. Dezember 2004

BGBl. 2004 I S. 3408

BörsG

Börsengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Juni 2002, zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes vom 19. August 2005 (BGBl. I S. 2437)

BGBl. 2002 I S. 2010

BörsZulV

Verordnung über die Zulassung von Wertpapieren zum amtlichen Markt an einer Wertpapierbörse (Börsenzulassungsverordnung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2832), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 22. Juni 2005 (BGBl. I S. 1698)

BGBl. 1998 I S. 2832

570

Rechtsakte und Regelwerke

DrittelbG

Drittelbeteiligungsgesetz vom 18. Mai 2004

BGBl. 2004 I S. 974

FRUG

Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission (Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 16. Juli 2007

BGBl. 2007 I 1330

Gesetzes über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22. April 2002

BGBl. 2002 I S. 1310

Gesetz zur Änderung des Börsengesetzes vom 11. Juli 1989, BGBl. I 1412

BGBl. 1989 I S. 1412

Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 22. Juni 2005

BGBl. 2005 I S. 1698

InvG

Investmentgesetz vom 15. Dezember 2003, zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 22. Juni 2005 (BGBl. I S. 1698)

BGBl. 2003 I S. 2676

KapAusstV

Verordnung über die Kapitalausstattung von Versicherungsunternehmen (Kapitalausstattungs-Verordnung) vom 13. Dezember 1983, zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 10. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2478)

BGBl. 1983 I S. 1451

KWG

Gesetz über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz) in der Neufassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998, zuletzt geändert durch Art. 4a des Gesetzes vom 22. September 2005 (BGBl. I S. 2809)

BGBl. 1998 I S. 2776

MaKonV

Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Marktmanipulation (Marktmanipulations-Konkretisierungserordnung) vom 1. März 2005

BGBl. 2005 I S. 515

MarktAngV

Verordnung über die erforderlichen Angaben und vorzulegenden Unterlagen bei einem Erlaubnisantrag nach § 37i des Wertpapierhandelsgesetzes und einer Anzeige nach § 37m des Wertpapierhandelsgesetzes (Marktzugangsangabenverordnung – MarktAngV) vom 30. September 2004

BGBl. 2004 I S. 2576

Rechtsakte und Regelwerke

571

MitbestG

Mitbestimmungsgesetz vom 4. Mai 1976, zuletzt geändert durch das Zweite Gesetz zur Vereinfachung der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat v. 18. Mai 2004 (BGBl. I S. 974)

BGBl. 1976 I S. 1153

PFKapV

Verordnung über die Anlage des gebundenen Vermögens von Pensionsfonds gemäß § 115 Abs. 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (Pensionsfonds-KapitalanlagenVO) vom 21. Dezember 2001, zuletzt geändert durch Artikel 14 des Gesetzes vom 22. Mai 2005 (BGBl. I S. 1373)

BGBl. 2001 I S. 4185

Richtlinie gemäß § 35 Abs. 6 des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG) zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissionsgeschäft, den Eigenhandel für andere und das Vermittlungsgeschäft der Wertpapierdienstleistungsunternehmen vom 23. August 2001

Bundesanzeiger 2001 S. 19 217

TUG

Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 5. Januar 2007

BGBl. 2007 I S. 10

VAG

Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember, zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 4 des Gesetzes vom 22. September 2005 (BGBl. I S. 2802).

BGBl. 1993 I S. 2

WpAIV

Verordnung zur Konkretisierung von Anzeige-, Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten sowie der Pflicht zur Führung von Insiderverzeichnissen nach dem Wertpapierhandelsgesetz (Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung – WpAIV) vom 13. Dezember 2004

BGBl. 2004 I S. 3376

WpHG

Wertpapierhandelsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2708), zuletzt geändert durch Art. 10a des Gesetzes vom 22. Mai 2005 (BGBl. I S. 1373)

BGBl.1998 I S. 2708

WpHMV

Verordnung über die Meldepflichten beim Handel mit Wertpapieren und Derivaten (Wertpapierhandel-Meldeverordnung – WpHMV) vom 21. Dezember 1995, zuletzt geändert durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Wertpapierhandel-Meldeverordnung vom 26. Juni 2003 (BGBl. I S. 1042

BGBl. 1995 I S. 2094

572

Rechtsakte und Regelwerke II. Landesrecht

(bad.-württ.) LEntG

Landesenteignungsgesetz v. 6. April 1982, zuletzt geändert durch Elektronik-AnpassungsG v. 14. Dezember 2004 (GBl. 2004 S. 884)

