Der Amicus Curiae im Internationalen Wirtschaftsrecht: Eine rechtsvergleichende Untersuchung des U.S.-amerikanischen, deutschen, europäischen Welthandels- und Investitionsschutzrechts sowie der Principles of Transnational Civil Procedure. Dissertationsschrif 9783161550775, 3161550773

Das Rechtsinstitut des amicus curiae ist insbesondere aus dem U.S.-amerikanischen Recht bekannt: Ein am Prozess an sich

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German Pages 584 [614] Year 2017

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
§ 1 Einführung
„Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz
§ 2 U.S.-amerikanisches Recht
§ 3 Europäisches und deutsches Kartellrecht
§ 4 Principles of Transnational Civil Procedure
§ 5 Welthandelsrecht
§ 6 Internationale Investitionsschiedsgerichtsbarkeit
§ 7 Rechtsvergleichende Bestandsaufnahme
Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive
§ 8 Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligung als amicus
§ 9 Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme, Parteireaktion, Recht auf Informationen über das Verfahren
§ 10 Kein Recht auf Beteiligung? – Die Entscheidungspraxis der Spruchkörper
§ 11 Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren
§ 12 Amicus briefs auf Initiative des Gerichts
§ 13 Mehr als nur eine Stellungnahme? Aktive Amici
§ 14 Amicus und Kosten
§ 15 Befangenheit und amicus-Stellungnahmen
Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick
§ 16 Übernahme in das deutsche und europäische Prozessrecht
§ 17 Fazit, Definition und Ausblick
Literaturverzeichnis
Materialienverzeichnis
Rechtsprechungsverzeichnis
Amicus-Curiae-Anträgeund Stellungnahmenverzeichnis
Normverzeichnis
Stichwortverzeichnis
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Der Amicus Curiae im Internationalen Wirtschaftsrecht: Eine rechtsvergleichende Untersuchung des U.S.-amerikanischen, deutschen, europäischen Welthandels- und Investitionsschutzrechts sowie der Principles of Transnational Civil Procedure. Dissertationsschrif
 9783161550775, 3161550773

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Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 385 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:

Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann

Sören Segger

Der Amicus Curiae im Internationalen Wirtschaftsrecht Eine rechtsvergleichende Untersuchung des U.S.-amerikanischen, deutschen, europäischen, Welthandels- und Investitionsschutzrechts sowie der Principles of Transnational Civil Procedure

Mohr Siebeck

Sören Segger, geboren 1985; Studium der Rechtswissenschaft in Würzburg; 2010 Erste Juristische Prüfung; wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Europäisches Wirtschaftsrecht, Internationales Privat- und Prozessrecht sowie Rechtsvergleichung der Universität Würzburg; Referendariat in Wuppertal, Düsseldorf und Bonn; Rechtsanwalt in Düsseldorf; seit 2016 wieder wissenschaftlicher Mitarbeiter am oben genannten Lehrstuhl in Würzburg.

Zugl.: Würzburg, Julius-Maximilian-Universität, Diss., 2016. ISBN 978-3-16-155077-5 ISSN  0720-1141 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­biblio­ graphie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de ab­r ufbar. © 2017  Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwer­t ung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikro­verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elek­t ronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen gesetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruck­ papier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.

Meinem Bruder Aron Segger (*03.03.1996 †24.06.2015)

Vorwort Ursprünglich wollte ich meine Dissertation meinem Großvater widmen, Herrn Wilfried Segger, Vizepräsident des Verwaltungsgerichts Hannover a.D. (*17.04.1932  †02.12.2008). Im Sommer 2015 verstarb jedoch mein Bruder Aron bei einem Unfall. Dir, lieber Aron, ist dieses Buch gewidmet. Du fehlst mir. Mein besonderer, aufrichtiger und herzlicher Dank gilt zunächst meinem Doktorvater Herrn Professor Remien. Von dem anfänglichen Wecken der Neugier auf die Erforschung des amicus bis zum Aufzeigen der oszillierenden Methode wurde mir stets eine in höchstem Maße kompetente Betreuung zuteil. Ganz entscheidend war und ist aber auch die Gewährung der notwendigen Freiräume während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl. Erst die hierdurch gewonnene Zeit ermöglichte es, die nachfolgenden 519  Seiten zu verfassen. Seinem Wirken und Wesen entsprang auch mein Wunsch, nach kurzem Ausflug in die Anwaltschaft zurück an die Universität zu kehren. Vielfach danken möchte ich auch Herrn Professor Sonnentag für die rasche Erstellung des Zweitvotums und seine weiterführenden Hinweise und Anmerkungen. Herrn Professor Basedow gilt mein besonderer Dank für die zügige Aufnahme meiner Arbeit in die vorliegende Schriftenreihe und seine Hinweise. Herzlich danken möchte ich auch Herrn Professor Bien für die Ermöglichung eines Zugangs zu der Datenbank e-competitions und die mir gewährte Unterstützung. Den Mitarbeitern der Abteilung Redaktion des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht danke ich vielmals für die sorgfältige und angenehme redaktionelle Betreuung. Mein aufrichtiger und herzlicher Dank gilt ferner meinen Eltern, meinem Bruder Luca sowie meinen Freunden und Kollegen. Ohne eure persönliche Unterstützung hätte das Buch so nicht realisiert werden können. Dabei sind besonders der Einsatz meines Vaters und meiner guten Freundin Jacqueline hervorzuheben, die die Arbeit beide Korrektur lasen und mich auch sonst in vielfältiger Weise persönlich unterstützten. Meiner Verlobten Hannah danke ich für die

VIII

Vorwort

wundervolle Zeit und Unterstützung bei den letzten Korrekturen sowie der abschließenden Drucklegung. Der Johanna und Fritz Buch-Stiftung bin ich für die Gewährung eines großzügigen Druckkostenzuschusses sehr zum Dank verpflichtet. Zu danken ist auch noch den Mitarbeitern der zahlreichen Bibliotheken und Institute, wo ich viele Stunden, Tage, Monate und Jahre verbrachte. Zu nennen sind insbesondere: die Teilbibliothek Recht der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, das juristische Seminar der Universität Düsseldorf, die Bibliothek des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg, die Staatsbibliothek Hamburg sowie die Bibliothek der University of Miami School of Law. Besonderen Anteil an dem Erfolg dieser Arbeit hatten schließlich die Möglichkeiten der internationalen und nationalen Fernleihe, das überwältigende Angebot von im Internet abrufbaren Fachzeitschriften sowie die sich immer weiter entwickelnden Möglichkeiten einer Datenbankrecherche auch im internationalen Kontext – für letzteres sei insbesondere Westlaw hervorgehoben. Den passenden Geist für diese Untersuchung lieferte schließlich Bernhard von Chartres mit seinem Gleichnis von den Zwergen auf den Schultern von Riesen. Möge sich dieses Werk als Zwerg in den Wissenskorpus einfügen. Die Arbeit befindet sich auf dem Stand von Oktober 2016, vereinzelt konnten auch noch neuere Beiträge berücksichtigt werden. Die Dissertation von Astriid Wiik betreffend den Amicus Before International Courts and Tribunals war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erschienen und konnte daher nicht mehr berücksichtigt werden. Das Promotionsverfahren wurde an der Juristischen Fakultät der Universität Würzburg durchgeführt. Die Disputation erfolgte am 12.08.2016. Würzburg im April 2017

Sören Segger

Inhaltsübersicht Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXVII

§  1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 §  2 U.S.-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 §  3 Europäisches und deutsches Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . 82 §  4 Principles of Transnational Civil Procedure . . . . . . . . . . . . 117 §  5 Welthandelsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 §  6 Internationale Investitionsschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . 164 §  7 Rechtsvergleichende Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . 210

2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 §  8 Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligung als amicus . . . . . 219 §  9 Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme, Parteireaktion, Recht auf Informationen über das Verfahren . . . . . . . . . . . 264 § 10 Kein Recht auf Beteiligung? – Die Entscheidungspraxis der Spruchkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 § 11 Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354

X

Inhaltsübersicht

§ 12 Amicus briefs auf Initiative des Gerichts . . . . . . . . . . . . . 412 § 13 Mehr als nur eine Stellungnahme? Aktive Amici . . . . . . . . . 430 § 14 Amicus und Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 § 15 Befangenheit und amicus-Stellungnahmen . . . . . . . . . . . . 473

3. Teil:  Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick . . . . . . 477 § 16 Übernahme in das deutsche und europäische Prozessrecht . . . . 479 § 17 Fazit, Definition und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521 Materialienverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545 Rechtsprechungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 Amicus-Curiae-Anträge- und Stellungnahmenverzeichnis . . . . . . . 569 Normverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXVII

§  1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 A. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 B. Rechtsvergleichung im Zivilprozessrecht – Methodik der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 §  2 U.S.-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 A. Entwicklung – Entzauberung eines Mythos . . . . . . . . . . 17 I. Der amicus curiae im englischen common law des 17.–19. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 II. Die beginnende Praxis in den Vereinigten Staaten . . . . 20 1. Der amicus lediglich als neutrale Stütze? . . . . . . . 20 2. Der parteiische amicus des 19. Jahrhunderts . . . . . . 21 a) Amicus-Stellungnahmen betreffend Aspekte der Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 b) Der amicus als Vertreter von nicht anwaltlich Vertretenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 c) Zur Vertretung von Drittinteressen sua sponte . . . 25 3. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 III. Der Übergang zur Gegenwart . . . . . . . . . . . . . . . 27

XII

Inhaltsverzeichnis

1. Vertretung von Gruppeninteressen und funktionale Abgrenzung von der Intervention . . . . . . . . . . . 28 2. Erstmalige Regelung der amicus-Beteiligung . . . . . 29 3. Die kritische Phase in den 1940er Jahren . . . . . . . 30 B. Funktionale Begriffsdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 I. Aus eigener Initiative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 1. Wer ist amicus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 a) Private amici . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 b) Staatliche amici . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 c) Ausländische Staaten und Interessenverbände . . . 37 2. Motive und Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 a) Kenntnis vom Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . 39 b) Beteiligungsmotive, Zielsetzung und Instanzen . . 39 aa) Direktes fallbezogenes Interesse – intervention amicus . . . . . . . . . . . . . . . 40 bb) Indirekte politisch motivierte Interessen – lobbying amicus . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 (i) Einflussnahme im cert-Stadium . . . . . . 44 (ii) Private amici . . . . . . . . . . . . . . . . 45 (iii) Staatliche amici . . . . . . . . . . . . . . 47 (iv) Ausländische amici . . . . . . . . . . . . . 50 cc) Mitgliederwerbung und Außendarstellung . . . 51 dd) Neutrale amici? . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 3. Methode der Einflussnahme . . . . . . . . . . . . . . 53 a) Amicus briefs im certiorari-Verfahren . . . . . . . 53 b) Amicus briefs im Hauptsacheverfahren . . . . . . . 54 aa) Die Folgen der Entscheidung . . . . . . . . . . 55 bb) Alternative rechtliche Darstellung . . . . . . . 57 cc) Einbringen von Spezialwissen . . . . . . . . . 59 dd) Etablierung einer Verwaltungspraxis? . . . . . 61 c) Co-signing und uninspected source . . . . . . . . . 62 II. Vom Gericht ernannter amicus . . . . . . . . . . . . . . 63 1. Zur Gewährleistung einer adversary presentation . . . 63 2. Zur Unterstützung des Gerichts . . . . . . . . . . . . 66 3. Zur Unterstützung des Beklagten beziehungsweise Angeklagten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 III. Wertendes Fazit unter funktionalen Gesichtspunkten . . 68 C. Prozessualer Status . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

Inhaltsverzeichnis

XIII

D. Abgrenzung und Interaktion mit anderen Instrumenten der Drittbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 I. Abgrenzung amicus – intervention . . . . . . . . . . . . 76 II. Interaktion mit anderen Instrumenten der Drittbeteiligung 78 E. Praktische Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 F. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 §  3 Europäisches und deutsches Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . 82 A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 B. Einschlägige Regelungen und Anwendungspraxis . . . . . . 83 I. Der amicus im europäischen Kartellrecht . . . . . . . . . 84 1. Regelungsstruktur von Art.  15 VO 1/2003 . . . . . . . 85 2. Art.  15 VO 1/2003 als Regelung des amicus? . . . . . . 87 3. Informationen und Stellungnahmen gemäß Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 4. Pflicht zum Tätigwerden im Sinne von Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 5. Stellungnahmen gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 . . . 95 II. Nationale Ebene – deutsches Recht . . . . . . . . . . . . 100 C. Funktion der amicus-Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 I. Europäische Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 1. Kohärente Rechtsanwendung . . . . . . . . . . . . . . 102 2. Unterstützung der Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . 103 3. Durchsetzung eines freien Wettbewerbs . . . . . . . . 105 4. Förderung der privaten Kartellrechtsdurchsetzung? . . 106 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 II. Nationale Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 D. Prozessualer Status . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 E. Praktische Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 I. Europäische Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 1. Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 . . . . . . . . . . . . . . . . 111 2. Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 . . . . . . . . . . . . . . . . 114 II. §  90 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 F. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

XIV

Inhaltsverzeichnis

§  4 Principles of Transnational Civil Procedure . . . . . . . . . . . 117 A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 B. Principles und amicus – funktionale Betrachtung . . . . . . . 119 I. Repräsentation öffentlicher Belange . . . . . . . . . . . . 120 II. Wirtschaftliches Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 III. Unterstützung des Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . 122 IV. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 C. Amicus curiae – prozessualer Status . . . . . . . . . . . . . . 124 D. Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 §  5 Welthandelsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 A. Einführung in die Streitbeilegung der WTO . . . . . . . . . . 126 B. Zulässigkeit von amicus briefs . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 I. Rechtsprechungsentwicklung und Auslegungsmaßstab . . 128 1. Rechtsprechungsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . 129 2. Der Auslegungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . 131 II. Die Panel-Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 1. Verbot von amicus briefs . . . . . . . . . . . . . . . . 132 2. Grundlage für amicus briefs . . . . . . . . . . . . . . 135 III. Amicus briefs vor dem Appellate Body . . . . . . . . . . 137 1. Verbot von amicus briefs . . . . . . . . . . . . . . . . 138 2. Grundlage für amicus briefs . . . . . . . . . . . . . . 139 C. Chancen und Risiken der Beteiligung von Nichtmitgliedern . 141 I. Zwischen Umweltschutz und wirtschaftlicher ­Interessenvertretung – der Fokus von amici . . . . . . . 141 1. Umweltrechtliche Fallgestaltungen . . . . . . . . . . . 142 2. Wirtschaftliche Fallgestaltungen . . . . . . . . . . . . 145 II. Art und Weise der Einflussnahme . . . . . . . . . . . . . 146 III. Amici aus Sicht der WTO und der Mitgliedstaaten . . . . 147 IV. Transparenz ./. Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . 151 V. Gesamtbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 D. Prozessualer Status und Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . 155 I. Prozessualer Status . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

Inhaltsverzeichnis

XV

II. Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 1. Mitglieder als amicus curiae . . . . . . . . . . . . . . 156 2. Alternative Beteiligungsformen für Nichtmitglieder . 157 E. Praktische Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 I. Anzahl von amici briefs vor der WTO . . . . . . . . . . 158 II. Einfluss von amicus briefs . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 F. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 §  6 Internationale Investitionsschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . 164 A. Einführung – Internationale Investitionsstreitigkeiten und Streitbeilegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 I. Investitionsstreitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 II. Streitbeilegung – Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . 166 B. Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 I. Verfahrensüberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 1. NAFTA-Schiedsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . 169 2. ICSID-Schiedsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 3. Sonstige Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 II. Zulässigkeit im Rahmen des NAFTA und der UNCITRAL-Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . 173 1. NAFTA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 2. UNCITRAL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 a) Im Rahmen der UNCITRAL TR . . . . . . . . . . 176 b) Bei sonstigen Fällen . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 III. Zulässigkeit im Rahmen von ICSID-Verfahren . . . . . . 182 C. Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 I. Der Ausrichtung von amici . . . . . . . . . . . . . . . . 183 1. Umweltrechtliche Fallgestaltungen . . . . . . . . . . . 183 2. Wirtschaftliche Fallgestaltungen . . . . . . . . . . . . 184 3. Versorgungseinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . 185 II. Art und Weise der Einflussnahme . . . . . . . . . . . . . 186 III. Souveränitätsverlust und Demokratiedefizit – Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 IV. Transparenz und Drittbeteiligung – Amici als Lösung? . 188 1. Transparenz unter Geltung der UNCITRAL TR – uferlose Ausnahmen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 a) Öffentlichkeit des Verfahrens . . . . . . . . . . . . 190

XVI

Inhaltsverzeichnis

b) Ausnahmen von den Transparenzregeln – Art.  7 UNCITRAL TR . . . . . . . . . . . . . . . 191 c) Transparenz durch amici . . . . . . . . . . . . . . . 197 2. Transparenz in sonstigen Fällen . . . . . . . . . . . . 197 V. Zusätzlicher Nutzen und Kritik . . . . . . . . . . . . . . 198 1. Wahrung von Interessen staatlicher Akteure . . . . . . 199 2. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 VI. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 D. Prozessualer Status und Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . 204 I. Prozessualer Status . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 II. Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 E. Praktische Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 F. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 §  7 Rechtsvergleichende Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . 210 A. Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 B. Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 C. Prozessualer Status . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 D. Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 E. Praktische Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 §  8 Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligung als amicus . . . . . 219 A. Allgemeine Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 I. Anhängiges Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 II. Subjektive Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 1. Partei- und Prozessfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . 223 a) U.S.-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . 223 b) Europäisches und deutsches Kartellrecht . . . . . . 226 c) Principles of Transnational Civil Procedure . . . . . 227 d) Welthandelsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 e) Investitionsschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . 228 f) Vergleichende Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . 232

Inhaltsverzeichnis

XVII

2. Postulationsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 3. Personenverschiedenheit . . . . . . . . . . . . . . . . 236 B. Antrag und Schriftsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 I. Notwendigkeit und Ausgestaltung eines vorherigen Antrags auf Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 1. Notwendigkeit eines Antrags . . . . . . . . . . . . . . 238 a) U.S.-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . 238 b) Europäisches und deutsches Kartellrecht . . . . . . 240 c) Principles of Transnational Civil Procedure . . . . . 240 d) Welthandelsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 e) Investitionsschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . 241 f) Vergleichende Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . 242 2. Ausgestaltung des Antrags . . . . . . . . . . . . . . . 243 a) Amicus brief im Rahmen des Antrags . . . . . . . 244 b) Inhaltliche und formelle Anforderungen . . . . . . 245 aa) U.S.-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . 245 bb) Principles of Transnational Civil Procedure . . 246 cc) Welthandelsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 247 dd) Investitionsschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . 247 ee) Vergleichende Analyse . . . . . . . . . . . . . 249 II. Ausgestaltung und Voraussetzungen des briefs . . . . . . 253 1. U.S.-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . 254 2. Europäisches und deutsches Kartellrecht . . . . . . . . 255 3. Principles of Transnational Civil Procedure . . . . . . 259 4. Welthandelsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 5. Investitionsschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . 260 6. Vergleichende Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 §  9 Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme, Parteireaktion, Recht auf Informationen über das Verfahren . . . . . . . . . . . 264 A. Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 I. Reaktion auf den amicus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 1. U.S.-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . 266 2. Europäisches und deutsches Kartellrecht . . . . . . . . 267 3. Principles of Transnational Civil Procedure . . . . . . 270 4. Welthandelsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 5. Investitionsschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . 273 6. Vergleichende Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . 274

XVIII

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II. Zugriff des amicus auf Verfahrensdokumente . . . . . . 275 1. U.S.-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . 275 2. Europäisches und deutsches Kartellrecht . . . . . . . . 275 3. Principles of Transnational Civil Procedure . . . . . . 276 4. Welthandelsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 5. Investitionsschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . 277 6. Vergleichende Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 III. Effizientes Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 B. Beteiligungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 I. U.S.-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . 284 1. U.S. Courts of Appeals . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 2. Supreme Court . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 3. District Courts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 II. Europäisches und deutsches Kartellrecht . . . . . . . . . 296 1. Auf Anfrage des Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . 297 2. Auf Initiative der Kommission oder der Wettbewerbsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 III. Principles of Transnational Civil Procedure . . . . . . . . 299 IV. Welthandelsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 1. Panelebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 2. Appellate Body . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 V. Investitionsschiedsgerichtsbarkeit – eine Odyssee? . . . . 308 1. Verfahrensablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 2. Ansätze in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . 309 a) Der Fall Glamis Gold – anfängliche Festlegung des Einreichungszeitpunkts . . . . . . . . . . . . . . . 309 b) Der Fall Biwater Gauff – keine Festlegung des ­Einreichungszeitpunkts . . . . . . . . . . . . . . . 313 3. Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 VI. Vergleichende Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 §  10 Kein Recht auf Beteiligung? – Die Entscheidungspraxis der Spruchkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 A. Der amicus as a matter of judicial grace?  . . . . . . . . . . . 321 I. U.S.-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . 321 II. Europäisches und deutsches Kartellrecht . . . . . . . . . 324 III. Principles of Transnational Civil Procedure . . . . . . . . 324 IV. Welthandelsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 V. Investitionsschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . 325

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XIX

VI. Vergleichende Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 B. Entscheidungsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 I. U.S.-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . 327 1. Divergierende Zulassungspraxis . . . . . . . . . . . . 327 2. Die Entscheidungsparameter . . . . . . . . . . . . . . 331 a) Keine bloßen Wiederholungen . . . . . . . . . . . . 331 b) Die drei Kriterien des 7th Circuit . . . . . . . . . . 332 aa) Vertretung nicht ausreichend Vertretener . . . . 332 bb) Besonderes Interesse . . . . . . . . . . . . . . 333 cc) Einzigartige Informationen . . . . . . . . . . . 335 dd) Wertende Zusammenfassung . . . . . . . . . . 337 c) Weitere Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 II. Principles of Transnational Civil Procedure . . . . . . . . 339 III. Welthandelsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 IV. Investitionsschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . 342 1. R. 37 Abs.  2 S.  2 lit.  a) ICSID AR, Ziff. B. 6. lit.  a) FTC-Statement, Art.  4 Abs.  3 lit.  b) UNCITRAL TR . 342 2. R. 37 Abs.  2 S.  2 lit.  b) ICSID AR, Ziff. B. 6. lit.  b) FTC-Statement, Art.  4 Abs.  1 UNCITRAL TR . . . . 344 3. Interesse des amicus an der Streitigkeit . . . . . . . . 345 4. Öffentliches Interesse an der Streitigkeit . . . . . . . . 346 5. Das Kriterium der Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . 347 6. Weitere Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 V. Vergleichende Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 §  11 Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 A. Tatsachen in amicus briefs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 I. U.S.-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . 356 1. Legislative facts in amicus briefs? . . . . . . . . . . . 356 2. Tatsachenvortrag in der Rechtsmittelinstanz und principle of party presentation . . . . . . . . . . . . . 360 3. Beweisverfahren und Beweiswürdigung – junk social science? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 II. Europäisches und deutsches Kartellrecht . . . . . . . . . 368 1. Rechtsfortbildungstatsachen im Zivilprozess . . . . . 368 2. Tatsachenvortrag im Revisionsverfahren und ­Beibringungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 3. Beweisverfahren und Beweiswürdigung . . . . . . . 376

XX

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III. Principles of Transnational Civil Procedure . . . . . . . . 378 1. Fehlende Fallbeispiele, Tatsachenvortrag in der ­Rechtsmittelinstanz und Beibringungsgrundsatz . . . 378 2. Beweisverfahren und Beweiswürdigung . . . . . . . . 379 IV. Welthandelsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 1. Fallbeispiele, Tatsachenvortrag vor dem Appellate Body und Untersuchungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . 380 2. Beweisverfahren und Beweiswürdigung . . . . . . . . 382 V. Investitionsschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . 383 1. Fallbeispiele und Möglichkeit der selbstständigen ­Berücksichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 2. Beweisverfahren und Beweiswürdigung . . . . . . . . 386 VI. Vergleichende Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 1. Fallbeispiele und Arten von Tatsachen . . . . . . . . . 388 2. Tatsachenvortrag in der Rechtsmittelinstanz und ­selbstständige Berücksichtigung . . . . . . . . . . . . 389 3. Beweisverfahren und Beweiswürdigung . . . . . . . . 391 B. Rechtsansichten in amicus briefs . . . . . . . . . . . . . . . . 392 I. U.S.-amerikanisches Recht – issue creation? . . . . . . . 393 1. Rechtliche Argumente in amicus briefs . . . . . . . . 393 2. Principle of party presentation als Grenze? . . . . . . 394 3. Grenzen des Rechtsmittelverfahrens . . . . . . . . . . 398 II. Europäisches und deutsches Kartellrecht . . . . . . . . . 399 1. Fallbeispiele und iura novit curia . . . . . . . . . . . . 399 2. Grenzen des Rechtsmittelverfahrens . . . . . . . . . . 401 III. Principles of Transnational Civil Procedure . . . . . . . . 402 1. Fehlende Fallbeispiele und iura novit curia . . . . . . . 402 2. Grenzen des Rechtsmittelverfahrens . . . . . . . . . . 403 IV. Welthandelsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 1. Fallbeispiele und iura novit curia . . . . . . . . . . . . 403 2. Grenzen des Rechtsmittelverfahrens . . . . . . . . . . 405 V. Investitionsschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . 406 VI. Vergleichende Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 §  12 Amicus briefs auf Initiative des Gerichts . . . . . . . . . . . . . 412 A. U.S.-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 I. Fallpraxis und Vereinbarkeit mit prozessualen Grundsätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 II. Beweisverfahren und Beweiswürdigung . . . . . . . . . 416

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XXI

B. Europäisches und deutsches Kartellrecht . . . . . . . . . . . 416 I. Fallpraxis und Vereinbarkeit mit prozessualen Grundsätzen 416 II. Beweisverfahren und Beweiswürdigung . . . . . . . . . 421 C. Principles of Transnational Civil Procedure . . . . . . . . . . 422 D. Welthandelsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 E. Investitionsschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . 425 F. Vergleichende Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 §  13 Mehr als nur eine Stellungnahme? Aktive Amici . . . . . . . . . 430 A. Grundsatz der einmaligen Stellungnahme . . . . . . . . . . . 430 B. Tatsächliche Praxis und Zulässigkeit einer aktiven Beteiligung 433 I. U.S.-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . 433 1. Einzelne Erscheinungsformen . . . . . . . . . . . . . 433 a) Keine Rechtsstellung gleich derer einer Partei . . . 433 b) Mitwirken bei discovery und Beweisverfahren . . . 435 c) Durchsetzung einer Entscheidung . . . . . . . . . . 437 aa) Fallpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 (i) Durch Veranlassung eines Unterlassungsgebots . . . . . . . . . . . . 437 (ii) Durch Beantragung des Erlasses einer ­einstweiligen Anordnung . . . . . . . . . 439 (iii) Umsetzungsvorschläge . . . . . . . . . . . 439 bb) Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 d) Mehrfache schriftliche Beteiligung . . . . . . . . . 441 e) Beteiligung an mündlicher Verhandlung . . . . . . 442 f) Zustellung von Dokumenten . . . . . . . . . . . . . 443 g) Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . 443 h) Nichtannahme eines Vergleichs . . . . . . . . . . . 444 i) Rechtsmittel und petition for rehearing . . . . . . . 445 j) Vollständiges Ermessen . . . . . . . . . . . . . . . 446 2. Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 II. Europäisches und deutsches Kartellrecht . . . . . . . . . 451 1. Europäische Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . 451 2. Bundeskartellamt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 III. Principles of Transnational Civil Procedure . . . . . . . . 453 IV. Welthandelsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453

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V. Investitionsschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . 454 VI. Vergleichende Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456 C. Konsequenzen einer aktiven Beteiligung . . . . . . . . . . . 457 I. U.S.-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . 458 1. Reaktionsmöglichkeiten der Parteien . . . . . . . . . . 458 2. Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 3. Rechtskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 II. Europäisches und deutsches Kartellrecht . . . . . . . . . 460 III. Principles of Transnational Civil Procedure und ­Investitionsschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . 461 IV. Vergleichende Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 D. Kriterien einer aktiven Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . 462 I. U.S.-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . 462 II. Übrige Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen . . . 465 §  14 Amicus und Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 A. Kostenersatz für den amicus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 B. Kostenersatz für Reaktion der Partei . . . . . . . . . . . . . 470 §  15 Befangenheit und amicus-Stellungnahmen . . . . . . . . . . . . 473 A. U.S.-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 B. Übrige Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen . . . . . 475

3. Teil:  Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick . . . . . . 477 §  16 Übernahme in das deutsche und europäische Prozessrecht . . . 479 A. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 I. Bestehende Funktionsäquivalente . . . . . . . . . . . . . 479 1. Kollektive Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 a) Verbandsklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 b) §  9 TVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 c) §  6 SpruchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 d) §  27a BVerfGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482 e) Vertreter des öffentlichen Interesses . . . . . . . . 485

Inhaltsverzeichnis

XXIII

2. Individualinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 a) Nebenintervention . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 b) Streitverkündung und Beiladung . . . . . . . . . . 486 3. Vergleichende Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 II. Reformbedarf und Reformvorschläge – §  27a BVerfGG als Vorbild? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488 1. Reformbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 2. Reformvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 a) Voraussetzungen und Zeitpunkt einer Beteiligung . 491 b) Inhaltliche Einbindung der Stellungnahme in das Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492 c) Keine aktive Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . 493 d) Kostenverteilung und etwaige Befangenheit . . . . 493 e) Fazit und Regelungsvorschlag . . . . . . . . . . . . 494 B. Europäisches Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 I. Bestehende Funktionsäquivalente . . . . . . . . . . . . . 495 1. Art.  24, 25 Satzung-EuGH . . . . . . . . . . . . . . . 495 2. Vorabentscheidungsverfahren . . . . . . . . . . . . . 496 3. Streithilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 4. Generalanwalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 498 5. Vergleichende Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 II. Reformbedarf und Reformvorschläge . . . . . . . . . . . 500 1. Reformbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 2. Reformvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503 a) Voraussetzungen einer Beteiligung . . . . . . . . . 503 b) Zeitpunkt der Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . 504 c) Zulassungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . 505 d) Inhaltliche Einbindung . . . . . . . . . . . . . . . . 506 e) Keine aktive Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . 508 f) Kostenverteilung und etwaige Befangenheit . . . . 508 g) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 508 §  17 Fazit, Definition und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 A. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . 510 B. Abschließende Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518 C. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518

XXIV

Inhaltsverzeichnis

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521 Materialienverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545 Rechtsprechungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 Amicus-Curiae-Anträge- und Stellungnahmenverzeichnis . . . . . . . 569 Normverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579

Abkürzungsverzeichnis ABA American Bar Association ABl. Amtsblatt ACLU American Civil Liberties Union AcP Archiv für die civilistische Praxis Add. Proc. Additional Procedure Adopted Under Rule 16 Abs.  1 of the Working Procedures for Appellate Review, WT/DS135/9 Adel. L. Rev. Adelaide Law Review Advocates’Q. Advocates’ Quarterly AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union A.I.A.J. Asian International Arbitration Journal AJIL American Journal of International Law AJLM American Journal of Law and Medicine AJPS American Journal of Political Science Ala. L. Rev. Alabama Law Review Alb. L. Rev. Albany Law Review Am. Pol. Sci. Rev. American Political Science Review Am. Polit.  Res. American Politics Research Am. U. Int’l L. Rev. American University International Law Review Am. U. L. Rev. American University Law Review Antitrust L.J. Antitrust Law Journal Arb. Int’l Arbitration International ASA Bull. ASA Bulletin AVR Archiv des Völkerrechts Baylor L. Rev. Baylor Law Review Baltic YB Int’l L. Baltic Yearbook of International Law B.C. L. Rev. Boston College Law Review Berkeley J. Int’l L. Berkeley Journal of International Law BDI Bundesverband der Deutschen Industrie BGB Bürgerliches Gesetzbuch BIT Bilateral Investment Treaty BVerfGG Bundesverfassungsgerichtsgesetz BYU L. Rev. Brigham Young University Law Review Can. Yb. Int’l L. Canadian Yearbook of International Law Cardozo Pub. L. Pol’y & Ethics J. Cardozo Public Law, Policy & Ethics Journal Case W. Res. L. Rev. Case Western Reserve Law Review Cath. U. L. Rev. Catholic University Law Review Chinese JIL Chinese Journal of International Law

XXVI CJICL

Abkürzungsverzeichnis

Cambridge Journal of International and Comparative Law CJQ Civil Justice Quarterly Colum. Hum. Rts. L. Rev. Columbia Human Rights Law Review Colum. L. Rev. Columbia Law Review Conn. Ins. L.J. Connecticut Insurance Law Journal Conn. L. Rev. Connecticut Law Review Const. Comm. Constitutional Commentary Constit. Forum Constitutional Forum Cornell Int’l L.J. Cornell International Law Journal Cornell. J. L. & Pub. Pol’y Cornell Journal of Law and Public Policy DAJV-NL Deutsch-Amerikanische Juristen-Vereinigung Newsletter DePaul L. Rev. DePaul Law Review Drex. L. Rev. Drexel Law Review DSB Dispute Settlement Body DSU Understanding on Rules and Procedures Governing the Settlement of Disputes Duke L.J. Duke Law Journal EBOR European Business Organization Law Review ECLR European Competition Law Review EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EJIL European Journal of International Law ELSA SPEL ELSA Selected Papers on European Law EuR Europarecht Eur. J. Int’l L. European Journal of International Law European L.J. European Law Journal EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Erwgr. Erwägungsgrund FL Rev Federal Law Review Fla. St. U. L. Rev. Florida State University Law Review Fed. R. Evid. Federal Rules of Evidence Fordham Int’l L.J. Fordham International Law Journal Fordham L. Rev. Fordham Law Review Fordham Urb. L.J. Fordham Urban Law Journal FRAP Federal Rules of Appellate Procedure FRCP Federal Rules of Civil Procedure FTC-Statement Statement of the Free Trade Commission on non-­ disputing party participation GG Grundgesetz GRUR Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht GRUR Int Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Internationaler Teil GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Harv. Int’l L.J. Harvard International Law Journal Harv. L. Rev. Harvard Law Review How. L.J. Howard Law Journal ICCPR International Covenant on Civil and Political Rights

Abkürzungsverzeichnis ICLQ ICSID

XXVII

International & Comparative Law Quarterly International Centre for Settlement of Investment Disputes ICSID AR ICSID Arbitration Rules I.L.M. International Legal Materials ILSA J. Int’l & Comp. L. ILSA Journal of International and Comparative Law Int. A. L. R. International Arbitration Law Review Int. C. L. Rev. International Community Law Review Int’l Law. The International Lawyer IPRax Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts J L & Soc Journal of Law and Society J. App. Prac. & Process Journal of Appellate Practice and Process J. Int’l Arb. Journal of International Arbitration J. Int’l L. & Int’l Rel. Journal of International Law & International Relations J. L. & Pol. Journal of Law and Politics J. Legal Anal. Journal of Legal Analysis J. Pol. Journal of Politics J.C. & U.L. Journal of College and University Law JIEL Journal of International Economic Law Just. Sys. J. Justice System Journal JVEG Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten JWIT Journal of World Investment & Trade JWT Journal of World Trade L. & Soc. Inquiry Law & Social Inquiry L. & Soc’y Rev. Law & Society Review L. Libr. J. Law Library Journal Lat. Am. Res. Rev. Latin American Research Review Law & Contemp. Probs. Law and Contemporary Problems L.P.I.C.T. Law & Practice of International Courts and Tribunals McGill L.J. McGill Law Journal Mich. St. J. Int’l L. Michigan State Journal of International Law MIT Multilateral Investment Treaty MTBE Methyl-tert-butylether MULR Melbourne University Law Review NAACP National Association for the Advancement of Colored People. NAAG National Association of Attorneys General NAFTA North American Free Trade Agreement Nat. L.J. National Law Journal N.C. L. Rev. North Carolina Law Review NGO Non-Governmental Organization NJW Neue Juristische Wochenschrift Non-State Actors & Int’l L. Non-State Actors and International Law

XXVIII NVwZ Nw. J. Int’l L. & Bus.

Abkürzungsverzeichnis

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Northwestern Journal of International Law and Business Nw. U. L. Rev. Northwestern University Law Review NZBau Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Ohio St. L.J. Ohio State Law Journal P. Principle Panel-WP Panel Working Procedures Penn St. Int’l L. Rev. Penn State International Law Review Penn. St. L. Rev. Penn State Law Review PICC Unidroit Principles of International Commercial Contracts Pol. Res. Q. Political Research Quarterly PTCP Principles of Transnational Civil Procedure R. Rule R.E.C.I.E.L. Review of European Community and International Environmental Law RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Rev. Int’l Stud. Review of International Studies Rev. Litig. Review of Litigation Rev. Pol. The Review of Politics S.Ct. Rules Rules of the Supreme Court of the United States S. Ill. U. L.J. Southern Illinois University Law Journal SAJHR South African Journal on Human Rights San Diego L. Rev. San Diego Law Review Satzung-EuGH Protokoll über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union SchiedsVZ Zeitschrift für Schiedsverfahren SE Pol. Rev. Southeastern Political Review Seattle U. L. Rev. Seattle University Law Review Seton Hall Cir. Rev. Seton Hall Circuit Review Sing. JLS Singapore Journal of Legal Studies Soc. Sci. Q. Social Science Quarterly SPPQ State Politics & Policy Quarterly SpruchG Gesetz über das gesellschaftsrechtliche Spruchverfahren St. Mary’s L.J. St. Mary‘s Law Journal Stan. L. Rev. Stanford Law Review Stetson L. Rev. Stetson Law Review Suffolk J. Trial & App. Advoc. Suffolk Journal of Trial & Appellate Advocacy Suffolk Transnat‘l L. Rev. Suffolk Transnational Law Review Sw. J. L. & Trade Am. Southwestern Journal of Law and Trade in the Americas Sw. L.J. Southwestern Law Journal Syd LR Sydney Law Review Syracuse J. Int’l. L. & Com. Syracuse Journal of International Law and Commerce TBT-Übereinkommen Agreement on Technical Barriers on Trade

Abkürzungsverzeichnis

XXIX

TCLR Trinity College Law Review Temple Int’l & Comp. L.J. Temple International and Comparative Law Journal Tex. Int’l L.J. Texas International Law Journal Tex. L. Rev. Texas Law Review Transnat’l. Law. The Transnational Lawyer Tul. L. Rev. Tulan Law Review Tulsa J. Comp. & Int’l L. Tulsa Journal of Comparative and International Law TVG Tarifvertragsgesetz UN-CT United Nations Convention on Transparency in Treaty-based Investor-State Arbitration UNCITRAL AR UNCITRAL Arbitration Rules UNCITRAL TR UNCITRAL Rules on Transparency in Treaty-based Investor-State Arbitration U. Chic. L. Rev. University of Chicago Law Review U. Pa. L. Rev. University of Pennsylvania Law Review U.S.C. United States Code U.S.F. L. Rev. University of San Francisco Law Review U.T. Fac. L. Rev. University of Toronto Faculty of Law Review UKlaG Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen Unif. L. Rev. Uniform Law Review Urb. Law. Urban Lawyer UWG Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Va. Envtl. L.J. Virginia Environmental Law Journal Va. L. Rev. Virginia Law Review Vand. J. Transnat’l L. Vanderbilt Journal of Transnational Law Vand. L. Rev. Vanderbilt Law Review VerfO-EuGH Verfahrensordnung des Gerichtshofs VO 1/2003 Verordnung (EG) Nr.  1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln VwGO Verwaltungsgerichtsordnung W. St. U. L. Rev. Western State University Law Review West. Polit.  Q. The Western Political Quarterly Widener L. Symp. J. Widener Law Symposium Journal Wis. Law. Wisconsin Lawyer Wm. & Mary Bill Rts. J. William & Mary Bill of Rights Journal WPAR Working Procedures for Appellate Review WRP Wettbewerb in Recht und Praxis WTO World Trade Organization WTO-Übereinkommen Agreement Establishing the World Trade Organization WuW Wirtschaft und Wettbewerb WWF World Wide Fund For Nature WVK Wiener Vertragsrechtskonvention Yale L.J. Yale Law Journal ZaöRV Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht

XXX

Abkürzungsverzeichnis

ZEuP ZfRV

Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Europarecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung ZHR Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht ZPO Zivilprozessordnung ZWeR Zeitschrift für Wettbewerbsrecht ZZP Zeitschrift für Zivilprozess Weitere gebräuchliche juristische Abkürzungen finden sich bei Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 8.  Aufl. 2015. Hierauf wird Bezug genommen.

§  1  Einführung „Let’s begin by dispelling three common misconceptions about amicus briefs. The first is that amicus briefs are not very important; that they are at best only icing on the cake. In reality, they are often the cake itself.“1 „In my own view, such briefs play an important role in educating the judges on potentially relevant technical matters, helping make us not experts, but moderately educated lay persons, and that education helps to improve the quality of our decisions.“2 „The vast majority of amicus curiae briefs are filed by allies of litigants and duplicate the arguments made in the litigants’ briefs, […]. They are an abuse.“3 „Insgesamt variieren die Anforderungen der einzelnen Verfahrensordnungen an ein Tätigwerden als ‚amicus curiae‘ so stark, dass die Rechtsfigur keine einheitlichen Konturen aufweist.“4 „The acceptance of amicus submissions would have the additional desirable consequence of increasing the transparency of investor-state arbitration. Public acceptance of the legitimacy of international arbitral processes, particularly when they involve states and matters of public interest, is strengthened by increased openness and increased knowledge as to how these processes function.“5 „From one perspective, broadening the scope of the tribunal’s inquiry to include considera­ tion of public interest issues raised by non-parties entails a shift from an adjudicative to [a] legislative model of arbitrator behavior, which also exposes the tribunal to the pressure of satisfying public opinion.“6

Ennis, 33 Cath. U. L. Rev. 603 (1984). Justice Breyer, 82 Judicature 24, 26 (1998). 3  Judge Posner, in: Ryan v. Commodity Futures Trading Com’n, 125 F.3d 1062, 1063 (7th Cir. 1997). 4  Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  28. 5  Aguas Argentinas, S.A., Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona S.A., and Vivendi Universal S.A. v. The Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/03/19, Order in Response to a Petition for Transparency and Participation as Amicus Curiae, 19.05.2005, Rn.  22. 6  Kawharu, in: Waibel/Kaushal/Chung/Balchin, The Backlash against Investment Arbitration, S.  294. 1  2 

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§  1  Einführung

A.  Gegenstand der Untersuchung Die vorstehenden Zitate geben einen Hinweis auf Umfang, Ambivalenz und Stellenwert der Thematik: eine umfassende Untersuchung der Figur des amicus curiae.7 Der Begriff des amicus ist den meisten deutschen Juristen nicht vertraut. Hierunter versteht man einen Dritten, der, ohne als Partei oder etwa Intervenient am Rechtsstreit selbst beteiligt zu sein, dem Gericht tatsächliche oder rechtliche Informationen zur Verfügung stellt. Dies geschieht meist mittels eines Schriftsatzes, des sogenannten amicus briefs.8 Eine solche Definition lässt jedoch noch viele Fragen offen. Warum beteiligt sich der amicus am Verfahren? Wie steht er zu den Parteien? Wer ist amicus? Wie nimmt er auf eine Streitigkeit Einfluss? Welchen Status hat der amicus im Verfahren? Wie ist er von anderen Instrumenten der Beteiligung Dritter am Verfahren abzugrenzen? Welche prozessualen Anforderungen ergeben sich für seine Beteiligung? Wann ist eine amicus-Stellungnahme einzureichen? Können etwa tatsächliche Ausführungen als Beweis verwertet werden? Welche prozessualen Rechte hat ein amicus? Wer trägt die Kosten für eine amicus-Beteiligung? Fragen wie diese und einige mehr lassen sich rasch finden. Diese Arbeit hat sich zum Ziel gesetzt, Antworten zu liefern. Neben den soeben aufgeworfenen Fragen bilden auch die eingangs zitierten Anmerkungen eine Reihe von Anknüpfungspunkten. Im Rahmen der ersten drei Zitate wird etwa deutlich, dass auch die Frage der Nützlichkeit von amicus-Stellungnahmen beantwortet werden muss. Dabei ist diese Frage eng verknüpft mit derjenigen, wie die Einflussnahme erfolgt. Das vierte Zitat etwa nimmt darauf Bezug, ob amici sich tatsächlich in keiner Weise klassifizieren lassen. Diese Frage ist eng verbunden mit der Frage nach dem Status von amici im Verfahren. Die letzten beiden Zitate führen zudem zu der Frage, inwiefern amici zu einer Politisierung von Streitigkeiten beitragen. Hierauf wird insbesondere im Rahmen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit zurückzukommen sein. Bevor diese und weitere Fragestellungen in Angriff genommen werden können, ist aber noch der Fokus der Erörterungen zu bestimmen – welche Rechts- und Prozessordnungen bilden den Gegenstand der Untersuchung? Amici sind in unterschiedlichen Ausprägungen in den nationalen Rechtsordnungen der Vereinig7 

Im Folgenden wird zumeist lediglich der Begriff amicus verwandt. Vgl. Hirte, ZZP 104 (1991), 11, 14. Vgl. auch: Garner, Black’s Law Dictionary, S.  102, mit einer Betonung des Eigeninteresses des amicus. Dieser Aspekt wird im Rahmen der §§  2–6 der vorliegenden Untersuchung näher herausgearbeitet. Eine abschließende Defini­ tion wird im Fazit bei §  17 B. gegeben. Zu weiteren Definitionen mit Nachweisen siehe ­Mohan, Sing. JLS 2010, 352, 353 ff.; Menétrey, L’amicus curiae, S.  3 ff. Vgl. auch: Redden/ Beyer, Modern Dictionary, S.  40. 8 

§  1  Einführung

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ten Staaten,9 Argentiniens,10 Australiens,11 Brasiliens,12 Englands,13 Frankreichs,14 9 

Siehe dazu unten §  2. Dort regelt eine Verordnung recht detailliert, dass sich amici vor dem Corte Suprema de Justicia de la Nación beteiligen können, Acordada 28/2004, aus der Literatur dazu etwa, Ruibal, 47 Lat. Am. Res. Rev. 22, 27 (2012). 11  Dort ist das Instrument des amicus gewohnheitsrechtlich anerkannt, dazu Kenny, 20 Adel. L. Rev. 159 ff. (1998); Durbach, 20 Adel. L. Rev. 177 ff. (1998); Mason, 20 Adel. L. Rev. 173 ff. (1998); Owens, 20 Adel. L. Rev. 193 ff. (1998); Willmott/White/Cooper, 27 Syd LR 597 ff. (2005); Williams, 28 FL Rev 365 ff. (2000); Zhou, 32 MULR 1158 ff. (2008). Darüber hinaus hat die Human Rights and Equal Opportunity Commission die Möglichkeit, sich als amicus an Verfahren zu beteiligen, geregelt in Schedule 1, 46PV Human Rights Legislation Amendment Act No. 1 1999, der den Human Rights and Equal Opportunity Commission Act 1986 ergänzt, dazu Fougere, The Intervention and amicus curiae functions of the Human Rights And Equal Opportunity Commission and its commissioners (2001). 12  In Brasilien besteht die Möglichkeit, sich vor dem Verfassungsgericht als amicus zu beteiligen, Art.  7 §  2 Lei No 9.868, de 10 de Novembro 1999, aus der Literatur hierzu Medeiros, Amicus Curiae: Un Panorama do Terceiro Coloborador, S.  7; Kochevar, 122 Yale L.J. 1653, 1659 (2013); Henning Leal, in: Anderheiden/Keil/Kirste/Schaefer, Verfassungsvoraussetzungen, S.  810 ff. Auch können sich verschiedentlich Behörden, wie etwa Wettbewerbsbehörden, an Gerichtsverfahren in einer amicus ähnlichen Stellung beteiligen, dazu Medeiros, Amicus Curiae: Un Panorama do Terceiro Coloborador, S.  7; Kochevar, 122 Yale L.J. 1653, 1659 (2013). 13  Zur historischen Perspektive siehe unten §  2 A. I. Im Jahre 2001 erging eine Mitteilung an die Gerichte durch den Attorney General und den Lord Chief Justice, die das Instrument des amicus zum einen in Advocate to the Court umbenannte und zum anderen Maßgaben für seine Beteiligung aufstellte, dazu Goldsmith, Advocate to the Court sowie Bellhouse, CJQ 2004, 187, 191 ff., der das Memorandum zitiert; die Ausprägung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch beschreibend Wikeley/Young, 18 J L & Soc 464 ff. (1991); Andrews, Principles of Civil Procedure, S.  35; Kühne, Amicus Curiae, S.  22 ff. 14  Im französischen Recht sind qualifizierte Personen wiederholt von französischen Zivilgerichten als amicus curiae benannt worden. Im Jahre 1989 erklärte der damalige Präsident der Cour de cassation, dass diese amici zur Hilfe herbeiziehen könne: „Pour enrichir les débats qui se déroulent devant elle et les faire porter au niveau élevé qui doit être le leur, en raison de leur technicité ou de leur spécificité, la Cour de cassation se doit de les ouvrir aux apports de l’extérieur, dès lors que les compétences sollicitées sont incontestables, représentatives et de haute valeur morale et humaine. Que ce soit sous la forme d’une contribution épisodique d’un ‚amicus curiae‘ ou sous ceIle d’une participation à nos travaux de personnalités venant à nous au tour extérieur et pour une durée déterminée de deux ou trois années, notre juridiction – parce qu’ elle est juridiction suprême et souveraine – ne peut se priver du concours de ceux qui, dans notre pays, incarnent la science ou la conscience.“, Drai, Audience solennelle de début d’année judiciaire, 06.01.1989 dazu ausführlich Menétrey, L’amicus curiae, S.  41 ff.; jüngst dazu Kühne, Amicus Curiae, S.  139 ff. In einem Verfahren zu Beginn der 1990er Jahre zog die Cour de cassation in dem Verfahren, Cour de cassation, 31.05.1991, 1991 Recueil Dalloz Sirey 417, die Hilfe von amici heran; die amicus-Stellungnahme und das Urteil finden sich etwa bei Duncan, 21 W. St. U. L. Rev. 447, 451 ff. (1994). Eine solche Beteiligung stellt aber eher eine Ausnahme dar. Hingegen ist im Rahmen von verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten eine Kodifizierung des amicus, wenngleich dieser so nicht genannt 10 

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§  1  Einführung

Israels,15 Kanadas,16 Kenias,17 Mexikos,18 Neuseelands,19 Perus,20 Polens,21 wird, gegeben. Die im Jahre 2010 eingefügten Art. R625-2, -3 Code de justice administrative geben dem Gericht die Möglichkeit, „[à] inviter toute personne, dont la com­pétence ou les connaissances seraient de nature à l’éclairer utilement sur la solution à don­ner à un litige, à produire des observations d’ordre général sur les points qu’elle détermine.“ Die Möglichkeit beliebige Personen aufzurufen, ist nicht mit der Beauftragung eines Sachverständigen gleichzusetzen, wie sich aus dem systematischen Zusammenhang der Vorschrift, angesiedelt in „Chapitre V : Les autres mesures d’instruction“ im Gegensatz zu „Chapitre Ier: L’expertise“, ergibt. Dies als Kodifizierung des amicus betrachtend etwa auch Fialaire/Kimboo, Le nouveau droit du procès administratif, S.  42. 15  In Israel findet sich eine Reihe einzelner Gesetze, die es bestimmten Interessengruppen ermöglichen, sich als amicus zu beteiligen, beispielsweise der Art.  13 Employment (Equal Opportunites) Law, 1988, dazu Doron/Totry-Jubran, 19 Temple Int’l & Comp. L.J. 105, 121 f. (2005). Auch in einem Fall vor dem israelischen Supreme Court wurde das allgemeine Recht ausgesprochen, sich als amicus zu beteiligen, dazu Doron/Totry-Jubran, 19 Temple Int’l & Comp. L.J. 105, 112 ff. (2005). 16  Im kanadischen Recht ist der amicus zunächst vor dem Supreme Court of Canada bekannt. Dabei wird die Bezeichnung amicus lediglich verwandt, wenn das Gericht den amicus ernennt, R. 92 Rules of the Supreme Court of Canada, ausführlich dazu Menétrey, L’amicus curiae, S.  30 ff. und Ryder, 10 Constit. Forum 9 ff. (1998). Will sich ein Dritter aus eigener Initiative beteiligen, ist dies unter dem Begriff der intervention, R. 55 ff. Rules of the Supreme Court of Canada, möglich, wobei sich heute auch als Intervenient beteiligen kann, wer lediglich ein indirektes, ideelles oder politisch motiviertes Interesse hat, ausführlich dazu Menétrey, L’amicus curiae, S.  59 ff. Die Zulassung solcher Interessen war bereits seit den 1980er Jahren zu beobachten, Welch, 43 U.T. Fac. L. Rev. 213 ff. (1985). Diese Praxis ähnelt der unten unter §  2 B. I. 2. b) bb) dargestellten Beteiligung von amici vor dem U.S. Supreme Court, allerdings erfolgt eine formale Rechtsstellung als intervenor, womit weitergehende prozessuale Rechte verbunden sind, dazu R. 59 Rules of the Supreme Court of Canada. In Ontario ist unter R. 13 Rules of Civil Procedure sowohl das Konzept der Intervention „as added party“, R. 13.01 Rules of Civil Procedure [of Ontario] als auch das Konzept des amicus „without becoming a party“, R. 13.02 Rules of Civil Procedure [of Ontario] kodifiziert, dazu Muldoon/Scriven, 6 Advocates’Q. 129 ff., 448 ff. (1985). 17  Zum kenianischen Recht siehe Art.  22 (3) (e) Constitution of Kenya Rev. Ed. 2010, dazu Kochevar, 122 Yale L.J. 1653, 1656 (2013). 18  Im mexikanischen Recht ist der amicus in Art.  598 Abs.  2 Código Federal de Procedimientos Civiles seit 2011 verankert, dazu Kochevar, 122 Yale L.J. 1653, 1660 (2013). 19  Im neuseeländischen Recht ist der amicus gewohnheitsrechtlich verankert. Näher befasst sich eine Untersuchung bezüglich der Reform des Judicature Act 1908 mit der Figur des amicus in Neuseeland, Ch. 15 Rn.  17 ff. Review of the Judicature Act 1908 – Towards a Consolidated Courts Act. 20  Im peruanischen Recht sieht Art.  13a Reglamento Normativo del Tribunal Constitucional, Resolución Administrativa 095-2004-P/TC, geändert durch Resolución Administrativa 016-2006-P/TC, vor, dass sich amici auf Bitte des Gerichts hin beteiligen können, dazu ­Kochevar, 122 Yale L.J. 1653, 1660 (2013). Weiterhin kann sich der „Volksverteidiger“ an gerichtlichen Verfahren als amicus beteiligen, dazu ausführlich Defensoría del Pueblo, El amicus curiae: ¿qué es y para qué sirve? 21  Das polnische Verfassungsgericht hat seit 2006 die Beteiligung von amici in vier Fällen

§  1  Einführung

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­ ingapurs,22 Südafrikas23 sowie im europäischen und deutschen Kartellrecht24 S ­bekannt. Ferner sind sie im Rahmen der ALI / UNIDROIT Principles of Trans­ national Procedure (PTCP) normiert.25 Im Bereich des internationalen Rechts sind amici wiederum in unterschiedlichen Ausprägungen im Welthandelsrecht,26 in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit,27 vor dem Internationalen Gerichtshof,28 vor dem Internationalen Seegerichtshof,29 vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte30 sowie dem Internationalen Strafgerichtszugelassen, siehe Krzyżanowska-Mierzewska, in: Keller/Sweet, A Europe of Rights, S.  594. Siehe weiter zum polnischen Recht Kochevar, 122 Yale L.J. 1653, 1661 (2013) mit ausführlichen Hinweisen auf die polnischsprachige Literatur. 22  Zum singapurischen Recht Mohan, Sing. JLS 2010, 352, 367. Dort ist der amicus gewohnheitsrechtlich verankert. 23  Dort regelt R. 10 Rules of the [Constiutional] Court, ed. 2003, dass sich amici vor dem südafrikanischen Verfassungsgericht beteiligen können, dazu Murray, 10 SAJHR 240 ff. (1994); Klaaren, 11 SAJHR 499 ff. (1995). 24  Dazu unten §  3. 25  Dazu unten §  4. 26  Dazu unten §  5. 27  Dazu unten §  6. 28  Vor dem Internationalen Gerichtshof können sich Staaten an streitigen Verfahren, ­contentious proceedings, nur in Ausnahmefällen als amici beteiligen, dazu Bartholomeusz, 5 Non-State Actors & Int’l L. 209, 212 (2005). Vornehmlich bleibt ihnen die Möglichkeit der Intervention, Art.  62, 63 ICJ Statute, welche allerdings im Fall des Art.  62 Abs.  1 ICJ Statute restriktiv gehandhabt wird und in der Praxis selten vorkommt, dazu Shelton, 88 AJIL 611, 626 (1994). Internationale Organisationen, wie etwa die International Civil Aviation Organization (ICAO) können sich nach Art.  34 ICJ Statute an streitigen Verfahren beteiligen, dies als amicus-Beteiligung qualifizierend Bartholomeusz, 5 Non-State Actors & Int’l L. 209, 212 ff. (2005); Chinkin/Mackenzie, in: Boisson de Chazournes/Romano/Mackenzie, International Organizations and International Dispute Settlement, S.  139 ff.; Shelton, 88 AJIL 611, 619 ff. (1994). Im Rahmen von advisory opinions können sich nach Art.  66 ICJ Statute Staaten und Internationale Organisationen beteiligen, dies als amicus-Beteiligung qualifizierend Bartholomeusz, 5 Non-State Actors & Int’l L. 209, 217 ff. (2005); Chinkin/Mackenzie, in: Boisson de Chazournes/Romano/Mackenzie, International Organizations and International Dispute Settlement, S.  139 ff.; Shelton, 88 AJIL 611, 619 ff. (1994). Seit Verabschiedung einer practice direction von 2004 werden Stellungnahmen von Nichtregierungsorganisationen im Peace Palace ausgelegt und gelten nunmehr als allgemein zugängliche Materialien, welche Gericht und Parteien heranziehen können, näher Leroux, 8 Int. C. L. Rev. 203, 217 ff. (2006). 29  Das Verfahren ähnelt hier dem vor dem Internationalen Gerichtshof, im Einzelnen Bartholomeusz, 5 Non-State Actors & Int’l L. 209, 226 ff. (2005). 30  Vor dem EGMR statuieren insbesondere Art.  36 Convention for the Protection of ­Human Rights and Fundamental Freedoms sowie R. 44 Rules of Court umfassende Möglichkeiten der Beteiligung Dritter. Zwar wird die Bezeichnung „amicus“ nicht verwandt, in der Sache bestehen jedoch Ähnlichkeiten dergestalt, dass es Art.  36 Abs.  2 der Convention ermöglicht, jedweden Dritten um eine schriftliche Stellungnahme zu bitten, näher Dolidze, 40 Syracuse J. Int’l. L. & Com. 119, 134 ff. (2012); Bartholomeusz, 5 Non-State Actors & Int’l L. 209, 232 ff. (2005). Jüngst zu einer amicus-Beteiligung vor dem EGMR und auch anderen

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§  1  Einführung

hof 31 geläufig. Mithin lässt sich zwanglos formulieren, dass amici sowohl in einigen nationalen Rechtsordnungen als auch insbesondere im Bereich des internationalen Rechts stark verwurzelt sind. Ein zentraler Unterschied der verschiedenen Rechts- und Prozessordnungen im Hinblick auf den amicus ist darin zu sehen, dass im brasilianischen, englischen, französischen, neuseeländischen, peruanischen und singapurischen Recht sowie vor dem kanadischen Supreme Court und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine Beteiligung nur beziehungsweise überwiegend auf Initiative des Gerichts hin erfolgen kann.32 Eine solche Art der Beteiligung kennt etwa auch das deutsche Verfassungsprozessrecht.33 Hingegen ist im U.S.-amerikanischen, argentinischen, israelischen, kenianischen, mexikanischen, polnischen, südafrikanischen Recht, dem Recht Ontarios, im deutschen und europäischen Kartellrecht, im Rahmen der PTCP sowie vor der Welthandels­ internationalen Spruchkörpern Dolidze, 26 Eur. J. Int’l L. 851 (2015) sowie Dorthan, ZaöRV 2015, 635, insb. 659 ff. 31  Dazu Art.  103 ICC Rules of Evidence and Procedure sowie Bartholomeusz, 5 Non-­State Actors & Int’l L. 209, 242 f. (2005). 32  In Bezug auf eine Beteiligung vor dem brasilianischen Verfassungsgericht vgl. Art.  7 §  2 Lei No 9.868. Behörden können sich aber teilweise auch auf eigene Initiative am Verfahren beteiligen, Medeiros, Amicus Curiae: Un Panorama do Terceiro Coloborador, S.  6 ff. Hinsichtlich des britischen Rechts ergibt sich unter anderem aus dem Aufsatz von Bellhouse, dass eine Beteiligung in der Praxis nur auf Anfrage des Gerichts hin erfolgt, Bellhouse, CJQ 2004, 187, 188 ff. Auch das bereits angesprochene Memorandum bringt dies zum Ausdruck, Nachweise bei Bellhouse, CJQ 2004, 187, 191 ff. Bezüglich des französischen Rechts kann auf die obigen Ausführungen zurückgegriffen werden, wonach eine Beteiligung nur auf Bitte des Gerichts hin stattfindet. Das neuseeländische Recht kennt bisher die Beteiligung als „amicus curiae“ nur auf Bitte des Gerichts hin, Ch. 15 Rn.  22 ff. Review of the Judicature Act 1908. Allerdings sind in letzter Zeit die Voraussetzungen der intervention wesentlich ge­ lockert worden, so dass nunmehr auch lediglich eine public interest intervention möglich ist, Ch. 15 Rn.  49 ff. Review of the Judicature Act 1908. In der Sache ähnelt dies einer amicus-­ Beteiligung, allerdings erfolgt eben eine Rechtsstellung als Intervenient. Im peruanischen Recht erfolgt eine Beteiligung wie gesehen grundsätzlich nur auf Bitte des Gerichts hin, etwas anderes gilt allerdings für den Volksverteidiger. Im singapurischen Recht hat der amicus vornehmlich die Rolle eines Unterstützers des Gerichts inne, wie etwa im britischen Recht, näher Mohan, Sing. JLS 2010, 352, 367. Vor dem Supreme Court Kanadas ist wie gesehen begrifflich mit einer amicus-Beteiligung nur eine Beteiligung auf Bitte des Gerichts hin verbunden. Zwar wurden die Voraussetzungen der intervention deutlich gelockert, dadurch wurde aber keine amicus-Beteiligung normiert, sondern die Beteiligung eines intervenor, was sich im Hinblick auf die prozessualen Möglichkeiten auswirkt, dazu R. 59, 92 Rules of the Supreme Court of Canada. Die Situation ähnelt der des neuseeländischen Rechts. Vor dem EGMR ist nach Art.  36 Abs.  2 Convention nur eine Beteiligung auf Bitte des Gerichts hin möglich. Dies gilt ausweislich Art.  36 Abs.  1, 3 Convention nicht für Mitgliedstaaten der Convention oder für die Kommission. 33  Dazu ausführlich unten §  16 A.

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organisation, dem Internationalen Gerichtshof, dem Internationalen Seegerichts­ hof, dem Internationalen Strafgerichtshof und im Rahmen der Investitions­ schiedsgerichtsbarkeit überwiegend eine Beteiligung sowohl auf Initiative des amicus als auch auf Bitte des Gerichts hin möglich.34 Im Recht der Welthandels­ organisation und im Rahmen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit kommt allerdings eine Beteiligung auf Initiative des Gerichts nur in Ausnahmefällen vor.35 Begrifflich ist fraglich, ob dann, wenn eine sua sponte-Beteiligung aus­ geschlossen ist, der Terminus „amicus“ überhaupt noch zielführend ist oder ob damit eine gewisse Irreführung erfolgt. In dieser Arbeit wird unter einem amicus ein Dritter verstanden, der zumindest auch auf eigene Initiative tätig werden kann.36 Kann ein amicus nur auf Initiative des Gerichts hin tätig werden, so ist er nunmehr als „atypischer amicus“ zu bezeichnen. Insofern findet sich in den Rechts- und Prozessordnungen des brasilianischen, englischen, französischen, neuseeländischen, peruanischen und singapurischen Rechts sowie vor dem ­kanadischen Supreme Court und dem Europäischen Gerichtshof für Menschen34  Zum U.S.-amerikanischen Recht siehe unten §  2 B. Im argentinischen Recht ergibt sich dies aus dem Wortlaut von Art.  1 Acordada 28/2004. Dort fehlt insbesondere ein Hinweis, dass eine Beteiligung nur auf Bitte des Gerichts hin möglich sei. Im israelischen Recht ergibt sich dies aus dem Wortlaut des zitierten Employment Law sowie aus der Entscheidung des israelischen Supreme Courts, dazu Doron/Totry-Jubran, 19 Temple Int’l & Comp. L.J. 105, 112 ff. (2005). Hinsichtlich des kenianischen Rechts ist in Art.  22 (3) (e) Constitution of ­Kenya Rev. Ed. 2010 davon die Rede, dass bestimmte Organisationen mit der Genehmigung des Gerichts als Freund des Gerichts erscheinen können. Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn das Gericht den amicus selbst ernennen würde. Im mexikanischen Recht ergibt der Wortlaut von Art.  598 Abs.  2 Código Federal de Procedimientos Civiles, dass sich amici auch auf eigene Initiative am Verfahren beteiligen können. Zum polnischen Recht siehe die obigen Verweise. Im Rahmen des südafrikanischen Rechts ergibt sich dies aus R. 10 Rules of the [Constitutional] Court. Hinsichtlich einer Beteiligung auf Bitte des Gerichts siehe etwa ­Murray, 10 SAJHR 240, 242 ff. (1994). In der Zivilprozessordnung von Ontario ist auch eine Beteiligung als amicus auf eigene Initiative vorgesehen. Zum deutschen und europäischen Kartellrecht unten §  3 B. I., II. Zu den PTCP unten §  4 B. Hinsichtlich der Möglichkeit, einen amicus im Rahmen des Welthandelsrechts zu benennen, unten §  12 D. Im Rahmen des Internationalen Gerichtshofs können sich bei advisory opinions Staaten wie auch Internationale Organisationen auf eigene Initiative beteiligen, zur Möglichkeit letzterer, sich auf eigene Initiative zu beteiligen, Bartholomeusz, 5 Non-State Actors & Int’l L. 209, 220 (2005). Bei contentious proceedings können sich internationale Organisationen, wie sich aus Art.  34 Abs.  2 ICJ Statute ergibt, nur auf Anfrage des Gerichts beteiligen. Zum Internationalen Seegerichtshof siehe ebenfalls Bartholomeusz, 5 Non-State Actors & Int’l L. 209, 227 ff. (2005). Im Rahmen des Internationalen Strafgerichtshofs regelt Art.  103 Abs.  1 ICC Rules of Evi­ dence and Procedure, dass eine Beteiligung sowohl auf Initiative des Gerichts als auch des amicus selbst erfolgen kann. Hinsichtlich der Möglichkeit, einen amicus im Rahmen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit zu benennen, siehe unten §  12 E. 35  Dazu unten §  12 D., E. 36  Abweichend Menétrey, L’amicus curiae, S.  4 f.

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§  1  Einführung

rechte nach hier verstandener Diktion keine amicus-Beteiligung, sondern lediglich eine atypische amicus-Beteiligung. Eine solche begriffliche Differenzierung hat ihren Grund zum einen darin, dass im englischen common law des 17.–19. Jahrhunderts beide Alternativen praktiziert wurden und dies als einzig gesicherte Herkunft des amicus gilt. Zum anderen ist die Ausprägung der heutigen amicus-Praxis maßgeblich durch das U.S.-amerikanische Recht gekennzeichnet,37 welches insbesondere durch amicus-Stellungnahmen auf eigene Initiative geprägt ist.38 Es wäre ein geradezu vermessenes Projekt, all diese verschiedenen Rechtsbeziehungsweise Prozessordnungen im Hinblick auf die soeben aufgeworfenen Fragen hin zu untersuchen. Ein solches Unterfangen würde an der schieren Anzahl verschiedener Normsysteme scheitern. Daher ist eine Auswahl zu treffen. Zentral ist zunächst das U.S.-amerikanische Recht. In diesem ist die Figur des amicus am stärksten verwurzelt, weswegen dort wertvolle Erkenntnisse sowohl über die verschiedenen Funktionen von amici als auch im Hinblick auf prozessuale Fragestellungen gefunden werden können. Für den deutschen Juristen von unmittelbarem Interesse sind zudem das europäische und deutsche Kartellrecht, besteht dort doch ein direkter Bezug zur heimischen Rechtsordnung. Auf die übrigen nationalen Rechtsordnungen kann nicht näher eingegangen werden. Dort spielen amici jedoch nur eine untergeordnete Rolle und haben in der bisherigen rechtswissenschaftlichen Diskussion keine vertiefte Untersuchung erfahren. Wohl aber sollen die historischen Wurzeln im englischen common law dargestellt werden, da diese auch für die U.S.-amerikanische Ausformung des amicus von Bedeutung sind. Ebenfalls in den Fokus genommen werden die PTCP. Diese sind mit zu behandeln, weil sie mit ihrem Charakter als Modellrechtsordnung Ausstrahlungen auf spätere Reformen des Prozessrechts in anderen nationalen Rechtsordnungen haben können. Sie stellen zudem den momentanen Forschungsstand im Rahmen der Prozessrechtsvereinheitlichung dar. Daher ist es von besonderem Interesse und unbedingt berichtenswert, wenn dort die Figur des amicus normiert ist. Im Bereich des internationalen Rechts soll zunächst näher auf das Welthandels­ recht eingegangen werden. Zum einen ist dort der Gegensatz zwischen einer Beteiligung von vornehmlich nicht staatlichen Beteiligten wie Nichtregierungsorganisationen via amicus-Stellungnahmen und der zwischenstaatlich ausgeprägten Streitbeilegung interessant. Des Weiteren hat die Beteiligung von amici 37  Dies ergibt sich zum einen im Hinblick auf die schiere Anzahl der Beteiligungen, dazu ausführlich unten §  2 E., in vergleichender Perspektive §  7 E., und zum anderen wegen der reichhaltigen Auseinandersetzung mit dem amicus in Literatur und Rechtsprechung, auf die im Rahmen der Arbeit immer wieder zurückzukommen sein wird. 38  Dazu insbesondere §  2 B. I.

§  1  Einführung

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vor den Streitbeilegungsgremien im Welthandelsrecht auch im Rahmen der I­ nvestitionsschiedsgerichtsbarkeit Einfluss gehabt.39 Ein relevanter Punkt ist zudem die Natur der WTO-Streitbeilegung. Diese vereint nämlich sowohl Elemente des common law als auch solche des civil law.40 Mit dem U.S.-­ame­ri­ka­nischen Recht sowie dem europäischen und deutschen Kartellrecht werden sowohl eine common law-Rechtsordnung als auch Bereiche des civil law betrachtet. Daher liegt es nahe, mit dem Welthandelsrecht einen Bereich des internationalen Rechts zu wählen, der Elemente beider unterschiedlicher Rechts­ kreise enthält. Schließlich ist die Beteiligung von amici wiederholt in der Praxis Gegenstand von Entscheidungen gewesen und auch in der Literatur mehrfach aufgegriffen worden. Eingegangen werden soll auch auf die Beteiligung von amici im Rahmen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit. Auf der einen Seite ist der Bereich von Investitionsstreitigkeiten ein Gegenstand des internationalen Rechts, der sich rasch fortentwickelt und in letzter Zeit verstärkt Aufmerksamkeit durch die ­Literatur erfahren hat. Weiterhin wird den bereits erwähnten Parallelen zwischen Investitionsschiedsgerichtsbarkeit und Welthandelsrecht nachgegangen. Schließlich haben gerade amici in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit sowohl von Seiten der Schiedsgerichte als auch der Literatur eine intensive Behandlung erfahren. Die übrigen Bereiche des internationalen Rechts können nicht behandelt werden. Dort ist aber sowohl die praktische Handhabung von amicus-Stellungnahmen als auch das wissenschaftliche Interesse gegenüber dem Welthandelsrecht und der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit wesentlich geringer. Zudem ist der Schwerpunkt der behandelten Materien vor dem Internationalen Gerichtshof, etwa Grenzstreitigkeiten oder Verfahren betreffend diplomatische Immunität, eher nicht geeignet, ein großes Interesse seitens der potentiellen amici hervorzurufen.41 Im Fokus der Arbeit stehen somit fünf Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen: das U.S.-amerikanische Recht, das europäische und deutsche Kartellrecht, die PTCP, das Welthandelsrecht und die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit. Dabei sind jedoch einige Einschränkungen vorzunehmen. Im Bereich des U.S.-amerikanischen Rechts wird ausschließlich auf Regelungen zum amicus im Rahmen der Bundesgerichte eingegangen. Einzelstaatliche Vorschriften bleiben außer Betracht. Auch werden überwiegend Urteile der Bundesgerichte 39 

Auf diesen Punkt näher eingehend unten §  7 A. Darauf hinweisend McRae, 7 JIEL 3, 8 (2004). 41  Darauf hinweisend Leroux, 8 Int. C. L. Rev. 203, 217 (2006). 40 

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§  1  Einführung

ausgewertet, lediglich im Rahmen von §  2 wird gelegentlich auf einzelstaatliche Urteile eingegangen. Ferner wird der weit überwiegende Schwerpunkt auf zivilrechtliche Streitigkeiten gelegt, wobei auch Streitigkeiten mit verfassungsrechtlichen Komponenten behandelt werden. Strafverfahren werden nur vereinzelt aufgegriffen. Im Bereich des europäischen und deutschen Kartellrechts wird vornehmlich auf Verfahren eingegangen, die vor den Zivilgerichten ablaufen. Verwaltungsrechtliche Kartellverfahren, wie etwa die Entscheidungen von Kartellbehörden und deren Überprüfung, bleiben weitgehend außer Betracht. Allgemeine prozessuale Fragen, wie etwa die Anforderungen, die prozessual an den amicus gestellt werden, werden zudem nur aus Sicht der ZPO beantwortet. Dies ist eine Einschränkung, da theoretisch bei einer Beteiligung der Kommission alle 28 mitgliedstaatlichen Prozessordnungen zu prüfen wären.42 Im Bereich von Investitionsstreitigkeiten werden nur Verfahren untersucht, die im Rahmen von ICSID-Verfahren oder unter Geltung der UNCITRAL AR43 stattfinden. Diese Limitierung ist aber im Hinblick auf amicus-Stellungnahmen nicht weiter einschränkend, da sich amici ohnehin nur an Verfahren beteiligt haben, welche die eben genannten Charakteristika aufweisen.

B.  Rechtsvergleichung im Zivilprozessrecht – Methodik der Arbeit Bereits mit der Darstellung des Untersuchungsgegenstands wird deutlich, dass sich die vorliegende Arbeit dem Bereich der Rechtsvergleichung, genauer gesagt der Prozessrechtsvergleichung, widmet. Insofern sollen sich einige Anmerkungen zur diesbezüglichen Methodik anschließen. Eine wesentliche Weichenstellung folgt bereits aus dem Gegenstand der Untersuchung. Die nachstehenden Ausführungen verstehen sich nicht als Ausprägung der Makrovergleichung. Bei dieser wird der Geist und Stil verschiedener Rechtsordnungen miteinander verglichen, mithin werden die großen Zusammenhänge gesucht.44 Vielmehr ist Gegenstand dieser Arbeit die Mikrovergleichung. Ein einzelnes Rechtsinstitut, nämlich das des amicus curiae, wird anhand der Darstellung in verschiedenen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen verglichen werden. 42  Zu einem solchen Ansatz für das Kartellrecht etwa Text of Questionnaire, in: Cahill, The Modernisation of EU Competition Law Enforcement in the EU, FIDE 2004 National Reports, S.  1 ff. 43  UNCITRAL Arbitration Rules. 44  Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  4.

§  1  Einführung

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Weiterhin wesentlich ist im Rahmen der Rechtsvergleichung ein Abstellen auf das Prinzip der Funktionalität.45 Dieses gebietet, das zu untersuchende Problem frei von Systembegriffen der eigenen Rechtsordnung zu erörtern. Zu fragen ist vielmehr, mit welchen Mitteln eine Rechtsordnung ein bestimmtes Ergebnis zu erreichen sucht. Insofern ist nicht primär die Bezeichnung als amicus entscheidend, sondern vielmehr die Funktion, die dieses Instrument in der jeweiligen Rechts- beziehungsweise Prozessordnung einnimmt. Die Darstellung der Funktion von amici ist dabei ein wichtiger Bestandteil des ersten Teils der Arbeit. Das Leitprinzip der Funktionalität als bestimmender Grundsatz der ­Methodik dieser Arbeit findet sich auch im zweiten Teil der Arbeit wieder. Wenn es darum geht, unterschiedliche prozessuale Instrumente und Figuren und ihr Verhältnis zur Figur des amicus zu untersuchen, wird nicht ihre Bezeichnung, sondern ihre Funktion im Vordergrund stehen. Ebenfalls eine methodische Frage ist die Art des Aufbaus der Darstellung. Zwei Modelle sind denkbar. Zum einen kann mithilfe von „Länderberichten“ jede der ausgewählten Rechtsordnungen separat untersucht werden, um anschließend ein Fazit zu ziehen.46 Nachteil eines solchen Vorgehens ist, dass der eigentliche Vergleich nur in dem Fazit stattfindet. Alternativ bietet sich die oszillierende Methode an.47 Mittels dieser werden die gewählten Jurisdiktionen unmittelbar miteinander verglichen, indem zunächst ein Fragenkatalog erstellt wird. Die jeweiligen Fragen werden anschließend in Bezug auf alle gewählten Rechtsordnungen hin untersucht.48 Somit können gefundene Ergebnisse und Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  33 ff. Wobei die Methode der Funktionalität freilich auch kritisiert wird, beziehungsweise andere Methoden wie etwa ein Fokussieren auf unterschiedliche Rechtskulturen oder ein mehr historischer Ansatz favorisiert werden, dazu mit zahlreichen Nachweisen Michaels, in: Reimann/Zimmermann, Oxford Handbook of Comparative Law, S.  369 ff. Im Rahmen der Verfassungsrechtsvergleichung wird das Prinzip der Funktionalität insofern kritisiert, als die in jeder Gesellschaft vorkommenden Besonderheiten etwa aus politischer oder historischer Sicht nicht genügend berücksichtigt werden, dazu Tushnet, 108 Yale L.J. 1225, 1265 ff. (1999). Zur Kritik an der Methode der Funktionalität jüngst auch Kischel, Rechtsvergleichung, S.  95 ff. 46  Im Rahmen der Prozessrechtsvergleichung folgt das Werk von Jacob/Blankenburg/ Kritzer/Provine/Sanders, Courts, Law, and Politics in Comparative Perspective dieser Gangart. Dort werden nach einer kurzen allgemeinen Einführung die verschiedenen Rechtsordnungen im Hinblick auf ihre prozessualen Aspekte getrennt dargestellt. Am Ende folgt ein vergleichendes Fazit. 47  Kischel, Rechtsvergleichung, S.  207 f., spricht vom verzahnten Vergleich. 48  Dieser Methode folgt in prozessrechtsvergleichender Hinsicht das Werk von Chase/ Hershkoff/Silberman/Taniguchi/Varano/Zuckerman, Civil Litigation in Comparative Context. Dort werden verschiedene Themenfelder, wie etwa die Organisation des Gerichtssystems, S.  106 ff., oder die Initiierung einer Rechtsstreitigkeit, S.  164 ff., im Hinblick auf die verschiedenen untersuchten Rechtsordnungen betrachtet. 45 

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§  1  Einführung

Probleme innerhalb derselben Gliederungsebene für die einzelnen Rechtsordnungen überprüft werden. Das Ziel einer vergleichenden Arbeit, die unterschiedlichen Lösungen der verschiedenen Rechtsordnungen zu finden und gegeneinander abzuwägen, lässt sich so besser realisieren. Die Gefahr liegt in der teils fehlenden Übersichtlichkeit. Bei einer Thematik, die in der heimischen Rechtsordnung bisher weitgehend unbekannt ist, kann es notwendig sein, zunächst mithilfe der Länderberichte einige grundlegende Fragen und Probleme zu erfassen. Anschließend wird mithilfe der oszillierenden Methode tiefer in die Materie eingedrungen.49 Daher wird zunächst der amicus in den einzelnen Rechtsordnungen untersucht, bevor dann mithilfe der oszillierenden Methode die verfahrensrechtliche Ausprägung im Einzelnen vergleichend analysiert wird. Während die Rechtsvergleichung im Allgemeinen wenigen einschneidenden Bedenken begegnet,50 stellt sich dies bei der Prozessrechtsvergleichung im Besonderen teils anders dar. Diesbezüglich wird zum Teil vertreten, die jeweiligen nationalen und kulturellen Besonderheiten, die sich insbesondere im Bereich des Prozessrechts zeigen, ließen eine solche Vergleichung kaum lohnenswert erscheinen.51 Auf der anderen Seite verdeutlicht aber eine Vielzahl von Werken aus neuerer Zeit, dass diese Bedenken unberechtigt sind.52 Zwar dominieren nationale Gebräuche bis zu einem gewissen Grade sicherlich auch den heimischen Prozessbetrieb, dies allein sollte jedoch kein Hindernis für eine rechtsvergleichende Untersuchung sein. Im Hinblick auf den spezifischen Untersuchungsgegenstand ist zudem zu berücksichtigen, dass der amicus und dessen verfahrensrechtliche Ausgestaltung wie gesehen in einer Vielzahl von Rechtsordnungen vorkommen. Für dieses Instrument ist daher ein Abstellen auf nationale und kulturelle Besonderheiten geradezu widersinnig.

49  Vgl. zu einem solchen Vorgehen etwa Remien, Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld, passim. 50  Anschaulich zu möglichen Fehlern bei einer rechtvergleichenden Untersuchung aber Kischel, Rechtsvergleichung, S.  188 ff., der etwa auf falsch erfasste Begrifflichkeiten oder das fehlende Berücksichtigen von Funktionsäquivalenten abstellt. 51  Walter/Baumgartner, 33 Tex. Int’l L.J. 463, 471 f. (1998); Dodson, 60 Ala. L. Rev. 133, 136 f. (2008). 52  Siehe etwa in makrovergleichender Hinsicht Jacob/Blankenburg/Kritzer/Provine/­ Sanders, Courts, Law, and Politics in Comparative Perspective; Chase/Hershkoff/Silberman/ Taniguchi/Varano/Zuckerman, Civil Litigation in Comparative Context; Gilles/Pfeiffer, Prozeß­ recht und Rechtskulturen; Gilles, Prozeßrechtsvergleichung. Im Bereich der Mikrovergleichung sei etwa Zeuner, in: Bernstein/Drobning/Kötz, Festschrift Zweigert, S.  603 ff. genannt.

§  1  Einführung

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C.  Gang der Untersuchung Zunächst gilt es, den amicus im Rahmen des ersten Teils der Arbeit in den jeweiligen Rechtsordnungen näher zu betrachten, mithin ein Verständnis für die Figur zu entwickeln. Dabei steht im Rahmen dieser Ausführungen, die in gewisser Weise Länderberichten ähneln, die Frage der Funktion von amici im Vordergrund. Diese Funktion gilt es zunächst zu erfassen. Weitere wichtige Punkte sind die Festlegung eines prozessualen Status, die Abgrenzung von anderen Instrumenten der Drittbeteiligung sowie die praktische Relevanz des Instruments. Im Rahmen des U.S.-amerikanischen Rechts ist als Besonderheit zunächst die Entwicklung der amicus-Praxis im englischen common law näher zu erörtern. Dabei wird jedoch nicht auf die Stimmen in der Literatur eingegangen, die einen Ursprung der amicus-Praxis bereits im römischen Recht erblicken.53 Dort soll das Consilium eine dem amicus ähnliche Funktion innegehabt und als Vorbild gedient haben. Darunter versteht man vom Gericht ernannte Beamte, die das Gericht auf dessen Anfrage hin berieten.54 Letzteres wird teils als Grund angeführt, keine Parallele zwischen amicus und Consilium zu ziehen.55 In der Tat erfolgt die Mehrzahl von amicus briefs heute nicht mehr auf Initiative des Gerichts hin.56 Dennoch nimmt der amicus auch heute noch eine beratende Funktion ein, die eine Parallele zum Consilium ermöglicht. Zudem findet sich in einer Reihe von Rechtsordnungen wie gesehen auch lediglich die sogenannte atypische amicus-Praxis. Es ist letztlich im Rahmen dieser Arbeit nicht aufklärbar, ob das Consilium Vorbild für die Rechtsfigur des amicus ist.57 Wesentlicher scheint die Frage, inwiefern der amicus im englischen common law verwurzelt war und dort als Vorbild für die Adaption in das U.S.-amerikanische Recht diente. 53  Erstmals berichtet wohl bei Baldwin (Hrsg.), Bouvier’s Law Dictionary, S.  69; dem folgend unter anderem Krislov, 72 Yale L.J. 694 (1963); Comments, 55 Nw. U. L. Rev 469 (1960); Angell, 16 ICLQ 1017 (1967); Harper/Etherington, 101 U. Pa. L. Rev. 1172, 1176 (1953); Lowman, 41 Am. U. L. Rev. 1243, 1244 (1992); Otte, DAJV-NL 1990, 37, 37; Simmons, 42 Conn. L. Rev. 185, 192 (2009); Sorenson, 30 St. Mary’s L.J. 1219, 1224 (1999); O’Connor/Epstein, 8 Just. Sys. J. 35, 36 (1983); Simard, 27 Rev. Litig. 669, 676 (2008); Colker, 68 Ohio St. L.J. 517, 521 (2007); Lucas, 26 Fordham Urb. L.J. 1605, 1607 (1999). 54  Covey, 9 DePaul L. Rev. 30, 33 f. (1959); Otte, DAJV-NL 1990, 37, 37. 55  Covey, 9 DePaul L. Rev. 30, 33 f. (1959). Hierauf bezugnehmend auch Mohan, Sing. JLS 2010, 352, 361 ff. 56  Vielmehr geht der amicus heute in der Regel eine symbiotische Beziehung mit der Partei ein und wendet sich daraufhin an das Gericht, dazu unten §  2 B. 57  Kühne, Amicus Curiae, S.  25 ff. befasst sich eingehender mit dieser möglichen Herkunft und gelangt zu dem Ergebnis, dass es fraglich bleibt, inwiefern die englische Praxis einen Ursprung im römischen Recht hat; ähnlich auch Clark, RabelsZ 80 (2016), 327, 330 f.

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§  1  Einführung

Der nachfolgende §  3 der Arbeit behandelt das europäische und deutsche Kartellrecht, wobei ein Schwerpunkt auf die funktionale Erfassung des amicus gelegt wird. §  4 widmet sich den PTCP. Einer Einführung folgend wird auf dort schwerpunktmäßig auf die Funktion von amicus briefs eingegangen. §§  5 und 6 widmen sich schließlich dem Welthandelsrecht und der Investitionsschieds­gerichtsbarkeit. Nachdem der amicus in den einzelnen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen untersucht wurde, soll im Rahmen von §  7 eine rechtsvergleichende Bestandsaufnahme erfolgen. Im Rahmen der Punkte Entwicklung, Funktion, Status, Abgrenzung und praktische Relevanz wird das bisher Herausgearbeitete zusammengetragen und verglichen. Im anschließenden zweiten Teil der Arbeit wird unter Verwenden der oszillierenden Methode eine Reihe von prozessualen Problemen in vergleichender Perspektive behandelt. Dabei dient die Darstellung des Nebenintervenienten im Werk zum Zivilprozessrecht von Rosenberg/Schwab/Gottwald teilweise als Vorbild.58 Schwerpunkte des zweiten Teils werden zunächst die in den §§  8 und 9 erörterten Fragen nach den Voraussetzungen und dem Zeitpunkt einer amicus-Beteiligung sein. Wesentlich ist auch die Frage nach einem Recht auf Beteiligung, dazu §  10. Zentral wird schließlich die in §§  11 und 12 vorgenommene Untersuchung bezüglich der Einbindung des Inhalts von amicus-Stellungnahmen und deren Vereinbarkeit mit prozessualen Maximen. Kann das Gericht etwa selbstständig Tatsachen in einem unaufgefordert eingereichten amicus brief zum Gegenstand des Urteils machen? Sind hier verschiedene Arten von Tatsachen zu unterscheiden? Im Rahmen dieser Darstellung wird zwischen amicus briefs auf eigene Initiative und solchen auf Initiative des Gerichts differenziert. In den nachfolgenden §§  13–15 werden weitere prozessuale Fragestellungen, etwa im Hinblick auf den Umfang der Beteiligungsmöglichkeiten eines amicus oder Fragen der Kostenlast, erörtert. In §  16 wird sodann die Möglichkeit einer Reform hin zu einer amicus-Praxis im deutschen und europäischen Recht erwogen. Abgeschlossen wird mit einem Fazit in §  17, dem eine die vorangegangenen Ausführungen aufgreifende Definition des amicus beigegeben ist.

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Etwa hinsichtlich der Frage der Voraussetzungen einer Beteiligung.

1. Teil

„Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz Als Grundlage der Untersuchung erfolgt im ersten Teil die Darstellung der Materie für jede der untersuchten Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen getrennt. Wesentlicher Gegenstand der Untersuchung ist dabei das Herausarbeiten der Funktion von amici. Aber auch ihr prozessualer Status, die Abgrenzung zu anderen Instrumenten der Drittbeteiligung und ihre praktische Relevanz werden untersucht.

§  2  U.S.-amerikanisches Recht Der amicus curiae ist im U.S.-amerikanischen Recht fest verwurzelt. Dabei kann die Figur des amicus auf eine lange Tradition zurückblicken. Daher sollen die folgenden Ausführungen zunächst eine historische Aufarbeitung der Figur des amicus leisten, denn nur wenn die geschichtlichen Zusammenhänge präsent und richtig eingeordnet sind, ist es möglich, die heutige Ausformung der Praxis zu verstehen.

A.  Entwicklung – Entzauberung eines Mythos „A true amicus curiae is without interest in the litigation in which he appears.“1 Dieses Zitat stammt vom texanischen Supreme Court aus dem Jahre 1957. Auch in der Literatur wird immer wieder betont, der amicus sei in seiner ursprünglichen Ausformung der Neutralität verpflichtet gewesen und habe gerade nicht parteiisch agiert.2 Diese Hypothese gilt es zu überprüfen. Begonnen wird dabei mit der amicus-Praxis im englischen common law des 17.–19. Jahrhunderts.

I.  Der amicus curiae im englischen common law des 17.–19. Jahrhunderts Im besagten Zeitraum trifft die Prämisse zu, dass der amicus eine vornehmlich neutrale Rolle eingenommen hat. Dies belegen zunächst verschiedene Einträge aus Rechtswörterbüchern. So erfasst Abbott’s Dictionary of Terms and Phrases den amicus als einen Zuschauer, bystander, der, ohne ein Interesse an dem Fall zu haben, das Gericht in rechtlicher oder tatsächlicher Weise unterstützt.3 Holt­ Burger v. Burger, 298 S.W.2d 119, 120 (S.Ct. of Tex. 1957). Krislov, 72 Yale L.J. 694, 697 ff. (1963); Lowman, 41 Am. U. L. Rev. 1243, 1250 ff. (1992); Rustad/Koenig, 72 N.C. L. Rev. 91, 95 ff. (1993); Colker, 68 Ohio State L.J. 517, 521 (2007); Walbolt/Lang, 32 Stetson L. Rev. 269, 270 (2003). Siehe auch Nachweise bei Banner, 20 Const. Comm. 111, 111 f. (2003). 3  Abbott, Dictionary of Terms and Phrases, 1879, Vol.1, S.  62; dazu auch: Krislov, 72 Yale L.J. 694 (1963). 1  2 

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

house’s Law Dictionary4 und Jacob’s Law Dictionary5 betonen, Aufgabe des amicus sei es insbesondere, das Gericht vor Fehlern zu bewahren. Folgt man diesen Definitionen, zeichnet sich ein Bild ab, welches den amicus seiner wörtlichen Übersetzung am nächsten kommen lässt. Das Bild eines unbeteiligten Zuschauers,6 der lediglich zur Unterstützung des Gerichts tätig wird, findet sich auch in zahlreichen Entscheidungen wieder.7 Der amicus half, indem er das Gericht auf das Vorhandensein eines statute aufmerksam machte,8 offensichtliche Fehler in der Anklageschrift herausstellte,9 bei der Auslegung eines statute behilflich war10 oder das Gericht über den Tod einer der Parteien in Kenntnis setzte.11 Auch finden sich Verfahren, in denen der amicus das Gericht auf entscheidungsrelevante Fälle aufmerksam machte.12 Dabei beteiligte sich der amicus sowohl auf eigene Initiative als auch auf Bitte des Gerichts hin. Bei den überlieferten Fallkonstellationen ist bemerkenswert, mit welch umfangreichen prozessualen Gestaltungsmöglichkeiten der amicus teils ausgestattet war. Seine Rolle ging weit über die den meisten13 Rechtswörterbüchern folgende Definition, einer bloßen Hinweisfunktion, hinaus. So konnte der amicus die Anklage zu Fall bringen,14 aktiv Minderjährige vertreten15 sowie im Fall Holthouse, A New Law Dictionary, 1850, S.  19; dazu auch: Krislov, 72 Yale L.J. 694, 695 (1963). 5  Jacob, The New Law Dictionary, 1743, „Amicus Curiae“. 6  In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass serjants-of-law, eine besonders hervorgehobene Gruppierung der englischen Anwaltschaft, aus deren Kreis die Richter der königlichen Gerichte berufen wurden, im Zeitraum insbesondere vom 16.–19. Jahrhundert an allen Gerichtsverfahren als amicus teilnehmen konnten, hierzu Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  189. 7  Zu diesen Krislov, 72 Yale L.J. 694, 694 ff. (1963); Beckwith/Sobernheim, 17 Fordham L. Rev. 38, 40, 48–49 (1948); Notes, 34 Harv. L. Rev. 773, 773 ff. (1921); Comments, 55 Nw. Univ. L. Rev. 469, 469 f. (1960); Kühne, Amicus Curiae, S.  10 ff. 8  The Prince’s Case, 8 Co. 13b, 77 Eng. Rep. 481, 516 (1606). 9  The Protector v. Geering, 145 Eng. Rep. 394 (1656); in diesem Fall weist das Gericht zudem auf Folgendes hin: „It is for the honour of a court of justice to avoid error in their judgments. Errors are like felons and traitors; any person may discover them […].“ 10  Horton v. Ruesby, Comb. 33, 90 Eng. Rep. 326 (1724). 11  Falmouth v. Strode, 11 Mod. 137, 88 Eng. Rep. 949 (1707). 12  Margaret Hutt’s Case, 2 Burr. 1039, 1040, 97 Eng. Rep. 695, 696 (1760) „and of this Mr. Harvey (as amicus Curiae) mentioned several instances within his own observation and memory.“ 13  Etwa Holthouse, A New Law Dictionary, S.  19; Abbott, Dictionary of Terms and Phrases, Vol.1, S.  62 f. In Jacob, The New Law Dictionary, „Amicus Curiae“, findet sich jedoch der Hinweis, dass der amicus eine offensichtlich fehlerhafte Anklage zu Fall bringen kann. 14  The Protector v. Geering, Hardres 85, 145 Eng. Rep. 394 (1656); Rex v. Vaux, 90 Eng. Rep. 314 (1686), dazu auch eben schon Jacob, The New Law Dictionary, „Amicus Curiae“. 15  In Beard v. Travers, 1 Ves. Sr. 313, 27 Eng. Rep. 1052 (1749) heißt es: „Any one, as 4 

§  2  U.S.-amerikanisches Recht

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einer abated action16 den Urteilsspruch zu Fall bringen.17 Ein weiteres Maß an Kompetenzen wurde dem amicus in Smith against Harmon18 zuteil. Das Urteil bezog sich auf die im common law bekannte Regel des arrest of judgment, welche dazu führt, die Wirkung des Urteils wegen Fehlern auszusetzen.19 Der Antrag auf Aussetzung kann bei Abwesenheit des Beklagten von jedermann in der Rolle eines amicus gestellt werden. Der amicus des englischen common law im 17.–19. Jahrhundert hatte also in prozessualer Sicht eine Vielzahl an Funktionen inne. Ihn auf einen bloßen Helfer zu beschränken, der dem Gericht seine Meinung kundtat, ist eine grob unvollständige Erfassung seines Handelns.20 In Bezug auf Sinn und Zweck des amicus trifft abermals die in den Rechtswörterbüchern angesprochene Rolle eines Helfers des Gerichts allein nicht zu. Vielmehr findet sich in dem Fall Coxe and Phillips21 der Hinweis, dass der amicus auch tätig wurde, um Interessen Dritter in den Prozess einzubringen. Dort war die Frage zu klären, ob und wie ein Dritter das Gericht auf das kollusive Zusammenwirken der Parteien zu seinem Nachteil aufmerksam machen konnte. Das Gericht sah hier den amicus als geeignetes Mittel an.22 Krislov sieht in diesem Fall eine entscheidende Wende in der Rolle des amicus, da er hier erstmals nicht bestellt wurde, um das Gericht vor Fehlern zu bewahren.23 Dabei verkennt Krislov jedoch die in Beard v. Travers24 angesprochene Rolle der Vertretung Amicus Curiae may make application for and in the behalf of an infant, though no relation; as is often done.“ 16  In diesem Zusammenhang bedeutet dies, dass das Verfahren, etwa wegen des Todes einer Partei oder falscher Parteibezeichnung, nicht fortgesetzt werden kann, Holthouse, A New Law Dictionary, S.  1 f. 17  Dove v. Martin, Comberbach 169, 170, 90 Eng. Rep. 410, 411 (1724). 18  Smith against Harmon, 6 Mod. 142, 143, 87 Eng. Rep. 901, 902 (1794). 19  Garner, Black’s Law Dictionary, S.  132. 20  So aber die Wörterbücher und teilweise Krislov, 72 Yale L.J. 694 (1963); Comments, 55 Nw. Univ. L. Rev., 469 (1960). Anders hingegen Beckwith/Sobernheim, 17 Fordham L. Rev. 38, 48 ff. (1948), die unter dem Abschnitt „Powers of Amicus“ eine Vielzahl an möglichen Rechten aufzählen. 21  Coxe and Phillips, 95 Eng. Rep. 152 (1736). Der Fall ist auch in dem Zusammenhang relevant, als dass hier erstmals das kollusive Zusammenwirken von Parteien angesprochen wird, dazu: Sidney, 94 U. Pa. L. Rev. 125 (1946). 22  „Here are two questions; 1st, whether Mr. Muilman is a proper person to make this complaint, and I think that as this is a contempt of the Court, and may be of prejudice to Mr. Muilman, he may; for the Court does not always expect that complaint of a contempt should be made to them by a party, for where there is a collusion between all the parties, a stranger may lay it before the Court as amicus Curiae;“, Coxe and Phillips, 95 Eng. Rep. 152 (1736). 23  Krislov, 72 Yale L.J. 694, 697 (1963). 24  Beard v. Travers, 1 Ves. Sr. 313, 27 Eng. Rep. 1052 (1749).

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

Minderjähriger, welche ebenso über eine bloße Helferstellung für das Gericht hinausgeht. Vielmehr profitiert in solchen Fällen der Minderjährige selbst. Insgesamt ergibt die englische Praxis ein unstetes Bild. Hinsichtlich Sinn und Zweck der amicus-Partizipation steht die neutrale Unterstützung des Gerichts, bei der der amicus ohne eigene Interessen handelt, im Vordergrund. Der Fall Coxe and Phillips passt jedoch nicht in dieses Schema. Dort verfolgt der amicus ein klares eigenes Interesse. Beard v. Travers hingegen steht für eine Kategorie von Fällen, in denen der amicus eine anwaltsgleiche Interessenvertretung wahrnimmt. Es zeigt sich somit, dass bereits im englischen common law des 17.–19. Jahrhundert durchaus verschiedene Funktionen des amicus vorkamen und dem Instrument eine erstaunliche Flexibilität innewohnte. Dies gilt auch für die prozessualen Rechte von amici.

II.  Die beginnende Praxis in den Vereinigten Staaten Während der amicus in England trotz einiger Ausnahmen eine vornehmlich neutrale Rolle einnahm, ist zu untersuchen, inwiefern sich dies auch für das U.S.-amerikanische Recht bewahrheitet. Ausgehend von einem Aufsatz von Krislov aus dem Jahre 1963 wurde vielfach angenommen, amici seien ursprünglich nicht parteiisch gewesen.25 Bevor dies näher untersucht werden kann, ist zunächst der Beginn der U.S.-amerikanischen amicus-Praxis fraglich. Die in der Literatur vorherrschende Meinung nennt das Jahr 1823 als erstmaliges Auftreten einer amicus-Beteiligung.26 Hingegen belegen neuere Erkenntnisse, dass eine aufgezeichnete27 amicus-Beteiligung bereits ab dem Jahre 1790 zu beobachten war.28 In der Zeit von 1790–1820 fanden sich in den Reported Cases 20 amicus-Stellungnahmen.29 1.  Der amicus lediglich als neutrale Stütze? Im Zeitraum von 1790–1830 hatte die Mehrheit der Fälle eine neutrale amicus-­ Beteiligung zum Gegenstand. Laut Banner ist ein amicus als neutral zu qualifi25 

Siehe dazu die Nachweise oben bei §  2 A. Krislov, 72 Yale L.J. 694, 700 (1963); Angell, 16 ICLQ 1017, 1018 (1967); Lowman, 41 Am. U. L. Rev. 1243, 1250 (1992); Colker, 68 Ohio State L.J. 517, 518 (2007); Walbolt/Lang, 32 Stetson L. Rev. 269, 270 (2003); Lucas, 26 Fordham Urb. L.J. 1605, 1608 (1999); Sorenson, 30 St. Mary’s L.J. 1219, 1226 (1999); dem folgend auch Grimm, Die Rechtsfigur des Amicus curiae im Kartellzivilprozess, S.  54. 27  Viele der entschiedenen Fälle sind nicht in reports vermerkt. 28  Vasse v. Spicer, 2 U.S.  111 (S.Ct. of PA 1790); dazu auch: Banner, 20 Const. Comm. 111, 123 (2003). 29  Banner, 20 Const. Comm. 111, 119 (2003). 26 

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zieren, „if he was not representing anyone and he was not unambiguously for one side or the other.“30 Vertritt der amicus die Interessen eines Dritten oder seine eigenen Interessen, ist er demnach nicht mehr neutral. Ein solches Verständnis der Neutralität knüpft an die aus den Rechtswörterbüchern des englischen common law bekannte Definition eines amicus an und findet sich auch mehr als ein Jahrhundert später in amerikanischen Rechtswörterbüchern wieder.31 Dabei half der amicus dem Gericht, indem er es über entscheidungsrelevante Urteile oder sonstige Umstände informierte.32 Meist erfolgten diese Stellungnahmen von zufällig bei der Verhandlung anwesenden Anwälten.33 Vor dem Hintergrund der gängigen Definitionen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, welche den amicus in seiner aus dem englischen Recht bekannten Rolle als neutrale Stütze des Gerichts sahen, ist es bemerkenswert, dass die Mehrzahl der im 19. Jahrhundert entschiedenen und aufgezeichneten Fälle den amicus in einer parteiischen Rolle erscheinen lässt.34 Daher ist der von Krislov angenommene Wechsel von Neutralität zu Parteilichkeit im 19. Jahrhundert so nicht zutreffend. Vielmehr stellt sich die Situation so dar – wie die empirische Untersuchung von Banner zeigt –, dass die Mehrzahl der amicus-Beteiligungen bereits im Zeitraum von 1800 bis 1850 nicht der oben gegebenen Definition von Neutralität unterfallen. Anders als Krislov behauptet, gab es somit im 19. Jahrhundert keine längere Phase, in welcher amici vornehmlich neutral waren. 2.  Der parteiische amicus des 19. Jahrhunderts Einzugehen ist daher auf den parteiischen amicus des 19. Jahrhunderts. Wie äußerte sich diese Parteilichkeit? Versuchte der amicus den Ausgang des Rechts­ streits zugunsten einer der Parteien zu beeinflussen? Was waren die Gründe für eine solche Parteilichkeit? Um diese Überlegungen greifbarer zu machen, sollen im Folgenden Fallgruppen gebildet werden, welche eine Kategorisierung der verschiedenen Typen von amici ermöglichen.35

Banner, 20 Const. Comm. 111, 116 (2003). Baldwin (Hrsg.), Bouvier’s Law Dictionary, Baldwin’s Century Edition, S.  69. „One who, for the assistance of the court, gives information of some matters of law in regard to which the court is doubtful or mistaken.“ Eine fast identische Definition findet sich bei ­Shumaker/Longsdorf, The Cyclopedic Law Dictionary, S.  57. 32  In Vasse v. Spicer, 2 U.S.  111 (S. Ct. of PA 1790) wies der amicus auf weitere Fälle hin. In Respublica v. Cobbet, 3 Yeates 93 (S. Ct. of PA 1800) informierte er das Gericht über eine Entscheidung, nach der Verfahren des Staates vor anderen zu hören seien. 33  Banner, 20 Const. Comm. 111, 120 (2003). 34  Dies zeigt die empirische Auswertung bei Banner, 20 Const. Comm. 111, 119 (2003). 35  Dazu auch Banner, 20 Const. Comm. 111, 117 ff. (2003). 30  31 

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a)  Amicus-Stellungnahmen betreffend Aspekte der Zuständigkeit Eine der Besonderheiten des U.S.-amerikanischen Rechtssystems ist das Bestehen sowohl von state als auch federal courts. Die Fragen der Zuständigkeit können sich dabei als komplex erweisen. Amici nahmen im Rahmen dieses Systems eine wichtige Rolle ein, die sich aber nur nach einer kurzen Einführung in den Bereich der jurisdictions erschließt. Vorgelagert ist dort die Frage der subject-matter jurisdiction. Hier gilt es zu bestimmen, ob das angerufene Gericht für die entsprechende Streitigkeit sachlich zuständig ist.36 Abzutrennen davon ist die Frage nach dem venue,37 welche der örtlichen Zuständigkeit im deutschen Recht entspricht.38 Letzte Voraussetzung zur Begründung der Zuständigkeit ist das Vorliegen der personal jurisdiction.39 Im Rahmen dieses Prüfungspunktes wird gefragt, ob das entscheidende Gericht nicht nur der Sache nach über die Streitigkeit entscheiden kann, sondern ob die am Verfahren beteiligten Parteien40 der Zuständigkeit des Gerichts unterliegen.41 Dies ist immer dann der Fall, wenn sich die betreffenden Parteien in dem Zuständigkeitsbereich des Gerichts aufhalten, also eine physical presence besteht.42 Mittlerweile genügt ein minimaler Kontakt der Partei zum Forum, um die personal jurisdiction zu begründen.43 Limitierender Faktor sind die Erwägungen der due-process clause des 14. Verfassungszusatzes. Dieser erfordert unter anderem, dass der Beklagte Kenntnis von der Klage hat.44 Diese Kenntnis wird durch die Klagezustellung, service of process, hergestellt.45 Will der Beklagte darauf aufmerksam machen, die Klage­z ustellung sei unzulässig abgelaufen oder sonstige Einwände gegen die personal jurisdiction erheben, muss er sich gut überlegen, wie dies bewerkstelligt werden kann. Denn mit seinem Erscheinen vor Gericht würde er eine physical presence bedingen und die personal jurisdiction begründen. Auch Mängel Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  9; Hay, US-amerikanisches Recht, S.  48. Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  82 ff. 38  Hay, US-amerikanisches Recht, S.  58. 39  Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  99 ff. 40  In in rem-Verfahren richtet sich die personal jurisdiction nicht nach den Parteien, sondern nach den das Verfahren betreffenden Gegenständen, Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  116 ff. 41  Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  99. 42  Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  102. 43  International Shoe Company v. State of Washington, 326 U.S.  310, 316 (1945); Frieden­ thal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  125 ff. 44  Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  176. 45  Die Zustellung ist im U.S.-amerikanischen Recht grundsätzlich Sache der Parteien. Dies ergibt sich zum einen aus Regeln wie R. 25 (b) FRAP, R. 4 FRCP und wird zum anderen so auch in der Literatur festgestellt, Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, S.  37. 36  37 

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bezüglich der Zustellung der Klageschrift würden geheilt, wenn der Beklagte freiwillig vor Gericht erschiene.46 Die Rechtsprechung hat gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu diesem Zweck das Rechtsinstitut der special appearance entwickelt.47 Mit dessen Hilfe war es möglich, die personal jurisdiction des ­Gerichts anzugreifen, ohne dabei den Mangel daran zu heilen.48 Dabei war die special appearance nur eine der Möglichkeiten, die Zuständigkeit des Gerichts zu bestreiten. Vor allem im 19. Jahrhundert wurde das Instrument des amicus in dieser Funktion eingesetzt.49 In Whitwell v. Barbier führte der Supreme Court von Kalifornien aus, für den Fall einer nicht ausreichenden Reaktionszeit des Beklagten auf die Zustellung der Klageschrift könne die Klage mittels einer motion durch einen amicus zu Fall gebracht werden.50 Da der Beklagte ein solches Vorgehen jedoch nicht wählte, konnte er im Nachhinein die Zuständigkeit des Gerichts nicht mehr bestreiten.51 In Malcolm v. Rogers war eine dingliche Klage Gegenstand des Verfahrens.52 Die Beklagtenseite berief sich darauf, ihr gegenüber sei die Klage nicht ordnungsgemäß zugestellt worden und daher sei ihre Anwesenheit nicht nötig. Dies tat die Beklagtenseite als amicus, mit ausdrücklicher Billigung des Gerichts. Auch hier wurde der Weg des amicus gewählt, da ansonsten die Anwesenheit der Partei die eventuell bestehenden Mängel in der Zustellung der Klage aufgehoben hätten. Diese Methode des Bestreitens der Zuständigkeit des Gerichts als amicus wurde in Texas und Mississippi bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts praktiziert,53 da dort die Figur der special appearance erst sehr viel später eingeführt wurde54 als im Rest der Vereinigten Staaten. Eine Trendwende brachte die Ent-

Harkness v. Hyde, 98 U.S.  476, 478 (1879). Harkness v. Hyde, 98 U.S.  476, 478 f. (1879); Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  199. 48  Mit Verabschiedung der FRCP 1937 wurde die motion practice eingeführt. Damit ist es möglich, einen Mangel bezüglich der personal jurisdiction oder bezüglich des process mittels motion geltend zu machen, R. 12 (b) FRCP. Siehe hierzu auch Miller/Kane/Spencer, in: Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, §  1344; Böhm, Amerikanisches Zivilprozess­ recht, S.  168; Thode, 42 Tex. L. Rev. 279, 280 ff. (1964). 49  Banner, 20 Const. Comm. 111, 117 f. (2003), der für den Zeitraum von 1790–1890 insgesamt 75 Entscheidungen aufführt, bei denen der amicus in dieser Funktion tätig wurde. 50  Whitwell v. Barbier, 7 Cal. 54, 64 (S.Ct. of Cal. 1857). 51  Whitwell v. Barbier, 7 Cal. 54, 64 (S.Ct. of Cal. 1857). 52  Malcolm v. Rogers, 1 Cow. 1, 1 ff. (S.Ct. of NY 1823). 53  Thode, 42 Tex. L. Rev. 279, 292, 296 (1964); Muldrow/Gray, 46 Baylor L. Rev. 581, 584 (1994). 54  In Texas durch die Einführung von Rule 120a Texas Rules of Civil Procedure; in Mississippi mit der Entscheidung Mladinich v. Kohn, 250 Miss. 138, 150 ff. (S.Ct. of Miss. 1964). Für die Rechtslage in Texas vgl. Thode, 42 Tex. L. Rev. 279, 292 ff. (1964). 46 

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scheidung Burger v. Burger55. Der texanische Supreme Court stellte zunächst fest: „A true amicus is without interest in the litigation in which he appears.“56 Daher sei der Anwalt des Beklagten, der sich zwar als amicus bezeichnet, aber tatsächlich den Beklagten vertritt, kein amicus und es sei eine appearance des Beklagten gegeben. Dieses Urteil führte zum faktischen Ende des Zuständigkeitsbestreitens mittels amicus briefs vor texanischen Gerichten.57 b)  Der amicus als Vertreter von nicht anwaltlich Vertretenen Bereits im englischen common law sind Fälle überliefert, in denen der amicus als Vertreter Minderjähriger agierte.58 Eine Vertretung sonst nicht repräsentierter Parteien gehörte auch zum Wesen des amicus im 19. Jahrhundert.59 Es finden sich Fälle, in denen der amicus in Strafsachen nicht vertretene Angeklagte vertrat.60 Auch in zivilrechtlichen Streitigkeiten war eine solche Vertretung zu beobachten.61 Teilweise traten Sonderkonstellationen zu Tage, etwa wenn der amicus den Gouverneur vertrat, da sich dieser weigerte persönlich zu erscheinen.62 In der Sache In re Ah Yup63 bat das Gericht anwesende Anwälte als amici Stellung zu der Frage zu beziehen, ob ein Chinese Staatsbürger der Vereinigten Staaten werden könne. Hintergrund dieser Streitigkeit waren Vorschriften, die eine U.S.-Staatsbürgerschaft nur einer „free white person“ zugestanden.64 Die beiden zuletzt genannten Fälle werden von Banner in der Kategorie der nicht anwaltlich Vertretenen geführt. Hingegen ist fraglich, ob diese Fälle nicht eher der dritten Kategorie, der Vertretung von Dritten, zugeordnet werden sollten. In beiden Fällen wurden nämlich durch den amicus Interessen vertreten, die 55  Burger v. Burger, 298 S.W.2d 119 (S.Ct. of Tex. 1957), dazu auch: Davis, 11 Sw. L.J. 382 (1957). 56  Burger v. Burger, 298 S.W.2d 119, 120 (S.Ct. of Tex. 1957), dazu schon oben §  2 A. 57  Muldrow/Gray, 46 Baylor L. Rev. 581, 584 (1994). 58  Oben §  2 A. I. 59  Banner, 20 Const. Comm. 111, 118 (2003); zu den nachfolgenden Fällen ebenfalls Banner. 60  United States v. Hare, 26 F. Cas. 139, 157 (Circ. Cal. 1867); State v. Jim, 12 N.C. 508 (S.Ct. of N.C. 1828); State v. Brit, 14. N.C. 122 (S.Ct. of N.C. 1831); State v. Bradley, 6 La. Ann. 554 (S.Ct. of La. 1851); State v. Izard, 48 S.C.L. 209 (Court of Appeals of S.C. 1867). 61  Rankin v. Sherwood, 33 Me. 509, 510 (S. Ct. of Me. 1851); Collett v. Frazier, 56 N.C. 398 (S. Ct. of N.C. 1857). 62  Miles v. Bradford, 22 Md. 170 (Court of Appeals of Maryland 1864). 63  In re Ah Yup, 1 F. Cas. 223 (Cir. Cal. 1878). 64  Das Gericht kam zu dem Ergebnis: „I am, therefore, of the opinion that a native of China, of the Mongolian race, is not a white person within the meaning of the act of congress.“, In re Ah Yup, 1 F. Cas. 223, 224 (Cir. Cal. 1878). Eine solch offen rassistische Gesetzgebung und Rechtsprechung wurde in den Vereinigten Staaten glücklicherweise im Laufe der Zeit überwunden, näher zu der historischen Entwicklung der Einwanderungsvorschriften Lemay/­ Barkan, U.S. Immigration and Naturalization Laws and Issues, S.  33 ff.

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anderweitig nicht beziehungsweise nicht in dieser Form in den Prozess aufgenommen worden wären. c)  Zur Vertretung von Drittinteressen sua sponte Eine Vertretung der Interessen Dritter sua sponte war mithilfe des Instruments des amicus erstmals im 19. Jahrhundert zu beobachten. Krislov hat prägnant herausgearbeitet, welche Rolle hierbei zum einen die Schaffung eines föderalen Systems innehatte: „The creation of a complex federal system meant not only that state and national interests were potentially in conflict, but also that an even greater number of conflicting public interests were potentially unrepresented in the course of private suits.“65 Die föderale Struktur des U.S.-amerikanischen Systems führte also zu einer Vervielfältigung potentiell nicht repräsentierter staatlicher Interessen.66 Zur Veranschaulichung mag der Fall Florida v. Georgia dienen.67 Streitgegen­ stand des Verfahrens war der Grenzverlauf zwischen den beiden Staaten. Hinzu kam, dass Teile des Gebiets, welches zwischen den Einzelstaaten umstritten war, durch den Bund an Einzelpersonen beziehungsweise an den Staat Florida vergeben worden waren.68 Insofern hatte der Bund ein Interesse daran, den Grenz­ verlauf so festzulegen, dass er seinen Verpflichtungen nachkommen konnte. Dieses Interesse sollte der Attorney General in Form eines amicus-Schriftsatzes geltend machen. Dies war jedoch höchst umstritten. Denn die Zuständigkeit des Supreme Courts in diesem Fall ergab sich aus dem Umstand einer Streitigkeit zwischen zwei Einzelstaaten. In solchen Fällen ist der Supreme Court unmittelbar zuständig.69 Dabei ging das Gericht damals davon aus, dass bei einer Beteiligung des Bundes der Supreme Court nur als Rechtsmittelinstanz zuständig sein könne.70 Würde sich daher der Bund beteiligen, würde es an der Zuständigkeit des Gerichts fehlen. Diese Ansicht wird auch in der Literatur geteilt.71 Der Mehrheitsentscheid führte daher aus, der Attorney General sei durch seine Beteiligung als amicus nicht Partei des Verfahrens und insofern würden die Voraussetzungen der Verfassung nicht umgangen.72 Dagegen ist die Frage der ZuKrislov, 72 Yale L.J. 694, 697 (1963). Vgl. auch Hirte, ZZP 104 (1991), 11, 15 f.; Lowman, 41 Am. U. L. Rev. 1243, 1250 (1992). 67  State of Florida v. State of Georgia, 58 U.S.  478 (1854); dazu auch: Krislov, 72 Yale L.J. 694, 701 f. (1963). 68  State of Florida v. State of Georgia, 58 U.S.  478, 481 (1854). 69  Article III, Sect. 2, Abs.  2 S.  1 U.S. Const. 70  State of Florida v. State of Georgia, 58 U.S.  478, 491 ff. (1854). 71  Krislov, 72 Yale L.J. 694, 701 (1963). 72  State of Florida v. State of Georgia, 58 U.S.  478, 494 ff. (1854). In seiner dissenting opinion widersprach Justice Curtis, State of Florida v. State of Georgia, 58 U.S.  478, 498 ff. (1854). 65 

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ständigkeit entgegen der Ansicht von Krislov und des damaligen Supreme Courts dahingehend zu beantworten, dass auch im Fall einer Beteiligung der Vereinigten Staaten eine originäre Zuständigkeit des Supreme Courts gegeben sein kann.73 Insofern waren die Überlegungen des Gerichts hier fehl am Platz. Dennoch veranschaulicht der Fall sehr deutlich, dass in einem föderalen System staatliche Interessen auf verschiedenen Ebenen betroffen sein können. Ein weiteres wichtiges Merkmal war, dass eine Berücksichtigung von Dritt­ interessen in common law-Verfahren nicht üblich war.74 „Indigenous to the old common law and tending to restrict the extension of rights of intervention, was an unusual concern, that the plaintiff be enabled by the courts to control his action; the modern common law theories of joinder and intervention of parties, however, bring us toward a rapprochement with the theories of the civil law.“75 Joinder und intervention haben sich im 19. Jahrhundert immer weiter ent­ wickelt, bis sie mit der Reform der FRCP 1966 ihre heutige Form annahmen.76 Der joinder dient dazu, es dem Kläger, im Falle des required joinder auch dem ­Gericht, zu ermöglichen, dem Verfahren weitere Parteien hinzuzufügen,77 während die intervention es einem Dritten ermöglicht sua sponte, also aus eigenem Antrieb, am Verfahren teilzunehmen.78 Da sich die intervention erst im Laufe des 19. Jahrhunderts mit Einführung des code pleading zunehmend in das U.S.-amerikanische Rechtssystem integrierte, diente insbesondere das Instrument des amicus dazu, Dritten eine Teilnahme an Streitigkeiten sua sponte zu ermöglichen. Amici hatten dabei zumeist ein unmittelbares Interesse an der Streitigkeit, waren also selbst von ihr betroffen. Beispielsweise konnte der ami73  Dies ausdrücklich klarstellend United States v. State of West Virginia, 295 U.S.  463, 470 (1935), wo auf den Wortlaut der Verfassung abgestellt wird. 74  Für das englische Recht Bellhouse, C.J.Q. 2004, 187, 193: „While not ignoring the possibilities of joinder and consolidation of actions, it can be safely asserted that, in general, individuals or groups potentially or actually affected by a dispute to which they are not party have been historically almost without remedy.“ 75  Moore/Levi, 45 Yale L.J. 565, 569 (1936). Doron/Totry-Jubran, 19 Temple Int’l & Comp. L.J. 105, 105 (2005) beschreiben das Verfahren im common law als „wrestling match“, bei dem die einzigen Beteiligten die Parteien und der Richter als referee zugegen seien. Frank, Courts on Trial, S.  80 ff. gibt ebenfalls einen guten Einblick in den Grundsatz der Dualität des common law. Die mangelnden Möglichkeiten der Einbringung von Drittinteressen werden unter anderem auch bei Krislov, 72 Yale L.J. 694, 697 ff. (1963); Lucas, 26 Fordham Urb. L.J. 1605, 1607 (1999); Simard, 27 Rev. Litig. 669, 677 (2008) geschildert. 76  James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  667 f.; Moore/Levi, 45 Yale L.J. 565, 572 ff. (1936). 77  Siehe R. 19, 20 FRCP. Der joinder hat Ähnlichkeiten mit der Streitgenossenschaft deutschen Rechts, Lüke, Die Beteiligung Dritter im Zivilprozess, S.  40 ff. 78  Lüke, Die Beteiligung Dritter im Zivilprozess, S.  56; James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  626.

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cus Kreditgeber einer der beiden Parteien sein79 oder eine Versicherungsgesellschaft, welche möglicherweise haftbar gemacht werden konnte.80 Auch wurden amicus briefs bei Erbstreitigkeiten zur Vertretung der Interessen potentieller Erben benutzt.81 3. Zwischenfazit In seiner historischen Rolle im 19. Jahrhundert nahm der amicus keineswegs eine lediglich neutrale Rolle ein. Vielmehr waren parteiische amicus-Stellungnahmen, wie die Untersuchung von Banner zeigt,82 die Regel. Das Bild des traditionell neutralen amicus kann daher nicht aufrechterhalten werden – der Mythos ist entzaubert. Bemerkenswert ist, dass amici bereits frühzeitig sowohl staatliche wie auch private Interessen vertraten. Dennoch wiesen amici in ihren Anfängen im U.S.-amerikanischen Recht einen relativ direkten Bezug zur betreffenden Streitigkeit auf. Ihre Interessen waren unmittelbar vom Ausgang der Streitigkeit betroffen. Der amicus konkurrierte daher mit anderen Instrumenten der Beteiligung Dritter,83 welche sich im 19. Jahrhundert immer weiter ent­ wickelten84 und eine zunehmend wichtige Rolle einnahmen.85

III.  Der Übergang zur Gegenwart Aufgrund der Parallelität der Entwicklung von amicus und intervention ist fraglich, inwiefern der amicus gegenüber dem intervenor Eigenständigkeit erlangte. Bevor darauf näher eingegangen wird, ist ein begrifflicher Wechsel zu beachten. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts wurde als amicus bezeichnet, wer den Schriftsatz verfasst hatte, zumeist ein Anwalt.86 Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hingegen legten die amici in ihren Stellungnahmen offen, für wen sie einen amicus brief einreichten.87 Die Gerichte sahen dann diese Person als amicus an. Stearns v. Stearns, 10 Vt. 540 (S.Ct. of Vt. 1838); Townsend and Brothers v Davis, 1 Ga. 495 (S.Ct. of Ga. 1846). 80  Banner, 20 Const. Comm, 111, 118 (2003). 81  Harrison v Nixon, 34 U.S.  483 (1835). 82  Banner, 20 Const. Comm. 111, 119 (2003). 83  Aufzählung bei Krislov, 72 Yale L. J 694, 699 (1963). 84  Zu der Entwicklung insbesondere der Intervention auch Moore/Levi, 45 Yale L.J. 565, 569 ff. (1936), die bereits im Jahre 1834 eine Beteiligung in sachenrechtlichen Streitigkeiten nachweisen. 85  „[…] the Court began to expand the right of participation of private litigants. At times as intervenors, at times as amicus curiae“, Krislov, 72 Yale L.J. 694, 702 f. (1963). 86  Simard, 27 Rev. Litig. 669, 677 (2008); Hirte, ZZP 104 (1991), 11, 24; Lucas, 26 Fordham Urb. L.J. 1605, 1607 (1999). 87  Krislov, 72 Yale L.J. 694, 703 (1963); Simard, 27 Rev. Litig. 669, 677 (2008). 79 

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Somit kam bereits in der formalen Gestaltung eines amicus briefs zum Ausdruck, dass ein Anwalt für seinen Klienten einen Schriftsatz einreicht. Freund des Gerichts war nunmehr der Klient, wobei dieser wohl nicht im Interesse höhe­rer Gerechtigkeitsideale handelte, sondern lediglich zur Vertretung seiner eigenen Interessen. Der Wandel in der Begrifflichkeit ist damit eine sprachliche Offenlegung des veränderten Rollenverständnisses von amici. 1.  Vertretung von Gruppeninteressen und funktionale Abgrenzung von der Intervention Neben dieser eher begrifflichen Differenzierung nahm eine weitere Umwälzung ihren Lauf. Statt die Interessen einer Person an der betreffenden Streitigkeit zu vertreten, traten amici immer häufiger auf, um Gruppeninteressen in den Prozess einfließen zu lassen. Der erste überlieferte Fall, in dem die Interessen einer Gruppe mittels eines amicus in den Prozess einflossen, ereignete sich im Jahre 1916. Die chinesische Minderheit versuchte hier, mittels eines amicus briefs Einfluss zu nehmen.88 Schon bald danach wurde ein amicus brief der National Association for the Advancement of Colored People (NAACP) eingereicht.89 Auch industrielle Gruppen begannen nun amicus briefs vorzulegen.90 Auf der staatlichen Ebene waren Gruppenbildungen ebenfalls zu beobachten. So schlossen sich die Attorneys General der Einzelstaaten zur Einreichung eines amicus briefs zusammen.91 In den 1920er und 1930er Jahren folgten weitere Gruppen.92 Gleichzeitig stieg die Beteiligung von amici an Supreme Court-Fällen stetig an.93 Diese Entwicklung löste das Instrument des amicus von einer funktionalen Identität mit dem Instrument der Intervention. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam die Intervention in sachenrechtlichen Streitigkeiten, in Streitigkeiten, deren Rechtskraft sich auf den Intervenienten erstrecken würde, und in Streitigkeiten, in denen der Intervenient hinsichtlich rechtlicher oder tatsächlicher Fragestellungen mit dem Hauptverfahren in Berührung kam, in Betracht.94 Letzte88  Ah How v. United States., 193 U.S.  65 (1904), dazu: Angell, 16 ICLQ 1017, 1018 (1967). Der Fall In re Ah Yup, 1 F. Cas. 223 (Cir. Cal. 1878) betraf hingegen nicht ein Gruppeninteresse, da der amicus nicht die Interessen einer Gruppe vertrat. 89  Guinn v. United States, 238 U.S.  347 (1915), dazu: Angell, 16 ICLQ 1017, 1018 (1967). 90  Angell, 16 ICLQ 1017, 1018 (1967). 91  Dieser Zusammenschluss nannte sich National Association of Attorneys General. Beteiligung in Caldwell v. Sioux Falls Stock Yards Co., 242 U.S.  559 (1917), dazu: Krislov, 72 Yale L.J. 694, 706 (1963). 92  Angell, 16 ICLQ 1017, 1019 (1967). 93  Krislov, 72 Yale L.J. 694, 709 (1963). Grimm, Die Rechtsfigur des Amicus curiae im Kartellzivilprozess, S.  89 ff. spricht von einer Entwicklungsphase der Etablierung. 94  Moore/Levi, 45 Yale L.J. 565, 581 (1936).

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re Fallgruppe wurde zudem dahingehend präzisiert, dass ein direktes und unmittelbares Interesse erforderlich sei.95 Ein amicus brief, der von einer Interessengruppe wie der NAACP eingereicht wird, konnte diese Anforderungen nicht erfüllen. Denn die Interessengruppe selbst, sofern man ihr denn Partei­ fähigkeit zusprach, war von einem Ausgang der Streitigkeit nicht betroffen, sie hatte auch kein eigenes unmittelbares Interesse. 2.  Erstmalige Regelung der amicus-Beteiligung Aufgrund der immer stärker werdenden Beteiligung von amici erließ der Supreme Court im Jahre 1937 eine diesbezüglich Regelung.96 In R. 27.9 S.Ct. Rules97 wurde aufgenommen, amicus briefs können eingereicht werden, wenn alle Parteien zustimmten.98 Ausgenommen von diesem Zustimmungserfordernis waren briefs von staatlichen Stellen. Heute finden sich Regelungen zum amicus in R. 37 S.Ct. Rules und R. 29 FRAP. Die FRCP99 regeln das Instrument des amicus nicht, obwohl auch dort eine amicus-Beteiligung zu beobachten ist.100 Die erstmalige Privilegierung staatlicher Stellen findet sich bis heute in den Regeln über amici. Hintergrund ist, dass staatliche amici zum einen das öffentliche Wohl repräsentieren101 und daher Auswirkungen auf dieses am besten abschätzen können.102 Zudem verfügen staatliche Stellen über besondere Erkenntnisse betreffend sozio-ökonomische Daten.103 95  „The general rule is that a person not a party to a suit cannot appear in it, and be admitted to defend against it, except on the ground that he has an interest in the results of the litiga­ tion of a direct and immediate character.“, Lombard Investment Co. v. Seabord Manufacturing Co., 74 Fed. 325, 326 (C.C.S.D. Ala. 1896), dazu: Moore/Levi, 45 Yale L.J. 565, 581 (1936). 96  Dazu O’Conner/Epstein, 8 Just. Sys. J. 35, 36 ff. (1983). 97  Die S.Ct. Rules von 1937 sind abgedruckt in 306 U.S.  671, 708 f. (1939). 98  Ansonsten war eine Genehmigung durch das Gericht erforderlich. 99  Streitigkeiten vor U.S.-amerikanischen Bundesgerichten können drei Instanzen durchlaufen: erste Instanz sind die District Courts, für diese gelten die FRCP, anschließend folgen die U.S. Courts of Appeals, für diese gelten die FRAP, sodann der Supreme Court, für diesen gelten die S.Ct. Rules; zum U.S.-amerikanischen Gerichtsaufbau Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  4 ff.; James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  41 ff.; deutschsprachige Literatur hierzu etwa bei Hay, US-amerikanisches Recht, S.  45 ff.; ausführlicher Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, S.  71 ff. 100  Ausdrücklich festgestellt wurde dies etwa in den Urteilen Automobile Club of New York, Inc. v. Port Authority of New York and New Jersey, 2011 WL 5865296 (S.D.N.Y. 2011); United States v. Gotti, 755 F. Supp. 1157, 1158 (E.D.N.Y. 1991); Jamaica Hosp. Medical Center, Inc. v. United Health Group, Inc., 584 F. Supp. 2d 489, 497 (E.D.N.Y. 2008). 101  Comment, 55 Nw. U. L. Rev. 469, 480 (1960). 102  Sorenson, 30 St. Mary’s L.J. 1219, 1234 (1999); Lowman, 41 Am. U. L. Rev. 1243, 1261 f. (1992). 103  Sorenson, 30 St. Mary’s L.J. 1219, 1234 (1999); Comment, 55 Nw. U. L. Rev. 469, 480 (1960).

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3.  Die kritische Phase in den 1940er Jahren Trotz der neuen Regeln nahmen amicus-Stellungnahmen immer mehr zu. Insbesondere in den 1940er Jahren wurden sie zunehmend als bloße Meinungsbekundung verstanden. Es ging längst nicht mehr darum, dem Gericht neue rechtliche Gesichtspunkte aufzuzeigen. Im Vordergrund stand vielmehr die Beeinflussung des Gerichts.104 Amicus briefs waren ein bloßes „vehicle for propaganda efforts“105 geworden.106 Auch standen nicht mehr rechtliche Argumente im Vordergrund, sondern „their emphasis was on the size and importance of the group represented.“107 Im Fall Dennis v. United States108 ging dies soweit, dass der „Daily Worker“ seine Leser dazu aufforderte, mittels Postkarten amicus briefs an den Supreme Court zu schicken.109 Der Supreme Court verschärfte daraufhin seine bisher bestehenden Regeln.110 Tatsächlich ist zu beobachten, dass nach der Verabschiedung der neuen Regeln fast keine amicus briefs mehr zugelassen wurden, welche nicht die Zustimmung der beiden Parteien aufwiesen.111 Auch der Solicitor General änderte seine Praxis, indem er in Rechtsstreitigkeiten, in denen er selbst Partei war, seine Zustimmung zur Einreichung eines amicus briefs fast reflexartig verweigerte.112 Diese Praxis des Solicitor General wurde jedoch zunehmend kritisiert.113 Justice Frankfurter führte aus, es obliege nun dem Gericht zu entscheiden, welche briefs nützlich seien und welche nicht, da die dauerhafte Ablehnung durch den Solicitor General keine Rückschlüsse auf die Qualität der amicus-Beteiligung zulasse.114 1957 änderte daraufhin der Solicitor General seine Einstellung und unterzog amicus briefs einer Prüfung, bevor er seine Zustimmung oder Ablehnung äußerte.115 Dies war die Harper/Etherington, 101 U. Pa. L. Rev. 1172 (1953). Wiener, 68 Harv. L. Rev. 20, 80 (1954). 106  O’Conner/Epstein, 8 Just. Sys. J. 35, 37 (1983); hierzu auch Grimm, Die Rechtsfigur des Amicus curiae im Kartellzivilprozess, S.  99 f.; Kühne, Amicus Curiae, S.  50 f. 107  Wiener, 68 Harv. L. Rev. 20, 80 (1954). 108  Dennis v. United States, 341 U.S.  494 (1951), der Fall hatte das Recht auf freie Meinungsäußerung des Vorsitzenden der Kommunistischen Partei in Amerika zum Gegenstand. 109  Harper/Etherington, 101 U. Pa. L. Rev. 1173 (1953). 110  338 U.S.  959 (1949); Hirte, ZZP 104 (1991), 11, 19; Barker, 29 J. Pol. 41, 53 (1967). 111  Krislov, 72 Yale L.J. 694, 713 ff. (1963). 112  Wiener, 68 Harv. L. Rev. 20, 80 (1954); O’Conner/Epstein, 8 Just. Sys. J. 35, 38 (1983). 113  Angell, 16 ICLQ 1017, 1024 (1967); Harper/Etherington, 101 U. Pa. L. Rev. 1172, 1176 (1953). 114  Lee v. United States, 343 U.S.  924 (1952); United States v. Lance, Inc., 342 U.S.  915 (1952), dazu: Wiener, 68 Harv. L. Rev. 20, 80 (1954); O’Conner/Epstein, 8 Just. Sys. J. 35, 38 (1983). 115  Krislov, 72 Yale L.J. 694, 715 (1963); Kearney/Merrill, 148 U. Pa. L. Rev. 743, 764 (2000); Ala’i, 24 Fordham Int’l L.J. 62, 90 (2000). 104  105 

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Intention des Supreme Courts. Die Parteien sollten entscheiden, ob der amicus brief zugelassen wird oder nicht. Dies kann aber nur erreicht werden, wenn die Parteien die fraglichen briefs auch prüfen. Im Laufe der 1960er Jahre änderte der Supreme Court seine Einstellung gegenüber amicus briefs wieder hin zu seiner heutigen Praxis. Zwischen 1969 und 1981 wurde von 832 Anträgen auf Zulassung eines amicus briefs nur 91 negativ beschieden.116 Im Jahre 1990 wurde von 115 Anträgen nur einer negativ entschieden.117 Auch nahm die Anzahl von amicus briefs vor dem Supreme Court stetig zu, bis zu der Akkumulation einer Beteiligung von amici an 96 % der Supreme Court-Verfahren.118 Während die hohe Verfahrensbeteiligung für die gegenwärtige Erfassung des amicus als Institution des U.S.-amerikanischen Rechts eine wichtige Rolle spielt, soll nachfolgend der Frage nach einer funktionalen Erfassung des amicus nachgegangen werden. Dabei wird insbesondere auch die hier bereits angerissene Vertretung von Gruppeninteressen eine Rolle spielen.

B.  Funktionale Begriffsdefinition Die Flexibilität des amicus ist bereits in der historischen Betrachtung zum Ausdruck gekommen. Von der Rüge der Zuständigkeit bis hin zur Einbringung von Interessen Dritter in den Prozess sind vielfältige Einsatzfelder gegeben. Die heutige Ausformung der amicus-Praxis spiegelt diese Flexibilität in hohem Maße wieder. Dabei können zwei verschiedene Grundformen der amicus-Beteiligung unterschieden werden. Möglich ist zum einen, dass sich der amicus aus eigener Initiative am Prozess beteiligt. Denkbar ist jedoch auch, dass das Gericht den amicus bittet, eine Stellungnahme abzugeben. Dieser profan anmutende Befund erstaunt vor dem Hintergrund, dass sowohl im deutschen als auch im U.S.-amerikanischen Recht mit Nebenintervention und Streitverkündung sowie intervention und impleader zwei Instrumente bestehen, deren Einsatzfeld von der Frage bestimmt ist, ob die Partei den Dritten dem Streit beifügt oder der Dritte selbst agiert. Daher bietet es sich auch an, zwischen amicus briefs aus eigener Initiative und solchen auf Einladung des Gerichts zu differenzieren.

O’Conner/Epstein, 8 Just. Sys. J. 35, 41 (1983). Epstein, 9 J. L. & Pol. 639, 650 (1993); auch Kearney/Merrill, 148 U. Pa. L. Rev. 743, 762 (2000) berichten von einer solchen Praxis. 118  Franze/Anderson, Nat. L.J., 18.09.2013 und ausführlich unten §  2 E. 116  117 

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

I.  Aus eigener Initiative Beteiligen sich amici aus eigener Initiative am Prozess, stellt dies den Regelfall dar.119 Die meisten Untersuchungen in der Literatur befassen sich lediglich mit diesem Phänomen.120 Sinnvoll ist es, zunächst die verschiedenen amici zu kategorisieren, um einen Überblick zu gewinnen, wer sich überhaupt als amicus beteiligt. 1.  Wer ist amicus? Wie bereits gesehen werden Stellen der Exekutive hinsichtlich ihres Zugangs als amicus zum Prozess privilegiert.121 Allerdings sind ausweislich R. 37.4 S.Ct. Rules auch kommunale Strukturen von der Privilegierung umfasst, während R. 29 (a) FRAP lediglich auf die Ebene des Bundes und der Einzelstaaten abstellt. Auffällig ist zudem, dass Stellungnahmen durch Mitglieder des Parlaments – dem Wortlaut nach – nicht unter die Sonderregelungen fallen.122 Innerhalb der FRAP und der S.Ct. Rules werden Stellen der Exekutive daher nicht einheitlich definiert. Für die folgenden Ausführungen wird demnach nicht das ohnehin divergierende Verständnis der einschlägigen Regelungen in den Verfahrensordnungen der U.S. Courts of Appeals und des Supreme Courts zugrunde gelegt, sondern vielmehr danach differenziert, ob ein amicus einer der drei staatlichen Gewalten zugeordnet werden kann oder ob der amicus eben nicht staatlichen Ursprungs, ein Privater, ist.123 Neben diesen zwei Formen inländischer amici stellen ausländische amici eine dritte Kategorie dar. Bei einer Zuordnung in 119  Dies ergibt sich bereits aus den Formulierungen der Regelungen für amici. R. 37.1 S.  3 S.Ct. Rules spricht von „An amicus curiae brief may be filed […]“. R. 37.2 (a) S.  1 S.Ct. Rules spricht von „An amicus curiae brief submitted […].“ R. 37.2 (b) S.Ct. Rules regelt die „motion for leave to file“. Siehe auch R. 37.3 (a), 3 (b), 4, 5, 6 S.Ct. Rules. Aus R. 29 (a), (b) und (e) FRAP ergibt sich dies ebenfalls. Weder in R. 29 FRAP noch in R. 37 S.Ct. Rules findet sich ein Hinweis, dass eine amicus-Beteiligung auf Initiative des Gerichts erfolgen kann. 120  Zu den Ausnahmen siehe unten §  2 B. II. 121  Sie oben §  2 A. III. 2. Ausführlich zum Verfahrenszugang unten §  8. 122  In Automobile Club of New York, Inc. v. Port Authority of New York and New Jersey, 2011 WL 5865296 (S.D.N.Y. 2011) stellt der District Court fest, dass Kongressabgeordnete nicht als staatliche Stellen im Sinne von R. 29 (a) FRAP gelten. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang jedoch 2 U.S.C. §  288e (a), der es dem Office of Senate Legal Counsel gewährt, in jedem Verfahren als amicus aufzutreten, „in which the powers and responsibilities of Congress under the Constitution of the United States are placed in issue“, dazu auch: Van Arsdale, Amicus Curiae §  4, in: Am. Jur. 2d. 123  Eine solche Differenzierung findet sich bereits bei Krislov, 72 Yale L.J. 694, 699 ff., 702 ff. (1963). So ebenfalls Lowman, 41 Am. U. L. Rev. 1243, 1258; Rustad/Koenig, 72 N.C. L. Rev. 91, 96 (1993); Sorenson, 30 St. Mary’s L.J. 1219, 1231 ff., 1238 ff.; Simmons, 42 Conn. L. Rev. 185, 210 (2009).

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eine dieser drei Kategorien darf jedoch nicht übersehen werden, dass sich teils auch staatliche und private oder auch verschiedene Untergruppen privater oder staatlicher amici gemeinsam an einem brief beteiligen.124 Während auf diese Form der vielfachen Unterzeichnung eines amicus briefs durch verschiedene amici zurückzukommen sein wird, genügt vorerst die Feststellung, dass, auch wenn nur ein amicus brief eingereicht wird, sich unter Umständen mehrere amici am Verfahren beteiligt haben. a)  Private amici „[T]he number and variety of organizations participating as amicus curiae is nearly overwhelming.“125 In der Tat beteiligen sich vor dem Supreme Court eine Reihe von gänzlich unterschiedlichen amici, die keine staatliche Zugehörigkeit aufweisen. In der Literatur wird teilweise für solche amici der Begriff der Interessengruppe verwendet.126 Dieser Begriff suggeriert eine Reduktion auf eine kollektive Art der Interessenvertretung. Dabei können nichtstaatliche amici vielmehr auch Individuen und Unternehmen sein. Als amicus kann sich jeder Laie beteiligen, wobei für die Einreichung eines amicus briefs vor dem Supreme Court anwaltliche Vertretung erforderlich ist.127 Als Individuen können sich beispielsweise Ärzte oder Professoren beteiligen.128 Dennoch kann nicht außer Acht gelassen werden, dass oftmals Verbände als amicus am Verfahren teilnehmen. In der Literatur wurden immer wieder Versuche unternommen, diese Verbände anhand bestimmter Merkmale zu qualifizieren. Ein Ansatz ist, sie in libe124  Gressman/Geller/Shapiro/Bishop/Hartnett, Supreme Court Practice, S.  735. Auch eine Beteiligung von ausländischen und inländischen Wirtschaftsverbänden war schon zu beobachten, siehe dazu: Brief of Organization for International Investment, International Chamber of Commerce and Federation of German Industries as Amici Curiae in Support of Respondents, 2007 WL 2363262, in Stoneridge Inv. Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, 552 U.S.  148 (2008). 125  Caldeira/Wright, 52 J. Pol. 782, 789 (1990). 126  Collins, Friends of the Supreme Court, S.  17 ff.; Epstein, 9 J. L. & Pol. 639, 639 f. (1993). 127  R. 37.1 S.  3 S.Ct. Rules. Amicus briefs werden zudem regelmäßig durch Anwälte erstellt, um einen gewissen Standard hinsichtlich des Inhalts zu wahren. Dies ergibt sich bereits aus der historischen Betrachtung, in der festgestellt wurde, dass sich nunmehr nicht mehr der Anwalt, sondern der Klient als amicus bezeichnet, vgl. oben §  2 A. III., dazu auch: Martinek, 34 Am. Polit.  Res. 803, 806 (2006). 128  So gibt beispielsweise Professor Wright in Lexecon Inc. v. Milberg, 523 U.S.  26 (1998) einen amicus brief aus bloßem akademischen Interesse ab, Brief of Charles Alan Wright as Amicus Curiae Supporting Petitioner, 1997 WL 33485515, S.  2, dazu auch: Boskey, in: 1AA West’s Fed. Forms, Supreme Court, §  437; siehe zur Beteiligung von Professoren näher unten §  2 B. I. 2. b) dd).

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

rale oder konservative zu unterteilen, „based on the socio-political status of their clientele group as well as on their professed ideological stance.“129 Dabei werden Gewerkschaften sowie Berufs- und Wirtschaftsverbände ausgeschlossen, da diese nicht eindeutig eine jeweils konservative oder liberale Position vertreten. Dieser Ansatz ist daher bereits aus sich selbst heraus impraktikabel. Weiter können die Gruppen nach upperdogs und underdogs geordnet werden. Es folgt also eine Einordnung anhand ihrer gesellschaftspolitischen Stellung.130 Ebenso wie eine Einteilung in liberale und konservative Gruppen wohnt diesem Ansatz ein stark wertendes Element inne. Es ist nämlich nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, dass Berufsverbände pauschal als upperdog gelten sollen.131 Neben dem wertenden Aspekt verhindert die Dualität beider Ansätze eine weitere Ausdifferenzierung. Andere Überlegungen in der Literatur wollen die verschiedenen amici anhand ihrer Mitgliederstruktur unterscheiden.132 Nach dieser Meinung lassen sich folgende Kategorien bilden: Individuen, Unternehmen, Gewerkschaften, gemeinnützige Verbände, gemeinnützige Verbände, die rechtlichen Beistand bereitstellen, Berufsverbände und Dachverbände.133 Dabei ist es im Einzelfall jedoch nicht immer einfach, eine sachgerechte Abgrenzung zu treffen. Ausreichend ist es im Sinne von übergeordneten Kategorien, zwischen Individuen, Unternehmen und Interessenverbänden zu differenzieren. Die Kategorie der Interessenverbände lässt sich dann in gemeinnützige Verbände134 sowie eher O’Connor/Epstein, 45 J. Pol. 479, 480 (1983). Bradley/Gardner, 10 Just. Sys. J. 78 (1985). In ihrer Studie wird die Beteiligung staatlicher Stellen als amici nicht weiter berücksichtigt, da diese von den übrigen amici strukturell zu verschieden seien. Dies bestätigt wieder einmal die auch hier vorgenommene Trennung zwischen staatlichen und privaten amici. 131  So aber Bradley/Gardner, 10 Just. Sys. J. 78 (1985). 132  Caldeira/Wright, 52 J. Pol. 782, 789 (1990). Etwas abgeändert, aber mit Bezugnahme auf Caldeira/Wright, Collins/Solowiej, 32 L. & Soc. Inquiry 955, 962 (2007). Simmons, 42 Conn. L. Rev. 185, 210 (2009) hingegen bezieht sich wiederum auf Caldeira/Wright. 133  Collins/Solowiej, 32 L. & Soc. Inquiry 955, 962 (2007). 134  Eine Gruppe ist dann ein gemeinnütziger Verband, wenn das primäre Ziel politischer und nicht wirtschaftlicher Natur ist, näher Collins/Solowiej, 32 L. & Soc. Inquiry, 955, 963 (2007). Solche Gruppen vertreten beispielsweise bürgerrechtliche, umweltrechtliche oder religiöse Positionen. Prominente Beispiele sind die American Civil Liberties Union, die National Association for the Advancement of Colored People (NAACP), der American Jewish Congress sowie der Earthjustice Legal Defense Fund. Zahlreiche weitere Beispiele aus der aktuellen Praxis finden sich bei Simpson/Vasaly, The Amicus Brief, S.  23 ff. Näher mit amicus briefs umweltrechtlicher Organisationen befasst sich Hedman, 10 Va. Envtl. L.J. 187, 191 ff. (1991), die diesen teils einen Einfluss auf Urteile des Supreme Courts bescheinigt, ibid. 192 ff. Mansfield, 7 Cardozo Pub. L. Pol’y & Ethics J. 343, 351 (2009) analysiert verschiedene religiöse Gruppen und deren amicus-Beteiligung. Auch Pfeffer, 44 Law & Contemp. Probs. 83, 86 ff. (1981) befasst sich näher mit religiösen amici. 129  130 

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wirtschaftlich ausgerichtete Organisationen wie Berufsverbände,135 Gewerkschaften136 und Dachverbände137 unterteilen. Eine vierte Kategorie bilden Zusammenschlüsse von natürlichen Personen, die sich nur für die Einreichung eines amicus briefs bilden.138 b)  Staatliche amici Im Rahmen der staatlichen amici sind zunächst beispielhaft einige Stellen zu nennen, die Interessen des Bundes vertreten. Berührt ein Verfahren zwischen zwei Privaten vor dem Supreme Court die Interessen des Bundes, so werden diese Interessen mittels eines amicus briefs durch den Solicitor General geltend gemacht.139 Der Solicitor General hat generell die Aufgabe der Vertretung des Bundes vor dem Supreme Court inne.140 Vor den Bundesgerichten beteiligen sich aber auch verschiedene andere Bundesbehörden, wie etwa das Department of Labor,141 die Federal Trade Commission,142 die Securities and Exchange Commission143 135  Näher Collins/Solowiej, 32 L. & Soc. Inquiry 955, 964 (2007). Beispiele für solche Gruppen: American Bar Association, American Psychological Association, American Bankers Association. 136  Zum Beispiel die United Steelworkers of America. Vgl. auch Howard, 31 How. L.J. 241, 258 ff. (1988), der auf die Rolle von Teamsters for a Democratic Union und die American Trucking Association eingeht. Beide Gewerkschaften reichten amicus briefs in der Sache Brock v. Roadway Express, 481 U.S.  252 (1987) ein. 137  Ein bedeutsamer Dachverband ist die American Federation of Labor/Congress of Industrial Organizations (AFL-CIO), die mehrere Gewerkschaften vereint, hierzu Morriss, 7 Wm. & Mary Bill Rts. J. 823, 841 (1999). Ein weiterer bedeutender Dachverband ist The Cham­ber of Commerce of the United States (CCUS), dem 3 Millionen Unternehmen angehören. 138  Dabei können sich hier gänzlich unterschiedliche Gruppen bilden. Teilweise schließen sich Professoren der Rechtswissenschaft zusammen und formulieren amicus briefs. In American College of Obstetricians & Gynecologists, Pennsylvania Section v. Thornburgh, 699 F.2d 644 (3rd Cir. 1983) reichten mehrere Professoren einen brief ein. Solche amicus briefs werden von den Gerichten oftmals positiv gewertet, Simard, 27 Rev. Litig. 669, 698 ff. (2008), die anhand einer Befragung von verschiedenen Richtern zu diesem Schluss kommt. Siehe zur Beteiligung von Professoren unten §  2 B. I. 2. b) dd). 139  R. 37.4 S.Ct. Rules. 140  Caplan, The Tenth Justice, 3; Segal, 41 West. Polit.  Q. 135 (1988); Millett, 10 J. App. Prac. & Process 209, 210 (2009); Garner, Black’s Law Dictionary, S.  1608. 141  Das Department of Labor hat ein eigenes Office of Solicitor of Labor. Der Solicitor of Labor reicht dabei recht häufig amicus briefs in Verfahren ein, die das Department betreffen, führt teilweise aber auch selbst Prozesse. Amicus briefs, aber auch andere Schriftsätze, finden sich unter (abgerufen am 18.10.2016). 142  Amicus briefs der Federal Trade Commission finden sich unter (abgerufen am 18.10.2016). 143  Amicus briefs der Securities and Exchange Commission finden sich unter (abgerufen am 18.10.2016).

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

und das Department of Justice144. Dabei wird teilweise offiziell die jeweilige Behörde als amicus bezeichnet,145 teilweise werden aber auch nur die Vereinigten Staaten als amicus aufgeführt, obwohl lediglich die Abteilung einer Behörde gehandelt hat.146 Im Rahmen der historischen Einführung wurde bereits erwähnt, dass sich die Einzelstaaten vor dem Supreme Court oftmals im Zusammenschluss beteiligen.147 Insgesamt ist eine verstärkte Beteiligung der Einzelstaaten vor dem ­Supreme Court seit 1970 zu beobachten.148 Heute beteiligen sich die Einzelstaaten in etwa einem Drittel der Verfahren. Auch das konzentrierte gemeinsame Zusammenwirken ist nach wie vor aktuell. In School Board of Nassau v. Arline149 schlossen sich die Attorneys General von Kalifornien, Michigan, Minnesota, New York und Wisconsin zusammen und reichten einen gemeinsamen amicus brief ein. In City of Cleburne v. Cleburne Living Centre150 beteiligten sich 24 Staaten, die sich in vier verschiedenen amicus briefs zusammenschlossen. Für den Zeitraum zwischen 1974 und 1983 finden sich 24 Fälle, in denen sich mehr als die Hälfte der Staaten als amicus beteiligte.151 Institutionalisiert ist diese Zusammenarbeit in dem bereits angesprochenen Programm der National

144  Das Department of Justice ist dabei in viele Untereinheiten aufgeteilt, welche eigene amicus-­Programme haben, wie zum Beispiel die Civil Rights Devision, briefs abrufbar unter (abgerufen am 18.10.2016). Auch die Antitrust Division reicht amicus briefs ein, abrufbar neben anderen Schriftsätzen unter (abgerufen am 18.10.2016). 145  In Minn-Chem, Inc. v. Agrium, Inc., 683 F.3d 845 (7th Cir. 2012) werden als amicus die Vereinigten Staaten und die Federal Trade Commission aufgeführt. Die Vereinigten Staaten werden laut dem Urteil, ibid. 845, 846, vertreten durch Nickolai G. Levin, Attorney, Department of Justice, Antitrust Division, Appellate Section. Die FTC hingegen ist ein eigenständiger amicus. Näher auch Brief for the United States and the Federal Trade Commission as Amici Curiae, 2012 WL 6641190, S.  1. 146  In Christopher v. SmithKline Beecham Corp., 132 S.Ct. 2156 (2012) beteiligt sich zwar das Department of Labor an dem amicus brief, als amicus werden aber nur die Vereinigten Staaten geführt, siehe Brief for the United States as Amicus Curiae Supporting Petitioners, 2012 WL 379584. 147  Oben §  2 A. III. 1. 148  Morris, 70 Judicature 298, 302 (1987); McCusker, 118 Yale L.J. 1557, 1558 f. (2009); Ray/Spill, 23 Just. Sys. J. 97, 97 f. (2002). 149  School Board of Nassau v. Arline, 480 U.S.  273 (1987), dazu: Clayton, 56 Rev. Pol. 525, 534 f. (1994). 150  City of Cleburne v. Cleburne Living Centre, 473 U.S.  432 (1985), dazu: Clayton, 56 Rev. Pol. 525, 535 (1994). 151  Morris, 70 Judicature 298, 302 (1987).

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Association of Attorneys General.152 Mittels dieses Programms wird dafür Sorge getragen, dass Staaten, die in einem Fall als amicus auftreten, dabei Unterstützung durch andere Staaten erhalten.153 Wie bereits angemerkt, ermöglicht R. 37.4 S.Ct. Rules auch kommunalen Verwaltungseinheiten eine vereinfachte Verfahrenspartizipation als amicus. Dabei sind amicus-Stellungnahmen solcher kommunalen Verwaltungseinheiten vor dem Supreme Court aber selten.154 Eine größere Rolle scheinen sie im Rahmen der jeweiligen einzelstaatlichen Gerichte zu spielen, in deren Bezirk die betreffende Stadt liegt. Auch auf der kommunalen Ebene schließen sich verschiedene Städte zusammen, um gemeinsam ihre Position zu vertreten.155 Schließlich beteiligen sich auch Mitglieder der Legislative als amicus.156 c)  Ausländische Staaten und Interessenverbände Neben einer Beteiligung der verschiedenen inländischen amici nutzen oftmals auch ausländische Staaten oder Interessenverbände die Möglichkeit, mittels eines amicus briefs auf anhängige Gerichtsverfahren Einfluss zu nehmen. Aus der neueren Zeit ist der amicus brief der deutschen Bundesregierung157 im Google Book Settlement-Verfahren158 bekannt. In diesem richtet sich die Bundesregierung gegen den ausgehandelten Vergleich und fordert, deutsche Verleger aus der class herauszunehmen, so dass diese selbst über die Verwertung ihrer urheberrechtlich geschützten Werke entscheiden dürfen. Eine Beteiligung ausländischer Staaten an Gerichtsverfahren mittels amicus-Stellungnahmen kann dabei auf eine lange Tradition zurückblicken. 1921 beteiligte sich die britische Regie152  Zu amicus brief des NAAG etwa (abgerufen am 18.10.2016). 153  Clayton , 56 Rev. Pol. 525, 542 (1994); Ray/Spill, 23 Just. Sys. J. 97, 98 (2002); Ross/ Catalano, 20 Urb. Law. 341, 342 f. (1988); Provost, 11 SPPQ 4, 6 (2011). 154  Im Berichtszeitraum 1995 wurden vom Supreme Court 76 Fälle mündlich verhandelt. In 72 dieser Fälle beteiligten sich amici. In sieben dieser Fälle reichte eine kommunale Struktur einen brief ein. Insgesamt wurden zehn briefs von kommunalen Strukturen eingereicht, Collins/Solowiej, 32 L. & Soc. Inquiry 955, 961, 967 (2007). 155  Etwa die League of California Cities. Zu deren amicus-Programm (abgerufen am 18.10.2016). Auf (abgerufen am 18.10.2016) sind amicus briefs bezüglich verschiedener Fälle einsehbar. 156  McLauchlan Congressional Participation as Amicus Curiae before the U.S. Supreme Court, passim; Heberlig/Spill, 28 SE Pol. Rev. 189 (2000). 157  Memorandum of Law in Opposition to the Settlement Proposal on Behalf of the Fede­ ral Republic of Germany, 2009 WL 2823706. 158  The Authors Guilde, Inc. v. Google Inc., 2009 WL 5576331 (S.D.N.Y. 2009), dazu: Adolphsen/Mutz, GRUR Int 2009, 789 ff.; Kühne, Amicus Curiae, S.  3.

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rung mittels eines amicus briefs an der Rechtssache In re Muir.159 Weitere ausländische Staaten beteiligten sich erstmals 1953.160 Teilweise reichen auch ausländische Interessenverbände amicus-Stellungnahmen ein. In Stoneridge Inv. Partners v. Scientific-Atlanta161 reichte der BDI zusammen mit weiteren Organisationen einen amicus brief ein.162 Die gänzlich unterschiedlichen Arten von amici verfolgen mit ihren Stellungnahmen auch unterschiedliche Interessen und Ziele, welche es im Folgenden näher zu bestimmen gilt. 2.  Motive und Ziele Zu untersuchen ist, aus welchem Antrieb heraus sich amici am Prozess beteiligen. In der historischen Entwicklung wurde die Vertretung kollektiver Interessen als wichtiges Alleinstellungsmerkmal des amicus herausgearbeitet. Eine solche Vertretung kollektiver Interessen wurde in der Literatur unter dem Stichwort Lobbyists before the Court163 behandelt. Dabei kann ein negativer Beiklang nicht geleugnet werden, der auch unter dem Einfluss der bereits beschriebenen Postkarten-amicus briefs steht.164 Hingegen gehört die Frage nach der Wertung dieser Prozesse an das Ende der Darstellung. Überlegenswert scheint es zunächst, herauszuarbeiten, warum sich die verschiedenen amici am Prozess beteiligen, was also die Art des von ihnen verfolgten Interesses ist. Eng damit verknüpft ist die Frage, wozu sich amici beteiligen, welches also das von ihnen verfolgte Ziel ist. Eine wichtige Vorfrage ist jedoch, wie amici überhaupt von den jeweiligen Verfahren in Kenntnis gesetzt werden.

159  In re Muir, 254 U.S.  522 (1921). Gegenstand des Verfahrens war die Beschlagnahme eines britischen Schiffs, welches einem Privaten gehörte. Der britische Botschafter protestierte gegen die Beschlagnahme, da das Schiff im Auftrag der britischen Regierung requiriert worden sei, dazu 30 Yale L.J. 526 f. (1921). In 34 Harv. L. Rev. 773, 775 (1921) wird darauf hingewiesen, dass der Botschafter jedoch nicht die Zuständigkeit des Gerichts als amicus bestreiten konnte, sondern hier diplomatischer Schutz einzuholen sei. In 34 Harv. L. Rev. 782 f. (1921) wird von einem ähnlich gelagerten Fall unter Beteiligung des italienischen Botschafters berichtet. 160  McAllister, 13 Green Bag 2d 289, 296 f. (2010). 1953 beteiligten sich Dänemark, Norwegen und das Vereinigte Königreich als amicus in der Sache Lauritzen v. Larsen, 345 U.S.  571 (1953). 161  Stoneridge Inv. Partners v. Scientific-Atlanta, 552 U.S.  148 (2008). 162  Zu den Hintergründen sogleich. 163  So der gleichnamige Aufsatztitel von Harper/Etherington, 101 U. Pa. L. Rev. 1172 (1953). 164  Dazu oben §  2 A. III. 3.

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a)  Kenntnis vom Verfahren Hinsichtlich privater amici wird in der Literatur klargestellt, dass diese oftmals von einer der beiden Parteien gebeten werden, am Rechtsstreit teilzunehmen.165 Amicus und Partei stehen dann in einer Art Kooperationsverhältnis und stimmen nicht selten ihre jeweiligen Schriftsätze aufeinander ab.166 Im Internet finden sich verschiedentlich Formulare, mit denen sich die Streitparteien beziehungsweise ihre Anwälte die Hilfe von amici sichern können.167 Eine solch frühzeitige Kommunikation zwischen amicus und Partei versetzt ersteren insbesondere in den Eingangsinstanzen in die Lage, die für ihn relevanten Fälle zu sichten, um sich gegebenenfalls zu beteiligen. Zwar ist es auch möglich, staatliche amici um Unterstützung zu ersuchen, dennoch scheinen Kooperationsverhältnisse, wie sie zwischen privaten amici und Partei bestehen, seltener zu sein. Bei Millett findet sich eine Art Anleitung dazu, wie man es als Partei vor dem Supreme Court schaffen kann, den Solicitor General zu veranlassen, einen die eigene Position unterstützenden brief einzureichen. Gleichwohl ergibt sich aus dem Aufsatz der außergewöhnliche Charakter eines solchen Unterfangens.168 b)  Beteiligungsmotive, Zielsetzung und Instanzen Nachdem klargestellt wurde, dass amici häufig von einer der beiden Parteien gebeten werden, am Verfahren teilzunehmen, könnte man die Frage, wieso sich amici am Prozess beteiligen, mit Hinweis auf eine Kontaktaufnahme seitens der Partei beantworten. Beachtet werden müssen jedoch die erheblichen Kosten, die mit Einreichung eines amicus briefs verbunden sind.169 Auch wird nicht jede Anfrage, sich als amicus zu beteiligen, positiv entschieden, vielmehr wägen die 165  Himmelfarb/Pincus, in: Lacovara, Federal Appellate Practice, S.  423; Gressman/ Geller/­Shapiro/Bishop/Hartnett, Supreme Court Practice, S.  739; Simpson/Vasaly, The Amicus Brief, S.  19; Smith, 24 Litigation 24, 26 (1998). McGuire, 47 Pol. Res. Q. 821, 824 ff. (1994) beschreibt eingehend, wie Anwälte versuchen, die Unterstützung von amici vor dem Supreme Court zu erreichen, insbesondere in dem Stadium, in dem noch nicht feststeht, ob der Supreme Court den Fall zur Entscheidung annimmt. Smallman, 25 Litigation 25 (1999) berichtet von einem Fall aus der Praxis. 166  Himmelfarb/Pincus, in: Lacovara, Federal Appellate Practice, S.  429 f.; Vasaly/Simpson, 7 Tort Source 1, 6 (2005); Smallman, 25 Litigation 25, 29 (1999); Hirte, ZZP 104 (1991), 11, 29. 167  Beispielsweise (abgerufen am 18.10.2016). 168  Millett, 10 J. App. Prac. & Process 209, 224 ff. (2009). 169  Cross, Decision Making in the U.S. Court of Appeals, 131. Caldeira/Wright, 82 Am. Pol. Sci. Rev. 1109, 1112 (1988) gehen von U.S. $ 15.000–20.000 aus. Heute werden die Kosten für einen amicus brief vor dem Supreme Court auf U.S. $ 50.000 geschätzt, Lynch, 20 J. L. & Pol. 33, 58 (2004).

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

amici jeweils ab.170 Insofern ist nach den Motiven einer solchen Abwägung zu fragen, beziehungsweise für amici, die sich an der Streitigkeit beteiligen, ohne hierzu gefragt worden zu sein, nach ihren Gründen. Ausweislich R. 37.5 S.Ct. Rules und R. 29 (c) (4) FRAP haben amici ihr Interesse an der jeweiligen Streitigkeit darzulegen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Rubrik State­ ment of Interest in der Regel nicht nur dazu genutzt wird, darzustellen, warum sich der amicus am Fall beteiligt. Vielmehr wird diese Rubrik auch genutzt, um sich als amicus vorzustellen171 und eine Zusammenfassung der jeweiligen Argumente zu geben.172 Der Fokus der folgenden Ausführungen wird aber das Interesse des amicus sein. Dieses Interesse ist anhand verschiedener Gesichtspunkte näher zu umschreiben. Dabei sind auch die verschiedenen Instanzen, in denen sich amici beteiligen, zu berücksichtigen. aa)  Direktes fallbezogenes Interesse – intervention amicus Collins geht davon aus, amici können zwei unterschiedliche Ziele verfolgen.173 Zum einen könne es ihnen darum gehen, den Ausgang des Rechtsstreits in direktem Verhältnis zu einer der beiden Parteien zu beeinflussen.174 Gegenstand eines solchen amicus briefs ist daher eine Argumentation, die sich unmittelbar auf diejenige einer der beiden Parteien bezieht.175 Collins stellt aber sogleich dar, vor dem Supreme Court sei diese Art von amicus briefs unüblich, da die dortigen Rechtsstreitigkeiten zumeist Auswirkungen auf eine Vielzahl von Personen hätten und amici daher andere Ziele verfolgten.176 Dem ist zuzustimmen. Verfahren vor dem Supreme Court dienen nämlich häufig dazu, wichtige politische und rechtliche Fragen abschließend zu klären, der Aspekt der EinzelfallgerechSimpson/Vasaly, The Amicus Brief, S.  22 führen aus, dass einige Organisationen ein Komitee zur Auswahl geeigneter Fälle haben. 171  Bei privaten amici kann es angebracht sein, das Gericht darüber zu informieren, wer der amicus ist, da nicht zuletzt anhand dieser Information auch die Vertrauenswürdigkeit des amicus bemessen wird, Himmelfarb/Pincus, in Lacovara, Federal Appellate Practice, S.  411. Ein Interessenverband kann beispielsweise die Art des von ihm vertretenen Interesses sowie seine Mitgliederstruktur darstellen. Für konkrete Beispiele siehe illustration 5, 7, 10 aus ­Boskey, 1AA West’s Fed. Forms, Supreme Court, §  437. Aber auch Unternehmen und Individuen stellen sich teils vor, siehe illustration 8, 13 aus Boskey, 1AA West’s Fed. Forms, Supreme Court, §  437. 172  Himmelfarb/Pincus, in Lacovara, Federal Appellate Practice, S.  411; Simpson/Vasaly, The Amicus Brief, S.  41 f. 173  Collins, Friends of the Supreme Court, S.  29 f. 174  So auch Hansford, 32 Am. Polit.  Res. 170, 174 (2004); Farber, 24 Const. Comm. 19, 23 (2007). 175  Collins, 60 Pol. Res. Q. 55, 57 (2007). 176  Collins, 60 Pol. Res. Q. 55, 57 (2007); Collins, Friends of the Supreme Court, S.  30. 170 

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tigkeit tritt zurück.177 Anders ist dies bei erstinstanzlichen Verfahren vor den District Courts. Dort findet sich eine Reihe von Entscheidungen, in denen amici ein solch konkretes fallbezogenes Interesse haben. Dabei kommen insbesondere Fallkonstellationen in Betracht, in denen eine Beteiligung als Intervenient im Sinne von R. 24 (a) FRCP178 abgelehnt wird. Möglich ist etwa, dass der amicus zwar ein Interesse im Sinne von R. 24 (a) (2) FRCP hat,179 jedoch kann dieses Interesse von einer anderen Partei bereits ausreichend vertreten sein.180 In ei177  Obergerichte in den Vereinigten Staaten betreiben in hohem Umfang richterliche Rechtsfortbildung, Maultzsch, Streitentscheidung und Normbildung durch den Zivilprozess, S.  188 ff. Die zentrale Rolle der Einflussnahme auf die Entscheidungsgründe betont auch Collins, 60 Pol. Res. Q. 55, 57 (2007). In diesem Zusammenhang ist auch folgendes Zitat zu sehen: „Appellate review has a public and systemic aspect extending beyond its effects on the parties. It is through appellate decisions that legal issues are definitively resolved, and discordant lower court decisions are brought into some kind of uniformity.“, James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  741. 178  R. 24 (a) FRCP beschreibt die intervention of right. 179  R. 24 (a) (2) FRCP lautet: „claims an interest to the property or transaction that is the subject of the action […]“. Dabei besteht in der Rechtsprechung keineswegs Einigkeit, wann ein solches Interesse vorliegt. Ausreichend ist, wenn das Interesse dergestalt ist, dass es selbst Gegenstand eines Verfahrens seien könnte, Aurora Loan Services, Inc. v. Craddieth, 442 F.3d 1018, 1022 (7th Cir. 2006). Auch ein wirtschaftliches Interesse reicht aus, Kane, in: Wright/ Miller, Federal Practice and Procedure, §  1908.1. und beispielsweise Utahns for Better Transp. v. U.S. Dept. of Transp., 295 F.3d. 1111, 1115 (10th Cir. 2002): „The threat of economic injury from the outcome of litigation undoubtedly gives a petitioner the requisite interest.“ Mittlerweile scheint in der Rechtsprechung die Tendenz vorzuherrschen, auch nicht wirtschaftliche Interessen als ausreichend anzusehen, näher hierzu Kane, in: Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, §  1908.1. Jedoch muss in diesen Fällen ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Intervenient und Fall bestehen, vgl. hierzu Wilderness Soc. v. U.S. Forest Service, 630 F.3d 1173, 1180 (9th Cir. 2011): „When considering motions to intervene of right under Rule 24(a)(2), courts need no longer apply a categorical prohibition on intervention on the merits, or liability phase, of NEPA [National Environmental Policy Act] actions. To determine whether putative intervenors demonstrate the ‚significantly protectable‘ interest necessary for intervention of right in a NEPA case, the operative inquiry should be whether the ‚interest is protectable under some law‘ and whether ‚there is a relationship between the legally protected interest and the claims at issue.‘“ 180  Eine solche Konstellation lag beispielsweise den Fällen Ohio Valley Environmental Coalition, Inc. v. McCarthy, 313 F.R.D. 10, 28 ff. (W.D. WV 2015); Students for Fair Admissions, Inc. v. President and Fellows of Harvard College, 308 F.R.D. 39, 49 ff. (D. Mass. 2015); State v. Director, U.S. Fish and Wildlife Service, 262 F.3d 13 (1st Cir. 2001); Dize v. Amalgamated Council of Greyhound Local Unions, 684 F. Supp. 332 (D.D.C. 1988) zugrunde. In letzterem Fall kaufte ein Unternehmen zwei Busunternehmen, Trailway und Greyhound. Die Fahrer von Trailway und Greyhound wurden von der Gewerkschaft vertreten, die vor Zusammenführung beider Unternehmen lediglich die Fahrer von Greyhound vertreten hatte. Die Fahrer von Trailway verklagten die Gewerkschaft wegen nicht ausreichender Repräsentation und forderten die Anpassung ihrer Arbeitsverhältnisse dergestalt, dass auch die Greyhoundfahrer betroffen gewesen wären. Das Gericht stellte daher fest, dass die Fahrer von Grey-

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nem solchen Fall hat ein Dritter ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits, aber eine intervention of right scheitert an der Voraussetzung der fehlenden Repräsentation.181 Hier kann das Instrument des amicus dazu dienen, das direkte, auf den Ausgang des Streits bezogene Interesse angemessen zu berücksichtigen.182 Ziel eines amicus in einer solchen Situation ist es dann, die Entscheidung des Gerichts dahingehend zu beeinflussen, dass die Partei obsiegt, die das eigene Interesse vertritt. Auch Konstellationen, in denen zwar eine Norm dem Dritten das Recht gibt, sich an der Streitigkeit zu beteiligen,183 er aber die Voraussetzung des standing nicht erfüllt, können dazu führen, dass sich der Dritte als amicus beteiligt.184 Während Collins als zweites Ziel des amicus auf politische Ziele, die mit dem Ausgang des Rechtsstreits für eine der beiden Parteien nichts zu tun haben, eingeht,185 soll vorab noch eine weitere Kategorie eines fallbezogenen Interesses verdeutlicht werden. R. 24 (b) FRCP regelt die permissive intervention, welche vollständig im Ermessen des Gerichts steht und die eine gemeinsame Tat- oder Rechtsfrage voraussetzt. Nicht vorausgesetzt ist ein direktes persönliches oder geldwertes Interesse.186 Ausreichend ist vielmehr lediglich eine befürchtete ­Präjudizienbindung.187 Jedoch steht die Zulassung als Intervenient in solchen hound ein Interesse im Sinne von R.24 (a) (2) FRCP hätten, aber durch die Gewerkschaft als Beklagte ausreichend repräsentiert seien. 181  Eine permissive intervention, R. 24 (b) FRCP, deren Zulassung im nur begrenzt nachprüfbaren Ermessen des Gerichts steht, dazu: Kane, in: Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, §§  1913, 1923, kann in solchen Fällen aus Gründen einer möglichen Verzögerung abgelehnt werden, Dize v. Amalgamated Council of Greyhound Local Unions, 684 F. Supp. 332, 338 ff. (D.D.C. 1988), teilweise wird sie aber auch vom Gericht gar nicht näher in Betracht gezogen. 182  In dem Fall Dize (siehe die zwei vorstehenden Fußnoten) gestattete das Gericht eine Beteiligung als amicus. Diese ist in der Regel gegenüber der Rechtsstellung eines Intervenienten im Prozess stark limitiert. Siehe dazu ausführlich unten §  2 D und §  13. 183  28 U.S.C. §  2348 gibt unter anderem Unternehmen ein Recht, sich als Intervenient an Streitigkeiten zu beteiligen, welche die Entscheidung einer Behörde zum Gegenstand haben, die auch die Interessen des Unternehmens berührt. 184  Rio Grande Pipeline Co. v. F.E.R.C., 178 F.3d 533, 538 (D.C. Cir. 1999). Dort wurde standing als Voraussetzung für eine Intervention angesehen, diesbezüglich besteht aber keine Einigkeit in der Rechtsprechung, siehe Baicker-McKee/Janssen/Corr, Federal Civil Rules Handbook, S.  612 m. w. N.; siehe hierzu auch Agricultural Retailers Association v. United States Department of Labor, 2016 WL 5315200, 4 (D.C. Cir. 2016). 185  Collins, Friends of the Court, S.  30 f. 186  Kane, in: Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, §  1911, Fn.  9 mit Nachweisen aus der Rspr. Dies ergibt sich auch daraus, dass, anders als beim permissive joinder, die Voraus­setzung eines gemeinsamen Anspruchs im Sinn von R. 20 (a) (1) (A) FRCP nicht aufgestellt werden. 187  Illustrativ ist der Fall Sunbelt Veterinary Supply, Inc. v. International Business Systems

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Fällen vollständig im Ermessen des Gerichts. Teilweise entscheiden sich die ­ erichte, statt der Intervention lediglich einen amicus brief zuzulassen.188 Das G Ziel eines amicus ist es dann, das Gericht dahingehend zu beeinflussen, die gemeinsame Tat- oder Rechtsfrage im Sinne des amicus zu entscheiden. Die beiden hier diskutierten Gruppen verdeutlichen, dass der amicus und der Intervenient hinsichtlich ihrer Funktion im Prozess teilweise ein Äquivalent bilden. Amici können zum einen ein direktes Interesse am Ausgang der Streitigkeit aufweisen, das dem eines Intervenienten ähnlich ist, oder zum anderen wie der Intervenient eine gemeinsame Tat- oder Rechtsfrage in Bezug auf die Streitigkeit haben. Eine solche Art der Beteiligung ist typischerweise im Rahmen der District Courts zu beobachten.189 Jedoch wird vor den Obergerichten eine Beteiligung als Intervenient, wegen des Erfordernisses der Rechtzeitigkeit der Beteiligung,190 nur selten möglich sein. Besteht daher vor diesen Gerichten ein der Intervention ähnliches Interesse, ist der amicus regelmäßig die einzig verbleibende Möglichkeit, dies geltend zu machen. Insofern lassen sich auch vor den Obergerichten Fälle finden, in denen ein direktes Interesse an der Streitigkeit besteht.191

United States, Inc., 200 F.R.D. 463 (D.C.Ala. 2001), in dem der Käufer einer Software den Verkäufer wegen Mängeln der Software in Anspruch nahm. Hier wurde eine Intervention von anderen Käufern dieser Software zugelassen. 188  Blowers v. Lawyers Co-op. Publishing Co., 527 F.2d 333, 334 (2nd Cir. 1975); Norse Energy Corp. USA v. Town of Dryden, 108 A.D.3d 25, 29 f. (N.Y.A.D. 2013); weitere Beispiele bei Kane, in: Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, §  1913 Fn.  26. 189  Die soeben gegebenen Beispiele beziehen sich alle auf Entscheidungen der District Courts. 190  Die Rechtzeitigkeit der Beteiligung ist im U.S.-amerikanischen Recht eine echte Voraussetzung für die Teilnahme als Intervenient. Dabei kommt eine Beteiligung im Rahmen der Rechtsmittelebene nur in Ausnahmesituationen in Betracht, näher Kane, in: Wright/­ Miller, Federal Practice and Procedure, §  1916, Fn.  25 ff. 191  Beispiel ist der Fall Baltimore Gas and Electric Co. v. Natural Resources Defense Council, Inc., 435 U.S.  964 (1978), dazu auch: illustration 9 in Boskey, 1AA West’s Fed. Forms, Supreme Court §  437. In diesem werden Fragen der Entsorgung von Atommüll diskutiert. Der Staat Maine reichte einen amicus brief ein, weil er selbst hinsichtlich der Entsorgung von Atommüll prozessierte. Mithin wäre hier die Kategorie derselben Tat- und Rechtsfragen betroffen. Ein weiteres vergleichbares Beispiel findet sich bei Boskey, 1AA West’s Fed. Forms, Supreme Court §  437 illustration 1. In Northbrook Prop & Cas. Ins. Co. v. Edwards, 511 U.S.  1103 (1994) wird der Antrag einer Versicherungsgesellschaft, als intervenor am Prozess teilzunehmen, abgelehnt und stattdessen die Möglichkeit gewährt, als amicus am Verfahren teilzunehmen.

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bb)  Indirekte politisch motivierte Interessen – lobbying amicus Während ein bestimmtes Partikularinteresse für den Einzelnen ein sehr bestimmender Grund sein kann tätig zu werden, ist für eine Vielzahl von amici die Möglichkeit der politischen Einflussnahme auf die Entscheidungsfindung eines Obergerichts reizvoller, da mehr erreicht werden kann als ein Sieg in der Sache selbst. Eine solche politische Einflussnahme ist das erklärte Ziel einer Vielzahl von amici.192 Amici haben in diesen Fällen kein direktes Interesse an der Streitigkeit, sondern ein indirektes. Abhängig von der Art des amicus kann auch von der Vertretung kollektiver Interessen gesprochen werden.193 Als Schlagwort bietet sich die Bezeichnung lobbying amicus an. Im Folgenden soll dies anhand einiger Beispiele konkretisiert werden. Dabei sind auch die unterschiedlichen Akteure zu berücksichtigen. Vorab ist jedoch eine prozessuale Besonderheit der Zuständigkeitsbestimmung des Supreme Courts zu erfassen. (i)  Einflussnahme im cert-Stadium Der Supreme Court hat eine weitgehende Freiheit, welche Fälle er zur Entscheidung annimmt.194 Amici können mit ihrer Beteiligung in diesem cert-Stadium versuchen, den Supreme Court zur Annahme von Fällen ihres Interesses zu bewegen.195 Beteiligt sich ein amicus im cert-Stadium vor dem Supreme Court, so tut er dies, weil es für ihn vorteilhaft sein könnte, wenn der Supreme Court den Fall zur Entscheidung annimmt.196 In der Regel wird der amicus daher den petitioner unterstützen. Taktisch unklug ist es, einen amicus brief abzugeben, 192  Collins, 60 Pol. Res. Q. 55, 56 (2007); Hansford, 32 Am. Polit.  Res. 170, 173 (2004). Hansford, 57 Pol. Res. Q. 219, 228 (2004) fasst dies, unter Ermittlung zahlreicher empirischer Belege, treffend so zusammen: „In short, all interests select Court cases based on their desire to maximize the probability of exerting policy influence […].“ 193  Dies gilt zumindest für Interessenverbände. Hinsichtlich staatlicher amici ist es zumindest unter theoretischen Gesichtspunkten zielführender, von einem gemeinnützigen, weil nicht auf die Interessen des Einzelnen oder einer bestimmten Gruppe zurückführbaren Interesse zu sprechen. 194  Die Partei, die mit der Entscheidung des Untergerichts unzufrieden ist, wendet sich an den Supreme Court und reicht eine petition for writ of certiorari ein, welche bei positiver Entscheidung dazu führt, dass der Supreme Court den Fall annimmt, vgl. Perry, in: Hall (Hrsg.), The Oxford Companion to the Supreme Court of the United States, S.  154. Dieses Stadium des Verfahrens wird als cert-Stadium bezeichnet. 195  Geregelt in R. 37.2 S.Ct. Rules. 196  Eine besondere Stellung nimmt der Solicitor General ein. Diesem obliegt es, abgesehen von seiner amicus-Stellung auch diejenigen Fälle unter Beteiligung des Bundes, auch in Form einer Bundesbehörde, vor den Supreme Court zu bringen, die er für geeignet hält, O’Connor, 66 Judicature 256, 259 (1983); Segal, 41 West. Polit.  Q. 135 (1988). Der Solicitor General tritt dann selbst als petitioner auf. Oftmals wird der Solicitor General aber auch vom

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mit dem der respondent einer petition for writ of certiorari unterstützt wird. Denn ein solcher brief verdeutlicht das gesteigerte Interesse an der Streitigkeit.197 Amicus briefs zur Unterstützung einer petition for writ of certiorari sind relativ selten.198 Daher stechen die petitions, die eine Unterstützung durch einen amicus erhalten, gegenüber den anderen positiv heraus und verdeutlichen die Signifikanz des Falls.199 In der Mehrzahl der Fälle hingegen wird eine Beteiligung in der Hauptsache Gegenstand der amicus-Stellungnahme sein. Im Folgenden sollen die verschiedenen Interessen unterschiedlicher Akteure betreffend solche Hauptsacheverfahren anhand von Beispielen veranschaulicht werden. (ii)  Private amici Beteiligt sich ein Interessenverband an einem Verfahren, so wird dieser oftmals nicht eigene wirtschaftliche Interessen an der streitbefangenen Sache oder den streitbefangenen Rechten haben, sondern vielmehr das Interesse seiner Mitglieder im Auge haben. Meist wird der amicus brief diejenige Seite einer Streitigkeit unterstützen, deren Obsiegen durch die Einflussnahme auf die richterliche Entscheidungsfindung den Zielen des amicus nahesteht. Steht beispielsweise die Frage der affirmative action im Vordergrund, wie im Fall Grutter v. Bollinger,200 ist es naheliegend, wenn sich der NAACP Legal Defense and Education Fund als amicus auf Seiten der Universität beteiligt.201 Dabei darf jedoch nicht Gericht gefragt, inwiefern der Fall zur Entscheidung angenommen werden soll, sogenanntes CVSG, Calls for the Views of the Solicitor General, dazu ausführlich unten §  2 B. II. 2. 197  Schweitzer, 5 J. App. Prac. & Process 523, 528 (2003); Walbolt/Lang, 32 Stetson L. Rev. 269, 281 (2003). 198  Im Jahr 1982 waren es lediglich 148 von 1906 petitions, die eine Unterstützung durch amici aufwiesen, Caldeira/Wright, 82 Am. Pol. Sci. Rev. 1109, 1116 (1988). 199  Schweitzer, 5 J. App. Prac. & Process 523, 528 (2003); Simpson/Vassaly, The Amicus Brief, S.  32; Collins, 38 L. & Soc’y Rev. 807, 808 (2004) führt aus, dass sich bei Beteiligung von amici in diesem Stadium die Chancen erhöhen, dass der Supreme Court den Fall annimmt. 200  Grutter v. Bollinger, 539 U.S.  306 (2003). Das dort von der Universität Michigan praktizierte Aufnahmeprogramm ermöglichte es, die Ethnie von Afro-Amerikanern, Lateinamerikanern und amerikanischen Ureinwohnern als sich positiv auswirkenden Aspekt in dem Entscheidungsfindungsprozess über die Vergabe eines Studienplatzes zu berücksichtigen. Eine solche Praxis, gewissermaßen eine positive Diskriminierung, wird als affirmative action bezeichnet. 201  Schließlich profitieren Afro-Amerikaner von dieser Politik, so dass die NAACP (Na­ tional Association for the Advancement of Colored People), die deren Interessen vertritt, die Aufnahmerichtlinien der Universität gutheißen kann, Brief for the NAACP Legal Defense and Education Fund, Inc. and the American Civil Liberties Union as Amici Curiae in Support of Respondents, 18.02.2003, 2003 WL 398820, S.  1 ff.

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zu schematisch gedacht werden. Die Asian American Legal Foundation beispielsweise unterstützte in dem Fall Grutter v. Bollinger nicht die Universität, sondern Barbara Grutter und wandte sich in ihrem brief gegen die Aufnahmepolitik der Universität. Der Grund lag laut der Asian American Legal Foundation darin, dass das affirmative action-Programm eines Schulbezirks in San Francisco für die asiatische Bevölkerung negative Auswirkungen hatte.202 Auf der anderen Seite unterstützte eine breite Front verschiedener anderer asiatischer Interessengruppen 203 die Aufnahmepolitik der Universität.204 Allzu schnelle Rückschlüsse aufgrund der Art des von dem amicus vertretenen Interesses und der sich daraus ergebenden Ausrichtung des amicus briefs im Verhältnis zur betreffenden Streitigkeit sind daher nicht angebracht. Diese Überlegung findet sich bestätigt, wenn man den Zusammenschluss von 65 führenden international ausgerichteten Unternehmen 205 berücksichtigt, welche in ihrem amicus brief die Politik der Universität unterstützen. Sie betonen die Bedeutung einer diversitären Belegschaft für ein global agierendes Unternehmen.206 Dies ist auch insofern bemerkenswert, als in Bakke207 sich der bedeutende Unternehmerverband Chamber of Commerce in einem amicus brief noch gegen eine affirmative ac­ tion gewandt hatte.208 Ebenfalls überraschend und für die Entscheidung des Falls mitentscheidend, war der brief von 29 pensionierten Militärs, unter ihnen drei Generäle, die darauf eingingen, dass für das Militär eine ethnisch heterogene Offiziersstruktur wesentlich sei und dass dies auch für Universitäten gelte.209 202  Brief of the Asian American Legal Foundation as Amicus Curiae in Support of Petitioners, 2003 WL 152363, S.  1 ff. 203  Darunter waren National Asian Pacific American Legal Consortium, the Asian Law Caucus, the Japanese American Citizens League und the National Council of Asian American Business Associations. 204  Brief of Amici Curiae National Asian Pacific American Legal Consortium, Asian Law Caucus, Asian Pacific American Legal Center, et al., in Support of Respondents, 2003 WL 400140, S.  1. 205  Darunter American Airlines, Coca Cola, General Electric, Intel, Mitsubishi Motors North America, Nike, Pepsi, Pfizer, Reebok, Shell, United Airlines. 206  Brief for Amici Curiae 65 Leading American Businesses in Support of Respondents, 2003 WL 399056, S.  1 ff. 207  Regents of the University of California v. Bakke, 438 U.S.  265 (1978). In diesem Fall befasst sich der Supreme Court ebenfalls mit einem affirmative action-Programm einer Universität. 208  Brief of the Chamber of Commerce of the United States of America Amicus Curiae, 1977 WL 187976, S.  1 ff., darauf hinweisend Alger/Krislov, 30 J.C. & U.L. 503, 516 (2004). 209  Consolidated Brief of Lt. Gen. Julius W. Becton, Jr., Adm. Dennis Blair, Maj. Gen. Charles Bolden, Hon. James M. Cannon, Lt. Gen. Daniel W. Christman, et al. as Amici Curiae in Support of Respondents, 2003 WL 1787554, S.  1 ff., 28. Der amicus brief wurde in der mündlichen Verhandlung intensiv diskutiert. Insbesondere der Solicitor General musste sich die Frage gefallen lassen, warum im Rahmen der Streitkräfte der Vereinigten Staaten eine

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Der hier behandelte Fall Grutter v. Bollinger 210 verdeutlicht sehr anschaulich, welch mittelbare Verbindungen völlig unterschiedliche Gruppen, deren Beteiligung man nicht erwartet hätte, zu dem Verfahren haben. Er zeigt aber auch, dass die hier betroffenen Interessen auf der einen Seite eher fernliegend erscheinen, wie beispielsweise bei Militär und Unternehmen, auf der anderen Seite auch von ideeller Natur sein können, wie im Fall der NAACP und teils Organisationen, die auf den ersten Blick für die gleichen Interessen kämpfen, verschiedene Parteien unterstützen. Die hier geschilderten Interessen veranschaulichen den Begriff der indirekt politisch motivierten Interessen. Den amici geht es weniger darum, ob die University of Michigan ihre Studienplätze so vergeben darf, wie sie sie vergibt, sondern vielmehr darum, ob generell die Berücksichtigung von Ethnien in bestimmten Situationen verfassungsrechtlich legitim sein kann.211 Diese Abstraktion beziehungsweise Metaebene zeichnet ein indirektes Interesse aus und unterscheidet es von dem direkten fallbezogenen Interesse eines Intervenienten. (iii)  Staatliche amici Während bei privaten amici völlig unterschiedliche Interessen eine Rolle spielen können, ist bei staatlichen amici eine größere Vorhersehbarkeit gegeben. In Abhängigkeit von der jeweiligen Zuständigkeit und Funktion einer Behörde werden sich auch ihre amicus briefs bewegen. Jedoch beteiligen sich mit den Einzelstaaten, vertreten durch deren Attorneys General, und dem Bund, vertreten vor dem Supreme Court durch den Solicitor General, noch weitere Akteure. Dabei wäre es eine sehr umfangreiche und von stark beschreibenden Charakter geprägte Aufgabe, jeweils Beispiele zu suchen, weswegen sich im Folgenden auf die amicus-Tätigkeit des Solicitor General vor dem Supreme Court, die der Einzelstaaten und die der für das Kartellrecht zuständigen Behörden beschränkt wird. Bevorzugung von Minderheiten zulässig sein sollte, nicht aber im Rahmen von Universitäten. Auch in der Urteilsbegründung wurde auf den brief der Militärs Bezug genommen, „We agree that ‚[i]t requires only a small step from this analysis to conclude that our country’s other most selective institutions must remain both diverse and selective.‘ ibid.“, Grutter v. Bollinger, 539 U.S.  306 (2003) [Das Zitat innerhalb des Zitats ist eine Wiedergabe des amicus briefs der Militärs]. Zu dem Einfluss dieser amicus-Stellungnahme auch Alger/Krislov, 30 J.C. & U.L. 503, 523 f. (2004); Walbolt/Lang, 33 Stetson L. Rev. 171, 173 ff. (2003). 210  Der Supreme Court qualifizierte das affirmative action-Programm der Universität nicht als verfassungswidrig. 211  Das Argumentationsmuster der großen Unternehmen und des Militärs ist dabei auf einen ubiquitären Ansatz gestützt. Dem Gericht wird vermittelt, beiden Gruppen ginge es allein um das Wohl der Nation und es wird auf die negativen Folgen eines Verbots von affirmative action-Maßnahmen aufmerksam gemacht, darauf hinweisend Brown-Nagin, 105 Colum. L. Rev. 1436, 1464 (2005). Zu der Struktur von Argumenten der verschiedenen amici sogleich unten §  2 B. I. 3.

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

Beteiligt sich der Solicitor General mittels eines amicus briefs vor dem Supreme Court, wird er regelmäßig die politische Agenda der jeweiligen Regierung in das Verfahren einbringen.212 Zwei Beispiele mögen dies verdeutlichen. Der konservativ ausgerichteten Bush-Regierung waren Antidiskriminierungsmaßnahmen, wie die in Grutter v. Bollinger, ein Dorn im Auge, weswegen der Solicitor General gegen diese argumentierte.213 Ein wesentliches Anliegen der Regierung Obama war der Bereich public education, mit all seinen Folgeproblematiken.214 Aufsehen erregte der Fall Safford v. Redding 215. Gegenstand war die Rechtmäßigkeit des Durchsuchens einer 13-jährigen Schülerin durch Schulpersonal. Der Supreme Court schloss sich hier der Meinung des Solicitor General an und sah die Durchsuchung als unrechtmäßig an. Gleichzeitig schloss er aber Schadensersatzansprüche gegen das beteiligte Schulpersonal aus, ebenfalls in Übereinstimmung mit dem Solicitor General. In dem Vertreten der Interessen der jeweiligen Regierung ist ein wesentlicher Unterschied gegenüber privaten amici zu sehen. Ebenfalls recht häufig beteiligen sich die Einzelstaaten als amici vor dem Supreme Court. Mittels der NAAG amicus-Kampagnen verließen die Attorneys General ihre passive Rolle und brachten sich aktiver in das Geschehen ein. Dabei lassen sich keine verallgemeinerbaren konkreten Ziele beschreiben.216 Jedoch ist der Trend hin zu einer gemeinsamen Stellungnahme der verschiedenen Staaten mittels eines amicus briefs nicht unproblematisch. Das föderale System erlangt seine Einzigartigkeit gerade dadurch, dass in den 50 Einzelstaaten unterschiedliche Regelungsmodelle herrschen. Dies ist Ausdruck der diversity theory.217 Die Diversität der verschiedenen Regelungen führt zudem dazu, dass die Bürger ein größeres Ausmaß an politischer und demokratischer Selbstbestimmung für ihre eigenen Angelegenheiten haben, self-governance theory.218 Der Fall District of Columbia v. Heller219 verdeutlicht diese Problematik. Hintergrund war ein verschärftes Waffengesetz des District of Columbia, gegen das sich Heller wandte. Caplan, The Tenth Justice, S.  196; Deen/Ignagni/Meernik, 89 Judicature 68 (2005); Deen/Ignagni/Meernik, 87 Judicature 61 (2003); Pacelle/Curry/Marshall, Decision Making By The Modern Supreme Court, S.  20; Bailey/Kamoie/Maltzman, 49 AJPS 72, 74 (2005). 213  Brief for the United States as Amicus Curiae Supporting Petitioner, 2003 WL 176635. 214  Swenson, 34 S. Ill. Univ. L.J. 359, 364 f. (2010). 215  Safford Unified School District No.1 v. Redding, 129 S.Ct. 2633 (2009). 216  In FTC and State of Maine v. Lundbeck, Inc. (8th Cir. 2011) beteiligten sich zahlreiche Einzelstaaten, um in ihrem amicus brief den sachlich relevanten Markt im Rahmen einer Kartellstreitigkeit näher zu erläutern, da dies auch teilweise Aufgabe der Einzelstaaten ist, siehe Brief of Amici Curiae States of Missouri, Illinois et. al., S.  1 ff. 217  McCusker, 118 Yale L.J. 1557, 1560 (2009). 218  McCusker, 118 Yale L.J. 1557, 1560 (2009). 219  District of Columbia v. Heller, 128 S.Ct. 2783 (2008), dazu: McCusker, 118 Yale L.J. 1557, 1561 ff. (2009). 212 

§  2  U.S.-amerikanisches Recht

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Der Attorney General von Texas reichte einen amicus brief ein, der von 30 weiteren Staaten unterstützt wurde. Dieser hatte zum Ziel, das fragliche Gesetz zu Fall zu bringen. Ein solches Vorgehen zielt nicht darauf ab, die Rechte eines Staates gegenüber der Nationalregierung zu stärken, sondern vielmehr darauf, einen möglichen Gleichlauf der verschiedenen staatlichen Regelungen zu erreichen.220 Damit untergräbt ein solcher gemeinsamer amicus brief die diversity theory und erweist dem Föderalismus keinen Dienst.221 Ein gemeinsames Vorgehen sollte auf Fälle beschränkt bleiben, in denen gerade für mehr Diversität gekämpft wird. Zu berücksichtigen sind schließlich noch Stellungnahmen von Kartellbehörden.222 Diese verfolgen mit ihrer Stellungnahme primär eigene wettbewerbs­ politische Interessen.223 Wichtig sind dabei private kartellrechtliche Verfahren 224 und dort insbesondere solche, die Fragen von genereller wettbewerblicher Natur berühren.225 Die Bedeutung der Kartellbehörden in ihrer Rolle als amicus möge das folgende Zitat verdeutlichen: „The antitrust law that we know and apply is almost certainly richer and different because of the active participation of amici. For more than a score of years, amici have regularly participated in shaping antitrust doctrine.“226 Teilweise verfolgen Behörden mit einer amicus-Stellungnahme das Ziel, eine Verwaltungspraxis zu etablieren.227 Dies betrifft jedoch nicht das Kartellrecht, da die Etablierung einer solchen Praxis mittels einer amicus-Stellungnahme bisher lediglich im Rahmen von arbeitsrechtlichen Streitigkeiten versucht wurde.

McCusker, 118 Yale L.J. 1557, 1564 (2009). In dem Verfahren McDonald v. City of Chicago, 130 S.Ct. 3020 (2010) war eine ähnliche Fragestellung betreffend des Waffengesetzes der Stadt Chicago zu entscheiden. Auch hier verbündeten sich 38 Einzelstaaten, die gegen das verschärfte Waffengesetz argumentierten. Im Minderheitenvotum bringt Justice Stevens seine Verwunderung zum Ausdruck, dass eine so große Anzahl von Staaten darum bittet, ihre Kompetenzen bezüglich der Regelung von gefährlichen Gegenständen wie Waffen einzugrenzen. 222  Im U.S.-amerikanischen Recht besteht eine parallele Zuständigkeit verschiedener Behörden. Zentral ist die Antitrustabteilung des Department of Justice sowie die Federal Trade Commission, siehe eingehend Blechman/Patterson, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 6, USA, Rn.  15 ff. 223  Zuber, Die EG-Kommission als amicus curiae, S.  96 f. 224  Kestenbaum/Olson, 16 Int’l Law. 587, 590 f. (1982); Zuber, Die EG-Kommission als amicus curiae, S.  97. 225  Lenaerts/Gerard, 27 World Competition 313, 333 (2004). 226  Calkins, 68 Antitrust L.J. 625, 658 (2001); die Bedeutung der Rechtsfigur des amicus im Rahmen kartellrechtlicher Verfahren mittels einer Fallstudie herausarbeitend auch Grimm, Die Rechtsfigur des Amicus curiae im Kartellzivilprozess, S.  103 ff. 227  Siehe dazu sogleich unten §  2 B. I. 3. b) dd). 220  221 

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

(iv)  Ausländische amici Bereits erläutert wurde, dass sich ausländische Staaten und Interessenverbände als amici beteiligen. Zu klären ist jedoch, in welchen Situationen sich ein ausländischer Staat typischerweise beteiligen wird. Offensichtlich sind zunächst die Bereiche, in denen eine Streitigkeit die Bürger des betreffenden Staates direkt oder mittelbar tangiert. Dies ist der Fall bei dem oben angesprochenen Google Book Settlement-Verfahren.228 Auch der viel beachtete Fall Morrison v. National Australia Bank Ltd 229 fällt in diese Kategorie. Hier hatte der Supreme Court über die Extraterritorialität des U.S.-amerikanischen Wertpapierrechts zu entscheiden. Im Falle der Annahme einer solchen hätte dies naturgemäß auch für die Staatsangehörigen ausländischer Staaten Auswirkungen, weswegen Frankreich, Großbritannien und Australien amicus briefs einreichten. In der Sache U.S. v. Alvarez-Machain230 lag ebenfalls ein solcher Hintergrund vor. Dort reichte die mexikanische Regierung einen amicus brief ein, um die Auslieferung eines ihrer Staatsangehörigen zu erreichen, der in die USA entführt worden war, um ihn dort vor Gericht zu stellen. Neben Mexiko reichte aber auch Kanada einen amicus brief ein. Der kanadische Staat oder seine Angehörigen waren selbst nicht unmittelbar betroffen. Dennoch kann von einer mittelbaren Betroffenheit ausgegangen werden, da sich ein kanadischer Staatsangehöriger zukünftig in einer vergleichbaren Situation befinden könnte. Lehnt man diese mittelbare Beteiligung hier ab, so lässt sich die Beteiligung Kanadas einer zweiten Gruppe von amicus-Stellungnahmen zuordnen. Teilweise beteiligen sich nämlich ausländische Staaten beziehungsweise Staatengebilde aus rein ideologischen Gründen. In Atkins v. Virginia231 musste geklärt werden, ob ein geistig Behinderter hingerichtet werden durfte. Das Gericht bezog sich in seiner Entscheidung mehrmals auf den amicus brief der Europäischen Union, 228 

Oben §  2 B. I. 1. c). Morrison v. National Australia Bank Ltd, 130 S.Ct. 2869 (2010), dazu: Mankowski, NZG 2010, 961. 230  United States v. Alvaret-Machain, 504 U.S.  655 (1992); Plass, 1995 BYU L. Rev., 1189, 1215 ff. setzt sich ausführlich mit dem Fall auseinander. Plass stellt dar, dass sich der Supreme Court jedoch nicht mit der Interpretation des einschlägigen Vertrags durch die ausländischen amici auseinandersetzt, ibid. 1226. 231  Atkins v. Virginia, 536 U.S.  304 (2002). Aufsehen erregte auch der Fall Roper v. Simmons, 543 U.S.  551 (2005), in dem der Supreme Court die Hinrichtung von Minderjährigen für verfassungswidrig erachtete. Er bezog sich dabei auf internationales Recht, welches teilweise wieder von der Europäischen Union in einem amicus brief dargelegt wurde, die Europäische Union bezog sich insbesondere auf das ICCPR, O’Sullivan, 11 TCLR 30, 43 ff. (2008) und wissenschaftliche Erkenntnisse. Diese wurden maßgeblich von amici in den Prozess getragen, Katt, 49 Jurimetrics 253, 256 ff., 268 ff. (2009). 229 

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den diese in der Sache McCarver v. North Carolina eingereicht hatte.232 Die Europäische Union führte in ihrem brief unter anderem aus, die Hinrichtung geistig Behinderter werde innerhalb der Weltgemeinschaft als Unrecht angesehen und sei nicht mit den von den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union geteilten rechtsstaatlichen Prinzipien vereinbar. Der brief der Europäischen Union diente dem Supreme Court dazu, diese weltweite Praxis mit in seine Entscheidung einfließen zu lassen. In der Literatur wird hierzu angemerkt: „While it is probable that the US Supreme Court would have eventually abolished the death penalty for individuals with mental disabilities and juvenile offenders, there can be no doubt that Europe’s involvement accelerated the process.“233 Beteiligen sich ausländische Interessenverbände oder Unternehmen als amicus wird ein nennenswerter Unterschied hinsichtlich ihrer Motive und Ziele zu den oben dargestellten Interessen und Zielen von inländischen Interessenverbänden oder Unternehmen nicht bestehen. cc)  Mitgliederwerbung und Außendarstellung Ein weiterer Aspekt für die Entscheidung eines amicus, am Verfahren teilzunehmen, kann der Gesichtspunkt der Mitgliederwerbung sein. Das trifft jedoch nur auf solche amici zu, die auf der Grundlage von Mitgliedschaften bestehen, also Interessenverbände. Bei diesen kann zumindest als untergeordneter Gesichtspunkt beim Einreichen einer amicus-Stellungnahme auch ein Tätigkeitsnachweis gegenüber den Mitgliedern eine Rolle spielen.234 Collins meint, dies sei nicht ein Ziel, sondern eine Voraussetzung einer amicus-Beteiligung, da ein Verband ohne Mitglieder nicht existieren könne.235 Dennoch kann dieser Aspekt bei der Entscheidung, ob eine amicus-Stellungnahme abgegeben wird, von Relevanz sein. Ein ähnlicher Aspekt der Außendarstellung kann auch bei einem amicus brief von Parlamentariern von Bedeutung sein.236 McCarver v. North Carolina, 532 U.S.  941 (2001), dieser Fall befasste sich ebenfalls mit der Hinrichtung geistig Behinderter. Vgl. zu amicus-Stellungnahmen der Europäischen Union in Fällen der Todesstrafe auch O’Sullivan, 11 TCLR 30, 34 ff. (2008). 233  O’Sullivan, 11 TCLR 30, 55 f. (2008). 234  Hansford, 32 Am. Polit.  Res. 170, 173, 177 f., 189 (2004) hat herausgearbeitet, dass sich amici insbesondere dann beteiligen, wenn die Streitigkeit ein großes Medieninteresse erwarten lässt. 235  Collins, Friends of the Supreme Court, S.  28 f.; in diese Richtung auch Martinek, 34 Am. Polit.  Res. 803, 810 (2006). 236  In Automobile Club of New York, Inc. v. Port Authority of New York and New Jersey, 2011 WL 5865296 (S.D.N.Y. 2011), reichten ein Mitglied des U.S. Kongresses und ein Mitglied der New York State Assembley einen amicus brief ein. Hintergrund war, dass der amerikanische Automobilclub versuchte die Erhöhung der Mautgebühren durch die Port Authority of New York und New Jersey zu verhindern und die Abgeordneten diesen unterstützen 232 

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

dd)  Neutrale amici? Nachdem in den vorhergehenden Abschnitten ein intensiver Einblick in die parteiischen Motive unterschiedlicher amici gegeben wurde, ist nunmehr auf neutrale amici einzugehen. Im historischen Teil wurde herausgearbeitet, dass die Qualifikation des amicus als neutrale Stütze in der Tat einen mythischen Hintergrund hat. Umso erstaunlicher sind Verlautbarungen in der Rechtsprechung, dass der wahre amicus kein Interesse am Prozess habe.237 Wesentlich pragmatischer ist schon die Einsicht, „by the nature of things an amicus is not normally impartial.“238 In der Tat, wer sollte sich schon bereit erklären, dem Gericht seine Meinung kundzutun, dabei aber kein eigenes Interesse an der Streitigkeit zu haben oder das Interesse einer der Parteien zu repräsentieren? Die vergleichsweise naheliegende Antwort lautet: Professoren. Immer wieder gibt es amicus briefs von Professoren, die sich lediglich aus akademischen beziehungsweise utilitaristischen Motiven an einer Streitigkeit beteiligen.239 Zwar wird auch mit einer solchen Beteiligung ein gewisses Interesse verfolgt, jedoch ist dieses weder wirtschaftlicher noch ideeller beziehungsweise politischer Art, sondern dient vielmehr dem höheren Ziel, eine objektive Art von Gerechtigkeit zu ermitteln. Gleichwohl können auch Professoren diese höheren Ideale aus den Augen verlieren und lediglich als Mitunterzeichner eines von Anwälten verfassten und daher oftmals wenig wissenschaftlich ausgerichteten briefs auftreten.240 Als wollten. Ausweislich einer Pressemitteilung schien der amicus brief primär darauf gerichtet zu sein, Wähler zu werben, (abgerufen am 18.10.2016): „‚This toll hike is the straw that ­breaks the camel’s back,‘ said Grimm. ‚At a time when many families are struggling to put food on the table, this toll increase will not just empty the pockets of every hard-working resident of Staten Island, but kill our jobs and businesses.‘“ 237  Siehe etwa Burger v. Burger, 298 S.W.2d 119,120 (S.Ct. of Tex. 1957) und Nachweise bei Banner, 20 Const. Comm. 111, 112 (2003). 238  Waste Management of Pennsylvania, Inc. v. City of York, 162 FRD 34, 36 (M.D.Pa. 1995). 239  Als Beispiel mag erneut, siehe bereits oben §  2 B. I. 1. a), der brief von Professor Wright dienen, in dem es heißt: „As a result of a lifetime of teaching and writing about the federal courts and working for their improved administration, amicus has a keen interest in seeing that those courts function efficiently.“, Brief of Charles Alan Wright as Amicus Curiae Supporting Petitioner, 1997 WL 33485515, S.  2. Ein weiterer akademischer brief ist der von Professor Fried­ man, in Michigan v. Bryant, 131 S.Ct. 1143 (2011), in dem es heißt, „His desire, in accordance with his academic work, is to promote a sound understanding of the confrontation right, one that recognizes the importance of the right in our system of criminal justice and at the same time is practical in administration and does not unduly hamper prosecution of crime.“, Brief of Richard D. Friedman, as Amicus Curiae in Support of Respondent, 2010 WL 2565284, S.  2. 240  Fallon, 4 J. Legal Anal. 223, 230 (2012) führt aus, dass solche von Anwälten verfasst und von Professoren unterzeichnete briefs häufig vorkommen.

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mögliche Motive beschreibt Fallon sehr anschaulich: „Dangled before them, with little or no work required, is the possibility of having an impact on the development of the law. As long as the brief supports the right side, it is hard for a professor who wants to influence the law’s trajectory – as many of us do – to say no.“241 Dennoch können briefs von Professoren teils eben auch neutral sein, in dem Sinne als sie lediglich der Wissenschaftlichkeit verpflichtet sind. 3.  Methode der Einflussnahme Die Interessen und Ziele von amici divergieren stark. Neben der Frage, in welcher Instanz die Streitigkeit anhängig ist, sind es insbesondere die verschiedenen Akteure und ihre unterschiedlich ausgeprägten Interessen an der Streitigkeit, die zu der Vielfältigkeit beitragen. Im Folgenden gilt es die Methoden der Einflussnahme von amici näher zu untersuchen. Dabei wird den Ausführungen die Prämisse vorangestellt, dass sich der amicus nur mittels Einreichung einer einzigen Stellungnahme beteiligt.242 Deren Inhalt gilt es zu untersuchen. Neben dem Inhalt des amicus briefs ist schließlich zu fragen, inwiefern die Beteiligung der unterschiedlichen amici selbst dazu genutzt wird, Einfluss zu nehmen. Dabei ist es jedoch nicht zielführend, wie im vorstehenden Abschnitt zwischen verschiedenen Akteuren und Interessen zu unterscheiden. Zu berücksichtigen ist aber, dass vor dem Supreme Court die Einflussnahme im cert-Stadium erfolgen kann.243 Diese Sondersituation gilt es vorab darzustellen. a)  Amicus briefs im certiorari-Verfahren Die sich in diesem Stadium beteiligenden amici sollten sich bemühen, herauszuarbeiten, dass der Fall Fragen betrifft, die noch nicht entschieden wurden. Ein Beispiel hierfür findet sich in Caperton v. A.T. Massey Coal Co244. Dort stellt die ABA 245 als amicus heraus, dass die Frage noch nicht entschieden sei, ob ein Richter, dessen Wahlkampf durch Spendengelder finanziert wurde, befangen ist, wenn er einen Fall zu entscheiden hat, bei dem der Hauptspender beteiligt ist.246 Wichtig ist auch, dass der amicus versucht, die Folgen bei Nichtannahme Fallon, 4 J. Legal Anal. 223, 227 (2012). Dass ein solches Verständnis dem Regelfall entspricht, verdeutlicht R. 29 (g), (f) FRAP eindeutig. Aus den R. 37 S.Ct Rules ergibt sich dies implizit, indem genau geregelt ist, wann ein amicus brief einzureichen ist, so dass die Parteien auf diesen reagieren können, dazu näher unten §§  9, 13 A. 243  Dazu bereits oben §  2 B. I. 2. b) bb) (i). 244  Caperton v. A.T. Massey Coal Co., 556 U.S.  868 (2009), dazu: Karst, 33 Seattle U. L. Rev. 633 (2010). 245  American Bar Association. 246  Brief of the American Bar, 2008 WL 3199726; dabei ist darauf hinzuweisen, dass der 241 

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

des Falls zu schildern.247 Ein amicus brief in diesem Stadium erhöht die Chancen einer Annahme der Streitigkeit durch den Supreme Court signifikant.248 b)  Amicus briefs im Hauptsacheverfahren Zwar mag der Aspekt von amicus briefs im cert-Stadium eine wichtige Nebenrolle spielen, die meisten amicus briefs werden jedoch zur Hauptsache eingereicht.249 Fraglich ist, wie deren inhaltliche Struktur und Argumentation ausgeformt ist. Voraussetzung ist zunächst, dass der amicus in seiner Stellungnahme tatsächlich neue relevante Aspekte anspricht.250 Unerwünscht sind hingegen briefs, die lediglich die Position der Parteien wiederholen. Diese sogenannten me too briefs werden seit der Entscheidung Ryan v. Commodity Futures Trading Comm’n251 von den Gerichten in der Regel nicht mehr zugelassen.252 Früher schienen sie hingegen eine akzeptierte Praxis zu sein.253 Die informative Funktion von amicus briefs ist bereits in der historischen Funktion angelegt.254 In der Literatur wurden sogar Vergleiche zum Sachverständigenbeweis gezogen.255 Dieser Vergleich ist jedoch nicht unproblematisch. Entschließt sich ein Interessenverband in einem Verfahren, dem Gericht einen amicus brief zu übermitteln, stehen die Motive des Verbands im Vordergrund. Daher ist es fahrlässig, sich blind auf die „Fakten“ zu verlassen, die durch amicus briefs vorgetragen werden.256 Ein amicus brief sollte daher nie mit einem Sachverständigengutachten gleichgesetzt werden.257 petitioner in seiner petition for writ of certiorari ebenfalls auf diesen Umstand hinweist, vgl. Petition for a Writ of Certiorari, 2008 WL 2676568. 247  Schweitzer, 5 J. App. Prac. & Process 523, 528 ff. (2003). 248  Caldeira/Wrigth, 24 L. & Soc’y Rev. 807, 828 (1990) und Caldeira/Wrigth, 82 Am. Pol. Sci. Rev. 1109, 1115 ff. (1988); Gressman/Geller/Shapiro/Bishop/Hartnett, Supreme Court Practice, S.  512 f. und oben §  2 B. I. 2. b) bb) (i). 249  Kearney/Merrill, 148 U. Pa. L. Rev. 743, 778 (2000); Flango/Bross/Corbally, 27 Just. Sys. J. 180, 181 (2006); Schweitzer, 5 J. App. Prac. & Process 523, 530 ff. (2003). 250  Hierzu auch Supreme Court Rule 37 1. „An amicus curiae brief that brings to the attention of the Court relevant matter not already brought to its attention by the parties may be of considerable help to the Court. An amicus curiae brief that does not serve this purpose burdens the Court, and its filing is not favoured.“ Auch die local rules einiger U.S. Court of Appeals stellen ein solches Erfordernis auf, R. 29 (a) D.C. Cir.; R. 29.2 5th Cir. 251  Ryan v. Commodity Futures Trading Comm’n, 125 F.3d 1062 (7th Cir. 1997). 252  Ausführlich unten §  10 B. I. 2. a). 253  Smallman, 25 Litigation 25, 26 ff. (1999); vgl. auch oben §  2 A. III. 3. 254  Oben §  2 A. I., II. in Bezug auf die Fälle, in denen der amicus dem Gericht Urteile nennt. Aus heutiger Sicht sind es vor allem wissenschaftliche Erkenntnisse, dazu sogleich. 255  Flango/Bross/Corbally, 27 Just. Sys. J. 180, 182 (2006). 256  Ausführlich hierzu: Rustad/Koenig, 72 N.C. L. Rev. 91, 143 ff. (1993). 257  Hierzu auch unten §  2 C.

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Hinsichtlich der Art von Informationen bieten amicus briefs eine große Vielfalt, die im Folgenden mit einigen Fallbeispielen illustriert werden soll. aa)  Die Folgen der Entscheidung Häufig wird in der Literatur auf Informationen eingegangen, die das Herausarbeiten der Folgen der Entscheidung ermöglichen.258 Dabei lassen sich verschiedene Konstellationen entwickeln. Zum einen können sich amicus briefs auf die politischen Auswirkungen einer Entscheidung konzentrieren.259 Insbesondere bei gesellschaftspolitisch umstrittenen Themen wie Abtreibung,260 Minderheitenschutz261 oder den Rechten von Homosexuellen262 eignen sich amicus briefs dafür, die grundlegenden gesellschaftspolitischen Argumente darzulegen und so die Auswirkungen der Entscheidung zu beschreiben. Auch in Bezug auf das Recht der freien Meinungs­äußerung wird oftmals mit den möglichen Folgen einer Entscheidung argumentiert.263 258  Beispielsweise Schweitzer, 5 J. App. Prac. & Process 523, 531 (2003); Wasby, in: Hall, The Oxford Companion to the Supreme Court of the United States, S.  38; Tigar/Tigar, Federal Appeals, S.  181; Munford, 1 J. App. Prac. & Process 279, 281 (1999); Ennis, 33 Cath. Univ. L. Rev. 603, 608 (1984); Flango/Bross/Corbally, 27 Just. Sys. J. 180, 182 (2006); Simmons, 42 Conn. L. Rev. 185, 207 (2009). 259  Spriggs/Wahlbeck, 50 Pol. Res. Q. 365, 367 f. (1997); Simpson/Vasaly, The Amicus Brief, S.  31, sprechen in diesem Zusammenhang von „Adressing Policy Issues“. 260  In Webster v. Reproductive Health Services, 492 U.S.  490 (1989) wurden 78 amicus briefs eingereicht. Näher mit der Rolle von amici in diesem Fall befasst sich Kolbert, 15 AJLM 153, 155–157, 161 (1989). So wurden die Folgen der Entscheidung insbesondere für das Recht auf freie Meinungsäußerung von verschiedenen Gruppen herausgestellt. Rossotti/ Natelson/Tatalovich, 81 Judicature 118, 119 f. (1997) betonen, dass gesellschaftliche Argumente, zum Beispiel religiöser Art, in dem Fall eine besondere Rolle spielten. Diese religösen Argumente machten deutlich, wie einzelne Religionsgemeinschaften von der Entscheidung betroffen sein konnten. 261  Hier mag wieder der Fall Grutter v. Bollinger, 539 U.S.  306 (2003) als Beispiel dienen, dazu bereits oben §  2 B. I. 2. b) bb) (ii). Einige der amici, von Brown-Nagin als „Discrimination-Oriented Amici Curiae“ bezeichnet, fokussierten sich auf die nach ihrer Meinung bestehende Diskriminierung und betrachteten affirmative actions als Lösung dieses Problems, Brown-Nagin, 105 Colum. L. Rev. 1436, 1462 f. (2005). Anders als die Unternehmen oder das Militär argumentierten diese mit der Pflicht, dass durch die damalige Diskriminierung von Ethnien begangene Unrecht auszugleichen, vgl. beispielsweise Brief for the NAACP Legal Defense and Education Fund, Inc. and the American Civil Liberties Union as Amici Curiae in Support of Respondents, 18.02.2003, 2003 WL 398820, S.  1 ff. 262  In Lawrence v. Texas, 539 U.S.  558 (2003) wurden zahlreiche amicus briefs eingereicht, die sich mit den Auswirkungen der Entscheidung auf die homosexuelle Gemeinschaft beschäftigen. Gleichzeitig wurden aber auch andere Taktiken angewandt, wie etwa ein historischer Rückblick, sowie ein Vergleich mit der internationalen Rechtslage, vgl. Jimison, 55 Cath. U. L. Rev. 267, 288 ff. (2005). 263  In Rice v. Paladin, 128 F.3d 233 (4th Cir. 1997), beteiligten sich zahlreiche einflussrei-

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Desweiteren können amicus briefs aber auch die konkreten sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen einer Entscheidung näher beschreiben.264 Historisches Vorbild für diese Art von amicus briefs ist der brief von Louis Brandeis in der Sache Muller v. Oregon265. Brandeis informierte das Gericht anhand umfangreicher Sekundärquellen, welche Auswirkungen eine Aufhebung des Verbots der Frauenarbeit habe.266 In der heutigen Zeit sind es insbesondere Entscheidungen zu punitive damages, Strafschadensersatz, bei denen die Unternehmerseite bemüht ist, die weitreichenden wirtschaftlichen Folgen der Entscheidung in den Fokus des Gerichts zu rücken.267 In diesen Fällen geht es dem amicus darum, die Entscheidung des Gerichts in eine bestimmte Richtung zu lenken, um so einen bad precedent für den Betroffenen zu verhindern.268 Frey benennt eine Reihe von weiteren Fällen, in denen die Folgen der Entscheidung für nicht am Rechtsstreit Beteiligte besonders weitreichend sein können.269 Dabei ist zu beachten, dass beim Betroffensein wirtschaftlicher Interessen eine Beteiligung als Intervenient in Frage kommt.270 Erinnert sei hier auch an die schon beschriebenen amicus briefs der Militärs und Unternehmen in Grutter v. Bollinger. Dort argumentierten die amici mit den weitreichenden Folgen eines Verbots von Antidiskriminierungsmaßnahmen, indem sie insbesondere auf die Notwendigkeit einer ethnisch durchsetzten Mitarbeiter- beziehungsweise Offiziersstruktur che Medien, darunter die American Broadcasting Company, the New York Times Company etc. mittels eines amicus briefs, um zu verdeutlichen, welche Auswirkungen das Verbot eines Buches auf die Medienlandschaft haben würde, vgl. auch Lucas, 26 Fordham Urb. L.J. 1605, 1616 ff. (1999). 264  Smith, 24 Litigation 24, 25 (1998, Nr.  4); Walbolt/Lang, 32 Stetson L. Rev. 269, 274 (2003); Schweitzer, 5 J. App. Prac. & Process 523, 531 f. beschreibt dies als „[…] illuminate the real world consequences of the case.“ Im Fall Grutter v. Bollinger, 539 U.S.  306 (2003) stellt der amicus brief der Vereinigten Staaten beispielsweise heraus, dass die Entscheidung Kaliforniens, eine rassenneutrale Aufnahmepolitik an kalifornischen Universitäten durchzusetzen, keine negativen Auswirkungen auf den prozentualen Anteil von Ethnien an kalifornischen Universitäten in Folge der Entscheidung gehabt hat, Brief for the United States as Amicus Curiae Supporting Petitioner, 2003 WL 176635, S.  17. Generell schreibt man dem Solicitor General und auch anderen staatlichen amici die Fähigkeit zu, die „real world consequences“ gut herausarbeiten zu können, Lowman, 41 Am. U. L. Rev. 1243, 1262 (1992). 265  Muller v. Oregon, 208 U.S.  412 (1908). 266  Krislov, 72 Yale L.J. 694, 708 (1963); dabei trat Brandeis ausweislich des Urteils, ­Muller v. Oregon, 208 U.S.  412, 419 (1908), als Vertreter des Beklagten auf. Doch bereits 1916 wurde diese Art der Beteiligung vom späteren Verfassungsrichter Frankfurter als amicus-Tätigkeit umschrieben und zugleich der wesentliche Einfluss solcher Stellungnahmen festgestellt, Frankfurter, 29 Harv. L. Rev. 353, 364 ff., 372 (1916). 267  In Pacific Mut. Life Ins. Co. v. Haslip, 499 U.S.  1 (1991) beteiligten sich 31 amici. 268  Zu diesem Aspekt Frey, 33 Litigation 5, 6 (2006). 269  Frey, 33 Litigation 5, 6 (2006). 270  Dazu schon oben §  2 B. I. 2. b) aa).

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hinwiesen.271 Beteiligen sich amici, um die Folgen einer Entscheidung darzustellen, so stellen sie dem Gericht eine zusätzliche Perspektive zur Verfügung. Nicht mehr der enge Fokus der Parteien auf den jeweiligen Streitgegenstand, sondern vielmehr eine allgemeinere, mehr abstrakte Sichtweise des Gerichts ist die Folge.272 Dies ist für die bereits angesprochene Aufgabe von Obergerichten, die Fortbildung des Rechts,273 eine wichtige und zentrale Funktion von amici und stellt daher auch eine wirkungsvolle Methode der Einflussnahme dar. bb)  Alternative rechtliche Darstellung Amicus briefs werden auch genutzt, um neben der Argumentation der Partei noch eigene Argumentationsstränge durch den amicus zu Tage treten zu lassen. Dabei lassen sich verschiedene Muster unterscheiden. Zunächst ist denkbar, dass der amicus seine Argumentation auf einen anderen rechtlichen Aspekt stützt als denjenigen, auf den sich die Partei bezieht. In dem Fall Toll v. Moreno274 reichte die Weltbank einen amicus brief ein und machte geltend, dass Bestimmungen, die ausländische Studenten benachteiligten, aufgrund der supremacy clause275 unwirksam seien. Die ausländischen Studenten selbst fokussierten sich hingegen auf die aus ihrer Sicht näher liegenden Fragen der Ungleichbehandlung und der Anforderungen der due process clause276. Das Gericht entschied den Fall schließlich auf Grundlage der supremacy clause. Amicus-Stellungnahmen der Kartellbehörden haben mitgeholfen, die heutige kartellrechtliche Doktrin zu entwickeln, gerade auch, indem Argumente abseits der der Parteien vorgebracht wurden.277 Weiterhin sind Konstellationen denkbar, in denen die Partei selbst ein Argument nicht überzeugend vortragen kann, der amicus hingegen schon.278 In Metromedia, Inc. v. San Diego279 klagten die Eigentümer von Werbetafeln gegen ein 271 

Siehe dazu oben §  2 B. I. 2. b) bb) (ii). Damaška, The Faces of Justice and State Authority, S.  153; Maultzsch, Streitentscheidung und Normbildung durch den Zivilprozess, S.  422. 273  Siehe oben §  2 B. I. 2. b) aa). 274  Toll v. Moreno, 458 U.S.  1 (1982), dazu: Ennis, 33 Cath. Univ. L. R. 603, 606 (1984). 275  Die Supremacy Clause findet sich in Art.  6 der US-Verfassung und regelt, dass die Verfassung sowie alle aus ihr abgeleiteten Gesetze des Bundes und Verträge staatlichen Gesetzen vorgehen. 276  Dieser Grundsatz stellt in materiell-rechtlicher und auch prozessualer Hinsicht Gebote rechtsstaatlichen Handelns auf, näher auch unten §  9 A. I. 1. 277  Calkins, 68 Antitrust L.J. 625, 628 (2001). 278  Simpson/Vassaly, The Amicus Brief, S.  32, die von „Providing a More Attractive Advocate“ sprechen. 279  Metromedia, Inc. v. San Diego, 453 U.S.  490 (1981), dazu: Ennis, 33 Cath. Univ. L. R. 603, 607 (1984). 272 

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Verbot solcher im Stadtgebiet von San Diego. Durch das totale Verbot von Werbetafeln konnten auch Wahlplakate nicht mehr im Stadtgebiet aufgestellt werden. Diesen Aspekt der political speech konnten die Eigentümer jedoch nur schlecht geltend machen, da es offensichtlich war, dass dies nicht ihr primäres Anliegen war. Insofern konzentrierte sich die ACLU280 als amicus hierauf. Auch möglich sind Konstellationen, in denen der amicus dazu beiträgt, das zwischen den Parteien streitige Verfahren einzugrenzen.281 In dem Fall Askwe v. Sonson282 stritten die Parteien über das Eigentum an Ländereien. Die Kläger beriefen sich darauf, dass seit mehr als 30 Jahren keine Person Ansprüche betreffend der fraglichen Ländereien geltend gemacht habe und somit in Übereinstimmung mit dem Marketable Record Title Act solche Ansprüche nicht mehr geltend gemacht werden können. Der Beklagte hingegen argumentierte, dass Teile des Landes einer Schulsonderzone zuzuordnen seien, für die der Marketable Record Title Act keine Geltung beanspruchen könne. Im Laufe der Verhandlung wurde die Frage aufgeworfen, ob der Marketable Record Title Act immer dann nicht zur Anwendung gelangen könne, wenn das betreffende Gebiet Sonderzonen jedweder Art aufweise. Der amicus in diesem Fall stellte klar, dass diese generelle Frage hier nicht zu beantworten sei, da dies nicht der controversy des Falles entspreche. Dieser Argumentation folgte das Gericht.283 Auf der anderen Seite können amici auch dazu dienen, Aspekte anzusprechen, die außerhalb des Vortrags der Parteien liegen. Es erfolgt mithin eine Ausweitung des Verfahrens. So kann es sein, dass die Partei dafür plädiert, eine vorangegangene Entscheidung des Gerichts sei eng auszulegen, wohingegen der amicus für ein gänzliches Verwerfen der Entscheidung plädiert.284 280 

American Civil Liberties Union. Schweitzer, 5 J. App. Prac. & Process 523, 533 (2003); Schachter, 28 Fordham Int’l L.J. 88, 101 (2004). 282  Askew v. Sonson, 409 S.2d 7 (S.Ct. of Fla. 1981), dazu: Schachter, 28 Fordham Int’l L.J. 88, 101 (2004). 283  Askew v. Sonson, 409 S.2d 7, 8 (S.Ct. of Fla. 1981), „The amici curiae urge the court to reserve ruling on those arguments until they are presented in the context of a proper controversy. In other words, they urge us to confine our ruling to the question initially presented. It is a wise rule that courts will only determine issues which are based on a genuine controversy, supported by a sufficient factual predicate. […] In the case we are now considering we limit our discussion to the question of whether the MRTA may constitutionally divest the state of title to lands which were granted for school purposes“. 284  Schweitzer, 5 J. App. Prac. & Process 523, 532 f. (2003), der hierzu den Fall Hudson v. United States, 522 U.S.  93 (1997) als Beispiel aufführt, in dem die Vereinigten Staaten für eine enge Auslegung von United States v. Harper plädierten, der amicus hingegen ein Verwerfen dieser Entscheidung für angebracht erachtete. Der Supreme Court folgte dem Vorschlag des amicus. 281 

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Schließlich können amicus briefs dazu beitragen, die geschichtlichen Hintergründe eines Falls näher zu beleuchten.285 In Lawrence v. Texas286 fokussierten sich verschiedene amici287 auf die rechtshistorische Behandlung von Gesetzen, die gleichgeschlechtlichen Verkehr inkriminierten.288 Teilweise tragen amici auch Argumente vor, denen die Rechtsprechung bisher nicht folgt289 oder die als fernliegend gelten.290 Für die Parteien selbst ist das Risiko einer solchen Argumentation zu hoch. Amici hingegen können dies versuchen und haben teilweise Erfolg.291 cc)  Einbringen von Spezialwissen Neben der Präsentation von Folgen oder einer alternativen Darstellung dienen amicus briefs oft dazu, dem Gericht Tatsachen vorzutragen, die bisher von den Parteien noch nicht in den Prozess eingebracht wurden. Ein in den vergangenen Jahren zunehmendes Phänomen ist der Vergleich mit ausländischen Rechtsordnungen. Amici schildern in Fragen, die ethische Grundsätze betreffen, oftmals, welche Lösungen andere westliche Staaten hier gefunden haben.292 Der Supre285  Darauf hinweisend Schweitzer, 5 J. App. Prac. & Process 523, 536 (2003); Simpson/ Vasaly, The Amicus Brief, S.  35. 286  Lawrence v. Texas, 539 U.S.  558 (2003). 287  Brief for Cato Institute, Brief for American Civil Liberties Union und Brief for Professors of History, 2003 WL 152342. 288  Schweitzer, 5 J. App. Prac. & Process 523, 536 (2003); ein weiteres Beispiel für das Ausleuchten rechtshistorischer Begebenheiten liefert der Fall Brown v. Board of Education, 347 U.S.  483 (1954), dazu: Simpson/Vasally, The Amicus Brief, S.  35. 289  Krislov, 72 Yale L.J. 694, 711 f. (1963); Maultzsch, Streitentscheidung und Normbildung durch den Zivilprozess, S.  422. 290  Katyal, 120 Harv. L. Rev. 65, 82 (2006) stellt anhand des Falls Hamdan v. Rumsfeld, 548 U.S.  557 (2006) heraus, dass amici teils extreme Positionen vertreten, um so die Position ihres Gegners zu schwächen, indem dessen Position wiederum fernliegend erscheint. Im konkreten Fall war das Cato Institut der Ansicht, Häftlingen in Guantanamo stehe ein Prozess mit einer Jury zu. Eine Position die weit entfernt von derjenigen der Vereinigten Staaten war. 291  Beispiele bei Krislov, 72 Yale L.J. 694, 712 (1963). 292  Beispiele hierfür finden sich in Atkins v. Virginia, 536 U.S.  304 (2002), Grutter v. Bollinger, 539 U.S.  306 (2003), Lawrence v. Texas, 539 U.S.  558 (2003), vgl. hierzu Jimison, 55 Cath. U. L. Rev. 267, 284 ff. (2005). Dieser Trend, sich anderer Rechtsordnungen in der Entscheidungsfindung zu bedienen, wurde bereits 1989 von Chief Justice Rehnquist formuliert: „[…] now that constitutional law is grounded in so many countries, it is time that the United States courts begin looking to the decisions of other constitutional courts to aid their own deliberative process.“ Rehnquist, in: Kirchhof/Kommers (Hrsg.), Germany and its Basic Law, S.  412; siehe auch oben §  2 B. I. 2. b) bb) (iv). Ein solche rechtsvergleichende Methode ist aber auch innerhalb des Supreme Courts immer wieder auf Kritik gestoßen, siehe etwa Justice Thomas concurring in Knight v. Florida, 120 S.Ct. 459, 459 (1999), „I write only to point out that I am unaware of any support in the American constitutional tradition or in this

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me Court griff in seinen Entscheidungsgründen teilweise hierauf zurück. Auch finden sich empirische Daten, die belegen, dass amici wesentlich häufiger auf die Entscheidungen ausländischer Gerichte in ihren briefs zurückgreifen, als die eigentlichen Parteien.293 Amici dienen somit auch dazu, ausländische Rechtsprechung und Rechtspositionen in den Entscheidungsfindungsprozess des Supreme Courts einzubringen.294 Neben Auskunft über die Rechtslage ausländischer Staaten sind amicus briefs häufig Träger von technischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen.295 Verdeutlicht werden kann dies anhand des Falls Brock v. Roadway Express, Inc.296 Hintergrund der Streitigkeit war die Kündigung eines LKW-Fahrers, der den Behörden Sicherheitsmängel seines Fahrzeugs meldete. Als amicus erschien unter anderem Teamsters for a Democratic Union, eine Untergruppe einer LKW-Fahrer Gewerkschaft. Diese führte in ihrem amicus brief statistisches Material an, welches die Gefährlichkeit von unzureichend gesicherten LKW für den Straßenverkehr belegte. Sodann wurde hieraus der Schluss gezogen eine Kündigung wegen des Meldens von Sicherheitsmängeln stelle einen unzulässiCourt’s precedent for the proposition that a defendant can avail himself of the panoply of appellate and collateral procedures and then complain when his execution is delayed. Indeed, were there any such support in our own jurisprudence, it would be unnecessary for proponents of the claim to rely on the European Court of Human Rights, the Supreme Court of Zimbabwe, the Supreme Court of India, or the Privy Council.“ oder auch Justice Scalia dissenting in Olympic Airways v. Husain, 540 U.S.  644, 658 (2004), „This sudden insularity is striking, since the Court in recent years has canvassed the prevailing law in other nations (at least Western European nations) to determine the meaning of an American Constitution that those nations had no part in framing and that those nations’ courts have no role in enforcing“. Aus der Literatur hierzu etwa Waters, 12 Tulsa J. Comp. & Int’l L. 149, 151 ff. (2004); bei Childress, 53 Duke L.J. 193, 203 ff. (2003) finden sich ebenfalls Nachweise zu einer kritischen Haltung; dort wird unter anderem die concurring opinion von Justice Thomas in Knight v. Florida, a. a. O. diskutiert. 293  Manz, 94 L. Libr. J. 267, 269 (2002) berichtet, dass im Zeitraum Term 1996–1997 56 ausländische Entscheidungen durch amici vor dem Supreme Court zitiert wurden. Die Parteien kommen lediglich auf neun, in den Urteilen des Gerichts finden sich vier. 294  Chandler, 34 Suffolk Transnat’l L. Rev. 117 (2011) konzentriert sich insbesondere auf Aspekte der Menschenrechte. Ein Beispiel bietet der brief von Amnesty International in ­Graham v. Florida, 130 S.Ct. 2011 (2010), der dem Gericht die internationalen Standards der Menschenrechte darlegt. 295  Eine Studie über die von Justice O’Connor zitierten amicus briefs konstatiert, es würden hauptsächlich faktische Elemente zitiert, Colker, 68 Ohio St. L.J. 517, 539 ff. (2007); Simmons, 42 Conn. L. Rev. 185, 208 (2009) führt aus, dass amici die wichtigste Quelle „for submitting social science data as non-record evidence“ seien. Gleichzeitig spricht er aber auch die Problematik einer fehlenden Überprüfung der durch amici beigebrachten Fakten im Rahmen eines Beweisverfahrens an. Zu diesem Aspekt siehe unten im zweiten Teil §  11 A. 296  Brock v. Roadway Express, Inc., 481 U.S.  252 (1987), dazu: Howard, 31 How. L.J. 241 (1988); Hirte, ZZP 104 (1991), 11, 29.

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gen Vorgang dar.297 Dieser Fall verdeutlicht die Nutzung statistischen Materials, um die Folgen der Entscheidung plastischer hervortreten zu lassen.298 Im Rahmen von kartellrechtlichen Streitigkeiten sind es insbesondere ökonomische Analysen, die einen wesentlichen Einfluss auf den Ausgang des Rechtsstreits haben. Solche werden überwiegend von amici beigesteuert.299 Der Supreme Court zieht diese Analysen bei seinen kartellrechtlichen Entscheidungen oftmals heran. Amici nehmen hier eine zentrale Rolle ein. Auch die genaue Kenntnis einer Kartellbehörde vom Gesetzgebungsverfahren kann Gegenstand eines amicus briefs sein.300 dd)  Etablierung einer Verwaltungspraxis? Während die soeben behandelten drei Bereiche der Einflussnahme auf die Hauptsache sowohl von staatlichen amici als auch von privaten amici genutzt werden, ist die nunmehr zu behandelende Frage allein den staatlichen amici und dort bestimmten Behörden vorbehalten. Hintergrund ist der Fall Christopher v. SmithKline Beecham Corp.301 In diesem war die Frage zu klären, ob Vertreter von Pharmafirmen einen Überstundenzuschlag erhalten konnten. Das Department of Labor hatte in einer Reihe von amicus briefs in verschiedenen Verfahren vor Instanzgerichten die Auffassung vertreten, solche Vertreter tätigten keine Verkäufe und fielen daher nicht unter die Ausnahme der outside salesman, wodurch ein Anspruch auf einen Überstundenzuschlag begründet wäre.302 Eine der sich stellenden Fragen war, ob die Interpretation des Department of Labor in einem amicus brief als eine die Gerichte bindende Verwaltungspraxis angesehen werden könne. Dies verneinte der Supreme Court: „Because the DOL first announced its view that pharmaceutical sales representatives are not outside salesmen in a series of amicus briefs, there was no opportunity for public comment, and the interpretation that initially emerged from the DOL’s internal decisionmaking process proved to be untenable.“303 In der Tat wäre es eine zu weit297  Brief for Teamsters for a Democratic Union as Amicus Curiae in Support of Appellants, 1986 WL 728036, S.  4 ff. zu der Gefährlichkeit von unzureichend gesicherten LKW, S.  10 ff. zu der Unzulässigkeit der Kündigung. 298  Insofern besteht teils eine Überschneidung zwischen dem oben erläuterten Aufzeigen der Folgen der Entscheidung und der Einbringung wissenschaftlicher Erkenntnisse. 299  Haw, 89 Tex. L. Rev. 1246, 1247 ff. (2011). 300  In Bass v. Stolper, Koritzinsky, Brewster & Neider, S.C., 111 F.3d 1322 (7th Cir. 1997) gab die Free Trade Commission einen guten Überblick über die Gesetzgebungsgeschichte des Fair Debt Collection Practices Act, dazu auch: Calkins, 68 Antitrust L.J. 625, 634 (2001). 301  Christopher v. SmithKline Beecham Corp., 132 S.Ct. 2156 (2012). 302  Siehe dazu Christopher v. SmithKline Beecham Corp., 132 S.Ct. 2156, 2159 f. (2012). 303  Ibid., 2160.

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reichende Kompetenz, wenn Behörden ihre Verwaltungspraxis mittels amicus briefs bindend festlegen könnten. Festzuhalten bleibt dennoch die große Vielzahl an Möglichkeiten, welcher sich amici zur Einflussnahme auf die Streitigkeit bedienen. c)  Co-signing und uninspected source Eine weitere Beteiligungsart besteht darin, dem Gericht zu signalisieren, welch große Aufmerksamkeit der Fall erzeugt hat. Mittlerweile ist auffällig, dass eine immer größere Anzahl von amicus briefs nicht nur von einer Gruppe unterzeichnet ist, sondern von mehreren Gruppen,304 sogenanntes co-signing. Mittels der Unterzeichnung eines briefs durch mehrere Gruppen kann die Bedeutung der Frage verdeutlicht werden. In der Literatur ist in diesem Zusammenhang von der affected group hypothesis die Rede.305 Es ist nicht feststellbar, inwiefern tatsächlich mittels solcher Zusammenschlüsse die Entscheidungsfindung des Gerichts beeinflusst wird. Jedenfalls ist diese Methode aber gegenüber den bereits erwähnten Postkarten amicus briefs vorzugswürdig. Neben dem planmäßigen Zusammenwirken mehrerer Gruppen verpflichten die local rules des D.C. Circuit und des 9th Circuit amici dazu, sich wenn möglich zusammenzuschließen.306 Die Gerichte erhoffen sich so, die Anzahl von amicus briefs reduzieren zu können. Immer wieder wird auch versucht, solche amici für einen brief zu gewinnen, deren grundsätzliche ideologische Ausrichtung konträr zu den in dem spezifischen brief vertretenen Positionen ist, sogenannte uninspected source.307 Hinsichtlich solcher briefs scheinen die Einflussmöglichkeiten größer zu sein, als wenn sich erwartungsgemäß etwa eine Tierschutzorganisation für den Tierschutz einsetzt.308 Collins, 38 L. & Soc’y Rev. 807, 812 (2004). Collins, 38 L. & Soc’y Rev. 807, 808 (2004). 306  Local Rule 29 (d) D.C.Cir., R. 29-1 9th Cir., vgl. auch Circuit Advisory Committee Note zu R. 29-1 9th cir. 307  Fallon, 4 J. Legal Anal. 223, 230 (2012) berichtet von dem Versuch, einen liberalen Professor zum co-signing eines konserativen amicus briefs zu bewegen. Auch im Bereich staatlicher Stellen als amici in kartellrechtlichen Angelegenheiten ist ein solcher Trend zu beobachten, Calkins, 68 Antirust L.J. 625, 630 (2001). Siehe allgemein auch Schweitzer, 5 J. App. Prac. & Process 423, 534 f. (2003). 308  Lynch, 20 J. L. & Pol. 33, 62 (2004) berichtet, dass Supreme Court Clerks oftmals amicus briefs lasen, die von einer überraschenden Quelle stammten. Dies ist deswegen interessant, da die Clerks, wie Lynch, ibid., 38 bemerkt, eine wichtige Rolle für die Richter bei der Vorauswahl der amicus briefs einnehmen. Auch eine Studie über die von Justice O’Connor zitierten amicus briefs kommt zu dem Ergebnis, dass hauptäschlich briefs von nicht stark ideologisch geprägten Organisationen zitiert werden, Colker, 68 Ohio St. L.J. 517, 539 f. (2007). 304  305 

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Amici, die aus eigener Initiative am Prozess teilnehmen, stellen eine große Gruppe völlig unterschiedlicher Akteure dar. Dabei können auf der einen Seite Ziele ähnlich der intervention verfolgt werden, auf der anderen Seite findet aber auch teils eine Art justizieller Lobbyismus statt, der auf eine politische Beeinflussung ausgerichtet ist. Erstaunlich ist dabei, dass amici sich sowohl faktischer wie auch rechtlicher Argumente bedienen, um ihre Ziele zu verwirklichen. Es wird noch zu prüfen sein, inwiefern dies mit prozessualen Grundsätzen wie etwa dem principle of party presentation vereinbar ist. Nachfolgend ist der Fokus aber auf diejenigen amici zu richten, die vom Gericht berufen werden, sich als dessen Freund am Rechtsstreit zu beteiligen.

II.  Vom Gericht ernannter amicus Amicus-Stellungnahmen, die auf Bitte des Gerichts hin erfolgen, nehmen eine Sonderstellung ein und stellen zugleich eine Verbindung zu einem am Wortlaut orientierten Verständnis des amicus dar. Einer genaueren Untersuchung bedürfen ihre verschiedenen Funktionen. 1.  Zur Gewährleistung einer adversary presentation U.S.-amerikanische Gerichte bestellen teilweise amici, um die Position des Rechtsmittelgegners beziehungsweise des Rechtsmittelbeklagten zu vertreten, wenn dieser seine Position selbst nicht mehr vertritt.309 Der amicus soll dann die konträre Position vertreten, so dass eine adversary presentation310 möglich ist. Vor dem Supreme Court sind mehr als 43 solcher Verfahren bekannt.311 Illustrativ ist der Fall Bob Jones University v. United States312. Streitgegenstand war die Frage, ob Steuerbefreiungen für private Bildungseinrichtungen, die eine rassistische Politik betrieben,313 gerechtfertigt seien. Dabei verfolgten 309 

Im Folgenden wird auf die Praxis des Supreme Courts eingegangen, wenngleich vor den U.S. Courts of Appeals diese Praxis ebenfalls geläufig ist. Ein recht aktuelles Beispiel ist der Fall Warren v. Commissioner of Internal Revenue, 302 F.3d 1012 (9th Cir. 2002). Dort hatte das Gericht einen amicus bestellt, Professor Chemerinsky, da es die Verfassungsmäßigkeit einer Vorschrift geklärt wissen wollte, sich die Parteien aber nur über die Auslegung der Vorschrift stritten. Weitere Beispiele bei Phillips, 65 N.C. L. Rev. 859, 860 f. (1987). 310  Gemeint ist eine gegensätzliche Darstellung der beiden Positionen, vgl. Garner, Black’s Law Dictionary, S.  64. 311  Goldman, 63 Stan. L. Rev. 907, 909 (2011) berichtet von 43. Spann, 86 Tul. L. Rev. 1289, 1307 (2012) nennt einige weitere aktuelle. 312  Bob Jones University v. United States, 461 U.S.  574 (1983), dazu: Munford, 1 J. App. Prac. & Process 279, 282 (1999); Goldman, 63 Stan. L. Rev. 907, 923 f. (2011). 313  Die Bob Jones University führte in ihren Statuten aus: „There is to be no interracial dating. 1. Students who are partners in an interracial marriage will be expelled. 2. Students

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die Vereinigten Staaten in den unteren Instanzen, vertreten durch den IRS,314 die Position, dass solche Befreiungen nicht gerechtfertigt seien.315 Zu der Zeit, in der der Fall jedoch vor dem Supreme Court zur Verhandlung anstand, hatte die republikanische Reagan-Regierung beschlossen, die Praxis der IRS nicht zu verteidigen.316 Es fand sich daher kein Vertreter für die ursprüngliche Position der Regierung. Der Supreme Court bestellte daraufhin William T. Coleman, Jr.317 als amicus curiae. In dieser Funktion oblag es ihm, die ursprüngliche Position der Vereinigten Staaten zu vertreten – eine Aufgabe die Coleman sehr erfolgreich erledigte.318 Goldman hat vier Kategorien entwickelt, bei deren Vorliegen der Supreme Court eine solche amicus-Beteiligung angefordert hat. Zunächst kann sich der Rechtsmittelgegner entscheiden, sein für ihn erfolgreiches Urteil in der Vorinstanz nicht zu verteidigen. Dies betrifft in der bisherigen Praxis ausschließlich den Solicitor General, der ab und zu eine confession of error abgibt.319 Der Fall Bob Jones University wird ebenfalls dieser Kategorie zugeordnet. Auch hier hatte der Solicitor General eine confession of error erklärt.320 Denkbar sind auch Konstellationen, in denen das angegriffene Urteil auf Gründen beruht, die vom Instanzgericht selbst angebracht wurden und die keine der beiden Parteien unterstützt.321 Weiterhin sind Fälle bekannt, in denen das Gericht einen amicus who are members of or affiliated with any group or organization which holds as one of its goals or advocates interracial marriage will be expelled. 3. Students who date outside their own race will be expelled. 4. Students who espouse, promote, or encourage others to violate the University’s dating rules and regulations will be expelled.“ zitiert nach: Bob Jones University v. United States, 461 U.S.  574, 580 f. (1983). 314  Internal Revenue Service, U.S. Steuerbehörde. 315  Bob Jones University v. U.S., 639 F.2d 147 (4th Cir. 1980); Bob Jones University v. U.S., 468 F. Supp. 890 (D.C.S.C. 1978). 316  Fiss, 93 Yale L.J. 1073, 1079 (1984). 317  Ein Rechtsanwalt, der auch vor dem Supreme Court auftrat. 318  Bob Jones University v. United States, 461 U.S.  574, 605 (1983); Goldman, 63 Stan. L. Rev. 907, 924 (2011). 319  Diese confession of error wird seitens des Solicitor General ausgeübt, wenn er sich sicher ist, dass das erstinstanzliche Urteil falsch ist und er dies daher nicht zu verteidigen gedenkt. Hauptmotiv ist es, seinen guten Ruf vor dem Supreme Court zu wahren. Der Supreme Court verweist dann in der Regel an das unterinstanzliche Gericht zurück; zu dieser erstaunlichen Praxis Goldman, 63 Stan. L. Rev. 907, 920 f. (2011). Diese Praxis wurde kürzlich vom Supreme Court bestätigt, U.S. v. Windsor, 133 S.Ct. 2675, 2687 f. (2013). 320  Goldman, 63 Stan. L. Rev. 907, 923 f. (2011). Dabei ist dieser Fall insofern besonders, als dass die confession of error nicht auf rechtlichen Gründen fußt, sondern lediglich politischen Motiven geschuldet ist. Inwiefern hier eine confession of error dem Ruf des Solicitor General positiv dient, ist fraglich. Letztlich verdeutlicht der Fall aber auch die Abhängigkeit des Solicitor General von der jeweiligen Regierung. 321  Goldman, 63 Stan. L. Rev. 907, 924 ff. (2011) zählt eine Reihe von Fällen und Unterka-

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ernennt, um eine Position zu vertreten, die keine der beiden Parteien vertritt, zu der das Gericht aber eine weitere Meinung hören möchte.322 Schließlich gibt es Fallkonstellationen, in denen der Rechtsmittelgegner nicht ordnungsgemäß vertreten ist und das Gericht einen amicus bestellt, anstatt den Fall wegen nicht ordnungsgemäßer Vertretung nicht zu verhandeln.323 Eine solche Art der amicus-Beteiligung mag zwar für das Gericht vorteilhaft sein, ist aber vor dem Hintergrund der Anforderungen des adversarialen Systems der Vereinigten Staaten nicht unproblematisch. Zweifelsohne dient die Praxis zunächst der Förderung einer kontradiktorischen Darstellung des Streitstoffes, dennoch ist sehr zweifelhaft, inwiefern nicht die Anforderungen des Art.  3 U.S.-­Verfassung mittels einer solchen Praxis umgangen werden.324 Ferner wird der Grundsatz der Parteiautonomie durch diese Praxis angegriffen.325 Es scheint überlegenswert, in diesen Fällen eine weitere Behandlung des Falls abzulehnen und vielmehr auf den nächsten Fall zu warten, der ähnliche rechtliche Fragen bereitstellt.326 Insgetegorien auf, in denen die Entscheidung auf Gründen beruhte, die die Parteien gar nicht angeführt hatten. In Greenlaw v. United States, 554 U.S.  237 (2008) beispielsweise hatte der 8th Circuit als Rechtsmittelgericht eine Strafe verhängt, die selbst von der Anklage nicht gefordert wurde. Während der Solicitor General gegen diese hohe Strafe argumentierte, fand sich keine Verteidigung hierfür, so dass dies ein amicus übernahm, Goldman, 63 Stan. L. Rev. 907, 927 ff. (2011). 322  Diese Fälle ähneln der vorgenannten Konstellation. Sie unterscheiden sich aber dadurch, dass sehr wohl von beiden Parteien zur Sache verhandelt wird, jedoch ein Aspekt, den das Gericht näher erörtert haben möchte, nicht erörtert wird, ausführlich Goldman, 63 Stan. L. Rev. 907, 931 ff. (2011). Aktuell ist der Fall Florida v. Department of Health and Human Services, 132 S.Ct. 609 (2011), in dem die Krankenversicherungspläne der Regierung Obama Gegenstand waren. Dort ernannte das Gericht ebenfalls einen amicus, damit dieser zum Anti-Injunction Act Stellung beziehe, Spann, 86 Tul. L. Rev. 1289, 1307 (2012). 323  Goldman, 63 Stan. L. Rev. 907, 933 ff. (2011). 324  Art.  3 U.S.-Verfassung ordnet unter anderem an, dass nur cases und controversies einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich sind. Gibt aber eine der Parteien ihre Position auf, ist fraglich, ob es sich hier überhaupt noch um eine controversy handelt, ausführlich dazu Goldman, 63 Stan. L. Rev. 907, 940 f., 950 ff. (2011). Dieser analysiert dabei die einzelnen Fälle und kommt zu unterschiedlichen Ergebnissen, wobei der Bob Jones University Fall seiner Meinung nach zumindest im materiellen Sinne moot, also erledigt ist und daher nicht mit den Anforderungen von Art.  3 U.S.-Verfassung vereinbar sei, ibid., 956 ff. Dem ist zuzustimmen, eine Streitigkeit ist dort nicht mehr erkennbar, da die Regierung nunmehr auch davon ausgeht, eine Steuerbefreiung sei zulässig. Interessant ist, dass der Supreme Court teils unter Anknüpfung recht formaler Gründe eine Streitigkeit als erledigt ansieht, dazu etwa Kremens v. Bartley, 431 U.S.  119, 132 (1977), dies im Fall Bob Jones University jedoch nicht getan hat. Das lässt Rückschlüsse auf mögliche politisch motivierte Gründe der Richter zu. 325  Eingriffe in die Parteiautonomie sind vor allem in Fällen wie Bob Jones University greifbar, da dort ein Ergebnis erreicht wird, welches keine der beiden Parteien anstrebt, Goldman, 63 Stan. L. Rev. 907, 945 (2011). 326  Goldman, 63 Stan. L. Rev. 907, 971 (2011).

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samt drängt sich durch die Praxis, amici zu bestellen, um einen Fall oder bestimmte Aspekte eines solchen verhandeln zu können, der beziehungsweise die sonst nicht verhandelbar wären, der Eindruck auf, amici würden der Umgehung prozessualer Anforderungen dienen, so dass über das entschieden werden kann, worüber aus Sicht des Gerichts entschieden werden soll. 2.  Zur Unterstützung des Gerichts Neben der Gewährleistung einer adversary presentation können Gerichte eine Einladung, sich als amicus zu beteiligen, auch aussprechen, wenn sie Unterstützung benötigen. Eine zentrale Rolle nimmt dabei der Solicitor General vor dem Supreme Court ein. Oftmals bittet der Supreme Court den Solicitor General in Verfahren, bei denen die Vereinigten Staaten nicht Partei sind, zu der Frage Stellung zu beziehen, ob ein Fall vom Supreme Court entschieden werden soll.327 Das Gericht erhofft sich dabei eine Aussage zu erhalten, ob die fragliche Streitigkeit so weitreichende Auswirkungen hat, wie vom petitioner behauptet.328 Auch kann der Solicitor General Aussagen darüber treffen, ob baldige Gesetzesänderungen die Streitigkeit in Kürze obsolet werden lassen, so dass sich das Gericht nicht mehr mit ihr zu beschäftigen braucht.329 Der Solicitor General ist dem Gericht daher bei der Auswahl der betreffenden Streitigkeiten als amicus eine merkliche Hilfe.330 Allerdings wird der Solicitor General teils auch gebeten, zur Hauptsache selbst Stellung zu beziehen. „In these cases, the solicitor general is often acting not as an agent of the executive branch, but as a legal advisor to the Supreme Court.“331 Hier ist die Erwartungshaltung des Gerichts an den amicus brief geprägt durch einen neutralen Grundton.332 Hinzu kommt, dass in diesen Fällen oftmals das Interesse der Regierung nicht direkt tangiert ist.333 Neben dem Solicitor General können die Bundesgerichte law officers334 als amicus einladen.335 Damit besteht für alle Ebenen der Bundesgerichte die MögPacelle, 89 Judicature 317, 319 (2006); Millett, 10 J. App. Prac. & Process 209, 212 f. (2009). Diese Praxis nennt sich Calls for the Views of the Solicitor General. 328  Millett, 10 J. App. Prac. & Process 209, 213 (2009). 329  Millett, 10 J. App. Prac. & Process 209, 214 (2009). 330  Das Gericht folgt zudem oftmals der Empfehlung des Solicitor General, Cordray/Cordray, 51 B.C. L. Rev. 1323, 1332 (2010). 331  Pacelle, 89 Judicature 317, 319 (2006). 332  Dieser kann sich darin zeigen, dass verstärkt Statistiken und Daten, die von der Regierung erhoben wurden, präsentiert werden, O’Connor, 66 Judicature, 257, 260 (1983), die auch die wissenschaftliche Art dieser amicus briefs anspricht. 333  Pacelle, 89 Judicature 317, 320 (2006). 334  Zu diesen zählen der Solicitor General, die Attorneys General der Einzelstaaten oder andere Justizbeamte, Garner, Black’s Law Dictionary, S.  1019. 335  Dies geht zurück auf ein Urteil des Supreme Courts aus dem Jahre 1946, in dem es 327 

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lichkeit, staatliche amici zu Rate zu ziehen.336 Auch die einzelstaatlichen Gerichte können Landes- oder Bundesbehörden als amici einladen. Ebenfalls geläufig sind Fälle, in denen nichtstaatliche Stellen – beispielsweise Interessenverbände – vom Gericht als amicus eingeladen werden. In New York können die Gerichte bei rechtlichen Fragen337 einen disinterested expert aufrufen. Dieser gibt seine Stellungnahme dann als amicus ab.338 Meistens erfolgt die Einladung von amici auf der Ebene der Berufungsgerichte, wenn also ausschließlich rechtliche Fragen zur Debatte stehen. Jedoch können auch die Gerichte in erster In­ stanz amici einladen.339 Der amicus, der auf Bitte des Gerichts hin agiert, kommt der wörtlichen Bedeutung als Freund des Gerichts am nächsten. 3.  Zur Unterstützung des Beklagten beziehungsweise Angeklagten In Fällen, in denen sich der Beklagte beziehungsweise Angeklagte selbst verteidigt, kann das Gericht einen amicus ernennen, der der Partei bei ihrer Verteidigung hilft.340 Bereits in seiner historischen Funktion nahm der amicus oftmals die Vertretung von sonst nicht anwaltlich Vertretenen wahr.341 Dem Gericht ist damit ebenfalls geholfen, kann so doch der Gefahr begegnet werden, dass die Verteidigung der Partei die geordneten rechtlichen Bahnen verlässt. Diese Fallgruppe ähnelt der soeben beschriebenen Bestellung von amici, falls eine der Parteien vor dem Supreme Court nicht ordnungsgemäß vertreten ist.342 Ein Unheißt: „After all, a federal court can always call on law officers of the United States to serve as amici.“, Universal Oil Products Co. v. Root Refining Co., 328 U.S.  575, 581 (1946). 336  In Verfahren mit großem öffentlichen Interesse wurden die Vereinigten Staaten häufig als amicus benannt. In den 1970er Jahren waren dies oftmals Verfahren betreffend die Rechte von Gefangenen, siehe beispielsweise In re Estelle, 516 F.2d 480, 482 (5th Cir. 1975); Hooks v. Wainwright, 352 F. Supp. 163 (M.D. Fla. 1972); Hoptowit v. Ray, 682 F.2d 1237, 1260 (9th Cir. 1982). Allgemein zur sogenannten prison reform litigation Wilson, The U.S. Justice System, Vol. 1, S.  285 ff. Amici hatten hierbei teils ein großes Maß an Rechten inne, dazu unten §  13 B. I. 1. 337  Titel 22 §  100.3 (B) (6) (b) N.Y. Comp. Codes R. & Regs. 338  New York State Senator Kruger v. Bloomberg, 768 N.Y.S.2d 76, 81 (S.Ct. of N.Y. 2003). 339  Dies ergibt sich aus Universal Oil Products Co. v. Root Refining Co., 328 U.S.  575, 581 (1946). Dort ist lediglich von federal courts die Rede. Im Zuge der Umsetzung Brown v. Board of Education of Topeka, 347 U.S.  483 (1954), riefen einige District Courts Stellen des Bundes zur Hilfe, um so eine Handhabe gegen sich widersetzende Einzelstaaten zu haben, illustrativ ist die Entscheidung Aaron v. Cooper, 156 F. Supp. 220, 222 (E.D. Ark. 1957). Weitere Beispiele unten §  13 B. I. 1. c). 340  United States v. Dougherty, 473 F.2d 1113, 1125 (D.C. Cir. 1972). Bei dem Verfahren handelte es sich um ein Strafverfahren, dort scheint eine solche Unterstützung am ehesten vorzukommen. 341  Siehe oben §  2 A. II. 2. b). 342  Oben §  2 B. II. 1.

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terschied besteht aber insofern, als in der zuvor beschriebenen Konstellation teilweise eine anwaltliche Vertretung ausbleibt, da der Rechtsbeistand des Rechtsmittelgegners entschieden hat, „he will not ‚play ball‘“,343 also schlichtweg eine weitere Vertretung etwa aus parteitaktischen Gründen nicht durchführen wollte, während die hier skizzierte Fallgruppe Fälle umfasst, in denen keinerlei Vertretung erfolgt und auch nicht erfolgte.344

III.  Wertendes Fazit unter funktionalen Gesichtspunkten Im vorstehenden Abschnitt wurden drei unterschiedliche Funktionen herausgearbeitet. Zum einen nehmen amici am Verfahren teil, weil sie sich in einer Situation vergleichbar einem Intervenienten befinden, hier als intervention amicus bezeichnet. Dies wird insbesondere im Rahmen der Eingangsinstanzen praktische Relevanz haben. Die zweite Möglichkeit ist hingegen die politisch motivierte Einflussnahme auf die Entscheidung des Gerichts, hier als lobbying amicus bezeichnet. Schließlich können amici noch vom Gericht selbst ernannt werden. Aufgrund der Verschiedenheit dieser drei Grundfunktionen können sie nur isoliert betrachtet und gewertet werden. Beteiligt sich der amicus in einer Situation, in der die Voraussetzungen der intervention zumindest teilweise gegeben sind,345 stellt sich zunächst die Frage, inwiefern dies eine Umgehung von R. 24 FRCP darstellt. Bleibt man bei der oben aufgestellten Prämisse, dass der amicus nur einen einzigen Schriftsatz einreichen darf,346 droht eine solche Umgehung nicht, denn der Intervenient hat regelmäßig ein ungleich größeres Ausmaß an prozessualen Rechten.347 Der amicus wird in dieser Situation lediglich genutzt, um es dem Dritten bei Fehlen der Voraussetzungen der Intervention dennoch zu ermöglichen, seine Ansichten dem 343  Zitat von Lasky, Law Clerk in einem Memorandum für Chief Justice Warren von 1968, zitiert nach Goldman, 63 Stan. L. Rev. 907, 933 (2011). 344  Dabei kann es schwierig sein zu bestimmen, wie das Verhältnis des amicus zur Partei ausgestaltet ist. Im Zweifel ist hier auszulegen, wobei Maßstab sein sollte, inwiefern die Situation mit einer Anwalt-Klienten-Situation vergleichbar ist, ähnlich auch Goldman, 63 Stan. L. Rev. 907, 945 ff. (2011). 345  Bei der intervention of right, R. 24 (a) FRCP, sind die Voraussetzungen teilweise gegeben, wenn zwar ein Interesse an der Streitigkeit im Sinne von R. 24 (a) FRCP besteht, aber dieses Interesse bereits von einer der beiden Parteien vertreten wird, vgl. oben §  2 B. I. 2. b) aa). Bei der permissive intervention, R. 24 (b) FRCP, kann das Gericht aus Ermessensgesichtspunkten, Maßstab ist dabei R. 24 (b) (3) FRCP, trotz beispielsweise einer gemeinsamen Tat- oder Rechtsfrage die intervention nicht zulassen, vgl. auch oben §  2 B. I. 2. b) aa). Möglich ist auch, dass die Voraussetzung der Rechtzeitigkeit der Stellungnahme, dazu auch oben §  2 B. I. 2. b) aa), nicht gegeben ist. 346  Oben §  2 B. I. 3. und unten §§  9 B. I., 13 A. 347  Der Intervenient hat eine Rechtsstellung ähnlich der Partei, vgl. näher unten §  2 D.

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Gericht kundzutun, so dass dieses jene berücksichtigen kann. Allerdings droht die Gefahr, dass die Gerichte in Situationen, in denen unklar ist, ob die Voraussetzungen der Intervention gegeben sind,348 im Zweifel eine Intervention ablehnen, da mit dem Instrument des amicus der Partei auch so Gehör verschafft werden kann. Weiten dann die Gerichte die Möglichkeiten des amicus noch aus,349 droht eine vollkommene Vermengung mit dem Instrument der Intervention. Die Gerichte sollten daher zunächst sorgfältig prüfen, inwiefern hier eine intervention statthaft ist beziehungsweise die in R. 24 (b) (3) FRCP genannten ermessensleitenden Gesichtspunkte nicht gefährdet sind und erst dann die Möglichkeit einer amicus-Partizipation erwägen. Wird so verfahren, ist grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, es einem Dritten zu ermöglichen, eine Stellungnahme als amicus zu einer Streitigkeit abzugeben, an welcher er ein unmittelbares Interesse hat. Vielmehr ist der Umkehrschluss zu ziehen, dass für den Fall der Zulässigkeit eines amicus briefs bei einem indirekt politischen Interesse, dies erst recht bei einem direkten Interesse gelten muss, auch wenn zur Repräsentation dieses Interesses mit der Intervention ein geeignetes Instrument besteht, sich der amicus aber durch ein Minus an prozessualen Rechten davon abgrenzen lässt.350 Inwieweit man aber einem amicus mit einem solch konkreten Interesse ein Mehr an Rechten zugestehen kann, wird im zweiten Teil der Arbeit in vergleichender Perspektive zu prüfen sein.351 Dabei lässt sich bereits festhalten, dass eine Gleichstellung des amicus mit der Rechtsstellung des Intervenienten unpassend erscheint, sollen nicht die Voraussetzungen dieses Instruments ins Leere laufen. Hinsichtlich der zweiten Gruppe von amicus briefs, solchen die ein indirektes politisch motiviertes Interesse an der Streitigkeit haben, wird diskutiert, inwiefern die Berücksichtigung eines solchen überhaupt gewollt ist. In der Rechtsprechung gibt es Stimmen, die eine solch politische Einflussnahme generell ableh-

348 

Dies ist öfters der Fall, vgl. zu den Schwierigkeiten der Feststellung eines Interesses nach R. 24 (a) FRCP oder der Frage, ob standing erforderlich ist, bereits oben §  2 B. I. 2. b) aa). 349  So verfuhr beispielsweise der District Court, dessen Entscheidung in State v. Director, U.S. Fish and Wildlife Service, 262 F.3d 13 (1st Cir. 2001) vom 1st Circuit überprüft wurde. Der District Court meinte, es fehle an der Voraussetzung einer fehlenden Repräsentation und ließ daher eine Intervention nicht zu. Stattdessen wurde dem Dritten ein amicus plus Status gewährt, der diesen unter anderem in die Lage versetzte, mehrmals Stellung zu nehmen, sowie Zeugen zu benennen und vernehmen, ibid. 14, dazu ausführlich unten §  13. 350  Treffend Coalition of Arizona/New Mexico Counties for Stable Economic Growth v. Department of the Interior, 100 F.3d 837, 844 (10th Cir. 1996), „[T]he right to file a brief as amicus curiae is no substitute for the right to intervene as a party to the action under Rule 24(a)(2) [FRCP].“ 351  Dort wird auch auf eine Erweiterung von Rechten hinsichtlich der anderen Arten von amici eingegangen werden, siehe unten §  13.

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nen.352 Dies überzeugt nicht. Vor den Bundesgerichten werden in formal als zivilrechtlich bezeichneten Verfahren oftmals verfassungsrechtlich relevante Streitigkeiten ausgetragen, sogenannte public law litigation.353 Hinter diesem Begriff verbergen sich Strei­tigkeiten über Themenfelder wie Abtreibung, Minderheitenschutz, das Recht der freien Meinungsäußerung, das Verhältnis von Staat und Kirche oder Fragestellungen über den assistierten Suizid.354 Aufsehen erregte zudem eine Reihe von Fällen, welche die Rechte von Gefangenen zum Gegenstand hatten.355 In diesen Fällen haben bestimmte amici, in der Regel unterschiedliche Interessenverbände, regelmäßig ein großes Interesse, sich zu beteiligen.356 Aber auch andere amici, beispielsweise Unternehmen, können sich wie gesehen an solchen Fällen beteiligen.357 Dabei verlässt die Streitbeilegung das gewöhnliche Umfeld eines Zivilprozesses. Vielmehr findet eine Multiplikation von Interessen statt. Wenn aber ohnehin schon nicht mehr die Rede von einem gewöhnlichen Zivilprozess sein kann, ist es naheliegend, die ver­schie­ denen Interessen zumindest in Form von amicus briefs zur Kenntnis nehmen zu können. Zwar ähnelt das Rechtsmittelverfahren immer noch keiner Anhörung 352  „An appeal should therefore not resemble a congressional hearing.“, Voices for Choices v. Illinois Bell Telephone Co., 339 F.3d 542, 544 f. (7th Cir. 2003). 353  Dieser Begriff geht zurück auf Chayes, 89 Harv. L. Rev. 1281, 1284 (1976). Dort heißt es, „Perhaps the dominating characteristic of modern federal litigation is that lawsuits do not arise out of disputes between private parties about private rights. Instead, the object of litigation is the vindication of constitutional or statutory policies. The shift in the legal basis of the lawsuit explains many, but not all, facets of what is going on ‚in fact‘ in federal trial courts. For this reason, although the label is not wholly satisfactory, I shall call the emerging model ‚public law litigation.‘“. Dass solche aus deutscher Sicht eher öffentlich-rechtliche Streitigkeiten vor Zivilgerichten ausgetragen werden, ist dem Aufbau das U.S.-amerikanischen Rechtssystems geschuldet. Vgl. hierzu auch Kühne, Amicus Curiae, S.  53 ff. 354  Zu diesen Beispielen auch unter Berücksichtigung der hohen amicus-Beteiligung in solchen Fällen Kearney/Merill, 148 U. Pa. L. Rev. 743, 755 (2000) und auch oben §  2 B. I. 3. b) aa). Auch Lowman, 41 Am. U. L. Rev. 1243, 1257 (1992) geht auf Fälle ein, die wegen ihrer verfassungsrechtlichen Auswirkungen für amici von Interesse sind. 355  Zur sogenannten prison reform litigation beispielsweise, Wilson, The U.S. Justice System, Vol. 1, S.  285 ff. Prominentes Beispiel für eine Beteiligung von amici ist United States v. State of Michigan, 940 F.2d 143 (6th Cir. 1991) dazu unten §  13. 356  Siehe hierzu Kearney/Merill, 148 U. Pa. L. Rev. 743, 755 (2000); Simard, 27 Rev. Litig. 669, 673 (2008). Berücksichtigt werden muss zwar, dass die Mehrzahl der Fälle vor den District Courts und den U.S. Courts of Appeals nicht solche Fallgestaltungen zum Gegenstand haben, Harrington, 55 Case W. Res. L. Rev. 667, 686 f. (2005), aber Fälle, die vor den Supreme Court gelangen, haben in der Regel die unteren Instanzen durchlaufen. In der Sache Grutter v. Bollinger beispielsweise hatten schon die vorherigen Instanzen mit vielen amici zu tun. Bereits vor den District Courts wurden amicus briefs eingereicht, beispielsweise: Brief of the Attorney General as Amicus Curiae, 2000 WL 35575809. 357  Siehe oben §  2 B. I. 2. b) bb) (ii).

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vor dem Kongress, der Entscheidungsgegenstand, Determinierung einer verfassungsrechtlichen Frage unter Berücksichtigung eines pluralistischen Meinungsund Interessenabbildes, verdeutlicht jedoch die Angemessenheit der Berücksichtigung von Drittmeinungen,358 ohne diese gleich als Intervenienten zu qualifizieren.359 Zudem können gerade in solchen Fällen amicus briefs, die auf die Folgen der Entscheidung hinweisen oder bestimmte Tatsachen behandeln, die für die Aufstellung neuer, durch Richterrecht geprägter Normen entscheidend sind, sogenannte legislative facts360 in das Verfahren einbringen. Daher ist die in einer Vielzahl von Urteilen vorzufindende Qualifikation einer amicus-Beteiligung als angemessen nicht verwunderlich, wenn Fälle von großem öffentlichen Interesse verhandelt werden.361 Gerade solch teilweise emotional diskutierten Streitigkeiten lassen jedoch die möglichen Schattenseiten einer amicus-Praxis hervortreten. Verdeutlicht werden soll dies mithilfe des Falles Hollingsworth v. Perry.362 Hintergrund war die Einführung eines kalifornischen Verfassungszusatzes, der eine gleichgeschlechtliche Heirat verbot. Ein District Court hatte diesen Zusatz aufgrund des Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz als verfassungswidrig angesehen363 und wurde vom U.S. Court of Appeals for the Ninth Circuit bestätigt.364 Der Supreme Court entschied schließlich, dass es den Rechtsmittelklägern bereits am standing gefehlt habe und bestätigte daher die Entscheidung des District 358  An dieser Stelle sei bereits der Hinweis auf §  27a BVerfGG gestattet. Diese Norm ist hinsichtlich ihrer Ausrichtung, Initiative beim Gericht, Betonung der Sachkunde, sicherlich von der U.S.-amerikanischen amicus-Praxis divergent, verdeutlicht aber die generelle Notwendigkeit, in verfassungsrechtlich relevanten Streitigkeiten ein pluralistisches Meinungsbild zu berücksichtigen. Ausführlich dazu unten Teil 3. Auch im Rahmen der Einführung wurde deutlich, dass in vielen weiteren Staaten insbesondere die Verfassungsgerichtsbarkeit eine Art der amicus-Beteiligung kennt, oben §  1 A. Auch dieser Umstand ist Bestätigung für die These der notwendigen Berücksichtigung von Drittinteressen im Rahmen von Verfahren mit pluralistischem Interessenabbild. Auch Murray, 10 SAJHR 240, 249 ff. (1994) greift dies auf. 359  Diese würde die Streitigkeit bei einer Rechtsstellung des Intervenienten wie etwa im U.S.-amerikanischen Recht verkomplizieren. Vielmehr erscheint es sinnvoll, zwischen der Möglichkeit der Beteiligung als Intervenient und der Beteiligung als amicus in dem Sinne zu differenzieren, dass Erstere grundsätzlich nur einen Schriftsatz einreichen dürfen, während Letztere auch aktiv mit prozessualen Rechten ausgestattet werden sollten. Zur Abgrenzung amicus – intervention unten §  2 D. I. 360  Dazu ausführlich unten §  11 A. I. 1. 361  Beispielsweise: United States v. Gotti, 755 F. Supp. 1157, 1158 (E.D.N.Y. 1991); Alexander v. Hall, 64. F.R.D. 152, 155 (D.S.C. 1974); Alliance of Automobile Mfrs. v. Gwadowsky, 297 F. Supp.2d 305, 307 (D. Me. 2003.). 362  Hollingsworth v. Perry, 133 S.Ct. 2652 (2013). 363  Perry v. Schwarzenegger, 704 F.Supp.2d 921 (N.D. Cal. 2010). 364  Perry v. Brown, 671 F.3d 1052 (2012).

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Courts aus prozessualen Gründen.365 Dennoch erregte der Fall ein reges öffentliches Interesse und führte zu einer hohen Beteiligung von amici.366 Während der Großteil der amicus-Stellungnahmen sich innerhalb des üblichen Rahmen hielt und der Supreme Court teilweise in seinen Urteilsgründen auch auf die Argumente von amici zurückgriff,367 waren einige Stellungnahmen dabei, die bestenfalls als fragwürdig beschrieben werden können. An dem brief der Westboro Baptist Church aus Topeka, Kansas368 fällt schon beim ersten Blick auf das Inhaltsverzeichnis auf, dass der folgende Text wohl kaum eine ausdifferenzierte rechtliche Argumentation folgen lassen wird. Unter der Überschrift „Argument“ findet sich der Abschnitt „I. The government has a compelling interest in protecting the people form the destructive effects of same-sex marriage“. Ein Abschnitt „II.“ existiert nicht. Spätestens bei einem Blick auf den „Table of Authorities“ wird vollends die Ausrichtung dieses briefs klar. Von 66 Quellenangaben sind 11 solche juristischer Art. Von den übrigen 55 entfallen 34 auf direkte Bibelzitate. Die restlichen Quellenangaben sind religiöse Sekundärliteratur. Die dann folgende inhaltliche „Auseinandersetzung“ mit der Thematik der gleichgeschlechtlichen Heirat konzentriert sich darauf, „the sin of homosexuality“ in der Bibel zu verankern. Sicherlich ist dies ein Extrembeispiel,369 dennoch verdeutlicht dieser brief, dass die Gerichte mittels des Instruments des amicus auch lediglich zum Empfänger bloßer unjuristischer Meinungsbekundungen werden können.370 Dem Gericht ist mit solchen Stellungnahmen nicht geholfen. Zwar mag man unter dem Gesichtspunkt eines Legitimitätsgewinns solchen Stellungnahmen offen gegenüber stehen, allerdings sollte dennoch ein gewisses Mindestmaß an inhaltlicher Qualität gewahrt bleiben. Eine Lösung dieses Problems kann mittels ei-

Hollingsworth v. Perry, 133 S.Ct. 2652, 2661 (2013). Zum öffentlichen Interesse etwa CBS News Artikel vom 07.01.2013, (abgerufen am 18.10.2016) und New York Times Online Ausgabe vom 27.06.2013, (abgerufen am 18.10.2016). Zur Anzahl der amicus briefs etwa (abgerufen am 18.10.2016), dort sind über 60 briefs aufgeführt. 367  Hollingsworth v. Perry, 133 S.Ct. 2652, 2667 (2013). 368  Brief of Westboro Baptist Church as Amicus Curiae in Support of Neither Party Suggesting Reversal, 2013 WL 355751. Zu diesem brief Heuckroth, Friends in Low Places, GGU Law Review Blog, Paper 10. 369  Bei Heuckroth, a. a. O., finden sich jedoch noch weitere Beispiele. 370  Insofern liegt eine Ähnlichkeit zu den bei §  2 A. III. 3. erörterten postcard amicus briefs vor. 365 

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ner restriktiven Zulassungspraxis erreicht werden,371 deren konsequente Einhaltung solche Exzesse verhindern könnte. Abseits verfassungsrechtlicher Fragestellungen im Gewand eines Zivilprozesses können es aber auch genuin zivilrechtliche Fragestellungen rechtfertigen, eine Vielzahl von Interessen mittels amicus briefs zu berücksichtigen. Im U.S.-amerikanischen Recht sind dies beispielsweise Fragen zur zulässigen Höhe von punitive damages. Solche Fälle haben Auswirkungen auf eine Vielzahl potentieller Interessen und sind daher für eine Beteiligung von amici passend.372 Auch wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten können hier als Beispiel dienen.373 „[The amicus] represents the prime departure from the traditional adversary system of justice. No longer is the system characterized by its triangular like structure with the contesting parties at the base and the court at the apex. If anything, the structure would more accurately be described as ‚multi-sided‘ ­since through the amicus technique, many more than just the immediate adversaries enter the judicial forum.“374 Dieses Zitat von 1967 verdeutlicht, dass die immer stärker werdende Verwurzelung des amicus im U.S.-amerikanischen Recht zugleich dessen Abkehr von der strengen, auf zwei Personen bezogenen Diktion des common law prozessual repräsentiert. Die in den 1970er Jahren beginnende Diskussion um die public law litigation und die in den 1930er und 40er Jahren immer stärker werdende amicus-Beteiligung sind historische Tatsachen, welche die teilweise Abkehr von der dualistischen, beziehungsweise, unter Berücksichtigung des Gerichts, triangulären, Streitbeilegung im common law manifestieren. Die heutige Entwicklung der lobbying amici, dem möglichen Anwerben von amici für die eigene Sache, der Beteiligung unzähliger Interessengruppen, mithin eine ganze amicus-Industrie, ist vor diesem Funktions­ wandel der Judikative zu sehen und eine logische Fortentwicklung. Die grundlegende Frage ist daher nicht, ob amici in Fällen mit klar pluralistischen Interessenabbildern, wie etwa in den geschilderten Fällen der public law litigation, zugelassen werden sollten, vielmehr ist allgemein die Rolle der Judikative als 371 

Zu dieser Zulassungspraxis ausführlich unten §§  8, 10. Vor dem Supreme Court stellt sich die Situation so dar, dass der amicus seinen brief ohne Zustimmung des Gerichts und ohne vorherigen Antrag einreichen kann, wenn die Parteien der Einreichung von amicus briefs zustimmen. In der Praxis wird regelmäßig ein sogenannter blanket consent erteilt, das heißt, jedem amicus brief wird im Vornhinein zugestimmt, dazu §§  8 B. I. 1. a). Es erfolgt dann keine inhaltliche Überprüfung des amicus mehr, dazu unten §  10 A. I. Eine solche Praxis sollte vor dem Hintergrund von Fällen wie dem der Westboro Baptist Church überdacht werden. 372  Zu diesem und weiteren Beispielen siehe oben §  2 B. I. 3. b) aa). 373  Siehe Haw, 89 Tex. L. Rev. 1246 (2011), die sich insbesondere auf die Bedeutung solcher amcius briefs konzentriert. 374  Barker, 29 J. Pol. 41, 52 f. (1967).

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Träger quasi parlamentarischer Entscheidungen zu diskutieren – eine Fragestellung jenseits vorliegender Untersuchung. Die letzte Fallgruppe von amici sind diejenigen, welche sich auf Bitte des Gerichts hin beteiligen. Hierzu wurde bereits ausgeführt, dass die Gewähr­ leistung einer adversary presentation mit dem Grundsatz der Parteiautonomie in Konflikt geraten kann. In solchen Fällen scheint es mit der Streitkultur des U.S.-amerikanischen Rechts besser vereinbar, ein wenig judicial self restraint walten zu lassen und sich auf die Entscheidung der Fälle zu konzentrieren, die eben auch wirkliche Fälle sind, mithin kontradiktorisch. Es den Gerichten hingegen in schwierigen Situationen zu ermöglichen, sich von einem Dritten helfen zu lassen, vermag auf den ersten Blick als legitimer Gedanke zu überzeugen. Dabei scheint die Beziehung zwischen Supreme Court und Solicitor General besonders intensiv und ausgeprägt zu sein. Zwar wird berichtet, dass der Solicitor General in diesen Fällen unter Zuhilfenahme von Statistiken eine neutrale Präsentation zu erreichen versucht, dennoch sollte man die Möglichkeiten dieses Amtes nicht überschätzen. Die geforderte Janusköpfigkeit des Solicitor General375 lässt den externen Beobachter zumindest mit einem Fragezeichen hinsichtlich dessen Neutralität zurück. Insgesamt ist die Praxis, amici als Helfer des Gerichts zu beauftragen, in Hinsicht auf die richterliche Zurückhaltung376 schwierig. Ernennt das Gericht schließlich einen amicus, um die Rechte des Angeklagten zu fördern, greift es gleichzeitig auch in dessen Recht ein. Im zweiten Teil wird daher gesondert herauszuarbeiten sein, welche prozessualen Grundsätze mit der Einladung von amici in Konflikt geraten können und inwiefern hier besondere Anforderungen beachtet werden sollten. In diesem Zuge soll auch die Verwertbarkeit von Tatsachen, die ein solcher amicus vorträgt, überprüft werden. Insgesamt lässt sich festhalten, dass amici eine Vielzahl unterschiedlicher Funktionen in unterschiedlicher Art und Weise erfüllen, sich dabei aber als Bereicherung erweisen können.

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Dies ergibt sich aus der bereits besprochenen Beteiligung, um die Interessen der Regierung in das Verfahren einzubringen, dazu insbesondere oben §  2 B. I. 2. b) bb) (iii), als auch aus seiner Rolle als Hilfe für das Gericht, dazu oben §  2 B. II. 2. 376  In den Vereinigten Staaten ist im Vergleich zu Deutschland der Richter wesentlich weniger aktiv, obwohl bereits seit geraumer Zeit auch eine aktivere Ausformung, von Resnik, 96 Harv. L. Rev. 374, 376 ff. (1982), als managerial judges bezeichnet, vorkommt, dazu auch: Frankel, 123 U. Pa. L. Rev. 1031, 1041 ff. (1975) der Überlegungen zum „Judge as Trial Director“ anstellt.

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C.  Prozessualer Status Abseits der nunmehr herausgearbeiteten Funktion stellt sich jedoch die Frage, nach dem prozessualen Status des amicus. Welcher Rechtsnatur ist dieses In­ strument? Entwicklung und Funktion des amicus im U.S.-amerikanischen Recht haben dessen Flexibilität verdeutlicht. Fraglich ist, ob trotz dieser Flexibilität der amicus einer Kategorie innerhalb des amerikanischen Systems der Drittbeteiligung zugewiesen werden kann. Der amicus nimmt im Prozess nicht die Stellung einer Partei ein.377 In diesem Zusammenhang ist die Rede von einer nonparty.378 Aus Sicht des deutschen Rechts könnte der amicus, wenngleich er keine Partei ist, ein am Prozess beteiligter Dritter sein.379 Dem amerikanischen Recht ist eine solche Drittbeteiligung im Sinne des deutschen Rechts jedoch fremd. Beteiligt sich dort ein Dritter als Intervenient, R. 24 FRCP, unterfällt dieser formal dem Parteienbegriff.380 Daher ist der amicus auch kein am Prozess beteiligter Dritter, da das amerikanische Recht eine solche Qualifizierung nicht kennt. Teilweise wird der amicus als officer of the court bezeichnet. Dies sind jedoch Einzelfälle und zumeist liegt ihnen eine außergewöhnliche Fallkonstellation zugrunde.381 377  Miller-Wohl Co. Inc. v. Commissioner of Labor and Industry State of Mont., 694 F.2d 203, 204 (9th Cir. 1982); Hoptowit v. Ray, 682 F.2d 1237, 1260 (9th Cir. 1982); United States v. State of Michigan, 940 F.2d 143, 164 ff. (6th Cir. 1991); Alexander v. Hall, 64 F.R.D. 152, 155 (D.S.C. 1974); Center for Biological Diversity, United States Bureau of Land Mangement, 2010 WL 1452863 (D. Ariz. 2010); NGV Gaming, Ltd. v. Upstream Point Molate, LLC, 335 F. Supp. 2d 1061, 1068 (N.D. Cal. 2005); Garner, Black’s Law Dictionary, S.  102. Dazu auch unten §  13 B. I. 1. 378  State v. Henley, 800 N.W.2d 418 (Wis. 2011); Save Arden-Oaks v. Sacramento County Bd. of Zoning Appeals, 2011 WL 2452677 (Cal.App. 3 Dist. 2011). 379  Der Intervenient des deutschen Rechts ist nicht Partei des Prozesses, sondern ein Dritter, so ausdrücklich Schilken, Zivilprozessrecht, S.  32 f. Die Parteien werden anhand des formellen Parteibegriffs bestimmt, demnach sind Parteien diejenigen Personen, „von welchen und gegen welche staatliche Rechtsschutzhandlungen […] im eigenen Namen begehrt werden“, Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, S.  198. Aufgrund des Zweiparteiensystems ist eine Beteiligung mehrerer Parteien an einem Prozessrechtsverhältnis nicht möglich, dazu: Weth, in: Musielak/Voit, ZPO, §  50 Rn.  5; Lindacher, in: Krüger/Rauscher, Münch­ Komm ZPO, Bd. 1, Vor §§  50 ff. Rn.  9. Die Streitgenossenschaft führt lediglich zur Häufung mehrerer Parallelprozesse, Lindacher, in: Krüger/Rauscher, MünchKomm ZPO, Bd. 1, Vor §§  50 ff. Rn.  9. 380  James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, 5.  Aufl., 2001, S.  626; Lüke, Die Beteiligung Dritter im Zivilprozess, S.  40; ausführlich zum U.S.-amerikanischen Parteibegriff aus deutscher Sicht Görtz, Die subjektiven Grenzen der Rechtskraft U.S.-amerikanischer Urteile, S.  81 ff. 381  Dazu oben §  2 B. II. 2.

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

Bereits hingewiesen wurde darauf, dass der amicus aus funktionellen Gesichtspunkten nicht mit einem Sachverständigen gleichgesetzt werden sollte, da der amicus zumeist eigene Interessen an der Streitigkeit hat.382 Sachverständige haben dies üblicherweise nicht.383 Auch soll der Sachverständige „by knowledge, skill, experience, training, or education“ qualifiziert sein.384 Solche Anforderungen werden an den amicus nicht gestellt. Weiterhin ist fraglich, inwiefern eine amicus-Stellungnahme ein Beweismittel ist, der Sachverständige ist hingegen auch in den USA als Beweismittel anerkannt.385 Überzeugend scheint es daher, den amicus als ein Instrument sui generis zu qualifizieren.386 Er ermöglicht es Dritten, ohne Partei zu sein, Stellungnahmen abzugeben. Damit bildet er eine Sonderkategorie im amerikanischen Recht. Inwiefern amici mit besonderen prozessualen Rechten nicht doch eine so große Nähe zum intervenor aufweisen, dass sie wie dieser als Partei zu qualifizieren sind, soll im zweiten Teil der Arbeit erörtert werden.

D.  Abgrenzung und Interaktion mit anderen Instrumenten der Drittbeteiligung Nach Qualifikation des Status von amici als Instrument sui generis ist nachfolgend zunächst die Abgrenzung von amicus und intervenor etwas trennschärfer zu gestalten. Für den amicus wird dabei das Grundmodell seiner Beteiligung, Einreichung eines einzigen Schriftsatzes, als Prämisse vorausgesetzt.387

I.  Abgrenzung amicus – intervention Wie bereits ausführlich dargestellt, werden amicus und intervenor teils dafür genutzt, dieselbe Art von Interesse in den Prozess einzubringen. Amici fungieren dann oftmals als Auffanginstrument, wenn zwar ein Interesse im Sinne von R. 24 (a) FRCP gegeben ist, nicht aber eine ausreichende Repräsentation oder es 382 

Oben §  2 B. I. 3. b). Dennoch unterscheidet sich der Sachverständige des U.S.-amerikanischen Recht von dem des deutschen Rechts merklich. Schack, Einführung in das US-amerikanisches Zivilprozessrecht, S.  63 attestiert ihm eine wesentlich parteiischere Rolle. 384  R. 702 Fed. R. Evid. 385  Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Sachverständige in den Fed. R. Evid. geregelt ist. 386  Otte weist daraufhin, dass der amicus „aus dem Rahmen des gängigen Instrumentariums zur Parteierweiterung fällt“, Otte, DAJV-NL 1990, 37, 38. 387  Dazu bereits oben §  2 B. I. 3. Die Problematik einer mehr aktiven Beteiligung durch amici und die sich hieraus ergebenden Abgrenzungsschwierigkeit zur intervention werden im zweiten Teil bei §  13 behandelt. 383 

§  2  U.S.-amerikanisches Recht

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an der Rechtzeitigkeit der Beteiligung fehlt.388 Allerdings vertreten amici teilweise auch indirekte politische Interessen389 oder beteiligen sich in einer mehr neutralen Art und Weise mittels amicus briefs von Professoren.390 In diesen Fällen besteht keine funktionale Übereinstimmung mit der intervention. Ebenfalls funktional verschieden sind amicus briefs, die auf Initiative des Gerichts hin eingereicht werden, da ein intervenor sua sponte am Prozess teilnimmt.391 Zudem bestehen hinsichtlich des prozessualen Status wesentliche Unterschiede. So wird der intervenor Partei des Rechtsstreits, während der amicus lediglich eine nonparty ist.392 Auch hat der intervenor eine ähnliche Rechtsstellung wie eine Partei, kann also Anträge stellen, Zeugen vernehmen und Rechtsmittel einlegen.393 Diese Privilegien genießt der amicus regelmäßig nicht.394 Weiterhin erwächst dem intervenor gegenüber das Urteil in Rechtskraft, während eine Rechtskrafterstreckung beim amicus nicht vorgesehen ist.395 An eine Beteiligung als intervenor sind zudem recht hohe Anforderungen gestellt,396 während der amicus überwiegend solche nicht erfüllen muss.397

388 

Oben §  2 B. I. 2. b) aa). Oben §  2 B. I. 2. b) bb). 390  Oben §  2 B. I. 2. b) dd). 391  Baicker-McKee/Janssen/Corr, Federal Civil Rules Handbook 2008, Rule 24, S.  602; Lüke, Die Beteiligung Dritter im Zivilprozess, S.  56. 392  Siehe oben §  2 C. 393  Baicker-McKee/Janssen/Corr, Federal Civil Rules Handbook 2008, Rule 24, S.  612, wobei beachtet werden muss, dass das U.S.-amerikanische Recht Einschränkungen wie §  67 Hs.  1 ZPO auch kennt, dort heißt es dann plastisch „he cannot unring the bell“, Hartley Pen Co. v. Lindy Pen Co., 16 F.R.D. 141, 153 (S.D. Cal. 1954). Insofern ist es ihm verwehrt, bereits vor seinem Beitritt getätigte Prozesshandlungen ungeschehen zu machen. Allerdings ist eine Dispostitonsbefugnis über den Streitgegenstand, anders als im deutschen Recht, dazu beispielsweise Schultes, in: Krüger/Rauscher, MünchKomm ZPO, Bd. 1, §  67 Rn.  16, hinsichtlich eines dismissal of proceedings, etwa Klageverzicht, möglich, Kane, in: Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, §  1920, Fn.  10. Hinsichtlich der Möglichkeiten der Widerklage, mithin der Erweiterung des Streitgegenstands, besteht in der U.S.-amerikanischen Rechtsprechung Uneinigkeit, wobei Tendenzen bestehen, eine solche Erweiterung auch für Nebenintervenienten zuzulassen, näher Kane, in: Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, §  1921. 394  Zur klassischen Rechtstellung eines amicus, Einreichen einer schriftlichen Stellungnahme, bereits §  2 B. I. 3. Ausführlich dazu unten §  13 A. und zu den Ausnahmen §  13 B. In Forest Conservation Council v. U.S. Forest Serv., 66 F.3d 1489, 1498 (9th Cir. 1995) geht das Gericht ausführlich darauf ein, warum ein amicus brief gegenüber der intervention nicht ausreichend ist. 395  Dies wird diskutiert bei §  13 C. 396  Zu diesen siehe §  2 B. I. 2. b) aa) und die dortigen Nachweise. 397  Zu den Voraussetzungen einer amicus-Teilnahme siehe §  8. 389 

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

Liegen die Voraussetzungen einer intervention vor, wird regelmäßig auch eine Beteiligung als amicus in Betracht kommen. Die Partei sollte dann abwägen. Für die intervention spricht das Mehr an prozessualen Rechten, für eine Beteiligung als amicus hingegen die regelmäßig fehlende Rechtskrafterstreckung. Prozessual ist dabei zu beachten, dass der Dritte teils sowohl eine motion, sich als amicus und intervenor beteiligen zu können, einreichen,398 teils die motion, sich als intervenor zu beteiligen, in eine motion, sich als amicus zu beteiligen, vom Gericht ausgelegt wird.399

II.  Interaktion mit anderen Instrumenten der Drittbeteiligung Zu klären bleibt, in welchem Verhältnis das Instrument des amicus zu den übrigen Instrumenten der Drittbeteiligung steht. In welchen Fällen hat beispielsweise die Zulässigkeit des einen Auswirkungen auf die des anderen? In Bezug auf den joinder400 erscheint eine Überschneidung mit dem amicus zunächst fernliegend. Trotz dieses unterschiedlichen Anwendungsbereichs kann das Vorkommen des einen Bedingung für den Nichteintritt des anderen sein. In dem Fall Altmann v. Republic of Austria401 verfolgte der Erbe des behaupteten Eigentümers eines Gemäldes Herausgabeansprüche bezüglich des Gemäldes gegen den Staat Österreich. Es tauchte nun die Frage auf, ob die anderen Erben nicht notwendig zu hörende Parteien im Sinne von R. 19 (a) (1) FRCP seien.402 Das Gericht verneinte diese Frage unter anderem mit der Begründung, die anderen Erben seien an dem Prozess als amici beteiligt und daher ihre Interessen ausreichend repräsentiert.403 In bestimmten Konstellationen kann daher die Beteiligung als amicus ausreichend sein, um das Nichtvorliegen einer notwendigen Streitgenossenschaft wegen mangelnder Repräsentation im Prozess zu begründen.404

398 

399 

Wisconsin Educ. Ass’n Council v. Walker, 824 F. Supp. 2d 856, 861 (W.D. Wis. 2012). District of Columbia v. Potomac Elec. Power Co., 826 F. Supp. 2d 227, 237 (D.D.C.

2011). 400  R. 18–21 FRCP; der joinder ist der deutschen Streitgenossenschaft ähnlich. R. 19 FRCP normiert den required joinder, R. 20 FRCP den permissive joinder; das deutsche Recht kennt einfache und notwendige Streitgenossenschaft, dies ergibt sich bereits aus §  62 ZPO, zur Terminologie Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, vor §  59 Rn.  2. 401  Altmann v. Republic of Austria, 142 F. Supp. 2d 1187 (C.D. Cal. 2001). 402  Altmann v. Republic of Austria, 142 F. Supp. 2d 1187, 1210 ff. (C.D. Cal. 2001). 403  Altmann v. Republic of Austria, 142 F. Supp. 2d 1187, 1212 (C.D. Cal. 2001). 404  Ähnlich Degregorio v. O’Bannon, 86 F.R.D. 109, 120 (E.D. Pa. 1980).

§  2  U.S.-amerikanisches Recht

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E.  Praktische Relevanz Zur Vervollständigung des bisher gezeichneten Bildes des amicus gehört die Frage nach der praktischen Relevanz dieses Instruments. Dazu ist es erforderlich, die Häufigkeit von amicus-Stellungnahmen vor den verschiedenen Gerichtszweigen zu analysieren. In der Literatur werden darüber hinaus verschiedentlich die Auswirkungen von amicus briefs auf das Urteil untersucht.405 Klar ist, dass sich einige Beispiele finden, in denen amicus briefs nachweislich Einfluss auf das Urteil hatten.406 Inwiefern aber amicus briefs generell Auswirkungen auf das Urteil haben, lässt sich nur schwer ausmachen, zu facettenreich gestaltet sich der Weg der Urteilsfindung. Daher ist das Abstellen auf verschiedene Modelle der Entscheidungsfindung407 nicht weiter zu vertiefen. Darstellbar hingegen und auch Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen ist die Frage, wie häufig amicus briefs in den Entscheidungen des Supreme Court zitiert werden. Für die Jahre 2008 bis 2013 ergibt sich hier die beeindruckende Anzahl von 606 zitierten amicus-Stellungnahmen.408 In dem genannten Zeitraum wurden insgesamt 417 Fälle entschieden.409 Dies verdeutlicht plastisch, dass amicus-Stellungnahmen im Rahmen der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden.410 Allerdings kann nach wie vor ein genaues Ergebnis hinsichtlich des Einflusses von amicus briefs nicht festgestellt werden.

405  Kearney/Merrill, 148 U. Pa. L. Rev. 743, 774 ff. (2000); Collins, 38 L. & Soc’y Rev. 807, 807 ff. (2004); Simpson/Vasaly, The Amicus Brief, S.  11 ff.; Himmelfarb/Pincus, in: Laco­vara, Federal Appellate Practice, S.  419 ff.; Roberts, Oral Argument and Amicus Curiae, S.  79 ff. 406  In Teague v. Lane, 489 U.S.  288 (1989), entschied das Gericht über die Rückwirkung der Berufung auf den 6. Verfassungszusatz, obwohl dies nur der amicus vorbrachte. In Mapp v. Ohio, 367 U.S.  463 (1961) übernahm das Gericht ebenfalls die Argumentation des amicus. Auch in Romer v. Evans, 517 U.S.  620 (1996) brachte das Gericht ein einzelstaatliches Gesetz mit derselben Argumentation wie der des amicus briefs zu Fall. Zu den vorstehenden Beispielen, vgl. Frost, 59 Duke L.J. 447, 466 (2009). Weitere Beispielsfälle finden sich bei Harrington, 55 Case W. Res. L. Rev. 667, 675 (2005); Simpson/Vasaly, The Amicus Brief, S.  11 ff.; sowie oben bei B. I. 3. b) bb), cc). 407  Dazu Kearney/Merrill, 148 U. Pa. L. Rev. 743, 774 ff. (2000); Collins, 38 L. & Soc’y Rev. 807, 807 ff. (2004). 408  Orr Larsen, 100 Va. L. Rev. 1757, 1778 (2014). 409  Orr Larsen, 100 Va. L. Rev. 1757, 1778 (2014). 410  Hinzuweisen ist auch auf mittels Plagiatssoftware durchgeführte Untersuchungen der jeweiligen Entscheidung und der eingereichten briefs. Diese Untersuchungen haben laut Collins/Corley/Hamner gezeigt, „[that] the justices systematically incorporate language from amicus briefs into Court’s majority opinions“, Collins/Corley/Hamner, The Influence of Amicus Curiae Briefs on U.S. Supreme Court Opinion Content; dazu auch Orr Larsen, 100 Va. L. Rev. 1757, 1780 f. (2014).

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

Vor den unterschiedlichen Ebenen der federal und state courts tauchen amicus briefs in variierender Häufigkeit auf. Vor dem Supreme Court sind solche Stellungnahmen in über 90 % der Fälle gegeben.411 Für die U.S. Courts of Appeals bestehen keine umfassenden Zahlen. Eine Analyse des 11th Circuit ergab aber, dass amicus briefs dort in ca. 2 % der Fälle eingereicht werden.412 Für die neuere Zeit ergeben sich widersprüchliche Aussagen. Eine Studie nimmt an, dass im Jahre 2002 413 Fälle eine amicus-Beteiligung aufweisen.413 Dies entspricht einer Beteiligung von 0,7 %. Andere Zahlen sprechen für das Jahr 1996 von einer Beteiligung von ca. 5 %.414 Wie die Zahlen des 11th Circuit zeigen, schwankt die prozentuale Beteiligung von Jahr zu Jahr, so dass 0,7 % eine extrem niedrige Beteiligung im Jahre 2002 bedeuten und 5 % eine relativ hohe im Jahre 1996. Für die Ebene der District Courts bestehen keine Zahlen, jedoch ist zu vermuten, dass amicus briefs gegenüber den U.S. Courts of Appeals in einer noch kleineren Prozentzahl vorkommen werden. Dies wird auch durch die Hypothese gestützt, dass erst Fälle in höheren Instanzen die Aufmerksamkeit von verschiedenen Interessengruppen wecken. Denn dort sind die Auswirkungen der Entscheidung ungleich größer und somit auch der mögliche Effekt, den solche briefs haben können. Amicus briefs sind prozentual vor dem Supreme Court weitaus häufiger, als vor den U.S. Courts of Appeals, wegen der höheren Fallzahl bei diesen sind amicus briefs dort jedoch absolut gesehen häufiger.415 Bezüglich der Lage in den Einzelstaaten gibt es nur Zahlenmaterial für die state courts of last resort.416 Vor 1975 kamen amicus briefs nur in 4 % der Fälle vor diesen Gerichten vor.417 In den 1980er Jahren erhöhte sich die Zahl auf ca. 12 %418 und pendelte sich dann bei diesem Wert ein.419 Dabei variiert die Anzahl von amicus briefs von Staat zu Staat stark.420 Am häufigsten ist demnach eine amicus-Beteiligung vor dem U.S. Supreme Court zu beobachten. In den U.S. Courts of Appeals finden sich im Verhältnis weniger briefs, absolut gesehen jedoch mehr. Die Einzelstaaten geben ein un411  Collins, Friends of the Court, S.  47 ging im Jahre 2008 noch von durchschnittlich 90 % der Verfahren aus. Neuere Untersuchungen zeigen, dass seit dem Jahre 2010 die Beteiligung bei über 90 % liegt bis hin zu 96 % im Jahre 2013, dazu Franze/Anderson, Nat. L.J., 18.09.2013. 412  Gidiere, 5 Seton Hall Cir. Rev. 1, 10 (2008). 413  Harrington, 55 Case W. Res. L. Rev. 667, 678 (2005). 414  Martinek, 34 Am. Polit.  Res. 803, 807 (2006). 415  Collins/Martinek, 91 Soc. Sci. Q. 397, 399 (2010); Martinek, 34 Am. Polit.  Res. 803, 809 (2006). 416  Gemeint sind damit die einzelstaatlichen Gerichte, welche die höchste Ebene darstellen. 417  Laroche, 72 Alb. L. Rev. 701, 708 (2009). 418  Corbally/Bross/Flango, 25 Just. Sys. J. 39, 44 (2004). 419  Corbally/Bross/Flango, 25 Just. Sys. J. 39, 44 (2004). 420  Corbally/Bross/Flango, 25 Just. Sys. J. 39, 44 ff. (2004).

§  2  U.S.-amerikanisches Recht

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einheitliches Bild ab. Dennoch ist der amicus brief auf allen Ebenen des Gerichtssystems fest verwurzelt.

F.  Zusammenfassung Das Instrument des amicus hat im U.S.-amerikanischen Recht in den letzten beiden Jahrhunderten eine erstaunliche Entwicklung genommen. Während zunächst der amicus noch sein Verhältnis zu anderen Instrumenten der Drittbeteiligung finden421 und teilweise als Nothelfer in besonderen prozessualen Situationen dienen musste,422 vollzog sich im Laufe des 20. Jahrhunderts ein merklicher Wandel hin zu der Vertretung von Gruppeninteressen.423 In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kristallisierten sich sodann die spezifischen Ausformungen der heutigen Praxis heraus. Kennzeichnend ist dabei der lobbyähnliche Charakter auf der einen, aber auch das Einbringen von staatlichen Interessen auf der anderen Seite.424 Darüber hinaus findet sich eine Reihe von weiteren Ausprägungen des amicus wie der intervention amicus425 oder die Beteiligung auf Bitte des Gerichts hin.426 Die Art der Einflussnahme reicht dabei von der Präsentation bestimmter Tatsachen bis zu einer eigenständigen rechtlichen Argumentation.427 Der prozessuale Status des amicus lässt sich nicht einer gängigen Kategorie zuordnen, so dass von einem Instrument sui generis zu sprechen ist.428 Vom Instrument des intervenor kann der amicus mittlerweile hinreichend deutlich abgegrenzt werden.429 Im Hinblick auf andere Instrumente der Beteiligung Dritter bestehen teilweise Schnittstellen.430 In Bezug auf die praktische Relevanz gilt, dass sich amici an fast jedem Verfahren vor dem Supreme Court beteiligen.431 In den unteren Instanzen hingegen ist eine Beteiligung prozentual weitaus geringer.432

421 

Dazu oben §  2 A. II. 2. c). Dazu oben §  2 A. II. 2. a). 423  Dazu oben §  2 A. III. 1. 424  Dazu oben §  2 B. I. 1., 2. b) bb). 425  Dazu oben §  2 B. I. 2. b) aa). 426  Dazu oben §  2 B. II. 427  Dazu oben §  2 B. I. 3. 428  Dazu oben §  2 C. 429  Dazu oben §  2 D. I. 430  Dazu oben §  2 D. II. 431  Dazu oben §  2 E. 432  Dazu oben §  2 E. 422 

§  3  Europäisches und deutsches Kartellrecht Im U.S.-amerikanischen Recht stellen amicus-Stellungnahmen ein häufiges und historisch fest verwurzeltes Instrument dar. Im Rahmen dieses Abschnitts wird zu untersuchen sein, inwiefern das Instrument des amicus auch im europäischen und deutschen Kartellrecht bekannt und ausgestaltet ist. Neben der Untersuchung der einschlägigen Regelungen und ihrer Anwendungspraxis werden die Funktion, der prozessuale Status und die praktische Relevanz einer amicus-Beteiligung betrachtet. Zuvor bedarf es einer kurzen Einführung in das Kartellrecht.

A.  Einführung Anders als das bisher behandelte U.S.-amerikanische Recht sind europäisches und deutsches Kartellrecht keine eigenständigen Rechtsordnungen, vielmehr handelt es sich um einen bloßen Teilbereich des europäischen und deutschen Rechts. Das europäische Kartellrecht besteht im Wesentlichen aus Art.  101 ff. AEUV und einer Reihe von Verordnungen.1 Im deutschen Recht finden sich die wichtigsten Vorschriften im GWB. Der Bereich des europäischen und deutschen Kartellrechts ist daher ein sektoraler. Gegenstand kartellrechtlicher Regelungen 2 sind wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen Unternehmen,3 der wettbewerbsbeschränkende Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung4 und der eines Unternehmenszusammenschlusses.5 In den genannten Regelungen werden jeweils Verbote statuiert, die dazu dienen sollen, die Freiheit des Wettbewerbs zu fördern. Eine Besonderheit des Kartellrechts liegt darin, dass diese Verbote sowohl im Wege eines Verwaltungsverfahrens als auch mittels einer privatrechtlichen Streitigkeit durchgesetzt werden können. Guter Überblick bei Immenga/Mestmäcker, in: dies., Wettbewerbsrecht, Bd. 1 EU / Teil 1, Einl., S.  1 ff. 2  Überblick beispielsweise bei Glöckner, Kartellrecht, S.  2 f. 3  Siehe hierzu Art.  101 AEUV, §  1 ff. GWB. 4  Siehe hierzu Art.  102 AEUV, §  19 ff. GWB. 5  Siehe dazu die Fusionskontrollverordnung, VO 139/2004 und §§  35 ff. GWB. 1 

§  3  Europäisches und deutsches Kartellrecht

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Im ersten Falle erlässt demnach die zuständige Behörde einen Beschluss gegenüber dem betroffenen Unternehmen.6 Möglich ist es sodann, diesen Beschluss durch ein Gericht überprüfen zu lassen.7 In der zweiten Alternative wird nicht eine Behörde tätig, deren Entscheidung dann gegebenenfalls von einem Gericht überprüft wird, sondern ein Streit zwischen zwei Privaten hat einen Kartellrechtsverstoß zum Gegenstand.8 Auf nationaler Ebene könnte sich daher die Situation ergeben, dass eine privatrechtliche Streitigkeit besteht, die wichtige kartellrechtliche Fragen aufwirft, an der sich aber die für die Durchsetzung des Kartellrechts zuständige Behörde nicht beteiligen könnte, wenn sie nicht ein rechtliches Interesse im Sinne des §  66 ZPO hätte oder aber eine normierte Möglichkeit der Beteiligung einer solchen Behörde bestünde – für das deutsche Recht §  90 GWB. Auf europäischer Ebene kann hingegen sowohl in einem nationalen verwaltungsrechtlichen Verfahren europäisches Kartellrecht zur Anwendung gelangen,9 als auch in einem nationalen Verfahren zwischen zwei Privaten.10 In solchen Fällen könnte sich die zuständige europäische Wettbewerbsbehörde – die Europäische Kommission – an einem solchen Verfahren beteiligen wollen, ohne dabei die nationalen Anforderungen für eine Beteiligung Dritter erfüllen zu müssen.

B.  Einschlägige Regelungen und Anwendungspraxis Im Rahmen der vorstehenden Einführung wurde bereits überblicksartig skizziert, inwiefern sowohl für die Kommission als auch für die nationalen Wettbewerbsbehörden ein Interesse bestehen kann, sich an kartellrechtlichen Verfahren zu beteiligen, bei denen die entsprechenden Behörden nicht die Rolle einer 6 

Das Kartellverwaltungsverfahren ist im deutschen Recht in den §§  54 ff. GWB geregelt. Im europäischen Recht regelt die VO 1/2003 das Verfahren, näher hierzu Johanns, in: Mäger, Europäisches Kartellrecht, S.  527 ff. 7  Im deutschen Recht kann gegen Entscheidungen der Wettbewerbsbehörden eine Beschwerde eingelegt werden, §§  63 ff. GWB. Im europäischen Recht ist das EuG beziehungsweise der EuGH für Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Kommission zuständig, näher hierzu Johanns, in: Mäger, Europäisches Kartellrecht, S.  575 ff. 8  Der Ablauf eines zivilrechtlichen Prozesses, der die Anwendung der Art.  101, 102 AEUV zum Gegenstand hat, bestimmt sich jedoch nach dem einschlägigen nationalen Verfahrensrecht – in Deutschland im Wesentlichen die ZPO und Vorschriften des GWB. 9  Wie bereits erörtert kommt europäisches Kartellrecht auch in Verfahren vor dem EuG zur Anwendung. Hier ist die Kommission aber unmittelbar als Partei beteiligt. 10  Fokus der folgenden Ausführungen und insbesondere auch des prozessualen zweiten Teils der Arbeit wird jedoch der Zivilprozess sein.

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

Partei innehaben. Die Ausgestaltung und Anwendungspraxis der diesbezüglich einschlägigen Normen gilt es im Folgenden zu untersuchen. Für das europäische Recht ist aber zuvor noch auf einen für die nachstehenden Ausführungen relevanten Systemwechsel hinzuweisen.

I.  Der amicus im europäischen Kartellrecht Vor Einführung der VO 1/2003 war es die Kommission selbst, welche Ausnahmen gemäß Art.  101 Abs.  3 AEUV genehmigte.11 Die Kommission hatte ein Freistellungsmonopol.12 Mit Verabschiedung der VO 1/2003 wurde dieses System eines Freistellungsvorbehalts durch ein System der Legalausnahmen ersetzt. Nach Art.  1 Abs.  2 VO 1/2003 sind Vereinbarungen im Sinne des Art.  101 Abs.  1 AEUV, die die Voraussetzungen des Art.  101 Abs.  3 AEUV erfüllen, nicht verboten, ohne dass es einer vorherigen Entscheidung der Kommission bedarf. Die Überprüfung der Voraussetzungen des Art.  101 Abs.  3 AEUV obliegt nunmehr den nationalen Gerichten und Kartellbehörden.13 Mithin findet eine Entwicklung von einer zentralen Anwendung durch die Kommission hin zu einer dezentralen Anwendung durch die Mitgliedstaaten statt. In diesem Zusammenhang nimmt die Zusammenarbeit zwischen den mitgliedstaatlichen Gerichten und der Kommission eine noch größere Bedeutung ein, da die Gefahr divergierender Entscheidungen in den Mitgliedstaaten gestiegen ist. Die VO 1/2003 hat daher eine Reihe von Instrumenten geschaffen, die zu einer kohärenten Anwendung des Kartellrechts führen sollen. Zu nennen sind dabei Art.  11,14 15 und 1615 VO 1/2003. Vorliegend ist näher auf Art.  15 VO 1/2003 einzugehen. 11 

Zur alten Rechtslage vgl. Art.  9 Abs.  1 VO Nr.  17/62, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages, ABl. 1962, P 13/204 ff. 12  Wurmnest, in: Behrens/Braun/Nowak, Europäisches Wettbewerbsrecht im Umbruch, S.  213; Mäger, in: Mäger, Europäisches Kartellrecht, S.  47. 13  Hirsch, ZWeR 2003, 233, 233 f. 14  Dieser regelt die Zusammenarbeit zwischen Kommission und nationalen Wettbewerbsbehörden. 15  In Anlehnung an die Delimitis, EuGH, 28.02.1991, Rs. C-234/89, Delimitis ./. Henniger Bräu, Slg. 1991, I-935 und Masterfoods, EuGH, 14.12.2000, Rs. C-344/98, Masterfoods, Slg. 2000, I-11369, Rechtsprechung des EuGH findet sich nunmehr in Art.  16 Abs.  1 VO 1/2003 die Pflicht der nationalen Gerichte, widersprechende Entscheidungen zu denen der Kommission zu unterlassen. Als Entscheidungen können unstrittig Entscheidungen nach Art.  7 und 8 VO 1/2003 verstanden werden. Bezüglich Maßnahmen nach Art.  9, 10 VO 1/2003 ergibt sich ein geteiltes Meinungsbild. Die überwiegende Mehrheit in der Literatur ordnet Verpflichtungszusagen gemäß Art.  9 VO 1/2003 nicht den Entscheidungen des Art.  16 VO 1/2003 zu, Schneider, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Art.  16 VO 1/2003 Rn.  8; Weber, in: Schulte/Just, Kartellrecht, Art.  16 VO 1/2003

§  3  Europäisches und deutsches Kartellrecht

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Dieser will die Zusammenarbeit zwischen nationalen Gerichten, der Kommission und den Wettbewerbsbehörden auf eine neue Grundlage stellen. Dabei gilt es zunächst die Regelungsstruktur dieser Norm zu erörtern. Sodann ist zu prüfen, inwiefern diese Regelung funktional als Normierung des amicus angesehen werden kann. Nachfolgend sind die einzelnen Absätze der Regelung genauer zu untersuchen und praktische Anwendungsfälle herauszuarbeiten. 1.  Regelungsstruktur von Art.  15 VO 1/2003 Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 greift die bereits durch die „Bekanntmachung über die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Gerichten der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Artikel 85 und 86 des EWG-Vertrags“16 bekannte Möglichkeit auf,17 die Kommission durch ein mitgliedstaatliches Gericht18 um Übermittlung von Informationen und Stellungnahmen zu bitten. Inwieweit die Informationen und Stellungnahmen mit der Art von Auskünften, die in der Bekanntmachung von 1993 genannt sind, übereinstimmen, wird noch zu prüfen sein. Art.  15 Abs.  3 S.  1, 3 VO 1/2003 ermöglicht es nationalen Wettbewerbsbehörden und der Kommission aus eigener Initiative, dem Gericht eine schriftliche Rn.  5; Ritter, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Bd. 1 EU / Teil 2, Art.  16 VO 1/2003 Rn.  3; Jaeger, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 3, Art.  16 VO 1/2003 Rn.  14. Ausführlich Bartels, Kohärente Rechtsanwendung, S.  178 ff. Vereinzelt wird Art.  9 VO 1/2003 jedoch als Entscheidung im Sinne des Art.  16 VO 1/2003 qualifiziert, de Bronett, Europäisches Kartellverfahrensrecht, Art.  16 Rn.  4; Dalheimer, in: Dalheimer/Feddersen/Miersch, EU-Kartellverfahrensverordnung, Art.  9 Rn.  18. Hier ist zu differenzieren. Keine Bindungswirkung kommt einer solchen Entscheidung ausweislich des 13. und 22. Erwägungsgrundes der VO 1/2003 zu, wenn die Gerichte der Mitgliedstaaten eine Zuwiderhandlung positiv feststellen. Eine Bindungswirkung wird hingegen für die Fälle anzunehmen sein, wenn die mitgliedstaatlichen Gerichte Praktiken für zulässig erklären, die sich das betreffende Unternehmen zu unterlassen verpflichtet hat. 16  ABl. 1993, C 39/6 ff. 17  Siehe dazu Randnummer 37, 38 der Bekanntmachung. 18  Als mitgliedstaatliche Gerichte im Sinne von Art.  15 VO 1/2003 gelten dabei sowohl solche, die eine verwaltungsrechtliche Entscheidung überprüfen, als auch solche, die eine Streitigkeit zwischen Privaten entscheiden, Erwgr. 21 VO 1/2003. Nicht übertragen wird die für Art.  9 Abs.  3 VO 17/62 gefundene Differenzierung zwischen Gerichten, die in einer privatrechtlichen Streitigkeit tätig werden und solchen, die eine verwaltungsrechtliche Streitigkeit entscheiden, dazu EuGH, 30.01.1974, Rs. 127/73, BRT/SABAM I, Slg. 1974, 51, 62, 63 und Bartels, Kohärente Rechtsanwendung, S.  59. Dies ist konsequent, da die Praxis der Bekanntmachung über Zusammenarbeit 1993 dem nicht entsprach, siehe beispielsweise 26. Wettbewerbsbericht 1996, S.  392, Anfrage des Senats für Verwaltungssachen des spanischen Gerichtshofs, dazu auch: Zuber, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Art.  15 VerfVO Rn.  9.

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

Stellungnahme zu übermitteln.19 Dabei ist für ein Tätigwerden der Kommis­ sion im Rahmen von Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 Voraussetzung, dass die kohärente Anwendung der Art.  101, 102 AEUV dies erfordert, Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003.20 Art.  15 Abs.  3 S.  2, 4 VO 1/2003 lässt eine mündliche Stellungnahme 19  Hinsichtlich der nationalen Wettbewerbsbehörden hat §  90 GWB als Vorbild gedient, der bereits seit 1958 eine solche Praxis für Streitigkeiten, die sich aus dem GWB ergeben, normiert. Zum 01.01.1958 trat das GWB in der Fassung vom 27.07.1957 in Kraft, §  109 Abs.  1 GWB a. F., BGBl. 1957 I, S.  1081, dessen §  90 GWB der heutigen Fassung in wesentlichen Teilen entspricht. Zur Vorbildwirkung siehe Weißbuch über die Modernisierung der Vorschriften zur Anwendung von Art.  85 und 86 EG-Vertrag, ABl. 1999, C 132/1, 24, Rn.  107 und Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  28. 20  Die deutsche Regelung zu Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003, §  90a Abs.  2 S.  1 GWB, normiert eine solche Voraussetzung nicht, dazu auch: Bergmann, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/ Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 6, §  90a GWB Rn.  14. Daher ist es der Kommission in Deutschland möglich, solche Stellungnahmen auch abzugeben, wenn dies die kohärente Rechtsanwendung nicht erfordert. §  90a GWB gibt der Kommission daher weitergehende Rechte als Art.  15 VO 1/2003, so auch Bergmann, a. a. O. Dies verdeutlicht zum einen der Wortlaut von §  90a Abs.  2 S.  1 GWB, der eindeutig nicht das Erfordernis der Kohärenz aufstellt. Zum anderen wird auch aus der Regelungsstruktur der Norm deutlich, dass hiermit ein Mehr an Rechten verbunden ist. §  90a Abs.  2 S.  1 GWB verweist anders als etwa §  90a Abs.  2 S.  2 GWB nicht auf Art.  15 VO 1/2003. Der Norm muss daher im Verhältnis zu der unmittelbar geltenden VO 1/2003 eine eigenständige Bedeutung zukommen. Eine andere Sichtweise ließe §  90a Abs.  2 S.  1 GWB vollständig leerlaufen, dies wohl aber annehmend Bechtold/ Bosch, GWB, §  90a Rn.  3. Schließlich steht einer solchen Sichtweise auch nicht die Gesetzesbegründung entgegen. Diese formuliert zwar zum einen, dass §  90a GWB Art.  15 VO 1/2003 umsetzen soll, BT-Drs. 15/3640 S.  69, zum anderen aber die Kommission hinsichtlich ihrer Beteiligungsrechte dem Bundeskartellamt gleichgestellt werden soll, BT-Drs. 1573640, S.  70. Ausdrücklich verhält sich die Gesetzesbegründung zu der Frage, inwiefern das Kriterium der Kohärenz einzuhalten ist, nicht. Grimm, Die Rechtsfigur des Amicus curiae im Kartellzivilprozess, S.  153 f. teilt diese Auffassung nicht. Sie stützt sich dabei maßgeblich auf die Kommentierung von Nothdurft zu §  90a GWB und Art.  15 VO 1/2003. Damit will sie begründen, dass Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003 ein wesentliches Kriterium für eine Zuständigkeitsregelung zwischen der Beteiligung der nationalen Wettbewerbsbehörden und der Kommission sei. Die Kommission sei erst zuständig, wenn das Kriterium der kohärenten Rechtsanwendung erfüllt sei. Vor diesem Hintergrund sei auch §  90a Abs.  2 S.  1 GWB dergestalt auszulegen, dass für eine Beteiligung der Kommission eine kohärente Rechtsanwendung erforderlich sei. Dies überzeugt nicht. Zutreffend ist, dass Nothdurft in der Kommentierung zu Art.  15 VO 1/2003 davon spricht, dass primär die nationalen Wettbewerbsbehörden zuständig seien und das Kohärenzerfordernis eine Einschränkung sei. Gleichzeitig spricht er aber auch von einer parallelen Zuständigkeit, Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Art.  15 Rn.  34 (sowohl 1.  Aufl., auf die sich Grimm bezieht, als auch 2.  Aufl.). In der Kommentierung zu §  90a GWB wird hingegen ausdrücklich auf ein „Uneingeschränktes Initiativrecht der Kom.“ und auf den Verzicht auf die Einschränkung der Kohärenz hingewiesen Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 2, §  90a GWB Rn.  6. Grimm, a. a. O., stützt

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von nationalen Wettbewerbsbehörden beziehungsweise der Kommission zu, wenn das Gericht dem zustimmt.21 Art.  15 Abs.  3 S.  5 gibt Wettbewerbsbehörden und Kommission die Möglichkeit, das Gericht um die Übermittlung der für die Beurteilung des Falls notwendigen Schriftstücke zu ersuchen. Dabei dürfen diese Informationen nur zur Ausarbeitung der Stellungnahme verwandt werden.22 Art.  15 Abs.  2 VO 1/2003 regelt, dass die Mitgliedstaaten der Kommission ein Urteil übermitteln, welches die Anwendung der Art.  101, 102 AEUV zum Gegenstand hat. Dies ermöglicht es der Kommission, rechtzeitig Kenntnis von Rechtsmittelverfahren zu erlangen, in denen es sinnvoll ist, eine Stellungnahme nach Abs.  3 abzugeben.23 Art.  15 Abs.  4 VO 1/2003 stellt klar, dass nationales Recht, welches den mitgliedstaatlichen Wettbewerbsbehörden weitreichendere Befugnisse zugesteht, Art.  15 VO 1/2003 nicht entgegensteht. Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 ist eine echte Neuerung gegenüber der Bekanntmachung über die Zusammenarbeit aus dem Jahre 1993. Er normiert dabei sowohl ein Recht der nationalen Behörden als auch ein Recht der Kommission. Auf die Befugnisse der nationalen Behörden soll am Beispiel der deutschen Rechtslage im Rahmen des Abschnitts zur nationalen Ebene näher eingegangen werden. Nunmehr gilt es zu untersuchen, inwiefern Art.  15 VO 1/2003 als Regelung des amicus verstanden werden kann. 2. Art.  15 VO 1/2003 als Regelung des amicus? Wendet man den Blick der einschlägigen Literatur zu, so fällt auf, dass keine Einigkeit herrscht, welche Teile des Art.  15 VO 1/2003 sich mit der Figur des amicus befassen. Bevor jedoch auf die einzelnen Ansichten eingegangen werden kann, ist die Frage zu stellen, ob die Regelung des Art.  15 VO 1/2003 überhaupt als Ausprägung des amicus verstanden werden kann. Das amerikanische Recht sich zudem auf die Bekanntmachung über die Zusammenarbeit 2004, die aber für das deutsche Recht wenig von Belang ist. Schließlich wird von Grimm noch der Schluss gezogen, dass aufgrund des nicht ausdrücklichen Verhaltens der Regierungsbegründung zu §  90a GWB, das Gesetz konträr zu seinem Wortlaut auszulegen sei. Insgesamt überzeugt diese Ansicht nicht. Das Erfordernis der Kohärenz in Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 wird weit ausgelegt, EuGH, 11.06.2009, Rs. C-429/07, Inspecteur van de Belastingdienst v. X BV, Slg. 2009, I-4833 und ausführlich unten §  8 B. II. 2. 21  §  90a Abs.  2 S.  5 GWB gibt der Kommission ein solches Recht, ohne dass es auf die Entscheidung eines Gerichts ankäme. 22  Diese Vorschrift soll verhindern, dass die Kommission die gewonnenen Erkenntnisse für ein eigenes Verfahren nutzt, Jaeger, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 3, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  29. 23  Bekanntmachung über Zusammenarbeit 2004, Rn.  37.

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

hat gezeigt, dass der amicus vielfach von Privaten eingesetzt wird, um ihre Argumente dem Gericht darzutun. Zudem findet dort eine enge Zusammenarbeit mit einer der jeweiligen Parteien statt.24 Diese Zusammenarbeit zwischen Partei und amicus findet im Europäischen Kartellrecht vor dem Hintergrund einer Neutralitätspflicht der Kommission nicht statt.25 Allerdings ist aus dem U.S.-amerikanischen Recht auch eine Beteiligung staatlicher Stellen bekannt. Hinsichtlich dieser wurde festgehalten, dass eine Zusammenarbeit oftmals nicht stattfindet und gerade Kartellbehörden eher eigene ordnungspolitische Interessen verfolgen.26 Insofern kann eine nicht direkt die Position der Parteien aufgreifende Stellungnahme durchaus auch eine amicus-Stellungnahme sein. Fraglich ist jedoch, ob Art.  15 VO 1/2003 in seiner Gänze oder lediglich einzelne Absätze das Instrument des amicus abbilden. In der Literatur findet sich ein geteiltes Meinungsbild. Teilweise werden sowohl Abs.  1 als auch Abs.  3 als Kodifizierung des amicus angesehen.27 Andere Stimmen hingegen beschränken dies ausschließlich auf Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003.28 Die Kommission verfolgt unterschiedliche Ansätze.29 Die Gruppe in der Literatur, welche lediglich 24 

Oben §  2 B. I. Bekanntmachung über Zusammenarbeit 2004, Rn.  19, 30. 26  Oben §  2 B. I. 2. a), b) bb) iii). 27  Sura, in: Langen/Bunte, Komm. zum dt. und europ. KartellR, Bd. 2, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  3; Bornkamm, in: Langen/Bunte, Komm. zum dt. und europ. KartellR, Bd. 1, §  90a GWB Rn.  19; Bechtold/Bosch/Bringer/Hirsbrunner, EU-Kartellrecht, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  16; de Bronett, Europäisches Kartellverfahrensrecht, Art.  15 Rn.  2; Ritter, in: Immenga/Mest­ mäcker, Wettbewerbsrecht, Bd. 1 EU / Teil 2, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  12; Schnelle/Bartosch/ Hübner, Das neue EU-Kartellverfahrensrecht, S.  87; Cumming/Spitz/Janal, Civil Procedure Used for Enforcement of EC Competition Law by the English, French and German Civil Courts, S.  199; Ritter/Braun, European Competition Law, S.  1039; so wohl auch Grimm, Die Rechtsfigur des Amicus curiae im Kartellzivilprozess, S.  151 ff. und S.  155 ff. 28  Zuber, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Art.  15 VerfVO Rn.  1; Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  27; Dalheimer, in: Dalheimer/Feddersen/Miersch, Art.  15 Rn.  1; Bergmann, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 6, §  90a GWB Rn.  14; Bechtold/Bosch, GWB, §  90a Rn.  3; Künstner, in: Schulte/Just, Kartellrecht, §  90a GWB Rn.  1; Weber, in: Schulte/Just, Kartellrecht, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  11; Lampert/Niejahr/Kübler/Weidenbach, EG-KartellVO, Rn.  291; Van Bael, Due Process in EU Competition Proceedings, S.  390; Wright, 16 European L.J. 736, 741 (2010); Schwarze/Weitbrecht, Grundzüge des Grundzüge des europäischen Kartellverfahrensrechts, §  11 Rn.  51; Riley, E.C.L.R. 2003, 657, 665; Schütz, in: Müller-Henneberg/Hootz, GWB u. Europ. KartellR, VO 1/2003, Art.  15 Rn.  4. 29  In der Bekanntmachung über Zusammenarbeit 2004, Rn.  17 wird nach der Überschrift „Die Kommission als sachverständiger (amicus curiae) Beistand im Verfahren“ sowohl Abs.  1 als auch Abs.  3 behandelt. In dem Wettbewerbsbericht 2009, Rn.  162 werden nur Maßnahmen nach Abs.  3 als amicus-Tätigkeit qualifiziert. In der Bekanntmachung über Zusam25 

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Abs.  3 als amicus sieht, stellt heraus, dass die Möglichkeit, Stellungnahmen sua sponte abzugeben, neu durch die Kartellverfahrensverordnung eingeführt wurde. Dies impliziert, dass die Initiative als entscheidendes Merkmal für eine Qualifizierung als amicus gesehen wird. Dabei zeigt das amerikanische Recht, dass die Initiative nicht entscheidend ist. Zwar gehen auch im amerikanischen Recht die meisten amicus-Stellungnahmen auf Initiative des amicus zurück, dennoch sind auch amicus briefs bekannt, die auf Initiative des Gerichts hin eingereicht werden.30 Neben der Frage der Initiative könnte zudem der Inhalt eines amicus briefs als Abgrenzungskriterium dienen. Im Unterschied zu Abs.  3 gewährt Abs.  1 den Gerichten die Möglichkeit, neben Stellungnahmen auch Informationen anzufordern. Als Information kann das Gericht zum Beispiel anfragen, ob bei der Kommission im Moment ein Verfahren anhängig ist. Die Antwort der Kommission wäre in diesem Fall wahrscheinlich recht kurz. Generell ist der Übermittlung von Informationen hinsichtlich des Verfahrensstandes eine fehlend rechtliche Bewertung zu eigen. Kann dies Gegenstand einer amicus-Stellungnahme sein? Im U.S.-amerikanischen Recht versuchen amici mithilfe bestimmter Argumentationsmuster das Gericht von einer Entscheidung zu überzeugen. Dennoch findet sich keine Einschränkung, dass der brief nicht auch lediglich in einer kurzen Information bestehen kann. Historisch haben amicus briefs das Gericht häufig lediglich auf andere relevante Fälle hingewiesen.31 Insofern ist auch in historischer Perspektive das bloße Übermitteln einer Information als amicus-Tätigkeit zu definieren. Entgegen der teils vertretenen Meinung stellen daher sowohl Art.  15 Abs.  1 als auch Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 eine Normierung des amicus dar. Demnach müsste der Schluss gezogen werden, dass der amicus bereits seit 1993 im europäischen Kartellrecht verankert ist.32 Dem ist nicht so. Denn ausweislich der Bekanntmachung von 1993 konnten nur die Gerichte Anfragen an die Kommission stellen. Das aktive Element des heutigen Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 hingegen fehlte. Gerade dieses aktive Element prägt jedoch den heutigen Charakter des amicus. Erst das Zusammenspiel von Abs.  3 und Abs.  1 führt dazu, dass auch Abs.  1 als amicus-Tätigkeit qualifiziert werden kann. Im obigen Sinne kann die Phase vor Inkrafttreten der VO 1/2003 daher nur als Ausprägung des atypischen amicus verstanden werden, wobei zu berücksichtigen ist, dass die menarbeit 1993, Rn.  42 ist die Rede von der amicus curiae Tätigkeit der Kommission, obwohl damals die Möglichkeit des Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 noch nicht bestand. 30  Dazu oben §  2 B. II. 31  Dazu oben §  2 A. I., II. 1. 32  Denn seit 1993 besteht die Möglichkeit der Gerichte, Anfragen an die Kommission zu richten, vgl. oben §  3 B.

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

Kommission sehr wohl eine hohe Sachkunde besitzt und daher auch mit einem Sachverständigen vergleichbar ist,33 so dass auch zu überlegen ist, inwiefern dann nicht von einem Sachverständigen gesprochen werden sollte. 3.  Informationen und Stellungnahmen gemäß Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 Inhaltlich regelt Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 die Möglichkeit der Gerichte, Informationen und Stellungnahmen anzufragen. Zunächst sind diese beiden Begrifflichkeiten voneinander abzugrenzen. Dies ist insofern von Bedeutung, als im Rahmen von Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 lediglich von Stellungnahmen die Rede ist.34 Ausweislich der Bekanntmachung über die Zusammenarbeit 2004 fallen unter den Begriff der Informationen die im Besitz der Kommission befindlichen Unterlagen sowie Auskünfte verfahrensmäßiger Art, die es dem mitgliedstaatlichen Gericht ermöglichen festzustellen, ob die Kommission sich bereits mit dem Fall befasst oder befasst hat.35 Während die verfahrensmäßigen Auskünfte unkompliziert als Instrumentarium zur praktischen Vereinfachung der parallelen Anwendung des Kartellrechts begriffen werden können, ist der Begriff der Unterlagen unklar. In der Bekanntmachung über die Zusammenarbeit 1993 wird zwischen Rechtsfragen – dazu Randnummer 38 – und Unterlagen differenziert. Als Unterlagen werden Statistiken, Marktstudien und Wirtschaftsanalysen genannt.36 Lässt sich dies auf die heutige Rechtslage übertragen? Dies wird teils von der Literatur vertreten.37 Andere Stimmen hingegen sehen eine Grenze dort, wo Informationen bewertet werden. Eine solche Bewertung stelle eine Stellungnahme dar, dies soll lediglich dann nicht gelten, wenn das Gericht von der Kommission eine Verfahrensakte anfordert, in der bereits Bewertungen enthalten sind.38 Folge dieser Ansicht ist, zwischen bereits bestehenden Unterlagen und noch zu 33 

Dazu näher unten §  3 D. Allerdings ist zu beachten, dass in der englischen und französischen Fassung Stellungnahmen im Sinne von Art 15 Abs.  1 VO 1/2003 als opinion bzw. avis umschrieben werden und Stellungnahmen im Sinne von Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 als observations, dazu und zu weiteren Sprachfassungen mit vergleichbarer Differenzierung Becker, in: von der Groeben/ Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, Bd. 2, Art.  15 VO 1/2003, Rn.  79. Zu den Auswirkungen sogleich bei §  3 B. I. 5. 35  Bekanntmachung über Zusammenarbeit 2004, Rn.  21. 36  Bekanntmachung über Zusammenarbeit 1993, Rn.  40. Im 24. Wettbewerbsbericht 1994, Rn.  50 fragte der Master of the Queen’s Bench Division of the High Court for England and Wales nach Informationen wie statistischen Daten, Marktstudien und Wirtschaftsanalysen. 37  Jaeger, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 3, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  10. 38  Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  12. 34 

§  3  Europäisches und deutsches Kartellrecht

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erstellenden Gutachten zu differenzieren. Ersteres sind Informationen, letzteres sind Stellungnahmen.39 Das scheint konsequent. Allerdings sollte man diese Abgrenzung nicht zusätzlich anhand des Kriteriums beurteilen, ob den zugrundliegenden Auskünften eine Wertung innewohnt. Einer Marktanalyse der Kommission wohnt immer auch eine Bewertung inne. Dennoch erfolgt hier schon dem Wortlaut nach keine Stellungnahme, wenn die Kommission eine bereits bestehende Marktanalyse lediglich weiterleitet. Auf der anderen Seite muss eine Stellungnahme entgegen der Bekanntmachung von 1993 nicht zwingend ein Rechtsgutachten sein. So heißt es in der Bekanntmachung von 2004, dass Stellungnahmen zu wirtschaftlichen, sachlichen und rechtlichen Aspekten ergehen können.40 Konsequent ist es, die Abgrenzung zwischen Informationen und Stellungnahmen danach zu tätigen, ob lediglich eine bereits vorhandene Information weitergeleitet oder eine Auskunft auf Anfrage erstellt wird. Diesem Verständnis folgend sollen nunmehr einige Beispiele für Informationen und Stellungnahmen genannt werden, so dass die praktische Ausrichtung des Instruments verdeutlicht werden kann. Nicht näher eingegangen werden muss auf Auskünfte zum Verfahrensstatus, da diese Kategorie hinreichend klar ist.41 Hinsichtlich sonstiger Unterlagen werden in der Praxis ausweislich der Wettbewerbsberichte wenig Anfragen gestellt.42 Anschaulich ist die Anfrage des Tribunal de grande instance Mulhouse aus dem Jahre 1995, welches von der Kommission Informationen über den französischen Biermarkt anfragte. „Die Daten sollten es dem mit der Sache befaßten Richter ermöglichen zu beurteilen, ob der französische Biermarkt bei Abschluß des Vertrages im April 1987 für Wettbewerber im Bereich der Schankwirtschaft leicht oder schwer zugänglich 39  Dies ergibt sich aus den Wettbewerbsberichten der Kommission, in denen unter dem Begriff der Stellungnahme Fragen der Gerichte zu finden sind, sowie eine anschließende kurze Antwort der Kommission. 40  Bekanntmachung über Zusammenarbeit 2004, Rn.  27. 41  Ein Beispiel findet sich etwa im Zusammenhang mit einem britischen Fall, in dem der Master of the Queen’s Bench Division of the High Court for England and Wales anfragte, in welchem Stadium ein von der Kommission behandeltes Verfahren sei, welches denselben Verfahrensgegenstand hatte wie das bei Gericht anhängige, dazu 24. Wettbewerbsbericht 1994, Rn.  50. Das Landgericht Stuttgart fragte die Kommission, ob bereits eine Entscheidung durch die Kommission in betreffender Sache gefallen sei, 31. Wettbewerbsbericht 2001, S.  408. 42  Im Wettbewerbsbericht 2005, Rn.  219 wird von drei Anfragen berichtet, aufgrund derer die Kommission Informationen übermittelt hat, ohne dass dies näher präzisiert würde. Im 30. Wettbewerbsbericht 2000, S.  383 wird von einer Anfrage eines spanischen Gerichts berichtet, welches beglaubigte Kopien von Unterlagen der Kommission anfordert und bekommt. Diese Unterlagen wurde bei der Kommission von einem potentiellen Kartelldelinquenten eingereicht. Im 24. Wettbewerbsbericht 1994, Rn.  50, fragte der Master of the Queen’s Bench Division of the High Court for England and Wales nach Informationen wie statistischen Daten, Marktstudien und Wirtschaftsanalysen.

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

war und ob sich diese Situation zwischenzeitlich geändert hatte.“43 Greifbar ist dort die Verzahnung der Anforderungen der Delimitis Rechtsprechung des EuGH44 und des damals noch recht neuen Instrumentariums der Zusammenarbeit zwischen Kommission und nationalen Gerichten. Stellungnahmen der Kommission ermöglichen es den nationalen Gerichten, sich die Erfahrung und Sachkunde der Kommission zu Nutze zu machen.45 Die Kommission trifft dabei die Pflicht, die Gerichte in neutraler und objektiver Art und Weise zu unterstützen.46 Daher erfolgt auch keine vorherige Verständigung mit den Parteien.47 Auch geht die Kommission nicht auf den Klagegrund ein.48 Vielmehr soll die abzugebende Stellungnahme unabhängig vom Stand des Verfahrens erfolgen. Dennoch wird in der Praxis das aktuelle Verfahren naturgemäß eine Rolle spielen. Solche Stellungnahmen können beispielsweise die Frage zum Gegenstand haben, ob ein bestimmtes Vertriebssystem einer Gruppenfreistellungsordnung unterfällt 49 oder wie sich eine Entscheidung der Kommission auf das weitere Vorgehen der Gerichte in dieser Sache auswirke.50 Die in der Literatur aufgestellte Behauptung, gerade Fragen zum relevanten Markt könnten Gegenstand einer Stellungnahme sein,51 findet sich in der Praxis bestätigt.52 Insgesamt gibt es eine Fülle unterschiedlicher Möglichkeiten hinsichtlich des Inhalts von Stellungnahmen.53 Dabei können sowohl rechtliche wie auch tatsächliche Umstände Gegenstand einer solchen Stellungnahme sein. 43 

27. Wettbewerbsbericht 1997, S.  396 f. EuGH, 28.02.1991, C-234/89, Delimitis ./. Henniger Bräu, Slg. 1991, 935 ff. 45  Jaeger, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 3 Art.  15 VO 1/2003 Rn.  18. 46  Wright, 16 European L.J., 736, 741 (2010); Bekanntmachung über Zusammenarbeit 2004, Rn.  29, 30, 19. Dort wird direkt eine Verpflichtung zur Neutralität und Objektivität hervorgehoben; dazu bereits oben §  3 B. I. 2. 47  Bekanntmachung über Zusammenarbeit 2004, Rn.  19, 30; dazu bereits oben §  3 B. I. 2. 48  Bekanntmachung über Zusammenarbeit 2004, Rn.  29. 49  Dies wollte die Rechtbank van Koophandel te Dendermonde von der Kommission wissen, dazu Anhang zum Wettbewerbsbericht 2009, Rn.  499 f. 50  Dazu die Anfrage eines spanischen Gerichts, Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen, Anhang zum Wettbewerbsbericht 2009, Rn.  502 f., welches insbesondere wissen wollte, ob die Entscheidung es daran hindere, eine ausschließliche Liefervereinbarung als gegen Wettbewerbsregeln verstoßend zu qualifizieren. 51  Jaeger, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 3, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  18; Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  18. 52  Beispielsweise im Anhang zum Wettbewerbsbericht 2007, Rn.  465 ff.; dazu auch unten §  3 C. I. 2. 53  In einem Fall ging es um den Begriff des Unternehmens in dem schwedischen Wettbewerbsgesetz, Anhang zum Wettbewerbsbericht 2007, Rn.  461 ff.; dazu auch unten §  3 C. I. 2. 44 

§  3  Europäisches und deutsches Kartellrecht

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Neben der bereits erwähnten Neutralität und Objektivität werden die Stellungnahmen der Kommission eher vorsichtig formuliert, um auch zu verdeutlichen, dass der EuGH eventuell anderer Meinung sein könnte.54 In der Literatur wird die Möglichkeit, solche Stellungnahmen einzuholen, mit einem Vorabent­ scheidungsverfahren vor dem EuGH verglichen.55 Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass die Einschätzung der Kommission keinerlei Bindungswirkung entfaltet.56 Jedoch führt die Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit dazu, die Stellungnahmen der Kommission nicht völlig unberücksichtigt zu lassen.57 Zudem können Stellungnahmen eine Vorlagepflicht gemäß Art.  267 AEUV auslösen.58 Art.  267 Abs.  3 AEUV verpflichtet ein Gericht zur Vorlage, wenn sein Urteil nicht mehr durch Rechtsmittel des innerstaatlichen Rechts angegriffen werden kann und sich Fragen bezüglich des Unionsrechts ergeben. Unter den Begriff des Rechtsmittels fallen nicht außerordentliche Rechtsbehelfe wie die Wiederaufnahme des Verfahrens oder eine Verfassungsbeschwerde,59 so dass eine Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs, §  133 GVG, im Sinne des Art.  267 AEUV nicht mehr mit Mitteln des innerstaatlichen Rechts angegriffen werden kann. Der EuGH sieht eine solche Pflicht dann nicht als erforderlich an, wenn bereits eine gesicherte Rechtsprechung seinerseits vorliegt.60 In der Literatur wird ergänzt, dass eine solche Pflicht auch dann nicht bestehe, wenn unzweifelhaft sei, wie die gestellte Frage zu entscheiden sei, sogenannter acte clair.61 Wenn aber die Kommission eine Stellungnahme zu einer Rechtsfrage abgibt und das letztinstanzliche mitgliedstaatliche Gericht von dieser Ansicht abweichen will, so besteht keinesfalls ein acte clair. Vielmehr führt die Stellungnahme der Kommission in solch besonderen Fallkonstellationen zu einer Vorlagepflicht des letztinstanzlichen Gerichts, wenn die Stellungnahme nicht im Wi54  In einer Stellungnahme für ein spanisches Gericht betreffend die zeitliche Anwendbarkeit einer Gruppenfreistellungsverordnung, wies die Kommission explizit auf die Möglichkeit eines Vorabentscheidungsersuchens hin, 31. Wettbewerbsbericht 2001, S.  409 f.; auf die eher vorsichtige Formulierung von Stellungnahmen hinweisend auch Zuber, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Art.  15 VerfVO Rn.  18. 55  Wright, 16 European L.J. 736, 752 ff. (2010); Zuber, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Art.  15 VerfVO Rn.  17 spricht vom „kleinen Vorlageverfahren“. 56  Bekanntmachung über Zusammenarbeit 2004, Rn.  19, 29. 57  Sura, in: Langen/Bunte, Komm. zum dt. und europ. KartellR, Bd. 2, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  9. 58  Bornkamm, in: Langen/Bunte, Komm. zum dt. und europ. KartellR, Bd. 1, §  90a GWB Rn.  4. 59  Wegener, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art.  267 AEUV Rn.  27. 60  EuGH, 06.10.1982, Rs. 283/81, C.I.L.F.I.T., Slg. 1982, I-3415, Rn.  14. 61  Wegener, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art.  267 AEUV Rn.  33.

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

derspruch zu einer gesicherten Rechtsprechung des EuGH steht. Dies dürfte jedoch lediglich eine hypothetische Möglichkeit sein. 4.  Pflicht zum Tätigwerden im Sinne von Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 Die Kommission hat sich selbst dazu verpflichtet, die angeforderten Informationen innerhalb eines Monats zur Verfügung zu stellen.62 Vor dem Hintergrund, dass die Kommission keine eigenen Ermittlungen aufnehmen muss, ist dies ein realistischer Zeitrahmen. Er trägt zudem dazu bei, das nationale Verfahren nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Hinsichtlich der Stellungnahmen hat sich die Kommission verpflichtet, solche innerhalb von vier Monaten abzugeben.63 Fraglich ist aber, ob ausweislich des Wortlauts, „zu […] bitten“, eine Anfrage des Gerichts eine Pflicht der Kommission auslöst, diese zu beantworten. Eine solche Pflicht ist vor dem Hintergrund der loyalen Zusammenarbeit des Art.  4 Abs.  3 EUV grundsätzlich anzunehmen,64 jedoch kann ein Versagen der angefragten Informationen und Stellungnahmen aus zwingenden Gründen gerechtfertigt sein, „die mit der Notwendigkeit im Zusammenhang stehen, Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit und der Unabhängigkeit der Gemeinschaften zu verhindern“.65 Denkbar sind insbesondere Fälle, in denen einem Informanten Straffreiheit garantiert wird, der der Kommission bei der Aufdeckung eines Kartells behilflich ist, sogenannte Kronzeugenbehandlung.66 Auch hinsichtlich Anfragen nach Informationen, die sich nicht im Besitz der Kommission befinden, muss die Kommission vor dem Hintergrund des Wortlauts des Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 nicht tätig werden.67 Dies gilt auch für Stellungnahmen, für die die Kommission eigene Ermittlungen aufnehmen müsste.68 Dies ist konsequent, würde eine solche Pflicht doch zu einer Beeinträchti62 

Bekanntmachung über Zusammenarbeit 2004, Rn.  22. Bekanntmachung über Zusammenarbeit 2004, Rn.  28. 64  Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  10; Jaeger, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 3, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  7; Schwarze/Weitbrecht, Grundzüge des europäischen Kartellverfahrensrecht, §  11 Rn.  45; vgl. auch die Bekanntmachung über Zusammenarbeit 2004, Rn.  17, 21. 65  EuGH, 06.12.1990, Rs. C-2/88, Zwartfeld, Slg. 1990, I-4405. 66  Bekanntmachung über Zusammenarbeit 2004, Rn.  26; Brown/Hardimanm, ECLR 2004, 299, 303; Jaeger, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 3, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  14; Zuber, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Art.  15 VerfVO Rn.  14. 67  Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 macht die Einschränkung: „[…] Informationen, die sich in ihrem Besitz befinden […]“. 68  Sura, in: Langen/Bunte, Komm. zum dt. und europ. KartellR, Bd. 2, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  7; Schwarze/Weitbrecht, Grundzüge des europäischen Kartellverfahrensrechts, §  11 Rn.  46. 63 

§  3  Europäisches und deutsches Kartellrecht

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gung der Funktionsfähigkeit der Gemeinschaft führen, da die Kommission erhebliche Ressourcen für die Ermittlungen aufwenden müsste. Die Wahrung des Berufsgeheimnisses gemäß Art.  339 AEUV stellt ebenfalls eine Schranke der Informationsübermittlung dar.69 Nur wenn das anfragende nationale Gericht den Schutz der Geschäftsgeheimnisse garantiert, wird die Kommission sie übermitteln.70 Wichtig ist hierbei insbesondere der Hinweis der Kommission an das nationale Gericht, welche Teile der Informationen unter Art.  339 AEUV fallen, so dass dieses entsprechende Vorkehrungen treffen kann. 5.  Stellungnahmen gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 Während Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 es den mitgliedstaatlichen Gerichten ermöglicht, eine Anfrage bei der Kommission zu stellen, regelt Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 die Möglichkeit der nationalen Wettbewerbsbehörden71 sowie der Kommission, von sich aus, sua sponte, Stellungnahmen bei den nationalen Gerichten abzugeben.72 Dabei trifft die Kommission erneut die Pflicht, in ihren Stellungnahmen nicht parteiisch zu sein.73 Mit der Beschränkung auf Stellungnahmen verdeutlicht der Verordnungstext, dass die bloße Übermittlung von Informationen ausgeschlossen ist. Dies wird insbesondere im Vergleich mit Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 deutlich, der ausdrücklich von Informationen und Stellungnahmen spricht. Vielmehr „beschränkt die Kommission ihre Stellungnahmen auf eine wirtschaftliche und rechtliche Analyse des Sachverhalts, der dem vor dem einzelstaatlichen Gericht anhängigen Fall zugrunde liegt.“74 Jedoch ist nicht auszuschließen, dass in einer wirtschaftlichen Stellungnahme, etwa zum relevanten Markt, auch Informationen verwendet werden, die bisher noch nicht Gegen69 

Dazu Bekanntmachung über Zusammenarbeit 2004, Rn.  23. Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  14; dazu auch Grimm, Die Rechtsfigur des Amicus curiae im Kartellzivilprozess, S.  245 ff. 71  Für das deutsche Recht: §  90 GWB. 72  Diese Art der Beteiligung sah die Bekanntmachung über die Zusammenarbeit 1993 – wie bereits gesehen – nicht vor. 73  In der Praxis wird sich eine gewisse Parteilichkeit nicht immer vermeiden lassen, da die Stellungnahme oftmals eine der beiden Parteien benachteiligen wird, dennoch muss zumindest der Schein der Parteilichkeit vermieden werden, Zuber, in: Loewenheim/Meessen/ Riesenkampff, Kartellrecht, Art.  15 VerfVO Rn.  20. Dies kann etwa durch die in der Stellungnahme verwandte Sprache erreicht werden. 74  Bekanntmachung über Zusammenarbeit 2004, Rn.  32. Darauf hinweisend auch Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003, Rn.  30 und Jaeger, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 3, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  26 die sodann schlussfolgern, jegliche Art der Tatsachenübermittlung sei ausgeschlossen. 70 

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

stand des Verfahrens waren. Denn eine wirtschaftliche Analyse bezieht sich zum einen oftmals auf weitere Anknüpfungstatsachen.75 Zum anderen ist in diesem Zusammenhang auch auf die bereits angesprochenen unterschiedlichen Sprachfassungen des Art.  15 VO 1/2003 zurückzukommen.76 Diese sprechen dafür, den Begriff der Stellungnahme in Abs.  3 weiter auszulegen, als in Abs.  1 und auch die Beibringung von Tatsachen als umfasst anzusehen.77 Die bisherige Praxis78 hat die große Bandbreite unterschiedlicher Bereiche, in denen solche Stellungnahmen abgegeben wurden, verdeutlicht. Dabei ist es sicherlich kein Zufall,79 dass sechs solche Stellungnahmen im Rahmen von Freistellungsentscheidungen erfolgten, die ursprünglich in der alleinigen Kom75 

Gerade im Kartellrecht kann eine wirtschaftliche Analyse schnell zu einem konkreten Tatsachenvortrag werden, beispielsweise wenn Marktanteile bestimmt werden. Denkbar wäre ein Verfahren, in dem sich die Parteien über das Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Markt für Frischobst streiten und hierzu Zahlen bezüglich der jeweiligen Marktanteile auf dem Frischobstmarkt vorlegen. Die Kommission könnte dann erkennen, dass die Parteien hier von einem falschen sachlichen Marktbegriff ausgehen und nicht etwa der Markt für Frischobst, sondern nur der Markt für Bananen betroffen ist, mit der Folge, dass ein anderer sachlicher Markt vorliegt, vgl. zu einem ähnlichen Sachverhalt EuGH 05.04.1976, Rs. 27/76 R, United Brands Company, Slg. 1976, 425. Anschließend könnte die Kommission vortragen, welche Marktanteile welches Unternehmen auf eben diesem Bananenmarkt hat, während sich dies aus dem Vortrag der Parteien nicht ergeben würde, da sich deren Zahlen auf den Frischobstmarkt im Allgemeinen beziehen würden. In einem solchen Fall würde die Kommission neue Tatsachen im Rahmen einer wirtschaftlichen Analyse des Sachverhalts, der dem vor dem einzelstaatlichen Gericht anhängigen Fall zugrunde liegt, einbringen. 76  Dazu oben §  3 B. I. 3. 77  Becker, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, Bd. 2, Art.  15 VO 1/2003, Rn.  79. Dies zeigt sich etwa, wenn die beiden Begriffe in der englischen Sprachfassung, opinion, Abs.  1 und obervation, Abs.  3 verglichen werden. Eine opinion ist ein rechtstechnischer Begriff. Bei Garner, Black’s Law Dictionary, S.  1266 findet sich die Definition: „A formal expression of judgment or advice based on an expert’s special knowledge; esp., a document, usu. prepared at a client’s request, containing a lawyer’s understanding of the law that applies to a particular case.“; ähnlich auch, Stevenson, Oxford Dictionary of English, „Opinion“; auf die anderen möglichen bei Garner, a. a. O. genannten Bedeutungen von opinion, nämlich als Entscheidungsgründe des Gerichts und Meinungsbekundung eines Zeugen wird hier nicht eingegangen, da sich hierauf Art.  15 VO 1/2003 nicht bezieht. Eine observation ist hingegen kein rechtstechnischer Begriff – daher auch nicht bei Garner, Black’s Law Dictionary verzeichnet – und wird etwa definiert als „a statement based on something one has seen, heard, or noticed“, Stevenson, Oxford Dictionary of English. Die Definition dieser Begriffe zeigt, dass eine opinion enger als eine oberservation ist. Erstere ist quasi ein Rechtsgutachten, während letztere nur eine Aussage bzw. eben Stellungnahme zu einem Fall ist und auch Tatsachen umfassen kann. 78  Siehe dazu auch (abgerufen am 21.10.2016). 79  Darauf hinweisend auch Wright, 16 European L.J. 736, 756 (2010).

§  3  Europäisches und deutsches Kartellrecht

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petenz der Kommission standen.80 Allerdings hat die Kommission auch wiederholt dazu Stellung bezogen, inwiefern kartellrechtliche Strafen von der Steuer absetzbar sind.81 Weitere Themenfelder waren, inwiefern Informationen von In einem Fall vor der Cour d’Appel de Paris, 07.06.2007, Nr.  2005/17909, Garage ­ rémeau v. Daimler Chrysler, legte die Kommission den Begriff quantiativer SelektivverG trieb der Gruppenfreistellungsordnung für den Kraftfahrzeugsektor VO Nr.  1400/2000 aus, dazu: Stellungnahme der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003, 02.11.2006; Anhang zum Wettbewerbsbericht 2006, Rn.  333; Wright, 16 European L.J. 736, 755 (2010); Van Bael, Due Process in EU Competition Proceedings, S.  391; Lenoir/Roskis/Doremus, e-competitions Nr.  14966 (2007). In einem weiteren Fall vor der Cour d’Appel de Paris, 29.10.2009, 31.01.2013, Nr.  2008/23812, Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS, äußerte sich die Kommission zur Frage, ob ein allgemeines Verbot von Onlineverkäufen von der Gruppenfreistellungsverordnung gedeckt ist, dazu: Stellungnahme der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003, 11.06.2009; Anhang zum Wettbewerbsbericht 2009, Rn.  506 ff.; Wright, 16 European L.J. 736, 755 f. (2010); Ferchiche, e-competions Nr.  29700. In einem Fall vor dem irischen High Court, 2003 Nr.  7764P, Beef Industry Development Society Ltd (BIDS), erfolgten Ausführungen der Kommission zu Art.  101 Abs.  3 AEUV, dazu: Stellungnahme der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003, 30.03.2010; Anhang zum Wettbewerbsbericht 2010, Rn.  404 ff.; Wright, 16 European L.J., 736, 756 (2010). In einem zurzeit noch anhängigen Fall vor der Cour de cassation, French MIF, war dies ebenfalls zu beobachten, Anhang zum Wettbewerbsbericht 2012, S.  16. Die Abkürzung MIF bezieht sich ausweislich weiterer Informationen der Kommission auf multilaterally agreed interchange fees die im Zusammenhang mit der kartellrechtlichen Untersuchung von Kreditkartengebühren stehen, dazu etwa Zusammenfassung des Beschlusses der Kommission vom 26. Februar 2014, ABl. 2014, C 147/6 ff. In einem Fall vor dem obersten spanischen Gerichtshof, der Preisabsprachen zwischen Versicherungsunternehmen betreffend eine spezielle Versicherung für Mängel an einem Bauwerk betraf, zum Hintergrund der Notwendigkeit der Versicherung etwa Mannsdorfer/Navas Navarro, Spanisches Haftungs- und Versicherungsrecht, S.  113, zum kartellrechtlichen Hintergrund näher Marcos, 18 Conn. Ins. L.J. 509 (2012), nahm die Kommission insgesamt bisher fünfmal Stellung, insbesondere zu der Frage, wie eine Gruppenfreistellungsverordnung auszulegen sei, dazu etwa Anhang zum Wettbewerbsbericht 2014, S.  29. In einem Fall vor der Cour de cassation, der insbesondere die Frage zum Gegenstand hatte, inwiefern eine Ausnahme der Anwendbarkeit der europäischen Wettbewerbsvorschriften betreffend den Obst- und Gemüsemarkt bestünde, nahm die Kommission ebenfalls Stellung und führte insbesondere aus, „das zur Zeit des verhandelten Sachverhalts die Genehmigung einer allgemeinen Ausnahme von den EU-Wettbewerbsvorschriften (zum Beispiel Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung Nr.  26/1962 des Rates) in ihre ausschließliche Zuständigkeit gefallen war“, Anhang zum Wettbewerbsbericht 2015, S.  34. 81  Zwei Stellungnahmen der Kommission ergingen in dem Fall X BV. Zu dem Fall, der auch das EuGH Urteil, vom 11.06.2009, Rs. C-429/07, Inspecteur van de Belastingdienst v. X BV, Slg. 2009, I-4833 betraf, bereits oben §  3 B. I. 1. und ausführlich unten §  8 B. II. 2. Die eine Stellungnahme erfolgte in dem Verfahren Gerechtshof Amsterdam, 11.03.2010, 06/00252, Inspecteur van de Belastingdienst v. X BV, dazu: Stellungnahme der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003, 24.09.2009; Anhang zum Wettbewerbsbericht 2009, Rn.  153 f. Die andere Stellungnahme erfolgte in dem Verfahren Hoge Raad, 12.08.2011, 10/01358, BNB 2011, 247, X BV, dazu: Stellungnahme der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 80 

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

Kronzeugen Kartellgeschädigten im Rahmen von Schadensersatzprozessen zugänglich gemacht werden können,82 wann sich eine Maßnahme auf den mitgliedstaatlichen Handel auswirkt83 und inwieweit eine Rechtsnachfolgerin für wettbewerbswidriges Verhalten der Rechtsvorgängerin zur Verantwortung gezogen werden kann.84 Eine ähnliche Fallgestaltung im Rahmen der Rechtsnachfolge führte auch zu der ersten Stellungnahme der Kommission vor dem Bundesgerichtshof.85 Eingegangen wurde zudem wiederholt auf das Vorliegen einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung.86 Schließlich nahm die Kommission auch zu den Verjährungsfristen von Schadensersatzklagen87 und der Frage einer nationalen Vorschrift betreffend eine Geldbußenobergrenze Stellung.88 VO 1/2003, 16.12.2010; Anhang zum Wettbewerbsbericht 2010, Rn.  409. Eine weitere Stellungnahme erfolgte in dem Verfahren Grondwettelijk Hof, 20.12.2012, Arrest Nr.  161/2012, Tessenderlo Chemie v. Belgium, dazu: Stellungnahme der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003, 08.03.2012; Anhang zum Wettbewerbsbericht 2012, S.  16. 82  Die Stellungnahme erfolgte in dem Verfahren High Court, 04.04.2012, National Grid v. ABB Ltd. et. al., [2012] EWHC 869, Stellungnahme der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003, 03.11.2011, dazu auch: Anhang zum Wettbewerbsbericht 2011, S.  13, 18. 83  Die Stellungnahme erfolgte in dem Verfahren Cour de cassation, 31.01.2012, Arrêt nº 140, Orange Caraïbe, Stellungnahme der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003, 13.10.2011, dazu auch: Anhang zum Wettbewerbsbericht 2011, S.  18. 84  Die Stellungnahme erfolgte in dem Verfahren Najvyšší súd Slovenskej Republiky, Železničná spoločnosť Cargo Slovakia, a.s., Stellungnahme der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003, 25.06.2010, dazu auch: Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen, Anhang zum Wettbewerbsbericht 2010, Rn.  406 ff. 85  Die Stellungnahme erfolgte in dem Verfahren BGH, 16.12.2014, KRB 47/13, auf dieses Verfahren hinweisend Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  1a, in welchem der Bundesgerichtshof bei Rn.  18 auf die Stellungnahme der Kommission eingeht und hervorhebt, dass die Kommission auf den allgemeinen Grundsatz der effektiven Durchsetzung des Wettbewerbsrechts Bezug nimmt. Allerdings sei bei einer Auslegung von Strafvorschriften einschränkend das Gesetzlichkeitsprinzip des Art.  103 Abs.  2 GG zu berücksichtigen, wie sich aus Rn.  19 f. des Urteils ergibt. Hintergrund des Urteils und der Stellungnahme der Kommission ist die bis zur Einführung des §  30 Abs.  2a OWiG im Juni 2013 bestehende Problematik, eine Geldbuße gegen eine juristische Person zu verhängen, die die Rechtsnachfolgerin der juristischen Person ist, deren beispielsweise vertretungsberechtigtes Organ i. S. d. §  30 Abs.  1 Nr.  1 OWiG eine Kartellabsprache traf. 86  Die betraf etwa die bereits erwähnten Fälle French MIF und Beef Industry Development Society Ltd (BIDS). Ausweislich der Kommissionswebseite wurde diese Frage auch im Rahmen von sechs ähnlich gelagerte Fällen vor spanischen Gerichten und einem weiteren Fall vor einem französischem Gericht, der Fragen der Anwendung kartellrechtlicher Vorschriften auf Vorgänge im Rahmen der Landwirtschaft betraf, erörtert; dazu auch Anhang zum Wettbewerbsbericht 2012, S.  16. 87  Dies geschah in einem britischen Fall, dazu Anhang zum Wettbewerbsbericht 2014, S.  29. 88  Dies betraf den obersten Spanischen Gerichtshof, dazu Anhang zum Wettbewerbsbericht 2015, S.  34.

§  3  Europäisches und deutsches Kartellrecht

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Insgesamt bezog die Kommission zu einer Vielzahl unterschiedlicher Sachverhalte und Fragen Stellung.89 Dabei ist teilweise die Tendenz zu beobachten, zu aktuellen Themen Stellung zu nehmen.90 Amicus-Stellungnahmen der Kommission sind daher auch Gradmesser der aktuellen Kommissionsagenda beziehungsweise Spiegel aktueller kartellrechtlicher Probleme. Im Hinblick auf die Bindungswirkung gilt das zu Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 Gesagte.91 Aufgrund der Initiativstellung der Kommission hat sie es in Fällen des Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 selbst in der Hand, eine Vorlagepflicht eines mitgliedstaatlichen Gerichts auszulösen. Es sind Fallgestaltungen denkbar, in denen der Kommission die gefestigte Rechtsprechung eines mitgliedstaatlichen Obergerichts missfällt. Mithilfe der sua sponte-Stellungnahme kann die Kommission unter bestimmten Voraussetzungen diese mitgliedstaatliche Rechtsprechung aus eigener Kraft der Überprüfung durch den EuGH zuführen.92 In der Praxis haben bisher soweit ersichtlich drei unaufgeforderte amicus-Stellungnahmen der Kommission mit zu einem Vorabentscheidungsersuchen durch ein mitgliedstaatliches Gericht an den EuGH beigetragen.93 Der Vollständigkeit halber sei noch auf das Verfahren Supreme Court [UK], Deutsche Bahn AG and others v Morgan Advanced Materials Plc (formerly Morgan Crucible Co Plc), 09.04.2014, [2014] UKSC 24, hingewiesen, indem die Kommission auf den Umfang der Bindungswirkung einer Kommissionsentscheidung einging, dazu Stellungnahme vom 18.02.2014 sowie ein Verfahren, welches auf der oben genannten Kommissionswebseite als Spanish Fines bezeichnet wird und zu dem die Kommission am 21.04.2015 Stellung bezog. 90  Etwa die Thematik der bezweckten Wettbewerbsbeschränkungen zu der der EuGH in letzter Zeit Stellung bezog, EuGH, 14.03.2013, C-32/11, Allianz Hungária Biztosító Zrt., ECLI:EU:C:2013:160, oder die Problematik der Rechtsnachfolge, die den Bundesgerichtshof und den deutschen Gesetzgeber beschäftigte, dazu BGH, 10.08.2011, KRB 55/10, BGHSt 57, 193; BGH, 16.12.2014, KRB 47/13 und BGBl. 2013, I, S.  1740 f. zur Einfügung von §  30 Abs.  2a GWB. 91  Oben §  3 B. I. 3. 92  Ein acte claire würde dann nicht mehr vorliegen, dazu oben §  3 B. I. 3. Aber ein mitgliedstaatliches Gericht könnte sich darauf berufen, dass die Ansicht der Kommission mit der gesicherten Rechtsprechung des EuGH nicht vereinbar sei und daher keine Vorlagepflicht bestehe. Dies scheint der Bundesgerichtshof in BGH 16.12.2014, KRB 47/13, Rn.  18 ff. zu tun, wenn er zunächst darauf hinweist, die Kommission betone das Erfordernis effektiver Sanktionen, anschließend aber auch unter Zuhilfenahme der Rechtsprechung des EuGH und der Geltung der Grundrechtecharta auf das Gesetzlichkeitsprinzip nach Art.  103 Abs.  2 GG hinweist. 93  Das eine Vorabentscheidungsersuchen erging in der Rechtsache, EuGH, 13.10.2011, Rs. C-439/09, Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS, Slg. 2011, I-9419. Dem Vorabentscheidungsersuchen vorgelagert war eine Stellungnahme der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 in dem Fall, Cour d’Appel de Paris, 29.10.2009, Nr.  2008/23812, Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS. Die Kommission hat in ihrer Stellungnahme das Gericht auf die Möglichkeit eines Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH hingewiesen, dazu Stellungnahme der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003, 11.06.2009, S.  9 f. Es ist sicherlich kein Zufall, dass dann auch ein Vorabentscheidungsersuchen erfolgte. Auch in dem Verfahren OHG 89 

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

II.  Nationale Ebene – deutsches Recht Art.  15 Abs.  3 S.  1 VO 1/2003 regelt verbindlich ein Beteiligungsrecht der natio­ nalen Wettbewerbsbehörden an mitgliedstaatlichen Verfahren, in denen europäisches Wettbewerbsrecht zur Anwendung gelangen soll. In einigen Mitgliedstaaten wurde diese Vorschrift präzisiert. Fokus der folgenden Ausführungen wird §  90 GWB sein, der ein solches Recht für das Bundeskartellamt bereits seit 1958 normiert.94 §  90 Abs.  1 S.  1 GWB verpflichtet die Gerichte, das Bundeskartellamt über alle Rechtsstreitigkeiten im Sinne des §  87 Abs.  1 GWB95 zu unterrichten.96 Diese Informationspflicht ist nicht näher ausgestaltet. Als ausreichend ist aber die Übersendung der Klageschrift anzusehen.97 Dem Bundeskartellamt obliegt es, die Sache bei Nichtvorliegen einer länderübergreifenden Bedeutung an die Landesbehörden weiterzuleiten.98 §  90 Abs.  1 S.  2 GWB gibt dem Bundeskartellamt die Möglichkeit, nähere Informationen zu dem Verfahren anzufragen wie etwa Schriftsätze, Protokolle oder Verfügungen.99 §  90 Abs.  2 GWB regelt die Befugnisse des Bundeskartellamts im Falle einer aktiven Prozessbeteiligung. Hier kommt dem Bundeskartellamt ein relativ großes Maß an Kompetenzen zu Gute.100 Nicht in §  90 GWB vorgesehen ist eine Anfrage des Gerichts an 16 Ok 4/11 – Spediteuers-Sammelladungskonferenz, Oberster Gerichtshof, Wien, hat die Kommission eine Stellungnahme abgegeben, Stellungnahme der Europäischen Kommission, 12.09.2011. Am 05.12.2011 entschied der Oberste Gerichtshof, die Sache dem EuGH vorzulegen, dazu EuGH, 18.06.2013, Rs. C-681/11, Bundeswettbewerbsbehörde ./. Schenker u. a., ECLI:EU:C:2013:404. Ein Vorabentscheidungsersuchen erfolgte auch in dem Verfahren vor der Cour de cassation betreffend eine Ausnahme der Anwendbarkeit der europäischen Wettbewerbsvorschriften in Bezug auf den Obst- und Gemüsemarkt, dazu oben § 3 Fn.  80 a. E. 94  Dazu bereits oben §  3 B. I. 1. 95  Dies sind hauptsächlich bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die die Anwendungs der Art.  101 f. AEUV betreffen. 96  §  90 Abs.  1 S.  3 GWB erweitert diese Pflicht; zum Anwendungsbereich der Vorschrift ausführlich Schmidt, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Bd. 2, §  90 Rn.  2 ff.; Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 2, §  90 GWB Rn.  2; vgl. auch Grimm, Die Rechtsfigur des Amicus curiae im Kartellzivilprozess, S.  144 f. Fokus der folgenden Ausführungen werden jedoch Zivilprozesse sein. 97  Meyer-Lindemann, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 6, §  90 GWB Rn.  10. 98  Meyer-Lindemann, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 6, §  90 GWB Rn.  18. 99  Hat das Bundeskartellamt entschieden, dass das Verfahren keine länderübergreifende Auswirkung hat, steht diese Befugnis den Landesbehörden zu, §  90 Abs.  3 GWB. 100  §  90 Abs.  2 GWB ermächtigt den Vertreter des Bundeskartellamts, schriftliche Erklärungen abzugeben, auf Tatsachen und Beweismittel hinzuweisen sowie Fragen an Parteien, Zeugen und Sachverständige zu richten. Ausführlich hierzu §§  13 A., B. II. 2.

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das Bundeskartellamt. Dennoch scheinen solche Anfragen in der Praxis teils vorzukommen, insbesondere in den Tatsacheninstanzen.101 Inhaltlich trägt das Bundeskartellamt zumeist Rechtsansichten vor.102 In einem Verfahren erläuterte das Amt beispielsweise die Funktionen des PETCYCLE-Systemvertrags.103 Allerdings finden sich auch tatsächliche Elemente in Stellungnahmen des Bundeskartellamts.104 Das Bundeskartellamt ist dem Bundesgerichtshof oftmals bei der Folgenabwägung seiner Entscheidungen behilflich.105 Einer solchen liegen jedoch regelmäßig tatsächliche Aspekte zu Grunde.106 Im deutschen Recht ist eine Möglichkeit vergleichbar des Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 für das Bundeskartellamt nicht vorgesehen. Insofern erfolgt die Beteiligung des Bundeskartellamts – wie gerade gesehen – fast immer aus eigener Initiative. Dies verdeutlicht bereits eine Ähnlichkeit zum typischen amicus, der sich ebenfalls zumeist aus eigener Initiative beteiligt. Auch der Inhalt der Stellungnahmen des Bundeskartellamts, die vornehmliche Präsentation rechtlicher Argumente, ist im Rahmen des U.S.-amerikanischen Rechts bekannt, wenngleich dort oftmals auch tatsächliche Begebenheiten geschildert werden. Anders als bei Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 wird ein bloßes Übermitteln von Informationen so gut wie nicht vorkommen, wenngleich ein solches – wie gezeigt107 – mit der historischen Funktion einer amicus-Beteiligung vereinbar ist. Abschließend lässt sich sagen, dass mit §  90 GWB das Bundeskartellamt beziehungsweise die Landeskartellbehörden eine Stellung als amicus im Prozess innehaben.108 101  Topel, GRUR 2000, 985, 988 führt aus, dass sie als Vertreterin des Bundeskartellamts in Tatsacheninstanzen nur in Ausnahmefällen und auf Bitte des Gerichts hin tätig wird. Ein veröffentlichtes Beispiel für eine Anfrage beim Bundeskartellamt findet sich in OLG Frankfurt, 02.08.1962, 6 U 65/92, WuW/E OLG 491. Dort fragte das Oberlandesgericht an, inwiefern die Preisbindung im Bereich des Spirituosenmarktes nicht mehr lückenlos sei und ein „grauer Markt“ bestehe, aus jüngerer Zeit etwa LG Frankfurt/M, 24.06.2015, 2-06 O 458/14, MMR 2015, 582. 102  Bornkamm, in: Langen/Bunte, Komm zum dt. und europ. KartellR, Bd. 1, §  90 Rn.  11. 103  BGH, 06.03.2007, KZR 6/06, WuW/E DE-R 1954, 1957, Rn.  24; der BGH nimmt auf die Ausführungen des Amts direkt Bezug und bezeichnet sie als zutreffend. Der PETCYCLE-Systemvertrag regelt ein Stoffkreislaufsystem für Kunststoffeinwegflaschen, BGH, a. a. O., Rn.  2. 104  Dies zeigt sich auch an der Diskussion darüber, inwiefern solche Tatsachenvorträge vom Gericht verwertet werden können, siehe etwa, Brose/Helmcke, WuW 1981, 845, 848; Meyer-Lindemann, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 6, §  90 GWB Rn.  2. 105  Hirsch, 50 Jahre Bundeskartellamt – die Sicht der Gerichte, S.  4. 106  Dies betonend beispielsweise Seiter, in: Grunsky u. a., Festschrift für Baur, S.  581, im Einzelnen unten §  11 A. II. 107  Dazu oben §  3 B. I. 2. 108  In der Literatur wird diese Terminologie von Bornkamm, in: 50 Jahre Bundeskartellamt, S.  36; Hirsch, 50 Jahre Bundeskartellamt – die Sicht der Gerichte, S.  1 aufgegriffen. Im

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

C.  Funktion der amicus-Tätigkeit Nachdem der vorstehende Abschnitt verdeutlicht hat, anhand welcher Regelungen und mit welchen Mitteln sich die Kommission und nationalen Wettbewerbsbehörden in kartellrechtlichen Verfahren betätigen, ist nunmehr die Funktion der amicus-Tätigkeit herauszuarbeiten. Bereits angeklungen ist das Anliegen einer einheitlichen, kohärenten Rechtsanwendung. Dieses und andere Belange gilt es genauer zu untersuchen. Dabei ist zwischen europäischer und nationaler Ebene zu differenzieren.