GBl. 1982 S. 97

(bad.-württ.) SparkassenG

Sparkassengesetz für Baden-Württemberg, in der Fassung vom 19. Juli 2005

GBl. 2005 S. 587

(bad.-württ.) VwVG

Verwaltungsvollstreckungsgesetz für BadenWürttemberg vom 12. März 1974, GBl. S. 93, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Neuregelung des Gebührenrechts vom 14. Dezember 2004 (GBl. S. 895) Gesetz zu dem Staatsvertrag zwischen dem Land Berlin und der Freien Hansestadt Bremen über den Zusammenschluss der Berliner Wertpapierbörse und der Bremer Wertpapierbörse zu einer gemeinsamen Wertpapierbörse Berlin-Bremen v. 13. März 2003

GVBl. v. 18. März 2003, S. 126.

Verordnung über die Wahl des Börsenrates an der Börse Berlin-Bremen

GBl. Bremen 2004, S. 39

HEG

Hessisches Enteignungsgesetz v. 4. April 1973

GVBl. 1973 I S. 107

HessVwVG

Hessisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz (HessVwVG) vom 4. Juli 1966, in der Fassung vom 27. Juli 2005 (GVBl. I S. 574)

GVBl. 1966 I S. 151

(hess.) Verordnung über die Errichtung, die Zusammensetzung und das Verfahren der Sanktionsausschüsse an den Börsen vom 19. August 2003

GVBl. 2003 I S. 234

(hess.) Verordnung über die Wahl der Börsenräte der Frankfurter Wertpapierbörse und der Eurex Deutschland vom 16. Dezember 2000, zuletzt geändert durch VO vom 1. Juli 2004 (GVBl. 2004 I S. 244)

GVBl. 2000 I, S. 72

Verordnung über die Aufteilung in Gruppen, die Ausübung des Wahlrechts und die Wählbarkeit, die Durchführung der Wahl und die vorzeitige Beendigung der Mitgliedschaft im Börsenrat der Börse Düsseldorf (Wahlverordnung – WahlVO) vom 8. Juni 1995, zuletzt geändert durch Verordnung vom 10. November 2003 (GV NRW 2003 S. 715)

GV NRW 1995 S. 586

nrw. WahlVO

Rechtsakte und Regelwerke

573

Britische Rechtsakte I. Acts of Parliament Companies Act 1985, zuletzt geändert durch The Companies Act 1985 (Small Companies’ Accounts and Audit) Regulations 2006, SI 2006/2782 Criminal Justice Act (Insider Dealing) 1993, zuletzt geändert durch The Financial Services and Markets Act 2000 (Market Abuse) Regulations 2005, SI 2005/381 Financial Services and Markets Act 2000, zuletzt geändert durch The Prospectus Regulations 2005, SI 2005/1433

II. Statutory Instruments Financial Services and Markets Act 2000 (Prescribed Markets and Qualifying Investments) Order 2001, SI 2001/996, zuletzt geändert durch The Financial Services and Markets Act 2000 (Market Abuse) Regulations 2005, SI 2005/381 Official Listing of Securities (Change of Competent Authority) Regulations 2000, SI 2000/968. Prospectus Regulation 2005, SI 2005/1433 Public Offer of Securities Regulations 1995, SI 1995 No. 1573, aufgehoben durch Prospectus Regulation 2005, SI 2005/1433 The Financial Services and Markets Act 2000 (Recognition Requirements for Investment Exchanges and Clearing Houses) Regulations 2001, SI 2001/995, zuletzt geändet durch The Financial Services and Markets Act 2000 (Market Abuse) Regulations 2005 SI 2005/381 The Financial Services and Markets Act 2000 (Regulated Activities) Order 2001, SI 2001/544, zuletzt geändert durch The Financial Services and Markets Act 2000 (Regulated Activities) (Amemdment) (No. 2) Order 2006, SI 2006/1969 The Uncertificated Securities Regulations 2001, SI 2001/3755, zuletzt geändert durch The Uncertificated Securities (Amendment) (Eligible Debt Securities) Regulations 2003, SI 2003/1633 Traded Securities (Disclosure) Regulations 1994, SI 1994/188, aufgehoben durch The Financial Services and Markets Act 2000 (Market Abuse) Regulations 2005 SI 2005/381 Financial Services and Markets Act 2000 (Exemption) Order 2001, SI 2001/1201, zuletzt geändert durch The Financial Services and Markets Act 2000 (Regulated Activities) (Amemdment) (No. 2) Order 2006, SI 2006/1969