I.  Europäische Ebene 1.  Kohärente Rechtsanwendung Art.  15 VO 1/2003 kann zum einen als Instrument zur Ermöglichung einer kohärenten Rechtsanwendung gesehen werden.109 Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003 setzt für Stellungnahmen der Kommission aus eigenem Antrieb deren Dienlichkeit für eine kohärente Rechtsanwendung voraus. Somit ist eine der Funktionen des Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003 bereits in seinem Wortlaut angelegt. Auch die nach Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 gegebene Möglichkeit der Gerichte, Informationen und Stellungnahmen einzuholen, kann der einheitlichen Rechtsanwendung dienen. Durch Darlegung der Rechtsauffassung der Kommission besteht für die mitgliedstaatlichen Gerichte kein Zweifel mehr, wie eine einheitliche europäische Auslegung der Art.  101, 102 AEUV im Sinne der Kommission vorzunehmen ist. Aufgrund der Möglichkeit selbst die Initiative zu ergreifen, muss die Kommission zudem nicht mehr auf eine Anfrage der Gerichte warten. Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 stellt sich dabei als sinnvolle Ergänzung zu einem Vorabentscheidungsverfahrens nach Art.  267 AEUV dar. Hierdurch kann die Sachkunde der im Bereich des Kartellrechts sehr spezialisierten Europäischen Kommission gezielt genutzt beziehungsweise es können unkompliziert Informationen etwa zum Verfahrensstand abgefragt werden. Im Hinblick auf die oben genannten vier Monate,110 die die Kommission für die Erstellung einer Stellungnahme einplant, besteht zudem ein erheblicher Zeitvorteil gegenüber den durchschnittHauptgutachten der Monopolkommission 2008/2009 ist bei Rn.  377 ebenfalls von einer amicus curiae Tätigkeit des Bundeskartellamts die Rede. 109  Erwgr. 21 VO 1/2003. Dies betonen auch Zuber, in: Loewenheim/Messeen/Riesenkampff, Kartellrecht, Art.  15 VerfVO Rn.  1; Jaeger, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 3, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  1, 25; dazu auch Grimm, Die Rechtsfigur des Amicus curiae im Kartellzivilprozess, S.  180 ff. 110  Oben §  3 B. I. 4.

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lichen 15 Monaten,111 die ein Vorabentscheidungsverfahren im Jahre 2014 in Anspruch nahm. Im Zuge der Aufarbeitung der Vitaminkartelle durch deutsche Gerichte112 ist schließlich die tatsächliche Notwendigkeit für die Sicherstellung einer kohärenten Rechtsanwendung verdeutlicht worden.113 Die bestehende Praxis von Stellungnahmen der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 hat gezeigt, dass die Kommission besonders auf eine kohärente Anwendung der Freistellungsvorschrift des Art.  101 Abs.  3 AEUV Wert legt.114 Fraglich ist, ob damit den Zielen der VO 1/2003 gedient ist. Mit der VO 1/2003 sollte zum einen eine effektivere Anwendung kartellrechtlicher Regelungen durch die Mitgliedstaaten erreicht und zum anderen die Kommission entlastet werden, so dass diese sich auf schwerwiegende Verstöße konzentrieren kann.115 Diese Ziele werden jedoch nicht durch eine nachträgliche Überprüfung der Kommission, ob eine mitgliedstaatliche Kartellbehörde bei ihrer Entscheidung Art.  101 Abs.  3 AEUV nach den Vorstellungen der Kommission ausgelegt hat, unterminiert. Zum einen ermöglicht eine solch nachträgliche Überprüfung eine effektivere Anwendung als eine vorausgehende Freistellungsentscheidung, da diese nicht extra abgewartet werden muss. Zum anderen wird die Arbeits­ belastung der Kommission auch reduziert, da es in der Regel einfacher ist, eine Entscheidung zu prüfen als eine Entscheidung zu treffen. 2.  Unterstützung der Gerichte Nach Meinung der Kommission dient Art.  15 VO 1/2003 auch dazu, den einzelstaatlichen Gerichten die Anwendung der EU-Wettbewerbsregeln zu erleichtern.116 Die Kommission sieht Art.  15 VO 1/2003 vor allem als Instrument, um den Gerichten eine Hilfestellung zu gewähren. In der Literatur wird diese Meinung gelegentlich aufgegriffen: „The assistance provided by the Commission under Article 15 of Regulation 1/2003 is also intended exclusively to help the judge“.117 Zuzustimmen ist der Sichtweise im Rahmen des Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 können die Informationen und Stellungnahmen dazu dienen, dem Ge111 

EuGH, Rechtsprechungsstatistiken 2014, Pressemitteilung Nr.  27/15. Dazu Bulst, NJW 2004, 2201 ff. 113  Bulst, a. a. O., schildert eingehend, wie sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht bei der Beurteilung einer Schadensersatzklage wegen eines behaupteten Kartellrechtsverstoßes seiner Auffassung nach die Rechtsprechung des EuGH und die Anforderungen von Art.  81 EG a. F. nicht berücksichtigten. 114  Siehe zu der Praxis, Stellungnahmen gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 in Fällen, in denen Art.  101 Abs.  3 AEUV zur Anwendung kommt, abzugeben, oben §  3 B. I. 5. 115  Vgl. Erwgr. 3 VO 1/2003. 116  Bekanntmachung über Zusammenarbeit 2004, Rn.  17. 117  Faull/Nikpay, The EU Law of Competition, S.  176 (Hervorhebung durch Verfasser). 112 

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

richt zu helfen. Beispielsweise informiert die Kommission die mitgliedstaatlichen Gerichte über die Rechtsprechung der Unionsgerichte.118 Dies erinnert an die frühe U.S.-amerikanische amicus-Praxis.119 Auch finden sich Stellung­ nahmen, in denen unbestimmte Rechtsbegriffe ausgelegt werden120 oder eine Bestimmung des relevanten Marktes erfolgt.121 Insbesondere Gerichte von ­Mitgliedstaaten, die im Zuge der Osterweiterung der Europäischen Union beigetreten sind, haben oftmals noch keine Erfahrung in europarechtlichen Kar­ tellstreitigkeiten und können daher von der Hilfe der Kommission profitieren.122 Die eben angeführte Exklusivität der Hilfsfunktion123 muss jedoch bezweifelt werden. Bereits Informationen im Sinn von Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 können dazu dienen, festzustellen, ob eine Pflicht zur Aussetzung des Verfahrens nach Art.  16 VO 1/2003 besteht. In diesem Zusammenhang wird das Gericht nicht bei der Rechtsfindung von der Kommission unterstützt. Vielmehr ermöglichen die Informationen der Kommission es dem Gericht, in diesem Fall seinen Pflichten aus der VO 1/2003 nachzukommen. In Bezug auf Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 ist erst recht fraglich, inwiefern hier eine Unterstützung des Gerichts erfolgt. In diesen Fällen hat sich das Gericht entschieden, nicht die Kommission um Einreichung einer Stellungnahme oder Übermittlung von Informationen zu bitten. Das Gericht geht vielmehr davon aus, den Fall selbstständig zu lösen. Ergreift die Kommission die Initiative und gibt eine Stellungnahme ab, so dient diese weniger der Unterstützung des Gerichts als vielmehr der Verfolgung der Interessen der Kommission. 118  So die Stellungnahme der Kommission vom 17.12.2009 an ein belgisches Gericht, in der die Kommission das Gericht über die Rechtsprechung der Unionsgerichte hinsichtlich der Frage der marktbeherrschenden Stellung informierte, dazu Anhang zum Wettbewerbsbericht 2010, Rn.  402. 119  Oben §  2 A. II. 1. 120  So fragte ein schwedisches Gericht an, ob der Begriff des Unternehmens im Sinne des Art.  101 AEUV auch Kommunen umfasse, dazu: Anhang zum Wettbewerbsbericht 2007, Rn.  461; Commission staff working paper accompanying the Communication from the Commission to the European Parliament and Council – Report on the functioning of Regulation 1/2003, Rn.  280. 121  Ein belgisches Gericht wollte beispielsweise die Definition des relevanten Marktes im Zuge von Vertriebsvereinbarungen bei Smartphones wissen, dazu Anhang zum Wettbewerbsbericht 2010, Rn.  402. Ebenfalls um die Definition des relevanten Marktes ging es in einer Stellungnahme an ein belgisches Gericht hinsichtlich einer Freistellung gemäß VO Nr.  2790/1999, Anhang zum Wettbewerbsbericht 2009, Rn.  499 f. Mit der Definition des relevanten Markts befasst sich auch die Stellungnahme an ein litauisches Gericht, dazu: Wettbewerbsbericht 2005, Rn.  235 f. 122  Im Zeitraum von 2004–2010 finden sich zwei Anfragen litauischer Gerichte an die Kommission, dazu: Wettbewerbsbericht 2005, Rn.  235 f.; Anhang zum Wettbewerbsbericht 2009, Rn.  501. 123  Dazu das Zitat von Faull/Nikpay, The EC Law of Competition, S.  174 oben in diesem Abschnitt.

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3.  Durchsetzung eines freien Wettbewerbs Wie aber könnte sich ein solch vorstehend erwähntes eigenes Interesse der Kommission konkret äußern? In der Literatur findet sich die Aussage, die Kommission verfolge mit ihren Stellungnahmen keine übergeordneten wettbewerbspolitischen Ziele.124 Der Begriff der übergeordneten wettbewerbspolitischen Ziele bedarf zunächst der Klärung. Hilfreich könnte es sein, sich zu diesem Zweck §  90 GWB, insbesondere Abs.  2, näher anzuschauen, der für das Bundeskartellamt die Möglichkeit eröffnet, als amicus tätig zu werden. In der Literatur herrscht Einigkeit, dass §  90 GWB den Zweck hat, es dem Kartellamt zu ermöglichen, das öffentliche Interesse in Streitigkeiten zwischen Privaten durchzusetzen.125 Dies ergibt sich so auch aus der Regierungsbegründung.126 Die Beteiligung des Bundeskartellamts erfolgt daher zur Wahrung des öffent­ lichen Interesses. Entscheidungen im Rahmen privater Kartellrechtsstreitig­ keiten können die Politik, die das Kartellamt bei der Durchsetzung seiner Arbeit verfolgt, beeinflussen. Daher soll das Gericht neben dem Vortrag der Parteien auch noch die Meinung des Bundeskartellamts hören können, da dieses die ­Ziele des GWB zu verwirklichen sucht und somit das öffentliche Interesse wahrt.127 Es erscheint angemessen, diese Wertung zumindest teilweise auf Art.  15 VO 1/2003 zu übertragen. Auch der Kommission geht es bei ihren Stellungnahmen wie gezeigt nicht nur um die Unterstützung des Gerichts. Vielmehr können ­amicus-Stellungnahmen dazu dienen, das öffentliche Interesse zu schützen. Art.  101, 102 AEUV schützen dieses, indem sie einen freien Wettbewerb ermöglichen.128 Ist ein Streit mit kartellrechtlichen Bezügen zwischen zwei Parteien anhängig, so ist neben dem unmittelbaren Streitgegenstand auch immer das öffentliche Interesse betroffen. Das Instrument des amicus kann ­dabei ­helfen, dieses Interesse dem Gericht erneut vor Augen zu führen.129 Ins124  Sura, in: Langen/Bunte, Komm. zum dt. und europ. KartellR, Bd. 2, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  12. 125  Schmidt, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Bd. 2, §  90 Rn.  1; Dicks, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, §  90 GWB Rn.  1; Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 2, §  90 GWB Rn.  1; Grimm, Die Rechtsfigur des Amicus curiae im Kartellzivilprozess, S.  126 ff. 126  Begr. RegE, BT-Drucks. 2/1158, S.  54. 127  Ausführlich unten C. II. 128  Zum Schutz der öffentlichen Ordnung durch Art.  101, 102 AEUV vgl. EuGH, 01.07.1999, Rs. C-126/97, Eco Swiss, Slg. 1999, I-3055, Rn.  39. 129  Commission Staff Working Paper, Reform of Regulation 17, The Proposal for a new Implementing Regulation, Article 15 (3) – Submissions as Amicus Curiae, 13.11.2001, Rn.  5 –7: „ Articles 81 and 82 serve to safeguard the public interest in protecting the competitive process and competitive market structures. In other words, they protect competition as a public good. […] This implies that the parties do not dispose of the case in the sense that they

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besondere Fälle des Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003 sind in diesem Zusammenhang ­relevant.130 4.  Förderung der privaten Kartellrechtsdurchsetzung? Immer wieder findet sich der Hinweis, dass eines der Ziele von Art.  15 VO 1/2003 sei, die private Kartellrechtsdurchsetzung zu fördern.131 Denn Art.  15 VO 1/2003 sichere den nationalen Gerichten Unterstützung zu, mit Hilfe derer sie Kartellrechtsansprüche von Privaten durchsetzen könnten. In der Gesetzgebungsgeschichte zu Art.  15 VO 1/2003 findet sich der Hinweis, dass Private als „private enforcers of the public interest“ angesehen werden.132 Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten wird eine zentrale Rolle in der Durchsetzung der europäischen Wettbewerbsregeln zugemessen. Eine Stellungnahme der Kommission in einem solchen Verfahren kann sicherstellen, dass dem mitgliedstaatlichen Gericht bei der Anwendung der Art.  101, 102 AEUV keine Fehler unterlaufen. Wendet sich das Gericht mit einer Anfrage nach einer Stellungnahme an die Kommission oder gibt diese eine solche aus eigener Initiative ab, kann dies zu einer Stärkung einer der Parteien führen. Hieraus jedoch die Regel abzuleiten, dass Art.  15 VO 1/2003 die private Kartellrechtsdurchsetzung allgemein fördere, scheint übertrieben. Denkbar ist allenfalls eine mittelbare Förderung im Sinne einer rechtsfehlerfreien Entscheidung.

can agree upon how the rules should be interpreted and applied. […] The amicus curiae instrument proposed in Article 15 (3) is to be seen in the light of these particular features. Decisions of national courts in cases brought by private parties can have a direct impact on the enforcement of the law in the Member State in question. Accordingly, there is a clear public interest in how the law is being applied in such cases and in ensuring consistent application of Articles 81 and 82 by the national courts.“ 130  So auch Boskovits, in: Lianos/Kokkoris, The Reform of EC Competition Law, S.  100. Als praktisches Beispiel kann die Intervention der Kommission vor dem niederländischen Gericht in der Sache X BV dienen, dazu: oben §  3 B. I. 1. Der Kommission geht es zum einen darum, eine kohärente Kartellrechtsdurchsetzung zu gewährleisten. Auf der anderen Seite will sie aber auch eine effektive Durchsetzung der Wettbewerbsregeln erreichen, die mit einer steuerlichen Absetzbarkeit gefährdet wäre. 131  Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  1 der zur Begründung auf Erwgr. 7 der VO 1/2003 und Rn.  99 des Weißbuchs über die Modernisierung der Vorschriften zur Anwendung von Art.  85 und 86 EG-Vertrag, ABl. 1999, C 132/1, 24 verweist. Diese Stellen betonen aber nur allgemein die Bedeutung der privaten Kartellrechtsdurchsetzung und nehmen keinen Bezug auf Art.  15 VO 1/2003. Klees, Europäisches Kartellverfahrensrecht, §  8 Rn.  42; Jaeger, in: Jaeger/­Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 3, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  1. 132  Commission Staff Working Paper, Reform of Regulation 17, The Proposal for a new Implementing Regulation, Article 15 (3) – Submissions as Amicus Curiae, 13.11.2001, Rn.  5.

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5.  Zusammenfassung Art.  15 VO 1/2003 hat verschiedene Funktionen. Zentral ist die Sicherstellung einer kohärenten Kartellrechtsanwendung durch die mitgliedstaatlichen Gerichte. Mithilfe der Stellungnahmen der Kommission erfolgt zudem eine Unterstützung der Gerichte. Wesentlich ist auch die Förderung der ordnungspolitischen Interessen der Kommission durch Art.  15 VO 1/2003. Eine Unterstützung der privaten Kartellrechtsdurchsetzung erfolgt hingegen nur mittelbar.

II.  Nationale Ebene Bereits im Rahmen der Untersuchung der Funktion von Art.  15 VO 1/2003 wurde herausgearbeitet, dass §  90 GWB der Wahrung des öffentlichen Interesses dient. Die dort zitierten Quellen definieren ein solches jedoch nicht näher. Insofern ist zu untersuchen, welchen Inhalt das öffentliche Interesse hat, das das Kartellamt bei Streitigkeiten zwischen Privaten repräsentiert. Das GWB dient vornehmlich dazu, einen wirtschaftlichen Wettbewerb zu ermöglichen133 und dessen Funktionen134 zu stärken. Weiterhin nimmt das GWB gesellschaftspolitische Funktionen wahr, indem es eine gleichmäßige Machtverteilung in Wirtschaft und Gesellschaft zu erreichen versucht.135 Das Bundeskartellamt ist für den Großteil der Aufgaben des GWB zuständig.136 Daher repräsentiert es das vom GWB geschützte öffentliche Interesse und kann dieses mittels §  90 GWB in den Zivilprozess einbringen. Strittig ist, ob mit §  90 GWB noch weitere Zwecke verfolgt werden. Bornkamm geht davon aus, das Interesse des Bundeskartellamts sei „auch, aber nicht vorrangig darauf gerichtet, die Kartellgerichte durch sachkundige Stellungnahmen zu unterstützen“.137 Dem treten zahlreiche Stimmen in der Literatur entgegen, die darauf abstellen, §  90 GWB bezwecke nur die Wahrung des öffentlichen Interesses.138 Für letztere Ansicht spricht das ausschließliche Abstellen der Näher Rittner/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, S.  1 ff. Zu diesen Bechtold/Bosch, GWB, Einf. Rn.  49 ff. 135  Denn ein freier Wettbewerb verhindert in Teilen das Entstehen endgültiger Macht­ positionen, Emmerich, Kartellrecht, S.  4. 136  Über die Zuständigkeitsverteilung gibt Klaue, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, GWB, Bd. 2, §  48 GWB Rn.  1 ff. einen Überblick. 137  Bornkamm, in: Langen/Bunte, Komm. zum dt. und europ. KartellR, Bd. 1, §  90 GWB Rn.  3. 138  Hitzler, WuW 1982, 509, 509; Meyer-Lindemann, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/ Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 6, §  90 GWB Rn.  1; Dicks, in: Loewenheim/­ Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, §  90 GWB Rn.  1; Zuber, Die EG-Kommission als amicus curiae, S.  100. 133 

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Regierungsbegründung auf das öffentliche Interesse. Hingegen muss die Stellung Bornkamms als stellvertretender Vorsitzender des Kartellsenats des Bundesgerichtshofs berücksichtigt werden.139 Wenn dieser von einer unterstützenden Funktion des Kartellamts ausgeht, entspricht eine solche der Realität. Insofern ist eine solche Funktion zwar nicht in §  90 GWB angelegt, sie hat sich aber in der Praxis als gegeben herauskristallisiert. Es wäre zudem fernliegend anzunehmen, amicus-Stellungnahmen des Bundeskartellamts würden nicht auch die Arbeit der Gerichte erleichtern.140 Im Vergleich zum europäischen Recht lassen sich hinsichtlich eines öffentlichen Interesses und einer Unterstützung der Gerichte Parallelen ziehen. Eine kohärente Rechtsanwendung steht hingegen nicht im Vordergrund, da das Erfordernis der Kohärenz gerade aus der Anwendung des europäischen Kartellrechts in einer Vielzahl von mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen folgt. Dennoch konnten sowohl für das europäische wie auch das nationale Recht vielfältige Zwecke, die die Wettbewerbsbehörden als amicus einnehmen, verdeutlicht werden.

D.  Prozessualer Status Wie auch im Rahmen des U.S.-amerikanischen Rechts ist die Frage der formalen Stellung des amicus im Prozess aufzuwerfen. Weder die Kommission noch die nationalen Wettbewerbsbehörden werden Partei des Prozesses.141 Welche Stellung hat die Kommission beziehungsweise eine nationale Wettbewerbsbehörde aber dann im Prozess? Art.  15 VO 1/2003 eröffnet der Kommission beziehungsweise den nationalen Wettbewerbsbehörden eine Reihe von Möglichkeiten tätig zu werden. Diese sind getrennt auf ihre jeweilige Stellung im Prozess hin zu untersuchen. 139  Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs, Nr.  38/2014, 28.02.2014, ausweislich derer Bornkamm von 2007 bis 2009 stellvertretender Vorsitzender des Kartellsenats war und im Zeitraum von Januar bis Juli 2013 auch vorrübergehend den Vorsitz innehatte. 140  Hirsch, 50 Jahre Bundeskartellamt – die Sicht der Gerichte, S.  4 weist darauf hin, dass das Bundeskartellamt dem BGH eine merkliche Hilfe sei und insbesondere die Folgen eines Falls aufzeige. Das ist eine Funktion, die auch aus dem U.S.-amerikanischen Recht bekannt ist. 141  Für §  90 GWB Meyer-Lindemann, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, §  90 GWB Rn.  1; Hitzler, WuW 1982, 509, 512; Hirsch, 50 Jahre Bundeskartellamt – die Sicht der Gerichte, S.  3. Für die Kommission beispielsweise Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. u. Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  29; Hirsch, ZWeR 2003, 233, 241; Bergmann, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 6, §  90a GWB Rn.  14.

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Bittet das nationale Gericht die Kommission um die Übermittlung von Informationen gemäß Art.  15 Abs.  1 Alt.  1 VO 1/2003, könnte dies aus Sicht des deutschen Rechts als Einholung einer amtlichen Auskunft im Sinne des §  273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO gewertet werden. Die Kommission kann dabei als Behörde angesehen werden.142 Mittlerweile ist anerkannt, dass Gegenstand einer amtlichen Auskunft nur Tatsachen sein können, die aus amtlichen Dokumenten wiedergegeben werden.143 Die Einholung von Informationen, wie etwa zum Stand des Verfahrens, ist daher eine amtliche Auskunft im Sinne des §  273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO.144 Zu untersuchen ist, wie Stellungnahmen einzuordnen sind, welche die Kommission auf Anfrage des Gerichts hin abgibt. Im Jahre 2000 entschied der EuGH, die Kommission nehme in solchen Fällen die Stellung eines Rechts- oder Wirtschaftsgutachters ein.145 In der Literatur wird der Schluss gezogen, der EuGH gehe davon aus, die Gutachten der Kommission seien mit denen eines Sachverständigen vergleichbar.146 Zutreffend wird weiter darauf hingewiesen, dass die nähere Ausgestaltung den nationalen Verfahrensordnungen obliege. Könnte daher die Stellungnahme der Kommission als Beteiligung eines Sachverständigen, §§  402 ff. ZPO verstanden werden? Zunächst sind Sachverständige in der Regel nicht dazu berufen, Rechtsfragen zu begutachten.147 Eine Aus142 

Der Behördenbegriff des §  273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO richtet sich nach dem staats- und verwaltungsrechtlichen Begriff, wie er etwa in §  1 Abs.  4 VwVfG enthalten ist, Prütting, in: MünchKomm ZPO, Bd. 1, §  273 Rn.  22; ausführlich zum Behördenbegriff im Rahmen des §  273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO Hohlfeld, Die Einholung amtlicher Auskünfte im Zivilprozeß, S.  31 ff. Die Kommission nimmt Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr, indem sie etwa die Einhaltung der Art.  101, 102 AEUV überwacht. Im Hinblick darauf, dass die Kommission keine deutsche Behörde ist, ist festzuhalten, dass selbst ausländische Behörden unter §  273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO fallen, Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, §  273 Rn.  7, der bei einer ausländischen Behörde jedoch das Einverständnis der Parteien voraussetzt, hierzu auchLeipold, in: Stein/Jonas, ZPO, Bd. 4, §  273 Rn.  26, so dass dies erst recht für europäische Behörden gelten muss. 143  Berger, in: Stein/Jonas, ZPO, Bd. 5, vor §  373 Rn.  4 4; ausführlich Hohlfeld, Die Einholung amtlicher Auskünfte im Zivilprozeß, S.  55 ff. 144  So auch: Jung, in: Cahill, The Modernisation of EU Competition Law Enforcement in the EU, FIDE 2004 National Reports, S.  194; Zuber, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Art.  15 VerfVO Rn.  27; Bartels, Kohärente Rechtsanwendung, S.  192. 145  EuGH, 11.01.2000, verb. Rs. C-174/98 u. C-189/98, Niederlande, van der Wal ./. Kommission, Slg. 2000, I-1, Rn.  25. 146  Zuber, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Art.  15 VerfVO Rn.  26; Wright, 16 European L.J. 743, 752 (2010); Jaeger, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 3, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  18. 147  Teils wird jegliche rechtliche Bewertung durch Sachverständige abgelehnt, Greger, in: Zöller, ZPO, §  402 Rn.  1, mit Verweis jedoch auf die Ermittlung ausländischen Rechts. In

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

nahme besteht lediglich in der Anwendung ausländischen Rechts,148 §  293 ZPO, zu dem das der EU aber nicht gehört, da es auch in Deutschland gilt. Übermittelt die Kommission in ihrer Stellungnahme daher eine rechtliche Bewertung, sind die Vorschriften über den Sachverständigen nicht direkt anwendbar. Etwas anderes kann sich für die Fälle ergeben, in denen die Kommission wirtschaftliche Einschätzungen bereitstellt. In diesen Fällen bewertet die Kommission Tatsachen. Hier können die Vorschriften über den Sachverständigen unmittelbar zur Anwendung gelangen. Festzustellen bleibt, dass die ZPO rechtliche Stellungnahmen, wie sie von der Kommission abgegeben werden, nicht kennt. Solche Stellungnahmen können dem Gericht bei der Rechtsfindung helfen, sie sind aber nicht mit der Stellungnahme eines Sachverständigen gleichzusetzen.149 Dennoch sind solche Stellungnahmen am ehesten mit der eines Sachverständigen vergleichbar, so dass die §§  402 ff. ZPO, wenn sachgerecht,150 analog angewendet werden können.151 Anders als beim U.S.-amerikanischen Recht, bei dem eine solche Sachverständigenstellung noch abgelehnt wurde, sind beim europäischen Kartellrecht zwei Besonderheiten zu beachten. Zum einen verpflichtet sich die Kommission, ihre Stellungnahmen in neutraler Art und Weise zu verfassen. Zum anderen werden nicht private, sondern lediglich staatliche Stellen tätig. Dennoch ist auch klar, dass die Kommission ihre eigene Agenda verfolgt. Insofern ist der Beweisqualität solcher Stellungnahmen kritisch zu sehen und nicht mit der eines neutralen Sachverständigen vergleichbar.152

diesem Zusammenhang ist auch der Merksatz iura novit curia, das Gericht kennt das Recht, von Bedeutung. 148  Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, vor §  402 Rn.  1. 149  Zuber, Die EG-Kommission als amicus curiae, S.  95 f., 119, will solche Stellungnahmen der amtlichen Auskunft zuordnen, dagegen spricht jedoch das individuelle Erstellen dieser Auskunft. 150  Die Frage, wann dies sachgerecht ist, wird im zweiten Teil der Arbeit etwa bei §§  9 B. II. 1., 2., 11 A. II. 2., 3., 12 B., 14 A. diskutiert. 151  Der BGH setzt rechtliche Auskünfte einer Behörde dem Zeugen- beziehungsweise Sachverständigenbeweis gleich, BGH, 23.11.1983, IV b ZB 6/82, NJW 1984, 438, 439 f. Für eine Qualifikation als Sachverständiger im Hinblick auf solche Stellungnahmen der Kommission ausdrücklich Jaeger, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 3, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  18; Sura, in: Langen/Bunte, Komm. zum dt. und europ. KartellR, Bd. 2, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  9. 152  Hierzu ausführlich unten §  11 A. II.

§  3  Europäisches und deutsches Kartellrecht

111

Schließlich kommen Stellungnahmen der Kommission beziehungsweise des Bundeskartellamts aus eigener Initiative gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003, §  90 GWB in Betracht. Auch für solche Stellungnahmen könnte man eine Parallele zum Sachverständigen erwägen,153 so dass die einschlägigen Vorschriften, wenn sachgerecht, in analoger Anwendung herangezogen werden könnten. Allerdings ist hier die Analogie noch weitergehend, da in diesen Fällen eine Beteiligung aus eigener Initiative erfolgt, eine bei Sachverständigen nicht vorkommende Praxis. Auch müsste in diesen Fällen – aufgrund der veränderten Initiativstellung – der Vergleich mit dem neutralen Sachverständigen noch kritischer hinterfragt werden. Im Zweifel sind solche Stellungnahmen daher als Verfahrensbeteiligung sui generis einzuordnen.

E.  Praktische Relevanz Im Folgenden ist die tatsächliche Häufigkeit einer Beteiligung der Kommission beziehungsweise des Bundeskartellamts zu untersuchen.

I.  Europäische Ebene Fraglich ist, in welchem Umfang Art.  15 VO 1/2003 bisher zur Anwendung kam. Dabei muss zwischen der Einholung von Informationen und Stellungnahmen gemäß Abs.  1 und der Abgabe von Stellungnahmen gemäß Abs.  3 S.  3 differenziert werden. 1.  Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 Die Möglichkeit der Gerichte, von der Kommission Informationen und Stellungnahmen einzuholen, besteht bereits seit Verabschiedung der ersten Bekanntmachung über die Zusammenarbeit mit den nationalen Gerichten 1993. Daher lässt sich hier auf einen längeren Zeitraum zurückblicken. In der Literatur finden sich widersprechende Angaben zur Anzahl der von der Kommission abgegebenen Informationen und Stellungnahmen. Teils wird für den Zeitraum von 1993 bis 2013 von insgesamt 87 Anfragen nationaler Gericht berichtet.154 Andere kommen für den Zeitraum von 1995 bis 2009 auf 72 Anfragen.155 We153  So Borse/Helmcke, WuW 1981, 845, 848 f.; Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettberbsR, Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  29. 154  Zuber, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Art.  15 VerfVO Rn.  4. 155  Wright, 16 European L.J. 736, 750 (2010), nicht klar wird, warum erst ab 1995 die Auswertung erfolgt.

112

1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

gen dieser divergierenden Angaben ist es notwendig, zunächst die Wettbewerbsberichte der Kommission auszuwerten. Dazu die folgende Übersicht: 23. Wettbewerbsbericht 1993

24. Wettbewerbsbericht 1994, Rn.  48–51

25. Wettbewerbsbericht 1995, Rn.  93

26. Wettbewerbsbericht 1996, S.  373 ff.

27. Wettbewerbsbericht 1997, S.  396 ff.

28. Wettbewerbsbericht 1998, S.  392 ff.

29. Wettbewerbsbericht 1999, S.  405 f. 30. Wettbewerbsbericht 2000, S.  382 ff. 31. Wettbewerbsbericht 2001, S.  408 ff. 32. Wettbewerbsbericht 2002, S.  369 ff. 33. Wettbewerbsbericht 2003, S.  331

Wettbewerbsbericht 2004, Rn.  112

Keine Anwendungsfälle Es findet sich keine Bezugnahme auf die Zusammenarbeit zwischen Kommission und nationalen Gerichten. Fünf Anwendungsfälle Zwei dieser Anfragen erfolgten bereits 1992, so dass diese nicht auf die Bekanntmachung über Zusammenarbeit 1993 Bezug nehmen, da es sich bei den Anfragen jedoch um wettbewerbsrechtliche handelte, werden diese mitberücksichtigt. Im 25. Wettbewerbsbericht 1995 findet sich der Hinweis auf mehrere Anfragen nationaler Gerichte, ohne dies aufzuschlüsseln. Sechs Anwendungsfälle Im 26. Wettbewerbsbericht 1996 werden die im 25. Wettbewerbsbericht 1995 genannten Anfragen konkretisiert. Danach ergeben sich sechs Anfragen. Drei Anwendungsfälle Im 27. Wettbewerbsbericht 1997 wird von drei weiteren Anfragen aus 1996 berichtet. Sechs Anwendungsfälle Eine Antwort stammt zu einer Anfrage aus 1996. Für den Zeitraum von 1995 bis 1996 ergeben sich daher insgesamt zehn Anfragen. Fünf Anwendungsfälle Sieben Anwendungsfälle Zehn Anwendungsfälle Sechs Anwendungsfälle Sechs Anwendungsfälle Zudem wird von zwei Anfragen eines spanischen Gerichts berichtet, welche im Zusammenhang mit einem Strafverfahren an die Kommission gerichtet wurden. Diese Anfragen haben keinen kartellrechtlichen Hintergrund und werden daher nicht in der Zählung berücksichtigt. Neun Anwendungsfälle

§  3  Europäisches und deutsches Kartellrecht Wettbewerbsbericht 2005, Rn.  219

Anhang zum Wettbewerbsbericht 2006, Rn.  326 Anhang zum Wettbewerbsbericht 2007, Rn.  459 ff. Anhang zum Wettbewerbsbericht 2008, Rn.  381 und Anhang zum Wettbewerbsbericht 2009, Rn.  498 ff.

Anhang zum Wettbewerbsbericht 2010, Rn.  401 ff. Anhang zum Wettbewerbsbericht 2011 und 2012 Anhang zum Wettbewerbsbericht 2013, S.  24

Anhang zum Wettbewerbsbericht 2014, S.  29

Anhang zum Wettbewerbsbericht 2015, S.  33

113

Zwölf Anwendungsfälle Drei Anfragen zu Informationen, neun Ersuche um Stellungnahmen Zwei Ersuche um Stellungnahmen Drei Ersuche um Stellungnahmen Fünf Stellungnahmen Im Anhang zum Wettbewerbsbericht 2008 wird lediglich von mehreren Anfragen gesprochen, deren Bearbeitung noch nicht abgeschlossen sei. Im Anhang zum Wettbewerbsbericht 2009 wird von fünf Stellungnahmen gesprochen, die die Kommission erstellt habe. Zwei Stellungnahmen Dort sind keine Anfragen ausgewiesen. Sechs Anwendungsfälle Fünf Auskunftsersuche um Informationen und ein Ersuch um eine Stellungnahme Sieben Anwendungsfälle Drei Auskunftsersuche um Informationen und vier Anträge auf Stellungnahme nebst Antwort Fünf Anwendungsfälle Ein Auskunftsersuch und vier Anträge auf Stellungnahme nebst Antwort

Im Zeitraum von 1992 bis 2015 wurden der Kommission ausweislich dieser Berichte insgesamt 105 Anfragen gestellt. Zu berücksichtigen ist ferner die Webseite der Kommission.156 Insgesamt ergeben sich 110 Anfragen. Dabei wurden 44 Anfragen nach Erlass der VO 1/2003 gestellt. Die Mehrzahl dieser Anfragen war auf Abgabe einer Stellungnahme durch die Kommission gerichtet.157 Die Zahlen zeigen, dass das Einholen von Informationen und Stellungnahmen bei der Kommission seit Einführung 1993 immer wieder praktiziert wurde. In der Literatur wird dennoch die Meinung vertreten, diese Form der Zusammenarbeit

156  Anhand dieser ergeben sich weitere fünf Anwendungsfälle. (abgerufen am 21.10.2016). 157  Im Commission staff working paper accompanying the Communication from the Commission to the European Parliament and Council – Report on the functioning of Regulation 1/2003, Rn.  277 ist von 18 Stellungnahmen bis März 2009 die Rede. In der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat, 09.07.2014, Kom 2014, 453, Rn.  22, ist von 26 Stellungnahmen zwischen 2004 und 2013 die Rede.

114

1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

sei nicht von Erfolg gekrönt.158 Zuzugeben ist dieser Ansicht, dass eine stärkere Kooperation zwischen Kommission und nationalen Gerichten denkbar ist. Die 110 gestellten Anfragen auf der anderen Seite zeugen vom Erfolg dieses europäischen Modells. 2.  Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 Im Gegensatz zu Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 besteht die Möglichkeit der Kommission beziehungsweise der nationalen Wettbewerbsbehörden, von sich aus Stellungnahmen abzugeben, erst seit Einführung der VO 1/2003. Insgesamt hat die Kommission 29 Stellungnahmen gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 abgegeben.159 Die letzten Jahre verdeutlichen die Praxis der Kommission, wiederholt und regelmäßig Stellungnahmen auf eigene Initiative abzugeben. Grund für einen gleichzeitig nicht überbordenden Gebrauch des Instruments könnte eine bereits bestehende kohärente Anwendung des Kartellrechts durch die Mitgliedstaaten sein. Mitverantwortlich könnte auch die Sorge der Kommission sein, bei einer zu hohen Anzahl von Stellungnahmen die Souveränität der nationalen Gerichte einzuschränken. Zwar sind die Stellungnahmen der Kommission nicht verbindlich, es könnte jedoch der Eindruck einer Gängelung der nationalen Gerichte entstehen. Die Stellungnahmen der Kommission erfolgten bisher in Berufungs- beziehungsweise Revisionsverfahren. Dies deckt sich mit der Aussage aus der Gesetzgebungsgeschichte, solche Stellungnahmen in Berufungs- und Revisionsverfahren abgeben zu wollen.160 Zudem erhält die Kommission nach Art.  15 Abs.  2 VO 1/2003 nur Kenntnis von Urteilen erster Instanz. Praktisch wird es ihr daher mangels Kenntnis der Verfahren teilweise nicht möglich sein Stellungnahmen abzugeben, sofern sie nicht durch Pressehinweise oder die Parteien von den Verfahren erfährt.

158  Riley, E.C.L.R. 2003, 657, 665; Sura, in: Langen/Bunte, Komm. zum dt. und europ. KartellR, Bd. 2, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  10. 159  Siehe zur Praxis bereits oben §  3 B. I. 5. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sechs dieser Stellungnahmen in gleich gelagerten spanischen Verfahren ergingen, dazu oben §  3 B. I. 5. Auch Zuber, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Art.  15 VerfVO Rn.  3 betont etwa, dass die Kommission nach anfänglicher Zurückhaltung nunmehr von der Möglichkeit amicus-Stellungnahmen abzugeben Gebrauch mache. 160  Commission Staff Working Paper, Reform of Regulation 17, The Proposal for a new Implementing Regulation, Article 15 (3) – Submissions as Amicus Curiae, 13.11.2001, Rn.  22.

§  3  Europäisches und deutsches Kartellrecht

115

II.  §  90 GWB Zu §  90 GWB existieren keine genauen Zahlen der Verfahrensteilnahme. Hingegen wird angemerkt, dass in Verfahren vor dem Bundesgerichtshof der Vertreter des Kartellamts sich häufig in der mündlichen Verhandlung beteiligt.161 In den unteren Instanzen ist eine solche Beteiligung selten.162 Schwerpunkt des Kartellamts ist insofern die Beeinflussung höchstrichterlicher Rechtsprechung. Dies ist aufgrund deren Signalwirkung für spätere Verfahren verständlich.

F.  Zusammenfassung Das Instrument des amicus ist mit Art.  15 VO 1/2003 und §  90 GWB mittlerweile sowohl im europäischen als auch im deutschen Kartellrecht ein fester Bestandteil. Im europäischen Kartellrecht hat sich gezeigt, dass erst mit Einführung der VO 1/2003 von einer echten amicus-Beteiligung gesprochen werden kann, da zuvor der aktive Teil fehlte.163 Die Kommission kann dabei auf Anfrage des Gerichts nach Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 sowohl Informationen als auch Stellungnahmen abgeben.164 Eine Abgrenzung zwischen diesen beiden Begriffen erfolgt danach, ob die Kommission lediglich eine bereits vorhandene Information weiterleitet oder eine Auskunft auf Anfrage erstellt.165 Stellungnahmen der Kommission haben dabei einen neutralen und objektiven Charakter aufzuweisen.166 Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 ermöglicht es der Kommission aus eigener Initiative Stellungnahmen abzugeben. Damit kann unter Umständen ein Vorabentscheidungsverfahren nach Art.  267 AEUV erzwungen werden.167 Eine Beteiligung des Bundeskartellamts findet fast ausschließlich auf dessen Initiative vor dem Bundesgerichtshof statt.168 Die Stellung als amicus im Prozess kann dabei verschiedene Funktionen erfüllen. Für das europäische Recht sind insbesondere die Förderung der kohärenten Rechtsanwendung, die Unterstützung der Gerichte, die Durchsetzung eines freien Wettbewerbs und in gewissem Maße auch die Förderung der privaten 161  Bornkamm, in: Langen/Bunte, Kommentar zum dt. und europ. Kartellrecht, Bd. 1, §  90 Rn.  10. 162  Topel, GRUR 2000, 985, 988. 163  Oben §  3 B. I. 2. 164  Oben §  3 B. I. 1. 165  Oben §  3 B. I. 3. 166  Oben §  3 B. I. 3. 167  Oben §  3 B. I. 5. 168  Oben §  3 B. II.

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

Kartellrechtsdurchsetzung zu nennen.169 Im deutschen Recht dient §  90 GWB maßgeblich dazu, die ordnungspolitischen Interessen des Bundeskartellamts auch im Rahmen von privaten Kartellrechtsstreitigkeiten durchsetzen zu können. Allerdings kann mit einer Stellungnahme auch die Unterstützung der Gerichte bezweckt werden.170 Der prozessuale Status der Kommission ähnelt teilweise dem eines Sachverständigen. Jedoch ist bei einer Teilnahme am Prozess aus eigener Initiative funktional eine große Diskrepanz zum Instrument des Sachverständigen gegeben. Daher hat die Kommission zumindest in Teilbereichen ihrer Beteiligung den Status als Instrument sui generis inne. Hinsichtlich der Beteiligung des Bundeskartellamts bietet es sich ebenso an, von einer Stellung als Instrument sui generis auszugehen.171 In Bezug auf die praktische Relevanz ist festzuhalten, dass eine Beteiligung als amicus zumindest kein Ausnahmephänomen mehr ist und gerade aktive Stellungnahmen der Kommission zunehmen.172

169 

Oben §  3 C. Oben §  3 C. II. 171  Oben §  3 D. 172  Oben §  3 E. 170 

§  4  Principles of Transnational Civil Procedure Die Principles of Transnational Civil Procedure (PTCP) regeln das Instrument des amicus in P. 13 PTCP. Bevor diese Regelung jedoch näher untersucht wird, sind kurz Begriff und Bedeutung der PTCP zu umreißen. Zu untersuchen ist insbesondere der Gegenstand der PTCP und die mit ihnen verfolgten Ziele. Unumgänglich ist es dabei auch, auf die Autoren der PTCP einzugehen.

A.  Einführung Die PTCP gehen zurück auf die Initiative zweier Professoren, Geoffrey Hazard und Michele Taruffo. Diese beiden veröffentlichten 1997 den ersten Entwurf.1 Im selben Jahr beschloss das American Law Institute, ALI, das Projekt zu fördern.2 Schließlich beteiligte sich das International Institute for the Unification of Private Law, UNIDROIT, an dem Projekt.3 Mit dem Projekt wurden mehrere Ziele verfolgt. Die Grundausrichtung des Projekts war die Schaffung eines harmonisierten Zivilprozessrechts.4 Dabei war die Arbeit der ALI- und UNI­ DROIT-Arbeitsgruppen auf die Schaffung allgemeiner Grundsätze, Principles, gerichtet, während daneben von einigen Berichterstattern noch zusätzlich an den ursprünglich von ALI ausgearbeiteten Rules weitergearbeitet wurde. Diese den Principles als reporters study zur Seite gestellten Rules können als der ­Modellversuch einer Umsetzung der Principles gesehen werden,5 während mit Hazard/Taruffo, 30 Cornell Int’l L.J. 493 (1997). Stürner, RabelsZ 69 (2005), 201, 204. 3  Im Jahre 1998 fragte ALI bei UNIDROIT an, ob eine Beteiligung vorstellbar wäre. Nachdem einige Zweifel aufgekommen waren, insbesondere weil sich UNIDROIT noch nie an der Vereinheitlichung von Prozessrecht beteiligt hatte, wurde eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, welche dann zu einem positiven Ergebnis gelangte, dazu: Stürner, RabelsZ 69 (2005), 201, 205 f. 4  Ein solcher Versuch wurde unter der Leitung von Marcel Storme in Bezug auf eine Europäische ZPO unternommen, Storme, RabelsZ 56 (1992), 290, 298 f. und 1993 der Europäischen Kommission überreicht, Storme, 22 Ritsumeikan Law Review, 87, 87 f. (2005); dazu etwa auch: Roth, ZZP 109 (1996), 271. 5  So Hazard, in: ALI/UNIDROIT, Principles of Transnational Civil Procedure, S. xlvi. 1  2 

118

1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

den Principles eine grundsätzlichere Ausrichtung, die von einem abstrakten Charakter geprägt ist, verfolgt wird.6 Die Schaffung eines einheitlichen, harmonisierten Prozessrechts musste viele Hürden überwinden. Einem solchen lässt sich nämlich die von jeher starke Verbindung von nationalen Gebräuchen und Prozessrecht entgegenhalten.7 Dabei war absehbar, dass in bestimmten Bereichen des Zivilprozesses, etwa delik­ tischen Ansprüchen auf Schmerzensgeld, eine Vereinheitlichung wesentlich schwieriger zu erreichen ist, wegen der dort vorherrschenden Besonderheiten.8 Die PTCP sind daher lediglich auf internationale Handelsstreitigkeiten anwendbar.9 In diesem Bereich sollten die besten Elemente von common law und civil law vereint werden.10 Ein solch harmonisiertes Prozessrecht könnte sodann von einem Staat als Teil des nationalen Rechts kodifiziert werden.11 Damit würde der Prozess in dem von dem Staat festgelegten Anwendungsbereich nicht mehr dem ursprünglich nationalen Prozessrecht folgen, sondern dem von den Principles harmonisierten.12 Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Reihe von Aspekten in den PTCP nicht geregelt ist13 und insofern das Prozessrecht des Forumstaates Anwendung Stürner, ZZPInt 11 (2006), 381, 387 spricht von einem Implementierungsvorschlag. Er führt auch aus, dass die Rules hinsichtlich einiger Regelungsgegenstände, wie zum Beispiel dem formalisierten settlement offer, R. 16, über die Principles hinausgehen und diese in eine auch anders wählbare Richtung konkretisieren. 6  Stürner, ZZPInt 11 (2006), 381, 386. 7  Walter/Baumgartner, 33 Tex. Int’l L.J. 463, 471 f. (1998). 8  Das Beispiel solch deliktischer Ansprüche ist gewählt, weil diese im U.S.-­a meri­k a­n i­schen Recht mittels einer jury entschieden werden. Es war schwer vorstellbar, diesen Bereich zu harmonisieren, dazu: Hazard, in: ALI/UNIDROIT, Principles of Transnational Civil Procedure, S. xlvii. Stürner, RabelsZ 69 (2005), 201, 209 f. 9  Der Begriff „internationale Handelsstreitigkeiten“, der den übrigen nummerierten Principles vorangestellten Principle „Scope and Implementation“ entnommen werden soll, ist dabei nicht genau definiert. Vielmehr sei es Aufgabe des die Principles adaptierenden Staates, diesen Begriff zu definieren, P-B PTCP. 10  Preliminary Draft Rules and Comments, UNIDROIT Doc. 2, S.  8 „They seek to combine the best elements of adversary procedure, particularly that in the common-law tradition, with the best elements of judge-centered procedure, particularly that in the civil-law tradition.“ 11  Siehe dazu Kommentar P-A PTCP. Die Kommentare sind offizielle Erläuterungen zu den einzelnen Principles. 12  Stürner, ZZPInt 11 (2006), 381, 384 fragt schon 2006, „[i]nwieweit sich der Gedanke gesonderter Prozessregeln für internationale Fälle durchsetzen wird […].“ Festzustellen bleibt, dass die Principles bis heute wohl noch nicht verstärkt berücksichtigt wurden. Allerdings orientiert sich die Prozessordnung des Supreme Courts von New South Wales an diesen, dazu: Einstein/Phipps, Unif. L. Rev. 2004, 815, 818 ff. 13  Die sachliche Zuständigkeit wird in der Introduction nur grob umrissen, Kommentar P-B und P-C PTCP grenzt dies zwar etwas ein, verweist aber im Übrigen auf den umsetzen-

§  4  Principles of Transnational Civil Procedure

119

findet.14 Die PTCP können aber auch Leitlinien für eine künftige Entwicklung nationaler Prozessordnungen sein und insofern eine Signalwirkung entfalten.15 Eine solche Entwicklung könnte das Herauskristallisieren von internationalen Grundstandards zur Folge haben. Festgehalten werden kann, dass mit den Principles im Bereich des internationalen Prozessrechts ein wichtiger Schritt weg von dem auch historisch bedingten16 Partikularismus im Prozessrecht und hin zu einer den internationalen Handel fördernden einheitlichen Streitbeilegung gemacht wurde. Vor diesem Hintergrund gilt es nunmehr das Instrument des amicus näher zu untersuchen.

B.  Principles und amicus – funktionale Betrachtung P. 13 PTCP und R. 6 regeln das Instrument des amicus.17 Dass dem amicus ein komplettes Principle beziehungsweise eine komplette Rule gewidmet wird, ist bemerkenswert. Dies ist bei 31 Principles, beziehungsweise 36 Rules nicht selbstverständlich. Allerdings dürfte dies nicht der Bedeutung des amicus geschuldet sein. Überzeugender scheint die Annahme einer isolierten Regelung des amicus aufgrund seiner Eigenart. Ausweislich P. 13 PTCP soll der amicus zu wichtigen rechtlichen Fragen stellung nehmen und weitere Informationen über das Umfeld des Rechtstreits liefern. Diese Informationen sollen zu einer den nationalen Rechtsakt. Nicht geregelt werden zudem Aspekte der örtlichen Zuständigkeit, die Zustellung von Schriftsätzen, die Befangenheit des Richters, die Frage nach einem Anwaltszwang sowie die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Kerameus, Unif. L. Rev. 2004, 847, 849. 14  Dies betont Kommentar P-A PTCP. 15  Hierzu insbesondere Glenn, Unif. L. Rev. 2004, 829, 838 ff.; Stürner, ZZPInt 11 (2006), 381, 384. 16  Zu der historischen Entwicklung des mehr vom gemeinen Prozess geprägten kontinentalen Prozessrechts und dem britischen common law Überblick bei Glenn, Unif. L. Rev. 2004, 829, 830 ff. 17  P. 13 PTCP lautet: Written submissions concerning important legal issues in the proceeding and matters of background information may be received from third persons with the consent of the court, upon consultation with the parties. The court may invite such a submission. The parties must have the opportunity to submit written comment addressed to the matters contained in such a submission before it is considered by the court. R. 6 lautet: When­ ever appropriate, any person or organization may present a written submission to the court containing data, information, remarks, legal analysis, and other considerations that may be useful for a fair and just decision of the case. The court may refuse such a submission. The court may invite a nonparty to present such a submission. The parties must have an opportunity to submit written comment addressed to the matters in the submission before it is considered by the court.

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

gerechten und auf breiter Tatsachenbasis vorbereiteten Entscheidung des Gerichts führen. Wie aus Kommentar P-13A PTCP hervorgeht, kann der amicus parteiisch sein. Was aber ist damit gemeint? Unzweifelhaft ist der amicus dann parteiisch, wenn er eine der beiden Parteien unterstützt. Denkbar ist jedoch auch, dass der amicus keine der beiden Parteien unterstützt, aber aktiv seine eigenen Interessen in den Prozess einbringen möchte. Ist dies eine parteiische Stellungnahme? Im Sinne der Principles wird man diese Frage zu bejahen haben, denn dem parteiischen amicus gegenübergestellt ist der desinteressierte.18 Damit wird klar zum Ausdruck gebracht, dass auch die Verfolgung eigener Interessen eine parteiische Stellungnahme darstellt.19 Die Möglichkeit sowohl einer parteiischen wie auch desinteressierten Beteiligungsmöglichkeit verdeutlicht die auch im U.S.-amerikanischen Recht gesehene Flexibilität des Instruments. Im Folgenden gilt es einige Anwendungsbeispiele einer solchen parteiischen Stellungnahme herauszuarbeiten.

I.  Repräsentation öffentlicher Belange Gemäß Kommentar P-13C PTCP sind amicus-Stellungnahmen insbesondere in Fällen von öffentlicher Bedeutung, public importance, zu erwarten.20 Dies erinnert an das U.S.-amerikanische Recht, da auch dort eine amicus-Beteiligung insbesondere in Fällen, die öffentliche Interessen berühren können, zu verzeichnen ist.21 Der Anwendungsbereich der Principles bezieht sich hingegen auf transnationale Handelsverträge. In den Diskussionsrunden, die der Verabschiedung der Principles vorangingen, wurde strittig erörtert, inwiefern internationale Handelsverträge geeignet seien, ein öffentliches Interesse hervorzurufen.22 Handelsstreitigkeiten seien durch den Streit um Geld geprägt. Dem wurde entgegnet, dass Streitigkeiten um Geld auch politische Aspekte berühren können, somit also von öffentlicher Bedeutung seien. Nicht darauf eingegangen wurde, in welchem Zusammenhang eine öffentliche Bedeutung solcher Streitigkeiten zu Tage treten könnte. Wendet man sich den Unidroit Principles of Inter18 

Kommentar P-13A PTCP. Ein solches Verständnis von Parteilichkeit spiegelt das U.S.-amerikanische Verständnis wieder, siehe oben §  2 B. I. 2. b). Zum parteiischen amicus im Rahmen der PTCP auch Kühne, Amicus Curiae, S.  164. 20  Die schließt eine Beteiligung in anderen Fällen aber nicht aus, kann jedoch auf die Zulassung einer amicus-Stellungnahme Auswirkungen haben, dazu näher unten §  10 B. II.; Kühne, Amicus Curiae, S.  164. 21  Oben §  2 B. III. 22  Report on the First Session, UNIDROIT Doc. 3, S.  57. 19 

§  4  Principles of Transnational Civil Procedure

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national Commercial Contracts zu, so lassen sich einige Felder finden, in denen Handelsstreitigkeiten öffentliche Belange berühren können.23 Die PICC regeln in Art.  3.3.1., 3.3.2. die Rechtsfolgen, die sich bei Verstoß gegen eine zwingende Norm ergeben. In den illustration zu Art.  3.3.1. finden sich zahlreiche Beispiele, in welchen Bereichen eine Verletzung von zwingenden Normen in Betracht kommt. Wird beispielsweise ein Vertrag über die Errichtung einer Fabrik abgeschlossen, welche nicht mit umweltrechtlichen Bestimmungen des Staates, in dem sie errichtet wird, übereinstimmt, so könnte dieser Vertrag nichtig sein.24 Denkbar wäre in einer solchen Fallkonstellation, dass verschiedene Nichtregierungsorganisationen, welche sich dem Schutz der Umwelt verschrieben haben, Anmerkungen als amicus abgeben. So könnten diese Organisationen das Gericht näher über die betreffenden umweltrechtlichen Schutzvorschriften des Staates unterrichten und damit eine rechtliche Stellungnahme abgegeben.25 Auch die möglichen negativen Auswirkungen bei Errichtung einer Fabrik könnten geschildert werden. In einer solchen Stellungnahme stünden tatsächliche Aspekte mehr im Vordergrund. Neben einer Beteiligung von Privaten kommt auch eine Beteiligung des betreffenden Staates selbst in Betracht. Die Principles sind bewusst weit gefasst, so dass auch staatliche Stellen als amicus fungieren können. Insbesondere der betreffende Staat selbst könnte ein Interesse daran haben, das Gericht über seine umweltrechtlichen Vorschriften detailliert in Kenntnis zu setzen. Konstellationen, in denen ein Vertragspartner wusste oder hätte wissen müssen, dass der andere Teil sich zur Erfüllung seiner Leistung der Arbeitskraft Minderjähriger bedient, könnten ebenfalls ein Anwendungsfall des amicus sein.26 Wäre eine solche Vereinbarung nach dem anwendbaren Recht des betreffenden Staates ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, wäre der Vertrag nichtig. Auch hier ist die Teilnahme verschiedener Nichtregierungsorganisationen als amicus denkbar. Dabei könnten insbesondere die tatsächlichen Arbeitsbedingungen der Minderjährigen von Bedeutung für das Gericht sein. Diese Liste von Beispielen ließe sich beliebig fortsetzen. Klar ist, dass der internationale Handel neben Aspekten der Wirtschaftlichkeit oftmals auch Aspekte des öffentlichen Interesses berührt, sei es Umweltschutz, der Schutz der öffentlichen Ordnung, die nicht diskriminierende Behandlung der Angestellten und vieles mehr. Ein öffentliches Interesse lässt sich in vielen Fällen finden. Dort können amicus-Stellungnahmen einen wertvollen Beitrag leisten, um HinDazu: Remien, in: Hilgendorf/Eckert, Festschrift Knemeyer, S.  745 ff. Art.  3.3.1. PICC, illustration 18. 25  In Rule 6 ist von einer legal analysis die Rede. 26  Art.  3.3.1. PICC, illustration 5. 23 

24 

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

tergründe und Folgen genauer zu beleuchten.27 Neben solch tatsächlichen Elementen können amicus briefs aber auch rechtliche Argumente beinhalten. Als Akteure für die Vertretung des öffentlichen Interesses kommen sowohl private wie auch staatliche Stellen in Betracht. Auch denkbar ist eine Beteiligung von Drittstaaten.

II.  Wirtschaftliches Interesse Wie gesehen können amicus briefs in Fällen, die öffentliche Belange berühren, relevant werden. Es wäre jedoch verfehlt, den Schluss zu ziehen, dass sich amicus briefs allein in solchen Konstellationen anbieten.28 Mit dem Fokus der Principles auf internationale Handelsverträge könnten gerade wirtschaftliche Interessenverbände ein Interesse daran haben, eine amicus-Stellungnahme abzugeben. Insofern ist die Aussage in den Materialien, die Bedeutung des amicus beziehe sich nicht auf handelsrechtliche Streitigkeiten, unzutreffend. Gerade geldwerte Interessen könnten verschiedene Gruppen dazu bewegen, einen amicus brief einzureichen. Ein Unternehmen könnte beispielsweise einen amicus brief in einer Streitigkeit zwischen zwei anderen Unternehmen, von denen eines jedoch der Lieferant des amicus ist, einreichen.29 Es lassen sich verschiedene Beispiele einer mittelbaren Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen durch Streitigkeiten anderer Parteien konstruieren. In diesen Fällen können die wirtschaftlichen Interessen mittels amicus briefs effektiv durchgesetzt werden.

III.  Unterstützung des Gerichts Ausdrücklich von den Principles angesprochen ist die unterstützende Funktion des amicus. In Kommentar P13-D wird als Beispiel für einen amicus eine Handelsorganisation genannt, die das Gericht mit den jeweiligen nationalen Handelsbräuchen bekannt macht.30 In dieser Hinsicht können amici einen wertvollen Beitrag leisten.

27 

Report on the Second Session, UNIDROIT Doc. 6, S.  34. Im Bereich des U.S.-amerikanischen Rechts wurde gezeigt, dass sich oftmals Unternehmen oder Dachverbände als amicus beteiligen, um ihre wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen. Dies gilt auch für ausländische Unternehmen, dazu oben §  2 B. II. 2. b) bb) (ii). 29  In Betracht käme in diesem Fall aber auch eine Intervention gemäß P. 12.2. 30  In Deutschland können Handelsbräuche etwa mittels Sachverständigen festgestellt werden, näher Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, §  346 Rn.  13. 28 

§  4  Principles of Transnational Civil Procedure

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IV. Kritik Fälle, die ein breites öffentliches Interesse hervorrufen, können zu einer Beteiligung einer Vielzahl von verschiedenen amici führen, seien es ausländische Staaten, Nichtregierungsorganisationen oder andere Interessenverbände. Auch wirtschaftliche Interessen können durch unterschiedlichste amici vertreten werden. Eine solch breite Beteiligung von außen könnte zur Folge haben, dass die Parteien statt den Principles eine Schiedsordnung wählen, die das Instrument des amicus nicht kennt.31 Dabei ist freilich einschränkend anzumerken, dass die ICSID-Schiedsordnung den amicus bereits kodifiziert hat.32 Auch unter den UNCITRAL AR ist das Instrument schon zur Anwendung gelangt.33 In der Literatur finden sich zudem Überlegungen, inwiefern sich das Prinzip des amicus allgemein in der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit durchsetzen könnte.34 Dennoch finden sich auch Schiedsordnungen, die das Instrument des amicus noch nicht kennen.35 Insofern ist die Möglichkeit eines Ausweichens der Parteien auf andere Formen der Streitbeilegung wegen einer etwaigen amicus-Partizipation gegeben. Um dieser Gefahr zu begegnen, könnte man eine amicus-Beteiligung als Ausnahme deklarieren.36 In den Principles könnte die Bemerkung stehen, der amicus komme nur bei außergewöhnlichen Fallgestaltungen zur Anwendung. Einer solchen Regelung wäre die Frage immanent, wann außergewöhnliche Fallgestaltungen in Frage kommen. Damit würde dem erkennenden Spruchkörper die undankbare Aufgabe zu Teil, den anhängigen Rechtsstreit einer Prüfung der Außergewöhnlichkeit zu unterziehen. Dies erscheint wenig praktikabel. Vielmehr ist zu begrüßen, dass der amicus in den Principles ohne diese Einschränkungen kodifiziert wurde. Die Parteien sollten ein Interesse an einer möglichst ausgewogenen Entscheidung des Spruchkörpers haben. Amicus briefs können dazu beitragen, indem sie das Gericht über verschiedene Interessen und Standpunkte in Kenntnis setzen. Aus Sicht der Parteien ist zudem anzumerken, dass für den Fall einer Unterstützung von Partei A durch amici, es ebenso denkbar ist, dass Partei B durch einen weiteren amicus unterstützt wird. Insofern könnten die Parteien sogar ein Interesse an einer amicus-Beteiligung haben. 31  So ausdrücklich Remarks and Comments, UNDIROIT Doc. 5 S.  8, in dem für eine komplette Streichung des amicus plädiert wird. 32  Rule 37.2 ICSID AR. 33  Dazu ausführlich unten §  6. 34  Friedland, in: Mistelis/Lew, Pervasive Problems in International Arbitration, S.  321 ff.; Bellhouse, CJQ 2004, 182, 194 ff. 35  Zu berücksichtigen sind nunmehr aber die UNCITRAL Transparency Rules. In deren Art.  4 wird das Instrument des amicus für Investitionsschiedsverfahren normiert, dazu näher unten §  6 B. II. 2. a). 36  Report on the Third Session, UNDIROIT Doc. 8, S.  55.

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

C.  Amicus curiae – prozessualer Status Wie die Untersuchungen für das amerikanische und europäische Recht gezeigt haben, ist der amicus ein Instrument sui generis. Fraglich ist, ob gleiches auch für die Principles gilt. Der amicus ist keine Partei des Verfahrens. Er ist auch kein am Prozess be­ teiligter Dritter. Als solchen kennen die PTCP nur das Instrument der Inter­ven­tion, P. 12.2 PTCP. In Kommentar P-13A PTCP findet sich der Hinweis, der amicus sei eine nonparty. Dies trifft so ebenfalls für das amerikanische Recht zu.37 Überlegenswert ist, ob der amicus nicht als Sachverständiger qualifiziert werden kann. Sachverständige sind in P. 22.4 PTCP geregelt. Dagegen spricht zum einen, dass amici oftmals aus eigener Initiative am Verfahren teilnehmen. Anders als beim europäischen Kartellrecht38 sind die amici in den PTCP zudem nicht der Neutralität verpflichtet. Vielmehr wird der amicus regelmäßig eigene Interessen verfolgen. Lediglich in Fällen, in denen der amicus getreu seiner Bezeichnung als neutrale Stütze des Gerichts agiert, verschwimmt die Grenze zum Sachverständigen. Insbesondere in solchen Fällen ist fraglich, inwieweit die Ausführungen des amicus beweisrechtlich relevant sind.39 In der Mehrzahl der Fälle wird eine solche Einordnung jedoch nicht mit dem Interesse des amicus ver­einbar sein. Der amicus ist vielmehr als Instrument sui generis zu qualifi­ zieren.

D.  Abgrenzung Abzugrenzen ist der amicus von der Intervention. Beide Instrumente ermöglichen es Dritten am Prozess teilzunehmen. Die Intervention ist in P. 12.2 PTCP der Principles geregelt. Voraussetzung für eine solche ist ausweislich P. 12.2 PTCP ein substantielles, mit dem Streitgegenstand verbundenes Interesse. Dies wird für amici gerade nicht gefordert. Dem Intervenienten kommen zudem die gleichen Rechte zu wie einer Partei, P. 12.4 PTCP. Der amicus kann im Wesentlichen lediglich eine Stellungnahme abgeben. Daher ist der amicus vom Instrument der Intervention hinreichend abgrenzbar.

37 

Oben §  2 C. Oben §  3 B. I. 2., 3. 39  Dazu ausführlich unten §  11 A. III. 38 

§  4  Principles of Transnational Civil Procedure

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E.  Zusammenfassung Die Kodifikation des amicus im Rahmen der PTCP verdeutlicht den Modell­ charakter dieses Instruments für zukünftige Entwicklungen im internationalen Zivilprozessrecht. Dabei können gerade auch Handelsstreitigkeiten Belange des öffentlichen Interesses berühren.40 Daneben kann aber auch ein wirtschaftliches Interesse oder die Unterstützung des Gerichts eine wichtige Funktion sein.41 Neben dem potentiellen Nutzen einer amicus-Beteiligung sind jedoch auch kritische Fragen, etwa im Hinblick auf die Parteiinteressen, zu stellen.42 Im Prozess nimmt der amicus den Status als Instrument sui generis ein.43 Abzugrenzen ist der amicus von der Intervention.44

40 

Oben §  4 B. I. Oben §  4 B. II., III. 42  Oben § 4 B, IV. 43  Oben §  4 C. 44  Oben §  4 D. 41 

§  5  Welthandelsrecht Amicus-Stellungnahmen im Bereich des Welthandelsrechts sind eine höchst umstrittene Thematik. Verschiedentlich haben sich die Spruchkörper der WTO, Panels und Appellate Body, hierzu geäußert. Mittlerweile entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass sowohl die Panels als auch der Appellate Body amicus briefs annehmen können. Fraglich ist jedoch, ob diese Sichtweise mit dem intergouvernementalen Streitschlichtungssystem des Dispute Settlement Under­ standing, DSU, kompatibel ist. Dabei stellt sich die Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit nach wie vor, da eine Kodifizierung von amicus briefs immer noch nicht erfolgt ist. Zunächst jedoch gilt es sich mittels einer kurzen Ein­ führung mit den Grundprinzipien der Streiterledigung der WTO vertraut zu machen.1

A.  Einführung in die Streitbeilegung der WTO Das Recht der WTO ist Teil des Völkerrechts, genauer des Wirtschaftsvölkerrechts.2 Akteure sind daher vornehmlich Staaten.3 Die Streitbeilegung im Völkerrecht ist eine vielschichtige Thematik, auf deren genauere Behandlung aufgrund des Vorhandenseins einer Reihe von Vorarbeiten nicht im Einzelnen 1 

Hinsichtlich der materiellen Funktion der WTO sei hier lediglich auf die Differenzierung der drei materiellrechtlichen Hauptkomponenten Warenhandel, Dienstleistungshandel sowie geistiges Eigentum hingewiesen. Der Warenhandel findet sich vor allem im GATT 1994 geregelt, welches Regelungen hinsichtlich Zöllen und anderen protektionistischen Maßnahmen enthält, näher beispielsweise Tietje, in: ders., Internationales Wirtschaftsrecht, S.  179 ff. Überblick auch bei Dolzer/Kreuter-Kirchhof, in: Vitzthum/Proeßl, Völkerrecht, S.  490 ff. 2  Arnauld, Völkerrecht, S.  388 f. 3  Arnauld, Völkerrecht, S.  396 weist auf die Wahrnehmung der Interessen von Privaten durch Staaten hin, sogenannte Mediatisierung. Mit den Beteiligungsmöglichkeiten Privater im Wirtschaftsvölkerrecht haben sich jedoch u. a. Schwartmann, Private im Wirtschaftsvölkerrecht, passim; Knahr, Participation of Non-State Actors in the Dispute Settlement System of the WTO, passim; Schewe, Die Beteiligung nichtstaatlicher Akteure in Streitschlichtungssystemen des internationalen Handels, S.  82 ff.; Nowrot, Normative Ordnungsstruktur und private Wirkungsmacht, insbesondere S.  377 ff., auseinandergesetzt.

§  5  Welthandelsrecht

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einzugehen ist.4 Grundsätzlich kann die Streitbeilegung im Wege diplomatischer Verhandlungen5 oder gerichtlicher6 beziehungsweise schiedsgerichtlicher7 Verfahren erfolgen. Die Streitbeilegung im Rahmen der WTO ist ebenso vielfach Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung geworden, weswegen ein generelles Eingehen hierauf lediglich in der gebotenen Kürze erfolgt.8 Fraglich ist zunächst, wie das WTO-Streitbeilegungsverfahren in den Gesamtkontext völkerrechtlicher Streitbeilegung einzuordnen ist. Die in Art.  4 DSU geregelten Konsultationen können als Element einer diplomatischen Ausrichtung der Streitbeilegung verstanden werden. Panel- und Rechtsmittelverfahren vor dem Appellate Body erinnern an ein gerichtliches Verfahren. Insofern besteht eine Zwitterstellung.9 Abgesehen von der Rolle der Konsulationen ist darüber hinaus fraglich, inwieweit die Streitbeilegung einen gerichtlichen Charakter hat. Der Annahme eines solchen steht zunächst wesentlich10 entgegen, dass die Entscheidungen, die Panel und Appellate Body treffen, erst noch vom Dispute Settlement Body, DSB, angenommen werden müssen.11 Allerdings kommt eine Nichtannahme lediglich im Falle eines negativen Konsens des DSB in Be4  Einen Überblick gewährt u. a. Letzel, Streitbeilegung im Rahmen der Welthandels­ organisation, S.  83 ff.; unter dem Punkt Durchsetzung des Völkerrechts finden sich auch bei Arnauld, Völkerrecht, S.  181 ff. Ausführungen. 5  Merrills, International Dispute Settlement, S.  2 merkt dazu an: „In fact in practice, negotiation is employed more frequently than all other methods put together.“ Darauf hinweisend auch Letzel, Streitbeilegung im Rahmen der Welthandelsorganisation, S.  83. 6  Für den Bereich des Völkerrechts ist der Internationale Gerichtshof wegweisend, daneben existieren noch der Internationale Seegerichtshof und der Internationale Strafgerichtshof, vgl. Arnauld, Völkerrecht, S.  186 f. 7  Zur Beilegung völkerrechtlicher Streitigkeiten im Rahmen von Schiedsverfahren vgl. die einleitenden Bemerkungen bei Arnauld, Völkerrecht, S.  184 f.; etwas vertiefter, Merrills, International Dispute Settlement, 4.  Aufl., S.  83 ff. 8  Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen ist das DSU. Dazu zählt auch der Appendix, der unter Punkt 3 die Panel-WP enthält. Appendix 2 des DSU listet Fälle auf, in denen spezielle Regelungen einschlägig sind, vertiefend Stoll, in: Wolfrum/Stoll/Kaiser, WTO – Institutions and Dispute Settlement, Art.  1 DSU, Rn.  15 ff. Hinzugezogen werden müssen schließlich noch die WPAR. 9  Hilf/Salomon, in: Hilf/Oeter, WTO-Recht, S.  166 formulieren treffend: „Es scheint, als hätten sich die Mitgliedstaaten eine Chimäre aus echter Gerichtsbarkeit und einvernehmlicher Streitbeilegung erschaffen, die ihre Souveränität schont und trotzdem alle für die nicht­ hierarchische Konfliktlösung unter Gleichberechtigten notwendigen Anlagen in sich vereint.“ 10  Auch die Bezeichnung Panel und Appellate Body und nicht Court und Appellate Court spricht gegen eine klare Einordnung als gerichtliches Verfahren, Hilf/Salomon, in: Hilf/­ Oeter, WTO-Recht, S.  167 m. w. N. 11  Art.  12 Abs.  7 DSU ordnet die Vorlage des Panelreports vor den DSB an. Art.  17 Abs.  14 DSU ordnet die Vorlage des Reports des Appellate Body vor den DSB an.

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

tracht.12 Die Beschlüsse von Panel und Appellate Body sind also quasi verbindlich, da eine Ablehnung durch alle Mitglieder des DSB, also alle Staaten, erfolgen müsste. Insofern können Verfahren vor Panel und Appellate Body als gerichtsähnliche Verfahren bezeichnet werden.13 Die Ausgestaltung eines solchen Verfahrens, sein Ablauf und seine Struktur werden im Laufe des zweiten Teils – bei den sich dort jeweils ergebenden prozessualen Fragestellungen – erörtert. Für diese Einführung genügt es, den gerichtsähnlichen Charakter der WTO-­ Streitbeilegung herausgestellt zu haben. Daher kann der Fokus nunmehr auf die Zulässigkeit von amicus-Stellungnahmen gerichtet werden.

B.  Zulässigkeit von amicus briefs Die Zulässigkeit von amicus briefs im Rahmen der WTO ist heftig umstritten. Dies hat mehrere Gründe. Zum einen findet sich im Wortlaut des DSU das Inst­ rument des amicus nicht wieder. Weiterhin bestanden zwischen den Spruchkörpern der WTO Differenzen. Auch die Mitglieder der WTO sind sich in Bezug auf die Frage der Zulässigkeit uneins. Verkompliziert wird die Angelegenheit zusätzlich, da für Panel und Appellate Body unterschiedliche Regelungen als Maßstab der Zulässigkeit heranzuziehen sind. Zu differenzieren ist weiterhin zwischen Stellungnahmen, die auf Anfrage des Spruchkörpers eingereicht werden und solchen, die auf Initiative des amicus selbst erfolgen. Wesentlicher Gesichtspunkt ist zudem die Frage, inwiefern dem DSU ein intergouvernementales Verständnis der Streitbeilegung zugrunde liegt und ob amicus-Stellungnahmen bei einem solchen Verständnis als Fremdkörper erscheinen.

I.  Rechtsprechungsentwicklung und Auslegungsmaßstab Bevor unter Berücksichtigung der eben genannten Kriterien in die eigentliche Debatte über die Zulässigkeit von amicus briefs eingestiegen werden kann, soll ein kurzer Abriss der relevanten Entscheidungen erfolgen. 12  Dies ergibt sich aus Fn.  1 zu Art.  2.4 DSU. Demnach sind alle Beschlüsse des DSB – zu dessen Befugnissen im Allgemeinen, Hilf/Salomon, in: Hilf/Oeter, WTO-Recht, S.  170 – dann angenommen, wenn nicht alle Mitglieder des DSB dagegen stimmen. Mitglieder des DSB sind gemäß Art. IV: 3, 4 WTO Übereinkommen Mitglieder des Allgemeinen Rats, also gemäß Art. IV:2 WTO Übereinkommen Mitglieder der WTO. 13  Weiß, in: Herrmann/Weiß/Ohler, Welthandelsrecht, S.  126. Ähnlich auch Merrills, International Dispute Settlement, S.  197 der ebenso auf die Quasi-Verbindlichkeit von Panel beziehungsweise Appellate Body Beschlüssen hinweist. Auch Wald, in: Janow/Donaldson/ Yanovich, The WTO, S.  671 f. weist auf einige gerichtsähnliche Aspekte hin.

§  5  Welthandelsrecht

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1.  Rechtsprechungsentwicklung Im Rahmen der Zulässigkeit von amicus briefs nimmt das Verfahren US – Shrimp14 eine zentrale Rolle ein. Dabei darf nicht übersehen werden, dass bereits in zwei vorhergehenden Verfahren amicus briefs eingereicht wurden.15 Diese wurden jedoch weder vom Panel noch vom Appellate Body berücksichtigt. In dem Verfahren US – Shrimp änderte sich dies grundlegend. Das Panel befasste sich erstmals mit der Zulässigkeit eines unaufgefordert eingereichten amicus briefs und hielt dessen Einreichung für unzulässig.16 Gleichzeitig ermöglichte das Panel den beteiligten Parteien, Teile der amicus-Stellungnahme in ihre Schriftsätze aufzunehmen. Die Vereinigten Staaten verfuhren so. Im folgenden Rechtsmittelverfahren ließen die Vereinigten Staaten unter anderem die Rechtsauffassung des Panels in Bezug auf unaufgefordert eingereichte amicus briefs überprüfen. Zur Überraschung vieler Beobachter entschied der Appellate Body, es sei den Panels sehr wohl möglich, unaufgeforderte amicus briefs entgegenzunehmen.17 Zudem durften die Parteien in Rechtsmittelverfahren amicus briefs als Teil ihres Parteivortrags beifügen.18 In dem Verfahren US – Lead and Bismuth II entschied der Appellate Body, auch er selbst könne unaufgeforderte amicus briefs 14  United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Panel vom 15.05.1998, WT/DS58/R; Bericht des Appellate Body vom 12.10.1998, WT/DS58/ AB/R. 15  United States – Standards for Reformulated and Conventional Gasoline, Bericht des Panels, vom 29.01.1996, WT/DS/2/R; EC – Measures Concerning Meat and Meat Products (Hormones), Bericht des Panel, vom 18.08.1997, WT/DS/26/R, dazu: Ala’i, 24 Fordham Int’l L.J. 62, 68 (2000); Marceau/Stilwell, 4 JIEL 155, 158 (2001); Ohlhoff/Schloemann, in: Bogandy/­Wolfrum, 5 Max Planck Yearbook of United Nations Law 2001, S.  687; Schneider, 7 Widener L. Symp. J. 87, 96 (2001). 16  United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Panel vom 15.05.1998, WT/DS58/R, Rn.  7.8. 17  United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Appellate Body vom 12.10.1998, WT/DS58/AB/R, Rn.  110. 18  United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Appellate Body vom 12.10.1998, WT/DS58/AB/R Rn.  89: „We consider that the attaching of a brief or other material to the submission of either appellant or appellee, no matter how or where such material may have originated, renders that material at least prima facie an integral part of that participant’s submission.“ (Hervorhebung im Original) In der Literatur wird zudem darauf hingewiesen, dass eine der beteiligten Nichtregierungsorganisationen einen, gegenüber dem den Parteivortrag beigefügten, erweiterten amicus brief direkt an den Appellate Body weiterleitete, Stern, in: Macrory/Appleton/Plummer, The World Trade Organization, Vol. 1, S.  1434; Howse, 9 European L.J. 496, 498 (2003). Der Appellate Body selbst nahm hierzu nicht Stellung. Dies wurde in der Literatur wiederum so gedeutet, dass der Appellate Body davon ausginge, er selbst könne Stellungnahmen von Nichtmitgliedern nicht entgegennehmen, Appleton, 2 JIEL 477, 487 (1999).

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

entgegennehmen.19 Diese Auffassung bestätigte er in dem Verfahren EC – As­ bestos.20 Die Besonderheit letzteren Verfahrens rührt daher, dass der Appellate Body seine Kompetenz aus Ziff.  16 Abs.  1 WPAR 21 zur Verabschiedung einer Additional Procedure22 nutzte. In dieser legte er das weitere Verfahren für das Einreichen von amicus briefs fest. In dem Verfahren EC – Sardines bekamen auch die Mitglieder der WTO die Möglichkeit, amicus briefs einzureichen.23 Anhand dieses kurzen Abrisses über die wichtigsten Entscheidungen bezüglich der Zulässigkeit von amicus briefs lassen sich mehrere Probleme herauskristallisieren: Wichtig ist die bereits angesprochene Differenzierung zwischen Panels und Appellate Body.24 Für beide Bereiche gelten unterschiedliche Normen und Voraussetzungen, weswegen eine rechtliche Beurteilung getrennt zu erfolgen hat. Auffällig ist zudem, dass sowohl Panel als auch Appellate Body von unaufgefordert eingereichten amicus briefs sprechen. Eine amicus-Beteiligung kann jedoch auch – wie im Rahmen des U.S.-amerikanischen Rechts und des europäischen Kartellrechts verdeutlicht – auf Initiative des Gerichts erfolgen. Zwar hat bisher noch kein Spruchkörper der WTO einen solchen brief anUnited States – Imposition of Countervailing Duties on Certain Hot-Rolled Lead and Bismuth Carbon Steel Products Originating in the United Kingdom, Bericht des Appellate Body vom 10.05.2000, WT/DS138/AB/R, Rn.  42. 20  European Communities – Measures Affecting Asbestos and Asbestos-Containing Products, Bericht des Appellate Body vom 12.03.2001, WT/DS135/AB/R, Rn.  50 ff. 21  Art.  16 Abs.  1 WPAR (Working Procedures for Appellate Review) lautet: „In the interests of fairness and orderly procedure in the conduct of an appeal, where a procedural question arises that is not covered by these Rules, a division may adopt an appropriate procedure for the purposes of that appeal only, provided that it is not inconsistent with the DSU, the other covered agreements and these Rules. Where such a procedure is adopted, the division shall immediately notify the parties to the dispute, participants, third parties and third participants as well as the other Members of the Appellate Body.“ Diese Norm verdeutlicht, dass die Additional Procedure unmittelbar nur für ein Verfahren gilt. 22  Diese findet sich in dem Dokument WT/DS135/9 wieder und wurde auf der Webseite der WTO veröffentlicht. Die Additional Procedure ist zudem in European Communities – Measures Affecting Asbestos and Asbestos-Containing Products, Bericht des Appellate Body vom 12.03.2001, WT/DS135/AB/R, Rn.  52 abgedruckt. 23  European Communities – Trade Description of Sardines, Bericht des Appellate Body vom 26.09.2002, WT/DS231/AB/R, Rn.  167. Im Rahmen der Frage nach der Zulässigkeit von amicus briefs wirft die Beteiligung von Mitgliedern der WTO als amicus keine neuen Fragen auf. Jedoch wird auf diese Entscheidung im Rahmen der Abgrenzung erneut einzugehen sein. 24  Eine solche Differenzierung findet sich auch bei Weber, Prozessuale Aspekte der Streitbeilegung im institutionellen Rahmen der Welthandelsorganisation, S.  53 ff., 87 ff.; Umbricht, 4 JIEL 773, 787 (2001); Kaubisch, ELSA SPEL 2004, 36, 37; Odumosu, Can. Yb. Int’l L. 2006, 353, 370 ff.; Marceau/Stilwell, 4 JIEL 155, 158 ff. (2001); Lim, 4 Chinese JIL 85, 91 (2005). Schöbener/Herbst/Perkams, Internationales Wirtschaftsrecht, S.  211 nehmen eine solche Differenzierung nicht vor und qualifizieren gleichsam fehlerhaft Normen, die lediglich für das Panel gelten, als Grundlage für amicus briefs vor dem Appellate Body. 19 

§  5  Welthandelsrecht

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gefordert, dennoch ist bei der Bewertung der Zulässigkeit zwischen diesen Formen zu unterscheiden. 2.  Der Auslegungsmaßstab Vorab ist noch zu klären, wie die Auslegung von Normen des DSU vonstattengeht. Der DSU ist als Teil des Welthandelsübereinkommens ein völkerrecht­ licher Vertrag. Daher wäre es verfehlt, die gängigen Auslegungsmethoden des nationalen Rechts zur Anwendung zu bringen. Die Vertragsparteien des Welthandelsübereinkommens haben dies erkannt. In Art.  3 Abs.  2 DSU ist festgelegt, dass sich die Auslegung nach den „customary rules of interpretation of public international law“ richtet. Damit ist insbesondere Art.  31 der Wiener Vertragskonvention, WVK, gemeint.25 Art.  31 Abs.  1 WVK orientiert sich an Wortlaut, systematischem Kontext sowie Sinn und Zweck. Art.  32 WVK stellt auf die hi­ storische Auslegung ab. Im Ergebnis findet sich damit der gängige Auslegungs­ kanon des nationalen Rechts wieder. Allerdings ist der Wortlaut dem Appellate Body zufolge gegenüber den anderen Auslegungsmethoden vorrangig.26

II.  Die Panel-Ebene Nachdem die zeitliche Abfolge der Entscheidungen und der Auslegungsmaßstab behandelt sind, kann nunmehr in die eigentliche rechtliche Prüfung der Zulässigkeit von amicus-Stellungnahmen eingestiegen werden. Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob sich unmittelbar oder mittelbar aus den Bestimmungen des DSU ein Verbot für die Einreichung solcher briefs ergibt. Stoll, in: Wolfrum/Stoll/Kaiser, WTO – Institutions and Dispute Settlement, Art.  3 DSU Rn.  14 ff.; ausführlich zur Frage, warum Art.  31–33 WVK hier zur Anwendung gelangen, Van Damme, Treaty Interpretation by the WTO Appellate Body, S.  73 ff.; vgl. auch Weber, Prozessuale Aspekte der Streitbeilegung im institutionellen Rahmen der Welthandelsorganisation, S.  54 ff. Panel und Appellate Body haben in mehreren Entscheidungen verdeutlicht, dass insbesondere Art.  31 WVK die zentrale Auslegungsnorm darstellt: United States – Standards for Reformulated and Conventional Gasoline, Bericht des Appellate Body vom 29.04.1996, WT/DS2/AB/R, S.  15; India – Patent Protection for Pharmaceutical and Agricultural Chemical Products, Bericht des Appellate Body vom 19.12.1997, WT/DS50/AB/R, Rn.  46; Japan – Taxes on Alcoholic Beverages, Bericht des Appellate Body vom 4.10.1996, WT/DS8/AB/R, WT/DS10/AB/R, WT/DS11/AB/R, S.  9 –11; United States – Anti-Dumping Duty on Dynamic Random Access Memory Semiconductors (DRAMS) of One Megabit or Above from Korea, Bericht des Panels vom 29.01.1999, WT/DS99/R, Rn.  6.13. 26  „[…] interpretation must be based above all upon the text of the treaty“, Japan – Taxes on Alcoholic Beverages, WT/DS8/AB/R, WT/DS10/AB/R, WT/DS11/AB/R, Bericht des Appellate Body vom 04.10.1996, S.  10. Dazu auch Weber, Prozessuale Aspekte der Streitbeilegung im institutionellen Rahmen der Welthandelsorganisation, S.  57. 25 

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

1.  Verbot von amicus briefs In dem Verfahren US – Shrimp stützte das Panel seine ablehnende Haltung in Bezug auf amicus briefs auf Art.  13 DSU. Gemäß Art.  13 Abs.  1 S.  1 DSU hat das Panel das Recht, „to seek information and technical advice from any individual or body which it deems appropriate.“ Art.  13 Abs.  2 S.  1 DSU erweitert dieses Recht, indem die Konsultation von experts ermöglicht wird. Der Argumentation des Panels zufolge bringt Art.  13 DSU zum Ausdruck, dass die Initiative für das Ersuchen solcher Informationen ausschließlich beim Panel selbst liege, daher seien unaufgeforderte amicus briefs unzulässig.27 Eine andere Interpretation würde dem DSU zuwiderlaufen.28 Selbst wenn man in Übereinstimmung mit dem Panel in Art.  13 DSU eine Regelung erblickte, wonach die Initiative immer beim Panel selbst liegen müsse, ergäbe sich hieraus nicht ein Verbot von amicus-Stellungnahmen im Allgemeinen. Denn amicus briefs können wie bereits im Rahmen des U.S.-amerikanischen Rechts und des europäischen Kartellverfahrens gezeigt entweder auf Initiative des Gerichts hin erfolgen, oder aber auf Initiative des amicus selbst eingereicht werden. Nur für letztere würde Art.  13 DSU in der Sichtweise des Panels ein Verbot begründen. Der Appellate Body hingegen verwarf die Auslegung des Panels. Er führte aus, die Möglichkeit, nach Art.  13 DSU Informationen zu suchen, umfasse gleichzeitig das Recht, diese nicht zu suchen. Informationen oder Hilfe, die das Panel gesucht habe, könne das Panel entweder verwerten oder verwerfen.29 Auf den ersten Blick stellen diese Ausführungen eine Selbstverständlichkeit dar. Auf der anderen Seite verdeutlichen sie, dass die Rechte, die das Panel genießt, nicht abschließend im Text des DSU geregelt sind.30 Der DSU selbst gibt keine Auskunft darüber, wie das Panel mit den erhaltenen Informationen zu verfahren hat.31 Nimmt man diese Überlegung als Ausgangspunkt, kann man den Umkehrschluss des Panels, Art.  13 DSU erlaube nur das aktive Suchen nach Informationen, daher sei die passive Entgegennahme unzulässig, als fehlerhaft ab27  United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Panel vom 15.05.1998, WT/DS58/R, Rn.  3.129 ff., 7.7 ff. 28  United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Panel vom 15.05.1998, WT/DS58/R, Rn.  7.8. 29  United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Appellate Body vom 12.10.1998, WT/DS58/AB/R Rn.  104. 30  Zu dem Aspekt, dass der DSU kein vollständiges Regelwerk ist, auch Howse, in: Cottier/Mavroidis, The Role of the Judge in International Trade Regulation, S.  23; Bartels, 53 ICLQ 861, 873 ff. (2004), der einige Situationen benennt, in denen Panels zur Erfüllung ihrer Pflicht nach Art.  11 DSU gezwungen sein können, auch über nicht geregelte Aspekte zu entscheiden. 31  United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Appellate Body vom 12.10.1998, WT/DS58/AB/R, Rn.  104.

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weisen. Der Appellate Body hat den nicht abschließenden Charakter von Art.  13 DSU nachvollziehbar verdeutlicht. Eine Norm, die selbst nicht abschließend die sich aus ihr ergebenden Rechte umschreibt, kann im Umkehrschluss nicht für den Schluss herhalten, eine bestimmte Verhaltensweise sei verboten. Eventuell ergibt sich ein solches Verbot jedoch aus anderen Regelungen des DSU. Art.  10 DSU regelt die Beteiligung Dritter am Verfahren. Danach können sich lediglich Mitglieder am Verfahren beteiligen, Art.  10 Abs.  2 S.  1 DSU, wodurch dem intergouvernementalen Charakter der Streitbeilegung Ausdruck verliehen wird.32 Art.  10 DSU verdeutlicht dabei zum einen, dass der DSU Regelungen über die Beteiligung Dritter am Verfahren trifft und zum anderen, dass nur Mitglieder solche Dritte sein können. Folgt daher aus Art.  10 DSU ein Verbot weiterer Beteiligungsformen, insbesondere von Nichtmitgliedern?33 Eine solche Annahme verfängt nicht. Methodisch gestützt ist sie auf dem argumentum e contrario. Diesem zufolge muss eine gesetzliche Regelung als abschließend betrachtet werden, so dass nur bei Vorliegen des gesetzlichen Tatbestands die Rechtsfolge eintreten kann, in anderen Fällen hingegen nicht.34 Es ist aber generell unpassend diese Methode auf das Recht der WTO zu übertragen. Der DSU ist an vielen Stellen unvollständig,35 so findet sich beispielsweise keine Regelung, wie der Appellate Body mit den Schriftsätzen der Parteien zu verfahren hat.36 Für ein unvollständiges Werk verbietet es sich jedoch, einen Schluss e contrario zu ziehen. 32  Dieser ergibt sich bereits aus Art.  1 Abs.  1 DSU. Dies betont auch Ohlhoff, in: Prieß/ Berrisch, WTO-Handbuch, S.  699 ausdrücklich. Dazu auch: Schewe, Die Beteiligung nichtstaatlicher Akteure in Streitschlichtungssystemen des internationalen Handels, S.  67; Palmeter/Mavroidis, Dispute Settlement in the World Trade Organization, S.  29. Dies ergibt sich ebenfalls aus Art.  4 Abs.  1 DSU, dazu ausführlich: Letzel, Streitbeilegung im Rahmen der Welthandelsorganisation, S.  253 ff.; der Appellate Body führt hierzu aus: „Only members may become parties to a dispute of which a panel may be seized“, United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Appellate Body vom 6.11.1998, WT/DS58/AB/R, Rn.  101. 33  Auf diesen Aspekt ebenso hinweisend Weber, Prozessuale Aspekte der Streitbeilegung im institutionellen Rahmen der Welthandelsorganisation, S.  63; Kaubisch, ELSA SPEL 2004, 36, 40; Schewe, Die Beteiligung nichtstaatlicher Akteure in Streitschlichtungssystemen des internationalen Handels, S.  149 f. In United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Products – Recourse to Article 21.5 of the DSU, Bericht des Panels vom 15.06.2001, WT/DS58/RW, Rn.  3.8 argumentiert Malaysia mit Art.  10 DSU. 34  Honsell, in: Staudinger, Einleitung zum BGB, Rn.  158. In englischsprachigen Rechtsordnungen wird diese Methode als expressio unius est exclusio alterius bezeichnet, vgl. in Bezug zur WTO Robbins, 44 Harv. Int’l L.J. 317, 318 (2003). 35  Howse, in: Cottier/Mavroidis, The Role of the Judge in International Trade Regulation, S.  23; Bartels, 53 ICLQ 861, 873 (2004); Palmeter/Mavroidis, Dispute Settlement in the World Trade Organization, S.  108 „Few formal procedural rules govern the operations of panels.“ 36  Howse, in: Cottier/Mavroidis, The Role of the Judge in International Trade Regulation,

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

Selbst wenn man ihn zöge, wäre der gemeinsame Tatbestand die Beteiligung von Dritten am Prozess. Diese haben ausweislich Art.  10 Abs.  2 DSU das Recht, vom Panel gehört zu werden und schriftliche Stellungnahmen gegenüber dem Panel einzureichen. Zudem haben sie das Recht, die Schriftsätze der Parteien einzusehen, Art.  10 Abs.  3 DSU. Diese Rechte stellen daher die Rechtsfolge bei einer Beteiligung gemäß Art.  10 Abs.  2 DSU dar. Die Beteiligung von amici steht hingegen im Ermessen des Panels, ihnen kommt kein Recht auf Beteiligung zu.37 Amici haben ebenfalls kein Recht, vom Panel gehört zu werden oder die Schriftsätze der Parteien einzusehen.38 Eine Beteiligung mittels eines amicus briefs ist daher von der Rechtsfolge nicht mit einer Beteiligung gemäß Art.  10 Abs.  2 DSU zu vergleichen. Das argumentum e contrario ist daher weder ein geeigneter juristischer Schluss im Zusammenhang mit dem Recht der WTO, noch auf das Verhältnis von Drittbeteiligung nach Art.  10 Abs.  2 DSU und amicus briefs anzuwenden. Ein mittelbares Verbot könnte sich jedoch aus Art.  19 Abs.  2 DSU ergeben.39 Art.  19 Abs.  2 DSU regelt, unter Hinweise auf Art.  3 Abs.  2 DSU, dass Panel und Appellate Body die Rechte und Pflichten der Mitglieder nicht erweitern oder einschränken können. Amicus briefs könnten zur Einschränkung der Rechte der Mitglieder führen, indem es Nichtmitgliedern erlaubt wird, sich am Dispute Settlement zu beteiligen. Diese Annahme ist jedoch wenig überzeugend. Wie bereits gezeigt, haben Nichtmitglieder gerade keinen Anspruch auf Teilnahme am Prozess im Wege des amicus briefs. Im Hinblick auf die Wahrung prozessualer Grundsätze wie etwa den Beibringungsgrundsatz ergeben

S.  14. Mavroidis, in: Janov/Donaldson/Yanowich, The WTO, S.  347 f. gibt als Beispiel für die Unvollständigkeit des DSU an, dass sich keine Regelungen über die Beweislastverteilung finden. Weitere Beispiele auch bei Kaubisch, ELSA SPEL 2004, 36, 43. 37  United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Appellate Body vom 12.10.1998, WT/DS58/AB/R, Rn.  101, „[…] only Members who are parties to the dispute, or who have notified their interest in becoming third parties in such a dispute to the DSB, have a legal right to make submissions to, and have a legal right to have those submission considered by, a panel.“ (Hervorhebung im Original) Rn.  107: „A panel has the discretionary authority either to accept and consider or to reject information and advice submitted to it, whether requested by a panel or not.“ (Hervorhebung im Original) Dazu auch: Hernandez-Lopez, 35 JWT 469, 488 (2001); Kaubisch, ELSA SPEL 2004, 36, 40; Appleton, 2 JIEL 477, 484 (1999). 38  Näher dazu unten §  9 A. II. 4. 39  Kaubisch, ELSA SPEL 2004, 36, 40; Bartholomeusz, 5 Non-State Actors & Int’l L. 209, 257 (2005); auch die Kritik einiger Mitglieder in Minutes of Meeting on 6 November 1998, WT/DSB/M/50, 14.12.1998: Thailand, S.  3, Pakistan, S.  5, Indien, S.  10, Brasilien, S.  13 und Japan S.  17.

§  5  Welthandelsrecht

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sich ebenfalls keine Einschränkungen, da im Welthandelsrecht im Wesentlichen der Untersuchungsgrundsatz gilt.40 Es besteht daher weder ein unmittelbares noch ein mittelbares Verbot von amicus briefs. Wünschenswert wäre es jedoch gewesen, wenn der Appellate Body in seiner Entscheidung US – Shrimp näher auf Art.  10 DSU eingegangen wäre. 2.  Grundlage für amicus briefs Zu fragen ist im nächsten Schritt, inwiefern die Vorschriften des DSU eine ausreichende Grundlage für die Akzeptanz von amicus briefs sind. Mögliche Grundlage könnte zunächst Art.  13 DSU sein. Nach den oben dargelegten Auslegungsregeln41 ist insbesondere der Wortlaut der Norm entscheidend. Art.  13 DSU ermächtigt das Panel, aus eigenem Antrieb Informationen zu suchen. Das übliche Verständnis von „suchen“ geht von einer Initiative des Suchenden aus.42 Wird eine Information übermittelt, hat man diese nicht gesucht. Orientiert man sich daher am Wortlaut von Art.  13 DSU ist dieser keine geeignete Grundlage.43 Dies wird jedoch auch nicht vom Appellate Body behauptet.44 Zwar ist der Appellate Body der Meinung, „seek“ sei vom Panel unnötig technisch und formell ausgelegt worden und eine weite Auslegung hier geboten,45 jedoch qualifizierte er Art.  13 DSU nicht als Grundlage für amicus briefs. Letzteres wird oftmals verkannt.46 40 

Dazu näher unten §  11 A. IV. 1. Oben §  5 B. I. 2. 42  Wahrig-Burfeind, Deutsches Wörterbuch, S.  1441. 43  Ebenso Mavroidis, in: Bogdandy/Mavroidis/Meny, European Integration and International Co-Ordination, S.  318 ff.; Kaubisch, ELSA SPEL 2004, 36, 39; so auch die Kritik in Minutes of Meeting on 6 November 1998, WT/DSB/M/50, der Mitglieder Thailand, S.  2 f, Pakistan, S.  5, Malaysia, S.  7, Indien, S.  7, Brasilien, S.  12 und Japan, S.  17; Howse, in: Weiler, The EU, the WTO, and the NAFTA, S.  49 f. versteht hingegen den Wortlaut weit und meint, dass „seek“ auch die Entgegennahme von Informationen enthalte. Dieser Ansatz ist wenig überzeugend. 44  Der Appellate Body enthält sich in United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Appellate Body vom 12.10.1998, WT/DS58/AB/R Rn.  99–110 aber auch einer klaren Festlegung, welche Norm beziehungsweise Normen des DSU eine geeignete Grundlage sein könnten. Dies ist wenig überzeugend. 45  United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Appellate Body vom 12.10.1998, WT/DS58/AB/R Rn.  107. 46  Weber, Prozessuale Aspekte der Streitbeilegung im institutionellen Rahmen der Welthandelsorganisation, S.  55 ff.; auch Odumosu, Candian YB of Int’l L. 2006, 353, 370 führt aus, der Appellate Body habe Art.  13 DSU als Grundlage herangezogen; ähnlich auch ­Reinisch/Irgel, 1 Non-State Actors & Int’l L. 127, 141 (2001); die Europäische Gemeinschaft führt in United States – Imposition of Countervailing Duties on Certain Hot-Rolled Lead and 41 

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

Der Appellate Body stellte in seiner Entscheidung US – Shrimp hingegen auch auf Art.  12 DSU ab.47 Art.  12, 13 DSU gemeinsam betrachtet bringen nach Meinung des Appellate Body zum Ausdruck, „that the DSU accords to a panel […] ample and extensive authority to undertake and to control the process by which it informs itself both of the relevant facts of the dispute and of the legal norms and principles applicable to such facts.“48 In Teilen der Literatur wird hieraus der Schluss gezogen, Grundlage für amicus briefs sei eine Zusammenschau von Art.  12, 13 DSU.49 Für eine solche Sichtweise spricht, dass Art.  31 Abs.  1 der WVK auch auf den systematischen Kontext der Norm abstellt.50 Als Grundlage für amicus briefs könnten insofern Art.  12, 13 DSU in Betracht ­kommen. Art.  12 Abs.  1 DSU ermöglicht es dem Panel, von seiner Working Procedure51 abzuweichen, wenn es sich mit den Parteien des Verfahrens verständigt hat. Diese Vorschrift bringt den Ermessensspielraum des Panels bei Ausgestaltung seiner Working Procedures zum Ausdruck. Mit Beschränkung auf jene verdeutlicht die Vorschrift aber auch, dass lediglich Fragen der Working Procedures zur Disposition des Panels stehen. Amicus briefs sind gerade nicht im Rahmen dieser geregelt. Daher geht der Verweis des Appellate Body auf Art.  12 Abs.  1 DSU fehl. Gemäß Art.  12 Abs.  2 DSU sollen Panelverfahren ein ausreichendes Maß an Flexibilität aufweisen, um qualitativ hochwertige Panelreports zu gewährleisten, wobei eine übermäßige Verzögerung vermieden werden soll. Amicus briefs stellen eine zusätzliche Informationsquelle dar und können dazu beitragen, den erkennenden Spruchkörper auf neue Aspekte hinzuweisen.52 Bismuth Carbon Steel Products Originating in the United Kingdom, Bericht des Appellate Body vom 10.05.2000, WT/DS138/AB/R, Rn.  36 aus „the basis for allowing amicus curiae briefs in panel proceedings is Article 13 of the DSU, as explained in United States – Shrimp.“ (Hervorhebung im Orginal). Schewe, Die Beteiligung nichtstaatlicher Akteure in Streitschlichtungssystemen des internationalen Handels, S.  148 f., geht hingegen auf das Zusammenspiel mehrerer Normen ein. 47  United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Appellate Body vom 12.10.1998, WT/DS58/AB/R Rn.  105, 106. 48  United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Appellate Body vom 12.10.1998, WT/DS58/AB/R Rn.  106. 49  Howse, in: Weiler, The EU, the WTO, and the NAFTA, S.  50; Umbricht, 4 JIEL 773, 784 f. (2001); Cawley, 23 Penn St. Int’l L. Rev. 47, 66 (2004); Kaubisch, ELSA SPEL 2004, 36, 39; Chinkin/Mackenzie, in: Boisson de Chazournes/Romano/Mackenzie, International Organizations and International Dispute Settlement, S.  150. 50  Zu diesem Aspekt Kaubisch, ELSA SPEL 2004, 36, 39. 51  Die Working Procedure für das Panel findet sich in Anhang 3 zum DSU. 52  Dazu ausführlich unten C. II.; amicus briefs als zusätzliche Informationsquelle würdigen auch Umbricht, 4 JIEL 773, 783 (2001); Bartholomeusz, 5 Non-State Actors & Int’l L. 209, 278 (2005); Hernandez-Lopez, 35 JWT 469, 485 f. (2001).

§  5  Welthandelsrecht

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Auch zu berücksichtigen sind Sinn und Zweck des Art.  13 DSU. Dieser will, wie bereits angesprochen, dem Panel ein eigenes Recht einräumen, Informationen zu suchen. Grund für die Normierung des Art.  13 DSU ist, dass Gerichte im common law nicht von sich aus nach Informationen suchen.53 In diesem Zusammenhang ist auch Art.  11 DSU zu sehen, der es dem Panel aufgibt, sich ein „objective assessment of the facts of the case“ zu bilden.54 Eine solche objektive Beurteilung ist nur möglich, wenn das Urteil auf einer möglichst breiten Tat­ sachenbasis beruht, wozu amicus briefs beitragen können. Problematisch bei der Wahl von Art.  12 und 13 DSU könnte die ausschließliche Bezugnahme von Art.  13 DSU auf Informationen und technische Hinweise sein.55 Amicus briefs enthalten jedoch oft auch eine rechtliche Komponente. Der Appellate Body hat jedoch den Panels das Recht eingeräumt, eine eigene rechtliche Argumentation zu entwickeln.56 Daher können Ansatzpunkte für diese Argumentation auch aus amicus briefs stammen. Art.  12, 13 DSU in Zusammenschau stellen eine ausreichende Grundlage für die Akzeptanz von unaufgeforderten amicus briefs auf der Panel-Ebene dar. Art.  12 Abs.  2 DSU gewährt dem Panel ein ausreichendes Maß an Flexibilität, um auch über nicht geregelte Konstellationen, wie etwa amicus briefs, entscheiden zu können. Aus Art.  13 DSU ergibt sich, die gesteigerte Bedeutung, die der DSU der Versorgung des Panels mit Informationen beimisst. Amicus briefs im Rahmen der Panelebene lassen sich daher auf eine ausreichende Grundlage im DSU stellen. Eine explizite Regelung von amicus briefs wäre jedoch wünschenswert und angemessen.

III.  Amicus briefs vor dem Appellate Body Nachdem die Zulässigkeit von amicus-Stellungnahmen vor den Panels bejaht wurde, ist nunmehr der Appellate Body in den Fokus zu nehmen.57 Art.  12, 13 DSU finden vor dem Appellate Body keine Anwendung, so dass die für die PaHowse, in: Weiler, The EU, the WTO and the NAFTA, S.  49. United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Appellate Body vom 12.10.1998, WT/DS58/AB/R Rn.  105; dazu auch: Durling/Hardin, in: Yerxa/Wilson, Key Issues in WTO Dispute Settlement, S.  223; Steger, in: Bogandy/Mavroidis/Meny, European Integration and International Co-Ordination, S.  428 f. 55  So die Argumentation der Europäischen Gemeinschaft in United States – Imposition of Countervailing Duties on Certain Hot-Rolled Lead and Bismuth Carbon Steel Products Originating in the United Kingdom, Bericht des Appellate Body vom 10.05.2000, WT/DS138/ AB/R, Rn.  36. 56  EC – Measures Concerning Meat and Meat Products (Hormones), Bericht des Appellate Body vom 16.01.1998, WT/DS26/AB/R, Rn.  156. 57  Dabei ist der Fokus der folgenden Ausführungen auf die rechtliche Zulässigkeit und 53 

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

nels gefundene Rechtsgrundlage wegfällt.58 Die Rechtmäßigkeit von amicus briefs ist daher erneut zu prüfen. Ähnlich der Frage nach der Zulässigkeit von amicus briefs im Rahmen der Panelebene ist zunächst zu fragen, aus welchen Normen des DSU sich möglicherweise ein unmittelbares oder mittelbares Verbot von amicus briefs ableiten lässt. 1.  Verbot von amicus briefs Art.  17 Abs.  4 S.  2 DSU regelt die Beteiligungsmöglichkeit von Dritten, third parties, an Verfahren vor dem Appellate Body. Ausweislich Art.  10 Abs.  2 S.  1 DSU umfasst der Begriff third party im Sinne des DSU nur Mitglieder der WTO. Insofern ergibt sich aus Art.  17 Abs.  4 S.  2 in Verbindung mit Art.  10 Abs.  2 S.  1 DSU, dass in Verfahren vor dem Appellate Body nur Mitglieder berechtigt sind, sich als Dritte zu betätigen. Der DSU enthält keine Regeln über die Beteiligung weiterer Akteure. Daher wird in der Literatur geschlussfolgert, andere als Mitglieder dürften sich nicht am Verfahren beteiligen.59 Es dient wieder das argumentum e contrario als Argumentationsgrundlage. Es gilt das dazu bereits oben Gesagte,60 mit einigen Ergänzungen. Die Rechte von Dritten gemäß Art.  17 Abs.  4 S.  2 DSU sind gegenüber Art.  10 Abs.  2, 3 DSU abgeschwächt, da die Möglichkeit zur mündlichen Verhandlung in das Ermessen des Gerichts gestellt wird. Dennoch sind sie im Vergleich zu einer Beteiligung als amicus wesentlich weitreichender. Amicus briefs sind daher auch im Rechtsmittelverfahren von der Rechtsfolge her weniger weitreichend als eine Beteiligung gemäß Art.  17 Abs.  4 S.  2 DSU. Ein Verbot von amicus briefs im Rahmen von Rechtsmittelprozessen könnte sich ferner aus Art.  17 Abs.  6 DSU ergeben.61 Danach ist das Rechtsmittel nur nicht die politische Angemessenheit von amicus-Stellungnahmen gerichtet. Zu Letzterem siehe unten §  5 C. III., V. 58  Auf diesen Aspekt hinweisend: Schewe, Die Beteiligung nichtstaatlicher Akteure in Streitschlichtungssystemen des internationalen Handels, S.  150; Robbins, 44 Harv. Int’l L.J. 317, 319 (2003); Kaubisch, ELSA SPEL 2004, 36, 41; Umbricht, 4 JIEL 773, 789 (2001); Chinkin/­Mackenzie, in: Boisson de Chazournes/Romano/Mackenzie, International Organizations and International Dispute Settlement, 2002, S.  151; Stern, in: Macrory/Appleton/ Plummer, The World Trade Organization, Vol. 1, S.  1435; die Europäische Gemeinschaft in United States – Imposition of Countervailing Duties on Certain Hot-Rolled Lead and ­Bismuth Carbon Steel Products Originating in the United Kingdom, Bericht des Appellate Body vom 10.05.2000, WT/DS138/AB/R, Rn.  36. 59  Robbins, 44 Harv. Int’l L.J. 317, 320 (2003). 60  Oben §  5 B. II. 1. 61  Reinisch/Irgel, 1 Non-State Actors & Int’l L. 127, 147 (2001); Kaubisch, ELSA SPEL 2004, 36, 42; Stern, in: Macrory/Appleton/Plummer, The World Trade Organization, Vol. 1, S.  1441; Umbricht, 4 JIEL 773, 779 (2001); die Europäische Gemeinschaft in United States –

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auf rechtliche Aspekte zu beschränken. Amicus briefs beinhalten jedoch oftmals auch faktische Elemente. Zwar sollten sich amicus-Stellungnahmen im Rahmen von Rechtsmittelprozessen schwerpunktmäßig auf die rechtlichen Fragen des Verfahrens konzentrieren, doch scheint ein völliges Verbot faktischer Elemente unangemessen. Vielmehr können gerade auch im Rahmen der Rechtsmittelebene faktische Ausführungen zulässig sein, wie etwa der Hinweis auf die Folgen der Entscheidung.62 Allerdings sind bestimmte, lediglich den konkreten Rechtsstreit betreffende Fakten unzulässig. Dies sollte aber nicht zu einer Zurückweisung der gesamten Stellungnahme – oder gar einer allgemeinen Unzulässigkeit von amicus briefs – führen, vielmehr sollten lediglich die rechtlichen Aspekte der Argumentation berücksichtigt und die unzulässigen faktischen Elemente ignoriert werden.63 2.  Grundlage für amicus briefs Aus den Normen des DSU lässt sich kein unmittelbares oder mittelbares Verbot von amicus briefs ableiten. Fraglich ist jedoch, welche Normen die Grundlage für die Akzeptanz von amicus briefs bilden. Art.  12, 13 DSU kommen wie gesehen mangels Anwendbarkeit nicht in Frage. Der Appellate Body stützte sich vor allem auf Art.  17 Abs.  9 DSU.64 Art.  17 Abs.  9 DSU ermöglicht es dem Appellate Body, seine eigene Prozessordnung, WPAR,65 zu erlassen. Nicht übersehen werden darf das Erfordernis der vorigen Absprache dieser WPAR gemäß Art.  17 Abs.  9 DSU mit dem Vorsitzenden des Dispute Settlement Body und dem Generaldirektor. In den Verfahren US – Lead and Bismuth II und EC – Asbestos hat der Appellate Body solche Konsultationen nicht getätigt. Dies war in diesem Zusammenhang jedoch nicht nötig, da der Appellate Body keine neue WPAR verabschiedet hat. Vielmehr argumentierte Imposition of Countervailing Duties on Certain Hot-Rolled Lead and Bismuth Carbon Steel Products Originating in the United Kingdom, Bericht des Appellate Body vom 10.05.2000, WT/DS138/AB/R, Rn.  36; so auch die Stellungnahmen in Minutes of Meeting, 7 June 2000, WT/DSB/M/83 von Kanada, Rn.  12, Argentinien, Rn.  14; Hongkong, Rn.  15 und Pakistan, Rn.  24; so auch die Stellungnahmen in WT/GC/M/60 von Norwegen, Rn.  68, Argentinien, Rn.  93 und Ägypten im Namen der Informal Group of Developing Countries, Rn.  13. 62  Dazu unten §  11 A. IV. 1. 63  Diesen Weg geht auch der Appellate Body in seiner Entscheidung European Communities – Trade Description of Sardines, Bericht des Appellate Body vom 26.09.2002, WT/ DS231/AB/R, Rn.  169; dazu auch unten §  10 B. III., 11 B. III. 64  United States – Imposition of Countervailing Duties on Certain Hot-Rolled Lead and Bismuth Carbon Steel Products Originating in the United Kingdom, Bericht des Appellate Body vom 10.05.2000, WT/DS138/AB/R,Rn.  39, dazu auch: Appellton, 3 JIEL 691, 694 ff. (2000). 65  Working Procedures for Appellate Review.

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der Appellate Body, die Möglichkeit, solche Regeln zu erlassen, räume ihm ein weites Ermessen ein.66 Art.  17 Abs.  9 DSU ist in der Tat Ausdruck eines großen Ermessensspielraums des Appellate Body, wenngleich dieser auf die Regelung der WPAR begrenzt ist. In diesem Zusammenhang wurde seitens des Appellate Body auch auf Ziff.  16 WPAR hingewiesen, wonach es ihm erlaubt sei, für einen einzelnen Rechtsmittelprozess neue Regeln zu erlassen. In der Sache EC – Asbestos wurde im Hinblick auf amicus-Stellungnahmen so verfahren.67 Wenngleich Art.  17 Abs.  9 DSU unzweifelhaft Ausdruck eines großen Ermessenspielraums ist, ist fraglich, inwiefern er als Ausdruck einer Kompetenz des Appellate Body gesehen werden kann, amicus-Stellungnahmen zuzulassen. Dafür sind zwei Fragen zu beantworten. Zum einen ist fraglich, ob die Annahme von amicus briefs die Schaffung einer neuen Kompetenz durch den Appellate Body bedeutet, und zweitens, ob dies zulässig ist. In den Augen einer Reihe von Mitgliedern der WTO hat der Appellate Body in den Entscheidungen US – Lead and Bismuth II und EC – Asbestos seine Kompetenzen überschritten.68 Uruguay wies darauf hin, dass es gemäß Art. V: 2 WTO-Übereinkommen Aufgabe des General Councils sei, die Zusammenarbeit zwischen WTO und Nichtregierungsorganisationen zu regeln. Indem der Appellate Body sich dieser Materie annehme, eigne er sich eine Kompetenz an, die so nur dem General Council zustehe.69 Dieser Einwand übersieht jedoch, dass der Appellate Body zwar Regelungen dazu trifft, unter welchen Voraussetzungen Nichtregierungsorganisationen am Streitbeilegungssystem teilnehmen können, er aber keinerlei Aussagen bezüglich der generellen Zusammenarbeit zwischen Nichtregierungsorganisationen und WTO trifft. Diese Zusammenarbeit kann wesentlich mehr Aspekte umfassen als lediglich die Teilnahme an Verfahren via eines amicus briefs. Zudem lässt sich aus Art. V: 2 WTO-Übereinkommen keine abschließende Kompetenz des General Councils herauslesen.70 Dennoch wird United States – Imposition of Countervailing Duties on Certain Hot-Rolled Lead and Bismuth Carbon Steel Products Originating in the United Kingdom, Bericht des Appellate Body vom 10.05.2000, WT/DS138/AB/R, Rn.  39. 67  Die Additional Procedure Adopted Under Rule 16 Abs.  1 of the Working Procedures for Appellate Review findet sich in WT/DS135/9. Inhaltlich wird sich mit dieser unten bei §  8 B. auseinandergesetzt. 68  Siehe dazu Dispute Settlement Body, Minutes of Meeting vom 07.06.2000, WT/DSB/ ­M /83, dort stellen Kanada, Rn.  12, Japan, Rn.  13, Argentinien, Rn.  14, Hongkong, Rn.  15, Indien, Rn.  18, Philippinen, Rn.  19 f. und Pakistan, Rn.  24 die Interpretation des Appellate Body in Frage, dazu auch: Bartholomeusz, 5 Non-State Actors & Int’l L. 209, 258 (2005); Lim, 4 Chinese JIL 85, 99 (2005); Zonnekeyn, 35 JWT 553, 555 ff. (2001). 69  Decision by the Appellate Body concerning amicus curiae briefs – Statement by Uruguay at the General Council on 22 November 2000, WT/GC/38, S.  2 ff. 70  Zonnekeyn, 35 JWT 553, 557 (2001). 66 

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man die Zulassung von amici als eine Ausweitung der Kompetenzen des Appellate Body zu deuten haben. Es ist aber fraglich, ob hieraus zugleich die Unzulässigkeit von amicus briefs gefolgert werden kann.71 Der Appellate Body hat die Aufgabe, nicht nur auf die rechtlichen Argumente der Parteien einzugehen, sondern vielmehr eine umfassende Begutachtung der Streitigkeit vorzunehmen.72 Eine solche umfassende Betrachtung muss auch Argumente mit einbeziehen, die von dritter Seite geltend gemacht werden. Insofern kommt dem Appellate Body die Kompetenz zu, Argumente von allen Seiten hören zu können. Zur Verwirklichung dieses Zwecks können amicus briefs als zulässig erachtet werden. Allerdings ist das Verständnis von Art.  17 Abs.  9 DSU nicht auf eine solche kompetenzbegründende Auslegung gerichtet, so dass dies ein Einzelfall bleiben sollte, der durch das Ermöglichen des Einholens umfangreicher Informationen gerechtfertigt ist. Wünschenswert wäre es in diesem Zusammenhang jedoch, die Möglichkeit, amicus briefs anzunehmen, explizit im DSU aufzunehmen, um die bestehende Rechtsunsicherheit zu beenden.

C.  Chancen und Risiken der Beteiligung von Nichtmitgliedern Die vorstehend erörterte Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit beantwortet noch nicht, inwiefern amicus-Stellungnahmen auch rechtspolitisch als sinnvolles Instrument begriffen werden können. Dieser rechtspolitischen Debatte vorangestellt wird eine funktionale Betrachtung. Anders als im U.S.-amerikanischen Recht wird dabei ein thematischer Ansatz gewählt, in dem aber auch die sich beteiligenden amici berücksichtigt werden.

I.  Zwischen Umweltschutz und wirtschaftlicher Interessenvertretung – der Fokus von amici Amicus briefs stellen zweifellos eine Möglichkeit der Beteiligung von Privaten am Streitbeilegungsprozess der Welthandelsorganisation dar. Warum aber haben Private ein Interesse daran sich hier einzubringen? Weitgehend gesichert ist, dass Streitigkeiten im Rahmen des Welthandelsrechts Private unmittelbar 71  So unter Hinweis auf die Unzulässigkeit der Schaffung neuer Kompetenzen, Schewe, Die Beteiligung nichtstaatlicher Akteure in Streitschlichtungssystem des internationalen Handels, S.  150. Robbins, 44 Harv. Int’l L.J. 317, 325 ff. (2003) spricht dem Appellate Body ebenfalls die Kompetenz ab, aufgrund von Art.  17 Abs.  9 DSU zu handeln, da eine Schaffung neuer Kompetenzen von dieser Vorschrift nicht gedeckt sei. 72  EC – Measures Affecting Meat and Meat Products, Bericht des Appellate Body vom 16.01.1998, WT/DS/26/AB/R, Rn.  156, dazu auch: Howse, 9 European L.J. 496, 501.

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

weder verpflichten noch berechtigen.73 Dennoch stehen die Interessen von Privaten im Fokus des Welthandelsrechts, „indeed one of the primary objects of the GATT/WTO as a whole, is to produce certain market conditions which would allow this individual activity to flourish.“74 Neben dieser wirtschaftlichen Komponente sind es aber oft auch umweltrechtliche Aspekte, die eine Beteiligung durch amici hervorrufen. Im Folgenden sollen beispielhaft einige Fälle aus der Rechtsprechung der WTO diese umweltrechtlichen und wirtschaftlichen Interessen verdeutlichen. 1.  Umweltrechtliche Fallgestaltungen Bevor auf die Fallpraxis umweltrechtlicher Streitigkeiten unter der Beteiligung von amici eingegangen werden kann, ist kurz die Rolle des Umweltschutzes innerhalb der WTO darzustellen. Bereits in der Präambel zum WTO-Übereinkommen ist der Umweltschutz erwähnt. Auch materiellrechtlich bedeutsame Vorschriften wie Art. XX lit.  b) und g) GATT verdeutlichen die Rolle des Umweltschutzes.75 Insgesamt sind zahlreiche Bemühungen sichtbar, gerade auch umweltrechtliche Aspekte zu berücksichtigen, die sich nicht zuletzt in der nunmehr zu schildernden Fallpraxis niederschlagen. Dabei bietet sich zunächst der Fall US – Tuna II 76 zur näheren Betrachtung an. In diesem ließ Mexiko überprüfen, inwiefern Vorschriften der Vereinigten Staaten, die regeln, ab wann ein Produkt als dolphin safe eingestuft werden kann, gegen Art.  2.1 TBT-Übereinkommen77 beziehungsweise Art.  2.2 TBT-­ Übereinkommen78 verstoßen. In diesem Verfahren reichten Humane Society 73  Für das U.S.-amerikanische Recht ergibt sich dies aus dem Uruguay Round Agreements Act of 1994, Section 102 (c). Für das Europäische Recht hat der EuGH entschieden, dass sich Private nicht auf Bestimmungen der WTO berufen können EuGH, 14.12.2000, verb. Rs. C-300/98, C-392/98, Parfums Christian Dior SA ./. Tuk Consultancy BV und Asseo Gerüste GmbH, Rob van Dijk, handelnd unter der Firma Assco Holland Steigers Plettac Nederland, ./. Wilhelm Layher GmbH & Co. KG, Layher BV, Slg. 2000, I-11307, Rn.  43 ff.; zu dieser Fragestellung auch Tietje/Nowrot, 5 EBOR 321, 324 ff. (2004); Ohlhoff/Schloemann, in: ­Bogandy/Wolfrum, Max Planck Yearbook of United Nations Law, S.  705 ff. 74  United States – Sections 301–310 of the Trade Act 1974, Bericht des Panels vom 27.01.2000, WT/DS152/R, Rn.  7.73; dazu: Stern, in: Sacerdoti/Yanovich/Bohanes, The WTO at Ten, S.  373; Howse, 9 European L.J. 496, 500 (2003). 75  Einen Überblick über die WTO und Umweltschutz gibt Puth, in: Hilf/Oeter, WTORecht, S.  549 ff. Bei S.  559 ff. geht er näher auf die materiellrechtlichen Bestimmungen ein. 76  United States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna and Tuna Products, Bericht des Panels vom 15.09.2011, WT/DS381/R. 77  Ein Verstoß gegen Art.  2.1 TBT-Übereinkommen liegt vor, wenn eine Regelung diskriminierend ist. 78  Ein Verstoß gegen Art.  2.2 TBT-Übereinkommen liegt vor, wenn technische Vorschrif­ ten den Handel unnötig beeinflussen.

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International79 sowie die American University, Washington College of Law einen gemeinsamen amicus brief ein.80 In Brazil – Retreaded Tyres81 beschloss die Europäische Union82 zu überprüfen, inwiefern die brasilianischen Einfuhrbeschränkungen von runderneuerten Reifen mit Vorschriften des GATT zu vereinbaren waren. Umweltrechtlich war die Angelegenheit relevant, da bereits erneuerte Reifen von PKW nach internationalen Standards nicht nochmals erneuert werden können.83 Brasilien befürchtete, der Import von erneuerten Reifen aus der Europäischen Union führe dazu, dass es sich mit der Entsorgung einer überproportional großen Anzahl von nicht mehr erneuerbaren Reifen, waste tyres, konfrontiert sehe.84 Dies führe zu gesundheitlichen Risiken und einer Belastung der Umwelt.85 Zur Begründung bezog sich Brasilien unter anderem auf den amicus brief von Humane Society International.86 In diesem führte die betreffende Organisation aus, in welchem Umfang sich Schädigungen der Umwelt ergeben können.87 Läge die von Brasilien behauptete Gefährdung von Gesundheit und Umwelt vor, so könnten die Einfuhrbeschränkungen gemäß Art. XX (b) GATT 1994 gerechtfertigt sein. Eine Rechtfertigung scheitert jedoch, wenn sie in diskriminierender Weise angewendet wird. Brasilien ließ eine Einfuhr von erneuerten Reifen durch die Mitglieder der Mercosur zu, weswegen das Panel die Rechtfertigung ablehnte. Die beiden genannten Fälle stellen nur eine kleine Auswahl von umweltrechtlich relevanten Fällen unter Beteiligung von amici dar. Weitere Sachverhalte standen im Zusammenhang mit dem Einfuhrverbot asbesthaltiger Materialien, 79 

Humane Society International ist nach eigenen Angaben eine Nichtregierungsorganisation, die sich dem Schutz von Tieren verschrieben hat, dazu: (abgerufen am 21.10.2016). 80  Written Submission of Non-Party, Humane Society International, American University, Washington College of Law, 06.05.2010. 81  Brazil – Measures Affecting Imports of Retreaded Tyres, Bericht des Panel vom 12.06.2007, WT/DS332/R. 82  Vertreten durch die Europäische Kommission, siehe dazu den Beschluss der Europäischen Kommission vom 02.05.2005, 2005/388/EG, ABl. 2005, L 128/71. 83  Brazil – Measures Affecting Imports of Retreaded Tyres, Bericht des Panel vom 12.06.2007, WT/DS332/R, Rn.  2.3. 84  Brazil – Measures Affecting Imports of Retreaded Tyres, Bericht des Panel vom 12.06.2007, WT/DS332/R, Rn.  4.11. 85  Brazil – Measures Affecting Imports of Retreaded Tyres, Bericht des Panel vom 12.06.2007, WT/DS332/R, Rn.  4.11 ff. 86  Brazil – Measures Affecting Imports of Retreaded Tyres, Bericht des Panel vom 12.06.2007, WT/DS332/R, Rn.  4.12. Brasilien hat diesen brief als Teil seines Parteivortrags aufgenommen. 87  Brazil – Measures Affecting Imports of Retreaded Tyres, WT/DS332/R, Written Submission of Non-Party, Humane Society International, 16.06.2006, S.  3 ff.

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

EC – Asbestos,88 dem Import von gentechnisch veränderten Pflanzen, EC – Approval and Marketing of Biotech Products,89 oder etwa dem Schutz von Meeresschildkröten beim Fangen von Krabben, US – Shrimp.90 In Bezug auf die Art der sich beteiligenden amici ist zunächst fraglich, wie diese zu kategorisieren sind. Panel und Appellate Body sprechen in der Regel lediglich von Nichtregierungsorganisationen.91 Trennschärfer ist die für das U.S.-amerikanische Recht gefundene Differenzierung.92 Die meisten der Organisationen lassen sich dabei der Kategorie der gemeinnützigen Verbände zuordnen.93 Es findet sich aber auch eine Beteiligung eines Dachverbands.94 Als Individuen beteiligten sich verschiedentlich Professoren.95 Auffällig ist, dass oftmals verschiedene Organisationen gemeinsam einen brief einreichen.96 Dieser aus dem amerikanischen Recht bekannte Trend97 dürfte darauf abzielen, das 88  European Communities – Measures Affecting Asbestos and Asbestos-Containing Products, Bericht des Panels vom 18.09.2000, WT/DS/135; Bericht des Appellate Body vom 12.03.2001, WT/DS135/AB/R. 89  European Communities – Measures Affecting the Approval and Marketing of Biotech Products, Bericht des Panels vom 29.09.2006, WT/DS291/R; WT/DS292/R; WT/DS293/R. 90  United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Panel vom 15.05.1998, WT/DS58/R. 91  European Communities – Measures Affecting Asbestos and Asbestos-Containing Products, Bericht des Panels vom 18.09.2000, WT/DS/135, Rn.  6.1; Bericht des Appellate Body vom 12.03.2001, WT/DS135/AB/R, Rn.  53 ff. 92  Oben §  2 B. I. 1. 93  Beispielsweise Center for Marine Conservation, Center for International Environmental Law, World Wide Fund for Nature, in United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Panel vom 15.05.1998, WT/DS58/R, Rn.  3.129. 94  American Federation of Labor and Congress of Industrial Organizations, in European Communities – Measures Affecting Asbestos and Asbestos-Containing Products, Bericht des Panels vom 18.09.2000, WT/DS135/R, Rn.  6.1. 95  Associate Professor MacDonald, Professor Howse, in European Communities – ­Measures Affecting Asbestos and Asbestos-Containing Products, Bericht des Appellate Body vom 12.03.2001, WT/DS135/AB/R, Rn.  56. Siehe auch Amicus Curiae Brief, Busch, Grove-­ White, Jasanoff, Winickoff, Wynne, 30.04.2004, in: European Communities – Measures Affecting the Approval and Marketing of Biotech Products, Reports des Panels vom 29.06.2006, WT/DS291/R; WT/DS292/R; WT/DS293/R. Vier der fünf genannten sind Professoren. 96  Beispielsweise Written Submission of Non-Party, Humane Society International, American University, Washington College of Law, 06.05.2010, in: United States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna and Tuna Products, Report des Panels vom 15.09.2011, WT/DS381/R; oder Amicus Curiae Brief, Associação de Combate aos Poluentes (ACPO), Associação de Proteção ao Meio Ambiente de Cianorte (APROMAC), Center for International Environmental Law (CIEL), Centro de Derechos Humanos y Ambiente (CEDHA) Conectas Direitos Humanos, Justiça Global, Instituto O Direito por Um Planeta Verde Planeta Verde, 03.07.2006, in: Brazil – Measures Affecting Imports of Retreaded Tyres, WT/DS332/R. Es finden sich weitere Beispiele. 97  Oben §  2 B. I. 3. c).

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Gericht durch die schiere Anzahl von co-signers von der gesellschaftlichen Bedeutung überzeugen. Inwiefern dies auch in der Praxis der Fall ist, ist fraglich. Wahrscheinlicher ist es, dass der Inhalt eines amicus brief das Gericht überzeugt. Die Anzahl von amici ist eine zu vernachlässigende Größe. 2.  Wirtschaftliche Fallgestaltungen Neben dem schwerpunktmäßigen Auftreten von Organisationen der öffentlichen Interessenvertretung in Zusammenhang mit umweltrechtlichen Einflüssen waren es wirtschaftliche Interessen, die eine Beteiligung durch amici hervorriefen. Dies verwundert nicht weiter, ist die WTO in ihrem Kernbereich doch darauf angelegt, Handelshemmnisse zwischen Staaten abzubauen.98 Amici haben sich an einer Vielfalt verschiedener Sachverhalte beteiligt. In Mexico – Taxes on Soft Drinks belegte Mexiko sämtliche Erfrischungsgetränke mit einer Steuer, wenn diese als Süßungsmittel nicht Rohrzucker verwendeten.99 Offensichtlich versuchte Mexiko mit dieser Maßnahme, die nationale Rohrzuckerindustrie zu bevorteilen.100 Nachdem das Panel die Unvereinbarkeit der Maßnahmen mit dem Recht der WTO feststellte, strebte Mexiko ein Rechtsmittelverfahren an. In diesem versuchte die mexikanische Cámara Nacional de las Industrias Azucarera y Alcoholera (Nationale Kammer der Zucker- und Alkoholindustrie), Mexiko vor dem Appellate Body mittels eines amicus briefs zur Seite zu stehen.101 In der Sache EC-Asbestos beteiligten sich neben Organisationen, die auf gesundheitliche und ökologische Gefahren von Asbest aufmerksam machten, auch zahlreiche Unternehmen und Verbände, die Asbest verarbeiteten.102 Auffällig ist, dass sich meist nicht Unternehmen selbst als amicus beteiligen, sondern oftmals größere Dachverbände diese Rolle einnehmen.103 Dazu Göttsche, in: Hilf/Oeter, WTO-Recht, S.  116 ff. Mexico – Tax Measures on Soft Drinks and Other Beverages, Bericht des Panels vom 07.10.2005, WT/DS308/R, Rn.  2.2. 100  Mexico – Tax Measures on Soft Drinks and Other Beverages, Bericht des Panels vom 07.10.2005, WT/DS308/R, Rn.  4.3. 101  Mexico – Tax Measures on Soft Drinks and Other Beverages, Bericht des Appellate Body vom 06.03.2006, WT/DS308/AB/R, Rn.  8. 102  Beispielsweise All India A.C. Pressure Pipe Associtation (Indien), Maharashtra ­Asbestos Cement Pipe Manufacturers’ Association (Indien), Roofit Industire Ltd. (Indien), Korea Asbestos Association (Korea), European Communities – Measures Affecting Asbestos and Asbestos-Containing Products, Bericht des Appellate Body vom 12.03.2001, WT/DS135/ AB/R, Rn.  55. 103  Eine mögliche Erklärung hierfür ist die Praxis, es Unternehmen zu ermöglichen, Vertreter in die Delegation des eigenen Staates zu entsenden und somit auf die Streitigkeit Einfluss zu nehmen. Zu dieser Praxis ausführlich und mit konkreten Beispielen, sowie unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung eines Panels, die eine solche Praxis zunächst für unzu98 

99 

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

II.  Art und Weise der Einflussnahme Im Gegensatz zum U.S.-amerikanischen Recht ist eine inhaltliche Analyse von amicus-Stellungnahmen im Rahmen des Dispute Settlements bisher kaum vorangetrieben worden.104 Dennoch finden sich in einigen Urteilen Hinweise darauf, nach welchem Muster die amici vorgehen, um die Spruchkörper der WTO von ihrer Ansicht zu überzeugen. Im Rahmen des U.S.-amerikanischen Rechts wurden bezüglich amicus briefs on the merits drei Oberkategorien herausgearbeitet: Hinweis auf die Folgen der Entscheidung, Darstellen einer alternativen rechtlichen Argumentation sowie das Einbringen von Spezialwissen.105 Zu untersuchen ist, inwiefern sich auch amicus briefs vor den Spruchkörpern der WTO in diese Kategorien einteilen lassen. Im Rahmen von umweltrechtlichen Streitigkeiten erläutern amici öfter, welche Folgen sich aus einer Entscheidung ergeben könnten, indem ein faktischer Hintergrund dargestellt wird.106 In Brazil – Retreaded Tyres beispielsweise bezog sich Brasilien auf die Stellungnahme von Humane Society International: „Concerning the European Communities’ claim that Brazil never explained the risks to animal or plant health or life resulting from the accumulation of waste tyres, Brazil directs the European Communities’ attention to the submission of the Humane Society, which was incorporated into the record as Exhibit ­BRA-98.“107 In der Literatur findet sich der Hinweis, dass alle verfügbaren Informationen dem Gericht bei der Entscheidungsfindung helfen können.108 Die bisherige Praxis untermauert diese Einschätzung. In US – Tuna II zeigte der amicus brief auf, lässig hielt, dann aber vom Appellate Body korrigiert wurde, Nowrot, Normative Ordnungsstruktur und private Wirkungsmacht, S.  391 ff. 104  Eine Ausnahme stellt Hernandez-Lopez, 35 JWT 469, 493 (2001) dar, der sich mit Inhalt und Nützlichkeit von amicus briefs beschäftigt. 105  Oben §  2 B. I. 3. b). 106  Dies mögen die folgenden zwei Beispiele veranschaulichen. In Retreaded Tyres führte HSI aus, welche Umweltverschmutzung aus der Entsorgung nicht mehr recyclebarer Reifen entstehen kann, Written Submission of Non-Party, Humane Society International, 16.06.2006, S.  3 ff., in: Brazil – Measures Affecting Imports of Retreaded Tyres, WT/DS332/R. In US – Tuna wurde der Zusammenhang zwischen Thunfischfang und Delphintötung beziehungsweise Schutz näher dargelegt, Written Submission of Non-Party, Humane Society Internatio­ nal et al., 06.05.2010, S.  9 ff., in: United States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna and Tuna Products, WT/DS381/R. 107  Brazil – Measures Affecting Imports of Retreaded Tyres, Bericht des Panel vom 12.06.2007, WT/DS332/R, Rn.  4.12. 108  Umbricht, 4 JIEL 773, 783 (2001); die Argumentation der Vereinigten Staaten in dem Verfahren United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Appellate Body vom 12.10.1998, WT/DS58/AB/R, Rn.  9 betont dies ebenfalls.

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welch wichtige Rolle für Verbraucher der Schutz von Delphinen beim Fangen von Thunfisch spielt.109 In dem Verfahren US – Shrimp wurde seitens des WWF als amicus eindringlich auf die möglichen umweltrechtlichen Belange und Folgen hingewiesen.110 Zudem stellte der WWF in seinem amicus brief Sonderwissen bezüglich wissenschaftlicher Erkenntnisse aus dem Bereich des Umweltrechts zur Verfügung.111 Amici können auch in Frage stehende nationale Regelungen ausführlich darstellen.112 Panel und Appellate Body werden mit der Rechtslage in den jeweiligen Mitgliedstaaten nicht vertraut sein, so dass amici eine wertvolle Hilfestellung bieten können. Diese Art der Beteiligung ist bereits aus dem U.S.-amerikanischen Recht bekannt. Dort bringen amici dem Gericht oftmals die Rechtslage in ausländischen Staaten näher.113 Amicus briefs vor der WTO bedienen sich ähnlicher Argumentationsmuster wie amicus briefs im amerikanischen Recht. Sie können den entscheidenden Spruchkörpern eine merkliche Hilfe sein.

III.  Amici aus Sicht der WTO und der Mitgliedstaaten Fraglich ist jedoch, ob die Interessen von Privaten überhaupt in die Streitbeilegung der WTO eingebracht werden sollen. Man könnte sich auf den Standpunkt stellen, die WTO sei lediglich ein Zusammenschluss von Staaten und daher sollten auch nur diese am Dispute Settlement teilnehmen.114 Eine solche Sichtweise entspricht auch der offiziellen Meinung der WTO in Bezug auf die ZuUnited States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna and Tuna Products, Bericht des Panels vom 15.09.2011, WT/DS381/R, Rn.  7.182; Written Submission of Non-Party, Humane Society International et al., 06.05.2010, S.  3, in: United States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna and Tuna Prod­ ucts, WT/DS381/R. 110  WWF Amicus Brief to WTO: Shrimp-Turtle Dispute, S.  4 ff., in: United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, WT/DS58/R. Darauf hinweisend auch Boisson de Chazournes/Mbengue, 2 L.P.I.C.T. 205, 222 (2003). 111  WWF Amicus Brief to WTO: Shrimp-Turtle Dispute, insb. S.  9 ff., in: United – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, WT/DS58/R. Darauf hinweisend auch Hernandez-Lopez, 35 JWT 469, 493 (2001). 112  Brief of Amici Curiae, Turtle Island Restoration Network, et. al., 12.11.2000, S.  4 ff., in: United – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Products – Recourse to Article 21.5 by Malaysia, WT/DS58/RW, Darauf hinweisend auch Boisson de Chazournes/Mbengue, 2 L.P.I.C.T. 205, 222 (2003). 113  Siehe oben §  2 B. I. 3. b) cc). 114  Zum intergouvernementalen Charakter der WTO siehe bereits die Nachweise oben bei §  5 B. II. 1. Siehe weiterhin im Zusammenhang mit amici Cawley, 23 Penn St. Int’l L. Rev. 47, 60 (2004); Chinkin/Mackenzie, in: Boisson de Chazournes/Romano/Mackenzie, International Organizations and International Dispute Settlement, 2002, S.  149. 109 

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

sammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen. „Members have pointed to the special character of the WTO, which is both a legally binding intergovernmental treaty of rights and obligations among its Members and a forum for negotiations. As a result of extensive discussions, there is currently a broadly held view that it would not be possible for NGOs to be directly involved in the work of the WTO or its meetings. Closer consultation and cooperation with NGOs can also be met constructively through appropriate processes at the national level where lies primary responsibility for taking into account the different elements of public interest which are brought to bear on trade policy-making.“115 Die zitierte Passage verdeutlicht mehreres. Zum einen wird die WTO als intergouvernementale Organisation betrachtet. In einer solchen ist eine direkte Beteiligung nichtstaatlicher Akteure nicht vorgesehen. Zum anderen sollen Nichtregierungsorganisationen ihre Interessen vielmehr mittelbar von ihrer Regierung vertreten lassen.116 In der Literatur heißt es hierzu „The fair representation by governments of every minority forming part of their constituency is a fiction.“117 Dies hat mehrere Gründe. Zum einen ist die Position eines nichtstaatlichen Akteurs teilweise nicht mit der Prozesstaktik einer Partei in Übereinstimmung zu bringen. Eine solche prozesstaktische Erwägung ist beispielsweise, gewisse Aspekte einer Streitigkeit nicht anzusprechen, aus Angst, diese könnten zu ungunsten der Partei entschieden werden und dann in Rechtskraft erwachsen.118 Auch kann die betreffende Position des nichtstaatlichen Akteurs derjenigen der Partei zuwiderlaufen. Bei umweltrechtlichen Streitigkeiten könnten es wirtschaftliche Interessen sein, welche die Partei eine vom Dritten abweichende Position vertreten ließe. Die nationale Ebene wird daher oftmals 115  Guidelines for arrangements on relations with Non-Governmental Organizations, WT/L/162, 23.07.1996. 116  Einen Überblick über die verschiedenen Ansichten in der Wissenschaft hinsichtlich dieser Prämisse, die hier nicht in ihrer Ausführlichkeit wiedergegeben werden sollen, gibt Charnovitz, 24 Fordham Int’l L.J. 173, 179 ff. (2000). Dabei schienen die kritischen Stimmen vor allem praktische Probleme des intensiven Dialogs mit Nichtregierungsorganisationen zu fürchten, wie eine Verzögerung von Verfahren und Kostenfragen. Schewe, Die Beteiligung nichtstaatlicher Akteure in Streitschlichtungssystemen des internationalen Handels, S.  153 fragt sich, inwiefern Nichtregierungsorganisationen zweimal „in den selben Apfel beißen dürfen“, da sie einmal ihre Interessen auf der nationalen Ebene und einmal auf der international Ebene vertreten dürfen. Allerdings kommt er zu dem nachvollziehbaren Ergebnis, dass, um im Bild zu bleiben, von zwei Äpfeln die Rede sein muss, da die internationale Ebene nicht mit der nationalen vergleichbar sei, ibid, S.  154. Reinisch/Irgel, 1 Non-State Actors & Int’l L. 127, 131 f. (2001), lehnen die „two bites of the apple“ Theorie ab, da sie eine Einflussnahme auch auf der internationalen Ebene für wichtig erachten und kommen somit zu demselben Ergebnis wie Schewe, ibid. 117  Umbricht, 4 JIEL 773, 783 (2001). 118  Hernandez-Lopez, 35 JWT, 469, 486 (2001).

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nicht geeignet sein, die Interessen des Dritten angemessen zu vertreten. Die Position der WTO gegenüber nichtstaatlichen Akteuren ist daher nur begrenzt nachvollziehbar. Wie verhält es sich mit den Positionen der Mitglieder? Amicus briefs im Rahmen des Dispute Settlements wurden zu verschiedenen Anlässen kritisch von den Mitgliedern der WTO und dem Dispute Settlement Body diskutiert.119 Teilweise wird betont, dass es Aufgabe der Mitglieder sei über die Zulässigkeit von amicus briefs zu entscheiden.120 Auch wird vorgebracht, dass die Mitglieder der WTO in der Ausarbeitung des DSU eine Beteiligung von Nichtregierungsorganisation am Verfahren gerade nicht vorgesehen haben.121 In Bezug auf diese Punkte lässt sich einwenden, dass es im Ermessen des entscheidenden Spruchkörpers stehen sollte, welcher Informationsquellen er sich bedient.122 Eine andere Frage ist die Verwertbarkeit solcher Informationen in Bezug auf das Urteil.123 Die Möglichkeit, amicus briefs anzunehmen, sollte hingegen den Spruchkörpern zustehen. Ferner wird mit einer drohenden Verschiebung der Rechte und Pflichten von Mitgliedern argumentiert.124 Dieser Einwand ist in sich wenig schlüssig. Die Rechte und Pflichten von Mitgliedern werden durch die Zulassung von amicus 119 

In Minutes of Meeting on 6 November 1998, WT/DSB/M/50 wird die Entscheidung US – Shrimp vom Dispute Settlement Body diskutiert; in Minutes of Meeting on 7 June 2000, WT/DSB/M/83 wird die Entscheidung US – Lead and Bismuth II vom Dispute Settlement Body diskutiert; in Minutes of Meeting 17 November 2000, WT/DSB/M/92 wird verabredet, dass der General Council ein Treffen abhalten soll; Minutes of Meeting on 22 November 2000, WT/GC/M/60 gibt die Diskussion dieses Treffens wieder; in Contribution of the European Communities and its Member States to the Improvement of the WTO Dispute Settlement Understanding, TN/DS/W/1 ist ein Vorschlag der Europäischen Union bezüglich der Regelung von amicus briefs enthalten; in Further Contribution of the United States to the Improvement of the Dispute Settlement Understanding of the WTO, TN/DS/W/86 greifen die Vereinigten Staaten den Vorschlag der Europäischen Union auf; in Special Session of the Dispute Settlement Body, TN/DS/25 ist das Dokument Job(08)/81, 18.07.2008 enthalten, in dem eine Reform des DSU vorgeschlagen wird, nach welcher amicus briefs unzulässig wären, S. A-9. 120  Thailand, in: Minutes of Meeting on 6 November 1998, WT/DSB/M/50, S.  2; Uruguay, in: Minutes of Meeting on 22 November 2000, WT/GC/M/60, Rn.  6; Ägypten, in: Minutes of Meeting on 22 November 2000, WT/GC/M/60, Rn.  14, dazu auch oben §  5 C III. 2. 121  Pakistan, in: Minutes of Meeting on 6 November 1998, WT/DSB/M/50, S.  5; dieses Argument wird in Minutes of Meeting on 22 November 2000, WT/GC/M/60 von Uruguay, Rn.  9, Hongkong, Rn.  23, Mexiko, Rn.  50 und Kuba, Rn.  97, erneut vorgebracht. 122  Dazu bereits oben §  5 B. II. 2., III. 2. 123  Hierzu unten §  11 A. IV. 124  Indien, in: Minutes of Meeting on 6 November 1998, WT/DSB/M/50, S.  7 f.; Ägypten, in Minutes of Meeting on 22 November 2000, WT/GC/M/60, Rn.  18; Hongkong, in: Minutes of Meeting on 22 November 2000, WT/GC/M/60, Rn.  22; Brasilien, in: Minutes of Meeting on 23 October 2002, WT/DSB/M/134, Rn.  71.

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briefs nicht berührt.125 Mexiko befürchtet eine unnötige Politisierung von Streitigkeiten und ein Verlassen des rechtlichen Rahmens.126 Hiergegen ist vorzubringen, dass Streitigkeiten, welche eine amicus-Partizipation zum Gegenstand haben, per se politisch sind. Amicus briefs führen daher nicht zu einer Politisierung, sondern sind lediglich Folge einer solchen. Japan betont, es drohe die Gefahr der Umgehung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des Art.  10 DSU, Anführen eines substantial interest.127 Dabei wird übersehen, dass die Rechte nach Art.  10 DSU nicht mit denen eines amicus vergleichbar sind.128 Von den Entwicklungsländern wird das Argument geltend gemacht, eine Beteiligung von amici würde die Kosten des Verfahrens in die Höhe treiben.129 In der Tat kann eine amicus-Beteiligung zu einem höheren Begründungsaufwand der Parteien führen, welcher sich dann in einer Kostensteigerung niederschlagen könnte. Auf der anderen Seite können Entwicklungsländer von amicus-Stellungnahmen profitieren, indem sie deren Argumente übernehmen. Von Seiten der Entwicklungsländer wird zudem vorgebracht, es würden sich aufgrund größerer Ressourcen lediglich Nichtregierungsorganisationen von Industrienationen beteiligen, nicht aber solche aus Entwicklungsländern.130 Diese Befürchtung kann vor dem Hintergrund der bisherigen Praxis nicht aufrechterhalten werden.131 Dennoch hat die Mehrheit der sich beteiligenden amici ihren Sitz in Industrienationen. Daraus folgt jedoch keine zwingende Benachteiligung von Entwicklungsländern. Denn Nichtregierungsorganisationen vertreten nicht immer die Position ihres Heimatstaates. Eine Reihe von Mitgliedstaaten kritisiert zudem, die Zulassung von amicus briefs würde den intergouvernementalen Charakter der WTO beeinträchtigen.132 Richtig ist, dass das Dispute Settlement System der WTO darauf angelegt ist, Streitigkeit zwischen Staaten zu schlichten. Mit der Beteiligung von Privaten mittels amicus briefs wird dieses System jedoch nicht in Frage gestellt. Denn die amici werden nicht Partei des Verfahrens, sondern geben lediglich Hinweise ab.133 125 

Dazu oben §  5 B. II. 1., III. 1. Mexiko, in: Minutes of Meeting on 6 November 1998, WT/DSB/M/50, S.  14. 127  Japan, in: Minutes of Meeting on 6 November 1998, WT/DSB/M/50, S.  16 f. 128  Siehe hierzu bereits oben §  5 B. II. 1. und sogleich unten §  5 D. II. 129  Ecuador, in: Minutes of Meeting on 7 June 2000, WT/DSB/M/83, Rn.  25. 130  Ägypten im Namen der Informal Group of Developing Countries, Minutes of Meeting on 22 November 2000, WT/GC/M/60, Rn.  21. 131  Siehe beispielsweise die Stellungnahmen einiger indischer amici in European Communities – Measures Affecting Asbestos and Asbestos-Containing Products, Bericht des Panels vom 18.09.2000, WT/DS135/R, Rn.  8.14. 132  Minutes of Meeting on 22 November 2000, WT/GC/M/60, Costa Rica, Rn.  70; Ungarn, Rn.  83; Tanzania, Rn.  108. 133  Siehe oben §  5 B. II. 1. 126 

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Die Mehrheit der Mitglieder steht amicus briefs kritisch gegenüber.134 Dennoch lassen sich viele dieser Argumente entkräften. Im Laufe der Zeit hat sich zudem die Einstellung einiger Mitglieder gegenüber amicus briefs zum Positiven gewendet.135 Jedoch stellen amicus briefs innerhalb des Dispute Settlement Body weiterhin eine umstrittene Materie dar.136 Eine Regelung der Materie im DSU ist vor dem Hintergrund des Einstimmigkeitserfordernisses daher auch in Zukunft nicht zu erwarten.

IV.  Transparenz ./. Vertraulichkeit Ausgangspunkt der Debatte über die Transparenz des Dispute Settlement System muss die Frage nach der Bedeutung von Transparenz sein. Transparenz in diesem Zusammenhang meint zweierlei.137 Zum einen muss die Öffentlichkeit des Verfahrens gewährt werden, das heißt, das Verfahren muss zugänglich für Dritte sein. Auf der anderen Seite versteht man unter Transparenz auch die Möglichkeit der Verfahrensbeteiligung durch Dritte. Hingegen ist gegenüber dem Dispute Settlement der WTO häufig die Kritik zu hören, „key decision are taken ‚in secret‘ by ‚faceless bureaucrats‘ that are not democratically account­ able.“138 Fraglich ist, ob die WTO-Streitbeilegung tatsächlich so intransparent ist. Hierzu gilt es zunächst, die bestehende Rechtslage zu untersuchen. Art.  14 und 18 DSU regeln die Vertraulichkeit von Verfahren vor Panel und Appellate Body. Die Verfahren vor beiden Spruchkörpern erfolgen dem Grundsatz nach unter Ausschluss der Öffentlichkeit.139 Dieser Grundsatz hat jedoch in letzter Zeit wiederholt Ausnahmen erfahren. Im Jahre 2005 kam es erstmals dazu, dass ein Verfahren vor dem Panel öffentlich war.140 Das Panel nutzte dabei die Möglich134  Lediglich die Vereinigten Staaten bekräftigten die Entscheidung des Appellate Body, Minutes of Meeting on 22 November 2000, WT/GC/M/60, Rn.  74 ff. 135  Die Europäische Union steht amicus-Stellungnahmen mittlerweile offen gegenüber. Dies ergibt sich unter anderem aus Contribution of the European Communities and its Member States to the Improvement of the WTO Dispute Settlement Understanding, TN/DS/W/1. Dort unterbreitet die EU Vorschläge, wie man amicus briefs am besten regeln könne, dazu oben §  5 C. III. 136  In Special Session of the Dispute Settlement Body, TN/DS/25, S. A-38 f. wird deutlich, dass zwischen den Mitgliedern keine Einigkeit in Bezug auf amici besteht. 137  Umbricht, 4 JIEL 773 (2001); Laidhold, 12 Transnat’l. Law. 427, 433 f. (1999). 138  Stoler, in: Janow/Donaldson/Yanovich, The WTO, S.  530; ähnlich Howse, in: Weiler, The EU, the WTO, and the NAFTA, S.  43. 139  Ziff.  2 Panel-WP; Zdouc, in: Macrory/Appleton/Plummer, The World Trade Organization, S.  1255. 140  United States – Continued Suspension of Obligations in the EC – Hormones Dispute,

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

keit, nach Art.  12 Abs.  1 DSU von der Panel-WP abzuweichen.141 Art.  14 Abs.  1 DSU, der die Beratungen des Panels als vertraulich kennzeichnet, hat nach den Ausführungen des Panels keinen Einfluss auf die Öffentlichkeit des Verfahrens.142 Dem ist zuzustimmen. Das Panel kann auch bei öffentlichen Verfahren im Anschluss an diese vertraulich beraten. Die Entscheidung des Panels wurde von anderen Panels aufgegriffen,143 wenngleich auch teilweise mit Einschränkungen.144 Auch der Appellate Body hat einen Teil seiner Verfahren der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.145 Ein Zutritt zum Verfahren für die breite Öffentlichkeit stößt in der Praxis daher auf keine Probleme. Ein solch öffentliches Verfahren bietet zudem mehrere Vorteile. Zum einen ermöglicht es eine öffentliche Überprüfung des Verfahrensablaufs. Mittels dieser können Korruption verhindert oder Inkompetenz aufgedeckt werden.146 Auch können Mitglieder, die sich bisher weder als Partei noch als Drittpartei an Verfahren beteiligt haben, ermutigt werden, sich diese zunächst anzusehen, um sich später an folgenden Verfahren zu beteiligen.147

Bericht des Panel vom 31.03.2008, WT/DS320/R, Rn.  7.40; dazu: Ehring, 11 JIEL 1021, 1022 (2008); Stoler, in: Janow/Donaldson/Yanovich, The WTO, S.  531. 141  United States – Continued Suspension of Obligations in the EC – Hormones Dispute, Bericht des Panel vom 31.03.2008, WT/DS320/R, Rn.  7.46 ff. 142  United States – Continued Suspension of Obligations in the EC – Hormones Dispute, Bericht des Panel vom 31.03.2008, WT/DS320/R, Rn.  7.49. 143  European Communities – Measures Affecting Trade in Large Civil Aircraft, Bericht des Panels vom 30.06.2010, WT/DS316/R, Rn.  1.13; United States – Measures Affecting Trade in Large Civil Aircraft – Second Complaint; Bericht des Panels vom 31.03.2011, WT/ DS353/R, Rn.  1.15; European Communities – Regime for the Importation, Sale and Distribution of Bananas, Recourse to Article 21.5 of the DSU by the United States, Bericht des Panels 19.05.2008, WT/DS27/RW/USA, Rn.  1.11; United States – Continued Existence and Application of Zeroing Methodology, Bericht des Panels vom 01.10.2008, WT/DS350/R, Rn.  1.9; Australia – Measures Affecting the Importation of Apples from New Zealand; Bericht des Panels vom 09.08.2010, WT/DS367/R, Rn.  1.18 f.; United States – Measures Relating to ­Zeroing and Sunset Reviews, Recourse to Article 21.5 of the DSU by Japan, Bericht des ­Panels vom 24.04.2009, WT/DS322/RW, Rn.  1.6; sowie die zwei noch laufenden Verfahren United States – Domestic Support and Export Credit Guarantees for Agricultural Products, WT/DS365; United States – Subsidies and Other Domestic Support for Corn and Other Agri­ cultural Products, WT/DS357; zu dieser Liste siehe auch: Ehring, 11 JIEL 1021, 1026 (2008). 144  In European Communities – Measures Affecting Trade in Large Civil Aircraft, Bericht des Panels vom 30.06.2010, WT/DS316/R, Rn.  1.13 wurden lediglich Ausschnitte des Verfahrens im Nachhinein der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. 145  Dazu Ehring, 11 JIEL 1021, 1028 ff (2008). 146  Ehring, 11 JIEL 1021, 1023 (2008); Stoler, in: Janow/Donaldson/Yanovich, The WTO, S.  532 spricht davon, dass ein öffentliches Verfahren die Legitimation erhöht. 147  Ehring, 11 JIEL 1021, 1023 (2008).

§  5  Welthandelsrecht

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Die Öffentlichkeit von Verfahren im Rahmen des Dispute Settlement der WTO wurde immer weiter ausgebaut und nimmt in der aktuellen Praxis von Panels und Appellate Body eine zentrale Rolle ein. Amicus briefs tragen aber insbesondere dem zweiten Aspekt von Transparenz Rechnung – der Beteiligung weiterer Akteure am Verfahren. Dies kann zu einem Zugehörigkeitsgefühl führen148 und zu einer Stärkung der Akzeptanz der Entscheidung. Dabei darf jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die meisten Nichtregierungsorganisationen immer nur einen Ausschnitt der jeweiligen Gesellschaft vertreten.149 Auch ist fraglich, inwiefern ein potentielles Demokratiedefizit mithilfe von ­Organisationen, welche selbst teils keinem demokratischen Aufbau folgen, behoben werden kann.150 Ein Vorteil des amicus-Systems ist jedoch, die Beteiligungsmöglichkeit gänzlich heterogener Gruppen. Die U.S.-amerikanische Praxis hat dabei gezeigt, dass eine solche Beteiligung auch von den verschiedenen politischen Gruppierungen gleichermaßen angenommen wird.151 Insofern ist die Argumentation, eine amicus-Beteiligung bilde nicht die gesamte Gesellschaft ab, zwar richtig, aber die Konsequenz, eine solche zu verbieten, ist zum einen falsch, weil sonst gar kein Teil der Gesellschaft mehr repräsentiert werden würde, und zum anderen, weil die Möglichkeit einer umfassenden Repräsentation besteht und in anderen Rechtsordnungen auch erfolgreich durchgeführt wird. Ein mögliches Demokratiedefizit innerhalb dieser Gruppen verbleibt allerdings. Ein weiteres Problem der bisherigen amicus-Praxis ist jedoch, dass mittels der Beteiligung von amici vertrauliche Informationen an die Öffentlichkeit gelangen können.152 In EC – Approval and Marketing of Biotech Products veröffentlichte einer der amici eine als vertraulich eingestufte Zwischenentscheidung des Panels.153 In EC – Export Subsidies on Sugar griff einer der amici auf An148  Lim, Chinese JIL 2005 85, 86. Knahr, Participation of Non-State Actors in the Dispute Settlement System of the WTO, S.  46 ff., führt aus, dass eine Beteiligung von amici zu einem gesteigerten Zugehörigkeitsgefühl führen und somit eine größere Akzeptanz der WTO erreicht werden kann. 149  Zur Investitionsschiedsgerichtsbarkeit etwa Kawharu, in: Waibel/Kaushal/Chung/ Balchin, The Backlash against Investment Arbitration, S.  286 ff, wobei sich diese Argumentation auch auf das Welthandelsrecht übertragen lässt. 150  Zu dieser und weiterer Problemstellungen betreffend Nichtregierungsorganisationen Collingwood, 32 Rev. Int’l Stud. 439, 448 ff. (2006). 151  Dazu oben §  2 B. I. 1. a), 2. b) bb) iii). Collins/Solowiej, 32 L. & Soc. Inquiry 955, 969 ff. (2007) stellen heraus, dass im U.S.-amerikanischen Recht eine recht ausgeglichene Be­tei­ ligung, zum Beispiel von Unternehmensverbänden und gemeinnützigen Verbänden, besteht. 152  Wie die amici die Informationen erlangten, verbleibt unklar. Ein eigenes Akteneinsichtsrecht haben amici nicht, dazu unten §  9 A. II. 4. 153  European Communities – Measures Affecting the Approval and Marketing of Biotech Products, Entscheidung des Panels vom 17.01.2008, WT/DS293/R, Rn.  6.196.

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lagen einer der Parteien zurück, die als vertraulich eingestuft waren.154 Diese beiden Zwischenfälle155 sind bedauerlich. Sie werfen ein falsches Licht auf die Mehrzahl von amicus briefs und können dazu führen, bereits bestehende Vorurteile zu bestärken. Sie zeigen aber auch, dass maximale Transparenz notwendigerweise auch zu einer Veröffentlichung vertraulicher Informationen führen kann. Begegnet werden sollte einer solchen Gefahr mittels einer auf Ermessensgesichtspunkten basierenden Zulassungspraxis.156 Ein gänzliches Verbot von amici aus diesen Zwischenfällen abzuleiten, erscheint unangebracht.

V. Gesamtbewertung Die Materie des Welthandelsrechts eröffnet vielfach Ansatzpunkte für eine Beteiligung weiterer Akteure neben den Mitgliedern. Umweltrechtliche und wirtschaftliche Fallgestaltungen zeigen die Notwendigkeit einer Beteiligung Dritter exemplarisch auf. Eine solche stärkt die Legitimation des DSU in mehrfacher Hinsicht. Zum einen kann die geballte Kompetenz dieser Akteure zu einer besseren Durchdringung des Streitstoffes führen.157 Zum anderen wird der Eindruck eines geschlossenen Zirkels vermieden, innerhalb dessen Entscheidungen ohne Rücksicht auf die Interessen der Zivilgesellschaft gefällt werden. Staaten verfolgen oftmals andere Interessen als Nichtregierungsorganisationen,158 weswegen es maßgeblich ist, diesen zumindest eine Möglichkeit der Artikulation ihrer Meinung zu geben. Wichtig ist dabei, amicus briefs in geordnete prozessuale Bahnen zu lenken. Fragen wie die Notwendigkeit eines vorherigen Antrags, die Ausgestaltung der amicus-Stellungnahme selbst und Fristen für die Einreichung sind nur einige der Punkte, die einer Regelung bedürfen.159 Auch gilt es durch Definition und Einhaltung klarer Entscheidungsparameter im Hinblick auf die Zulassung von amici, fehlgeleitete amicus briefs wie den der Westboro Church160 zu vermeiden. Anzumerken ist, dass solch gesellschaftspolitisch brisante Themen 154  European Communities – Export Subsidies on Sugar, Entscheidung des Panels vom 15.10.2004, WT/DS265/R, Rn.  7.76 ff. 155  Knahr, Participation of Non-State Actors in the Dispute Settlement System of the WTO, S.  79 ff. berichtet von einem weiteren Zwischenfall. In Thailand – Anti-Dumping Duties on Angles, Shapes and Sections of Iron or Non-Alloy Steel and H Beams from Poland, Bericht des Appellate Body vom 12.03.2001, WT/DS122/AB/R, hatte der amicus offenbar Zugriff auf die Rechtsmittelbegründung Thailands. 156  Dazu auch unten §  10 B. III. 157  Reusch, Die Legitimation des WTO-Streitbeilegungsverfahrens, S.  232. 158  Wald, in: Janow/Donaldson/Yanovich, The WTO, S.  691 betont insbesondere diese unterschiedliche Interessenlage zwischen Staaten und nichtstaatlichen Akteuren. 159  Siehe dazu unten §§  8, 9. 160  Dazu oben §  2 B. III.

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wie die gleichgeschlechtliche Heirat naturgemäß nicht auf der Agenda des Appellate Body stehen. Dennoch sind briefs, die mehr einer Meinungsbekundung denn einer rechtlichen Argumentation ähneln, im Welthandelsrecht denkbar. Ist dies jedoch nicht der Fall beziehungsweise lässt sich dies durch sinnvolle prozessuale Regelungen vermeiden, sollte eine Beteiligung von amici als wertvolle Bereicherung verstanden werden. Die zahlreichen Bedenken der Mitglieder lassen sich wie gezeigt fast alle entkräften. Der Zugewinn an Legitimation durch eine breite Beteiligung außenstehender Akteure sollte nicht unterschätzt werden.161

D.  Prozessualer Status und Abgrenzung Amicus briefs sind sowohl vor den Panels als auch vor dem Appellate Body als zulässig zu erachten und erfüllen, wie gezeigt, wichtige Funktionen. Wie aber sind solche briefs prozessual einzuordnen? Im Bereich des amerikanischen und europäischen Rechts sowie im Rahmen der Principles of Transnational Procedure hat sich gezeigt, dass amicus briefs regelmäßig einen Sonderstatus einnehmen, mithin als Instrument sui generis zu qualifizieren sind. Fraglich ist, ob sich diese Wertung auch auf den Bereich des Welthandelsrechts übertragen lässt.

I.  Prozessualer Status Klar ist, dass der amicus nicht Partei des Verfahrens ist.162 Auch eine Beteiligung als Drittpartei im Sinne des DSU163 ist lediglich Mitgliedern der WTO vorbehalten.164 Der amicus ist daher weder Partei noch Drittpartei. Zu prüfen ist, ob der amicus nicht als expert bezeichnet werden kann. Art.  13 Abs.  2 DSU ermöglicht es dem Panel, experts zu konsultieren. Diese nehmen die Stellung eines Sachverständigen ein. Die Initiative zur Berufung eines solchen Sachverständigen liegt beim Panel. Die Mehrzahl von amicus briefs erfolgt auf Initiative des amicus selbst. Daher kommt schon aus diesem Grund eine Einordnung des amicus als Sachverständiger nicht in Betracht. Dennoch sind Fälle denkbar, in denen 161  Vgl. auch Schneider, 7 Widener L. Symp. J. 87, 94 (2001), sowie die oben genannten Quellen. 162  Dies ergibt sich zum einen aus dem intergouvernementalen Charakter des DSU, wird aber im Zusammenhang mit amicus briefs noch einmal vom Appellate Body verdeutlicht, United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Appellate Body vom 12.10.1998, WT/DS58/AB/R, Rn.  101; siehe auch oben §  5 C. III. 163  Dazu Art.  10 DSU für die Panelebene und Art.  17 Abs.  4 DSU für Rechtsmittelverfahren vor dem Appellate Body. 164  United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Appellate Body vom 12.10.1998, WT/DS58/AB/R, Rn.  101.

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

das Panel den amicus auffordert, eine Stellungnahme abzugeben. Jedoch ist auch bei solchen Fallgestaltungen eine Qualifizierung als Sachverständiger verfehlt. Sachverständige müssen per se fachlich qualifiziert und unabhängig sein. Das Verfolgen eigener Interessen, welches bei einem amicus regelmäßig der Fall sein wird, ist für einen Sachverständigen nicht angezeigt. Vielmehr nimmt der amicus erneut eine Sonderstellung als Instrument sui generis ein. Auch eine analoge Anwendung der Vorschriften über den Sachverständigen scheidet aus, da anders als beim europäischen Recht nicht nur staatliche Stellen als amicus tätig werden und auch keine Verpflichtung des amicus zur Neutralität besteht.

II. Abgrenzung Die Frage der Abgrenzung ergibt sich im Rahmen der WTO auf mehreren Ebenen. Notwendig ist es zunächst, die Beteiligung von Mitgliedern im Wege der Art.  10, 17 Abs.  4 DSU gegenüber einer Beteiligung als amicus abzugrenzen. Weiterhin ist fraglich, ob Nichtmitglieder neben einer Beteiligung als amicus noch andere Möglichkeiten haben, ihre Interessen vor Panel beziehungsweise Appellate Body zu artikulieren. 1.  Mitglieder als amicus curiae Wie bereits im Rahmen der Prozessgeschichte angemerkt,165 können sich auch Mitglieder der WTO als amicus beteiligen.166 Fraglich ist, wie eine solche Beteiligung von der nach Art.  10 Abs.  2 DSU beziehungsweise Art.  17 Abs.  4 DSU abzugrenzen ist. Bereits im Rahmen der Zulässigkeit von amicus briefs wurde herausgearbeitet, dass der amicus gegenüber der Beteiligung nach Art.  10, 17 Abs.  4 DSU keinerlei Rechte innehat. Beteiligt sich ein Mitglied hingegen als Dritter, so hat es das Recht, vom Panel beziehungsweise Appellate Body angehört zu werden.167 Die Beteiligung als Dritter im Sinne des Art.  10 DSU setzt jedoch ein substantial interest voraus. Dabei ist ein rechtliches Interesse nicht erforderlich.168 Ausreichend ist vielmehr ein tatsächliches, faktisches Interesse. Damit sind die Anforderungen an eine Beteiligung gemäß Art.  10 DSU relativ gering. Eine Beteiligung eines Mitglieds mittels eines amicus curiae briefs setzt hingegen keinerlei Interesse voraus. Amicus briefs stellen daher eine Ergänzung ge165 

Dazu oben §  5 B. I. 1. European Communities – Trade Description of Sardines, Bericht des Appellate Body vom 26.09.2002, WT/DS231/AB/R, Rn.  167; dazu: Covelli, 37 JWT 673 ff. (2003). 167  Dazu ausführlich oben §  5 B. II. 1., III. 1. 168  European Communities – Regime for the Importation, Sale and Distribution of Bana­nas, Bericht des Appellate Body vom 09.09.1997, WT/DS27/AB/R, Rn.  132; dazu auch: Arend, in: Wolfrum/Stoll/Kaiser, WTO – Institutions and Dispute Settlement, Art.  10 DSU, Rn.  4. 166 

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genüber der Beteiligung nach Art.  10 DSU dar. Die Voraussetzungen sind gegenüber Art.  10 DSU abgeschwächt, die mit einem amicus brief verbundene Rechtsstellung allerdings auch. Problematisch an einer Beteiligung von Mitgliedern vor dem Appellate Body könnte sein, dass so eine Umgehung von Art.  17 Abs.  4 DSU droht. Nach dieser Vorschrift darf sich als Dritter vor dem Appellate Body nur beteiligen, wer sich bereits im Rahmen des Panelverfahrens als Dritter beteiligt hat. Jedoch ist die Qualität einer Beteiligung gemäß Art.  17 Abs.  4 DSU nicht mit der Stellung als amicus zu vergleichen169 und eine Umgehung droht nicht. 2.  Alternative Beteiligungsformen für Nichtmitglieder Wie gesehen ermöglichen es amicus briefs Privaten, sich unmittelbar am Dispute Settlement der WTO zu beteiligen. Fraglich ist, ob eine solche Beteiligung auch in anderer Form denkbar ist. Möglich ist, dass sich Private mit der eigenen Regierung abstimmen und bei der Ausarbeitung der Schriftsätze und der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung eine aktive Rolle einnehmen.170 Denkbar ist auch eine Inkorporation des amicus briefs in den betreffenden Partei­ schriftsatz.171 Ein solches Vorgehen erfordert eine Abstimmung zwischen den Privaten und den betroffenen Staaten. In Fällen, in denen der Private jedoch eine konträre Auffassung gegenüber dem Staat vertritt, ist eine solche Vorgehensweise nicht zielführend. Eine weitere Alternative der Beteiligung Privater am DSU ist die Möglichkeit der Vertretung von Mitgliedern durch Private. Es ist mittlerweile anerkannt, dass sich Staaten durch Private bei Verfahren im Rahmen des DSU vertreten lassen können.172 In diesem Fall kann der Private jedoch ebenfalls keine eigenen Akzente setzen. Alternativen für eine Beteiligung Privater am Dispute Settlement sind nur bei einer Kooperation zwischen Privaten und Staat möglich. Mittels eines amicus briefs können die Privaten hingegen ihre eigenen Interessen unabhängig von denen der Parteien artikulieren. Daher sind diese Möglichkeiten keine echte Alternative zu amicus briefs. Diskutiert wird zudem, 169 

Siehe oben §  5 B. III. 1. In United States – Standards for Reformulated and Conventional Gasoline, Bericht des Panels vom 29.01.1996, WT/DS/2/R beteiligten sich verschiedene wirtschaftliche Unternehmen auf diese Weise, dazu: Reinisch/Irgel, 1 Non-State Actors & Int’l L. 127, 138 (2001). Auch in Japan – Measures Affecting Consumer Photographic Film and Paper, Bericht des Panels vom 31.03.1998, WT/DS44/R erfolgte eine solche Zusammenarbeit, dazu: Lim, Chinese JIL 85, 90 (2005); Tietje/Nowrot, 5 EBOR 321, 335 (2004). 171  So geschehen in United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Panels vom 15.05.1998, WT/DS58/R. Die Vereinigten Staaten nahm die Ausführungen von zwei potentiellen amici in ihren Schriftsatz auf. 172  European Communities – Regime for the Importation, Sale and Distribution of Bananas, Bericht des Appellate Body vom 09.09.1997, WT/DS27/AB/R, Rn.  12; dazu auch: Hernandez-Lopez, 35 JWT, 469, 481 ff. (2001). 170 

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eine eigene Klagemöglichkeit für Unternehmen im Rahmen des WTO-Streitbeilegungssystems einzuführen.173 Dabei scheint diese Debatte aber über das Stadium einer Idee nicht herausgekommen zu sein. Zu groß wäre die Belastung der bestehenden Strukturen. Zudem würde eine solche Praxis den intergouvernementalen Charakter der WTO-Streitbeilegung auf den Kopf stellen.

E.  Praktische Relevanz Das Dispute Settlement-System der WTO wird teils als Juwel in der Krone der Institutionen der WTO beschrieben.174 Es ist in der Tat erstaunlich, dass innerhalb von acht Jahren seit Bestehen 300 Fälle verhandelt wurden, so viele wie in 50 Jahren des GATT.175 Mittlerweile ist die Anzahl von Fällen auf 513 angestiegen.176 Nicht untersucht wurde bisher, wie viele dieser Fälle eine Beteiligung durch amici erfahren haben und inwiefern die amici die Entscheidung von Panel oder Appellate Body beeinflusst haben. Dies soll Fokus der nachfolgenden Ausführungen sein.

I.  Anzahl von amici briefs vor der WTO Im Rahmen von Panel-Verfahren haben sich amici bisher an 25 Verfahren beteiligt.177 Demgegenüber steht eine Beteiligung von amici an Verfahren vor dem Überblick hierzu bei Reusch, Die Legitimation des WTO-Streitbeilegungsverfahrens, S.  230 ff.; Schneider, 7 Widener L. Symp. J. 87, 94 f. 174  Diego-Fernández, in: Georgive/Van der Borght, Reform and Development of the WTO Dispute Settlement System, S.  109. 175  McRae, 7 JIEL 3, 9 (2004). 176  (abgerufen am 21.10.2016). 177  Die nachfolgenden Entscheidungen wurden mittels einer Volltextsuche aller Entscheidungen der Panels nach den Stichwörtern „amicus“, „amici“, „non-disputing party“ sowie der Auswertung verschiedener Literaturquellen und der Webseite (abgerufen am 21.10.2016; Stand: September 2011) gefunden: European Communities – Measures Prohibiting the Importation and Marketing of Seal Products, WT/DS400, WT/DS401, Bericht des Panels vom 25.11.2013, Rn.  1.17 ff.; Canada – Certain Measures Affecting the Renewable Energy Generation Sector, Bericht des Panels vom 19.12.2012, WT/DS412/R, Rn.  1.12; United States – Certain Country of Origin Labelling (COOL) Requirements, Bericht des Panels vom 18.11.2011, WT/DS384/R, WT/DS386/R, Rn.  2.9; United States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna and Tuna Products, Bericht des Panels vom 15.09.2011, WT/DS381/R, Rn.  7.1 ff.; Thailand – Customs and Fiscal Measures on Cigarettes from the Philippines, Bericht des Panels vom 15.10.2010, WT/DS371/R, Rn.  2.5; Australia – 173 

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Appellate Body in 20 Fällen.178 Eine Beteiligung von amici ist insofern nach wie Measures Affecting the Importation of Apples from New Zealand, Bericht des Panels vom 09.08.2010, WT/DS367/R, Rn.  4.331; European Communities – Measures Affecting Trade in Large Civil Aircraft, Bericht des Panels vom 30.06.2010, WT/DS316/R, Rn.  1.9 Fn.  7; European Communities – Anti-Dumping Measure on Farmed Salmon from Norway, Bericht des Panels vom 16.11.2007, WT/DS337R, Rn.  1.12 f.; Brazil – Measures Affecting Imports of Retreaded Tyres, Bericht des Panels vom 12.06.2007, WT/DS332/R, Rn.  5.158; European Communities – Measures Affecting the Approval and Marketing of Biotech Products, Bericht des Panels vom 29.09.2006, WT/DS/291/R, WT/DS292/R, WT/DS293/R, Rn.  7.10 f.; European Communities – Selected Customs Matters, Bericht des Panels vom 16.06.2006, WT/DS315/R, Rn.  7.76 Fn.  209; United States – Laws, Regulations and Methodology for Calculating Dumping Margins (Zeroing), Bericht des Panels vom 31.10.2005, WT/DS294/R, Rn.  1.7; European Communities – Export Subsidies on Sugar, Bericht des Panels vom 15.10.2004, WT/ DS265/R, WT/DS266/R, WT/DS283/R, Rn.  7.76 ff.; United States – Investigation of the International Trade Commission in Softwood Lumber from Canada, Bericht des Panels vom 22.03.2004, WT/DS277/R, Rn.  7.10 Fn.  75; United States – Final Countervailing Duty Determination with respect to certain Softwood Lumber from Canada, Bericht des Panels vom 29.08.2003, WT/DS257/R, Rn.  7.1; United States – Preliminary Determinations with Respect to Certain Softwood Lumber from Canada, Bericht des Panels vom 12.09.2002, WT/ DS236/R, Rn.  7.2; United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Products – Recourse to Article 21.5 by Malaysia, Bericht des Panels vom 15.06.2001, WT/DS58/ RW, Rn.  5.15; European Communities – Anti-Dumping Duties on Imports of Cotton-type Bed Linen from India, Bericht des Panels vom 30.10.2000, WT/DS141/R, Rn.  6.1; European Communities – Measures Affecting Asbestos and Asbestos-Containing Products, Bericht des Panels vom 18.09.2000, WT/DS135/R, Rn.  8.14 ff.; United States – Section 110(5) of US Copyright Act, Bericht des Panels vom 15.06.2000, WT/DS160/R, Attachment 1.4; Australia – Measures Affecting Importation of Salmon, Recourse to Article 21.5 by Canada, Bericht des Panels vom 18.02.2000, WT/DS18/RW, Rn.  7.8 f.; United States – Imposition of Countervailing Duties on Certain Hot-Rolled Lead and Bismuth Carbon Steel Products Originating in the United Kingdom, Bericht des Panels vom 23.12.1999, WT/DS138/R, Rn.  6.3; United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Panels vom 15.05.1998, WT/DS58/R, Rn.  7.8. Amicus briefs wurden auch in United States – Standards for Reformulated and Conventional Gasoline, Bericht des Panels vom 29.01.1996, WT/ DS/2/R und EC – Measures Concerning Meat and Meat Products (Hormones), Bericht des Panels vom 18.08.1997, WT/DS/26/R. 178  Die nachfolgenden Entscheidungen wurden mittels einer Volltextsuche aller Entscheidungen des Appellate Body nach dem den Stichwörtern „amicus“, „amici“, „non-disputing party“ sowie der Auswertung verschiedener Literaturquellen und der Webseite (abgerufen am 21.10.2016; Stand: September 2011) gefunden. United States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna and Tuna Products, Bericht des Appellate Body vom 20.11.2015, WT/DS381/AB/RW, Rn.  1.16; European Communities – Measures Prohibiting the Importation and Marketing of Seal Products, Bericht des Appellate Body vom 22.05.2014, WT/DS400/AB/R, Rn.  1.15; Canada – Certain Measures Affecting the Renewable Energy Generation Sector, Canada – Measures Relating to the Feed-in Tariff Program, Bericht des Appellate Body vom 13.05.2013, WT/DS412/AB/R, WT/DS426/AB/R, Rn.  1.30; United States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

vor die Ausnahme. Auf der anderen Seite wäre es verfehlt, amici als absolute Rarität einzustufen. 25 beziehungsweise 20 Verfahren mit einer amicus-Beteiligung verdeutlichen die Signifikanz solcher Stellungnahmen. Bemerkenswert ist ebenfalls die Regelmäßigkeit der Beteiligung. Seit der Entscheidung US – Shrimp haben sich amici immer wieder an Verfahren beteiligt. Das Interesse der verschiedenen privaten Akteure hat sich bis in das Jahr 2015 gehalten und es ist davon auszugehen, dass sich amici auch weiterhin an Verfahren im Rahmen der WTO beteiligen werden.

and Tuna Products, Bericht des Appellate Body vom 16.05.2012, WT/DS381/AB/R, Rn.  8; United States – Measures Affecting the Production and Sale of Clove Cigarettes, Bericht des Appellate Body vom 04.04.2012, WT/DS406/AB/R, Rn.  10; United States – Definitive Anti-Dumping and Countervailing Duties on Certain Products from China, Bericht des Appellate Body vom 11.03.2011, WT/DS379/AB/R, Rn.  18; China – Measures Affecting Imports of Automobile Parts, Bericht des Appellate Body vom 15.12.2008, WT/DS339/AB/R, WT/ DS340/AB/R, WT/DS342/AB/R, Rn.  11; Brazil – Measures Affecting Imports of Retreaded Tyres, Bericht des Appellate Body vom 03.12.2007, WT/DS332/AB/R, Rn.  7; Mexico – Tax Measures on Soft Drinks and Other Beverages, Bericht des Appellate Body vom 06.03.2006, WT/DS308/AB/R, Rn.  8; European Communities – Customs Classification of Frozen Boneless Chicken Cuts, Bericht des Appellate Body vom 12.09.2005, WT/DS269/AB/R, WT/ DS286/AB/R, Rn.  12; European Communities – Export Subsidies on Sugar, Bericht des Appellate Body vom 28.04.2005, WT/DS265/AB/R, WT/DS266/AB/R, WT/DS283/AB/R, Rn.  9; United States – Final Countervailing Duty Determination with respect to certain Softwood Lumber from Canada, Bericht des Appellate Body vom 19.01.2004, WT/DS257/AB/R, Rn.  9; United States – Definitive Safeguard Measures on Imports of Certain Steel Products, Bericht des Appellate Body vom 10.11.2003, WT/DS248/AB/R, WTDS249/AB/R, WT/ DS251/AB/R, WT/DS252/AB/R, WT/DS253/AB/R, WT/DS254/AB/R, WT/DS258/AB/R, WT/DS259/AB/R, Rn.  9 ff.; United States – Countervailing Measures Concerning Certain Products from the European Communities, Bericht des Appellate Body vom 09.12.2002, WT/DS212/AB/R, Rn.  9 ff., 76; European Communities – Trade Description of Sardines, Bericht des Appellate Body vom 26.09.2002, WT/DS231/AB/R, Rn.  167; United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Products – Recourse to Article 21.5 by Malaysia, Bericht des Appellate Body vom 22.10.2001, WT/DS58/AB/RW, Rn.  75 ff; Thailand – Anti-Dumping Duties on Angles, Shapes and Sections of Iron or Non-Alloy Steel and H Beams from Poland, Bericht des Appellate Body vom 12.03.2001, WT/DS122/AB/R, Rn.  62 ff.; ­European Communities – Measures Affecting Asbestos and Asbestos-Containing Products, Bericht des Appellate Body vom 12.03.2001, WT/DS135/AB/R, Rn.  50 ff.; United States – Imposition of Countervailing Duties on Certain Hot-Rolled Lead and Bismuth Carbon Steel Products Originating in the United Kingdom, Bericht des Appellate Body vom 10.05.2000, WT/DS138/AB/R, Rn.  36 ff.; United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Appellate Body vom 12.10.1998, WT/DS58/AB/R, Rn.  99 ff.

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II.  Einfluss von amicus briefs Wie gesehen wäre es verfehlt, amicus briefs als Ausnahmephänomen einzustufen. Wie aber verhält es sich mit dem Einfluss dieser briefs auf die Entscheidung von Panel oder Appellate Body? Eine Untersuchung der genannten Entscheidungen ergibt, dass die meisten der amicus briefs keinerlei Einfluss auf die Entscheidung von Panel oder Appellate Body haben. Oftmals findet sich der Satz: „The Division did not find it necessary to take the brief into account in resolving the issues raised in this appeal.“179 Teilweise werden amicus briefs nur berücksichtigt, wenn eine der Parteien den amicus brief ihrem Parteischriftsatz beigefügt hat.180 Es scheint eine Differenz zwischen Theorie und Praxis zu bestehen.181 Auf der einen Seite hat der Appellate Body in einer Reihe von Entscheidungen amicus briefs in den DSU integriert, auf der anderen Seite nutzen Panel und Appellate Body die Informationen von amicus briefs überwiegend nur, wenn diese Teil des Parteischriftsatzes sind. In diesem Zusammenhang muss jedoch auf einige Entscheidungen aus der neueren Zeit hingewiesen werden. In US – COOL bezeichnet das Panel die Informationen aus dem amicus brief als notwendig.182 In US – Tuna II führt das Panel aus: „The Panel therefore consi179  United States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna and Tuna Products, Bericht des Appellate Body vom 20.11.2015, WT/DS381/AB/RW, Rn.  1.16; Mexico – Tax Measures on Soft Drinks and Other Beverages, Bericht des Appellate Body vom 06.03.2006, WT/DS308/AB/R, Rn.  8; European Communities – Customs Classification of Frozen Boneless Chicken Cuts, Bericht des Appellate Body vom 12.09.2005, WT/ DS269/AB/R, WT/DS286/AB/R, Rn.  12; European Communities – Export Subsidies on Sugar, Bericht des Appellate Body vom 28.04.2005, WT/DS265/AB/R, WT/DS266/AB/R, WT/ DS283/AB/R, Rn.  9; United States – Final Countervailing Duty Determination with respect to certain Softwood Lumber from Canada, Bericht des Appellate Body vom 19.01.2004, WT/ DS257/AB/R, Rn.  9; ähnlich: European Communities – Measures Affecting the Approval and Marketing of Biotech Products, Bericht des Panels vom 29.09.2006, WT/DS/291/R, WT/ DS292/R, WT/DS293/R, Rn.  7.10 f.; European Communities – Anti-Dumping Duties on Imports of Cotton-type Bed Linen from India, Bericht des Panels vom 30.10.2000, WT/DS141/R, Rn.  6.1. 180  United States – Laws, Regulations and Methodology for Calculating Dumping Margins (Zeroing), Bericht des Panels vom 31.10.2005, WT/DS294/R, Rn.  1.7; United States – Final Countervailing Duty Determination with respect to certain Softwood Lumber from Canada, Bericht des Panels vom 29.08.2003, WT/DS257/R, Rn.  7.1; United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Products – Recourse to Article 21.5 by Malaysia, Bericht des Panels vom 15.06.2001, WT/DS58/RW, Rn.  5.15; European Communities – Measures Affecting Asbestos and Asbestos-Containing Products, Bericht des Panels vom 18.09.2000, WT/DS135/R, Rn.  8.14 ff. 181  Darauf hinweisend auch Gao, China Rights Forum 2006, 51, 55. 182  United States – Certain Country of Origin Labelling (COOL) Requirements, Bericht des Panels vom 18.11.2011, WT/DS384/R, WT/DS386/R, Rn.  2.10.