574

Rechtsakte und Regelwerke III. FSA Handbook Modules

COB

Conduct of Business in der Fassung des Conduct of Business Sourcebook Instrument 2001, zuletzt geändert durch das Home Reversion and Home Purchase Activities (Consequential Amendments to the Handbook) Instrument 2006 v. 25. Oktober 2006

COND Threshold Conditions, in der Fassung des Threshold Conditions Instrument 2001, zuletzt geändert durch das Money Laundering Provisions Instruments 2006 v. 26. Januar 2006 DR

Disclosure Rules, in der Fassung des Market Abuse Directive (Disclosure Rules) Instrument 2005, zuletzt geändert am 15. Dezember 2005

ENF

Enforcement, in der Fassung des Enforcement Manual Instrument 2001, zuletzt geändert durch das Significant Management Function Reporting Requirement Amendment Instrument 2006 v. 27. April 2006

IPRU (INV)

Interim Prudential Sourcebook for Investment Businesses, in der Fassung des Interim Prudential Sourcebook for Investment Businesses Instrument 2001, zuletzt geändert durch das Person Pensions Schemes Instrument 2006 v. 28. September 2006

MAR

Market Conduct, in der Fassung des Market Conduct Sourcebook Instrument 2001, zuletzt geändert durch das Market Conduct Sourcebook (Amendment No. 7) Instrument 2006 v. 23. März 2006

LLD

LLoyd’s, in der Fassung des LLoyd’s Sourcebook Instrument 2001, zuletzt geändert durch das Financial Reinsurance Instrument 2006 v. 28. September 2006

LR

Listing Rules, in der Fassung des Listing Rules Instrument v. 16. Juni 2005, zuletzt geändert am 25. Oktober 2006

PERG

The Perimeter Guidance Manual, in der Fassung des Perimeter Guidance Instrument 2005, zuletzt geändert durch das Perimeter Guidance (Home Reversion and Home Purchase Activities) Instrument 2006 v. 25. Oktober 2006

PR

Prospectus Rules, in der Fassung des Prospectus Rules Instrument 2005, zuletzt geändert 15. Dezember 2005

REC

Recognised Investment Exchanges and Recognised Clearing Houses, in der Fassung des Recognised Investment Exchanges and Recognised Clearing Houses Sourcebook Instrument 2001, zuletzt geändert durch das Fees Manual Instrument 2005 v. 15. Dezember 2005

SUP

Supervision, in der Fassung des Supervision Manual Instrument 2001, zuletzt geändert durch das Integrated Regulatory Reporting (Credit Institutions and Investment Firms) Instrument 2006 v. 25. Oktober 2006

Rechtsakte und Regelwerke

575

Börsenregelwerke Börse

Regelwerk

Ausgabedatum

Baden-Württembergische Wertpapierbörse

Börsenordnung der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse

1. März 2006

Börse Berlin-Bremen

Börsenordnung der Börse Berlin-Bremen

16. Oktober 2006

Börse Düsseldorf

Börsenordnung

7. März 2006

Eurex

Börsenordnung für die Eurex Deutschland und die Eurex Zürich zit: Eurex Börsenordnung

14. August 2006

Euronext

Euronext Rule Book – Book I

25. September 2006

Fee Book – Listing Fees

1. April 2006

Admission Agreement for Euronext Derivates Membership

Stand 13. November 2006

Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse zit.: FWB Börsenordnung

16. Oktober 2006

Gebührenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse zit.: FWB Gebührenordnung

1. Januar 2006

Durchführungsbestimmungen zu § 13 BörsO FWB

2. Januar 2005

Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse

16. Oktober 2006

Hanseatische Wertpapierbörse Hamburg

Gebührenordnung

März 2004

LSE

Rules of the London Stock Exchange zit: LSE Rules

5. Juni 2006

FWB

Admission and Annual Fees for Companies April 2006 AIM Rules for Companies zit.: AIM Rules