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

ders that it has the authority to consider the information contained in the submission filed by Humane Society International and American University’s Washington College of Law, and has done so to the extent that it deemed it relevant to the examination of the claim before it.“183 In EC – Seal Products greift das Panel insgesamt viermal auf tatsächliche Informationen zurück, die mittels verschiedener amicus briefs zur Verfügung gestellt wurden.184 Die drei Entscheidungen verdeutlichen, dass Panels amicus briefs teilweise durchaus als Hilfe ansehen und sich ihrer bedienen. Es bleibt abzuwarten, inwiefern sich dieser Trend auch in weiteren Entscheidungen bestätigen wird. Trotz dieser neueren Entwicklungen kann festgehalten werden, dass sich Panel oder Appellate Body in den Entscheidungsgründen bisher nur in Ausnahmefällen auf amicus-Stellungnahmen beziehen. Es ist jedoch möglich, dass die Spruchkörper der WTO die Argumente der amici berücksichtigen, ohne ausdrücklich auf diese zu verweisen. Ähnlich dem U.S.-amerikanischen Recht kann eine verlässliche Aussage nicht getroffen werden, da der Entscheidungsfindungsprozess der Spruchkörper nur bedingt nachvollziehbar ist.

F.  Zusammenfassung Vorstehend wurde zunächst gezeigt, dass das Instrument des amicus im Rahmen der Streitbeilegung im Welthandelsrecht vom Appellate Body als zulässig angesehen wurde.185 Die Entscheidung des Appellate Body ist nach wie vor um-

183  United States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna and Tuna Products, Bericht des Panels vom 15.09.2011, WT/DS381/R, Rn.  7.9. 184  European Communities – Measures Prohibiting the Importation and Marketing of Seal Products, WT/DS400, WT/DS401, WT/DS369, Bericht des Panels vom 25.11.2013. Bei Rn.  7.195 Fn.  277 wird eine humane Tötungsmethode für Seehunde durch verschiedene Nichtregierungsorganisationen mittels eines amicus briefs näher erläutert, wobei seitens des Panels neben der amicus-Stellungnahme auch auf veröffentlichte Fachliteratur zurückgegriffen wird. Bei Rn.  7.408 beruft sich die Europäische Kommission auf eine „philosophy of animal welfarism“ and its connection to „a long-established tradition of moral thought“. Bei Fn.  672 zu dieser Randnummer wird ausgeführt, dass diese Tradition eines moralischen Bewusstseins in einer amicus-Stellungnahme zu finden ist, auf die sich die Europäische Kommission wohl stützt. Weitere Beispiele finden sich bei Rn.  7.435 Fn.  703 und Rn.  7.496 Fn.  799. Generell ist in diesem Verfahren zu berücksichtigen, dass die Europäische Kommission die amicus-Stellungnahme von anima et al als Beweisstück deklariert hat und sich zudem teilweise auf den Vortrag des amicus bezieht. Dennoch ist festzuhalten, dass in diesem Verfahren die tatsächlichen Ausführungen in einer amicus-Stellungnahme eine hervorgehobene Rolle einnehmen. 185  Oben §  5 B. I. 1.

§  5  Welthandelsrecht

163

stritten. Dabei sprechen die besseren Argumente dafür, von einer Zulässigkeit auszugehen.186 Im Hinblick auf die Art der Verfahren, an denen sich amici beteiligen, fällt auf, dass dies insbesondere umweltrechtliche Streitigkeiten sind.187 Allerdings sind auch Beteiligungen bekannt, bei denen sich amici von wirtschaftlichen Interessen lenken lassen.188 Hinsichtlich der Art und Weise der Einflussnahme liegt eine Ähnlichkeit zum U.S.-amerikanischen Recht vor. Es wird etwa auf die Folgen der Entscheidung hingewiesen oder Spezialwissen eingebracht.189 Die Mehrzahl der Mitglieder der WTO steht amicus-Stellungnahmen nach wie vor kritisch gegenüber. Aufgrund des Erfordernisses der Einstimmigkeit bei Änderungen des DSU ist eine alsbaldige Kodifikation von amici unwahrscheinlich.190 Insgesamt erweist sich das Instrument jedoch als nützlich, um eine breitere Teilhabe an der Streitbeilegung der WTO zu ermöglichen und somit diese Verfahren etwas transparenter zu gestalten.191 Prozessual nehmen amici die Stellung eines Instruments sui generis ein.192 Beteiligen sich Mitglieder als amicus ist eine Abgrenzung zu einer Beteiligung nach Art.  10, 17 Abs.  4 DSU erforderlich. Maßgebliches Abgrenzungskriterium ist dabei die Rechtsstellung im Prozess und die erhöhten Anforderungen im Rahmen einer Beteiligung nach Art.  10, 17 Abs.  4 DSU.193 Als alternative Beteiligungsform für Nichtmitglieder kommt insbesondere eine Zusammenarbeit mit den Parteien in Betracht.194 Im Hinblick auf die praktische Relevanz hat sich gezeigt, dass sich amici bisher an einer Vielzahl von Verfahren beteiligt haben.195 Der Einfluss von amicus briefs scheint jedoch oftmals sehr gering zu sein. Allerdings finden sich auch einige Entscheidungen, die ausdrücklich auf amicus briefs Bezug nehmen.196

186 

Oben §  5 B. II., III. Oben §  5 C. I. 1. 188  Oben §  5 C. I. 2. 189  Oben §  5 C. II. 190  Oben §  5 C. III. 191  Oben §  5 C. IV., V. 192  Oben §  5 D. I. 193  Oben §  5 D. II. 1. 194  Oben §  5 D. II. 2. 195  Oben §  5 E. I. 196  Oben §  5 E. II. 187 

§  6  Internationale Investitionsschiedsgerichtsbarkeit Amicus briefs sind mittlerweile auch im Rahmen von Investitionsstreitigkeiten akzeptierte Praxis. Bevor näher hierauf eingegangen werden kann, ist vorab kurz zu umreißen, was man unter dem Begriff der „internationalen Investitionsstreitigkeiten“ versteht und in welchem Zusammenhang die Schiedsgerichtsbarkeit hierzu steht.

A.  Einführung – Internationale Investitionsstreitigkeiten und Streitbeilegung I. Investitionsstreitigkeiten Eine internationale Investitionsstreitigkeit ist gegeben, wenn ein ausländischer Investor im Zusammenhang mit einer von ihm getätigten Investition in seinen Interessen durch Maßnahmen des Gaststaates beeinträchtigt wird.1 Parteien eines solchen Streits sind daher regelmäßig der Gaststaat und der ausländische Investor. Bei ersterem wird die Investition getätigt. Der Investor muss befürchten, der Gaststaat könne nach getätigter Investition die rechtlichen Rahmenbedingungen beispielsweise durch Erlass von Gesetzen zum Nachteil des Investors ändern.2 Ist die Fabrik oder Raffinerie errichtet, könnte der Gaststaat auf die Idee kommen, sich diese anzueignen. Denkbar sind auch weit subtilere Maßnahmen, wie etwa eine willkürliche Besteuerung, die in eine schleichende Enteignung mündet, wenn dem Investor die wirtschaftliche Grundlage seiner Investition genommen wird.3 In der Diskussion befindet sich der Bereich regulativer Enteignungen in Abgrenzung zu regulativen Maßnahmen. Insbesondere beim Erlass Ähnlich Reinisch, in: Tietje, Internationales Wirtschaftsrecht, S.  418 f. Sogenanntes „Geiselproblem“; die getätigte Investition stellt ein wirtschaftliches Hindernis für den Investor dar, seine Investition aufzugeben, die Investition ist mithin die Geisel, dazu: Besch, Schutz von Auslandsinvestitionen, S.  6. Diese Ausgangsposition auch darstellend Wälde, RabelsZ 42 (1978), 28, 76. 3  Reinisch, in: Tietje, Internationales Wirtschaftsrecht, S.  419; zur indirekten beziehungs­ weise schleichenden Enteignung auch Griebel, Internationales Investitionsrecht, S.  77 ff.; Salacuse, The Law of Investment Treaties, S.  297 ff. 1  2 

§  6  Internationale Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

165

von umweltrechtlichen Bestimmungen ist stark umstritten, inwiefern diese eine regulative Enteignung oder lediglich eine regulative Maßnahme darstellen.4 Unabhängig hiervon steht die Schutzbedürftigkeit ausländischer Investoren fest. In der Praxis wird dieser Schutz heute maßgeblich durch Investitionsverträge5 gewährleistet.6 Diese lassen sich im Wesentlichen in zwei Gruppen unterteilen: bilaterale Investitionsverträge7 und multilaterale Abkommen.8 Im Hinblick auf letztere sind insbesondere das North American Free Trade Agreement9 (NAFTA) sowie der Energy Charter Treaty (ECT) zu nennen. Mitglieder des NAFTA sind die Vereinigten Staaten, Kanada und Mexiko. Dabei begrenzt sich das NAFTA nicht auf Investitionen, sondern regelt auch andere Bereiche.10 Der ECT auf der anderen Seite ist ein sektorales Abkommen im Energiesektor.11 Im Rahmen von BITs schließen zwei Staaten einen Vertrag, in dem die ­Rahmenbedingungen von Investitionen geregelt werden.12 Ausgangspunkt ist dabei der sachliche Anwendungsbereich, der Investitionsbegriff.13 Denkbar sind verschiedene Arten von Investitionen, wie etwa Direktinvestitionen und Portfolioinvestitionen.14 Die BITs haben hier unterschiedliche Ansatzpunk-

4 

Dazu unten §  6 C. I. 1. Investitionsverträge sind völkerrechtlicher Natur, sie werden zwischen Staaten geschlos­ sen, vgl. Dolzer/Kreuter-Kirchhof, in: Vitzthum/Proeßl, Völkerrecht, S.  481 ff. 6  Investitionsverträgen kommt auch die Aufgabe zu, eine Liberalisierung von Investi­ tionsmöglichkeiten zu schaffen, weswegen in der Terminologie des Bundeswirtschaftsmini­ steriums von Investitionsförderungsverträgen die Rede ist, Perkams, Internationale Investi­ tionsschutzabkommen, S.  29. 7  Im Englischen Bilateral Investment Treaty (BIT). 8  Im Englischen Multilateral Investment Treaty (MIT). 9  Veröffentlicht in 32 I.L.M. 289 (1993). 10  Regelungen zum Investitionsschutz finden sich in Ch. 11, Art.  1101 ff. NAFTA. 11  Regelungen zu Investitionen finden sich in Art.  10 ff. ECT, die Streitbeilegung zwischen Investor und Mitgliedstaat ist in Art.  26 ECT geregelt. 12  Heute gibt es mehr als 2600 dieser Verträge, von denen ungefähr drei Viertel in Kraft sind, Griebel, Internationales Investitonsschutzrecht, S.  40. 13  Ausführlich hierzu Salacuse, The Law of Investment Treaties, S.  18 ff.; 158 ff.; vgl. auch Dolzer/Schreuer, Principles of International Investment Law, S.  60 ff.; Perkams, Internationale Investitionsschutzabkommen, S.  33 ff., 156 ff. 14  In der Literatur herrscht Uneinigkeit darüber, worin der Unterschied beider Begrifflichkeiten liegt. Teilweise wird vorgeschlagen, bei einer Beteiligung an Unternehmen von weniger als 10 % liege eine Portfolioinvestition vor, da bei einer solch geringen Beteiligung keine direkte Kontrolle über das Unternehmen bestehe, Salacuse, The Law of Investment Treaties, S.  21 f., 29 f. Andere lassen starre Prozentzahlen außer Betracht und stellen lediglich darauf ab, ob eine direkte Einflussmöglichkeit gegeben ist, Reinisch, in: Tietje, Internationales Wirtschaftsrecht, S.  408 f.; Head, Global Business Law, S.  387. Überzeugender ist es, den 5 

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

te.15 Neben materiellen Erwägungen wie einer gerechten und billigen Behandlung,16 dem Schutz vor Enteignung17 oder Meistbegünstigungsklauseln18 sind Streitbeilegungsvorschriften wesentlicher Regelungsgegenstand von BITs. Dem Investor wäre kaum geholfen, wenn der BIT ihn materiell vor unzulässigen Maßnahmen schützt, er aber bei einer Verletzung seiner Rechte keine Klagemöglichkeit hätte. Daher sind Vorschriften über die Beilegung von Streitigkeiten denknotwendiger Bestandteil von BITs. Die meisten BITs regeln die Beilegung von Streitigkeiten auf zwei Ebenen.19 Zum einen finden sich Klauseln für die Beilegung von Streitigkeiten der beiden Staaten, die den Abschluss des BITs beschlossen haben. Diese haben in der bisherigen Praxis jedoch kaum Relevanz.20 Auf der anderen Seite finden sich Klauseln über die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investor und Gaststaat. Diese besitzen Praxisrelevanz, weswegen auf sie der Fokus zu richten ist.

II.  Streitbeilegung – Schiedsgerichtsbarkeit Üblicherweise betont eine Klausel, die sich an Gaststaat und Investor richtet, zunächst, den Streit durch Verhandlungen zu schlichten.21 Im Fall des Fehlschlags einer solchen Verhandlungen sind regelmäßig Schiedsgerichte aufzurufen.22 Dabei wird in den einschlägigen BITs auf verschiedene Formen der Schiedsgerichtsbarkeit verwiesen. Es finden sich Verweise auf institutionalisierte Formen sowie auf die ad hoc Schiedsgerichtsbarkeit. Ein ad hoc Schiedsgericht Maßstab an Einfluss zum alleinigen Kriterium zu nehmen und nicht starre Prozentzahlen, da diese für sich genommen nicht die Frage des Einflusses regeln. 15  Das deutsche Muster-BIT wählt einen weiten Investitionsbegriff, der Chinesisch-Deutsche BIT hingegen einen sehr engen, Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, S.  338. 16  Dazu Dolzer/Schreuer, Principles of International Investment Law, S.  119 ff.; Salacuse, The Law of Investment Treaties, S.  218 ff. 17  Dazu Griebel, Internationales Investitionsrecht, S.  76 ff.; Salacuse, The Law of Invest­ ment Treaties, S.  285 ff. 18  Dazu Griebel, Internationales Investitionsrecht, S.  79 ff.; Reinisch, in: Tietje, Internationales Wirtschaftsrecht, 411 ff. 19  Griebel, Internationales Investitionsrecht, S.  92; Salacuse, The Law of Investment Treaties, S.  137. 20  Griebel, Internationales Investitionsrecht, S.  93 weist daraufhin, dass der Gaststaat den Investor zwingen könnte, auf seine Rechte aus dem zwischen Investor und Gaststaat geschlossenen Investitionsvertrag zu verzichten. Hierin könnte eine Verletzung der Rechte des Heimatstaates aus dem BIT zu sehen sein. 21  Beispielsweise Art.  1118 NAFTA. Weitere Beispiele bei McLachlan/Shore/Weiniger, International Investment Arbitration, S.  46 ff. 22  Griebel, Internationales Investitionsschutzrecht, S.  114; Bishop/Crawford/Reisman, Foreign Investment Disputes, S.  11 f.; Art.  24 Abs.  1 U.S. Model BIT 2012.

§  6  Internationale Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

167

wird für den jeweiligen Einzelfall errichtet und ist nur zur Bearbeitung der anhängigen Streitigkeit berufen.23 Die Parteien können hierbei das Verfahren innerhalb der Grenzen des nationalen Rechts selbst bestimmen.24 In BITs und multilateralen Abkommen ist jedoch häufig die Gestaltungsfreiheit der Parteien durch Verweis auf den Ablauf des Verfahrens nach den UNCITRAL AR eingeschränkt.25 Institutionelle Schiedsgerichte zeichnen sich durch eine vorgegebene Organisation des Schiedsverfahrens aus.26 Es existiert eine Vielzahl solch institutioneller Schiedsgerichte.27 Auch in den BITs wird immer wieder auf unterschiedliche Institutionen verwiesen.28 Eine zentrale Rolle nimmt im Investitionsschutzrecht das ICSID29 ein. Fast alle BITs und multilateralen Abkommen verweisen auf dieses, teilweise ohne andere Formen der Schiedsgerichtsbarkeit zuzulassen.30 Das ICSID ist selbst kein Schiedsgericht, sondern eine Institution31 mit internationaler Rechtspersönlichkeit.32 Es nimmt dabei alle Aufgaben wahr, die typischerweise auch von der institutionellen Schiedsgerichtsbarkeit wahrgenommen werden. ICSID-Verfahren unterscheiden sich jedoch von den übrigen Formen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit merklich. Während Schiedsverfahren vor anderen interSchütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, S.  19. Blackaby/Partasides, Redfern and Hunter on International Arbitration, S.  42. 25  Srilanka Model BIT, Art.  1120 NAFTA, ECT, ASEAN, zu diesen Beispielen McLachlan/Shore/Weiniger, International Investment Arbitration, S.  46 ff. 26  Schütze führt Punkte wie eine selbstständige Verwaltung der Aufgaben des Schiedsgerichts, die Mitwirkung bei der Bestellung von Spruchkörpern, die Administration des Verfahrens, das Aufstellen von rudimentären Verfahrensvorschriften, wobei die weitere Ausgestaltung den Parteien verbleibt, sowie die Bestimmung der Honorare und Kosten auf, dazu: Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, S.  20 f. 27  Beispielsweise International Chamber of Commerce (Paris), Internationales Schiedsgericht der Wirtschaftskammer Österreich, Arbitration Institute Stockholm Chamber of Commerce, London Court of International Arbitration, Regional Centre for Arbitration (Kuala Lumpur), Singapore International Arbitration Centre, dazu: Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, S.  21 ff. 28  Näher Onwuamaegbu, in: Yannaca-Small, Arbitration under International Investment Agreements, S.  64 ff. 29  Regelungsgrundlage sind die ICSID Convention, der Report of the Execuitve Directors on the Convention, die Adminstrative and Financial Regulation, die Rules of Procedure for the Institution of Concilation and Arbitration Proceedings, die ICSID Concilation Rules und die ICSID Arbitration Rules (ICSID AR). 30  McLachlan/Shore/Weiniger, International Investment Arbitration, S.  46 ff. 31  Es findet seine Rechtsgrundlage in der Convention of the Settlement of Investment ­Disputes between States and Nationals of other States, welche einen völkerrechtlichen Vertrag darstellt, der mittlerweile von 150 Staaten ratifiziert wurde, Reinisch, in: Tietje, Internationales Wirtschaftsrecht, S.  935; Semler, SchiedsVZ 2003, 97, 99 f.; Niggemann, IPRax 1985, 185. 32  Art.  18 ICSID Convention. 23 

24 

168

1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

nationalen Schiedsgerichten stets an das nationale Recht33 gekoppelt sind,34 teils als lex arbitri bezeichnet, wobei meist an das nationale Recht des Sitzstaates angeknüpft wird,35 ist dies bei ICSID-Verfahren nicht der Fall. Die Parteien können das Verfahren gestalten, ohne auf ein anwendbares nationales Recht Rücksicht nehmen zu müssen. ICSID-Verfahren werden daher auch der öffentlich-rechtlichen beziehungsweise der völkerrechtlichen Schiedsgerichtsbarkeit zugerechnet.36 Die Besonderheit von ICSID-Verfahren zeigt sich auch daran, dass der Schiedsspruch nicht mehr von einem nationalen Gericht für vollstreckbar erklärt werden muss.37 Neben dem anwendbaren nationalen Recht bestimmen die Parteien das anwendbare Verfahrensrecht, wobei mit der Wahl der UNCITRAL AR das Verfahren dieser Verfahrensordnung unterstellt werden kann. Im Rahmen von ICSID-Verfahren ergeben sich prozessuale Regelungen aus den ICSID AR, die aber den Parteien einen weiten Gestaltungsspielraum überlassen.38 In Investitionsstreitigkeiten werden zumeist die ICSID AR oder die UNCITRAL AR gewählt.39

33  Im nationalen Recht können Bereiche wie Anforderungen an eine Schiedsklausel, die Schiedsfähigkeit einer Streitigkeit, die Konstituierung des Schiedsgerichts, die Form des Schiedsspruchs, das anwendbare Recht in Bezug auf die Streitigkeit und die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung des Schiedsspruchs geregelt werden, Blackaby/Partasides, Redfern and Hunter on International Arbitration, S.  167 ff. In Deutschland finden sich Regelungen in §§  1025 ff. ZPO, die sich an einem von UNCITRAL erarbeiteten Modellgesetz orientieren, näher hierzu Schlosser, in: Stein/Jonas, ZPO, Bd. 9, vor §  1025 Rn.  1. 34  Die in der Literatur heftig diskutierten Delokalisierungsabsichten werden bei Petrochilos, Procedural Law in International Arbitration, S.  35 ff. vorgestellt, umfassend auch Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, S.  141 ff. Diese Auffassung konnte sich jedoch nicht durchsetzen, weswegen heute eine Rückkopplung an das nationale Recht herrschend ist, Blackaby/Partasides, Redfern and Hunter on International Arbitration, S.  166 ff. 35  Blackaby/Partasides, Redfern and Hunter on International Arbitration, S.  171 ff. 36  Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, S.  3; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, S.  1407, 1409; Happ, Schiedsverfahren zwischen Staaten und Investoren nach Artikel 26 Energiechartavertrag, S.  182 f. 37  Art.  54 ICSID Convention. 38  Art.  4 4 ICSID Convention gibt den Parteien einen großen Gestaltungsspielraum, näher Dugan/Wallace/Rubins/Sabahi, Investor-State Arbitration, S.  95 ff. Dazu auch §§  8, 10 A. I. 5. 39  Dugan/Wallace/Rubins/Sabahi, Investor-State Arbitration, S.  77.

§  6  Internationale Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

169

B.  Zulässigkeit Verdeutlicht wurden die unterschiedlichen prozessualen Regelungen – zumeist ICSID AR und UNCITRAL AR –, die im Rahmen von investitionsrechtlichen Schiedsverfahren zur Anwendung gelangen können. In Bezug auf die Zulässigkeit von amicus-Stellungnahmen ist zwischen diesen zu differenzieren. Bevor aber hierauf eingegangen wird, ist zunächst ein chronologischer Überblick über die jeweiligen Verfahren40 zu geben. Hier wird zwischen NAFTA-Verfahren, ICSID-Verfahren und sonstigen Verfahren differenziert.41 Dabei wird in der gebotenen Kürze auf den jeweiligen Sachverhalt eingegangen.

I.  Verfahrensüberblick 1.  NAFTA-Schiedsgerichte Amicus briefs im Rahmen von Investitionsstreitigkeiten nehmen ihren Ausgangspunkt in dem Verfahren Methanex. Methanex ist ein kanadisches Unternehmen,42 welches Methanol produziert, aus diesem wird unter anderem MTBE43 gewonnen.44 Der kalifornische Gesetzgeber beschloss MTBE zu verbieten, da Teile der Flüssigkeit das Grundwasser kontaminieren könnten. Methanex sah hierin eine Verletzung der Art.  1105, 1110 NAFTA und verlangte folglich Schadensersatz von den Vereinigten Staaten.45 Im Laufe des Verfahrens wurden zwei amicus briefs von Nichtregierungsorganisationen eingereicht. Das Schiedsgericht entschied, dass amicus briefs im Rahmen von NAFTA-Streitigkeiten grundsätzlich zulässig seien.46 40 

Es werden jedoch nicht alle Verfahren behandelt, sondern nur diejenigen, die für die Zulässigkeit von amicus briefs relevant sind. Ein Überblick über Verfahren mit amicus-Beteiligung findet sich unten bei §  6 E. und etwa bei Bastin, 30 Arb. Int’l 125, 142 f. (2014); Ruthemeyer, Der amicus curiae brief im Internationalen Investitionsrecht, S.  184 ff. 41  NAFTA-Verfahren und sonstige Verfahren wenden dabei regelmäßig die UNCITRAL AR an, während ICSID-Verfahren die ICSID AR anwenden, dazu auch sogleich unter B. II., III. 42  Zu diesem gehören diverse Tochtergesellschaften, die teilweise auch nach U.S.-amerikanischen Recht gegründet sind, im Einzelnen Methanex v. United States, Final Award of The Tribunal on Jurisdiction and Merits, 03.08.2005, Rn.  4 ff. 43  Methyl-tert-butylether. 44  Dies wird bei der Produktion von Benzin verwendet. 45  Eine nähere Darstellung des Sachverhalts findet sich bei Dumberry, 1 Non-State Actors & Int’l L. 201, 205 f. (2002); Mistelis, 21 Arb. Int’l 211, 224 (2005); Ishikawa, 59 ICLQ 373, 378 (2010); Mann, 10 R.E.C.I.E.L. 241 (2001); Ortino, in: Meessen, Economic Law as an Economic Good, S.  310. 46  Methanex v. United States, Decision of the Tribunal on Petitions from Third Persons to Intervene as „Amici Curiae“, 15.01.2001, Rn.  47 ff.

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

Diese Auffassung wurde in der Streitigkeit United Parcel Service v. Canada bestätigt.47 Hintergrund der Streitigkeit waren kanadische Maßnahmen betreffend den heimischen Postmarkt, die der kanadischen Post eine Monopolstellung einräumten.48 Das Schiedsgericht entschied wiederum, dass amicus briefs zulässig seien. Im Jahre 2003 gab die Free Trade Commission eine Mitteilung betreffend einer möglichen amicus-Beteiligung ab.49 Laut der Mitteilung beschränken keine Vorschriften des NAFTA ein Schiedsgericht in seinem Ermessen, amici am Prozess teilnehmen zu lassen.50 Das Verfahren Glamis Gold Ltd. v. United States war das erste mit einer amicus-Beteiligung nach Abgabe des FTC-Statement. Glamis Gold Ltd. war ein kanadischer Minenbetreiber, der Abbaurechte im Staat Kalifornien besaß. Glamis war der Auffassung, kalifornische Regelungen, die das Auffüllen von Tagebauminen anordnen, ließen den Abbau von Gold für Glamis gänzlich unwirtschaftlich werden. Dies sei eine Enteignung.51 Das Schiedsgericht ließ verschiedene amici am Prozess teilnehmen.52 2.  ICSID-Schiedsgerichte Ihren Ausgangspunkt nehmen Verfahren mit amicus-Beteiligung im Rahmen von ICSID-Schiedsgerichten in dem Verfahren Aguas del Tunari, SA v. Republic of Bolivia53. Hintergrund des Falls war die Privatisierung der bolivianischen Wasserversorgung zugunsten von Aguas del Tunari. Im Zuge dessen wurden Preissteigerungen erwartet, welche zu Protesten in der Bevölkerung führten.54 47  United Parcel Service v. Canada, Decision of the Tribunal on Petitions for Interven­ tion and Participation as Amici Curiae, 17.10.2001, Rn.  59 ff. 48  Zum Sachverhalt: Viñuales, Disp. Resol. J. 2006, 72, 75; Ford, 11 Sw. J. L. & Trade Am. 207, 242 (2005); Levine, 29 Berkeley J. Int’l L. 200, 210 (2011). 49  Statement of the Free Trade Commission on non-disputing party participation, 07.10.2003 (FTC-Statement). Die Free Trade Commission spricht in diesem Zusammenhang nicht von amici, sondern von non-disputing parties. Inhaltlich sind damit aber amicus-Stellungnahmen gemeint. Die Free Trade Commission kann unter anderem gemäß Art.  1131 Abs.  2 NAFTA das NAFTA bindend auslegen. 50  Die Commission erlies zudem eine Reihe von prozessualen Empfehlungen, auf die im zweiten Teil der Arbeit Bezug genommen wird. 51  Zum Sachverhalt Glamis Gold, Ltd. v. United States, Notice of Arbitration, 09.12.2003, S.  4 ff.; Tienhaara, 16 R.E.C.I.E.L. 230, 239 (2007). 52  Glamis Gold Ltd. v. United States, Decision on Application and Submission by Quechan Indian Nation, 16.09.2005; Tribunals Letter in Response to non-party participation, 10.10.2006. 53  Aguas del Tunari, SA v. Republic of Bolivia, ICSID Case No. ARB/02/03. 54  Hierzu Ishikawa, 59 ICLQ 373, 382 (2010); Tienhaara, 16 R.E.C.I.E.L. 230, 234 (2007); Happ/Rubins, Digest of ICSID Awards and Decisions, S.  156.

§  6  Internationale Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

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Daher entschloss sich Bolivien, die Konzession wieder zu entziehen, wogegen Aguas unter anderem klagte.55 Aufgrund seiner gesellschaftlichen Brisanz56 drängte eine Reihe von Nichtregierungsorganisationen auf Beteiligung am Verfahren.57 Das Schiedsgericht entschied jedoch unter Berufung auf die Vertraulichkeit des Verfahrens, dass es außerhalb seiner Möglichkeiten liege, eine solche Beteiligung zu gewähren.58 Die Auffassung des Schiedsgerichts wurde alsbald von anderen Schiedsgerichten korrigiert. Im Suez, Vivendi Fall59 klagten ein französischer und ein spanischer Investor gegen Maßnahmen Argentiniens, die im Zuge der Finanzkrise erlassen worden waren. Die Investoren hatten eine Konzession für Betrieb und Entwicklung des argentinischen Wasser- und Abwassersystems erhalten.60 Ähnlich wie im Fall Aguas del Tunari weckte der sensible Bereich der öffent­ lichen Wasserversorgung das Interesse zahlreicher Nichtregierungsorganisationen. Anders aber als im voran beschriebenen Fall befassten sich die Schiedsgerichte eingehender mit der Frage der Zulässigkeit von amicus briefs. In diesem Zusammenhang wurden zwei procedural orders erlassen, in welchen die Zulässigkeit von amicus briefs vor ICSID-Schiedsgerichten festgestellt wurde.61 Im Suez, InterAguas Fall62 waren die selben Schiedsrichter, wie im Suez, Vivendi Fall mit der Klärung des Sachverhalts beauftragt.63 Auch der Sachverhalt ähnelte dem vorhergehenden, lediglich die Kläger waren verschieden. Daher ist es wenig überraschend, dass das Schiedsgericht amici unter denselben 55  Aguas del Tunari, SA v. Republic of Bolivia, ICSID Case No. ARB/02/03, Decision on Respondent’s Objections to Jurisdiction, 21.10.2005, Rn.  3. 56  Die Wasserpreise stiegen nach Vergabe der Konzession an Aguas del Tunari stark an, dazu: Tienhaara, 16 R.E.C.I.E.L. 230, 234 (2007). 57  Petition of La Coordinadora Para la Defensa del Agua y Vida et. al., 29.08.2002, in: Aguas del Tunari, SA v. Republic of Bolivia, ICSID Case No. ARB/02/03. 58  Aguas del Tunari, SA v. Republic of Bolivia, ICSID Case No. ARB/02/03, Brief des Präsidenten des Schiedsgerichts, 29.01.2003, dazu auch: Tams/Zoellner, AVR 45 (2007), 217, 228. 59  Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona S.A., and Vivendi Universal S.A. v. The Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/03/19. 60  Zu den Hintergründen des Falls Triantafilou, 24 Arb. Int’l 571, 578 (2008); Ishikawa, 59 ICLQ 373, 382 (2010); Happ/Robins, Digest of ICSID Awards and Decisions, S.  206. 61  Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona S.A., and Vivendi Universal S.A. v. The Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/03/19, Order in Response to a Petition for Transparency and Participation as amicus curiae, 19.05.2005, Rn.  16 befasst sich mit der Frage der generellen Zulässigkeit von amicus-Stellungnahmen. Order in Response to a Petition by five non-governmental organizations for Permission to make an amicus curiae Submis­ sion, 12.02.2007, Rn.  12 ff., ist mehr auf die konkreten amicus-Stellungnahmen bezogen. 62  Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona SA, and InterAguas Servicios Integrales del Agua SA v. Argentina, ICSID Case No. ARB/03/17. 63  Ishikawa, 59 ICLQ 373, 383 (2010).

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

Bedingungen wie im Suez, Vivendi Fall grundsätzlich für zulässig erachtet.64 Im Gegensatz zu diesem ließ das Gericht amicus-Stellungnahmen jedoch nicht zu, da es davon ausging, dem amicus fehle ein konkretes Interesse an dem Fall.65 Im Jahre 2006 überarbeitete das ICSID seine Arbitration Rules. Eingefügt wurde Art.  37 Abs.  2 ICSID AR, der eine Beteiligung von Nichtparteien66 ermöglichte. Nach Neuregelung der Arbitration Rules war der Fall Biwater Gauff 67 der erste, in dem Art.  37 Abs.  2 ICSID AR zur Anwendung kam. Hintergrund des Falls war die von Tansania geplante Privatisierung des Wasser- und Abwassersystems, die von Biwater Gauff durchgeführt werden sollte. Tansania kündigte den Vertrag mit Biwater Gauff, was diese wiederum zur Klage veranlasste. Das Schiedsgericht lies zahlreiche Nichtregierungsorganisationen als amici zu.68 3.  Sonstige Fälle Neben dem bereits in Grundzügen geschilderten ICSID-Verfahren und dessen Besonderheiten besteht noch die Möglichkeit, das ICSID unter Bezugnahme der Additional Facility Rules anzurufen. In diesen Fällen ist etwa nur eine der beiden Parteien der ICSID Convention beigetreten.69 Zudem gelten nicht die Besonderheiten gegenüber anderen Schiedsverfahren, wie beispielsweise bei Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen.70 Dennoch kann auf die Organe des ICSID, wie beispielsweise das Sekretariat, zurückgegriffen werden. Unter den Additional Facility Rules gab es bisher einen Fall einer amicus-Beteiligung, der Investitionsstreitigkeiten hinsichtlich südafrikanischer Bodenrechte zum Gegenstand hatte.71

64  Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona SA, and InterAguas Servicios Integrales del Agua SA v. Argentina, ICSID Case No. ARB/03/17, Order in Response to a Petition for Transparency and Participation as amicus curiae, 17.03.2006. 65  Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona SA, and InterAguas Servicios Integrales del Agua SA v. Argentina, ICSID Case No. ARB/03/17, Order in Response to a Petition for Transparency and Participation as amicus curiae, 17.03.2006, Rn.  31. 66  Damit sind trotz einer unterschiedlichen Bezeichnung amici gemeint, dies ausdrücklich klarstellend etwa Biwater Gauff Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Procedural Order No. 5, 02.02.2007, Rn.  17. 67  Biwater Gauff Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22. 68  Biwater Gauff Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Procedural Order No. 5, 02.02.2007, insbesondere Rn.  60 ff. 69  Näher Art.  2 Additional Facility Rules. 70  Schreuer/Malintoppi/Reinisch/Sinclair, The ICSID Convention, Art.  25 Rn.  12. 71  Piero Foresti, Laura de Carli & Others v. The Republic of South Africa, ICSID Case No. ARB(AF)/07/01, Letter of the Secretary General on amici, 05.10.2009.

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Unter der Betreuung des Permanent Court of Arbitration und Anwendung der UNCITRAL AR ist weiterhin der Fall Chevron72 erwähnenswert. Gegenstand des Verfahrens sind Prozesse wegen Umweltschäden, die Ecuador gegen Chevron führt.73 Auch dort kam es zu einer amicus-Beteiligung.74

II.  Zulässigkeit im Rahmen des NAFTA und der UNCITRAL-Regelungen Abseits der nachfolgend behandelten Frage der Zulässigkeit von amicus briefs, ist zu beachten, dass teilweise nicht nur ein Antrag auf Abgabe eines amicus briefs gestellt wird, sondern seitens der Nichtregierungsorganisationen auch eine Beteiligung als Partei angestrebt wird.75 Auf diese Problematik ist nicht näher einzugehen, wenngleich dem UPS Schiedsgericht zuzustimmen ist, dass die Aufnahme einer zusätzlichen Partei die Kompetenzen des Schiedsgerichts überschreiten würde.76 Als anwendbares Verfahrensrecht kommen ausweislich Art.  1120 NAFTA im Rahmen von NAFTA-Verfahren entweder die ICSID AR, die ICSID Additional Facility Rules oder die UNCITRAL AR in Betracht. In den bereits drei erwähnten NAFTA-Fällen kamen jeweils die UNCTIRAL AR zur Anwendung. Auf diese ist daher der Fokus zu legen.77 Zuvor sind jedoch noch die für die Zulässigkeit von amici einschlägigen Bestimmungen des NAFTA zu analysieren. 72  Chevron Corporation and Texaco Petroleum Corporation v. The Republic of Ecuador, PCA Case No. 2009-23. 73  Submission of amici, Fundación Pachamama und The International Institute for Sustainable Development, S.  1 ff., 05.11.2010, in: Chevron Corporation and Texaco Petroleum Corporation v. The Republic of Ecuador, PCA Case No. 2009-23. 74  Submission of amici, Fundación Pachamama und The International Institute for Sustainable Development, 05.11.2010, in: Chevron Corporation and Texaco Petroleum Corporation v. The Republic of Ecuador, PCA Case No. 2009-23. 75  In United Parcel Service v. Canada, Decision of the Tribunal on Petitions for Intervention and Participation as Amici Curiae, 17.10.2001, Rn.  1, heißt es: „The Canadian Union of Postal Workers (the Union) and the Council of Canadians (the Council) have petitioned the Tribunal requesting (i) standing as parties to any proceedings […]“. 76  United Parcel Service v. Canada, Decision of the Tribunal on Petitions for Interven­ tion and Participation as Amici Curiae, 17.10.2001, Rn.  35 ff. Es wäre in der Tat eine Überschreitung der Kompetenzen des Schiedsgerichts, weitere Parteien hinzuzufügen, da diese umfassende Befugnisse hätten. Ein solch weitgehender Eingriff in das Verfahren kann nur in Übereinstimmung mit den Parteien erfolgen, vgl. auch unten §  13 B. V. 77  NAFTA-Verfahren liefen und laufen fast ausschließlich unter Geltung der UNCITRAL AR ab, da bis in das Jahr 2013 hinein nur die Vereinigten Staaten Mitglied des ICSID waren, dazu McLachlan/Shore/Weiniger, International Investment Arbitration, S.  48. Im November 2013 hat allerdings Kanada das ICSID ratifiziert, so dass nunmehr auch ISCID Ver-

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1.  NAFTA Wie bereits verdeutlicht78 hat die Free Trade Commission ein Statement erlassen (im Folgenden FTC-Statement), nach dessen Ziff. A. 1. keine Vorschriften des NAFTA die Beteiligung einer non-disputing party, also eines amicus, verhindern. Diese klarstellenden Hinweise verdeutlichen, dass einzelne Vorschriften Zweifel an der Zulässigkeit von amicus briefs begründen können. In Betracht kommt zunächst Art.  1128 NAFTA. Diese Vorschrift erlaubt es Mitgliedern des NAFTA, Stellungnahmen abzugeben, die sich auf die Auslegung des NAFTA beziehen. Mithin wird hier eine Art der Drittbeteiligung am Verfahren kodifiziert. Verschiedentlich wird der Einwand erhoben, diese Vorschrift sei eine abschließende Kodifizierung der Beteiligung Dritter am Verfahren.79 Eine vergleichbare Argumentation ist im Bereich des Welthandelsrechts angeklungen.80 Ähnlich dem dort gefundenen Ergebnis ist zu betonen, dass Art.  1128 NAFTA Mitgliedern des NAFTA ein Recht gewährt. Die Zulassung einer Stellungnahme als amicus hingegen liegt vollständig im Ermessen des Gerichts, es wird kein Recht auf Teilnahme gewährt.81 Art.  1128 NAFTA gewährt daher die abschließende Möglichkeit für Dritte sich am Verfahren zu beteiligen und dabei eine gesicherte Rechtsstellung inne zu haben. Da das Instrument des amicus eine solch gesicherte Rechtsstellung nicht gewährt, besteht auch kein Konflikt mit Art.  1128 NAFTA.82 Auch der teils vorgebrachte Einwand, amici würden im Vergleich zu NAFTA-Mitgliedern ein größeres Maß an Rechten genießen, da diese in ihren Ausführungen nicht auf die Auslegung des fahren etwa zwischen einem U.S.-amerikanischen Unternehmen und dem kanadischen Staat denkbar sind. 78  Oben §  6 B. I. 1. 79  Methanex Corporation v. United States, Submissions of the Claimant Respecting Petition of the International Institute for Sustainable Development, 31.08.2000, Rn.  7 ff.; Stellungnahme Mexikos betreffend einer amicus-Beteiligung, 10.11.2000, Rn.  4 ff.; Ford, 11 Sw. J. L. & Trade Am. 207, 240 (2005); Robbins, 44 Harv. Int’l L.J. 317, 322 (2003). 80  Vgl. oben §  5 B. II. 1. 81  Lesenswert sind hierzu die Ausführungen des Schiedsgerichts in United Parcel Service v. Canada, Decision of the Tribunal on Petitions for Intervention and Participation as Amici Curiae, 17.10.2001, Rn.  61: „[…] the receiving of such [amicus] submissions from a third person is not equivalent to making that person a party to the arbitration. That person does not have any rights as a party or as a non-disputing NAFTA Party. It is not participating to vindicate its rights. Rather, the Tribunal has exercised its power to permit that person to make the submission.“ 82  So im Ergebnis auch Methanex Corp. v. United States, Decision of the Tribunal on Petitions from Third Persons to Intervene as „Amici Curiae“, 15.01.2001, Rn.  38; United Parcel Service v. Canada, Decision of the Tribunal on Petitions for Intervention and Participation as Amici Curiae, 17.10.2001, Rn.  62; Dumberry, 1 Non-State Actors & Int’l L. 201, 210 (2002).

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NAFTA beschränkt seien,83 verfängt nicht. Amici genießen, wie gezeigt, im Gegensatz zu Mitgliedern kein Recht auf Beteiligung, so dass es auf den eventuellen Umfang einer Beteiligung nicht ankommt.84 Schließlich wird argumentiert, eine Beteiligung weiterer Dritter entspreche nicht dem Willen der Vertragsparteien, da diese nur in dem begrenzten Umfang des Art.  1128 eine Drittbeteiligung an Verfahren vorgesehen hätten.85 Diese Auffassung kann mit Abgabe des verbindlichen FTC-Statement nicht mehr aufrechterhalten werden, da diese nunmehr den Willen der Vertragsparteien widerspiegelt. Vorgebracht wird ferner Art.  1133 NAFTA stehe einer Beteiligung durch amici entgegen.86 Nach dieser Vorschrift können Sachverständige in das Verfahren einbezogen werden. Dabei dürfen solche aus eigener Initiative des Schiedsgerichts nur herangezogen werden, wenn die Parteien des Verfahrens hiergegen keine Einwände erheben. Wenn ein amicus brief folglich einem Sachverständigengutachten gleichzusetzen wäre, würde dies bedeuten, dass das Gericht auf seine Initiative keine amici benennen könnte und eventuell auch, dass das Gericht nicht in seiner Entscheidung frei wäre, unaufgeforderte amici-Stellungnahmen anzunehmen. Der Sachverständige im Sinne des Art.  1133 NAFTA gibt Stellungnahmen zu tatsächlichen Fragestellungen ab. Amici hingegen beziehen sich überwiegend auf die rechtlichen Umstände des Falls.87 Auch fehlt amici häufig die Neutralität und Objektivität eines Sachverständigen.88 Amici sind daher nicht mit Sachverständigen gleichzusetzen, so dass Art.  1133 ­NAFTA einer Beteiligung durch amici nicht entgegen steht. Die Auffassung der Free Trade Commission, Vorschriften des NAFTA stünden einer Beteiligung durch amici nicht entgegen, ist daher zutreffend.

Methanex Corp. v. United States, Stellungnahme Mexikos betreffend einer amicus-Beteiligung, 10.11.2000, Rn.  7. 84  Im Zweifel könnten Mitglieder des NAFTA Ausführungen, die sich nicht auf eine Auslegung des NAFTA beziehen, ebenso wie Nichtmitglieder im Wege eines amicus briefs vorbringen. Eine ähnliche Lösung wurde im Welthandelsrecht gefunden, vgl. dort zur Beteiligung von Mitgliedern als amici §  5 D. II. 1. 85  Robbins, 44 Harv. Int’l L.J. 317, 322 (2003). 86  Methanex Corp. v. United States, Stellungnahme Mexikos betreffend einer amicus-Beteiligung, 10.11.2000, Rn.  8. 87  Vgl. United Parcel Service v. Canada, Decision of the Tribunal on Petitions for Intervention and Participation as Amici Curiae, 17.10.2001, Rn.  51; Ruthemeyer, Der amicus curiae brief im Internationalen Investitionsrecht, S.  45 f. 88  Methanex Corp. v. United States, Decision of the Tribunal on Petitions from Third Persons to Intervene as „Amici Curiae“, 15.01.2001, Rn.  38; dazu ausführlich unten §  6 D I. 83 

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2.  UNCITRAL Fraglich ist, ob amicus briefs in Schiedsverfahren unter Geltung der UNCI­ TRAL AR als zulässig erachtet werden können. Die Mitteilung der Free Trade Commission gibt hierzu keinen Aufschluss, ist sie doch auf die Auslegung des NAFTA beschränkt. Die folgenden Ausführungen gelten auch für Verfahren, die keine NAFTA-Verfahren sind, bei denen aber gleichwohl die UNCITRAL AR und/oder UNCITRAL TR zur Anwendung gelangen. a)  Im Rahmen der UNCITRAL TR Beachtet werden müssen in diesem Zusammenhang die am 16.12.2013 verabschiedeten UNCITRAL Transparency Rules (im Folgenden UNCITRAL TR).89 Diese haben weitreichende Änderungen im Hinblick auf die Transparenz von Investitionsschiedsverfahren – nach den UNCITRAL AR und auch anderen Schiedsordnungen, dazu sogleich – mit sich gebracht. Die Veröffentlichung von Verfahrensdokumenten,90 die Beteiligung von amici91 und die Öffentlichkeit der Verhandlung92 sind nur einige der geregelten Punkte.93 Vorliegend gilt es zunächst den Anwendungsbereich dieser Regelungen zu untersuchen, damit eine Aussage zum Umfang der Normierung des amicus getroffen werden kann und anschließend näher auf die Vorschriften betreffend des amicus einzugehen. Ausweislich Art.  1 Abs.  1 finden die UNCITRAL TR Anwendung in Investitionsstreitigkeiten, bei denen der Investitionsvertrag am oder nach dem 01.04.2014 geschlossen wurde und zur Streitbeilegung auf die UNCITRAL AR verweist, wenn nicht die Parteien des Investitionsvertrages etwas anderes vereinbaren.94 Gemäß Art.  1 Abs.  2 UNCITRAL TR können die Parteien der In89 

UNCITRAL Rules on Transparency in Treaty-based Investor-State Arbitration. Art.  3 UNCITRAL TR, dazu näher unten §  9 A. II. 5. 91  Art.  4 UNCITRAL TR dazu sogleich. 92  Art.  6 UNCITRAL TR dazu unten §  6 C. IV. 93  Weiterhin geregelt wird in Art.  2 UNCITRAL TR die Veröffentlichung von Informationen über den Beginn des Schiedsverfahrens. In Art.  5 UNCITRAL TR wird die Beteiligung einer Partei des Investitionsvertrags am Verfahren, die nicht Partei des Schiedsverfahrens ist, also etwa der Heimatstaat des Investors, normiert, dazu näher unten §  6 D. II. Art.  7 UNCITRAL TR regelt Ausnahmen zu den Transparenzregelungen, etwa im Hinblick auf Geschäftsgeheimnisse, dazu näher unten §  6 C. IV. 1. und §  9 A. II. 5. Art.  8 UNCITRAL TR regelt, wo die veröffentlichten Informationen zur Verfügung gestellt werden sollen. Mittlerweile ist hierzu eine Webseite eingerichtet worden, das sogenannte Transparency Register, abrufbar unter (abgerufen am 21.10.2016). Dort sind schon einige Fälle veröffentlicht. 94  Damit hat sich die sogenannte opt out Möglichkeit durchgesetzt, d. h. die UNCITRAL TR finden dann automatisch Anwendung, sofern diese nicht explizit ausgeschlossen werden. Diskutiert wurde auch eine opt in Möglichkeit, d. h. die Regeln hätten nur Anwendung gefun90 

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vestitionsstreitigkeit oder die Parteien des Investitionsvertrages die Regeln auch im Rahmen von Altfällen für anwendbar erklären.95 In diesem Zusammenhang ist nunmehr die United Nations Convention on Transparency in Treaty-based Investor-State Arbitration (im Folgenden: UN-CT)96 vom 10.12.2014 zu beachten. Nach Art.  2 Abs.  1 UN-CT finden die UNCITRAL TR bei solchen Investitionsstreitigkeiten Anwendung, gleichgültig ob die UNCITRAL AR als Verfahrensordnung gewählt wurden,97 bei denen sowohl der Heimatstaat des Investors als auch der Gaststaat Vertragspartei der UN-CT sind, sofern nicht die Anwendung nach Art.  3 Abs.  1 lit.  a) UN-CT98 im Einzelfall ausgeschlossen wurde. Nach Art.  2 Abs.  2 UN-CT finden die UNCITRAL TR ferner Anwendung, wenn der Gaststaat Vertragspartei ist, die Anwendbarkeit im Einzelfall nicht nach Art.  3 Abs.  1 UN-CT ausgeschlossen wurde und der Investor zustimmt. den, wenn sich die Parteien des Investitionsvertrages darauf geeinigt hätten, zusammenfassend hierzu UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-fourth session, A/CN.9/717, Rn.  19 ff. sowie Lee, 33 Nw. J. Int’l L. & Bus. 439, 472 ff. (2013). Mit der Wahl der opt out Möglichkeit, wird eine breitere Anwendung der UNCITRAL TR sichergestellt. 95  Im Zuge der Ausarbeitung der UNCITRAL TR wurden verschiedene Möglichkeiten diskutiert, wie man die UNCITRAL TR auch auf Altfälle für anwendbar erklären könne, näher etwa UNCITRAL, Settlement of commercial disputes: preparation of a legal standard on transparency in treaty-based investor-State arbitration, A/CN.9/WG.2/WP.162 (54th ses­sion), Rn.  26 ff. Erwogen wurde die Zustimmung der Vertragsparteien eines Investitions­vertrages hinsichtlich einer Änderung der UNCITRAL Regelungen zu unterstellen, a. a. O. Rn.  30, eine gemeinsame Auslegungserklärung nach Art.  31 Abs.  3 WVK abzugeben, a. a. O. Rn.  32 ff, oder etwa unilaterale Erklärungen der Staaten zu fordern, a. a. O. 36 ff. Eingehend hierzu Lee, 33 Nw. J. Int’l L. & Bus. 439, 467 ff. (2013). Die nunmehr gewählte Möglichkeit wird teilweise als ein recht zurückhaltender Ansatz bzw. von geringer praktischer Relevanz erachtet, dazu Murphy, Int. A.L.R. 2013, 185, 186; Coates, Int. A.L.R. 2014, 113, 119 f.; Wilske/­Markert, SchiedsVZ 2014, 49, 61; differenzierend aber Lee, 33 Nw. J. Int’l L. & Bus. 439, 471 f. (2013), die gut nachvollziehbar auf rechtliche Schwierigkeiten einer unterstellten Zustimmung hinweist. Im Hinblick auf Altfälle muss nunmehr jedoch die gleich zu erörternde United Nations Convention on Transparency in Treaty-based Investor-State Arbitration beachtet werden. 96  Die Convention wurde am 17.03.2015 in Mauritius zur Unterzeichnung freigegeben und ist daher auch als Mauritius Convention on Transparency bekannt, dazu Resolution adop­ted by the General Assembly on 10 December 2014, A/RES/69/116. 97  Bereits aus Art.  1 Abs.  9 UNCITRAL TR geht hervor, dass die UNCITRAL TR auch Anwendung finden können, wenn nicht die UNCITRAL AR als Verfahrensordnung gewählt sind. Im Zuge der vorbereitenden Arbeitsgruppentreffen zur Verabschiedung der UNCITRAL TR, erklärten Vertreter von ICSID und PCA, dass die Regeln mit den Verfahrensordnungen dieser Institutionen vereinbar wären, UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-fifth session, A/CN.9/736 Rn.  28 dazu auch Wolf/Eslami, in: Geimer/Kaissis/Thümmel, Festschrift für Schütze zum 80. Geburtstag, S.  750; Schley, Anhang zu HRN 2014, 148, 3. 98  Nach dieser Norm kann die jeweilige Vertragspartei die Anwendbarkeit der UN-CT für bestimmte Investitionsverträge ausschließen.

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Die UN-CT verdeutlicht die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft, die UNCTIRAL TR auch für Investitionsverträge zur Anwendung zu bringen, die vor dem 01.04.2014 geschlossen wurden und/oder die als Verfahrensordnung zur Streitbeilegung nicht an die UNCITRAL AR anknüpfen. In praktischer Hinsicht ist dies ein wichtiger Schritt, da die meisten bestehenden Investitionsverträge die regulären Anwendungsvoraussetzungen des Art.  1 Abs.  1 UNCITRAL TR nicht erfüllen.99 Es bleibt noch abzuwarten, wie viele Staaten die Convention zeichnen werden.100 Ein Umdenken der Staaten und Institutionen im Hinblick auf die Gewährung eines transparenteren Verfahrens bei Investitionsstreitigkeiten wird durch die UN-CT und die UNCITRAL TR hingegen bereits deutlich.101 Im Hinblick auf die Zulässigkeit von amicus-Stellungnahmen ist Art.  4 UNCITRAL TR zu beachten. Dort finden sich Regelungen zur Beteiligung von „third persons“. Damit wird das Instrument des amicus kodifiziert. Lediglich aus Gründen der allgemeinen Verständlichkeit ist von third persons und nicht von amici die Rede.102 Eine solche third person ist jede Person,103 die nicht Partei des Verfahrens oder Partei des Investitionsvertrages ist.104 Die entscheidende Passage in Art.  4 Abs.  1 UNCITRAL TR lautet „the arbitral tribunal may allow Murphy, Int. A.L.R. 2013, 185, 186; Coates, Int. A.L.R. 2014, 113, 119. Anlässlich der signing ceremony am 17.03.2015 haben Kanada, Finnland, Frankreich, Deutschland, Mauritius, Schweden, Großbritannien und die Vereinigten Staaten die Convention unterzeichnet, dazu Pressemitteilung der Vereinten Nationen, UNIS/L/214, 17.03.2015. Mittlerweile haben insgesamt 17 Staaten die Convention gezeichnet, siehe hierzu (abgerufen am 26.10.2016). 101  In UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-fourth session, A/CN.9/717, Rn.  1 wird betont, dass bei den Delegationen Einigkeit im Hinblick auf die Bedeutung transparenter Investitionsverfahren herrsche. Ein Umdenken der Staaten wird auch angesprochen bei Lee, 33 Nw. J. Int’l L. & Bus. 439, 473 f.; Murphy, Int. A.L.R. 2013, 185; Johnson/Bernasconi-Osterwalder, New UNCITRAL Arbitration Rules on Transparency, S.  4; Buntenbroich/Kaul, SchiedsVZ 2014, 1, 7; Wolf/Eslami, in: Geimer/Kaissis/Thümmel, Festschrift für Schütze zum 80. Geburtstag, S.  747; Hammacher, NZBau 2014, 607, 608; Coates, Int. A.L.R. 2014, 113, 122; dazu auch §  6 C. IV. 102  UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-fifth session, A/CN.9/736, Rn.  71; darauf hinweisend etwa auch Ruthemeyer, Der amicus curiae brief im Internationalen Investitionsrecht, S.  313 f. Von einer Regelung des amicus sprechend auch Johnson/Bernasconi-Osterwalder, New UNCITRAL Arbitration ­Rules on Transparency, S.  18; Wilske/Markert, SchiedsVZ 2014, 49, 61; Wolf/Eslami, in: ­Geimer/Kaissis/Thümmel, Festschrift für Schütze zum 80. Geburtstag, S.  754 f. 103  Zu der Frage, inwiefern damit an das Kriterium der Rechtsfähigkeit oder Ähnliches angeknüpft wird, siehe unten §  8 A. II. 1. e). 104  Zur Stellung der Parteien des Investitionsvertrages nach Art.  5 UNCITRAL TR, näher unten bei §  6 D. II. 99 

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[…] [third persons] to file a written submission with the arbitral tribunal regarding a matter within the scope of the dispute.“ Art.  4 UNCITRAL TR105 verdeutlicht somit, dass eine Beteiligung als amicus im Rahmen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ausdrücklich zulässig ist, sofern die UNCITRAL TR anwendbar sind.106 b)  Bei sonstigen Fällen Fraglich ist aber, inwiefern amicus-Stellungnahmen im Rahmen von Fällen zulässig sind, bei denen die UNCITRAL TR nicht zur Anwendung gelangen.107 Verschiedentlich wird vorgebracht, Art.  28 Abs.  3 UNCITRAL AR108 spreche gegen eine Beteiligung von amici.109 Nach dieser Vorschrift sind Verfahren in camera – also unter Ausschluss der Öffentlichkeit – abzuhalten, es sei denn, die Parteien erklären sich übereinstimmend bereit, hiervon eine Ausnahme zu ma105 

Weitere Aussagen und Probleme im Rahmen von Art.  4 UNCITRAL TR werden im zweiten Teil der Arbeit behandelt. Als Überblick genügt, dass Art.  4 Abs.  2 UNCITRAL TR Anforderungen an den Antrag regelt, den der amicus zu stellen hat, um am Verfahren teilnehmen zu können, dazu §  8 B. I. 1. e), 2. a), 2. b) dd). In Art.  4 Abs.  3 UNCITRAL TR werden einige Entscheidungsparameter des Schiedsgerichts genannt, wann es eine amicus-­ Stellungnahme zulassen kann, dazu §  10 B. IV. Art.  4 Abs.  4 UNCITRAL TR beschäftigt sich sodann mit der Ausgestaltung des amicus briefs, dazu §  8 B. II. 5. Art.  4 Abs.  5 normiert, dass die Verfahrenseffizienz durch amicus-Stellungnahmen nicht beeinträchtigt werden soll, dazu unten §  9 A. III. Art.  4 Abs.  6 UNCITRAL TR regelt die Reaktionsmöglichkeiten der Parteien auf eine amicus-Stellungnahme, dazu unten §  9 A. I. 5. UNCITRAL TR. 106  Hinzuweisen ist darauf, dass Art.  4 UNCITRAL TR lediglich eine Aussage zu der generellen Möglichkeit der Abgabe von amicus-Stellungnahmen trifft. Wie bereits eben angemerkt, unterliegen die Transparenzregeln allgemein – also auch Art.  4 UNCITRAL TR – aber der Ausnahmeregelung des Art.  7 UNCITRAL TR, zu dieser näher unten §  6 C. IV. 1. 107  In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die UNCITRAL AR im Jahre 2013 um Art.  1 Abs.  4 ergänzt wurden. Danach finden die UNCITRAL TR Anwendung, sofern die Anforderungen von deren Art.  1 erfüllt sind, „these rules include [UNCITRAL TR] subject to Article 1 of [UNCITRAL TR].“. Art.  1 Abs.  4 UNCITRAL AR (2013) stellt daher eine Verbindung zwischen UNCITRAL AR und UNCITRAL TR her, dazu Report of the United Nations Commission on International Trade Law, Forty-sixth session, General Assembly Official Records, Sixty-eighth session, Supplement No. 17, A/68/17, Rn.  103 ff. Fraglich ist hingegen, ob dieser Verweis vor dem Hintergrund des Wortlauts von Art.  1 UNCITRAL TR notwendig ist, da dieser die UNCITRAL TR bei Vorliegen der Voraussetzungen von Art.  1 Abs.  1, 2 UNCITRAL TR für selbstständig anwendbar erklärt. Dies wird man wohl angesichts des eindeutigen Wortlauts zu verneinen haben. In der Literatur wird zwar auf Art.  1 Abs.  4 UNCITRAL AR (2013) hingewiesen, aber nicht näher erläutert, welchen Sinn dieser hat, so etwa Wolf/Eslami, in: Geimer/Kaissis/Thümmel, Festschrift für Schütze zum 80. Geburtstag, S.  749. 108  Ehemals Art.  25 Abs.  4 UNCITRAL AR 1976. 109  Methanex Corporation v. United States, Submissions of the Claimant Respecting Petition of the International Institute for Sustainable Development, 31.08.2000, Rn.  3ff; hierzu auch: Dumberry, 1 Non-State Actors & Int’l L. 201, 210 f. (2002); Mann, 10 R.E.C.I.E.L. 241, 244 (2001).

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chen. Die Vertraulichkeit des Verfahrens kann Auswirkungen auf Art und Umfang der Beteiligung von amici haben.110 Sie stellt aber nicht die Möglichkeit des Einreichens einer schriftlichen Stellungnahme durch Dritte in Frage. Zu pürfen ist ferner, auf welcher Grundlage Schiedsgerichte, die im Rahmen der UNCITRAL AR agieren, amicus-Stellungnahmen zulassen können. Das Schiedsgericht in der Sache Methanex hob zunächst hervor, dass die UNCITRAL AR keine Vorschrift enthielten, die explizit die Zulässigkeit von amicus-Stellungnahmen anordne.111 Das Schiedsgericht bezog sich daher in seinen Ausführungen auf Art.  15 UNCITRAL AR 1976.112 Art.  15 UNCITRAL AR 1976, wie auch Art.  17 UNCITRAL AR, gewährt dem erkennenden Schiedsgericht ein denkbar weites Ermessen in Bezug auf seine Prozessführung. Das Schiedsgericht differenzierte zwischen dem Hinzufügen einer weiteren Partei und der Möglichkeit für Dritte, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.113 Ersteres sei in jedem Fall ein substantieller Eingriff in den Prozess und könne nur mit Zustimmung der anderen Parteien geschehen.114 Letzteres hingegen lasse die streitgegenständlichen Fragen des Prozesses unberührt. Die Beteiligung von amici am Prozess sei daher eine lediglich prozessuale Frage. Zur Untermauerung seiner Ansicht nahm das Schiedsgericht Bezug auf die Praxis des Iran-US Schiedsgerichts. Dort bekamen einige Dritte die Möglichkeit, sich als amici am Verfahren zu beteiligen, ohne selbst Partei zu werden.115 Bezug genommen wurde auch auf die Rechtsprechung der WTO Spruchkörper, welche ebenfalls amici zugelassen haben, ohne diese als Parteien zu qualifizieren.116 In der Literatur wird die Sichtweise der Schiedsgerichte überwiegend geteilt.117 Lediglich 110  Fraglich ist insbesondere, inwiefern mündliche Stellungnahmen möglich sind, dazu unten §  13 B. V. 111  Methanex Corp. v. United States, Decision of the Tribunal on Petitions from Third Persons to Intervene as „Amici Curiae“, 15.01.2001, Rn.  24. 112  Mittlerweile Art.  17 UNCITRAL AR. 113  Methanex Corp. v. United States, Decision of the Tribunal on Petitions from Third Persons to Intervene as „Amici Curiae“, 15.01.2001, Rn.  27; so auch United Parcel Service v. Canada, Decision of the Tribunal on Petitions for Intervention and Participation as Amici Curiae, 17.10.2001, Rn.  60 f. 114  Methanex Corp. v. United States, Decision of the Tribunal on Petitions from Third Persons to Intervene as „Amici Curiae“, 15.01.2001, Rn.  29 f.; United Parcel Service v. Canada, Decision of the Tribunal on Petitions for Intervention and Participation as Amici Curiae, 17.10.2001, Rn.  60 f. 115  Methanex Corp. v. United States, Decision of the Tribunal on Petitions from Third Persons to Intervene as „Amici Curiae“, 15.01.2001, Rn.  32; van Hof, Commentary on the UNCITRAL Arbitration Rules, S.  108. 116  Methanex v. United States, Decision of the Tribunal on Petitions from Third Persons to Intervene as „Amici Curiae“, 15.01.2001, Rn.  33. 117  Dumberry, 1 Non-State Actors & Int’l L. 201, 208 ff. (2002); Mann, 10 R.E.C.I.E.L.

§  6  Internationale Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

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vereinzelt werden amicus briefs im Rahmen des NAFTA für unzulässig erachtet.118 Dabei wird insbesondere auf den vermeintlichen Willen der NAFTA-Vertragsparteien Bezug genommen. Eine solche Argumentation ist jedoch vor dem Hintergrund des FTC-Statements nicht haltbar. Aus Art.  17 UNCITRAL AR ergibt sich das Erfordernis, die Parteien gleich zubehandeln. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Parteien infolge einer amicus-Stellungnahme das zusätzliche Recht innehaben, auf diese angemessen zu reagieren. Ein solches Reaktionsrecht trifft jedoch beide Parteien gleichermaßen. Daher wird nicht eine der beiden Parteien unangemessen benachteiligt. Mit Verabschiedung der UNCITRAL TR wurde im Rahmen ihres Anwendungsbereichs ein Stück Rechtssicherheit im Hinblick auf die Frage der Zulässigkeit von amicus-Stellungnahmen geschaffen. Insbesondere für die Altfälle, die nicht in den Anwendungsbereich der UNCITRAL TR fallen, gilt jedoch die vorher bestehende Rechtslage fort. Ein Umkehrschluss, dass im Rahmen dieser Altfälle amicus-Stellungnahmen nicht mehr zulässig seien, da sie nunmehr ausdrücklich nur im Rahmen der UNCITRAL TR geregelt seien, kann nicht gezogen werden. Für Fälle im Rahmen des NAFTA gilt diesbezüglich das FTC-­Statement. Für andere Fälle verbleibt es bei dem aus Art.  17 UNCITRAL AR folgenden weiten Ermessensspielraum der Schiedsgerichte. Art.  17 UNCI­TRAL AR stellt eine geeignete Grundlage für amicus-Stellungnahmen dar. Dies verdeutlicht auch Art.  1 Abs.  5 UNCITRAL TR, der weitere Kompetenzen des Schiedsgerichts, die sich aus den UNCITRAL AR ergeben, unberührt lässt und dabei beispielhaft auf die Akzeptanz von Stellungnahmen von third persons119 hinweist. Art.  4 UNCITRAL TR ist daher im Hinblick auf die Frage, ob amicus-Stellungnahmen bei Investitionsstreitigkeiten zulässig sein können, keine echte Neuerung, sondern vielmehr eine Kodifikation des status quo.120 Im Hinblick auf einzelne prozessuale Ausgestaltungen ergeben sich hingegen Neuerungen.121 241, 243 (2001); Ford, 11 Sw. J. L. & Trade Am. 207, 240 f., 244 ff. (2005); Steger, in: Bogandy/­ Mavroidis/Meny, European Integration and International Co-Ordination, S.  443 ff.; Bartholo­ meusz, 5 Non-State Actors & Int’l L. 209, 265 ff. (2005); Stumpe, SchiedsVZ 2008, 125, 134 f. 118  Robbins, 44 Harv. Int’l L.J. 317, 322 (2003). 119  Damit sind nach dem Sprachgebrauch der UNCITRAL TR amici gemeint, dazu bereits oben §  6 B. II. 2. a). 120  Wilske/Markert, SchiedsVZ 2014, 49, 61 sprechen davon, dass Entwicklungen aufgegriffen werden, die sich teilweise bereits in Schiedsregeln wiederfinden. Zu weitgehend daher Wolf/Eslami, in: Geimer/Kaissis/Thümmel, Festschrift für Schütze zum 80. Geburtstag, S.  754, die davon sprechen, dass die Beteiligung von Dritten/Staaten an Investitionsverfahren lange Zeit nicht abschließend geklärt gewesen sei und „Artt.  4 und 5 nunmehr Licht ins Dunkel“ bringen. 121  Etwa im Hinblick auf die Veröffentlichung von Verfahrensdokumenten oder die Öf-

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III.  Zulässigkeit im Rahmen von ICSID-Verfahren Verschiedentlich haben sich ICSID-Schiedsgerichte mit der Zulässigkeit von amicus briefs befasst. Beachtenswert in diesem Zusammenhang ist die im Jahre 2006 durchgeführte Überarbeitung der ICSID AR. Neu eingefügt wurde Art.  37 Abs.  2, Art.  32 Abs.  2 ICSID AR. Art.  37 Abs.  2 ICSID AR regelt erstmals die Beteiligung von Dritten am Verfahren, die keine Partei sind, sogenannte non-disputing parties. Gemeint sind damit amici. Art.  32 Abs.  2 ICSID AR regelt, inwiefern solche Dritte an der mündlichen Verhandlung teilnehmen dürfen. Mit der Kodifizierung des amicus innerhalb der ICSID AR ist klar, dass amicus briefs als zulässig angesehen werden müssen. Vor Verabschiedung der neuen Regeln herrschte zwischen den einzelnen Schiedsgerichten Uneinigkeit, inwiefern amici zulässig seien.122 Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, inwiefern Art.  44 ICSID Convention als Grundlage für amicus briefs dienen könne. Aufgrund der nunmehr erfolgten Kodifizierung stellt sich diese Frage nicht mehr; amici sind zulässig.123 In dem auf die Kodifizierung folgenden Verfahren Biwater Gauff stellte das Schiedsgericht dann auch weniger die generelle Frage nach der Zulässigkeit von amicus briefs, sondern befasste sich schwerpunktmäßig damit, zu prüfen, inwiefern die potentiellen amici den Anforderungen des Art.  37 Abs.  2 ICSID AR genügten.124 Hierauf wird im Rahmen von §  10 der Arbeit näher eingegangen. Im Rahmen der Additional Facility Rules findet sich das Instrument des amicus ebenfalls kodifiziert, Art.  44 Abs.  3 Additional Facility Rules. Daher ist auch dort von der Zulässigkeit des Instruments auszugehen.

C.  Funktion Nachdem die Zulässigkeit von amici in der internationalen Investitionsschiedsgerichtsbarkeit festgestellt werden konnte, ist nunmehr zu prüfen, welche Funktion amici einnehmen. Dabei bietet es sich an, zunächst die verschiedenen Fallgestaltungen, bei denen amici tätig werden, näher zu untersuchen und zu kategorisieren. fentlichkeit der mündlichen Verhandlung der Verhandlung, dazu bereits oben bei §  6 B. II. 2 a) und ausführlich unten §§  6 C. IV. 1., 9 A. II. 5. 122  Dazu oben §  6 B. I. 2. 123  Stumpe, SchiedsVZ 2008, 125, 132 f.; Tams/Zoellner, 45 AVR 217, 234 (2007); Levine, 29 Berkeley J. Int’l L. 200, 211 f. (2011); Knahr/Reinisch, 6 L.P.I.C.T. 97, 104 ff. (2007); Triantafilou, 24 Arb. Int’l. 571, 571 f. (2008). 124  Biwater Gauff Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Fall Nr, ARB/05/22, Procedural Order No. 5, 02.02.2007.

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I.  Der Ausrichtung von amici 1.  Umweltrechtliche Fallgestaltungen Ähnlich dem Bereich des Welthandelsrechts sind es auch in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit zunächst umweltrechtliche Fallgestaltungen, die eine Beteiligung durch amici hervorrufen.125 In dem Fall Methanex waren es kalifornische Regelungen, die den potentiell umweltschädlichen Stoff MTBE verboten.126 Als amici beteiligten sich das International Institute for a Sustainable Development sowie Better Environment und das Earth Island Institute. Die Stellungnahmen wurden also von Nichtregierungsorganisationen eingereicht, die sich mit umweltrechtlichen Fragestelllungen befassen. Ebenfalls eine umweltrechtliche Komponente bietet der Fall Chevron127. In diesem versuchte Chev­ ron mittels eines Schiedsverfahrens, laufende Prozesse in Ecuador wegen angeblicher Umweltverschmutzungen zu stoppen beziehungsweise zu unterminieren. Chevron beantragte unter anderem, das Schiedsgericht möge Ecuador dazu verurteilen, „to use all measures necessary to prevent any judgment against Chevron in the Lago Agrio Litigation from becoming final, conclusive or en­ forceable.“128 Als amici beteiligten sich zwei Nichtregierungsorganisationen, die einen gemeinsamen brief einreichten.129 In den Kategorien des U.S.-amerikanischen Rechts sind diese amici der Kategorie der öffentlichen Interessenvertretung zuzuordnen. Rechtlicher Anknüpfungspunkt bei dieser Art von Verfahren ist die Frage, inwiefern Regelungen zum Schutz der Umwelt Maßnahmen sein können, die als eine indirekte Enteignung zu qualifizieren sind.130 Ein Indiz für die Qualifikation umweltrechtlicher Regelungen als enteignungsgleiche Maßnahmen ist die Aufnahme von Vorschriften in aktuellen BITs und multilateralen Investitionsabkommen, die dem Gaststaat das Recht einräumen, Maßnahmen zum Schutz der

125  Selbstverständlich befassen sich die folgenden Fälle auch und gerade mit Fragen der Wirtschaftlichkeit. Ihnen wohnt aber ein umweltrechtliches Moment inne. Zu den umweltrechtlichen Implikationen investitionsrechtlicher Streitigkeiten und einer Analyse der amicus-Beteiligung jüngst etwa Mikadze, 12 J. Int’l L. & Int’l Rel. 35, 55 ff. (2016). 126  Dazu oben §  6 B. I. 2. 127  Chevron Corporation and Texaco Petroleum Corporation v. The Republic of Ecuador, PCA case No. 2009-23. 128  Chevron Corporation and Texaco Petroleum Corporation v. The Republic of Ecuador, PCA case No. 2009-23, Claimants’ Memorial on The Merits, 06.09.2010, Rn.  547. 129  Submission of amici, Fundación Pachamama und The International Institute for Sustainable Development, 05.11.2010, in: Chevron Corporation and Texaco Petroleum Corporation v. The Republic of Ecuador, PCA case No. 2009-23. 130  Dazu Wälde/Kolo, 50 ICLQ 811, 811 ff. (2001).

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Umwelt zu treffen.131 Solche Klauseln wären nicht notwendig, wenn umweltrechtliche Regelungen per se keine enteignungsgleiche Maßnahmen darstellten. Daher können solche Regelungen grundsätzlich als enteignungsgleiche Maßnahmen angesehen werden.132 Gleichzeitig können sie unter den Voraussetzungen des jeweiligen BITs beziehungsweise multilateralen Investitionsschutzabkommens gerechtfertigt sein.133 Es ist verständlich, dass sich Nichtregierungsorganisationen im Rahmen von Verfahren wie beispielsweise Methanex beteiligen möchten. Das entscheidende Schiedsgericht hat es schließlich in der Hand, eine vom demokratisch legitimierten Gesetzgeber erlassene Regelung faktisch zu Fall zu bringen.134 In diesem Zusammenhang können amicus briefs ein wertvoller Bestandteil sein, um der Zivilgesellschaft wenigstens ein Minimum an Partizipation an solchen Verfahren zu ermöglichen. Auffällig ist die im Vergleich zum Recht der WTO geringere Anzahl von Verfahren, die eine umweltrechtliche Prägung und zugleich eine Partizipation durch amici erfahren haben. 2.  Wirtschaftliche Fallgestaltungen Neben umweltrechtlichen Fallgestaltungen sind es oftmals wirtschaftliche Interessen, die zu einer Beteiligung durch amici führen. Herangezogen werden kann 131  Footer, 18 Mich. St. J. Int’l L. 33, 43 f. (2009) führt als Beispiel die Modell-BITs der Vereinigten Staaten, Kanada und Norwegen an; vgl. auch Art.  1106 Abs.  2 NAFTA. Weitere Beispiele aus der Praxis bei Reinisch, in: Muchlinski/Ortino/Schreuer, The Oxford Handbook of International Investment Law, S.  421. 132  Wälde/Kolo, 50 ICLQ 811, 821 (2001) gehen auch hiervon aus: „Since environmental regulation comes within the expropriation provision of modern MITs thereby triggering an investor-host Sstate [sic.] arbitration right […]“. Dugan/Wallace/Rubins/Sabahi, Investor-State Arbitration, S.  455 ff. weisen insbesondere daraufhin, dass zu untersuchen sei, inwiefern die fragliche Maßnahme die Rechte des Investors beeinträchtigt. Reinisch, in: Muchlinski/ Ortino/Schreuer, The Oxford Handbook of International Investment Law, S.  420 ff. zeigt auf, dass eine eindeutige Definition von indirekter Enteignung nicht zu finden ist. 133  Diesen Weg ging auch das Schiedsgericht in seiner Methanex Entscheidung, dazu: Footer, 18 Mich. St. J. Int’l L. 33, 40 (2009). 134  Freilich hat das Schiedsgericht keine Normverwerfungskompetenz. Allerdings kann der Ausspruch einer hohen Schadensersatzforderung, im Fall Methanex wurden 970 Millionen Dollar gefordert, dazu führen, Gesetze zu ändern, um weiteren Schadensersatzforderungen zuvor zu kommen. Im Fall Ethyl Corp. v. Government of Canada geschah genau dies. Kanada hob das Verbot der Chemikalie MMT auf und zahlt im Rahmen eines Vergleichs 13 Millionen Dollar. Gefordert wurden ursprünglich 230 Millionen Dollar, näher Ishikawa, 59 ICLQ 373, 395 (2010); Ethyl Corp. v. Government of Canada, Award on Jurisdiction, 24.06.1998. Insofern ist es wohl zutreffend, wenn Classen, EuZW 2014, 611, 615 davon spricht, im Rahmen von Investitionsstreitigkeiten würden Schiedsgerichte „regelmäßig nur die Verpflichtung, den Investor mit Geld zu entschädigen“ aussprechen, aber die fraglichen Summen zusammen mit einer möglichen Präzedenzwirkung können durchaus ein faktischer Zwang sein.

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hier beispielsweise der Fall UPS.135 Dort waren es die Canadian Union of Postal Workers und der Council of Canadians, die amicus briefs einreichten. Während der Council of Canadians eine mehr nationalistisch operierende Vereinigung darstellt, ist die Gewerkschaft der kanadischen Postarbeiter an deren Arbeitsbedingungen interessiert. Mithin verfolgte sie zumindest auch ein wirtschaftliches Interesse. Noch deutlicher wurden die wirtschaftlichen Absichten in dem Fall Glamis.136 Dort beteiligten sich zwar auch einige Nichtregierungsorganisationen137 sowie die Quechan Indian Nation,138 bemerkenswert ist aber insbesondere die Beteiligung der National Mining Association.139 Diese ist ein Dachverband für über 300 Unternehmen aus dem Bergbausektor.140 Die wirtschaftlichen Perspektiven des Falls und seine mögliche Präzedenzwirkung haben zur Einreichung des amicus briefs geführt. Investitionsstreitigkeiten haben oftmals Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Interessen einer Reihe von Akteuren.141 Mittels amicus briefs wird diesen eine Möglichkeit gegeben, ihre Interessen zu artikulieren. 3. Versorgungseinrichtungen Im Gegensatz zum Recht der Welthandelsorganisation erschöpfen sich bei der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit die Fallgestaltungen unter Beteiligung von amici nicht in solchen wirtschaftlicher und umweltrechtlicher Art. Eine Reihe von Verfahren unter der Beteiligung von amici befasste sich mit dem sensiblen Bereich der Privatisierung öffentlicher Versorgungseinrichtungen, wie etwa der Wasserversorgung.142 Es ist verständlich und vorhersehbar, dass eine solche Privatisierung verschiedene Nichtregierungsorganisationen143 auf den Plan rief. 135 

Dazu oben §  6 B. I. 1. Dazu oben §  6 B. I. 1. 137  Friends of the Earth Canada und Friends of the Earth United States reichten einen gemeinsamen brief ein. Ebenso reichten der Sierra Club und Earthworks einen gemeinsamen brief ein, vgl. Tienhaara, 16 R.E.C.I.E.L. 230, 239 (2007). 138  Dazu Glamis Gold Ltd v. United States, Award, 08.06.2009, Rn.  268 ff. 139  Non-Disputing Party Submission of the National Mining Association, 13.10.2006, in: Glamis Gold Ltd v. United States. 140  Siehe (abgerufen am 21.10.2016). 141  Auch bei Bastin, 30 Arb. Int’l 125, 128 f. (2014) finden sich Beispiele einer Beteiligung durch amici, die keine Nichtregierungsorganisationen sind. Allerdings ist fraglich, inwiefern dies, wie von Bastin, ibid. behauptet, einen modernen Trend darstellt. Bereits in UPS beteiligte sich wie eben gesehen die Canadian Union of Postal Workers, auf dieses Verfahren geht Bastin, ibid. nicht ein. 142  Folgende Verfahren konzentrieren sich auf diesen Aspekt: Aguas del Tunari, Suez-Vivendi, Suez-InterArguas, Biwater Gauff, vgl. dazu oben §  6 B. I. 2. 143  Siehe den amicus brief Petition of La Coordinadora Para la Defensa del Agua y Vida et. al., 29.08.2002, in: Aguas del Tunari, SA v Republic of Bolivia, ICSID Case No. ARB/02/3. 136 

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Denn die öffentliche Wasserversorgung ist die zentrale Versorgungseinrichtung des Staates und beeinflusst unmittelbar die Lebensumstände der Bevölkerung. Daher besteht hier in besonderem Maße ein öffentliches Interesse.144

II.  Art und Weise der Einflussnahme Im Rahmen des U.S.-amerikanischen Rechts und der Welthandelsorganisation wurde eine inhaltliche Zuordnung von amicus briefs in drei verschiedene Kategorien vorgenommen. Möglich ist ein Hinweis auf die Folgen der Entscheidung, die Darstellung einer alternativen rechtlichen Argumentation sowie das Einbringen von Spezialwissen.145 Fraglich ist, inwiefern dies auf amicus-Stellungnahmen im Rahmen der internationalen Investitionsschiedsgerichtsbarkeit übertragen werden kann. Bereits in R. 37 Abs.  2 S.  2 lit.  a) ICSID AR, Ziff. B. 6 lit.  a) FTC-Statement werden die besonderen Kenntnisse des amicus im Rahmen der Frage, ob die Stellungnahme zugelassen wird, hervorgehoben. Dabei können solche Kenntnisse zum einen in die Präsentation von Spezialwissen münden,146 aber auch die Folgen der Entscheidung umschreiben.147 Insofern findet sich eine Übereinstimmung zu den im U.S.-amerikanischen Recht und Welthandelsrecht gefundenen 144  Mistelis, 21 Arb. Int’l 211, 230 (2005); Ishikawa, 59 ICLQ 373, 394 (2010). Mit der allgemeinen Bedeutung solcher Streitigkeiten beschäftigen sich Mbengue/Tiginio, in: Weiss/ De Chazournes/Bernasconi-Osterwalder, Fresh Water and International Economic Law, S.  373 ff. Die beiden gehen bei S.  383 ff. näher auf die Beteiligung der Öffentlichkeit mittels amicus briefs ein und stufen dies als sehr wirkungsvolle Möglichkeit der Beteiligung ein. Vgl. auch Ruthemeyer, Der amicus curiae brief im Internationalen Investitionsrecht, S.  48. 145  Oben §  2 B. I. 3. b), §  5 C. II. 146  Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Award, 24.07.2008, Rn.  359 führt aus, dass der amicus brief das Schiedsgericht mit lokalen Bräuchen in Tansania vertraut machte. In Application for Permission to Proceed as Amicus Curiae, Appendix: Submissions of Member Organizations as Amicus Curiae, 02.03.2011, S.  7, in: Pac Rim Cayman LLC v. Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB/09/12, wird über die Lebensumstände der Minenarbeiter berichtet. Vielfach wird darauf hingewiesen, dass amicus-Stellungnahmen dazu dienen können, dem Gericht zusätzliche Informationen über den Sachverhalt zu liefern, Tams/Zoellner, 45 AVR 217, 235 (2007); ­Tienhaara, 16 R.E.C.I.E.L. 230, 239 (2007); Levine, 29 Berkeley J. Int’l L. 200, 217 (2011). 147  Darauf allgemein hinweisend Harrison, in: Dupuy/Francioni/Petersmann, Human Rights in International Investment Law and Arbitration, S.  405. In Amicus Curiae Submis­ sion CELS et al., 04.04.2007, S.  3, in: Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona S.A., and Vivendi Universal S.A. v. The Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/03/19, führt die Nichtregierungsorganisation aus: „In the context of these poverty figures, a sudden three-fold spike in the price of water to 7.740.000 inhabitants and of sewage services to 5.890.000 inhabitants could have had devastating consequences. It would have transformed an economic and social crisis into a full-fledged humanitarian disaster by abruptly depriving millions of

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Grundsätzen. Interessant ist, dass das Heraustellen von lokalen Gewohnheiten, wie es in Biwater praktiziert wurde, Ähnlichkeiten zu den PTCP aufweist, die das Herausarbeiten von Handelsbräuchen als mögliches Einsatzfeld von amici festlegen. Neben der Darstellung von Spezialwissen und dem Herausarbeiten möglicher Folgen finden sich aber auch Beispiele für eine alternative rechtliche Argumentation. In Suez Vivendi wurde etwa die Höherrangigkeit der Menschenrechte gegenüber Investitionsschutzbestimmungen thematisiert.148 Insgesamt nutzen amici wie in den anderen Rechtsbereichen vergleichbare Argumentationsmuster und können für die Schiedsgerichte hilfreich sein.149 Neben dieser inhaltlich geprägten Nützlichkeit von amicus-Stellungnahmen150 für die Entscheidung der jeweiligen Streitigkeit können amici in einem größeren, politischen Zusammenhang ebenfalls von Nutzen sein.

III.  Souveränitätsverlust und Demokratiedefizit – Problemaufriss Im Rahmen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit wird die Entscheidungsfindung von der nationalen auf die internationale Ebene übertragen wird.151 Indem der Staat mit dem Investor den Investitionsvertrag abschließt, gibt er ein Stück seiner eigenen Souveränität zu Gunsten des Investors auf. In den oben dargestellten Fallgruppen wird deutlich, wie beispielsweise eine umweltrechtliche Regelung als enteignungsgleiche Maßnahme eingestuft werden kann. Dem Staat wird sein eigenes Machtmonopol entzogen und die Frage, ob und wie der Staat handeln darf, obliegt nunmehr in Teilen einer internationalen Einrichtung – der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit. Mit der Entziehung des Machtmonocitizens of their access to life-giving water. Such increase in tariffs would have triggered further social unrest and riots, thereby aggravating the already severe public order crisis.“ 148  Amicus Curiae Submission CELS et al., 04.04.2007, S.  26 ff., in: Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona S.A., and Vivendi Universal S.A. v. The Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/03/19. 149  Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Award, 24.07.2008, Rn.  359: „They [the amici] approach the issues in this case with interests, expertise and perspectives that have been demonstrated to materially differ from those of the two contending parties, and as such have provided a useful contribution to these proceedings.“ 150  Für weitere Beispiele siehe auch unten §  11 A. V. 1., B. V. 151  Choudhury, 41 Vand. J. Transnat’l L. 775, 782 ff. (2008); Levine, 29 Berkeley J. Int’l L. 200, 205 (2011); Francioni, 20 EJIL 729, 738 (2009); Magraw/Amerashinge, 15 ILSA J. Int’l & Comp. L. 337, 338 f. (2009); Ishikawa, 59 ICLQ 373, 395 (2010): „There is the possibility that an award forces the host State governements to repeal the challenged environmental measure(s), and such a possibility is not merely theoretical.“

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pols geht ein Verlust an demokratischer Legitimation einher.152 Denn es ist nicht mehr der demokratisch gewählte Gesetzgeber, der eine Regelung aufstellt oder verwirft, sondern vielmehr ein internationales Schiedsgericht. Allerdings wird die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zumeist vom demokratisch legitimierten Gesetzgeber beziehungsweise einer ebenso legitimierten Exekutive begründet. Diese Überlegung wird in der Literatur teils nicht aufgegriffen.153 Dennoch ist fraglich, ob Investitionsstreitigkeiten die nötige Transparenz und Drittbeteiligungsmöglichkeiten aufweisen, um von einem demokratischen Verfahren sprechen zu können. Denn solche Streitigkeiten sind in besonderen Maße dazu geeignet, Felder des öffentlichen Interesses zu berühren.154 Die Berührung des öffentlichen Interesses wurde auch von den amici selbst155 und den erkennenden Spruchkörpern156 jeweils hervorgehoben.

IV.  Transparenz und Drittbeteiligung – Amici als Lösung? In der Literatur findet sich eine Reihe von Abhandlungen, die sich mit dem Problem der Transparenz von Investitionsstreitigkeiten befassen.157 Ein Ausschnitt Magraw/Amerasinghe, 15 ILSA J. Int’l & Comp. L. 337, 340 ff. (2009); Choudhury, 41 Vand. J. Transnat’l L. 775, 782 ff. (2008); Blackaby/Richard, in: Waibel/Kaushal/Chung/Balchin, The Backlash against Investment Arbitration, S.  256; Classen, EuZW 2014, 611, 615 f. 153  Classen, EuZW 2014, 611, 615 f. beschäftigt sich hingegen hiermit und äußert Zweifel, inwiefern die konkreten Umstände etwa ein ausreichendes Niveau an personeller Legitimität gewährleisten. 154  Auf diesen Aspekt hinweisend auch Ishikawa, 59 ICLQ 373, 394 (2010). Dies wird auch deutlich bei näherer Betrachtung des Fokus von amici, dazu oben §  6 C. I. 155  Petition to the Arbitral Tribunal, International Institute for Sustainable Development, 25.08.2000, Rn.  1.1, in: Methanex v. United States;, Petition to the Arbitral Tribunal, The Canadian Union of Postal Workers and of the Council of Canadians, 08.11.2000, S.  2, United Parcel Service v. Canada; die Petition der verschiedenen amici in Aguas del Tunari, SA v. Republic of Bolivia, ICSID Case No. ARB/02/03. 156  Methanex v. United States, Decision of the Tribunal on Petitions from Third Persons to Intervene as „Amici Curiae“, 15.01.2001, Rn.  49; United Parcel Service v. Canada, Decision of the Tribunal on Petitions for Intervention and Participation as Amici Curiae, 17.10.2001, Rn.  65; Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Procedural Order No. 5, 02.02.2007, Rn.  51; Sociedad General de Aguas de Barcelona S.A., and Vivendi Universal S.A. v. The Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/03/19, Order in Response to a Petition for Transparency and Participation as Amicus Curiae, 19.05.2005, Rn.  18 ff.; Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona SA, and InterAguas Servicios Integrales del Agua SA v. Argentina, ICSID Case No. ARB/03/17, Order In Response to a Petition for Participation as Amicus Curiae, 17.03.2006, Rn.  18 ff. 157  VanDuzer, 52 McGill L.J. 681, 697 ff. (2007); Maxwell, 3 A.I.A.J. 176, 176 ff. (2007); Mistelis, 21 Arb. Int’l 211, 211ff (2005); Knahr/Reinisch, 6 L.P.I.C.T. 97, 97 ff. (2007); Knahr, 23 Arb. Int’l 327, 327 ff. (2007); Tams/Zoellner, 45 AVR 217, 236 ff. (2007); Mourre, 5 152 

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aus der New York Times in Bezug auf die Arbeit von NAFTA-Schiedsgerichten verdeutlicht die Problematik: „Their meetings are secret. Their members are generally unknown. The decisions they reach need not be fully disclosed. Yet the way a small group of international tribunals handles disputes between investors and foreign governments has led to national law being revoked, justice systems questioned, and environmental regulations challenged.“158 Das Zitat verdeutlicht das bestehende Dilemma.159 Auf der einen Seite können investitionsrechtliche Entscheidungen weitreichende Folgen für den beteiligten Staat haben, auf der anderen Seite wird behauptet, dass die Verfahren selbst kaum transparent seien. Letztere Behauptung bedarf der näheren Untersuchung.160 Inwiefern ist es heute gerechtfertigt davon zu sprechen, Investitionsstreitigkeiten seien intransparent? Zur besseren Beantwortung dieser Frage ist es sinnvoll, sich zu vergegenwärtigen, dass die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ihre Wurzeln L.P.I.C.T. 257, 257 ff. (2006); Delaney/Magraw, in: Muchlinski/Ortino/Schreuer, The Oxford Handbook of International Investment Law, S.  751 ff.; Zachariasiewicz, 29 J. Int’l Arb. 205, 217 ff. (2012); Sackmann, Transparenz im völkerrechtlichen Investitionsschiedsverfahren, passim; Ruthemeyer, Der amicus curiae brief im Internationalen Investitionsrecht, S.  146 ff. Aus der neueren Zeit sind zahlreiche nachweise im Zusammenhang mit den UNCITRAL TR zu finden, etwa Classen, EuZW 2014, 611; Coates, Int. A.L.R. 2014, 113; Lee, 33 Nw. J. Int’l L. & Bus. 439; Murphy, Int. A.L.R. 2013, 185; Johnson/Bernasconi-Osterwalder, New UNCITRAL Arbitration Rules on Transparency; Buntenbroich/Kaul, SchiedsVZ 2014, 1; Wolf/ Eslami, in: Geimer/Kaissis/Thümmel, Festschrift für Schütze zum 80. Geburtstag, S.  747; Hammacher, NZBau 2014, 607. 158  New York Times, 11.03.2001, section 3, S.  1; zitiert nach: Mistelis, 21 Arb. Int’l 211, 218 (2005). 159  Aktuell wird die Diskussion hier in Europa insbesondere in Bezug auf das geplante transatlantische Handelsabkommen TTIP geführt. So heist es in der Süddeutschen Zeitung vom 14.01.2015, S.  19 in dem Artikel „97 Prozent dagegen“: „Zudem ist vorgesehen, dass nicht hiesige Gerichte über Recht oder Unrecht entscheiden, sondern internationale Schiedsgerichte. In der Vergangenheit wirkten solche Gerichte gerne im Verborgenen, mit der Transparenz eines Holzblocks.“ Vor dem Hintergrund des Zulassens von amici seit dem Jahre 2001 durch Schiedsgerichte, dem FTC-Statement aus dem Jahre 2003 und den ICSID Regeländerungen im Jahre 2006 ist dies eine holzschnittartige Zusammenfassung. Hintergrund des Artikels ist die Auswertung einer Online-Konsultation der Europäischen Kommission zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten im Rahmen des TTIP, dazu Pressemitteilung der Kommission, IP/15/3201 und Commission Staff Working Document, Report, Online public consultation on investment protection and investor-to-state dispute settlement (ISDS) in the Transatlantic Trade and Investment Partnership Agreement, 13.01.2015, SWD 2015 (3) final. 97 % der 150.000 Konsultationsteilnehmer äußerten sich negativ, wobei ihre Eingaben zumeist vorformuliert von den Webseiten von Interessensgruppen, die sich gegen TTIP richten, übernommen bzw. übermittelt wurden. 160  Dabei wird auf diese Ausführungen im zweiten Teil der Arbeit zurückzukommen sein. Denn wenn das Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgt, hat dies wesentliche Auswirkungen auf die Rechte des amicus im Verfahren, dazu unten §  9.

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

in der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit hat. Diese ist seit jeher vom Grundsatz der Vertraulichkeit des Verfahrens geprägt.161 Zu untersuchen ist zunächst, inwiefern Investitionsschiedsverfahren der Öffentlichkeit zugänglich sind. Anschließend ist zu fragen, ob eine Beteiligung von amici zu einer gesteigerten Transparenz solcher Verfahren führen kann. Interessant ist ebenfalls die Frage, ob amici Zugriff auf Dokumente des Verfahrens, wie Parteischriftsätze, Zeugenaussagen oder Abschriften der mündlichen Verhandlung haben. Diese Frage wird jedoch ausführlich im zweiten Teil unter §  9 erörtert werden. Im Rahmen der folgenden Ausführungen wird lediglich untersucht, inwiefern eine amicus-Beteiligung zu einem transparenteren Verfahren beitragen kann. Dabei geht es zum einen um die Teilnahme am Verfahren als Zuschauer, also um die Öffentlichkeit des Verfahrens im engeren Sinne, und zum anderen um die Möglichkeit, sich selbst am Verfahren zu beteiligen.162 1.  Transparenz unter Geltung der UNCITRAL TR – uferlose Ausnahmen? a)  Öffentlichkeit des Verfahrens Hinsichtlich der Öffentlichkeit des Verfahrens sind zunächst die neuen UNCITRAL TR zu beachten.163 Nach Art.  6 Abs.  1 UNCITRAL TR ist ein „hearing for the presentation of evidence or oral argument (‚hearings‘)“ öffentlich, soweit sich nicht aus Art.  6 Abs.  2 oder Art.  6 Abs.  3 UNCITRAL AR etwas anderes ergibt. Die damit gegebene Definition eines hearing ist recht umfassend. Ausgeschlossen werden sollen lediglich solche Sitzungen, in denen bloße prozessuale Fragen geklärt werden, die für das Verfahren nicht von substantieller Bedeutung sind.164 Zu beachten sind jedoch die Einschränkungen in Art.  6 Abs.  2 und Art.  6 Abs.  3 UNCITRAL TR. Nach Art.  6 Abs.  3 UNCITRAL TR kann die ÖffentBlackaby/Partasides, Redfern and Hunter on International Arbitration, S.  124 ff.; Gusy/Hosking/Schwarz, A Guide to the ICDR International Arbitration Rules, S.  287, jedoch mit dem Hinweis auf einen heterogenen Diskussionsstand. Bjorklund, 113 Penn St. L. Rev. 1269, 1287 (2009); Choudhury, 41 Vand. J. Transnat’l L. 775, 786 (2008). 162  Dieses Verständnis von Transparenz entspricht dem, welches im Rahmen des Welthandelsrecht definiert wurde, oben §  5 C. IV. 163  Zu deren Anwendbarkeit oben §  6 B. II. 2. a). 164  UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-seventh session, A/CN.9/760, Rn.  86 lautet: „hearings should always be open ­where they were substantive (including jurisdictional hearings and hearings in which evi­dence by witnesses or experts, or oral arguments, were presented), but not where mere matters of ­procedure were to be addressed.“ Beinahe wortgleich auch die Erläuterung in UNCITRAL, Settlement of commercial disputes: preparation of a legal standard on transparency in treaty-­ based investor-State arbitration, A/CN.9/WG.2/WP.176 (58th session), Rn.  47. 161 

§  6  Internationale Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

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lichkeit des Verfahrens aus logistischen Gründen eingegrenzt werden. Art.  6 Abs.  2 UNCITRAL TR regelt, dass die Teile der Verhandlung nicht öffentlich sind, bei denen dies zur Wahrung von vertraulichen Informationen oder der Integrität des Schiedsverfahrens nach Art.  7 UNCITRAL TR notwendig ist. Diese Regelung gilt es genauer zu untersuchen. b)  Ausnahmen von den Transparenzregeln – Art.  7 UNCITRAL TR Art.  7 UNCITRAL TR enthält Ausnahmen zu den vorstehenden Art.  2 bis 6 UNCITRAL TR.165 Der Norm kommt damit eine überragende Bedeutung zu, denn alle hehren Ziele der Art.  2 bis 6 UNCITRAL TR sind wenig wert, wenn im Rahmen der Ausnahmen zu diesen Regelungen, die Verwirklichung von Transparenz selbst zur Ausnahme wird. Art.  7 Abs.  1 UNCITRAL TR ordnet an, dass vertrauliche und geschützte Informationen, wie in Abs.  2 definiert und in Übereinstimmung mit den Verfahren nach Abs.  3 und 4 festgelegt, nicht der Öffentlichkeit nach Art.  2 bis 6 UNCITRAL TR zugänglich gemacht werden sollen.166 Die Regelungen in Art.  7 Abs.  2 bis 7 UNCITRAL TR gilt es vor dem Hintergrund der angesprochenen Bedeutung und der Relevanz auch für amicus-Stellungnahmen genauer zu untersuchen. Im Rahmen der Legaldefinition von vertraulichen und geschützten Informationen zählt Art.  7 Abs.  2 lit.  a) UNCITRAL TR zunächst Geschäftsgeheimnisse („confidential business information“) auf. Art.  7 Abs.  2 lit.  b) UNCITRAL TR umfasst Informationen, die durch den Investitionsvertrag vor Veröffentlichung geschützt sind,167 während sich Art.  7 Abs.  2 lit.  c) UNCITRAL AR auf Informationen bezieht, deren Veröffentlichung gesetzlich verboten ist.168 Art.  7 165  Die Norm ist überschrieben mit „Exceptions to transparency“ und erstreckt sich daher auch auf eine amicus-Beteiligung nach Art.  4 UNCITRAL TR. 166  Daher kann auch beim Vorliegen von geschützten Informationen, die Öffentlichkeit der mündlichen Verhandlung eingeschränkt werden. Insofern ist der Verweis in Art.  6 Abs.  2 UNCITRAL TR, der lediglich auf vertrauliche Informationen abzielt, als regulatorische Ungenauigkeit anzusehen. 167  Dies scheint in verschiedenen Investitionsverträgen und Entscheidungen von Schiedsgerichten, die sich mit der Veröffentlichung von Informationen befassen, eine gebräuchliche Formulierung zu sein, näher UNCITRAL, Settlement of commercial disputes: preparation of a legal standard on transparency in treaty-based investor-State arbitration, A/CN.9/WG.2/ WP.166 Add. 1 (55th session), Rn.  3 Fn.  1 m. w. N. 168  Dabei wird bezüglich der anwendbaren Gesetze, zwischen Gaststaat und Investor differenziert. Für den beklagten Staat gelten dessen Gesetze. Hinsichtlich anderer Informationen als solcher, die vom Gaststaat zur Verfügung gestellt werden, gelten die Gesetze oder Regelungen, welche das Schiedsgericht für anwendbar erachtet. Erwogen wurde vor dem Hintergrund dieser Regelung, den Schutz von Geschäftsgeheimnissen gänzlich zu streichen, da ihre

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

Abs.  2 lit.  d) UNCITRAL TR schützt Informationen, deren Veröffentlichung das law enforcement erschweren würde.169 Aus den reichhaltigen die Verabschiedung der rules vorhergehenden Materialien170 lässt sich die rege Diskussion in Bezug auf diese Regelung nachvollziehen.171 Generell lassen sich zwei Lager identifizieren. Auf der einen Seite gab es eine Reihe von Delegationen, die eine Art Generalklausel in Art.  7 Abs.  2 verankern wollten, nach der die Veröffentlichung von Informationen eingeschränkt beziehungsweise unterbleiben konnte, wenn „essential interest[s] of any individual or entity“ verletzt würden.172 Andere hingegen waren der Ansicht, dies würde dem Sinn und Zweck von Transparenzregeln zuwider laufen.173 Die nunmehr gefundene Regelung ist Veröffentlichung bereits gesetzlich verboten sei. Dies setzte sich aber nicht durch, da in einigen Staaten ein solches Verbot nicht existiert, dazu UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-fifth session, A/CN.9/736, Rn.  118. 169  Diese Regelung wurde erst relativ spät in den von der working group diskutierten draft aufgenommen. Erstmals findet sich eine Diskussion zu dieser Formulierung in UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fiftyseventh session, A/CN.9/760, Rn.  105. 170  Insgesamt finden sich auf (abgerufen am 21.10.2016) 36 verschiedene Dokumente, die sich mit der Verabschiedung der UNCITRAL TR befassen. Zu berücksichtigen ist die 53rd session vom Oktober 2010 bis hin zur 58th session im Februar 2013. 171  UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-fifth session, A/CN.9/736, Rn.  124; UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-seventh session, A/CN.9/760, Rn.  105 ff. Insgesamt haben sich die Formulierung und der Inhalt von Art.  7 UNCITRAL TR im Ganzen im Laufe der verschiedenen drafts wiederholt geändert. Bis hin zur 58th session erfolgten inhaltliche Änderungen der working group, dazu die obigen Nachweise im Rahmen der 55th und der 57th session sowie UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-eigth session, A/CN.9/765, Rn.  58 ff. Erst im draft des Sekretäriats von UNCITRAL, Settlement of commercial disputes: draft UNCITRAL rules on transparency in treaty-based investor-State arbitration, A.CN.9/783, findet sich eine Fassung, die mit der verabschiedeten Fassung identisch ist. Auch dies verdeutlicht die Bedeutung von Art.  7 UNCITRAL TR. 172  Dazu UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-fifth session, A/CN.9/736, Rn.  124. Eine solch weite Formulierung im Zusammenspiel damit, dass die Parteien solche Interessen bestimmen können sollten, dies war anfänglich vorgesehen, siehe UNCITRAL, Settlement of commercial disputes: preparation of a legal standard on transparency in treaty-based investor-State arbitration, A/CN.9/WG.2/ WP.166 Add. 1 (55th session), Rn.  1, würde die UNCITRAL TR ihrer wesentlichen Zielsetzung berauben. Erwogen wurde auch die Formulierung „information that both disputing parties agree not be made available to the public unless it constitutes a breach of the public interest“, UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-seventh session, A/CN.9/760, Rn.  117. 173  UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-seventh session, A/CN.9/760, Rn.  106.

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ein Kompromiss zwischen diesen beiden Positionen. Während Art.  7 Abs.  2 lit.  d) UNCITRAL TR sicherlich recht offen formuliert ist, ist den Gegnern einer Generalklausel zuzugestehen, dass sich die noch weitergehende obige Formulierung nicht mehr wiederfindet und sich Abs.  2 lit.  d) an Staaten richtet, so dass der Investor sich kaum hierauf berufen wird, es sei denn er ist im Besitz solcher Informationen. In Bezug auf eine offen formulierte Ausnahmeregelung ist jedoch Art.  7 Abs.  5 UNCITRAL TR zu beachten. Danach kann ein Staat als Beklagter nicht zur Veröffentlichung von Informationen verpflichtet werden, wenn dies seiner Einschätzung nach seinen essentiellen Sicherheitsinteressen zuwiderläuft. Diese Regelung kommt den Anhängern einer möglichst weiten Generalklausel insofern ein Stück weit entgegen, als der Begriff eines essentiellen Sicherheitsinteresses Spielraum für Auslegungsfragen eröffnet. Einschränkend ist anzumerken, dass auch von Abs.  5 vornehmlich nur Staaten profitieren dürften. Weiterhin wird von einer geringen Relevanz der Regelung ausgegangen, da ein Gaststaat eine vertrauliche Information ohnehin nicht in ein Verfahren einbringen werde.174 Es ist fraglich, inwiefern dies in der Praxis tatsächlich so gehandhabt wird beziehungsweise gehandhabt werden wird. Ferner könnte auch der Investor im Besitz solcher Informationen sein.175 Ebenso wie bei Art.  7 Abs.  2 lit.  d) UNCITRAL TR handelt es sich daher auch bei Abs.  5 um eine recht offen formulierte Regelung, von der vornehmlich Staaten profitieren. Allerdings findet sich ein zusätzlicher, recht versteckter Punkt, der die Bedeutung von Art.  7 Abs.  5 UNCITRAL TR merklich steigert. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist die Regelung des Art.  7 Abs.  3 S.  2 UNCITRAL TR. Nach dieser kann das Schiedsgericht, nachdem es die Parteien konsultiert hat, festlegen, welche Informationen als vertraulich oder geschützt einzustufen sind und welche nicht. Im Zuge der Ausarbeitung der UNCITRAL TR herrschte diesbezüglich keine Einigkeit. Der erste draft sah noch eine Deutungshoheit der Parteien vor.176 Als Kompromiss wurde dann eine Regelung vorgeschlagen, nunmehr Art.  7 Abs.  4 UNCITRAL TR, die es Johnson/Bernasconi-Osterwalder, New UNCITRAL Arbitration Rules on Transparency, S.  22; Wolf/Eslami, in: Geimer/Kaissis/Thümmel, Festschrift für Schütze zum 80. Geburtstag, S.  759. 175  Dies betonen zwar Johnson/Bernasconi-Osterwalder, a. a. O. und Wolf/Eslami, a. a. O. ebenso, gehen aber dennoch von einer geringeren Relevanz aus. 176  UNCITRAL, Settlement of commercial disputes: preparation of a legal standard on transparency in treaty-based investor-State arbitration, A/CN.9/WG.2/WP.166 Add. 1 (55th session), Rn.  1. Ausdrücklich angesprochen, dass das Schiedsgericht zuständig sein müsse, wurde dies in UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-fifth session, A/CN.9/736, Rn.  129. In einer nachfolgenden session wurde hingegen erneut ein Vorschlag eingebracht, der die Kompetenz des Verfahrens unterminie174 

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einer Partei oder einem nach Art.  4 beziehungsweise 5 UNCITRAL TR Beteiligten erlaubte, die Informationen, die freiwillig an das Schiedsgericht übermittelt wurden, zurückzuziehen, falls das Schiedsgericht diese nicht als vertraulich einstufen würde.177 Im Hinblick auf Art.  7 Abs.  5 UNCITRAL TR ist allerdings fraglich, ob für diesen die Regelung des Art.  7 Abs.  3 S.  2 UNCITRAL TR gilt. Würde Art.  7 Abs.  3 S.  2 UNCITRAL TR nicht gelten, könnte es allein an dem Gaststaat sein, festzulegen, inwiefern er seine essentiellen Sicherheitsinteressen durch die Veröffentlichung von Informationen gefährdet sieht. Für eine solche Sichtweise spricht zunächst der Wortlaut von Abs.  3 S.  2, aus dem hervorgeht, dass dieser nur für Fälle von Abs.  2 gilt.178 Auch nach dem Wortlaut von Abs.  5 ist es an dem Staat, festzulegen, wann seine Sicherheitsinteressen gefährdet sind.179 Zu beachten ist ferner der Normgebungsprozess. Ursprünglich sollte Abs.  5 ein Teil von Abs.  2 lit.  d) sein.180 Später wurde diese Regelung isoliert181 und anschlieren sollte UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-seventh session, A/CN.9/760, Rn.  117, dazu bereits oben. 177  Zentral an dieser Formulierung ist zunächst, dass sie nur im Falle von Informationen eingreift, die einer der Genannten freiwillig übermittelt hat. Damit soll etwa die Möglichkeit ausgeschlossen werden, dass das Schiedsgericht anordnet, eine Partei solle eine Information veröffentlichen, zu dieser als disclosure bezeichneten Praxis im Rahmen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit näher Legum, in: Yannaca-Small, Arbitration under International Investment Agreements, S.  99, und diese Partei dann die Information aus Gründen der Vertraulichkeit zurückzieht, UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-seventh session, A/CN.9/760, Rn.  113. Insgesamt ist diese Regelung ein gelungener Ausgleich zwischen den Interessen an einem transparenten Verfahren und etwaigen Geheimhaltungsinteressen der Parteien. Dadurch, dass eine nach Abs.  4 zurückgezogene Information nicht mehr Teil des Verfahrens ist, wird zudem ein gewisser Druck auf die Parteien ausgeübt. Abzuwägen ist zwischen der Veröffentlichung einer Information oder ihrer fehlenden Verwendungsmöglichkeit. 178  Art.  7 Abs.  3 S.  2 UNCITRAL TR lautet: „Any determination as to whether information is confidential or protected shall be made by the arbitral tribunal after consultation with the disputing parties.“ Art.  7 Abs.  2 UNCITRAL TR lautet: „Confidential or protected information consists of:“, sodann folgen Abs.  2 lit.  a)–lit.  d). In Abs.  5 finden sich die Wörter „confidential or protected information“ nicht. 179  Abs.  5 lautet: „Nothing […] requires a respondent state to make available […] information the disclosure of which it considers to be contrary to its essential security interests.“, dies betonend Johnson/Bernasconi-Osterwalder, New UNCITRAL Arbitration Rules on Transparency, S.  22; Wolf/Eslami, in: Geimer/Kaissis/Thümmel, Festschrift für Schütze zum 80. Geburtstag, S.  759. 180  UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-seventh session, A/CN.9/760, Rn.  105. 181  UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-eigth session, A/CN.9/765, Rn.  75.

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ßend den nunmehr in Abs.  3 und 4 stehenden Regelungen nachgefügt.182 Zwar geht aus den Materialien nicht explizit hervor, welcher Zweck mit dem Heraustrennen der Regelung aus Abs.  2 und dem Nachstellen nach Abs.  3 S.  2 verfolgt wurde, legt man hingegen die Norm anhand ihres Wortlauts, der Systematik183 und der historischen Abläufe184 aus, spricht einiges dafür, anzunehmen, es sei dem Staat überlassen, zu bestimmen, wann seine essentiellen Sicherheitsinteressen gefährdet seien. Gegen eine solche Auslegung spricht aber offensichtlich die sich hieraus ergebende Missbrauchsmöglichkeit. Denn wenn es dem Staat obliegt festzulegen, welche Informationen er als sicherheitsrelevant erachtet, und diese Einschätzung gerichtlicher Kontrolle entzogen ist, dann könnte all das „sicherheitsrelevant“ sein, was der Staat nicht veröffentlicht sehen möchte. Dies wäre etwa im Hinblick auf Staaten mit einem ungenügenden Demokratie- und Rechtsstaatsverständnis problematisch. Einen Ausweg weist die allgemeine, den übrigen Transparenzregeln vorgestellte Regelung des Art.  1 Abs.  6 UNCITRAL TR. Diese räumt dem Schiedsgericht die generelle Möglichkeit ein, die Ziele der UNCITRAL TR durchzusetzen, sollten diese von den Parteien unterminiert werden. Ziel der UNCITRAL TR sind transparente Investitionsschiedsverfahren. Würde aber ein Staat willkürlich Informationen als für seine Sicherheitsinteressen essentiell kennzeichnen, wäre dieses Ziel gefährdet. Daher könnte das Schiedsgericht unter Berufung auf diese Norm die Informationen gleichwohl veröffentlichen.185 Den richtigen Grad zwischen dem sich aus Art.  7 Abs.  5 in Verbindung mit Art.  7 Abs.  3 S.  2 UNCITRAL TR abzeichnenden Selbstbestimmungsrecht des Staates und dem Verhindern eines Missbrauchs im Wege des Art.  1 Abs.  6 UNCITRAL TR zu finden, wird die anspruchsvolle Aufgabe des Schiedsgerichts sein. Dabei wird es dem Staat einen im Verhältnis zu Art.  7 Abs.  2 lit.  d) UNCITRAL TR erweiterten Beurteilungsspielraum einräumen müssen, so dass der Begriff des essentiellen Sicherheitsinteresses lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfbarkeit unterliegt. 182 

UNCITRAL, Settlement of commercial disputes: draft UNCITRAL rules on transparency in treaty-based investor-State arbitration, A.CN.9/783, Rn 23. 183  Art.  7 Abs.  5 UNCITRAL TR folgt Art.  7 Abs.  3 S.  2 UNCITRAL TR gerade nach. Auch verdeutlicht die explizite Normierung von Art.  7 Abs.  3 S.  2 UNCITRAL TR, dass die eigene Entscheidung des Schiedsgerichts gerade nicht selbstverständlich ist. 184  Heraustrennen der Regelung aus Art.  7 Abs.  2 UNCITRAL TR und anschließendes Einordnen nach Art 7 Abs.  3 UNCITRAL TR. 185  Johnson/Bernasconi-Osterwalder, New UNCITRAL Arbitration Rules on Transparency, S.  22 scheinen darauf hinzuweisen, auch wenn sie sich auf Art.  1 Abs.  8 UNCITRAL TR beziehen, aber, wie sich aus ihrer Kommentierung zu Art.  1 Abs.  6 UNCITRAL TR ergibt, wohl diesen meinen.

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In Art.  7 Abs.  3 lit.  a)–lit.  c) UNCITRAL TR finden sich Regelungen betreffend das Verfahren, die das Schiedsgericht, wenn es dies für angemessen erachtet, zu beachten hat, um Informationen nach Abs.  2 zu schützen.186 Art.  7 Abs.  6 UNCITRAL TR schränkt die Veröffentlichung von Informationen in Fällen ein, in denen dies die Integrität des Schiedsverfahrens beeinträchtigen würde. Abs.  7 definiert näher, wann von einer solchen Einschränkung gesprochen werden kann. Angeführt wird die Beeinträchtigung der Beweisaufnahme, die Einschüchterung von Zeugen, Anwälten oder Schiedsrichtern oder vergleichbare außergewöhnliche Umstände. Dabei steht es im Ermessen des Schiedsgerichts, ob es in solchen Fällen die Veröffentlichung von Informationen einschränken oder verzögern will. Aus Art.  1 Abs.  4 UNCITRAL TR ergibt sich, dass das Schiedsgericht bei Ermessensentscheidungen, also auch solchen nach Art.  7 Abs.  7 UNCITRAL TR, sowohl das öffentliche Interesse auf der einen Seite als auch das Interesse der Parteien an einem fairen und effizienten Verfahren auf der anderen Seite zu berücksichtigen hat.187 Wenngleich der Wortlaut von Art.  7 Abs.  6 UNCITRAL TR recht weit ist, verdeutlicht die Aufzählung in Art.  7 Abs.  7 UNCITRAL TR und der dortigen Verweise auf außergewöhnliche Umstände den relativ engen Anwendungsbereich dieses Absatzes.188 Insgesamt kommt Art.  7 UNCITRAL TR eine zentrale Bedeutung innerhalb der UNCITRAL TR zu. Die bereits in Art.  1 Abs.  4 UNCITRAL TR zum Ausdruck kommende Notwendigkeit der Abwägung zwischen dem Interesse der Öffentlichkeit an Informationen, aber auch dem Interesse der Parteien an einer effektiven und funktionierenden Streitbeilegung, wird hier näher ausgeführt. Das vorliegende Ergebnis ist ein Kompromiss, der beiden Seiten ausreichend Rechnung trägt. Fragwürdig erscheint allein die doch sehr weitgehende Rege186 

Abs.  3 S.  1 lit.  a) gibt dem Schiedsgericht die Kompetenz festzulegen, bis wann eine Partei oder ein sich nach Art.  4 bzw. 5 UNCITRAL TR beteiligender Dritter Zeit hat, geltend zu machen, eine Information unterfalle Abs.  2. Nach Abs.  3 S.  1 lit.  b) kann das Schiedsgericht festlegen, wie die betreffenden Informationen geschützt werden sollen. Schließlich kann das Schiedsgericht nach Abs.  3 S.  1 lit.  c) das Verfahren für das Abhalten einer nicht öffentlichen mündlichen Verhandlung nach Art.  6 Abs.  2 UNCITRAL TR festlegen. 187  Art.  1 Abs.  4 UNCITRAL TR definiert daher den Abwägungsmaßstab in Fällen, in denen dem Schiedsgericht Ermessen eingeräumt wird, so auch UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-fifth session, A/CN.9/736, Rn.  13; Johnson/Bernasconi-Osterwalder, New UNCITRAL Arbitration Rules on Transparency, S.  12. Nicht überzeugen kann die Ansicht von Coates, Int. A.L.R. 2014, 113, 116, der ausführt, Art.  1 Abs.  4 UNCITRAL TR gebe dem Schiedsgericht generell die Möglichkeit, die Veröffentlichung von Informationen abzulehnen, wenn es dies für notwendig erachte und Art.  7 UNCITRAL TR stelle eine weitere zusätzliche Möglichkeit dar. Dies ist gerade nicht der Zweck von Art.  1 Abs.  4 UNCITRAL TR und lässt sich auch nicht mit dem Wortlaut vereinbarn. 188  So auch Schley, Anhang zu HRN 2014, 148, 3; Johnson/Bernasconi-Osterwalder, New UNCITRAL Arbitration Rules on Transparency, S.  23.

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lung des Art.  7 Abs.  5 UNCITRAL TR. Es bleibt abzuwarten, wie die Schiedsgerichte Art.  7 UNCITRAL TR in der Praxis handhaben werden. c)  Transparenz durch amici Die UNCITRAL TR gewähren neben der eben erörterten Möglichkeit der mündlichen Verhandlung beizuwohnen und den Ausnahmen hierzu auch die Möglichkeit, sich mittels amicus-Stellungnahmen – innerhalb der Grenzen des Art.  7 UNCITRAL TR – am Verfahren zu beteiligen.189 Ein transparentes Verfahren zeichnet sich nicht allein durch eine Zugangsmöglichkeit der Öffentlichkeit zum Verfahren aus. Ein weiterer entscheidender Aspekt ist, auch Dritten eine Beteiligung hieran zu ermöglichen.190 Amici bieten hier eine sinnvolle Option, Dritten eine Beteiligung am Verfahren zu ermöglichen, ohne eine eventuell zu weite Beteiligung, im Sinne etwa einer Intervention, zu gestatten. Mittels amicus-Stellungnahmen kann daher dazu beigetragen werden, die unter III. angesprochenen Legitimitätsprobleme zu begrenzen.191 Die im Rahmen des Welthandelsrechts gemachten Überlegungen zu einer eventuellen mangelhaften Repräsentation durch Nichtregierungsorganisationen sowie einer möglichen defizitären demokratischen Struktur innerhalb dieser192 gelten allerdings auch für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit. Dennoch stellt die durch die Drittbeteiligung von amici gewonnene Transparenz grundsätzlich einen Vorteil dar. 2.  Transparenz in sonstigen Fällen Hinsichtlich der Verfahren, in denen die UNCITRAL TR (noch) nicht gelten, bestimmt Art.  28 Abs.  3 S.  1 UNCITRAL AR, dass die Verfahren nicht öffentlich sein sollen, es sei denn die Parteien entscheiden sich für ein öffentliches 189 

Dazu bereits oben §  6 B. II. 2. a). Speziell zu den UNCITRAL TR etwa UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-third session, A/CN.9/712, Rn.  46 ff. Allgemein zu diesem Aspekt Maxwell, 3 A.I.A.J. 176, 177 (2007); Mourre, 5 L.P.I.C.T. 257, 270 (2006); Triantafilou, 24 Arb. Int’l 571, 585 (2008); Horn, 24 Arb. Int’l 587, 600 (2008); Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona SA, and InterAguas Servicios Integrales del Agua SA v. Argentina, ICSID Case No. ARB/03/17, Order In Response to a Petition for Participation as Amicus Curiae, 17.03.2006, Rn.  21; Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona S.A., and Vivendi Universal S.A. v. The Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/03/19, Order in Response to a Petition for Transparency and Participation as Amicus Curiae, 19.05.2005, Rn.  22. Dazu auch bereits oben §  5 C. IV. 191  Tams/Zoellner, 45 AVR 217, 238 (2007); Tienhaara, 16 R.E.C.I.E.L. 230, 239 (2007) spricht davon: „One of the most salient claims of those that support third party participation is that it may help to allay public disquiet about ‚secret trade courts‘, and contribute to a higher level of accountability in the arbitration process.“ 192  Dazu oben §  5 C. IV. 190 

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

Verfahren. In dem Verfahren Glamis Gold entschieden sich die Parteien beispielsweise dafür, die Öffentlichkeit mittels einer Videoübertragung am Verfahren teilnehmen zu lassen.193 Die ICSID AR sehen ein öffentliches Verfahren ebenfalls nur bei einem Einverstädnis der Parteien vor.194 Eine öffentliche Beteiligung am Verfahren ist daher sowohl unter den UNCITRAL AR als auch den ICSID AR vom Willen der beteiligten Parteien abhängig. Die bisherige Praxis zeigt, dass Transparenz und Investitionsschiedsgerichtsbarkeit nur schwerlich miteinander zu vereinbaren sind. Die ausführliche Entscheidung bezüglich der Veröffentlichung von Dokumenten in der Sache Biwater Gauff verdeutlicht vielmehr, dass die meisten Informationen über das Verfahren sowie das Verfahren selbst nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen.195 Es ist fraglich, ob eine solche Vorgehensweise zur Aufrechterhaltung der prozessualen Integrität nötig ist.196 Vor dem Hintergrund der Brisanz einiger Investitionsstreitigkeiten ist jedoch zuzugeben, dass eine rasche Veröffentlichung von Dokumenten zu einer erhöhten medialen Darstellung führen kann und damit den geordneten Verfahrensablauf beeinträchtigen könnte. Nunmehr verdeutlichen jedoch die UNCITRAL TR eine generelles Umdenken in dieser Hinsicht. Für Fälle in denen diese nicht gelten, ist zudem auf das folgende Zitat hinzuweisen: „[…] confidentiality is not relevant. If we are dealing with the public interest, the process must be transparent not in only in regard to the subject-matter but also because of the political interests involved and to deal with the attacks against investment arbitration.“197 Amici können jedenfalls zu einer Erhöhung der demokratischen Legitimität des Verfahrens und damit auch zu einer gesteigerten Transparenz beitragen, worauf sie selbst hinweisen.198 Diesbezüglich gelten die oben gemachten Erwägungen.199

V.  Zusätzlicher Nutzen und Kritik Nachdem die Vorteile einer Beteiligung von amici in Fragen der Transparenz in den vorstehenden Ausführungen erörtert worden sind, gilt es nunmehr den FoGlamis Gold Ltd. v. United States, Procedural Order No. 1 vom 03.03.2005, I. 5. d), S.  3. R. 32 Abs.  2 ICSID AR. 195  Biwater Gauff v. Tanzania, Procedural Order No. 3, 29.09.2006, Rn.  138 ff. 196  So aber Knahr/Reinisch, 6 L.P.I.C.T. 97, 116 (2007). 197  Wälde, 5 JWIT 337 (2004). 198  Petition of Communities for a Better Environment, The Bluewater Network of Earth Island Institute and the Center for International Environmental Law to appear as amicus curiae, 13.10.2000, in: Methanex v. United States. 199  Oben §  6 C. IV. 2. 193 

194 

§  6  Internationale Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

199

kus auf einige andere mögliche Funktionen von amici zu richten. Dabei ist zunächst die Rolle der Europäischen Kommission als amicus in investitionsrechtlichen Schiedsverfahren von Interesse. 1.  Wahrung von Interessen staatlicher Akteure Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang anfangs der Fall AES Summit Generation Ltd 200. In diesem Verfahren verklagten zwei Firmen Ungarn und behaupteten, Ungarn habe Verpflichtungen aus dem Energy Charter Treaty201 verletzt. Diese Verletzung rühre daher, dass Ungarn an die beiden Firmen einen niedrigeren als den vereinbarten Energiepreis gezahlt habe. Die Verringerung des Energiepreises sei konträr zu Power Purchase Agreements, die Ungarn mit den Firmen abgeschlossen habe und damit auch zum Energy Charter Treaty.202 Die Europäische Kommission beantragte gemäß Art.  37 Abs.  2 ICSID AR, als amicus zugelassen zu werden. Dieser Antrag war vor dem Hintergrund von Untersuchungen der Kommission zu sehen,203 welche die Power Purchase Agreements, die Ungarn abgeschlossen hatte, als unzulässige Beihilfe im Sinne des Art.  107 AEUV qualifizierten.204 Die Kommission forderte Ungarn daraufhin auf, die Power Purchase Agreements zu kündigen. Würde das ICSID-Schiedsgericht nun die Preissenkungen Ungarns als Verstoß gegen den Energy Charter Treaty werten, so wäre ein Ausstieg aus den Power Purchase Agreements nur schwer zu erreichen. Die Kommission verfolgte mit ihrer amicus-Stellungnahme daher ihre eigenen ordnungspolitischen Interessen. Mittels des amicus briefs wurde es der Kommission ermöglicht, dem Schiedsgericht die europarechtlichen Auswirkungen der Entscheidung zu verdeutlichen. Insbesondere konnte die Kommission verdeutlichen, dass die von Ungarn abgeschlossenen Power Purchase Agreements nicht mit europäischem Wettbewerbsrecht vereinbar und daher nur unzureichende Grundlage für eine Klage sind. Ziel der Kommission war es höchstwahrscheinlich, dem Schiedsgericht die Zuständig200  AES Summit Generation Ltd. and AES-Tisza Erömü Kft. v. Republic of Hungary, ICSID Case No. ARB/07/22. 201  Zu diesem bereits oben §  6 A. I. 202  Zum Sachverhalt siehe AES Summit Generation Ltd. and AES-Tisza Erömü Kft. v. Republic of Hungary, ICSID Case No. ARB/07/22, Award, 23.09.2010, Rn.  4.1 ff, 5.1 ff. sowie Kulick, SchiedsVZ 2013, 81, 82; Bastin, 1 CJICL 208, 217 (2012); Sackmann, Transparenz in völkerrechtlichen Investitionsschiedsverfahren, S.  156 f.; Ruthemeyer, Der amicus curiae brief im Internationalen Investitionsrecht, S.  37 f. 203  Diesen Zusammenhang stellt auch Peterson, IA Reporter, vom 17.09.2008 her; dazu auch: Levine, 29 Berkeley J. Int’l L. 200, 213 f. (2011). 204  Siehe dazu die Pressemitteilung der Kommission IP/08/850, 04.06.2008; sowie die Entscheidung der Kommission vom 04.06.2008, ABl. 2009, L 225/53 ff.

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

keit abzusprechen, da die Streitigkeit europäisches Recht zum Gegenstand hat.205 Einige Aufmerksamkeit erlangte auch das Verfahren Electrabel v. Hungary.206 Dieses wies einen vergleichbaren Sachverhalt wie AES Summit Generation Ltd auf; Gegenstand waren erneut Verpflichtungen Ungarns aus einem Power Purchase Agreement, gegen die Ungarn, nach Meinung des Investors, verstoßen haben soll.207 Im Gegensatz zu der Entscheidung in AES Summit hat sich das Schiedsgericht hier sehr intensiv und ausführlich mit der amicus-Stellungnahme der Kommission auseinandergesetzt. In wesentlichen Fragen der Entscheidung, wie denen des anwendbaren Rechts und der Zuständigkeit, werden die Ansichten der Kommission berücksichtigt.208 Auch in der nachfolgenden Analyse und Entscheidung durch das Schiedsgericht setzt sich dieses mit der Meinung der Kommission auseinander.209 Das starke Gewicht, welches hier den Ausführungen der Kommission beigemessen wird, ist besonders hervorzuheben.210 Gründe hierfür können zum einen den Besonderheiten des Falles geschuldet sein, der eine enge Verknüpfung zum Recht der Europäischen Union aufweist. Weiterhin ist es sicherlich auch die Sachkunde der Europäischen Kommission, die eine Bezugnahme auf ihre Stellungnahme dienlich erscheinen lässt. Schließlich ist auch zu bedenken, dass die Akzeptanz von ICSID-Schiedsgerichten durch andere staatliche Stellen eines transnationalen Staatenverbundes, wie der Europäischen Union, die von der Entscheidung betroffen sein können, gesteigert wird. Zudem wird die Nützlichkeit eines möglichen Einbringens von Drittinteressen in Verfahren mit pluralistischen Interessenabbildern erneut verdeutlicht. Die Durchsetzung des ordnungspolitischen Interesses der Kommission mittels amicus briefs im Rahmen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist bemerkenswert. Die Kommission nimmt dabei eine ähnliche Rolle wie im Bereich des europäischen Kartellrechts ein. 205  Auf diesen Aspekt hinweisend Triantafilou, A More Expansive Role For Amici Curiae In Investment Arbitration?, Kluwer Arb. Blog. 206  Electrabel S.A. v. The Republic of Hungary, ICSID Case No. ARB/07/19. 207  Dazu Electrabel S.A. v. The Republic of Hungary, ICSID Case No. ARB/07/19, Decision on Jurisdiction, Applicable Law and Liability, 30.11.2012, Rn.  2.1 ff. sowie Kulick, SchiedsVZ 2013, 81, 82; Bastin, 1 CJICL 208, 217 (2012); Ruthemeyer, Der amicus curiae brief im Internationalen Investitionsrecht, S.  189 ff. 208  Electrabel S.A. v. The Republic of Hungary, ICSID Case No. ARB/07/19, Decision on Jurisdiction, Applicable Law and Liability, 30.11.2012, Rn.  4.89 ff.; 5.8 ff. 209  Etwa bei Electrabel S.A. v. The Republic of Hungary, ICSID Case No. ARB/07/19, Decision on Jurisdiction, Applicable Law and Liability, 30.11.2012, Rn.  5.32 ff. 210  Dies betonend etwa auch Kulick, SchiedsVZ 2013, 81, 82; Ruthemeyer, Der amicus curiae brief im Internationalen Investitionsrecht, S.  229 f.

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In dem Verfahren Micula v. Romania,211 beteiligte sich die Europäische Kommission ebenfalls. Gegenstand war die Aufhebung einer Reihe von Steuerund Zollsubventionen durch den rumänischen Staat.212 Davon betroffen war ein schwedisches Lebensmittelunternehmen, welches in Rumänien investiert hatte und welches die Subventionskürzungen als Verletzung des BITs zwischen Schweden und Rumänien sah. Rumänien seinerseits verwies auf die Notwendigkeit der Kürzungen, wegen der Geltung europäischen Rechts. Die Kommission nahm zu diesem Aspekt Stellung. Dieses Verfahren verdeutlicht erneut, die Schnittstelle zwischen europäischem Recht und Investitionsschiedsverfahren. In diesen Fällen ist es für die Kommission eine unkomplizierte und effektive Möglichkeit die näheren rechtlichen Verflechtungen der Streitigkeit mit europäischem Recht dem Schiedsgericht aufzuzeigen. 213 Iona Micula, Viorel Micula and others v. Romania, ICSID Case No. ARB/05/20. Zum Sachverhalt siehe Sackmann, Transparenz in völkerrechtlichen Investitionsschiedsverfahren, S.  157. 213  Eine solche Verflechtung zeigte sich auch in dem Fall Eureko B.V. and The Slovak Republic, PCA Case Nr.  2008-13. Dort wurde Slowenien von einem niederländischen Unternehmen verklagt, welches nach einer Liberalisierung des slowenischen Krankenversicher­ ungsmarktes in diesen investiert hatte und nach einer teilweise erfolgten Rückgängigmachung eben jener Liberalisierung Schadensersatzansprüche geltend machte, zum Sachverhalt Eureko B.V. and The Slovak Republic, PCA Case Nr.  2008-13, Award on Jurisdiction, Arbitrability and Suspension, 26.10.2010, Rn.  6 ff.; sowie BGH, 19.09.2013, III ZB 37/12, SchiedsVZ 2013, 333 und in Ansätzen Bastin, 1 CJICL 208, 222 (2012). Das Schiedsgericht mit rechtlichem Sitz in Frankfurt am Main rief auf Bitten der Beklagten hin die Kommission und die niederländische Regierung an, um zu klären, inwiefern der dem Schiedsverfahren zugrundeliegende Investitionsvertrag gegen europäisches Recht verstoße. Problematisch war insbesondere Art.  344 AEUV mit der Folge einer Unzuständigkeit des Schiedsgerichts und das Verhältnis von zwischen Mitgliedstaaten geschlossenen BITs, näher, Eureko B.V. and The Slovak Republic, PCA Case Nr.  2008-13, Award on Jurisdiction, Arbitrability and Suspension, 26.10.2010, Rn.  176 ff. Die Kommission äußerte sich zweifelnd zu einer Vereinbarkeit mit Europäischem Recht, dazu Award, a. a. O. und OLG Frankfurt, 10.05.2012, 26 SchH 11/10, SchiedsVZ 2013, 119, 123. Gleichwohl nahm das Schiedsgericht seine Kompetenz an, Award, a. a. O., Rn.  293. Das OLG Frankfurt, a. a. O., bestätigt die Entscheidung des Schiedsgerichts auf Antrag nach §  1040 Abs.  3 S.  2 ZPO, wobei sich seine Zuständigkeit aus §  1062 Abs.  1 Nr.  2 ZPO ergab. Der Bundesgerichtshof, der im Wege der Rechtsbeschwerde nach §§  1065 Abs.  1 S.  1, 574 Abs.  1 S.  1 Nr.  1 ZPO zuständig war, erließ einen Hinweisbeschluss, wonach eine Beschwerde gegen die Zuständigkeitsentscheidung mittlerweile wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig sei, da am 07.12.2012 der Schiedsspruch in der Hauptsache ergangen war, BGH a. a. O. Ausweislich dieses Schiedsspruchs musste Slowenien ca. 22 Millionen Euro Schadensersatz zahlen, dazu BGH, a. a. O. Diese Auffassung bestätigte der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 30.04.2014, III ZB 37/12, SchiedsVZ 2014, 200. Das OLG Frankfurt, 18.12.2014, 26 SchH 3/13, bestätigte im Verfahren nach §  1059 ZPO seine alte Entscheidung im Hinblick auf die Zuständigkeit und führte auch aus, dass es die Zuständigkeitsfragen erneut zu entscheiden habe, da die Entscheidung des Bundesgerichtshofs keine Rechtskraftwirkung entfalte. Gegen diese Entscheidung legte Sloweni211 

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2.  Kritik Bei all den potentiellen Vorteilen, die eine Einbindung von amici im Investitionsschutzrecht haben kann, ist auch auf die diesbezüglich kritischen Stimmen einzugehen. So wird herausgestellt, amici könnten dazu führen, die Herrschaft der Parteien über das Verfahren zu durchbrechen.214 Festzuhalten ist, dass zu einem gewissen Grad die Parteihoheit beeinträchtigt wird. Im zweiten Teil der Arbeit werden jedoch die Grenzen insbesondere hinsichtlich der Verwertung von amicus-Stellungnahmen aufgezeigt.215 Das Berühren weitläufiger öffentlicher Interessen durch Investitionsstreitigkeiten 216 rechtfertigt zudem die Möglichkeit des Schiedsgerichts sich in seiner rechtlichen Bewertung neben den Schriftsätzen der Parteien auf weitere Quellen stützen zu können. Gegen eine Partizipation von amici wird ferner angeführt, die Kosten des Verfahrens würden in die Höhe getrieben.217 Amicus briefs sind sicherlich mit einer gewissen Kostensteigerung verbunden.218 Dabei kann einer solchen beispielsweise durch Seitenzahllimitierungen begegnet werden. Abzuwägen ist zwischen den potentiell höheren Kosten und dem durch amici zu erwartenden Nutzen. Da die Zulassung von amici im Ermessen des erkennenden Schiedsgerichts steht,219 kann dieses die Abwägung sachgerecht für den jeweiligen Einzelfall vornehmen.220 Weiterhin wird vorgebracht, amici könnten zu einer unnötigen Politisierung der Streitigkeit führen.221 Investitionsstreitigkeiten betreffen wie gezeigt Bereiche, in denen bereits ein starkes öffentliches Interesse besteht. Sie sind daher oftmals von sich aus politisch. Amici dienen lediglich dazu, das politische Interesse an diesen Streitigkeiten in geordnete Bahnen zu lenken und ihm ein Ventil zu verschaffen. Auch die Aussage, Schiedsgerichte könnten sich politisch unter en Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof ein. Der Bundesgerichtshof legte u. a. die Frage einer Anwendbarkeit und Einschlägigkeit von Art.  344 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union vor, BGH, 03.03.2016, I ZB 2/15, EuZW 2016, 512, führte jedoch an, dass er Art.  344 AEUV hier als nicht verletzt bzw. einschlägig ansah. Das Verfahren ist ausweislich des bei juris verzeichneten Verfahrensgangs, Stand Oktober 2016, unter dem Aktenzeichen C-284/16 beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängig. 214  Ishikawa, 59 ICLQ 373, 391 ff. (2010); Triantafilou, 24 Arb. Int’l 571, 573 (2008). 215  Dazu unten §  11. 216  Oben §  6 C. I., III. IV. 217  Ishikawa, 59 ICLQ 373, 398 f. (2010); Delaney/Magraw, in: Muchlinski/Ortino/ Schreuer, International Investment Law, S.  781; Tienhaara, 16 R.E.C.I.E.L. 230, 240 (2007); Levine, 29 Berkeley J. Int’l L. 200, 219 (2011). 218  Siehe unten §  14 B. 219  Zu der Ermessensausübung ausführlich unten §  10 B. IV. 220  So auch Ishikawa, 59 ICLQ 373, 398 (2010). 221  Ishikawa, 59 ICLQ 373, 399 ff. (2010); Triantafilou, 24 Arb. Int’l 571, 576 ff. (2008); Tienhaara, 16 R.E.C.I.E.L. 230, 240 (2007); Levine, 29 Berkeley J. Int’l L. 200, 220 (2011).

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Druck gesetzt fühlen, wenn sie amici zulassen,222 vermag so nicht zu überzeugen. Vielmehr wird eine bestimmte öffentliche Meinung dem Schiedsgericht auch bekannt sein, wenn amici diese nicht artikulieren. Zudem sind amicus briefs von ihrer inhaltlichen Ausrichtung auch keine bloßen politischen Streitschriften, sondern enthalten zumeist eine rechtlich fundierte Argumentation oder aber konzentrieren sich auf die Darlegung tatsächlicher Umstände. Etwaige Ausnahmen, wie etwa die für das U.S.-amerikanische Recht beschriebene Stellungnahme der Westboro Baptist Church,223 sind bisher in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit – soweit ersichtlich – nicht bekannt geworden. Vor dem Hintergrund einer relativ strengen Zulassungspraxis224 sind diese auch nicht zu erwarten. Schließlich wird teilweise der Vorwurf erhoben, amici könnten das prozessuale Gleichgewicht zwischen den Parteien beeinträchtigen.225 Allerdings beteiligen sich amici oftmals sowohl auf Beklagtenseite als auch auf Klägerseite. Auch haben die Parteien die Möglichkeit, auf die amicus-Stellungnahmen zu reagieren.226 Zudem kann das Gericht Stellungnahmen, die ihm als zu unausgewogen und parteiisch erscheinen, nicht zulassen.

VI. Zwischenfazit Investitionsstreitigkeiten berühren das öffentliche Interesse in besonderem Maße. Es ist daher folgerichtig, dass sich amici an ihnen beteiligen. Hinzu kommen die immensen wirtschaftlichen Auswirkungen solcher Streitigkeiten, welche ein zusätzliches Potential für amici bieten. Auch kann der Problematik einer fehlenden Transparenz solcher Verfahren wirksam durch amici begegnet werden. Dies verdeutlicht nunmehr auch die Normierung des amicus im Rahmen der UNCITRAL TR. Der amicus ist eine sinnvolle und ausgewogene Ergänzung im Rahmen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit. In Bezug auf die vorgebrachte Kritik ist die Frage der eingeschränkten Parteiautonomie unbedingt zu berücksichtigen. Dabei kommt den Schiedsgerichten die Aufgabe zu, mit ermessensfehlerfreien Entscheidungen dafür zu sorgen, dass ein Ausgleich zwischen Drittbeteiligung und Herrschaft der Parteien getroffen wird. Zudem können durch ausgewogene prozessuale Regelungen die Interessen aller Beteiligten angemessen berücksichtigt werden.227 222  Kawharu, in: Waibel/Kaushal/Chung/Balchin, The Backlash against Investment Arbitration, S.  294. 223  Dazu oben §  2 B. III. 224  Dazu ausführlich §  10 B. IV. 225  Tienhaara, 16 R.E.C.I.E.L. 230, 240 (2007); dazu auch unten §  10 B. 226  Dazu unten §  9 A. I. 5. 227  Siehe dazu unten den zweiten Teil der Arbeit.

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

D.  Prozessualer Status und Abgrenzung Nachdem die Funktionen von amici und auch die mögliche Kritik an diesem Instrument erörtert wurden, gilt es nunmehr zunächst herauszuarbeiten, welchen prozessualen Status amici innehaben.

I.  Prozessualer Status Festzuhalten ist zunächst, dass der amicus nicht Partei des Verfahrens wird.228 Verfehlt wäre es ebenso, den amicus als einen formal am Prozess beteiligten Dritten zu qualifizieren. Hiergegen spricht zunächst, dass eine formale Beteiligung weiterer Dritter am Prozess in der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit generell unüblich ist.229 Die ICSID und UNCITRAL AR sehen eine Beteiligung von Dritten als Intervenient nicht vor.230 Im Anwendungsbereich des NAFTA steht eine formale Beteiligung als Dritten nur Mitgliedern offen.231 Fraglich ist, ob amicus-Stellungnahmen nicht als Sachverständige, expert witnesses, qualifiziert werden können. Sowohl ICSID als auch UNCITRAL AR treffen Regelungen zum Sachverständigen.232 Im Unterschied zu den meisten Stellungnahmen von amici werden Sachverständige von den Parteien oder vom Schiedsgericht ernannt.233 Dennoch ist denkbar, dass amici vom Schiedsgericht 228  In United Parcel Serivce v. Canada, Decision of the Tribunal on Petitions for Intervention and Participation as Amici Curiae, 17.10.2001, Rn.  35 ff., beschäftigte sich das Schiedsgericht mit dem Antrag eines amicus, dem Verfahren als Partei beizutreten. Das Schiedsgericht differenzierte deutlich zwischen dem Status als Partei und dem als amicus. Für die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von Rule 37 Abs.  2 ICSID Arbitration Rules, „Submissions of Non-disputing Parties“, dass mit einer amicus-Beteiligung nicht eine Beteiligung als Partei gemeint ist. Dies wird auch von den Schiedsgerichten immer wieder betont, siehe Sociedad General de Aguas de Barcelona S.A., and Vivendi Universal S.A. v. The Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/03/19, Order in Response to a Petition for Transparency and Participation as Amicus Curiae, 19.05.2005, Rn.  13; Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona SA, and InterAguas Servicios Integrales del Agua SA v. Argentina, ICSID Case No. ARB/03/17, Order In Response to a Petition for Participation as Amicus Curiae, 17.03.2006, Rn.  13. 229  Münch, in: Krüger/Rauscher, MünchKomm ZPO, Bd. 3, §  1029 Rn.  55 ff. 230  Im Zuge der Änderungen der UNCITRAL AR im Jahre 2010 wurde dies jedoch diskutiert, siehe Regelungsvorschlag zu Art.  15.8 in Paulsson/Petrochilos, Revision of the UNCITRAL Arbitration Rules, S.  73 ff. 231  Art.  1128 NAFTA. 232  Rule 34, 35, 36 ICSID AR; Art.  27, 29 UNCITRAL AR. 233  Schreuer/Malintoppi/Reinisch/Sinclair, The ICSID Convention, Art.  43 Rn.  97; Art.  27, 29 UNCITRAL AR.

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ernannt werden. Ähnlich wie im Bereich des Welthandelsrechts spricht aber die Natur von amici gegen eine Einordnung als Sachverständige. Ein Sachverständiger muss per se fachlich qualifiziert und unabhängig sein. Diese Anforderungen treffen auf amici gerade nicht zu. Vielmehr verfolgen sie oftmals ein eigenes Interesse an der betreffenden Streitigkeit. Auch werden amici im Gegensatz zum Sachverständigen nicht bezahlt und stehen in keinem vertraglichen Verhältnis zur Partei.234 Amici sind daher nicht mit Sachverständigen gleichzusetzen. Der amicus ist wie auch in den übrigen behandelten Rechtsgebieten daher vielmehr als Instrument sui generis zu qualifizieren.

II. Abgrenzung Die Frage der Abgrenzung des amicus gegenüber anderen Instrumenten der Drittbeteiligung weist im Investitionsschutzrecht die Besonderheit einer dort grundsätzlich fehlenden Drittbeteiligung auf.235 Dennoch lassen sich einige Fälle finden, in denen sich Dritte am Verfahren beteiligt haben und die Bezeichnung amicus nicht verwendet wurde.236 In dem Fall SGS 237 reichte die Schweiz als nicht beteiligte Partei dem Schiedsgericht ein Schreiben ein. Ähnlich 238 verhielten sich die Vereinigten Staaten in dem Fall Siemens239. In der Literatur wird der Schluss gezogen, beide Schreiben seien nicht als amicus-Stellungnahmen zu qualifizieren, da die Staaten sich nicht formal als amicus beteiligt hätten. Dies vermag so nicht zu überzeugen. Die fraglichen Stellungnahmen können unabhängig von ihrer Bezeichnung amicus briefs sein. Dafür spricht, dass beide Stellungnahmen aus eigener Initiative ergingen, sie rechtliche Ausführungen enthielten und sowohl die Schweiz als auch die Vereinigten Staaten sonst nicht am Verfahren beteiligt waren. Eine echte Abgrenzung ergibt sich im Rahmen des NAFTA und der UNCITRAL TR. Art.  1128 NAFTA ermöglicht es den übrigen Vertragsparteien, Stellungnahmen im Verfahren abzugeben. Mitglieder, die Stellungnahmen gemäß Art.  1128 NAFTA abgeben, genießen jedoch ein Recht, angehört zu werden.240 Mistelis, 21 Arb. Int’l 211, 231 (2005). Münch, in: Krüger/Rauscher, MünchKomm ZPO, Bd. 3, §  1029 Rn.  56 führt als wesentlichen Grund an, dass sich Dritte noch qua Vereinbarung der Jurisdiktion des Schiedsgerichts unterwerfen müssen. 236  Dazu Alexandrov/Carlson, in: Fernandez-Ballesteros/Arias, Liber Amicorum Bernardo Cremades, S.  62 f. 237  SGS Societe Generale de Surveillance S.A. v. Islamic Republic of Pakistan, ICSID Case No. ARB/01/13. 238  Ein Unterschied ist jedoch darin zu sehen, dass SGS ein Konzern mit Sitz in Genf ist. 239  Siemens AG v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/02/8. 240  Oben §  6 B. II. 1. 234  235 

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

Ein solches kommt amici gerade nicht zu. Auch richtet sich Art.  1128 NAFTA nur an Mitglieder des NAFTA, während amicus-Stellungnahmen jedermann offenstehen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass Stellungnahmen gemäß Art.  1128 NAFTA inhaltlich auf die Auslegung des NAFTA begrenzt sind. Insofern besteht eine hinreichende Abgrenzbarkeit zu amicus-Stellungnahmen, wenngleich zuzugeben ist, dass auch Ähnlichkeiten bestehen. Im Rahmen der UNCITRAL TR trifft Art.  5 Abs.  1 UNCITRAL TR eine vergleichbare Regelung zu Art.  1128 NAFTA. Auf diese Norm wurde bei der Ausarbeitung der UNCITRAL TR durch die working group im Zusammenhang mit Art.  5 Abs.  1 UNCITRAL TR auch ausdrücklich Bezug genommen.241 Nach Art.  5 Abs.  1 UNCITRAL TR kann das Schiedsgericht es einer Partei des Investitionsvertrages – also einem Staat – auf dessen Bitte hin erlauben, eine Stellungnahme zur Auslegung des Investitionsvertrages abzugeben. Weiterhin kann das Schiedsgericht solche Stellungnahmen auch anfordern.242 Gegenstand einer Stellungnahme nach Art.  5 Abs.  1 UNCITRAL TR können etwa Informationen zu den travaux préparatoires sein.243 Art.  5 Abs.  2 UNCITRAL TR gibt dem Schiedsgericht die Möglichkeit, die Staaten auch zu Umständen stellungnehmen zu lassen, die sich nicht auf die Auslegung des Investitionsvertrages beziehen. In Übereinstimmung mit dem obigen Ergebnis zu Art.  1128 NAFTA lässt sich festhalten, dass Art.  5 Abs.  1 UNCITRAL TR keine Form der amicus-Beteiligung kodifiziert, sondern ein eingenständiges Instrument darstellt. Abgrenzungskriterien zu einer amicus-Beteiligung sind zum einen die inhaltliche Begrenzung auf die Auslegung des Investitionsvertrages und zum anderen die Gewährung eines faktischen Rechts auf Beteiligung. Denn nach Art.  5 Abs.  1 UNCITRAL TR soll das Schiedsgericht solche Stellungnahmen erlauben,244 während nach Art.  5 Abs.  2 UNCITRAL TR solche Stellungnahmen nur zugelassen werden können. Stellungnahmen nach Art.  5 Abs.  2 UNCITRAL TR hingegen können als amicus-Stellungnahmen qualifiziert werden. Einziger Unterschied zu Stellung241 

UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-fifth session, A/CN.9/736, Rn.  80. 242  Zu dem Umstand, dass die Möglichkeit eine Stellungnahme auch auf Bitte des Gerichts hin abzugeben, lediglich in Art.  5 UNCITRAL TR und nicht in Art.  4 UNCITRAL TR normiert ist, ausführlich unten §  12 E. 243  UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-fifth session, A/CN.9/736, Rn.  78. 244  Art.  5 Abs.  1 UNCITRAL TR lautet „The arbitral tribunal shall, subject to paragraph 4, allow […]“. Der angesprochene Abs.  4 regelt, dass das Verfahren durch die Stellungnahme nicht unnötig verzögert werden soll und dass die Stellungnahme eine der beiden Parteien nicht in ungerechtfertigter Weise bevorzugen soll.

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nahmen nach Art.  4 Abs.  1 UNCITRAL TR ist die Beteiligung von Staaten als amicus. Dies ist hingegen kein Ausschlusskriterium, wie etwa die Verfahren SGS und Siemens und auch der Vergleich mit anderen Rechtsordnungen zeigt.245

E.  Praktische Relevanz Bereits im Rahmen der vorstehenden Ausführungen wurden einige Fälle mit amicus-Beteiligung genannt. Im Folgenden sollen überblickartig sämtliche Fälle aus der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit, die eine Beteiligung von amici erfahren haben, genannt werden.246 Dabei ist zwischen Fällen unter der Ägide des NAFTA, des ICSID sowie ad hoc Schiedsgerichten unter Anwendung der UNCITRAL AR zu unterscheiden. Im Rahmen des NAFTA haben sich amici an acht Fällen beteiligt.247 Amici haben sich an 16 Fällen vor ICSID-Schieds­ gerichten beteiligt248 und in zwei Fällen unter Geltung der ICSID Additional 245 

Dazu oben §  2 B. I. 1. b), §  3, §  5 D. II. 1. Die Fälle wurden dabei verschiedenen Literaturquellen und der Webseite (abgerufen am 21.10.2016) entnommen. Etwaige nicht veröffentlichte Fälle wurden nicht berücksichtigt. 247  Methanex Corporation v. United States; United Parcel Service v. Canada; Glamis Gold Ltd. v. United States; Merrill & Ring Forestry L.P. v. Canada, dazu unten §  9 B. V. 3.; Grand River Enterprises et al. v. United States, dazu Letter of the Secretary of the Tribunal, 27.01.2009; Apotex Inc. v. United States, dazu Procedural Order No. 2, 11.10.2011; Apotex Holdings Inc. and Apotex Inc. v. United States, ICSID Case No. ARB(AF)/12/1, dazu Bastin, 30 Arb. Int’l 125, 129 (2014); Eli Lilly and Company v. The Government of Canada, UNCITRAL, ICSID Case No. UNCT/14/2, umfangreiche Verfahrensinformationen abrufbar unter (abgerufen am 26.10.2016), an dem Verfahren beteiligten sich insgesamt neun amici. 248  Aguas del Tunari, SA v. Republic of Bolivia, ICSID Case No. ARB/02/03; Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona SA, and Vivendi Universal SA v. Argentine, ICSID Case No.ARB/03/19; Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona SA, and InterAguas Servicios Integrales del Agua SA v. Argentina, ICSID Case No. ARB/03/17; Biwater Gauff Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22; Iona Micula, Viorel Micula and others v. Romania, ICSID Case No. ARB/05/20; S&T Oil Equipment & Machinery Ltd. v. Romania, ICSID Case No. ARB/07/13, dazu ICSID Anual Report 2010, S.  76; Electrabel S.A. v. The Republic of Hungary, ICSID Case No. ARB/07/19; AES Summit Generation Limited and AES-Tisza Eromu Kft. V. Republic of Hungary, ICSID Case No. ARB/07/22; Pac Rim Cayman LLC v. Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB/09/12, welchem auch die Regelungen des CAFTA zugrundeliegen, dazu Bastin, 30 Arb. Int’l 125, 131 (2014) ; Bernhard von Pezold and Others v. Republic of Zimbabwe and Border Timbers Limited, Broder Timbers International (Private) Limitied, and Hangani Development Co. (Private) Limited v. Republic of Zimbabwe, ICSID Case No. ARB/10/15, dazu näher unten §  10 B. IV. 3., 5.; Iberdrola Energía S.A. v. Republic of Guatemala, ICSID Case No. ARB/09/5; Infinito Gold Ltd. v. Costa Rica, ICSID Case No. ARB/14/5, Petition for Amicus Curiae Status, 15.09.2014; 246 

208

1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

Facility Rules.249 Zwei Verfahren mit amicus-Beteiligung unter Geltung der UNCITRAL AR wurden vor dem Permanent Court of Arbitration durchgeführt.250 Insgesamt lässt sich festhalten, dass sich amici zwar in der überwiegenden Zahl der Verfahren nicht beteiligen, eine Beteiligung aber dennoch kein absolutes Ausnahmephänomen mehr ist, und eine gesteigerte Beteiligung von amici daher zu verzeichnen ist.251

F.  Zusammenfassung Im Rahmen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit hat sich gezeigt, dass seit der Entscheidung Methanex im Jahre 2001 die Beteiligung von amici eine immer gängigere und akzeptiertere Praxis wurde.252 Mit dem Erlass des FTC-State­ ment, der Kodifikation von amici im Rahmen der ICSID AR und schließlich der Verabschiedung der UNCITRAL TR ist das Instrument des amicus fester Bestandteil der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit geworden.253 In den kommenden Jahren wird sich zeigen, inwiefern die UNCITRAL TR mittels der UN-CT auch auf die bestehenden Investitionsverträge Anwendung finden.254 Amici beteiligen sich an einer Vielzahl von möglichen Fällen. Als Schwerpunkte können etwa umweltrechtliche und wirtschaftliche Fallgestaltungen sowie Streitigkeiten im Zusammenhang mit Versorgungseinrichtungen ausgemacht werden.255 Die Art und Weise der Einflussnahme ähnelt der des U.S.-amerikanischen Rechts, denn es wird etwa auf die Folgen der Entscheidung hingewiesen und Spezialwissen eingebracht.256 Die grundlegende Problematik im Rahmen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit, nämlich ein möglicher Bear Creek Mining Corporation v. Republic of Peru, ICSID Case No. ARB/14/2; Philip Morris Brands Sàrl, Philip Morris Products S.A. and Abal Hermanos S.A. v. Oriental Republic of Uruguay, ICSID Case No. ARB/10/7. Auch berücksichtigt werden sollten die Fälle SGS und Siemens, dazu oben §  6 D. II. 249  Piero Foresti, Laura de Carli & Others v. The Republic of South Africa, ICSID Case No. ARB(AF)/07/01 sowie Apotex Holdings Inc. and Apotex Inc. v. United States of America, ICSID Case No. ARB(AF)/12/1, der neben einer Administration durch das ICSID und die Geltung der ICSID Addtional Facility Rules aber zugleich ein NAFTA Fall ist. 250  Chevron Corporation and Texaco Petroleum Corporation v. The Republic of Ecuador, PCA Case No. 2009-23; Eureko B.V. and The Slovak Republic, PCA Case Nr.  2008-13. 251  Dazu jüngst auch Bastin, 30 Arb. Int’l 125, 128 (2014); Ruthemeyer, Der amicus curiae brief im Internationalen Investitionsrecht, S.  227 spricht von einem Bedeutungsgewinn. 252  Oben §  6 B. I. 253  Oben §  6 B. II. 254  Oben §  6 B. II. 2. a). 255  Oben §  6 C. I. 256  Oben §  6 C. II.

§  6  Internationale Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

209

Souveränitätsverlust und ein etwaiges Demokratiedefizit kann mittels eines transparenten Verfahrens ein Stück weit eingegrenzt werden.257 Im Hinblick auf die Öffentlichkeit des Verfahrens setzen die UNCITRAL TR hier neue Maßstäbe. Gezeigt wurde aber auch, dass mit Art.  7 UNCITRAL TR ein umfangreicher Ausnahmetatbestand zu diesen Transparenzregeln besteht.258 Es bleibt abzuwarten, wie die Schiedsgerichte in der Praxis verfahren werden. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass mit der Beteiligung der Europäischen Kommission an investitionsrechtlichen Verfahren eine neue Art der Beteiligung stattfindet.259 Sicherlich gibt eine amicus-Beteiligung auch Anlass zu Kritik, die weitläufige Berührung öffentlicher Interessen durch Investitionsschiedsverfahren rechtfertigt aber eine Beteiligung von amici.260 Die neuen UNCITRAL TR verdeutlichen das in dieser Hinsicht gewandelte Bewusstsein. Der prozessuale Status von amici ist der eines Instruments sui generis.261 Abzugrenzen ist eine amicus-Beteiligung insbesondere von einer Beteiligung nach dem Vorbild von Art.  1128 NAFTA.262 Im Zuge der praktischen Relevanz hat sich gezeigt, dass eine Beteiligung von amici kein Randphänomen mehr ist.263

257 

Oben §  6 C. III., IV. Oben §  6 C. IV. 1. 259  Oben §  6. C. V. 1. 260  Oben §  6 C. V. 2. 261  Oben §  6. D. I. 262  Oben §  6 D. II. 263  Oben §  6 E. 258 

§  7  Rechtsvergleichende Bestandsaufnahme Nachdem der amicus curiae in den fünf hier behandelten Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen untersucht wurde, sollen die gefundenen Ergebnisse in vergleichender Betrachtung gewürdigt und analysiert werden.

A.  Entwicklung Hinsichtlich der Entwicklung des Instruments ist die Bedeutung des U.S.-amerikanischen Rechts hervorzuheben, in welchem das Fundament für den amicus nach heutiger Lesart gelegt wurde.1 Bezüglich der übrigen behandelten Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen ist interessant, dass die Entwicklung dort teils aufeinander Bezug nimmt. Im Welthandelsrecht wurden amicus briefs erstmals 1998 in dem Fall US – Shrimp thematisiert.2 In dem Investi­ tionsschiedsverfahren Methanex griff einer der amici die bereits ergangenen Entscheidungen im Rahmen des Welthandelsrechts3 auf.4 Das erkennende Schiedsgericht in Methanex zog ebenfalls Parallelen zum Welthandelsrecht und führte aus, der dortige Spruchkörper habe seine Kompetenz auf eine Vorschrift mit weniger Spielraum als diejenige, welche das Schiedsgericht heranzuziehen geneigt war, gestützt, so dass dies für eine geeignete Kompetenz spreche.5 Insofern war die Rechtsprechung im Welthandelsrecht Vorbild für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit. Auch das später veröffentlichte FTC-Statement orientiert sich hinsichtlich einer Vielzahl prozessualer Fragen auffallend stark an der Mitteilung des Appellate Body in der Sache EC – Asbestos.6 Art.  4 UNCITRAL TR bezog sich wiederum auf das FTC-Statement.7 Der Appellate 1 

Dazu oben §  2 A. Dazu oben §  5 B. I. 1. 3  Bis dahin waren das US – Shrimp und US – Lead and Bismuth II, dazu oben §  5 B. I. 1. 4  Petition to the Arbitral Tribunal, International Institute for Sustainable Development, 25.08.2000, in: Methanex v. United States, Rn.  16 ff. 5  Dazu bereits oben §  6 B. II. 2. b). 6  Dazu im Einzelnen §  8 B. I. 2. b) ee). 7  Dazu im Einzelnen §  8 B. II. 2. a) ee). 2 

§  7  Rechtsvergleichende Bestandsaufnahme

211

Body hat daher mit der Entscheidung US – Shrimp einen bedeutenden Akzent für die Beteiligung Dritter an internationalen Rechtsstreitigkeiten gesetzt. In zeitlicher Hinsicht ist bemerkenswert, dass auch die Überlegungen zur Einführung des Instruments des amicus im europäischen Kartellrecht in diese Zeit fallen. Dies scheint aber eher dem Zufall geschuldet, ist doch aus dem betreffenden non-paper der Vorbildcharakter deutscher und U.S.-amerikanischer Regelungen ersichtlich.8 Hinsichtlich der deutschen Regelung des §  90 GWB ist eine Vorbildfunktion der Entwicklungen im Welthandelsrecht und in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ausgeschlossen, wurde dort der amicus doch fast ein halbes Jahrhundert früher eingeführt. Anders hingegen stellt sich die Lage im Rahmen der PTCP dar. Dort wird in verschiedenen Arbeitsdokumenten ausdrücklich ein Bezug zum Welthandelsrecht hergestellt.9 Aufgrund der internationalen Ausrichtung der PTCP ist verständlich, dass die zur Zeit ihrer Ausarbeitung im Welthandelsrecht und in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit zu beobachtenden Trends zu einer amicus-Normierung Berücksichtigung fanden.

B.  Funktion Die Betrachtung des U.S.-amerikanischen Rechts hat drei verschiedene Grundfunktionen von amici verdeutlicht. Charakteristisch ist dabei der lobbying amicus, der ein indirektes, oftmals politisches Interesse an der Streitigkeit hat. Allerdings ist auch der intervention amicus zu nennen, der sich durch ein direktes Interesse auszeichnet. Schließlich sind noch amici zur Unterstützung des Gerichts bekannt. Auf das europäische und deutsche Kartellrecht kann dies insofern übertragen werden, als sowohl die Kommission wie auch das Bundeskartellamt selten ein Interesse haben werden, welches §  66 Abs.  1 ZPO genügen würde. Vielmehr können diese eher der Kategorie des lobbying amicus zugeordnet werden, da sie ein mittelbares ordnungspolitisches Interesse haben. Im Bereich von PTCP, Welthandelsrecht und Investitionsschiedsgerichtsbarkeit wird der amicus zumeist fremde, von dem konkreten Streitgegenstand losgelöste Interessen mit in das Verfahren transportieren und daher eine dem lobbying amicus ähnliche Position einnehmen. Beteiligen sich jedoch, wie beispielsweise im Welthandelsrecht, Unternehmen als amicus, so können diese auch ein kon8  Commission Staff Working Paper, Reform of Regulation 17, The Proposal for a new Implementing Regulation, Article 15 (3) – Submissions as Amicus Curiae, 13.11.2001, Rn.  30 ff. 9  Report on the First Session, UNDIROIT Doc. 3, S.  58.

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

kretes, streitgegenständliches Interesse an der jeweiligen Streitigkeit haben und eher dem intervention amicus zugeordnet werden. Von besonderem Interesse sind Stimmen in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit, die befürchten, der Entscheidungsprozess gleiche sich durch eine amicus-Beteiligung mehr einem parlamentarischen Verfahren an.10 Ähnliche Befürchtungen wurden auch für das U.S.-amerikanische Recht ausgesprochen.11 In beiden Fällen zeigt sich eine weitere Gemeinsamkeit. Die behandelte Streitmaterie weist oftmals besonders große Verknüpfungen zum allgemeinen öffentlichen Interesse auf. In den Vereinigten Staaten wird dies teils als public law litigation beschrieben. In der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist die Verknüpfung des Streitgegenstandes mit dem öffentlichen Interesse beispielsweise bei umweltrechtlichen Streitigkeiten wie im Fall Methanex greifbar. Daher lässt sich die These formulieren, dass dort, wo das jeweilige Verfahren eine große Anzahl von Interessen berühren kann, auch deren Repräsentation mittels amicus briefs akut wird. Diese Erkenntnis kann auch im Bereich des Welthandelsrechts fruchtbar gemacht werden. Selbst das europäische und deutsche Kartellrecht lassen sich unter diese Prämisse fassen, da dort eine Streitigkeit zwischen zwei Privaten das öffentliche Interesse an einem funktionierenden Wettbewerb erfassen kann. Mit der Repräsentation solch von dem Rechtsstreit betroffener Interessen kann auch ein Legitimitätsgewinn einhergehen. Dies wird insbesondere im Welthandelsrecht und in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit deutlich, werden dort Entscheidungen doch abseits der nationalen Ebene getroffen. Aber auch in Bereichen, die im U.S.-amerikanischen Recht der public law litigation zugerechnet werden, kann ein Legitimitätsgewinn stattfinden. Denn mit Einbeziehung von amicus briefs können etwa bei einer Abtreibungsstreitigkeit auch die Interessen Dritter berücksichtigt werden, die gegebenenfalls ebenso von dieser Entscheidung betroffen sind. Dort, wo die Gestaltung und Weiterentwick­ lung des Rechts bei der Judikative liegt, ist es wichtig, auch nicht unmittelbar am Verfahren Beteiligten eine Stimme zu geben. Für das U.S.-amerikanische Recht ist jedoch zu beachten, dass dort der Legitimitätsgewinn eine Folge der amicus-Praxis ist und nicht der Grund war, eine solche zu etablieren, während im Welthandelsrecht und in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit der Gedanke

10  Oben §  6 C. V. 2., dort insbesondere „[…] broadening the scope of the tribunal’s inquiry to include consideration of public interest issues raised by non-parties entails a shift from an adjudicative to legislative model of arbitrator behavior […].“, Kawharu, in: Waibel/ Kaushal/Chung/Balchin, The Backlash against Investment Arbitration, S.  294. 11  Oben §  2 B. III. dort das Zitat von Judge Posner „An appeal should therefore not re­ semble a congressional hearing.“, Voices for Choices v. Illinois Bell Telephone Co., 339 F.3d 542, 544 f. (7th Cir. 2003).

§  7  Rechtsvergleichende Bestandsaufnahme

213

der Teilhabe am Verfahren mit ein Grund war, eine amicus-Beteiligung zu ermöglichen.12 Ein wesentliches Anliegen der Normierung des amicus im Bereich des europäischen Kartellrechts ist dessen kohärente Anwendung. Eine funktional ähnliche Ausrichtung verfolgt der Versuch des Department of Labor, eine Verwaltungspraxis mittels amicus-Stellungnahmen zu etablieren, obwohl dieser Versuch gerichtlich nicht verfängt.13 Auf der anderen Seite ist der Gedanke der kohärenten Rechtsanwendung gerade eine Besonderheit des europäischen Kartellrechts und daher nicht verallgemeinerungsfähig. Denn das Erfordernis der Kohärenz ergibt sich aus der Anwendung des europäischen Kartellrechts in einer Vielzahl von mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen.14 Eine Parallele zwischen dem U.S.-amerikanischen Recht und dem europäischen Kartellrecht kann jedoch hinsichtlich der Stellungnahmen gezogen werden, welche auf Anfrage des Gerichts hin ergehen. Während die übrigen Rechtsbeziehungsweise Prozessordnungen eine solche, auf Initiative des Gerichts ergehende Stellungnahme, zumindest in der Praxis kaum kennen, ist es bei den beiden vorgenannten eine übliche Praxis. Für das U.S.-amerikanische Recht mag dies an der über lange Zeit bestehenden Verwurzelung des Instruments des amicus liegen. Im europäischen Recht ist diese Einrichtung dem Umstand geschuldet, dass zwischen Kommission und nationalen Gerichten teils der Bedarf der Abstimmung besteht und teils nationale Gerichte der Hilfe bei der Anwendung europäischen Rechts bedürfen. Ähnlichkeiten zwischen allen fünf Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen zeigen sich bei der Art und Weise der Einflussnahme. Die im U.S.-amerikanischen Recht gefundenen Unterteilungen in eine rechtlich andersartige Argumentation, das Herausstellen von Folgen sowie das Einbringen von Spezialwissen finden sich auch im Bereich des Welthandelsrechts und in der Investi­ tionsschiedsgerichtsbarkeit wieder. Im europäischen und deutschen Kartell­recht dienen Stellungnahmen von Kommission oder Bundeskartellamt teilweise dazu, bestimmte faktische Elemente, wie etwa den relevanten Markt, dem Gericht näherzubringen. Oftmals werden aber auch lediglich rechtliche Beurteilungen abgegeben. Vor dem Bundesgerichtshof sind die Stellungnahmen des Kartellamts gerade hinsichtlich ihrer rechtlichen Ausführungen geschätzt.15 Im Bereich der PTCP können amici auf der einen Seite Spezialwissen wie die 12 

Vgl. oben §  5 C. IV., 6 C. III., IV. Dazu oben §  2 B. I. 3. b) dd). 14  Dazu oben §  3 C. II. In bestimmten Fällen könnte sich jedoch ein funktionales Äquivalent im Hinblick auf die Rechtssetzungsbefugnisse der Bundesstaaten im U.S.-amerikanischen Recht ergeben. 15  Oben §  3 C. II. 13 

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

Anwendung lokaler Handelsbräuche gegenüber dem Spruchkörper kundtun, sie können aber auch in Fällen eines öffentlichen Interesses dieses repräsentieren und eventuell auf bestimmte Folgen der Entscheidung für die von ihnen vertretenen Interessen aufmerksam machen. Festhalten lässt sich, dass im Einzelfall gewaltige Unterschiede bestehen können, gleichzeitig aber auch eine Reihe von Gemeinsamkeiten vorliegen. Die festgestellten Unterschiede, die sich etwa auf die Anforderung von amicus-Stellungnahmen durch das Gericht beziehen, sind den Eigenarten und historischen Entwicklungen der jeweiligen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen geschuldet. Während im U.S.-amerikanischen Recht von jeher das Instrument des amicus bekannt ist, sind amicus-Stellungnahmen im internationalen Recht eine neue Entwicklung. In der historischen Funktion von amici war aber gerade auch ein unterstützendes Element des Gerichts angelegt. Dies ist im Welthandelsrecht und in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit so nicht der Fall. Dort waren amicus-Stellungnahmen von Anfang an darauf gerichtet, die Interessen Dritter in den Prozess einzubringen.

C.  Prozessualer Status Hinsichtlich des prozessualen Status gilt zunächst für alle Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen, dass der amicus sich nicht in das bestehende System einordnen lässt. Weder ist er eine Partei noch ein am Prozess beteiligter Dritter noch ein Sachverständiger. Insofern ist der amicus als Instrument sui generis zu qualifizieren.16 Lediglich im europäischen Kartellrecht bei Beteiligung der Kommission auf Anfrage des Gerichts hin scheint es überlegenswert, die Vorschriften, welche für einen Sachverständigen gelten, analog anzuwenden. Denn dort wird zum einen lediglich eine Behörde tätig, welche per se eine hohe Sachkunde in dem fraglichen Bereich hat, und zum anderen besteht die Pflicht, eine möglichst neutrale Stellungnahme abzugeben. Insofern ist hier denkbar, die Kommission als in einer dem Sachverständigen ähnlichen Situation zu begreifen. Dennoch verfolgt die Kommission auch ihre eigenen ordnungspolitischen Interessen mit einer Stellungnahme. Dies ist bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen. Inwiefern eine tatsächliche Stellungnahme überhaupt ein Beweismittel sein kann, ist im zweiten Teil der Arbeit zu beurteilen. Beachtet werden muss, dass die Einholung von Auskünften verfahrenstechnischer Art durch die Gerichte von der Kommission als Einholung einer amtlichen Auskunft nach §  273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO zu verstehen ist. 16 

So auch Menétrey, L’amicus curiae, S.  77 ff.

§  7  Rechtsvergleichende Bestandsaufnahme

215

D.  Abgrenzung Im Bereich des U.S.-amerikanischen Rechts hat sich gezeigt, dass amicus und intervenor teils dazu dienen, dieselbe Art von Interesse im Prozess zu vertreten. Die Abgrenzung zwischen beiden verläuft anhand des Mehr an prozessualen Rechten, die dem intervenor zustehen. Im Bereich des europäischen und deutschen Kartellrechts stellt sich die Frage der Abgrenzung nicht in dieser Dringlichkeit. Dort haben Kommission und Bundeskartellamt eine derart besondere Position inne, dass diese kaum mit einem Intervenienten vergleichbar und somit auch abgrenzbar ist. Zu offensichtlich ist das Fehlen eines rechtlichen Interesses im Sinne des §  66 Abs.  1 ZPO. Auch die rechtliche Stellung von Kommission und Bundeskartellamt reicht augenscheinlich nicht an die eines Intervenienten heran, wobei hierauf noch gesondert im zweiten Teil zurückzukommen sein wird. Im Bereich der PTCP ergibt sich eine ähnliche Situation. Dort ist für den Intervenienten ein substantielles Interesse an der Streitigkeit gefordert, während amici ein solches nicht haben müssen. Auch genießen Intervenienten ein Mehr an Rechten. Im Bereich des Welthandelsrechts ist zunächst beachtlich, dass dort lediglich Mitglieder der WTO die Stellung eines am Verfahren beteiligten Dritten einnehmen können, so dass ein Großteil der amici ohnehin nicht in diese Situation kommen kann. Beteiligt sich hingegen ein Mitglied als amicus, sind hiermit keinerlei Rechte verbunden, im Falle eines sich am Verfahren beteiligten Dritten hingegen schon. In der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist eine Beteiligung Dritter traditionell eher selten. Die Möglichkeit, sich nach Art.  1128 NAFTA zu beteiligen, ist offensichtlich von anderer Qualität als diejenige eines amicus. Insgesamt zeichnen sich Alternativen zu einer amicus-Beteiligung durch ein Mehr an Voraussetzungen, aber zugleich auch ein Mehr an prozessualen Rechten aus.

E.  Praktische Relevanz In den Vereinigten Staaten ist der amicus am stärksten mit dem Rechtssystem verbunden, weswegen er dort auch am häufigsten vorkommt. Dabei besteht jedoch prozentual ein erheblicher Unterschied zwischen Verfahren vor dem Supreme Court und solchen vor den Federal Courts of Appeal. Nur in ersteren ist eine durchschnittliche Beteiligung von amici an über 90 % der Verfahren zu beobachten. In den übrigen untersuchten Rechts- und Prozessordnungen spielen sie zwar immer wieder eine Rolle, die weit überwiegende Mehrzahl der Verfahren wird hingegen ohne sie entschieden. Dennoch sind amici auch dort kein

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1. Teil:  „Länder“berichte – Funktion, Status, Abgrenzung, Relevanz

völliges Randphänomen und die sich immer wieder zeigende Beteiligung vermag dies zu bestätigen. Der Einfluss von amici auf die Entscheidungsfindung kann in Einzelfällen immer wieder beobachtet werden. Generelle Aussagen zu treffen ist jedoch kaum möglich, da der Entscheidungsfindungsprozess nur bedingt rekonstruierbar ist. Neuere Untersuchungen lassen aber für das U.S.-amerikanische Recht einen gewissen Einfluss vermuten. Dort sind auch dokumentierte Fälle bekannt, in denen der amicus die entscheidende Wendung gab. Im Rahmen des deutschen und europäischen Kartellrechts lässt sich ebenso ein Einfluss der Stellungnahmen der Wettbewerbsbehörden feststellen. Einzelfälle, in denen amicus-Stellungnahmen berücksichtigt wurden, finden sich auch im Welthandelsrecht und in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit, wobei dies eher die Ausnahme ist.

2. Teil

Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive Im Rahmen dieses zweiten Teils der Arbeit wird der Fokus auf prozessuale Fragestellungen gerichtet. Die Art der Darstellung wird sich dabei in Teilen an der Präsentation anderer Instrumente der Drittbeteiligung in bereits gut eingeführten Lehrbüchern zum Zivilprozess wie dem von Rosenberg/Schwab/Gottwald orientieren.1 Dort werden im Hinblick auf den Nebenintervenienten zunächst die Voraussetzungen für eine Beteiligung am Verfahren genannt.2 Begonnen wird mit der Frage eines anhängigen Verfahrens und der Prüfung von persön­ lichen Voraussetzungen. Gleichermaßen soll hier vorgegangen werden.3 Der Fokus auf das Werk von Rosenberg/Schwab/Gottwald ist dabei zunächst dessen wissenschaftlichem Anspruch und seiner Übersichtlichkeit geschuldet, hierzu etwa die Rezensionen von Stadler, JZ 2011, 843, 844 und Vollkommer, NJW 2010, 3500. Weiterhin kommt dem Werk ein hohes Renommee zugute. Diesbezüglich kann ohne Weiteres auf den Begründer Leo Rosenberg verwiesen werden. Dieser hat mit seinen Werken entscheidend zur Entwicklung des deutschen Zivilprozessrechts beigetragen. Herausragend ist seine im dritten Semester begonnene und im Jahre 1900 abgeschlossene Dissertation zur Beweislastverteilung, welche in fünf Auflagen gedruckt wurde; die Bedeutung dieses Werkes würdigend etwa Schwab, in: Grundmann/Riesenhuber, Deutschsprachige Zivilrechtslehrer des 20. Jahrhunderts in Berichten, Bd. 1, S.  373 f. Noch im Jahre 1969 bezieht sich der Bundesgerichtshof hinsichtlich der Frage, wer im Rahmen des Schuldnerverzugs den Umstand der Nichtleistung bzw. Erfüllung zu beweisen habe – es ist der Schuldner –, auf eben jene Dissertation in 5.  Aufl., BGH, 29.01.1969, IV ZR 545/68, NJW 1969, 875; aus neuerer Zeit auf die 5.  Aufl. der Dissertation bezugnehmend etwa BGH, 14.11.2006, X ZR 34/05, ZEV 2007, 182, 183. 2  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, S.  253 f. 3  Aufgrund der Vielzahl der Regelungen, die für die Beantwortung dieser und der nach­ folgenden Fragen relevant sind, gilt es kurz einen Überblick über die einschlägigen Normen zu geben. Im Rahmen des U.S.-amerikanischen Rechts kommen die FRCP, FRAP, insbesondere R. 29 FRAP, die Regelungen einer amicus-Beteiligung enthält, und die S.Ct. Rules, insbesondere R. 37 S.Ct. Rules, welche ebenfalls Regelungen einer amicus-Beteiligung enthält, dazu oben §  2 A. III. 2., zur Anwendung. Hinsichtlich R. 29 FRAP ergibt sich die Besonderheit, dass einige der U.S. Courts of Appeals noch eigene lokale Regeln haben, die es gesondert zu berücksichtigen gilt und die daher auch zur Anwendung kommen. Im Folgenden wird dort, wo sich relevante Änderungen ergeben, darauf hingewiesen. Nicht eingegangen wird auf die Regelung von amicus-Stellungnahmen in den einzelstaatlichen Appellate Procedures, dazu 1 

218

2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

oben §  1 A., wobei sich die meisten dieser an den FRAP orientieren, Übersicht dazu bei Lynn, Appellate Litigation, S.  376 ff.; zu den Texas Rules of Appellate Procedure ausführlich Sorenson, 30 St. Mary’s L.J. 1219, 1242 ff. (1999). Im Bereich des europäischen und deutschen Kartellrechts finden sich die relevanten Vorschriften in der VO 1/2003, dort insbesondere Art.  15 VO 1/2003, im GWB, dort insbesondere §§  90, 90a GWB, dazu oben §  3 A. Für allgemeine prozessuale Fragen im Rahmen des europäischen und deutschen Kartellrechts ist auf die Vorschriften der ZPO zurückzugreifen, dazu oben §§  1 A., 3 A. Bezüglich der PTCP ergeben sich die meisten Regelungen aus diesen selbst, insbesondere P. 13 PTCP, welches den amicus regelt, sowie bezüglich der nicht geregelten Fragen aus dem die Principles umsetzenden nationalen Recht, dazu oben §  4 A. Im Bereich des Welthandelsrechts ist die Streitbeilegung maßgeblich im Dispute Settlement Understanding geregelt, dazu oben §  5 A. Weiterhin zu berücksichtigen ist die Additional Procedure, die in dem Verfahren EC – Asbestos gemäß Ziff.  16 Abs.  1 WPAR erlassen wurde. Zwar gilt diese unmittelbar nur für das Verfahren EC – Asbestos, dennoch kann von ihr eine Signalwirkung auch für andere Verfahren ausgehen, dazu oben §  5 B. I. 1. In der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist zwischen ICSID und sonstigen Verfahren zu differenzieren. Im Rahmen von ICSID-Verfahren sind neben den ICSID AR die sonstigen Regelungen des ICSID zu berücksichtigen, dazu oben §  6 A. II. Wegen der bereits erwähnten Besonderheiten der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit kommt nationales Verfahrensrecht nicht zur Anwendung. Anders ist dies bei den ICSID Additional Facility Rules, dort ist das Schiedsverfahren im nationalen Recht, teils als lex arbitri bezeichnet, verwurzelt, dazu oben §  6 A. II. Sonstige Schiedsverfahren richten sich regelmäßig nach den UNCITRAL AR. Werden die UNCITRAL AR jedoch im Rahmen von NAFTA-Verfahren angewandt, so stellt Chapter 11 des NAFTA einige Sonderregelungen bezüglich der Durchführung von Investitionsstreitigkeiten auf, die vorrangig zu berücksichtigen sind. Im Rahmen von NAFTA-Verfahren ist auch das FTC-Statement zu berücksichtigen, wenngleich ausweislich Ziff. A. 3. FTC-Statement die nachfolgenden prozessualen Regelungen nicht verbindlich sind, dazu bereits oben §  6 B. I. 1. und auch Bastin, 30 Arb. Int’l 125, 133 (2014), der aber herausstellt, dass in der bisherigen Praxis nicht vom FTC-Statement abgewichen wurde. Stets angewendet werden müssen die einschlägigen, das Schiedsverfahren bestimmenden Normen des nationalen Rechts. Ebenfalls zu berücksichtigen sind die UNCITRAL TR, dazu bereits oben §  6 B. II. 2. a).

§  8  Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligung als amicus Zentral für die prozessuale Betrachtung des amicus ist die Frage, welche Voraussetzungen der amicus erfüllen muss, um am Verfahren teilnehmen zu können. Allerdings ist sogleich eine gewichtige Einschränkung zu machen. Selbst wenn der amicus die Voraussetzungen erfüllt, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass er am Verfahren teilnehmen darf. Vielmehr ist das Vorliegen der Voraussetzungen einer Verfahrensbeteiligung in der Mehrheit der Fälle lediglich Grundlage dafür, eine Ermessensentscheidung des Gerichts folgen zu lassen. Ob jedoch ein Recht des amicus besteht, nach welchen Kriterien die Gerichte entscheiden und ob der amicus vollkommen der Willkür der Gerichte ausgeliefert ist, ist Gegenstand von §  10. In dem nunmehr folgenden Abschnitt gilt es zunächst, allgemeine Voraussetzungen wie ein anhängiges Verfahren oder subjektive Anforderungen wie Partei- und Prozessfähigkeit zu erörtern.

A.  Allgemeine Voraussetzungen I.  Anhängiges Verfahren Eine Beteiligung Dritter am Verfahren benötigt generell ein bereits bestehendes Prozessrechtsverhältnis.1 Dies gilt auch für den amicus. Ein Initiativrecht kommt ihm mangels seiner Parteistellung gerade nicht zu. Fraglich ist, ab welchem Zeitpunkt von einem anhängigen Verfahren gesprochen werden kann. Die verschiedenen Prozessordnungen treffen unterschiedliche Regelungen bezüglich des Beginns eines Prozesses. U.S.-amerikanisches Recht, ZPO und

1 

Für das Instrument der Intervention ergibt sich dies im U.S.-amerikanischen Recht aus der Struktur von R. 24 FRCP, wird aber auch in der Literatur ausdrücklich bestätigt, Baicker-McKee/Janssen/Corr, Federal Civil Rules Handbook, S.  602. In der ZPO setzen sowohl §  64 ZPO als auch §  66 Abs.  1 ZPO einen anhängigen Prozess voraus. Im Rahmen der PTCP ergibt sich dies aus P. 12.2 PTCP, die für die Intervention ein mit dem proceeding verknüpftes Interesse erfordert. Art.  10.2 DSU spricht von einem Interesse vor einem Panel.

220

2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

PTCP knüpfen an die Einreichung der Klageschrift bei Gericht an.2 In der WTO ist den gerichtsähnlichen Verfahren im Rahmen von Panel und Appellate Body noch die Konsultationsphase vorgeschaltet.3 Mit ihr beginnt das Verfahren der Streitbeilegung. In diesem Verfahrensstadium ist eine amicus-Beteiligung jedoch kontraproduktiv, da es hier an den Parteien ist, eine einvernehmliche Lösung zu entwickeln. Deswegen ist die Voraussetzung eines anhängigen Verfahrens im Rahmen der Welthandelsorganisation so zu verstehen, dass damit ein Panelverfahren gemeint ist. Dieses beginnt gemäß Art.  6 Abs.  1 DSU mit der Einsetzung des Panels durch den DSB auf Wunsch einer der Parteien. Ein Verfahren innerhalb der Zuständigkeit des ICSID wird durch Einreichung eines Antrags4 eingeleitet, R. 6 Abs.  2 ICSID Institution Rules. Das Verfahren beginnt jedoch erst, wenn die Schiedsrichter ihre Benennung akzeptiert haben und die Parteien diesbezüglich vom Generalsekretariat verständigt wurden, R. 6 Abs.  1 ICSID AR.5 Ab letzterem Zeitpunkt kann von einem anhängigen Verfahren gesprochen werden. Im Rahmen der UNCITRAL AR beginnt das Verfahren mit der Benachrichtigung des Beklagten von der Einreichung des Antrags durch den Kläger, Art.  3 Abs.  2 UNCITRAL AR. Nachdem nun deutlich wurde, wann ein Verfahren beginnt, ist im Folgenden der Frage nach dem Ende des Verfahrens nachzugehen. Ein Verfahren kann grundsätzlich durch rechtskräftiges Urteil6 oder auf Initiative einer Par2 

Für das U.S.-amerikanische Recht ergibt sich dies aus R. 3 FRCP, im Einzelnen vgl. Baicker-McKee/Janssen/Corr, Federal Civil Rules Handbook, S.  171 ff.; vgl. §  281 Abs.  2 S.  3 ZPO; P. 10.2 PTCP. 3  Dazu oben §  5 A. 4  Näheres zum Antrag auf Einleitung eines ICSID-Verfahrens unter R. 1 ff. der ICSID Institution Rules und bei Legum, in: Yannaca-Small, Arbitration under International Investment Agreements, S.  93 f.; Lörcher, Neue Verfahren der internationalen Streiterledigung in Wirtschaftssachen, S.  195 ff. 5  Diese Zweiteilung ist relevant, da Fristen wie die Konstituierung des Schiedsgerichts vom Zeitpunkt der Einreichung des Antrags berechnet werden, R. 2 ICSID AR, wohingegen der Zeitpunkt für die erste Sitzung des Schiedsgerichts vom Zeitpunkt des Verfahrensbeginns berechnet wird, R. 13 ICSID AR, zu dieser Zweiteilung und ihren Folgen auch Onwuamaegbu, in: Yannaca-Small, Arbitration Under International Investment Agreements, S.  71 6  Im U.S.-amerikanischen Recht existiert der Begriff der formellen Rechtskraft als solcher nicht, zur materiellen Rechtskraft und dem Begriff res judicata unten §  13 C. I. 3. Funktional gesehen tritt die Rechtskraft des Urteils ein, wenn Rechtsmittel nicht mehr zulässig sind. Begreift man den Begriff des Rechtsmittels als Überprüfung des Urteils, so kennen die FRCP bereits Rechtsmittel in erster Instanz, vgl. R. 50 (b), 59 FRCP; Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  578, 591 ff.; Schönau, Die Anerkennung von Urteilen aus Mehrrechtsstaaten nach §  328 Abs.  1 ZPO am Beispiel der USA und Kanadas, S.  342 ff. Für R. 50 (b) und 59 FRCP gilt eine 10-Tages-Frist. Nach dieser Frist kann die erste Instanz das Urteil nicht mehr überprüfen. Jedoch existiert noch die zweite Instanz, FRAP. Erst wenn eine Überprüfung dort nicht mehr möglich ist, könnte die formelle Rechtskraft nach deutschem Verständnis eintreten. Jedoch sollte man die

§  8  Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligung als amicus

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tei7 beziehungsweise der Parteien8 beendet werden.9 Wechselt ein Verfahren von einer Instanz in die nächste, ist zu beachten, dass sich der amicus erneut beteiligen kann und wo nötig auch einen neuerlichen Antrag stellen muss.10 Möglichkeit, sich an den Supreme Court zu richten, beachten und daher für den Eintritt der formellen Rechtskraft die Frist für das Stellen einer writ of certiorari abwarten, Schönau, Die Anerkennung von Urteilen aus Mehrrechtsstaaten nach §  328 Abs.  1 ZPO am Beispiel der USA und Kanadas, S.  353, beziehungsweise den Verfahrensgang vor dem Supreme Court abwarten. Der Umkehrschluss zu R. 20 S.Ct. Rules, dort ist das extraordinary writ geregelt, legt nahe, dass es sich beim writ of certiorari wohl nicht um einen außerordentlichen Rechtsbehelf handelt, weswegen das writ of certiorari für den Eintritt der formellen Rechtskraft zu beachten sein dürfte. Die ZPO definiert formelle Rechtskraft in §  705 ZPO als den Zeitpunkt, in dem ein Rechtsmittel oder ein Einspruch verfristet ist. Die PTCP definieren den Begriff der formellen Rechtskraft nicht, scheinen sich aber auch an der U.S.-amerikanischen und deutschen Lösung zu orientieren, vgl. P 28 PTCP. Zum Welthandelsrecht und der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit siehe sogleich. 7  Denkbar ist hier beispielsweise die Klagerücknahme. Im U.S.-amerikanischen Recht wird diese als voluntary dismissal verstanden und kann grundsätzlich nur erklärt werden, solange der Beklagte auf die Klage noch nicht erwidert hat, R. 41 (a) (1) FRCP; Schack, Einführung in das U.S.-amerikanische Zivilprozessrecht, S.  43. Jedoch ist auch nach Erwiderung des Beklagten eine Klagerücknahme auf Antrag des Klägers möglich, R. 41 (a) (2) FRCP, zum Ganzen ausführlich Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  483 ff. Für das deutsche Recht gilt §  269 ZPO. Die Klagerücknahme ist gemäß §  269 Abs.  1 ZPO ohne Einwilligung des Beklagten bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten möglich, also auch dann, wenn der Beklagte bereits auf die Klage erwidert hat. Die PTCP regeln ein voluntary dismissal nicht. Im Rahmen der WTO besteht das Bedürfnis einer gütlichen Streitbeilegung, dazu oben §  5 A., insofern ist das Panel stets bemüht, dies zu erreichen. Eine ausdrückliche Klagerücknahmeoption besteht hingegen nicht. Jedoch ermöglicht Art.  12.12 S.  3 DSU ein solches Vorgehen, indem er eine Aussetzung des Prozesses ermöglicht und bei Nichtwiederaufnahme der Verhandlungen durch die Parteien nach 12 Monaten die Befugnis des Panels zur Bildung eines solchen erlöschen lässt, dazu: Lörcher, Neue Verfahren der internationalen Streiterledigung in Wirtschaftssachen, S.  414 f. m. w. N. R. 44 ICSID AR behandelt die Klagerücknahme, die jedoch nur im Einverständnis erfolgen kann. Die UNCITRAL AR sehen eine Klagerücknahme nicht vor. 8  Eine einvernehmliche Möglichkeit der Streitbeilegung ist der Vergleich. Im U.S.-amerikanischen Recht haben Vergleiche eine große Bedeutung, Schack, Einführung in das U.S.-amerikanische Zivilprozessrecht, S.  59. Eine Besonderheit besteht darin, dass der Vergleich in der Regel vor der Hauptverhandlung im sogenannten pretrial-Verfahren erklärt wird. Die ZPO geht von einem Vergleich in der Verhandlung aus, §  160 Abs.  3 Nr.  1 ZPO, kennt mittlerweile aber auch einen schriftlichen Vergleich in den Parteischriftsätzen, §  278 Abs.  6 ZPO. P. 24 PTCP regelt das Settlement, P. 24 Abs.  2 PTCP legt den Zeitpunkt eines solchen auf „any stage of the proceeding“ fest. Das DSU ist vom Prinzip der gütlichen Streitbeilegung geprägt. Daher verwundert es nicht, dass Art.  11 S.  3 DSU das Panel auffordert, „to develop a mutually satisfactory solution.“ Eine ausdrückliche Regelung des Vergleichs besteht hingegen nicht. R. 43 der ICSID AR regelt den Vergleich, er kann gemäß R. 43 Abs.  1 ICSID AR in jeder Lage des Verfahrens abgeschlossen werden. Art.  36 Abs.  1 UNCITRAL AR regelt den Vergleich und lässt diesen ebenfalls in jeder Phase des Verfahrens zu. 9  Guter Überblick bei Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, S.  727. 10  Zu den Anträgen sogleich ausführlich §  8 B.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Hinsichtlich eines rechtskräftigen Urteils ergeben sich jedoch in Bezug auf Welthandelsrecht und Schiedsgerichtsbarkeit Besonderheiten. So entfalten Entscheidungen von Panel und Appellate Body nicht aus sich heraus Rechtskraft, sondern müssen erst vom DSB angenommen werden.11 Ein Panelverfahren endet, wenn das Panel den Abschlussbericht an den DSB übermittelt.12 Ab diesem Stadium ist kein Verfahren mehr anhängig, also scheidet eine amicus-Beteiligung aus. Innerhalb von 60 Tagen nach Übermittlung an den DSB kann dann eine der Streitparteien ein Rechtsmittel zum Appellate Body einlegen.13 Im Rahmen dieses Verfahrens ist eine amicus-Beteiligung erneut möglich. Das Verfahren endet mit Übermittlung des Reports an den DSB, hier endet die Möglichkeit einer amicus-Beteiligung. R. 50 ff. ICSID AR sehen eine interne Überprüfungsmöglichkeit des award durch ein vom Sekretariat des ICSID zu bildendes neues ad hoc-Komitee vor.14 Ein ICSID-Verfahren endet also erst, wenn diese interne Überprüfung abgeschlossen ist.15 Allerdings kann sich der amicus an diesem Überprüfungsverfahren nicht beteiligen. Die UNCITRAL AR sehen ein solches Verfahren nicht vor. Externe Überprüfungen durch staatliche Gerichte16 stellen ein neues Verfahren dar, welches mit dem ursprünglichen Schiedsverfahren nicht identisch ist. Während je nach Rechts- beziehungsweise Prozessordnung von einem anhängigen Verfahren für einen längeren Zeitraum die Rede sein kann, kommt eine amicus-Beteiligung innerhalb des jeweiligen Verfahrensstadiums regelmäßig nur zu einem bestimmten Zeitpunkt in Betracht.17 Dies folgt aus einer Reihe von Kriterien, wie etwa einer hinreichenden Reaktionsmöglichkeit der Parteien und ausreichenden Informationen des amicus.18

11 

Dazu oben §  5 A. So auch ausdrücklich Weiß, in: Herrmann/Weiß/Ohler, Welthandelsrecht, S.  143. 13  Art.  16 Abs.  4 DSU und Weiß, in: Herrmann/Weiß/Ohler, Welthandelsrecht, S.  144. Der DSB nimmt die Entscheidung innerhalb der 60 Tagesfrist an, wenn kein Rechtsmittel eingelegt wurde, Art.  16 Abs.  4 S.  2 DSU. 14  Art.  52 Abs.  3 ICSID Convention präzisiert, wer Mitglied dieses Komitees ist. Das Komitee ist aus drei Schiedsrichtern zu bilden, die von einem panel of arbitrators ausgewählt werden und mit der ursprünglichen Entscheidung nicht befasst sein durften. 15  Bosch, Rechtskraft und Rechtshängigkeit im Schiedsverfahren, S.  37 ff. 16  Dazu einführend Blackaby/Partasides, Redfern and Hunter on International Arbitration, S.  415 ff. 17  Dazu unten §  9 B. 18  Ausführlich dazu unten §  9. 12 

§  8  Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligung als amicus

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II.  Subjektive Anforderungen Fraglich ist, welche subjektiven Anforderungen an den amicus zu stellen sind. Auszugehen ist dabei von den Fragen der Partei- und Prozessfähigkeit, der Postulationsfähigkeit sowie dem Problem, inwiefern zwischen amicus und Partei Personenverschiedenheit bestehen muss. Dabei gilt es, Begrifflichkeiten wie etwa die Parteifähigkeit vor dem Hintergrund der jeweiligen Rechts- oder Prozessordnung gesondert zu definieren. 1.  Partei- und Prozessfähigkeit Im Folgenden ist zu untersuchen, ob der amicus partei- und prozessfähig sein muss. Feststeht, dass der amicus keine Partei des Prozesses ist. Er bildet vielmehr eine Sonderkategorie.19 Wenn der amicus aber keine Partei ist, warum sollte er dann parteiund prozessfähig sein? Nimmt man als Hintergrund der Überlegung die Regelung im deutschen Recht, kann man sich dies jedoch fragen. Dort muss der Nebenintervenient, welcher bekanntlich auch keine Prozess­partei ist, dennoch partei- und prozess­ fähig sein.20 Lässt sich diese Überlegung auf den amicus übertragen? Dabei ist es erforderlich, die Begrifflichkeiten Partei- und Prozessfähigkeit näher zu definieren. a)  U.S.-amerikanisches Recht Anders als das deutsche Zivilprozessrecht differenziert das U.S.-amerikanische Zivilprozessrecht nicht zwischen Partei- und Prozessfähigkeit. Beide Fallgruppen werden unter dem Begriff capacity to sue and be sued behandelt.21 R. 17 (b) FRCP trifft Regelungen, die nach deutschem Verständnis die Parteifähigkeit betreffen. Danach hängt die Parteifähigkeit von Individuen von der Rechtsordnung des Bundesstaates, in dem sie ihren Wohnsitz haben, ab, die von Kapitalgesellschaften 22 von der Rechtsordnung ihres Gründungssitzes, sonstige rechtliche Gebilde haben keine einheitliche Regelung erfahren.23 19  Dazu für das U.S.-amerikanische Recht oben §  2 C.; für das deutsche und europäische Kartellrecht oben §  3 D., dort besteht die Besonderheit, dass teilweise Informationen der Kommission als Einholung einer amtlichen Auskunft qualifiziert werden und teilweise eine Nähe zum Sachverständigen besteht; für die PTCP oben §  4 C.; für das Welthandelsrecht oben §  5 D. I.; für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit oben §  6 D. I. 20  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, S.  254. 21  Hierzu James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  598 ff. und vertiefend Kane, in: Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, §§  1559–1569. 22  R. 17 (b) (2) FRCP spricht in diesem Zusammenhang von corporation. Solche entsprechen den deutschen Kapitalgesellschaften, Hay, US-Amerikanisches Recht, S.  209, ausführlich Bungert, Gesellschaftsrecht in den USA, S.  1, 31 ff. 23  Es wird bewusst auf die Bezeichnung als juristische Person verzichtet, da eine unin-

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Hinsichtlich einer etwaigen Parteifähigkeit des amicus finden sich keine Aussagen. Zu beachten ist, dass sich im U.S.-amerikanischen Recht häufig Lobbygruppen als amicus beteiligen. Teilweise finden sich aber auch Zusammenschlüsse von Einzelpersonen nur zum Zweck der Einreichung eines amicus briefs.24 Abhängig vom Recht des Einzelstaates könnten selbst diese Zusammenschlüsse parteifähig sein. Auf der anderen Seite könnte bei entsprechender Lage in den Einzelstaaten die Parteifähigkeit fehlen. Vergleichbar könnte ein Unternehmen mit Gründungssitz in einem Bundesstaat parteifähig sein, mit Gründungssitz in einem anderen hingegen nicht. Es sind daher Situationen denkbar, in denen es einem potentiellen amicus an der Parteifähigkeit fehlt. Ist seine Teilnahme aus diesem Grund abzulehnen? Anders als im deutschen Recht wird im U.S.-amerikanischen Recht bei Instrumenten der Drittbeteiligung25 dem Dritten der Rang einer Partei zugesprochen.26 Dies gilt jedoch nicht für den amicus, der keine Partei ist.27 Insofern ließe sich die Voraussetzung der Parteifähigkeit bereits durch die formale Stellung des amicus im Prozess ablehnen. Hinzu kommen Sinn und Zweck des Instruments, welche primär darin liegen, dem Gericht die Meinung eines Dritten, nicht am Prozess Beteiligten, zukommen zu lassen.28 Kann das Unternehmen zwar in einem Bundesstaat nicht selbst klagen und verklagt werden, so ist doch die Einreichung eines amicus briefs eine geeignete Möglichkeit, diesem Unternehmen überhaupt eine Partizipation am Prozess zu ermöglichen. Ein solcher Gedankengang findet seine rechtliche Stütze in dem Verhältnis amicus – intervention. Dort dient der amicorporated association in der Regel nicht rechtsfähig ist: „At common law, an unincorporated association is not an entity, and has no status distinct from the persons composing it“, Dietz, Associations §  1, in: Am. Jur. 2d. R. 17 (b) (3) (A) FRCP spricht von partnership und unincorporated association. Eine partnership entspricht den deutschen Personengesellschaften OHG und KG, Hay, US-Ameri­ kanisches Recht, S.  205, ausführlich Bungert, Gesellschaftsrecht in den USA, 2.  Aufl., S.  1, 7 ff. Eine unincorporated association weist Ähnlichkeiten zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf, es muss beispielsweise ein gemeinsamer Zweck verfolgt werden, zur unincorporated association Dietz, Associations §  1, in: Am. Jur. 2d, jedoch fehlt ihr die Rechtsfähigkeit. Bezüglich der partnership hängt die Parteifähigkeit von dem Recht des Staates ab, in welchem sich der District Court befindet, R. 17 (b) (3) FRCP, wobei R. 17 (b) (3) (A) FRCP hier eine Ausnahme aufstellt. Clubs haben Ähnlichkeiten zum deutschen Verein, zu clubs Dietz, Associations §  2, in: Am. Jur. 2d, werden in R. 17 FRCP jedoch nicht genannt. Weiterführend zur Parteifähigkeit von clubs und unincorporated associations, Dietz, Associations §  49, in: Am. Jur. 2d; Kane, in: Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, §  1564. 24  Dazu oben §  2 B. I. 1. a). 25  Dazu oben §  2 D. 26  Dazu oben §  2 C. 27  Dazu oben §  2 C. 28  Ausführlich dazu §  2 B.

§  8  Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligung als amicus

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cus als Auffanginstrument, wenn die Voraussetzungen der intervention nicht vorliegen.29 Gleichermaßen kann der amicus Auffanginstrument sein, wenn die Parteifähigkeit nicht gegeben ist. Einer Parteifähigkeit bedarf es gerade nicht.30 R. 17 (c) FRCP erörtert Fragen der Prozessfähigkeit anhand der Fallgruppen Minderjährige und incompetent persons.31 Hinsichtlich der Prozessfähigkeit ist unklar, inwiefern diese auch für amici gelten soll. Könnte also beispielsweise ein Minderjähriger einen amicus brief einreichen? Minderjährige müssen als Partei im Prozess grundsätzlich durch einen gesetzlichen Vertreter32 vertreten werden.33 Da der amicus keine Partei ist, würde dies dafür sprechen, auch den amicus brief eines Minderjährigen ohne gesetzlichen Vertreter zuzulassen. Jedoch ist eine solche von Begrifflichkeiten geprägte Sichtweise abzulehnen. Argumentiert werden muss vielmehr mit dem Sinn und Zweck, Prozessunfähige im Allgemeinen und Minderjährige im Besonderen von der Prozessführung ohne gesetzlichen Vertreter auszuschließen. Hintergrund ist zum einen, den Prozessunfähigen vor den Folgen unsachgemäßer Prozessführung zu schützen. In den Blick genommen müssen aber auch das Gericht und der Prozessgegner, die ein Interesse an einem ziel­ gerichteten und geordneten Prozessgang haben.34 Nimmt man diese Kriterien als Ausgangspunkt, hängt die Beantwortung der Frage, ob Prozessunfähige amicus briefs einreichen können, zum einen von den Folgen eines amicus briefs für die jeweilige Person ab. Wie noch ausführlich zu zeigen sein wird, sind die potentiellen Folgen einer amicus-Beteiligung überschaubar,35 so dass dies für eine Verneinung der Voraussetzung der Prozessfähigkeit spricht. Vor dem Hintergrund, dass der amicus brief vornehmlich dem Gericht helfen soll, ist fraglich, inwiefern der brief eines Prozessunfähigen diese Aufgabe wahrnehmen kann. Sinnvoll erscheint es, amicus briefs Prozessunfähiger im Zweifelsfall abzulehnen. Ist der brief jedoch so verfasst, dass er dem Gericht helfen kann, und kann gleichzeitig gewährleistet werden, dass sich durch Einreichung des briefs 29 

Dazu oben §  2 B. I. 2. b) aa), §  2 D. I. Neben diesen an Sinn und Zweck orientierten Überlegungen spricht hierfür auch, dass weder die englischsprachige Literatur noch Rechtsprechung die Parteifähigkeit des amicus problematisieren. Kühne, Amicus Curiae, S.  63 f. spricht davon, dass es einer Antragsbzw. Beteiligungsfähigkeit nicht bedürfe. 31  Dazu R. 17 (c) FRCP; einen Überblick bieten u. a. Hazard/Tait/Fletcher/Bundy, Pleading and Procedure, S.  681 f. 32  Im Englischen guardian. 33  Im Einzelnen vgl. R. 17 (c) FRCP. 34  Für das deutsche Recht Lindacher, in: Krüger/Rausch, MünchKomm ZPO, Bd. 1, §  52 Rn.  2; dabei ist eine Übertragung dieser Gesichtspunkte auf das U.S.-amerikanische Recht unter funktionalen Gesichtspunkten denkbar. 35  Dazu unten §§  13 C. 30 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

keine negativen Folgen für den Einreichenden ergeben können, würde im Einzelfall der Einreichung eines amicus briefs auch durch einen Prozessunfähigen nichts entgegenstehen. b)  Europäisches und deutsches Kartellrecht Die ZPO regelt Partei- und Prozessfähigkeit in den §§  50 ff. ZPO. Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist, §  50 Abs.  1 ZPO. Dies sind natürliche und juristische Personen sowie die Personengesellschaften.36 Die Frage nach der Parteifähigkeit von amici im deutschen Zivilprozess muss vor dem Hintergrund der sich beteiligenden Akteure gestellt werden. Bekanntlich sind dies lediglich Europäische Kommission, Bundeskartellamt und Landeskartellbehörden.37 All diese Behörden haben ein gesetzliches Recht auf Beteiligung. Wären diese drei daher nicht parteifähig38 und wäre die Parteifähigkeit eine Voraussetzung für eine amicus-Beteiligung, würde dieses Recht leer laufen. Insofern kann es auf die Parteifähigkeit der Genannten nicht ankommen, da selbst im Falle des Nichtvorliegens diese ein gesetzliches Recht auf Beteiligung haben.39 Aus den einschlägigen Vorschriften ergibt sich zudem, dass dieses Recht teilweise gerade nicht von der Parteifähigkeit abhängig sein soll.40

36  Bezüglich der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, §§  705 ff. BGB, wurde lange Zeit angenommen, diese sei nicht rechtsfähig, unter anderem wegen der Vorschrift des §  736 ZPO, der für die Zwangsvollstreckung ein Urteil gegen alle Gesellschafter erfordert. Mit Einführung der Insolvenzfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, §  11 Abs.  2 Nr.  1 InsO, hat sich diese Ansicht erledigt. Im Anschluss daran geht auch der Bundesgerichtshof von der Rechts- und damit Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts aus, BGH, 29.01.2001, II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, 347, dazu: Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, S.  214. 37  Oben §  3 B. Zu den Landeskartellbehörden siehe §  90 Abs.  3 GWB. 38  Grundsätzlich sind Behörden selbst nicht parteifähig, sondern nur die juristischen Personen des öffentlichen Rechts, zu denen die Behörde gehört, näher Hausmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 3.  Aufl., Bd. I 2, §  50 Rn.  24 ff. Im Fall des Bundeskartellamts ist dies somit der Bund, Hausmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 3.  Aufl., Bd. I 2, vor §  50 Rn.  332. Das Bundeskartellamt selbst ist im Zivilprozess nicht parteifähig. Regelungen zur Beteiligtenfähigkeit trifft für das Verwaltungsverfahren §  67 Abs.  1 Nr.  2 GWB sowie §  54 Abs.  3 GWB. Aus diesen Sonderregelungen ergibt sich bereits, dass dem Bundeskartellamt eine allgemeine Beteiligten- bzw. Parteifähigkeit nicht zukommt, näher Schmidt, in: Immenga/ Mestmäcker, Bd. 2, §  77 GWB Rn.  8 39  Näher zu dieser Rechtsstellung unten §  8 B. I. 1. b), §  10 A. II. 40  So ordnet §  67 Abs.  1 Nr.  2 GWB explizit die Beteiligtenfähigkeit von Behörden an, deren Verfügung angegriffen werden soll. §  90 GWB verzichtet auf eine solche Regelung. Hieraus kann geschlossen werden, dass §  90 GWB eine Parteifähigkeit nicht voraussetzt.

§  8  Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligung als amicus

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Die Prozessfähigkeit wird im Wesentlichen in Übereinstimmung mit den §§  104 ff. BGB bestimmt. Prozessfähig ist, wer Verträge abschließen kann, §  52 ZPO.41 Während es auf die Parteifähigkeit nicht ankommen kann, stellt sich diese Frage erneut bei der Prozessfähigkeit. Aufgrund der Tatsache, dass sowohl Bundeskartellamt, als auch oberste Landeskartellbehörden und Europäische Kommission keine natürlichen Personen sind, müssten ihre gesetzlichen Vertreter prozessfähig sein. Fraglich ist, wer diese sind. §  90 Abs.  2 GWB regelt diese Frage für das Bundeskartellamt. Dort bestellt der Präsident des Bundeskartellamts eine Vertretung aus Mitgliedern des Bundeskartellamts. Da §  90 Abs.  2 GWB gemäß §  90 Abs.  3 GWB auch im Falle der obersten Landeskartellbehörde gilt, ist diese Regelung auf diese zu übertragen. §  90a GWB ist hier wesentlich weniger detailliert. §  90a Abs.  2 S.  1 GWB spricht von „Europäische ­Kommission“. Gesetzlicher Vertreter der Kommission ist ihr Präsident.42 Die Voraussetzung der Prozessfähigkeit ist vor dem Hintergrund des zum U.S.-amerikanischen Recht Gesagten grundsätzlich gegeben. Aufgrund der Besonderheit einer amicus-Teilnahme ist jedoch eine Prozessunfähigkeit dann unschädlich, wenn dem amicus aus seiner Beteiligung am Prozess selbst keine Pflichten erwachsen können und er dem Gericht trotzdem eine Hilfe sein kann.43 c)  Principles of Transnational Civil Procedure Die PTCP treffen keine Regelungen zur Partei- und Prozessfähigkeit. Ausweislich Kommentar P-A PTCP findet in diesen Fällen das nationale Prozessrecht des Staates, in dem sich das Gericht befindet, Anwendung. Nach diesem Recht würden sich daher Partei- und Prozessfähigkeit bestimmen. In Übereinstimmung mit dem U.S.-amerikanischen Recht und der ZPO ist dabei das Erfordernis der Parteifähigkeit abzulehnen. Dies wird auch durch den Wortlaut von P. 13 PTCP gestützt, der dieses Erfordernis nicht erwähnt. Hinsichtlich der Prozessfähigkeit bietet es sich an, an die zum U.S.-amerikanischen Recht getroffenen Überlegungen anzuknüpfen. Dort, wo ein prozessunfähiger amicus für sich 41  Inwiefern juristische Personen prozessfähig sind, ist umstritten. Teilweise wird dies verneint, teilweise bejaht, Überblick bei Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, Bd. 2, §  51 Rn.  12. Dieser Streit ist aus Perspektive der Praxis gegenstandslos, denn die Organe juristischer Personen können als deren gesetzliche Vertreter qualifiziert werden, so dass juristische Personen durch ihre Organe vertreten am Rechtsstreit teilnehmen können. 42  Art.  3 Abs.  3 Geschäftsordnung der Kommission, ABl. 2000, L 308/26. 43  Eine vorübergehende Störung der Geistestätigkeit im Sinne des §  105 Abs.  2 BGB, etwa im Wege der Volltrunkenheit, wäre sicherlich ein Fall, in dem die mangelnde Prozessfähigkeit die Gewährleistung einer unterstützenden Funktion des Gerichts zu verhindern in der Lage wäre.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

selbst negative Folgen hervorrufen kann oder dem Gericht keine Hilfe ist, ist seine Teilnahme abzulehnen. d) Welthandelsrecht Im Rahmen des DSU werden ebenfalls keine expliziten Regelungen zur Parteiund Prozessfähigkeit getroffen. Vor dem Hintergrund, dass der DSU es lediglich Mitgliedstaaten erlaubt, Streitigkeiten auszutragen, Art.  1 Abs.  1 DSU, ist die Parteifähigkeit jedoch auf solche begrenzt.44 Dass amici nicht parteifähig sein müssen, ist im Bereich des Welthandelsrechts offensichtlich und zugleich revolutionär: Offensichtlich, da fast alle amicus-Stellungnahmen bisher durch Nichtmitglieder erfolgten45 und die Debatte um die Zulässigkeit sowie die Chancen und den Nutzen von amici wesentlich von der Frage geprägt ist, inwiefern sich nichtstaatliche Akteure an einer etatistischen Streitbeilegung beteiligen können.46 Revolutionär, da sich dadurch eine Lockerung des intergouvernementalen Charakters des DSU zeigt. Die Abkehr von der streng etatistischen Streitbeilegung ist wesentlich durch amici erreicht worden.47 Die Prozessfähigkeit ist im DSU nicht geregelt. Klar ist, dass das betreffende Völkerrechtssubjekt selbst nicht prozessfähig sein kann; es braucht zwingend einen gesetzlichen Vertreter. Völkerrechtssubjekte lassen sich in Verhandlungen und Gerichtsverfahren durch ihre Organe, diese vertreten durch Beamte, vertreten, teils unter Zuhilfenahme des Verwaltungsapparats.48 Inwiefern diese Vertreter prozessfähig sein müssen, regelt der DSU nicht. Wenn es die Voraussetzung der Prozessfähigkeit nicht gibt, kann diese nicht zur Versagung der Beteiligung des amicus am Verfahren führen.49 e) Investitionsschiedsgerichtsbarkeit In der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit besteht ein Unterschied zwischen Verfahren unter Ägide des ICSID und sonstigen Verfahren, die meist anhand der 44  Zu dem intergouvernementalen Charakter der WTO-Streitbeilegung siehe oben §  5 B. II. 1. 45  Zu den Stellungnahmen von Mitgliedern vgl. oben §  5 D. II. 1. 46  Oben §  5 B. II. 1., C. III. 47  Zu einer mittelbaren Beteiligung transnationaler Unternehmen am Streitbeilegungsverfahren der WTO Nowrot, Normative Ordnungsstruktur und private Wirkungsmacht, S.  377 ff. Zur mittelbaren Beteiligung von Privaten auch Schwartmann, Private im Wirtschaftsvölkerrecht, S.  424 ff. 48  Schwartmann, Private im Wirtschaftsvölkerrecht, S.  424. 49  Wenn aber offenbar wird, dass der Vertreter des amicus Anzeichen aufweist, die einer fehlenden Prozessfähigkeit nach deutschem oder U.S.-amerikanischen Recht entsprechen, so kann dies in die bei §  10 darzustellende Ermessensentscheidung des Gerichts einfließen.

§  8  Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligung als amicus

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UNCITRAL AR beigelegt werden.50 Dieser Unterschied macht sich teilweise hinsichtlich der Bestimmung von Partei- und Prozessfähigkeit bemerkbar, weswegen beide Arten der Schiedsgerichtsbarkeit getrennt zu betrachten sind. ICSID-Verfahren sind überwiegend vom nationalen Recht losgelöst. Daher bestimmt Art.  25 ICSID Convention weitgehend autonom die Parteifähigkeit. Ausweislich Art.  25 Abs.  1 ICSID Convention muss eine der Parteien ein Staat51 sein, welcher der ICSID Convention beigetreten ist.52 Die andere Partei, der private Investor, muss ebenfalls die Nationalität eines Vertragsstaates innehaben.53 Art.  25 Abs.  2 ICSID Convention konkretisiert, wer privater Investor sein kann.54 50 

Dazu oben §  6 A. II. Möglich ist auch, dass statt des Staates eine staatliche Stelle handelt, Art.  25 Abs.  1 ICSID Convention „(or any constituent subdivision or agency of a Contracting State designated to the Centre by that State)“, dazu: Schreuer/Malintoppi/Reinisch/Sinclair, The ICSID Convention, Art.  25 Rn.  230 ff. 52  Zu dieser Regelung bestehen keine Ausnahmemöglichkeiten. Eine ad hoc Nutzung der ICSID Convention ist nicht möglich, Schreuer/Malintoppi/Reinisch/Sinclair, The ICSID Convention, Art.  25 Rn.  213. Jedoch können sich Nichtvertragsparteien an den Chairman des Adminstrative Council oder den Generalsekretär des ICSID wenden und diesen bitten, Schiedsrichter zu ernennen. Das Verfahren würde dann den UNCITRAL AR folgen, dazu: Schreuer/Malintoppi/Reinisch/Sinclair, The ICSID Convention, Art.  25 Rn.  227 ff. Möglich ist aber die Nutzung von ICSID Organen im Wege der Additional Facility Rules. 53  Grundsätzlich muss diese Partei privatrechtliche konstituiert sein. Inwiefern staatliche Unternehmen mit einer privatrechtlichen Rechtsform hiervon umfasst sind, ist nicht eindeutig. Der Wortlaut von Art.  25 Abs.  1 ICSID Convention „national of another Contracting State“, legt nahe, diese auch zu umfassen, „[…] unless it is acting as an agent for the government or is discharging an essentially governmental function.“, Broches, 136 Recueil des Cours, 331, 355 (1972); Schreuer/Malintoppi/Reinisch/Sinclair, The ICSID Convention, Art.  25 Rn.  270 ff. 54  In Betracht kommen zunächst natürliche Personen, welche eine andere Nationalität als die staatliche Partei haben müssen, Art.  25 Abs.  2 lit.  a) ICSID Convention. Pirrung wirft dabei die Frage auf, welches Recht für die Bestimmung der Eigenschaft als natürliche Person maßgeblich ist, wonach sich also die Parteifähigkeit, deren Beginn und Ende, sowie gegebenenfalls deren Verlust richtet. Er macht es abhängig von dem Recht des Staates, dem die Person angehört, Pirrung, Die Schiedsgerichtsbarkeit nach dem Weltbankübereinkommen für Investitionsstreitigkeiten, S.  66 f. Dies deckt sich mit der nunmehr bestehenden Praxis hinsichtlich der Frage, nach welchem Recht die Staatsangehörigkeit bestimmt wird, obwohl hier auch Ausnahmen möglich sind, dazu: Schreuer/Malintoppi/Reinisch/Sinclair, ICSID Convention, Art.  25 Rn.  641 ff. Der private Investor kann jedoch auch eine juristische Person sein, Art.  25 Abs.  2 lit.  b) ICSID Convention. Dabei muss diese entweder einem anderen Vertragsstaat als die staatliche Partei angehören oder aber die Nationalität der staatlichen Partei teilen, aber vom Ausland aus kontrolliert werden, weswegen die Parteien übereinkommen, diese juristische Person als ausländische Person zu behandeln, dazu ausführlich: Schreuer/ Malintoppi/Reinisch/Sinclair, ICSID Convention, Art.  25 Rn.  688 ff. Hinsichtlich der Bestimmung des Begriffs der juristischen Person wird auf das nationale Recht des Staates zu51 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Müsste ein amicus also eine natürliche oder juristische Person im Sinne von Art.  25 ICSID Convention sein? R. 37 Abs.  2 ICSID AR spricht von „a person or entity that is not a party to the dispute (in this Rule called the ‚non-disputing party‘)“. Der amicus ist demnach selbst nicht Partei. Sinn und Zweck des amicus ist es, einer breiten Öffentlichkeit den Zutritt zum Verfahren zu ermöglichen.55 Die ansonsten so abgeschottete Domäne der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit soll mittels einer breiteren Öffentlichkeitsbeteiligung transparenter und insofern auch ein Stück gerechter werden.56 Nicht mehr lediglich die Interessen der Parteien, sondern ein Stückweit die des Gemeinwohls sollen in das Verfahren einfließen können. Vor diesem Hintergrund wäre es verfehlt, die Anforderungen des Art.  25 Abs.  1 ICSID Convention auf amici zu übertragen. Denn auch amici aus Staaten, die nicht Vertragsstaaten sind, können ebenfalls in der Lage sein, einen wertvollen Beitrag zu leisten. Auch die Anforderungen von Art.  25 Abs.  2 ICSID Convention sollten nicht in der Weise aufrecht erhalten werden, dass der sich beteiligende amicus nach dem Recht eines Staates parteifähig sein muss. Zudem wird im Wortlaut von R. 37 Abs.  2 ICSID AR lediglich auf eine entity Bezug genommen und nicht wie bei Art.  25 Abs.  2 ICSID Convention auf eine juridical person. Die Prozessfähigkeit wird von den ICSID Convention und ICSID AR nicht geregelt. Denkbar ist ein Rückgriff auf das Recht des Staates, dem die betreffende Partei angehört. Dabei ist die Prozessfähigkeit nicht zwingend erforderlich, vielmehr sollen die zum U.S.-amerikanischen Recht getroffenen Überlegungen aufgegriffen werden. Die Parteifähigkeit bei sonstigen Schiedsverfahren richtet sich nach dem jeweiligen nationalen Recht, dem das Schiedsverfahren unterliegt.57 Wäre also deutsches Recht anwendbar, so würde §  50 ZPO zur Anwendung gelangen.58 Es ist durchaus denkbar, dass amicus briefs von Vereinigungen eingereicht werden, welche nach Maßgabe des jeweiligen nationalen Rechts nicht parteifähig sind. Würde man daher die Parteifähigkeit voraussetzen, würde eine Reihe von amici ihrer Möglichkeit zur Stellungnahme beraubt. Zudem wurde in der bisherückgegriffen, nach dem sich die Person gebildet hat, Schreuer/Malintoppi/Reinisch/Sinclair, ICSID Convention, Art.  25 Rn.  693. 55  Dazu oben §  6 C. IV. 56  Dazu oben §  6 C. IV. 57  So für die internationale Schiedsgerichtsbarkeit ausdrücklich Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, S.  242. 58  Prütting, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, §  1042 Rn.  13 stellt zwar nur auf den Grundgedanken der Regelung ab, inhaltlich dürfte damit aber die Geltung von §  50 ZPO gemeint sein. Die Frage der Rechtsfähigkeit würde dabei bei natürlichen Personen anhand des Heimatrechts und bei juristischen Personen anhand des Sitzrechts bestimmt werden, Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, S.  53.

§  8  Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligung als amicus

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rigen Praxis das Erfordernis der Parteifähigkeit nicht näher thematisiert. Dies spricht dafür, wie auch bei den anderen Prozessordnungen beziehungsweise Streitbeilegungssystemen die Parteifähigkeit nicht vorauszusetzen.59 Zu berücksichtigen ist ferner Art.  4 Abs.  1 UNCITRAL TR. Danach kann sich eine person an dem Verfahren beteiligen, sofern sie nicht eine der Streitparteien oder einer der beteiligten Staaten des zugrundeliegenden Investitionsvertrags ist. Anders als in R. 37 Abs.  2 ICSID AR verwendet Art.  4 Abs.  1 UNCITRAL TR nicht den Begriff entity, sondern lediglich den Begriff third person. Unklar ist bereits, was mit dem Begriff der Person gemeint ist. Würde man diesen Begriff rein dem Wortlaut nach auffassen, wäre bereits fraglich, ob damit nur natürliche Personen gemeint sind. Nach Art.  4 Abs.  2 lit.  a) UNCITRAL TR soll die third person ihre rechtliche Stellung beschreiben, etwa ob sie eine Handelsorganisation oder Nichtregierungsorganisation ist. Damit wird hinreichend deutlich, dass nicht nur natürliche Personen gemeint sind. Das Nichtverwenden des Begriffs der entity scheint zudem keine besondere Bedeutung zu haben, wie sich aus den vorbereitenden Materialien ergibt.60 Insofern ist davon auszugehen, dass die Parteifähigkeit keine Voraussetzung der Beteiligung ist, solange nur ein bestimmter rechtlicher Status angegeben werden kann. Ein anderes Ergebnis würde auch Sinn und Zweck von Art.  4 UNCITRAL TR entgegen laufen. Denn mit der Norm soll es gerade einer Vielzahl von Dritten ermöglicht werden, sich am Verfahren zu beteiligen. Die Prozessfähigkeit bestimmt sich ebenfalls nach dem nationalen Recht, welchem das Schiedsverfahren unterliegt.61 Dabei ist die Prozessfähigkeit grundsätzlich nicht erforderlich, wobei jedoch die für das U.S.-amerikanische Recht getroffenen Einschränkungen zu berücksichtigen sind. 59 

Eine Sonderstellung nehmen hier Verfahren unter Ägide des NAFTA ein. Ausweislich Ziff. B. 1. FTC-Statement kann amicus nur eine Person sein, die entweder die Nationalität eines Vertragsstaats innehat oder in einem solchen eine wesentliche Niederlassung unterhält. Dies führte in der Praxis dazu, dass in dem Verfahren Eli Lilly zwei amicus-Stellungnahmen mangels standing abgelehnt wurden, Eli Lilly and Company v. The Government of Canada, UNCITRAL, ICSID Case No. UNCT/14/2, Procedural Order No. 4, 23.02.2016, S.  3. 60  In UNCITRAL, Settlement of commercial disputes: preparation of a legal standard on transparency in treaty-based investor-State arbitration, A/CN.9/WG.2/WP.166 (55th session), Rn.  43 ist noch von entity die Rede und es wird auch auf Nichtregierungsorganisationen als amicus hingewiesen. In UNCITRAL, Settlement of commercial disputes: preparation of a legal standard on transparency in treaty-based investor-State arbitration, A/CN.9/WG.2/ WP.169 (56th session), Rn.  35 ist nur noch von third persons die Rede, obwohl immer noch auf Nichtregierungsorganisationen als amicus hingewiesen wird. Inhaltliche Erläuterungen zur Streichung von entity finden sich nicht. Daher ist davon auszugehen, dass damit keine inhaltliche Änderung erfolgen sollte. 61  Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, S.  242.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

f)  Vergleichende Analyse Allen untersuchten Prozessordnungen ist die grundsätzliche Ablehnung des Erfordernisses der Parteifähigkeit gemein. Die Gründe hierfür divergieren allerdings teilweise. Während im U.S.-amerikanischen Recht die formelle Einordnung als nonparty sowie Überlegungen zum Sinn und Zweck des Instruments die Voraussetzung der Parteifähigkeit entfallen lassen, ergibt sich hinsichtlich des deutschen Rechts ein anderes Bild. Dort kann die Parteifähigkeit keine Voraussetzung sein, da das Bundeskartellamt etwa ein Recht auf Beteiligung genießt. Im Rahmen der PTCP wird das Erfordernis der Parteifähigkeit mangels Verankerung in P. 13 PTCP abgelehnt. Im Rahmen des DSU zeigt sich, dass die Parteifähigkeit keine Voraussetzung für eine Beteiligung von amici sein kann, da amici dort grundsätzlich als eine Beteiligungsmöglichkeit nichtstaatlicher Akteure an einer etatistischen Streitbeilegung verstanden werden. In der Schiedsgerichtsbarkeit lassen sich ähnliche Überlegungen wie im Bereich des U.S.-amerikanischen und des Welthandelsrechts anstellen. Das Ablehnen des Erfordernisses der Parteifähigkeit spiegelt in prozessualer Hinsicht die Flexibilität des amicus wieder. Obwohl DSU und ICSID AR die Parteifähigkeit eng definieren, kann der amicus teilnehmen. Im deutschen Recht durchbricht der amicus gar die grundsätzliche Regel, dass sich beteiligende Dritte parteifähig sein müssen. Die Prozessfähigkeit von amici sollte wegen Sinn und Zweck dieses Erfordernisses grundsätzlich gewahrt sein. Bestehen jedoch bei mangelnder Prozessfähigkeit weder für den amicus selbst noch für das Gericht Nachteile, kann dieses Erfordernis ebenfalls entfallen. 2.  Postulationsfähigkeit Während Partei- und Prozessfähigkeit nur teilweise eine Voraussetzung für die Beteiligung als amicus darstellen, ist zu prüfen, wie sich die Situation hinsichtlich der Postulationsfähigkeit darstellt. Im U.S.-amerikanischen Recht besteht grundsätzlich kein Anwaltszwang, die Problematik der Postulationsfähigkeit stellt sich insofern nicht.62 Eine Ausnahme besteht zunächst für corporations, welche sich im Prozess anwaltlich vertreten lassen müssen.63 Würde sich eine solche corporation im Prozess als amicus beteiligen, müsste sie dann anwaltlich vertreten werden? Sinn und Zweck der anwaltlichen Vertretung von corporations ist die Aufrechterhaltung

62 

63 

28 USC §  1654 ordnet dies an. Dietz et al, Corporations §  1855, in: Am. Jur. 2d.

§  8  Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligung als amicus

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der ethischen Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts.64 Ausreichend zur Wahrung dieser Grundsätze scheint es, lediglich die Kapitalgesellschaft als Partei des Verfahrens dem Zwang anwaltlicher Vertretung zu unterwerfen. Eine zwingende anwaltliche Vertretung eines Unternehmens, welches einen amicus brief einreicht, sollte grundsätzlich nicht gefordert werden. In rechtlicher Hinsicht lässt sich diese Überlegung zudem mit einem Vergleich zu den S.Ct. Rules stützen. Dort ordnet R. 37.1 S.  3 S.Ct. Rules an, dass der amicus brief nur durch einen Anwalt eingereicht werden darf, der vor dem Supreme Court zugelassen ist. In diesem Fall besteht ein ausdrücklich normierter Anwaltszwang für amici, also auch für Unternehmen. Aber eben auch nur in diesem Fall. Die Intention des Normgebers65 ist daher so auszulegen, dass nur in explizit angeordneten Fällen ein Anwalt für die Einreichung des briefs und die etwaige Wahrnehmung weiterer Rechte notwendig ist. Anzumerken bleibt dennoch, dass in der Praxis amicus briefs regelmäßig von Anwälten eingereicht werden.66 Ausweislich §  78 Abs.  1 ZPO müssen sich die Parteien vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten anwaltlich vertreten lassen. Zwar gibt es der Wortlaut des §  78 Abs.  1 ZPO nicht explizit her, aber auch der Nebenintervenient muss sich im Anwaltsprozess anwaltlich vertreten lassen.67 Wenn also §  78 Abs.  1 ZPO statt nur für Parteien auch für Dritte gilt, welche Folgen hat dies für eine Beteiligung von amici? Denkbar wäre eine Übernahme des für den Nebenintervenienten gefundenen Ergebnisses für amici. Gegen eine solche Sichtweise spricht jedoch zunächst der Wortlaut von §§  90, 90a GWB, Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003. Dort findet sich kein Hinweis auf eine Pflicht zur anwaltlichen Vertre64  „Were it possible for corporations to prosecute or defend actions in person, through their own officers, men unfit by character and training, men, whose credo is that the end justifies the means, disbarred lawyers or lawyers of other jurisdictions would soon create opportunities for themselves as officers of certain classes of corporations and then freely appear in our courts as a matter of pure business not subject to the ethics of our profession or the supervision of our bar associations and the discipline of our courts.“, Mortgage Commission of New York v. Great Neck Improvement Co., 295 N.Y.S.  107, 114 (S.Ct. NY 1937), zitiert in Strong Delivery Ministry Ass’n v. Board of Appeals of Cook County, 543 F.2d 32, 33 f. (7th Cir. 1976). 65  Verfehlt wäre es hinsichtlich FRCP, FRAP und S.Ct Rules vom Gesetzgeber zu sprechen, wird damit doch der Eindruck erweckt, das Parlament hätte diese Regelungen erlassen. Grundsätzlich hat der Supreme Court dieses Recht inne, 28 U.S.C. §  2072. Dennoch ist seine Kompetenz diesbezüglich nicht ausschließlich, vgl. Wright/Miller/Kane/Marcus/Spencer/ Steinman, in: Wright/Miller, Federal Practice and Procedure §  1001. 66  Dies ergibt sich zum Beispiel aus Lynn, Appellate Litigation, S.  198, der eine Anleitung für Anwälte zum Verfassen eines solchen briefs bereitstellt; darauf hinweisend auch Hirte, ZZP 104 (1991), 11, 24 vgl. auch oben §  2 A. III. 67  Zeiss/Schreiber, Zivilprozessrecht, S.  325; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, Bd. 2, §  70 Rn.  1; BGH NJW 1991, 230.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

tung der jeweiligen Behörden.68 §  90 Abs.  2 GWB ermächtigt sogar die Vertretung selbst, dem Gericht Hinweise etc. zu liefern. Wäre vom Gesetzgeber die Vorschaltung eines Anwalts angeordnet, wäre zu erwarten, dass sich dies im Wortlaut niederschlägt. Gleiches gilt für §  90a Abs.  2 GWB. §  78 Abs.  1 ZPO gilt demnach nicht für Bundeskartellamt, Landeskartellbehörden und Europäische Kommission, wenn sie sich im Sinne der §§  90, 90a GWB, Art.  15 VO 1/2003 am Prozess beteiligen.69 Die PTCP kennen keinen Anwaltszwang. In P. 4 PTCP wird lediglich das Recht der Parteien diskutiert, einen Anwalt zu bestellen. Mangels eines generellen Anwaltszwangs kann sich dieser auch nicht auf amici erstrecken. Im Rahmen des DSU ist ein Anwaltszwang ebenfalls unbekannt. Im Gegenteil war sogar strittig, inwiefern sich die Parteien überhaupt von Anwälten vertreten lassen dürfen.70 Insofern wäre es nicht nachvollziehbar, wenn amici verpflichtet wären, ihre Beteiligung mittels eines Anwalts wahrzunehmen. In der Praxis hingegen werden amicus briefs recht häufig von Anwälten beziehungsweise rechtlich geschulten Personen eingereicht.71 Es erscheint sinnvoll, eine Person mit der Einreichung des Schriftsatzes zu betrauen, welche die Gepflogenheiten des DSU kennt, so dass die Aussichten auf eine erfolgreiche Teilnahme erhöht werden können. Ausweislich R. 18 ICSID AR können sich die Parteien von einem Anwalt vertreten lassen. Eine Pflicht besteht ausdrücklich nicht. Insofern gilt das für

68  Zu beachten ist, dass sowohl Bundeskartellamt, Landeskartellbehörden als auch Europäische Kommission in dieser Hinsicht besondere Behörden sind, da sie über einen hohen juristischen Sachverstand verfügen. 69  Für die Kommission auch ausdrücklich Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  29. 70  Mittlerweile ist eine Vertretung durch Anwälte akzeptierte Praxis, grundlegend hierzu die Entscheidung des Appellate Body European Communities – Regime for the Importation, Sale and Distribution of Bananas, Bericht des Appellate Body vom 09.09. 1997, WT/ DS27/AB/R, Rn.  12; Überblick bei Ohlhoff, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, S.  711; ausführlich hierzu etwa Stoiber, Das Streitschlichtungsverfahren der Welthandelsorganisation, S.  44 ff.; Laidhold, 12 Transnat’l. Law. 427, 434 ff. (1999). 71  Comments to the Appellate Body of the World Trade Organization, Earth Island Institute, Humane Society International and Sierra Club, 16.06.1998, in: United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, WT/DS58/AB/R wurde vom Earthjustice Legal Defense Fund eingereicht. Bei Written Submission of Non-Party Amici Curiae to the Appellate Body by The Humane Society of the United States, Humane Society International and American University’s Washington College of Law (WCL), 02.02.2012, in: United States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna and Tuna Products, WT/DS381/AB/R, beteiligten sich Anwälte an der Einreichung des briefs.

§  8  Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligung als amicus

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das DSU Gesagte. Auch die praktische Handhabung entspricht den Gepflogenheiten des DSU.72 Art.  5 UNCITRAL AR ermöglicht es den Parteien, sich vertreten zu lassen. Gleichwohl besteht keine Pflicht zur Vertretung. Insofern gilt dass zu DSU und ICSID Gesagte. Aus Art.  4 UNCITRAL TR ergibt sich ebenfalls keine Pflicht zur anwaltlichen Vertretung. Vielmehr folgt aus Art.  4 Abs.  4 lit.  a) UNCITRAL TR, dass eine Vertretung des amicus durch andere Personen grundsätzlich vorgesehen ist, dies aber nicht durch einen Anwalt zu erfolgen hat. Teilweise wird in der Literatur erwogen, R. 37 Abs.  2 ICSID AR um einen weiteren Absatz zu ergänzen, nachdem sich der amicus von einen Anwalt vertreten lassen soll.73 Es ist fraglich, inwiefern eine solchen Regelung vorteilhaft ist. Ruthemeyer führt insbesondere an, bei einer anwaltlichen Vertretung, könne es zu einer Qualitätssteigerung der Stellungnahme kommen. Dies überzeugt nicht. Zum einen erfolgt bereits in den meisten Fällen eine Vertretung durch Anwälte, so dass die Einführung einer Soll-Vorschrift hier keine wesentliche Änderung mit sich bringen dürfte.74 Weiterhin hat sich im U.S.-amerikanischen Recht gezeigt, dass die Vertretung durch einen Anwalt keineswegs eine Garant für Qualität ist. Der brief der Westboro Baptist Church wurde etwa von einer Anwältin eingereicht.75 Schließlich ist nicht ersichtlich, warum für amici andere Regeln als für die Parteien gelten sollten. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich der amicus im Prozess grundsätzlich nicht anwaltlich vertreten lassen muss. Im Bereich der ZPO ist dies eine Besonderheit, da dort nach Maßgabe des §  78 ZPO die Pflicht besteht, sich anwaltlich vertreten zu lassen. Der amicus unterstreicht in diesem Zusammenhang wiederum seine Sonderstellung. Nicht außer Acht gelassen werden darf jedoch der sehr kleine Kreis der sich potentiell beteiligenden amici im Rahmen der ZPO. Würde man diesen Kreis auf eine Vielzahl von Personen erweitern, wäre eine Pflicht zur anwaltlichen Vertretung eher denkbar. Interessant ist, dass sich amici vor dem Supreme Court anwaltlich vertreten lassen müssen. 72  Siehe beispielsweise Amicus Curiae Submission CELS et al, 04.04.2007, S.  29 f., in: Aguas Argentinas, S.A., Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona S.A., and Vivendi Universal S.A. v. The Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/03/19; Petition for Amicus Curiae Status LEAT et al., 27.11.2006, S.  1, in: Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22. 73  Ruthemeyer, Der amicus curiae brief im Internationalen Investitionsrecht, S.  291 ff., 300 f. 74  Darauf weist Ruthemeyer, Der amicus curiae brief im Internationalen Investitionsrecht, S.  293 auch selbst hin und spricht von einer Klarstellung. 75  Zu diesem brief oben §  2 B. III. Der brief wurde eingereicht von Margie J. Phelps, Esq., Brief of Westboro Baptist Church as Amicus Curiae in Support of Neither Party Sug­gesting Reversal, 2013 WL 355751, in: Hollingsworth v. Perry, 133 S.Ct. 2652 (2013).

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Dies ist höchstwahrscheinlich der extrem hohen Arbeitsbelastung sowie der Vielzahl von amicus briefs vor dem Supreme Court geschuldet. Könnte ein solcher brief durch jedermann eingereicht werden, könnte es sein, dass dieser nicht den formalen Anforderungen entspricht, die der Supreme Court an ihn stellt. Abseits dieser Sonderkonstellation scheint eine anwaltliche Vertretung des amicus insgesamt nicht zwingend, kann aber sinnvoll sein, wenngleich eine Sollvorschrift nicht erforderlich scheint. 3. Personenverschiedenheit Nachdem das Erfordernis der Postulationsfähigkeit für die Mehrzahl der Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen abgelehnt wurde, ist nunmehr zu fragen, inwiefern zwischen dem potentiellen amicus und den Parteien Personenverschiedenheit herrschen muss. Das U.S.-amerikanische Recht trifft hierzu in den einschlägigen Regelungen keine explizite Aussage. Allerdings wird das Gericht vom amicus kaum neue Informationen erhalten, wenn dieser deckungsgleich mit der Partei ist. Zudem begrenzen FRAP und S.Ct. Rules die Seitenzahlen der Parteischriftsätze.76 Könnte die Partei nun im eigenen Namen einen amicus brief einreichen, könnte diese Regelung umgangen werden. In der Rechtsprechung findet sich zudem ein Fall, in dem ein Gericht explizit hervorgehoben hat, dass Partei und amicus nicht identisch sein dürfen.77 Der Fall ist insofern bemerkenswert, als es dort einer bestimmten staatlichen Stelle versagt wurde, als amicus teilzunehmen, da bereits die Vereinigten Staaten Partei waren. Der Begriff der Personenidentität ist daher funktional zu sehen und umfasst auch Stellen, die eine bestimmte Verbindung mit der Hauptpartei innehaben. Wann von einer solchen Verbindung zu sprechen ist, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht näher erörtert. Für staatliche amici bietet es sich an, zu untersuchen, inwiefern die staatlichen Stellen einem gemeinsamen Rechtsträger unterstehen, etwa dem federal government. In Bezug auf private amici könnte eine vergleichbare Überlegung im Hinblick auf Tochter- und Mutterunternehmen getätigt werden. Beteiligt sich jemand als Nebenintervenient im Rahmen der ZPO, darf er nicht mit der Partei identisch sein.78 „Wer sich bereits in der Parteirolle befindet, ist nicht Dritter.“79 Eine Situation, in der etwa das Bundeskartellamt Partei ist und zugleich als amicus agieren möchte, ist nicht vorstellbar. 76  Unter den Begriff des Parteischriftsatzes fällt auch die Berufungsschrift. Zur Länge von Parteischriftsätzen im Einzelnen R. 32 FRAP, R. 33 S.Ct. Rules. 77  United States v. Smith, 686 F. Supp. 847, 853 (D. Colo. 1988). 78  Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, Bd. 2, §  66 Rn.  8. 79  Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, Bd. 2, §  66 Rn.  8.

§  8  Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligung als amicus

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Die PTCP treffen zu diesem Problem keine Aussage. Auch hier gebieten Sinn und Zweck der Vorschriften, die eine amicus-Beteiligung regeln, eine Personen­ identität zwischen amicus und Partei nicht zuzulassen. Es gelten die für das U.S.-amerikanische Recht getätigten Überlegungen insofern sinngemäß, als sie sich nicht auf Seitenzahllimitierungen beziehen, da solche im Rahmen der PTCP nicht vorgesehen sind. Im DSU wird die überwiegende Anzahl der Stellungnahmen von Nichtmitgliedern abgegeben. Unter diesem Gesichtspunkt droht eine mögliche Personen­ identität nicht. Möglich wäre eine solche allenfalls bei der Stellungnahme eines Mitglieds. In diesem Fall wäre die Stellungnahme als unzulässig zu betrachten, da sie den Sinn und Zweck einer Drittbeteiligung zuwider liefe. Ferner ergibt sich aus Ziff.  3 (f) Add. Proc., dass eine amicus-Stellungnahme nicht wiederholend sein soll. R. 37 Abs.  2 ICSID AR spricht die Problematik ebenfalls nicht an. Die UNCITRAL AR regeln amici überhaupt nicht, mittlerweile trifft aber Art.  4 UNCITRAL TR eine Regelung über den amicus, die sich zu dieser Frage aber nicht explizit verhält. Wie im Rahmen der anderen Rechts- und Prozessordnungen festgestellt, würde es Sinn und Zweck einer Drittbeteiligung zuwider laufen, wenn eine Personenidentität zulässig wäre. Daher ist in allen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen eine Personenidentität zwischen amicus und Partei ausgeschlossen.

B.  Antrag und Schriftsatz Nachdem die allgemeinen Voraussetzungen geprüft und verglichen wurden, sind nunmehr die besonderen, weil nur für den amicus geltenden Voraussetzun­ g­en zu analysieren und zu vergleichen. Während beim Nebenintervenienten die Erörterung des Interventionsgrunds im Vordergrund steht, ist beim amicus der Fokus zunächst auf Erforderlichkeit und Ausgestaltung eines Antrags auf Zulassung zu richten. Besondere inhaltliche Anforderungen sind zumeist als Entscheidungsparameter formuliert und werden daher gesondert behandelt.80

80  Die Praxis der gerichtlichen Ermessensausübung wird ausführlich unten bei §  10 B. erörtert.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

I.  Notwendigkeit und Ausgestaltung eines vorherigen Antrags auf Zulassung Zu untersuchen ist eingangs, ob die Zulassung des amicus zum Verfahren zweistufig abläuft. Zweistufig bedeutet, dass zunächst ein Antrag auf Zulassung eingereicht wird und, im Anschluss wenn dieser positiv vom Gericht beschieden ist, der amicus brief selbst. Im amerikanischen Recht sind neben Anträgen auf Zulassung zum Verfahren auch solche bekannt, die eine mündliche Beteiligung des amicus zum Ziel haben.81 Da mit dieser Art von Antrag nicht die Zulässigkeit einer amicus-Beteiligung in Frage steht, sondern vielmehr neben der generellen Zulässigkeit, die zusätzliche Frage nach weiteren Beteiligungsmöglichkeiten, ist sie nicht Gegenstand dieses Abschnitts.82 1.  Notwendigkeit eines Antrags a)  U.S.-amerikanisches Recht Gemäß R. 29 FRAP ist eine motion for leave to file, Antrag auf Zulassung, nur in bestimmten Fallkonstellationen notwendig. Ausgenommen von diesem Erfordernis sind zunächst staatliche Stellen,83 R. 29 (a) S.  1 FRAP. Weiterhin ist ein solcher Antrag nicht notwendig, wenn die Parteien der Einreichung des amicus briefs zugestimmt haben, R. 29 (a) S.  2 FRAP. R. 37 S.Ct. Rules ist im Wesentlichen regelungsidentisch. Auch dort ist ein Antrag auf Zulassung nur dann erforderlich, wenn die Parteien nicht ihre Zustimmung zum amicus brief signalisiert haben, R. 37.2 (b), 37.3 (b) S.Ct. Rules.84 Generell ausgenommen vom 81 

R. 28.7 S.Ct. Rules; R. 29 (g) FRAP. Behandelt wird der Antrag auf mündliche Beteiligung am Verfahren unten bei §  13 B. I. 1. e). 83  Zur näheren Definition vgl. oben §  2 B. I. 1.; in diesem Zusammenhang ist nochmals darauf hinzuweisen, dass Kongressabgeordnete nicht als staatliche Stellen im Sinne von R. 29 FRAP, 37 S.Ct. Rules qualifiziert werden. 84  R. 37.2 und 37.3 S.Ct. Rules unterscheiden sich dadurch, dass sich R.37.2 S.Ct. Rules maßgeblich auf amicus-Stellungnahmen bezieht, die im Rahmen der petition for writ of certiorari abgegeben werden, während sich R. 37.3 S.Ct. Rules auf Stellungnahmen zur Hauptsache bezieht. Im Zuge der Aktualisierung der Supreme Court Rules im Jahre 2013 wurde verdeutlicht, dass die Parteien die Möglichkeit haben, auch eine blanko Zustimmung, sogenannter blanket consent, für sämtliche mögliche amicus briefs in einem Verfahren zu erteilen, R. 37.2 (a) S.  9, R. 37.3 (a) S.  10 S.Ct. Rules, damit soll das Verfahren erleichtert werden, Revision to Rules of the United States Supreme Court, Clerk’s Comment, 2013, S.  15. In der Praxis wurde schon vor dieser Regelungsänderung häufig so verfahren, dazu Franze/Anderson, Nat. L.J., 18.09.2013. Die ganz überwiegende Anzahl der Parteien erteilt einen solchen blanket consent, Orr Larsen, 100 Va. L. Rev. 1757, 1768 (2014). Vor dem Hintergrund, dass solche amicus-Stellungnahmen nicht mehr anhand inhaltlicher Kriterien überprüft werden, 82 

§  8  Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligung als amicus

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Zustimmungserfordernis der Parteien oder einem Antrag auf Zulassung sind wiederum staatliche Stellen, R. 37.4 S.Ct. Rules.85 Nicht geregelt ist die Teilnahme von amici im Rahmen erstinstanzlicher Verfahren vor den District Courts. Dabei ist es generell anerkannt, dass sich amici auch in erstinstanzlichen Verfahren beteiligen können.86 Fraglich ist zunächst, ob amici hier einen Antrag auf Zulassung stellen müssen. Dies ist der Fall wie eine Auswertung der einschlägigen Entscheidungen der District Courts zeigt. Teilweise wird explizit auf das Antragserfordernis eingegangen,87 teilweise wird jedoch der Antrag nur am Rande der Entscheidung behandelt.88 Wenn also amici grundsätzlich einen Antrag auf Zulassung einreichen müssen, stellt sich die Frage, inwiefern die für S.Ct. Rules und FRAP gefundenen Ausnahmen – etwa für staatliche Stellen – auch im Rahmen der District Courts zutreffen. Für eine solche Sichtweise könnte sprechen, dass die Gerichte wiederholt R. 29 FRAP als Orientierungshilfe genutzt haben.89 Gegen eine solche Sichtweise spricht jedoch die fehlende Normierung des amicus im Rahmen der FRCP. Zwar wird R. 29 FRAP teilweise als Auslegungshilfe herangezogen, doch eben nur als Auslegungshilfe. Eine komplette Übernahme wird von den District Courts dazu unten §  10 A. I., kann sich dies im Hinblick auf missbräuchliche Stellungnahmen, dazu oben §  2 B. III., als nachteilig erweisen. 85  Oberlaber, ZfRV (2013), 229, 232 verkennt diese Ausnahmemöglichkeiten, wenn er ausführt, „Immer muss ein Antrag auf Erstattung eines amicus-curiae-briefs eingebracht werden (Motion for Leave)“. 86  Siehe dazu die bereits zitierten Urteile bei §  2 A. III. 2., B. I. 2. b) aa) sowie die im Folgenden zitierten Urteile. 87  In Automobile Club of New York, Inc. v. Port Authority of New York and New Jersey, 2011 WL 5865296 (S.D.N.Y. 2011) sprach das Gericht von einer motion, die es gewährt hat. In United States v. Gotti, 755 F. Supp. 1157, 1158 (E.D.N.Y. 1991) diskutierte das Gericht die Anforderungen für einen amicus brief auf Ebene der District Courts und erwähnte in diesem Zusammenhang auch eine motion. In Jamaica Hosp. Medical Center, Inc. v. United Health Group, Inc., 584 F. Supp. 2d 489, 497 (E.D.N.Y. 2008) war ebenfalls von einer motion die Rede. Gleiches gilt für United States v. Alkaabi, 223 F. Supp. 2d 583, 592 (D.N.J. 2002) und Wisconsin Educ. Ass’n Council v. Walker, 824 F. Supp. 2d 856, 861 (W.D. Wis. 2012). 88  In Yip v. Pagano, 606 F. Supp. 1566, 1568 (D.N.J. 1985) sprach das Gericht von einem request des amicus. Damit dürfte das gleiche gemeint sein wie ein Antrag. Ebenfalls von einem request ist in Leigh v. Engle, 535 F. Supp. 418, 419 (N.D. Ill. 1982) die Rede. In District of Columbia v. Potomac Elec. Power Co., 826 F. Supp. 2d 227, 237 (D.D.C. 2011) gewährte das Gericht dem amicus die Teilnahme am Verfahren, obwohl dieser einen Antrag auf Beteiligung als amicus nicht gestellt hat, wohl aber einen Antrag auf Zulassung als Intervenient. Es entspricht gängiger Praxis bei Versagung der Intervention die Zulassung als amicus in Betracht zu ziehen, dazu oben §  2 D. 89  Beispielsweise in United States v. Gotti, 755 F. Supp. 1157, 1158 (E.D.N.Y. 1991); United States v. Alkaabi, 223 F. Supp. 2d 583, 592 (D.N.J. 2002); Jin v. Ministry of State Security, 557 F. Supp. 2d 131, 137 (D.D.C. 2008).

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

gerade nicht angestrebt. In der Rechtsprechung haben die District Courts dieses Ergebnis wiederholt bestätigt, indem sie betonen, private und staatliche amici würden gleich behandelt.90 Daher müssen vor den District Courts alle amici einen Antrag auf Zulassung stellen. b)  Europäisches und deutsches Kartellrecht Das europäische Recht kennt ein zweistufiges Verfahren grundsätzlich nicht.91 Auch wird dort eine Stellungnahme der Kommission oder der mitgliedstaatlichen Wettbewerbsbehörden nicht von der Zustimmung der Parteien abhängig gemacht. Gleiches gilt für das deutsche Recht. Auch dort ist für die Beteiligung des Bundeskartellamts92 ein vorheriger Antrag nicht erforderlich. c)  Principles of Transnational Civil Procedure Die Principles sind in dieser Hinsicht etwas unklar. In P. 13 S.  1 PTCP heißt es: „[…] background information may be received from third persons with the consent of the court“. Es ist fraglich, wie diese Formulierung zu verstehen ist. Denkbar wäre eine Auslegung dahingehend, dass amicus briefs nur eingereicht werden dürfen, wenn das Gericht bereits seine Zustimmung erteilt hat. Eine solche Auslegung würde einem zweistufigen Verfahren entsprechen. Allerdings ist von einem Antrag auf Zulassung nicht die Rede. Aus P. 13 S.  3 PTCP folgt jedoch, dass die Parteien zum amicus brief Stellung beziehen sollen, bevor dieser vom Gericht berücksichtigt wird. Dies spricht für ein Antragserfordernis. Man kann sich dies etwa so vorstellen, dass der amicus sich zunächst mit dem Antrag an das Gericht wendet. Dieses verständigt die Parteien, welche zum Antrag Stellung beziehen können. Sodann kann das Gericht über den Antrag entscheiden. Es ist dabei ausweislich Kommentar P-13B PTCP nicht durch die Reaktionen der Parteien gebunden. Gibt das Gericht dem Antrag statt, wird sodann der brief eingereicht, welcher durch die Parteien erneut kommentiert werden kann. Abschließend erst soll das Gericht den brief berücksichtigen dürfen. Ein solcher Ablauf setzt die Stellung eines Antrags voraus.

United States v. State of La, 751 F. Supp. 651, 620 (E.D. La 1990); Leigh v. Engle, 535 F. Supp. 418, 420 (N.D. Ill. 1982); Waste Management of Pennsylvania, Inc. v. City of York, 162 F.R.D. 34, 36 (M.D. Pa. 1995). 91  Ein Antrag kann jedoch notwendig sein, wenn sich die Kommission beziehungsweise die mitgliedstaatliche Wettbewerbsbehörde entschließt, eine mündliche Stellungnahme abzugeben; dazu ausführlich unten §  13 B. II. 92  Wenn in den folgenden Ausführungen von Bundeskartellamt die Rede ist, kann an dessen Stelle auch regelmäßig die oberste Landesbehörde gemäß §  90 Abs.  3 GWB treten. 90 

§  8  Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligung als amicus

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d) Welthandelsrecht Ausweislich der Additional Procedure muss einer amicus-Stellungnahme ein Antrag auf Zulassung vorausgehen.93 Im Gegensatz zum U.S.-amerikanischen Recht wird auch keine Ausnahme hiervon gemacht, wenn die Parteien zustimmen oder sich eine staatliche Stelle als amicus beteiligt. Wie bereits vermerkt ist die Additional Procedure jedoch unmittelbar nur in dem Verfahren EC – Asbestos gültig.94 Die bisherige Praxis von amicus briefs hat gezeigt, dass ein Antrag auf Zulassung in der Regel nicht gestellt wird und die amici ihre briefs direkt bei dem Panel beziehungsweise Appellate Body einreichen.95 Insoweit hat die Additional Procedure hier keine Signalwirkung für die spätere Praxis. Dies lässt sich aus dem Umstand erklären, dass sich amici nicht die Mühe machen werden, einen Antrag auf Zulassung einzureichen, wenn ein solcher nicht explizit gefordert ist. Im Welthandelsrecht ist daher faktisch ein Antrag nicht erforderlich. e) Investitionsschiedsgerichtsbarkeit R. 37 Abs.  2 ICSID AR ist hinsichtlich der Notwendigkeit einer Antragstellung umständlich formuliert. Anstatt wie im U.S.-amerikanischen Recht klar das Erfordernis einer Antragstellung zu formulieren, ordnet R. 37 Abs.  2 S.  1 ICSID AR lediglich an, dass das Schiedsgericht zunächst beide Parteien zu Stellungnahmen aufzufordern hat und es anschließend eine schriftliche Stellungnahme des amicus zulassen kann. Bezugspunkt dieser Stellungnahme der Parteien kann nur ein Antrag auf Zulassung sein, so dass von der Notwendigkeit, einen solchen zu stellen, auszugehen ist. Dies bestätigt auch die Praxis.96 93 

Ziff.  2, 3 Add. Proc. Dazu oben §  5 B. I. 1. 95  Für das Panel ergibt sich diese beispielsweise aus den Entscheidungen United States – Certain Country of Origin Labelling (COOL) Requirements, Bericht des Panels vom 18.11.2011, WT/DS384/R, WT/DS386/R, Rn.  2.9 und United States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna and Tuna Products, Bericht des Panels vom 15.09.2011, WT/DS381/R, Rn.  7.1 ff. in denen das Panel lediglich ausführte, dass es einen amicus brief erhalten habe, nicht aber von einem Antrag auf Zulassung spricht. Gleiches gilt für den Appellate Body in United States – Definitive Anti-Dumping and Countervailing Duties on Certain Products from China, Bericht des Appellate Body vom 11.03.2011, WT/ DS379/AB/R, Rn.  18; China – Measures Affecting Imports of Automobile Parts, Bericht des Appellate Body vom 15.12.2008, WT/DS339/AB/R, WT/DS340/AB/R, WT/DS342/AB/R, Rn.  11; Brazil – Measures Affecting Imports of Retreaded Tyres, Bericht des Appellate Body vom 03.12.2007, WT/DS332/AB/R, Rn.  7. 96  Für Verfahren nach Erlass von R. 37 Abs.  2 ICSID AR siehe den Antrag Petition for Amicus Curiae Status LEAT et. al., 27.11.2006, in: Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22. Hinsichtlich Verfahren vor Erlass von R. 37 Abs.  2 ICSID AR siehe beispielsweise Petition of La Coordinadora Para la Defensa del 94 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Verfahren unter Anwendung der UNCITRAL AR, die gleichzeitig keine NAFTA-Verfahren sind und bei denen die UNCITRAL TR nicht gelten, kennen das Erfordernis einer vorherigen Antragstellung nicht, da die UNCITRAL AR amici nicht explizit regeln.97 In der bisherigen Praxis – der Fall Chevron – ist dem amicus brief ein Antrag auf Zulassung vorausgegangen.98 Aus der Procedural Order des Schiedsgerichts ergibt sich weiterhin, dass der amicus zunächst beim Schiedsgericht angefragt hatte, wie sich das weitere prozessuale Vorgehen gestalte.99 Nach dieser Anfrage reichte der amicus den Antrag auf Zulassung ein. Auch wenn es aus der Procedural Order nicht explizit hervorgeht, ist doch der Rückschluss angebracht, dass das Schiedsgericht den amicus aufgefordert hat, einen Antrag auf Zulassung zu stellen. Art.  4 Abs.  2 UNCITRAL TR setzt einen Antrag für eine amicus-Stellungnahme ausdrücklich voraus. Bei Verfahren unter der Ägide des NAFTA ergibt sich aus Ziff. B. 1. FTCState­ment ein Antragserfordernis. Ebenso wie im Rahmen der Additional Procedure des Appellate Body in EC – Asbestos ist ein solcher Antrag stets einzureichen und nicht wie im U.S.-amerikanischen Recht Ausnahmen zugänglich. f)  Vergleichende Analyse Bis auf das europäische und deutsche Kartellrecht kennen alle Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen das Erfordernis einer vorherigen Antragstellung.100 Für europäisches und deutsches Kartellrecht ist dies folgerichtig. Denn im Gegensatz zu den übrigen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen beteiligen sich dort nur besonders qualifizierte Behörden. Zudem steht dort die Zulassung eines amicus briefs nicht im Ermessen des Gerichts. Sind die Beteiligungsvoraussetzungen gegeben, hat die Kommission beziehungsweise die naAgua y Vida et. al., 29.08.2002, in: Aguas del Tunari, SA v. Republic of Bolivia, ICSID Case No. ARB/02/03; Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona SA, and Vivendi Universal SA v. Argentine, ICSID Case No. ARB/03/19, Order in Response to a Petition for Transparency and Participation as Amicus Curiae, 19.05.2005, S.  2. 97  Bei den UNCITRAL AR (2013) verweist Art.  1 Abs.  4 UNCITRAL AR (2013) nunmehr auf die UNCITRAL TR. Dies setzt aber voraus, dass die UCNITRAL TR nach deren Art.  1 bzw. der UN-CT anwendbar sind, zu Art.  1 Abs.  4 UNCITRAL AR (2013) oben §  6 B. II. 2. b). Zur Anwendbarkeit der UNCITRAL TR oben §  6 B. II. 2. a). 98  Chevron Corporation and Texaco Petroleum Corporation v. The Republic of Ecuador, PCA Case No. 2009-23, Procedural Order No. 8, 18.04.2011, Rn.  3. 99  Chevron Corporation and Texaco Petroleum Corporation v. The Republic of Ecuador, PCA Case No. 2009-23, Procedural Order No. 8,18.04.2011, Rn.  1. 100  Wenngleich die Praxis im Welthandelsrecht einen Antrag auf Zulassung nicht kennt und bei der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit R. 37 Abs.  2 ICSID AR einen Antrag nicht fordert, ein solcher aber in der Praxis üblich ist.

§  8  Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligung als amicus

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tionale Wettbewerbsbehörde einen Anspruch auf Einreichung des amicus briefs.101 Ein Antrag wäre insofern widersinnig. Das Erfordernis eines vorherigen Antrags ist eine brauchbare Option für das Gericht, ungeeignete amicus briefs von Anfang an auszusortieren. Die im amerikanischen Recht großzügig gewährten Ausnahmeregeln sind auf der anderen Seite eine sinnvolle Möglichkeit, die Anzahl der Anträge zu verringern. Erklären sich beide Parteien mit der Einreichung eines amicus briefs einverstanden, ist das Aussortieren unpassender Stellungnahmen prinzipiell sichergestellt. Auch sollten die Parteien als Herren des Verfahrens darüber Auskunft geben können, inwiefern sie der amicus-Teilnahme zustimmen. Erst bei einer ablehnenden Haltung hat das Gericht über die Zulassung des amicus briefs zu entscheiden. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang aber die oben erläuterte Änderung der S.Ct. Rules, nach der eine Blanko-Zustimmung erteilt werden kann. Entscheiden sich die Parteien hierfür, wird eine Kontrolle nicht mehr gewährleistet. Im Einzelfall führt dies zu problematischen Ergebnissen.102 Die Privilegierung staatlicher Stellen im U.S.-amerikanischen Recht ist im Wesentlichen auf die Wahrung des öffentlichen Wohls und deren spezielle Expertise zurückzuführen.103 Zwar geben auch verschiedene Nichtregierungs­ organisationen im Welthandelsrecht und in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit an, Aspekte des öffentlichen Wohls schützen zu wollen, dennoch ist diese Behauptung nur eingeschränkt überprüfbar. Gerade eine Antragstellung kann dazu dienen, entsprechende Organisationen näher kennenzulernen, so dass nicht auf eine solche verzichtet werden sollte. Anders verhält sich dies im Rahmen der Beteiligung von Kommission und nationalen Kartellbehörden. Diese vertreten kraft Amtes das öffentliche Interesse an einem freien Wettbewerb.104 Insofern ist auch unter funktionalen Gesichtspunkten das Fehlen einer Antragspflicht für diese gerechtfertigt. 2.  Ausgestaltung des Antrags Nachdem die Notwendigkeit eines Antrags in der Mehrzahl der Rechts- und Prozessordnungen verdeutlicht wurde, ist zu fragen, wie dieser ausgestaltet sein muss. In hohem Maße praxisrelevant ist dabei die Frage, ob die amicus-Stellungnahme dem Antrag beizufügen ist.

101 

Dazu auch unten §  10 A. II. Dazu oben §  2 B. III. 103  Dazu oben §  2 A. III. 2. 104  Dazu oben §  3 C. I. 3., II. 102 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

a)  Amicus brief im Rahmen des Antrags Im Bereich des U.S.-amerikanischen Rechts ist die amicus-Stellungnahme dem Antrag beizugeben.105 P. 13 PTCP gibt hierzu keine Anhaltspunkte, so dass die Stellungnahme dem Antrag nicht beigefügt zu werden braucht. Die Additional Procedure verzichtet ebenfalls auf dieses Erfordernis. Ziff. B. 1. FTC-Statement hingegen fordert den Antragsteller auf, seine Stellungnahme dem Antrag beizufügen. Art.  4 Abs.  2 UNCITRAL TR regelt nicht ausdrücklich, inwiefern der amicus brief dem Antrag beigefügt sein muss. Aus Art.  4 Abs.  3 lit.  b) UNCITRAL TR ergibt sich jedoch, dass der Inhalt des amicus briefs wesentliches Kriterium für die Prüfung des Antrags ist.106 Insofern wird der potentielle amicus schon aus Eigeninteresse seinen brief dem Antrag beifügen. R. 37 Abs.  2 ICSID AR regelt diese Frage nicht. In dem Verfahren Pac Rim hingegen wurden die Anforderungen an einen Antrag mittels einer Pressemitteilung konkretisiert. In dieser hieß es unter anderem, dem Antrag sei die Stellungnahme bereits beizufügen.107 Daher scheint die Praxis in ICSID-Verfahren eine Antragstellung zusammen mit Einreichung der späteren Stellungnahme zu fordern. Auch lassen sich die Überlegungen zu den UNCITRAL TR hinsichtlich des Eigeninteresses des amicus übertragen, da auch R. 37 Abs.  2 S.  2 lit.  a) ICSID AR eine inhaltliche Prüfung der amicus-Stellungnahme fordert. Vorteil der Beifügung der Stellungnahme an den Antrag ist die Möglichkeit des Spruchkörpers sich einen umfassenden Überblick über den jeweiligen brief zu machen. Für den amicus bedeutet ein solches Vorgehen jedoch eine erhebliche Erschwernis. Er muss seinen brief bereits ausformulieren, bevor er überhaupt weiß, ob dieser zugelassen wird.108 Wird der Antrag hingegen ohne Beifügung des briefs eingereicht, ist der Spruchkörper gezwungen, über einen Antrag zu entscheiden, ohne den eigentlichen brief zu kennen.

105 

R. 29 (b) FRAP, R. 37.2 (b), 37.3 (b) S.Ct. Rules. Im Rahmen der District Courts sind amici wie gesehen nicht geregelt. Es wäre jedoch unlogisch, für diese von der bestehenden Praxis vor den U.S. Courts of Appeals und dem Supreme Court abzuweichen. 106  Zur Prüfung des Antrags näher bei §  10 B. IV. 107  Pac Rim Cayman LLC v. Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB/09/12, Proce­ dural Order Regarding Amicus Curiae, 02.02.2011. Das Verfahren Pac Rim Cayman LLC v. Republic of El Salvador greift zwar auch auf die Regelungen des CAFTA zurück, dazu oben §  6 E., dort ist unter Art.  10.20 Abs.  3 CAFTA in Bezug auf amici aber lediglich geregelt, dass diese zulässig sein können. Ein genaues Verfahren findet sich nicht, so dass die Erwägungen des Schiedsgerichts verallgemeinerbar sind. 108  Darauf hinweisend Himmelfarb/Pincus, in: Lacovara, Federal Appellate Practice, S.  409.

§  8  Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligung als amicus

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b)  Inhaltliche und formelle Anforderungen aa)  U.S.-amerikanisches Recht Im Rahmen von R. 29 (b) FRAP müssen neben dem eigentlichen brief zudem noch das Interesse des Antragstellers (statement of interest)109 sowie eine Begründung, warum der brief wünschenswert ist und warum die angesprochenen Umstände für die Entscheidung des Falls relevant sind, benannt werden, R. 29 (b) (1), (2) FRAP. Aus R. 25, 27 FRAP ergeben sich weitere Anforderungen, die für alle prozessualen Anträge gelten, mithin auch für solche auf Einreichung eines amicus briefs.110 R. 27 (a) (1) FRAP stellt zunächst ein Schriftformerfordernis auf, welches jedoch unter einem Ausnahmevorbehalt durch Anordnung des Gerichts steht. Inhaltliche Anforderungen ergeben sich aus R. 27 (a) (2) FRAP. Danach muss der Grund des Antrags benannt und dieser rechtlich untermauert werden. Zahlreiche, für U.S.-amerikanische Prozessordnungen typische Anforderungen bezüglich der genauen Form ergeben sich aus R. 27 (d) FRAP. Dabei interessieren Anforderungen bezüglich des Formats meist nicht, erscheint es doch unerheblich, wie genau die Bindung des Antrags zu erfolgen hat, dazu R aber R. 27 (d) (1) (C) FRAP. Wichtiger ist hingegen die Seitenzahllimitierung auf 20 Seiten, R. 27 (d) (2) FRAP, ist diese doch limitierender Faktor für den Inhalt.111 Ausweislich R. 25 (d) FRAP muss dem Antrag ein proof of service112 beigefügt sein. Die S.Ct. Rules verlangen zunächst, dass der Antragsteller sein Interesse dartut, R. 37.2 (b), 37.3 (b) S.Ct. Rules.113 Zusätzlich ist noch die Partei zu benennen, die der Einreichung des amicus briefs nicht zugestimmt hat, R. 37.2 (b), 37.3 (b) S.Ct. Rules. Nach R. 37.5 S.Ct. Rules muss dem Antrag ein proof of service beigefügt sein und er darf eine Länge von 1500 Wörtern nicht über109  Bereits hingewiesen wurde darauf, dass dieser Punkt in der Praxis auch zum Vorstellen des amicus genutzt wird, oben §  2 B. I. 2. b), dazu auch Kühne, Amicus Curiae, S.  66 f. 110  Dies ausdrücklich betonend Himmelfarb/Pincus, in: Lacovara, Federal Appellate Practice, S.  409. 111  In diesem Zusammenhang haben auch einige der etwas detailversessenen Anforderungen an das Format ihre Berechtigung, da es bezüglich der Seitenanzahl einen erheblichen Unterschied bedeutet, ob man einzeilig geschriebene oder doppelzeilig geschriebene Anträge, Anträge mit oder ohne Rand, abgibt. 112  Die Zustellung, service, von Klagen, Anträgen und Schriftsätzen etc. ist im U.S.-amerikanischen Prozessrecht grundsätzlich Sache der Parteien, dazu oben §  2 A. II. 2. a). Der proof of service ist demnach der Beweis der Zustellung, welcher beispielsweise durch Unterschrift der Partei, an die das fragliche Dokument zugestellt werden sollte, geführt werden kann, R. 25 (d) (1) (A) FRAP. 113  Auch im Rahmen der S.Ct. Rules wird in der Praxis hier oftmals der amicus vorgestellt.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

schreiten. Zudem verweist R. 37.5 S.Ct. Rules für den Antrag auf Zulassung auf R. 21, 33.1 S.Ct. Rules. R. 21 S.Ct. Rules regelt die Anforderungen an sämtliche prozessualen Anträge. Ähnlich wie R. 27 (a) (2) FRAP werden einige grund­ legende Anforderungen an die inhaltliche Ausgestaltung des Antrags gestellt, wie beispielsweise den Zweck des Antrags, sowie die rechtlichen und tatsäch­ lichen Gegebenheiten zur Begründung des Antrags, R. 21.1 S.Ct. Rules. Sodann folgen formelle Anforderungen, bei denen die 40-fache Ausfertigung des Antrags, R. 21.2 (b) S.Ct. Rules als zumindest originell heraussticht. R. 33.1 S.Ct. Rules regelt weitere Formalia, wie Format und Ähnliches.114 Nicht ausdrücklich geregelt ist, dass Anträge schriftlich gestellt werden müssen. Dies ergibt sich aber aus anderen Regelungen.115 Wie bereits gesehen, sind amicus briefs vor den District Courts nicht geregelt.116 Insofern existieren auch keine Regelungen bezüglich formeller oder inhaltlicher Anforderungen an den Antrag. Sinnvoll erscheint es, die drei inhalt­ lichen Voraussetzungen der FRAP zu übernehmen. Der Antrag sollte das In­ teresse des Antragstellers, eine Begründung, warum der brief wünschenswert ist und warum die angesprochenen Umstände für die Entscheidung des Falls relevant sind, enthalten. Eine Übernahme der formellen Anforderungen ist hingegen nicht zielführend. Hier bietet es sich an, Anleihe an den für pleadings und motions normierten Grundsätzen der FRCP zu nehmen.117 bb)  Principles of Transnational Civil Procedure Aus P. 13 PTCP geht zwar mittelbar ein Erfordernis der Antragstellung hervor, jedoch ergibt sich anhand dieser Vorschrift nicht, was Inhalt eines solchen Antrags sein muss. In Anlehnung an das U.S.-amerikanische Recht sollte der amicus im Rahmen des Antrags sein Interesse an der betreffenden Streitigkeit näher darlegen. Auch sollte das Gericht darüber informiert werden, ob die Parteien von dem Antrag des amicus durch diesen informiert wurden. In formaler Hinsicht scheint eine Limitierung der Länge des Antrags zur Vermeidung von uferlosen Anträgen sinnvoll.

114  Bemerkenswert ist, dass hierbei die Ausführungen noch detaillierter als bei R. 27 (d) FRAP sind. Da die Länge des Antrags mit 1.500 Wörtern feststeht, ist fraglich, was eine solche Regelungswut auslöst. Denkbar ist es, die Arbeit des ohnehin überlasteten Supreme Courts durch stark formalisierte Anträge und Schriftsätze zu erleichtern. 115  Aus R. 21, 33 S.Ct. Rules ergibt sich implizit aber zweifelsfrei, dass Anträge schriftlich erfolgen müssen, da detaillierte Anforderungen an die schriftliche Ausgestaltung des Antrags gestellt werden. 116  Dazu oben §  8 B. I. 1. a). 117  Insbesondere R. 11, 12 FRCP.

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cc) Welthandelsrecht Für das Welthandelsrecht enthält Ziff.  3. Add. Proc. detaillierte Anforderungen bezüglich des Antrags auf Zulassung. Zunächst werden verschiedene Formalien geregelt.118 Auch darf der Antrag gemäß Ziff.  3 (b) Add. Proc.nicht länger als drei Seiten sein. Ferner findet sich eine Offenlegungsverpflichtung des Antragstellers, in der dieser erklären muss, ob er Verbindungen zu einer der Parteien oder Drittparteien unterhält und ob er von einer Partei oder von Drittparteien unterstützt wird, Ziff.  3 (g) Add. Proc. Weiterhin lassen sich inhaltliche Regelungen ausmachen. Der Antrag muss eine Beschreibung des Antragstellers und dessen Interesse an der betreffenden Streitigkeit erkennen lassen, Ziff.  3 (c), (d) Add. Proc. Zudem muss der Antrag aufzeigen, „why it would be desirable, in the interests of achieving a satisfactory settlement of the matter at issue, in accordance with the rights and obligations of WTO Members under the DSU and the other covered agreements, for the Appellate Body to grant the applicant leave to file a written brief in this appeal; and indicate, in particular, in what way the applicant will make a contribution to the resolution of this dispute that is not likely to be repetitive of what has been already submitted by a party or third party to this dispute“, Ziff.  3 (f) Add. Proc.119 dd) Investitionsschiedsgerichtsbarkeit R. 37 Abs.  2 ICSID AR setzt ebenfalls einen Antrag voraus, ohne jedoch dessen Inhalt näher zu präzisieren. Anhaltspunkte bietet jedoch die bisherige Praxis. Die Anträge beginnen teils damit, dass die Entscheidungen, die das Schiedsgericht treffen soll, aufgeführt werden.120 Neben einer Beteiligung als amicus wird der Zugriff auf die entscheidenden Verfahrensdokumente beantragt.121 Hintergrund ist die oftmals fehlende Verfügbarkeit solcher Dokumente für Dritte.122 Schließlich wird die Teilnahme am Verfahren beantragt.123 Dies ist hinsichtlich 118 

Ausweislich Ziff.  3 (a) Add. Proc. muss der Antrag schriftlich erfolgen, mit einem Datum versehen sein, unterschrieben werden sowie Adresse und weitere Kontaktinformationen des Antragsteller enthalten. 119  Auf die nähere Umsetzung dieser Norm in der Praxis wird im Rahmen der Untersuchung der Entscheidungsparameter bei §  10 B. III. eingegangen. 120  Petition for Amicus Curiae Status LEAT et al., 27.11.2006, S.  2 , in: Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22; Petition of La Coordinadora Para la Defensa del Agua y Vida et. al., 29.08.2002, S.  2 f., in: Aguas del Tunari, SA v Republic of Bolivia, ICSID Case No. ARB/02/3. 121  Petition for Amicus Curiae Status LEAT et al., 27.11.2006, S.  2 , in: Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22. 122  Dazu ausführlich unten §  9 A. II. 5. 123  Submission as Amicus Curiae CIEL, 02.03.2011, S.  2 , in: Pac Rim Cayman LLC v. Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB/09/12.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

der bestehenden in camera Bestimmungen konsequent. Weiteres gemeinsames Merkmal der Anträge ist eine Beschreibung der Antragsteller.124 Anschließend gehen die Anträge dazu über, ihr Anliegen näher auszuführen, insbesondere unter Berücksichtigung der Entscheidungsparameter von R. 37 Abs.  2 der ICSID AR.125 In dem Verfahren Pac Rim wurden zudem weitere Voraussetzungen genannt. So darf der Antrag 20 Seiten nicht überschreiten, muss eine Offen­ legungsverpflichtung ähnlich der im Welthandelsrecht enthalten sowie das Interesse des Antragstellers näher darstellen.126 Das Statement der Free Trade Commission im Zuge von NAFTA-Verfahren beginnt zunächst mit der Nennung einiger Formalien.127 Sodann wird die Länge des Antrags auf fünf Seiten limitiert, Ziff. B. 2. (b) FTC-Statement. Anschließend soll eine Beschreibung des Antragstellers erfolgen, Ziff. B. 2. (c) FTC-Statement. Zudem muss der Antragsteller eine Verbindung zu einer der Parteien sowie die finanzielle Unterstützung im Zusammenhang mit Erstellung des briefs offenlegen, Ziff. B. 2. (d), B. 2. (e) FTC-Statement. Im Anschluss an diese mehr technischen Aspekte folgen einige inhaltliche Vorgaben. Der Antragsteller muss sein Interesse an der Streitigkeit benennen, Ziff. B. 2. (f) FTC-Statement, die wesentlichen faktischen oder rechtlichen Ausführungen des abzugebenden briefs erkennen lassen, Ziff. B. 2. (g) FTC-Statement, sowie unter Bezugnahme auf die bei Statement B. 6. FTC-Statement niedergelegten Voraussetzungen128 darstellen, warum das Schiedsgericht seinen brief akzeptieren soll, Ziff. B. 2. (h) FTC-Statement. Nach Art.  4 Abs.  2 UNCITRAL TR soll der Antrag schriftlich erfolgen und kurz gefasst sein. Weiterhin soll er in der Verfahrenssprache abgefasst sein und nicht die vom Schiedsgericht vorgegebene Seitenzahllimitierung überschreiten. Die weiteren Anforderungen in Art.  4 Abs.  2 lit.  a)–lit.  e) UNCITRAL TR sind beinah vollständig wortgleich zu denen in Ziff. B. 2. c)–g) FTC-Statement.

124  Submission as Amicus Curiae CIEL, 02.03.2011, S.  1 f., in: Pac Rim Cayman LLC v. Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB/09/12; Petition for Amicus Curiae Status LEAT et al., 27.11.2006, S.  3, in: Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22. 125  Beispielsweise Petition for Amicus Curiae Status LEAT et al., 27.11.2006, S.  10 ff., in: Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22. Zu den Entscheidungsparametern unten §  10 B. IV. 126  Pac Rim Cayman LLC v. Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB/09/12, Procedural Order Regarding Amicus Curiae, 02.02.2011. 127  Der Antrag muss schriftlich erfolgen, mit einem Datum versehen sein, unterschrieben werden sowie Adresse und weitere Kontaktinformationen des Antragsteller enthalten. 128  Zu diesen im Rahmen der Entscheidungsparameter näher §  10 B. IV.

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Hinsichtlich sonstiger Verfahren unter Geltung der UNCITRAL AR ist bisher nur das Verfahren Chevron zu nennen. Dort orientiert sich der Antrag an der Praxis der ICSID-Schiedsgerichte.129 ee)  Vergleichende Analyse Auffällig ist zunächst die Ähnlichkeit zwischen der Additional Procedure des Appellate Body und dem Statement der Free Trade Commission. Teilweise wortgleich finden sich dort übereinstimmende Erläuterungen. Die zeitliche Abfolge beider Dokumente legt den Schluss nahe, dass sich die Free Trade Commission bei Abfassen ihrer Stellungnahme an der Additional Procedure des Appellate Body orientiert hat. Dies überrascht nicht, hat sich doch das Panel in der Sache Methanex bei der Frage der Zulässigkeit von amicus briefs ebenfalls an der Rechtsprechung des Appellate Body orientiert.130 Im Hinblick auf die Anforderungen, die sich aus Art.  4 UNCITRAL TR ergeben, ist ebenso eine große Ähnlichkeit zu den Anforderungen des FTC-Statement und der Add. Proc. gegeben.131 Ist ein solcher Trend der Angleichung von Verfahrensvorschriften begrüßenswert? Dies muss bejaht werden. Zum einen können sich amici, die sich im Rahmen des Welthandelsrechts beteiligen, auch bei investitionsrechtlichen Verfahren beteiligen.132 Für diese stellt es eine Erleichterung dar, wenn sich die Vorschriften ähneln. Zum anderen kann die Anlehnung an eine geübte Praxis von Vorteil sein. Dadurch wird nämlich auf der einen Seite ein Stück Rechts­ sicherheit gewährt und auf der anderen Seite kann auf die Erfahrung mit betreffenden Regelungen zurückgegriffen werden. Bezüglich der bestehenden Er­ fahrung ist es das U.S.-amerikanische Recht, welches den größten Reichtum bietet. Hätte man daher nicht einfach die amerikanischen Regeln „abschreiben“ können? 129  Der Inhalt des Antrags ist teils in Chevron Corporation and Texaco Petroleum Corporation v. The Republic of Ecuador, PCA Case No. 2009-23, Procedural Order No. 8, 18.04.2011, S.  2 ff. ersichtlich. 130  Dazu oben §  6 B. II. 2. b). 131  In den Materialien zur Verabschiedung der UNCITRAL TR wird angemerkt, die Regelung betreffend den amicus sei „along the lines of Rule 37 (2) of the ICSID Arbitration Rules, as complemented by elements dealt with under paragraph B.2 of the NAFTA Free Trade Commission’s ‚Statement of the Free Trade Commission on non-disputing party participation of 7 October 2004‘“, ausgearbeitet worden. Wobei mit dem FTC-Statement ein größeres Maß an Übereinstimmung besteht. 132  Das Center for International Environmental Law (CIEL) beteiligte sich an zahlreichen Verfahren innerhalb der Welthandelsorganisation, beispielsweise Amicus Curiae Brief, CIEL et. al., 03.07.2006, in: Brazil – Measures Affecting Imports of Retreaded Tyres, WT/ DS332/R und an investitionsrechtlichen Verfahren wie beispielsweise Submission of Non-­ Disputing Parties, CIEL et. al., 09.03.2004, in: Methanex v. United States.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

In Bezug auf inhaltliche Anforderungen ist dies teilweise geschehen. Die Passage in der Additional Procedure, die den Antragsteller verpflichtet darzulegen, warum es wünschenswert ist, den Antrag zuzulassen und wie der Antrag zur Lösung des Falls beitragen kann, findet sich beinahe wortgleich in R. 29 (b) (2) FRAP. In Ziff. B. 2. (h) FTC-Statement finden sich ähnliche Anforderungen. Auch in den prozessualen Richtlinien im Verfahren Pac Rim wird darauf verwiesen, wie der amicus zur Streitbeilegung beitragen kann.133 Art.  4 Abs.  2 UNCITRAL TR hingegen verzichtet hierauf, regelt aber, dass das Interesse des amicus und seine Argumentationslinie darzustellen sei, was zumindest vergleichbar ist. Die S.Ct. Rules stellen ein solches Erfordernis ebenfalls nicht auf. Allerdings ist der Antrag ausweislich R. 21.1 S.Ct. Rules zu begründen. Eine solche Begründung läuft in der Praxis darauf hinaus, auch darzustellen, wie der amicus zur Lösung des Falls beitragen kann.134 Es ist im Interesse des amicus selbst, dass er dort, wo ein Antrag notwendig ist, das Gericht davon zu überzeugen sucht, wie er diesem bei Entscheidung der Streitigkeit helfen kann. Daher ist das Erfordernis einer solchen Begründung sinnvoller Bestandteil des Antrags. Für die Entscheidung des Gerichts über einen Antrag auf Zulassung als amicus ist zudem das Herausstellen des Interesses des Antragstellers an der Streitigkeit wesentlich. Je stärker der Antragsteller eine Verknüpfung von Streitigkeit und seinen Interessensphären herausarbeitet, desto einfacher ist es für das Gericht, eine angemessene Entscheidung zu treffen.135 Daher ist es selbstverständlich, dass alle Regelungen dieses Erfordernis aufstellen. Im Rahmen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit und des Welthandelsrechts findet sich zudem noch das Erfordernis der Beschreibung des Antragstellers. Eine solche Vorgabe erfüllt die wichtige Funktion, dem Spruchkörper zu signalisieren, ob man es beispielsweise mit einer anerkannten Umweltrechtsorgani­ sation oder einer doch radikal anmutenden Splitterorganisation zu tun hat.136 Pac Rim Cayman LLC v. Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB/09/12, Proce­ dural Order Regarding Amicus Curiae, 02.02.2011. 134  Anträge auf Zulassung finden sich abgedruckt in Boskey, in: 1AA West’s Fed. Forms, Supreme Court §  434. Folgende Auszüge verdeutlichen, dass die amici stets darauf hinweisen, wie sie zur Lösung des Falls beitragen können: [ first illustration]: „We feel that our contribution should assist the Court in setting the problems here presented[…]“; [second ­illustration]: „The attached brief is submitted in the hope that it will assist the Court so to do.“ Im Rahmen der second illustration findet sich dieser Satz am Ende der Ausführungen. Der vorherige Teil wurde überwiegend dafür genutzt, konkret aufzuzeigen, wie der amicus zur Entscheidung des Gerichts beitragen kann. 135  Dabei muss jedoch beachtet werden, dass bei einem sehr starken Interesse des amicus auch dessen Parteilichkeit im Raum stehen kann, was negative Konsequenzen haben könnte, dazu unten §  10 B. 136  Die Abgrenzung zwischen „anerkannter Umweltrechtsorganisation“ und „radikaler 133 

§  8  Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligung als amicus

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Dem erkennenden Spruchkörper wird es ermöglicht, bereits einen ersten subjektiven Eindruck zu gewinnen. Dabei gebietet eine ordnungsgemäße Entscheidung über den Antrag aber, sich primär auf Aspekte zu beziehen, mit denen der amicus das Verfahren in rechtlicher Art und Weise voranzubringen gedenkt. Dennoch hat dieses Erfordernis zwecks erster Orientierung seine Berechtigung. Warum aber findet es sich nicht explizit im U.S.-amerikanischen Recht? Für den Bereich der FRAP ist dies dem Umstand geschuldet, dass die Information, wer amicus ist, im Rahmen des amicus briefs selbst gegeben wird.137 Die S.Ct. Rules stellen ein solches Erfordernis nicht explizit auf. In der Praxis wird diese Information dennoch oftmals beigefügt.138 Ein Grund für den Verzicht auf eine explizite Regelung könnte darin zu sehen sein, dass der Supreme Court von jeher eine hohe amicus-Partizipation erfahren hat139 und dieser seine amici daher bereits kennt. Auch reichen teilweise ausländische Staaten amicus briefs ein und deren Identität ist hinlänglich bekannt. Insgesamt zeigen sich deutliche Konvergenzen bezüglich der inhaltlichen Anforderungen der verschiedenen Regelungen. Welches Bild ergibt sich jedoch hinsichtlich der formellen Anforderungen? Alle Regelungen setzen einen schriftlichen Antrag voraus.140 Fraglich ist, warum der Antrag nicht auch mündlich gestellt werden kann. Im Rahmen der S.Ct. Rules werden mündliche Anträge generell nicht zugelassen, wohl um die ohnehin kurz bemessene Zeit des Gerichts nicht zusätzlich zu strapazieren. Die FRAP hingegen lassen Anträge in Ausnahmefällen auch mündlich zu, R. 27.1 FRAP, so dass der amicus seinen Antrag theoretisch auch mündlich stellen könnte. Im Bereich des Welthandelsrechts und insbesondere der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist ein mündlicher Antrag meist nicht möglich, da ein Großteil der Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgt und dieser Ausschluss auch amici betrifft.141 In diesem Zusammenhang sind nunmehr aber die UNCITRAL TR zu beachten, die innerhalb bestimmter Ausnahmen,

Splitterorganisation“ ist sicherlich nicht einfach. Wäre beispielsweise ein amicus brief der PETA ersterer oder letzterer Gruppe zuzuordnen? Beides ließe sich wohl vertreten – ersteres wegen ihres Bekanntheitsgrads, letzteres wegen der teils radikalen Forderungen dieser Organisation. 137  R. 29 (c) (4) FRAP. Zudem wird auch, wie bereits angemerkt, oben §  8 B. I. 2. b) aa), im Statement of Interest darauf eingegangen. 138  Boskey, in: 1AA West’s Fed. Forms, Supreme Court §  434 gibt insgesamt 14 Beispiele für Anträge auf Zulassung vor dem Supreme Court, von denen lediglich in vier Beispielen nicht eine Erklärung folgt, wer der amicus ist. Dazu auch bereits oben §  8 B. I. 2. b) aa). 139  Dazu oben §  2 A. III, E. 140  Zu der Ausnahmemöglichkeit bei den FRAP sogleich. 141  Dazu oben §§  5 B. IV., 6 C. III. und unten §  9 A. II.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

die Verhandlung öffentlich machen.142 Allerdings ist ein qualitativer Unterschied zwischen dem Beiwohnen der Verhandlung und der Teilnahme daran etwa durch Antragstellung gegeben. Auch können die umfangreichen Anforderungen von Art.  4 Abs.  2 UNCITRAL TR nur schwerlich im Rahmen eines mündlichen Antrags erfüllt werden. Weitere detaillierte Anforderungen, wie sie sich aus den S.Ct. Rules und den FRAP etwa in Bezug auf das Format des Antrags ergeben, sind im Bereich des Welthandelsrechts und der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit nicht gegeben. Dies lässt sich damit erklären, dass solch detaillierte Regelungen eine U.S.-amerikanische Besonderheit sind. Regelungen bezüglich der Länge des Antrags finden sich in den meisten Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen. Art.  4 Abs.  2 UNCITRAL TR überlässt es dabei dem Schiedsgericht, im Einzelfall die maximale Seitenzahl festzulegen. Die Begrenzung auf 1500 Wörter in R. 37.5 S.Ct. Rules ist dabei recht knapp, die FRAP mit 20 Seiten stellen das andere Extrem dar. In der Praxis wurden bei fehlender Seitenzahlregelung Anträge bis zu 59 Seiten lang.143 Dies verdeutlicht die Notwendigkeit einer Seitenzahlbegrenzung, da ansonsten uferlose Anträge drohen, die sich diametral zum Ziel eines ökonomischen Verfahrens verhalten. Einen proof of service, Beweis der Zustellung, verlangt nur das U.S.-amerikanische Recht. Das ist konsequent, da nur dort die Zustellung von Schriftsätzen Sache der Parteien ist und im Rahmen von Welthandelsrecht und Investitionsschiedsgerichtsbarkeit der erkennende Spruchkörper die Parteien vom Antrag beziehungsweise amicus brief in Kenntnis setzt.144 Eine Offenlegungsverpflichtung145 sehen nur die Add. Proc., das Statement der Free Trade Commission und die UNCITRAL TR vor. Dabei existiert eine solche auch im U.S.-amerikanischen Recht, dort ist sie allerdings erst im Rahmen des amicus briefs selbst gefordert.146 Hinsichtlich Sinn und Zweck solcher Offenlegungsverpflichtungen muss differenziert werden. Bestimmungen nach welchen die Unterstützung durch eine der Parteien offenzulegen ist, dienen im Rahmen des U.S.-amerikanischen Rechts dazu, bestehende Seitenzahllimitierungen bezüglich der Parteischriftsätze durch Auslagerung von Teilen dieser in 142 

Dazu oben §  6 C. IV. 1. Petition for Limited Participation as Non-Disputing Parties, The Center for Applied Legal Studies et. al., 17.07.2009, in: Piero Foresti, Laura de Carli & Others v. The Republic of South Africa, ICSID Case No. ARB(AF)/07/01. 144  Ziff.  9 Add. Proc. sieht lediglich vor, dass die Parteien vom amicus brief unterrichtet werden, nicht aber vom Antrag. Im Rahmen des Statement der Free Trade Commission werden die Parteien sowohl über Antrag als auch über brief unterrichtet, Ziff. B. 4. FTC-State­ ment. 145  Damit ist die Erklärung gemeint, ob der amicus bei seiner Erklärung von den Parteien oder einem anderen Dritten unterstützt wurde. 146  R. 29 (c) (5) FRAP, R. 37.6 S.Ct. Rules. 143 

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einen amicus brief nicht zu umgehen.147 Diese Erklärung trifft für das Welthandelsrecht und die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit nicht zu. Dort fordern die einschlägigen prozessualen Regelungen keine Seitenzahlbegrenzung der Parteischriftsätze. Warum also soll der amicus eine Beziehung zur Partei offenlegen? Für den Spruchkörper, der über einen Antrag auf Zulassung eines Dritten entscheidet, kann es wesentlich sein, zu erfahren, ob dieser Dritte in einem Verhältnis zu der Partei steht. Hinsichtlich der Unabhängigkeit und Neutralität des Dritten ergeben sich schwerwiegende Zweifel, wenn dieser unmittelbar von der Partei unterstützt wird. Die Partei könnte versuchen, ihre eigenen Positionen mittels eines Dritten in den Prozess einzubringen und den Spruchkörper hinsichtlich der Herkunft dieser Informationen in die Irre zu leiten. Ein solcher Erklärungsansatz für die Voraussetzung einer Offenlegungsverpflichtung kann auch für das U.S.-amerikanische Recht herangezogen werden. Neben einer Unterstützung durch die Partei wird im Rahmen des FTC-Statements, der UNCITRAL TR und des U.S.-amerikanischen Rechts zusätzlich gefordert, die finanzielle Hilfe durch sonstige, nicht am Verfahren beteiligter Dritter offenzulegen. Sinn und Zweck einer solchen Regelung ist es, zu offenbaren, aus welchen Gründen der amicus eine seiner Positionen vertritt. Eine finanzielle Unterstützung des amicus kann dazu führen, dass dieser auf die Interessen des Unterstützers eingeht. Im Sinne einer bestmöglichen Transparenz ist daher die Offenlegung solcher Unterstützer wünschenswert. Die Add. Proc. stellt dies dadurch sicher, dass der Antragsteller seine finanziellen Quellen offenbaren muss, Ziff.  3 (c) Add. Proc. Im U.S.-amerikanischen Recht wurde die Einführung von R. 37.6 S.Ct. Rules auch als Zeichen für die parteiische Ausrichtung der meisten amicus briefs interpretiert.148 Diese Sichtweise ist sicherlich berechtigt.

II.  Ausgestaltung und Voraussetzungen des briefs Nachdem zumindest eine inhaltliche Konvergenz der Ausgestaltung des Antrags auf Zulassung festgestellt wurde, ist zu fragen, inwiefern dies auch für den amicus brief selbst gilt. Zu diesem Zwecke sind die diesbezüglichen Anforderungen der Rechts- und Prozessordnungen nachstehend zu untersuchen.

147  Gressman/Geller/Shapiro/Bishop/Hartnett, Supreme Court Practice, S.  738 f.; Committee Notes on Rules – 2010 Amendment; mit Verweis auf Glassroth v. Moore, 347 F.3d 916, 919 (11th Cir. 2003), dort führte das Gericht aus, „amicus briefs are often used as a means of evading the page limitations on a party’s briefs“. 148  Ala’i, 24 Frodham Int’l L.J. 62, 92 (2000).

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

1.  U.S.-amerikanisches Recht Die FRAP stellen hauptsächlich formelle Anforderungen an den eigentlichen amicus brief.149 Inhaltliche Anforderungen ergeben sich im Wesentlichen aus R. 29 (c) (4) FRAP. Danach muss der amicus in knappen Worten seine Identität umschreiben, sein Interesse an der Streitigkeit kundtun und angeben, auf welcher Grundlage er seinen brief einreicht. Mit letzterer Voraussetzung ist gemeint, dass der amicus angibt, ob er seinen brief auf Grundlage eines Antrags einreicht oder er vom Erfordernis der Antragstellung ausgenommen150 ist.151 Liegt die Ausnahme in der Äußerung der Zustimmung der Parteien begründet, so ist dies anzugeben. In den local rules des D.C. Circuit, 5th Circuit und 9th Circuit wird der Inhalt von amicus briefs dahingehend präzisiert, dass lediglich wiederholende Stellungnahmen unerwünscht sind.152 Schließlich muss der amicus brief, worauf bereits hingewiesen wurde,153 eine Offenlegungsverpflichtung gemäß R. 29 (c) (5) FRAP enthalten. Dies gilt nicht für staatliche amici. Die Länge eines amicus briefs ist auf die Hälfte des briefs der Parteien zu begrenzen, R. 29 (d) FRAP und beträgt damit 15 Seiten, R. 32 (a) (7) (A) FRAP. Dem brief ist ein proof of service beizufügen, R. 25 (d) FRAP. Die S.Ct. Rules stellen gleich zu Beginn eine wesentliche inhaltliche Anforderung auf. Ausweislich R. 37.1 S.Ct. Rules ist ein amicus brief dann für das Gericht eine merkliche Hilfe, wenn dieser neue Aspekte beleuchtet. Ein amicus brief, der diese Anforderung nicht erfüllt, ist hingegen keine Hilfe für das Ge149 

Vorausgesetzt wird: ein Deckblatt, auf dem vermerkt ist, welche der beiden Parteien unterstützt wird, R. 29 (c) FRAP, wenn der amicus ein Unternehmen ist, eine Erklärung welche anderen Unternehmen an diesem beteiligt sind, R. 29 (c) (1) FRAP, ein Inhaltsverzeichnis, R. 29 (c) (2) FRAP, eine Liste der zitierten Entscheidungen und Normen, R. 29 (c) (3) FRAP, die bereits oben, §  8 B. I. 2. b) ee), angesprochenen Offenlegungsverpflichtungen, R. 29 (c) (5) FRAP. R. 29 (c) FRAP verweist schließlich noch auf R. 32 FRAP, welche so offensichtlich regelungsbedürftige Fragen wie die Anforderungen an den Nachdruck von Schriftsätzen regelt, R. 32 (a) (1) FRAP lautet: „(A) A brief may be reproduced by any process that yields a clear black image on a light paper. The paper must be opaque and unglazed. Only one side of the paper may be used. (B) Text must be reproduced with a clarity that equals or exceeds the output of a laser printer. (C) Photographs, illustrations, and tables may be reproduced by any method that results in a good copy of the original; a glossy finish is acceptable if the original is glossy.“ (Hervorhebung durch Verfasser). 150  Siehe hierzu die oben bei §  8 B. I. 1. a) geschilderten Bedingungen. 151  Dies ergibt sich aus Committee Notes on Rules – 1998 Amendment, R. 29 FRAP, ­Subdivision (c). 152  D.C. Circuit R. 29 (a), 5th Circuit R. 29.2, 9th Circuit R. 29-1 i. V. m. Circuit Advisory Committee Note zu R. 29-1 9th cir. Zu der generellen Ablehnung solcher me too briefs oben §  2 B. I. 3. b). 153  Oben bei §  8 B. I. 2. b) ee).

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richt. Damit ist die bereits beschriebene154 Praxis von me too briefs gemeint.155 Dem amicus brief ist ein proof of service beizufügen, R. 37.5 S.Ct. Rules. Zudem sind die formellen Anforderungen von R. 24 und 33.1 S.Ct. Rules zu beachten, wobei es ausreicht, wenn der amicus seine Interessen an der Streitigkeit kundtut, seine Argumentation darstellt und eine Schlussfolgerung abgibt. Amicus briefs im Rahmen von R. 37.2 S.Ct. Rules dürfen 6.000 Wörter umfassen, solche im Anwendungsbereich von R. 37.3 S.Ct. Rules 9.000. R. 37.6 S.Ct. Rules verlangt eine Offenlegungsverpflichtung, die jedoch nicht für staatliche Stellen gilt. 2.  Europäisches und deutsches Kartellrecht Im Bereich des europäischen Kartellrechts finden sich relativ wenig Voraussetzungen für die Einreichung eines amicus briefs. Art.  15 Abs.  3 S.  1 VO 1/2003 gibt den nationalen Wettbewerbsbehörden ein Recht, schriftliche Stellungnahmen einzureichen. Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 ermöglicht es den nationalen Gerichten, Informationen von der Kommission einzuholen. Nach vorzugswürdiger Ansicht ist auch eine solche Tätigkeit der Kommission als amicus-Tätigkeit zu qualifizieren.156 Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003 gibt schließlich der Kommission selbst das Recht, amicus-Stellungnahmen abzugeben, sofern die kohärente Anwendung von Art.  101, 102 AEUV dies erfordert. Wann aber ist dies für eine solch kohärente Anwendung erforderlich? Denkbar wäre eine enge Auslegung, nach der das Erfordernis einer kohärenten Rechtsanwendung lediglich in Fällen besteht, in denen die mitgliedstaatlichen Gerichte Art.  101, 102 AEUV direkt anwenden.157 Möglich wäre aber auch eine weite Auslegung dergestalt, dass, selbst wenn die Anwendung von Art.  101, 102 AEUV nur mittelbar in Frage steht, von einer kohärenten Rechtsanwendung zu sprechen ist.158 Der EuGH hatte dies in der Sache X BV zu entscheiden. Hintergrund der Streitigkeit war die Frage, ob eine Stellungnahme der Kommission zulässig ist, wenn sich die Parteien lediglich um die steuerliche Absetzbarkeit von Kartell-

154 

§  2 B. I. 3. b). Dazu auch Gressman/Geller/Shapiro/Bishop/Hartnett, Supreme Court Practice, S.  736; Schweitzer, 5 J. App. Prac. & Process 523, 527 (2003). 156  Dazu oben §  3 B. I. 2. 157  Schlussanträge des GA Mengozzi, 05.03.2009, Rs. C-429/07, Inspecteur van de Belastingsdienst ./. X BV, Slg. 2009, I-4833, Rn.  21, Ansicht von X BV und der niederländischen Regierung. 158  Schlussanträge des GA Mengozzi, 05.03.2009, Rs. C-429/07, Inspecteur van de Belastingsdienst ./. X BV, Slg. 2009, I-4833, Rn.  22, Ansicht der Kommission und der italienischen Regierung. 155 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

strafen streiten.159 Art.  101, 102 AEUV kamen mithin nicht direkt zur Anwendung. Im Fall der Bejahung einer steuerlichen Absetzbarkeit wären Art.  101, 102 AEUV jedoch mittelbar betroffen gewesen. Denn die Wirksamkeit kartellrechtlicher Vorschriften ist wesentlich von der Frage abhängig, welche Rechtsfolgen sich aus einem Verstoß ergeben.160 Besteht die Rechtsfolge in einer Bußgeldzahlung, wird deren abschreckende Wirkung wiederum durch die Frage beeinflusst, inwiefern dieses Bußgeld steuerlich absetzbar ist und damit seine abschreckende Wirkung teilweise verliert.161 Der EuGH bejahte daher in dem fraglichen Fall das Erfordernis einer kohärenten Rechtsanwendung.162 Rechtstechnisch nahm er eine Differenzierung zwischen den Wörtern Anwendung in Art.  15 Abs.  3 S.  1 und S.  3 VO 1/2003 vor.163 Wie gesehen beziehen sich Art.  15 Abs.  3 S.  1 und 2 VO 1/2003 auf eine Beteiligung der nationalen Wettbewerbsbehörden, während Art.  15 Abs.  3 S.  3 und 4 VO 1/2003 auf eine Beteiligung der Kommission abstellen.164 Ausweislich des EuGH müsse bei Beteiligung der nationalen Wettbewerbsbehörden eine Anwendung der Art.  81, 82 EG im Raume stehen, während bei Beteiligung der Kommission lediglich das Erfordernis einer kohärenten Anwendung der Art.  81, 82 EG gegeben sei.165 Eine solche könne aber auch angenommen werden, wenn Art.  81, 82 EG nicht angewandt würden.166 Die Entscheidung des EuGH ist in der Literatur auf Kritik gestoßen. Nothdurft wendet sich gegen eine gespaltene Auslegung hinsichtlich des Anwendungsbereichs von S.  1 und S.  3. Vielmehr sei dieser einheitlich weit auszulegen.167 Daher hält Notdurft das Ergebnis des Urteils – eine Teilnahmemöglichkeit der Kommission – nicht für verfehlt, bemängelt lediglich den seiner Ansicht 159  Zum Sachverhalt, EuGH, 11.06.2009, Rs. C-429/07, Inspecteur van de Belastingsdienst ./. X BV, Slg. 2009, I-4833, Rn.  9 ff. 160  EuGH, 11.06.2009, Rs. C-429/07, Inspecteur van de Belastingsdienst ./. X BV, Slg. 2009, I-4833, Rn.  36. 161  EuGH, 11.06.2009, Rs. C-429/07, Inspecteur van de Belastingsdienst ./. X BV, Slg. 2009, I-4833, Rn.  39. 162  EuGH, 11.06.2009, Rs. C-429/07, Inspecteur van de Belastingsdienst ./. X BV, Slg. 2009, I-4833, Rn.  40. 163  EuGH, 11.06.2009, Rs. C-429/07, Inspecteur van de Belastingsdienst ./. X BV, Slg. 2009, I-4833, Rn.  29 f.; vgl. dazu auch Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  8a. 164  Dazu oben §  3 B. I. 1. 165  EuGH, 11.06.2009, Rs. C-429/07, Inspecteur van de Belastingsdienst ./. X BV, Slg. 2009, I-4833, Rn.  28, 30. Bei Rn.  28 spricht der EuGH in Bezug auf Art.  15 Abs.  3 S.  1, 3 VO 1/2003 von zwei verschiedenen Regelungen mit unterschiedlichem Anwendungsbereich. 166  EuGH, 11.06.2009, Rs. C-429/07, Inspecteur van de Belastingsdienst ./. X BV, Slg. 2009, I-4833, Rn.  30. 167  Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  8a.

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nach bestehenden dogmatischen Flurschaden.168 Er weist zudem auf die Genese der Vorschrift des S.  3 hin, aus der sich ergebe, dass das Kriterium der Kohärenz in Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003 eine zusätzliche Hürde darstellen solle.169 Schließlich attestiert er den Kriterien der Anwendung und der Kohärenz eine fehlende Trennschärfe.170 Grimm hingegen missfällt sowohl die Argumentation als auch das Ergebnis des EuGH und ordnet das Urteil der generellen Tendenz des EuGH zu, eine kompetenzerweiternde Auslegung europäischer Vorschriften vorzunehmen.171 Richtig ist zunächst, dass in Fällen, die mittelbar Auswirkungen auf die Anwendbarkeit der Art.  101, 102 AEUV haben können, ein Erfordernis der kohärenten Anwendbarkeit der Art.  101, 102 AEUV gegeben sein kann. Sinn und Zweck der Beteiligungsmöglichkeit der Kommission nach Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003 ist maßgeblich eine einheitliche Anwendung des europäischen Kartellrechts sicherzustellen.172 Wenn es aber nun beispielsweise einem mitgliedstaatlichen Gericht obläge, mittels einer Rechtsprechung, welche die Absetzbarkeit von Kartellbußen von der Steuer zulässt, Einfluss auf die Höhe einer eventuellen Kartellstrafe zu nehmen, wäre eine einheitliche Anwendung gefährdet, da in verschiedenen Mitgliedstaaten die Auswirkungen ein und desselben Bußgeldes unterschiedlich wären. Fraglich ist allerdings, auf welchem Wege man zu diesem Ergebnis gelangt und inwiefern dies für andere Fälle einer mittelbaren Anwendung verallgemeinerungsfähig ist. Der Weg des EuGH hat zur Folge, dass für eine Beteiligung der Kommission teilweise weniger strenge Anforderungen gelten als für die mitgliedstaatlichen Kartellbehörden, da sich die Kommission auch bei einer nur mittelbaren Anwendung der Art.  101, 102 AEUV beteiligen kann, sofern dies für die Kohärenz der Anwendung der europäischen Regelungen erforderlich ist, die mitgliedstaatlichen Wettbewerbsbehörden hingegen in solch mittelbaren Fällen sich nicht beteiligen könnten.173

168 

A. a. O. A. a. O., dies auch annehmend Jaeger, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 3, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  31. 170  A. a. O. 171  Grimm, Die Rechtsfigur des Amicus curiae im Kartellzivilprozess, S.  203 ff., 228 ff. 172  Dazu oben §  3 C. I. 1. 173  Vgl. Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  8a. Für das deutsche Recht scheint das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren, die lediglich die mittelbare Anwendung der Art.  101, 102 AEUV berühren, von einem solch weiten Anwendungsbereich auszugehen, da es das Kartellamt nach §  90 Abs.  1 S.  3 GWB, dieser setzt Art.  15 Abs.  3 S.  1 VO 1/2003 um, in einem Verfahren beilud, welches die europarechtskonforme Auslegung von §  13 Krw- /AbfG zum Gegen169 

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Sachlich ist aber kein Grund ersichtlich, warum nur die Kommission sich zu einer solchen Frage verhalten können soll. Aus Art.  15 Abs.  3 S.  1 VO 1/2003 geht vielmehr hervor, dass auch die Kompetenzen der mitgliedstaatlichen Kartellbehörden bei der Anwendung des europäischen Kartellrechts gefragt sind. Dann aber ist es nicht ersichtlich, warum mitgliedstaatliche Wettbewerbsbehörden, zu der zentralen Frage der Wirkung einer Kartellbuße nicht Stellung nehmen können sollen. Denn diese Frage ist nicht nur im Rahmen der Kohärenz von Bedeutung, sondern ganz allgemein für die Wirksamkeit kartellrechtlicher Regelungen relevant. Zu diesem Punkt kann daher auch eine mitgliedstaatliche Behörde Aussagen treffen. Die Kommission kann daneben zusätzlich Stellung nehmen, wenn die Frage auch die Kohärenz betrifft. Eine solche Auslegung weist ein in sich schlüssiges Ergebnis auf, das insbesondere den Umstand berücksichtigt, das Erfordernis der Kohärenz als zusätzliche Hürde für eine Beteiligung der Kommission zu erachten. Insofern ist der Ansicht Nothdurfts im Hinblick auf einen insgesamt breiten Anwendungsbereich von Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 zu folgen. Im Hinblick auf weitere Fälle einer mittelbaren Anwendung der Art.  101, 102 AEUV und der Stellungnahmemöglichkeiten von nationalen Wettbewerbsbehörden und Kommission wird man von Fall zu Fall entscheiden haben. Nach dem Urteil des EuGH scheint zumindest für die Beteiligung der Kommission geklärt, dass das Erfordernis der kohärenten Anwendung weit auszulegen ist. Dies sollte auch für eine Beteiligung der nationalen Wettbewerbsbehörden im Hinblick auf die Frage der Anwendung von Art.  101, 102 AEUV gelten. Letztlich scheint es sachgerecht, dass dann, wenn das Verfahren entscheidungserhebliche kartellrechtliche Fragen aufwirft, sich sowohl Kommission als auch nationale Wettbewerbsbehörden beteiligen können sollten. Denn wie bereits erörtert, geht hiervon keine Bindungswirkung aus,174 vielmehr können und sollten diese Stellungnahmen als zusätzlicher Service für das Gericht verstanden werden. Weitere Voraussetzungen für eine Beteiligung der Kommission als amicus können sich aus den nationalen Rechtsordnungen ergeben. Dabei sind jedoch zwei gewichtige Einschränkungen zu beachten. Zum einen darf aufgrund des Effektivitätsgrundsatzes175 die Übermittlung der Stellungnahmen nicht übermäßig erschwert oder praktisch unmöglich gemacht werden.176 Gemäß dem stand hatte und lediglich mittelbar Fragen des Art.  102 AEUV streifte, BVerwG 18.06.2009, 7 C 16.08, BVerwGE 135, 154, Rn.  13, darauf hinweisend auch Notdurft, a. a. O. 174  Dazu oben §  3 B. 175  Zu diesem Grundsatz, EuGH, 16.12.1976, Rs. 33/76, REWE Zentralfinanz EG und REWE-Zentral AG ./. Landwirtschaftskammer für das Saarland, Slg. 1976, 1989, Rn.  5 f.; Kahl, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art.  4 EUV Rn.  65. 176  Bekanntmachung über die Zusammenarbeit 2004, Rn.  35; darauf hinweisend auch Van Bael, Due Process in EU Competition Proceedings, S.  390.

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Äquivalenzgrundsatz177 darf die Übermittlung der Stellungnahme der Kommission nicht schwieriger sein als die einer nationalen Behörde.178 Dabei scheinen sich die Mitgliedstaaten hinsichtlich zusätzlicher Anforderungen zurückzuhalten. Lediglich die britische Regelung verlangt, dass die Kommission ihre Stellungnahme den Parteien übermitteln muss.179 Nach §  90 Abs.  2 S.  1 GWB muss eine Stellungnahme des Bundeskartellamts der Wahrung des öffentlichen Interesses dienen. Dabei ist die Beurteilung, ob ein solches öffentliches Interesse vorliegt, eine nicht überprüfbare Ermessensentscheidung des Bundeskartellamts.180 Ansonsten ergeben sich aus §  90 GWB keine weiteren Anforderungen, vielmehr regelt §  90 Abs.  2 S.  1 GWB verschiedene Befugnisse des Bundeskartellamts. 3.  Principles of Transnational Civil Procedure Die Principles of Transnational Civil Procedure regeln den amicus recht oberflächlich. Festgelegt wird, dass der amicus brief schriftlich erfolgen muss. Zudem bedarf die Einreichung der Zustimmung des Gerichts und die Parteien müssen eine Gelegenheit bekommen, den amicus brief kommentieren zu können. Ausweislich Kommentar P-13B PTCP darf das Gericht den amicus nach dessen Interesse an der Streitigkeit fragen. Inhaltlich ist P. 13 PTCP sehr weit gefasst. Amicus briefs dürfen rechtliche Aspekte wie auch Hintergrundinformationen liefern. Damit sind auch faktische Ausführungen zulässig. 4.  Welthandelsrecht Im Welthandelsrecht setzt die Additional Procedure zunächst unter Ziff.  7. (a) Add. Proc. voraus, dass der amicus brief datiert und unterschrieben sein muss. Zudem darf er nicht länger als 20 Seiten sein, Ziff.  7. (b). Add. Proc. Eine wichtige inhaltliche Regelung ergibt sich aus Ziff.  7. (c). Add. Proc. Danach darf der amicus brief nur rechtliche Argumente anführen. Das Eingehen auf tatsächliche Fragen ist demnach ausgeschlossen, wobei dieses Verbot nicht absolut gilt.181 Ziff.  8. Add. Proc. verpflichtet den amicus, eine Kopie des briefs den Parteien zuzustellen. 177  Zu diesem Grundsatz, EuGH, 16.12.1976, Rs. 33/76, REWE Zentralfinanz EG und REWE-Zentral AG ./. Landwirtschaftskammer für das Saarland, Slg. 1976, 1989, Rn.  5 f.; Kahl, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art.  4 EUV Rn.  65. 178  Bekanntmachung über die Zusammenarbeit 2004, Rn.  35; darauf hinweisend auch Van Bael, Due Process in EU Competition Proceedings, S.  390. 179  Siehe dazu Ziff.  4.4 Practice Direction. 180  Meyer-Lindemann, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 6, §  90 GWB Rn.  12; Hitzler, WuW 1982, 509, 511. 181  Dazu oben §  5 B. III. 1. und unten §  11.

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5.  Investitionsschiedsgerichtsbarkeit Im Bereich von Investitionsstreitigkeiten ergeben sich einige Anforderungen zunächst aus Ziff. B. 3. FTC-Statement. Danach muss der amicus brief datiert und unterzeichnet sein, darf einen Umfang von 20 Seiten nicht überschreiten, muss eine präzise Erklärung der Position des amicus enthalten und darf nur solche Dinge ansprechen, die von der Streitigkeit umfasst sind. Der brief ist den Parteien zuzustellen, Ziff. B. 4. FTC-Statement. Art.  4 Abs.  4 UNCITRAL TR ist quasi wortgleich zu Ziff. B. 4. FTC-Statement, überlässt allerdings dem Schiedsgericht die Länge der Stellungnahme festzulegen. R. 37 Abs.  2 ICSID AR, Ziff. B. 7. FTC-Statement sowie Art.  4 Abs.  5, 6 UNCITRAL TR geben dem Schiedsgericht auf, dafür Sorge zu tragen, dass das Verfahren durch den amicus brief nicht unverhältnismäßig verzögert wird, keine der Parteien bevorzugt wird und die Parteien eine Möglichkeit erhalten, auf den amicus brief zu reagieren. Die Parteien sind zudem zu konsultieren. Unter Ziff. B. 6. FTC-State­ ment, Art.  4 Abs.  3 UNCITRAL AR und R. 37 Abs.  2 lit.  (a)–(c) ICSID AR finden sich zudem Angaben, die ermessensleitende Gesichtspunkte des Schiedsgerichts hinsichtlich der Zulässigkeit von amicus briefs umreißen.182 6.  Vergleichende Analyse Hinsichtlich der Voraussetzungen, die die verschiedenen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen an den amicus brief stellen, ergibt sich ein weitgehend disharmonisches Bild. Zu groß sind die Differenzen im Hinblick auf Sinn und Zweck von amicus briefs. Das Erfordernis der kohärenten Rechtsanwendung im europäischen Kartellrecht ist dem Umstand geschuldet, dass eben diese ein wesentlicher Grund für die Normierung von Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 war.183 Eine Übertragung auf die anderen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen ist fernliegend. Auf der anderen Seite ist fraglich, warum PTCP sowie europäisches und deutsches Kartellrecht als einzige Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen auf eine Seitenzahllimitierung verzichten. Für die PTCP lässt sich dies damit erklären, dass sie selbst nicht den Anspruch erheben, Fragen detailliert zu beantworten, sondern vielmehr lediglich die Grundrichtung vorgeben. Warum aber verzichtet man im Kartellrecht auf Seitenzahllimitierungen? Sinn und Zweck einer solchen Seitenzahlbegrenzung ist es, uferlosen Stellungnahmen zu begegnen und die Arbeitsbelastung der Gerichte zu reduzieren. Im U.S.-amerikanischen Recht beteiligen sich teilweise bis zu 100 amici an einem

182  183 

Auf diese wird unten bei §  10 B. eingegangen. Dazu oben §  3 B. I.

§  8  Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligung als amicus

261

Fall.184 Diese Gefahr droht im Kartellrecht nicht. In einem nationalen Verfahren sind maximal zwei amicus-Stellungnahmen denkbar, nämlich die der Kommission und die der nationalen Wettbewerbsbehörde. Gemäß FRAP und S.Ct. Rules muss der amicus sein Interesse an der Streitigkeit darlegen. Auch die PTCP sehen eine solche Pflicht vor. Im Welthandelsrecht und in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist ein solches Interesse bereits im Rahmen des Antrags auf Zulassung zu formulieren, so dass hier Konvergenz besteht. Fraglich ist, ob nicht auch im Kartellrecht nationale Wettbewerbsbehörden und Kommission verpflichtet werden sollten, ihr Interesse an der Streitigkeit darzulegen. Bei Stellungnahmen der Kommission ist nämlich denkbar, dass sich diese nicht nur um die kohärente Rechtsanwendung sorgt, sondern vielmehr ihre eigenen ordnungspolitischen Interessen durchzusetzen sucht. Gleiches gilt für die nationalen Wettbewerbsbehörden. Würden diese verpflichtet darzulegen, warum sie gerade bei der betreffenden Streitigkeit eine Stellungnahme abgeben wollen, hätte das Gericht die Möglichkeit, die Stellungnahme vor diesem Hintergrund besser zu würdigen. Auf der anderen Seite wird den Gerichten klar sein, dass bei der Beteiligung von Kommission oder nationalen Wettbewerbsbehörden an Kartellstreitigkeiten diese immer auch ihre eigene Sicht der Dinge verfolgen. Gemäß R. 29 (c) (4) FRAP muss der amicus seine Identität beschreiben. Wie gesehen verlangen die S.Ct. Rules ein solches Erfordernis nicht, dennoch wird in der Praxis oftmals hierauf zurückgegriffen.185 Im Rahmen von Welthandelsrecht und Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist die Identität des amicus bereits bei Antragstellung darzulegen. Die PTCP verzichten auf ein solches Erfordernis. Dies tun sie in Übereinstimmung mit ihrer auch in anderen Punkten allgemeinen Regelungsweise. Im Kartellrecht bedarf es keiner Beschreibung des Antragstellers, die Gerichte kennen ihre eigenen nationalen Wettbewerbsbehörden beziehungsweise die Europäische Kommission. Das Erfordernis der FRAP, die Grundlage darzulegen, aufgrund derer der amicus seinen brief einreicht, ist sinnvoll, da die FRAP eine Reihe von Möglichkeiten der Zulassung zum Prozess kennen.186 Auf der anderen Seite ergibt sich aus den Umständen des briefs beziehungsweise Antrags, auf welcher In Grutter v. Bollinger, 539 U.S.  306 (2003) wurden mehr als 100 amicus briefs eingereicht, Walbolt/Lang, 33 Stetson L. Rev. 171, 172 (2003). In Webster v. Reproductive Health Services, 492 U.S.  490 (1989) wurden 78 amicus curiae briefs eingereicht, Rossotti/Natelson/ Tatalovich, 81 Judicature 118, 119 (1997). 185  Dazu oben §  8 B. I. 2. b). 186  Zum einen kann das Einverständnis der Parteien bestehen, ein vom Gericht entschiedener Antrag vorliegen oder sich aber eine staatliche Stelle am Prozess beteiligen, dazu ausführlicher oben §  8 B. I. 1. a). 184 

262

2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Grundlage er eingereicht wird. Daher ist nicht verwunderlich, dass die S.Ct. Rules ein solches Erfordernis nicht kennen. Für das europäische Kartellrecht, die PTCP, das Welthandelsrecht und die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit wäre ein solches Erfordernis nicht zweckmäßig, gibt es doch nur einen Weg auf Zugang zum Verfahren. Hinsichtlich der Offenlegungsverpflichtungen gilt zunächst das oben Gesagte.187 Interessant ist die diesbezügliche Befreiung staatlicher Stellen in FRAP und S.Ct. Rules. Im Bereich des Kartellrechts, in dem nur staatliche Stellen als amici auftreten, ist eine Offenlegungsverpflichtung gleichermaßen nicht vorgesehen. Warum sind staatliche Stellen von diesem Erfordernis befreit? Zunächst ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Staat bei der Erstellung eines amicus briefs aus privaten Mitteln gefördert wird, sehr gering. Offenlegungsverpflichtungen werden aber auch genutzt, um eine Zusammenarbeit zwischen amicus und Partei aufzudecken. Im europäischen Kartellrecht ist ausweislich der Bekanntmachung über die Zusammenarbeit 2004 eine solche Zusammenarbeit nicht gestattet.188 Im Bereich des U.S.-amerikanischen Rechts ist jedoch eine Zusammenarbeit staatlicher Stellen mit den Parteien, welche selbst wiederum staatlicher Natur sein können, möglich. Allerdings sprechen gute Gründe dafür in einem solchen Fall von Personenidentität zwischen amicus und Partei auszugehen.189 Sollte dies im Einzelfall nicht anzunehmen sein oder etwa doch eine Förderung durch Private vorliegen, ist allerdings der pauschale Ausschluss von Offenlegungsverpflichtungen für staatliche Stellen nicht überzeugend. R. 37.1 S.Ct. Rules und einige local rules verschiedener Circuits stellen eine wichtige Einschränkung auf, die sich so nicht bei den anderen Regelungen finden lässt. Dort werden me too briefs als unerwünscht qualifiziert. Im Rahmen von §  10 wird genauer zu untersuchen sein, inwiefern dieses Erfordernis auch bei den anderen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen auf die Entscheidung des Spruchkörpers über die Zulässigkeit des amicus briefs Einfluss hat. Im Hinblick auf das U.S.-amerikanische Recht sind zudem erneut die hohen formalen Anforderungen zu nennen, die an amicus briefs gestellt werden. In diesem Zusammenhang ist es berechtigt von einer Bürokratisierung des amicus-Verfahrens zu sprechen. Angesichts der Flut von Beteiligungen etwa vor dem Supreme Court ist dies auch in Teilen gerechtfertigt, wenngleich teilweise die Regelungsdichte doch ungewähnliche Ausmaße annimmt. Allen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen treffen Regelungen dar­ über, wie die übrigen Parteien vom amicus brief erfahren. Dabei haben sich 187 

Dazu oben §  8 B. I. 2. b) ee). Dazu oben §  3 B. I. 2., 3. 189  Dazu oben §  8 A. II. 3. 188 

§  8  Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligung als amicus

263

zwei unterschiedliche Ansätze herausgebildet. Im Rahmen des U.S.-­ameri­ka­ni­schen Rechts sowie der britischen Regelung zu Art.  15 VO 1/2003 ist es Sache des amicus selbst, die Parteien von dessen brief in Kenntnis zu setzen. Deutsche und niederländische Regelungen190 zur Umsetzung von Art.  15 VO 1/2003 sowie PTCP, Welthandelsrecht und Investitionsschiedsgerichtsbarkeit geben es hingegen dem erkennenden Spruchkörper auf, die Parteien vom amicus brief in Kenntnis zu setzen. Die Kenntnis der Parteien vom amicus brief ist wesentlich dafür, den Parteien eine Reaktion auf den brief zu ermöglichen. Eine solche Reaktionsmöglichkeit ist neben einigen anderen Kriterien auch dafür ausschlaggebend, zu welchem Zeitpunkt der Antrag beziehungsweise der brief eingereicht wird. Dies wird im Rahmen des nächsten Abschnitts ausführlich darzustellen sein.

190 

Art.  89h Abs.  2 S.  2 Mededingsingswet.

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme, Parteireaktion, Recht auf Informationen über das Verfahren Vorstehend wurden die allgemeinen und besonderen Voraussetzungen der Verfahrensteilnahme näher analysiert. Im Folgenden ist auf den Zeitpunkt der Verfahrensteilnahme von amici einzugehen. Die Einhaltung dieses Zeitpunkts ist im U.S.-amerikanischen Recht ebenfalls als eine Voraussetzung zu betrachten. Denn dort wird explizit geregelt, wann eine amicus-Teilnahme zu erfolgen hat. Welthandelsrecht und Investitionsschiedsgerichtsbarkeit stellen hierzu keine Regelung auf, jedoch spielt der Zeitpunkt der Verfahrensteilnahme auch dort eine bedeutende Rolle. Im europäischen und deutschen Kartellrecht hingegen wurden diese Überlegungen bisher noch nicht aufgegriffen, dennoch wird sich zeigen, dass auch hier teilweise auf den Zeitpunkt der Verfahrensteilnahme abzustellen ist. Das Abstellen auf einen konkreten Zeitpunkt verwundert zunächst. Andere Instrumente der Drittbeteiligung wie beispielsweise die Nebenintervention kennen diese Problematik nur eingeschränkt.1 Da sich beim amicus die Beteiligung oftmals lediglich in einer einzigen schriftlichen Stellungnahme erschöpft,2 ist hingegen verständlich, dass die Frage auftaucht, in welchem Stadium des Verfahrens eine solche Beteiligung angemessen erscheint. Dabei verdeutlicht das U.S.-amerikanische Recht die Abhängigkeit der Wahl des Zeitpunkts von maßgeblich zwei Prämissen. Auf der einen Seite soll den Parteien eine Reaktion auf den amicus ermöglicht werden, auf der anderen Seite soll der amicus aber auch erst am Verfahren teilnehmen, wenn er sich über dessen Gegenstand hinreichend informieren konnte. Erstaunlich ist die Verbindung zwischen Reaktionsmöglichkeit der Parteien auf der einen und Einreichungszeitpunkt des amicus briefs auf der anderen Seite. Diese Verbindung findet ihre Begründung in der limitierten Anzahl von Schriftsätzen im Rahmen eines Rechtsmittelprozesses und der Regelung, schriftlich auf den amicus einzuge1 

Der Nebenintervenient kann grundsätzlich am Verfahren teilnehmen, solange dieses anhängig ist, näher Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, S.  253. 2  Dazu bereits oben §  2 B. I. 3. und ausführlich unten §  13 A.

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

265

hen. Eine schriftliche Reaktion der Parteien auf den amicus ist nur möglich, wenn dessen Stellungnahme zu einem Zeitpunkt eingereicht wird, in dem die Parteien ihre Schriftsätze noch nicht ausgetauscht haben. Diese Überlegung lässt sich auch auf die Bereiche des Welthandelsrechts3 und der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit übertragen.

A.  Kriterien Verdeutlicht wurde die Abhängigkeit des Einreichungszeitpunkts von verschiedenen Kriterien, wie etwa die Reaktionsmöglichkeit der Parteien, der Zugriff des amicus auf Verfahrensdokumente und die Wahrung eines effizienten Verfahrens. Diese Kriterien gilt es im Folgenden näher darzustellen.

I.  Reaktion auf den amicus Beteiligt sich ein amicus am Verfahren, sollten die Parteien sich zu dieser Beteiligung äußern können. Denkbar ist zum einen, dass der amicus mit seiner Stellungnahme eine der beiden Parteien unterstützt, er mithin parteiisch agiert. In diesem Fall hat insbesondere die nicht unterstützte Partei, die Gegenpartei, ein Interesse, die Argumente des amicus zu widerlegen. Möglich ist aber auch, dass der amicus keine der beiden Parteien unterstützt. In diesem Fall könnten beide Parteien daran interessiert sein, sich zu der amicus-Stellungnahme zu äußern. Im Folgenden ist für die untersuchten Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen herzuleiten, inwiefern ein solches Äußerungsrecht der Parteien besteht, wie diese von einer amicus-Beteiligung erfahren und welche Möglichkeiten der Äußerung bestehen. Letzteres ist unter zwei Aspekten zu behandeln. Zum einen ist zu untersuchen, ob die Reaktion der Parteien schriftlich oder mündlich erfolgt. Weiterhin ist zu klären, ob die Parteien bereits zu der Antragstellung selbst Stellung beziehen können. In diesem Fall sind demnach zwei Stellungnahmen zu trennen, diejenige hinsichtlich des Antrags, in der die Parteien sich dazu äußern 3  Bereits hingewiesen sei auf United States – Imposition of Countervailing Duties on Certain Hot-Rolled Lead and Bismuth Carbon Steel Products Originating in the United Kingdom, Bericht des Appellate Body vom 10.05.2000, WT/DS138/AB/R, Rn.  6.3: „While we clearly have the discretionary authority to accept the AISI brief, in this case we chose not to exercise that authority as a result of the late submission of the brief. The AISI brief was submitted after the deadline for the parties’ rebuttal submissions, and after the second substantive meeting of the Panel with the parties. Thus, the parties have not, as a practical matter, had adequate opportunity to present their comments on the AISI brief to the Panel. In our view, the inability of the parties to present their comments on the AISI brief raises serious due process concerns as to the extent to which the Panel could consider the brief.“

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

können, inwiefern sie eine amicus-Beteiligung in dem vorliegenden Fall für angemessen erachten, sowie diejenige hinsichtlich des Inhalts des amicus briefs. Dabei wird hier noch nicht erörtert werden, inwieweit sich eine Partei tatsächliche Ausführungen des amicus zu eigen machen kann und diese somit ihrem Streitstoff hinzufügt. Diese Frage ist nämlich davon abhängig, inwiefern das Gericht Tatsachen, die der amicus vorträgt, auch ohne eine solche Bezugnahme berücksichtigen kann. Hinsichtlich solch tatsächlicher Ausführungen ist zudem fraglich, inwiefern diese im Rahmen einer Beweisaufnahme strittig erörtert werden können. Dieser Komplex bildet für sich gesehen eine eigene Einheit und ist im Rahmen von §  11 A. zu untersuchen. In den folgenden Ausführungen steht hingegen das „Ob“ der Reaktion sowie das grundsätzliche „Wie“ der Reaktion, also schriftlich oder mündlich, Bezugnahme auf Antrag oder nur den brief, im Vordergrund. 1.  U.S.-amerikanisches Recht Im U.S.-amerikanischen Recht konkretisiert der due process Grundsatz unter anderem die Anforderungen an ein faires Verfahren.4 Er weist dabei Ähnlichkeiten zum Grundsatz auf rechtliches Gehör, Art.  103 Abs.  1 GG, auf. Aus diesem Grundsatz kann abgeleitet werden, dass den Parteien eine Reaktion auf den amicus zukommen muss. Denn der Grundsatz betont insbesondere die Notwendigkeit eines fairen Verfahrens.5 Bezieht der amicus jedoch für eine der beiden Parteien Stellung, was regelmäßig der Fall sein wird, wäre diese Fairness nicht gegeben, wenn nicht die andere Partei erwidern könnte. Die einfachgesetzlichen Regelungen greifen diesen Gedankengang auf. Zwar ordnet R. 29 FRAP nicht explizit an, dass die Parteien auf den amicus Bezug nehmen können müssen, implizit hingegen wird dies deutlich. Denn der Einreichungszeitpunkt eines amicus briefs ist so gewählt, dass die Parteien auf den amicus in ihrer Rechtsmittelbegründung, -erwiderung oder Replik auf den amicus brief reagieren können.6 Gleiches gilt für eine amicus-Beteiligung vor dem Supreme Court. Der due process Grundsatz folgt aus dem 5. und 14. Verfassungszusatz der U.S. Verfassung. Dabei wird zwischen substantive und procedural due process differenziert, Planned Parenthood of Southeastern Pennsylvania v. Casey, 505 U.S.  833, 846 f. (1992). Während unter substantive due process beispielsweise die Abtreibungsproblematik erörtert wird, soll im Folgenden der Fokus auf Aspekte des procedural due process gerichtet werden. 5  Hazard/Tait/Fletcher/Bundy, Pleading and Procedure, S.  95 ff.; in Mathews v. Eldridge, 424 U.S.  319, 332 ff. (1976) umschreibt der Supreme Court einige Elemente eines solch fairen Verfahrens, betont aber gleichzeitig die Flexibilität der due process Regelung, so dass eine abschließende Definition nicht gegeben werden kann. 6  Zu dieser Verknüpfung von Reaktionsmöglichkeit und Einreichungszeitpunkt siehe sogleich ausführlich. 4 

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

267

Im Rahmen der FRCP ist der amicus zwar nicht geregelt, dennoch haben sich die District Courts die Regelungen von FRAP und S.Ct. Rules zum Vorbild genommen und ebenso eine Konnexität zwischen Reaktionsmöglichkeit, Parteischriftsätzen und Einreichungszeitpunkt hergestellt.7 Während das grundsätzliche Bestehen einer Reaktionsmöglichkeit der Parteien unstrittig ist, ist zu klären, wie die Parteien von einer amicus-Beteiligung erfahren. Im U.S.-amerikanischen Recht hat der amicus seinem Antrag oder seiner Stellungnahme einen proof of service beizufügen.8 Mit dessen Hilfe wird daher die Kenntnis der Parteien von dem amicus brief sichergestellt. Aufgrund der Konnexität zwischen Reaktionsmöglichkeit, Parteischriftsätzen und Einreichungszeitpunkt ist eine Erwiderung auf den amicus üblicherweise auch lediglich schriftlich vorgesehen. Dies ist insofern passend, als regelmäßig ein amicus auch nur eine schriftliche Stellungnahme abgibt. Die Ausnahmefälle, in denen sich der amicus mehrfach beteiligt, erfordern natürlich eine Anpassung der Stellungnahmemöglichkeiten der Parteien. Dies wird im Rahmen von §  13 C. I. 1. näher besprochen. Hinsichtlich einer Stellungnahme der Parteien bezüglich eines Antrags des amicus ist zu beachten, dass ein solcher Antrag nur in Fällen vorgesehen ist, in denen die Parteien ihr Einverständnis nicht erklären. Insofern verdeutlicht der Antrag selbst dem Gericht bereits das fehlende Einverständnis zumindest einer der Parteien mit der amicus-Teilnahme. Es ist nicht geregelt, inwiefern die Parteien ihre versagte Zustimmung näher begründen können. Vor den District Courts werden die Parteien hierzu jedoch teilweise angehört.9 2.  Europäisches und deutsches Kartellrecht In einem privaten Kartellrechtsprozess gilt zunächst Art.  103 Abs.  1 GG. Danach haben die am Verfahren Beteiligten das Recht, sich zu den Tatsachen und zur Rechtslage zu äußern, die der gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegen.10 Zwar wird noch zu untersuchen sein, inwiefern das Gericht tatsächliche Ausführungen der Kommission oder des Bundeskartellamtes ohne Bezugnahme der Parteien auf diese berücksichtigen kann, doch können Ausführungen zur Rechtslage in jedem Fall vom Gericht berücksichtigt werden.11

7 

Dazu sogleich. Dazu oben §  8 B. I. 2. b) aa), II. 1. 9  Jin v. Ministry of State Security, 557 F. Supp. 2d 131, 137 (D.D.C. 2008). 10  BVerfG, 24.03.1982, 2 BvH 1/82, BVerfGE 60, 175, 210 (st. Rspr.); Schmid-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. VI, Art.  103 Abs.  1 Rn.  66. 11  Hierzu ausführlich §  11 A. II., B. II. 8 

268

2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Zu differenzieren ist hinsichtlich der Ausgestaltung der Reaktionsmöglichkeit zwischen der Möglichkeit des Gerichts, gemäß Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 beziehungsweise §  90a Abs.  3 GWB eine Anfrage an die Kommission zu stellen und der Beteiligung von Kommission oder Bundeskartellamt aus eigener Initiative heraus gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003, §  90a Abs.  2 GWB, §  90 Abs.  2, 3 GWB. Hinsichtlich erster Variante ordnet §  90a Abs.  3 S.  2 GWB eine Unterrichtung der Parteien von der Anfrage des Gerichts an den amicus an. Diese Unterrichtung dient dazu, die Parteien von der Anforderung einer amicus-Stellungnahme durch das Gericht zu informieren.12 Unklar ist das Ausmaß dieser Unterrichtungspflicht. Aus §  90a Abs.  3 S.  2 GWB ergibt sich nicht die Pflicht des Gerichts den Parteien eine Abschrift der Anfrage an die Kommission zu übermitteln. Gleichwohl ist ferner die Rede von einem Unterrichten und nicht lediglich von einem In-Kenntnis-setzen. Insofern hat das Gericht den Parteien zumindest mitzuteilen, in welchem Umfang eine solche Anfrage erfolgte. Aufgrund der vielfältigen Arten von Informationen und Stellungnahmen, die die Gerichte anfordern können, wäre eine Unterrichtung lediglich mittels eines Hinweises auf eine Anfrage unzureichend. Weiterhin hat das Gericht die Antwort der Kommission auf seine Anfrage an die Parteien weiterzuleiten, §  90a Abs.  3 S.  2 GWB. Damit werden die Parteien in die Lage versetzt, auf die Antwort der Kommission zu reagieren.13 Nicht geregelt ist, wie die Reaktionsmöglichkeit der Parteien ausgestaltet sein muss. Anders als im U.S.-amerikanischen Recht muss im Rahmen der ZPO die Reaktion nicht zwingend schriftlich erfolgen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör setzt eine solche Möglichkeit nicht voraus.14 Hingegen könnte eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art.  103 Abs.  1 GG gegeben sein, wenn die Parteien zu einer ausführlichen Stellungnahme der Kommission, in der beispielsweise sowohl eine Analyse des fragliche Marktes, eine Einordnung hinsichtlich einer marktbeherrschenden Stellung und eine Rechtsauffassung der Kommission geäußert wird, nur eine kurze Erwiderungsfrist haben. Denn nach Art.  103 Abs.  1 GG ist dem Berechtigten ausreichend Zeit zu geben, um seine Stellungnahme vorzube12 

Dabei statuiert bereits Art.  103 Abs.  1 GG eine Pflicht zur Offenlegung. Jaeger, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 3, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  16 sieht eine solche Verpflichtung auch aus „rechtsstaatlichen Gründen“ gegeben. Im nationalen Kontext ist auf Art.  103 Abs.  1 GG zu verweisen. Ferner führt der Gedanke, Stellungnahmen der Kommission als Sachverständigengutachten zu qualifizieren, oben §  3 D., dazu, eine Pflicht anzunehmen, diese gegenüber den Parteien offenzulegen, da Beweismittel den Parteien grundsätzlich zugänglich sind, darauf hinweisend Jaeger, in: ­Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 3, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  18. 14  Schmid-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. VI, Art.  103 Abs.  1 Rn.  84. 13 

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

269

reiten.15 Abhängig von der Art der eingeholten Information haben die Gerichte für eine ausreichende Reaktionszeit der Parteien auf die Stellungnahme der Kommission Sorge zu tragen.16 Entschließt sich das Bundeskartellamt, gemäß §  90 Abs.  2 S.  1 GWB eine schriftliche Stellungnahme aus eigener Initiative abzugeben, ist diese den Parteien vom Gericht gemäß §  90 Abs.  2 S.  2 GWB zu übermitteln. Anders als im U.S.-amerikanischen Recht obliegt es daher dem Gericht, die Parteien von der amicus-Stellungnahme zu unterrichten. Den Parteien ist in Übereinstimmung mit den soeben geschilderten Grundsätzen ausreichend Zeit für eine Reaktion zu gewähren. In der Praxis beteiligt sich das Bundeskartellamt oftmals lediglich in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof.17 Bornkamm führt dazu aus: „Dies bedeutet für die Parteien, dass sie nur ad hoc in der mündlichen Verhandlung auf die Stellungnahme des Amts reagieren können, der im Revisionsverfahren erhebliches Gewicht beigemessen wird.“18 Eine solche Praxis ist vor dem Hintergrund der aus Art.  103 Abs.  1 GG folgenden Pflicht, den Parteien eine ausreichende Zeit für Reaktionsmöglichkeiten einzuräumen, kritisch zu sehen. Auch der Umstand, dass die Parteien sich in keiner Weise auf den Vortrag des Bundeskartellamts vorbereiten können, wiegt schwer. Der Partei bleibt nur die Möglichkeit einen Schriftsatznachlass anzufragen, obwohl bereits fraglich ist, aus welcher Norm der ZPO dieser hergeleitet werden kann.19 Eine solche Praxis begegnet dennoch gewichtigen verfassungsrechtlichen Bedenken, zumal der Bundesgerichtshof den Vortrag des Bundeskartellamts in seinen Urteilen oftmals berücksichtigt.20 Auch der Umstand, dass die Mündlichkeit des Vortrags des Vertreters des Bundeskartellamts dazu führt, „[k]lare Stellung15  BVerfG, 07.07.1955, 1 BvR 455/54, BVerfGE 4, 190, 192 (st. Rspr. vgl. u. a. BVerfG, 21.04.1982, 2 BvR 873/81, BVerfGE 60, 313, 317); Schmid-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. VI, Art.  103 Abs.  1 Rn.  90; Radtke/Hagemeier, in: Epping/Hillgruber, Beck-OK GG, Art.  103 Rn.  11; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, S.  431. 16  In Bezug auf Ausführungen der Kartellbehörden im Sinne des §  90 GWB hat das Gericht den Parteien hierzu eine angemessene Frist zu setzen, die sich nach §§  136, 139 ZPO bemisst, dazu: Brose/Helmcke, WuW 1981, 845, 847; Zuber, Die EG-Kommission als amicus curiae, S.  121. 17  Bornkamm, in: Langen/Bunte, Komm zum dt. und europ. KartellR, Bd. 1, §  90 Rn.  10. 18  Bornkamm, in: Langen/Bunte, Komm zum dt. und europ. KartellR, Bd. 1, §  90 Rn.  10; Bornkamm, in: 50 Jahre Bundeskartellamt, S.  37 weist zudem daraufhin, dass sich die Parteivertreter teilweise über diese Praxis beklagen, da sie nicht rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung über diese informiert werden. 19  §  283 ZPO regelt den Schriftsatznachlass für den Vortrag des Gegners. Das Bundeskartellamt ist aber kein Gegner im Sinne der Norm. Insofern ist mit einer Analogie oder allgemeinen prozessualen Grundsätzen zu arbeiten. Dies aber zeigt bereits, dass eine eindeutige Regelung notwendig ist. 20  BGH, 14.03.2000, KZR 15/98, WuW/E DE-R 487, 490; BGH, 05.02.2002, KZR 3/01,

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

nahmen, die nicht auf in einzelnen Beschlussabteilungen des Amtes vertretene Auffassungen Rücksicht zu nehmen brauchen“,21 hervorbringt, ist wenig geeignet, die verfassungsrechtlichen Bedenken beiseitezuschieben. Zu berücksichtigen ist allerdings die Regelung des §  78 Abs.  1 S.  2 ZPO, die dazu führt, dass die Vertreter der Parteien vor dem Bundesgerichtshof eine hohe Sachkunde und auch Spezialisierung aufweisen. Sogenannten BGH-Anwälten wird man am ehesten zutrauen können, auf eine Stellungnahme des Bundeskartellamts ad hoc zu reagieren. Insgesamt scheint dennoch fraglich, inwiefern die ad hoc Stellungnahmen des Bundeskartellamts samt fehlender angemessener zeitlicher Vor- und Nachbereitung seitens der Parteien mit den sich aus Art.  103 Abs.  1 GG ergebenden elementaren Verfahrensrechten in Einklang gebracht werden können. Für Stellungnahmen der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003, §  90a Abs.  2 GWB gelten die soeben gemachten Ausführungen sinngemäß, falls diese mündlich Stellung nimmt. Schriftliche Stellungnahmen der Kommission aus eigener Initiative hat das Gericht ausweislich §  90a Abs.  2 S.  4 GWB den Parteien zu übermitteln. Dabei wird eine solche Pflicht teilweise unmittelbar aus Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003 abgeleitet, da die Stellungnahme Verfahrensgegenstand wird.22 Fest steht jedenfalls, dass das Gericht die Parteien von der Stellungnahme der Kommission in Kenntnis zu setzen und ihnen unter Beachtung der vorstehenden Grundsätze ausreichend Zeit für eine Reaktion zu geben hat. 3.  Principles of Transnational Civil Procedure Bereits aus P. 5.5, 5.6 PTCP folgt das Recht der Parteien zu allen Äußerungen der Gegenpartei Stellung zu beziehen sowie auf Anordnungen des Gerichts reagieren zu können. Diese beiden Vorschriften können dabei als übergeordnete Grundsätze verstanden werden. P. 13 S.  3 PTCP konkretisiert dies in Bezug auf eine amicus-Beteiligung. Danach wird den Parteien die Möglichkeit einer schriftlichen Erwiderung auf die amicus-Stellungnahme eingeräumt. Damit ordnen die Principles zunächst eine Reaktionsmöglichkeit der Parteien an und bestimmen in Übereinstimmung mit dem U.S.-amerikanischen Recht die Schriftlichkeit einer solchen. Die Parteien haben zudem, wie oben bereits dargelegt, die Möglichkeit, sich bereits zum Antrag des amicus zu äußern.23 BGHZ 149, 391, 396; BGH, 09.07.2002, KZR 30/00, BGHZ 151, 274, 283; BGH, 31.01.2012, KZR 65/10, Rn.  32. 21  Bornkamm, in: Langen/Bunte, Komm zum dt. und europ. KartellR, Bd. 1, §  90 Rn.  10. 22  Jaeger, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 3, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  30; Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  39. 23  Oben §  8 B. I. 1. c); vgl. auch Kühne, Amicus Curiae, S.  166.

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

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4.  Welthandelsrecht Im Rahmen des Welthandelsrechts ist zunächst fraglich, inwiefern bestimmte Vorschriften Anforderungen an ein faires Verfahren aufstellen. Anders als im U.S.-amerikanischen oder deutschen Recht gibt es keine explizite „Generalklausel“ im Sinne etwa von Art.  103 Abs.  1 GG. Vielmehr wird teils auf einzelne Vorschriften des DSU abgestellt.24 Im vorliegenden Zusammenhang interessieren insbesondere diejenigen Vorschriften, welche ein Äußerungsrecht der Parteien normieren. Zu nennen sind Regelungen wie Art.  12 Abs.  6 und Art.  15 Abs.  1 DSU.25 Dabei liegt bei einem Berufen auf einzelne, das generelle Verfahren regelnde Vorschriften der Nachteil hinsichtlich eines Reaktionsrechts auf amicus-Stellungnahmen klar auf der Hand – dieser Fall wird mangels Regelung des amicus im DSU nicht erfasst. Allerdings findet sich in Art.  11 S.  2 DSU die Verpflichtung des Panels, eine objektive Einschätzung des Verfahrens vorzunehmen. Verschiedentlich wurde durch den Appellate Body bestätigt, dass bei Auslegung dieser Vorschrift eine solch objektive Einschätzung nur bei adäquater Reaktionsmöglichkeit der Parteien gegeben sei.26 Vor diesem Hintergrund sind die Überlegungen, im Wege des Art.  3 Abs.  2 DSU auf allgemeine Grundsätze des internationalen Rechts hinsichtlich der Ausformung von due process Vorschriften zurückzugreifen, nicht notwendig.27 Der Appellate Body hat das Recht der Parteien, auf eine amicus-Stellungnahme reagieren zu können, zudem in seiner Additional Procedure in der Sache EC – Asbestos verdeutlicht. Dort heißt es unter Ziff.  9 Add. Proc.: „The parties and the third parties to this dispute will be given a full and adequate opportunity by the Appellate Body to comment on and respond to any written brief filed with the Appellate Body by an applicant granted leave under this procedure.“ Ferner hat ein Panel die Möglichkeit der Parteien, auf den amicus brief reagieren zu können, ausdrücklich in seiner Entscheidung hervorgehoben und bei fehlender Reaktionsmöglichkeit eine Verletzung des due process Grundsatzes angenommen.28 Ein anderes Panel betonte, dass es bezüglich der Informationen in ei-

24  Diesen Weg hinsichtlich due process Regelungen gehend etwa Mitchell, in: Yerxa/ Wilson, Key Issues in WTO Dispute Settlement, S.  150 ff.; Howse, in: Weiler, The EU, the WTO, and the NAFTA, S.  42 ff. 25  Mitchell, in: Yerxa/Wilson, Key Issues in WTO Dispute Settlement, S.  152. 26  Chile – Price Band System and Safeguard Measures Relating to Certain Agricultural Products, Bericht des Appellate Body vom 23.09.2002, WT/DS207/AB/R, Rn.  164; United States – Measures Affecting the Cross-Border Supply of Gambling and Betting Services, Appellate Body Bericht vom 07.04.2005, WT/DS285/AB/R, Rn.  71. 27  Diesen Weg wählend aber Gaffney, 14 Am. U. Int’l L. Rev. 1173, 1189 ff. (1999). 28  United States – Imposition of Countervailing Duties on Certain Hot-Rolled Lead and

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

nem amicus brief, die es für relevant erachtete, die Ansichten der Parteien „in accordance with the requirements of due process“ erfragt habe.29 Nicht eindeutig geregelt ist, wie die Parteien im Welthandelsrecht von einer amicus-Beteiligung erfahren. Aus der Additional Procedure des Appellate Body ergibt sich jedoch, die Pflicht des amicus seinen Antrag direkt an den Appellate Body zu richten. Ein proof of service wie im U.S.-amerikanischen Recht wird allerdings nicht verlangt. Daher ist es an dem Appellate Body selbst, die Parteien über eine eventuelle amicus-Beteiligung zu informieren. In der Praxis der Panels wird dies ebenso gehandhabt.30 Hinsichtlich der Art der Reaktion deutet die soeben zitierte Passage aus der Additional Procedure auf eine schriftliche Reaktionsmöglichkeit hin. Zwar könnte man „comment on and respond“ sowie „full and adequate opportunity“ auch in einer mündlichen Reaktion für gegeben halten, doch wird eine umfassende und angemessene Reaktion auf eine nach Ziff.  7 (c) Add. Proc. bis zu 20 Seiten lange amicus-Stellungnahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung gegebenenfalls dazu führen, dass die Erörterung der amicus-Stellungnahme durch die Parteien die mündliche Verhandlung dominiert. Im Vordergrund sollen aber im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Stellungnahmen der Parteien sowie die Fragen der Spruchkörper stehen.31 Im Gegensatz zu den PTCP und Teilen der U.S.-amerikanischen Praxis ermöglicht die Additional Procedure des Appellate Body keine Reaktion der Parteien auf den Antrag des amicus. Dabei wird ein solcher Antrag, wie die Panel-Praxis verdeutlicht, oftmals nicht gestellt.32 Die Panels fordern die Parteien dennoch teilweise dazu auf, zu dem amicus brief Stellung zu nehmen, bevor sie sich entscheiden, diesen zu berücksichtigen.33 Die Stellungnahme der Parteien kann sich daher sowohl auf die Zulassung eines amicus briefs als auch auf dessen Inhalt beziehen.

Bismuth Carbon Steel Products Originating in the United Kingdom, Bericht des Panels vom 23.12.1999, WT/DS138/R, Rn.  6.3. 29  United States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna and Tuna Products, Bericht des Panels vom 15.09.2011, WT/DS381/R, Rn.  7.9. 30  Siehe hierzu etwa United States – Certain Country of Origin Labelling (COOL) Requirements, Bericht des Panels vom 18.11.2011, WT/DS384/R, WT/DS386/R, Rn.  2.9; dort heißt es, dass das Panel die Parteien über den amicus brief informiert habe. 31  Ziff.  5 Panel-WP; Palmeter/Mavroidis, Dispute Settlement in the WTO, S.  160; vgl. auch unten §  9 B. IV. 1. 32  Dazu oben §  8 B. I. 1. d). 33  United States – Certain Country of Origin Labelling (COOL) Requirements, Bericht des Panels vom 18.11.2011, WT/DS384/R, WT/DS386/R, Rn.  2.10.

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

273

5.  Investitionsschiedsgerichtsbarkeit Die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist Teil der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, wobei ICSID-Verfahren, wie gezeigt,34 eine Sonderstellung einnehmen. Dennoch lassen sich allgemeine Verfahrensgrundsätze der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit auch auf ICSID-Verfahren übertragen. Ein solcher Grundsatz lautet, dass beide Parteien die Möglichkeit haben müssen, dem Schiedsgericht ihre Position zu erläutern.35 Dieser Grundsatz findet sich hinsichtlich amicus-Stellungnahmen ferner in R. 37 Abs.  2 ICSID AR wieder, „[…] and that both parties are given an opportunity to present their observations on the non-disputing party submission.“ Ausweislich Ziff. B. 5., 8., FTC-Statement soll den Parteien hinsichtlich einer amicus-Beteiligung die Möglichkeit zur Stellungnahme gewährt werden. Auch nach Art.  4 Abs.  6 UNCITRAL TR sollen die Parteien die Möglichkeit zur Stellungnahme haben. Das In-Kenntnis-setzen der Parteien von amicus-Stellungnahmen in Rahmen von NAFTA-Verfahren regelt Ziff. B. 4. FTC-Statement dergestalt, dass das Schiedsgericht die Parteien über eine amicus-Beteiligung informiert sowie Anträge und Stellungnahmen weiterleitet. R. 37 Abs.  2 ICSID AR regelt dies nicht ausdrücklich. Da jedoch ein Nachweis des proof of service wie im U.S.-amerikanischen Recht nicht gefordert wird, ist davon auszugehen, dass es an dem Schiedsgericht ist, die Parteien über eine amicus-Beteiligung in Kenntnis zu setzen. Auch der Wortlaut von R. 37 Abs.  2 ICSID AR, „The Tribunal shall ensure […]“ deutet auf eine Verpflichtung des Schiedsgerichts hin. Vergleichbar mit R. 37 Abs.  2 ICSID AR ist die Regelung der UNCITRAL TR. Auch dort findet sich keine ausdrückliche Regelung, Art.  4 Abs.  6 UNCITRAL TR spricht jedoch ebenfalls von „The arbitral tribunal shall ensure“. Sonstige Verfahren unter Geltung der UNCITRAL AR regeln amici nicht. Daher ist es Aufgabe des Schiedsgerichts, die Parteien über eine amicus-Beteiligung zu informieren. Die Parteien haben die Möglichkeit, sowohl zu dem Antrag des amicus Stellung zu nehmen, als auch im Falle der Gewährung des Antrags, zu dem amicus brief selbst.36 Eine schriftliche Stellungnahme der Parteien wird nicht explizit gefordert. Allerdings werden im Rahmen der mündlichen Verhandlung zumeist 34 

Siehe oben §  6 A. II. Blackaby/Partasides, Redfern and Hunter on International Arbitration, S.  586 ff.; Moss, in: Muchlinski/Ortrino/Schreuer, The Oxford Handbook of International Investment Law, S.  1225 f.; für ICSID-Verfahren ausdrücklich, Schreuer/Malintoppi/Reinisch/Sinclair, The ICSID Convention, Art.  44 Rn.  22; auch Art.  17 Abs.  1 S.  1 UNCITRAL AR betont dies. 36  Dies folgt für NAFTA-Verfahren aus Ziff. B. 5., 8. FTC-Statement, für ICSID-Verfahren aus R. 37 Abs.  2 S.  1 ICSID AR, bei Geltung der UNCITRAL TR aus Art.  4 Abs.  1 UNCITRAL TR. Im Rahmen sonstiger Verfahren bei Geltung der UNCITRAL AR sind amici nicht geregelt, doch bestätigt die bisherige Praxis im Fall Chevron ein solches Vorgehen, 35 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

die wesentlichen Gesichtspunkte des Falls von den Parteien vorgetragen sowie eine Beweisaufnahme durchgeführt.37 Daher wäre es unpassend, dort ausführlich die jeweiligen amicus-Stellungnahmen zu erörtern. Vielmehr sollen die Parteien die Gelegenheit haben, ihre jeweiligen Standpunkte darzustellen. Zudem soll eine Beweisaufnahme durchgeführt werden. Dies zeigt auch die Praxis in dem Verfahren Biwater Gauff.38 6.  Vergleichende Analyse Wenig überraschend ist zunächst, dass alle untersuchten Prozessordnungen den Parteien das Recht geben, auf die amicus-Stellungnahme einzugehen. Dabei lässt sich ein solches Reaktionsrecht regelmäßig bereits aus übergeordneten Verfahrensgrundsätzen ableiten, wird aber auch in Regelungen betreffend den amicus deutlich. Unterschiedlich ist hingegen geregelt, wie die Parteien von einer amicus-Beteiligung erfahren. Während ZPO, PTCP, Welthandelsrecht und Investitionsschiedsgerichtsbarkeit den Spruchkörper damit betrauen, die Parteien von einer amicus-Beteiligung in Kenntnis zu setzen, fordert das U.S.-amerikanische Recht, dass dies der amicus selbst erledigt. Dies ist aber insofern konsequent, als die Zustellung von Verfahrensdokumenten im U.S.-amerikanischen Recht grundsätzlich Sache der Parteien ist. Hinsichtlich der Art der Reaktion stellen U.S.-amerikanisches Recht, PTCP, Welthandelsrecht und Investitionsschiedsgerichtsbarkeit auf eine schriftliche Reaktionsmöglichkeit ab. Lediglich in der ZPO genügt eine mündliche Reaktion. Allerdings ist dies mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör kaum zu vereinbaren, da die Parteien nicht ausreichend Zeit haben, ihre Reaktion vorzubereiten. Dort, wo ein vorheriger Antrag des amicus vorgesehen ist, wird in Teilbereichen des U.S.-amerikanischen Rechts, den PTCP und der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit bereits eine Reaktion auf den Antrag zugelassen. In der Welthandelsorganisation wird dieser Weg nicht gewählt, dennoch haben die Parteien die Möglichkeit, sich dazu zu äußern, ob der amicus zuzulassen ist. In der ZPO fehlt eine solche Möglichkeit, dies ist jedoch wenig verwunderlich, da Kommission und Kartellbehörden ein gesetzliches Recht auf Teilnahme haben. Chevron Corporation and Texaco Petroleum Corporation v. The Republic of Ecuador, PCA Case No. 2009-23, Procedural Order No. 8, 18.04.2011, Rn.  2. 37  Legum, in: Yannaca-Small, Arbitration Under International Investment Agreements, S.  100 f. 38  Dort versuchte das Schiedsgericht, eine amicus-Beteiligung kurz vor der mündlichen Verhandlung durch eine Zweiteilung der Reaktionsmöglichkeiten der Parteien zu ermöglichen, ohne dabei die mündliche Verhandlung zu beeinträchtigen, obwohl es eine Erörterung der amicus-Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung für möglich hielt, dazu ausführlich unten, §  9 B. V. 2. b).

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

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II.  Zugriff des amicus auf Verfahrensdokumente Zu untersuchen ist, inwiefern der amicus das Recht besitzt, sich vor seiner Beteiligung über das laufende Verfahren zu informieren. Eine amicus-Stellungnahme ist dem Gericht nur dann eine Hilfe, wenn der amicus Kenntnis von der konkreten Streitigkeit besitzt. Zum einen kann der amicus so Art und Inhalt seiner Argumentation dem Verfahren anpassen. Zum anderen können Dopplungen im Verhältnis zu den Ausführungen der Parteien vermieden werden. Daher ist der Zugriff auf die Schriftsätze der Parteien sowie sonstige Informationen wie Verhandlungs- oder Beweisprotokolle und Sachverständigengutachten von zentraler Bedeutung. Dies mag lediglich dann nicht der Fall sein, wenn amicus und Partei, wie oftmals im U.S.-amerikanischen Recht der Fall,39 in einem Kooperationsverhältnis stehen. 1.  U.S.-amerikanisches Recht Im U.S.-amerikanischen Recht ist der Grundsatz herrschend, dass die Öffentlichkeit einen Zugriff auf die Prozessakte hat. „It is clear that the courts of this country recognize a general right to inspect and copy public records and documents, including judicial records and documents.“40 Zwar bestehen von diesem Grundsatz Ausnahmen, beispielsweise bei der Veröffentlichung der „painful and sometimes disgusting details of a divorce case“,41 dennoch ist die allgemeine Verfügbarkeit von Prozessdokumenten die Regel. Amici können daher, auch ohne den Willen der Parteien, Einsicht in die Schriftsätze und sonstige Prozessdokumente nehmen.42 2.  Europäisches und deutsches Kartellrecht Die ZPO kennt einen Grundsatz des allgemeinen Zugriffs auf Verfahrensdokumente nicht. Vielmehr regelt §  299 Abs.  2 ZPO, dass Dritte43 die Prozessakten ohne Einwilligung der Parteien nur bei Glaubhaftmachung eines rechtlichen 39 

§  2 B. I. 2. a). Nixon v. Warner Communications, Inc., 435 U.S.  589, 597 (1978). 41  Nixon v. Warner Communications, Inc., 435 U.S.  589, 598 (1978). 42  Dabei kann dies in der Praxis ein mühseliges Unterfangen sein. Insofern ist es als besonderes Recht des amicus anzusehen, wenn dieser, wie die Parteien, am service of process beteiligt wird. Dies wird in der Praxis als zulässig erachtet, State v. Director, U.S. Fish and Wildlife Service, 262 F.3d 13, 14 (1st Cir. 2001). Dazu näher unten §  13 B. I. 1. f). 43  Nach überwiegender Ansicht sollen Behörden nicht unter den Begriff des Dritten fallen, da sich deren Akteneinsichtsrecht bereits aus den Grundsätzen der Amtshilfe ableiten lasse, BGH 06.12.1968, RiZ (R) 8/68, NJW 1969 1302, 1303; Prütting, in: Krüger/Rauscher, MünchKomm ZPO, Bd. 1, §  299 Rn.  20 m. w. N. aus der Literatur; a. A. aber Leipold, in: 40 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Interesses44 einsehen können. Im Falle einer amicus-Stellungnahme hat das Gericht ausweislich §  90 Abs.  1 S.  2 GWB dem Bundeskartellamt auf dessen Verlangen hin alle Schriftsätze, Protokolle, Verfügungen und Entscheidungen zu übersenden. Für die Kommission gilt auf europäischer Ebene Art.  15 Abs.  3 S.  5 VO 1/2003,45 der ein Ersuchen der Kommission an das nationale Gericht um Übermittlung der Verfahrensdokumente vorsieht. Es ist fraglich, inwiefern ein solches Ersuchen eine Pflicht des Gerichts statuiert, die Unterlagen auch tatsächlich zur Verfügung zu stellen. Für Stellungnahmen vor deutschen Gerichten stellt sich diese Frage nicht, da §  90a Abs.  2 S.  2 GWB diesbezüglich eine Pflicht des Gerichts statuiert. Auch auf europarechtlicher Ebene wird man eine solche Pflicht anzunehmen haben.46 Ohne solche Informationen könnte der effet utile von Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003 nicht gewährleistet werden. Dabei untersagt Art.  15 Abs.  3 S.  5 VO 1/2003 die Verwendung solcher Informationen für eigene Zwecke der Kommission abseits von Stellungnahmen nach Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003. Die betreffenden Vorschriften, welche Kommission und nationale Kartellbehörden zur Einsichtnahme in Verfahrensdokumente berechtigen, sind als lex specialis zu §  299 ZPO anzusehen. 3.  Principles of Transnational Civil Procedure Im Rahmen der PTCP stellt P. 20 PTCP den Grundsatz eines öffentlichen Verfahrens auf. Dabei verweist P. 20.2 PTCP hinsichtlich der näheren Ausgestaltung von Einsichtnahmemöglichkeiten auf das anwendbare Recht des jeweiligen Staates, in dem die PTCP zur Anwendung gelangen. Je nachdem, wie dieses Recht ausgeprägt ist, wird dem amicus ein Zugriff auf Verfahrensdokumente möglich sein. 4.  Welthandelsrecht Wie bereits geschildert, finden Verfahren vor Panels und Appellate Body grundsätzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, wobei hiervon in letzter Zeit wiederholt Ausnahmen zu beobachten waren.47 Der aus Art.  18 Abs.  2 DSU folgende Grundsatz, dass Schriftsätze der Parteien nicht der Öffentlichkeit zuStein/Jonas, ZPO, Bd. 4, §  299 Rn.  64 f. Letztlich braucht diese Frage hier nicht entschieden werden, da §  90 GWB lex specialis ist. 44  Zu diesem Interesse etwa Greger, in: Zöller, §  299 Rn.  6a. 45  Dieser gilt auch für nationale Wettbewerbsbehörden und steht daher neben §  90 Abs.  1 S.  2 GWB. Dies ist im Hinblick auf Art.  15 Abs.  4 VO 1/2003 unproblematisch. 46  Jaeger, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 3, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  29. 47  Zum Ganzen oben §  5 C. IV.

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

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gänglich sind, wurde jedoch nicht gelockert. Dies gilt auch für sonstige Dokumente der Verfahrensakte. In der Literatur wurde die Frage aufgeworfen, wie der amicus einen sinnvollen Beitrag zu Verfahren leisten könne, wenn er nicht Zugriff auf die Parteischriftsätze habe.48 Dies ist in der Tat ein Problem. Einschränkend muss jedoch berücksichtigt werden, dass es den Parteien gemäß Art.  18 Abs.  2 S.  2 DSU freisteht, ihre Schriftsätze der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.49 Zudem werden im Vorfeld eines Verfahrens recht umfangreiche Informationen hierüber von der Welthandelsorganisation veröffentlicht.50 Bei Rechtsmittelverfahren haben die Öffentlichkeit und somit auch amici ferner Zugriff auf die Rechtsmittelerklärung gemäß Ziff.  20 Abs.  1 WPAR.51 Überlegenswert wäre es jedoch, wenn die Parteien die vertraulichen Teile ihrer Schriftsätze kennzeichnen, sodass Panel beziehungsweise Appellate Body zeitnah eine Version dieser veröffentlichen könnten, in der solch vertrauliche Informationen unkenntlich gemacht wären. 5.  Investitionsschiedsgerichtsbarkeit Im Rahmen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist der Zugriff von amici auf Verfahrensdokumente wie Schriftsätze, procedural orders und Protokolle nicht einheitlich geregelt. Dabei erkennen sowohl die Schiedsgerichte als auch die Literatur an, dass eine amicus-Beteiligung ohne ausreichende Informationen kaum nützlich ist.52 Wie die Zugriffsmöglichkeiten konkret ausgestaltet sind, ist Gegenstand der folgenden Ausführungen. Stern, in: Macrory/Appleton/Plummer, The World Trade Organization Vol. 1, S.  1456. So wurde offenbar in dem Verfahren European Communities – Measures Prohibiting the Importation and Marketing of Seal Products, WT/DS400, WT/DS401, WT/DS369, verfahren, da dort in der Written Submission of Non-Party Amici Curiae, 11.02.2013, S.  6 auf die Stellungnahme der Europäischen Union zurückgegriffen wurde. 50  Auf der Webseite der WTO ist der in Art.  4 Abs.  4 DSU näher ausgestaltete request for consultations abrufbar. In diesem finden sich bereits wesentliche Informationen über Verfahrensgegenstand sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, näher Ohlhoff, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, S.  716. 51  Dies ergibt sich aus dem Verfahren Thailand – Anti-Dumping Duties on Angles, Shapes and Sections of Iron or Non-Alloy Steel and H Beams from Poland, Bericht des Appellate Body vom 12.03.2001, WT/DS122/AB/R, Rn.  64, in dem sich Thailand beschwert, ein amicus verwende Informationen, die nur aus der Rechtmittelbegründung, nicht aber aus der Rechtsmittelerklärung, notice of appeal, stammen können. 52  In Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona SA, and Vivendi Universal SA v. Argentine, ICSID Case No. ARB/03/19, Order in Response to a Petition by Five Non-governmental Organisations for Permission to Make an Amicus Curiae Submission, 12.02.2007, Rn.  24 f. betont das Schiedsgericht, dass amici genügend Informationen haben müssten, „Otherwise the entire exercise serves no purpose.“ Allerdings sei für Erlangung dieser Infor48  49 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Investitionsstreitigkeiten unter der Ägide des NAFTA scheinen in diesem ­ usammenhang sehr transparent zu sein und es amici sowie der allgemeinen Z Öffentlichkeit zu ermöglichen, auf umfangreiche Verfahrensdokumente zuzugreifen. Hintergrund ist eine Mitteilung der Free Trade Commission, welche die Parteien grundsätzlich verpflichtet, alle Dokumente der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, bis auf Geschäftsgeheimnisse oder sonstige, nach dem je­weiligen nationalen Recht einer der Vertragsparteien vertrauliche Infor­ma­tionen.53 Allerdings stellt diese Mitteilung die Veröffentlichung unter den Vorbehalt der jeweils anzuwendenden prozessualen Regelungen des Schiedsverfahrens.54 Dies sind zumeist die UNCITRAL AR.55 Im Rahmen der UNCITRAL AR sind nunmehr die UNCITRAL TR zu berücksichtigen, sofern diese anwendbar sind.56 Deren Art.  3 regelt die Veröffentlichung von Verfahrensdokumenten. Sämtliche Veröffentlichungsgebote stehen unter dem Vorbehalt der Ausnahmevorschrift des Art.  7 UNCITRAL TR.57 Nach Art.  3 Abs.  1 UNCITRAL TR sind Parteischriftsätze, eine Liste der Anhänge, soweit vorhanden, Stellungnahmen Dritter sowie ein Protokoll der Verhandlungen, soweit vorhanden, sowie Beschlüsse, Entscheidungen und awards zu veröffentlichen. Nach Art.  3 Abs.  2 UNCITRAL TR sind Sachverständigenstellungnahmen und Zeugenaussagen auf Anfrage (irgend)einer Person zu veröffentlichen. Art.  3 Abs.  3 UNCITRAL TR regelt die Möglichkeit, dass das Schiedsgericht auch Anhänge zu Parteischriftsätzen oder etwa Sachverständigengutachten veröffentlicht. Diese Vorschrift ist insgesamt restriktiver gefasst als die vorhergehenden, indem die Veröffentlichung in das Ermessen des Schiedsgerichts gestellt wird und nicht wie bei Art.  3 Abs.  1, 2 UNCITRAL TR die Rede davon ist, die Informationen sollen veröffentlicht werden.58 Art.  3 Abs.  4, 5 UNCITRAL TR treffen Regelungen in Bezug auf das Verfahren der Veröffentlichung. Insgesamt wird amici – und auch anderen Personen – innerhalb der Grenzen des Art.  7 UNCITRAL TR eine recht weitgehende Möglichkeit des Zugriffs auf Verfahrensdokumente gegeben. Im Hinblick auf Verfahren, in denen die UNCITRAL TR nicht gelten, darf der Schiedsspruch ausweislich Art.  34 Abs.  5 UNCITRAL AR nur zugänglich mationen nicht zwingend die Veröffentlichung von Verfahrensdokumenten erforderlich. Aus der Literatur Maxwell, 3 A.I.A.J. 176, 182 f. (2007). 53  Note of Interpretation of Certain Chapter 11 Provisions, 31.07.2001, Ziff.  1. 54  Note of Interpretation of Certain Chapter 11 Provisions, 31.07.2001, Ziff.  1. b. ii. c. 55  Auf ICSID-Schiedsregeln wird im Rahmen von NAFTA-Verfahren nicht eingegangen, da diese fast nie zur Anwendung gelangen, oben §  6 B. II. 56  Dazu oben §  6 B. II. 2. a). 57  Zu dieser ausführlich oben §  6 C. IV. 1. 58  In der englischen Fassung in Art.  3 Abs.  1, 2 UNCITRAL TR „shall be made available“ und Art.  3 Abs.  3 UNCITRAL TR „may decide“.