August 2006

576

Rechtsakte und Regelwerke

Börse

Regelwerk

Ausgabedatum

Norex

Norex Member Rules

September 2006

SWX

Ad hoc-Publizitäts-Richtlinie

1. Juli 2005

Kotierungsreglement

1. August 2005

The rules of virt-x

1. Juli 2006

virt-x

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Stichwortverzeichnis Abwicklung 275, 467 AIM 294 Allokationsfunktion 44, 396 Alternative Trading System (ATS) 118 amtliche Zulassung i. S. d. europäischen Kapitalmarktrechts 119, 249 Amtlicher Markt 106, 249, 546 – Einstellung 279 – Reduktion auf Zulassungssegment 283 Anforderungsrecht der Börsenanstalt 105, 136, 144, 152 Anlegerschutz 43, 125, 160, 392, 397 Anordnungsrecht – de lege ferenda 519 – gegenüber Börsenanstalt 111, 116 – gegenüber Trägerunternehmen 199, 544 Anstalt – Konzernierung 138 – Völkerrechtssubjektivität 243 – zwischenstaatlichen Rechts 137 Anstaltslast 162 Anteilseigner 199 Anteilseignerkontrolle – de lege ferenda 513 – im britischen Recht 225 – im deutschen Recht 109, 112, 140, 544 Aufsicht – über das Trägerunternehmen 112, 198 – über den Börsenbetreiber im britischen Recht 128 – über die Börsenanstalt 111, 177, 248, 345, 357

– über Wertpapierdienstleister 118, 504, 523 Auslagerung 124, 284, 311, 347, 365, 562 Ausschüttungen des Trägerunternehmens 545 – verdeckte 222 – zulässige Höhe 170, 217 BaFin 116, 118, 251, 381, 502–504, 516, 522–523, 533, 551 Bedarfsprüfung 108, 510, 540 bedeutende Beteiligung am Trägerunternehmen 140 Beherrschungsvertrag 138 Beleihung – de lege ferenda 509 – des Börsenbetreibers im britischen Recht 389 – mit der Anstaltsträgerschaft 101–102, 538 Berliner Börsenstreit 378 Best-execution-Pflicht 451, 467, 477, 491, 523, 537 Betreiberkonzentration 69, 75, 135 Betreiberkonzernierung 77, 135, 225, 403, 539 Betreibermodell 104, 144, 157–158, 164, 318 Betriebspflicht 104, 144, 157–158, 185, 189, 200, 208, 211, 216, 224, 500 – de lege ferenda 510 – im britischen Recht 310 – Konkretisierung in der Genehmigung 148

Stichwortverzeichnis binnenplurale Willensbildung 165, 171, 352, 378, 429, 455 BÖAG Börsen AG 75 Börse Berlin-Bremen 62, 103 börsenähnliche Einrichtung 100, 510, 535 Börsenanstalt – Rechtsfähigkeit 101, 246, 538 – Trägerschaft 101, 103 Börsenaufsichtsbehörde 108, 111, 116, 140, 519 Börsenaufsichtsrecht – internationaler Anwendungsbereich 95 – Regelungsbereiche 95 Börsenbegriff – ökonomischer 43 – rechtlicher 39, 42, 49, 533 Börsenbetreiber 51, 61 – historische Entwicklung der Rechtsform 374 – Rechtsform de lege ferenda 507 – Rechtsform in Deutschland 101 – Rechtsform in Großbritannien 119 Börsendienstleistung 51, 105, 160 Börsendienstleistungsmarkt 68, 460, 463, 476 Börsengenehmigung 42, 101, 103, 108, 539 – Anspruch 110, 377, 501, 510, 539 – Entzug 113, 200, 213, 220, 519 – Rückgabe 152, 186, 542 Börsenkonzentration 36 Börsennutzer 53 Börsenrat 101, 165, 172, 181, 563 börslicher Markt – personelle Reichweite 64 – sachliche Reichweite 67, 337, 362 Chi-X 32, 482 City Code on Takeovers and Mergers. 293

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Clearing und Settlement 33, 306, 464, 471 Clearstream 275 Combined Code 291 demokratische Legitimation 136, 138, 352 Demutualisierung 52, 376, 389 Deutsche Börse AG 31, 33, 88, 154, 475 Einbeziehung 57, 93 – im britischen Recht 299, 303 – in den Geregelten Markt 266 – in den Regulierten Markt 553 Einstellungsweisung 189 elektronische Handelsplattform 49, 97, 104, 147, 345, 365 Emissionsbegleiter 250, 259, 548 Eurex 36, 88, 139, 329, 334, 339 Euronext 31, 36, 78, 88, 360, 475 Existenzvernichtungshaftung 193, 205, 222 externe Effekte 401, 420, 453 faktischer Konzern 190, 205 Feenpalast-Entscheidung 377 Förder- und Treuepflichten 156 Freiverkehr 107, 258, 264, 340, 547, 556 FRUG 532 FSA 119 FSAP 31, 530, 532 Fusionskontrolle 474 gemeinsame Handelsplattform 70, 80, 314–315, 358, 410, 557 Gemeinschaftsunternehmen 79 Geregelter Markt 106, 258, 264 – Einstellung 279 – Reduktion auf Zulassungssegment 283