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

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gemacht werden, wenn beide Parteien zustimmen. Insofern ist zu schlussfolgern, dass die Veröffentlichung sonstiger Verfahrensdokumente ebenfalls nur in Übereinstimmung mit den Parteien erfolgen darf.59 Dennoch zeigt sich in der Praxis, dass NAFTA-Schiedsgerichte Verfahrensdokumente oftmals amici zugänglich machen.60 Insofern können die Parteien eines NAFTA-Verfahrens trotz Art.  34 Abs.  5 UNCITRAL AR Schriftstücke selbst veröffentlichen, sofern keine spezielle Vertraulichkeitsabsprache getroffen wurde. Dazu passt auch die Feststellung eines Schiedsgerichts: „[…] whatever may be the position in private consensual arbitrations between commercial parties, it has not been established that any general principle of confidentiality exists in an arbitration such as that currently before this tribunal.“61 Hinsichtlich Verfahren unter Geltung der UNCITRAL AR, die keine NAFTA-Verfahren sind, gilt bei Anwendung der UNCITRAL TR deren Art.  3. Im Hinblick auf die übrigen Verfahren gilt Art.  34 UNCITRAL AR. Ausweislich Rule 48 Abs.  4 ICSID AR darf der Schiedsspruch nur im Falle der Zustimmung beider Parteien durch das ICSID veröffentlicht werden. Der Zugriff auf die übrigen Verfahrensdokumente ist nicht geregelt. In der bisherigen Praxis wurden Anfragen von amici auf Zugriff von Dokumenten ablehnend beschieden.62 Dennoch lässt sich aus der Begründung der Entscheidungen ablesen, dass im Einzelfall ein solcher Zugang gewährt werden kann.63 Im Er59  Knahr/Reinisch, 6 L.P.I.C.T. 97, 99 (2007); in Chevron Corporation and Texace Petroleum Corporation v. The Republic of Ecuador, PCA Case No. 2009-23, Procedural Order No. 8 vom 18.04.2011, Rn.  17 ff. geht das Schiedsgericht auf den diesbezüglichen Antrag des amicus nicht ein, da es eine Beteiligung aus anderen Gründen nicht zulässt. 60  So auch Knahr, 23 Arb. Int’l 327, 343 (2007). In der Sache UPS ordnete das Schiedsgericht an, die amici sollten Zugang zu den Parteischriftsätzen haben, abgesehen von vertraulichen Informationen, United Parcel Service of America Inc. v. Canada, Procedural Directions for Amicus Submissions, 04.04.2003, S.  2, Direction of the Tribunal on the Participation of Amici Curiae, 01.08.2003, S.  2 f.; ähnlich auch Merrill & Ring Forestry L.P. v. The Government of Canada, Confidentiality Order, 21.01.2008, Rn.  25, wo bestimmt wird, alle Schriftstücke bis auf die als vertraulich gekennzeichneten zu veröffentlichen. VanDuzer, 52 McGill L.J. 681, 698 ff. (2007) stellt heraus, dass teilweise NAFTA-Schiedsgerichte aber auch nur Teile der Verfahrensdokumente veröffentlichen. 61  S.D. Meyers Inc. v. Canada, Procedural Order No. 16, 13.05.2000, Rn.  8, zitiert nach Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case. No. ARB/05/22, Procedural Order No. 3, 29.09.2006, Rn.  132. 62  Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona SA, and Vivendi Universal SA v. Argentine, ICSID Case No. ARB/03/19, Order in Response to a Petition by Five Non-governmental Organisations for Permission to Make an Amicus Curiae Submission, 12.02.2007, Rn.  24; Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Procedural Order No. 5, 02.02.2007, Rn.  62 ff. 63  In Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

gebnis wird man hier immer den konkreten Einzelfall berücksichtigen müssen. Eine Sonderstellung nimmt das Verfahren Piero Foresti64 ein. Dieses wurde anhand der ICSID Additional Facility Rules durchgeführt, welche den ICSID AR in Bezug auf das Verfahren sehr ähnlich sind. Dort ist ebenfalls der Zugriff von Dritten auf die Verfahrensdokumente der Parteien nicht explizit geregelt. Dennoch erkannte das Schiedsgericht in diesem Fall die Notwendigkeit, den Parteien aufzugeben, den amici einige Verfahrensdokumente, die keine vertraulichen Informationen mehr enthielten, zukommen zu lassen. „The Tribunal had ordered the Parties to provide the NDPs [non-disputing parties] with certain redacted documents because it had taken the view that the NDPs must be allowed access to those papers submitted to the Tribunal by the Parties that are necessary to enable the NDPs to focus their submissions upon the issues arising in the case and to see what positions the Parties have taken on those issues.“65 Diesen Ausführungen ist nichts hinzuzufügen. Es bleibt zu hoffen, dass sie zukünftig bei der Beteiligung von amici in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit den Maßstab setzen.66 Im Rahmen von ICSID-Verfahren ist die Veröffentlichung von Verfahrensdokumenten durch die Parteien nicht geregelt. In der Sache Biwater Gauff veröffentlichte Tansania das Protokoll der ersten Sitzung sowie Procedural Order Nr.  2.67 Der Kläger beantragte, dass das Schiedsgericht dieses Vorgehen zu stoppen habe. Das Schiedsgericht stellte zunächst fest, dass sich eine allgemeine Vertraulichkeitsregelung nicht aus den ICSID AR ergebe.68 Die Änderung der ICSID AR im Jahre 2006, namentlich die Aufnahme der amicus-Vorschriften, lasse jedoch eine Tendenz hin zu einem Mehr an Transparenz erkennen.69 Auf der anderen Seite könne die Veröffentlichung von Verfahrensdokumenten während des laufenden Verfahrens die prozessuale Integrität des Verfahrens belasARB/05/22, Procedural Order No. 5, 02.02.2007, Rn.  62 ff. verneint das Schiedsgericht einen Zugriff auf relevante Verfahrensdokumente mit der Begründung, amici würden diese in dem konkreten Fall nicht benötigen. Dies lässt den Rückschluss zu, dass in geeigneten Fällen ein Zugriff möglich ist, so auch Zachariasiewicz, 29 J. Int’l Arb. 205, 218 (2012). 64  Piero Foresti et. al. v. The Republic of South Africa, ICSID Case No. ARB(AF)/07/1. 65  Piero Foresti et. al. v. The Republic of South Africa, ICSID Case No. ARB(AF)/07/1, Award, 04.08.2010, Rn.  28. 66  Zurückhaltend aber Ruthemeyer, Der amicus curiae brief im Internationalen Investitionsrecht, S.  286 f. 67  Dies ergibt sich aus Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. Arb/05/22, Procedural Order No. 3, 29.09.2006, Rn.  5; vgl. auch Knahr/ Reinisch, 6 L.P.I.C.T. 97, 103 (2007). 68  Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case. No. ARB/05/22, Procedural Order No. 3, 29.09.2006, Rn.  121. 69  Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case. No. ARB/05/22, Procedural Order No. 3, 29.09.2006, Rn.  122.

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

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ten.70 Das Schiedsgericht entschied letztlich, sämtlichen Schriftverkehr der Parteien nicht zu veröffentlichen und procedural orders des Schiedsgerichts nur nach Rücksprache mit diesem.71 Diese Einschränkungen sollten jedoch nur gelten, solange das Verfahren noch nicht abgeschlossen sei. Das Instrument des amicus kann dazu führen, die restriktive Einstellung einiger Schiedsgerichte bezüglich der Veröffentlichung von Dokumenten in laufenden Verfahren zu ändern. Zum einen können amici zu einer erstmaligen Anforderung der fraglichen Schriftstücke führen.72 Zum anderen hat die bisherige Praxis die auch von den Schiedsgerichten erkannte Notwendigkeit verdeutlicht, dass eine vernünftige Beteiligung der amici nur möglich ist, wenn diese auch ein bestimmtes Maß an Zugang zu notwendigen Informationen haben. Amici steigern insofern den Druck, bestimmte Dokumente frühzeitig der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Eine Tendenz hin zu einer erhöhten Zugriffsmöglichkeit ergibt sich auch aus Art.  29 U.S. Model BIT. Dieser regelt ausdrücklich die Zugriffsmöglichkeit von amici auf eine Reihe von Verfahrensdokumenten.73 Zu berücksichtigen sind nunmehr auch die UNCITRAL TR. Dies alles verdeutlicht die Entwicklung hin zu transparenteren Verfahren in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit. 6.  Vergleichende Analyse Ein Recht des amicus auf Zugriff der Verfahrensdokumente kennen U.S.-amerikanisches Recht, ZPO, PTCP und UNCITRAL TR. Interessant ist, dass im Rahmen des U.S.-amerikanischen Rechts und der PTCP dieses Recht aus dem allgemeinen Grundsatz der öffentlichen Zugänglichkeit von Gerichtsakten folgt, während im Rahmen der ZPO dieser Grundsatz gerade nicht besteht, sondern es vielmehr der Voraussetzungen des §  299 ZPO beziehungsweise der Amtshilfe oder einer einfachgesetzlichen Ausnahme wie §§  90 Abs.  1 S.  2, 90a Abs.  2 S.  2 GWB bedarf. Die Schaffung der Ausnahmeregelungen im GWB verdeutlicht erneut die Notwendigkeit, dem amicus ausreichende Informationen über das Verfahren zukommen zu lassen, soll seine Unterstützung eine echte Hilfe sein und nicht lediglich eine Dopplung der Parteischriftsätze darstellen. Im Rahmen des Welthandelsrechts besteht ein solcher Zugriff des amicus nicht. Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case. No. ARB/05/22, Procedural Order No. 3, 29.09.2006, Rn.  138 ff. 71  Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case. No. ARB/05/22, Procedural Order No. 3, 29.09.2006, Rn.  163. 72  Delaney/Magraw, in: Muchlinski/Ortino/Schreuer, The Oxford Handbook of International Investment Law, S.  779. 73  Dazu auch Zachariasiewicz, 29 J. Int’l Arb. 205, 218 f. (2012); McLachlan/Shore/Weiniger, International Investment Arbitration, S.  59. 70 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Dies wird teilweise dadurch abgefangen, dass recht umfangreiche Informationen betreffend das Verfahren öffentlich bekannt gemacht werden. In der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist die Lage hinsichtlich eines Zugriffsrechts uneinheitlich. Neuere Entwicklungen verdeutlichen jedoch den Trend hin zu einem Mehr an Transparenz und einer damit verbundenen Veröffentlichung von Verfahrensdokumenten. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass ein Investitionsschiedsverfahren nach den UNCITRAL TR momentan im Hinblick auf die Veröffentlichung von Verfahrensdokumenten transparenter als ein nationales Zivilverfahren nach der ZPO ist.74

III.  Effizientes Verfahren Abschließend als Kriterien für die Bestimmung des Zeitpunkts der amicus-Beteiligung zu berücksichtigen, sind die Wahrung eines möglichst effizienten Verfahrens sowie eine geringe Belastung der Parteien. Alle Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen wollen unnötige Verzögerungen vermeiden und ein möglichst effizientes Verfahren fördern. Für das U.S.-amerikanische Recht folgt dies bereits aus R. 1 FRCP, die eine gerechte, schnelle und billige Verfahrenserledigung als Ziel ausweist.75 In der ZPO wurde mit der Vereinfachungsnovelle von 1976 eine Beschleunigung und Konzentration des Verfahrens angestrebt.76 Eine zügige und effiziente Verfahrenserledigung stellt auch P. 7 PTCP als Ziel auf. Im Rahmen des Welthandelsrechts verdeutlichen die engen zeitlichen Vorgaben,77 dass eine zügige Verfahrenserledigung gewünscht ist. Deutlich wird dies auch anhand von Art.  9.1 DSU wonach gleichartige Beschwerden zu verbinden sind.78 Auch in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist das Ziel eines möglichst schnellen und effizienten

74 

Denn dort ist die Veröffentlichung die Regel, während dies in der ZPO die Ausnahme ist, vgl. dazu auch Hammacher, NZBau 2014, 607, 608. 75  Der Supreme Court hat diese Ziele als „the touchstones of federal procedure“ umschrieben, Brown Shoe Co. v. United States, 370 U.S.  294, 306 (1962), dazu auch: Baicker-McKee/Janssen/Corr, Federal Civil Rules Handbook, S.  164. Die Notwendigkeit eines effizienten Verfahrens zeigt sich auch in der Arbeitsüberlastung, insbesondere der U.S. Courts of Appeals, weswegen dort häufig keine mündliche Verhandlung stattfindet. Diese Arbeitsüberlastung führt sogar teils zu Überlegungen, anhand ökonomischer Kriterien festzulegen, welche Sachen in die Rechtsmittelphase übergehen, zu diesem Modell und der Kritik hieran, Barclay, 19 Just. Sys. J. 77, 77 ff. (1996). 76  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, S.  425 ff. 77  Hierzu Art.  17 Abs.  5 DSU und ausführlich unten §  9 B. IV. 2. 78  Darauf in diesem Zusammenhang hinweisend Göttsche, in: Hilf/Oeter, WTO-Recht, S.  137.

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

283

Verfahrens anerkannt.79 In Ziff. B. 7. (a) FTC-Statement wird ausdrücklich betont, eine amicus-Beteiligung solle nicht zu einer Unterbrechung des Verfahrens führen. Dies findet sich ebenso in R. 37 Abs.  2 ICSID AR und Art.  4 Abs.  5 UNCITRAL TR wieder. Neben einem möglichst effizienten Verfahren betonen Ziff. B. 7. (b) FTC-­ Statement, R. 37 Abs.  2 ICSID AR und Art.  4 Abs.  5 UNCITRAL TR, dass die Parteien durch eine amicus-Stellungnahme nicht unnötig belastet werden sollen.80 In den übrigen Prozessordnungen findet sich ein solcher Passus nicht ausdrücklich wieder. Dennoch wird man davon ausgehen müssen, dass im Sinne eines effizienten Verfahrens eine unnötige Belastung der Parteien auch hier vermieden werden soll.

B.  Beteiligungszeitpunkt In den vorstehenden Ausführungen wurde eine Reihe von Kriterien zur Bestimmung des Zeitpunkts einer Verfahrensbeteiligung durch amici benannt. Dabei können nicht immer sämtliche Interessen, wie etwa das des amicus auf Zugriff der Verfahrensdokumente sowie das der Parteien auf eine Reaktion und schließlich der ungehinderte Verfahrensfortgang, berücksichtigt werden. Vielmehr ist nach einer Lösung zu suchen, die der Verwirklichung der genannten Kriterien und Interessen am nächsten kommt. Dabei wird am Anfang eines jeden Abschnitts kurz auf den Ablauf des Verfahrens eingegangen. Denn es ist ohne Kenntnis vom groben Ablauf eines Verfahrens unmöglich zu bestimmen, zu welchem Zeitpunkt, das heißt in welcher Verfahrensphase, der amicus seine Stellungnahme abzugeben hat. Gleichermaßen muss der Frage nachgegangen werden, welche und wie viele Schriftsätze die Parteien austauschen. Geht man nämlich von einer schriftlichen Reaktion bei gleichzeitiger Wahrung eines effizienten Verfahrens aus, ist die Antwort der Parteien auf amicus-Stellungnahmen in die auszutauschenden Schriftsätze zu integrieren.

79 

Dies folgt unter anderem aus Art.  17 Abs.  1 S.  2 UNCITRAL AR. Dazu auch UPS v. Canada, Decision of the Tribunal on Petitions for Intervention and Participation as Amici Curiae, 17.10.2001, Rn.  69; Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. 05/22, Award, 24.07.2008, Rn.  361. 80 

284

2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

I.  U.S.-amerikanisches Recht 1.  U.S. Courts of Appeals Ein Verfahren vor den U.S. Courts of Appeals81 beginnt mit Einreichung der Rechtsmittelschrift.82 Sodann erfolgen Rechtmittelbegründung und Rechtsmittelerwiderung.83 Der Rechtsmittelkläger hat anschließend gemäß R. 28 (c) FRAP die Möglichkeit, eine Replik auf die Rechtsmittelerwiderung, reply brief, abzugeben. Ausweislich R. 28 (c) S.  2 FRAP werden in der Regel nur diese drei Schriftsätze ausgetauscht. Ein briefing schedule legt dabei den zeitlichen Rahmen fest, innerhalb dessen die Parteien ihre Schriftsätze auszutauschen haben.84 Nach Austausch der Schriftsätze kann sich eine mündliche Verhandlung anschließen.85 Das Verfahren vor den U.S. Courts of Appeals weist einen recht statischen Verfahrensablauf auf, der der hohen Arbeitsbelastung dieser Gerichte geschuldet ist.86 81  Nicht näher eingegangen wird in den folgenden Ausführungen auf den record of appeal. Dieser ist eine Zusammenstellung von Schriftstücken, Beweismitteln und Protokollen, die der Dokumentierung des erstinstanzlichen Verfahren dienen, R. 10, 11 FRAP; Schulz, Das Rechtsmittel des Appeal zu den US Federal Courts of Appeals, S.  82 f.; Struve, in: Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, §  3956. Die Notwendigkeit eines solchen records erklärt sich daraus, dass das Rechtsmittelgericht nicht die Verfahrensakte des erstin­ stanzlichen Gerichts anfordern kann, wie es beispielsweise in §  541 ZPO vorgesehen ist, darauf hinweisend Schulz, Das Rechtsmittel des Appeal zu den US Federal Courts of Appeals, S.  83. Dem record kommt dabei eine hohe Bedeutung zu, da das Rechtsmittelgericht grundsätzlich Gegenstände außerhalb des records nicht berücksichtigen wird, näher Struve, in: Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, §  3956.1. Die Zusammenstellung des records obliegt den Parteien, näher Bertocchi, in: Lacovara, Federal Appellate Practice, S.  192. 82  Sogenannte notice of appeal, R. 3 FRAP, vgl. auch James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  762; zur deutschen Terminologie Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, S.  344. 83  Appellant’s brief und appellee’s brief, zu deren Inhalt R. 28 (a), (b) FRAP; zur deutschen Terminologie Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, S.  346 f. 84  Diesen erlässt das Gericht. In ihm werden die zeitlichen Vorgaben hinsichtlich der verschiedenen Schriftsätze festgelegt. Vorgaben hierzu finden sich in den local rules der jeweiligen U.S. Courts of Appeals wieder, vgl. zum Beispiel 2nd Cir. R. 31.2. 85  R. 34 (a) (2) FRAP nennt verschiedene Gründe, bei deren Vorliegen ein aus drei Richtern bestehender Spruchkörper die mündliche Verhandlung abbedingen kann. Mittlerweile ist eine mündliche Verhandlung die Ausnahme, lediglich ca. einer von vier Fällen wird so entschieden, Struve, in: Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, §  3980. Jeder Partei stehen dabei nur 10 bis 20 Minuten Redezeit zur Verfügung, Struve, in: Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, §  3980. Die mündliche Verhandlung dient dazu, dem Gericht zu helfen die Argumente aus den Schriftsätzen der Parteien nachzuvollziehen, Johnson v. Fogertey Bldg. Co., 194 S.W.2d 924, 930 f. (Mo.App. 1946); Coltoff et. al., Appeal and Error, §  789, in: 5 C.J.S. 86  Vgl. dazu die Ausführungen von Struve in: Wright/Miller, Federal Practice and Pro-

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

285

Im Hinblick auf den Zeitpunkt regelt R. 29 (e) S.  1 FRAP, dass der brief, zusammen mit dem gegebenenfalls notwendigen Antrag, sieben Tage87 nach Einreichung des principal briefs88 der Partei, die unterstützt wird, einzureichen ist. Der Grundsatz von R. 29 (e) S.  1 FRAP ist aus mehreren Gesichtspunkten überzeugend. Zum einen kann jede der Parteien im Rahmen ihrer Schriftsätze auf den amicus brief reagieren.89 Unterstützt der amicus den Rechtsmittelkläger, kann der Rechtsmittelbeklagte in seiner Rechtsmittelerwiderung hierauf eingehen. Unterstützt der amicus den Rechtsmittelbeklagten, kann der Rechtsmittelkläger in seinem reply brief auf den amicus Bezug nehmen. Die Sieben-Tagesfrist stellt dabei sicher, dass Rechtsmittelkläger und -beklagter ausreichend Zeit haben, die amicus-Stellungnahme in ihre Schriftsätze zu integrieren, da die briefing schedules in der Regel einen großzügigen Zeitrahmen gewähren.90 Der briefing schedule muss folglich nicht extra angepasst werden, falls sich amici zur Teilnahme am Verfahren entscheiden.91 Weiterhin gewährleistet die Regelung die Vermeidung unnötiger Dopplungen durch den amicus im Verhältnis zum Schriftsatz der von ihm unterstützten Partei,92 wird es ihm doch ermöglicht, den Schriftsatz der von ihm unterstützten Partei einzusehen. Das Vermeiden von Dopplungen ist für die U.S.-amerikanischen Gerichte wesentliches Kriterium im Rahmen der Entscheidung eines Antrags auf Beteiligung am Verfahren.93 Unterstützt der amicus den Rechtsmittelkläger kann er hingegen nicht die Stellungnahme des Rechtsmittelbeklagten berücksichtigen. Dies wird zwar in der Regel für die Vermeidung von Dopplungen nicht erforderlich sein, könnte jedoch die Qualität des amicus briefs steigern. Eine anderweitige Regelung hätte aber zur Folge, dass der Rechtsmittelbeklagte in seiner Rechtsmittelerwiderung nicht mehr auf den amicus brief reagieren könnte. cedure, §  3980, die die Arbeitsbelastung der Gerichte in direktem Zusammenhang zu dem Ausbleiben einer mündlichen Verhandlung bringt. 87  Zur Berechnung der Frist siehe R. 26 FRAP. 88  Mit principal brief sind Rechtsmittelbegründung und Rechtsmittelerwiderung gemeint, Fry v. Exelon Corp. Cash Balance Pension Plan, 576 F.3d 723, 725 (7th Cir. 2009). Nicht erfasst sind petitions for hearing or rehearing on banc, R. 35 FRAP. Will der amicus eine solche unterstützen, so hat er sich an den Zeitplan für den petitioner zu halten, welcher sich aus R. 35 (c), 40 FRAP ergibt. Gesondert geregelt ist der Einreichungszeitpunkt in diesem Fall in einigen local rules: 3rd Cir. R. 29-1, 9th Cir. R. 29-2 e) und 10th Cir. R. 29.1. 89  Siehe zu diesem Punkt die Committee Notes on Rules – 1998 Amendment, R. 29 FRAP, Subdivision (e). 90  Siehe beispielsweise dazu 2nd Cir. R. 31.2. 91  Siehe zu diesem Punkt die Committee Notes on Rules – 1998 Amendment, R. 29 FRAP, Subdivision (e). 92  Siehe zu diesem Punkt die Committee Notes on Rules – 1998 Amendment, R. 29 FRAP, Subdivision (e); dazu auch Kühne, Amicus Curiae, S.  65. 93  Dazu unten §  10 B. I. 2. a).

286

2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Möglich wäre es, dem Rechtsmittelbeklagten in diesem Fall eine gesonderte Erwiderung auf den amicus zuzugestehen. Gegen eine solche Überlegung spricht jedoch der Grundsatz eines effektiven Verfahrens.94 Aus der Struktur von R. 29 (e) FRAP ergibt sich zudem, dass eine Erwiderung auf den amicus innerhalb der vorgesehenen Schriftsätze erfolgen soll. Eine Verschiebung der Reaktionsmöglichkeit in die mündliche Verhandlung scheint ebenfalls nicht praktikabel. Diese dient vielmehr dazu, die Standpunkte der jeweiligen Parteien noch einmal darzulegen. Auch die kurze Redezeit der Parteien verhindert ein wirkliches Eingehen auf den amicus. Insofern muss die Reaktion im Rahmen der jeweiligen Schriftsätze erfolgen. Die möglicherweise verbesserte Qualität eines amicus briefs, der nach dem Schriftsatz des Rechtsmittelbeklagten eingereicht wird, steht dem nach. Mit der gleichen Argumentation scheidet auch die Möglichkeit aus, einen amicus brief, der den Rechtsmittelbeklagten unterstützt, erst nach dem reply brief des Rechtsmittelklägers zuzulassen. R. 29 (e) S.  2 FRAP legt den Zeitpunkt der Verfahrensteilnahme für amici fest, die keine der beiden Parteien unterstützen. Die Anknüpfung an den Rechtsmittelklägerschriftsatz ist insofern überzeugend, als beide Parteien in ihren Schriftsätzen auf den amicus eingehen können. Dies wäre nicht der Fall, wenn man an den Schriftsatz des Rechtsmittelbeklagten anknüpft, da dieser dann seinen Schriftsatz vor Einreichung des amicus-Schriftsatzes abgeben müsste und ihm ein reply brief nicht zusteht. Problematisch ist jedoch, dass R. 29 (e) S.  2 FRAP ausdrücklich Fälle regelt, in denen der amicus keine der beiden Parteien unterstützt. Anders als im Falle der Unterstützung einer Partei wäre der amicus zur Vermeidung unnötiger Doppelungen hinsichtlich des Inhalts der Parteischriftsätze auf die Kenntnis beider Parteischriftsätze angewiesen. Mit der Anknüpfung an den Schriftsatz des Rechtsmittelklägers wird es dem amicus jedoch in zeitlicher Hinsicht unmöglich gemacht, auf den Schriftsatz des Rechtsmittelbeklagten einzugehen. Der Preis für eine andere Regelung läge jedoch darin, dem Rechtsmittelbeklagten die Möglichkeit der Reaktion auf den amicus im Rahmen seines Schriftsatzes zu nehmen. Eine Erwiderungsmöglichkeit in einem gesonderten Schriftsatz oder in der mündlichen Verhandlung ist aufgrund der oben geschilderten Gründe nicht durchführbar. Daher ist die Grundüberlegung der Regelung, beiden Parteien eine Reaktion auf den amicus in ihren Schriftsätzen zu ermöglichen, zu begrüßen. Die Möglichkeit des amicus, wenigstens in zeitlicher Hinsicht die Kenntnisnahme der Parteischriftsätze

94 

Dieser ist gerade im Rahmen der U.S. Courts of Appeals aufgrund deren hoher Arbeitsbelastung von Bedeutung, siehe dazu oben §  9 A. III. und die eben gegebene Erläuterung zum Verfahrensablauf.

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

287

zur Vermeidung von Dopplungen zu gewährleisten, muss demgegenüber hintenanstehen. R. 29 (e) S.  3 FRAP ermöglicht es dem Gericht, auch ein späteres beziehungsweise verspätetes Einreichen des amicus briefs zuzulassen. Jedoch hat das Gericht eine Zeit festzusetzen, innerhalb der eine gegnerische Partei reagieren können muss. R. 29 (e) S.  3 FRAP liegt damit eine implizite Ausnahme des Grundsatzes von lediglich drei Schriftsätzen zwischen Rechtsmittelkläger und Rechtsmittelbeklagtem zugrunde.95 Die Gerichte berücksichtigen dies, wenn sie über einen solchen amicus brief zu entscheiden haben.96 Wesentliches Kriterium für die Zulassung eines verspäteten amicus briefs ist jedoch der potentielle Nutzen eines solchen für das Gericht.97 Die Gerichte werden verspätete amicus briefs in der Regel zulassen, wenn ihre inhaltliche Qualität dies rechtfertigt. Ein weiterer Faktor kann die Art des amicus sein. Stellungnahmen von staatlicher Seite genießen teils ein höheres Ansehen.98 Dies macht sich auch bei der Zulässigkeit eines verspäteten Einreichens bemerkbar.99 Insgesamt schei95  In Rucker v. Great Scott Supermarkets, 528 F.2d 393, 394 (6th Cir. 1976) begründete das Gericht seine ablehnende Haltung gegenüber einem verspäteten amicus brief, der den appellant unterstützt, unter anderem mit dem zu erwartenden reply brief des appellee und brachte somit zum Ausdruck, dass in Fällen eines verspäteten amicus briefs dieser extra Schriftsätze der gegnerischen Partei beziehungsweise im Falle eines amicus, der keine der beiden Parteien unterstützt, extra Schriftsätze der Parteien hervorrufen kann. 96  Aus Rucker v. Great Scott Supermarkets, 528 F.2d 393, 394 (6th Cir. 1976) ergibt sich, dass die Gerichte einem erhöhten Schriftsatzaufkommen ablehnend gegenüber stehen. In diesem Zusammenhang ist auch die von Judge Posner getroffene Aussage bezüglich der Arbeitsüberlastung der Gerichte und die daraus resultierende ablehnende Haltung gegenüber amicus briefs zu berücksichtigen, dazu unten §  10 B. I. 97  „The court has discretion to accept an untimely filing when the value of the potential amicus brief justifies the inconvenience of requiring the judges to review a case multiple times“, Fry v. Exelon Corp. Cash Balance Pension Plan, 576 F.3d 723, 725 (7th Cir. 2009); so auch In re Halo Wireless, Inc., 2012 684 F.3d 581, 596 (5th Cir. 2012). Auch in Rucker v. Great Scott Supermarkets, 528 F.2d 393, 394 (6th Cir. 1976) kommt dies zum Ausdruck, indem das Gericht ausführte, „Were we to treat the Secretary’s submission as a motion for permission to file an out-of-time amicus brief, we would deny that motion because the Secretary states that Appellant took a position similar to that which would have been urged by the Secretary but failed to present that position in its ‚best light.‘ This would not be sufficient reason to burden the Court with a lengthy amicus brief and the reply brief it would engender.“; vgl. auch American Humanist Association v. Maryland-National Capital Park, 147 F.Supp.3d 373, 389 (D. Ma. 2015). 98  Dazu unten §  10 B. I. 2. b) cc). 99  In LaRue v. DeWolff, Boberg & Associates, Inc., 458 F.3d 359, 360 (4th Cir. 2006) betonte das Gericht, der verspätete amicus brief, hier zur Unterstützung einer petition for rehearing en banc, zu dieser Art von amicus briefs siehe unten §  13 B. I. 1. i), sei deswegen zuzulassen, weil er vom Secretary of Labor stamme. Dessen ungeachtet betonte das Gericht, die Ansichten des Secretaries seien grundsätzlich nicht erst im Rahmen der petition for re­

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

nen die U.S. Courts of Appeals nur sehr begrenzt von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, verspätete amicus briefs zuzulassen. Vor dem Hintergrund, dass die wesentlichen Argumente der Parteien bereits in den Hauptschriftsätzen aufzubereiten sind, ist dies konsequent. Verspätete amicus briefs führen zu einer Verzögerung des Verfahrens. Daher sollte sich der amicus unbedingt an die zeitlichen Vorgaben von R. 29 (e) FRAP halten. 2.  Supreme Court Verfahren vor dem Supreme Court unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von Verfahren vor den U.S. Courts of Appeals. So besitzt der Supreme Court beispielsweise auch eine erstinstanzliche Zuständigkeit.100 Gleichwohl ist der Su­ preme Court hauptsächlich Rechtsmittelinstanz.101 In diesen Fällen ist zunächst zu prüfen, ob die Zuständigkeit des Supreme Courts tatsächlich besteht. Schematisch betrachtet teilen sich Verfahren vor dem Supreme Court daher in zwei Phasen auf. Zunächst erfolgt eine Entscheidung, ob der Supreme Court zuständig ist, sodann folgen Verhandlungen zur Sache. Der Supreme Court kann unter mehreren Gesichtspunkten als Rechtsmittelgericht zuständig sein.102 In der Praxis spielt jedoch die petition for writ of certiorari eine herausragende Rolle.103 Auch sind amicus-Beteiligungen im Zuständigkeitsstadium hauptsächlich hinsichtlich dieser petition von Interesse, weswegen die anderen Fallgruppen ausgeklammert werden. Die Zuständigkeitsphase beginnt mit Einreichung der petition.104 Anschließend kann der Antragsgegner auf diese in Übereinstimmung mit R. 15.1–15.4 hearing en banc einzureichen, sondern bereits früher. Ein solches Vorgehen stelle eine Unhöflichkeit gegenüber Gericht und Parteien dar. 100  Dies ergibt sich aus Art.  3 Abs.  2 U.S. Constitution. Zur erstinstanzlichen Zuständigkeit des Supreme Courts näher Gressman/Geller/Shapiro/Bishop/Hartnett, Supreme Court Practice, S.  609 ff. Im Folgenden wird jedoch nicht auf Verfahren erster Instanz eingegangen, da diese zum einen äußerst selten sind und zum anderen in Zusammenhang mit amici wenig erkenntnisreich. 101  Im Jahre 2010 erreichten das Gericht vier Fälle im Rahmen seiner originären Zuständigkeit und 9062 Fälle im Rahmen seiner Zuständigkeit als Rechtsmittelinstanz, The Statis­ tics, 125 Harv. L. Rev. 362, 369 (2011). 102  Das ist zum einen die petition for writ of certiorari, R. 10–16 S.Ct. Rules, der Appeal von einem District Court, R. 18 S.Ct. Rules, sowie die Gewährung eines extraordinary writs, R. 20 S.Ct. Rules. 103  Gressman/Geller/Shapiro/Bishop/Hartnett, Supreme Court Practice, S.  56 f. 104  Zu den formalen Anforderungen einer solchen petition R. 12 S.Ct. Rules. Zu den inhaltlichen Anforderungen R. 14 S.Ct. Rules. Der Supreme Court genießt ein nicht überprüfbares vollständiges Ermessen, welche Fälle er annehmen will, Gressman/Geller/Shapiro/ Bishop/Hartnett, Supreme Court Practice, S.  57 f. Im Schnitt nimmt er nur etwa 3–4 % der

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

289

S.Ct. Rules erwidern. Dies ermöglicht dem Antragsteller eine Replik unter den Voraussetzungen von R. 15.6 S.Ct. Rules. Schließlich haben beide Parteien gemäß Art.  15.8 S.Ct. Rules die Möglichkeit, erneut Schriftsätze einzureichen, falls aktuelle Umstände dies erfordern. Das Verfahren in der Zuständigkeitsphase ist hinsichtlich der Anzahl möglicher Schriftsätze vergleichsweise flexibel. Hat sich der Supreme Court dafür entschieden, die betreffende Streitigkeit zu verhandeln, reicht zunächst der Antragsteller seinen brief ein,105 sodann ist der Antragsgegner an der Reihe.106 Abschließend kann ein reply brief des Antragstellers erfolgen.107 In R. 33.1 (g) S.Ct. Rules sind alle möglichen Schriftsätze und ihre maximale Wortanzahl aufgelistet. Dies und die Ausgestaltung von R. 24 S.Ct. Rules sind hinreichendes Indiz für eine limitierte Anzahl von Schriftsätzen. Nach den Schriftsätzen folgt eine mündliche Verhandlung.108 Die Regelungen betreffend den Zeitpunkt für die Einreichung eines amicus briefs folgen der Zweiteilung in eine Zuständigkeits- und eine Hauptsachephase. Im Rahmen der Zuständigkeitsphase regelt R. 37.2 S.Ct. Rules den zeitlichen Rahmen von amicus briefs.109 Ein amicus brief, der den Rechtsmittelführer110 unterstützt, ist 30 Tage, nachdem der Fall bei Gericht eingegangen111 ist oder das Gericht eine response angefordert hat,112 abzugeben, je nachdem welches Ereignis später eintritt, R. 37.2 (a) S.  2 S.Ct. Rules. Ein amicus brief, der den Rechtsmittelgegner unterstützt, ist im selben zeitlichen Rahmen wie dessen Erwiderung einzureichen, R. 37.2 (a) S.  4 S.Ct. Rules. Ausweislich R. 37.2 (a) S.  5 Fälle zur Überprüfung an, Gressman/Geller/Shapiro/Bishop/Hartnett, Supreme Court Practice, S.  61. 105  Zu den formalen und inhaltlichen Anforderungen, R. 24.1 S.Ct. Rules. 106  Zu den formalen und inhaltlichen Anforderungen, R. 24.2 S.Ct. Rules. 107  R. 24.4 S.Ct. Rules. 108  Näher hierzu Gressman/Geller/Shapiro/Bishop/Hartnett, Supreme Court Practice, S.  747 ff. 109  Ist ein Antrag auf Zulassung erforderlich, ist diesem der amicus brief beizufügen, dazu oben §  8 B. I. 2. a). Daher gelten die folgenden Ausführungen auch für den gegebenenfalls erforderlichen Antrag auf Zulassung. Zur Anwendbarkeit von R. 37.2 S.Ct. Rules für amicus briefs, die eingereicht werden, um die Zuständigkeit des Supreme Courts zu bejahen oder zu verneinen, Greesman/Geller/Shapiro/Bishop/Hartnett, Supreme Court Practice, S.  513. 110  Der Rechtsmittelführer ist der petitioner der petition for writ of certiorari, dies ergibt sich unter anderem aus R. 12.1 S.Ct. Rules. 111  Eingegangen meint, dass der Fall im sogenannten docket verzeichnet ist. Das docket ist ein Verzeichnis in dem der court clerk, dieser nimmt zum einen die Rolle eines Beamten der Geschäftsstelle ein, ist zugleich aber auch eine Art wissenschaftlicher Mitarbeiter, Garner, Black’s Law Dictionary, S.  308, alle Verfahrensschritte notiert, dazu: Garner, Black’s Law Dictionary, S.  584 f. 112  Damit ist die Erwiderung des respondent auf die petition gemeint, vgl. R. 15 S.Ct. Rules.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

S.Ct. Rules hat der amicus die Vertreter der Parteien 10 Tage vor Einreichen seines briefs zu benachrichtigen, es sei denn die Einreichung des briefs erfolgt früher als 10 Tage vor Einreichungsdatum. Hinsichtlich der Erwiderungsmöglichkeiten der Parteien ist zunächst zu bemerken, dass im Rahmen von R. 37.2 (a) S.Ct. Rules amici, die keine der beiden Parteien unterstützen, nicht vorgesehen sind. Dies verwundert nicht. Äußert sich ein amicus zu der Frage, ob das Gericht zuständig ist, sind schlichtweg keine Fälle denkbar, in denen der amicus lediglich eine Position vertritt, die nicht einer der beiden Parteien zugutekommt.113 Insofern sind die im Rahmen von R. 29 (e) S.  2 FRAP getroffenen Ausführungen nicht übertragbar. Auffällig ist, dass die in R. 37.2 (a) S.  2 S.Ct. Rules angesprochenen Fristen jeweils mit dem Zeitpunkt korrelieren, in dem die gegnerische Seite ihre Antwort in der Regel erteilen muss. Bevor R. 37.2 S.Ct. Rules im Jahre 2007 geändert wurde, lautete die Bestimmung über den Zeitpunkt der Einreichung eines amicus briefs: „The brief shall be submitted within the time allowed for filling a brief in opposition or for filing a motion to dismiss or affirm.“ Folge dieser Regelung war, dass bei Verlängerung der Frist für den Rechtsmittelgegner gemäß R. 15.3 S.Ct. Rules auch der Zeitpunkt für die Einreichung eines amicus briefs verlängert wurde. In der Literatur vor der Regeländerung wird darauf hingewiesen, man solle diese zusätzliche Zeit zur Verbesserung des amicus briefs in Anspruch nehmen.114 Mit der nun getroffenen Regelung ist der Zeitpunkt für Einreichung einer amicus-Stellungnahme zwar immer noch identisch mit dem Zeitpunkt, in dem die gegnerische Seite ihre Erwiderung der Regel nach vorbringen muss. Zeitpunkt für Einreichung des amicus briefs und die Erwiderung der gegnerischen Seite fallen jedoch nicht mehr in den Fällen zusammen, in denen die gegnerische Seite eine Verlängerung ihrer Erwiderungsfrist gestattet bekommt. Dadurch, dass die gegnerische Seite gemäß R. 37.2 (a) S.  5 S.Ct. Rules zehn Tage vor Ende der regulären Erwiderungsfrist von dem Vorhaben, einen amicus brief einzureichen, erfährt, ist es ihr möglich, eine Verlängerung ihrer Erwide113  Jede Ausführung des amicus in einem solchen Fall ist entweder ein Argument für oder gegen die Zulässigkeit. Im Rahmen der Entscheidung über die Hauptsache können amici aber beispielsweise lediglich Hintergrundinformationen liefern, die unmittelbar keiner der beiden Parteien nützt. Ein gutes Beispiel hierfür ist etwa der Fall Baze v. Rees, 553 U.S.  35 (2008), in dem der Supreme Court über die Rechtmäßigkeit der Tötung mittels Gift vor dem Hintergrund eines möglichen cruel and unsual punishment im Sinne des 8. Amendments zu entscheiden hatte. In diesem Verfahren reichte unter anderem die Anesthesia Awareness Campaign, Inc. einen amicus brief ein, in support of neither party, in dem sie dem Gericht verdeutlicht, dass trotz bestehender Anästhesie die Möglichkeit des Aufwachens besteht, Brief of Anesthesia Awareness Campaign, Inc. as Amicus Curiae in Support of Neither Party, 2007 WL 3407044. 114  Schweitzer, 5. J. App. Prac. & Process 523, 526 (2003).

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

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rung zu beantragen. Somit ist sichergestellt, dass die gegnerische Seite in ihrer Erwiderung auf die Position des amicus eingehen kann.115 Amicus briefs im Sinne von R. 37.2 (a) S.  4 S.Ct. Rules können vom Rechtsmittelführer in einem eventuellen reply brief aufgegriffen werden. Insgesamt haben die Parteien gemäß R. 37.2 S.Ct. Rules ausreichend Zeit, auf einen amicus brief zu antworten. Unter dem Gesichtspunkt eines möglichst effizienten Verfahrens ist jedoch zu berücksichtigen, dass mit der Verschiebung der Erwiderungsfrist des Rechtsmittelgegners eine Verfahrensverzögerung einhergeht. Überlegenswert wäre es daher, amicus briefs, die den Rechtsmittelführer unterstützen, statt 30 Tage nach Einreichung der petition maximal 20 Tage nach Einreichung der petition einzureichen. Die Regelungen von R. 37.2 (a) S.  2, 3 S.Ct. Rules geben dem amicus zudem ausreichend Zeit, um auf die Stellungnahme der unterstützten Partei reagieren zu können. Dies ist in zeitlicher Hinsicht nicht möglich im Rahmen von R. 37.2 (a) S.  4 S.Ct. Rules. Jedoch wird die betreffende Partei dem amicus ihre Erwiderungen zur Verfügung stellen. Dennoch wäre es wünschenswert gewesen, dem amicus einen größeren zeitlichen Rahmen zu geben, um seinen brief mit der Stellungnahme der Partei abzugleichen. Allerdings hat der amicus nicht die Möglichkeit, den Schriftsatz der gegnerischen Partei bei seiner Stellungnahme zu berücksichtigen. Dabei stellt sich hier die gleiche Problematik wie im Rahmen von R. 29 (e) FRAP. Die mögliche Aufwertung der Qualität des amicus briefs muss hinter den Gesichtspunkten eines effizienten Verfahrens und einer ausreichenden Reaktionsmöglichkeit der Parteien zurücktreten. Eine Sonderrolle können amicus briefs des Solicitor General im Rahmen der Zuständigkeitsphase einnehmen. Wird der Solicitor General von sich aus tätig, so hat er die zeitlichen Vorgaben von R. 37.2 (a) S.Ct. Rules vollumfänglich zu beachten.116 Jedoch erfolgt die Teilnahme des Solicitor General in dieser Phase des Verfahrens fast ausschließlich auf Bitte des Gerichts.117 Dieser Fall ist in den S.Ct. Rules nicht explizit aufgenommen,118 wodurch sich Auslegungsfragen ergeben. Ein vom Wortlaut der Norm ausgehender Ansatz wäre es, dem Gericht eine Einladung nur innerhalb der sich aus R. 37.2 (a) S.Ct. Rules ergebenden zeitlichen Parameter zu erlauben. Denn allein die Tatsache, dass der amicus brief auf Initiative des Gerichts und vom Solicitor General eingereicht 115  Dies war der Grund der Regeländerung, Revision to Rules of the United States Supreme Court, Clerk’s Comment, 2007, S.  15. 116  Zumindest ergibt sich aus den Regeln nicht ein Anderes. 117  Diese Praxis wird als Call for the Views of the Solicitor General bezeichnet, dazu oben §  2 B. II. 2. Vier Richter müssen einem solchen call zustimmen, Millett, 10 J. App. Prac. & Process 209, 212 (2009). 118  Pacelle, 89 Judicature 317, 319 (2006).

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

wird, ändert nichts daran, dass dieser brief vom Wortlaut der R. 37.2 (a) S.Ct. Rules erfasst wird. In der Praxis wird so jedoch nicht verfahren.119 Der Solicitor General gibt seinen amicus brief erst nach der Stellungnahme der beiden Parteien ab. Dies ist sinnvoll, da die Beratungen, ob der Fall angenommen werden soll, erst nach diesen beiden briefs erfolgen. Stellt sich im Zuge dieser Beratungen heraus, dass für die Entscheidung, den Fall anzunehmen oder nicht, die Erfahrungen und Expertise des Solicitor General gebraucht werden, kann das Gericht dann entscheiden, auf diesen zurückzugreifen. Eine solche Praxis ist auch insofern nicht ungerecht, als gemäß R. 15.8 S.Ct. Rules jede der Parteien eine Erwiderung auf den brief des Solicitor General abgeben kann. Für den distanzierten Beobachter kann sich die Praxis, amicus briefs des Solicitor General bezüglich der Annahme oder Nichtannahme eines Falls völlig außerhalb der sonst geltenden Bestimmungen ablaufen zu lassen, als gewöhnungsbedürftig darstellen. Betonen R. 37.2 (a) S.  2 S.Ct. Rules ausdrücklich, „that time will not be extended“, stellt diese Praxis den Wortlaut der Norm auf den Kopf. Angemessen wäre es zumindest, in R. 37.4 S.Ct. Rules120 eine Sonderregelung hinsichtlich der zeitlichen Rahmenbedingungen von amicus briefs zu setzen. Auch finden sich keinerlei Vorschriften zu der Frage, wie lange der Solicitor General für seinen amicus brief Zeit hat. Zwar wird in der Literatur angemerkt, der Solicitor General würde sich um eine zeitnahe Bearbeitung bemühen und dies sei in der Praxis auch die Regel,121 einer zeitnahen Verfahrensbeendigung dient diese Praxis aber sicherlich nicht. Prozessual ist diese Praxis der Kritik würdig und sollte im Sinne eines möglichst transparenten Verfahrens kodifiziert werden. Die materiellen Vorteile hingegen sollen durch diese Kritik nicht abgewertet werden. Hat sich der Supreme Court dafür entschieden, die betreffende Streitigkeit zu verhandeln, ist der brief sieben Tage nach dem Schriftsatz der unterstützten Partei und im Falle, dass keine Partei unterstützt wird, sieben Tage nach dem Schriftsatz des Antragstellers oder Rechtsmittelklägers einzureichen, R. 37.3 (a) S.  2 S.Ct. Rules. Die Regelung ähnelt R. 29 (e) S.  1, 2 FRAP. Auch vor dem Supreme Court ist nur eine beschränkte Anzahl von Parteischriftsätzen zulässig.122 Insofern ergeben sich dieselben Probleme bezüglich der ReaktionsmögDies ergibt sich aus docket entries von Fällen, in denen ein Call for the Views of the Solicitor General stattgefunden hat. Danach erfolgt die Beteiligung des Solicitor General erst, wenn der petitioner seine petition und der respondent seine response abgegeben haben. Docket entries mit Call for the Views of the Solicitor General einsehbar unter (abgerufen am 21.10.2016). 120  Dort werden staatliche amici vom Antragserfordernis befreit. 121  Millett, 10 J. App. Prac. & Process 209, 214 f. (2009). 122  Siehe dazu den eben geschilderten Verfahrensablauf. 119 

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

293

lichkeit der Parteien und der Möglichkeit des amicus, die Parteischriftsätze in zeitlicher Hinsicht einsehen zu können. Die im Rahmen von R. 29 (e) FRAP gemachten Ausführungen gelten sinngemäß. Dies gilt jedoch nicht für Ausnahmen gemäß R. 29 (e) S.  3 FRAP. R. 37.3 (a) S.  3 S.Ct. Rules lässt solche Ausnahmen ausdrücklich nicht zu. In der Rechtsprechung des Supreme Courts wird daher auch eine Beteiligung von amici nach der mündlichen Verhandlung abgelehnt.123 In einigen besonderen Situationen hat der Supreme Court dennoch eine Ausnahme zugelassen, teils unter Neufassung des gesamten briefing schedule.124 3.  District Courts Erstinstanzliche Verfahren vor den District Courts lassen sich in drei Grundphasen einteilen: pleading stage, pretrial, trial.125 In der pleading stage werden Klageschrift,126 Klageerwiderung127 sowie eine mögliche Replik128 ausgetauscht.129 Dabei kann es bereits in diesem Stadium des Verfahrens zu einem Zwischenverfahren kommen, in dem meist anhand einer mündlichen Verhandlung über bestimmte Anträge, motions, entschieden wird.130 Anschließend folgt United Air Lines, Inc. v. McMann, 434 U.S.  192, 194 (1977). Hierzu Gressman/Geller/Shapiro/Bishop/Hartnett, Supreme Court Practice, S.  742. 125  James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  42; Stürner, ZZPInt 11 (2006), 381, 391. 126  Dazu R. 8–11 FRCP. 127  Dazu R. 12 FRCP. Die Klageerwiderung wird answer genannt, vgl. R. 12 (a) (1) (A) FRCP. 128  R. 7 (a) (7) FRCP gibt dem Gericht die Möglichkeit, eine solche anzuordnen. Dabei ist eine solche Replik höchst ungewöhnlich und wird nur in Ausnahmefällen zugelassen. Sie ist meist auch unnötig, da der Inhalt der Replik vom Beklagten automatisch als bestritten gilt, Miller/Kane, in: Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, §  1185; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, S.  373. 129  Im Falle einer Widerklage, counterclaim R. 13 (a)–(e) FRCP, kann der Kläger hierauf noch schriftlich reagieren, R. 7 (a) (3) FRCP. Im Falle einer Parteihäufung kann die eine Partei gegen eine Mitpartei einen crossclaim, R. 13 (g) FRCP geltend machen und hiergegen steht dem Beklagten eine Erwiderung zu, R. 7 (a) (4) FRCP. Weiterhin kann Drittwiderklage erhoben werden, R. 7 (a) (5) FRCP und hierauf erwidert werden R. 7 (a) (6) FRCP. Diese Schriftsätze werden jedoch bei der nachstehenden Betrachtung außer Betracht gelassen. 130  R. 12 (e) FRCP regelt dabei die motion for a more definite statement, mit der geltend gemacht wird, die Klage sei zu vage und missverständlich, um auf sie erwidern zu können. R. 12 (f) FRCP regelt die motion to strike, mit der „redundant, immaterial, impertinent, or scandalous matter“ aus der Klageschrift entfernt werden können. Diese zwei motions müssen, falls sie nicht im Wege der answer geltend gemacht werden, vor Zustellung dieser answer geltend gemacht werden, R. 12 (e) S.  2 FRCP, R. 12 (f) (2) FRCP. R. 12 (b) 1–5 FRCP regelt motions, mit denen mögliche Unregelmäßigkeiten bei der Zuständigkeit geltend gemacht werden können, dazu bereits oben, 2 A. II. 2. a). R. 12 (b) (6) FRCP bezieht sich auf motions, mit denen das Fehlen einer Anspruchsgrundlage geltend gemacht wird. R. 12 (b) (7) 123 

124 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

die pretrial-Phase. Das Hauptaugenmerk ist hierbei auf die discovery131 gerichtet, aber auch Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz können im Laufe dieser Phase gestellt werden.132 Diese Anträge werden wiederum aufgrund mündlicher Verhandlung beschieden.133 Meistens im Anschluss an die discovery wird die motion for a summary judgment134 gestellt. Erst dann beginnt die Hauptverhandlung, trial, in der die Beweisaufnahme eine wesentliche Rolle spielt.135 Aus dem Gesagten ergibt sich, dass bereits vor der eigentlichen Hauptverhandlung mehrere hearings, mündliche Verhandlungen, stattgefunden haben können. Auch beinhalten erstinstanzliche Verfahren ein weit größeres Spektrum an möglichen Verfahrensschritten gegenüber Rechtsmittelverfahren. Bezüglich des Zeitpunkts der erstmaligen Verfahrensbeteiligung von amici ist zunächst der Umstand einer nicht erfolgten Regelung von amici im Rahmen der FRCP zu berücksichtigen. Es ist daher an der Rechtsprechung,136 einen geeigneten Zeitpunkt für die Verfahrensteilnahme zu bestimmen. Dabei finden sich jedoch nur eine Handvoll Urteile, die sich mit dieser Frage näher beschäftigen. Drei der Urteile betreffen Situationen, in denen einstweiliger Rechtsschutz FRCP regelt motions, mit denen das Unterlassen einer notwendigen Parteihäufung gerügt wird. 131  Das Instrument der discovery ist dem deutschen Zivilprozess fremd, Schack, Einführung in das U.S.-amerikanische Recht, S.  44. In dieser Phase des Verfahrens können die Parteien sich gegenseitig auffordern, Beweise offenzulegen und sie sich gegenseitig zur Verfügung zu stellen, R. 26 ff. FRCP; Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  396 ff.; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, S.  181 ff. 132  Einstweiliger Rechtsschutz wird als preliminary injunction sowie temporary restrain­ ing orders bezeichnet, dazu R. 65 FRCP; James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  338 ff. 133  Vgl. R. 65 (a) FRCP. 134  Mit dieser motion kann das Absehen von einer Beweisaufnahme mit der Begründung beantragt werden, der Streit sei bereits anhand der vorgetragenen rechtlichen Gesichtspunkte entscheidungsreif, dazu: R. 56 FRCP; James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  257 ff.; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, S.  251 ff. 135  James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  385 ff.; Schack, Einführung in das US-amerikanisches Zivilprozessrecht, S.  62 f. 136  Die bisherige U.S.-amerikanische Literatur hat sich zu dieser Frage, soweit ersichtlich, nicht geäußert. Dies mag daran liegen, dass amici vor den District Courts als Ausnahmephänomen gesehen werden. Jedoch beteiligen sich amici vor den U.S. Courts of Ap­ peals absolut gesehen wesentlich häufiger als vor dem Supreme Court, weil Supreme Court-Verfahren sehr selten sind, dazu oben §  2 E. Die gleiche Überlegung lässt sich eventuell für das Verhältnis der Beteiligung von amici vor District Courts und U.S. Courts of Ap­ peals tätigen; fanden im Jahr 2011 55.126 Verfahren vor den U.S. Courts of Appeals statt und 289.252 Verfahren vor den District Courts, dazu: (abgerufen am 21.10.2016). Wenn sich amici prozentual gesehen ca. fünfmal weniger vor den District Courts als vor den U.S. Courts of Appeals beteiligen würden, würden sie sich absolut gesehen häufiger vor den District Courts beteiligen.

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

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gesucht wird. Danach müssen sich amici vor der mündlichen Verhandlung, die der Entscheidung über eine einstweilige Anordnung vorausgeht, beteiligen.137 Drei weitere Urteile diskutieren, ob sich ein amicus beteiligen kann, wenn die motion for a summary judgment bereits gestellt wurde,138 beziehungsweise man sich „on the eve of summary judgments motions“ befinde.139 Diese bejahen eine Beteiligung des amicus.140 Aus den Urteilen lässt sich nur begrenzt ein allgemeingültiger Zeitpunkt bestimmen. Einigkeit scheint zu herrschen, dass die Beteiligung des amicus in der pretrial-Phase erfolgen muss. Unklar ist hingegen, ob im Falle einer mündlichen Verhandlung in dieser Phase, beispielsweise wegen eines Antrags auf eine einstweilige Anordnung, ein Einreichen des amicus nach einer solchen verspätet ist. Einige Urteile scheinen davon auszugehen.141 Denkbar wäre jedoch auch eine mündliche Verhandlung im Rahmen einer motion.142 Eine solche würde bereits in der pleading stage stattfinden.143 Wäre also ein amicus brief nach der mündlichen Verhandlung über die motion, aber vor der mündlichen Verhandlung betreffend der einstweiligen Anordnung verspätet?

In Tafas v. Dudas, 511 F. Supp. 2d 652, 660 (E.D. Va. 2007) führte das Gericht aus, dass die amici ihre motions vor dem hearing im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes stellten und nur kurze Zeit nach Beginn der Streitigkeit. Daher sei der Antrag des amicus nicht verspätet. In Centeno-Bernuy v. Perry, 302 F. Supp. 2d 128, 130 (W.D.N.Y. 2003) wurde ein amicus-Antrag unter anderem wegen verspäteter Einreichung abgelehnt. In diesem Fall hatte vor dem amicus-Antrag bereits ein hearing über den Erlass einer einstweiligen Anordnung stattgefunden. In O Centro Espirita Beneficiente Uniao Do Vegetal v. Ashcroft, 282 F. Supp. 2d 1271, 1274 (D.N.M. 2002) wird eine amicus-Beteiligung nach einem hearing über den Erlass einer einstweiligen Anordnung ebenfalls abgelehnt. 138  Resort Timeshare Resales, Inc. v. Stuart, 764 F. Supp. 1495, 1501 (S.D. Fla. 1991); Yip v. Pagano, 606 F. Supp. 1566, 1568 f. (D.N.J. 1985). 139  Community Ass’n for Restoration of Environment (CARE) v. DeRuyter Bros. Dairy, 54 F. Supp. 2d 974, 975 f. (E.D. Wash. 1999). 140  Dabei war bei Resort Timeshare Resales, Inc. v. Stuart, 764 F. Supp. 1495 (S.D. Fla. 1991) die Besonderheit zu beachten, dass der potentielle amicus primär eine Beteiligung als Intervenient anstrebte und eine Beteiligung als amicus nur hilfsweise geltend gemacht wurde. Auch wurde eine Beteiligung als amicus nur gestattet „for the limited purpose of filing a memorandum of law in opposition to RTR’s Motion for Summary Judgment.“ In Community Ass’n for Restoration of Environment (CARE) v. DeRuyter Bros. Dairy, 54 F. Supp. 2d 974, 975 f. (E.D. Wash. 1999) gab das Gericht dem amicus auf, nur zu bestimmten Punkten des Verfahrens Stellung zu beziehen. 141  Tafas v. Dudas, 511 F. Supp. 2d 652, 660 (E.D.Va. 2007); Centeno-Bernuy v. Perry, 302 F. Supp. 2d 128, 130 (W.D.N.Y. 2003); O Centro Espirita Beneficiente Uniao Do Vegetal v. Ashcroft, 282 F. Supp. 2d 1271, 1274 (D.N.M. 2002). 142  Siehe dazu soeben die Ausführungen zum Ablauf des Verfahrens. 143  Siehe dazu den eben geschilderten Verfahrensablauf. 137 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Diese Fragestellung verdeutlicht, dass aufgrund der bereits beschriebenen dynamischen Struktur erstinstanzlicher Verfahren die Anknüpfung eines Einreichungszeitpunkts an bestimmte Verfahrensabschnitte kompliziert ist. Wenn die Gerichte jedoch eine Beteiligung in der pretrial-Phase für ausreichend erachten, kann es nicht darauf ankommen, ob in der vorgelagerten pleading stage eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat. Daher kann allein eine Verbindung zwischen Einreichungszeitpunkt und mündlicher Verhandlung zu widersprüchlichen Ergebnissen führen. Hierdurch entsteht Rechtsunsicherheit und die Bestimmung eines Einreichungszeitpunkts wird unnötig verkompliziert. Bezüglich der Rechtsunsicherheit ist insbesondere zu beachten, dass die District Courts immer wieder betonen, amici müssten ihre motion for leave to file rechtzeitig einreichen.144 Insofern scheint es vorzugswürdig, eine Praxis ähnlich R. 29 (e) FRAP zu etablieren. Amicus briefs sollten im Rahmen der pleading stage eingereicht werden. Dies ist unter den Gesichtspunkten eines effizienten Verfahrens und einer angemessenen Reaktion der Parteien zu begrüßen.145 Dieses Modell würde dem amicus ferner die Vermeidung von Dopplungen weitgehend ermöglichen.

II.  Europäisches und deutsches Kartellrecht Das Bundeskartellamt nimmt die Möglichkeit, aus eigener Initiative Stellungnahmen einzureichen, regelmäßig nur im Rahmen von Revisionsverfahren wahr.146 Auch die Kommission hat sich in ihrer bisherigen Praxis lediglich im Rahmen von Rechtsmittelverfahren beteiligt.147 Zwar sind auch einige Anfragen an die Kommission von Instanzgerichten bekannt, jedoch wäre ein Eingehen auf diese wegen der geringen Relevanz nicht zielführend. Insofern ist kurz der Ablauf eines Revisionsverfahrens zu schildern. Ist die Revision vom Berufungsgericht gemäß §  543 Abs.  1 Nr.  1 ZPO zugelassen worden, ist das Revisionsgericht an diese Zulassung gebunden, §  543 144  Finkle v. Howard County, Md., 12 F.Supp.3d 780, 783 (D.Md. 2014); BancInsure, Inc. v. U.K. Bancorporation Inc./United Kentucky Bank of Pendleton County, Inc., 830 F. Supp. 2d 294, 307 (E.D. Ky 2011); Greater Yellowstone Coalition v. Timchak, 2008 WL 4911410, S.  6 (D. Idaho 2008); Tafas v. Dudas, 511 F. Supp. 2d 652, 659 (E.D.Va. 2007); Liberty Resources, Inc. v. Philadelphia Housing Authority, 395 F. Supp. 2d 206, 209 (E.D. Pa. 2005); O Centro Espirita Beneficiente Uniao Do Vegetal v. Ashcroft, 282 F. Supp. 2d 1271, 1274 (D.N.M. 2002); Bryant v. Better Business Bureau of Greater Maryland, Inc., 923 F. Supp. 720, 728 (D. Md. 1996); Yip v. Pagano, 606 F. Supp. 1566, 1568 (D.N.J. 1985). 145  Siehe dazu die Ausführungen zu R. 29 (e) S.  1, 2 FRAP entsprechend, vgl. auch Kühne, Amicus Curiae, S.  65. 146  Oben §  3 E. II. 147  Oben §  3 E. I. 2.

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

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Abs.  2 S.  2 ZPO. Hingegen kommt bei Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht eine Nichtzulassungsbeschwerde gemäß §  543 Abs.  1 Nr.  2 ZPO in Betracht, die vom Revisionsgericht beschieden wird. Dieses System weicht von Verfahren vor dem Supreme Court ab, der eine völlige Entscheidungsfreiheit genießt. Im Falle des §  543 Abs.  1 Nr.  1 ZPO erfolgt die Einlegung der Revision gemäß §  549 Abs.  1 S.  1 ZPO durch die Einreichung der Revisionsschrift, im Falle des §  543 Abs.  1 Nr.  2 ZPO gemäß §  544 Abs.  6 S.  2 ZPO durch die Einreichung der Nichtzulassungsbeschwerde. Die Revision ist gemäß §  551 Abs.  1 ZPO zu begründen. Die Revisionsbegründung kann gemäß §  551 Abs.  2 S.  1 ZPO entweder in der Revisionsschrift enthalten sein oder in einem gesonderten Schriftsatz nachgereicht werden. Das Revisionsgericht prüft sodann die Zulässigkeit der Revision, §  552 Abs.  1 ZPO. Anschließend wird ein Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt §  553 Abs.  1 ZPO, der die Einlassungsfrist des Beklagten berücksichtigt, §§  553 Abs.  2, 274 Abs.  3 ZPO. Innerhalb dieser Frist kann der Revisionsbeklagte auf die Revision schriftlich erwidern.148 Sodann folgt die mündliche Verhandlung. Die Parteien tauschen in Revisionsverfahren daher grundsätzlich nur zwei Schriftsätze aus. Beteiligen sich Kommission und nationale Wettbewerbsbehörden als amicus an einem Verfahren zwischen Privaten, gelten §§  90, 90a GWB, Art.  15 VO 1/2003 sowie die Vorschriften der ZPO. Hinsichtlich des Zeitpunkts der erstmaligen Beteiligung ist zwischen einer Beteiligung der Kommission auf Initiative des Gerichts und einer Beteiligung aus eigenem Antrieb zu differenzieren. Im Rahmen der Beteiligung des Bundeskartellamts ergibt sich eine solche Differenzierung nicht, da sich dieses regelmäßig nur auf eigene Initiative beteiligt. 1.  Auf Anfrage des Gerichts Entschließt sich das Gericht, die Kommission um Übermittlung von Informationen oder Stellungnahmen zu bitten, ist dies aus Sicht der ZPO entweder als Einholung einer amtlichen Auskunft, §  273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO, oder als Instrument analog den Vorschriften zum Sachverständigen zu betrachten.149 In diesen Fällen kann das Gericht den Entschluss, entweder eine amtliche Auskunft einzuholen oder einen Beweisbeschluss im Sinne des §  403 ZPO zu erlassen, soNäher Stackmann, Rechtsbehelfe im Zivilprozess, S.  337 f. Dazu oben §  3 D. Dort wurde die Geltung der Vorschriften über den Sachverständigen davon abhängig gemacht, inwiefern diese passend seien. Für Fragen des Zeitpunkts der Beteiligung scheint es passend auf die Grundsätze, die für den Sachverständigen gelten, zurückzugreifen, da keine sachlichen Gründe bestehen, die Kommission im Hinblick auf diese Frage anders als einen Sachverständigen zu behandeln. 148  149 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

wohl vor der mündlichen Verhandlung, §  358a ZPO, als auch während dieser treffen.150 Das Gericht kann daher eine Anfrage an die Kommission bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung stellen. Hinsichtlich der Reaktionsmöglichkeiten der Parteien ist zu beachten, dass Revisionsprozesse im Rahmen der ZPO von ihrem Ablauf nicht so starr sind wie Verfahren vor den U.S. Courts of Appeals. Entschließt sich das Gericht daher erst in der mündlichen Verhandlung, eine Stellungnahme der Kommission einzuholen, kann es den Parteien dennoch eine schriftliche Stellungnahme ermöglichen, indem es die Verhandlung unterbricht. Aus Gründen der Verfahrens­ effizienz empfiehlt es sich jedoch, solche Stellungnahmen nach dem Austausch von Revisionsbegründung und -erwiderung einzuholen. Dies ermöglicht es den Parteien bereits ihre Argumente auszutauschen und nicht auf die Stellungnahme der Kommission warten zu müssen, zu der die Parteien dann wiederum Stellung beziehen können. Das Gericht hat dabei wie gesehen gemäß §  90a Abs.  3 S.  2 VO 1/2003 die Pflicht, die Parteien von dem Ersuchen sowohl zu unterrichten, als auch eine Antwort der Kommission zu übermitteln.151 Die Kommission genießt das Recht, Zugriff auf sämtliche Verfahrensdokumente zu haben.152 Zwar plant die Kommission nicht auf den Vortrag der Parteien einzugehen,153 dennoch benötigt sie diese Informationen, um den vorliegenden Fall umfänglich zu erfassen. Das Gericht sollte demnach davon absehen, eine Anfrage an die Kommission zu stellen, wenn sich der Revisionsbeklagte noch nicht geäußert hat. 2.  Auf Initiative der Kommission oder der Wettbewerbsbehörden Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003 ermöglicht Stellungnahmen der Kommission und der nationalen Wettbewerbsbehörden aus eigener Initiative. §§  90, 90a GWB konkretisieren diese Vorschriften für das deutsche Recht. Sowohl Kommission als auch Kartellbehörden sind im Rahmen ihrer Verfahrensbeteiligung weder Parteien noch Dritte. Sie nehmen vielmehr eine Stellung als Instrument sui generis im Verfahren ein, wobei die Vorschriften über Sachverständige, wenn passend, analog angewendet werden können.154 Dies trifft für §  358a ZPO mit dem oben 150  Im Rahmen eines Revisionsverfahrens ist zu beachten, dass dieses eine Beweisaufnahme nicht kennt und §  358a ZPO nicht unmittelbar zur Anwendung gelangt. Jedoch gilt sinngemäß, dass das Gericht entweder vor oder während der mündlichen Verhandlung die Kommission anrufen kann. Zu der inhaltlichen Problematik etwa betreffend die Einbringung von Tatsachen in das Revisionsverfahren unten §  11 A. II. 151  Dazu bereits oben §  9 A. I. 2. 152  Oben §  9 A. II. 2. 153  Dazu oben §  3 B. I. 2., 3. 154  Dazu oben §  3 D.

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

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gefundenen Ergebnis zu. In zeitlicher Hinsicht bietet es sich für Kommission und nationale Wettbewerbsbehörden an, tätig zu werden, wenn der Revisionsgegner auf die Revision erwidert hat. Dann nämlich können Kommission beziehungsweise Wettbewerbsbehörden einschätzen, inwiefern aufgrund der bereits getätigten und noch zu erwartenden Parteivorträge ein Eingreifen zur Sicherstellung der oben dargestellten Aufgaben155 sinnvoll ist. Anderenfalls würden Kommission und Kartellbehörden ihre Möglichkeit des Zugriffs auf Verfahrensdokumente nicht sinnvoll nutzen. Hinsichtlich der Parteireaktion besteht im Rahmen der Beteiligung des Bundeskartellamts die oben beschriebene Besonderheit, dass der Vertreter des Amts seine Ausführungen regelmäßig lediglich in der mündlichen Verhandlung tätigt.156 Die Parteien haben daraufhin nur eine ad hoc Möglichkeit der Reaktion. Diese Praxis ist vor dem Hintergrund des Art.  103 Abs.  1 GG überaus bedenklich. Das Gericht hat die mündliche Verhandlung vielmehr so zu planen, dass den Parteien nach dem Vortrag des Vertreters des Bundeskartellamts ausreichend Zeit zur Stellungnahme bleibt. Dies gilt auch für eine mündliche Beteiligung der Kommission. Aus verfahrensökonomischen Gesichtspunkten sollte eine schriftliche Stellungnahme recht rasch im Anschluss an den Austausch von Revisionsbegründung und -erwiderung erfolgen. Dies ermöglicht es dem Gericht nämlich den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung so zu legen, dass die Parteien noch davor schriftlich auf die Stellungnahme erwidern können. Allerdings ist eine solche schriftliche Erwiderungsmöglichkeit nicht zwingend.

III.  Principles of Transnational Civil Procedure In P. 9 PTCP findet sich nur eine recht grobe Umschreibung des Prozessablaufs. Dabei ist der dort geschilderte Verfahrensablauf an das deutsche Hauptverhandlungsmodell angelehnt.157 Demnach erfolgt zunächst eine schriftliche Einleitungsphase, in P. 9.1 PTCP als pleading phase bezeichnet,158 darauf folgt eine vorbereitende Aufklärungsphase, die interim phase.159 In dieser Phase wird vor allem das Verfahren organisiert, P. 9.3.1, 9.3.2 PTCP, sowie der Austausch von

155 

Dazu oben §  3 C. Dazu oben §  9 A. I. 2. 157  Stürner, ZZPInt 11 (2006), 381, 390 f. 158  P. 9.2. PTCP bildet den Ablauf dieser schriftlichen Einleitungsphase nur recht grob ab. Eine Limitierung auf eine bestimmte Schriftsatzanzahl ist nicht erkennbar. 159  Diese vorbereitende Aufklärungsphase kann im deutschen Zivilprozess erster Instanz im Wege eines frühen ersten Termins oder eines schriftlichen Vorverfahrens durchgeführt werden, Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, S.  573 f. 156 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Beweismitteln160 und die Beweisaufnahme angeordnet, P. 9.3.6 PTCP.161 Abschließend folgt die Hauptverhandlung. Die PTCP verstehen sich selbst nur als Rahmengesetz. Daher ist die Anzahl von Schriftsätzen nicht geregelt. Insgesamt ist in erstinstanzlichen Verfahren eine solche Festlegung auch wenig zielführend. In den PTCP findet sich keine Bestimmung, wann amicus-Stellungnahmen eingereicht werden sollen. Ausweislich der Materialien wurde aber über eine solche Regelung sehr wohl nachgedacht.162 Vor dem Hintergrund, dass P. 13 S.  3 PTCP den Parteien eine Gelegenheit zur Stellungnahme zusichert, ist es für die Reaktionsmöglichkeit der Parteien unerheblich, wann der amicus-Schriftsatz erfolgt. Aus Sicht des amicus ist es jedoch sinnvoll, zunächst die einleitenden Parteischriftsätze abzuwarten, um so in dem amicus brief Wiederholungen zu vermeiden. Unter Effizienzgesichtspunkten sollte eine amicus-Beteiligung jedenfalls vor Beginn der Hauptverhandlung erfolgt sein. Denn diese soll durch die vorgeschaltete Aufklärungsphase vorbereitet werden. Eine amicus-Stellungnahme, welche neue Gesichtspunkte in die Hauptverhandlung einbringt, würde einer solchen Vorbereitung zuwiderlaufen.

IV. Welthandelsrecht Amicus briefs sind im Welthandelsrecht nicht geregelt, aber anerkannt. Die Additional Procedure des Appellate Body in der Sache EC – Asbestos bietet sich hinsichtlich des Zeitpunkts der Verfahrensteilnahme nur zum Teil als Referenz

160  P. 9.3.4 PTCP regelt unter anderem die disclosure von Beweisen. Dieser Austausch von Beweismitteln spielt insbesondere im U.S.-amerikanischen Recht eine wichtige Rolle. Die disclosure ist dabei der Austausch der Beweise ohne vorherige gegnerische Anfrage, während die discovery auf gegnerische Anfrage erfolgt, zum Ganzen R. 26 FRCP; James/ Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  303 ff. 161  Laut Stürner, ZZPInt 11 (2006), 381, 391 kann in dieser Phase bereits die Beweisaufnahme durchgeführt werden. Unklar ist, woraus sich dies ergeben soll. Zudem weist Stürner daraufhin, dass die PTCP den Unmittelbarkeitsgrundsatz in P. 22.3 PTCP formuliert haben. Dies lässt die Zulässigkeit der Durchführung einer Beweisaufnahme in der Aufklärungsphase als fraglich erscheinen. 162  Report of the Third Session, UNIDROIT Doc. 8, S.  100: „Therefore, the amicus curiae rule would go on to say how the person would present the written submission, when should it be filed, notice to parties, how someone wishing to object receiving the written submission would make a notice of motion to the court to have it decided on an interlocutory basis.“ Das Zitat bezieht sich vornehmlich auf die immer wieder zu findende Spannung hinsichtlich des Verhältnisses von Principles und Rules, dazu oben §  4 A. Dennoch verdeutlicht das Zitat, dass im Laufe des Diskurses der Zeitpunkt der Einreichung von amicus briefs diskutiert wurde.

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

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an.163 Dennoch scheint der Zeitpunkt eine gewichtige Rolle zu spielen, da amicus briefs wiederholt wegen verspäteter Einreichung abgewiesen wurden.164 Aufgrund der unterschiedlichen Verfahrensabläufe sind Verfahren vor Panel und Appellate Body getrennt zu betrachten. 1.  Panelebene Verfahren vor einem Panel der WTO laufen üblicherweise165 in einer Reihe von Verfahrensschritten ab.166 Nachdem ein Panel eingesetzt wurde,167 organisiert dieses zunächst in Zusammenarbeit mit den Parteien das weitere Verfahren und beschließt einen Zeitplan, Art.  12.3 DSU.168 Die Parteien haben sich an diesen zu halten, Art.  12.5 DSU. Nach Festlegung des Zeitplans tauschen Beschwerdeführer und Beschwerdegegner Schriftsätze aus.169 Sodann kommt es zur ersten mündlichen Verhandlung.170 Anschließend werden erneut Schriftsätze ausge163 

Wie sogleich zu sehen sein wird, sind die Unterschiede zwischen Panelverfahren und solchen vor dem Appellate Body zu groß, als dass die in der Additional Procedure gefundene Lösung als Referenz für Panelverfahren dienen könnte. 164  United States – Preliminary Determinations with Respect to Certain Softwood Lumber from Canada, Bericht des Panels vom 12.09.2002, WT/DS236/R, Rn.  7.2; United States – Imposition of Countervailing Duties on Certain Hot-Rolled Lead and Bismuth Carbon Steel Products Originating in the United Kingdom, Bericht des Panels vom 23.12.1999, WT/ DS138/R, Rn.  6.3; European Communities – Selected Customs Matters, Bericht des Panels vom 16.06.2006, WT/DS315/R, Rn.  7.76 Fn.  209; European Communities – Measures Prohibiting the Importation and Marketing of Seal Products, Bericht des Appellate Body vom 22.05.2014, WT/DS400/AB/R, Rn.  1.15; in European Communities – Export Subsidies on Sugar, Bericht des Panels vom 15.10.2004, WT/DS265/R, WT/DS266/R, WT/DS283/R, Rn.  7.80 ff. ging das Panel auf eine mögliche verspätete Einreichung des amicus briefs ein, wies diesen aber aus Gründen der Verletzung von vertraulichen Informationen zurück. 165  Art.  12.1 DSU gewährt den Panels einen relativ großen Spielraum hinsichtlich der Ausgestaltung des konkreten Verfahrens, insbesondere sind die einzelnen Verfahrensschritte abdingbar. Das bringen auch die Panel-WP zum Ausdruck, die nur ein Vorschlag über die zeitliche Abfolge eines Panelverfahrens sind, zum Ganzen Ohlhoff, in: Prieß/Berrisch, WTO-­Handbuch, S.  717. 166  Guter Überblick bei Ohlhoff, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, S.  718 f.; ebenfalls instruktiv Merrills, International Dispute Settlement, S.  219 ff. 167  WTO Panel werden auf einer ad hoc Basis gebildet, vgl. Art.  6.1 DSU und Weiß, in: Herrmann/Weiß/Ohler, Welthandelsrecht, S.  132. 168  Ein Musterzeitplan findet sich bei Ziff.  12 Panel-WP. Zu diesem organisatorischen ersten Zusammentreffen Palmeter/Mavroidis, Dispute Settlement in the WTO, S.  156. 169  Der Beschwerdeführer begründet zunächst seine Beschwerde in sachlicher und rechtlicher Hinsicht. Anschließend ist es am Beschwerdegegner, hierauf zu antworten, Ziff.  4 Panel-WP. Ausnahmsweise kann das Panel auch eine simultane Einreichung der Schriftsätze anordnen, Art.  12.6 DSU. 170  Diese mündliche Verhandlung dient dazu, dass zunächst der Kläger dem Panel seine Sicht der Dinge erläutert, anschließend ist der Beklagte an der Reihe, Ziff.  5 Panel-WP. Die

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

tauscht171 und es wird eine weitere mündliche Verhandlung172 durchgeführt. Werden in dieser neue Beweise eingeführt, kann dies im Anschluss an diese Verhandlung zu einer erneuten Runde von Schriftsätzen führen.173 Grundsätzlich ist die Anzahl der Schriftsätze daher auf vier limitiert. Zu beachten ist jedoch, dass die Parteien nach der zweiten mündlichen Verhandlung meist noch auf Fragen des Panels schriftlich antworten. Lässt es der Zeitplan zu, wird den Parteien noch eine Bezugnahme auf die jeweilig andere Position gewährt.174 Das Panel erlässt sodann einen Entwurf seines reports hinsichtlich des Sachverhalts der Streitigkeit, welchen die Parteien kommentieren können, Art.  15 Abs.  1 DSU. Es folgt der Entwurf des gesamten reports, wozu sich die Parteien abermals äußern können, Art.  15 Abs.  2 DSU. Hinsichtlich des Zeitpunkts einer amicus-Beteiligung betonen vier Panels, die Einreichung eines amicus briefs nach Abschluss der rebuttal phase beziehungsweise nach der zweiten mündlichen Verhandlung sei verspätet.175 Ein anderes Panel legt diesen Zeitpunkt bereits auf den Abschluss der ersten mündlichen Verhandlung vor.176 einzelnen Panels handhaben eine mehr aktive oder eher passive Beteiligung an den Verfahren unterschiedlich, dazu: Palmeter/Mavroidis, Dispute Settlement in the WTO, S.  160. Ebenfalls im Rahmen der ersten mündlichen Verhandlung haben Dritte im Sinne des Art.  10 DSU die Möglichkeit, sich zu beteiligen. Da diese aber grundsätzlich nicht das Recht genießen, in Gänze an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, wird eine besondere Sitzung zu diesem Zwecke konstituiert, Ziff.  6 Panel-WP; Palmeter/Mavroidis, Dispute Settlement in the WTO, S.  160. 171  Sogenannt rebuttal phase, vgl. auch Ziff.  7 Panel-WP. Dabei ist dieser Verfahrensabschnitt für den Beschwerdeführer von besonderer Bedeutung, kann er doch erstmals schriftlich auf die Ausführungen des Beschwerdegegners erwidern, Ohlhoff, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, S.  719. 172  In dieser Verhandlung werden die schriftlichen Erwiderungen der Parteien durch das Panel gewürdigt sowie dem Panel eine Möglichkeit gegeben, weitere Aspekte anzusprechen, die es für entscheidungsrelevant hält, Palmeter/Mavroidis, Dispute Settlement in the WTO, S.  160. 173  Dies kommt jedoch nur in Betracht, wenn sich fundamentale Änderungen des Verfahrens ergeben, Palmeter/Mavroidis, Dispute Settlement in the WTO, S.  161. 174  Palmeter/Mavroidis, Dispute Settlement in the WTO, S.  158 f. 175  United States – Imposition of Countervailing Duties on Certain Hot-Rolled Lead and Bismuth Carbon Steel Products Originating in the United Kingdom, Bericht des Panels vom 23.12.1999, WT/DS138/R, Rn.  6.3; European Communities – Export Subsidies on Sugar, Bericht des Panels vom 15.10.2004, WT/DS265/R, WT/DS266/R, WT/DS283/R, Rn.  7.81; European Communities – Measures Prohibiting the Importation and Marketing of Seal Products, Bericht des Appellate Body vom 22.05.2014, WT/DS400/AB/R, Rn.  1.15; European Communities – Selected Customs Matters, Bericht des Panels vom 16.06.2006, WT/DS315/R, Rn.  7.76 Fn.  209. 176  United States – Preliminary Determinations with Respect to Certain Softwood Lumber from Canada, Bericht des Panels vom 12.09.2002, WT/DS236/R, Rn.  7.2: „After this

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

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Die erstgenannte Auffassung wird damit begründet, dass den Parteien bei Beibehaltung des üblichen Zeitrahmens keine Möglichkeit verbleibe, auf den amicus brief zu reagieren.177 Allerdings kann das Panel von dem üblichen Verfahrensablauf abweichen.178 Es könnte daher den Parteien einen zusätzlichen Termin zwecks Erwiderung auf den amicus brief einräumen.179 Insofern sind die teils in der Literatur getroffenen Überlegungen, eine verspätete amicus-Teilnahme würde einem fairen Verfahren zuwiderlaufen, so nicht zutreffend.180 Es scheint aber zweifelhaft, inwiefern es ein einzelner amicus brief rechtfertigt, den ursprünglichen Zeitplan des Panels durcheinander zu werfen und das Verfahren so zu verzögern.181 Daher ist darauf Wert zu legen, dass die Parteien die Möglichkeit der Erwiderung auf den amicus brief bereits im Rahmen des ursprünglich vorgesehenen Zeitplans haben. Eine andere Praxis würde auch unter Effizienzgesichtspunkten fraglich erscheinen.182 Überzeugend ist es, eine amicus-Teilnahme nach Abschluss der ersten mündlichen Verhandlung abzulehnen. Denn die Schriftsätze in der rebuttal phase dienen im Wesentlichen dazu, noch einmal auf die Argumente der jeweiligen Gegenseite einzugehen.183 Das Integrieren der Ansichten eines Dritten in dieser Phase ist nicht zielführend. Während theoretische Überlegungen dazu führen, den Einreichungszeitpunkt auf eine frühe Phase des Verfahrens, im Idealfall vor Absenden der Schriftsätze von Beschwerdeführer und -gegner, festzulegen, könnten meeting, we received three additional unsolicited amicus curiae briefs. For reasons relating to the timing of these submissions, we decided not to accept any of these later briefs.“ 177  United States – Imposition of Countervailing Duties on Certain Hot-Rolled Lead and Bismuth Carbon Steel Products Originating in the United Kingdom, Bericht des Panels vom 23.12.1999, WT/DS138/R, Rn.  6.3. 178  Art.  12.1, 12.2 DSU. 179  Der ursprüngliche Zeitplan wird nach Rücksprache mit den Parteien erstellt, Art.  12.3 DSU. Insofern müsste eine Änderung dieses Zeitplans ebenfalls nach Rücksprache erfolgen, dies folgt auch aus Art.  12.1 DSU, der bei einer Abweichung von den Panel-WP ebenfalls eine Rücksprache mit den Parteien erfordert. Dabei kann aus dem Grundsatz des Art.  12.2 DSU abgeleitet werden, dass auch eine Änderung des Zeitplans in einem laufenden Verfahren möglich ist. 180  So aber Marceau/Stilwell, 4 JIEL 155, 181 f. (2001) und diese Position übernehmend Stoiber, Das Streitschlichtungsverfahren der Welthandelsorganisation, S.  104. 181  Dies gilt umso mehr, als dass Art.  12 Abs.  9 DSU eine maximale Verfahrensdauer von neun Monaten vorsieht. 182  Einen anderen Weg geht ein nicht umgesetzter Vorschlag der Europäischen Kommission zur Regelung von amicus briefs im Rahmen des Welthandelsrechts, Contribution of the European Communities and its Member States to the Improvement of the WTO Dispute Settlement Understanding, TN/DS/W/1, S.  11 f. Dort scheint den Parteien eine extra Reaktionsmöglichkeit eingeräumt zu sein, wenngleich Antrag und Stellungnahme auch dort in einem frühen Stadium des Verfahrens einzureichen sind. 183  Siehe dazu den eben geschilderten Verfahrensablauf.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

praktische Erwägungen einer solchen Sichtweise entgegenstehen. In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass die Panels ihren Zeitplan nicht veröffentlichen.184 Es sei daher für potentielle amici nicht einfach, den Zeitpunkt der Einreichung von amicus-Stellungnahmen exakt zu bestimmen. Diese Ausführungen überzeugen so nicht. Auf der Webseite der WTO wird eine Vielzahl von Informationen bezüglich der einzelnen Verfahren rasch veröffentlicht.185 Wenn feststeht, dass ein Panel gebildet wird, sollten die potentiellen amici ihre briefs einreichen. Kehrseite einer solchen Praxis ist die fehlende Möglichkeit des amicus in zeitlicher Hinsicht, die Parteischriftsätze berücksichtigen zu können. Anders als beispielsweise im U.S.-amerikanischen Recht kommt es auf eine solche Möglichkeit der Kenntnisnahme jedoch nicht an. Die Schriftsätze der Parteien werden nicht veröffentlicht.186 Amici sind daher im Welthandelsrecht gehalten, mit den allgemeinen Informationen zum laufenden Verfahren, die bereits vor Einreichung der Parteischriftsätze veröffentlicht werden,187 zu operieren. Im Falle einer Veröffentlichung einer Version der Parteischriftsätze, die keine vertraulichen Informationen mehr enthalten, wäre es jedoch wichtig, den Einreichungszeitpunkt von amici mit denen der Schriftsätze abzustimmen. In diesem Fall sollten amici ihre Stellungnahme nach dem Austausch der ersten Schriftsätze einreichen. Dies hätte jedoch zur Folge, dass bei Beibehaltung der ursprünglichen Anzahl von Schriftsätzen die Parteien erst im Rahmen der rebutal phase auf den amicus reagieren könnten. Zwar dient diese anderen Zwecken, wenn aber schon eine Veröffentlichung der Parteischriftsätze eingeführt würde, sollten potentielle amici dies auch nutzen können. Daher wäre es in diesem Fall gerechtfertigt, die Parteien erst in ihren gegenseitigen Erwiderungen auf den amicus reagieren zu lassen. Die Panels sollten in diesen Fällen zudem dafür Sorge tragen, dass der Einreichungszeitpunkt rechtzeitig öffentlich be184  Marceau/Stilwell, 4 JIEL 155, 182 (2001). Dabei ist zu beachten, dass dieser Aufsatz vor der ab 2005 beginnenden Entwicklung der Öffnung von Panelverfahren der Öffentlichkeit gegenüber, dazu oben §  5 C. IV., publiziert wurde. Insofern ist fraglich, inwiefern auch der Zeitplan von Panels der Öffentlichkeit zugänglich ist. Mangels anders lautender Stellungnahmen scheint eine Veröffentlichung des Zeitplans jedoch nicht üblich zu sein. 185  Die Anfrage in Australia – Certain Measures Concerning Trademarks, Geographical Indications and Other Plain Packaging Requirements Applicable to Tobacco Products and Packaging, Request for Consultations by the Dominican Republic vom 23.07.2012, WT/ DS441/1 wurde noch am selben Tag auf der Webseite der WTO veröffentlicht. 186  Dazu oben §  9 A. II. 4. 187  Als Beispiel aus der Praxis möge Australia – Certain Measures Concerning Trademarks, Geographical Indications and Other Plain Packaging Requirements Applicable to Tobacco Products and Packaging, Request for Consultations by the Dominican Republic vom 23.07.2012, WT/DS441/1 dienen. Dort lassen sich bereits recht umfangreiche Informationen zum Gegenstand des Verfahrens entnehmen.

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

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kannt gemacht wird. Möglich wäre es in dieser Konstellation auch, den Parteien eine gesonderte Reaktionsmöglichkeit zuzugestehen. 2.  Appellate Body Verfahren vor dem Appellate Body188 beginnen mit der Erklärung des Rechtsmittels gegenüber dem DSB und dem Sekretariat des Appellate Body.189 Zeitgleich ist die Rechtsmittelbegründung einzureichen.190 Der Appellate Body erarbeitet sodann einen Zeitplan.191 18 Tage später hat der Rechtsmittelgegner seine Erwiderung einzureichen.192 Anschließend können Dritte im Sinne des Art.  17 Abs.  4 DSU ihre Stellungnahme einreichen.193 Es folgt eine mündliche Verhandlung.194 Während des gesamten Verfahrens und insbesondere während der mündlichen Verhandlung kann der Appellate Body den Parteien Fragen stellen.195 Dabei ist einem Beteiligten die Möglichkeit einzuräumen, zu der Antwort eines anderen Beteiligten Stellung zu beziehen.196 Spätestens 90 Tage nach Beginn des Rechtsmittelverfahrens erlässt der Appellate Body seinen Bericht.197 Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Beteiligung ist die Additional Procedure des Appellate Body in dem Verfahren EC – Asbestos zu beachten. In dieser legte er fest, dass Anträge auf Zulassung eines amicus briefs bis zu dem Zeitpunkt einzureichen seien, zu dem Kanada seine Rechtsmittelbegründung ein-

188  Nicht eingegangen wird auf Rechtsmittelverfahren, in denen neben dem ursprünglichen Rechtsmittelkläger weitere WTO-Mitglieder das Rechtsmittel unterstützen, dazu: Ziff.  23 WPAR; Palmeter/Mavroidis, Dispute Settlement in the WTO, S.  219. 189  Ziff.  20 Abs.  1 WPAR. 190  Ziff.  21 Abs.  1 WPAR. Der Inhalt der Rechtsmittelbegründung ergibt sich aus Ziff.  21 Abs.  2 WPAR. 191  Ziff.  26 Abs.  1 WPAR. Dabei sind die zeitlichen Fristen hier sehr knapp bemessen, da nach Art.  17 Abs.  5 S.  1 DSU das Verfahren von der Einlegung des Rechtsmittels bis zum fertigen Bericht des Appellate Body nur 60 Tage dauern soll. Maximal vorgesehen sind gemäß Art.  17 Abs.  5 S.  3 DSU 90 Tage. Einen Überblick über alle, dem Zeitplan zugrundeliegenden Fristen bietet der Annex 1 zu den WPAR. 192  Ziff.  22 Abs.  1 WPAR. Der Inhalt der Rechtsmittelerwiderung ergibt sich aus Ziff.  22 Abs.  2 WPAR. 193  Gemäß Ziff.  24 Abs.  1 S.  2 WPAR müssen solch schriftliche Stellungnahmen 21 Tage nach der Einlegung des Rechtsmittels eingereicht werden. 194  Diese findet gemäß Ziff.  27 Abs.  1 WPAR 30 bis 45 Tage nach der Einlegung des Rechtsmittel statt. Dritte im Sinne des Art.  17 Abs.  4 DSU können sich an dieser mündlichen Verhandlung ebenfalls beteiligen, Art.  17 Abs.  4 S.  2 DSU, Ziff.  27 Abs.  3 WPAR. 195  Ziff.  28 Abs.  1 WPAR. 196  Ziff.  28 Abs.  2 WPAR. 197  Richtwert sind nach Art.  17 Abs.  5 S.  1 DSU 60 Tage. 90 Tage stellen die äußerste Grenze nach Art 17 Abs.  5 S.  4 DSU dar.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

zureichen hatte.198 Insofern könnte man schlussfolgern, der Appellate Body spreche sich für eine Einreichung des Antrags parallel zur Einreichung der Rechtsmittelbegründung aus. Eine solche Sichtweise würde unter dem Gesichtspunkt von Ziff.  21 Abs.  1 WPAR bedeuten, dass der amicus seine Stellungnahme zeitgleich mit der Erklärung des Rechtsmittels einzureichen hätte.199 Da aber die Erklärung des Rechtsmittels die erste nach außen wahrnehmbare Anzeige des Rechtsmittels ist, hätten amici keinerlei Möglichkeit, den brief rechtzeitig abzugeben. Daher ist ein Anknüpfen an die Rechtsmittelbegründung unter Geltung der aktuellen WPAR nicht praktikabel. In der Praxis des Appellate Body finden sich anders als im Bereich der Panels auch keine Entscheidungen, die auf den richtigen Einreichungszeitpunkt näher eingehen. Die bisherige Praxis lässt amicus briefs sowohl nach der Erwiderung des Rechtsmittelgegners als auch davor zu.200 Jedenfalls dürfte aber eine Stellungnahme bei bereits begonnener mündlicher Verhandlung verspätet sein und daher abgewiesen werden.201 Wichtig für das Finden des richtigen Zeitpunkts der Verfahrensteilnahme ist die Möglichkeit der Parteien, auf den amicus reagieren zu können.202 Mit dem Zusammenfallen von Rechtsmittelerklärung und -begründung ist es unmöglich, dem Rechtsmittelführer eine schriftliche Reaktion auf den amicus brief zu ermöglichen, will man ihm nicht hierfür einen extra Schriftsatz zugestehen. Verkompliziert wird die Angelegenheit insofern, als zumindest Rechtsmittelführer und auch Rechtsmittelgegner auf den amicus brief reagieren können müssen. Die Übernahme der zu R. 29 (e) S.  2 FRAP gefundenen Ergebnisse scheitert, da 198  Zu beachten ist, dass in diesem Verfahren die WPAR in der Fassung vom 28.02.1997, WT/AB/WP/2 galten. Ausweislich deren Ziff.  21 Abs.  1 WPAR a. F. ist die Rechtsmittelbegründung 10 Tage nach Einreichung der Erklärung des Rechtsmittels einzureichen. 199  Nunmehr sind Rechtsmittelerklärung und -begründung zeitgleich einzureichen, siehe dazu den eben geschilderten Verfahrensablauf. 200  In United States – Definitive Anti-Dumping and Countervailing Duties on Certain Products from China, Bericht des Appellate Body vom 11.03.2011, WT/DS379/AB/R, Rn.  18 reichte der amicus seine Stellungnahme nach der Rechtsmittelbegründung, aber vor der Rechtsmittelerwiderung ein. In China – Measures Affecting Imports of Automobile Parts, Bericht des Appellate Body vom 15.12.2008, WT/DS339/AB/R, WT/DS340/AB/R, WT/ DS342/AB/R, Rn.  8 ff.; Brazil – Measures Affecting Imports of Retreaded Tyres, Bericht des Appellate Body vom 03.12.2007, WT/DS332/AB/R, Rn.  6 f. wurde der amicus brief zeitgleich mit der Rechtsmittelerwiderung eingreicht. 201  In dem Verfahren European Communities – Measures Prohibiting the Importation and Marketing of Seal Products, Bericht des Appellate Body vom 22.05.2014, WT/DS400/ AB/R, Rn.  1.15 hat der Appellate Body eine zu diesem Zeitpunkt eingereichte Stellungnahme wegen Verspätung abgewiesen. 202  Dieses Erfordernis wird hinsichtlich einer Reaktion der Parteien auf den amicus brief vom Appellate Body in der Ziff.  9. Add. Proc. betont.

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

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im Rahmen des WPAR dem Rechtsmittelführer keine Erwiderung auf die Ausführungen des Rechtsmittelgegners zusteht. Eine Integration des amicus in das Verfahren vor dem Appellate Body, die es den Parteien ermöglicht, schriftlich auf diesen einzugehen, erfordert daher eine Änderung der Regelungen der WPAR. Die Aufnahme eines reply briefs des Rechtsmittelführers wäre dabei ein weitgehender Eingriff in die bisherige Praxis der WPAR. Denn dadurch würde der Grundsatz, dass sowohl Rechtsmittelführer als auch Rechtsmittelgegner lediglich ein Schriftsatz zusteht, durchbrochen. Es ist unangemessen, diese Praxis dergestalt zu verändern, wenn auch ein milderes Mittel in Betracht kommt. Eine denkbare Regelung wäre es, Rechtsmittelführer und -gegner nach dem Austausch von Rechtsmittelbegründung und -erwiderung eine gesonderte Möglichkeit zur Reaktion auf amici zu geben.203 Dies ist zwar unter Effizienzgesichtspunkten nicht optimal, als Alternative bleibt jedoch lediglich eine Erwiderung in der mündlichen Verhandlung. Dies kommt jedoch – wie gezeigt – im Bereich des Welthandelsrechts nicht in Betracht.204 Hinsichtlich der Vermeidung von Wiederholungen gilt das zu den Panelverfahren Gesagte – amici haben keine Möglichkeit, die Parteischriftsätze einzusehen, so dass die Möglichkeit der Einsichtnahme bei Finden eines angemessenen Zeitpunkts in der Regel nicht zu berücksichtigen ist. Insgesamt verdeutlicht der Komplex sehr gut die Notwendigkeit einer Regelung von amicus briefs im DSU beziehungsweise den Panel-WP oder den WPAR. Lässt man das Instrument mit guten Gründen zu, gebietet es sich, elementare Fragen wie die Reaktionsmöglichkeit der Parteien ebenfalls zu berücksichtigen.205 Aus Sicht potentieller amici ist die Situation ebenfalls höchst unbefriedigend. Wie im Rahmen der Panels kann nur vorgeschlagen werden, sich so rasch wie möglich an einem bekannt gewordenen Verfahren zu beteiligen.

203  Der Appellate Body scheint so auch in der Praxis zu verfahren. In United States – Definitive Anti-Dumping and Countervailing Duties on Certain Products from China, Bericht des Appellate Body vom 11.03.2011, WT/DS379/AB/R, Rn.  18; China – Measures Affecting Imports of Automobile Parts, Bericht des Appellate Body vom 15.12.2008, WT/DS339/AB/R, WT/DS340/AB/R, WT/DS342/AB/R, Rn.  11 wurde von einer Möglichkeit der Parteien, auf den amicus zu reagieren, gesprochen. Da in diesen Fällen der Rechtsmittelführer und teils auch der Rechtsmittelgegner ihre Schriftsätze bereits abgegeben hatten und der Appellate Body auch nicht auf die mündliche Verhandlung verwies, kann nur eine neuerliche schriftliche Stellungnahme gemeint sein. 204  Oben §  9 A. I. 4. 205  Dabei ist freilich zu beachten, dass eine Regelung bisher nicht glückte, weil die Positionen der Mitglieder diesbezüglich noch zu weit auseinander liegen, vgl. Special Session of the Dispute Settlement Body, TN/DS/25, S. A-37 ff., dazu auch oben §  5 C. III.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

V.  Investitionsschiedsgerichtsbarkeit – eine Odyssee? Im Rahmen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit haben sich unterschiedliche Ansatzpunkte in der Rechtsprechung hinsichtlich eines Einreichungszeitpunkts herausgebildet. Diese gilt es zunächst näher zu untersuchen, um anschließend einen geeigneten Zeitpunkt festlegen zu können. Weder FTC-Statement noch R. 37 ICSID AR oder Art.  4 UNCITRAL TR treffen diesbezüglich eine Regelung. Eingangs gilt es aber wie bei den übrigen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen die Struktur des Verfahrens darzustellen. 1.  Verfahrensablauf Investitionsrechtliche Schiedsverfahren unter Geltung der ICSID AR sowie der UNCITRAL AR sind im Gegensatz zu Verfahren im Rahmen der Welthandelsorganisation wesentlich flexibler. Der aus der Schiedsgerichtsbarkeit bekannte Grundsatz einer weitgehenden Parteiautonomie hinsichtlich der Verfahrensgestaltung206 ist auch im Rahmen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit gegeben.207 Dennoch sind einige Schritte vorgegeben, welche kurz zu erörtern sind. Beginn des Verfahrens ist der Tag, an dem der Beklagte die notice of arbitration erhält beziehungsweise an dem die Parteien durch das Generalsekretariat verständigt werden.208 Üblicherweise legt das Schiedsgericht in einer ersten Sitzung das weitere Verfahren fest und bestimmt Fristen für die einzureichenden Schriftsätze.209 Dies erfolgt in Zusammenarbeit mit den Parteien. Dabei kann das Schiedsgericht im Zuge dessen oder zu einem späteren Zeitpunkt eine Un206  Petrochilos, Procedural Law in International Arbitration, S.  81; Schwarz, in: Knahr/ Koller/Reichberger/Reinisch, Investment and Commercial Arbitration, S.  74 ff.; Patocchi/ Niedermeier, in: Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, S.  720; Caron/Caplan, The UNCITRAL Arbitration Rules, S.  30 ff. 207  Im Rahmen der ICSID AR können die Parteien von allen Bestimmungen abweichen, bis auf diejenigen, die zwingend von der ICSID Convention vorgegeben sind, Schreuer/Malintoppi/Reinisch/Sinclair, The ICSID Convention, Art.  44 Rn.  11 ff., siehe auch oben §§  6 A. II., 8. Im Rahmen von Verfahren unter Geltung der UNCITRAL AR kann auf die Flexibilität des Art.  17 UNCITRAL AR verwiesen werden. 208  Dazu oben §  8 A. I. 209  R. 20 ICSID AR gibt einige Anhaltspunkte bezüglich des in dieser Sitzung zu regelnden. Ein öffentlich zugängliches Beispiel aus der Praxis findet sich in Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Minutes of the First Session of the Arbitral Tribunal, 23.03.2006. Die UNCITRAL AR kennen keine R. 20 ICSID AR vergleichbare Bestimmung, dennoch ist eine solche erste Sitzung auch dort üblich. Beispiel aus der Praxis Glamis Gold Ltd. v. United States, Procedural Order No. 1, 03.03.2005, S.  3. Zu dieser ersten Sitzung für ICSID und UNCITRAL-Schiedsgerichte im Rahmen von Investitionsstreitigkeiten auch Legum, in: Yannaca-Small, Arbitration Under International Investment Agreements, S.  97 ff.

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

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terteilung des Verfahrens in eine Zuständigkeits- und eine Hauptsachephase anordnen.210 Die jeweiligen Phasen können sich weiter in einen schriftlichen Teil und eine mündliche Verhandlung unterteilen.211 Hinsichtlich der Hauptsachephase ist es üblich, vier Schriftsätze auszutauschen.212 In der mündlichen Verhandlung werden die wesentlichen Gesichtspunkte des Falls von den Parteien vorgetragen sowie meist eine Beweisaufnahme durchgeführt.213 2.  Ansätze in der Rechtsprechung Als Beispiel dient jeweils ein Verfahren unter Geltung der UNCITRAL AR, Glamis Gold, und eines unter Geltung der ICSID AR, Biwater Gauff. a)  Der Fall Glamis Gold – anfängliche Festlegung des Einreichungszeitpunkts Aufschlussreich ist zunächst das Verfahren Glamis Gold.214 Dort bestimmte das Schiedsgericht in seiner ersten prozessualen Order vom 03.03.2005, amici215 könnten sich bis zum 03.03.2006 beteiligen.216 Dieser Zeitpunkt wäre dem Zeitplan des Schiedsgerichts zufolge vor der Replik des Klägers auf den Schriftsatz des Beklagten gelegen,217 so dass die amici Kläger- und Beklagtenschriftsatz hät210  Art.  41 ICSID Convention und Art.  23 Abs.  3 UNCITRAL AR stellen es dem Schiedsgericht frei, das Verfahren in eine Zuständigkeits- und eine Hauptsachephase zu unterteilen. Möglich sind auch noch weitere Phasen, dazu: Vasani, in: Yannaca-Small, Arbitration Under International Investment Agreements, S.  121 ff. 211  Siehe dazu aus der Praxis: Methanex v. United States, Final Award of The Tribunal on Jurisdiction and Merits, 03.08.2005, Rn.  3; Pac Rim Cayman LLC v. Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB/09/12, Decision on the Respondents Jurisdictional Objections, 01.06.2012, Rn.  1.21. 212  R. 31 Abs.  1 ICSID AR; im Rahmen der UNCITRAL AR sind vier Schriftsätze auch üblich, wobei teilweise lediglich eine kurze Schiedsklageschrift folgt, die diesen Schriftsätzen nicht zugerechnet wird, Caron/Caplan, The UNCITRAL Arbitration Rules, S.  492 f. 213  Legum, in: Yannaca-Small, Arbitration Under International Investment Agreements, S.  100 f. 214  Zu dem Hintergrund des Verfahrens siehe oben §  6 B. I. 1. Zu beachten ist, dass Dokumente dieses Verfahrens während des laufenden Verfahrens im Internet veröffentlicht wurden, Glamis Gold Ltd. v. United States, Award, 08.06.2009, Rn.  275. 215  Das Schiedsgericht spricht stets von non-disputing parties und bezieht dabei auch die mögliche Beteiligung von NAFTA-Parteien gemäß Art.  1128 NAFTA ein. Solche beteiligten sich jedoch nicht am Verfahren, weswegen im Folgenden nur von amici die Rede ist. 216  Glamis Gold Ltd. v. United States, Procedural Order No. 1, 03.03.2005, S.  6; die erste prozessuale Order wird in Zusammenarbeit mit den Parteien gestaltet. Daher dürften sich diese bereits hier zum ersten Mal mit einer amicus-Partizipation befasst haben. 217  In dem Verfahren Glamis Gold wurde von der eben bei §  9 B. V. 1. beschriebenen Möglichkeit einer kurzen Schiedsklageschrift und dem anschließenden Austausch von Schriftsätzen Gebrauch gemacht. In dem Verfahren spielt zudem der gegenseitige Austausch

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ten berücksichtigen können.218 Lange vor dem ersten Einreichungszeitpunkt nämlich am 09.03.2005 reichte die Quechan Indian Nation einen Brief beim Schiedsgericht ein, in dem sie mitteilte, sie würde sich gerne als amicus am Verfahren beteiligen.219 Der Präsident des Schiedsgerichts antwortete am 21.06.2005 mit einem Verweis auf das FTC-Statement bezüglich der Anforderungen an Antrag und Stellungnahme. Zudem riet diese Antwort, Antrag und amicus-Stellungnahme bis zum 26.07.2005 einzureichen.220 Die Quechan Indian Nation schien ob dieses Rats hinsichtlich des Einreichungszeitpunkts überrascht und beantragte, entsprechend dem ursprünglich vom Schiedsgericht anvisierten Zeitpunkt, Antrag und Stellungnahme bis März 2006 einreichen zu dürfen.221 Der Präsident des Schiedsgerichts setzte daraufhin eine Einreichungsfrist bis 19.08.2005 fest.222 Dies begründete er mit der Vermeidung einer Prozessunterbrechung und einer möglichst minimalen Belastung der Parteien.223 Zu erwarten wäre gewesen, dass das Schiedsgericht mit der Festlegung auf den 03.03.2006 diese Aspekte bereits berücksichtigt hätte.224 Zumindest aus Sicht des Schiedsgerichts war dies aber nicht der Fall, da sonst der Antrag der Quechan Indian Nation, Antrag und Stellungnahme bis März 2006 einzureichen, nicht hätte verwehrt werden dürfen. Am 26.08.2005 entschied das Schiedsgericht, amici könnten ihre Anträge und Stellungnahmen bis 30.09.2005 einreichen.225 Dies hätte zur Folge gehabt, dass Kläger und Beklagter jeweils in ihrer ersten Stellungnahme auf die amici-Schriftsätze hätten reagieren können und nicht erst im Rahmen von Replik und Duplik. Dies scheint auch der Beweggrund des Schiedsgerichts für die Änderung des Einreichungszeitpunkts gewesen zu sein.226 Ebenfalls am 26.08.2005 von Beweisen, vergleichbar der U.S.-amerikanischen discovery, eine bedeutende Rolle, siehe dazu allgemein: Legum, in: Yannaca-Small, Arbitration Under International Investment Agreements, S.  99, der einem solchen in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit wegen mangelnder Dokumentation seitens des Gaststaats kritisch gegenübersteht. 218  Zum ursprünglichen Zeitplan Procedural Order No. 1, vom 03.03.2005, S.  4 ff. 219  Glamis Gold Ltd. v. United States, Award, 08.06.2009, Rn.  268. 220  Glamis Gold Ltd. v. United States, Award, 08.06.2009, Rn.  268. 221  Glamis Gold Ltd. v. United States, Award, 08.06.2009, Rn.  269. 222  Glamis Gold Ltd. v. United States, Award, 08.06.2009, Rn.  269. 223  Glamis Gold Ltd. v. United States, Award, 08.06.2009, Rn.  269. 224  Wenn das Schiedsgericht, bevor eine amicus-Beteiligung im Raum steht, deren Zeitpunkt regelt, was wie noch zu sehen sein wird, begrüßenswert ist, ist zu erwarten, dass es die einschlägigen Regelungen, hier Ziff. B. 7. FTC-Statement, in seine Überlegungen hinsichtlich dieses Zeitpunkts aufnimmt. Allerdings könnten die Bestrebungen des Schiedsgerichts den Zeitpunkt vorzuverlegen, damit zu erklären sein, dass das Schiedsgericht davon ausgegangen sein könnte, es werde bei dieser einen frühen amicus-Beteiligung bleiben. Wie sogleich zu sehen sein wird, war dem nicht so. 225  Glamis Gold Ltd. v. United States, Award, 08.06.2009, Rn.  271. 226  Glamis Gold Ltd. v. United States, Award, 08.06.2009, Rn.  271, „The Tribunal, ‚wis-

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

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gewährte das Schiedsgericht den Antrag der Quechan Indian Nation, einen amicus brief einzureichen, nachdem es Rücksprache mit den Parteien genommen hatte.227 Am 23.09.2005 wandten sich zwei bisher noch nicht am Verfahren beteiligte amici228 an das Schiedsgericht mit der Bitte, die Einreichungsfrist für Antrag und Stellungnahme zu verlängern.229 Während am 30.09.2005 dennoch der Antrag und die Stellungnahme von Friends of the Earth eingingen, legte das Schiedsgericht den Einreichungszeitpunkt nunmehr auf den 26.10.2005 fest und reagierte so auf die Bitte von Friends of the Earth und Sierra Club.230 Dies war die dritte Änderung des Einreichungszeitpunkts. Am 15.10.2005 gab das Schiedsgericht die vierte Änderung bekannt. Einige potentielle amici231 hatten beantragt, dass das Schiedsgericht den Einreichungszeitpunkt verschiebe, da sie sonst ihre Stellungnahme ohne Bezug zu den Schriftsätzen von Kläger und Beklagten, nach der Offenlegung der Beweismittel, einreichen müssten. Daraufhin legte das Schiedsgericht, nach Rücksprache mit den Parteien,232 den Einreichungszeitpunkt auf den 20.07.2006 fest.233 Dieser Zeitpunkt lag nunmehr einen Monat nach der geplanten Erwiderung des Beklagten.234 Die nunmehr folgende fünfte Änderung des Einreichungszeitpunkts war im Gegensatz zu den vier vorigen nicht den Unzulänglichkeiten des Schiedsgerichts hinsichtlich der Bestimmung eines vernünftigen Zeitpunkts für eine amicus-Teilnahme geschuldet, sondern fußte auf einer neuerlichen Änderung des hing to provide the Claimant and the Respondent time to respond to the merits of any such submissions authorized and accepted by the Tribunal while simultaneously avoiding delay in completion of the arbitration proceeding […]‘“ Das Schiedsgericht zitiert dabei aus seiner eigenen prozessualen order. 227  Glamis Gold Ltd. v. United States, Award, 08.06.2009, Rn.  272–274. 228  Zum einen Sierra Club und Earth Justice (im Folgenden Sierra Club) zum anderen Friends of the Earth Canada und Friends of the Earth United States (im Folgenden Friends of the Earth); beide reichten jeweils einen Antrag und eine Stellungnahme ein, Glamis Gold Ltd. v. United States, Award, 08.06.2009, Rn.  275. 229  Die amici trugen vor, sie hätten von der Vorverlegung des Einreichungszeitpunkts auf den 30.09.2005 erst verspätet erfahren, Glamis Gold Ltd. v. United States, Award, 08.06.2009, Rn.  275. 230  Glamis Gold Ltd. v. United States, Award, 08.06.2009, Rn.  277. 231  Im Award wird nicht näher darauf eingegangen, wer diese waren, es liegt aber nahe, dass damit der Sierra Club sowie die sich später beteiligende National Mining Association gemeint sind. 232  Die Rücksprache erfolgte dabei im Rahmen der mündlichen Anhörung vom 03.10.2005, Glamis Gold Ltd. v. United States, Award, 08.06.2009, Rn.  278. Diese Anhörung war ursprünglich zur Beilegung von Einwänden hinsichtlich der Offenlegung der Beweise geplant, Procedural Order No. 5, S.  1. 233  Damit folgte das Schiedsgericht wieder seiner ursprünglichen Linie, es den amici in zeitlicher Hinsicht zu ermöglichen, die Schriftsätze von Kläger und Beklagten zu berücksichtigen. 234  Glamis Gold Ltd. v. United States, Award, 08.06.2009, Rn.  278–279.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

geplanten Verfahrensablaufs, der sich aus anhaltenden Schwierigkeiten hinsichtlich der Offenlegung von Beweismitteln ergab. Nunmehr war der 13.10.2006 geplant, wiederum ungefähr einen Monat nach der Erwiderung des Beklagten.235 Unter Einhaltung dieser Frist beteiligte sich ein weiterer amicus am Verfahren.236 Friends of the Earth, deren amicus-Stellungnahme vom 30.09.2005 gleichsam unverschuldet und hinsichtlich der uneindeutigen Bestimmung des Einreichungszeitpunkts ohne Rücksicht auf die Schriftsätze von Kläger und Beklagten erfolgte, beantragte zudem eine neuerliche Stellungnahme.237 Am 16.10.2006 gingen amicus brief und Antrag vom Sierra Club ein, denen das Schiedsgericht am 10.10.2006 eine solche Verlängerung genehmigt hatte.238 Schließlich beantragte am 16.10.2006 die Quechan Indian Nation ihren amicus brief erweitern zu können. Nach Rücksprache mit den Parteien gewährte das Schiedsgericht alle geschilderten Anträge.239 Die Handhabung des Schiedsgerichts hinsichtlich des Einreichungszeitpunkts für amicus-Stellungnahmen muss aus Sicht der beteiligten Parteien und amici an Willkür grenzen. Schwer nachvollziehbar ist, wie das Schiedsgericht auf die Idee kommen konnte, zunächst den Einreichungszeitpunkt in die Phase zwischen Kläger- und Beklagtenschriftsatz und Replik und Duplik zu legen, diesen dann aber bei der ersten Beteiligung von amici vor die Einreichung von Kläger- und Beklagtenschriftsatz vorzuziehen, um anschließend wieder der ersten Alternative zu folgen. Es ließe sich einwenden, das Schiedsgericht sei ersichtlich bemüht gewesen, die Belange aller Beteiligten zu berücksichtigen. Ein solches Mühen ist jedoch bei einem Streitwert von ca. 65 Millionen Dollar und erheblichen Anwaltskosten 240 nicht ausreichend.241 Das Schiedsgericht kann und muss die grundsätzliche Entscheidung des Einreichungszeitpunkts im Verhältnis zu den Schriftsätzen von Anfang an in seine Überlegungen mit aufnehmen. In der Sache richtig ist hingegen die Entscheidung des Schiedsgerichts, Glamis Gold Ltd. v. United States, Award, 08.06.2009, Rn.  280. Die National Mining Association, Glamis Gold Ltd. v. United States, Award, 08.06.2009, Rn.  281. 237  Glamis Gold Ltd. v. United States, Award, 08.06.2009, Rn.  281. 238  Glamis Gold Ltd. v. United States, Award, 08.06.2009, Rn.  282. 239  Glamis Gold Ltd. v. United States, Award, 08.06.2009, Rn.  284–286. 240  In dem Verfahren Glamis Gold wurden die Anwaltskosten nicht veröffentlicht. In Grand River Enterprises et al. v. United States ebenfalls ein NAFTA-Verfahren, beliefen sich die Anwaltskosten der Vereinigten Staaten auf $ 1.041.324,24, Submission on Cost of Respondent, 31.03.2010, S.  5 und die des Klägers auf §  2.803.627,10, Claimants Post Hearing Submission, 31.03.2010, S.  3. 241  Vielmehr hat die viermalige Verlegung des Einreichungszeitpunkts gerade zu einer gesteigerten Belastung der Parteien geführt. Hinzu kommen die gestiegenen Verfahrenskosten in dieser Sache. 235 

236 

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

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Friends of the Earth eine erneute Möglichkeit der Stellungnahme zu geben. Denn diesen sollen die Unzulänglichkeiten des Schiedsgerichts nicht zum Nachteil gereichen, wenngleich die Parteien hier wiederum die Last traf, erneut Stellung zu beziehen. b)  Der Fall Biwater Gauff – keine Festlegung des Einreichungszeitpunkts Der Fall Biwater Gauff verdeutlicht exemplarisch, welche Probleme entstehen können, wenn ein Einreichungszeitpunkt vom Schiedsgericht nicht im Vorhinein festgelegt wird. Während das Verfahren Glamis Gold hauptsächlich die Frage aufwarf, in welchem Stadium des schriftlichen Austauschs zwischen Kläger und Beklagtem eine amicus-Stellungnahme getätigt werden sollte, stellten sich in diesem Verfahren grundsätzlichere Fragen. Hintergrund war der gemeinsame Antrag mehrerer amici242 auf Beteiligung am Verfahren in einem Verfahrensstadium, in dem bereits sämtliche Schriftsätze ausgetauscht waren und die mündliche Verhandlung bevorstand.243 Den oben geschilderten Grundsätzen zur Reaktionsmöglichkeit der Parteien folgend,244 gab das Schiedsgericht zunächst den Parteien die Möglichkeit, zum Antrag Stellung zu nehmen. Dabei stellte sich heraus, dass insbesondere der Kläger erhebliche Zweifel daran hatte, inwiefern eine angemessene Reaktion noch möglich sei.245 Zu beachten ist, dass ausweislich R. 37 Abs.  2 ICSID AR der amicus seine Stellungnahme dem Antrag nicht beizufügen hat.246 Vor diesem Hintergrund ist die Sorge der Parteien in ihren Stellungnahmen zum Antrag vom 14.12.2006 und 12.01.2007 hinsichtlich eines noch zu erwartenden amicus-Schriftsatzes und ihren diesbezüglichen Reaktionsmöglichkeiten verständlich. Schließlich musste das Schiedsgericht nach seiner Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags dem amicus noch 242  Dies waren im einzelnen The Lawyers` Environmental Action Team, das Legal and Human Rights Centre, The Tanzania Gender Networking Programme, The Center for International Environmental Law und The International Institute for Sustainable Development, dazu: Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Award, 24.07.2008, Rn.  57; Petition for Amicus Curiae Status, 27.11.2006, S.  1, in: Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22. 243  Der Antrag auf Zulassung erfolgte am 27.11.2006, die Entscheidung über die Zulassung am 02.02.2007, die mündliche Verhandlung im April 2007, hier hatten die Parteien bereits sämtliche Schriftsätze ausgetauscht, vgl. Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Award, 24.07.2008, Rn.  57 ff., 362. 244  Dazu oben §  9 A. I. 5. 245  Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Procedural Order No. 5, 02.02.2007, Rn.  59. 246  Dazu oben §  8 B. I. 2. a). Gleichwohl in der Praxis wohl seit dem Verfahren Pac Rim, welches dem Verfahren Biwater Gauff nachfolgte, der amicus brief dem Antrag beigefügt wird, dazu auch oben §  8 B. I. 2. a).

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Zeit gewähren, den Schriftsatz auszuformulieren. Wollten die Parteien nicht erst in der mündlichen Verhandlung auf den amicus Bezug nehmen, bliebe wiederum für die Parteien kaum Zeit für eine Stellungnahme hinsichtlich des Inhalts des amicus briefs. Das Schiedsgericht nahm diese Zweifel ernst, ließ den amicus brief aber dennoch zu, da zeitliche Gründe eine Nichtzulassung nicht rechtfertigten.247 Zu diesem Zweck entwickelte es ein zweistufiges Verfahren. Zunächst sollte der amicus kurz vor der mündlichen Verhandlung seinen brief einreichen, ohne diesem allerdings Beweise oder andere Dokumente beizufügen. Die Parteien sollten sich im Anschluss hieran vorab gegenüber dem Schiedsgericht äußern, ob sie in der mündlichen Verhandlung auf den amicus Bezug zu nehmen planen. Nach der mündlichen Verhandlung plante das Schiedsgericht die zweite Stufe, in der die Parteien schriftlich auf den amicus hätten reagieren können.248 Beide Parteien verzichteten jedoch auf eine solche Möglichkeit.249 Zwar war es dem Schiedsgericht mit seinem zweistufigen Verfahren gelungen, eine Reaktion der Parteien zu ermöglichen. Dennoch stellte diese Variante für die Parteien eine unnötige Belastung dar, da einige Monate vor der mündlichen Verhandlung die Beteiligung eines amicus nicht angemessen erscheint. Insbesondere auch unter Kostengesichtspunkten ist eine mögliche Verhandlung über den amicus in der mündlichen Verhandlung zu vermeiden. Hinzu kommt, dass in der mündlichen Verhandlung grundsätzlich die wesentlichen Streitpunkte ausgetauscht und die Beweisaufnahme durchgeführt werden soll.250 Amici in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit verfolgen oftmals ein anderes Ziel als die Streitparteien und konzentrieren sich darauf, Themen wie Menschenrechte, Umweltschutz und Good Governance in den Vordergrund zu stellen.251 Eine amicus-Stellungnahme kann daher dazu führen, die Streitigkeit um 247  Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Procedural Order No. 5, 02.02.2007, Rn.  60. 248  Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Procedural Order No. 5, 02.02.2007, Rn.  60. 249  Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Award, 24.07.2008, Rn.  57 ff., 364. 250  Legum, in: Yannaca-Small, Arbitration Under International Investment Agreements, S.  100. 251  Siehe hierzu beispielsweise die amicus-Beteiligung in Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Award, 24.07.2008, Rn.  359 „The five Petitioners comprise NGOs with specialised interests and expertise in human rights, environmental and good governance issues locally in Tanzania. They approach the issues in this case with interests, expertise and perspectives that have been demonstrated to materially differ from those of the two contending parties, and as such have provided a useful contribution to these proceedings.“; dazu auch oben §  6 C. II.

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

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wesentliche Aspekte zu erweitern. Die mündliche Verhandlung ist nicht der geeignete Verfahrensabschnitt, um solche Erweiterungen erstmals anzusprechen. 3. Konsequenzen Die Fälle Glamis Gold und Biwater Gauff stehen exemplarisch für zwei unterschiedliche Herangehensweisen, nämlich zum einen die anfängliche Festlegung eines Einreichungszeitpunkts und zum anderen dessen ad hoc Bestimmung. Beide Alternativen haben sich in der Praxis als äußerst problematisch erwiesen. Insofern kann man fragen, ob allein die Wahl zwischen Skylla und Charybdis verbleibt. Der erste Schein mag dies bestätigen, doch abseits der von den Schiedsgerichten gewählten Wege lässt sich die Gefahr umschiffen. Unter Berücksichtigung der oben genannten Parameter sowie unter Auswertung und Abkehr der aufgezeigten Irrwege gilt es, die richtige Passage zu finden. Im Fall Glamis Gold sind zwei der fünf Einreichungszeitpunkte der Unsicherheit des Schiedsgerichts geschuldet, in welche Phase des schriftlichen Verfahrens es die amicus-Partizipation einbinden soll. Richtig erscheint es, amici sich zwischen dem ersten und zweiten Paar der Schriftsätze der Parteien beteiligen zu lassen.252 Diese Herangehensweise erlaubt es den Parteien, eine Reaktion auf den Antrag des amicus folgen zu lassen. Das Schiedsgericht sollte bei der Aufstellung des erstmaligen Zeitplans berücksichtigen, dass dem Kläger ausreichend Zeit verbleibt, sowohl den Antrag des amicus zu kommentieren, als auch seine Replik vorzubereiten. Da die amicus-Stellungnahme im Rahmen von NAFTA-Verfahren bereits im Antrag des amicus enthalten ist,253 kann der Klä252  So auch Merrill & Ring Forestry L.P. v. Canada, Award, 31.03.2010, Rn.  20. Auch in Apotex Holdings Inc. and Apotex Inc. v. United States, ICSID Case No. ARB(AF)/12/1, Procedural Order No. 1, 29.11.2012, S.  11 ff. ging das Schiedsgericht diesen Weg. Vgl. auch Mowatt/Mowatt, 28 ICSID Rev. 33, 44 (2013). In Eli Lilly and Company v. The Government of Canada, UNCITRAL, ICSID Case No. UNCT/14/2 legte das Schiedsgericht den Zeitpunkt für das Stellen eines Antrags zwecks Beteiligung als amicus zwar anfänglich fest, jedoch sollte dort ein Antrag gestellt werden, nachdem bereits sämtliche Schriftsätze ausgetauscht waren, Procedural Order No. 1, 26.05.2014, S.  25. Es kam dann jedoch dazu, dass die Parteien mehr Schriftsätze austauschten als ursprünglich vorgesehen, so dass auch der Einreichungszeitpunkt für amici verschoben wurde, Procedural Order No. 3, 15.01.2016, S.  3 ff. Dies zeigt, dass ein Abwarten aller Parteischriftsätze zu einer Verlegung des Einreichungszeitpunkts führen kann, wenngleich eine solch erweiterte Reaktionsmöglichkeit für amici, wie auch das Schiedsgericht betont, grundsätzlich begrüßenswert ist. 253  Dazu oben §  8 B. I. 2. a). Art.  4 UNCITRAL TR regelt nicht explizit, dass die Stellungnahme dem Antrag beizufügen ist. Allerdings wurde oben bei §  8 B. I. 2. a) festgestellt, dass der amicus dies tun sollte. Gleiches gilt für ICSID-Verfahren, dazu oben §  8 B. I. 2. a). In Pac Rim Cayman LLC v. Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB/09/12, legte das Schiedsgericht zwar den Einreichungszeitpunkt nicht anfänglich fest, im Laufe des Verfahrens aber wurde mittels einer auf der Webseite veröffentlichten Pressemitteilung vom

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

ger die Stellungnahme bereits untersuchen und sich überlegen, inwiefern er zu ihrem Inhalt bei der Erstellung seiner Replik Stellung nehmen will. Gleiches gilt für den Beklagten. Mittels eines solchen Vorgehens droht auch keine Unterbrechung oder Verzögerung des Verfahrens, da die Parteien im Rahmen der ohnehin geplanten Replik und Duplik inhaltlich auf den amicus erwidern können. Anders als im Welthandelsrecht ist der Ablauf von Verfahren in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit wesentlich weniger statisch. Legt das Gericht am Anfang des Verfahrens in Übereinstimmung mit den Parteien den Einreichungszeitpunkt vor Replik und Duplik fest, so können sich die Parteien darauf einstellen, im Rahmen dieser Schriftsätze auf den amicus erwidern zu können. Eine solch flexible Handhabe ist im Welthandelsrecht nicht ohne Weiteres möglich, weswegen dort eine Reaktion in der rebuttal phase grundsätzlich nicht in Frage kommt. Aus verfahrensökonomischen Gründen empfiehlt es sich zudem, die Parteien erst bei Ablauf der Einreichungsfrist zur Stellungnahme bezüglich einer etwaigen amicus-Beteiligung aufzufordern. Ansonsten müssten sich die Parteien im Falle mehrerer amici mit deren Anträgen zu unterschiedlichen Zeitpunkten auseinandersetzen, wie es im Fall Glamis Gold der Fall war. Auch eine Entscheidung des Schiedsgerichts über die Anträge sollte für alle zeitgleich erfolgen. Dies gibt dem Schiedsgericht unter anderem die Möglichkeit, die Anträge miteinander zu vergleichen und so eine ausgewogenere Entscheidung treffen zu können. Der amicus selbst wird durch einen wie oben dargestellten Einreichungszeitpunkt in die Lage versetzt, umfassend auf die Positionen der Parteien, wie sie in ihren zentralen Schriftsätzen dargestellt werden, zu erwidern.254 Alle oben genannten Kriterien sind somit hinreichend erfüllt. Eine weitere Änderung des Einreichungszeitpunkts im Fall Glamis Gold folgte aufgrund der Differenz von lediglich einem Monat zwischen Bekanntgabe des geänderten Einreichungszeitpunkts und dessen Verstreichen. Aus Sicht der amici war diese Änderung nicht rechtzeitig bekannt gemacht worden. Dies zeigt zum einen, dass eine Änderung des Einreichungszeitpunkts, wann immer möglich, vermieden werden sollte. Zum anderen wirft der Vortrag der amici aber auch die grundsätzliche Frage auf, wie ein internationales Schiedsgericht 02.02.2011 unter anderem festgelegt, dem Antrag solle die Stellungnahme des amicus beigefügt werden. Alternativ kann das Schiedsgericht den Zeitplan so gestalten, dass auch im Falle eines zunächst nur isolierten Antrags noch genügend Zeit verbleibt, inhaltlich im Rahmen von Replik und Duplik auf die amicus-Stellungnahme zu reagieren. 254  Voraussetzung für ein Erwidern ist natürlich die Kenntnis der Parteischriftsätze, dazu oben §  9 A. II. 5. Der Trend geht hin zu immer transparenteren Verfahren, dazu oben §  6 C. IV., so dass bezüglich des Einreichungszeitpunkts diese Überlegungen bereits berücksichtigt werden sollten.

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

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die Antragsfrist für nicht am Verfahren beteiligte Personen ordnungsgemäß bekanntgeben soll. Im Rahmen von NAFTA-Verfahren ist es naheliegend, die beteiligten Regierungen seitens des Schiedsgerichts darum zu bitten, den Einreichungszeitpunkt sowie dessen eventuelle Änderungen hinreichend früh bekannt zu machen. In ICSID-Verfahren oder auch solchen vom ICSID administrierten können amici über die Webseite des ICSID verständigt werden.255 Sonstige Verfahren unter Geltung der UNCITRAL AR sind häufig vom Permanent Court of Arbitration (PCA) administriert, der auf seiner Webseite Hinweise geben kann.256 Bei Geltung der UNCITRAL TR bietet sich das Transparency Register an.257 Ein Nachteil einer frühen Festlegung des Einreichungszeitpunkts, welcher abhängig von den bereits ausgetauschten und noch auszutauschenden Schriftsätzen ist, besteht in der Möglichkeit einer Verschiebung der Schriftsatzfristen aufgrund unabsehbarer Schwierigkeiten im Laufe des Verfahrens, wie es beispielsweise bei Glamis Gold der Fall war. In diesem Falle ist die Antragsfrist tatsächlich zu ändern. In solchen Fällen besteht aber kein sachlicher Grund, amici, die sich bereits vor Änderung des Einreichungszeitpunkts am Verfahren beteiligt haben, eine neuerliche Beteiligung zuzugestehen. Denn die Parteien haben zu diesem Zeitpunkt ihre Schriftsätze noch nicht ausgetauscht.258 Legt das Schiedsgericht den Einreichungszeitpunkt nicht fest, sind Situationen wie im Fall Biwater Gauff immer möglich. Dabei deutet die Entscheidung Biwater Gauff daraufhin, dass Schiedsgerichte eine verspätete Teilnahme nicht negativ berücksichtigen wollen. Gegen eine Nichtfestlegung des Einreichungszeitpunkts spricht zudem, dass bei einer Zweiteilung des Verfahrens in eine In Pac Rim Cayman LLC v. Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB/09/12, Procedural Order Regarding Amici Curiae, 02.02.2011 und Apotex Holdings Inc. and Apotex Inc. v. United States of America, ICSID Case No. ARB(AF)/12/1, Invitation To Amici Curiae, 31.01.2013, gingen die Schiedsgerichte diesen Weg. 256  Im Fall Chevron Corporation and Texaco Petroleum Corporation v. The Republic of Ecuador, PCA Case No. 2009-23 spielte sich die Kommunikation zwischen amicus und Schiedsgericht über Martin Doe, Mitarbeiter beim PCA ab. 257  Abrufbar unter (abgerufen am 21.10.2016). 258  Ist der Einreichungszeitpunkt so gewählt, dass er nach dem ersten Paar auszutauschender Schriftsätze liegt und wird der Zeitpunkt für das Einreichen dieser Schriftsätze nach hinten verlegt, muss auch der Einreichungszeitpunkt verlegt werden. Hat sich ein amicus zum Zeitpunkt dieser Verlegung beteiligt, hat er sich denknotwendig beteiligt, bevor die Parteien ihre Schriftsätze ausgetauscht haben. Daher besteht keine Notwendigkeit dem amicus aus Gründen der Verfahrensgerechtigkeit, die neuerliche Chance einzuräumen, nunmehr die Einreichung der Parteischriftsätze – etwa zum Zwecke des Vermeidens von Wiederholungen – abzuwarten. 255 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Zuständigkeits- und eine Hauptsachephase259 der Antrag des amicus in der Zuständigkeitsphase eingehen könnte, obwohl er sich auf die Hauptsachephase bezieht.260 Eine solche Praxis führt zu einer Verzögerung des Verfahrensablaufs, da in einer Phase des Verfahrens über eine Themenstellung entschieden werden muss, die nicht in diese Phase gehören. Würde man einen Einreichungszeitpunkt festlegen, könnte man zudem amicus-Stellungnahmen verhindern, die sich ausschließlich auf die Zuständigkeitsphase beziehen.261 Solche sind nämlich meist unerwünscht.262 Wünschenswert wäre daher eine Änderung des FTC-Statement beziehungsweise von R. 37 Abs.  2 ICSID AR dergestalt, dass das Schiedsgericht in Zusammenarbeit mit den Parteien im Rahmen der ersten Sitzung einen Zeitpunkt für die Teilnahme von amici bestimmt, bei dem es die Ausgestaltung des konkreten Verfahrens, die Reaktionsmöglichkeiten sowie eine möglichst geringe Belastung der Parteien, das Vermeiden von Verfahrensunterbrechung und eine Kenntnisnahmemöglichkeit der amici berücksichtigt. Eine solche Regelung würde eine Odyssee wie im Verfahren Glamis Gold verhindern, ein Stück weit Rechtssicherheit bieten und die komplizierte Lage für alle Beteiligten schneller und zufriedenstellender lösen.

259 

Dazu oben §  9 B. V. 1. Im Folgenden einige Beispiele: In dem Verfahren Methanex stellten die amici ihre Anträge auf Beteiligung kurz nach Austausch der einleitenden Schriftsätze, anschließend folgte die Zuständigkeitsphase und erst nach deren Abschluss beteiligten sich die amici erneut, siehe hierzu Methanex Corporation v. United States, Decision of the Tribunal on Petitions from Third Persons to Intervene as „Amici Curiae“, 15.01.2001, S.  3 f.; Minutes of the Order of the First Procedural Meeting, 29.06.2000, S.  4; Final Award of the Tribunal on Jurisdiction and Merits, 03.08.2005, Rn.  26 ff. In UPS beteiligten sich amici ebenfalls erstmals in der Zuständigkeitsphase und wurden dann später im Rahmen der Hauptsachephase aufgefordert, erneut Anträge und Stellungnahmen einzureichen, United Parcel Service of America Inc. v. Canada, Decision of the Tribunal on Petitions for Intervention and Participation as Amici Curiae, 17.10.2001, Rn.  1, 73; Award on the Merits, 24.05.2007, Rn.  3. In Suez, InterAguas beteiligten sich amici ebenfalls in der Zuständigskeitsphase, um dann in der Hauptsachephase Stellung nehmen zu können, Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona SA, and InterAguas Servicios Integrales del Agua SA v. Argentina, ICSID Case No. ARB/03/17, Order in Respone to a Petition for Participation as Amicus Curiae, 17.03.2006, Rn.  1. 261  Solche Stellungnahmen kamen beispielsweise in Pac Rim Cayman LLC v. The Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB/09/12, Procedural Order No. 8, 23.03.2011, S.  2; Chevron Corporation and Texaco Petroleum Corporation v. The Republic of Ecuador, PCA Case No. 2009-23, Procedural Order No. 8, 18.04.2011, Rn.  18 vor. 262  Dazu ausführlich unten §  10. B. IV. 260 

§  9  Zeitpunkt der erstmaligen Verfahrensteilnahme

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VI.  Vergleichende Analyse Im U.S.-amerikanischen Recht wird mit R. 29 (e) FRAP eine recht überzeugende Regelung getroffen. Den Parteien wird eine angemessene Reaktion ermöglicht und dabei gleichzeitig der Verfahrensablauf kaum beeinträchtigt. Hingegen sind die Zugriffsmöglichkeiten des amicus auf die Schriftsätze der Parteien teils nicht optimal. Wie aber bereits ausführlich dargestellt, wäre ein anderweitiges Ergebnis nur zu Lasten der Verfahrenseffizienz oder der Reaktionsmöglichkeiten der Parteien erreichbar. Beides kommt jedoch nicht in Betracht. Die Lage vor dem Supreme Court stellt sich ähnlich dar. Dort besteht jedoch die Besonderheit von amicus briefs, die bereits im Rahmen der Zuständigkeitsphase abgegeben werden. Während diese nunmehr grundsätzlich einer sinnvollen Regelung hinsichtlich des Einreichungszeitpunkts unterworfen sind, nehmen Stellungnahmen des Solicitor General auf Anfrage des Gerichts eine Sonderrolle ein. Wünschenswert wäre es, solche Stellungnahmen ebenfalls zu regeln. Im Bereich der District Courts zeigt sich, dass eine fehlende Regelung hinsichtlich des Einreichungszeitpunkts zu zweifelhaften Ergebnissen führen kann. Im Sinne der Rechtssicherheit wäre es mehr als angemessenen, zumindest eine von allen Seiten akzeptierte Praxis zu finden, nach der sich amici richten können. Vorbild für eine solche sollte R. 29 (e) FRAP sein. Im Welthandelsrecht werden die fehlende Regelung des amicus und die damit verbundenen Probleme besonders deutlich. Während im Rahmen der Panels noch ein Einfügen in den bisherigen Verfahrensablauf möglich ist, verdeutlichen Verfahren vor dem Appellate Body demgegenüber die bestehende Problematik. Hier besteht dringend Handlungsbedarf. Auffällig ist, dass das statische und zeitlich knapp bemessene Verfahren vor Panels und Appellate Body die Notwendigkeit eines Einreichungszeitpunkts besonders hervortreten lässt. Dies führt zu einer gesteigerten Bedeutung von Effizienzgesichtspunkten. Anders als die übrigen Prozessordnungen weisen Verfahren im Welthandelsrecht zudem die Besonderheit eines fehlenden Zugriffs des amicus auf die Verfahrensdokumente auf. Dieser Umstand kann bei einer zukünftig erfolgenden Bestimmung des Einreichungszeitpunkts berücksichtigt werden. Allerdings könnte im Zuge einer solchen Reform auch dafür gesorgt werden, eine um die vertraulichen Gesichtspunkte reduzierte Version der Parteischriftsätze zu veröffentlichen. In diesem Falle müsste eine Reaktion dann doch in der rebuttal phase erfolgen, damit der amicus auf diese Schriftsätze auch inhaltlich Bezug nehmen kann. Gegenüber dem Welthandelsrecht und teils dem U.S.-amerikanischen Recht weisen Revisionsverfahren in der ZPO und Verfahren im Rahmen der PTCP ein nicht so straff durchorganisiertes Verfahren auf. Daher ist hier die Frage nach

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

dem Einreichungszeitpunkt nicht mit derselben Intensität zu stellen. Dennoch zeigt sich, dass aus verfahrensökonomischen Gründen die Gerichte sich rechtzeitig Gedanken über einen solchen Zeitpunkt machen sollten. Beteiligt sich der Vertreter des Bundeskartellamts, wie in der Praxis üblich, erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof, muss die Reaktionsmöglichkeit der Parteien den Grundsätzen des Art.  103 Abs.  1 GG genügen. Auf­ fällig ist, dass lediglich in dieser Konstellation ernsthafte Probleme hinsichtlich einer angemessenen Reaktion auftauchen. Die übrigen Rechts- beziehungs­ weise Prozessordnungen regeln diesen Bereich in weit überzeugenderer Weise. In der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit wurde insbesondere deutlich, welch weitreichende Folgen eine mehrmalige Änderung des Einreichungszeitpunkts haben kann. Auch deutlich wurde, dass eine fehlende Regelung ebenfalls keine sinnvolle Alternative darstellt. Anders als im Welthandelsrecht bietet sich in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit das zweite Paar Schriftsätze grundsätzlich als der richtige Zeitpunkt an, um die Parteien inhaltlich auf den amicus erwidern zu lassen. Als Gesamtfazit lässt sich festhalten, dass im Welthandelsrecht und in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit dringender Reformbedarf besteht. Es sollten dort Regelungen verabschiedet werden, anhand derer die Spruchkörper in die Lage versetzt werden, einen angemessenen Einreichungszeitpunkt zu finden. Im Welthandelsrecht bietet es sich dabei an, diese Überlegungen in den ohnehin schon gegebenen zeitlichen Ablauf des Verfahrens einzubinden. In der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit hingegen sollte vielmehr eine Regelung bestehen, in der die verschiedenen Kriterien für die Bestimmung des Einreichungszeitpunkts aufgelistet werden, so dass das Schiedsgericht diesen angemessenen festlegen kann. Damit könnten Unregelmäßigkeiten wie im Fall Glamis Gold zukünftig vermieden werden.

§  10  Kein Recht auf Beteiligung? – Die Entscheidungspraxis der Spruchkörper Nachdem gezeigt wurde, welche Voraussetzungen der amicus erfüllen muss, um überhaupt am Verfahren teilnehmen zu können, widmet sich dieser Abschnitt zunächst der Thematik, ob der amicus ein Recht auf Verfahrensbeteiligung hat. Ein solches Recht kann dabei nur unter der Maßgabe der Einhaltung der bei §  8 genannten Voraussetzungen bestehen. Dort, wo der Zeitpunkt der amicus-Beteiligung verpflichtend geregelt ist, also im Rahmen von FRAP und S.Ct. Rules, stellt dies ebenfalls eine Voraussetzung dar, bei deren Nichtvorliegen ein Recht auf Teilnahme nicht besteht. Wenn aber die in §  8 näher dargestellten Voraussetzungen erfüllt sind, besteht dann ein Recht des amicus sich dergestalt am Verfahren zu beteiligen, dass ein brief eingereicht werden kann? In den Fällen, in denen ein Ermessen der Spruchkörper bezüglich der Zulassung eines amicus besteht, ist zudem fraglich, welche Faktoren für die Ermessensausübung maßgeblich sind. Dabei kommen einige der in §  8 genannten Vor­ aussetzungen in Betracht, soweit diese keine Voraussetzungen im engeren Sinn darstellen, sondern lediglich eine Sollvorschrift, wie beispielsweise die Regelung zur Prozessfähigkeit. Auch der in §  9 herausgearbeitete Einreichungszeitpunkt ist dann eine ermessenslenkende Erwägung, wenn er nicht eine Voraussetzung ist.

A.  Der amicus as a matter of judicial grace? 1 I.  U.S.-amerikanisches Recht Bevor sogleich der Frage nach einem Recht auf Beteiligung nachgegangen werden kann, ist dessen Bedeutung zu verdeutlichen. Ein solches Recht auf Teilnahme räumt dem amicus keine weiteren Rechte als die Teilnahme am Verfahren ein. Es ist ihm lediglich gestattet, eine Stellungnahme einzureichen. Weder 1  Diese Formulierung nutzend National Organization for Women, Inc. v. Scheidler, 223 F.3d 615, 616 (7th Cir. 2000).

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

ist das Gericht verpflichtet, den amicus brief zu berücksichtigen, noch ergeben sich hieraus weitere prozessuale Beteiligungsrechte.2 Anders als bei der intervention ergeben sich aus der bloßen Teilnahme auch keine Urteilswirkungen für den amicus.3 Dies verdeutlicht, dass die Frage nach dem Recht auf Beteiligung beim amicus geeignet ist, falsche Vorstellungen hervorzurufen. Wie bereits ausführlich gezeigt, sind es zumeist mittelbare Interessen, die den amicus zur Teilnahme bewegen.4 Ziel des amicus ist es, die Entscheidungsfindung des Gerichts zu beeinflussen. Hat der amicus nun das Recht, sich am Verfahren mittels Einreichung eines Schriftsatzes zu beteiligen, kann ihm dies niemals garantieren, dass das Gericht seinen Argumenten folgen wird. Die Wirkungen des Rechts auf Teilnahme erschöpfen sich in der Möglichkeit, gehört zu werden. Damit dieses Recht effektiv genutzt werden kann, sollten die bei §  10 B. genann­ ten Entscheidungsparameter in jedem Falle berücksichtigt werden. Hinsichtlich eines Rechts auf Beteiligung finden sich im U.S.-amerikanischen Recht divergierende Aussagen. Zahlreiche Stimmen in Literatur und Rechtsprechung verneinen ein Recht des amicus auf Verfahrensbeteiligung.5 Andere Stimmen in der Literatur hingegen nehmen zumindest ein eingeschränktes Recht des amicus auf Verfahrensbeteiligung an.6 Überzeugen kann hingegen nur eine differenzierte Sichtweise. Sowohl die gedachte Aussage „Es besteht ein Recht auf Verfahrensbeteiligung“ als auch die Aussage „Ein solches Recht besteht nicht“ sind für sich gesehen falsch. Richtig ist vielmehr, dass ein Recht nicht bestehen kann, wenn es dem Gericht möglich ist, eine eigene Entscheidung zu treffen, 2 

Innerhalb welcher Grenzen das Gericht aber eine aktivere Form der Beteiligung des amicus zulassen kann und welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, wird ausführlich im Rahmen von §  13 B., C. erörtert. 3  Dazu unten §  13 C. I. 3. 4  Dazu oben §  2 B. 2. b) bb). 5  Giuliano, Amicus Curiae §§  2 , 3 in: 3B C.J.S.; Van Arsdale, Amicus Curiae §  3, in: Am. Jur. 2d, aber wohl mit Einschränkungen; Himmelfarb/Pincus, in: Lacovara, Federal Appellate Practice, S.  409; Giammalvo v. Sunshine Min. Co., 644 A.2d 407, 408 (S.Ct. of Del. 1994): „an amicus curiae is heard only by leave of the court“; DeJulio v. Georgia, 127 F. Supp. 2d 1274, 1284 (N.D. Ga. 2001): „The decision whether to allow a non-party to participate as an amicus curiae is solely within the broad discretion of the Court.“; ähnlich auch In the Matter of the Search of Information Associated with [redacted]@mac.com that is Stored at Premises Controlled by Apple, Inc., 13 F.Supp.3d 157, 167 (D.D.C. 2014); Fluor Corp. v. U.S., 35 Fed. Cl. 284, 285 (Fed. Cl. 1996): „There is no right to file an amicus brief in this court“; State v. Ross, 272 Conn. 577, 611 (S.Ct. of Conn. 2005): „The [a]ppearance of an amicus curiae is generally authorized by the court’s grant of an application for the privilege of appearing as amicus curiae and not as of right.“ 6  Gidiere, 5 Seton Hall Cir. Rev. 1, 14 (2008), nimmt kein unbeschränktes Recht an, sondern argumentiert, wie die sogleich folgenden Ausführungen. So auch Struve, in: Wright/ Miller, Federal Practice and Procedure, §  3975; Walbolt/Lang, 32 Stetson L. Rev. 269, 288 (2003).

§  10  Kein Recht auf Beteiligung? – Die Entscheidungspraxis der Spruchkörper 323

obwohl die in §§  8 und 9 aufgeführten zwingenden Voraussetzungen gegeben sind. Fraglich ist, ob es Situationen geben kann, in denen eine solche Entscheidung nicht getroffen werden kann, eine Teilnahme des amicus also zuzulassen ist. Wenn dies der Fall wäre, würde ein Recht auf Beteiligung bestehen. Eine solche Situation könnte dann vorliegen, wenn eine Ausnahme vom Erfordernis der Antragstellung7 besteht. Die eben zitierten Urteile, welche ein Recht auf Beteiligung verneinen, helfen nur bedingt weiter, da sie lediglich von Gerichten der Einzelstaaten, District Courts oder dem Court of Federal Claims stammen. Auf sämtliche einzelstaatliche Rechtsordnungen wird hier nicht en détail eingegangen, es finden sich jedoch Hinweise, dass dort ein solches Recht nicht besteht.8 Für die District Courts ist klar, dass ein Antrag auf Zulassung notwendig ist.9 Hinsichtlich der U.S. Courts of Appeals ist hingegen in Fällen, in denen ein Antrag nicht nötig ist, ein Recht auf Teilnahme zu bejahen.10 Diesbezüglich muss insbesondere der Wortlaut von R. 29 (a) FRAP berücksichtigt werden.11 Diese Norm trägt die Zwischenüberschrift „When Permitted.“ Ausweislich R. 29 (a) S.  1 FRAP kann ein staatlicher amicus eine Stellungnahme ohne Zustimmung der Parteien oder Erlaubnis des Gerichts einreichen. Für andere amici gilt dies nur, wenn die Parteien zustimmen. Die Regelung verdeutlicht dabei klar, dass es amici beim Fehlen eines Antragserfordernisses ausdrücklich erlaubt ist, eine Stellungnahme einzureichen. Dies ist ein Recht auf Beteiligung. R. 37 S.Ct. Rules ist in dieser Hinsicht nicht so prägnant formuliert, in der Sache dürfte jedoch dasselbe gelten. Dies verdeutlicht etwa auch der brief der Westboro Baptist Church.12 Würde man in diesem Fall kein Recht auf Beteiligung sehen, wäre sehr fraglich, aus welchen Gründen der Supreme Court den brief zugelassen haben sollte. 7 

Dazu oben §  8 B. I. 1. a). Für Wisconsin ergibt sich dies aus Wis. Stat. §  809.19(7)(a), dazu: Nettesheim/Ryan, 80 Wis. Law. 11, 13 (2007); in Florida war die Rechtslage unklar, dazu: Walbolt/Lang, 32 Stetson L. Rev. 269, 286 f. (2003). Mittlerweile ist R. 9.370 Florida Rules of Appellate Procedure eindeutig und setzt eine Genehmigung des Gerichts stets voraus. 9  Dazu oben §  8 B. I. 1. a). 10  In National Organization for Women, Inc. v. Scheidler, 223 F.3d 615, 616 (7th Cir. 2000) führte das Gericht aus, „Whether to permit a nonparty to submit a brief, as amicus curiae, is, with immaterial exceptions, a matter of judicial grace.“ Die angesprochenen Ausnahmen werden zwar nicht näher erläutert, allerdings dürften damit Situationen gemeint sein, bei denen eine Befreiung vom Antragserfordernis gegeben ist. So auch Struve, in: Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, §  3975; Walbolt/Lang, 32 Stetson L. Rev. 269, 288 (2003); Gidiere, 5 Seton Hall Cir. Rev. 1, 14 (2008). 11  Im Original: „When Permitted. The United States or its officer or agency or a state may file an amicus-curiae brief without the consent of the parties or leave of court. Any other amicus curiae may file a brief only by leave of court or if the brief states that all parties have consented to its filing.“ 12  Dazu oben §  2 B. III. 8 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Hinsichtlich der Gründe für ein solches Recht ist zwischen staatlichen Stellen und der erteilten Zustimmung der Parteien zu differenzieren. Letztere Regelung verleiht der Herrschaft der Parteien über das Verfahren Ausdruck. In Bezug auf staatliche amici ist auf deren besonderen Sachkunde abzustellen.13

II.  Europäisches und deutsches Kartellrecht Hinsichtlich einer Anfrage des Gerichts an die Kommission gemäß Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 ist klar, dass eine solche im Ermessen des jeweiligen Gerichts steht. Fraglich ist hingegen, ob die Kommission ein Recht hat, Stellungnahmen aus eigener Initiative gemäß Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003 abzugeben. Ein erstes Indiz für ein solches Recht ist dabei die fehlende Antragstellung.14 Zudem ist ein Recht auf Beteiligung vor dem Hintergrund des Art.  15 Abs.  3 S.  4 VO 1/2003 anzunehmen. Dieser stellt mündliche Stellungnahmen der Kommission unter einen Erlaubnisvorbehalt des nationalen Gerichts.15 Ein solcher Erlaubnisvorbehalt findet sich in Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003 gerade nicht. Daher ist der Rückschluss zulässig, dass die Kommission hier ein Recht auf Beteiligung genießt. Mit den gleichen Erwägungen lässt sich aus europarechtlicher Perspektive auch ein Recht der nationalen Wettbewerbsbehörden auf Beteiligung am Verfahren bejahen.16 Hinsichtlich einer Beteiligung der nationalen Wettbewerbsbehörden ist aus deutscher Sicht zudem §  90 GWB zu berücksichtigen, der eine Stellungnahme des Bundeskartellamts in einem Kartellrechtsprozess gemäß §  90 Abs.  2 S.  1 GWB in das alleinige Ermessen des Präsidenten des Bundeskartellamts stellt. Die Gerichte haben hier keine Entscheidungsbefugnis.

III.  Principles of Transnational Civil Procedure Im Rahmen der PTCP müssen amici wie gezeigt einen Antrag auf Zulassung stellen.17 Bereits dies ist ein Indiz18 davon auszugehen, dass kein Recht auf Beteiligung besteht. Der Wortlaut von P. 13 S.  1 PTCP bestätigt dies, dort heißt es, „[…] may be received from third persons with the consent of the court […]“. 13 

Dazu oben §  2 A. III. 2. Dazu oben §  8 B. I. 1. b). 15  Im deutschen Recht gibt §  90a Abs.  2 S.  5 GWB der Kommission ein solches Recht, ohne dass es auf eine Erlaubnis des Gerichts ankäme. 16  Art.  15 Abs.  3 S.  2 VO 1/2003 stellt eine mündliche Beteiligung der nationalen Wettbewerbsbehörden unter den Erlaubnisvorbehalt des nationalen Gerichts. In Art.  15 Abs.  3 S.  1 VO 1/2003 findet sich ein solcher Vorbehalt nicht. 17  Dazu oben §  8 B. I. 1. c). 18  Lediglich ein Indiz deswegen, da es theoretische möglich ist im Antrag zu prüfen, inwiefern die Voraussetzungen von §  8 eingehalten sind. 14 

§  10  Kein Recht auf Beteiligung? – Die Entscheidungspraxis der Spruchkörper 325

Die Passage verdeutlicht hinreichend, dass amicus briefs nur eingereicht werden können, wenn das Gericht seine Zustimmung erteilt hat. Auch die Materialien, welche die Entstehung der Principles dokumentieren, verdeutlichen das Nichtvorhandensein einer Rechtsstellung.19

IV. Welthandelsrecht Die Additional Procedure des Appellate Body in der Sache EC – Asbestos sieht eine Antragstellung vor.20 Dies spricht gegen ein Recht des amicus auf Beteiligung. Die Additional Procedure kam jedoch nur bei einem Verfahren zur Anwendung. Im Rahmen der übrigen Verfahren reichten amici in der Praxis keine Anträge ein.21 Besteht in diesen Fällen ein Recht des amicus? Für ein solches Recht könnte eine Parallele zum U.S.-amerikanischen Recht sprechen. Dort besteht bei einer Befreiung vom Erfordernis der Antragstellung – wie gesehen – ein Recht auf Beteiligung. Gegen einen solchen Vergleich spricht jedoch zunächst der Umstand, dass im Welthandelsrecht der amicus nicht normiert ist. Anders als im U.S.-amerikanischen Recht erfolgt keine ausdrückliche Befreiung von dem Erfordernis einer Antragstellung, vielmehr ist eine amicus-Partizipation nicht geregelt. Verfahren vor den District Courts haben zudem gezeigt, dass im Falle einer fehlenden Regelung von amici sehr wohl das Erfordernis einer Antragstellung die Folge sein kann und ein Recht auf Beteiligung daher nicht in Betracht kommt. Auch haben Panel und Appellate Body mehrfach zum Ausdruck gebracht, mit der Stellung als amicus sei gerade kein Recht auf Beteiligung verbunden.22 Amici im Bereich des Welthandelsrechts haben daher kein Recht auf Beteiligung, vielmehr steht diese vollständig im Ermessen des erkennenden Spruchkörpers.

V. Investitionsschiedsgerichtsbarkeit Verfahren unter Ägide des NAFTA wie auch ICSID-Verfahren und solche unter Geltung der UNCITRAL TR setzen eine vorherige Antragstellung voraus.23 Auch sonstige ad hoc Verfahren, die gemäß den UNCITRAL AR ablaufen, haben in der bisherigen Praxis eine Antragstellung gefordert.24 Dies spricht bereits 19  Doc. 8, Report of the Third Session, S.  55: „This [submissions from nonparties] is permissive, it is not imposing an obligation.“ 20  Oben §  8 B. I. 1. d). 21  Dazu oben §  8 B. I. 1. d). 22  Dazu oben §  5 C II. 1., III. 1. 23  Oben §  8 B. I. 1. e). 24  Oben §  8 B. I. 1. e).

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

gegen ein Recht des amicus auf Beteiligung am Verfahren. Auch haben NAFTA-Schiedsgerichte betont, ein Recht auf Beteiligung bestehe nicht.25 In R. 37 Abs.  2 ICSID AR heißt es zudem, „[…] the Tribunal may allow a person or entity that is not a party to the dispute (in this Rule called the ‚non-disputing party‘) to file a written submission […]“.26 Bestünde ein Recht des amicus auf Beteiligung, so ginge der Hinweis, das Gericht könne dem amicus eine Beteiligung am Verfahren erlauben, leer. Auch in der Literatur wird angenommen, der amicus habe kein Recht auf Beteiligung.27

VI.  Vergleichende Analyse Ein Recht auf Beteiligung am Verfahren kennen nur das U.S.-amerikanische Recht, dort jedoch nur bei den erörterten besonderen Konstellationen, sowie das europäische und deutsche Kartellrecht.28 Die übrigen Prozessordnungen überlassen es dem Ermessen des erkennenden Spruchkörpers, amici am Verfahren teilhaben zu lassen. Worin sind die Gründe für eine solch divergierende Praxis zu sehen? Hinsichtlich des U.S.-amerikanischen Rechts ist die Regelung wie gesehen Ausdruck der Parteiherrschaft beziehungsweise der Sachkunde des amicus. Im Bereich des europäischen Kartellrechts ist für eine Stellungnahme der Kommission das Erfordernis der kohärenten Rechtsanwendung gegeben. Ist dieses Erfordernis erfüllt, wäre es widersinnig, die Teilnahme der Kommission vom Ermessen des nationalen Richters abhängig zu machen. Im deutschen Kartellrecht ist ebenfalls ein Recht auf Beteiligung gegeben. Der Gesetzgeber wollte den Kartellbehörden ein Mittel an die Hand geben, um das öffentliche Interesse zu schützen. Die Beurteilung, wann ein solcher Schutz nötig ist, hat er dabei den Kartellbehörden überlassen. Für PTCP, Welthandelsrecht und Investitionsschiedsgerichtsbarkeit besteht hingegen ein Ermessen des Spruchkörpers. Dies kann zum einen damit erklärt werden, dass in all diesen Bereichen die Einführung des amicus eine echte Neuerung ist, die teils ohnehin skeptisch gesehen wird. Würde man diese amicus-Beteiligung als Recht ausgestatten, würde diese Skepsis noch gestärkt. Zum anderen wäre gerade im Welthandelsrecht ein Recht auf Beteiligung eventuell ein zu großer Eingriff in das Streitbeilegungssystem 25 

Oben §  6 B. II. 1. Teilweise wortgleich Art.  4 Abs.  1 UNCITRAL TR. 27  Magraw/Amerashinge, 15 ILSA J. Int’l & Comp. L. 337, 344 (2009); Vadi, 42 Colum. Hum. Rts. L. Rev. 797, 832, 881 (2011); Ruthemeyer, Der amicus curiae brief im Internationalen Investitionsrecht, S.  289 f. äußert sich zudem kritisch hinsichtlich etwaiger Reformüberlegungen betreffend eines Rechtsanspruchs. 28  Insofern ist das Ergebnis von Menétrey, L’amicus curiae, S.  244 ff., ein Recht auf Beteiligung existiere nicht, in dieser Pauschalität unzutreffend. 26 

§  10  Kein Recht auf Beteiligung? – Die Entscheidungspraxis der Spruchkörper 327

des DSU, da dieser die Beteiligung von amici nicht kennt. Die Zulassung von amicus briefs steht vielmehr in den meisten Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen im Ermessen des erkennenden Spruchkörpers.

B.  Entscheidungsparameter Fraglich ist, nach welchen Kriterien entschieden wird, ob ein amicus brief zuzulassen ist oder nicht. Im folgenden Abschnitt sollen diese Entscheidungsparameter näher untersucht werden. Nicht untersucht wird der Bereich des deutschen und europäischen Kartellrechts, da dort eine amicus-Beteiligung nicht dem Ermessen des Gerichts obliegt.

I.  U.S.-amerikanisches Recht Im U.S.-amerikanischen Recht bestehen hinsichtlich der Zulassungspraxis von amici erhebliche Unterschiede. Während in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Praxis vorherrschend war, beinahe alle Anträge auf amicus-Beteiligung zuzulassen,29 zeichnet sich mittlerweile in Teilen der Rechtsprechung ein Wandel ab. Zwar folgt der Supreme Court nach wie vor der damaligen Linie,30 jedoch ist die Lage bei den U.S. Courts of Appeals und den District Courts unübersichtlich. Diese unterschiedlichen Ansichten in der Rechtsprechung gilt es zunächst herauszuarbeiten. 1.  Divergierende Zulassungspraxis Hinsichtlich der U.S. Courts of Appeals wurde mit der Sache Ryan v. Commod­ ity Futures Trading Comm’n und zweier Folgeentscheidungen vom 7th Circuit eine Trendwende hinsichtlich der Zulässigkeit von amicus briefs eingeleitet.31 In diesen Entscheidungen begründete Judge Posner, dass amici wegen der hohen Arbeitsbelastung der Gerichte32 nur in bestimmten Konstellationen zuzulassen seien.33 Auch würden amici dazu genutzt, die Seitenzahllimitierung der Parteien zu umgehen sowie die Positionen von Interessengruppen in die VerFrey, 33 Litigation 5, 5 (2006); Harrington, 55 Case W. Res. L. Rev. 667, 670 (2005); Smallman, 25 Litigation 25, 26 (1999); Tigar/Tigar, Federal Appeals, S.  181. 30  Oben §  2 A. III. 3. 31  Ryan v. Commodity Futures Trading Comm’n, 125 F.3d 1062 (7th Cir. 1997); bestätigt in: National Organization for Women, Inc v. Scheidler 223 F.3d 615 (7th Cir. 2000); Voices for Choices v. Illinois Bell Telephone Co., 339 F.3d 542 (7th Cir. 2003). 32  National Organization for Women, Inc v. Scheidler 223 F.3d 615, 616 (7th Cir. 2000). 33  Zu diesen Konstellationen sogleich. 29 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

handlung einfließen zu lassen.34 Mittlerweile hat sich eine Reihe von Circuit35 und District Courts36 dieser Sichtweise angeschlossen. Der 3rd Circuit hingegen vertritt ausdrücklich die gegenteilige Position.37 Zum einen führt er aus, in R. 29 FRAP seien die vom 7th Circuit aufgestellten Anforderungen nicht wiederzufinden.38 Auch könne eine solche restriktive Zulassungspraxis als diskriminierend angesehen werden und „an unfortunate message about the openness of the court“ darstellen.39 Schließlich sei fraglich, inwiefern mit der Nichtannahme von amicus briefs tatsächlich eine Arbeitsentlastung verbunden sei, denn die kritische Prüfung eines amicus briefs nehme mindestens ebenso viel wenn nicht mehr Zeit in Anspruch als die Zulassung eines solchen.40 Dieser Ansicht sind ebenfalls einige Gerichte gefolgt,41 wenngleich die Urteile des 7th Circuit häufiger von anderen Gerichten zitiert werden. Dabei scheint jedoch im Rahmen der U.S. Courts of Appeals die Ansicht des 3rd Circuit vorherrschend.42 In der Literatur wurden die unterschiedlichen Ansichten der beiden Circuits, sogenannter circuit split, wiederholt aufgegriffen.43 Selbst in der deutschsprachigen Literatur wurde auf die Entscheidung Ryan eingegangen, jedoch ohne die Entscheidung des 3rd Circuit gleichzeitig mitzuberücksichtigen, so dass leNational Organization for Women, Inc v. Scheidler 223 F.3d 615, 617 (7th Cir. 2000). In re Halo Wireless, Inc., 684 F.3d 581, 596 (5th Cir. 2012); Jin v. Ministry of State Security, 557 F. Supp. 2d 131, 137 (D.C. Cir. 2008). 36  Einige Beispiele sind: ForestKeeper v. Elliott, 50 F.Supp.3d 1371, 1380 (E.D. Cal. 2014); Wisconsin Educ. Ass’n Council v. Walker, 824 F. Supp. 2d 856, 861 (W.D. Wis. 2012); Gabriel Technologies Corp. v. Qualcomm Inc., 2012 WL 849167, S.  4 (S.D. Cal. 2012); Beesley v. International Paper Co., 2011 WL 5825760, S.  1 (S.D. Ill. 2011); Oklahoma ex rel. Edmondson v. Tyson Foods, Inc., 2008 WL 1994914, S.  1 (N.D. Okla. 2008); National Petrochemical & Refiners Ass’n v. Goldstene, 2010 WL 2228471, S.  1 (E.D. Cal. 2010). 37  Neonatology Assocs. v. Commissioner, 293 F.3d 128 (3d Cir. 2002). 38  Neonatology Assocs. v. Commissioner, 293 F.3d 128, 132 f. (3d Cir. 2002). 39  Neonatology Assocs. v. Commissioner, 293 F.3d 128, 133 (3d Cir. 2002). 40  Neonatology Assocs. v. Commissioner, 293 F.3d 128, 133 (3d Cir. 2002). 41  Triad Intern. Maintenance Corp. v. Southern Air Transport, Inc., 2005 WL 1917512, S.  3 (S.D. Ohio 2005). In Animal Protection Inst. v. Martin, 2007 WL 647567, S.  1 ff. (D. Me. 2007) diskutierte das Gericht die beiden Extreme des 7th und 3rd Circuit und entscheidet sich für einen Art Mittelweg. Gleichwohl wurde betont, die Entscheidung des 3rd Circuit sei für die Praxis einfach zu handhaben und die abschließenden Gründe des 7th Circuit, bei deren Vorliegen amici zuzulassen seien, seien zu restriktiv. 42  In Heath v. American Express Travel Related Servs. Co., 331, B.R. 424, 430 (Bankr. 9th Cir. 2005) wird das Festhalten an den strengen Kriterien von Judge Posner innerhalb der Circuits als Mindermeinung bezeichnet. 43  Harrington, 55 Case W. Res. L. Rev. 667, 670 ff. (2005); Himmelfarb/Pincus, in: Lacovara: Federal Appellate Practice, S.  415 ff.; Garcia, 35 Fla. St. U. L. Rev. 315, 326 ff. (2008); Tobias, 1 Drex. L. Rev. 125, 130 ff. (2009); Frey, 33 Litigation 5, 5 ff. (2006); Struve, in: Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, §  3975. 34  35 

§  10  Kein Recht auf Beteiligung? – Die Entscheidungspraxis der Spruchkörper 329

diglich die Warnung auf den Weg gegeben wird, „einer zu weitherzigen Handhabung […] [des Instruments des amicus] mit Vorsicht zu begegnen.“44 Hinsichtlich der U.S.-amerikanischen Literatur ist die Lage uneinheitlich. Ein Teil der zitierten Literatur beschränkt sich mehr oder weniger auf eine Wiedergabe der beiden verschiedenen Ausrichtungen.45 Harrington hingegen argumentiert für eine eher restriktive Sichtweise.46 Andere Autoren hingegen befürworten die weniger strenge Sichtweise des 3rd Circuit.47 Himmelfarb und Pincus berichten aus der Praxis, dass abseits des 7th Circuit die Nichterteilung des Einverständnisses der Parteien und damit die Notwendigkeit eines Antrags auf Zulassung wenig wirkungsvoll sei, da das Gericht dem Antrag ohnehin stattgeben werde.48 Eine Stellungnahme für oder gegen eine restriktive Sichtweise erfordert, sich mit den Argumenten von Judge Posner näher auseinanderzusetzen. Hinsichtlich der Umgehung von Seitenzahllimitierungen ist festzustellen, dass die bestehenden Offenlegungsverpflichtungen ein geeignetes Mittel sind, solche Verstöße zu entdecken und zu vermeiden.49 Ergibt sich aus einer solchen Offenlegungsverpflichtung eine enge Kooperation zwischen amicus und Partei, kann dies zu einem Versagen der Zulassung führen. Aus einer möglichen Umgehung von Seitenzahllimitierungen aber einen generell negativen Blickwinkel auf amici abzuleiten, scheint verfehlt. In Bezug auf die Arbeitsbelastung der Gerichte ist das Argument des 3rd Circuit nicht von der Hand zu weisen, eine ausführliche Prüfung nehme mehr Zeit in Anspruch als ein schlichtes Zulassen. Zudem ist zu beachten, dass amicus briefs selbst nur einen relativ geringen Teil dieser Arbeitsbelastung ausmachen.50 Schließlich führt Judge Posner das Argument an, amici würden dazu genutzt, die Positionen von Interessengruppen in das Verfahren einfließen zu lassen. Er führt dazu weiter aus, der Prozess richterlicher Entscheidungsfindung sei nicht mit dem Gesetzgebungs44  Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  28. Kühne, Amicus Curiae, S.  73 ff. geht hingegen auf beide Entscheidungen ein. 45  Garcia, 35 Fla. St. U. L. Rev. 315, 326 ff. (2008); Struve, in: Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, §  3975. 46  Harrington, 55 Case W. Res. L. Rev. 667, 688 ff. (2005), was er insbesondere daran festmacht, dass amicus briefs vor den U.S. Court of Appeals eher unpassend sind. 47  Tobias, 1 Drex. L. Rev. 125, 139 (2009); Frey, 33 Litigation 5, 5 ff. (2006). Tobias setzt sich insbesondere kritisch mit den Kriterien von Judge Posner auseinander, worauf sogleich zurückzukommen sein wird. Frey hingegen argumentiert mit den Vorteilen einer amicus-­ Praxis. 48  Himmelfarb/Pincus, in: Lacovara: Federal Appellate Practice, S.  419. 49  Dazu bereits oben §  8 B. I. 2. b) ee). 50  Harrington, 55 Case W. Res. L. Rev. 667, 677 ff. (2005) bestätigt zwar mittels zahlreicher Statistiken, dass die Arbeitsbelastung der U.S. Courts of Appeals nicht unerheblich ist, amici hierzu jedoch nur einen verhältnismäßig geringen Beitrag leisten.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

prozess zu vergleichen. „An appeal should therefore not resemble a congressional hearing.“51 Dem ist grundsätzlich zuzustimmen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass mit R. 29 FRAP eine amicus-Beteiligung an Verfahren vor den U.S. Courts of Appeals ausdrücklich vorgesehen ist. Es ist mithin eine wertende Entscheidung zugunsten einer Beteiligung von Interessengruppen getroffen. Vor dem Hintergrund der Fülle von Funktionen, die amici einnehmen können,52 der damit verbundenen Hilfestellungen für die Gerichte53 und nicht zuletzt der Vielzahl von Verfahren mit pluralistischen Interessenabbildern ist diese Wertung begrüßenswert. Auch sind die Befürchtungen, eine Beteiligung von amici könnte eine der Parteien bevorzugen und somit zu einem unfairen Verfahren führen,54 zurückzuweisen. Denn R. 29 FRAP ist wie gezeigt so gestaltet, dass beide Parteien eine angemessene Möglichkeit der Reaktion haben. Überzeugend ist hingegen die Forderung des 7th Circuit nach dem Einhalten gewisser inhaltlicher Kriterien durch amici. Es dient gerade der Verbesserung der bestehenden Praxis, wenn die Gerichte mitteilen, welche Erwartungen sie an amici stellen, so dass diese wiederum ihre Stellungnahmen an solche Kriterien anpassen können. Allerdings ist eine generell ablehnende Haltung der U.S. Courts of Appeals gegenüber amici fehl am Platz. Sämtliche Argumente von Judge Posner verfangen in dieser Hinsicht nicht beziehungsweise nur teilweise. Während im Vorgehenden hauptsächlich die Lage in den U.S. Courts of Appeals diskutiert wurde, ist kurz noch auf den Supreme Court und die District Courts einzugehen. Hinsichtlich ersterem wurde bereits erwähnt, dass dieser amicus briefs stets zulässt. Hintergrund sind historische Entwicklungen. In den 1940er Jahren wurde der Problematik einer hohen Beteiligung durch amici zunächst mit einer Änderung der Regeln betreffend einer amicus-Teilnahme begegnet. Das Gericht erkannte in der Folgezeit jedoch den erhöhten Wert von amicus briefs, so dass sich die Praxis etablierte, sämtliche amicus briefs zuzulassen.55 Im Rahmen der District Courts ist zunächst zu berücksichtigen, dass die amicus briefs dort nicht geregelt sind. Sie sind daher eine Art Fremdkörper. Die Zustimmung der Mehrheit der District Courts hinsichtlich der Aussagen von Judge Posner ist daher nicht verwunderlich. Voices for Choices v. Illinois Bell Telephone Co., 339 F.3d 542, 544 f. (7th Cir. 2003). Dazu oben §  2 B. 53  Dabei nimmt die Folgenabwägung einer Entscheidung eine herausragende Rolle ein. Gerade Urteile der U.S. Courts of Appeals können weitgehende Folgen haben, insbesondere wenn man sich verdeutlicht, dass diese oftmals letzte Instanz sind, da der Supreme Court nur selten eine petition for writ of certiorari gewährt, oben §  9 B. I. 2. Beispiele für ein Hinweisen auf solche Folgen, oben §  2 B. I. 3. b) aa). 54  Harrington, 55 Case W. Res. L. Rev. 667, 688 ff. (2005). 55  Oben §  2 A. III. 3. 51 

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§  10  Kein Recht auf Beteiligung? – Die Entscheidungspraxis der Spruchkörper 331

2.  Die Entscheidungsparameter Abseits der unterschiedlichen Zulassungspraxis herrscht jedoch weitgehende Einigkeit in Bezug auf die Notwendigkeit, inhaltliche Anforderungen an amici zu stellen. Wie aber sollen solche Kriterien ausgeformt seien? In Voices for Choices, der letzten der drei vorgenannten Entscheidungen des 7th Circuit, wird vor der Nennung von drei Kriterien, zunächst allgemein formuliert, wann amicus briefs zulässig sein sollen: „whether the brief will assist the judges by presenting ideas, arguments, theories, insights, facts, or data that are not to be found in the parties‘ briefs.“56 Tobias beschreibt dies als eine Konkretisierung von R. 29 (b) FRAP, wonach der Antrag erkennen lassen muss, warum der brief wünschenswert ist und wie er dem Gericht bei der Lösung des Falls helfen kann.57 In der Tat ist diese allgemein gehaltene Formulierung vornehmlich eine Konkretisierung, wann ein brief dem Gericht behilflich sein kann. a)  Keine bloßen Wiederholungen Darüber hinaus verdeutlicht die Passage das Unerwünschtsein von sogenannten me too briefs. Ausweislich R. 37.1 S.Ct. Rules erweisen lediglich wiederholende Stellungnahmen dem Gericht keine Dienste. Zwar findet sich in den FRAP eine solche Regelung nicht explizit wieder, dennoch sind lediglich wiederholende Stellungnahmen auch dort unerwünscht. Dies ergibt sich zum einen aus den Committee Notes on Rules – 1998 Amendment, R. 29 FRAP, Subdivision (e).58 Zum anderen soll der amicus brief bei der Lösung des Falls eine Hilfe sein, wie sich aus R. 29 (b) FRAP ergibt. Eine lediglich wiederholende Stellungnahme ist jedoch keine Hilfe. In den local rules des D.C. Circuit, 5th Circuit und 9th Circuit wird zudem explizit darauf hingewiesen, der amicus müsse eine Wiederholung rechtlicher oder faktischer Ausführungen vermeiden.59 Diese Einschätzung wird auch in der Rechtsprechung aufgegriffen.60 Auch im Rahmen der District Courts sind wiederholende Stellungnahmen unerwünscht.61 Schließlich wird in der Literatur häufig betont, me too briefs seien unerwünscht.62 Das Vermeiden Voices for Choices v. Illinois Bell Telephone Co., 339 F.3d 542, 545 (7th Cir. 2003). Tobias, 1 Drexel L. Rev. 125, 139 (2009). Zu R. 29 (b) FRAP oben §  8 B. I. 2. a) bb). 58  Vgl. auch oben §  9 B. I. 1. und §  2 B. I. 3. b). 59  R. 29 (a) D.C. Circuit Rules, R. 29.2 5th Circuit, R. 29-1 9th Circuit i. V. m. Circuit Advisory Committee Note zu R. 29-1 9th cir. Dazu bereits oben §  8 B. II. 1. 60  Commonwealth of the Northern Mariana Islands v. U.S., 2009 WL 596986 (D.C. Cir. 2009); auch der Court of Federal Claims teilt diese Einstellung, Hage v. U.S., 35 Fed. Cl. 737, 742 (Fed. Cl. 1996). 61  Cobell v. Norton, 246 F. Supp. 2d 59, 63 (D.D.C. 2003). Ähnlich Wisconsin Educ. Ass’n Council v. Walker, 824 F. Supp. 2d 856, 861 (W.D. Wis. 2012). 62  Gressman/Geller/Shapiro/Bishop/Hartnett, Supreme Court Practice, S.  742; Himmel56  57 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

einer lediglich wiederholenden Stellungnahme wird von Judge Posner zu recht eingefordert. Eine solche Stellungnahme hilft dem Gericht bei der Entscheidungsfindung nicht weiter. Wie aber verhält es sich mit den anderen Kriterien? b)  Die drei Kriterien des 7th Circuit Die oben zitierten allgemeinen Erwägungen werden durch drei Fallgruppen konkretisiert, bei deren Vorliegen amicus briefs zulässig sein sollen: 1. Der potentielle amicus vertritt anderweitig nicht Vertretene. 2. Der potentielle amicus hat ein Interesse an einem anderen Fall, der durch den zu entscheidenden Fall direkt beeinflusst wird. 3. Der potentielle amicus hat einzigartige Informationen oder Perspektiven, welche die Parteien nicht zur Verfügung stellen können und die dem Gericht bei der Entscheidungsfindung helfen.63 aa)  Vertretung nicht ausreichend Vertretener Hinsichtlich des ersten Kriteriums ist zunächst festzustellen, dass sich eine solche Sichtweise nicht in R. 29 FRAP wiederfindet.64 Dennoch scheint es keine zu weite Ausdehnung des richterlichen Ermessens zu sein, auch Erwägungen aufzugreifen, die außerhalb von R. 29 FRAP liegen. Das hier genannte Kriterium stellt darauf ab, dass die vom amicus zu unterstützende Partei selbst und nicht ein am Verfahren nicht beteiligter Dritter, nicht ausreichend vertreten ist. Dies wird zum einen dadurch verdeutlicht, dass es in der Entscheidung Ryan heißt, „when a party is not represented competently or is not represented at all“.65 Mit dem Abstellen auf eine kompetente Vertretung wird deutlich, dass hier nicht auf nicht am Verfahren beteiligte Dritte abgestellt wird. Verdeutlicht wird dies ferner dadurch, dass von einer party die Rede ist, also einer Partei des Verfahrens und nicht etwa einer third person.66 farb/Pincus, in: Lacovara: Federal Appellate Practice, S.  434 f.; Simpson/Vasaly, The Amicus Brief, S.  17; Smallman, 25 Litigation 25, 26 f. (1999); Knibb, Federal Court of Appeals Man­ ual, S.  763; Schweitzer, 5 J. App. Prac. & Process 523, 538 (2003); Lynch, 20 J. L. & Pol. 33, 67 (2004); Shapiro, 10 Litigation 21, 21 f. (1983). 63  National Organization for Women, Inc v. Scheidler 223 F.3d 615, 617 (7th Cir. 2000). 64  Darauf hinweisend Neonatology Assocs. v. Commissioner, 293 F.3d 128, 132 (3d Cir. 2002). 65  Ryan v. Commodity Futures Trading Comm’n, 125 F.3d 1062, 1063 (7th Cir. 1997) [Hervorhebung vom Verfasser]. 66  Dies wird sprachlich noch deutlicher bei der Entscheidung Neonatology Assocs. v. Commissioner, 293 F.3d 128, 132 (3d Cir. 2002), die kritisch auf die Entscheidung Ryan eingeht. In Neonatology Assocs. heißt es bei der Passage die Ryan wiedergibt, „must show that the party to be supported is either unrepresented or inadequately represented“, a. a. O. Die Formulierung „party to be supported“ knüpft exakt an die Formulierung in R. 29 (e) S.  1 FRAP an. Diese Regelung bezieht den Ausdruck „party to be supported“ aber auf eine der beiden Parteien des Verfahrens.

§  10  Kein Recht auf Beteiligung? – Die Entscheidungspraxis der Spruchkörper 333

Ist eine der beiden Parteien tatsächlich nicht anwaltlich vertreten, steht außer Frage, dass amicus briefs in diesen Fällen besonders hilfreich sind.67 Dies gilt auch für den Supreme Court68 und die District Courts.69 Fraglich ist allein, ob es gerechtfertigt ist, eine fehlende Vertretung als eines von drei möglichen Kriterien zu qualifizieren, bei denen amicus briefs zulässig sein sollen. Denn die Situation der Vertretung nicht anwaltlich Vertretener wird relativ selten vorkommen. Daher erscheint es unangebracht, bei lediglich drei Kriterien für die Zulassung, dies als ein mögliches Kriterium zu kennzeichnen, da es eine sehr geringe praktische Relevanz hat. Auch können amicus briefs einen wertvollen Beitrag leisten, wenn beide Parteien ordnungsgemäß vertreten sind.70 bb)  Besonderes Interesse Das zweite Kriterium stellt auf ein besonderes Interesse des amicus ab. Das Interesse, welches der 7th Circuit hier konstruiert, ist ein sehr spezielles. Nicht ausreichend ist dabei ein Interesse an der bestehenden Streitigkeit. Vielmehr wird gefordert die bestehende Streitigkeit müsse sich auf einen anderen Fall auswirken, an dem der amicus ein Interesse habe.71 Diese Einschränkung ist nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. Warum muss sich das Interesse zwangsläufig auf einen anderen Fall beziehen? R. 29 (b) FRAP erwähnt den Bezug zu einem anderen Fall nicht. Dort ist lediglich die Darlegung eines Interesses gefordert. Diese Regelung soll verhindern, dass gänzlich desinteressierte amici sich an der Streitigkeit beteiligen, um lediglich der Partei einen Gefallen zu erbringen.72 Auch verdeutlicht R. 29 (e) S.  2 FRAP, die eine Beteiligung von amici zulässt, die keine der beiden Parteien unterstützen, die Zulässigkeit auch von neutralen amici. Zwar findet sich eine Entscheidung, in der eine solch neutrale, lediglich ideellen Gründen folgende amicus-Teilnahme nicht zugelassen wurde,73 allerdings erging schon damals hierzu eine ausführliche dissenting opinion. Das zweite So auch Neonatology Assocs. v. Commissioner, 293 F.3d 128, 132 (3d Cir. 2002). Lynch, stellt in einer Befragung von Supreme Court Clerks heraus, dass diese amicus briefs insbesondere in Fällen fehlender Vertretung für nützlich erachten, Lynch, 20 J. L. & Pol. 33, 42 (2004). 69  Dies wird beispielsweise betont in Wisconsin Educ. Ass’n Council v. Walker, 824 F. Supp. 2d 856, 861 (W.D. Wis. 2012); Greater Yellowstone Coalition v. Timchak, 2008 WL 4911410, S.  6 (D. Idaho 2008), vgl. insgesamt die District Courts, die dem Ansatz von Judge Posner folgen, oben B. I. 1. 70  In Neonatology Assocs. v. Commissioner, 293 F.3d 128, 132 (3d Cir. 2002) werden Beispiele genannt, die sich im Wesentlichen bei §  2 B I. 3. b) wieder finden. 71  National Organization for Women, Inc v. Scheidler 223 F.3d 615, 617 (7th Cir. 2000). 72  Tobias, 1 Drex. L. Rev. 125, 138 (2009). 73  American College of Obstetricians & Gynecologists, Pennsylvania Section v. Thornburgh, 699 F.2d 644, 645 (3rd Cir. 1983). 67 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Kriterium, ein Interesse des amicus an einem anderen Fall, kann so nicht aufrechterhalten werden. Dabei ist eine solch neutrale Beteiligung jedoch nur eine mögliche Form der Beteiligung durch amici. Regelmäßig erfolgt eine parteiische Ausrichtung.74 Sie können sogar ein geldwertes Interesse an der Streitigkeit haben.75 Dennoch verfolgen einige District Courts den Ansatz, dass ein neutraler amicus eher zuzulassen sei als ein parteiischer.76 Anders als vor den U.S. Courts of Appeals sind amicus briefs im Rahmen der District Courts gerade nicht geregelt. Insofern können diese die Kriterien für die Bestimmung der Zulässigkeit von amici weitgehend frei wählen. Gleichwohl ist es problematisch, auf der einen Seite zu fordern, der amicus solle ein Interesse an einem anderen Fall haben und auf der anderen Seite seine Neutralität zu fordern. Diese beiden Kriterien schließen sich gegenseitig aus. Die District Courts sollten sich für eine der beiden Richtungen entscheiden. In den District Courts wird zudem häufig auf ein spezielles Interesse eingegangen,77 welches beispielsweise vorliegen soll, wenn Mitglieder des House of Representatives einen amicus brief einreichen, um die historischen Ursprünge der Redefreiheit im Parlament, bei einem Fall von behaupteter Verleumdung von Parlamentariern gegenüber einem Privaten, darzulegen.78 Hingegen wird ein lediglich generelles Interesse einer Handelsorganisation betreffend eine Streitigkeit in ihrem Tätigkeitsfeld als nicht ausreichend erachtet.79

74 

Dies ergibt sich bereits aus R. 29 (e) S.  1 FRAP und R. 37.2, .3 S.Ct. Rules, die beide auch Fälle regeln, in denen der amicus eine der beiden Parteien unterstützt. 75  Neonatology Assocs. v. Commissioner, 293 F.3d 128, 131 f. (3d Cir. 2002); dies aufgreifend United States v. Alkaabi, 223 F. Supp. 2d 583, 592 (D.N.J. 2002). 76  Securities Investor Protection Corporation v. Bernard L. Madoff Investment Securities LLC, 550 B.R. 241, 255 f. (S.D. N.Y. 2016); Jin v. Ministry of State Security, 557 F. Supp. 2d 131, 136 (D.D.C. 2008); Liberty Resources, Inc. v. Philadelphia Housing Authority, 395 F. Supp. 2d 206, 209 (E.D. Pa. 2005); Club v. Federal Emergency Management Agency, 2007 WL 3472851, S.  2 (S.D. Tex. 2007). In Picard v. Greiff, 797 F. Supp. 2d 451, 452 (S.D.N.Y. 2011) wurde ebenfalls die Neutralität des amicus betont und eine amicus-Teilnahme nicht zugelassen, da der amicus selbst einen Prozess gegen eine andere Partei führte. In Tafas v. Dudas, 511 F. Supp. 2d 652, 661 (E.D. Va. 2007) stellte das Gericht jedoch heraus, dass eine völlig unparteiische Haltung ebenfalls nicht erforderlich sei. Dies wurde in Sciotto v. Marple Newtown School Dist., 70 F. Supp. 2d 553, 555 (E.D. Pa. 1999) ebenfalls aufgegriffen, obwohl auch auf die Neutralität des amicus abgestellt wird. 77  Beispielsweise: Sciotto v. Marple Newtown School Dist., 70 F. Supp. 2d 553, 555 (E.D. Pa. 1999); Yip v. Pagano, 606 F. Supp. 1566, 1568 (D.N.J. 1985); Waste Management of Pennsylvania, Inc. v. City of York, 162 FRD 34, 37 (M.D. Pa. 1995). 78  Yip v. Pagano, 606 F. Supp. 1566, 1568 (D.N.J. 1985). 79  Sciotto v. Marple Newtown School Dist., 70 F. Supp. 2d 553, 555 (E.D. Pa. 1999).

§  10  Kein Recht auf Beteiligung? – Die Entscheidungspraxis der Spruchkörper 335

Im Rahmen der U.S. Courts of Appeals ist zu beachten, dass grundsätzlich ein Interesse zu fordern ist. Dieses muss sich aber nicht auf einen bestimmten Fall beziehen oder lediglich ideell oder parteiisch sein. Vielmehr ist die Ausgestaltung eines solchen Interesses völlig frei. Zwar kann man den Bezug zu einem anderen Fall mit in die Erwägung aufnehmen, man sollte dies aber nicht als eines von drei Kriterien formulieren, da eine solch restriktive Sichtweise nicht in R. 29 FRAP angelegt ist. Zu berücksichtigen ist zudem, dass auch neutrale Stellungnahmen zuzulassen sind, ein Interesse also nicht zwingend erforderlich ist. cc)  Einzigartige Informationen Die letzte der drei Fallgruppen des 7th Circuit stellt auf die Einzigartigkeit der Informationen des amicus ab. Damit wird zunächst die Unzulässigkeit lediglich wiederholender Stellungnahmen verdeutlicht. Gefordert ist nunmehr eine einzigartige Information, die von den Anwälten nicht zur Verfügung gestellt werden kann.80 Damit wird eine hohe Messlatte angelegt. Nimmt man diese Formulierung wörtlich, ist nicht ausreichend, dass die Information von den Anwälten nicht zur Verfügung gestellt wird, vielmehr dürfen die Anwälte nicht in der Lage sein, die Information überhaupt bereitzustellen. Das Gericht hätte demnach zu prüfen, ob die Parteien die Informationen des amicus anstelle des amicus hätten bereitstellen können. Dies erscheint in höchstem Maße impraktikabel. Sinnvoller ist vielmehr zu prüfen, ob die Informationen des amicus weitergehend als diejenigen der Parteien sind. Eine solche Sichtweise ist auch bei District Courts und Supreme Court vorherrschend.81 Konsequenz einer solchen Ansicht ist im Wesentlichen das Aufgreifen des Kriteriums der Vermeidung von wiederholenden Stellungnahmen.82 Einen Sonderfall hinsichtlich der Einzigartigkeit von Informationen stellen staatliche Stellen dar. Diesen kommt teilweise die alleinige Kompetenz zu, bestimmte gesetzliche Regelungen näher auszuführen und so die Verwaltungspraxis mitzuprägen.83 Solche Informationen sind

National Organization for Women, Inc v. Scheidler 223 F.3d 615, 617 (7th Cir. 2000). Dies ergibt sich zum einen aus der ablehnenden Haltung gegenüber lediglich wiederholenden Stellungnahmen, oben §  10 B. I. 2. a) und wurde von einigen District Courts auch explizit betont, „where the proposed submission assists the court by, inter alia, providing a point of view that may not be available from the parties“, McBeth v. Gabrielli Truck Sales, Ltd., 768 F. Supp. 2d 392, 394 (E.D.N.Y. 2011); in diese Richtung auch S.E.C. v. Bear, Stearns & Co. Inc., 2003 WL 22000340 (S.D.N.Y. 2003); United States v. Gotti, 755 F. Supp. 1157, 1158 f. (E.D.N.Y. 1991). 82  Darauf hinweisend Tobias, 1 Drexel L. Rev. 125, 139 (2009). 83  Siehe dazu oben §  2 B. I. 3. b) dd). 80  81 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

in Fällen, die ein solches Gesetz betreffen, für die Gerichte von großem Wert.84 Auch die bereits angesprochenen Stellungnahmen des Solicitor General im certiorari-Stadium vor dem Supreme Court liefern teils besondere Informationen, da diese das Gericht beispielsweise darüber informieren, ob der Fall durch eine baldige Gesetzesänderung obsolet wird.85 Die Art der bereitgestellten Informationen wird auch in einigen Urteilen näher konkretisiert, indem darauf abgestellt wird, die Informationen müsse für das Gericht nützlich sein86 beziehungsweise amici müssten zum Verständnis des Gerichts beitragen.87 Als nützlich wurde beispielsweise die Beteiligung des Gouverneurs von Louisiana in einer Streitigkeit betreffend das Schulsystem von Louisiana angesehen.88 In einer kartellrechtlichen Streitigkeit wurden chinesische Unternehmen der Preisabsprache bezichtigt. Das Gericht stellte eine amicus-Beteiligung der chinesischen Regierung in den Raum unter Bezugnahme auf das Nützlichkeitskriterium.89 Insgesamt ist die Nützlichkeit von Informationen abhängig vom jeweiligen Einzelfall. Tendenziell werden amici mit besonderen Einsichten dieses Kriterium zu erfüllen in der Lage sein. Darüber hinaus kann das Kriterium der neuartigen Informationen eine gewisse EigenständigDer Fall Waste Management of Pennsylvania, Inc. v. City of York, 162 FRD 34, 37 (M.D. Pa. 1995) verdeutlicht dies. Dort ist die United States Environment Protection Agency die einzige Behörde, welche die Auslegung des Comprehensive Environmental Response, Compensation and Liability Act übernimmt. Das Gericht ließ eine amicus-Beteiligung daher zu. 85  Oben §  2 B. II. 2. 86  Eine solche Sichtweise existiert schon sehr lange in der Rechtsprechung, The Claveresk, 264 F. 276, 279 (1920), dem folgend unter anderem Leigh v. Engle, 535 F. Supp. 418, 420 (D.C. Ill. 1982); United States v. State of La., 751 F. Supp. 608, 620 (E.D. La. 1990); United States v. State of Michigan, 940 F.2d 143, 165 (6th Cir. 1991); Waste Management of Pennsylvania, Inc. v. City of York, 162 FRD 34, 36 (M.D. Pa. 1995); Sciotto v. Marple Newtown School Dist., 70 F. Supp. 2d 553, 555 (E.D. Pa. 1999) ; U.S. v. Alkaabi, 223 F. Supp. 2d 583, 592 (D.N.J. 2002); Tafas v. Dudas, 511 F. Supp. 2d 652, 659 (E.D. Va. 2007); Animal Science Products, Inc. v. China Nat. Metals & Minerals Import & Export Corp., 596 F. Supp. 2d 842, 882 (D.N.J. 2008); BancInsure, Inc. v. U.K. Bancorporation Inc./United Kentucky Bank of Pendleton County, Inc., 830 F. Supp. 2d 294, 307 (E.D. Ky. 2011); Richland/Wilkin Joint Powers Authority v. U.S. Army Corps of Engineers, 38 F.Supp.3d 1043, 1055 (D.Minn 2014); American Humanist Association v. Maryland-National Capital Park, 147 F.Supp.3d 373, 389 (D. Ma. 2015). 87  Harris v. Pernsley, 820 F.2d 592, 603 (3rd Cir. 1987), zitiert von BancInsure, Inc. v. U.K. Bancorporation Inc./United Kentucky Bank of Pendleton County, Inc., 830 F. Supp. 2d 294, 307 (E.D. Ky. 2011). 88  United States v. State of La., 751 F. Supp. 608, 620 (E.D. La. 1990). 89  Animal Science Products, Inc. v. China Nat. Metals & Minerals Import & Export Corp., 596 F. Supp. 2d 842, 882 (D.N.J. 2008). In einer Fußnote der Entscheidung, die den Antrag auf default judgement ablehnte, wies es die Parteien auf diese Möglichkeit hin. 84 

§  10  Kein Recht auf Beteiligung? – Die Entscheidungspraxis der Spruchkörper 337

keit erlangen, wenn man die Fallkonstellationen, in denen weitergehende Informationen benötigt werden, näher untersucht. Auch Fälle von großem öffentlichen Interesse lassen eine amicus-Stellungnahme aus Sicht der Rechtsprechung sinnvoll erscheinen.90 In solchen Fallkonstellationen können amici beispielsweise mit Hinweisen auf die möglichen Folgen der Entscheidung einen wesentlichen Beitrag leisten. Dennoch eignen sich auch Fälle, denen ein solch öffentliches Interesse nicht zu eigen ist, dazu, dem Gericht weitere Informationen zur Verfügung zu stellen. In der Praxis muss hier immer der konkrete Einzelfall betrachtet werden. dd)  Wertende Zusammenfassung Die Kriterien von Judge Posner erweisen sich bei näherer Untersuchung als wenig überzeugend. Zum einen ist die abschließende Festlegung auf lediglich drei Kriterien zurückzuweisen. Eine solche bringt es mit sich, dass den einzelnen Kriterien ein extrem hohes Gewicht beigemessen wird. Dies ist aber für die Vertretung sonst nicht anwaltlich vertretener unangebracht, da solche Fälle die Ausnahme darstellen. Inhaltlich vermögen die Kriterien teils auch nicht zu überzeugen. Zwar ist die Fallgruppe der sonst nicht anwaltlich Vertretenen grundsätzlich ein taugliches Kriterium, hinsichtlich der beiden anderen Fallgruppen trifft dies jedoch nicht zu. Das von Posner geforderte besondere Interesse erweist sich in der Praxis als zu eng und findet keinen Rückhalt in R. 29 FRAP. Auch die Bereitstellung von einzigartigen Informationen ist wenig praktikabel. Andere als staatliche amici werden eher selten in der Lage sein, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Ein Abstellen auf ein besonderes öffentliches Interesse an der Streitigkeit ist hingegen zielführend. c)  Weitere Kriterien Nicht zu unterschätzen sind formale Aspekte eines amicus briefs. Während die Nichteinhaltung der unter §  8 B. geschilderten Voraussetzungen wohl fast immer zu einer Zurückweisung des briefs führen wird, besteht noch eine Reihe von ungeschriebenen Hinweisen, die bei Abfassung eines amicus briefs zu berücksichtigen ist. Zentral ist dabei die Forderung, der amicus solle sich möglichst kurz fassen.91 Die Gerichte und Spruchkörper sind fast immer an den State ex rel. Com’r of Transp. v. Medicine Bird Black Bear White Eagle, 63 S.W.3d 734, 758 (Ct. App. Tenn. 2001); Russell v. Board of Plumbing Examiners of County of Westchester, 74 F. Supp. 2d 349, 351 (S.D.N.Y. 1999); Ciba-Geigy Ltd. v. Fish Peddler, Inc., 683 So.2d 522, 523 (Fla. App. 1996); Miller-Wohl Co., Inc. v. Commissioner of Labor and Industry State of Mont., 694 F.2d 203, 204 (9th Cir. 1982). Dazu auch oben §  2. B. III. 91  Himmelfarb/Pincus, in: Lacovara: Federal Appellate Practice, 432 ff.; Nettesheim/ 90 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Grenzen ihrer Belastbarkeit, insofern sollten amici ausufernde Ausführungen unterlassen, um nicht zu einer zusätzlichen Belastung beizutragen. Hinsichtlich Sprache und Stil sollte der amicus eine zu komplizierte Argumentation vermeiden und darauf achten, seine Argumente in klarer und geordneter Form vorzubringen.92 Auch wenn amici häufig nicht neutral sind, sondern vielmehr eine parteinahe Position vertreten, sollten sie sich bemühen, ihre Argumentation nicht zu einseitig zu gestalten. „Even though amicus briefs are generally recognized to be advocate’s briefs, a brief will be more effective if the author keeps in mind that he or she is supposed to be writing as a friend of the Court.“93 Demnach sollte ein amicus brief moderater im Ton sein als ein Anwaltsschriftsatz und sich mehr um Objektivität bemühen. Fast schon abwegig, aber scheinbar doch von Bedeutung ist vor dem Supreme Court zudem die Art des verwendeten Papiers. Ein Supreme Court Clerk94 zieht hieraus Schlüsse über die Qualität des amicus briefs, da nur einige wenige Druckereien von als hochqualifiziert angesehenen Anwälten, die sich regelmäßig vor dem Supreme Court beteiligen, für die Erstellung des Schriftsatzes beauftragt werden.95 In einigen local rules wird ferner zum Ausdruck gebracht, amicus-Stellungnahmen würden nicht berücksichtigt, wenn die Stellungnahmen zum Ausschluss des Richters wegen Befangenheit führe.96 Amici sollten daher überprüfen, ob sie in einem besonderen Verhältnis zum Spruchkörper stehen. Schließlich sollte ein amicus brief einen Bezug zur vorliegenden Streitigkeit erkennen lassen.97 Es wird noch zu erörtern sein, inwiefern der amicus in seiner Stellungnahme beispielsweise neue Rechtsmittelgründe anführen kann. Jedoch steht die Rechtsprechung einer solchen Praxis mehrheitlich kritisch gegenüber.98 Amici sollten daher ihre Stellungnahme zu den streitgegenständlichen Fragen und Themenstellungen des Verfahrens abgeben. Ryan, 80 Wis. Law. 11, 55 (2007); Schweitzer, 5 J. App. Prac. & Process 523, 537 (2003); Simpson/Vasaly, The Amicus Brief, S.  53 f. 92  Schweitzer, J. App. Prac. & Process 523, 538 (2003). 93  Gressman/Geller/Shapiro/Bishop/Hartnett, Supreme Court Practice, S.  742. 94  Zur Rolle der clerks bei der Auswahl von amicus briefs oben §  2 B. I. 3. c). Allgemein zu clerks oben §  9 B. I. 2. 95  Lynch, 20 J. L. & Pol. 33, 43 (2004). 96  D.C. Cir. R. 29 b); 2nd Cir. R. 29.1 a); 5th Cir. R. 29.4. Dazu ausführlich unten §  15. 97  Dies ergibt sich auch aus R. 29 (b) (2) FRAP. 98  In der Sache In re Kootz’ Will, 280 N.W. 672, 675 (S. Ct. Wis 1938) wurde es dem amicus verwehrt, die Verfassungsmäßigkeit einer Norm anzuzweifeln, da die Parteien diese nicht angezweifelt hatten, dazu: Nettesheim/Ryan, 80 Wis. Law. 11, 12 (2007); den Bezug des amicus briefs zur Streitigkeit betonen auch Simpson/Vasaly, The Amicus Brief, S.  53; Gidiere, 5 Seton Hall Cir. Rev. 1, 7 (2008) zitiert aus einer unveröffentlichten Entscheidung des 11th Circuit, in der das Gericht die Nichtzulassung des amicus unter anderem damit begrün-

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II.  Principles of Transnational Civil Procedure Aufgrund des Charakters der PTCP als Modellrechtsordnung findet sich anders als im U.S.-amerikanischen Recht keine Rechtsprechung zu der Frage, wann amicus briefs zuzulassen sind. Insofern kann nur auf P. 13 PTCP sowie die einschlägige Kommentierung zurückgegriffen werden. Zusätzlich können eventuell Erkenntnisse aus dem U.S.-amerikanischen Recht übernommen werden. Aus Kommentar P-13B S.  2 PTCP ergibt sich zunächst, dass das Gericht die Zulassung eines amicus ablehnen kann, wenn dieser bei der Lösung des Falls keine merkliche Hilfe ist. Die für das U.S.-amerikanische Recht gefundenen Ergebnisse haben gezeigt, dass insbesondere eine lediglich wiederholende Stellungnahme keine Hilfe für das Gericht ist. Kommentar P-13C S.  2 PTCP stellt heraus, dass amicus briefs insbesondere in Fällen von öffentlichem Interesse eine Hilfe sein können. Eine Reihe von solch möglichen Fallgestaltungen wurde bereits erörtert.99 Inhaltlich betonen die PTCP, hilfreich seien vor allem amicus-Stellungnahmen, die Hintergrundinformationen zu dem betreffenden Fall lieferten.100 Hinsichtlich eines besonderen Interesses des amicus treffen die PTCP keine Aussage. Auch hat sich gezeigt, dass eine solche Anforderung im U.S.-amerikanischen Recht nicht praktikabel ist. Kommentar P-13A S.  2 PTCP lässt sowohl eine parteiische wie auch eine neutrale amicus-Beteiligung zu und schließt sich damit der vorherrschenden Meinung im U.S.-amerikanischen Recht an. Die Fallgruppe der nicht anwaltlich Vertretenen zu übernehmen, ist in den PTCP wenig zielführend, da die dort erörterten Streitigkeiten von solch spezieller Materie sein werden, dass von einer ordnungsgemäßen Vertretung beider Parteien ausgegangen werden kann. Anders ist dies hinsichtlich der Formalien. Auch in den PTCP sollten sich amici möglichst kurz fassen und ihre Stellungnahme nicht zu parteiisch formulieren. Auch ein Bezug zur Streitigkeit sollte hergestellt werden.

III. Welthandelsrecht Im Welthandelsrecht gibt zunächst die Additional Procedure des Appellate Body in der Sache EC – Asbestos erste Anhaltspunkte. Dort heißt es unter Ziff.  3. (f) Add. Proc.: „and indicate, in particular, in what way the applicant will make a dete, „that the brief addresses ‚a matter that is not closely related to the legal issues presented in this appeal‘“, vgl. aber näher §  11 B. I. 2. zu einer uneinheitlichen Praxis des Supreme Courts. 99  Oben §  4 B. I. 100  Dies ergibt sich explizit aus P.13 S.  1 PTCP. In Kommentar P-13D S.3 PTCP wird als Beispiel die Erläuterung von speziellen Handelspraktiken durch eine Handelsorganisation angeführt.

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contribution to the resolution of this dispute that is not likely to be repetitive of what has been already submitted by a party or third party to this dispute […]“. Damit werden zunächst wiederholende Stellungnahmen ausgeschlossen. Wegen der mangelnden Veröffentlichung der Parteischriftsätze101 kann es für amici mitunter sehr schwierig sein, wiederholende Stellungnahmen zu vermeiden. Allerdings nehmen amici in ihren Stellungnahmen meist einen von den Parteien verschiedenen Fokus ein.102 Dies reduziert die Gefahr von wiederholenden Ausführungen. Angemessen ist es, wenn Panels und Appellate Body bei der Beurteilung einer amicus-Stellungnahme die fehlende Kenntnisnahmemöglichkeit der amici hinsichtlich der Parteischriftsätze berücksichtigen. Die grundsätzliche Vermeidung wiederholender Stellungnahmen steht in Übereinstimmung mit den zum U.S.-amerikanischen Recht und den PTCP gefundenen Ergebnissen. Ausweislich Ziff.  3. (e) Add. Proc. hat der potentielle amicus in seinem Antrag herauszustellen, auf welche Punkte des Panel Reports er einzugehen gedenkt. Damit wird verdeutlicht, dass amici einen engen Bezug zur Streitigkeit aufweisen müssen.103 Es können nur Punkte angesprochen werden, die auch im Panel Report auftauchen. Einen solchen Bezug zur Streitigkeit kennen auch U.S.-amerikanisches Recht und PTCP. Problematisch erscheint, wie ein solcher Bezug in Panelverfahren zu wahren ist. Dort gibt es keinen vorausgegangenen Report, auf den sich amici beziehen können. Hier muss die Berücksichtigung der vorab von der Welthandelsorganisation veröffentlichten Informationen einen solchen Bezug sicherstellen.104 Ziff.  7 (c) Add. Proc. konkretisiert diesen Punkt weiter. Danach soll sich die Stellungnahme des amicus nur auf rechtliche Belange beziehen. Vor dem Hintergrund des Art.  17 Abs.  6 DSU, der anordnet, dass der Appellate Body nur die rechtlichen Aspekte des Panelreports zu überprüfen habe, ist dies grundsätzlich nachvollziehbar.105 Anders ist die Situation im Rahmen von Panelverfahren. Dort fügen amici häufig auch Hintergrundinformationen und andere faktische 101 

Oben §  9 A. II. 4. Oben §  4 B. II. 103  Der Vorschlag der Europäischen Union zur Regelung von amicus briefs greift diese Überlegung ebenfalls auf. In Art.  13bis Abs.  1 heißt es „that they are directly relevant to the factual and legal issues under consideration by the panel or the Appellate Body“, TN/DS/W/1, S.  11. Siehe aber auch unten §  11 B. IV. 1., wo ausgeführt wird, dass ein solch enger Bezug prozessual nicht zwingend ist. 104  Zu diesen oben §  9 A. II. 4. 105  So auch Stern, in: Macrory/Appleton/Plummer, The World Trade Organization, Vol. 1, S.  1441. Auch im Vorschlag der Europäischen Union heißt es bei Art.  13bis Abs.  6 lit.  c), dass bei Verfahren vor dem Appellate Body lediglich rechtliche Argumente zulässig sein sollen, TN/DS/W/1, S.  12. Dazu auch oben §  5 B. III. 1. Allerdings können sich hinsichtlich bestimmter Tatsachen Ausnahmen ergeben, dazu unten §  11 A. IV. 1. 102 

§  10  Kein Recht auf Beteiligung? – Die Entscheidungspraxis der Spruchkörper 341

Gegebenheiten in ihre Stellungnahme ein.106 Amici sollten daher die Art ihrer Argumente dem jeweiligen Verfahren anpassen, auch wenn dies teilweise nicht gänzlich möglich ist.107 Bei Verfahren vor dem Appellate Body sollten faktische Argumente insofern allenfalls genutzt werden, um eine rechtliche Argumentation zu untermauern. Neben diesen Anforderungen aus der Additional Procedure hat der Appellate Body in seinen Entscheidungen wiederholt bestimmt, der amicus müsse für die konkrete Streitigkeit sachdienlich und nützlich sein.108 In EC – Sardines konkretisiert der Appellate Body dieses Kriterium, indem er faktische Ausführungen in dem amicus brief von Marokko als nicht sachdienlich qualifiziert.109 Das Kriterium der Sachdienlichkeit greift daher im Wesentlichen die Aspekte des Bezugs zur Streitigkeit sowie das Nichtverwenden von faktischen Ausführungen vor dem Appellate Body auf. Darüber hinaus können Panels und Appellate Body dieses Kriterium nutzen, um einen amicus brief nicht zuzulassen beziehungsweise nicht zu berücksichtigen, ohne einen erhöhten Begründungsaufwand betreiben zu müssen. Das aus dem U.S.-amerikanischen Recht bekannte Kriterium eines erhöhten öffentlichen Interesses an der betreffenden Streitigkeit kann ebenfalls für das Welthandelsrecht fruchtbar gemacht werden. Indes ist zu beachten, dass Streitigkeiten vor Panels und Appellate Body in der Regel ein solches aufweisen. Daher ist dieses Kriterium hier nur bedingt zielführend. Im Gegensatz zu den bisher untersuchten Bereichen stellt im Bereich des Welthandelsrechts die Verletzung vertraulicher Informationen ein zusätzliches Kriterium dar. In der Sache EC – Export Subsidies on Sugar nahm einer der amici auf vertrauliche Informationen einer Partei Bezug.110 Das Panel ließ diesen amicus in der Folge nicht mehr am Verfahren teilnehmen. Amici sollten daher solche Informationen nicht verwenden, da dies vollkommen zu Recht zu einer Zurückweisung ihrer Stellungnahme führen wird.

106 

Oben §  5 C. II. In United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Appellate Body vom 12.10.1998, WT/DS58/AB/R finden sich in dem amicus brief des WWF auch faktische Argumente, da diese zur Untermauerung der rechtlichen Argumentation dienen, Hernandez-Lopez, 35 JWT 469, 493 (2001). 108  United States – Imposition of Countervailing Duties on Certain Hot-Rolled Lead and Bismuth Carbon Steel Products Originating in the United Kingdom, Bericht des Appellate Body vom 10.05.2000, WT/DS138/AB/R, Rn.  39; European Communities – Trade Descrip­ tion of Sardines, Bericht des Appellate Body vom 26.09.2002, WT/DS231/AB/R, Rn.  169. 109  European Communities – Trade Description of Sardines, Bericht des Appellate Body vom 26.09.2002, WT/DS231/AB/R, Rn.  169. 110  Oben §  5 C. IV. 107 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Im U.S.-amerikanischen Recht wurde schließlich noch die Fallgruppe der nicht anwaltlich Vertretenen aufgeführt. Eine Übertragung auf das Welthandelsrecht scheidet aus. Meist werden sich die Regierungen von sachkundigen Beamten vertreten lassen. Wird dennoch einmal externer Sachverstand benötigt, ist ein Rückgriff auf amici, angesichts der immensen Bedeutung von welthandelsrechtlichen Verfahren für die Staaten, ausgeschlossen. Fruchtbar gemacht werden können hingegen die Überlegungen aus dem U.S.-amerikanischen Recht bezüglich der formalen Anforderungen an amicus briefs. Auch im Bereich des Welthandelsrechts sollten sich amici so kurz wie möglich fassen und eine übermäßig parteiische Argumentation unterlassen.

IV. Investitionsschiedsgerichtsbarkeit In der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit stellen R. 37 Abs.  2 S.  2 lit.  a)–c) ICSID AR, Ziff.  6 lit.  a)–d) FTC-Statement, sowie Art.  4 Abs.  1, 3 lit.  a), b) UNCITRAL TR Kriterien auf, wann ein amicus brief zulässig sein soll. Dabei stimmen R. 37 Abs.  2 S.  2 lit.  a)–c) ICSID AR sowie Ziff. B. 6. lit.  a)–c) FTC-Statement exakt überein, so dass diese zusammen analysiert werden können.111 Bis auf die Reihenfolge finden sich diese Kriterien auch fast vollständig wortgleich in den UNCITRAL TR wieder.112 1.  R. 37 Abs.  2 S.  2 lit.  a) ICSID AR, Ziff. B. 6. lit.  a) FTC-Statement, Art.  4 Abs.  3 lit.  b) UNCITRAL TR Diese Regelungen bestimmen, dass der amicus dem Schiedsgericht bei der Lösung der tatsächlichen oder rechtlichen Probleme des Falls helfen soll, indem er eine Perspektive, spezielles Wissen oder Einblicke bereitstellt, die sich von denen der Parteien unterscheiden. Während dies als ein einzelnes Kriterium formuliert ist, sind tatsächlich mehrere Kriterien angesprochen. Zunächst sind lediglich wiederholende Stellungnahmen ausgeschlossen, indem auf einen Inhalt Dabei wurden solche Kriterien bereits in Aguas Argentinas, S.A., Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona S.A., and Vivendi Universal S.A. v. The Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/03/19, Order in Response to a Petition for Transparency and Participation as Amicus Curiae, 19.05.2005, Rn.  25 herausgearbeitet. Dazu auch Blackaby/Richard, in: Waibel/Kaushal/Chung/Balchin, The Backlash against Investment Arbitration, S.  263. 112  Art.  4 Abs.  1 UNCITRAL TR entspricht R. 37 Abs.  2 S. lit.  b) ICSID AR, Ziff. B. 6. lit.  a) FTC-Statement. Art.  4 Abs.  3 lit.  a) UNCITRAL TR entspricht R. 37 Abs.  2 S. lit.  c) ICSID AR, Ziff. B. 6. lit.  c) FTC-Statement. Art.  4 Abs.  3 lit.  b) UNCITRAL TR entspricht R. 37 Abs.  2 S. lit.  a) ICSID AR, Ziff. B. 6. lit.  a) FTC-Statement. Die Ähnlichkeit zwischen UNCITRAL TR und ICSID AR betonend auch Wolf/Eslami, in: Geimer/Kaissis/Thümmel, Festschrift für Schütze zum 80. Geburtstag, S.  756. 111 

§  10  Kein Recht auf Beteiligung? – Die Entscheidungspraxis der Spruchkörper 343

der Stellungnahme abgestellt wird, der sich von dem der Parteien unterscheidet. Problematisch kann die Erfüllung dieses Kriteriums sein, wenn die amici keinen Zugriff auf die Schriftsätze der Parteien haben. Zwar werden ebenso wie im Welthandelsrecht amici in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit oftmals eine von den Parteien verschiedene Ausrichtung einnehmen, dennoch sind Überschneidungen möglich. Die Schiedsgerichte scheinen jedoch teilweise auf die fehlende Zugriffsmöglichkeit der amici Rücksicht zu nehmen.113 Als vergleichendes Zwischenfazit lässt sich die ablehnende Haltung aller Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen gegenüber wiederholenden Stellungnahmen bereits festhalten. Weiterhin wird eine Verknüpfung zwischen amicus-Stellungnahme und dem konkreten Fall gefordert. Auch dies geschieht in Übereinstimmung mit den übrigen Prozessordnungen. Mit der Bezugnahme auf tatsächliche oder rechtliche Ausführungen wird verdeutlicht, dass es amici frei steht, sowohl zu rechtlichen als auch tatsächlichen Elementen des Falls Stellung zu nehmen. Schließlich wird noch umschrieben, in welcher Form amicus-Stellungnahmen dem Schiedsgericht eine Hilfe sein können. Indem sowohl auf Perspektiven, besonderes Wissen oder Einblicke abgestellt wird, wird ein denkbar weiter Ansatz gewählt, der fast alle Informationen, die ein amicus bereitstellen kann, umfasst. Dabei scheint sich herauszukristallisieren, dass es den Schiedsgerichten maßgeblich darauf ankommt, inwiefern die amicus-Stellungnahme im konkreten Einzelfall eine Hilfe ist.114 Hinsichtlich des Inhalts von amicus-Stellungnahmen sind solche, die sich ausschließlich auf die Zuständigkeitsphase beziehen, teilweise nicht willkom113  In Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Procedural Order No. 5, 02.02.2007, Rn.  19 nahm das Schiedsgericht die Anmerkungen des amicus in seinem Antrag zur Kenntnis, dass er keinen Zugriff auf die Parteischriftsätze habe und daher nicht sicher sei, inwiefern er R. 37 Abs.  2 S.  2 lit.  a) ICSID AR erfüllen könne. Das Schiedsgericht sah dieses Kriterium dann in der Folge dennoch als erfüllt an, a. a. O., Rn.  50. In Apotex Holdings Inc. and Apotex Inc. v. United States of America, ICSID Case No. ARB(AF)/12/1, Procedural Order on the Participation of the Applicant, Mr. Barry Appelton, as Non_disputing Party, 04.03.2013, S.  9 geht das Schiedsgericht jedoch nicht hierauf ein und verneint eine mögliche Beteiligung maßgeblich wegen des Umstandes, dass Mr. Appleton keine neuen Aspekte wird bereitstellen können. Dem Verfahren lagen die ICSID Additional Facility Rules zugrunde, die aber in Bezug auf amicus-Stellungnahmen mit den ICSID AR gleichlautend sind. 114  Hierzu etwa Philip Morris Brands Sàrl, Philip Morris Products S.A. and Abal Hermanos S.A. v. Oriental Republic of Uruguay, ICSID Case No. ARB/10/7, Procedural Order No. 3, 17.02.2015, Rn.  28; Bear Creek Mining Corporation v. Republic of Peru, ICSID Case No. ARB/14/2, Procedural Order No. 5, 21.07.2016, Rn.  36; Eli Lilly and Company v. The Government of Canada, UNCITRAL, ICSID Case No. UNCT/14/2, Procedural Order No. 4, 23.02.2016, S.  4.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

men.115 Dennoch findet sich auch eine Entscheidung, in der eine solche Stellungnahme zugelassen wurde.116 Im Bereich des U.S.-amerikanischen Rechts sind amicus-Stellungnahmen vor dem Supreme Court in der Zulässigkeitsphase ausdrücklich akzeptiert. Dort werden diese jedoch genutzt, um das Gericht von der Bedeutung des Falls zu überzeugen und so dessen Ermessen hin zu einer Annahme des Falls zu bewegen.117 In der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit stehen ausschließlich rechtliche Fragen im Vordergrund. Insofern scheinen amicus briefs in dieser Phase kaum geeignet, dem Schiedsgericht neue Perspektiven oder Ähnliches zur Verfügung zu stellen. 2.  R. 37 Abs.  2 S.  2 lit.  b) ICSID AR, Ziff. B. 6. lit.  b) FTC-Statement, Art.  4 Abs.  1 UNCITRAL TR In diesen Regelungen wird erneut darauf Bezug genommen, dass amici mit ihren Stellungnahmen Aspekte des konkreten Falls ansprechen sollen. Zwar findet sich dieses Kriterium in ähnlicher Weise bereits in R. 37 Abs.  2 S.  2 lit.  a) ICSID AR, Ziff. B. 6. lit.  a) FTC-Statement, Art.  4 Abs.  3 lit.  b) UNCITRAL TR doch wird hier eine zusätzliche Konkretisierung auf den Gegenstand des Rechtsstreits gefordert. Damit sollen wohl „hot-air, fuzzy-wuzzy arguments which appear on the Internet against investment arbitration“118 verhindert und eine präzisere rechtliche Analyse eingefordert werden. Dies verdeutlicht auch der Antrag einiger amici in der Sache Biwater Gauff, in dem die amici zu diesem Punkt ausführen, sie arbeiteten alle in rechtlichen Berufen und hätten viel Erfahrung mit Streitigkeiten wie der vorliegenden.119 Das Schiedsgericht akzeptierte diese Begründung.120

115  In Chevron Corporation and Texaco Petroleum Corporation v. The Republic of Ecuador, PCA Case No. 2009-23, Procedural Order No. 8, 18.04.2011, Rn.  18 stellt das Schiedsgericht darauf ab, dass in der Zuständigskeitsphase ausschließlich rechtliche Aspekte zählen, welche bereits von den Parteien erörtert wurden. Es verneint daraufhin die Beteiligung von amici. 116  Pac Rim Cayman LLC v. The Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB/09/12, Procedural Order No. 8, 23.03.2011, S.  2. 117  Dazu oben §  2 B. I. 3. a). 118  Wälde, 5 JWIT 337, 338 (2004). 119  Petition for Amicus Curiae Status, 27.11.2006, S.  12, in: Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22. 120  Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Procedural Order No. 5, 02.02.2007, Rn.  50.

§  10  Kein Recht auf Beteiligung? – Die Entscheidungspraxis der Spruchkörper 345

3.  Interesse des amicus an der Streitigkeit Ausweislich R. 37 Abs.  2 S.  2 lit.  c) ICSID AR, Ziff. B. 6. lit.  c) FTC-Statement, Art.  4 Abs.  3 lit.  a) UNCITRAL TR muss der amicus ein signifikantes Interesse an der Streitigkeit haben. In dem Fall Biwater Gauff leitete der Antragsteller ein solches Interesse aus den umfangreichen Auswirkungen ab, die eine Privatisierung der Wasserversorgung für die Bevölkerung Tansanias haben kann.121 Das Schiedsgericht sah dies als ausreichend an, ohne näher festzulegen, welche Anforderungen es an ein besonderes Interesse stellt.122 Etwas präzisiert wurde diese Anforderung in dem Verfahren von Pezold, Border Timbers.123 In diesem Fall behaupteten die Investoren, sie seien von Simbabwe im Rahmen eines Land Reform Programme enteignet worden.124 Als amicus stellte die Nichtregierungsorganisation European Center for Constitu­tional and Human Rights zusammen mit vier Stämmen von Eingeborenen, welche in fraglichem Gebiet wohnten, einen Antrag auf Beteiligung.125 Hinsichtlich der Beteiligung der Nichtregierungsorganisation stellte das Schiedsgericht fest, diese habe lediglich ein allgemeines und gerade kein konkretes auf den Fall bezogenes Interesse und ein solches reiche nicht aus.126 Dabei muss mitberücksichtigt werden, dass zu dem Zeitpunkt des Antrags auf Beteiligung als amicus die Frage möglicher Menschenrechtsverletzungen von den Parteien noch nicht erörtert Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Petition for Amicus Curiae Status, 27.11.2006, S.  7 ff., 12 f. 122  Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Procedural Order No. 5, 02.02.2007, Rn.  50. 123  Bernhard von Pezold and Others v. Republic of Zimbabwe and Border Timbers Limit­ ed, Broder Timbers International (Private) Limitied, and Hangani Development Co. (Pri­ vate) Limited v. Republic of Zimbabwe, ICSID Case No. ARB/10/15. Ursprünglich waren dies zwei Fälle, die aber wohl auf Wunsch der Parteien zusammengelegt wurden, dazu Mowatt/ Mowatt, 28 ICSID Rev. 33 (2013). 124  Zum Sachverhalt Bernhard von Pezold and Others v. Republic of Zimbabwe and ­Border Timbers Limited, Broder Timbers International (Private) Limitied, and Hangani ­Development Co. (Private) Limited v. Republic of Zimbabwe, ICSID Case No. ARB/10/15, Procedural Order No. 2, 26.06.2012, Rn.  35; Mowatt/Mowatt, 28 ICSID Rev. 33 (2013); ­Bastin, 1 CJICL 208, 218 (2012); Ruthemeyer, Der amicus curiae brief im Internationalen Investitionsrecht, S.  202 ff. 125  Bernhard von Pezold and Others v. Republic of Zimbabwe and Border Timbers Limit­ ed, Broder Timbers International (Private) Limitied, and Hangani Development Co. (Private) Limited v. Republic of Zimbabwe, ICSID Case No. ARB/10/15, Procedural Order No. 2, 26.06.2012, Rn.  1; Mowatt/Mowatt, 28 ICSID Rev. 33, 38 (2013). 126  Bernhard von Pezold and Others v. Republic of Zimbabwe and Border Timbers Limit­ ed, Broder Timbers International (Private) Limitied, and Hangani Development Co. (Private) Limited v. Republic of Zimbabwe, ICSID Case No. ARB/10/15, Procedural Order No. 2, 26.06.2012, Rn.  61. 121 

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wurde.127 Insofern verhielt sich der Antrag auf Beteiligung, der insbesondere auf eine solche Argumentation abstellte, tatsächlich nicht zu dem Entscheidungs­ gegenstand des Schiedsgerichts. In Fällen, in denen bisher nicht behandelte Themen – wie etwa mögliche Menschenrechtsverletzungen – in Verfahren eingebracht werden sollen, die bisher noch nicht von den Parteien erörtert oder vorgetragen wurden, reicht daher ein lediglich allgemeines Interesse, der Entscheidung von Pezold folgend, nicht aus. Es ist fraglich, ob sich andere Schiedsgerichte dem anschließen werden.128 Zu berücksichtigen ist zudem, dass dann, wenn der Sachvortrag der Parteien Anlass gibt, etwa die Frage von Menschenrechtsverletzungen anzusprechen, man ein konkretes Interesse annehmen kann. Denn das Schiedsgericht folgt bei der Umsetzung des Sachvortrags in juristische Erwägungen dem Grundsatz iura novit curia, so dass es selbst den Sachvortrag der Parteien auswerten darf.129 Insofern bezöge sich eine Stellungnahme des amicus dann auf den jeweiligen Sachvortrag und wäre auf den konkreten Fall bezogen. 4.  Öffentliches Interesse an der Streitigkeit Gemäß Ziff. B. 6. lit.  d) FTC-Statement muss ein öffentliches Interesse an der Streitigkeit bestehen. R. 37 Abs.  2 ICSID AR weicht hier erstmals von den Kriterien des FTC-Statement ab und fordert ein solches Interesse nicht. Dies ist umso verwunderlicher, als ein solches Interesse in einer Reihe von ICSID-Verfahren zur Sprache kam.130 Nach dem Wortlaut von R. 37 Abs.  2 S.  2 ICSID AR sind die unter lit.  a)–c) genannten Kriterien nicht abschließend und es können noch weitere Kriterien mit in die Entscheidung einfließen. Insofern ist ein solch öffentliches Interesse auch im Rahmen der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit als Kriterium anerkannt.131 Dabei eignen sich Fälle, in denen öffentliche Versorgungseinrichtungen wie die Wasserversorgung oder umweltrechtliche Belange betroffen sind, besonders, ein solches Interesse hervorzurufen. Aber auch wirtschaftliche Belange können ein solch öffentliches Interesse hervorrufen, etwa wenn der Erhalt von Arbeitsplätzen oder bestehende Arbeitsbedingungen durch das Verfahren tangiert werden können. Mowatt/Mowatt, 28 ICSID Rev. 33, 43 (2013). Kritisch zu dieser Entscheidung und der damit verbundenen inhaltlichen Begrenzung auch Ruthemeyer, Der amicus curiae brief im Internationalen Investitionsrecht, S.  261 f. 129  Dazu unten §  11 B. V. 130  Nachweise oben §  6 C. III. 131  Ruthemeyer, Der amicus curiae brief im Internationalen Investitionsrecht, S.  271 f. plädiert für die ausdrückliche Normierung dieses Kriteriums und will private Interessen weitgehend ausschließen. Es ist fraglich, ob damit die Flexibilität des amicus nicht unnötig eingeschränkt wird. Zielführender scheint es zu sein, den Schiedsgerichten eine umfassende Abwägungsentscheidung zu ermöglichen. 127 

128 

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5.  Das Kriterium der Unabhängigkeit Eine relativ neue Entwicklung hat sich im Rahmen des Verfahrens von Pezold, Border Timbers 132 ergeben. Das Schiedsgericht führte im Rahmen der Prüfung, ob der amicus zuzulassen sei, aus der amicus solle unabhängig von den Parteien sein, eine Voraussetzung, die sich implizit aus R. 37 Abs.  2 S.  2 lit.  a) ICSID AR ergebe.133 Die Voraussetzung der Unabhängigkeit war bereits von einem anderen ICSID-Schiedsgericht festgestellt worden, allerdings zu einem Zeitpunkt als R. 37 Abs.  2 ICSID AR noch nicht verabschiedet war. Zudem wurde dieses Kriterium damals nicht näher ausgeführt.134 Wie bereits erwähnt, lässt es R. 37 Abs.  2 ICSID AR ausdrücklich zu, neben den dort genannten Kriterien noch weitere aufzustellen, so dass grundsätzlich ein weiteres Kriterium zulässig ist. Fraglich ist aber zunächst, ob sich das Kriterium der Unabhängigkeit tatsächlich implizit aus R. 37 Abs.  2 S.  2 lit.  a) ICSID AR ergibt. In der folgenden Prüfung der Unabhängigkeit untersuchte das Schiedsgericht, ob eine Gefährdung dieser drohe, wenn der potentielle amicus selbst durch das Ergebnis des Rechtsstreits zuungunsten einer der Parteien betroffen sei.135 Es stellte daraufhin fest, die Position des potentiellen amicus stehe mit der des Investors in Konflikt und sah dies als einen der Gründe an, warum die Unabhängigkeit des potentiellen amicus gefährdet sei.136 Das Schiedsgericht hat in diesem Fall mithin eine Verknüpfung zwischen Parteilichkeit des amicus und der Gefährdung von dessen 132  Bernhard von Pezold and Others v. Republic of Zimbabwe and Border Timbers Limit­ ed, Broder Timbers International (Private) Limitied, and Hangani Development Co. (Private) Limited v. Republic of Zimbabwe, ICSID Case No. ARB/10/15. Dazu bereits oben §  10 B. IV. 3. 133  Bernhard von Pezold and Others v. Republic of Zimbabwe and Border Timbers Limit­ ed, Broder Timbers International (Private) Limitied, and Hangani Development Co. (Private) Limited v. Republic of Zimbabwe, ICSID Case No. ARB/10/15, Procedural Order No. 2, 26.06.2012, Rn.  49. 134  Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona SA, and InterAguas Servicios Integrales del Agua SA v. Argentina, ICSID Case No. ARB/03/17, Order in Response to a Petition for Transparency and Participation as amicus curiae, 17.03.2006, Rn.  23. 135  Bernhard von Pezold and Others v. Republic of Zimbabwe and Border Timbers Limit­ ed, Broder Timbers International (Private) Limitied, and Hangani Development Co. (Private) Limited v. Republic of Zimbabwe, ICSID Case No. ARB/10/15, Procedural Order No. 2, 26.06.2012, Rn.  51 a. E. Zuvor hatte das Schiedsgericht festgestellt, dass es nicht feststellen könne, dass amicus und Beklagter, Simbabwe, aligned seien. Ein solcher „Zusammenschluss“ würde jedoch wohl zur Annahme von Personenidentität führen, welche per se nicht zulässig ist, siehe oben §  8 A. II. 3. 136  Bernhard von Pezold and Others v. Republic of Zimbabwe and Border Timbers Limit­ ed, Broder Timbers International (Private) Limitied, and Hangani Development Co. (Private) Limited v. Republic of Zimbabwe, ICSID Case No. ARB/10/15, Procedural Order No. 2, 26.06.2012, Rn.  56, „Based on the foregoing […] Application give rise to legitimate doubts as to the independence or neutrality of the Petitioners.“

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Unabhängigkeit gezogen. Aus R. 37 Abs.  2 S.  2 lit.  a) ICSID AR ergibt sich aber nicht, dass amici nicht parteiisch sein dürfen. Denn eine von den Parteien verschiedene Perspektive kann auch ein amicus einnehmen, der eine der beiden Parteien unterstützt, wenn er dabei nur Argumente oder Tatsachen vorträgt, die sich nicht im Vortrag der Parteien wiederfinden. Insofern ist bei einem solchen Verständnis von Unabhängigkeit eine implizite Verankerung dieses Kriteriums in R. 37 Abs.  2 S.  2 lit.  a) ICSID AR nicht gegeben. Weiterhin überprüfte das Schiedsgericht, inwiefern eine Verbindung zwischen dem Gaststaat und dem amicus etwa bei der Ausarbeitung der Stellungnahme bestand.137 Auch ein solches Verständnis von Unabhängigkeit ist nicht implizit aus R. 37 Abs.  2 S.  2 lit a) ICSID AR herzuleiten, da wiederum eine verschiedene Perspektive auch bei einer solchen Verbindung bestehen kann, etwa indem gezielt eine Absprache erfolgt, welche Inhalte die Partei und welche Inhalte der amicus präsentiert. Ein wie vom Schiedsgericht verstandenes Kriterium der Unabhängigkeit lässt sich daher nicht aus R. 37 Abs.  2 S.  2 lit.  a) ICSID AR herleiten. Auch eine rechtsvergleichende Betrachtung mit dem U.S.-amerikanischen Recht bestätigt dies. Dort ist R. 37.1 S.Ct. Rules R. 37 Abs.  2 S.  2 lit.  a) ICSID AR sehr ähnlich, trotzdem wird aus dieser Vorschrift nicht ein Kriterium der Unabhängigkeit im eben geschilderten Sinne abgeleitet, da eine parteiische Stellungnahme und auch eine Interaktion mit der Partei in den Vereinigten Staaten an der Tagesordnung ist.138 Wesentlicher aber als die Frage, inwiefern sich das Kriterium der Unabhängigkeit von bestehenden Regelungen ableiten lässt, ist, ob dieses Kriterium für eine sachgerechte Ausübung des spruchkörperlichen Ermessens, im Rahmen der Entscheidung über Anträge auf Zulassung als amicus, dienen kann. Dem Verständnis des Schiedsgerichts in von Pezold folgend, lässt sich zunächst das Kriterium der Parteilichkeit innerhalb des Kriteriums der Unabhängigkeit isolieren. Folgt man der Auffassung des Schiedsgerichts, dass amici dann nicht unabhängig, mithin parteiisch, seien, wenn eines der von den Parteien ersuchten Rechtsschutzziele ihren Interessen entgegenlaufe, würde man den Kreis potentieller amici drastisch verkleinern. Beinah alle bei §  6 diskutierten Fälle ließen 137  Bernhard von Pezold and Others v. Republic of Zimbabwe and Border Timbers Limit­ ed, Broder Timbers International (Private) Limitied, and Hangani Development Co. (Private) Limited v. Republic of Zimbabwe, ICSID Case No. ARB/10/15, Procedural Order No. 2, 26.06.2012, Rn.  54 f. Bei Rn.  52 und 53 prüft das Schiedsgericht an, inwiefern die eingeborenen Stämme und deren Anführer Organe des Staates Simbabwe sind, verneint dies aber. Auch ein solches Verständnis von Unabhängigkeit lässt sich schwer aus Art.  37 Abs.  2 lit.  a) ICSID AR herleiten. 138  Zur Parteilichkeit oben §  2 B. I. 2. b). Zur Interaktion zwischen amicus und Partei oben §  2 B. I. 2. a).

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eine solche Form der Parteilichkeit erkennen. Der Europäischen Kommission hätte etwa eine Beteiligung verwehrt werden müssen, aber auch im Fall Biwater hätte es zu keiner Beteiligung kommen dürfen. Ein amicus, der dem Verfahren tatsächlich neutral gegenüber steht, sich aber trotzdem aus eigenem Interesse an diesem beteiligt, ist nur schwer vorstellbar. Ähnlich dem U.S.-amerikanischen Recht käme lediglich eine Beteiligung durch Professoren in Betracht. Allerdings würde man dann die Möglichkeiten der Beteiligung nach R. 37 Abs.  2 ICSID AR zu einer bloßen akademischen Übung machen. Vor diesem Hintergrund ist zu bezweifeln, ob eine solch geforderte Neutralität beziehungsweise Unabhängigkeit mit dem auch von R. 37 Abs.  2 ICSID AR statuierten Charakter des sich aus eigener Initiative beteiligenden amicus vereinbar ist. Darüber hinaus steht das Verlangen einer weitgehenden Neutralität des amicus auch in Konflikt mit dem nach R. 37 Abs.  2 lit.  c) ICSID AR geforderten Interesse des amicus an der Streitigkeit. Auf diesen Umstand weist das Schiedsgericht zwar hin, ohne jedoch eine Lösungsmöglichkeit zu entwickeln.139 Beachtet werden müssen allerdings die besonderen Umstände des Falles von Pezold. Wie geschildert besaßen die Eingeborenen ein unmittelbares, eigenes Interesse an den fraglichen Ländereien, da sie diese bewohnten. Ein solches Interesse könnte nach U.S.-amerikanischen Verständnis dem intervention amicus zugeordnet werden.140 Dies führt zu der Frage, ob ein unmittelbares Interesse ein Ausschlusskriterium sein soll, ein mehr mittelbares, etwa ein politisches Interesse hingegen nicht. Eine fehlende Unabhängigkeit, wäre bei einem solchen Verständnis nur noch in Fällen eines direkten Interesses gegeben, während ein lediglich mittelbares Interesse nicht zu einer fehlenden Unabhängigkeit führen würde. Gegen eine solche gewissermaßen geltungserhaltende Auslegung141 spricht zweierlei. Erstens ergäbe sich hieraus das praktische Problem, wie diese beiden eben beschriebenen Arten von Parteilichkeit beziehungsweise Interessen voneinander abzugrenzen wären. Hätte etwa die Kommission in den Fällen der ungarischen Power Purchase Agreements lediglich ein mittelbares oder doch eher ein unmittelbares Interesse? Während dieses Problem lösbar 139  Bernhard von Pezold and Others v. Republic of Zimbabwe and Border Timbers Limit­ ed, Broder Timbers International (Private) Limitied, and Hangani Development Co. (Private) Limited v. Republic of Zimbabwe, ICSID Case No. ARB/10/15, Procedural Order No. 2, 26.06.2012, Rn.  62. 140  Im Hinblick auf das gegebene Interesse würden sogar die Voraussetzung der intervention im U.S.-amerikanischen Recht erfüllt werden. Sicherlich würde man das Interesse der Eingeborenen auch im Rahmen von §  66 Abs.  1 ZPO als rechtliches Interesse qualifizieren können. 141  Geltungserhaltend, weil das Kriterium der Unabhängigkeit nur noch bei einer bestimmten Art von Interesse, nämlich dem unmittelbaren Interesse, gelten würde.

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wäre, wären jedoch die Folgen einer solchen Auslegung, die einer rechtspolitischen Fehlsteuerung und eines juristischen Wertungswiderspruches. Im Rahmen des U.S.-amerikanischen Rechts etwa steht neben dem amicus noch das Instrument der intervention. Selbst wenn man dort ein unmittelbares Interesse an der Streitigkeit als Ausschlussgrund für einen amicus annähme, könnte dieses unmittelbare Interesse bei dem weiteren Vorliegen der Voraussetzungen der intervention im Wege dieses Instruments geltend gemacht werden. Diese Möglichkeit fehlt in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit.142 Können sich die Eingeborenen nicht mittels eines amicus briefs beteiligen, können sie sich gar nicht beteiligen. Gleichwohl wird in dem anhängigen Verfahren über „ihr“ Land entschieden. Hingegen könnte einer Nichtregierungsorganisation mit einem lediglich mittelbaren Interesse die Teilnahme jedenfalls nicht wegen fehlender Unabhängigkeit versagt werden. Dies wäre rechtspolitisch geradezu widersinnig und kaum vermittelbar. Zudem hätte dies die widersprüchliche Folge, dass sich diejenigen, die ein unmittelbares Interesse an der Streitigkeit hätten, gerade wegen dieses Interesses nicht an ihr beteiligen könnten, während ein mittelbares Interesse dem nicht entgegen stünde – eine Folge konträr zu den allgemeinen Grundsätzen der Intervention. Die zweite Überlegung des Schiedsgerichts war es, inwiefern eine Zugehörigkeit der Eingeborenen und ihrer Anführer zum simbabwischen Staat, etwa dergestalt, dass die Anführer Organe des Staates seien, zu einer fehlenden Unabhängigkeit führen würde.143 Wäre ein amicus tatsächlich etwa ein Organ einer sich beteiligenden Partei, so würde dies bereits zu einer Personenidentität mit der Partei führen144 und daher zur Unzulässigkeit der amicus-Beteiligung. Daher ist eine Verortung dieses Punktes im Rahmen der Ausübung des Ermessens, ob der amicus zuzulassen ist, nicht nötig, da bereits eine Voraussetzung der Verfahrensbeteiligung nicht vorliegen würde. Die dritte Überlegung des Schiedsgerichts, eine Zusammenarbeit zwischen Partei und amicus beim Erstellen der Stellungnahme als Ausschlussgrund anzusehen, ist noch eher vertretbar. Eine solche starke Form der Koordination kann den amicus nämlich lediglich als verlängerten Arm der Partei erscheinen lassen, so dass Fragen hinsichtlich der Sinnhaftigkeit einer Beteiligung aufkommen und sich der Verdacht einer bloßen Prozesstaktik einer der beiden Par142  Zu der Problematik der Beteiligung Dritter im Rahmen der Investitionsschiedsgerichts­ barkeit oben §  6 D. II. 143  Bernhard von Pezold and Others v. Republic of Zimbabwe and Border Timbers Limit­ ed, Broder Timbers International (Private) Limitied, and Hangani Development Co. (Private) Limited v. Republic of Zimbabwe, ICSID Case No. ARB/10/15, Procedural Order No. 2, 26.06.2012, Rn.  52 f., eine Stellung als Organ des Staates wurde verneint. 144  Dazu oben §  8 A. II. 3.

§  10  Kein Recht auf Beteiligung? – Die Entscheidungspraxis der Spruchkörper

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teien aufdrängt. Statt dies mittels eines ermessenslenkenden Zulassungskriteriums zu entscheiden, ist zu überlegen, inwiefern nicht anhand von Offenlegungsverpflichtungen der amicus selbst dazu verpflichtet werden soll, die Kooperation mit der Partei aufzudecken. Dies würde das Schiedsgericht in die Lage versetzen, den Grad der Kooperation bei der Würdigung der Stellungnahme des amicus zu berücksichtigen. Auf diese Weise ist im U.S.-amerikanischen Recht sichergestellt, dass das Gericht das Ausmaß der Zusammenarbeit abschätzen kann.145 Eine solche Vorgehensweise bietet sich auch für die Schiedsgerichtsbarkeit an.146 Insgesamt ist daher das Kriterium der Unabhängigkeit nicht zielführend.147 6.  Weitere Kriterien Bereits angemerkt wurde, dass in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit in den Vorschriften über die amicus-Beteiligung betont wird, der amicus dürfe das Verfahren nicht unterbrechen.148 Ein solch störender Einfluss kann jedoch maßgeblich über die Bestimmung eines angemessenen Einreichungszeitpunkts abgewendet werden, so dass dies als eigenes Kriterium kaum Relevanz hat. Lediglich in Fällen, in denen das Schiedsgericht den Einreichungszeitpunkt nicht bestimmt, können amici durch Einreichung ihres Schriftsatzes kurz vor der mündlichen Verhandlung zu einer Störung des Verfahrens beitragen. Dabei hat das Verfahren Biwater Gauff jedoch verdeutlicht, dass die Schiedsgerichte selbst eine solche Störung nicht als ausreichend erachten, um die amicus-Beteiligung auszuschließen.149 Das im U.S.-amerikanischen Recht formulierte Kriterium der Vertretung nicht anwaltlich Vertretener lässt sich in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit nicht fruchtbar machen. Die dort behandelte Materie ist sehr speziell und die Streitwerte von immenser Höhe, so dass sich alle Beteiligten einen Rechtsbeistand suchen werden. Hingegen können die Überlegungen zu formalen Anforderungen wie einer möglichst kurzen Stellungnahme und deren nicht übermäßig parteiischer Ausrichtung, etwa in Gestalt eines mehr vermittelnden Tons, übernommen werden.

145 

Dazu oben §  8 B. I. 2. b) aa), II. 1. So auch Mowatt/Mowatt, 28 ICSID Rev. 33, 43 (2013). 147  So auch Ruthemeyer, Der amicus curiae brief im Internationalen Investitionsrecht, S.  255 f.; Bastin, 30 Arb. Int’l 125, 138 f. (2014). 148  Oben §  9 A. III. 149  Oben §  9 B. V. 2. b). 146 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

V.  Vergleichende Analyse Alle Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen lehnen lediglich wiederholende Stellungnahmen ab. Dies ist überzeugend, da eine solche Stellungnahme für den Spruchkörper keinen Mehrwert hat. Für das U.S.-amerikanischen Rechts wurden die Anforderungen des 7th Circuit als zu hoch qualifiziert. Zwar sind einige der Kriterien in der Praxis zielführend, jedoch ist eine Beschränkung lediglich auf diese drei Kriterien zu restriktiv. „Those grounds are sufficient to provide any overburdened judge with an excuse for denying leave to file almost any amicus brief […].“150 Dabei ist der Punkt der Vertretung sonst nicht vertretener Parteien im U.S.-amerikanischen Recht weiterführend, nicht hingegen in den anderen Bereichen. Diese sind zumeist zu spezialisiert, als dass erwartet werden könnte, eine Partei würde ohne rechtlichen Beistand erscheinen. Übereinstimmung herrscht hingegen bei der Anforderung eines Interesses des amicus. Zwar nehmen die PTCP eine solche Erwägung nicht auf, gleichwohl ist überlegenswert, auch dort ein Interesse des amicus einzufordern. Nicht aufgegriffen werden sollten hingegen die engen Anforderungen des 7th Circuit hinsichtlich dieses Interesses. Ausreichend ist, wenn der amicus darlegen kann, warum er sich für den konkreten Fall interessiert. Im U.S.-amerikanischen Recht sind jedoch auch neutrale amicus-Stellungnahmen zuzulassen. Ebenfalls für alle Prozessordnungen übereinstimmend spielt das besondere öffentliche Interesse an der Streitigkeit eine Rolle. Damit kann dem Gericht die Notwendigkeit auch einer Partizipation der Zivilgesellschaft verdeutlicht werden. Auch Anforderungen hinsichtlich des Stils von amicus-Stellungnahmen können für alle Prozessordnungen gemeinsam aufgestellt werden. Ein gut geschriebener amicus brief erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Gerichte ihn als zulässig erachten werden. Das im Rahmen des Verfahrens von Pezold geforderte Kriterium der Unabhängigkeit verfängt hingegen nicht. Unabhängigkeit im Sinne von Neutralität zu fordern, ist zu weitgehend. Insgesamt bestätigt sich dies auch im Rahmen der übrigen Rechts- und Prozessordnungen, die ein solches Kriterium nicht kennen. Lediglich im Rahmen des U.S.-amerikanischen Recht sympathisieren einige District Courts mit einem eher neutralen amicus, allerdings ist auch dort das Spannungsfeld zwischen dem Fordern eines Interesses am Verfahren und gleichzeitiger Neutralität greifbar. Eine Gemeinsamkeit besteht hinsichtlich eines Bezugs der amicus-Stellungnahme zur konkreten Streitigkeit. Damit sollen zum einen abschweifende ­Ausführungen verhindert werden. Auch kann eine solche Anforderung dazu 150 

Munford, 1 J. App. Prac. & Process 279, 279 (1999).

§  10  Kein Recht auf Beteiligung? – Die Entscheidungspraxis der Spruchkörper

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führen, verschiedene amici zu einem höheren Argumentationsstandard zu zwingen. Dies hat gleichzeitig den Nebeneffekt, betreffende Nichtregierungs­ organisationen ihr inhaltliches Profil schärfen zu lassen. Als Resümee zeigt sich eine Reihe von Kriterien, die den Spruchkörpern bei der Frage, ob amicus-Stellungnahmen zugelassen werden sollen, eine merkliche Hilfe sein können. Ein offensives Nach-Außen-Tragen dieser Kriterien kann die Qualität von amicus briefs erhöhen, da die amici sich auf die Anforderungen der Spruchkörper einstellen können. Insofern ist es begrüßenswert, die Kriterien wie im Bereich der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit zu normieren. Überlegenswert ist es, auch im U.S.-amerikanischen Recht die Anforderungen der Rechtsprechung deutlicher in den bestehenden Regeln hervortreten zu lassen. R. 29 (b) FRAP ist in dieser Hinsicht sehr knapp. Insgesamt haben die Gerichte eine reiche Auswahl an Entscheidungsparametern, anhand derer sie eine gerechte und ausgewogene Entscheidung fällen können.

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren Im Rahmen der vorstehenden §§  8–10 wurde im Wesentlichen darauf eingegangen, welche Voraussetzungen ein amicus brief erfüllen muss, wann er einzureichen ist und wie die Gerichte sodann entscheiden. Diese Ausführungen ähneln gewissermaßen der Analyse des Tatbestands einer Norm. Erfüllt der amicus bestimmte Vorgaben, so kann er zum Verfahren zugelassen werden. Die folgenden Ausführungen haben einen gänzlich anderen Fokus und knüpfen, um im Bild zu bleiben, mehr an die Rechtsfolgenseite einer Norm an. Im Mittelpunkt steht die Frage, inwiefern der Inhalt von amicus briefs in den gängigen Prozessbetrieb eingebunden werden kann – inwiefern der Gegenstand eines solchen briefs mit prozessualen Maximen vereinbar ist. Dabei können zwei grundlegende Unterscheidungen getroffen werden. Auf der einen Seite finden sich in amicus-Stellungnahmen häufig tatsächliche Elemente, dazu §  11 A. Weiterhin finden sich dort aber auch rechtliche Argumente, dazu §  11 B. Hinsichtlich dieser beiden möglichen Inhalte einer solchen Stellungnahme stellt sich eine Reihe von Fragen, die es nachfolgend zu untersuchen gilt. Gegenstand der folgenden Ausführungen sollen allerdings nur amicus-Stellungnahmen sein, die auf Initiative des amicus selbst – gegebenenfalls im Wege der Zusammenarbeit mit den Parteien – erfolgen. Die prozessualen Besonderheiten von amicus-Stellungnahmen, welche auf Initiative des Gerichts ergehen, werden gesondert betrachtet, dazu §  12. Ebenfalls nicht besprochen werden soll eine amicus-Beteiligung, in welcher der amicus eine aktive Rolle am Verfahren, etwa die Befragung von Zeugen, innehat. Eine solche Beteiligung ist ebenfalls gesondert zu betrachten, dazu §  13.

A.  Tatsachen in amicus briefs Tatsachen in amicus briefs sind insbesondere für das U.S.-amerikanische Recht ein mittlerweile auch im Schrifttum kontrovers diskutiertes Problem. Aber auch in den anderen Rechts- und Prozessordnungen werfen sie vielfältige Probleme auf. Verdeutlicht man sich einige der bereits erörterten Besonderheiten des

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren

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U.S.-amerikanischen amicus erneut, werden diese Probleme greifbar. Es wurde gezeigt, dass amici sich gerade in den Rechtsmittelinstanzen beteiligen1 und vielfach der Rechtsfortbildung dienen.2 Im Zusammenhang mit der Funktion der Rechtsfortbildung stellt sich die Frage, inwiefern solch tatsächliche Argumente nicht mehr bloße Subsumtionstatsachen,3 sondern einer anderen Kategorie von Tatsachen zuzuordnen sind. Dabei gilt es die verschiedenen Arten von Tatsachen abzugrenzen und Fallbeispiele hierfür in amicus-Stellungnahmen zu finden. Weiterhin drängt sich die Frage nach der Zulässigkeit von Tatsachenvortrag in der Rechtsmittelinstanz auf. Ist etwa der Supreme Court oder der Bundesgerichtshof der richtige Ort, um neue Tatsachen mittels einer amicus-Stellungnahme vorzutragen? Was ist die Folge eines gegebenenfalls unzulässigen Inhalts einer amicus-Stellungnahme? Die sich hieran anschließende Frage liegt auf der Hand: Kann das Gericht solchen Tatsachenvortrag selbstständig berücksichtigen, das heißt, ohne dass eine der beiden Parteien den Vortrag des amicus zu ihrem eigenen macht? Im Zusammenhang mit dem Zivilprozess kommen einem Stichworte wie Parteiherrschaft und Beibringungsgrundsatz in den Kopf. Aber gilt der Beibringungsgrundsatz auch im Welthandelsrecht? Kann es etwa im Hinblick auf die Beteiligung der Europäischen Kommission vor dem Bundesgerichtshof europarechtliche Ausnahmen hiervon geben? Sind U.S.-amerikanische Gerichte wirklich nur noch passive Schiedsrichter und entscheiden den von den Parteien vorgetragenen Fall? Nachdem die grundlegenden Fragen im Hinblick auf die Vereinbarkeit des Tatsachenvortrags mit prozessualen Maximen geklärt wurden, ist zu erörtern, inwiefern solche Tatsachen Gegenstand eines Beweisverfahrens sind. Dazu gilt es für ein Vorverständnis die Grundsätze des Beweisverfahrens zu erläutern. Weiterhin ist zu prüfen, inwiefern amici diesen Grundsätzen unterfallen oder, wenn sie dies nicht tun, warum dies der Fall ist, welche Probleme hieraus erwachsen können und inwiefern dies etwa bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen ist.

1 

Dazu oben §  2 E. Dazu oben §  2 B. I. 2. b) aa). 3  Der Begriff „Subsumtionstatsachen“ findet sich schon bei Seiter, in: Grunsky u. a., Festschrift für Baur, S.  573 und wird aktuell etwa bei Foerste, in: Musielak/Voit, §  284 Rn.  3 aufgegriffen. 2 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

I.  U.S.-amerikanisches Recht 1.  Legislative facts in amicus briefs? Tatsächliche Begebenheiten werden oftmals von amici genutzt, um die Folgen einer Entscheidung deutlicher hervortreten zu lassen. Im Rahmen von §  2 wurde der sogenannte Brandeis Brief als Beispiel für die Präsentation solcher Folgen aufgeführt.4 Mittels eines solchen amicus briefs, der sich auf die real ­world consequences der Streitigkeit bezieht, wird es dem Gericht ermöglicht, eine Folgenabschätzung seiner Entscheidung zu tätigen. Die Art der präsentierten Tatsachen unterscheidet sich von den für ein Verfahren üblichen. Gewöhnlich beziehen sich Tatsachen auf den konkreten Fall.5 Solche Tatsachen, „deal with particular circumstances, relating the actions of the parties to the law“.6 In der U.S.-amerikanischen Literatur werden solche, dem ursprünglichen Verständnis von Tatsachen in einem Gerichtsverfahren zugrundliegende Fakten adjudica­ tive facts genannt. Ihnen gegenüber gestellt sind die sogenannten legislative facts.7 Letztere beziehen sich im Gegensatz zu Ersteren gerade nicht auf den jeweiligen Einzelfall. Vielmehr gelten sie für eine Vielzahl von Fällen und dienen dazu, die Auslegung des Rechts zu ermöglichen oder einen Rechtsatz aufzustellen.8 „Legislative facts […] are those which have relevance to legal reason­ ing and the lawmaking process, whether in the formulation of a legal principle of ruling by a judge or court or in the enactment of a legislative body.“9 Ein 4 

Dazu oben §  2 B. I. 3. b) aa). Gorod, 61 Duke L.J. 1, 39 (2011); Faigman, 139 U. Pa. L. Rev. 541, 552 (1991); Davis, 55 Harv. L. Rev. 364, 402 (1942). 6  Alfange, 114 U. Pa. L. Rev. 637, 640 (1966). 7  Auf diese wird beispielsweise in R. 201 (a) Fed. R. Evid. Bezug genommen. R. 201 Fed. R. Evid. regelt, wann das Gericht Tatsachen in den record aufnehmen kann, die gerichtsbekannt sind. Dabei bezieht sich die Norm nur auf die Tatsachen, die adjudicative facts betreffen, R. 201 (a) Fed. R. Evid. Legislative facts werden von der Regelung ausdrücklich ausgenommen. Zu legislative facts etwa Davis, 55 Harv. L. Rev. 364, 402 ff. (1942); Karst, S.Ct. Rev. 1960, 75 ff.; Woolhandler, 41 Vand. L. Rev. 111 ff. (1988); Faigman, 139 U. Pa. L. Rev. 541, 552 ff. (1991); Gorod, 61 Duke L.J. 1, 37 ff. (2011); Orr Larsen, 100 Va. L. Rev. 1757, 1773 ff. (2014); Schauer, 51 Duq. L. Rev. 51, 56 ff. (2013); Kühne, Amicus Curiae, S.  104 ff. 8  Davis, 55 Harv. L. Rev. 364, 402 (1942) hat erstmals den Begriff der legislative facts verwandt, wenn auch im Zusammenhang mit der Tatsachenfeststellung im verwaltungsbehördlichen Verfahren und seine Definition ist ausweislich der Notes of Advisory Committee, R. 201 Fed. R. Evid., Subdivision (a) maßgeblich. Davis, a. a. O. definiert wie folgt: „When an agency wrestles with a question of law or policy, it is acting legislatively, just as judges have created the common law through judicial legislation, and the facts which inform its legisla­ tive judgment may conveniently be denominated legislative facts.“ Anzumerken ist, dass diese Definition für den praktischen Gebrauch wenig ergiebig scheint. 9  Notes of Advisory Committee, R. 201 Fed. R. Evid., Subdivision (a). 5 

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren

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Beispiel soll dies verdeutlichen. In einem Fall, der punitive damages zum Gegenstand hat, beziehen sich die adjudicative facts etwa darauf, zu veranschau­ lichen, inwiefern der Schädiger eine Pflichtverletzung begangen hat und inwiefern dem Geschädigten hierdurch Nachteile entstanden. Legislative facts hingegen können sich darauf beziehen, darzulegen, inwiefern ein zu hohes Maß an Strafschadensersatz für große Unternehmen zu einer übermäßigen Belastung werden kann. Während in diesem fiktiven Beispiel eine Abgrenzung klar und deutlich ist, ist in Literatur und Rechtsprechung unklar, wie der Begriff der legislative facts zu definieren beziehungsweise von den adjudicative facts abzugrenzen ist. Karst hat anschaulich beschrieben, dass quasi alles ein legislative fact sein kann und dann aber darauf abgestellt, im Wesentlichen würden spezielle Folgen­abwä­g ungen unter diesen Begriff fallen.10 Woolhandler ist dem gefolgt.11 Beispiel für eine klassische Folgenabwägung ist der Fall Rice v. Paladin.12 Andere hingegen fassen den Begriff der legislative facts sehr weit. Danach sollen hierunter alle Tatsachen genereller Art fallen, die Informationen über den Einzelfall hinaus ge­wäh­ ren, gleichgültig, ob diese Tatsachen beschreibend oder voraus­sagend seien.13 Karst, S.Ct. Rev. 1960, 75, 99 f., „They tend to be facts which relate to other ‚cases‘ which may never be decided. […] When we ask, ‚What is the probability that this regulation will cause X dollars of burden on interstate commerce, or that it will prevent X number of potential speakers from speaking?‘“ 11  Woolhandler, 41 Vand. L. Rev. 111, 113 f. (1988), „The paradigm of an adjudicative fact is a description of a past, individual physical or mental phenomenon, the proof of which is in the record. […] A paradigmatic legislative fact is one that shows the general effect a legal rule will have, and is presented to encourage the decisionmaker to make a particular legal rule. There is less a sense that legislative facts are true or knowable because such facts are predictions, and, moreover, typically predictions about the relative importance of one factor in causing a complex phenomenon.“ Vgl. auch Faigman, 139 U. Pa. L. Rev. 541, 553 ff., 561 ff. (1991), der sich speziell auf die Situation im Verfassungsrecht bezieht und zwischen constitutional rule facts und constitutional review facts differenziert. Letztere entsprechen seiner Meinung nach der geläufigen Definition von legislative facts und dienen einer Art Folgen­abwägung. 12  Zu diesem Fall bereits oben §  2 B. I. 3. b) aa). Dort verdeutlichten zahlreiche Medien mittels eines amicus briefs, welche Auswirkungen das Verbot eines Buches auf die Medienlandschaft haben würde. Ein weiteres Beispiel findet sich in New York Times Co. v. Sullivan, 376 U.S.  254, 266, 277 (1964). Dort hat der Supreme Court wiederholt aufgegriffen, welche Folgen eine bestimmte Auslegung des Verschuldensmaßstabs im Rahmen einer Verleumdungsstreitigkeit gerichtet auf Strafschadensersatz für die Presse haben würde, dazu auch Schauer, 51 Duq. L. Rev. 51, 57 f. (2013). 13  Gorod, 61 Duke L.J. 1, 39 f. (2011): „Unlike adjudicative facts, which deal with the particular, legislative facts deal with the general, providing descriptive, and sometimes predictive, information about the larger world.“; Orr Larsen, 100 Va. L. Rev. 1757, 1778 (2014); Schauer, 51 Duq. L. Rev. 51, 57 f. (2013); Kühne, Amicus Curiae, S.  105, der sich auch auf Karst bezieht, ohne aber zu veranschaulichen, dass dieser einer engeren Definition folgt. 10 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Darunter sollen Tatsachen zur Gesetzgebungsgeschichte14 ebenso fallen wie generelle gegenwärtige Zustände.15 In der U.S.-amerikanischen Literatur wird zudem von einer dritten Kategorie von Tatsachen gesprochen – social framework evidence.16 Damit sind generelle Tatsachen gemeint, die aber Rückschlüsse auf den konkreten Einzelfall zulassen.17 Auch in der Rechtsprechung scheinen teilweise sehr weitreichende Vorstellungen vorzuherrschen.18 Zielführender als begriffstheoretische Erwägungen scheint die einfache Feststellung zu sein, dass es typische legislative facts gibt, die sich auf die Folgenabwägung einer bestimmten Auslegung oder eines neuen Rechtssatzes beziehen, und atypische legislative facts, die all das sind, was nicht den adjudicative facts oder den typischen legislative facts zuzuordnen ist. Amici bedienen sich dabei im Rahmen des Herausarbeitens möglicher negativer Folgen, etwa in Form eines Brandeis Briefs, des Instruments der typischen Gorod, 61 Duke L.J. 1, 39 f. (2011); Kühne, Amicus Curiae, S.  106. Etwa die in MacPherson v. Buick Motor Company, 376 U.S.  254 (1964) aufgeworfene Frage, ob Autos gefährlich sind, dazu Schauer, 51 Duq. L. Rev. 51, 57 f. (2013) oder die in Northwest Austin Municipal Utility District Number One v. Holder, 557 U.S.  193, 203 (2009) diskutierte Tatsache, dass ein bestimmter Abschnitt des Voting Rights Act nicht bestimmte politische Umstände berücksichtigt, dazu Gorod, 61 Duke L.J. 1, 40 (2011), vgl. auch Kühne, Amicus Curiae, S.  106. 16  Dieser Begriff geht zurück auf Walker/Monahan, 73 Va L. Rev. 559 (1987), die diese Tatsachen wie folgt definieren: „Rather, empirical information is being offered that incorporates aspects of both [Bezug genommen wird auf legislative und adjudicative facts] of the traditional uses: general research results are used to construct a frame of reference or back­ ground context for deciding factual issues crucial to the resolution of a specific case.“; dazu auch Schauer, 51 Duq. L. Rev. 51, 59 f. (2013). 17  Walker/Mohahan, 73 Va L. Rev. 559, 563 ff. (1987) schildern insgesamt vier verschiedene Fallbeispiele, die sich jedoch sämtliche auf Strafverfahren beziehen. Eingängig ist etwa der Fall State v. Davis. Dort ließ der trial court (d. h. die Eingangsinstanz) die Vernehmung eines Sachverständigen zu der Frage nicht zu, inwiefern bei Verhängung einer zeitigen Freiheitsstrafe statt der ebenfalls im Raum stehenden Todesstrafe, bei Entlassung des Angeklagten mit einem Rückfall zu rechnen sei, zum Sachverhalt, State v. Davis, 477 A.2d 308, 310 (S.Ct. N.J. 1984). Der Supreme Court von New Jersey hob die Entscheidung auf und führte aus, dass sozialwissenschaftliche Untersuchungen „may, in effect, encapsulate ordinary human experience and provide an appropriate frame of reference for a jury’s consideration“, State v. Davis, 477 A.2d 308, 310 (S.Ct. N.J. 1984). 18  Posner, 51 Duq. L. Rev. 3, 11 (2013), Richter des U.S. Court of Appeals for the Seventh Circuit, schildert etwa das anschauliche Fallbeispiel, dass in einem Verfahren, bei dem es um die Strafbarkeit und Gefährlichkeit des Abfeuerns einer Waffe in die Luft geht, er selbstständig die Umgebung des Tatorts, etwa im Hinblick auf die Höhe der umstehenden Gebäude, ermittle. Das Beispiel beruht auf einem realen Fall United States v. Boyd, 475 F.3d 875 (7th Cir. 2007). Dies rechtfertigt er damit, dass es sich bei diesen Tatsachen um legislative facts beziehungsweise – um eine neue, weitere Art von Tatsachen einzuführen – background facts handele. 14 

15 

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren

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legislative facts.19 Allerdings können amici auch andere Tatsachen in das Verfahren einbringen. Beispielsweise kann in kartellrechtlichen Sachverhalten eine Analyse des relevanten Markts erfolgen.20 Möglich ist auch, dass amici aufgrund spezieller Kenntnisse, Informationen, etwa im Hinblick auf die medizinischen Hintergründe einer Abtreibung,21 bereitstellen. Ferner können wissenschaftliche Erkenntnisse im Hinblick auf die Hinrichtung von Minderjährigen, wie etwa deren noch nicht vollständig entwickelte Persönlichkeit, in einem Fall, in dem die Rechtmäßigkeit einer solchen Hinrichtung Gegenstand ist, nützlich sein.22 Anhand dieser Beispiele wird die Schwierigkeit der Abgrenzung zwischen den verschiedenen Arten von Tatsachen deutlich sichtbar. Zum einen kann hinsichtlich des kartellrechtlichen Beispiels argumentiert werden, die Frage, inwiefern ein bestimmtes Unternehmen auf einem Markt einen spezifischen Marktanteil hat, sei sehr wohl dem konkreten Sachverhalt zuzurechnen und daher eine Tatfrage. Wenn allerdings die Frage lautet, inwiefern auf einem bestimmten Markt überhaupt ein Wettbewerb vorhanden ist, kann man auch von einer generellen Frage sprechen, da eine Vielzahl von Fällen betroffen ist. Zudem könnten wegen der Besonderheiten eines Marktes gerade andere rechtliche Regelungen zu treffen sein. Dann aber wäre es sinnvoll, von atypischen legis­ lative facts zu sprechen. Im Falle der Hinrichtung von Minderjährigen ließe sich zum einen vertreten, Tatsachen betreffend die Entwicklung der Persönlichkeit dienten dazu, festzustellen, inwiefern die Regel aufgestellt werden kann, dass eine solche Hinrichtung möglich sein soll, gleichzeitig kann aber auch mit dem konkreten Fallbezug argumentiert werden. Im Zweifel ist hier von atypischen legislative facts auszugehen.

Dazu das eben gegebene Beispiel in Rice v. Paladin und oben §  2 B. I. 3. b) aa). Den Brandeis Brief als Form von legislative facts qualifizierend beispielsweise Margolis, 34 U.S.F. L. Rev. 197, 199 (2000). Auch Barker, 29 J. Pol. 41, 54 f. (1967) beschäftigt sich mit solchen Tatsachen im Zusammenhang mit amicus-Stellungnahmen. Rustad/Koenig, 72 N.C. L. Rev. 91, 94 (1993) stellen dar, dass sich die überwiegende Mehrzahl von amicus-Stellungnahmen mit tatsächlichen Elementen auf die Darstellung von legislative facts konzentriert. In einer aktuellen Untersuchung beschäftigt sich Orr Larsen, 100 Va. L. Rev. 1757, 1778 (2014), mit tatsächlichen Stellungnahmen von amici. Dabei stellt sie fest, dass der Supreme Court im Zeitraum von 2008 bis 2013 124 Mal auf tatsächliche Informationen in amicus-Stellungnahmen zurückgriff, um die Feststellung eines legislative fact zu ermöglichen bzw. zu unterstützen. 20  Dazu oben §  2 B. I. 3. b) cc). 21  Dazu Rossotti/Natelson/Tatalovich, 81 Judicature 118, 119 ff. (1997). 22  Dazu Katt, 49 Jurimetrics 253, 256 ff. (2009); siehe bereits oben §  2 B. I. 2. b) bb) (iv). 19 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

2.  Tatsachenvortrag in der Rechtsmittelinstanz und principle of party presentation Fraglich ist zunächst, inwiefern amici neuen Tatsachenvortrag in der Rechtsmittelinstanz vortragen können. In Rechtsmittelverfahren sollen vornehmlich rechtliche Aspekte erörtert werden.23 Tatsächliche Elemente des Verfahrens werden von den U.S. Courts of Appeals nur im Hinblick auf offensichtliche Fehler, clear errors, überprüft.24 Dennoch wurde in der Literatur ausführlich aufgezeigt, dass auch die U.S. Courts of Appeals und der Supreme Court auf im Rechtsmittelverfahren gewonnene tatsächliche Elemente mit steigender Häufigkeit zurückgreifen.25 Weiterhin hat der sich an aktuellen Diskussionen oft beteiligende Judge Posner bekräftigt, er greife auf Tatsachen zurück, die nicht in den unteren Instanzen erörtert werden.26 Dies lässt sich einerseits mit der besonderen Rolle der bereits erläuterten legislative facts erklären.27 Diese dienen gerade dazu, neue Rechtssätze zu gewinnen, eine Aufgabe, die vornehmlich den U.S. Courts of Appeals und dem Supreme Court vorbehalten ist.28 Andererseits werden teilweise bestimmte, auf den jeweiligen Einzelfall bezogene Tatsachen, von Rechtsmittelgerichten herangezogen.29 Dazu werden auch amicus-Stellungnahmen genutzt.30 Insgesamt stellen amicus briefs eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass sich Rechtsmittelgerichte nicht mit tatsächlichen Aspekten beschäftigen sollen. Im Hinblick auf typische legislative facts ist dies wenig problematisch. Problematischer wird dies hingegen bei den atypischen 23  Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  638; Schauer, 51 Duq. L. Rev. 51, 59 f. (2013); Maultzsch, Streitentscheidung und Normbildung durch den Zivilprozess, S.  416. 24  Vgl. beispielsweise Miller v. Johnson, 515 U.S.  900, 917 (1995): „In our view, the District Court applied the correct analysis, and its findings that race was the predominant factor motivating the drawing of the Eleventh District was not clearly erroneous.“; dazu auch: Gorod, 61 Duke L.J. 1, 23 (2011). Zum Ganzen auch Tigar/Tigar, Federal Appeals, S.  271 ff. 25  Gorod, 61 Duke L.J. 1, 25 ff. (2011); Schauer, 51 Duq. L. Rev. 51, 55 ff. (2013); Orr Larsen, 100 Va. L. Rev. 1757, 1803 f. (2014); Tigar/Tigar, Federal Appeals, S.  395. Diese Tatsachen sind of the record, da der record, das erstinstanzliche Verfahren dokumentiert, zum record bereits oben §  9 B. I. 1. 26  Posner, 51 Duq. L. Rev. 3, 11 (2013), dazu bereits oben §  11 A. I. 1. 27  Nur darauf bezugnehmend Tigar/Tigar, Federal Appeals, S.  395. 28  Zur Stellung der Rechtsfortbildung im Rahmen obergerichtlicher Verfahren bereits oben §  2 B. I. 2. b) aa). 29  Siehe dazu etwa das eben genannte Beispiel hinsichtlich des Abfeuerns einer Waffe von Judge Posner, 51 Duq. L. Rev. 3, 11 (2013). 30  In Citizens United v. Federal Election Com’n, 558 U.S.  310, 354 (2010) führte der Supreme Court aus, die vorhergehende Entscheidung Austin v. Michigan Chamber of Commerce, 494 U.S.  652 (1990) lasse es zu, die Meinungsfreiheit von Millionen von Unternehmen zu beschränken. Weiterhin führt er aus, dass dies insbesondere kleine Unternehmen treffe und bezieht sich für diese Tatsache auf einen amicus brief des U.S. Chamber of Commerce.

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legislative facts, da solche teilweise einen sehr deutlichen Fallbezug aufweisen und daher von den unteren Instanzen festgestellt werden sollten. In diesen ist nämlich die Beweisaufnahme ein institutionalisierter Verfahrensbestandteil. Erst recht muss das für die adjudicative facts gelten. Erachtet ein Gericht den Vortrag des amicus als unzulässig, kann es entweder die gesamte Stellungnahme zurückweisen oder aber den betreffenden Teil unberücksichtigt lassen. In Bezug auf die selbstständige Berücksichtigung von Tatsachen durch das Gericht gilt im U.S.-amerikanischen Zivilprozessrecht grundsätzlich das principle of party presentation. Nach diesem Prinzip obliegt die Bestimmung des Verhandlungsgegenstands und die Beibringung der tatsächlichen und rechtlichen Elemente des Verfahrens den Parteien.31 In der Rechtsprechung wird party presentation insbesondere als Bestimmung des Gegenstands richterlicher Entscheidung verstanden, „[…]courts follow the principle of party presentation, i.e., the parties frame the issues for decision and the courts generally serve as neutral arbiters of matters the parties present.“32 Danach ist es zunächst in tatsächlicher Hinsicht vornehmlich Aufgabe der Parteien, die relevanten Fakten beizubringen.33 Für bestimmte sozioökonomische Daten und Statistiken nutzen die Parteien oftmals den Sachverständigenbeweis. Der Sachverständige selbst kann dann befragt und gegebenenfalls in ein Kreuzverhör genommen werden.34 Wie gesehen enthalten jedoch auch amicus-Stellungnahmen oftmals tatsächliche Elemente. Würde man das principle of party presentation ohne Ausnahmen anwenden, wäre diese Art von Stellungnahmen nicht zulässig, sofern die Parteien sich nicht die Stellungnahme des amicus zu eigen machten. Dies ist oftmals aber schon aus Gründen der zeitlichen Abfolge hinsichtlich der vom amicus unterstützten Partei nicht möglich.35 Insofern ergibt sich hier eine Aus31  James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  4, 6: „The ultimate control over what is submitted for decision should rest with the parties rather than the court.“ Ähnlich Millar, The Formative Principles of Civil Procedure, S.  9 ff., wobei dieser verschiedene deutsche Quellen heranzieht und unter dem principle of party presentation auch den Grundsatz ne eat iudex ultra petita partium fasst. 32  Greenlaw v. United States, 554 U.S.  237, 237 (2008); siehe auch Frost, 59 Duke L.J. 447, 455 f. (2009). 33  Hazard/Tait/Fletcher/Bundy, Pleading and Procedure, S.  590; James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  415. Generell für das common law Andrews, Principles of Civil Procedure, S.  41 f. 34  Dies herausstellend Rustad/Koenig, 72 N.C. L. Rev. 91, 94 f. (1993). 35  Bei §  9 B. I. 1. wurde herausgearbeitet, dass im Rahmen der U.S. Courts of Appeals der amicus brief nach dem brief der unterstützten Partei einzureichen ist. Unterstützt der amicus den Rechtsmittelbeklagten bedeutet dies, dass jener regelmäßig nicht mehr den amicus in seine Ausführungen aufnehmen kann.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

nahme zum allgemein gültigen Grundsatz, es sei Aufgabe der Parteien, den Tatsachenstoff beizubringen. Vielmehr können die Gerichte auch Stellungnahmen von amici berücksichtigen, ohne dass die Parteien dies aufgreifen müssen.36 Amicus-Stellungnahmen stellen in dieser Hinsicht eine Besonderheit im U.S.-amerikanischen Recht dar und weichen von dem üblichen Verfahren der Beibringung des Beweisstoffes durch die Parteien ab. Allerdings sind amici gerade nicht Parteien des Verfahrens. Ihre tatsächlichen Ausführungen dürfen daher unter keinen Umständen dazu genutzt werden, die Herrschaft der Parteien über das Verfahren zu umgehen. Keinesfalls zulässig wäre etwa das Einbringen eines vollständig neuen Sachverhalts, den das Gericht dann selbstständig berücksichtigte. Vielmehr müssen sich Tatsachen, die der amicus vorträgt, auf den Vortrag der Parteien beziehen. Äußerste Grenze ist sicherlich der Streitgegenstand des Verfahrens.37 Legislative facts hingegen können von amici selbstständig beigebracht werden, ohne dass es einer Ausnahme vom principle of party presentation bedürfte.38 Ebenso wie im Rahmen der Zulässigkeit des Tatsachenvortrags in der Rechtsmittelinstanz ist auch hier die Vorstellung vorherrschend, dass das Gericht die für die rechtlichen Fragestellungen relevanten Tatsachen selbst ermitteln können muss. 3.  Beweisverfahren und Beweiswürdigung – junk social science? Bevor untersucht werden kann, inwiefern der amicus den einschlägigen Regeln des Beweisrechts unterliegt, gilt es diese nachstehend in ihren Grundzügen darzustellen. Das Beweisverfahren vor den Bundesgerichten ist in den Fed. R. 36  Dies betonend beispielsweise Rustad/Koenig, 72 N.C. L. Rev. 91, 94 f. (1993); Collins/ Solowiej, 32 L. & Soc. Inquiry 955, 958 (2007); Garcia, 35 Fla. St. U. L. Rev. 315, 352 ff. (2008). 37  Der Streitgegenstand, claim oder cause of action, lässt sich kaum einheitlich fassen, zu den verschiedenen Kriterien zusammenfassend Friedenthal/Kane/Miller, Civil Proce­dure, S.  658 ff. und aus rechtsvergleichender Perspektive Zeuner, in: Bernstein/Drobnig/Kötz, Festschrift Zweigert, S.  603 ff. Es zeigen sich aber Ähnlichkeiten zum deutschen Recht, dazu sogleich unten §  11 A. II. 2., wenn etwa ein U.S.-amerikanisches Gericht eine identische cause of action annimmt, wenn „[two actions] deal with the same event […] and seek the same remedy.“, Miller v. United States, 438 F.Supp. 514, 522 (E.D. Pa. 1977). 38  Alliance of Automobile Mfrs. v. Gwadowsky, 297 F. Supp. 2d. 305, 308 (D. Me. 2003); Daggett v. Commission on Governmental Ethics and Election Practices, 172 F.3d 104, 112 (1st Cir. 1999); vgl. auch Orr Larsen, 100 Va. L. Rev. 1757, 1803 f. (2014); Rustad/Koenig, 72 N.C. L. Rev. 91, 94 f. (1993); Collins/Solowiej, 32 L. & Soc. Inquiry 955, 958 (2007); Garcia, 35 Fla. St. U. L. Rev. 315, 352 ff. (2008). Bei bestimmten atypischen legislative facts ist allerdings erneut fraglich, inwiefern die Beibringung solcher nicht doch eine explizite Ausnahme vom principle of party presentation darstellt, schließlich weisen diese teils einen sehr starken Einzelfallbezug auf.

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren 363

Evid. geregelt. Diese konkretisieren drei zentrale Grundsätze.39 Zunächst sollen nur solche Beweise in das Verfahren eingebracht werden, die dem Gericht bei der Entscheidungsfindung helfen können, R. 401 f. Fed. R. Evid. Diese Einschränkung ist vor allem prozessökonomischen Erwägungen geschuldet.40 Weiterhin dürfen Beweisstücke nicht in das Verfahren eingeführt werden, die zu einem unfair prejudice führen könnten, R. 403 Fed. R. Evid.41 Dabei wird beispielsweise die Wiedergabe vom Hörensagen als per se unfaire Vorverurteilung angesehen, so dass solche Beweise grundsätzlich ausgeschlossen sind.42 Es finden sich noch zahlreiche weitere Einschränkungen bezüglich bestimmter Arten von Beweisen, wie etwa Informationen über den Charakter einer Person, wenn damit bewiesen werden soll, die Person habe ihrem Charakter gemäß gehandelt.43 Der letzte zentrale Grundsatz des Beweisrechts ist es, bestimmte Beweise nicht zuzulassen, die aus einem privilegierten Verhalten erwachsen sind, wie etwa die Kommunikation zwischen Anwalt und Mandant.44 Neben diesen Grundsätzen ist zudem zu beachten, dass im U.S.-amerikanischen Recht Urkunden und Augenscheinsobjekte durch Zeugen in das Verfahren eingebracht werden und diese einem Kreuzverhör unterzogen werden können.45 Es zeigt sich, dass das U.S.-amerikanische Zivilprozessrecht eine Reihe von Regeln enthält, um ein faires Beweisverfahren sicherzustellen. Fraglich ist, ob Tatsachen in amicus-Stellungnahmen ein solches Beweisverfahren durchlaufen müssen. Dabei ist zunächst daran zu erinnern, dass amici nicht den prozessualen Status eines Sachverständigen innehaben, sondern vielmehr als ein Instrument sui generis qualifiziert werden.46 In einer älteren Entscheidung des 2nd Circuit heißt es zur Frage, ob amici den Regeln des Beweisverfahrens unterliegen: „The friend’s statements, if of evidential value, must, like other evidence, be weighed and tested by legal rule.“47 Diese Ansicht aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Vielmehr ist in der Literatur einhellige Meinung, tatsächliche Stellungnahmen in amicus briefs unterlägen nicht den Regeln des Beweisrechts.48 Auch in den Dazu Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  499 ff. Vgl. näher Graham, in: Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, §  5162, 5162.1, 5162.2. 41  Hierzu mit anschaulichem Beispiel Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  500 f. 42  Näher R. 802 ff. Fed. R. Evid. 43  Zu diesem und weiteren Beispielen Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  502. 44  Näher Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  503. 45  Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, S.  272; zum Kreuzverhör auch R. 611 (b) Fed. R. Evid. Zum Einbringen der Beweismittel auch Broun, McCormick on Evidence, S.  7 ff. 46  Dazu oben §  2 C. 47  The Claveresk, 264 F. 276, 279 (2nd Cir. 1920). 48  Rustad/Koenig, 72 N.C. L. Rev. 91, 95 (1993); Simard, 27 Rev. Litig. 669, 675 (2008); 39 

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einschlägigen Urteilen mit amicus-Beteiligung finden sich keine Anzeichen einer Kontrolle der faktischen Stellungnahmen der amici.49 Tatsächliche Ausführungen in amicus briefs können daher unmittelbar vom Gericht herangezogen werden, ohne dass diese wie andere Tatsachen überprüft würden. Ein Erklärungsansatz hierfür ist, dass sich in den jeweiligen Verfahren amici sowohl auf der Kläger- als auch auf der Beklagtenseite beteiligen und daher ein natürliches Gleichgewicht ihrer Stellungnahmen hergestellt wird.50 Im Einzelfall kann dieser Mechanismus aber versagen, etwa wenn sich amici nur einseitig beteiligen oder in ihren Stellungnahmen nicht Bezug aufeinander nehmen. Möglich ist zudem, wie bereits gezeigt, dass die Parteien auf die amicus-Stellungnahmen reagieren51 und ihrerseits die tatsächlichen Ausführungen überprüfen. Zwar ist eine solche Überprüfung vorstellbar, einem fairen Verfahren wäre jedoch sicherlich besser gedient, wenn das Gericht diese Überprüfung leitete. Zudem gehen die Parteien zumeist nicht auf amicus-Stellungnahmen ein.52 In diesem Zusammenhang ist erneut in Erinnerung zu rufen, dass sich teilweise bis zu 100 verschiedene amici am Verfahren beteiligen.53 Eine Überprüfung jedes einzelnen briefs stellte die Parteien daher allein im Hinblick auf den notwendigen Arbeitseinsatz vor eine immense Herausforderung.54 Auch kann erst die Auseinandersetzung mit einem amicus aus Sicht der Partei dazu führen, dass gerade dadurch dem brief eine ungewünschte Aufmerksamkeit zukommt.55 Allerdings ist in diesem Falle eine fehlgeleitete Parteitaktik ursächlich und nicht ein unzureichendes Verfahren. Ein valider Grund für eine fehlende Reaktion könnten jedoch die gemäß R. 33.1 (g) (vi) S.Ct. Rules bestehende Wortanzahllimitierungen auf 15.000 Wörter in Parteischriftsätzen on the merits Simmons, 42 Conn. L. Rev. 185, 209 (2009); Maultzsch, Streitentscheidung und Normbildung durch den Zivilprozess, S.  425. 49  In den Beispielsfällen oben bei §§  2 B. I. 3. b) aa), cc), 11 A. I. 1. finden sich keine Anzeichen eines Beweisverfahrens. 50  Cross, Decision Making in the U.S. Courts of Appeals, S.  131; Maultzsch, Streitentscheidung und Normbildung durch den Zivilprozess, S.  426. 51  Dazu oben §  9 A. I. 1. 52  Von den 124 tatsächlichen Ausführungen in amicus briefs in den Jahren 2008 bis 2013, auf die der Supreme Court zurückgriff, wurden nur 35 von einer der beiden Parteien bestritten, Orr Larsen, 100 Va. L. Rev. 1757, 1801 (2014). 53  Dazu oben §  8 B. II. 6. 54  Orr Larsen, 100 Va. L. Rev. 1757, 1801(2014) spricht davon, dass das adversary system in diesem Zusammenhang nicht funktioniere. Auch aus den eben genannten Quellen, die feststellen, dass amici nicht den Regeln des Beweisrechts unterliegen, geht eine mangelhafte Funktion hervor. Kühne, Amicus Curiae, S.  116 formuliert, dass eine Kontrolle durch die Parteien in einer ernsthaften Form nicht mehr zu bewerkstelligen sei. 55  Orr Larsen, 100 Va. L. Rev. 1757, 1801 (2014).

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sein.56 Diesbezüglich ermöglicht R. 33.1 (d) S.  5 S.Ct. Rules jedoch Ausnahmen. Insgesamt versagt jedoch das traditionelle adversary modell der Beweiserhebung in Bezug auf Tatsachen in amicus briefs weitgehend. Dies ist aber eine systemimmanente Schwäche der Feststellung von Tatsachen in der Rechtsmittelinstanz im Allgemeinen und der von legislative facts im Besonderen. Bereits erörtert wurde, dass grundsätzlich die Rechtsmittelinstanz nicht der richtige Ort ist, um Tatsachen zu gewinnen.57 Vielmehr sind die Eingangsinstanzen hierauf ausgelegt. Dort wird im Rahmen des trial den oben dargestellten Grundsätzen des Beweisverfahrens, etwa durch Kreuzverhöre und Ähnlichem, Genüge getan. Diese Möglichkeiten sind in dem Verfahrensablauf eines Rechtsmittelgerichts schlichtweg nicht vorgesehen. Bei legislative facts bestehen zudem Unklarheiten, wie eine Überprüfung durchzuführen ist. Allgemein ist davon auszugehen, dass das übliche Beweisverfahren hinsichtlich solcher Tatsachen nicht gilt.58 Möglich ist es etwa, solche legislative facts mit Hilfe von Sachverständigen zu hinterfragen.59 Diese Möglichkeit wird aber lediglich vor den District Courts wahrgenommen.60 Die so ermittelten Tatsachen werden Teil des records 61 und sind daher das Ergebnis einer ordnungsgemäßen Beweisaufnahme, bei der insbesondere der aus dem adversary system herrührende Grundsatz der kontradiktorischen Feststellung des Streitstoffes62 umgesetzt wird. Der Makel einer solch fehlenden Überprüfung wird in der Praxis sichtbar. Beispielsweise wird von amicus-Stellungnahmen berichtet, die aufzeigen, dass Verfahren mit dem Gegenstand von Strafschadensersatz in einem bestimmten Zeitraum um 2000 % angestiegen sind, ohne aber offenzulegen, dass dieser Anstieg maßgeblich der Aufarbeitung von Asbest-Fällen geschuldet war und ohne die Nennung von absoluten Zahlen.63 Mittels solcher manipulativer Taktiken, die noch in vielerlei anderer Formen vorkommen,64 werden Fakten durch amici verdreht. Rustand und Koenig haben in diesem Zusammenhang den Begriff junk social science etabliert.65 Oftmals finden sich in amicus-Stellungnahmen auch keine Nachweise etwa für bestimmtes Zahlenmaterial. Stattdessen ziehen Gorod, 61 Duke L.J. 1, 60 (2011); Orr Larsen, 100 Va. L. Rev. 1757, 1801 (2014). Dazu oben §  11 A. I. 2. 58  Gorod, 61 Duke L.J. 1, 57 ff. (2011); Daggett v. Commission on Governmental Ethics and Election Practices, 172 F.3d 104, 112 (1st Cir. 1999); Simard, 27 Rev. Litig. 669, 675 (2008); Kühne, Amicus Curiae, S.  107 f. 59  Dazu näher Gorod, 61 Duke L.J. 1, 59 (2011). 60  Gorod, 61 Duke L.J. 1, 59 f. (2011). 61  Zum Record oben §  9 B. I. 1. 62  Dazu oben §  2 A. II. 2. c). 63  Dazu Rustad/Koenig, 72 N.C. L. Rev. 91, 147 (1993). 64  Dazu Rustad/Koenig, 72 N.C. L. Rev. 91, 143 ff (1993). 65  Siehe dazu den Aufsatztitel von Rustad/Koenig, 72 N.C. L. Rev. 91 (1993). 56  57 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

sich amici darauf zurück, anzugeben, die Information sei „on file with“66 oder liefern statt der Erbringung eines Nachweises Allgemeinplätze wie, dass an einem bestimmten Umstand keine Zweifel bestünden.67 Allerdings führen die bestehenden Offenlegungsverpflichtungen,68 die in den letzten Jahren einge-

66  Genauere Betrachtung verdient hier der Fall Caperton v. A.T. Massey Coal Co., 556 U.S.  868 (2009), zu diesem Fall bereits oben §  2 B. I. 3. a). Gegenständlich war die Frage, inwiefern es gegen die Grundsätze eines ordnungsgemäßen Verfahrens verstoße, sogenannter due process, wenn ein Richter sich nicht für befangen erklärt, nachdem sein Wahlkampf von einer Firma mit 3 Millionen US Dollar unterstützt wurde, jene Firma in erster Instanz zu einem Strafschadensersatz von 50 Millionen Dollar verurteilt wurde und absehbar war, dass der betreffende Richter in dem Rechtsmittelverfahren entscheiden werde, was er dann auch zugunsten der Firma tat. Chief Justice Roberts wandte sich gegen die Mehrheitsentscheidung, die von einem Verfahrensverstoß ausging und legte in seiner dissenting opinion dar, es gebe zahlreiche Beispiele dafür, dass die Zuwendung einer bestimmten Person dem Wahlkampf eines Richters geschadet und nicht genützt habe, Caperton v. A.T. Massey Coal Co., 556 U.S.  868, 901 (2009). Dieser Umstand lasse darauf schließen, dass hier kein extremer Fall vorliege, bei dem sich der Richter für befangen erklären solle, wenn er in einem Verfahren entscheide, bei dem die eine Partei den Wahlkampf des Richters mit 3 Millionen US $ unterstützt habe, ibid. Für die genannten Beispiele bezüglich schädlicher Zuwendungen bezieht sich Roberts auf einen amicus brief, Brief Of The Conference Of Chief Justices As Amicus Curiae In Support Of Neither Party, 2009 WL 45973; zu der Bedeutung dieses briefs und dem Umstand, dass der brief in Wahrheit gerade nicht in support of neither party ist, sondern vielmehr den petitioner unterstützt, Karst, 33 Seattle U. L. Rev. 633, 649 ff. (2010). Der brief bezieht sich auf einen Aufsatz in einem law journal, welcher sich wiederum auf eine E-Mail eines Richters eines einzelstaatlichen Gerichts bezieht, in der ausgeführt wird, entsprechende Information sei on file with, Brief Of The Conference Of Chief Justices As Amicus Curiae In Support Of Neither Party, 2009 WL 45973, S.  27 Fn.  50. Pointiert könnte man formulieren, ein Richter ist der Meinung, die Wahlkampffinanzierung gefährde nicht den due process, weil ein anderer Richter meint, dass die Wahlkampffinanzierung teilweise gar nicht helfe. Zu diesem Beispiel auch Orr Larsen, 100 Va. L. Rev. 1757, 1785 (2014). Weitere Beispiele aus der Rechtsprechung des Supreme Courts, die einen problematischen Umgang mit der Überprüfung von Tatsachen offenbaren bei Orr Larsen, ibid. 67  In Florence v. Board of Chosen Freeholders of County of Burlington, 132 S.Ct. 1510 (2012), stand die Frage im Raum, inwiefern Häftlinge routinemäßig einer Ganzkörperuntersuchung unterzogen werden dürfen. Justice Kennedy nahm dabei in der Mehrheitsentscheidung auf den Brief on Behalf of Amici Curiae, Policemen’s Benevolent Association, Local 249, Policemen’s Benevolent Association, Local 199, Policemen’s Benevolent Association, Local 177, Policemen’s Benevolent Association, Local 109, and Policemen’s Benevolent Association, Local 167, in Support of Respondents, 2011 WL 3088399 Bezug, um darzustellen, dass sich die Anzahl von Gang-Mitgliedern erhöht habe, Florence v. Board of Chosen Freeholders of County of Burlington, 132 S.Ct. 1510, 1518 (2012). Der fragliche brief führt lediglich aus, dass an diesem Umstand kein Zweifel bestehe, „There is no doubt that gangs are becoming increasingly prevalent in correctional facilities“, a. a. O., S.  14; hierzu Orr Larsen, 100 Va. L. Rev. 1757, 1785 f. (2014). 68  Dazu oben §  8 B. I. 2. b) ee).

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führt wurden,69 dazu, ein Mehr an Transparenz herzustellen. Dies ist eine wichtige Entwicklung, da es so den Gerichten ermöglicht wird, die hinter dem amicus stehenden finanziellen Mittel zu erkennen und dessen Aussagen vor diesem Hintergrund zu bewerten. Hinsichtlich der Beweiswürdigung einer amicus-Stellungnahme gilt, dass aufgrund des fehlenden Beweisverfahrens bei einem Widerspruch zwischen einem formal erhobenen Beweis und einem amicus brief, Ersterem der Vorzug gegeben werden sollte.70 Tatsachen in amicus-Stellungnahmen sollten nur ergänzend herangezogen werden. Dort können sie hinsichtlich wichtiger Hintergrundinforma­ tionen und legislative facts dem Gericht aber eine wertvolle Hilfe sein. Allerdings empfiehlt es sich für das Gericht in diesem Zusammenhang genau zu prüfen, inwiefern die Tatsachen, die der amicus beibringt, auch durch Nachweise belegt sind. Zusammenfassend ist der sich in letzter Zeit verstärkt herauskristallisie­ rende71 sorglose Umgang im Hinblick auf Tatsachen in amicus-Stellungnahmen kritikwürdig. Die momentane Rechtslage leidet unter systemimmanenten Schwächen hinsichtlich der Kontrolle von Tatsachen in amicus briefs. Im Hinblick auf amicus-Stellungnahmen haben sich zudem Beispiele gezeigt, in denen die Güte der vom amicus verwandten Tatsachen nicht nachprüfbar war und die Gerichte diese dennoch verwendeten. Weiterhin erschwert die bestehende Rechtslage es den Parteien, angemessen auf diese Tatsachen zu reagieren. Vor diesem Hintergrund ist abschließend auf einige Reformmöglichkeiten einzugehen. Möglich wäre zunächst eine Ergänzung von R. 37 S.Ct. Rules beziehungsweise R. 29 FRAP dergestalt, dass amici im Falle der Beibringung von Tatsachen wie etwa Statistiken und ähnlichen Informationen stets auf eine veröffentlichte Quelle zu verweisen haben.72 Der bloße Hinweis „on file with“ 69 

R. 29 (c) (5) FRAP wurde im Zuge der Änderungen im Jahre 2010 eingeführt, dazu Committee Notes on Rules – 2010 Amendment, R. 29 FRAP, Subdivision (c). 70  Vgl. hierzu Von Saher v. Norton Simon Museum of Art at Pasadena, 754 F.3d 712, 724 (9th Cir. 2014). 71  Aktuelle Entwicklungen deuten darauf hin, dass sich diese Problematik in dem Zeitraum von 2004 bis 2014 verschärft hat. Bei Lynch, 20 J. L. & Pol. 33, 65 (2004) findet sich noch das Zitat eines Supreme Court Clerks, aus dem sich ergibt, dass Tatsachen in amicus briefs einer sehr sorgfältigen Prüfung unterzogen werden und sich die Richter bewusst sind, dass diese Tatsachen auch manipuliert sein können. Kühne, Amicus Curiae, S.  116 f. greift diesen Gedanken auf und merkt an, dass sich der Supreme Court nicht ohne Prüfung auf amici verlassen würde. Orr Larsen, 100 Va. L. Rev. 1757, 1775 f. (2014) hingegen verdeutlicht, dass innerhalb der letzten zehn Jahre – bezogen auf das Erscheinen ihres Aufsatzes im Jahre 2014 – legislative facts eine zunehmend bedeutendere Rolle bei der Entscheidungsfindung des Supreme Courts spielen. In diesem Zusammenhang erfolge auch keine sorgfältige Überprüfung von Tatsachen in amicus-Stellungnahmen mehr. 72  Rustad/Koenig, 72 N.C. L. Rev. 91, 157 (1993); Orr Larsen, 100 Va. L. Rev. 1757, 1811 f. (2014), ohne auf Rustad/Koenig zu verweisen.

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wäre dann nicht mehr ausreichend. Im Hinblick auf ein angemessenes kontradiktorisches Verfahren wäre es zudem denkbar, dass das Rechtsmittelgericht nach Sichtung der amicus briefs den Parteien mitteilt, welche tatsächlichen Aussagen es für sein Urteil heranzuziehen gedenkt.73 Anschließend könnten die Parteien – beschränkt allein auf diese Tatsachen – hierzu Stellung beziehen. Ein solches Vorgehen könnte zwar im Einzelfall das Verfahren verzögern, aber der damit einhergehende Gewinn einer Überprüfung von Tatsachen in amicus briefs scheint dies zu rechtfertigen. Setzt man diese Vorschläge um, könnten wesentliche Bedenken bezüglich der derzeitigen Praxis entschärft werden.

II.  Europäisches und deutsches Kartellrecht 1.  Rechtsfortbildungstatsachen im Zivilprozess Im europäischen Kartellrecht sind Stellungnahmen der Kommission bisher mehrheitlich zu rechtlichen Aspekten ergangen.74 Gleiches gilt auch für Stellungnahmen des Bundeskartellamts.75 Für das Bundeskartellamt ist allerdings §  90 Abs.  2 S.  1 GWB zu beachten, der es dem Amt ermöglicht, auf Tatsachen und Beweismittel hinzuweisen. Auch wird in der Literatur berichtet, dass das Kartellamt in seinen Stellungnahmen teils auch eine Folgenabwägung anstellt, welcher tatsächliche Aspekte zugrunde liegen.76 Möglich wäre eine solche Folgenabwägung auch bei einer Stellungnahme der Kommission. Ferner kann sich eine Stellungnahme von Kommission oder Bundeskartellamt mit den tatsächlichen Marktverhältnissen beschäftigen. Es lassen sich daher zahlreiche Anwendungsbeispiele für tatsächliche Elemente in Stellungnahmen von Kommission und Bundeskartellamt finden.77 Ähnlich wie im U.S.-amerikanischen Zivilprozessrecht sind auch im deutschen Zivilprozessrecht zwei unterschiedliche Arten von Tatsachen zu unterscheiden. Ausgangspunkt sind dabei die gemeinen, teils auch Subsumtionstat­ sachen genannten Tatsachen. Solche Tatsachen werden definiert als, „die konkreten nach Raum und Zeit bestimmten, vergangenen oder gegenwärtigen Geschehnisse und Zustände der Außenwelt (äußere Tatsachen) und des menschlichen Seelenlebens (innere Tatsachen), die das objektive Recht zur Voraus­ setzung einer Rechtswirkung gemacht hat.“78 Merkmal dieser Subsumtions­ Vgl. Gorod, 61 Duke L.J. 1, 60 (2011); Orr Larsen, 100 Va. L. Rev. 1757, 1812 f. (2014). Dazu oben §  3 B. I. 5. 75  Dazu oben §  3 B. II. 76  Dazu oben §  3 B. II. 77  Dazu oben §  3 B. I. 5., II. 78  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, S.  620 f. 73  74 

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tatsachen ist daher, dass sie jeweils dazu dienen, die tatsächlichen Begebenheiten im Hinblick auf die Voraussetzungen eines Rechtssatzes zu schildern. Neben diesen Subsumtionstatsachen spielen insbesondere in den höheren und höchsten Instanzen sogenannte Rechtsfortbildungstatsachen eine gewichtige Rolle.79 Diese dienen anders als Subsumtionstatsachen gerade nicht der Subsumtion. Vielmehr versetzen sie die Gerichte in die Lage, mit ihrer Hilfe neue Rechts­ sätze formulieren zu können.80 In der Literatur werden verschiedentlich Beispiele aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung genannt, bei denen sich die Gerichte solcher Rechtsfortbildungstatsachen bedienten.81 So hat der Bundesgerichtshof in einem Vaterschaftsprozess ein Gutachten des Bundesgesundheitsamts eingeholt, um generelle Rückschlüsse in Bezug auf Blutgruppengutachten ziehen zu können.82 Das Bundesarbeitsgericht hat einen Sachverständigen im Hinblick auf versicherungsmathematische Zusammenhänge bei Pensionsrückstellungen angehört.83 Allerdings bedienen sich die Obergerichte zumeist lediglich grober Erfahrungsätze und es fehlt eine ausdrückliche Erhebung von Rechtsfortbildungstatsachen.84 Eine amicus-Stellungnahme der Kommission oder des Bundeskartellamts kann Tatsachen enthalten, die sich lediglich auf den konkreten Fall beziehen und somit für die Subsumtion unter einen bestehenden Obersatz erforderlich Teilweise wird in der Literatur zusätzlich auf Normtatsachen abgestellt, etwa Foerste, in: Musielak/Voit, ZPO, §  284 Rn.  3; Schmidt, in: Broda u. a., Festschrift für Wassermann, S.  807 ff. Unter die Normtatsachen sollen auch solche Tatsachen fallen, die etwa für die Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs notwendig sind, jüngst hierzu ausführlich Kühne, Amicus Curiae, S.  184 ff., 225 ff. 80  So die prägnante Unterscheidung von Seiter, in: Grunsky u. a., Festschrift für Baur, S.  574 f. Ihm folgend unter anderem Hergenröder, Zivilprozessuale Grundlagen richterlicher Rechtsfortbildung, S.  350; Konzen, in: Schilken/Becker-Eberhard/Gerhardt, Festschrift für Gaul, S.  337; Schneider, Die Heranziehung und prozeßrechtliche Behandlung sog. Rechtsfortbildungstatsachen durch die Gerichte, S.  16 ff.; Prütting, in: Krüger/Rauscher, MünchKomm ZPO, Bd. 1, §  291 Rn.  20. 81  Schneider, Die Heranziehung und prozeßrechtliche Behandlung sog. Rechtsfortbildungstatsachen durch die Gerichte, S.  26 ff.; Seiter, in: Grunsky u. a., Festschrift für Baur, S.  573; Hergenröder, Zivilprozessuale Grundlagen richterlicher Rechtsfortbildung, S.  369 ff. 82  BGH, 17.12.1953, IV ZR 159/52, BGHZ 12, 22, 27 ff.; dazu auch: Hergenröder, Zivilprozessuale Grundlagen richterlicher Rechtsfortbildung, S.  373. 83  BAG, 10.03.1972, 3 AZR 278/71, BAGE 24, 177; dazu auch: Hergenröder, Zivilprozessuale Grundlagen richterlicher Rechtsfortbildung, S.  371. 84  „Rechtstatsächliche Untersuchungen der Folgen von Teilstreiks für die Konkurrenzsituation und die Verbandsolidarität fehlen. Aber der Senat kann einer Entscheidung nicht ausweichen und muß sich deshalb mit groben Erfahrungswerten begnügen.“, BAG, 10.06.1980, 1 AZR 822/79, BAGE 33, 140, 174. Dazu auch: Hergenröder, Zivilprozessuale Grundlagen richterlicher Rechtsfortbildung, S.  329 ff. 79 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

sind.85 Möglich ist aber auch, dass solche Stellungnahmen Rechtsfortbildungstatsachen in dem eben genannten Sinne enthalten. Dies gilt dann, wenn etwa Prognosen von Kommission oder Bundeskartellamt hinsichtlich der Auswirkungen der kartellrechtlichen Qualifizierung eines Verhaltens als wettbewerbswidrig durch das Gericht abgegeben werden. 2.  Tatsachenvortrag im Revisionsverfahren und Beibringungsgrundsatz Wird eine amicus-Stellungnahme in einem Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof eingebracht und umfasst eine solche Stellungnahme tatsächliche Aspekte, ist zunächst fraglich, inwiefern dies mit den Grundsätzen der Revision vereinbar ist. §  546 ZPO in Verbindung mit §  559 Abs.  1 S.  2 ZPO bringt deutlich zum Ausdruck, dass Gegenstand eines Revisionsverfahrens in der Regel nur die Überprüfung der rechtlichen Aspekte des Falls ist. Auch darf nach §  559 Abs.  1 S.  1 ZPO Gegenstand des Revisionsverfahrens grundsätzlich kein neuer Tatsachenvortrag sein.86 Diese beiden Regelungen werden jedoch im Hinblick auf Rechtsfortbildungstatsachen durchbrochen. Denn solche dienen wie gezeigt gerade dazu, die Fortentwicklung des Rechts zu ermöglichen und werden daher auch im Rahmen der Revision herangezogen.87 Subsumtionstatsachen können hingegen in amicus-Stellungnahmen im Rahmen eines Revisionsverfahrens grundsätzlich nicht berücksichtigt werden.88 Dies ist insofern jedoch keine wesentliche Einschränkung, als in der Praxis solche Stellungnahmen des Bundeskartellamts, soweit ersichtlich, bisher noch nicht vorkamen.89 In der Praxis der 85 

Dazu eben und oben §  3 B. I. 5., II. Subsumtionstatsachen werden eher eine Ausnahme sein, könnten aber etwa im Zusammenhang mit der Bestimmung von Marktanteilen eine Rolle spielen, wie auch das Beispiel oben bei §  3 B. I. 5. verdeutlicht. 86  Nach §  559 Abs.  1 S.  1 ZPO unterliegt der Beurteilung des Revisionsgerichts nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder den Sitzungsprotokollen ersichtlich ist. Allerdings können auch neue Subsumtionstatsachen berücksichtigt werden, wenn sie etwa von Amts wegen zu berücksichtigen sind oder sie nach Abschluss des Berufungsverfahrens entstanden sind, sofern sie unstreitig sind und schützenswerte Belange nicht entgegenstehen, dazu näher etwa BGH, 25.04.1988, II ZR 252/86, BGHZ 104, 215, 221; Heßler, in: Zöller, ZPO, §  559 Rn.  4 ff; Prütting, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, Bd. 7, 4.  Aufl., §  559 Rn.  41 ff. 87  Ausführlich Hergenröder, Zivilprozessuale Grundlagen richterlicher Rechtsfortbildung, S.  443 ff. Siehe auch Seiter, in: Grunsky u. a. Festschrift für Baur, S.  591 f.; Konzen, in: Schilken u. a., Festschrift für Gaul, S.  351 f.; Prütting, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, Bd. 7, 4.  Aufl., §  559 Rn.  60. 88  Es sei denn sie würden unter die eben beschriebene Ausnahme fallen, das heißt nach Abschluss des Berufungsverfahrens entstanden sein. 89  Siehe beispielsweise aus jüngster Zeit BGH, 31.01.2012, KZR 65/10, Rn.  32; BGH, 30.03.2011, KZR 6/09, Rn.  21; BGH, 30.03.2011, KZR 7/09, Rn.  21; BGH, 23.06.2009, KZR 58/07, Rn.  27. All diese Entscheidungen nehmen zwar auf einen Vortrag des Bundeskartell-

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren

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Kommission sind, soweit ersichtlich, ebenfalls lediglich Rechtsansichten gemäß Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003 vorgetragen worden. Allerdings stellt sich in den unteren Instanzen und für die Revision, innerhalb der eben aufgezeigten Grenzen, hinsichtlich des möglichen Vorbringens von Subsumtionstatsachen die Frage, ob das Gericht diese von sich aus berücksichtigen darf.90 Diese Frage stellt sich auch für die Rechtsfortbildungstatsachen. Im Folgenden ist zwischen diesen Arten von Tatsachen zu differenzieren. Hinsichtlich der Subsumtionstatsachen gilt zunächst der Beibringungsgrundsatz. Danach ist es Aufgabe der Parteien, den Streitstoff in das Verfahren einzubringen und den Beweis anzutreten.91 Der Beibringungsgrundsatz gilt allerdings nicht uneingeschränkt. In den §§  142, 143, 144, 273 Abs.  2 Nr.  2, 448 ZPO wird dieser gelockert.92 Da amicus-Stellungnahmen der Kommission und des Bundeskartellamts eine Nähe zu einem Sachverständigengutachten aufweisen und solche der Kommission teils als Einholung einer amtlichen Auskunft angesehen werden,93 verdienen insbesondere §§  144, 273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO eine nähere Betrachtung. §  144 Abs.  1 S.  1 ZPO dient dazu, undeutlichen beziehungsweise lückenhaften Vortrag der Parteien aufzuklären oder bestrittene Behauptungen festzustellen.94 Die Vorschrift dient gerade nicht einer Ausforschung des Sachveramts Bezug, greifen dabei jedoch nicht auf tatsächliche Ausführungen zurück. Auch Bornkamm, in: Langen/Bunte, Komm. zum dt. und europ. KartellR, Bd. 1, §  90 Rn.  10 f. und ­Zuber, Die EG-Kommission als amicus curiae, S.  101 zeigen keine Beispiele aus der Praxis auf, in denen das Bundeskartellamt Tatsachen vorträgt. 90  Diese Frage mag in der Praxis nicht von besonderer Relevanz sein, jedoch hat sie, wie gleich zu sehen ist, verschiedentlich in der Literatur Berücksichtigung gefunden, weswegen sie aus akademischer Perspektive heraus zu beantworten ist. 91  Siehe dazu etwa Jauernig/Hess, Zivilprozessrecht, S.  96 ff.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, S.  396 ff. 92  Hierzu etwa Greger, in: Zöller, ZPO, v. 128 Rn.  10 ff; Rauscher, in: MünchKomm ZPO, Bd. 1, Einl. Rn.  317. Bruns, in: Bruns/Münch/Stadler, Die Zukunft des Zivilprozesses, S.  59, spricht davon, dass das Gericht selbst über Parteibehauptungen Beweis erheben kann. Musielak/Voit, Grundkurs ZPO, S.  272 sprechen von einer Durchbrechung des Verhandlungsgrundsatzes aufgrund einer Beweiserhebung von Amts wegen. Rosenberg/Schwab/ Gottwald, Zivilprozessrecht, S.  396 ff., sprechen davon, dass das Gericht alle Beweismittel außer dem Zeugenbeweis von Amts wegen erheben kann. 93  Dazu oben §  3 D. 94  Fritsche, in: Krüger/Rauscher, MünchKomm ZPO, Bd. 1, §  144 Rn.  1; Stadler, in: Musielak/Voit, ZPO, §  144 Rn.  1; vgl. auch Greger, in: Zöller, ZPO, §  144 Rn.  1 f., der formuliert §  144 ZPO gebe dem Gericht die Möglichkeit, „sich die zum rechten Verständnis des Parteivorbringens erforderliche Anschauung oder Sachkunde vAw [von Amts wegen] zu verschaffen.“ Vorsichtiger Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, S.  408, die von einer Feststellung der Parteibehauptungen sprechen. Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO, Bd. 3, §  144 Rn.  7 f. untersucht die Befugnisse des Gerichts von der Warte eines möglichen Ermessens-

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

halts.95 Im Hinblick auf §  273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO ist zu beachten, dass eine solche amtliche Auskunft ausweislich des Wortlauts vom Gericht selbst eingeholt werden kann. Allerdings ist etwa die Beiziehung von Akten nur zulässig, sofern sich die Parteien auf einen bestimmten Aktenteil bezogen haben.96 Hinsichtlich sonstiger Auskünfte ist es nach überwiegender Meinung möglich, informatorische und beweisvorbereitende Informationen beizuziehen.97 Im Hinblick auf die selbstständige Berücksichtigung von Subsumtionstat­ sachen im Rahmen einer Stellungnahme des Bundeskartellamts herrscht in der Literatur weitgehend Einigkeit, dass die Parteien sich den Vortrag des Bundeskartellamts zu eigen machen müssen, wollen sie die darin enthaltenen Tatsachen verwerten.98 Lediglich Meyer-Lindemann geht wegen §  144 ZPO davon aus, das Gericht könne Stellungnahmen des Bundeskartellamts selbstständig berücksichtigen.99 Diesbezüglich ist jedoch auf die eben dargestellten Grenzen dieser Norm zu verweisen. §  144 ZPO dient gerade dazu, das Vorbringen der Parteien aufzuklären. Die Initiative hierfür liegt beim Gericht. Gibt nunmehr das Bundeskartellamt eine eigene Stellungnahme ab, wird damit ein gänzlich anderer Zweck verfolgt. Aus wertender Perspektive besteht ein wesentlicher Unterschied, ob sich eine Behörde entschließt, selbstständig tätig zu werden, oder vom Gericht hierzu gebeten wird. Im ersteren Fall spielen die Interessen der spielraums aus und kommt zu dem Ergebnis, dass das Gericht im Rahmen der Einholung eines Sachverständigengutachtens grundsätzlich ein größeres Ermessen genieße als beispielsweise bei der Einnahme von Augenschein von Amts wegen, da primär das Gericht selbst seinen Grad an Sachkunde zu beurteilen habe. 95  BT-Drucks. 14/6036, S.  120, sowie etwa Fritsche, a. a. O. und Stadler, a. a. O. 96  BVerfG, 06.03.2014, 1 BvR 3541/13, NJW 2014, 1581 Rn.  22. Das Bundesverfassungsgericht verweist dabei auf eine Entscheidung des Bundesgerichthofs zu §  432 ZPO, in der dieser ähnliche Grundsätze im Rahmen des §  432 ZPO aufstellte, BGH, 12.11.2003, XII ZR 109/01, NJW 2004, 1324, 1325; zum Ganzen auch Greger, in: Zöller, ZPO, §  273 Rn.  7a sowie Hohlfeld, Die amtliche Auskunft im Zivilprozeß, S.  137 ff. 97  Prütting, in: Krüger/Rauscher, MünchKomm ZPO, Bd. 1, §  273 Rn.  22; Greger, in: Zöller, ZPO, §  273 Rn.  7. Vgl. aber Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, S.  408. 98  Brose/Helmcke, WuW 1981, 845, 848; Hitzler, WuW 1982, 509, 510, 512; Bornkamm, in: Langen/Bunte, Komm. zum dt. und europ. KartellR, Bd. 1, §  90 Rn.  11 und Zuber, Die EG-­Kommission als amicus curiae, S.  101; Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, Münch­Komm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 2, §  90 GWB Rn.  10; Schmidt, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, GWB, Bd. 2, §  90 GWB Rn.  1; Kühne, Amicus Curiae, S.  279. An dieser Ansicht vermag auch der Hinweis in §  90 Abs.  2 S.  1 GWB nichts zu ändern, der es dem Bundeskartellamt gestattet, auf Beweismittel hinzuweisen. Denn der Hinweis auf ein Beweismittel ist mit dessen Verwertung nicht vergleichbar. 99  Meyer-Lindemann, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 6, §  90 GWB Rn.  2. Wenngleich er auch herausstellt, dass der Beibringungsgrundsatz gelte. Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 2, §  90 GWB Rn.  10 formuliert, dass §  144 ZPO nicht ohne Weiteres anwendbar sei.

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren 373

Behörde, wie etwa ein ordnungspolitisches Interesse, eine wichtige Rolle. In letzterem Fall kann hingegen das Sachaufklärungsinteresse des Gerichts be­ troffen sein. Dem hier erörterten erstem Fall dient §  144 Abs.  1 ZPO aber gerade nicht, so dass dessen Heranziehen nicht überzeugt.100 Indes kann das Gericht die Parteien auffordern, zu dem Vortrag des Bundeskartellamts Stellung zu beziehen101 und so die Parteien auf eine mögliche Bezugnahme aufmerksam machen. Die soeben zitierten Meinungen in der Literatur, Stellungnahmen des Bundeskartellamts seien unter Wahrung des Beibringungsgrundsatzes abzugeben und die Parteien müssten sich daher den Vortrag des Kartellamts zu eigen machen, differenzieren nicht zwischen Subsumtions- und Rechtsfortbildungstatsachen. Hingegen ist eine solche Differenzierung geboten. Rechtsfortbildungstatsachen können nämlich vom Gericht selbst erhoben werden.102 Denn der Beibringungsgrundsatz fußt seinerseits darauf, dass der Rechtsstreit den Interessen der beiden Parteien dient und es daher deren Aufgabe ist, den Streitstoff beizubringen.103 In Verfahren höherer Instanzen hingegen kommt neben dem Interesse der Parteien noch das Interesse der Öffentlichkeit an der Fortbildung des Rechts hinzu. In der Revisionsinstanz steht der Einzelfall hinter dem Interesse der Fortbildung des Rechts völlig zurück.104 Schon hieraus folgt, dass für Rechtsfortbildungstatsachen der Beibringungsgrundsatz nicht gelten kann. Denn die Parteien werden sich mit ihrem Tatsachenvortrag auf den jeweiligen Rechtsstreit beziehen, nicht aber generelle Tatsachen zur Fortbildung des Rechts anführen.105 Auch ist es der Entschluss und die Aufgabe des Gerichts, das Recht fortzubilden. Insofern muss aber auch bei ihm die Initiative liegen, diesbezüglich Tatsachen einzuholen.106 Der Beibringungsgrundsatz kann daher für die Gewinnung von Rechtsfortbildungstatsachen keine Geltung beanspruchen. 100  Zu letzterem Fall, das heißt Stellungnahmen auf Anfrage des Gerichts, siehe unten §  12 B. I. 101  Darauf hinweisend Bornkamm, in: Langen/Bunte, Komm. zum dt. und europ. KartellR, Bd. 1, §  90 Rn.  11. 102  Hergenröder, Zivilprozessuale Grundlagen richterlicher Rechtsfortbildung, S.  401 ff.; Seiter, in: Grunsky u.A, Festschrift Baur, S.  589 f.; Schneider, Die Heranziehung und prozeßrechtliche Behandlung sog. Rechtsfortbildungstatsachen durch die Gerichte, S.  76 ff.; Hirte, ZZP 104 (1991), 11, 47. 103  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, S.  397; darauf hinweisend auch Hergenröder, Zivilprozessuale Grundlagen richterlicher Rechtsfortbildung, S.  398. 104  Dazu ausführlich Maultzsch, Streitentscheidung und Normbildung durch den Zivilprozess, S.  92 ff. 105  Hergenröder, Zivilprozessuale Grundlagen richterlicher Rechtsfortbildung, S.  400 f. 106  Hierauf hinweisend Schneider, Die Heranziehung und prozeßrechtliche Behandlung sog. Rechtsfortbildungstatsachen durch die Gerichte, S.  77.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Vielmehr kann das Gericht solche Tatsachen in amicus-Stellungnahmen auch selbstständig heranziehen. Zu prüfen ist, ob sich die soeben gefundenen Ergebnisse auch auf Stellungnahmen der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003 übertragen lassen. Im Hinblick auf das Einbringen von Rechtsfortbildungstatsachen ist dies zu bejahen. Es besteht kein sachlicher Grund die Stellungnahme der Kommission anders zu behandeln als diejenige des Kartellamts. Bezüglich Subsumtionstatsachen ist einschränkend zunächst zu berücksichtigen, dass solche durch die Kommission nur in Ausnahmefällen vorgetragen werden.107 Wenn jedoch die Kommission im Rahmen ihrer Stellungnahme beispielsweise eine wirtschaft­ liche Analyse abgeben würde, welche im konkreten Fall notwendig wäre, um die Einschlägigkeit eines Tatbestandmerkmals zu prüfen, stellt sich die Frage, inwiefern darin enthaltene Tatsachen selbstständig vom Gericht verwertet werden könnten. Aus den eben genannten Gründen können weder §  144 Abs.  1 ZPO noch §  273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO entsprechend herangezogen werden.108 Zu überlegen ist aber, inwiefern eine europarechtliche Ausnahme vom Beibringungsgrundsatz angenommen werden kann. Begründen ließe sich eine solche mit dem effet utile der Regelung des Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003. Würde man den Standpunkt einnehmen, die Kommission könne im Rahmen dieser Norm zwar Tatsachen vortragen, das Gericht dürfe sie aber nur heranziehen, wenn eine der Parteien auf sie Bezug nehme, ist fraglich, ob dies den effet utile wahrte. Becker weist darauf hin, eine solche Sichtweise würde gerade nicht den effet utile der Regelung unterlaufen.109 Denn der EuGH habe es für die effektive Anwendung des Kartellrechts nicht als erforderlich erachtet, dass die Zivilgerichte ihre durch die Geltung des Beibringungsgrundsatzes verordnete Passivität aufgeben.110 Dies vermag nicht zu überzeugen. Die Entscheidung des EuGH rührt aus dem Jahre 1995 her111 – also vor Geltung der VO 1/2003 –, so dass Fragen der Freistellung noch zentral von der Kommission beantwortet wurden. Wie gesehen hat sich im Zuge der Dezentralisierung die Ansicht durchgesetzt, dass die Kommission auch mittels effektiver Instrumente für eine kohärente Kartellrechtsanwendung sorgen können muss.112 Daher ist entgegen der Ansicht 107 

Dazu oben §§  11 A. II. 1., 3 B. I. 5. Beiden Normen ist gemein, dass sie von einer Initiative des Gerichts ausgehen. 109  Becker, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, Bd. 2, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  81. 110  Becker, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, Bd. 2, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  81 unter Verweis auf EuGH, 14.12.1995, verb. Rs. C-430/93 und C-431/93, Jeroen van Schijndel und Johannes Nicolaas Cornelis van Veen gegen Stichting Pensioenfonds voor Fysiotherapeuten, Slg. 1995 I-4705, 4738. 111  EuGH, a. a. O. 112  Siehe oben §  3 B. 108 

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren

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von Becker der effet utile der VO 1/2003 nicht durch solche Entscheidungen des EuGH determiniert, die lange vor dem Systemwechsel der VO 1/2003 ergingen. Vielmehr ist das Ausmaß der Notwendigkeit für eine praktische Wirksamkeit des Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003 den geänderten Umständen anzupassen und anhand dieser zu beurteilen. Der Kommission muss es möglich sein, sämtliche Rechte, die sich aus der VO 1/2003 ergeben, losgelöst von den Fragen des nationalen Verfahrensrechts wahrzunehmen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Kommission mit ihrer Stellungnahme auch ordnungspolitische Interessen wahrnimmt. Für eine solche Sichtweise spricht ferner, dass es in der Bekanntmachung über die Zusammenarbeit 2004 heißt, die in Art.  15 VO 1/2003 genannten Rechte gehen zwingenden Verfahrensvorschriften der Mitgliedstaaten vor.113 Insofern kann in eng umgrenzten Ausnahmefällen vom Beibringungsgrundsatz abgewichen werden.114 Die durch die Kommission vorgetragenen Tatsachen, müssen sich aber im Rahmen des Streitgegenstands115 bewegen 113  Bekanntmachung über die Zusammenarbeit, 2004, Rn.  9, 21. Anders noch die Bekanntmachung über die Zusammenarbeit 1993 Rn.  9, die davon spricht, dass das nationale Verfahrensrecht maßgeblich sei. 114  So für den Fall des Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 Cumming/Spitz/Janal, Civil Procedure Used for Enforcement of EC Competition by the English, French and German Civil Courts, S.  256 f.; Wurmnest, in: Behrens/Braun/Nowak, Europäisches Wettbewerbsrecht im Umbruch, S.  235, wobei nicht klar wird, inwiefern nur das Einholen einer Auskunft zulässig sein soll oder auch deren Verwertung; Jaeger, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 3, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  16, der zum einen formuliert es bedürfe keines Beweisantrags, um die Informationen der Kommission zum Prozessstoff machen zu können, was für eine umfassende Ausnahme vom Beibringungsgrundsatz im Sinne des Einholens und Verwertens von Informationen spricht, der aber einige Zeilen später formuliert, die Parteien müssten sich den Vortrag zu eigen machen. Diese Differenzierung dürfte vor dem Hintergrund des §  286 Abs.  1 S.  1 ZPO fraglich sein. Die Norm lautet: „Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.“ Dies verdeutlicht, dass wenn man davon ausgeht, die Informationen der Kommission seien Teil des Prozessstoffes, man auch davon auszugehen hat, dass diese verwertet werden können. Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/ Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  30 verhält sich zu der Frage des Beibringungsgrundsatzes bei Stellungnahmen der Kommission aus eigener Initiative nicht explizit, da seiner Auffassung folgend, von diesen Stellungnahmen bereits keine Tatsachen umfasst sein können. Das hier im Einzelfall auch Tatsachen umfasst sein können, wurde oben bei §  3 B. I. 5. gezeigt und auch bei §  11 A. II. 1. verdeutlicht. Ablehnend hingegen Grimm, Die Rechtsfigur des Amicus curiae im Kartellzivilprozess, S.  259 f., unter Verweis auf Ihre Ausführungen zu Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003, dazu unten §  12 B. I. 115  Verstanden als zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff, Klageantrag und Lebenssachverhalt, näher Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, S.  506 ff.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

und können diesen gerade nicht erweitern. Eine solche Erweiterung ist nämlich aus Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003 nicht abzuleiten.116 3.  Beweisverfahren und Beweiswürdigung Auch für tatsächliche Elemente in amicus-Stellungnahmen der Kommission und des Bundeskartellamts stellt sich die Frage, inwiefern diese das Beweisverfahren der ZPO durchlaufen müssen. Dabei gilt es auch im Rahmen dieses Abschnitts, zunächst auf die Anforderungen des Beweisverfahrens einzugehen. Grundsätzlich sieht der Beibringungsgrundsatz stets den Beweisantritt durch eine Partei vor.117 Allerdings wurde dieser Grundsatz unter anderem durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27.07.2001 wie bereits gesehen in den §§  142, 143, 144, 273 Abs.  2 Nr.  2, 448 ZPO stark abgeschwächt.118 Nunmehr bedarf lediglich die Vernehmung von Zeugen eines gesonderten Beweisantritts.119 Im Hinblick auf Stellungnahmen der Kommission oder des Bundeskartellamts aufgrund deren eigener Initiative passen diese Ausnahmen wie gesehen jedoch nicht. Daher sollten Subsumtionstatsachen in einer Stellungnahme des Bundeskartellamts zunächst von der jeweiligen Partei aufgegriffen und deren eigenem Vortrag beigefügt werden. Bestreitet nun die andere Partei diesen neuerlichen Tatsachenvortrag, ist über den strittigen Vortrag Beweis zu erheben.120 Hat sich das Bundeskartellamt schriftlich geäußert, kann sein Vortrag als Urkunde in 116  Aufgrund der hier vertretenen europarechtlichen Ausnahme vom Beibringungsgrund­ satz, könnte man sich fragen, inwiefern die Beibringung solcher Subsumtionstatsachen, die nicht schon per se im Revisionsverfahren berücksichtigt werden können, dazu oben § 11 Fn.  86, auch im Rahmen der Revision zulässig sein können. Allerdings wurde gezeigt, dass die Revisionsinstanz grundsätzlich nicht der geeignete Ort ist, um neue Subsumtionstat­sa­ chen festzustellen. Eine europarechtliche Ausnahme von diesen Grundsätzen ist nicht angezeigt. Für eine effektive Durchsetzung der Regelung des Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003 ist es ausreichend, wenn die Kommission in der Berufungsinstanz neue Subsumtionstatsachen vortragen kann. Dort könnte die Kommission nach §§  529 Abs.  1 Nr.  2, 531 Abs.  2, insb. Nr.  1, 3 ZPO neue Subsumtionstatsachen einbringen. Damit wird auch dem effet utile Genüge getan, da die Kommission von dem erstinstanzlichen Urteil gemäß Art.  15 Abs.  2 VO 1/2003, dazu bereits oben §  3 B. I. 1., Kenntnis erhält und daher nach eigenem Ermessen an dem Berufungsverfahren teilnehmen kann. Tut sie dies nicht, besteht keine Erforderlichkeit, ihr eine erneute Teilnahme an dem Revisionsverfahren dergestalt zu ermöglichen, dass sie dort Subsumtionstatsachen vortragen könnte. 117  Musielak/Voit, Grundkurs ZPO, S.  272; vgl. auch Jauernig/Hess, Zivilprozessrecht, S.  208. 118  Dazu oben §  11 A. II. 2. 119  Dazu oben §  11 A. II. 2. 120  Bornkamm, in: Langen/Bunte, Komm. zum dt. und europ. KartellR, Bd.1, §  90 GWB Rn.  11; Nothdurft, in: MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 2, §  90 GWB Rn.  10.

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den Prozess eingebracht werden. Andernfalls wäre es möglich, den Vertreter des Bundeskartellamts als Zeugen zu benennen.121 Den Tatsachenvortrag der Kommission kann das Gericht unmittelbar zum Gegenstand seiner Entscheidung machen, andernfalls wäre der europarechtliche effet utile der Regelung nicht mehr gegeben.122 Bestreitet eine der Parteien den Vortrag, wäre hierüber ebenfalls Beweis zu erheben. Wiederum anders stellt sich die Lage hinsichtlich des Vortrags von Rechtsfortbildungstatsachen dar, die wie gesehen auch in der Revisionsinstanz erhoben werden können. Daher scheint es überlegenswert, deren beweisrechtliche Feststellung sowohl in den Tatsacheninstanzen als auch in der Revisionsinstanz zu erörtern. Im Rahmen der Tatsacheninstanzen ist zwischen Streng- und Freibeweis zu unterscheiden.123 Ersterer umfasst die in den §§  355 ff. ZPO geregelten Beweismittel. Hinsichtlich dieser Beweisart sind die oben geschilderten Grundsätze des Beweisverfahrens einzuhalten. Der Freibeweis kommt für eine Reihe von Tatsachen wie etwa die Einholung amtlicher Auskünfte nach §  273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO in Betracht,124 so dass es dort keines förmlichen Beweisverfahrens bedarf.125 Dabei wird überwiegend davon ausgegangen, Rechtsfortbildungstatsachen auch im Wege des Freibeweises feststellen zu können.126 Möglich ist aber auch, dies durch einen Sachverständigen feststellen zu lassen. Für amicus-Stellungnahmen in der Tatsacheninstanz, die Rechtsfortbildungstatsachen enthalten, bedeutet dies, dass die Gerichte ein weites Ermessen haben, wie sie solche Tatsachen beweisrechtlich erfassen wollen. Im Rahmen der Revision 121 

Zu diesen Optionen für den vergleichbaren Fall einer Beteiligung der Kommission auch Bartels, Kohärente Rechtsanwendung im europäischen Kartellverfahren, S.  192. 122  Dazu bereits oben §  11 A. II. 2. 123  Zu dieser Unterscheidung Schilken, Zivilprozessrecht, S.  225 f. 124  Wobei nach überwiegender Meinung die Einholung einer amtlichen Auskunft eines Beweisbeschlusses und eines Beweisantrags bedarf, wenn nicht lediglich informatorische oder beweisvorbereitende Auskünfte eingeholt werden, was unter anderem schon aus §  358a S.  2 Nr.  2 ZPO folgt, dazu Foerste, in: Musielak/Voit, ZPO, §  273 Rn.  11; Prütting, in: Krüger/Rauscher, MünchKomm ZPO, Bd. 1, §  273 Rn.  22. Hohlfeld, Die amtliche Auskunft im Zivilprozeß, S.  64 f. stellt heraus, dass die amtliche Auskunft sowohl vorbereitende Maßnahme als auch Beweismittel sein kann. Zu den Grenzen des §  273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO auch bereits oben §  11 A. II. 2. 125  Näher Schilken, Zivilprozessrecht, S.  225 f.; zu §  273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO als Fall des Freibeweises auch Prütting, in MünchKomm ZPO, Bd. 1, §  284 Rn.  29. Zur Einordnung der amtlichen Auskunft differenzierend Hohlfeld, Die amtliche Auskunft im Zivilprozeß, S.  69 ff. 126  Hergenröder, Zivilprozessuale Grundlagen richterlicher Rechtsfortbildung, S.  415; Seiter, in: Grunsky u. a., Festschrift für Baur, S.  590; Konzen, in: Schilken u. a., Festschrift für Gaul, S.  353 f.; Foerste, in: Musielak/Voit, ZPO, §  284 Rn.  3; Schneider, Die Heranziehung und prozeßrechtliche Behandlung sog. Rechtsfortbildungstatsachen durch die Gerichte, S.  97 f.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

ist problematisch, dass dort die Erhebung von Beweisen nicht geregelt ist. Man wird daher dem Gericht ein möglichst weites Ermessen zugestehen müssen.127 Insgesamt zeigt sich, dass die ZPO durchaus einige Mittel bereithält, Tatsachen in amicus-Stellungnahmen zu überprüfen und über sie Beweis zu erheben. Wurde ein solcher Beweis erhoben, spricht nichts dagegen, eine amicus-Stellungnahme als ordentlichen Beweismittel zu behandeln und entsprechend zu würdigen.128 Lediglich wenn das Gericht im Wege des Freibeweises oder unter sonstigen Ermessensgesichtspunkten über Rechtsfortbildungstatsachen entscheidet, kann dies im Rahmen der freien Beweiswürdigung, §  286 ZPO, zu berücksichtigen sein. Bei Zweifeln bietet sich die Validierung durch einen Sachverständigen an.

III.  Principles of Transnational Civil Procedure 1.  Fehlende Fallbeispiele, Tatsachenvortrag in der Rechtsmittelinstanz und Beibringungsgrundsatz Im Rahmen der PTCP sind ebenfalls amicus-Stellungnahmen mit einem tatsächlichen Inhalt denkbar. So wurde bereits darauf hingewiesen, dass amici etwa dem Gericht ausländische Handelsbräuche näher bringen könnten.129 Dabei ist eine Aufspaltung in Subsumtions- und Rechtsfortbildungstatsachen oder auch adjudicative und legislative facts bisher noch nicht diskutiert worden. Hingegen kann beispielsweise die Bestimmung eines Handelsbrauchs dazu dienen, darzustellen, inwiefern ungeschriebene Normen bestehen, die bestimmen, wie ein unbestimmter Rechtsbegriff im Rahmen eines Handelsgeschäfts auszulegen ist. Mithin kann die Darstellung eines solchen Handelsbrauchs auch nicht dem Abbilden des konkreten Geschehens zwischen den Parteien dienen, sondern vielmehr als Normtatsache130 verstanden werden. Im Hinblick auf die Zulässigkeit tatsächlicher amicus-Stellungnahmen im Rahmen der Rechtsmittelinstanz ist zunächst zu beachten, dass die PTCP nur einen sehr groben Umriss eines Rechtsmittelverfahren in P. 27 PTCP geben. 127  So auch Hergenröder, Zivilprozessuale Grundlagen richterlicher Rechtsfortbildung, S.  414 ff. 128  Bei einer Würdigung wird man zu berücksichtigen haben, dass sowohl Kommission als auch Bundeskartellamt regelmäßig eigene ordnungspolitische Interessen verfolgen, dazu etwa Wurmnest, in: Behrens/Braun/Nowak, Europäisches Wettbewerbsrecht im Umbruch, S.  236 und zu den eigenen Interessen der Behörden bereits oben §  3 C. I. 3., II. 129  Oben §  4 B. III. 130  In dem von Foerste, in: Musielak/Voit, ZPO, §  284 Rn.  3 und Schmidt, in: Broda u. a., Festschrift für Wassermann, S.  807 ff., verwandten Verständnis als Tatsache, die der Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs dient.

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren 379

Allerdings bestimmt P. 27.3 PTCP, dass im Rahmen dieses Verfahrens auch neue Tatsachen und Beweise berücksichtigt werden können. Insofern wäre es unproblematisch, wenn solche Tatsachen auch in einem Rechtsmittelverfahren durch amici eingebracht würden. Bezüglich der selbstständigen Berücksichtigung tatsächlicher Elemente in amicus-Stellungnahmen orientieren sich die PTCP an den aus dem U.S.-­amerikanischen und deutschen Recht bekannten Grundsätzen der party presentation beziehungsweise des Beibringungsgrundsatzes. Aus P. 10.3 PTCP geht beispielsweise hervor, dass die Parteien den Umfang des Verfahrens durch ihre Schriftsätze bestimmen. P. 11.3 PTCP gibt es den Parteien auf, die relevanten Tatsachen und Beweise zu erbringen. Auch in der Literatur wird diese Einschätzung geteilt.131 Insofern wäre eine selbstständige Berücksichtigung tatsächlicher amicus-Stellungnahmen durch das Gericht grundsätzlich ausgeschlossen. Allerdings stellen amicus-Stellungnahmen eine Ausnahme von diesem Grundsatz dar. Dies ergibt sich bereits aus P. 13 S.  3 PTCP. Dort heißt es, die Parteien sollen die Möglichkeit zur Stellungnahme haben, bevor das Gericht den Inhalt eines amicus briefs berücksichtigt. Diese Regelung gibt dem Gericht jedoch gleichzeitig das Recht, amicus-Stellungnahmen vollumfänglich zu berücksichtigen. Einschränkend ist Kommentar P-13D zu beachten, wonach die jeweils strittigen Tatsachen nicht durch amici erörtert werden können. Daher können lediglich Hintergrundinformationen in amicus-Stellungnahmen selbstständig durch das Gericht berücksichtigt werden. 2.  Beweisverfahren und Beweiswürdigung Auch im Rahmen der PTCP stellt sich die Frage, inwiefern tatsächliche Ausführungen in amicus-Stellungnahmen einem bestimmten Beweisverfahren unterworfen sind. Dabei gilt es zunächst die PTCP generell in dieser Hinsicht zu untersuchen. P. 16 PTCP trifft einige Regelungen hinsichtlich des Beweisverfahrens. Ausweislich P. 16.6 PTCP ist das Gericht bei der Würdigung der einzelnen Beweise völlig frei. Damit wird eine Abkehr vom ursprünglichen Modell des römischen Zivilprozesses vorgenommen, dessen Einfluss immer noch im U.S.-amerikanischen Zivilprozessrecht merklich ist.132 Hinsichtlich der Einzelheiten der Anhörung von Partei, Zeugen und Sachverständigen verweist P. 16.4 PTCP auf das Recht des Staates, in dem das Verfahren stattfindet. Auch sonst finden sich kaum konkrete Vorgaben hinsichtlich des Beweisverfahrens. P. 16.4 Stürner, RabelsZ 69 (2005), 201, 221 ff.; Bruns, in: Bruns/Münch/Stadler, Die Zukunft des Zivilprozesses, S.  59. 132  Dazu Stürner, RabelsZ 69 (2005), 201, 237 ff. 131 

380

2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

S.  2 PTCP ordnet lediglich an, dass die Parteien das Recht haben, die andere Partei, Zeugen und Sachverständige direkt zu befragen. Aufgrund der sehr dürftigen Regelungen hinsichtlich des Beweisverfahrens lassen sich kaum Aussagen für amicus-Stellungnahmen treffen. Allerdings kann aus Art.  16.6 PTCP abgeleitet werden, dass das Gericht diese nach seinem eigenem Ermessen verwerten darf. Dieses Ermessen kann das Gericht jedoch nur dann ausüben, wenn es auch weitgehend eigenständig den Gegenstand des Beweises bestimmen kann. Insofern spricht diese Überlegung dafür, auch tatsächliche Aussagen in amicus-Stellungnahmen grundsätzlich als Beweismittel zu qualifizieren. Jedoch ergibt sich aus Kommentar P-13B PTCP, dass amicus-Stellungnahmen kein Beweismittel sind. Insofern wird das Gericht solche auch nicht als Beweismittel qualifizieren können. Vor dem Hintergrund, dass lediglich allgemeine Informationen wie etwa Normtatsachen beigesteuert werden können, ist dies jedoch keine schwerwiegende Einschränkung, da bezüglich solcher bereits unklar ist, inwiefern die allgemeinen Regeln des Beweisrechts gelten.133

IV. Welthandelsrecht 1.  Fallbeispiele, Tatsachenvortrag vor dem Appellate Body und Untersuchungsgrundsatz Auch im Bereich des Welthandelsrechts sind faktische Elemente in amicus-Stellungnahmen von nicht zu unterschätzender Bedeutung. So können etwa umweltrechtliche Auswirkungen einer Maßnahme durch Nichtregierungsorganisationen dargestellt werden.134 Ferner werden die möglichen Folgen einer Entscheidung verschiedentlich von amici erläutert.135 Hinzuweisen ist auch auf das oben erläuterte Verfahren EC – Seal, in dem das Panel zahlreiche Verweise auf amicus-Stellungnahmen vornahm.136 Inwiefern auch Rechtsfortbildungstatsachen ähnliche faktische Elemente vor Panel oder Appellate Body vorkommen, wurde noch nicht hinreichend untersucht. Argumentieren amici mit den Folgen einer Entscheidung, können ihre Stellungnahmen jedoch gerade solche auf die Rechtsfortbildung gerichtete Tatsachen enthalten.

133 

Die PTCP verhalten sich hierzu nicht ausdrücklich. Es können aber die bei §  11 A. I. 3., §  11 A. II. 3. gemachten Überlegungen zum U.S.-amerikanischen Recht und zur ZPO aufgegriffen werden. 134  Oben §  5 C. II. 135  Oben §  5 C. II. 136  Oben §  5 E. II.

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren

381

Im Hinblick auf die Zulässigkeit von Tatsachen in der Rechtsmittelinstanz ist Art.  17 Abs.  6 DSU zu beachten. Danach können Gegenstand des Revisionsverfahrens nur rechtliche Fragen sein, die sich auch in dem Panelbericht wiederfinden. Insofern sind tatsächliche Elemente in amicus-Stellungnahmen vor dem Appellate Body grundsätzlich ausgeschlossen.137 Ähnlich dem U.S.-amerikanischen und dem deutschen Recht sollte dies jedoch nicht für Tatsachen gelten, die der Rechtsfortbildung dienen. Denn solche Tatsachen sind typischerweise gerade im Rechtsmittelverfahren von erhöhter Bedeutung und sollten dem Spruchkörper daher nicht vorenthalten werden.138 Anders stellt sich die Lage bezüglich sonstiger Tatsachen dar. Hier ist im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut des Art.  17 Abs.  6 DSU davon auszugehen, dass solche Tatsachen in einem amicus brief seitens des Appellate Body nicht berücksichtigt werden können. Enthält ein amicus brief sie dennoch, könnte dies ein Grund für seine Zurückweisung sein oder aber betreffende Informationen werden ignoriert.139 Fraglich ist weiterhin, ob Panel und Appellate Body Tatsachen in amicus briefs selbstständig berücksichtigen können oder ob etwa, wie überwiegend im Bereich der ZPO, sich die Parteien den tatsächlichen Vortrag des amicus zu eigen machen müssen. In dieser Hinsicht ist Art.  11 S.  2 DSU von Bedeutung. Dieser verpflichtet das Panel, eine objektive Bewertung der tatsächlichen ­Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Allerdings ist es nicht Aufgabe des Panels, eine vollständige neuerliche Prüfung der faktischen Begebenheiten durchzuführen.140 Art.  13 DSU ermächtigt das Panel schließlich, selbstständig Informationen zu erheben. Dabei fällt, wie bereits ausführlich erörtert, auch die ­Entgegennahme von Informationen unter Art.  13 DSU.141 In der Gesamtschau verdeutlichen Art.  11 und 13 DSU, dass Panels sehr wohl selbstständig Be­weise erheben können. Das Panelverfahren basiert in Teilen auf dem Untersuchungsgrundsatz.142 Zwar sind die Parteien nicht vollständig davon entbunden, den relevanten Sachverhalt vorzutragen, dennoch verbleibt dem Panel die Mög­lichkeit 137 

Zu diesem Grundsatz bereits oben §§  5 B. III. 1., 10 B. III. Als Beispiel mag eine generelle Folgenabwägung in einem amicus brief dienen, die dann wiederum den Appellate Body dazu bringen könnte, umweltrechtliche Belange mit in seine Entscheidung einfließen zu lassen. 139  Dazu oben §  5 B. III. 1., 10 B. III. 140  United States – Transitional Safeguard Measure on Combed Cotton Yarn from Pakistan, Bericht des Appellate Body vom 08.10.2001, WT/DS192/AB/R, Rn.  74. Aus der Literatur hierzu Oesch, in: Yerxa/Wilson, Key Issues in WTO Dispute Settlement, S.  166; Hilf/Salomon, in: Hilf/Oeter, WTO-Recht, S.  178; Palmeter/Mavroidis, Dispute Settlement in the World Trade Organization, S.  154. 141  Dazu oben §  5 B. II. 2. 142  So ausdrücklich Pauwelyn, 51 ICLQ 325, 353 (2002); Hilf/Salomon, in: Hilf/Oeter, WTO-Recht, S.  178, die aber von Offizialverfahren sprechen. 138 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

der eigenständigen Sachverhaltsermittlung. In diesem Zusammenhang ist die selbstständige Berücksichtigung von tatsächlichen Elementen in amicus-­ Stellungnahmen durch Panels kein Problem. Dies gilt hinsichtlich solcher Tatsachen, die der Fortbildung des Rechts dienen, auch für den Appellate Body. Diese theoretischen Erwägungen finden sich teilweise auch in der Praxis bestätigt. In US – Tuna II 143 forderte das Panel die Parteien auf, zu Tatsachen in einem amicus brief Stellung zu nehmen.144 Mexiko wandte darauf ein, dass das Gericht solch tatsächliche Informationen in amicus briefs nicht heranziehen könne.145 Das Panel hat diesen Einwand verworfen und vielmehr ausdrücklich bekräftigt, „Taking into account the determinations of the Appellate Body in US – Shrimp (WT/DS58/AB/R), the Panel considers that it has the discretionary authority either to accept and consider or to reject information and advice submitted to it, and it will accordingly treat this brief as it deems appropriate.“146 In diesem Verfahren findet sich am Anfang des Panel Reports, in dem Abschnitt, der die Beweismittel aufzählt, zudem ein gesonderter Abschnitt, der neben den Beweismitteln der Parteien eine „List of Amicus Curiae Exhibits Cited in this Report“ umfasst. Es wird also nicht nur auf die Tatsachen zurückgegriffen, die der amicus anführt, vielmehr werden zusätzlich die Quellen des amicus in einer gesonderten Liste aufgeführt. Gleichermaßen wird mit den Quellen der Parteien verfahren. Das Panel hat in diesem Verfahren verdeutlicht, welchen Stellenwert es dem amicus einräumt. Auf der anderen Seite ist etwa auch das Verfahren EC – Seal zu berücksichtigen.147 In diesem Verfahren hat die Partei den amicus brief zu ihrem Vortrag hinzugefügt. Der amicus brief taucht dann als Beweisstück der Partei auf. In diesem Zusammenhang wird er auch zitiert. Es ist fraglich, inwiefern das Panel den brief auch selbstständig berücksichtigt hätte. Prozessual möglich wäre es. 2.  Beweisverfahren und Beweiswürdigung Auch für das Welthandelsrecht stellt sich die Frage, ob tatsächliche Ausführungen in amicus-Stellungnahmen ein bestimmtes Beweisverfahren durchlaufen müssen. Zunächst ist Existenz und Umfang eines solchen im Welthandelsrecht zu klären. Es zeigt sich, dass einschlägige Vorschriften wie etwa im U.S.-ame143 

Zu diesem Fall oben §  5 C. I. 1., C. II., E. II. United States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna and Tuna Products, Bericht des Panels vom 15.09.2011, WT/DS381/R, Rn.  7.2. 145  United States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna and Tuna Products, Bericht des Panels vom 15.09.2011, WT/DS381/R, Rn.  7.4. 146  United States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna and Tuna Products, Bericht des Panels vom 15.09.2011, WT/DS381/R, Rn.  7.7. 147  Dazu oben §  5 E. II. 144 

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren 383

rikanischen Recht oder der ZPO im Welthandelsrecht nicht existieren. Statt­ dessen sind die Panels bezüglich der Frage der Art der Beweismittel und der Zulässigkeit von Beweismitteln völlig frei.148 Es finden sich keine Regelungen im DSU hinsichtlich bestimmter Anforderungen an Beweismittel.149 Ebenfalls selbst bestimmen können die Panels, wie sie bestimmte Beweisstücke würdigen.150 Vor diesem Hintergrund ist klar, dass auch tatsächliche Ausführungen in amicus-Stellungnahmen kein spezifisches Beweisverfahren durchlaufen müssen. Vielmehr ist es an den Panels selbst, diese als Beweis zu werten oder nicht und dabei eine Würdigung vorzunehmen. Zieht der Appellate Body in einem Rechtsmittelverfahren Informationen in amicus-Stellungnahmen heran, die der Fortbildung des Rechts dienen können, ist er ebenfalls in der Würdigung dieser Informationen frei. Hinsichtlich solcher Informationen – sowohl vor den Panels als auch dem Appellate Body – ist jedoch zu beachten, dass diese oftmals auch in Schriftstücken der beteiligten Staaten enthalten sein werden.151 Im Zweifel werden sowohl Panel als auch Appellate Body solchen Schriftstücken mehr Glauben schenken als etwa der amicus-Stellungnahme einer Tierschutzorganisation, da sie die betreffenden Staaten als vertrauenswürdiger einstufen könnten und gegebenenfalls schon aus anderen Verfahren kennen.

V. Investitionsschiedsgerichtsbarkeit 1.  Fallbeispiele und Möglichkeit der selbstständigen Berücksichtigung Im Bereich der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit schließlich nehmen tatsächliche Aspekte in amicus-Stellungnahmen ebenfalls eine bedeutsame Rolle ein.152 So finden sich Informationen über lokale Bräuche oder Lebensumstände rele148 

Dazu auch Art.  13 Abs.  2 DSU, der es dem Panel ermöglicht, Informationen von „any relevant scource“ entgegenzunehmen. 149  Darauf hinweisend Palmeter/Mavroidis, Dispute Settlement in the World Trade Organization, S.  116; Andersen, in: Yerxa/Wilson, Key Issues in WTO Dispute Settlement, S.  179. 150  European Communities – Anti-Dumping Duties on Imports of Cotton-type Bed Linen from India, Bericht des Panels vom 30.10.2000, Rn.  6.34: „The DSU contains no rule that might restrict the forms of evidence that panels may consider. Moreover, international tribunals are generally free to admit and evaluate evidence of every kind, and to ascribe to it the weight that they see fit.“ 151  Andersen, in: Yerxa/Wilson, Key Issues in WTO Dispute Settlement, S.  185, dazu auch das oben bei §  5 E. II. geschilderte Beispiel EC- Seal. 152  Dennoch sind rechtliche Aspekte in amicus-Stellungnahmen teils dominierend, dazu oben §  6 B. II. 1. Zu tatsächlichen Aspekten in Stellungnahmen aber auch Ruthemeyer, Der amicus curiae brief im Internationalen Investitionsrecht, S.  44 f.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

vanter Bevölkerungsgruppen.153 Auch Hinweise auf mögliche Folgen einer Entscheidung sind Gegenstand von amicus-Stellungnahmen.154 Ähnlich wie in den übrigen, bisher untersuchten Bereichen können sich diese Informationen entweder unmittelbar auf den jeweiligen Fall beziehen oder abseits der konkreten Fallgestaltung liegen. Hinsichtlich solcher Stellungnahmen, die Tatsachen zum Gegenstand haben, die der Rechtsfortbildung dienen können, ist im Rahmen der Schiedsgerichtsbarkeit jedoch zu beachten, dass diese nicht in eine bestimmte Rechtsordnung eingebettet ist, welche fortgebildet werden könnte, sondern vielmehr Grundlage lediglich der jeweilige Investitionsvertrag155 ist. Insofern ist die Rolle von Präzedenzfällen in der Schiedsgerichtsbarkeit traditionell nicht so stark ausgeprägt wie beispielsweise in einer nationalen Rechtsordnung.156 Allerdings sind gerade auch im Bereich von ICSID-Verfahren Bestrebungen zu einer stärkeren Vereinheitlichung der Rechtsprechung erkennbar.157 Ein Abstellen auf Rechtsfortbildungstatsachen ist daher in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit durchaus denkbar. Auch steht außer Frage, dass bei schwierigen Entscheidungen wie beispielsweise, ob umweltrechtliche oder soziale Belange bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen sind, der Rückgriff auf sozioökonomische Daten, welche von amici bereitgestellt werden, wesentlich sein kann. Die Frage von neuem Tatsachenvortrag in der Rechtsmittelinstanz stellt sich in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit nicht. Anders als in den vorgenannten Rechts- und Prozessordnungen gibt es in der Schiedsgerichtsbarkeit regelmäßig keine zweite Instanz.158 Zwar regeln R. 50 ff. ICSID AR ein Verfahren zur Überprüfung von ICSID-Schiedssprüchen, an diesem Verfahren nehmen amici jedoch nicht teil. Sehr wohl relevant ist jedoch die Frage, inwiefern Schiedsgerichte selbstständige tatsächliche Elemente einer amicus-Stellungnahme berücksichtigen können oder ob es hierzu einer Bezugnahme der Parteien auf diese Elemente bedarf. Wegen der unterschiedlichen Ausprägung von ICSID-Verfahren und solchen unter Geltung der UNCITRAL AR sollen diese beiden getrennt untersucht werden. 153 

Dazu oben §  6 C. II. Dazu oben §  6 C. II. 155  Von denen wie bereits erwähnt über 2.600 bestehen, dazu oben §  6 A. I. 156  Überblick bei Landolt, 28 Arb. Int’l 173, 186 (2012). Ausführlich dazu Paulsson, in: Yannaca-Small, Arbitration Under International Investment Agreements, S.  699 ff. 157  Eingehende Untersuchung bei Commission, 24 J. Int’l Arb. 129, 135 (2007). 158  Allerdings gibt es speziell für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit in diesem Bereich Reformüberlegungen, dazu Commission Staff Working Document, Report, Online public consultation on investment protection and investor-to-state dispute settlement (ISDS) in the Transatlantic Trade and Investment Partnership Agreement, 13.01.2015, SWD 2015 (3) final, S.  28. Inwiefern in einer solchen zweiten Instanz eine amicus-Beteiligung mit tatsächlichem Inhalt zulässig wäre, hängt von deren Ausgestaltung ab. 154 

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren 385

Art.  43 ICSID Convention ermöglicht es dem Schiedsgericht, selbstständige Beweise in das Verfahren einzubringen. R. 33 ff. ICSID AR konkretisieren diese Vorschrift. Dabei wird aus R. 33 ICSID AR deutlich, dass es zuvorderst Aufgabe der Parteien ist, die notwendigen Beweise in das Verfahren einzubringen. Kommt das Schiedsgericht jedoch zu dem Schluss, dass die von den Parteien vorgebrachten Beweise nicht ausreichend sind, kann es gemäß Art.  43 ICSID Convention und R. 34 Abs.  2 ICSID AR selbstständig tätig werden. Dies stellt jedoch nicht die Regel dar.159 Entscheidet sich ein Schiedsgericht dennoch, selbstständig Beweis zu erheben, hat es einige Dinge zu berücksichtigen. Zum einen dürfen die zu erhebenden Beweise den Streitgegenstand des Verfahrens nicht erweitern.160 Dies ist gerade bei ISCID Verfahren von Bedeutung. Dort wird der Streitgegenstand wesentlich durch den Vortrag der Parteien geprägt.161 Das Schiedsgericht sollte sich also nur auf die Erhebung solcher Beweise beschränken, die innerhalb dieses Streitgegenstands liegen. Für amicus-Stellungnahmen bedeutet dies, dass ICSID-Schiedsgerichte sehr wohl tatsächliche ­Elemente in solchen Stellungnahmen berücksichtigen können, dabei aber achtgeben müssen, den Streitgegenstand nicht unzulässig zu erweitern. Stellungnahmen, die der Rechtsfortbildung dienen können, sind in der Schiedsgerichtsbarkeit wie eben gesehen nicht sehr häufig. Bei Schiedsverfahren unter Geltung der UNCITRAL AR ist Art.  27 Abs.  3 UNCITRAL AR zu beachten. Dieser ermöglicht es dem Schiedsgericht, die Parteien um die Vorlage von Beweismitteln zu ersuchen. Er gibt daher dem Schiedsgericht die Möglichkeit der Initiative in Bezug auf die Beweisbeschaffung. Zwar ist es ausweislich Art.  27 Abs.  1 UNCITRAL AR vornehmlich Aufgabe der Parteien, solche Beweise bereitzustellen, dennoch kann auch das Schiedsgericht tätig werden. Allerdings ermächtigt Art.  27 Abs.  3 UNCITRAL AR das Schiedsgericht lediglich, es den Parteien aufzugeben, bestimmte Beweismittel vorzulegen. Nicht ausdrücklich geregelt ist die Frage, inwiefern das Schiedsgericht selbst Beweismittel erlangen kann. Bei der Beantwortung dieser 159  Dies betonend auch Schreuer/Malintoppi/Reinisch/Sinclair, The ISCID Convention, Art.  43 Rn.  10. 160  Dazu Landolt, 28 Arb. Int. 173, 220 (2012). 161  Zur Verdeutlichung mag die Formulierung eines ICSID ad hoc Komitee zur Überprüfung einer Entscheidung dienen: „The Tribunal’s analysis of issues was clearly based on the materials presented by the parties and was in no sense ultra petita.“, Compañiá de Aguas del Aconquija S.A. and Vivendi Universal S.A. v. Argentine Republic, ICSID ARB/97/3, Decision on Annulment, 03.07.2002, Rn.  85. Statt also auf den Antrag der Parteien abzustellen, wird der vorgetragene Sachverhalt als Bezugsgröße genommen. Ein solches Verständnis scheint auch in der Literatur zugrunde zu liegen, wenn formuliert wird, dass die Gewährung eines anderen als des Beantragten remedy dem Schiedsgericht möglich sei, Moss, in: Muchlinski/ Ortino/Schreuer, The Oxford Handbook of International Investment Law, S.  1238 f.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Frage mitzuberücksichtigen ist der Umstand, dass im Rahmen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit durch eine Streitigkeit oftmals Interessen abseits solcher der Parteien berührt werden können.162 Insofern ist die Grundüberlegung, die Präsentation von Beweisen den Parteien aufzuerlegen, da diese von dem Ausgang des Rechtsstreits betroffen sind,163 für Investitionsstreitigkeiten oftmals nicht zutreffend. Auch vor diesem Hintergrund wurde das Instrument des amicus in die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit eingeführt. Daher sollten auch Schiedsgerichte, die die UNCITRAL AR anwenden, selbstständig tatsächliche Informationen in amicus-Stellungnahmen heranziehen können.164 Dabei ist ähnlich wie im Bereich von ICSID-Schiedsgerichten der Streitgegenstand als Grenze zu betrachten. 2.  Beweisverfahren und Beweiswürdigung Wie bereits in den vorstehenden Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen stellt sich auch in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit die Frage, inwiefern tatsächliche Aspekte in amicus-Stellungnahmen ein Beweisverfahren durchlaufen müssen und wie diese gewürdigt werden. Es bietet sich wiederum an, zwischen ICSID-Schiedsgerichten und solchen unter Geltung der UNCITRAL AR zu differenzieren. Hinsichtlich erstgenannter ist wieder auf Art.  43 ICSID Convention abzustellen. Danach kann das Schiedsgericht die Parteien auffordern, Dokumente und andere Beweisstücke in das Verfahren einzubringen. R. 34 Abs.  1 ICSID AR überlässt dem Gericht die Beweiswürdigung und zudem die Überprüfung, ob der Beweis zulässig ist. R. 35, 36 ICSID AR treffen besondere Anforderungen für das Verfahren bei der Befragung von Zeugen und Sachverständigen. Sonstige Regelungen des Beweisverfahrens sind nicht ersichtlich. Wie auch schon im Bereich von PTCP und Welthandelsrecht verbleibt dem entscheidenden Spruchkörper ein großes Maß an Ermessen. In Bezug auf schriftliche Stellungnahmen 162 

Oben §  6 C. I., III. So allgemein für die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit Landolt, 28 Arb. Int. 173, 200 f., 204 ff. (2012). 164  Jüngst wurde im Rahmen des Verfahrens Eli Lilly and Company v. The Government of Canada, UNCITRAL, ICSID Case No. UNCT/14/2 seitens Kanada die Frage aufgeworfen, ob diejenigen Dokumente und Anlagen zu den amicus-Stellungnahmen des Verfahrens, etwa wissenschaftliche Studien und ähnliches, unmittelbar Gegenstand des Verfahrens seien. Das Schiedsgericht äußerte sich dahingehend, dass die Parteien sich ausdrücklich auf fragliche Dokumente beziehen und diese auch der anderen Partei zur Verfügung gestellt werden müssten, damit diese Dokumente Teil des records würden, Procedural Order No. 6, 27.05.2016, S.  3 f. Damit äußerte sich das Schiedsgericht zwar nicht explizit zu der Frage, inwiefern es im Einzelfall auch selbst die fraglichen Dokumente heranziehen könne, gab aber zu erkennen, dies eher nicht tun zu wollen. 163 

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren 387

durch amici ist zunächst festzustellen, dass diese weder Zeugen noch Sachverständige sind. Dies folgt zum einen aus dem bereits festgestellten Status als rechtliches Instrument sui generis165 und zum anderen aus dem systematischen Zusammenhang der Regelung. Denn R. 37 Abs.  2 ICSID AR, der amicus-Stellungnahmen regelt, ist ausdrücklich nach den Vorschriften der R. 35, 36 ICSID AR aufgenommen worden. Inwiefern amici ein sonstiges Beweismittel sein können bleibt unklar. In diesem Zusammenhang ist jedoch an R. 34 Abs.  1 ICSID AR zu erinnern. Daraus ergibt sich, dass man es dem Ermessen des Schiedsgerichts wird überlassen müssen, amicus-Stellungnahmen beweisrechtlich zu würdigen. Im Rahmen der Erörterung des Beweisverfahrens der PTCP wurde darauf hingewiesen, U.S.-amerikanische Gerichte würden teils deutlich mehr Beweisregeln erlassen beziehungsweise anwenden als Gerichte, die dem civil law angehören.166 Insofern bestehen unterschiedliche Kulturen des Beweisverfahrens.167 Die UNCITRAL AR berücksichtigen dies und halten sich in der Ausgestaltung des Beweisverfahrens daher zurück, um so sowohl für einen civil- als auch einen common law-Anwender eine Option zu sein. Daher haben die Parteien die einschlägigen Regelungen zu vereinbaren und anzuwenden. Sie können etwa auch die Beweisregeln einer bestimmten Rechtsordnung für anwendbar erklären.168 Art.  27 UNCITRAL AR forumliert dennoch einige Beweisregelungen eigenständig. Gemäß Art.  27 Abs.  2 UNCITRAL AR können die Parteien Zeugen benennen und ein Zeuge kann auch gleichzeitig Partei sein. Auch sollen Zeugenaussagen grundsätzlich schriftlich erfolgen. Ausweislich Art.  27 Abs.  4 UNCITRAL AR ist es an dem Schiedsgericht, die Zulässigkeit von Beweisen und deren Würdigung zu beurteilen. Dabei hat das Schiedsgericht weitgehend freie Hand, es sei denn, die Parteien vereinbaren die Geltung einer Prozessordnung, welche die Zulässigkeit von Beweisen strengen Regeln unterwirft, wie beispielsweise die des U.S.-amerikanische Rechts. Art.  29 UNCITRAL AR trifft zudem einige Regelungen zum Sachverständigenbeweis. Festzuhalten ist, dass ein spezifisches Verfahren für tatsächliche Stellungnahmen in amicus briefs nicht besteht. Auch die analoge Anwendbarkeit von Verfahrensvorschriften betreffend andere Beweismittel scheidet aus, da sich hierzu kaum Regelungen in den UNCITRAL AR finden. Die Beweiswürdigung einer solchen amicus-Stellungnahme kann das Schiedsgericht in Übereinstimmung mit Art.  27 Abs.  4 UNCITRAL AR selbst durchführen. Ähnlich dem 165 

166 

Oben §  6 D. I. Dazu bereits oben §  11 A. III. 2. und ausführlich Stürner, RabelsZ 69 (2005), 201,

237 ff. 167  Caron/Caplan, The UNCITRAL Arbitration Rules, S.  555 f. 168  Caron/Caplan, The UNCITRAL Arbitration Rules, S.  556.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Welthandelsrecht ist jedoch anzunehmen, dass Informationen, die im Wege des Zeugen- oder Sachverständigenbeweises gewonnen werden, vom Schiedsgericht als höherrangig gegenüber tatsächlichen Stellungnahmen in amicus briefs angesehen werden.

VI.  Vergleichende Analyse 1.  Fallbeispiele und Arten von Tatsachen Als Gemeinsamkeit erweist sich zunächst, dass alle Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen tatsächliche Elemente in amicus-Stellungnahmen kennen und sich hierfür auch Beispiele aus der Praxis finden lassen, wobei das naturgemäß nicht für die PTCP gilt, da diese lediglich eine Modellrechtsordnung darstellen. Bezüglich einer praktischen Relevanz ist die Lage im U.S.-amerikanischen Recht bemerkenswert. Dort werden Tatsachen durch amici häufig und regelmäßig beigebracht. In den anderen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen herrscht hingegen ein eher zurückhaltender Ansatz. Grund ist zum einen die starke Verwurzlung und Akzeptanz des amicus im U.S.-amerikanischen Recht. Weiterhin scheinen U.S.-amerikanische Obergerichte Tatsachen wie Statistiken oder sonstige wissenschaftliche Erkenntnisse bei ihren Entscheidungen des Öfteren heranzuziehen und zu berücksichtigen. Im Welthandelsrecht und in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit finden sich zwar durchaus Beispiele für Tatsachen in amicus-Stellungnahmen, allerdings ist hier die Praxis weniger stark ausgeprägt als im U.S.-amerikanischen Recht. Jüngere Entwicklungen wie das Verfahren EC – Seal und US – Tuna II im Welthandelsrecht169 könnten jedoch Vorboten eines Trends hin zu einer verstärkten Akzeptanz von Tatsachen in amicus briefs sein. Dabei können solch tatsächliche Aspekte zunächst für die Entscheidung des konkreten Einzelfalls relevant sein. Diese Art von Tatsache wird im U.S.-amerikanischen Recht als adjudicative fact und im deutschen Recht als Subsumtionstatsache qualifiziert. Auch die übrigen Rechts- beziehungsweise Prozess­ordnungen kennen solche Tatsachen. Die PTCP schließen es dabei generell aus, dass amici diese Tatsachen beibringen, während sich in den übrigen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen lediglich keine Beispiele finden. Jedoch sind nicht nur Tatsachen relevant, die sich auf den unmittelbaren Streitgegenstand beziehen. Vielmehr ist es amicus-Stellungnahmen zu eigen, insbesondere auch in Verfahren letzter Instanz eingereicht zu werden. Dort werden oftmals neue Rechtsregeln aufgestellt. Solche benötigen wiederum häufig eine Unterfütterung mit tatsächlichen Begebenheiten, wobei gerade auch statistisches Material von Belang sein kann. Hier 169 

Dazu oben §  11 A. IV. 1.

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren 389

knüpfen amici an. In ihren Schriftsätzen können wie gesehen derartige Tatsachen enthalten sein. Von allgemeinem Interesse ist, dass die bisher getätigten Überlegungen und Aussagen zu Rechtsfortbildungstatsachen im deutschen Recht von Anfang an auch auf das U.S.-amerikanische Recht Bezug nahmen.170 2.  Tatsachenvortrag in der Rechtsmittelinstanz und selbstständige Berücksichtigung Hinsichtlich der Zulässigkeit von tatsächlichen Elementen in amicus-Stellungnahmen vor Rechtsmittelgerichten ergibt sich ein differenziertes Bild. U.S.-amerikanisches Recht, die ZPO und das Welthandelsrecht kennen den Grundsatz, dass neue Tatsachen in Rechtsmittelverfahren beziehungsweise im Rahmen der ZPO in Revisionsverfahren nicht gestattet sind, sofern es sich dabei nicht lediglich um Rechtsfortbildungstatsachen handelt.171 Abweichend stellt sich die Lage hinsichtlich der PTCP dar. Diese ermöglichen es ausdrücklich, auch neue tatsächliche Aspekte in der Rechtsmittelinstanz anzusprechen. Hintergrund wird sein, dass anders als im deutschen Recht lediglich eine weitere Instanz nach der Eingangsinstanz vorgesehen ist und dennoch gleichzeitig Tatsachenvortrag in Rechtsmittelverfahren nicht grundsätzlich ausgeschlossen sein soll. Während also bezüglich der prozessualen Grundsätze im U.S.-amerikanischen Recht, der ZPO und dem Welthandelsrecht durchaus Übereinstimmungen bestehen, gilt dies nur eingeschränkt für eine Beteiligung durch amici. Eine Gemeinsamkeit besteht insofern, als in allen der drei genannten Rechtsbeziehungsweise Prozessordnungen amici Rechtsfortbildungstatsachen einbringen können. Dies ist beispielsweise bei einer klassische Folgenabwägung unproblematisch, da eine solche gerade dazu dient, neue Rechtssätze aufzustellen. Problematisch wird dies aber dann, wenn man wie im Falle der atypischen legislative facts des U.S.-amerikanischen Rechts den Begriff der legislative facts immer weiter zieht. Solche atypischen legislative facts in amicus-Stellungnahmen können das Rechtsmittelverfahren immer mehr zu einer Tatsacheninstanz werden lassen, obwohl weder Verfahren nach den FRAP noch nach den S.Ct. Rules auf die Validation des Tatsachenstoffes ausgelegt sind.172 Seiter, in: Grunsky u. a., Festschrift für Baur, S.  574 geht in seinem Beitrag zu Rechtsfortbildungstatsachen aus dem Jahre 1981 auch auf die legislative facts in der englischsprachigen Literatur ein. 171  Zu den Ausnahmen von diesem Grundsatz im Rahmen der ZPO etwa hinsichtlich solcher Subsumtionstatsachen, die erst nach Abschluss des Berufungsverfahrens entstehen, oben §  11 A. II. 2. 172  Zu den Verfahrensabläufen bereits oben §  9 B. I. 1., 2. Aus diesen Abläufen wird deutlich, dass eine Beweisaufnahme nicht vorgesehen ist. 170 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Unterschiede ergeben sich hinsichtlich der Behandlung von Subsumtionstatsachen. Hier gilt die Besonderheit des U.S.-amerikanischen Rechts, dass solche im Einzelfall auch Gegenstand von amicus-Stellungnahmen sein können. Im Rahmen von Revisionsverfahren nach der ZPO und im Welthandelsrecht vor dem Appellate Body sind Subsumtionstatsachen in amicus-Stellungnahmen hingegen in Übereinstimmung mit den prozessualen Grundsätzen ausgeschlossen.173 Die PTCP lassen wie gesehen Tatsachen in der Rechtsmittelinstanz grundsätzlich zu, schließen diese aber für amici aus. Übereinstimmend lässt sich für U.S.-amerikanisches Recht, die ZPO sowie das Welthandelsrecht festhalten, dass im Falle des Beifügens von an sich unzulässigen Tatsachen in der Rechtsmittelinstanz der Spruchkörper diese lediglich nicht heranziehen sollte, wobei es auch sein kann, dass die Stellungnahme im Ganzen zurückgewiesen wird. In Bezug auf die selbstständige Berücksichtigung von tatsächlichen Elementen in amicus-Stellungnahmen orientieren sich U.S.-amerikanisches Recht, ZPO, PTCP und Investitionsschiedsgerichtsbarkeit am Beibringungsgrundsatz beziehungsweise dem principle of party presentation. Vor diesem Hintergrund kann eine selbstständige Berücksichtigung von tatsächlichen Elementen in amicus-Stellungnahmen nur im Wege einer Ausnahme erfolgen. Diesen Weg gehen dann auch die vorgenannten Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen. Dabei stellt sich die Lage in der ZPO etwas abweichend dar. Dort können Subsumtionstatsachen des Bundeskartellamts nur berücksichtigt werden, wenn die Parteien sich diese zu eigen machen. Subsumtionstatsachen der Kommission können hingegen berücksichtigt werden, insofern besteht eine europarechtliche Ausnahme vom Beibringungsgrundsatz. Allerdings haben sich die Ausführungen dann im Rahmen des von den Parteien determinierten Streitgegenstands zu bewegen. U.S.-amerikanisches Recht und PTCP stellen diesbezüglich eine gesonderte Ausnahme für amici vom principle of party presentation auf. Im Rahmen der PTCP ist einschränkend anzumerken, dass amicus-Stellungnahmen nicht die strittigen Tatsachen des Verfahrens erläutern dürfen, sondern sich lediglich auf Hintergrundinformationen beziehen sollen. In der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit sind es vornehmlich allgemeine prozessuale Vorschriften, die solche Ausnahmen regeln und die auch für amici fruchtbar gemacht werden können. Das Welthandelsrecht hingegen hält nicht streng am Beibringungsgrundsatz fest, sondern weist auch teils Charakteristika des Untersuchungsgrundsatzes auf. Daher ist dort die eigenständige Berücksichtigung faktischer Elemente in amicus-Stellungnahmen unproblematisch. In der Praxis wurden bereits in dem 173 

Zu den Ausnahmen im Rahmen der ZPO oben §  11 A. II. 2.

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren

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Verfahren US – Tuna II von einem Panel verdeutlicht, dass Tatsachen auf diese Weise herangezogen werden können. Insgesamt zeigt sich eine Reihe von Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede. Dennoch ermöglichen die meisten Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen eine selbstständige Berücksichtigung von tatsächlichen Elementen in amicus-Stellungnahmen, die aber nicht dazu führen darf, den Streitgegenstand des Verfahrens zu erweitern. 3.  Beweisverfahren und Beweiswürdigung Eine auffällige Gemeinsamkeit aller untersuchten Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen ist, dass amici nicht den Regeln des einschlägigen Beweisrechts unterliegen. Besonders bemerkbar macht sich dies im U.S.-amerikanischen Recht. Dort herrscht eine Fülle von Beweisregeln, die sämtlich für amici nicht gelten. Im Bereich der ZPO ist die Besonderheit zu beachten, dass die Parteien sich teilweise den Vortrag des amicus zu eigen machen müssen und insofern dieser Vortrag Gegenstand eines Beweises sein kann. PTCP, Welthandelsrecht und Investitionsschiedsgerichtsbarkeit treffen kaum Regelungen hinsichtlich des einschlägigen Beweisverfahrens. Allen gemein ist zunächst das den Spruchkörpern verbleibende große Ermessen, welche Beweise sie für zulässig erachten und wie diese gewürdigt werden sollen. Daher ist dort die Nichteinhaltung spezieller Beweisverfahrensvorschriften für amici nicht weiter verwunderlich. Bei den PTCP ergibt sich die Besonderheit, dass diese ausdrücklich regeln, Tatsachen in einer amicus-Stellungnahme seien kein Beweismittel. Die soeben aufgezeigte Entwicklung muss zumindest im Bereich der nationalen Rechtsordnungen bedenklich stimmen. Im U.S.-amerikanischen Recht wurde gezeigt, wie amici gezielt versuchen, tatsächliche Aussagen zu manipulieren und somit als junk social science bezeichnet werden können. Dabei wurden auch prozessuale Lösungsvorschläge, wie ein Auffordern der Parteien zur ­Stellungnahme zu einer Tatsache in einem amicus brief, den das Gericht heranzuziehen gedenkt, angebracht. In vergleichender Perspektive ist im Welt­ handelsrecht das Panel in der Sache US – Tuna II bereits so verfahren und hat damit die unabhängig von diesem Verfahren getätigten Überlegungen in der U.S.-amerikanischen Literatur bestätigt. Im Welthandelsrecht ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass dem jeweiligen Spruchkörper ein großes Ermessen verbleiben soll, wie er mit Beweisen zu verfahren gedenkt. Ähnlich ist die Lage im Rahmen von ICSID-Schiedsverfahren. Auch dort hat das Schiedsgericht ein weitgehendes Ermessen. Im Rahmen der UNCITRAL AR wurde auf eine genaue Regelung des Beweisverfahrens bewusst verzichtet und die nähere Ausgestaltung eines solchen den Parteien überlassen. Die Parteien sollten etwaige

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

amicus-Stellungnahmen dann bei dieser Ausgestaltung berücksichtigen. Ähnliches gilt für die PTCP. Auch dort ist die Möglichkeit einer näheren Ausgestaltung der Regelungen in Übereinstimmung mit den einschlägigen Vorschriften des Forumstaats gegeben. Während zwar auf der einen Seite das Beweisverfahren oftmals nur unzureichend geregelt ist, zeigt sich auf der anderen Seite, dass mit der ebenfalls nicht geregelten beziehungsweise im Ermessen des Spruchkörpers stehenden Beweiswürdigung den Spruchkörpern die Möglichkeit verbleibt, angemessen auf die jeweiligen amicus-Stellungnahmen zu reagieren. Das Gericht muss dabei die fehlende Überprüfung der Tatsachen in amicus-Stellungnahmen berücksichtigen. Die bezüglich fast aller amicus briefs bestehenden Offenlegungsverpflichtungen des amicus174 ermöglichen es dem Spruchkörper zudem, einzuordnen, woher der Wind weht und somit einen eventuellen parteiischen Einschlag bei der Würdigung der Tatsachen zu berücksichtigen. Abschließend lässt sich festhalten, dass Tatsachen in amicus briefs mehr Probleme verursachen als lösen. Solange solche Tatsachen nicht im Rahmen eines ordnungsgemäßen Verfahrens validiert werden, ist bei ihrem Heranziehen Zurückhaltung geboten.

B.  Rechtsansichten in amicus briefs Nachdem ausführlich auf die tatsächlichen Elemente in amicus-Stellungnahmen eingegangen wurde, gilt es nunmehr den Fokus auf rechtliche Ausführungen zu richten. Ähnlich dem vorgegangenen Abschnitt sollen zunächst einige Beispiele für eine rechtliche Argumentation gefunden und dabei auch die verschiedenen Arten rechtlicher Argumente kategorisiert werden. Anschließend ist der Grundsatz iura novit curia und seine Auswirkungen auf amicus-Stellungnahmen zu untersuchen. Denn wenn das Gericht von sich aus im Rahmen des Vortrags der Parteien das Recht anwenden kann, kann es auch Argumente in amicus-Stellungnahmen, die zwar auf den Sachvortrag der Parteien Bezug nehmen, aber rechtlich nicht von den Parteien vorgetragen wurden, in das Verfahren einbringen. Schließlich ist zu fragen, inwiefern der Umstand einer häufigen amicus-Beteiligung an Rechtsmittelverfahren, dazu führt, dass der amicus in Bezug auf den Gegenstand seiner Argumentation beschränkt ist beziehungsweise, dass das Gericht bestimmte Teile der Argumentation des amicus nicht heranziehen darf.