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Stichwortverzeichnis

geregelter Markt i. S. d. europäischen Kapitalmarktrechts 108, 119, 341, 480, 510, 546 Geschäftschancenverlagerung 203, 545 Geschäftsführung 101–102, 105, 165–166, 172, 201 Gewinnabführungsvertrag 215–216

Liquidität 54, 57, 70, 74, 461 Liquiditätseffekt 70, 180, 204–205, 465, 473, 476 lokale Konzentration von Handelssegmenten 72, 90, 241, 285, 407, 546 London Stock Exchange plc 31, 77–78 LSE 129, 299, 383, 475

Handelsinfrastruktur 49, 111, 136, 344, 351, 463, 561 Handelssegment 59 – Verhältnis zur Marktsegmentierung 264 Handelsteilnehmerzulassung – de lege ferenda 516 – im britischen Recht 304 – im deutschen Recht 272, 554

market impact 54, 73, 479 Marktmikrostruktur 281 Marktqualität 54, 70, 401–402, 461 Marktsegment 106 MFIRL 32, 506, 532 MTF 33, 480, 483, 485, 531 Multilaterales Handelssystem 535

IBIS 90, 319, 557 Index 265, 299 Institution 46–47 Institutional Choice 419, 529 institutionelle Investoren 258, 273, 431, 440, 449, 479 Institutionenökonomik 47, 159, 168, 376, 420 Interessenkonflikte 234, 405, 512, 543 Internalisierung externer Effekte 420, 453 iX 31, 36, 77, 94 Jiway 121, 238 Kapitalkosten 57, 60, 431, 492 Kapitalprimärmarkt 43, 57, 96, 400, 409, 439 Kapitalverkehrsfreiheit 144, 189 Konzerneingangskontrolle 211, 224, 498, 513 Konzernfinanzsystem 214 lex IBIS 318, 333, 557 LIFFE 31, 78, 89, 362

Nasdaq Deutschland 62 Neuer Markt 284, 304 Newex 79 Norex 31, 78, 89 Nutzungsentgelte – der Emittenten 58 – der Handelsteilnehmer 53, 326 Nutzungsgebühren 105 NYSE 32 öffentliche Börsenbetriebsaufgabe 103, 159, 171, 178, 181, 211, 224, 279, 345 official listing 119, 125, 127, 287 OMX AB 78, 89 OTC 401, 482 Personalunion 102, 173, 201, 248 Preisbildungseffizienz 45, 54–55, 401–402, 408, 501 Prime Standard 265, 293, 304, 547 Privatisierung – Aufgaben- 507, 524, 536 – funktionale 104, 188 Produktpalette 54, 70, 73, 403, 537

Stichwortverzeichnis qualifizierte Subsegmente 107, 282, 342, 547 Realisierbarkeit Siehe MTF 563 Recognised Investment Exchange 118, 286 recognition 120, 129, 236, 238 recognition requirements 121 Regelungsziele des deutschen Rechts 391 Regulierter Markt 546, 548 relevanter Markt 476 remote access 98, 272, 375, 488, 555 RIS 291, 293, 295 Schutzpflichten 526 Selbstauflösung des Trägerunternehmens 185 Solvabilitätskontrolle – de lege ferenda 513 – im britischen Recht 122, 226 – im deutschen Recht 109, 142, 539 sponsor 288 staatliche Infrastrukturverantwortung 525 Staatsaufgabe 159, 182, 525 Staatsvertrag 103 SWX 88, 94, 263 systematische Internalisierung 33, 484, 537 systemische Stabilität 227, 513 Trägerunternehmen 101, 109, 135, 144, 166, 177, 213, 248, 316, 404, 458, 539

625

– Auswechslung 153 Transaktionskosten 45, 47–48, 424 – explizite 53, 408, 410 – implizite 53, 417 Turquoise 32, 482 UKLA 132 Verlustausgleich 191, 193, 205 Verschmelzung 75 Vertragsstrafe 209 Verwaltungshelfer 103, 112, 136, 151, 167, 188, 332 Verwaltungsvertrag 209, 220, 244 virt-x 31, 94, 263, 299–300, 302 Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen 472 Wertpapierzulassungsdienstleistung 58, 492 Widmung 104 Xetra 90, 319, 557 Zulassung – in den Amtlichen Markt 249 – in den Geregelten Markt 258 – in den Regulierten Markt 548 Zulassungsentgelte 58 Zulassungsstelle 101, 115, 250, 259, 538 Zuverlässigkeit 109, 112, 123, 141, 232