174 

Dazu oben §  8 B. I. 2. b) ee).

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren 393

I.  U.S.-amerikanisches Recht – issue creation? 1.  Rechtliche Argumente in amicus briefs Es können zwei Arten einer eigenständigen Argumentation durch amici unterschieden werden. Zum einen können amici einen von den Parteien herausgearbeiteten Streitpunkt aufgreifen und zu diesem lediglich eine unterschiedliche Argumentation vertreten. Als Beispiel bietet sich insofern der Fall Toll v. Moreno175 an. Dort stützte der amicus seine rechtlichen Ausführungen auf eine andere Grundlage als die Parteien, indem er die Unwirksamkeit einer Regelung anhand der supremacy clause begründete, während sich die Parteien auf eine Verletzung des due process Grundsatzes konzentrierten.176 Möglich ist aber auch, dass der amicus nicht nur eine alternative rechtliche Argumentation in das Verfahren einbringt, sondern vielmehr neue Aspekte des Falls behandelt.177 In Tague v. Lane beispielsweise beschäftigte sich der Supreme Court mit der Frage, ob eine möglicherweise neu zu schaffende Regel des Strafprozessrechts sogleich rückwirkend auf den Antragsteller anzuwenden sei, wenngleich diese Regel nur durch amici angesprochen wurde.178 Auch das Aufgreifen des Aspekts der freien Meinungsäußerung in Metromedia, Inc. v. San Diego ist in dieser Kategorie zu verorten.179 In Davis v. U.S. erkannte der Supreme Court ausdrücklich an, er könne auch auf Fragen eingehen, die lediglich von amici aufgeworfen wurden, es in diesem Fall jedoch vorziehe, dies nicht zu tun, da die Parteien ausdrücklich nicht zu dieser Frage Stellung beziehen wollten.180 Ein U.S. Court of Appeal betonte, amici können die Gerichte auf fehlende Argumente der Parteien aufmerksam machen.181 Generell scheinen einige U.S. Courts of Appeals davon auszugehen, auch Argumente ansprechen zu können, die so nicht von den Parteien vorgetragen wurden.182 Ferner finden sich Urteile, in denen die Gerichte den amicus zwar grundsätzlich vom Vorbringen neuer Einwände ausschließen, dies für die besondere Situation jedoch nicht gelten lassen. So hat der Supreme

Toll v. Moreno, 458 U.S.  1 (1982). Dazu oben §  2 B. I. 3. b) bb). 177  Behandeln die Gerichte solche neuen Aspekte, die nicht von den Parteien vorgetragen werden, spricht man von issue creation, dazu etwa Frost, 59 Duke L.J. 447, 455 ff. (2009). 178  Tague v. Lane, 489 U.S.  288, 300 (1989). Dies als Beispiel für das Einbringen neuer Aspekte durch amici betonend auch Frost, 59 Duke L.J. 447, 466 (2009). 179  Zu diesem Fall bereits oben §  2 B. I. 3. b) bb). 180  Davis v. U.S., 512 U.S.  452, 457 (1994). 181  Massachusetts Food Ass’n v. Massachusetts Alcoholic Beverages Control Com’n, 197 F.3d 560, 568 (1st Cir. 1999). 182  Thomas v. Crosby, 371 F.3d 782, 793 (11th Cir. 2004). 175 

176 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Court von Montana das Vorbringen des amicus zum Anlass genommen, eine Befangenheit des vorgehenden Gerichts ausführlich zu prüfen.183 Dabei kann im Einzelfall die Abgrenzung zwischen einer alternativen Argumentation und dem Einbringen neuer Aspekte schwierig sein. In Eldred v. Reno war die Mehrheit des Gerichts der Meinung, der amicus würde mit seiner Argumentation einen neuen Aspekt des Falls behandeln,184 während in der dissent­ing opinion angeführt wurde, der amicus bringe lediglich eine alternative Argumentation zum Ausdruck.185 Entscheidendes Kriterium für die Abgrenzung sollte sein, ob der amicus einen völlig anderen Aspekt anspricht oder lediglich seine Argumentation gegenüber der Partei variiert. Der Fall Eldred v. Reno ist wegen des Berufens des amicus auf eine eigenständige verfassungsrechtliche Argumentation eher der Kategorie des Einbringens neuer Aspekte zuzuordnen. 2.  Principle of party presentation als Grenze? Zu prüfen ist, inwiefern diese beiden Arten von Argumenten im U.S.-amerikanischen Recht zulässig sind. Dabei ist eingangs zu betonen, dass der Grundsatz iura novit curia im U.S.-amerikanischen Recht kaum verankert ist. Vielmehr gilt dort das adversary system. Dieses wird maßgeblich durch die zwei Prinzipien party presentation und party prosecution geprägt.186 Nach dem principle of party presentation ist das Einbringen des Streitstoffes Aufgabe der Parteien.187 Party prosecution hingegen betrifft die Leitung des Verfahrens durch die Parteien.188 Ein Großteil der Literatur und Rechtsprechung ist der Ansicht, aus dem Prinzip der party presentation folge auch den Grundsatz, das Gericht dürfe nur auf die rechtlichen Aspekte eingehen, die von den Parteien vorgetragen werden.189 Reichert v. State ex rel. McCulloch, 2012 WL 1795135 (S.Ct. of Mont. 2012). Eldred v. Reno, 239 F.3d 372, 378 (D.C. Cir. 2001). 185  Eldred v. Reno, 239 F.3d 372, 383 (D.C. Cir. 2001). 186  James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  4.; Resnik, 96 Harv. L. Rev. 374, 380 (1982), die auf James/Hazard/Leubsdorf a. a. O. verweist. Millar, The Formative Principles of Civil Procedure, S.  12 ff. zieht mit dem principle of dispositive election eine dritte Kategorie heran. Dieses Prinzip gewährt der Partei die volle Kontrolle über ihre materiellen und prozessualen Rechte. Insbesondere bleiben der Beginn des Verfahrens und die Einleitung von prozessualen Schritten den Parteien überlassen. Dabei ist dieses Prinzip vom principle of party presentation insofern unterschiedlich, als dass das principle of dispositive election die Grundentscheidung zur Prozessführung trifft, während im Rahmen des principle of party presentation diese Entscheidung von den Parteien näher ausgestaltet werden kann. 187  Dazu oben §  11 A. I. 2. 188  James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  5. Millar, The Formative Principles of Civil Procedure, S.  20 führt aus: „[…] in general the court will take no step in the case except on motion of the party.“ 189  Aus der Literatur, Frost, 59 Duke L.J. 447, 456 (2009); Chemerinsky, 149 U. Pa. L. 183 

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§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren 395

So hat sich ein Gericht außer Stande gesehen, den einschlägigen Teil einer Norm anzuwenden, da sich die Parteien auf diesen nicht bezogen.190 Greifen die Parteien nicht die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes an, so überprüft das Gericht diese nicht von sich aus.191 Dabei finden sich auch Entscheidungen des Supreme Courts, in denen betont wird: „When an issue or claim is properly before the court, the court is not limited to the particular legal theories advanced by the parties, but rather retains the independent power to identify and apply the proper construction of governing law.“192 Dieser Fall betraf jedoch die Situation, in der ein rechtliches Problem von den Parteien aufgeworfen wurde und das Gericht lediglich eine alternative rechtliche Lösung entwickelte.193 Dieser Ansatz ist dem deutschen Recht völlig fremd.194 Die oben geschilderten Prinzipien gelten jedoch nicht unumstößlich und sind auch nicht frei von Kritik. Seit längerem ist anerkannt, dass insbesondere im Rahmen der Prozessleitung U.S.-amerikanische Richter ihre passive Rolle verlassen und eine mehr aktive Rolle einnehmen.195 Auch im Hinblick auf den Bereich der judicial issue creation ist einiges in Bewegung geraten. Gemeint sind Rev. 287, 302; Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  2; James/Hazard/Leubsdorf, Civ­il Procedure, S.  4. Devins, 149 U. Pa. L. Rev. 251, 256 (2000) beschreibt, dass insbesondere konservativ geprägte Gerichte eine solche Sichtweise aufrechterhielten. Zur Rechtsprechung beachte die Beispiele in den folgenden Fußnoten und den oben, §  11 A. I. 2., zitierten Ausspruch des Supreme Courts in Greenlaw v. United States, 554 U.S.  237, 237 (2008). 190  United States ex rel. Totten v. Bombardier Corp., 380 F.3d 488, 497 (D.C. Cir. 2004), dazu auch Frost, 59 Duke L.J. 447, 456 (2009). 191  Gonzales v. Carhart, 550 U.S.  124, 169 (2007), dazu auch Frost, 59 Duke L.J. 447, 456 f. (2009). 192  Kamen v. Kemper Financial Services, Inc., 500 U.S.  90, 99 (1991), dazu auch Frost, 59 Duke L.J. 447, 457 (2009). 193  Mittlerweile ist es in der Literatur weitgehend akzeptiert, dass das Gericht etwa statt des von der Partei zitierten Urteils auch ein anderes, nicht zitiertes aber passendes Urteil zu einem aufgeworfenen Aspekt heranziehen, allerdings eben nicht einen vollständig neuen rechtlichen Aspekt behandeln kann, Frost, 59 Duke L.J. 447, 456 (2009); Schauer, 51 Duq. L. Rev. 51, 52 (2013); vgl. auch Chemerinsky, 149 U. Pa. L. Rev. 287, 302. Wie bereits eben im Falle Eldred v. Reno verdeutlicht kann die Abgrenzung schwierig sein. Kühne, Amicus Curiae, S.  94 spricht in diesem Zusammenhang von issue of law auf der einen Seite und legal theories and arguments auf der anderen Seite. Letztere könne das Gericht selbst heranziehen. 194  Vielmehr drückt der Satz iura novit curia aus, dass die Würdigung des Rechts Aufgabe des Gerichts ist. Passend in diesem Zusammenhang auch da mihi factum, dabo tibi ius. Ausführlich zu diesem Komplex auch unter Aufzeigung von Einflussmöglichkeiten der Parteien auf die rechtlichen Gegebenheiten Würthwein, Umfang und Grenzen des Parteieinflusses auf die Urteilsgrundlagen im Zivilprozess, S.  61 ff. 195  Dies wird anschaulich bei Resnik, 96 Harv. L. Rev. 376, 386 ff. (1982) herausgearbeitet, die insbesondere Fälle von größerer öffentlicher Relevanz für eine aktivere Rolle des Richters geeignet hält. Auch bei Frankel, 123 U. Pa. L. Rev. 1031, 1041 ff. (1975) finden sich Überlegungen zum „Judge as Trial Director“.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

damit Vorgänge, in denen die Gerichte von sich aus bestimmte Rechtsfragen ansprechen und thematisieren196 und somit vom Prinzip der party presentation abweichen. Gerade amicus curiae briefs sind dabei ein wichtiges Instrument. Dabei stehen sich verschiedene Positionen gegenüber. Ein Großteil der Rechtsprechung betont, amici können keine neuen Aspekte in das Verfahren einbringen und eine Beteiligung solcher amici sei abzulehnen beziehungsweise der Inhalt dieser amicus-Stellungnahmen nicht zu berücksichtigen.197 Teilweise wird dabei sogar eine eigenständige Argumentation des amicus ausgeschlossen.198 Auf der anderen Seite sind auch wiederholt Ausnahmen von dieser Praxis gemacht worden.199 Kaum vertretbar erscheint es, amici eine eigenständige Argumentation gänzlich zu untersagen. Denn wie im Rahmen der Entscheidungsparameter gezeigt, sollen amici bloße Wiederholungen vermeiden und vielmehr eine Ausweitung der Argumentation der Partei anstreben. Ein Lösungsweg wäre, den amicus brief auf die Aspekte zu reduzieren, die auch von den Parteien angesprochen werden, ihm bezüglich dieser aber eine eigenständige Argumentation zu gestatten.200 196  Zu diesem Phänomen aus der neueren Zeit etwa Chemerinsky, 149 U Pa. L. Rev. 287, 302 ff.; Devins, 149 U. Pa. L. Rev. 251, 254 ff. (2000); Frost, 59 Duke L.J. 447, 461 ff. (2009). Frost, a. a. O. stellt insbesondere heraus, dass die Gerichte in Fragen der Zuständigkeit selbstständig tätig werden können. 197  Santomenno ex rel. John Hancock Trust v. John Hancock Life Ins. Co. (U.S.A), 768 F.3d 284, 300 (3rd Cir. 2014); F.T.C. v. Phoebe Putney Health System, Inc., 133 S.Ct. 1003, 1010 (2013); United Parcel Serv., Inc v. Mitchell, 451 U.S.  56, 60 (1981); Resident Council of Allen Parkway Village v. U.S. Dept. of Housing & Urban Development, 980 F.2d 1043, 1049 (5th Cir. 1993); Eldred v. Reno, 239 F.3d 372, 378 (D.C. Cir. 2001); Bano v. Union Carbide Corp., 273 F.3d 120, 127 (2nd Cir. 2001); Synder v. Phelps, 580 F.3d 206, 216 f. (4th Cir. 2009); Andersen v. Leavitt, 2007 WL 2343672 (E.D.N.Y. 2007); Parm v. Shumate, 2006 WL 1228846 (W.D. La. 2006); United States v. Alkaabi, 223 F. Supp. 2d 583, 593 (D.N.J. 2002); Waste Management of Pennsylvania, Inc. v. City of York, 162 F.R.D. 34, 36 (M.D. Pa. 1995); Amaco Oil Co. v. U.S., 234 F.3d 1374, 1377 f. (Fed. Cir. 2000); jüngst Davidson v. City of Cranston, Rhode Island, 2016 WL 5115338, 2 (1st Cir. 2016). 198  Siehe dazu Peacock v. Thomas, 516 U.S.  349, 357 (1996), der Supreme Court ging dort auf ein Argument nicht ein, da es lediglich von einem amicus vorgetragen wurde. 199  Siehe dazu beispielhaft die oben, §  11 B. I. 1. aufgeführten Verfahren Tague v. Lane, Metromedica Inc. v. San Diego, Davis v. U.S., Eldred v. Reno. Weitere Beispiele bei Miller, 39 San Diego L. Rev. 1253, 1284 (2002); vgl. auch Burwell v. Hobby Lobby Stores, Inc., 134 S.Ct. 2751, 2776 (2014). Dort lehnte der Supreme Court das Aufwerfen neuer Aspekte zwar generell ab, lässt aber erkennen, dass er dies im Einzelfall auch anders handhabt, „We do not generally entertain arguments that were not raised below and are not advanced in this Court by any party […] and there are strong reasons to adhere to that practice in these cases“, a. a. O. Anschließend heißt es „Even if we were to reach this argument, we would find it unpersuasive.“, a. a. O. Es folgt eine eingehende Befassung mit dem Vortrag des amicus. 200  Lewis v. Harris, 875 A.2d 259, 269 (Sup. C. of N.J. 2005).

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren 397

Dies wäre auch in Übereinstimmung mit der eben zitierten Passage aus dem Urteil des Supreme Courts in der Sache Kamen v. Kemper. Jedoch sind auch die Urteile zu berücksichtigen, welche amici das Aufwerfen neuer rechtlicher Aspekte gestatten. Dies führt zu einem sehr uneinheitlichen Bild. Es scheint dabei größtenteils dem Ermessen der erkennenden Spruchkörper überlassen, wann eine solche Ausnahme zuzulassen ist. Feste Regeln lassen sich nicht erkennen. Eine gangbare Abgrenzung ermöglicht die Frage, ob das Gericht selbst fragliche Punkte hätte ansprechen können.201 Fragen der Zuständigkeit beispielsweise können selbstständig von den Gerichten aufgegriffen werden.202 Allerdings zeigt sich auch, dass sich feste Regeln nur schwer in der Praxis verankern lassen.203 Diese Entwicklung ist bedauerlich, fördert sie doch eine fehlende Vorhersehbarkeit der durch die Gerichte zu findenden Ergebnisse und kann bei exzessiver Anwendung den Verdacht der Willkür aufkommen lassen. Die maßgebliche Aufgabe der Gerichte wird es sein, hier klare und verlässliche Kriterien zu entwickeln. Der Supreme Court wird sich entscheiden müssen, ob er in Urteilen wie Greenlaw v. United States die Geltung der Parteiherrschaft auch im Hinblick auf das Einführen neuer rechtlicher Aspekte postuliert oder aber auch eine issue creation durch amici im Einzelfall zulässt.204 Die momentan verfolgte, indifferent wirkende Linie, die weder konsequent noch schlüssig ist, bedarf der Korrektur. Welche der beiden Möglichkeiten dabei grundsätzlich vorzugswürdig ist, bedarf der weiteren eingehenden Untersuchung, die jenseits des Fokus dieser Arbeit liegt.205 Angemerkt werden kann allerdings, dass die geforderte richterliche Zurückhaltung in praxi oftmals nicht funktioniert. Daher scheint es überlegenswert, eine Regelung zu treffen, der die Chance der dauerhaften Einhaltung innewohnt – dies wird eher dann der Fall sein, wenn das Gericht den Rechtsstreit in rechtlicher Hinsicht umfassend würdigen kann und nicht gleichermaßen Geisel des Parteivortrags wird.206 Darauf hinweisend Beckwith/Sobernheim, 17 Fordham L. Rev. 38, 55 (1948); dies übernehmend Genova v. Banner Health, 734 F.3d 1095, 1103 (10th Cir. 2013). 202  Näher Frost, 59 Duke L.J. 447, 462 f. (2009). 203  Frost, 59 Duke L.J. 447, 464 (2009) formuliert: „[…] to accuse judges of raising new issues when doing so accords with their personal preferences.“ Miller, 39 San Diego L. Rev. 1253, 1260 (2002) führt aus, dass die Gerichte keinem festen Prinzip bei der Entscheidung, ob sie ausnahmsweise auch nicht von den Parteien angesprochene Aspekte des Falls entscheiden, folgen. Als Grund hierfür werden vor allem historische Ursachen angeführt. Vgl. aber die eben angeführte Entscheidung Genova v. Banner Health, 734 F.3d 1095, 1103 (10th Cir. 2013), die klarere Maßstäbe erkennen lässt. 204  Dazu die obigen Beispiele bei §  11 B. I. 1. 205  Eingehend etwa Jolowicz, On Civil Procedure, S.  189 f; Andrews, Principles of Civil Procedure, S.  47 f. 206  Dazu die Formulierung von Lord Steyn in Darlington Borough Council v. Wiltshier 201 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

3.  Grenzen des Rechtsmittelverfahrens Neben dem principle of party presentation postuliert der Prüfungsumfang des Rechtsmittelgerichts eine weitere Grenze für amici. Die U.S. Courts of Appeals überprüfen im Rahmen ihrer Entscheidung über ein Rechtsmittel nicht das komplette erstinstanzliche Verfahren. Vielmehr erfolgt eine Einschränkung in zweifacher Hinsicht. Zum einen können im Rechtsmittelverfahren nur die­ jenigen Aspekte Verfahrensgegenstand sein, die auch im erstinstanzlichen Verfahren erörtert wurden.207 Weiterhin wird vom Rechtsmittelgericht lediglich dasjenige überprüft, was von den Parteien in ihren Rechtsmittelschriftsätzen vorgebracht wurde.208 Dennoch finden sich auch Ausnahmen von diesen Grundsätzen. Aufschlussreich ist der Fall Thomas v. Crosby.209 Dort führte das Gericht aus: „It is beyond dispute that, in general, we have the power to consider issues that a party fails to raise on appeal, even though the petitioner does not have the right to demand such consideration.“210 Die Unstreitigkeit dieses Vorhabens wurde jedoch einige Sätze weiter in Zweifel gezogen, indem das Gericht ein weiteres Urteil zitierte. Dort hieß es: „Generally, federal appellate courts do not consider issues that the parties have not raised either below or on appeal. Yet in ‚exceptional circumstances,‘ to prevent injustice, we may raise issues sua sponte.“211 Diese Aussage ist so unpräzise gefasst, dass eine verlässliche Praxis kaum denkbar ist. Auch in der Literatur heißt es lediglich „the Supreme Court and other appellate courts have failed to follow any consistent practice about sua sponte holdings.“212 Dennoch lässt sich festhalten, dass eine solche Praxis nicht die Regel ist. Amici haben sich daher grundsätzlich an den durch die Parteien vorgegebenen Rahmen des Rechtsmittels zu halten. Dies findet sich auch in der Urteils­

Northern Ltd. [1995] 1 WLR 68, 78 (CA): „[C]ourts of law in our system are the hostages of the arguments developed by counsel.“ 207  “It is the general rule, of course, that a federal appellate court does not consider an issue not passed upon below.“, Singleton v. Wulff, 428 U.S.  106, 120 (1976). Für weitere Nachweise aus der Literatur siehe Miller, 39 San Diego L. Rev. 1253, 1264 f. (2002). 208  Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  636; James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  764 f., 766; Schulz, Das Rechtsmittel des Appeal zu den US Federal Courts of Appeal, S.  102. 209  Thomas v. Crosby, 371 F.3d 782 (11th Cir. 2004). Dazu bereits oben bei §  11 B. I. 1. 210  Thomas v. Crosby, 371 F.3d 782, 793 (11th Cir. 2004). 211  In re Mahaffey, 1996 WL 383922, 3 (4th Cir. 1996). Wird zitiert von Thomas v. Crosby, a. a. O. In In re Mahaffey finden sich weitere Nachweise aus der Rechtsprechung. 212  Miller, 39 San Diego L. Rev. 1253, 1284 (2002).

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praxis bestätigt.213 Allerdings sind die oben aufgeführten Urteile,214 in denen amici neue Aspekte in das Verfahren einbrachten, sämtlich im Rahmen von Rechtsmittelverfahren ergangen. Die Beteiligung von amici kann demnach dazu füh­ren, die soeben geschilderten Grundsätze in Rechtsmittelverfahren beiseite zu lassen und stattdessen auch Umstände anzusprechen, die nicht von den Parteien vorgebracht wurden. Eine klare, einheitliche Linie lässt sich nicht erkennen.

II.  Europäisches und deutsches Kartellrecht 1.  Fallbeispiele und iura novit curia Sowohl Kommission als auch Bundeskartellamt können in ihren Stellungnahmen neue rechtliche Aspekte des Falls aufwerfen. Die Kommission hat wiederholt in ihren Stellungnahmen Ausführungen zu einer möglichen Freistellung getätigt.215 Es kann davon ausgegangen werden, dass die Kommission hier ihre in der Zeit vor dem System der Legalausnahmen angesammelte Erfahrung eingebracht hat. Auch das Bundeskartellamt macht teilweise Ausführungen, die von denen der Parteien abweichen, etwa wenn es einen PETCYCLE Systemvertrag auslegt.216 Teilweise führen Stellungnahmen des Bundeskartellamts auch dazu, neue Aspekte des Falls zu berücksichtigen.217 Im Einzelnen kann es schwierig sein, genau festzulegen, inwiefern Kommission oder Bundeskartellamt mit ihrer Argumentation von der der Parteien abweichen, dennoch steht fest, dass Kommission und Bundeskartellamt grundsätzlich rechtliche Aspekte des Falls anders bewerten können und teils auch neue rechtliche Fragestellungen aufwerfen. Während das Einbringen neuer Aspekte im U.S.-amerikanischen Recht wie gesehen nicht unproblematisch ist, stellt sich die Lage im deutschen Zivilprozess Siehe beispielsweise United Parcel Serv., Inc v. Mitchell, 451 U.S.  56, 60 (1981); Resident Council of Allen Parkway Village v. U.S. Dept. of Housing & Urban Development, 980 F.2d 1043, 1049 (5th Cir. 1993); Eldred v. Reno, 239 F.3d 372, 378 (D.C. Cir. 2001); Bano v. Union Carbide Corp., 273 F.3d 120, 127 (2nd Cir. 2001); Synder v. Phelps, 580 F.3d 206, 216 f. (4th Cir. 2009); Amaco Oil Co. v. U.S., 234 F.3d 1374, 1377 f. (Fed. Cir. 2000). 214  Siehe dazu beispielhaft die oben, §  11 B. I. 1. aufgeführten Verfahren Tague v. Lane, Metromedica Inc. v. San Diego, Davis v. U.S., Eldred v. Reno. Weitere Beispiele bei Miller, 39 San Diego L. Rev. 1253, 1284 (2002). 215  Oben §  3 B. I. 5. 216  Oben §  3 B. II. 217  Dazu BGH, 31.01.2012, KZR 65/10, Rn.  32. Dort regt das Bundeskartellamt eine weitere Aufklärung des Sachverhalts an. Dies führte zu einer Zurückverweisung der Sache. Dieses Beispiel kann aber auch im Zusammenhang mit tatsächlichen Fragen behandelt werden, dazu oben §  11 A. II. 213 

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gänzlich anders dar. Dort ist der Grundsatz iura novit curia fest verankert. Es ist gerade nicht Aufgabe der Parteien, sondern vielmehr die des Gerichts, das einschlägige Recht auf das Vorbringen der Parteien anzuwenden.218 Allerdings ist dieser Grundsatz nicht unumstößlich. Anders als teilweise in der Literatur suggeriert,219 ist jedoch der Umstand, dass das Gericht von sich aus von den Parteien nicht erhobene Einreden nicht berücksichtigen darf, keine Ausnahme vom Grundsatz iura novit curia. Vielmehr ist die Erhebung der Einrede selbst eine Voraussetzung des materiellen Rechts für deren Berücksichtigung. Trägt eine der Parteien, in der Regel der Beklagte, beispielsweise Umstände vor, die das Vorliegen der Einrede der Verjährung begründen, beruft sich die Partei aber weder ausdrücklich noch konkludent auf diese Einrede, kann das Gericht den Umstand der Verjährung nicht berücksichtigen.220 Dies ist aber nicht eine Ausnahme vom Grundsatz iura novit curia. Denn die rechtliche Würdigung des Falles zeigt vielmehr, dass materiellrechtlich bereits die Voraussetzungen der Einrede der Verjährung nicht vorliegen, da diese eben nicht erhoben wurde. Insofern gilt iura novit curia auch in diesem Fall. Eine Ausnahme vom Grundsatz iura novit curia ergibt sich jedoch im Bereich des ausländischen Rechts. Dieses muss das Gericht nicht kennen. Vielmehr kann das Gericht solches Recht gemäß §  293 ZPO auch auf anderen Wegen in Erfahrung bringen.221 Zudem ist es mit an den Parteien, dem Gericht dieses Recht zur Kenntnis zu bringen, wobei gemäß §  293 S.  2 ZPO das Gericht nicht auf das Vorbringen der Parteien beschränkt ist. Im Bereich des europäischen Kartellrechts wurde bisher noch keine Entscheidung getroffen, inwiefern die Kommission mit ihren Stellungnahmen bestimmte Aspekte des Verfahrens unter neuen rechtlichen Gesichtspunkten werten kann. Im Hinblick auf das Erfordernis einer kohärenten Rechtsanwendung durch die Kommission ist dieser zuzugestehen, auch zu Aspekten Stellung zu beziehen, die bisher im Verfahren keine Rolle gespielt haben. Beurteilen Parteien und Gericht einen Sachverhalt etwa dergestalt, dass trotz eines objektiven Verstoßes gegen Art.  101, 102 AEUV diese übersehen werden, ist es Aufgabe 218  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, S.  399; Rauscher, in: Krüger/Rauscher, MünchKomm ZPO, Bd. 1, Einl. Rn.  344 f.; Schilken, Zivilprozessrecht, S.  165. Zur Herkunft etwa Wiegand, in: Greiner/Berger/Güngerich, Rechtsetzung und Rechtsdurchsetzung, S.  128. 219  Siehe etwa Wagner, ZEuP 1999, 6, 18. 220  Eine entsprechende Hinweispflicht des Gerichts kann nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wegen einer sonst gegebenen Befangenheit im Sinne des §  42 ZPO nicht angenommen werden, hierzu näher Stackmann, in: Rauscher/Krüger, MünchKomm ZPO, Bd. 1, §  42 Rn.  62 und BGH, 02.10.2003, V ZB 22/03, BGHZ 156, 269, 271 f. 221  Möglich ist etwa ein Sachverständigengutachten, näher zu den verschiedenen Möglichkeiten der Ermittlung des ausländischen Rechts Prütting, in: Krüger/Rauscher, MünchKomm ZPO, Bd. 1, §  293 Rn.  23 ff.

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren 401

der Kommission, auf diesen Aspekt hinzuweisen, obwohl dieser sonst im Verfahren nicht zur Sprache gekommen wäre. Auch das Bundeskartellamt kann, wie im Rahmen der obigen Beispiele gezeigt, auf neue rechtliche Aspekte des Verfahrens hinweisen. Vor dem Hintergrund der Geltung des Grundsatzes iura novit curia erweist sich dies im Rahmen der ZPO jedoch nicht als problematisch. Eine Ausnahme besteht jedoch hinsichtlich der Geltendmachung von Einreden. Eine solche obliegt nur den Parteien. Eine weitere mögliche Grenze könnte der Prüfungsumfang eines Rechtsmittelverfahrens sein – dazu sogleich. 2.  Grenzen des Rechtsmittelverfahrens Wie gesehen beteiligt sich der Vertreter des Bundeskartellamts oftmals im Rahmen von Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof.222 Auch die Kommission beabsichtigt, sich lediglich an solchen Rechtsmittelverfahren zu beteiligen.223 Insofern ist fraglich, ob der Gegenstand eines Revisionsverfahrens im Rahmen der ZPO ähnlich eingeengt ist wie im Rahmen des U.S.-amerikanischen Rechts.224 Nach §  557 Abs.  1 ZPO ist das Gericht an die von den Parteien gestellten Anträge gebunden. Daher kann das Revisionsgericht dem Revisionskläger nicht mehr zusprechen als beantragt.225 Der Gegenstand des Antrags wird durch den Umfang des Berufungsurteils begrenzt. Anträge, die über dieses hinausgehen, etwa das Einführen neuer Ansprüche in das Verfahren, sind unzulässig.226 Im Rahmen der Prüfung der gestellten Anträge ist das Revisionsgericht gemäß §  557 Abs.  3 S.  1 ZPO an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden. Insofern ist im Rahmen der sachlichen Prüfung des materiellen Rechts das Revisionsgericht nicht an das Vorbringen der Parteien gebunden.227 Hinsichtlich Verfahrensmängeln ist zwischen absoluten, diese sind von Amts wegen überprüfbar, und rügepflichtigen zu unterscheiden, §  557 Abs.  3 S.  2 ZPO.228 Bei letztgenannten findet eine Überprüfung nur statt, wenn sie von den Parteien gerügt wurden. Für amicus-Stellungnahmen von Kommission und Bundeskartellamt bedeutet dies zunächst, dass sie rechtliche Stellungnahmen nur im Rahmen der Anträge der Parteien vorbringen können. Ergibt sich beispielsweise der Verstoß einer 222 

Siehe oben §  3 E. II. Siehe oben §  3 E. I. 2. 224  Dazu oben §  11 B. I. 3. 225  Krüger, in: Krüger/Rauscher, MünchKomm ZPO, Bd. 2, §  557 Rn.  8. Damit einher geht das Verbot der reformatio in peius, dass aber freilich hinfällig ist, wenn der Revisionsbeklagte Anschlussrevision einlegt. 226  Krüger, in: Krüger/Rauscher, MünchKomm ZPO, Bd. 2, §  557 Rn.  4. 227  Heßler, in: Zöller, ZPO, §  557 Rn.  15. 228  Näher Krüger, in: Krüger/Rauscher, MünchKomm ZPO, Bd. 2, §  557 Rn.  22 ff. 223 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Vereinbarung gegen Art.  101 AEUV, werden aus dieser Vereinbarung aber keine Ansprüche abgeleitet, ist ein Vortrag zu dieser ausgeschlossen.229 Erfolgt er dennoch, ist er als gegenstandslos anzusehen. Allerdings können Kommission und Bundeskartellamt etwa im Rahmen einer vertraglichen Streitigkeit anführen, der in Frage stehende Vertrag verstoße gegen kartellrechtliche Bestimmungen, obwohl die Parteien hierauf nicht eingehen. Dies ergibt sich mittelbar aus §  557 Abs.  3 S.  1 ZPO.

III.  Principles of Transnational Civil Procedure 1.  Fehlende Fallbeispiele und iura novit curia Im Rahmen der PTCP sind konkrete Beispiele nicht zu finden, da die PTCP bisher nur eine Modellrechtsordnung sind. Dennoch können amici auch dort auf der einen Seite bereits aufgeworfene rechtliche Aspekte eigenständig bewerten oder aber neue rechtliche Aspekte in das Verfahren einbringen. Bezüglich der Geltung von iura novit curia regelt P. 22.1 PTCP wie auch das deutsche Recht, dass es Aufgabe des Gerichts ist, das anwendbare Recht zu bestimmen. Ausweislich P. 22.2.3 PTCP kann sich das Gericht auch auf rechtliche Argumente berufen, die nicht von den Parteien vorgebracht wurden. Zu der Bestimmung des anwendbaren Rechts zählt wie im deutschen Recht auch ausländisches Recht, allerdings gewährt P. 22.4 PTCP – wie §  293 ZPO im deutschen Recht – dem Gericht die Möglichkeit, dieses Recht gesondert festzustellen. Die Principles beziehen in P. 13 PTCP, welches wie gesehen den amicus regelt, und dem dazugehörigen Kommentar zu der Frage neuer rechtlicher Aspekte nicht Stellung, obwohl solche denkbar sind. Ungeklärt bleibt dabei die Frage, ob rechtliche Fragen von den Parteien aufgeworfen werden sollen und der amicus lediglich einen weiteren Standpunkt abgibt oder ob der amicus selbst in der Lage sein soll, rechtliche Fragen aufzuwerfen, wenn es sich anbietet. Ein Indiz für letztere Sichtweise ist Kommentar P-13A PTCP. Danach soll der amicus das Gericht beim Erreichen einer gerechten und sachkundigen Entscheidung unterstützen. Für eine solche sind aber alle rechtlich relevanten Punkte anzusprechen. Unerheblich scheint dabei, wer die betreffenden Punkte angesprochen hat. Eine solche Sichtweise ist auch wegen P. 22 PTCP unproblematisch.

229  Sofern der geltend gemachte Anspruch nicht auch auf diesen Anspruchsgrund gestützt werden kann. Dies ist vom Einzelfall abhängig.

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren 403

2.  Grenzen des Rechtsmittelverfahrens Nach P. 27.2 PTCP soll der Prüfungsumfang eines Rechtsmittelverfahrens auf die erstinstanzlichen Angriffs- und Verteidigungsmittel begrenzt sein. Unklar ist, ob mit dem Ausschluss solcher Angriffs- und Verteidigungsmittel auch rechtliches Vorbringen gemeint ist oder ausschließlich tatsächliches Vorbringen. Dabei scheint sich aus dem systematischen Zusammenhang heraus letztere Sichtweise zu bestätigen. Denn der Grundsatz von P. 27.2 PTCP erfährt durch P. 27.3 PTCP eine weitgehende Ausnahme. Danach kann das Gericht aus Billigkeitsgründen neue Tatsachen und Beweismittel berücksichtigen. Wenn aber sogar die Berücksichtigung neuer Tatsachen in der Rechtsmittelinstanz möglich ist, muss dies erst recht für neue rechtliche Hinweise gelten. Eine solche Sichtweise steht auch in Übereinstimmung mit den obigen zum Grundsatz iura novit curia gefundenen Ergebnissen.230 Hinsichtlich des Gegenstands des Rechtsmittelverfahrens verweist P. 27.1 PTCP auf das Recht des Forums. Insofern ist in Übereinstimmung mit den zum U.S.-amerikanischen Recht und der ZPO gefundenen Ergebnissen davon auszugehen, dass ebenfalls die Parteien den Gegenstand des Revisionsverfahrens durch ihre Anträge determinieren. Freilich können sich bei einem divergierenden Recht eines Forumstaates hiervon Ausnahmen ergeben. Amici können daher neue rechtliche Argumente im Rahmen der Grenzen des Antragsgegenstands vortragen. Geht der Vortrag im Einzelfall darüber hinaus, könnte das Gericht die amicus-Stellungnahme zurückweisen231 oder den betreffenden Teil unberücksichtigt lassen.

IV. Welthandelsrecht 1.  Fallbeispiele und iura novit curia In den vorstehenden Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen wurde verdeutlicht, dass amici grundsätzlich zwei Arten von rechtlichen Argumenten in das Verfahren einbringen können. Zum einen können sie zu einer von den Parteien bereits aufgeworfenen Frage eine rechtlich eigenständige Argumentation entwickeln. Eine solche Art der Argumentation ist auch im Welthandelsrecht bekannt. Dort ging ein amicus beispielsweise näher auf in Frage stehende nationale Regelungen ein, da er bezüglich dieser einen reichen Wissensfundus hatte.232 Allerdings wurde im Rahmen der übrigen Rechts- beziehungsweise Pro230 

Dazu oben §  11 B. III. 1. Etwa unter Berufen auf den bei §  10 B. II. dargestellten Entscheidungsparameter, nach dem zu prüfen ist, inwiefern der amicus eine merkliche Hilfe ist. 232  Dazu oben §  5 C. II. 231 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

zessordnungen auch gezeigt, dass amici teils eigenständig neue Aspekte des Falls beleuchten, zu denen die Parteien bisher nicht Stellung bezogen haben. In dem Verfahren US – Shrimp wies der WWF auf eine Reihe von umweltrechtlichen Fragestellungen hin, die so von den Parteien noch nicht erörtert wurden.233 Dies kann als Beispiel für das Aufwerfen von neuen Aspekten angesehen werden. Einschränkend muss jedoch beachtet werden, dass amici sich grundsätzlich an den Streitstoff, wie er von den Parteien vorgetragen wurde, zu halten haben.234 Im Hinblick auf die Frage der Geltung von iura novit curia ist zunächst zu vergegenwärtigen, dass die Streitbeilegung im Welthandelsrecht eine Zwitterstellung zwischen einvernehmlicher und gerichtsähnlicher Streitbeilegung erfahren hat.235 Dabei sind die hier relevanten Verfahren vor Panel und Appellate Body als gerichtsähnliche Verfahren anzusehen.236 Zu untersuchen ist, ob in diesen Verfahren der Grundsatz iura novit curia gilt. Im Welthandelsrecht lässt sich dabei der Inhalt dieses Grundsatzes an der Diskussion über den Umfang der Prüfungsbefugnisse, den Prüfungsmaßstab, festmachen. Einigkeit herrscht insoweit, als Art.  11 S.  2 DSU hier den entscheidenden Maßstab darstellt.237 Danach haben die Panels eine objektive Beurteilung vorzunehmen. Während dies in Bezug auf die Ermittlung tatsächlicher Umstände die Geltung einer Art von Untersuchungsgrundsatz impliziert,238 ist in rechtlicher Hinsicht zu differenzieren. Innerhalb der von den Parteien umrissenen rechtlichen Streitpunkte können die Panels eine vollständige Überprüfung des Rechts der Welthandelsorganisation vornehmen.239 Im Bereich des in Frage stehenden nationalen Rechts und internationaler Bestimmungen ist hingegen eine gewisse Zurückhaltung geboten.240 Insofern kennt das Welthandelsrecht hinsichtlich der Anwendung seiner eigenen Rechtsvorschriften den 233 

Dazu oben §  5 C. II. Oben §  10 B. III. 235  Oben §  5 A. 236  Zur Beschränkung auf Panel und Appellate Body Verfahren und deren Qualifizierung als gerichtsähnlich oben §  5 A. 237  Ausführlich Oesch, Standards of Review in WTO Dispute Resolution, S.  83 ff. Mit berücksichtigt werden muss Art.  17 Abs.  6 des Agreement on the Implementation of Article VI of the Agreement on Tariffs and Trade 1994 (Antidumpingübereinkommen), der in Fällen, in denen solche Maßnahmen entschieden werden, einen eigenen Prüfungsmaßstab festlegt, dazu: Oesch, Standards of Review in WTO Dispute Resolution, S.  88 ff. 238  Dazu näher oben §  11 A. IV. 1. 239  Oesch, Standards of Review in WTO Dispute Resolution, S.  173 ff. 240  Oesch, Standards of Review in WTO Dispute Resolution, S.  188 ff., 207 ff. Davey, in: Cottier/Mavroidis, The Role of the Judge in International Trade Regulation, S.  44 ff. veranschaulicht an einer Reihe von Fallbeispielen, dass sich Panels und Appellate Body in der Beurteilung nationaler Regelungen in der Mehrzahl der Fälle zurückgehalten haben. 234 

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren 405

Grundsatz iura novit curia. Wird hingegen fremdes, nationales Recht angewandt, gilt dieser Grundsatz nur eingeschränkt. Hier besteht eine Vergleichbarkeit mit der Rechtslage in der ZPO und den PTCP im Hinblick auf die Ermittlung ausländischen Rechts. Hinsichtlich der Möglichkeit von amici, auf neue rechtliche Fragestellungen einzugehen, besteht also theoretisch sehr wohl die Gelegenheit, dies zu tun. Fraglich ist, wie sich die Praxis hierzu verhält.241 In US – Tuna II bekräftigte das Panel, Informationen aus amicus briefs für die Entscheidung über die Anträge der Parteien nutzen zu wollen.242 Damit schließt das Panel aus, dass amici Rechtsfragen ansprechen, die von den Anträgen der Parteien nicht umfasst sind. In Australia – Apples betonte Australien, amicus briefs könnten bei der Lösung der zwischen den Parteien streitigen Punkte behilflich sein.243 Dies deutet daraufhin, dass amici nur zu den von den Parteien als strittig definierten Punkten Stellung nehmen können und nicht eigene Akzente bei der Bestimmung eines solchen Punkts setzen dürfen. Zudem wurde im Rahmen der Entscheidungsparameter herausgearbeitet, dass amicus-Stellungnahmen einen engen Bezug zur Streitigkeit aufweisen müssen.244 Das Aufwerfen völlig neuer rechtlicher Gesichtspunkte ist daher in der Praxis als nicht förderlich anzusehen, dennoch können innerhalb der von den Parteien erörterten Punkte neue rechtliche Aspekte durch amici gesetzt werden. 2.  Grenzen des Rechtsmittelverfahrens Im Rahmen von Verfahren vor dem Appellate Body ist zunächst Art.  17 Abs.  6 DSU zu berücksichtigen. Danach kann sich der Appellate Body nur auf die von den Panels angesprochenen rechtlichen Umstände berufen. Nicht eindeutig geregelt ist, welche Umstände der Appellate Body sodann einer Überprüfung unterzieht. Eine Regelung wie im U.S.-amerikanischen Recht oder der ZPO, dass nur das von den Parteien Beantragte zu überprüfen ist, fehlt. Gleichwohl regelt Ziff.  21 (2) WPAR detailliert die inhaltlichen Anforderungen der Rechtsmittelbegründung. Unter anderem sollen auch die Gründe für die Einlegung des Rechtsmittels ausführlich dargelegt werden. Daher ist zumindest faktisch sichergestellt, dass die Parteien den Umfang des Rechtsmittels determinieren.

241 

Siehe zu einer eher ablehnenden Haltung bereits oben §  10 B. III. United States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna and Tuna Products, Bericht des Panels vom 15.09.2011, WT/DS381/R, Rn.  7.9. 243  Australia – Measures Affecting the Importation of Apples from New Zealand, Bericht des Panels vom 09.08.2010,WT/DS367/R, Rn.  4.331. 244  Oben §  10 B. III. 242 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Fraglich ist, ob amici rechtliche Umstände geltend machen können, die zwar vom Panel behandelt wurden, aber von den Parteien im Rechtsmittelverfahren nicht angesprochen wurden. 245 Ein erster Hinweis findet sich in der Sache Mexico – Taxes on Soft Drinks.246 Dort wurde ein Heranziehen des amicus durch den Appellate Body abgelehnt. Die Vereinigten Staaten als eine der beteiligten Parteien führten aus, der amicus solle nicht berücksichtigt werden, da er Argumente und claims of error anführe, die nicht in der Revisionsschrift Mexikos enthalten seien. Die Vereinigten Staaten sahen insofern eine Ausweitung des Revisionsverfahrens durch den amicus als Grund an, diesen nicht zu berücksichtigen. In US – Steel Safeguards bezog sich der amicus brief auf einen Umstand, der nicht von den Parteien problematisiert wurde.247 Der Appellate Body entschied, den brief nicht heranzuziehen, da er keine Hilfe sei. Dabei stellte der Appellate Body explizit heraus, der brief thematisiere Umstände, die nicht von den Parteien aufgegriffen wurden. Eine Ausweitung von Rechtsmittelverfahren durch amici ist daher im Welthandelsrecht nicht üblich und wohl auch nicht zulässig.

V. Investitionsschiedsgerichtsbarkeit In der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit kann als Beispiel für eine alternative Argumentation der Fall Suez Vivendi dienen. Dort wurde etwa die Höherrangigkeit von Menschenrechten gegenüber Investitionsschutzbestimmungen durch amici thematisiert.248 Ein gutes Beispiel für das Einbringen eigenständiger rechtlicher Aspekte in ein Verfahren ist der Fall Glamis Gold.249 Dort beteiligte sich die Quechan Indian Nation als amicus. In ihrer amicus-Stellungnahme führten die Quechan Indianer aus, sie nähmen die Teile des fraglichen Landes als religiöse Stätte mit den daraus folgenden rechtlichen Konsequenzen in Anspruch.250 Genannt werden kann auch der Fall Methanex. Dort bestritt das International Institute for Sustainable Developement, dass Lösungen des Welthandels­ 245 

Dazu auch bereits oben §  10 B. III. Mexico – Tax Measures on Soft Drinks and Other Bverages, Bericht des Appellate Body vom 06.03.2006, WT/DS308/AB/R, Rn.  8. 247  United States – Definitive Safeguard Measures on Imports of Certain Steel Products, Bericht des Appellate Body vom 10.11.2003, WT/DS/248/AB/R, WTDS249/AB/R, WT/ DS251/AB/R, WT/DS252/AB/R, WT/DS253/AB/R, WT/DS254/AB/R, WT/DS258/AB/R, WT/DS259/AB/R, Rn.  268. 248  Dazu oben §  6 C. II. 249  Zu dieser Streitigkeit siehe oben §  6 B. I. 1. 250  Non-Party Submission, Submission of the Quechan Indian Nation, 19.08.2005, S.  1 ff., in: Glamis Gold Ltd. v. United States. 246 

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren 407

rechts eins zu eins auch im Bereich von Investitionsstreitigkeiten übernommen werden können.251 Beispiele für eine rechtliche Argumentation lassen sich sowohl für ICSID und UNCITRAL Verfahren finden. Hinsichtlich der Frage, inwiefern das Gericht eigenständig rechtliche Punkte aufwerfen kann, ist zwischen diesen jedoch zu unterscheiden.252 Schiedsgerichte, die ihr Verfahren anhand der ICSID AR ausrichten, können den jeweiligen Fall selbst anhand des anwendbaren Rechts beurteilen. Zwar obliegt es den Parteien, das auf den Sachverhalt anzuwendende Recht festzu­ legen,253 doch kann innerhalb dieses Rechts das Schiedsgericht selbst die Anwendung bestimmen.254 ICSID-Schiedsgerichten kommt dabei sogar die Pflicht zu, „to apply the applicable law, and is required to state sufficient reasons for its decision.“255 Jedoch geht diese Pflicht nicht soweit, dass das Schiedsgericht verpflichtet wäre, jegliche Argumente anzusprechen.256 Vielmehr bezieht sich die Pflicht nur auf die Argumente, die für den Ausgang des Rechtsstreits relevant sind.257 Im Hinblick auf Schiedsverfahren unter Geltung der UNCITRAL AR ist die Lage uneinheitlich. Wie auch bei ICSID-Verfahren gilt es zunächst, das anwendbare Recht zu bestimmen. Diesbezüglich trifft Art.  35 UNCITRAL AR Regelungen. Fraglich ist jedoch, ob bei Anwendung dieses Rechts der Grundsatz iura novit curia gilt. Diese Frage wird für die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit kontrovers diskutiert. Dabei haben die jeweiligen leges arbitri einen wesentlichen Einfluss.258 Deutsches, schweizerisches, finnisches

251  Methanex v. United States, Final Award of The Tribunal on Jurisdiction and Merits, 03.08.2005, Teil IV, Kap.  B., S.  13. Das Schiedsgericht zitiert dabei die amicus-Stellungnahme. Ruthemeyer, Der amicus curiae brief im Internationalen Investitionsrecht, S.  45 f. geht in diesem Zusammenhang auf den Fall Biwater Gauff ein. 252  Moss, in: Muchlinski/Ortino/Schreuer, The Oxford Handbook of International Invest­ ment Law, S.  1209 f. 253  Siehe dazu Art.  42 ICSID Convention und Schreuer/Malintoppi/Reinisch/Sinclair, The ICSID Convention, Art.  42 Rn.  21 ff. 254  Moss, in: Muchlinski/Ortino/Schreuer, The Oxford Handbook of International Invest­ ment Law, S.  1210. 255  Enron Creditors Recovery Corp. & Ponderosa Assets, L.P. v. The Argentine Republic, ICSID Case No, Arb/01/3, Decision on the Application for Annulment of the Argentine Republic, 30.07.2010, Rn.  376. 256  Enron Creditors Recovery Corp. & Ponderosa Assets, L.P. v. The Argentine Republic, ICSID Case No, Arb/01/3, Decision on the Application for Annulment of the Argentine Republic, 30.07.2010, Rn.  375. 257  So auch Landolt, 28 Arb. Int’l 173, 195 f. (2012). 258  Darauf hinweisend Kaufmann-Kohler, 36 Vand. J. Transnat’l L. 1313, 1331 f. (2003).

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

und schwedisches Schiedsverfahrensrecht kennen diesen Grundsatz.259 Auf der anderen Seite wird auch von Verfahren unter Geltung der UNCITRAL AR berichtet, die diesen Grundsatz nicht angewandt haben.260 Ferner wird in der Literatur herausgearbeitet, dass die Schiedsgerichte durchaus nicht einheitlich verfahren. Teilweise wird das anwendbare Recht vom Schiedsgericht selbst herangezogen, teilweise obliegt dies den Parteien.261 Dennoch lässt sich als Trend herausarbeiten, dass Schiedsgerichte in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle selbst im Rahmen des anwendbaren Rechts argumentieren können und dabei nicht von der Argumentation der Parteien abhängig sind.262 Für das britische Recht ist jedoch die Besonderheit zu beachten, dass dort ausländisches Recht grundsätzlich als Tatsache gilt, für die Beweis zu erbringen ist.263 Allerdings kann im Rahmen der Schiedsgerichtsbarkeit das Schiedsgericht selbst das anwendbare Recht in Erfahrung bringen.264 Hinsichtlich der Anwendung dieser theoretischen Erwägungen auf die amicus-Praxis bieten R. 37 Abs.  2 ICSID AR und das FTC-Statement erste Hin­ weise. Beide fordern einen Bezug des amicus briefs zur Streitigkeit.265 Dem amicus ist es insofern verwehrt, Probleme anzusprechen, die außerhalb des Streitgegenstands liegen. Der Fall von Pezold hat zudem gezeigt, dass Schiedsgerichte ein Ansprechen etwa möglicher Menschenrechtsverletzungen, obschon die Parteien dies nicht thematisieren, nicht als ausreichend konkretes Interesse auffassen können.266 Amici sollten daher bereits aus diesem Grunde rechtliche Fragen, die sich zwar im weitesten Sinne auf das Verfahren beziehen könnten, aber bisher von den Parteien nicht erörtert oder vorgetragen wurden, nur dann ansprechen, wenn neben diesen Fragen auch zu rechtlichen Problem Stellung bezogen wird, die von den Parteien erörtert werden. Anders kann sich die Lage darstellen, wenn die Parteien, bewusst oder unbewusst, die Umstände der Verletzung internationaler oder nationaler Rechtsnormen tatsächlich vortragen, dieser Umstand auch für das Verfahren entscheidungsrelevant ist, in den rechtlichen Ausführungen der Parteien der Umstand 259  Siehe zum schweizerischem Recht Landolt, 28 Arb. Int’l 173, 194 f. (2012); Wiegand, in: Greiner/Berger/Güngerich, Rechtsetzung und Rechtsdurchsetzung, S.  130 f. Zum schwedischen und finnischen Recht Kurkela, 21 ASA Bull. 486, 499 (2003). Zum deutschen Recht etwa Schlosser, in: Canaris u. a., 50 Jahre Bundesgerichtshof, Bd. 3, S.  405 f. 260  Kalniņa, 8 Baltic YB Int. L. 89, 96 (2008). 261  Kaufmann-Kohler, 21 Arb. Int’l 631, 635 (2005). 262  Moss, Stockholm Int’l Arb. Rev. 2006, 1, 30; Kalniņa, 8 Baltic YB Int. L. 89, 96 (2008). 263  Kaufmann-Kohler, 21 Arb. Int’l 631, 633 (2005). 264  Kaufmann-Kohler, 36 Vand. J. Transnat’l L. 1313, 1333 (2003). 265  Dazu oben §  10 B. IV. 266  Dazu insbesondere §  10 B. IV. 3.

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aber mit keinem Wort gewürdigt wird. In diesem Fall greift der Grundsatz iura novit curia ein, sofern er wie eben geschildert Anwendung findet. Ein Verständnis des Schiedsgerichts dergestalt, dass es, um diese Verletzung von entscheidungserheblichen Rechtsnormen annehmen zu dürfen, des Fingerzeigs der Parteien bedürfte, stünde zum einen diametral zu den eben geschilderten Grundsätzen und wäre zum anderen der Bedeutung investitionsrechtlicher Verfahren nicht angemessen. Eine solche eigenständige rechtliche Subsumtion wäre auch nicht etwa im Sinne von Art.  52 Abs.  1 lit.  b) ICSID Convention unzulässig.267 Vielmehr wäre die Entscheidung einer solcher Frage wohl als Pflicht des Schiedsgerichts anzusehen. Wäre es in diesem fiktiven Fall so, dass der amicus das Schiedsgericht erst auf diese Fährte bringt, sollte dies an der rechtlichen Zulässigkeit nichts ändern. Darüber hinaus, wäre es dann auch unangemessen ein fehlendes Interesse des amicus an der konkreten Streitigkeit zu monieren, da der entsprechende Sachvortrag der Parteien die Annahme eines konkreten Interesses zulässt.268 Inwiefern eine solche Differenzierung aber in der schiedsgerichtlichen Praxis durchgesetzt wird, ist fraglich. Daher sollte sich ein amicus zumindest auch mit den rechtlichen Argumenten der Parteien beschäftigen. Die in den übrigen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen erörtere Frage der Eingrenzung der Argumentation im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens, stellt sich in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit nicht. Teilweise ist dort keine zweite Instanz vorhanden oder aber amici beteiligen sich nicht an dieser.269

VI.  Vergleichende Analyse Insgesamt zeigt sich, dass amici in allen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen neue rechtliche Argumente in das Verfahren einbringen können. Dabei scheint es zielführend zwischen zwei verschiedenen Arten von Argumenten zu unterscheiden. Zum einen kann sich der amicus darauf beschränken, bezüglich einer bereits von den Parteien erörterten Rechtsfrage eine eigenständige Argumentation vorzubringen. Möglich ist aber auch, dass amici rechtliche Aspekte aufwerfen und erörtern, zu denen die Parteien bisher nicht Stellung bezogen haben. Welche Art von Argumenten mit den prozessualen Grundsätzen der jeweiligen Rechts- beziehungsweise Prozessordnung vereinbar ist, hängt zunächst mit der Frage zusammen, inwiefern der Grundsatz iura novit curia gilt. Bis auf das U.S.-amerikanische Recht stehen alle hier erörterten Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen einer eigenständigen Untersuchung des anwendbaren Rechts So wohl aber Mowatt/Mowatt, 28 ICSID Rev. 33, 43 (2013). Für eine umfassende Stellungnahmemöglichkeit durch amici auch Ruthemeyer, Der amicus curiae brief im Internationalen Investitionsrecht, S.  259 ff. 269  Dazu oben §  11 A. V. 1. 267 

268 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

durch den Spruchkörper überwiegend offen gegenüber und bestätigen daher den Grundsatz iura novit curia. Im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit ist die Rechtslage hingegen nicht ganz klar und es bestehen teilweise auch gegenläufige Tendenzen. ZPO, PTCP und Welthandelsrecht haben zudem gemein, dass der Grundsatz iura novit curia nicht für ausländisches Recht gilt. Dies können die Gerichte im Rahmen von ZPO und PTCP etwa auch im Wege eines Sachverständigengutachtens feststellen lassen oder üben wie im Welthandelsrecht eine gewisse Zurückhaltung bei der Auslegung nationaler Regelungen aus. Im U.S.-amerikanischen Recht hingegen ist die Herrschaft der Parteien auch im Hinblick auf die Anwendung des Rechts verhältnismäßig stark ausgeprägt. Die zumindest theoretisch vorhandene Trennlinie im U.S.-amerikanischen Recht verläuft zwischen der unzulässigen issue creation und dem zulässigen Einbringen von neuen Argumenten beziehungsweise weiterer Rechtsquellen. Während sich bei der Geltung des Grundsatzes iura novit curia bereits Unterschiede zeigen, wird die Lage hinsichtlich der Anwendung der Grundsätze auf amici noch unübersichtlicher. Im U.S.-amerikanischen Recht etwa sollte eine issue creation den prozessualen Grundsätzen folgend nicht vorkommen, dennoch werden amici hierfür teilweise benutzt. Anders hingegen ist die Lage im Welthandelsrecht und in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit zu beurteilen. Dort erlauben es prozessuale Grundsätze zwar regelmäßig, dass amici auch neue rechtliche Aspekte in den Rechtsstreit einbringen, dennoch sind amici zumeist auf den Stand des Rechtsstreits beschränkt, wie sie ihn, von den Parteien geformt, vorgefunden haben. Ein Eingehen auf völlig neue Gesichtspunkte ist zumeist nicht gewollt.270 Gleichwohl spricht bei Geltung des Grundsatzes iura novit curia einiges dafür, amici auch solche Argumente vortragen zu lassen. Die Spruchkörper sollten flexibel genug sein, in besonderen Situationen auch lediglich durch amici vorgebrachte Einwände zu berücksichtigen, um so zu einer möglichst ausgewogenen und gerechten Entscheidung zu gelangen. Auch der Grundsatz, amici keine parteiähnliche Stellung einzuräumen,271 spricht nicht gegen ein Ansprechen neuer Aspekte durch amici. Eine befürchtete Ausweitung des Verfahrens findet tatsächlich nicht statt, da die Parteien mittels ihrer tatsächlichen Ausführungen und ihrer Anträge den Streitgegenstand festlegen. Ergeben sich innerhalb dieses Streitgegenstandes rechtliche Probleme, kann der Spruchkörper diese bei Geltung von iura novit curia grundsätzlich selbst ansprechen und der amicus kann dazu dienen, ihn darauf aufmerksam zu machen. Allerdings entspricht dies nicht der üblichen Praxis. 270 

Dazu oben §  10 B. III., IV. Vgl. dazu bereits oben §  7 C. Dieser Grundsatz ergibt sich zudem daraus, dass amici regelmäßig nur eine schriftliche Stellungnahme einreichen, dazu oben §  9. Näher aber auch unten §  13. 271 

§  11  Amicus briefs auf eigene Initiative – Inhaltliche Einbindung in das Verfahren 411

Im Bereich des europäischen und deutschen Kartellrechts und der PTCP besteht hingegen eine Kohärenz zwischen den geltenden prozessualen Grundsätzen und der amicus-Praxis. Dort ist es unproblematisch, wenn Kommission oder Kartellamt rechtliche Aspekte ansprechen, welche von den Parteien nicht diskutiert wurden. Dennoch lässt sich im Hinblick auf das U.S.-amerikanische Recht, das Welthandelsrecht und die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit die Aussage treffen, dass es für die inhaltlichen Möglichkeiten des amicus weniger auf prozessuale Grundsätze ankommt als vielmehr darauf, inwiefern das Instrument bereits fest in eine Rechts- beziehungsweise Prozessordnung integriert ist. Sinnvoller wäre es, rechtliche Maßstäbe eindeutig zu definieren und umzusetzen, anstatt wie derzeit von Fall zu Fall zu entscheiden. Bezüglich der Grenzen des Rechtsmittelverfahrens regeln die untersuchten Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen zunächst übereinstimmend, dass der Umfang eines Rechtsmittelverfahrens grundsätzlich von dem in der vorigen Instanz verhandelten Verfahrensgegenstand abhängt. Im U.S.-amerikanischen Recht ist es amici jedoch möglich, hiervon abzuweichen. Dabei sind die Konturen einer solchen Regelung nicht leicht erkennbar, es wird lediglich darauf hingewiesen, aus Billigkeitserwägungen sei ein anderes Ergebnis möglich. Im Rahmen der ZPO hingegen regelt §  557 Abs.  3 S.  2 ZPO eindeutig, dass das Gericht bestimmte Verfahrensmängel von Amts wegen berücksichtigen darf. Zudem ist es dem Gericht innerhalb des von den Anträgen umrissenen Streitgegenstands möglich, die materielle Rechtslage eigenständig zu beurteilen. Im U.S.-amerikanischen Recht scheint es hierbei mehr auf den Parteivortrag anzukommen. Dies steht in Übereinstimmung mit dem bereits skizzierten principle of party presentation. Im Welthandelsrecht ist es zwar grundsätzlich möglich, dass amici im Rahmen des Prüfungsumfangs – das meint die vom Panel angeführten Rechtsfragen – eigenständig neue rechtliche Argumente vorbringen, jedoch wird in der Praxis ein solches Verhalten abgelehnt. Die PTCP scheinen bereits grundsätzlich keine Schwierigkeiten zu haben, amici auch eigenständig auf rechtliche Aspekte hinweisen zu lassen. Insgesamt zeichnet sich ein divergierendes Bild der untersuchten Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen ab. Gerade im Bereich des europäischen und deutschen Kartellrechts kann es jedoch entscheidend sein, der Kommission beziehungsweise dem Bundeskartellamt die Möglichkeit einzuräumen, Gegenstände anzusprechen, die noch nicht von den Parteien behandelt wurden, wie etwa die Kartellrechtswidrigkeit der behaupteten vertraglichen Anspruchsgrundlage. Dies ist im U.S.-amerikanischen Recht nicht ohne Weiteres möglich, sondern nur im Einzelfall im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung.

§  12  Amicus briefs auf Initiative des Gerichts Bereits in der Einführung zu §  11 wurde angemerkt, dass zwischen amicus briefs auf eigene Initiative und auf Initiative des Gerichts zu differenzieren ist. Dem folgend befassen sich die nachstehenden Ausführungen mit Stellungnahmen, die auf Initiative des Gerichts ergehen. Gegenstand der folgenden Ausführungen ist die Frage, inwiefern die Verlagerung der Initiative für eine amicus-Stellungnahme auf das Gericht zulässig ist. Anfangs ist im Rahmen eines ersten Überblicks darzustellen, inwieweit es in den behandelten Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen eine Fallpraxis gibt, in der sich amici auf Bitte des Gerichts hin beteiligen. Des Weiteren ist zu fragen, inwiefern sich diese Praxis mit prozessualen Grundsätzen etwa im Hinblick auf die Parteiherrschaft oder die Unabhängigkeit des Gerichts vereinbaren lässt. Schließlich ist zu prüfen, wie die Gerichte vorgehen, wenn sie tatsächliche Elemente dieser Ausführungen verwerten möchten und wie solche Ausführungen beweisrechtlich gewürdigt werden können.

A.  U.S.-amerikanisches Recht I.  Fallpraxis und Vereinbarkeit mit prozessualen Grundsätzen Die Fallpraxis im U.S.-amerikanischen Recht wurde bereits im Rahmen von §  2 B. II. dargestellt. Es genügt daher eine Zusammenfassung der wesentlichen Kernpunkte. Die Gerichte bitten amici in drei unterschiedlichen Konstellationen zur Teilnahme an der Streitigkeit. Zunächst werden amici häufig vom Supreme Court und den U.S. Courts of Appeals eingeladen, um eine kontradiktorische Darstellung des Streitstoffes zu gewährleisten. Dabei wurde eine Reihe von Fallgruppen erläutert, bei deren Vorliegen eine solche Darstellung nötig werden kann.1 Teilweise werden amici zur Verfahrensteilnahme aufgefordert, um für das Gericht unterstützend tätig zu werden.2 In dieser Hinsicht ist der Solicitor General vor dem Supreme Court zu erwähnen, aber auch andere staat1  2 

Dazu oben §  2 B. II. 1. Dazu oben §  2 B. II. 2.

§  12  Amicus briefs auf Initiative des Gerichts

413

liche Stellen werden von den Gerichten zu ihrer Unterstützung benannt. Schließlich sind noch Fälle denkbar, in denen das Gericht einer der Parteien einen amicus als anwaltlichen Beistand zur Seite stellt.3 Hinsichtlich der Zulässigkeit solcher Stellungnahmen ist zunächst das principle of party presentation zu berücksichtigen. Wie bereits mehrfach erwähnt, ist es nach diesem Aufgabe der Parteien, den Streitstoff in das Verfahren einzubringen.4 Dabei werden jedoch in Bezug auf amicus-Stellungnahmen sowohl in rechtlicher wie auch tatsächlicher Hinsicht wiederholt Ausnahmen gemacht.5 Auch im Hinblick auf amicus-Stellungnahmen auf Bitte des Gerichts hin ist es denkbar, solche Ausnahmen zuzulassen. Allerdings wird hier die ebenfalls im principle of party presentation zum Ausdruck kommende Parteiautonomie teilweise noch deutlich stärker beeinträchtigt. In Fällen nämlich, in denen keine der beiden Parteien mehr eine bestimmte Position vertritt oder jemals vertreten hat, kann die Einsetzung eines amicus zur Vertretung dieser Position bei den Parteien dazu führen, die Akzeptanz gegenüber dem Gericht und dessen Urteil zu unterminieren.6 In einem adversarialen System, wie dem der Vereinigten Staaten, beruht die Akzeptanz der Parteien gegenüber dem Gericht gerade auf der Tatsache, dass die Parteien ihr Verfahren selbst kontrollieren können. „Whether a party wins or loses, she is more likely to accept the outcome when her autonomy has been respected and her arguments fully considered.“7 Lässt das Gericht nun durch amici Gegenstände des Rechtsstreits erörtern, welche die Parteien selbst nicht mehr in Bezug nehmen, so wird etwas Gegenstand der Entscheidung, zu dem die Parteien nicht vorgetragen haben.8 Dies kann dazu führen, strategische Entscheidungen der Parteien, bestimmte Aspekte der Streitsache nicht zu behandeln, außer Kraft zu setzen.9 Allerdings können die Parteien wenigstens auf die Argumente des amicus eingehen.10 Dies stellt gegenüber einer Berück-

3 

Dazu oben §  2 B. II. 3. Oben §  11 A. I. 2., B. I. 2. 5  Oben §  11 A. I. 2., B. I. 2. 6  Goldman, 63 Stan. L. Rev. 907, 943 (2011). 7  Goldman, 63 Stan. L. Rev. 907, 943 (2011). 8  Darauf hinweisend, dass amici teils in einer solchen Rolle agieren und somit Gegenstände des Verfahrens aufgreifen, die sonst von den Parteien nicht behandelt werden, Knibb, Federal Court of Appeals Manual, S.  765. 9  Goldman, 63 Stan. L. Rev. 907, 944 (2011). Vor dem Hintergrund, dass der Grundsatz iura novit curia prinzipiell im U.S.-amerikanischen Recht nicht gilt und amici hier eine Ausnahme darstellen, können solch strategische Entscheidungen auch außer Kraft gesetzt werden, wenn es lediglich um rechtliche Fragen geht. 10  Frost, 59 Duke L.J. 447, 467 (2009). 4 

414

2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

sichtigung von rechtlichen oder tatsächlichen Aspekten des Falls lediglich unmittelbar durch das Gericht selbst einen Vorteil dar. Als problematisch erweist sich aber, dass ein amicus, der die Position vertritt, deren Vertretung eigentlich einer der beiden Parteien obliegt, keinerlei Loyalitäts- oder Vertraulichkeitspflichten gegenüber den Parteien hat.11 Dieser letzte Aspekt stellt sich auch als Problem dar, wenn der amicus die Vertretung eines sonst nicht anwaltlich Repräsentierten übernimmt. Es ist völlig unklar, ob dann ein Verhältnis ähnlich dem zwischen Mandant und Rechtsanwalt entsteht. Ein weiteres grundsätzliches Problem kann die Verpflichtung des Gerichts zur Neutralität beziehungsweise Unparteilichkeit sein. Ein Grundsatz des adversary system ist die Neutralitätspflicht der Gerichte.12 Bestellt das Gericht einen amicus, um bestimmte Aspekte des Falls zu erörtern, mischt es sich aktiv in das Verfahren ein. Dies könnte als Verletzung des Neutralitätsgrundsatzes angesehen werden.13 Gleichwohl ist eine solche Methode insbesondere bei Fällen nützlich, in denen nur eine der beiden Parteien sich zu dem fraglichen Umstand äußert. Dies verhindert nämlich eine Ermittlung dieser Umstände durch das Gericht selbst und ermöglicht es ihm folglich, sich nach der Ernennung des amicus wieder in seine passive Rolle zurückziehen.14 Ob die Pflicht zur Neutralität tatsächlich verletzt wurde, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalls. Eine pauschale Verletzung lediglich durch das Einholen einer amicus-Stellungnahme wird man indes nicht annehmen können. Schließlich ist noch auf die mögliche Umgehung von Art.  3 U.S.-Verfassung einzugehen. Danach dürfen Fälle, die bereits erledigt sind, nicht mehr entschieden werden.15 In dem Fall Bob Jones University etwa hat der Supreme Court dieses Erfordernis mit der Benennung eines amicus umgangen.16 Der Supreme Court hat in einer Entscheidung aus dem Jahre 2013 betont, dass teilweise das Interesse an einer adversarialen Darstellung des Falles mittels eines amicus den Anforderungen von Art.  3 U.S.-Verfassung vorgehe.17

Darauf hinweisend Goldman, 63 Stan. L. Rev. 907, 945 (2011). Frankel, 123 U. Pa. L. Rev. 1031, 1035 (1975); DeBarba, 55 Vand. L. Rev. 1521, 1527 (2002). Dieser Grundsatz ist auch ausgeformt in Vorschriften zur richterlichen Befangenheit wie 28 U.S.C. §  455. Dazu näher unten §  15 A. Allerdings scheint die Annahme der Befangenheit wegen der Ernennung eines amicus – zu dem der Richter keine persönliche Verknüpfung hat – fernliegend, zumal diese Praxis ausdrücklich vom Supreme Court unterstützt wird, dazu oben §  2 B. II. 2. 13  Goldman, 63 Stan. L. Rev. 907, 947 f. (2011). 14  Goldman, 63 Stan. L. Rev. 907, 948 (2011). 15  Näher James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  136 f. 16  Dazu oben §  2 B. II. 1. 17  United States v. Windsor, 133 S.Ct. 2675, 2687 (2013). 11 

12 

§  12  Amicus briefs auf Initiative des Gerichts

415

Hervorzuheben ist außerdem, dass in der Rechtsprechung vertreten wird, amici, welche vom Gericht ernannt werden, um eine der anwaltlich nicht vertretenen Parteien zu vertreten, könnten selbstständig auf neue Aspekte des Falls eingehen. Dies sei nämlich gerade einer der Beweggründe für die Ernennung des amicus.18 Diese Ansicht scheint konsequent. Wenn das Gericht einen amicus bestellt, um eine nicht anwaltlich vertretene Partei zu vertreten, muss der amicus für eine effektive Vertretung dieser Partei auch Argumente vortragen können, die bisher nicht behandelt wurden. Hinsichtlich solcher amicus briefs sollten die oben angesprochenen Zweifel hinsichtlich des Einführens neuer rechtlicher Argumente in den Rechtsstreit19 außer Acht bleiben. Festgehalten werden kann, dass eine amicus-Beteiligung auf Initiative des Gerichts im U.S.-amerikanischen Recht differenziert betrachtet werden muss. Ausgehend von den bereits erörterten drei Grundfunktionen einer solchen Beteiligung20 fällt das Ergebnis unterschiedlich aus. In Fällen, in denen amici zur Gewährleistung einer adversary presentation genutzt werden, um es dem Gericht zu ermöglichen, den Fall zu entscheiden, den es entscheiden möchte,21 ist es wertungsmäßig unangebracht, bestehende prozessuale Grundsätze wie party presentation oder die Neutralitätspflicht des Gerichts außer Kraft zu setzen. Die Dritte Gewalt versetzt sich durch den aktiven Eingriff in das Verfahren 22 in die Lage, die sie störenden Entscheidungen der Exekutive qua Urteil zu beseitigen.23 Vielmehr ist an den im Zusammenhang mit der Dispositionsmaxime verwandten Merksatz „Wo kein Kläger, da kein Richter“24 anzuknüpfen. Legitim kann hingegen ein Anfordern des amicus zur Unterstützung des Gerichts sein.25 Dennoch ist zwischen der Beeinträchtigung prozessualer Grundsätze und dem möglichen Gewinn einer amicus-Beteiligung sorgfältig abzuwägen. Gleiches gilt bei einer Beteiligung von amici zur Vertretung sonst nicht Vertretener.26

18  Bowie v. Maddox, 642 F.3d 1122, 1136 (D.C. Cir. 2011); Wallaesa v. Federal Aviation Administration, 824 F.3d 1071, 1077 f. (D.C. Cir. 2016). 19  Dazu oben §  11 B. I. 2. 20  Dazu oben §  2 B. II. 21  Dazu oben §  2 B. II. 1. 22  Siehe dazu etwa den oben bei §  2 B. II. 1. dargestellten Fall Bob Jones University. 23  Kritisch zu dieser Praxis auch Kühne, Amicus Curiae, S.  103. 24  Dieser Satz wird üblicherweise im Zusammenhang mit der Dispositionsmaxime verwandt, etwa bei Zeiss/Schreiber, Zivilprozessrecht, S.  67; auf eine Herkunft im altdeutsch-­ germanischen Rechtsgang eingehend, etwa Geppert, Der Grundsatz der Unmittelbarkeit im deutschen Strafverfahren, S.  8. 25  Näher dazu oben §  2 B. II. 2. 26  Dazu oben §  2 B. II. 3.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

II.  Beweisverfahren und Beweiswürdigung Ebenso wie amicus-Stellungnahmen, die auf Initiative des amicus selbst erfolgen, sind amicus-Stellungnahmen, welche auf Initiative des Gerichts hin erfolgen, hinsichtlich des Beweisverfahrens nicht geregelt. Das Gericht kann selbstständig und weitgehend frei entscheiden, wie es tatsächliche Elemente in solchen Stellungnahmen zu würdigen gedenkt. Dabei sind die oben geschilderten Bedenken – insbesondere eine fehlende beweisrechtliche Würdigung – 27 auch hier aktuell und teils sogar noch verstärkt vorhanden. Wie geschildert verwenden die Gerichte amici teils dazu, eine von den Parteien nicht näher erörterte Praxis dem Gericht näher zu bringen. Die Ausführungen des amicus können dann die zentrale Quelle für die Erkenntnis des Gerichts sein und somit unmittelbar entscheidungserheblich. Vor diesem Hintergrund ist umso unverständlicher, dass amicus-Stellungnahmen kein Beweisverfahren durchlaufen.28 Hinsichtlich der beweisrechtlichen Würdigung solcher Stellungnahmen sollte dieser Umstand mitberücksichtigt werden. Informationen von amici sollten daher mit der entsprechenden Vorsicht und Umsicht gewürdigt werden. Einschränkend ist anzumerken, dass gerade der Supreme Court bei der Auswahl seiner amici hohe Maßstäbe anlegt und teils Professoren oder andere verdiente Mitglieder des Rechtssystems berufen werden.29 Insofern kann eine gewisse Redlichkeit der Ausführungen vermutet, nicht aber sichergestellt werden.

B.  Europäisches und deutsches Kartellrecht I.  Fallpraxis und Vereinbarkeit mit prozessualen Grundsätzen Das europäische und deutsche Kartellrecht kennt eine Beteiligung von amici auf Anfrage der Gerichte ebenfalls. Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 gibt den Gerich27 

Oben §  11 A. I. 3. Zwar könnte man sich durchaus auf den Standpunkt stellen, es sei Aufgabe der Parteien die Inhalte der amicus briefs kritisch zu würdigen und gegebenenfalls zu bestreiten. Allerdings können sich im Einzelfall bis zu 100 amici an Verfahren beteiligen, dazu oben §  8 B. II. 6., und deren sämtliche Stellungnahmen durchzusehen, kann den Parteien nur schwerlich zugemutet werden. Hierauf lässt sich wiederum entgegnen, dass eine solch hohe Anzahl von amicus briefs nicht bezüglich der Stellungnahmen auf Initiative des Gerichts vorliegt. Insofern kann man hier erhöhte Anforderungen an die Parteien stellen, vgl. insgesamt aber die oben bei §  11 A. I. 3. angesprochenen Probleme. 29  Darauf hinweisend Goldman, 63 Stan. L. Rev. 907, 910 (2011). Danach waren von den amici, die der Supreme Court berufen hat, mehr als die Hälfte vorher law clerks am Supreme Court. 28 

§  12  Amicus briefs auf Initiative des Gerichts

417

ten die Möglichkeit, die Kommission um die Übermittlung von Informationen und Stellungahmen zu bitten, wovon in der Praxis auch Gebrauch gemacht wird.30 §  90 GWB sieht eine solche Beteiligung des Bundeskartellamts nicht vor, dennoch sind in der Praxis bereits solche Anfragen vorgekommen.31 Im Bereich des europäischen Kartellrechts nehmen amicus-Stellungnahmen, die auf Anfrage des Gerichts hin abgegeben werden, eine wichtige Rolle ein. Dabei wird trotz der Regelung des Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 die Frage aufgewor­ fen, inwieweit die Gerichte überhaupt befugt sind, solche Stellungnahmen einzuholen. Die überwiegende Ansicht vertritt mit gewissen Nuancen, tatsächliche Informationen dürften nur aufgrund des Beweisantrags einer Partei beziehungsweise innerhalb der Grenzen des §  273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO eingeholt werden.32 Die Notwendigkeit dafür wird mit dem im deutschen Zivilprozess herrschenden Beibringungsgrundsatz begründet.33 Ein Beweisantrag wird jedoch nicht für Informationen, die zur Erfüllung der Pflicht aus Art.  16 VO 1/2003 dienen, als notwendig erachtet.34 In Bezug auf andere tatsächliche Informationen, wie 30  Im Zeitraum von 1992 bis 2010 wurden 87 Anfragen durch nationale Gerichte gestellt, dazu oben §  3 E. I. 1. 31  Dazu oben §  3 B. II. 32  Bornkamm, in: Langen/Bunte, Komm. zum dt. und europ. KartellR, Bd. 1, §  90a GWB Rn.  13, der §  273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO in dem oben bei §  11 A. II. 2. umschriebenen engen Sinne auffasst; Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  20, der pauschal auf §  273 Abs.  2 Nr. ZPO verweist und weiterhin angibt, dass wegen der Schwierigkeiten der Darlegung der tatsächlichen Voraussetzungen des Art.  101 AEUV nationale Verfahrensvorschriften großzügig ausgelegt werden können, die Auslegung von Bartels aber zu weit gehe, zu dieser sogleich; Bergmann, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 6, §  90a GWB Rn.  27, die §  273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO wohl auch in einem engen Sinne auffasst; Bechtold/Bosch, GWB §  90a Rn.  6, der keine klare Aussage trifft; Hirsch, ZWeR 2003, 233, 240, der davon spricht, die Parteien müssten den Tatsachenvortrag aufgreifen, gleichzeitig aber davon spricht, dass sich die Schwelle zum Ausforschungsbeweis nach oben verschieben dürfte; de Bronett, ­Europäisches Kartellverfahrensrecht, Art.  15 Rn.  6 f. spricht zwar nicht von einem Beweis­ antrag, setzt aber den Verhandlungsgrundsatz voraus und somit indirekt auch einen Beweisantrag; Zuber, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Art.  15 VerfVO Rn.  10, der wohl die Befugnisse des Gerichts im Rahmen von §  273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO als sehr weitgehend erachtet und daher diesen Weg nur in Ausnahmefällen als gangbar ansieht, primär stellt er auf einen Beweisantrag der Parteien ab; Kühne, Amicus Curiae, S.  284 spricht davon, dass Einigkeit bestehe, dass die Verhandlungsmaxime unangetastet bleiben solle. 33  Dabei ist diese Debatte auf die übrigen Mitgliedstaaten übertragbar, da dort dem Beibringungsgrundsatz ähnliche Grundsätze herrschen, vgl. Bartels, Kohärente Rechtsanwendung, S.  192. 34  Zuber, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Art.  15 VerfVO Rn.  10; Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR,

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

etwa, ob ein Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung innehat, wäre eine Anfrage des Gerichts bei der Kommission hingegen als Verstoß gegen den Beibringungsgrundsatz zu werten. Teilweise wird ein Fragerecht des Gerichts indirekt bejaht, indem nur problematisiert wird, dass sich die Parteien den Tatsachenvortrag der Kommission zu eigen machen müssen, da ansonsten die Informationen der Kommission nicht verwertet werden dürfen.35 Wenn in Frage steht, wie der Tatsachenvortrag der Kommission verwertet werden kann, so muss ein solcher zunächst vorgelegen haben, was ein Fragerecht des Gerichts impliziert. Vertreten wird auch, die Gerichte könnten tatsächliche Informationen unmittelbar im Wege des Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 einholen und nach Ansicht einiger auch verwerten.36 Zur Begründung wird ausgeführt, Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 gehe nationalem Verfahrensrecht vor. Mithin sei hier eine gesetzlich normierte Ausnahme vom Beibringungsgrundsatz gegeben.37 Festzuhalten ist zunächst, dass das Einholen von Informationen bei der Kommission, die lediglich aus amtlichen Dokumenten der Kommission wiedergegeben werden, wie etwa der Stand des Verfahrens, als Einholung einer amtlichen Auskunft gemäß §  273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO anzusehen ist.38 Eine solche amtliche Auskunft kann dabei ausweislich des Wortlauts vom Gericht selbst eingeholt werden. Allerdings sind die oben dargestellten Grenzen dieser Vorschrift zu beachten.39 Daher bedarf es einer Bezugnahme der Parteien auf Informationen

Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  20; Bartels, Kohärente Rechtsanwendung im europäischen Kartellrecht, S.  192. 35  Sura, in: Langen/Bunte, Komm. zum dt. und europ. KartellR, Bd. 2, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  6; Becker, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, Bd. 2, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  81, aber zu Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003; vgl. auch Grimm, Die Rechtsfigur des Amicus curiae im Kartellzivilprozess, S.  238 ff., insb. S.  240, 243. 36  Wurmnest, in: Behrens/Braun/Nowak, Europäisches Wettbewerbsrecht im Umbruch, S.  235, mit den oben bei §  11. A. II. 2. beschriebenen Unklarheiten hinsichtlich einer Verwertbarkeit; Jaeger, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 3, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  16, mit den oben bei §  11 A. II. 2. beschriebenen Einschränkungen hinsichtlich einer Verwertbarkeit; Cumming/Spitz/Janal, Civil Procedure Used for Enforcement of EC Competition by the English, French and German Civil Courts, S.  256 f., die von einer Verwertbarkeit auszugehen scheinen. 37  Bartels, Kohärente Rechtsanwendung im europäischen Kartellrecht, S.  193 f. nimmt auch eine Ausnahme vom Beibringungsgrundsatz an, allerdings unter Befürwortung einer Analogie zu §§  90, 96 GWB und scheint ebenso von einer Verwertbarkeit auszugehen. Sachnäher scheint ein Abstellen auf Art.  15 VO 1/2003 zu sein. Zum Beibringungsgrundsatz bereits oben §  11 A. II. 2. 38  Dazu oben §  3 D. 39  Dazu oben §  11 A. II. 2., 3.

§  12  Amicus briefs auf Initiative des Gerichts

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der Kommission oder es muss sich um lediglich informatorische oder beweisvorbereitende Informationen handeln. Hinsichtlich der übrigen Arten von Ausführungen, wie etwa der Erstellung eines Wirtschaftsgutachtens, wurde die Nähe des amicus zum Sachverständigen verdeutlicht.40 Würde man hier die Vorschriften des Sachverständigen analog heranziehen, könnte das Gericht gemäß §  144 Abs.  1 S.  1 ZPO diese Informationen – in den Grenzen dieser Vorschrift 41 – auch selbst heranziehen.42 Geht im Einzelfall die Anfrage über die Grenzen der §§  144 Abs.  1 S.  1, 273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO hinaus, ist jedoch eine Aussage zur Geltung des Beibringungsgrundsatzes zu treffen. Diese Frage stellt sich dabei zum einen hinsichtlich des Einholens von Informationen und Stellungnahmen und zum anderen hinsichtlich des Verwertens dieser. Dabei kann nicht lediglich auf das Ergebnis zu Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003 verwiesen werden. Funktional besteht ein merklicher Unterschied, ob eine Ausnahme vom Beibringungsgrundsatz gemacht wird, um es der Kommission zu ermöglichen, ihr Recht auf Beteiligung gemäß Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003 effektiv wahrzunehmen oder ob es dem Gericht ermöglicht werden soll, die Hilfe der Kommission in Anspruch zu nehmen. Letzteres trägt deutliche Züge eines Untersuchungsgrundsatzes beziehungsweise einer Amtsermittlung. Gegen die Annahme eines solchen könnte die Regelung des 5. Erwägungsgrunds der VO 1/2003 sprechen, wonach diese nicht die Verpflichtung der Gerichte der Mitgliedstaaten im Hinblick auf das Beitragen zur Aufklärung des Sachverhalts berührt.43 Daraus wird geschlossen, die VO 1/2003 wolle die Geltung des Beibringungsgrundsatzes unberührt lassen. Allerdings spricht dieser Erwägungsgrund lediglich von einer nicht bestehenden Verpflichtung. Dies bedeutet aber gerade nicht, dass die Gerichte im Einzelfall nicht von den Vorschriften des Beibringungsgrundsatzes abweichen können. Auch gehen ausweislich der Bekanntmachung über die Zusammenarbeit 2004 die in Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003 genannten Rechte zwingend Verfahrensvorschriften vorgehen.44 Ferner wird allgemein erwogen, ob in Kartellzivilverfahren teilweise der Beibringungsgrundsatz gelockert sei.45 Schließlich neh40 

Dazu oben §  3 D. Dazu oben §  11 A. II. 2. 42  Anders als bei der selbstständigen Berücksichtigung von Informationen der Kommission, dazu oben §  11 A. II. 2., liegt hier die Initiative auch beim Gericht. Dies spricht für eine Analogie, dazu oben §  3 D. 43  Darauf hinweisend Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  20; Grimm, Die Rechtsfigur des Amicus curiae im Kartellzivilprozess, S.  241 f. 44  Bekanntmachung über die Zusammenarbeit, 2004, Rn.  9, 21. 45  Nothdurft, in: Bornkamm/Montag/Säcker, MünchKomm Europ. und Dt. WettbewerbsR, 41 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

men einige Stimmen in der Literatur zumindest an, das Gericht könne die Kommission von sich aus nach bestimmten Tatsachen fragen, die daraufhin mitgeteilten Tatsachen aber nur verwerten, wenn sich die Parteien hierauf beziehen.46 Es ist fraglich, inwiefern eine solche Vorgehensweise einen großen Gewinn für das Gericht darstellt. Konsequent ist es allein von einer Ausnahme vom Beibringungsgrundsatz sowohl in Bezug auf die Beweiserhebung als auch die Beweisverwertung auszugehen. Wem dies zu weitgehend erscheint, könnte immer noch §§  273 Abs.  2 Nr.  2, 144 Abs.  1 S.  1 ZPO unter Berufung auf kartellrechtliche Besonderheiten weit auszulegen.47 Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass der Streitgegenstand mittels einer solchen Stellungnahme nicht verändert werden darf.48 In Bezug auf Stellungnahmen der Kommission, welche lediglich deren Rechtsansicht wiedergeben, droht kein Konflikt mit dem Beibringungsgrundsatz. Denn eine Rechtsansicht der Kommission ist keine tatsächliche Ausführung und daher nicht am Beibringungsgrundsatz zu messen.49 Hinsichtlich Stellungnahmen des Bundeskartellamts gilt, dass diese innerhalb der Grenzen der §§  144 Abs.  1 S.  1, 273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO eingeholt werden können. Zwar findet sich hierfür keine ausdrückliche Normierung, allerdings gelten die allgemeinen Grundsätze. Einschränkend ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der Geltung des Grundsatzes iura novit curia die Gerichte das Bundeskartellamt nicht gezielt nach der jeweiligen Rechtslage fragen werden. Hingegen ist eine Anfrage bezüglich bestimmter Hintergrundinformationen denkbar.50 Erneut zu berücksichtigen ist, dass der Beibringungsgrundsatz in Bezug auf Rechtsfortbildungstatsachen nicht gilt.51 Insofern können diese vom Bundeskartellamt oder von der Europäischen Kommission beigebracht werden. Hinsichtlich letzterer bedarf es dann bezüglich dieser Rechtsfortbildungstatsachen keiner europarechtlichen Ausnahme vom Beibringungsgrundsatz. Bd. 1, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  20; Hirsch, ZWeR 2003, 233, 240; Bartels, Kohärente Rechtsanwendung im europäischen Kartellverfahren, S.  193 f.; vgl. auch Grimm, Die Rechtsfigur des Amicus curiae im Kartellzivilprozess, S.  241 f. 46  Jaeger, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 3, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  16; Grimm, Die Rechtsfigur des Amicus curiae im Kartellzivilprozess, S.  240; vgl. auch Sura, in: Langen/Bunte, Komm. zum dt. und europ. KartellR, Bd. 2, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  6 und Becker, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, Bd. 2, Art.  15 VO 1/2003 Rn.  81. 47  Dazu die eben gegebenen Nachweise. 48  Dazu oben §  11 A. II. 2. 49  Bechtold/Bosch, GWB, §  90a Rn.  6. 50  Siehe dazu das Beispiel oben bei §  3 B. II. 51  Dazu oben §  11 A. II. 2.

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Vereinzelt wird die Ansicht vertreten, eine Stellungnahme der Kommission verletze die Waffengleichheit und verstoße daher gegen Art.  47 GRCh.52 Dem kann zum einen entgegengehalten werden, dass ein faires Verfahren etwa durch Reaktionsmöglichkeiten der Parteien erreicht werden kann.53 Sieht sich der Beklagte beispielsweise durch eine Stellungnahme der Kommission benachteiligt, hat er doch stets die Möglichkeit dieser entgegenzutreten. Das Gericht selbst entscheidet dann, welcher Meinung es folgt. Rechtspolitisch ist es zudem im Rahmen einer kartellrechtlichen Zivilstreitigkeit wegen des ordnungspolitischen Interesses an einem funktionierenden Wettbewerb54 gerechtfertigt, dem Gericht die Möglichkeit zu geben, externen Sachverstand heranzuziehen. Ebenso wie im U.S.-amerikanischen Recht muss auch im Rahmen der ZPO der Richter unparteiisch sein. Dieser Grundsatz wird in §  41 ZPO näher konkretisiert. §  42 ZPO regelt zudem die Ablehnung des Richters wegen Befangenheit, wobei §  42 Abs.  1 Alt.  1 ZPO auf §  41 ZPO Bezug nimmt, während §  42 Abs.  1 Alt.  2 ZPO eine gesonderte Form der Befangenheit darstellt, die in §  42 Abs.  2 ZPO näher konkretisiert wird. Eine Befangenheit im Sinne des §  42 Abs.  2 ZPO setzt voraus, dass vom Standpunkt der jeweiligen Partei genügend „objektive Gründe vorliegen, die in den Augen eines vernünftigen Menschen geeignet sind, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu erregen.“55 Entschließt sich ein Gericht nunmehr, in einem privaten Kartellprozess die Europäische Kommission um die Übermittelung einer Rechtsauskunft oder etwa eines Wirtschaftsgutachtens zu bitten, wird dies schwerlich als ein solcher Grund angesehen werden können.

II.  Beweisverfahren und Beweiswürdigung Fraglich ist zunächst, welchen beweisrechtlichen Anforderungen amicus-Stellungnahmen auf Initiative des Gerichts unterliegen. In Fällen, in denen eine amtliche Auskunft im Sinne des §  273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO angenommen wird, bedarf es zu deren späterer Verwertung eines Beweisbeschlusses, §  358a S.  2 Nr.  2 ZPO, und eines Beweisantrags, sofern sich die Partei nicht bereits hinreichend genau auf den Vortrag bezieht oder nur informatorische beziehungsweise beweisvorbereitende Maßnahmen Gegenstand der Auskunft sind.56 Ansonsten ist wie gesehen für Stellungnahmen der Kommission von einer europarechtliRaue, WRP 2013, 147, 152. Dazu im Einzelnen oben §  9 A. I. 2. 54  Zu diesem näher oben §  3 C. 55  Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, Bd. 2, §  42 Rn.  2 m. w. N. aus der Rspr. 56  Foerste, in: Musielak/Voit, ZPO, §  273 Rn.  11; Prütting, in: Krüger/Rauscher, Münch­ Komm ZPO, Bd. 1, §  273 Rn.  22. Dazu bereits oben §  11 A. II. 3. 52  53 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

chen Ausnahme vom Beibringungsgrundsatz auszugehen, so dass man einen Beweisantrag nicht voraussetzen muss. Im Hinblick auf übrige Fragen der Verwertung sind die §§  402 ff. ZPO analog heranzuziehen.57 Wird die Stellungnahme der Kommission als Sachverständigengutachten qualifiziert,58 gelten §§  402 ff. ZPO, mit Ausnahme der Grenzen des §  144 Abs.  1 S.  1 ZPO. Wird die Stellungnahme als Instrument sui generis verstanden, gelten je nach Art und Inhalt die jeweils passenden Vorschriften über Zeugen, Sachverständige oder Urkunden.59 Aufgrund der gegebenen Ausnahmen vom Beibringungsgrundsatz bedarf es für Stellungnahmen der Kommission dabei keines Beweisantritts durch die Parteien. Amicus-Stellungnahmen können daher zumeist in das reguläre System der Erhebung von Beweisen eingebracht werden, wenngleich einige Besonderheiten bestehen. Es spricht jedoch nichts dagegen, diese wie die übrigen Beweise der Beweiswürdigung des Gerichts nach §  286 ZPO zu überlassen. Allerdings ist bei der Beweiswürdigung ein eventuell eigenes Interesse der Kartellbehörden zu berücksichtigen.60

C.  Principles of Transnational Civil Procedure Im Gegensatz zu den bereits behandelten Rechtsordnungen verstehen sich die PTCP als Modellprozessordnung, so dass eine Fallpraxis bisher nicht existiert. P. 13 S.  2 PTCP verdeutlicht allerdings, die Möglichkeit des Gerichts amicus-Stellungnahmen anzufordern. Als Anwendungsfeld kommen insbesondere Fälle in Betracht, in denen das Gericht den amicus in seiner unterstützenden Funktion bittet, am Verfahren teilzunehmen. Im Hinblick auf die Vereinbarkeit eines solchen gerichtlichen Tätigwerdens mit prozessualen Grundsätzen ist zu berücksichtigen, dass sich die PTCP wie bereits gesehen am principle of party presentation beziehungsweise am Beibringungsgrundsatz orientieren.61 Wie im Rahmen von tatsächlichen Ausführungen in amicus briefs62 stellen auch amicus briefs auf Anfrage des Gerichts 57  Vgl. Foerste, in: Musielak/Voit, ZPO, §  273 Rn.  11; differenzierend, aber auch für die teilweise Anwendbarkeit der §§  402 ff. ZPO plädierend, Hohlfeld, Die Einholung amtlicher Auskünfte im Zivilprozeß, S.  104 ff. 58  Dazu oben §  3 D. 59  So im Ergebnis auch Bartels, Kohärente Rechtsanwendung im europäischen Kartellverfahren, S.  192. 60  Dazu bereit oben §  11 A. II. 3. 61  Dazu oben §  11 A. III. 1. 62  Dazu oben §  11 A. III. 1.

§  12  Amicus briefs auf Initiative des Gerichts

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hiervon eine Ausnahme dar. Dies ergibt sich aus P. 13 S.  2 PTCP, der ausdrücklich normiert, die Initiative für eine solche Stellungnahme könne auch beim Gericht liegen. Ebenso wie im Rahmen des U.S.-amerikanischen Rechts und der ZPO stellt sich auch im Bereich der PTCP die Frage, inwiefern eine amicus-Beteiligung auf Initiative des Gerichts mit der Pflicht des Gerichts, eine unparteiische Handhabung des Streites folgen zu lassen, vereinbar ist. P. 1.3 PTCP regelt die Unparteilichkeit im Rahmen der PTCP. Allerdings ist, wie auch im Rahmen der ZPO, fraglich, inwiefern das ausdrücklich gestattete Einholen einer amicus-Stellungnahme einen Verdacht der Parteilichkeit ergeben soll. Im Einzelfall wird man daran anzuknüpfen haben, wer sich als amicus beteiligt.63 Hinsichtlich der Verwertbarkeit von amicus-Stellungnahmen aus eigener Initiative ist zunächst erneut an die im Hinblick auf das Beweisverfahren äußerst lückenhafte Regelung der PTCP zu erinnern.64 Allerdings kann aus P. 16.6 PTCP abgeleitet werden, dass dem Gericht ein möglichst großes Ermessen bei der Würdigung von Beweisen gestattet sein sollte. Damit dieses Ermessen ausgefüllt werden kann, muss es dem Gericht auch möglich sein, amicus-Stellungnahmen heranzuziehen, wobei diese wie gesehen keine Subsumtionstatsachen umfassen und daher kein Beweismittel sein können.65 Insofern findet eine Beweiswürdigung nicht statt, allerdings verbleibt dem Spruchkörper ein Ermessensspielraum bei der Berücksichtigung sonstiger allgemeiner Tatsachen, wie etwa Rechtsfortbildungstatsachen.

D.  Welthandelsrecht Die bisherige Praxis von amicus-Stellungnahmen im Welthandelsrecht kennt eine Beteiligung von amici nur auf Initiative des amicus selbst. Eine Aufforderung des Spruchkörpers zur Teilnahme ist bisher nicht bekannt.66 Dennoch ist davon auszugehen, dass eine solche möglich ist. Denn mit Art.  12, 13 DSU wird gerade die Möglichkeit der Panels aktiv nach Informationen zu suchen, zum 63 

Näher unten §  15. Dazu oben §  11 A. III. 2. 65  Dazu oben §  11 A. III. 2. 66  Vereinzelt richten sich Panels an bestimmte sachkundige Organisationen wie etwa den Internationalen Währungsfond und erfragen Informationen, dazu India – Quantitative Restrictions on Imports of Agricultural, Textile and Industrial Products, Bericht des Panels vom 06.04.1999, WT/DS90/R, Rn.  5.11 ff. unter Berufung auf Art.  13 Abs.  1 DSU. Dies könnte man als amicus-Beteiligung bezeichnen, wenngleich wohl nur besondere internationale Organisationen und nicht etwa Nichtregierungsorganisationen oder sonstige Private angefragt werden. 64 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Ausdruck gebracht. Dabei kann auch die Anforderung eines amicus briefs als Informationsquelle dienen. Im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit prozessualen Grundsätzen ist erneut die teilweise Geltung der Offizialmaxime in Verfahren des Welthandelsrechts zu berücksichtigen. Dieser Untersuchungsgrundsatz etwa erlaubt es dem Panel, eigenständige Beweise zu erheben.67 Ferner ist es Panel und Appellate Body im Bereich des Rechts der WTO möglich, selbstständig rechtliche Argumente aufzuwerfen.68 Es gilt daher innerhalb dieses Bereichs der Grundsatz iura novit curia. Insofern ist das selbstständige Heranziehen von amicus-Stellungnahmen durch Panel oder Appellate Body im Welthandelsrecht weitgehend unproblematisch. Dafür spricht ferner Art.  13 DSU, der es dem Panel ermöglicht, selbstständig nach Informationen zu suchen. In Bezug auf den Appellate Body ist zu beachten, dass dieser eine Stellungnahme nicht zu tatsächlichen Aspekten einholen sollte. Eine Ausnahme kann bezüglich solcher Tatsachen gemacht werden, die lediglich zur Fortentwicklung des Rechts benötigt werden.69 Auch im Welthandelsrecht müssen Panel und Appellate Body eine objektive und unparteiische Behandlung des Rechtsstreits gewährleisten.70 Allerdings ist ebenso wie im Bereich des U.S.-amerikanischen Rechts, der ZPO und den PTCP eine pauschale Verletzung dieser Pflicht zur Neutralität durch das Einholen einer einzelnen amicus-Stellungnahme fernliegend. Im Einzelfall kann dies jedoch anders zu beurteilen sein, etwa wenn mit Hilfe des amicus briefs das Verfahren in eine bestimmte Richtung gelenkt werden soll. In praktischer Hinsicht ist jedoch zu berücksichtigen, dass es bisher noch nicht zu solchen seitens der Spruchkörper aufgeforderten amicus-Stellungnahmen kam. Als problematisch könnte sich in dieser Hinsicht auch die ablehnende ­Haltung mehrerer Mitgliedstaaten der WTO71 im Hinblick auf amicus-­Stel­ lungnahmen erweisen. Zwar hindert eine solche Haltung weder Panels noch Appellate Body in rechtlicher Hinsicht daran, eine Stellungnahme einzuholen. Doch wird ein aktives, selbstständiges Tätigwerden der WTO Spruchkörper sicherlich zu heftigen Reaktionen der Mitglieder führen. Insofern ist im Sinne eines möglichst nicht durch Konfrontation gezeichneten Verhältnisses zwischen Spruchkörpern und Mitgliedstaaten die selbstständige Heranziehung von amicus briefs zu unterlassen beziehungsweise nur in besonderen Situationen zu praktizieren. 67 

Dazu oben §  11 A. IV. 1. Dazu oben §  11 B. IV. 1. Für den Appellate Body mit den bei §  11 B. IV. 2. beschriebenen Einschränkungen. 69  Dazu oben §  11 A. IV. 1. 70  Siehe dazu insbesondere Art.  2 Abs.  1 Rules of Conduct for the Understanding on ­Rules and Procedures Governing the Settlement of Disputes, WT/DSB/RC/1. 71  Dazu oben §  5 C. III. 68 

§  12  Amicus briefs auf Initiative des Gerichts

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Bezüglich des Beweisverfahrens ist zu berücksichtigen, dass sich im Welthandelsrecht wie gesehen keine einschlägigen Regelungen in Bezug auf ein Beweisverfahren finden.72 Vielmehr sind die Spruchkörper in dieser Hinsicht weitgehend frei. Genauso frei wären sie auch bei der Verwertung tatsächlicher Informationen aus einem vom Gericht angeforderten amicus brief. Dabei könnte im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt werden, dass der Spruchkörper selbst die Auswahl getroffen hat, wer eine Stellungnahme abgeben soll und sich dies bei Würdigung der Quelle widerspiegeln.

E.  Investitionsschiedsgerichtsbarkeit Hinsichtlich investitionsrechtlicher Streitigkeiten ist zunächst zu beachten, dass sich in der Praxis lediglich ein Beispiel einer amicus-Beteiligung auf Ini­tiative des Gerichts findet. Dies ist das Verfahren Eureko,73 an dem die Europäische Kommission auf Bitten des Gerichts als amicus teilnahm. Das Verfahren ist hinsichtlich dieser amicus-Beteiligung aber nur bedingt aufschlussreich. Das Schiedsgericht unterließ es näher zu begründen, aus welchen Normen es seine Kompetenz den amicus um eine Stellungnahme zu bitten, ableitete. Auch die den amicus regelnden R. 37 ICSID AR und das FTC-Statement treffen keine Aussage, inwiefern ein Schiedsgericht eine amicus-Stellungnahme anfordern kann. In Art 4. UNCITRAL TR findet sich ebenfalls keine unmittelbare Regelung zu der Frage von amicus-Stellungnahmen auf Initiative des Gerichts. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang allerdings Art.  5 Abs.  1 UNCITRAL TR. Dieser regelt ausdrücklich die Kompetenz des Schiedsgerichts, Stellungnahmen einer Vertragspartei des zugrundeliegenden Investitionsvertrags auf eigene Initiative anzufordern.74 Vor diesem Hintergrund könnte man einen Umkehrschluss dergestalt ziehen, dass bei Normierung einer ausdrücklichen Kompetenz für das Anfordern solcher Stellungnahmen im Rahmen von Art.  5 Abs.  1 UNCITRAL TR, das Fehlen einer solchen Kompetenz im Rahmen von Art.  4 UNCITRAL TR die Unzulässigkeit von amicus briefs auf eigene Initiative verdeutlicht. Gegen einen solchen Schluss spricht zunächst die Systematik von Art.  5 ­U NCITRAL TR. Dieser normiert in Art.  5 Abs.  1 UNCITRAL TR wie gesehen die Möglichkeit einer Stellungnahme der Vertragsparteien des zugrundeliegenden Investitionsvertrags zu Fragen der Vertragsauslegung. In Art.  5 Abs.  2 UNCI­TRAL TR wird sodann die Möglichkeit des Schiedsgerichts normiert, 72 

Dazu oben §  11 A. IV. 2. Dazu oben §  6 C. V. 1. Fn.  213. 74  Zu dieser Art der Stellungnahme näher oben §  6 D. II. 73 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

eine solche Stellungnahmen auch zu anderen Aspekten des Rechtsstreits zuzulassen. In diesem Absatz 2 ist aber nicht die Rede davon, dass das Schiedsgericht solche Stellungnahmen auch auf eigene Initiative anfragen kann. Im nachfolgenden Absatz 3 ist allerdings geregelt, dass das Schiedsgericht aus einer nicht erfolgten Stellungnahme nach Absatz 1 oder 2, die auf Initiative des Schiedsgerichts ergehen sollte, keine Rückschlüsse ziehen soll. Diese Norm setzt daher voraus, dass auch Stellungnahmen nach Absatz 2 auf Initiative des Schiedsgerichts abgegeben werden können, obwohl dies dem Wortlaut nach lediglich für Stellungnahmen nach Absatz 1 vorgesehen ist. Daher sind Rückschlüssen im Rahmen von Art.  5 UNCITRAL TR wenig angebracht.75 Entscheidendes Argument dafür, amicus-Stellungnahmen im Sinne des Art.  4 UNCITRAL TR auf Initiative des Gerichts nicht auszuschließen, ist aber Art.  1 Abs.  5 UNCITRAL TR. Danach soll keine Einschränkung der Möglichkeiten des Schiedsgerichts, die es unter den UNCITRAL AR hat, erfolgen.76 Zu prüfen ist daher, inwiefern nach den Regelungen der UNCITRAL AR amicus-Stellungnahmen auf Initiative des Gerichts zulässig sein können. Im Zuge dieser Prüfung sind auch die ICSID AR zu prüfen, da R. 37 ICSID AR ebenfalls keine Aussage zu amicus-Stellungnahmen auf Initiative des Gerichts trifft und sich daher dort die gleiche Frage wie im Rahmen der UNCITRAL AR stellt. Bereits verdeutlicht wurde, dass sowohl unter Geltung der ICSID AR als auch unter Geltung der UNCITRAL AR Schiedsgerichte selbstständig Beweise erheben können, R. 34 Abs.  2 ICSID AR, oder es zumindest den Parteien nach Art.  27 Abs.  3 UNCITRAL AR aufgegeben werden kann, Beweise einzubringen.77 Jedenfalls kann das Schiedsgericht selbst die Initiative ergreifen. Dies spricht dafür es Schiedsgerichten auch zu ermöglichen, von sich aus amicus-Stellungnahmen anzufordern. Im Hinblick auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit ergibt sich dies zudem aus dem weiten Wortlaut von R. 37 Abs.  2 ICSID AR. Beachtet werden muss aber gerade im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit die Herrschaft der Parteien über das Verfahren.78 Dieser Grundsatz findet beispielsweise in R. 20 ICSID AR seinen Ausdruck, der es dem Schiedsgericht aufgibt, mit den Parteien das weitere Verfahren festzulegen. Ähnlich in dieser Hinsicht ist Art.  17 UNCITRAL AR. Auch in der Literatur79 und den nationalen So auch Wolf/Eslami, in: Geimer/Kaissis/Thümmel, Festschrift für Schütze zum 80. Geburtstag, S.  756. 76  Dazu bereits oben §  6 B. II. 2. b) und in dem vorliegenden Zusammenhang auch Wolf/ Eslami, in: Geimer/Kaissis/Thümmel, Festschrift für Schütze zum 80. Geburtstag, S.  751. 77  Dazu oben §  11 A. V. 1. 78  Dazu bereits oben §  9 B. V. 1. 79  Beispielsweise Blackaby/Partasides, Redfern and Hunter on International Arbitra­t ion, S.  355 f.; Chatterjee, 20 J. Int. Arb. 539, 540 ff. (2003). 75 

§  12  Amicus briefs auf Initiative des Gerichts

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Regelungen des Schiedsverfahrens, wie etwa §§  1025 ff. ZPO, ist der Grundsatz fest verankert.80 Vor diesem Hintergrund sollte das Schiedsgericht mit seinen Vorstößen hinsichtlich der Benennung von amici vorsichtig sein und das Verfahren hierdurch nicht in Bahnen lenken, die von den Parteien nicht vorgegeben waren. Auf der anderen Seite besitzt das Schiedsgericht aber auch ausreichende eigene Kompetenzen, um in einer passenden Situation einen amicus zu bestellen. Im Hinblick auf rechtliche Fragen wird dies durch den Grundsatz iura novit curia bestätigt, soweit er denn gilt.81 Ebenso wie in den übrigen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen sind auch Schiedsgerichte zu einer objektiven und unparteiischen Streitentscheidung verpflichtet.82 Allerdings ist auch dort fraglich, inwiefern das Einholen eines einzelnen amicus briefs geeignet sein kann, diese Unparteilichkeit ernsthaft in Frage zu stellen. Dies wird man nur annehmen können, wenn im Einzelfall konkrete Hinweise bestehen, dass das Schiedsgericht mithilfe der amicus-Stellungnahme das Verfahren in eine bestimmte Richtung zu leiten gedenkt. Im Hinblick auf die Fragen des Beweisverfahrens und der Beweiswürdigung bietet es sich zunächst an, erneut zwischen Verfahren unter Geltung der ICSID AR und solchen unter Geltung der UNCITRAL AR zu differenzieren. Hinsichtlich der ICSID AR kann das Ergebnis, welches für aus eigener Initiative agierende amici gefunden wurde, erneut herangezogen werden, wonach es dem Ermessen des Schiedsgerichts obliegt, amicus-Stellungnahmen beweisrechtlich zu würdigen.83 Gleiches gilt auch für Verfahren unter Geltung der UNCI­TRAL AR. Jedoch kann die Überlegung, welche bereits zum Welthandelsrecht und auch zum U.S.-amerikanischen Recht gemacht wurde, auch hier aufgegriffen werden. Dadurch, dass es das Schiedsgericht selbst ist, welches den amicus auswählt, ruht auf diesem auch das Vertrauen des Schiedsgerichts. Dies kann sich bei der Beweiswürdigung dergestalt auswirken, dass das Schiedsgericht dem amicus eine Art Vertrauensvorschuss gewährt.

F.  Vergleichende Analyse Die vorstehenden Ausführungen haben zunächst verdeutlicht, dass die Fall­ praxis im Hinblick auf amicus-Stellungnahmen auf Initiative des jeweiligen Spruchkörpers in den verschiedenen Rechts- und Prozessordnungen unter80 

Art.  19 des UNCITRAL Modellgesetz und §  1042 Abs.  3 ZPO. Dazu oben §  11 B. V. 82  Dazu beispielsweise Art.  12 Abs.  1 UNCITRAL AR und Blackaby/Partasides, Redfern and Hunter on International Arbitration, S.  254 ff. 83  Dazu oben §  11 A. V. 2. 81 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

schiedlich ausgestaltet ist. Im U.S.-amerikanischen Recht und im europäischen Kartellrecht sind solche Anfragen der Gerichte an amici keine Seltenheit. Die übrigen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen sind hier jedoch wesentlich zurückhaltender. Für das Welthandelsrecht ist dies darauf zurückzuführen, dass dort amici noch eine relativ neue Entwicklung darstellen und auch zwischen den verschiedenen Mitgliedern nicht unumstritten sind. Das Signal eines Spruchkörpers aus eigenem Antrieb eine amicus-Teilnahme zu bewirken könnte hier kontraproduktiv sein. In der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist die Lage insofern vergleichbar, als dort amici ebenfalls eine recht neue Entwicklung sind. Anders als im Welthandelsrecht bestehen aber keine Diskussionen mehr hinsichtlich der Zulässigkeit des Instruments. Die Regelungen in R. 37 Abs.  2 ICSID AR, dem FTC-Statement sowie Art.  4 UNCITRAL TR sind in dieser Hinsicht eindeutig. Zudem ist in dem Verfahren Eureko die Europäische Kommission um Stellungnahme gebeten worden. Betrachtet man aber die Entwicklung im U.S.-amerikanischen Recht und der ZPO näher, ist auffällig, dass hinsichtlich der Art der sich beteiligenden amici im europäischen Kartellrecht ausschließlich und im U.S.-amerikanischen Recht häufig staatliche Stellen beziehungsweise spezielle Personen diese Rolle einnehmen. Im Kartellrecht sind es zudem spezifische Anwendungsprobleme dieser komplexen Regelungsmaterie, denen sich die Gerichte ausgesetzt sehen können und für deren Lösung sie weitere Informationen von der Kommission erwarten. Im U.S.-amerikanischen Recht führen oftmals besondere prozessuale Situationen und der Wunsch nach einer kontradiktorischen Streitdarstellung dazu, amici zu bestellen. Einige dieser eben erläuterten Gründe könnten auch im Welthandelsrecht und in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit zu einer Beteiligung von amici auf Bitte des Spruchkörpers führen beziehungsweise haben dazu geführt. In beiden Rechtsbereichen ist eine Beteiligung staatlicher Stellen denkbar und wurde auch bereits in der Praxis beobachtet.84 Fälle wie der bereits besprochene Fall Electrabel oder der Fall Eureko eignen sich dazu, dass auch in Zukunft Schiedsgerichte etwa die Kommission um eine Stellungnahme bitten könnten. Eine Übertragbarkeit der prozessualen Situation, in der der Supreme Court amici zur Gewährleistung einer adversary presentation anfordert, scheint hingegen im Welthandelsrecht und in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ausgeschlossen, da diese Spruchkörper ein solch hohes Maß an eigener Aktivität kaum zeigen werden. 84  Für das Welthandelsrecht ist das bei §  5 B. I. 1., D. II. 1. besprochene Verfahren EC – Sardines in Erinnerung zu rufen, in welchem der Appellate Body eine Beteiligung auf Initiative des Mitgliedstaates zuließ. Für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit siehe oben §  6 C. V. 1. und das eben angesprochene Verfahren Eureko.

§  12  Amicus briefs auf Initiative des Gerichts

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Im Hinblick auf prozessuale Grundsätze, die die Herrschaft der Parteien manifestieren, wurde verdeutlicht, dass amicus-Stellungnahmen, welche auf Initiative des jeweiligen Spruchkörpers eingeholt werden, zumeist mit solchen Grundsätzen in Konflikt stehen. Allerdings sind diese Grundsätze selbst keine unumstößlichen starren Regelungen, sondern erlauben vielmehr eine für den jeweiligen Einzelfall gegebene Anpassung. Dabei regeln lediglich die PTCP eine Ausnahme ausdrücklich. In den anderen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen sind es allgemeinere Erwägungen, die eine amicus-Stellungnahme auf Initiative des Spruchkörpers zulassen. Eine gewisse Sonderrolle nehmen Verfahren im Bereich des Welthandelsrechts ein. Aufgrund der dort zumindest in Teilen bestehenden Offizialmaxime begegnet die Einholung von amicus-Stellungnahmen prozessual weitaus geringeren Bedenken. Jedoch ist es dort die kritische Haltung einiger Mitgliedstaaten, welche eine solche Praxis in der Mehrzahl der Fälle als nicht opportun erscheinen lässt. Im Bereich des U.S.-amerikanischen Rechts und der ZPO sind es das adversariale System, das principle of party presentation beziehungsweise der Beibringungsgrundsatz, welche einer Benennung von amici durch das Gericht zunächst entgegenstehen. Im U.S.-amerikanischen Recht bestehen dabei die größten Bedenken, da dort amici teils eine sehr dominierende Rolle einnehmen, während in der ZPO der Beibringungsgrundsatz etwa durch Regelungen wie §§  144, 273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO bereits gelockert ist. In der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit sind solche amicus-Stellungnahmen im Spannungsfeld zwischen schiedsgerichtlicher Ermittlung des Verfahrensgegenstands und dem Prinzip der Herrschaft der Parteien zu verorten. Daher können Schiedsgerichte von sich aus tätig werden, dürfen hierbei aber nicht die Autonomie der Parteien zu stark beeinträchtigen. Gemein ist allen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen die Forderung nach einer Unparteilichkeit des Spruchkörpers. Allerdings werden amicus-Stellungnahmen auf Initiative des Spruchkörpers nur in Ausnahmefällen diese Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gefährden können. Auch zeigen alle Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen hinsichtlich der Ausgestaltung des Beweisverfahrens eine recht große Ähnlichkeit zu dem amicus brief, welcher auf eigene Initiative erfolgt. Dies gilt lediglich nicht für amicus-Stellungnahmen der Kommission. Diese können nunmehr unter §  273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO oder §§  402 ff. ZPO fallen, während solche aus eigener Initiative zumeist als Instrument sui generis einzuordnen waren. Im Rahmen der Beweiswürdigung ist der Umstand der selbstständigen Einholung der Auskunft und der damit verbundenen Auswahl des amicus geeignet, zu einem erhöhten Vertrauen des jeweiligen Spruchkörpers in die durch den amicus erteilten Auskünfte zu führen. Dies kann sich positiv im Rahmen der Beweiswürdigung auswirken.

§  13  Mehr als nur eine Stellungnahme? Aktive Amici Vorstehend wurden amicus-Stellungnahmen sowohl auf Initiative des amicus als auch auf Initiative des Gerichts hin getrennt untersucht. Die folgenden Ausführungen untersuchen diese beiden Arten von Stellungnahmen gemeinsam. Der Fokus wird dabei darauf gerichtet sein, inwiefern sich diese amici aktiv am Verfahren beteiligen können und ob dies zulässig ist. Zur Verdeutlichung, dass eine solche aktive Beteiligung des amicus eine Besonderheit darstellt, ist zunächst der Grundsatz einer lediglich einmaligen Beteiligung des amicus näher darzustellen. Anschließend gilt es die tatsächliche Praxis und die Zulässigkeit einer aktiven Beteiligung von amici zu untersuchen. Können amici etwa die gleiche Rechtstellung wie eine Partei innehaben? Droht dann eine Vermengung mit anderen Instrumenten der Drittbeteiligung wie etwa der Nebenintervention? Sodann ist zu fragen, inwiefern Konsequenzen aus einer solchen Beteiligung zu ziehen sind. Dabei soll etwa der Frage nach einer Anpassung der Reaktionsmöglichkeiten der Parteien ebenso nachgegangen werden, wie der Frage, inwiefern eine Entscheidung gegenüber dem amicus in Rechtskraft erwachsen kann. Schließlich ist herauszuarbeiten, inwiefern bestimmte Kriterien gefunden werden können, bei deren Vorliegen eine aktive Beteiligung in Betracht kommt.

A.  Grundsatz der einmaligen Stellungnahme Wenn nachstehend von lediglich einer schriftlichen Stellungnahme die Rede ist, werden etwaige notwendige Anträge hierbei nicht berücksichtigt. Denn diese bilden nur ein Mittel, um einen amicus brief einreichen zu können. Sie stellen hingegen keine eigenständige Stellungnahme dar. Im U.S.-amerikanischen Recht beteiligen sich amici üblicherweise nur mittels Einreichung einer schriftlichen Stellungnahme. Dies ergibt sich bereits aus R. 29 FRAP. Diese Regelung ist in ihrer Gänze darauf angelegt, dass lediglich ein amicus brief eingereicht wird.1 Vor dem Supreme Court ist die Besonder1  R. 29 (a) FRAP zählt auf, wann ein amicus brief erlaubt ist, R. 29 (b) FRAP regelt das Antragsprozedere für einen amicus brief, R. 29 (e) FRAP, welche den Zeitpunkt regelt, ist

§  13  Mehr als nur eine Stellungnahme? Aktive Amici

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heit zu beachten, dass dort amicus briefs sowohl zu Fragen der Zulässigkeit als auch zu Fragen der Hauptsache eingereicht werden können. Dies ist jedoch dem Umstand der Trennung des Verfahrens in zwei solche Phasen geschuldet. Insofern erfährt der Grundsatz lediglich einer schriftlichen Stellungnahme keine Ausnahme, vielmehr können solche Stellungnahmen lediglich in zwei verschiedenen Verfahrensphasen eingereicht werden. Vor den District Courts sind amicus briefs zwar nicht geregelt, doch zeigt die Praxis, dass regelmäßig lediglich eine schriftliche Stellungnahme eingereicht wird.2 Die Aussage Hirtes, „Die Rechtsstellung des amicus erschöpft sich in der Zulassung seines Schriftsatzes (briefs) in der jeweiligen Prozeßlage.“3, ist daher grundsätzlich zutreffend.4 Im Bereich des europäischen und deutschen Kartellrechts findet sich dieser Grundsatz ebenso bestätigt. Wird die Kommission auf Anfrage eines Gerichts tätig, Art.  15 Abs.  1 VO 1/2003, richtet das Gericht regelmäßig lediglich eine Anfrage an die Kommission.5 Hinsichtlich Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003 ist Ähnliches zu beobachten. In den bisher berichteten Fällen reichte die Kommission regelmäßig jeweils eine Stellungnahme ein.6 Hierzu passt auch, dass Art.  15 Abs.  3 S.  4 VO 1/2003 eine mündliche Beteiligung nur mit Zustimmung des nationalen Gerichts zulässt.7 Beteiligt sich das Bundeskartellamt an Verfahren, gibt es regelmäßig lediglich eine mündliche Stellungnahme ab.8 Damit unterscheidet sich diese Art der Beteiligung von den bisherigen, da nicht eine schriftliche Stellungnahme erfolgt. Es besteht aber insoweit Kongruenz, als regelmäßig auch nur diese eine mündliche Beteiligung erfolgt.9 Anders als im U.S.-amerikanischen Recht sind die Beteiligungsmöglichkeiten, die dem Bunauch sehr deutlich auf lediglich eine schriftliche Stellungnahme zugeschnitten. Am deutlichsten weisen jedoch R. 29 (f), (g) FRAP hierauf hin, die einen reply brief und eine mündliche Beteiligung nur im Falle der Erlaubnis durch das Gericht ermöglichen. 2  Siehe dazu die zahlreichen Nachweise bei §  10 B. I. In den Urteilen geht es zumeist um die Zulässigkeit eines amicus briefs, also einer schriftlichen Stellungnahme. 3  Hirte, ZZP 104 (1991), 11, 39. 4  Allerdings hat Hirte die aktive Beteiligung von amici, wie sie sogleich näher dargestellt ist, nicht berücksichtigt. 5  Siehe dazu die verschiedenen Wettbewerbsberichte bei §  3 E. I. 1. 6  Siehe dazu die verschiedenen Wettbewerbsberichte bei §  3 E. I. 2. Lediglich in dem Verfahren der steuerlichen Absetzbarkeit einer Kartellbuße, vor dem EuGH als X BV verhandelt, beteiligte sich die Kommission mehrmals, dazu oben §  3 B. I. 5. 7  §  90a Abs.  2 S.  5 GWB macht hiervon eine Ausnahme, indem eine mündliche Beteiligung der Kommission auch ohne die Zustimmung des jeweiligen Gerichts möglich ist. In der Praxis wurde dies – soweit ersichtlich – noch nicht genutzt. 8  Oben §  9 A. I. 2. 9  Topel, GRUR 2000, 985, 988 führt aus: „[…] ein enormer Aufwand, der in meiner Abteilung dazu führt, daß ich praktisch nur beim Bundesgerichtshof Stellung nehmen kann, dieses auch nur mündlich […].“

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

deskartellamt gemäß §  90 Abs.  2 S.  1 GWB zustehen, jedoch auf eine wiederholte Beteiligung ausgerichtet. Hier offenbart sich eine Diskrepanz zwischen ausgeübter Praxis und abgebildetem Normbestand. Dennoch ist es zulässig, auch die Beteiligung des Bundeskartellamts als lediglich einmalige Beteiligung zu beschreiben, weil dies der Praxis entspricht. Die PTCP weisen gegenüber dem U.S.-amerikanischen Recht und europäischen sowie deutschen Kartellrecht die Besonderheit einer fehlenden Anwendungspraxis auf. Insoweit ist der Grundsatz einer schriftlichen Stellungnahme lediglich anhand von P. 13 PTCP zu überprüfen. In diesem Zusammenhang ist P. 13 S.  2 PTCP aufschlussreich, der davon spricht, das Gericht könne eine solche Stellungnahme anfordern. Durch die Verwendung des Singulars wird die Einmaligkeit der Stellungnahme betont. Dazu passt auch, dass Kommentar P-13A S.  4 PTCP eine zusätzliche mündliche Beteiligung nur mit Zustimmung des Gerichts zulässt. Im Welthandelsrecht verdeutlicht die Additional Procedure des Appellate Body in der Sache EC – Asbestos, dass nur eine einzige schriftliche Stellungnahme zulässig ist.10 Die bisherige Praxis bestätigt eine solch singuläre Beteiligung.11 Eine mündliche Beteiligung ist nicht vorgesehen. Wie bereits angemerkt, wurden einige WTO-Verfahren jedoch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.12 In diesen Verfahren konnten amici daher die mündliche Verhandlung beobachten, nicht jedoch an ihr teilnehmen. In der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit deutet R. 37 Abs.  2 ICSID AR zunächst darauf hin, dass lediglich eine schriftliche Stellungnahme des amicus vorgesehen ist.13 Auch das FTC-Statement spricht hierfür.14 R. 32 Abs.  2 ­ICSID AR gewährt Dritten zwar die Möglichkeit, an der mündlichen Verhandlung als Zuschauer teilzunehmen, eine solche Teilnahme ermöglicht jedoch nicht eine erneute Beteiligung als amicus. In der Sache Biwater Gauff betont das Schiedsgericht ausdrücklich, aus R. 37 Abs.  2 ICSID AR lasse sich lediglich die Möglichkeit ableiten, eine einzige Stellungnahme abzugeben.15 Gleichzei10  Dazu Ziff.  4, 7 Add. Proc., aus denen klar hervorgeht, dass nur eine einzige schriftliche Stellungnahme vorgesehen ist. 11  Zu Nachweisen der amicus-Praxis vgl. §  5 E. I. In diesen Beispielen wird immer nur ein einziger amicus brief eingereicht. 12  Oben §  5 C. IV. 13  In R. 37 Abs.  2 S.  1, 2 ICSID AR ist lediglich die Rede von einer schriftlichen Stellungnahme, die der amicus einreichen kann. Die Verwendung des Singulars ist daher ein erster Hinweis auf die Adaption des Grundsatzes der einmaligen Beteiligung. 14  In Ziff. B. 1. FTC-Statement ist beispielsweise lediglich die Rede von einer Stellungnahme. 15  Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Procedural Order No. 5, 02.02.2007, Rn.  46.

§  13  Mehr als nur eine Stellungnahme? Aktive Amici

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tig betont das Schiedsgericht aber, es behalte sich das Recht vor, an den amicus Nachfragen zu stellen und ihn zu weiteren schriftlichen Stellungnahmen aufzufordern.16 Insofern besteht die Möglichkeit, Ausnahmen von diesem Grundsatz zuzulassen, die aber in der bisherigen Praxis äußerst spärlich waren.17 Alle Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen kennen den Grundsatz einer lediglich einmaligen Beteiligung von amici. Am deutlichsten weicht jedoch das deutsche Kartellrecht hiervon ab, indem in §  90 GWB bereits eine mehr­ malige Beteiligungsmöglichkeit normiert ist. Doch auch für die anderen behandelten Rechtsgebiete kann sich eine mehrmalige Beteiligung ergeben.

B.  Tatsächliche Praxis und Zulässigkeit einer aktiven Beteiligung I.  U.S.-amerikanisches Recht Im U.S.-amerikanischen Recht findet sich eine Reihe von Urteilen, in denen amici bestimmte zusätzliche Rechte gewährt werden. Diese gilt es im Folgenden anhand von Fallgruppen zunächst darzustellen. 1.  Einzelne Erscheinungsformen a)  Keine Rechtsstellung gleich derer einer Partei In einigen wenigen Urteilen wurden dem amicus dieselben Rechte und prozessualen Gestaltungsmöglichkeiten wie einer Partei eingeräumt.18 Dies ermöglicht es dem amicus aktiv auf den Gegenstand des Verfahrens einwirken, indem Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Procedural Order No. 5, 02.02.2007, Rn.  72. 17  Dazu sogleich unten §  13 B. V. 18  In re Estelle, 516 F.2d 480, 482 (5th Cir. 1975). Aus United States v. State of Michigan, 940 F.2d 143, 147 (6th Cir. 1991) geht hervor, dass der District Court, dessen Entscheidung der Circuit Court überprüft, „conferred upon the Knop class as ‚litigating amicus curiae‘ all of the participating rights of a named party in interest to the instant controversy, including the right to file pleadings, to compel discovery, to initiate contempt proceedings, to formulate and join issues, to issue and enforce subpoenas, to compel attendance at compliance hear­ ings, and to file motions to modify and amend the consent decree between the named parties in interest.“ Siehe dazu auch das erstinstanzliche Urteil bei United States v. State of Michi­ gan, 116 F.R.D. 655, 660 ff. (W.D. Mich. 1987). In Hoptowit v. Ray, 682 F.2d 1237, 1260 (9th Cir. 1982) wurden dem amicus in erster Instanz ebenfalls solch weitreichende Rechte zugestanden, wobei dort eine Kontrolle des Verfahrens nicht erfolgte. In Faubus v. United States, 254 F.2d 797, 802 (8th Cir. 1958) kann der amicus pleadings und Beweise einreichen sowie aktiv am Verfahren teilnehmen, so dass ihm zumindest eine parteiähnliche Funktion zukommt. 16 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

er beispielsweise wie eine Partei ein pleading19 einreicht, im Rahmen der discovery und des weiteren Beweisverfahrens Anträge stellt, Beweisstücke in das Verfahren einbringt sowie Zeugen vernimmt und sogar eine Widerklage erhebt. Möglich wäre etwa auch ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Im Hinblick auf die Zulässigkeit eines solchen Vorhabens ist insbesondere das Verfahren United States v. Michigan interessant. Dieses Verfahren ist von den vier bei Fußnote 18 genannten das zuletzt entschiedene und daher für den Wert als Präzedenzfall von besonderer Bedeutung. Zudem wurde dort die Entscheidung des District Courts, die dem amicus das oben angeführte große Ausmaß an Rechten gewährte, von der nächsten Instanz überprüft und für mit prozessualen Grundsätzen nicht vereinbar erklärt.20 Die Entscheidungsgründe gilt es auszuwerten. Zunächst führte das Rechtsmittelgericht an, im Falle einer Gleichsetzung der Rechtsstellung des amicus mit der Partei würden die Rechte der eigentlichen Parteien am Verfahren beeinträchtigt.21 Die Parteien sind Herren des Verfahrens. Ihnen obliegt es zunächst im Rahmen des principle of dispositive election, den Beginn des Verfahrens zu initiieren sowie verfahrensbeendende Maßnahmen wie Vergleich oder Klagerücknahme einzuleiten oder Rechtsmittel einzulegen.22 Ausweislich des principle of party presentation bringen die Parteien den Streitstoff in das Verfahren ein und definieren somit auch das Klagebegehren.23 Diese maßgeblichen Kompetenzen der Parteien werden durchbrochen, wenn amici selbst wie eine Partei am Verfahren teilnehmen können. Damit folgt eine Aushöhlung der Rechte der Parteien und diese verlieren die Kontrolle über das Verfahren.24 Ein weiteres wesentliches Argument ist, dass in R. 14, 17–25 FRCP Instrumente der Drittbeteiligung geregelt sind, die Dritten unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen eine parteiähnliche Rechtsstellung gewähren. Würde man 19 

Dies könnte beispielsweise in Form der Klageerwiderung geschehen. Generell zu ­pleadings oben §  9 B. I. 3. 20  United States v. State of Michigan, 940 F.2d 143 (6th Cir. 1991); zu diesem Verfahren auch Kühne, Amicus Curiae, S.  90 f. 21  United States v. State of Michigan, 940 F.2d 143, 164 (6th Cir. 1991). 22  Millar, The Formative Principles of Civil Procedure, S.  12. Diese Begrifflichkeit aufgreifend Jolowicz, On Civil Procedure, S.  390. Dazu bereits oben §  11 B. I. 2. 23  Das Klagebegehren, relief, wird im U.S.-amerikanischen Recht nicht den Sachanträgen der Parteien entnommen, sondern maßgeblich aus dem Sachvortrag der Parteien abgeleitet, Baicker-McKee/Janssen/Corr, Federal Civil Rules Handbook, S.  938 f.; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, S.  160 f.; James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  204 f., vgl. auch oben §  11 A. I. 2. 24  Auf den Kontrollaspekt abstellend auch United States v. State of Michigan, 940 F.2d 143, 164 (6th Cir. 1991).

§  13  Mehr als nur eine Stellungnahme? Aktive Amici

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nun dem amicus die gleichen Rechte wie beispielsweise einem Nebenintervenienten zugestehen, ihn aber nicht den Voraussetzungen der Nebenintervention unterstellen, wären diese Voraussetzungen hinfällig.25 Mithin würde R. 24 (a), (b) FRCP klar umgangen. Dies kann nicht Sinn einer amicus-Beteiligung sein. Aus den genannten Gründen ist daher davon abzusehen, dem amicus die gleiche Rechtsstellung wie einer Partei zukommen zu lassen. b)  Mitwirken bei discovery und Beweisverfahren Im Rahmen der discovery, welche in der pretrial-Phase des Verfahrens stattfindet,26 fordern die Parteien einander auf, Beweise offenzulegen und zur Verfügung zu stellen.27 In dem Verfahren Northside Independent School Dist. of Bexar28 beteiligte sich der Mexican-American Legal Defense & Ed. Fund als amicus. Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob allein eine Zusammensetzung einer Schule mit einem hohen Anteil von Schülern, die einer ethnischen Minderheit angehörten, es rechtfertigte, eine rassistisch motivierte Zusammensetzung anzunehmen, oder ob es für die Annahme einer solchen Zusammensetzung zusätzlich noch einer rassistischen Motivation bedurfte.29 Das Vorliegen letzterer, welche das Gericht bereits in einer vorherigen Entscheidung als notwendig erachtet hatte,30 war beweisbedürftig. Der Beklagte nahm jedoch hierzu nicht Stellung, da er das Vorliegen einer solchen Motivation nicht für erforderlich hielt. Der Kläger stritt eine rassistische Motivation ab.31 Lediglich der amicus führte gegenüber dem Gericht aus, er könne dem Gericht zu einer solchen Motivation eventuell Beweise vorlegen, wenn er dazu die Befugnisse einer Partei im Rahmen der discovery haben könne. Dies veranlasste das Gericht, es dem amicus zu ermöglichen, wie eine Partei in einem allerdings begrenzten Zeitraum die Befugnis der discovery zu nutzen.32 United States v. State of Michigan, 940 F.2d 143, 165 f. (6th Cir. 1991). Dazu oben §  9 B. I. 3. 27  Näher R. 26 ff. FRCP. Aus der Literatur Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  396 ff.; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, S.  181 ff. 28  Northside Independent School Dist. of Bexar, et al,. Counties, Texas, et. al. v. Texas Education Agency, 410 F. Supp. 360 (D.C. Tex 1975). 29  Northside Independent School Dist. of Bexar, et al,. Counties, Texas, et. al. v. Texas Education Agency, 410 F. Supp. 360, 361 (D.C. Tex 1975). 30  Dazu Northside Independent School Dist. of Bexar, et al,. Counties, Texas, et. al. v. Texas Education Agency, 410 F. Supp. 360, 361 (D.C. Tex 1975). 31  Northside Independent School Dist. of Bexar, et al,. Counties, Texas, et. al. v. Texas Education Agency, 410 F. Supp. 360, 361 f. (D.C. Tex 1975). 32  Northside Independent School Dist. of Bexar, et al,. Counties, Texas, et. al. v. Texas Education Agency, 410 F. Supp. 360, 362 ff. (D.C. Tex 1975). 25 

26 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

In einem weiteren Fall, der die Rechte von Eingeborenen hinsichtlich des ­ ischfangs in Michigan zum Gegenstand hatte, sogenannter Michigan Fishing F Rights Case,33 konnten sich Sportfischer als amici ebenfalls an der disocvery beteiligen.34 Hintergrund dürfte der Wunsch des Gerichts gewesen sein, diese Fischer zu Wort kommen zu lassen und ihnen auch die Möglichkeit der Anforderungen von Beweisen zu geben, ohne sie gleichzeitig als weitere Partei dem ohnehin schon komplexen35 Verfahren beizufügen. Auch in Wyatt By and Through Rawlins v. Hanan konnten die Vereinigten Staaten als amicus an der discovery teilnehmen. Gegenstand des Verfahrens war die Vollstreckung eines auf Vergleich beruhenden Anerkenntnisurteils, consent decree, das ein geistig Behinderter, der in einer Einrichtung des Staates Alabama lebte, gegen den Staat Alabama erstritten hatte.36 Die Vereinigten Staaten hatten sich anfänglich auf Bitte des Gerichts hin am Verfahren beteiligt, hatten dann ihre Beteiligung niedergelegt und sie anschließend wieder aufleben lassen.37 In einer Reihe von Fällen war es dem amicus erlaubt, Zeugen zu benennen und zu vernehmen.38 Teilweise wurde dieses Recht aber nur gewährt, wenn das Gericht dies ausdrücklich anordnete.39 Auch finden sich Fälle, in denen dieses Recht nur eingeschränkt gewährleistet wurde.40 Teilweise war die Einschränkung dergestalt, dass der amicus nur dann Zeugen vernehmen kann, wenn die jeweilige Partei auf dieses Recht verzichtet.41 United States v. State of Michigan, 471 F. Supp. 192 (W.D. Mich. 1979). Zur Rolle des amicus in diesem Fall McGovern, 53 U. Chic. L. Rev. 440, 463 (1986). Der amicus bekam dort den Beinamen litigating amicus. 35  Der Fall war 12 Jahre vor den Bundesgerichten und involvierte 5 unabhängige Hoheitsgewalten, drei Eingeborenenstämme, den Staat Michigan und den Bund, dazu näher: McGovern, 53 U. Chic. L. Rev. 440, 457 ff. (1986) und Lowman, 41 Am. U. L. Rev. 1243, 1270 f. (1992). 36  Dazu Wyatt By and Through Rawlins v. Rogers, 985 F. Supp. 1356, 1361 ff. (M.D. Ala. 1997). 37  Wyatt By and Through Rawlins v. Hanan, 868 F. Supp 1356, 1357 f. (M.D. Ala. 1994). 38  Zu nennen sind zunächst die vier eben bei §  13 B. I. 1. a) genannten Fälle. Zusätzlich United States v. Dougherty, 473 F.2d 1113, 1125 (D.C. Cir. 1972); Wyatt By and Through Rawlins v. Hanan, 868 F. Supp 1356, 1350 (M.D. Ala. 1994). In United States v. Hooker Chem­ icals & Plastics Corp., 749 F.2d 968, 992 (2nd Cir. 1984) berichtete das Gericht, dass der District Court es der nunmehr als Rechtsmittelkläger auftretenden Partei angeboten habe, als amicus plus auch Zeugen zu benennen und zu vernehmen. 39  Liberty Resources, Inc. v. Philadelphia Housing Authority, 395 F. Supp. 2d 206, 211 (E.D. Pa. 2005). 40  State v. Director, U.S. Fish and Wildlife Service, 262 F.3d 13, 14 (1st Cir. 2001). 41  Alliance of Automobile Mfrs. v. Gwadowsky, 297 F. Supp. 2d. 305, 308 (D. Me. 2003); Pharmaceutical Research and Manufacturers of America v. Commissioner, Maine Dept. of Human Services, 2000 WL 1844663 (D. Me. 2000); Daggett v. Webster, 190 F.R.D. 12, 14 (D. Me. 1999). 33 

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Zu untersuchen ist, inwiefern eine Mitwirkung bei discovery und Beweisverfahren durch amici rechtlichen Bedenken unterliegt. Zunächst ist einschränkend zu bemerken, dass der amicus, anders als im Fall der Rechtsstellung gleich einer Partei, nicht aktiv die Kontrolle über das Verfahren innehat. Es ist ihm lediglich möglich, bei der Sammlung des Streitstoffes mitzuwirken. Dies ist qualitativ ein wesentlicher Unterschied etwa zum Einreichen einer Widerklage oder dem Abschluss eines Vergleichs. Es wird gerade nicht über die Klage disponiert. Zwar wird im U.S.-amerikanischen Recht das Klagebegehren nicht durch die Sachanträge der Parteien, sondern vielmehr durch deren tatsächlichen Vortrag bestimmt,42 jedoch nimmt der amicus keinen direkten Einfluss auf diesen. Vielmehr ist er lediglich an der Beweisgewinnung zur Validation des Vortrags beteiligt. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass im Einzelfall das Mitwirken an discovery und Beweisverfahren einen erheblichen Einfluss auf die Entscheidung des Gerichts haben kann. Im Hinblick auf den Grundsatz der Herrschaft der Parteien über das Verfahren43 sollten die Gerichte hier zurückhaltend agieren.44 c)  Durchsetzung einer Entscheidung In bestimmten Arten von Verfahren kann die tatsächliche Durchsetzung einer Entscheidung ein schwieriges Unterfangen sein. Zum besseren Verständnis sollen einige Fallbeispiele dienen, mithilfe derer auch aufgezeigt werden soll, warum und wie amici dabei halfen, wichtige Entscheidungen von Gerichten durchzusetzen. aa) Fallpraxis (i)  Durch Veranlassung eines Unterlassungsgebots Eine Reihe von U.S.-amerikanischen Urteilen befasst sich mit Anträgen von amici, die darauf abzielen, dass das Gericht erklären soll, eine bestimmte Hand42 

Dazu oben §  13 B. I. 1. a). Dazu etwa oben §§  11 A. I. 2., 11 B. I. 1., 12 A. I. 1. 44  Nicht überzeugen kann die Meinung von Oberlaber, ZfRV (2013), 229, 232, der ausführt, der amicus könne keine Zeugenvernehmungen beantragen, aber gegebenenfalls die Partei befragen und „selbst Beweise einbringen“, wenn er ein eigenes Interesse an dem Verfahren habe. Oberlaber, a. a. O., begründet seine Ansicht nicht, sondern verweist wohl auf eine ältere Auflage des Corpus Iuris Secundum (C.J.S.), was daraus ersichtlich wird, dass er sich auf Band  3A bezieht, während nunmehr der amicus in Band  3B geregelt ist. In der aktuellen Auflage des C.J.S. findet sich diese Aussage nicht bestätigt, Giuliano, Amicus Curiae, in: 3B, C.J.S. Oberlaber, a. a. O. setzt sich auch nicht mit der anders lautenden Rechtsprechung oder den hier vorgenommenen sachlichen Erwägungen auseinander. Ferner ist nicht ganz klar, wie es zu verstehen ist, wenn man „selbst Beweis einbringen“ aber nicht eine Zeugenvernehmungen beantragen kann. 43 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

lung sei zu unterlassen. Die Fälle weisen alle die Besonderheit einer Verbindung mit der Bürgerrechtsbewegung der 1950er und 1960er Jahre auf. In der Jahrhundertentscheidung des Supreme Courts Brown v. Board of Education of Topeka45 befand dieser die Rassentrennung hinsichtlich des öffentlichen Schulsystems für unrechtmäßig. In der Folge sahen sich Bundesgerichte in den Südstaaten damit konfrontiert, dieser Entscheidung zu praktischer Wirksamkeit zu verhelfen.46 Große Aufmerksamkeit durch die Justiz hat dabei der Ort Little Rock bekommen. In dem Verfahren Aaron v. Cooper entschied der zuständige District Court zunächst, der vom School Board aufgestellte Plan hinsichtlich der Integration farbiger Schüler in die High School von Little Rock sei rechtmäßig.47 Diesem Plan zufolge sollte im Herbst 1957 damit begonnen werden, farbigen Schülern die Teilnahme am Unterricht zu gestatten. Der Gouverneur von Arkansas, Faubus, setzte jedoch die Nationalgarde ein, um dies zu verhindern.48 Daraufhin bat der District Court den U.S. Attorney General an dem Verfahren Aaron v. Cooper als amicus teilzunehmen und einen Antrag zu stellen, der es dem Gericht ermöglichen würde, ein Unterlassungsgebot49 im Hinblick auf das Verhalten des Gouverneurs auszusprechen.50 Der Attorney Gener­al stellte daraufhin den fraglichen Antrag und das Gericht erließ ein Unterlassungsgebot, welches sich an den Gouverneur von Arkansas richtete und diesem aufgab, jegliche Maßnahmen zu unterlassen, welche die Teilnahme der farbigen Schüler am Unterricht behindern würde.51 In Bush v. Orleans Parish School Bd. – dem Fall lag ein ähnlicher Sachverhalt wie Faubus v. U.S. zugrunde, wenngleich der betroffene Bundesstaat Louisiana war – berief das Gericht ebenfalls den U.S. Attorney General, um Anträge auf Erlass von Unterlassungsgeboten zu stellen.52 Dabei war die Figur des amicus nach Meinung des Gerichts hier ein angemessenes Instrument.53 In der LiteraBrown v. Board of Education of Topeka, 347 U.S.  483 (1954). Die Schwierigkeiten dieses Unterfangens für die District Judges in den Südstaaten, nicht nur in rechtlicher Hinsicht, erläutert sehr anschaulich Peltason, Fifty-Eight Lonely Men, S.  3 ff. 47  Aaron v. Cooper, 143 F. Supp. 855 (E.D. Ark. 1956); bestätigt durch Aaron v. Cooper, 243 F.2d 361 (8th Cir. 1957). 48  Zum Sachverhalt Faubus v. United States, 254 F.2d 797, 801 (8th Cir. 1958). 49  Im Original injunctive relief. 50  Dazu Faubus v. United States, 254 F.2d 797, 802 (8th Cir. 1958). 51  Aaron v. Cooper, 156 F. Supp. 220, 222 (E.D. Ark. 1957). 52  Bush v. Orleans Parish School Bd., 191 F. Supp 871, 875 ff. (E.D. La 1961). 53  „However, we think it singularly appropriate here, since the role of the United States in this proceeding is more truly that of a friend of the court than is often the case with so called ‚amici‘, who are rather friends of one party or the other.“, Bush v. Orleans Parish School Bd., 191 F. Supp 871, 877 (E.D. La 1961). 45 

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tur wird von einem weiteren unveröffentlichten Urteil berichtet, welches es dem Attorney General als amicus gestattete, einen Antrag auf Unterlassung zu stellen.54 Auch in U.S. v. Barnett hatten die Vereinigten Staaten als amicus das Recht, einen Antrag auf Unterlassung zu stellen.55 (ii)  Durch Beantragung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung In einem Fall hat ein U.S.-amerikanisches Gericht festgestellt, amici könnten mit dazu beitragen, die Entscheidung des Gerichts durchzusetzen.56 Hintergrund der Streitigkeit war ein Urteil eines U.S. District Courts. Dieses Urteil drohte von einem parallel laufenden bundesstaatlichen Verfahren außer Kraft gesetzt zu werden.57 Daraufhin wandten sich einige Betroffene an den District Court, um diesen dazu zu bewegen, das ursprüngliche Urteil gegenüber dem bundesstaatlichen Gericht im Wege der einstweiligen Verfügung58 durchzusetzen.59 Das Gericht stellte in der Folge fest, dieser Antrag könne auch von einem amicus gestellt werden.60 Es finden sich jedoch keine weiteren Urteile, die dem amicus dieses Recht gewähren. Dennoch wird in der Literatur immer wieder auf diesen Fall Bezug genommen.61 (iii) Umsetzungsvorschläge In zwei Verfahren, die der prison reform litigation zuzuordnen sind,62 bat das Gericht den Staat und die Parteien um Vorschläge, wie eine Entscheidung umzusetzen sei. Anschaulich formuliert der District Court of Florida: „Lastly, this Court hereinafter appoints the United States of America as amicus curiae and directs that it file a proposed plan for implementation. This Court is of the opinion that in the administration of justice the public interest should be re­ Krislov, 72 Yale L.J. 694, 719 (1963). United States v. Barnett, 330 F.2d. 369, 370 f. (5th Cir. 1963). Der Sachverhalt ähnelt den oben geschilderten, wenngleich hier einige Besonderheiten vorlagen. So war Streitgegenstand die Zulassung zu einer Universität. Zudem ging es in dem vorliegenden Verfahren um die Frage, ob der Gouverneur von Mississippi wegen Behinderung der Justiz strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden konnte. Die Regierung stellte hier keinen Antrag auf Unterlassung, sondern beantragte als amicus eine order of contempt, das heißt eine Bestrafung wegen Behinderung des Verfahrens. 56  United States v. Texas, 356 F. Supp. 469 (E.D. Tex. 1972). 57  Dazu United States v. Texas, 356 F. Supp. 469, 470 (E.D. Tex. 1972). 58  Im Original preliminary injunction. 59  United States v. Texas, 356 F. Supp. 469 (E.D. Tex. 1972). 60  United States v. Texas, 356 F. Supp. 469, 473 (E.D. Tex. 1972). 61  Lowman, 41 Am. Univ. L. Rev. 1243, 1263 (1992); Harris, 5 Suffolk J. Trial & App. Advoc. 1, 2 (2000); Sills, Amicus Curiae §  6, in: Tex. Jur. 62  Zur prison reform litigation bereits oben §  2 B. III. 54  55 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

presented in this proceeding, that it will be of assistance to the Court to have the benefit of the views of counsel for the United States of America as amicus curiae“.63 bb) Zulässigkeit Im Hinblick auf die rechtliche Zulässigkeit bilden die Fälle, in denen der amicus dem Gericht hilft, eine Entscheidung durchzusetzen, eine Grauzone. Instruktiv sind dabei Verfahren, in denen die Abgabe eines Unterlassungsgebots gegenständlich war. Nachdem in Aaron v. Cooper eine solche vom Gericht erlassen wurde, legte der Gouverneur gegen die Entscheidung Rechtsmittel ein, so dass vor dem 8th Circuit das Verfahren Faubus v. U.S. begann.64 Gegenstand des Verfahrens war auch die Frage, ob der District Court in rechtmäßiger Weise den Attorney General zum Zwecke des Stellens von Anträgen auf Unterlassung als amicus benennen konnte. Der U.S. Court of Appeals stellte dabei maßgeblich auf ein Urteil des Supreme Courts ab, in dem dieser ausführt: „a federal court can always call on law officers of the United States to serve as amici“.65 Dabei ging das Gericht auch davon aus, dass es diesen amici möglich sein sollte, Anträge auf Unterlassung zu stellen.66 Wichtig für das Gericht war der Zweck der amicus-Beteiligung. Diese sollte dazu dienen, die Urteile der Bundesgerichte aufrechtzuerhalten. Dies war ein wesentlicher Grund für das Gericht, diese besondere Art der amicus-Beteiligung zu gestatten.67 Es ist fraglich, ob die Rolle des amicus mit einer solchen Praxis nicht überstrapaziert wird. Das Stellen von Anträgen auf Erlass eines Unterlassungsgebots obliegt grundsätzlich den Parteien. Amici sollten sich in dieser Rolle zurückhalten. Insbesondere im Hinblick auf die Grundsätze, welche die Herrschaft der Parteien im U.S.-amerikanischen Recht manifestieren, sind die Entscheidungen kritikwürdig. Der Sache nach wird hier eine Art verdecktes Handeln von Amts wegen eingeführt. Auf der anderen Seite können besondere Situationen wie die vorliegende es erfordern, dass den Gerichten ein effektives Mittel zur Durchsetzung der von ihnen getroffenen Entscheidungen zur Verfügung 63  Hooks v. Wainwright, 352 F. Supp. 163, 169 (M.D. Fla. 1972); ähnlich auch In re Estelle, 516 F.2d 480, 482 (5th Cir. 1975). 64  Faubus v. United States, 254 F.2d 797 (8th Cir. 1958). 65  Universal Oil Products Co. v. Root Refining Co., 328 U.S.  575, 581 (1946). 66  Faubus v. United States, 254 F.2d 797, 804 f. (8th Cir. 1958). 67  „In our opinion the status of the attorney general and the United States attorney was something more than that of mere amici curiae in private litigation. They were acting under the authority and direction of the court to take such action as was necessary to prevent its orders and judgments from being frustrated and to represent the public interest in the due administration of justice.“, Faubus v. United States, 254 F.2d 797, 805 (8th Cir. 1958).

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steht. In dieser Hinsicht können amici einen wertvollen Beitrag leisten. Jedoch sollte die Beteiligung durch amici nicht zur Übernahme der Kontrolle des Verfahrens durch diese führen. Lediglich wenn die Parteien nicht anwaltlich vertreten sind, könnte man anhand von Billigkeitserwägungen überlegen, inwiefern amici ein Recht haben sollen, solche Anträge zu stellen.68 Diese Überlegungen können auch hinsichtlich der Beantragung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung übernommen werden. d)  Mehrfache schriftliche Beteiligung Im Rahmen der vorstehenden Ausführungen wurden Fälle einer amicus-Beteiligung behandelt, in denen sich die aktive Beteiligung des amicus in einem Mehr an prozessualen Rechten ausdrückte. Hingegen ist auch möglich, dass amici lediglich das Recht haben, mehrfach schriftliche Stellungnahmen abzugeben. Dabei ist zunächst denkbar, dem amicus die Möglichkeit zu geben, auf die Stellungnahme der Partei zu erwidern.69 Allerdings ist ein solcher reply brief vor den U.S. Courts of Appeals unüblich. Dies ergibt sich auch aus R. 29 (f) FRAP, die einen solchen reply brief nur zulässt, wenn das Gericht dies erlaubt.70 Möglich ist aber auch, dass der amicus mehrfach Stellung beziehen kann. In Verfahren erster Instanz können eine Reihe unterschiedlicher motions durch die Parteien gestellt werden. Zu diesen kann der amicus dann jeweils Stellung beziehen.71 Hinsichtlich der Zulässigkeit einer solchen Rechtsstellung ergeben sich keine rechtlichen Bedenken. Das maßgebliche Kriterium, die Unterminierung der Parteiherrschaft durch den Gewinn einer Kontrolle über das Verfahren seitens des amicus, wird im Wege einer solchen Beteiligung nicht tangiert. 68 

Zu diesem und weiteren Kriterien näher unten §  13 D. Siehe hierzu etwa die Erwiderung eines amicus auf die ablehnenden Stellungnahmen der Parteien in Feature Reality, Inc. v. The City of Spokane, 2001 WL 34738804 (E.D. Wash. 2001). Dies gilt auch für die Fälle, in denen dem amicus eine parteiähnliche Stellung eingeräumt wurde. 70  In der Praxis ist dies nur sehr selten der Fall, Himmelfarb/Pincus, in: Lacovara, Federal Appellate Practice, S.  413. Local Rule 29-1 des 9th Circuit schließt einen solchen reply brief generell aus, vgl. auch Circuit Advisory Committee Note zu R. 29-1 9th cir. 71  Dies war laut United States ex rel. DRC, Inc. v. Custer Battles, LLC, 562 F.3d 295, 300 (4th Cir. 2009) in dem Verfahren vor dem District Court der Fall. So auch State v. Director, U.S. Fish and Wildlife Service, 262 F.3d 13, 14 (1st Cir. 2001); Liberty Resources, Inc. v. Phila­delphia Housing Authority, 395 F. Supp. 2d 206, 210 (E.D. Pa. 2005); Animal Protection Inst. v. Martin, 2007 WL 647567, 3 (D. Me. 2007). In Wisconsin Educ. Ass’n Council v. ­Walker, 824 F. Supp. 2d 856, 861 (W.D. Wis. 2012) konnte der amicus zu einer motion for a temporary restraining order und zu einer motion for judgment on the pleadings Stellung beziehen. 69 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

e)  Beteiligung an mündlicher Verhandlung Teilweise haben amici das Recht, sich an der mündlichen Verhandlung zu beteiligen. Dabei ist der Begriff der mündlichen Verhandlung in Bezug auf die jeweilige Instanz kurz näher zu umreißen. In der Eingangsinstanz kommen solch mündliche Verhandlungen abseits der eigentlichen Beweisaufnahme, welche hier als gesonderter Punkt erscheint,72 insbesondere im Hinblick auf die Gewährung verschiedener Anträge73 – wie etwa dem eines summary judgment – in Betracht. Teilweise wird amici hieran eine Beteiligung ermöglicht.74 Im Rahmen der U.S. Courts of Appeals findet eine mündliche Verhandlung nur selten statt. Im Fall ihres Stattfindens dient sie dazu, dem Gericht die Argumente der Parteien näher zu bringen.75 Amici können sich an der mündlichen Verhandlung beteiligen.76 Allerdings ließ R. 29 (g) FRAP vor ihrer Änderung im Jahre 1998 eine mündliche Beteilgung nur im Rahmen außergewöhnlicher Umstände zu. Im Wege der 1998 Amendments wurde dieser Zusatz jedoch gestrichen, da amici sich seit dem häufiger an der mündlichen Verhandlung beteiligten.77 Dabei wird eine mündliche Beteiligung zumeist staatlichen Stellen gestattet.78 Aus Effizienzgesichtspunkten ist zudem seitens des Gerichts erwünscht, dass sich amicus und unterstützte Partei die ursprünglich auf die Partei entfallende Redezeit teilen.79 Auch vor dem Supreme Court kann es zu einer mündlichen Beteiligung von amici kommen. R. 28.7 S.Ct. Rules, die diesen Fall regelt, bestimmt zunächst, dass sich der amicus seine Redezeit mit der Zeit, die ursprünglich allein der Partei zugedacht war, teilen muss. Dabei werden auch vor dem Supreme Court staatliche Stellen bei der Gewährung eines solchen divided argument bevorzugt.80 Hinsichtlich der Quantität einer solchen Beteiligung hat eine Untersuchung gezeigt, dass sich amici zwischen 1953 und 1985 an rund 8 % der vom Supreme Court verhandelten Fälle mündlich beteiligt haben.81 In qualitativer 72 

Oben §  13 B. I. 1. b). Dazu oben §  9 B. I. 3. 74  So etwa Animal Protection Inst. v. Martin, 2007 WL 647567, 3 (D. Me. 2007). 75  Zur mündlichen Verhandlung vor den U.S. Courts of Appeals oben §  9 B. I. 1. 76  United States ex rel. DRC, Inc. v. Custer Battles, LLC, 562 F.3d 295, 300 (4th Cir. 2009). 77  Siehe dazu Committee Notes on Rules – 1998 Amendment, R. 29 FRAP, Subdivision (g). Darauf hinweisend auch Knibb, Federal Court of Appeals Manual, S.  764. 78  Himmelfarb/Pincus, in: Lacovara, Federal Appellate Practice, S.  414. 79  Siehe dazu Committee Notes on Rules – 1998 Amendment, R. 29 FRAP, Subdivision (g). 80  Greesman/Geller/Shapiro/Bishop/Hartnett, Supreme Court Practice, S.  765. 81  Roberts, Oral Argument and Amicus Curiae, S.  3. 73 

§  13  Mehr als nur eine Stellungnahme? Aktive Amici

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Hinsicht bestehen Hinweise, dass amici den Ausgang des Falls beeinflussen.82 Dabei müssen jedoch die oben geäußerten Bedenken hinsichtlich des Messens einer solchen Einflussnahme berücksichtigt werden.83 Der Entscheidungsfindungsprozess eines Gerichts kann nur begrenzt rekonstruiert werden. Eine amicus-Beteiligung an der mündlichen Verhandlung ist zulässig. Ebenso wie im Rahmen einer mehrfachen schriftlichen Beteiligung wird das maßgebliche Kriterium, die Unterminierung der Parteiherrschaft durch den Gewinn einer Kontrolle über das Verfahren seitens des amicus, nicht tangiert. f)  Zustellung von Dokumenten Bereits hingewiesen wurde darauf, dass im U.S.-amerikanischen Recht die Zustellung von Dokumenten im Parteibetrieb erfolgt.84 Teilweise ordnen die Gerichte an, auch amici seien an dieser Zustellung zu beteiligen.85 Dies kann deswegen für den amicus von Vorteil sein, da er so unmittelbar wie eine Partei von etwaigen Schriftstücken und dem weiteren Verfahrensgang benachrichtigt wird. Gerade wenn der amicus sich aktiv am Beweisverfahren beteiligt, kann dies sehr wichtig sein. Aber auch für eine andere Beteiligung, die sich nicht lediglich in dem üblichen Einreichen eines einzigen Schriftsatzes erschöpft, ist die unmittelbare Kenntnis über den Fortgang des Verfahrens zentral. Eine solche Beteiligung des amicus an der Zustellung ist ohne Weiteres zulässig, da die Rechtsstellung der Parteien nicht berührt wird. g) Erledigungserklärung In der U.S.-amerikanischen Literatur findet sich die Aussage, amici könnten ein Verfahren für erledigt86 erklären.87 Verwiesen wird dabei auf ein Urteil des Roberts, Oral Argument and Amicus Curiae, S.  79 ff. und zusammenfassend S.  105 ff. Oben §  2 E. 84  Dazu oben §  2 A. II. 2. a). 85  Liberty Resources, Inc. v. Philadelphia Housing Authority, 395 F. Supp. 2d 206, 210 (E.D. Pa. 2005); State v. Director, U.S. Fish and Wildlife Service, 262 F.3d 13 (1st Cir. 2001); Alliance of Automobile Mfrs. v. Gwadowsky, 297 F. Supp. 2d. 305, 308 (D. Me. 2003); Pharmaceutical Research and Manufacturers of America v. Commissioner, Maine Dept. of Human Services, 2000 WL 1844663 (D. Me. 2000); Animal Protection Inst. v. Martin, 2007 WL 647567, 3 (D. Me. 2007); Daggett v. Webster, 190 F.R.D. 12, 14 (D. Me. 1999). 86  Im U.S.-amerikanischen Recht ist in diesem Zusammenhang von mootness die Rede. Der Begriff weist jedoch Ähnlichkeiten zur deutschen Erledigung auf, weswegen hier von Erledigung gesprochen wird. Zum U.S.-amerikanischen Recht Freer/Cooper, in: Wright/ Miller, Federal Practice and Procedure, §  3533. Zur Erledigung siehe auch oben §  2 B. II. 1, §  12 A. I. 87  Oakes, in: Holben, Federal Procedure, Lawyers Ed., S.  73. 82  83 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Supreme Courts.88 In diesem Verfahren vertrat die U.S.-amerikanische Regierung als amicus die Ansicht, der Rechtsstreit habe sich erledigt. Das Gericht folgte dieser Ansicht nicht. „It is contended in the brief for the government; f iled by it as amicus curiae, that, as the date last mentioned had elapsed pending the suit, the case has become moot; but we are unable to agree with such conten­ tion.“89 Gleichwohl das Gericht hier nicht die Ansicht der amici teilte, wird deutlich, dass bei einer anderen Sachlage eine Erledigungserklärung durch amici vorstellbar ist. Dabei ist dieses Urteil nicht lediglich ein Einzelfall und kann trotz seines Alters noch Geltung beanspruchen. Es finden sich zahlreiche weitere Urteile, in denen sich Gerichte mit einer Erledigungserklärung durch amici befassen.90 Einschränkend ist anzumerken, dass die amici jeweils nur vorschlagen, der Fall habe sich erledigt. Sie stellen also keinen Antrag auf Erledigung. Ein solcher ist im U.S.-amerikanischen Recht auch nicht nötig, können dort doch die Gerichte zweiter Instanz von sich aus einen Fall für erledigt erklären.91 Dennoch ist die Möglichkeit des amicus, vorzuschlagen, der Fall habe sich erledigt, eine beachtenswerte Besonderheit. Ein solches Vorgehen des amicus ist zulässig. Aufgrund der Besonderheit des U.S.-amerikanischen Prozessrechts, wonach die Frage der Erledigung von Amts wegen zu prüfen ist, greift der Vorschlag des amicus an das Gericht, eine solche Erledigung anzunehmen, nicht in die Rechtsstellung der Parteien ein, da das Gericht lediglich eine Prüfung seiner originären Befugnisse durchführt. Wird die Rechtsstellung der Parteien nicht beschränkt, ist von der Zulässigkeit des Handelns des amicus auszugehen.92 h)  Nichtannahme eines Vergleichs R. 23 FRCP regelt das Verfahren bei Sammelklagen, class actions. Ausweislich R. 23 (e) FRCP kann ein Vergleich im Rahmen einer Sammelklage nur angenommen werden, wenn das Gericht diesem zustimmt. Kriterien zur Erteilung dieser Zustimmung sind insbesondere Fairness und Angemessenheit des Vergleichs, R. 23 (e) (2) FRCP. Ein Indiz, ob diese Kriterien erfüllt sind, ist die Standard Fashion Co. v. Magrane-Houston Co., 258 U.S.  346 (1922). Standard Fashion Co. v. Magrane-Houston Co., 258 U.S.  346, 353 (1922). 90  Pacific Bell Telephone Co. v. Linkline Communications, Inc., 555 U.S.  438, 446 (2009); Chandler v. Miller, 520 U.S.  305, 313 (1997); Kremens v. Bartley, 431 U.S.  119, 134 (1977). 91  Oakes, in: Holben, Federal Procedure, Lawyers Ed., S.  74 f. Dies liegt darin begründet, dass die Frage nach der Erledigung des Rechtsstreit als Frage der Zulässigkeit verstanden wird, dazu: James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  136 f. Fragen der Zulässigkeit kann das Gericht selbst entscheiden, dazu bereits oben §  11 B. I. 2. 92  Dazu bereits oben §  13 B. I. 1. d)–f). 88  89 

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Reaktion der Sammelkläger auf den Vergleich.93 Werden nur wenige Beschwerden gegen den Vergleich erhoben, deutet dies auf eine Erfüllung der Kriterien hin. Umgekehrt deutet eine hohe Anzahl von Beschwerden auf einen unfairen und unangemessenen Vergleich hin. Eine Besonderheit besteht insofern, als auch amicus-Stellungnahmen, die sich gegen den Vergleich richten, von der Rechtsprechung als Beschwerden aufgefasst werden. In einem Fall protestierten 35 Attorneys General der Einzelstaaten gegen den geschlossenen Vergleich. Dies bewog das Gericht dazu, den Vergleich als unfair und unangemessen zu qualifizieren.94 Amicus-Stellungnahmen können daher mit ein Faktor dafür sein, zu bestimmen, inwiefern ein im Rahmen einer Sammelklage ausgehandelter Vergleich als fair und angemessen angesehen wird. Dabei waren die amici in dem fraglichen Fall nicht einmal selbst Sammelkläger. Dennoch wertete das Gericht ihren Protest als entscheidungserheblich. Begründet wurde dies unter anderem mit der Repräsentation von Millionen potentieller Sammelkläger durch die amici. Im Rahmen der Nichtannahme eines Vergleichs kann eine amicus-Beteiligung lediglich ein ermessenleitender Gesichtspunkt sein und ist für sich nicht ausschlaggebend. Allerdings verdeutlicht der Fall auch die recht weitgehende Kompetenz des amicus. In solchen Fällen wird das Gericht insbesondere sorgfältig zu prüfen haben, inwiefern der amicus tatsächlich Millionen von poten­ tiellen Sammelklägern repräsentiert. i)  Rechtsmittel und petition for rehearing Zu prüfen ist, ob der amicus in geeigneten Fällen Rechtsmittel einlegen kann. Dabei ist im U.S.-amerikanischen Recht zwischen den verschiedenen Instanzen zu differenzieren. Auf der einen Seite sind Fallgestaltungen denkbar, in denen das Urteil eines einzelstaatlichen Gerichts oder eines Bundesgerichts vor dem Supreme Court überprüft werden soll. Der Supreme Court hat die Einreichung einer petition for writ of certiorari durch amici stets abgelehnt.95 Auch im Rahmen der U.S. Courts of Appeals ist dem amicus die Einlegung des Rechtsmittels versagt.96 Teilweise gewähren die Gerichte dem amicus aber die Mög93  Figueroa v. Sharper Image Corp., 517, F. Supp 2d 1292, 1328 (S.D. Fla. 2007); Lipuma v. American Express Co., 406 F. Supp. 2d 1298, 1324 (S.D. Fla. 2005). 94  Figueroa v. Sharper Image Corp., 517, F. Supp 2d 1292, 1328 (S.D. Fla. 2007); auf diesen Fall hinweisend Kane, in: Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, §  1797.1. 95  International Union, United Auto., Aerospace and Agr. Implement Workers of America AFL-CIO, Local 283 v. Scofield, 382 U.S.  205, 209 (1965). 96  Manago v. Rosario, 91 Fed. Appx. 9, 10 (9th Cir. 2004); Moten v. Bricklayers, Masons and Plasterers, Intern. Union of America, 543 F.2d 224, 227 (D.C. Cir. 1976); United States v. State of Michigan, 940 F.2d 143, 165 (6th Cir. 1991).

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

lichkeit, Intervenient zu werden, um so eine petition for writ of certiorari einzureichen.97 Damit erfolgt aber keine Ausweitung der Rechte des amicus. Maßstab für die Zulässigkeit eines solchen Vorgehens ist vielmehr, inwiefern die Anforderungen von R. 24 FRCP eingehalten werden.98 Neben der Einlegung des Rechtsmittels ist vor den U.S. Courts of Appeals noch die petition for rehearing99 bekannt. In dieser kann die unterlegene Partei das Gericht ersuchen, den Fall noch einmal zu verhandeln, da wichtige Umstände des Falls vom Gericht übersehen oder missverstanden wurden.100 Amici können eine solche petition zwar nicht selbst einreichen, hingegen können sie mittels eines amicus briefs die petition unterstützen.101 Ein solcher brief weist große Ähnlichkeiten zu einem amicus brief auf, der im Zulässigkeitsstadium vor dem Supreme Court eingereicht wird.102 Die Zulässigkeit eines solchen briefs ist unproblematisch, da damit keine weitergehende Rechtsstellung verbunden ist. j) Vollständiges Ermessen In einer Reihe von Urteilen bekräftigen die Gerichte, dass es ihnen allein obliege, „to determine the fact, extent, and manner of participation by the amicus.“103 Ein solch weites Ermessen schreiben sich nicht nur die District Courts zu,104 sondern teils auch die U.S. Courts of Appeals.105 Dabei ist zumindest hinsicht97  United States v. Hooker Chemicals & Plastics Corp., 749 F.2d 968, 993 (2nd Cir. 1984); auf diesen Aspekt hinweisend auch Coquillette/Schreiber/Joseph/Solovy/Vairo, ­Moore’s Federal Practice, vol. 22, §  405.03[2][a]. 98  Zu diesen Anforderungen oben §  2 B. I. 2. b) aa). 99  Dazu auch R. 40 FRAP. 100  Knibb, Federal Court of Appeals Manual, S.  825. 101  Siehe dazu zum einen die Regelungen in den local rules verschiedener Circuits: R. 29.1 3rd Cir., R. 29-2 9th Cir., R. 29.1 10th Cir. Aus der Rechtsprechung etwa Fry v. Exelon Corp. Cash Balance Pension Plan, 576 F.3d 723, 724 f. (7th Cir. 2009); LaRue v. DeWolff, Boberg & Associates, Inc., 458 F.3d 359, 361 f. (4th Cir. 2006); vgl. auch Peruta v. County of San Diego, 771 F.3d 570, 572 (9th Cir. 2014). Aus der Literatur etwa Himmelfarb/Pincus, in: Lacovara, Federal Appellate Practice, S.  414 f. 102  Zu solchen briefs oben §  2 B. I. 3. a). Auf diese Ähnlichkeit hinweisend Himmelfarb/ Pincus, in: Lacovara, Federal Appellate Practice, S.  414. 103  Zitiert nach Newark Branch, N.A.A.C.P. v. Town of Harrison, N.J., 940 F.2d 792, 808 (3rd Cir. 1991). 104  Beispielsweise aus der jüngeren Zeit Hard Drive Productions, Inc. v. Does 1-1,495, 892 F.Supp.2d 334, 337 (D.D.C. 2012); Conservancy of Southwest Florida v. U.S. Fish and Wildlife Service, 2010 WL 3603276, 1 (M.D. Fla. 2010); Southern Realty Management, Inc. v. Aspen Specialty Ins. Co., 2010 WL 966426, 5 (N.D. Ga. 2010). 105  Newark Branch, N.A.A.C.P. v. Town of Harrison, N.J., 940 F.2d 792, 808 (3rd Cir. 1991).

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lich der Voraussetzungen einer amicus-Beteiligung vor den U.S. Courts of Appeals das Regelwerk von R. 29 FRAP und etwaiger local rules zu beachten. Insgesamt wird diese Formel weitaus häufiger von den District Courts verwandt als von den U.S. Courts of Appeals. Auch war es ein District Court, der erstmals diese Formulierung prägte.106 Zulässig ist eine solche Formulierung, wenn sie einschränkend dahingehend ausgelegt wird, dass amici nicht die aktive Kontrolle über das Verfahren innehaben können. Insofern gelten die oben dargestellten Grundsätze.107 Die Gerichte können zwar einen amicus mit einem deutlichen Mehr an Rechten ausstatten, das principle of dispositive election sowie das principle of party presentation stellen in dieser Hinsicht jedoch Barrieren dar, deren vollständige Überwindung sich verbietet und die lediglich im Rahmen der Anwendung der Beteiligung weiterer Parteien am Verfahren gemäß den Regelungen der FRCP Ausnahmen erfahren kann. 2.  Analyse Im U.S.-amerikanischen Recht lässt sich eine Reihe von Fallgruppen finden, in denen sich amici aktiv am Verfahren beteiligen. Auffällig ist zunächst, dass die Verfahren mit der stärksten Form der Beteiligung – nämlich die Rechtsstellung gleich derer einer Partei – dem Bereich der public law litigation108 zuzuordnen sind. Drei der Entscheidungen hatten die Rechte von Häftlingen zum Gegenstand.109 In diesen teils als prison reform litigation benannten Verfahren,110 die dem Feld der public law litigation zuzuordnen sind, beteiligten sich oftmals die Vereinigten Staaten als amicus, um so Bürgerrechte der Inhaftierten durchzusetzen.111 In dem Fall United States v. State of Michigan waren es allerdings die Gefangenen, welche als amicus agierten.112 In der Entscheidung Faubus war es die Umsetzung von Brown v. Board of Education, die zur Teilnahme des Attorney General und des United States Attorney führte.113 Auch dieser Bereich ist der public law litigation zuzuordnen.114 Auffällig ist zudem, dass drei Alexander v. Hall, 64 F.R.D. 152, 155 (D.S.C. 1974). Dazu oben §  13 B. I. 1. a). 108  Zur Begrifflichkeit oben §  2 B. III. 109  In re Estelle, 516 F.2d 480, (5th Cir. 1975); Hoptowit v. Ray, 682 F.2d 1237 (9th Cir. 1982); United States v. State of Michigan, 940 F.2d 143 (6th Cir. 1991). 110  Dazu oben §  2 B. II. 2., 2 B. III. 111  So etwa bei In re Estelle, 516 F.2d 480, 482 (5th Cir. 1975) und Hoptowit v. Ray, 682 F.2d 1237, 1260 (9th Cir. 1982). 112  United States v. State of Michigan, 940 F.2d 143, 147 (6th Cir. 1991) und Lowman, 41 Am. U. L. Rev. 1243, 1272 ff. (1992). 113  Näher zu diesem Verfahren oben bei §  13 B. I. 1. c) aa). 114  Dazu Wilson, The U.S. Justice System, Vol. 1, S.  269 ff. 106  107 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

der amici auf Initiative des Gerichts hin am Verfahren teilnahmen.115 Eine besonders weitreichende amicus-Partizipation wurde also dann in Betracht gezogen, wenn die Gerichte den amicus selbst ernannten. Allerdings hat sich auch gezeigt, dass die Überlegungen von Instanzgerichten, dem amicus die Rechtsstellung gleich derer einer Partei zukommen zu lassen, sich nicht durchgesetzt haben. Dies ist vor dem Hintergrund von Instrumenten wie der intervention und deren besonderer Anforderungen richtig. Die Verknüpfung eines aktiven amicus mit Verfahren, die dem Bereich der public law litigation zugeordnet werden können, scheint sich auch im Bereich der discovery und des Beweisverfahrens fortzusetzen. Von den drei beschriebenen discovery Verfahren haben zwei den Schutz von Minderheiten zum Verfahrensgegenstand.116 Allerdings zeigt sich bei den Entscheidungen zum Beweisverfahren eine andere Entwicklung. Dort ist auffällig, dass die jeweiligen amici zumeist am Verfahren teilnahmen, weil ihnen vorab der Status als intervenor versagt wurde.117 Insofern haben die amici zumeist ein unmittelbares eigenes Interesse an dem Fall.118 In drei der Fälle wurde eine amicus-Beteiligung zugelassen, da eine Intervention, aufgrund der bereits ausreichenden Repräsentation durch die Parteien, nicht in Betracht kam.119 Aufgrund der Tatsache, dass dem vorigen Antrag auf Intervention immer eine Initiative des Intervenienten vorausgeht, findet diese Art der amicus-Beteiligung überwiegend nicht auf Initiative des Gerichts statt. Wird dem amicus das Recht zugesprochen, alle Dokumente gleich einer Partei zu erhalten, ist auffällig, dass sich hier all die Entscheidungen wiederfinden, in denen der amicus statt eines Intervenienten am Verfahren teilnimmt und Möglichkeiten hat, sich am Beweisverfahren zu beteiligen.120 Insofern besteht In re Estelle, 516 F.2d 480, 482 (5th Cir. 1975); Hoptowit v. Ray, 682 F.2d 1237, 1260 (9th Cir. 1982); Faubus v. United States, 254 F.2d 797, 802 (8th Cir. 1958). 116  Northside Independent School Dist. of Bexar, et al,. Counties, Texas, et. al. v. Texas Education Agency, 410 F. Supp. 360, 361 (W.D. Tex. 1975); Wyatt By and Through Rawlins v. Hanan, 868 F. Supp 1356, 1357 f. (M.D. Ala. 1994). 117  Liberty Resources, Inc. v. Philadelphia Housing Authority, 395 F. Supp. 2d 206, 211 (E.D. Pa. 2005); State v. Director, U.S. Fish and Wildlife Service, 262 F.3d 13, 14 (1st Cir. 2001); Pharmaceutical Research and Manufacturers of America v. Commissioner, Maine Dept. of Human Services, 2000 WL 1844663 (D. Me. 2000); Daggett v. Webster, 190 F.R.D. 12, 14 (D. Me. 1999). 118  Zu diesem oben §  2 B. I. 2. b) aa), B. III. Bei B. III. wird bereits auf State v. Director, U.S. Fish and Wildlife Service, 262 F.3d 13, 14 (1st Cir. 2001) Bezug genommen. 119  State v. Director, U.S. Fish and Wildlife Service, 262 F.3d 13, 14 (1st Cir. 2001); ­Pharmaceutical Research and Manufacturers of America v. Commissioner, Maine Dept. of Human Services, 2000 WL 1844663 (D. Me. 2000); Daggett v. Webster, 190 F.R.D. 12, 14 (D. Me. 1999). 120  Zu den Entscheidungen siehe oben §  13 B. I. 1. b), f). 115 

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eine Korrelation zwischen einer amicus-Beteiligung am Beweisverfahren und dem Recht, alle Dokumente wie eine Partei zugestellt zu bekommen. Hintergrund könnte sein, dass gerade im Beweisverfahren auch eine Reihe schrift­ licher Anträge ergehen, deren Kenntnis der amicus benötigt, um seine aktive Beteiligung sinnvoll auszufüllen. Verfahren, bei denen amici bei der Durchsetzung einer Entscheidung helfen, sind erneut oftmals dem Bereich der public law litigation zuzuordnen.121 Alle amici in diesen Fällen beteiligen sich zudem auf Initiative des Gerichts.122 Dies ist insofern nicht weiter verwunderlich, als es in der Mehrzahl der Fälle im Interesse des Gerichts lag, seine Entscheidung vor dem Hintergrund von Brown v. Board of Education wirksam umgesetzt zu sehen. Vor allem die angespannte Lage Ende der 1950er Jahre bis in die 1970er Jahre hinein hinsichtlich der Auflösung der Rassentrennung in den Schulen der Südstaaten führte zu unkonventionellen Lösungen der Gerichte, wie etwa das Berufen von amici zur Beantragung bestimmter Gebote oder Verfügungen. Dabei waren es immer staatliche amici, welche vom Gericht in eine solche Rolle berufen wurden.123 Es ist nachvollziehbar, dass die Judikative bei Zweifeln, wie ihr Urteil durchgesetzt werden kann, sich an die Exekutive und nicht etwa an einen Privaten wendet. Bei den bisher betrachteten Arten einer mehr aktiven Beteiligung von amici konnte eine Reihe von Auffälligkeiten festgestellt werden. Sowohl bei einer amicus-Beteiligung, die der einer Partei gleicht, als auch bei einer solchen zur Durchsetzung einer Entscheidung beteiligten sich als amici meistens staatliche Stellen, die Verfahren waren von besonderem öffentlichen Interesse, da sie dem Bereich der public law litigation angehörten und die amici wurden vom Gericht benannt. Bei der Mitwirkung von amici im Beweisverfahren wurde eine amicus-Beteiligung oftmals anstatt einer Intervention zugelassen. Anders stellt sich die Situation betreffend einer amicus-Beteiligung im Rahmen einer mehrfachen schriftlichen oder einer mündlichen Beteiligung dar. Dort finden sich hinsichtlich einer mehrfachen schriftlichen Beteiligung zwar auch einige der Verfahren wieder, in denen der amicus an Stelle der Intervention zugelassen wird,124 allerdings ist in der Mehrzahl der Verfahren eine vorherige 121  In re Estelle, 516 F.2d 480, 482 (5th Cir. 1975); Faubus v. U.S., 254 F.2d 797, 802 (8th Cir. 1958); Bush v. Orleans Parish School Bd., 191 F. Supp 871, 875 ff. (E.D. La 1961); Hooks v. Wainwright, 352 F. Supp. 163, 169 (M.D. Fla. 1972). 122  Dies gilt nicht für United States v. Texas, 356 F. Supp. 469 (E.D. Tex. 1972). Dort wird eine amicus-Beteiligung aber auch lediglich erwogen. 123  Dies gilt nicht für United States v. Texas, 356 F. Supp. 469 (E.D. Tex. 1972). Dort wird eine amicus-Beteiligung aber auch lediglich erwogen. 124  State v. Director, U.S. Fish and Wildlife Service, 262 F.3d 13, 14 (1st Cir. 2001); ­Liberty Resources, Inc. v. Philadelphia Housing Authority, 395 F. Supp. 2d 206, 211 (E.D. Pa. 2005).

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Ablehnung der Teilnahme als Intervenient nicht erfolgt.125 Im Hinblick auf eine mündliche Beteiligung finden sich lediglich Verfahren, in denen sich entweder ein privater amicus oder eine staatliche Stelle als amicus auf eigene Initiative am Verfahren beteiligen.126 Zudem finden sich keine Besonderheiten hinsichtlich des Streitgegenstandes, wie etwa dessen Zuordnung zum Bereich der public law litigation. Im Rahmen der Erledigung des Rechtsstreits sind wie im Bereich der mündlichen Verhandlung durch amici keine besonderen Auffälligkeiten zu finden. In zwei Fällen sind es staatliche amici,127 die eine solche Erledigung vorschlagen, in zwei weiteren Fällen sind es hingegen private amici.128 Die Nichtannahme eines Vergleichs stellt einen Sonderfall dar, der mit den Besonderheiten der Sammelklage in Verbindung zu setzen ist. In puncto Einlegung eines Rechtsmittels oder einer petition for rehearing wurde herausgearbeitet, dass amici ein solches beziehungsweise eine solche nicht einlegen können. Der Ausspruch, der Umfang einer amicus-Beteiligung stehe vollständig im Ermessen des Gerichts, wird vor allem durch District Courts getätigt. Hintergrund dürfte die bereits erfolgte Regelung von amicus-Stellungnahmen im Rahmen der U.S. Courts of Appeals sein. Wenngleich im Hinblick auf die letzten Fallgruppen einer amicus-Beteiligung Auffälligkeiten und Besonderheiten nicht feststellbar sind, lassen sich für die übrigen Fallgruppen solche Besonderheiten finden. Wie bereits erwähnt, ist in Fällen, in denen der amicus einer Partei gleichgestellt wird oder bei der Durchsetzung der Entscheidung hilft, der Streitgegenstand des Verfahrens dem Bereich der public law litigation zuzuordnen. Auch beteiligen sich die amici zumeist auf Initiative des Gerichts und oftmals sind es staatliche amici. Der Grund für eine solche starke Rechtsstellung staatlicher amici wird darin zu sehen sein, dass die Gerichte dem Staat mehr vertrauen als einem privaten amicus und eventuell auch ein höheres Maß an Neutralität erwarten. 125  Keinen Interventionshintergrund haben Feature Reality, Inc. v. The City of Spokane, 2001 WL 34738804 (E.D. Wash. 2001); United States ex rel. DRC, Inc. v. Custer Battles, LLC, 562 F.3d 295, 300 (4th Cir. 2009); Animal Protection Inst. v. Martin, 2007 WL 647567, S.  1 ff. (D. Me. 2007); Wisconsin Educ. Ass’n Council v. Walker, 824 F. Supp. 2d 856, 861 (W.D. Wis. 2012). 126  Eine Beteiligung durch private amici erfolgt in Animal Protection Inst. v. Martin, 2007 WL 647567, S.  1 ff. (D. Me. 2007). Eine Beteiligung durch staatliche in United States ex rel. DRC, Inc. v. Custer Battles, LLC, 562 F.3d 295, 300 (4th Cir. 2009). 127  Standard Fashion Co. v. Magrane-Houston Co., 258 U.S.  346 (1922); Chandler v. Miller, 520 U.S.  305, 313 (1997). 128  Pacific Bell Telephone Co. v. Linkline Communications, Inc., 555 U.S.  438, 446 (2009); Kremens v. Bartley, 431 U.S.  119, 134 (1977).

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Die zweite interessante Beobachtung ist, dass die Gerichte bei Ablehnung der Intervention den amicus teils mit besonderen Rechten im Beweisverfahren und bei der Zustellung von Dokumenten ausstatten. Insofern wird von den Gerichten wohl berücksichtigt, dass die entsprechende Person zwar sehr wohl ein besonderes Interesse an der Streitigkeit hat, aber weitere Umstände eine Beteiligung als Intervenient nicht möglich erscheinen lassen. Dennoch will man betreffende Personen nicht gänzlich auf die Rolle eines amicus herabsetzen, und greift daher zur Figur des amicus plus.

II.  Europäisches und deutsches Kartellrecht Während wie gesehen im U.S.-amerikanischen Recht eine Reihe von Urteilen exisitiert, in denen dem amicus eine weitreichende Beteiligung am Verfahren zugesichert wird, ist fraglich, ob Kommission oder Bundeskartellamt ähnliche Befugnisse besitzen. 1.  Europäische Kommission Für die Kommission regelt Art.  15 Abs.  3 S.  3 VO 1/2003 zunächst die Möglichkeit eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Art.  15 Abs.  3 S.  4 VO 1/2003 stellt es in das Ermessen des nationalen Gerichts, auch eine mündliche Stellungnahme zuzulassen. In Deutschland ist eine mündliche Stellungnahme der Kommission ausweislich §  90a Abs.  2 S.  4 GWB nicht von einer vorherigen Erlaubnis des Gerichts abhängig.129 Anderweitige Befugnisse, wie etwa die Mitwirkung im Beweisverfahren, sind nicht vorgesehen.130 Diesbezüglich sind auch keine einschlägigen Entscheidungen bekannt. Im Rahmen eines belgischen Verfahrens, welches die steuerliche Absetzbarkeit von Kartellbußen zum Gegenstand hatte, beteiligte sich die Kommission insgesamt zweimal am selben Verfahren.131 Eine wiederholte schriftliche Beteiligung ist daher möglich. Zwar ist es der Kommission als amicus verwehrt, den Fall der nächsten Instanz zur Überprüfung vorzulegen, die Kommission kann aber durch ihre amicus-Stellungnahme eine Vorlagepflicht zum EuGH auslösen.132 In diesen prozessualen Möglichkeiten erschöpft sich die Rechtsstellung der Kommission. Anders als im U.S.-amerikanischen Recht ist daher eine weiterge129 

In Großbritannien hingegen regelt die Practice Direction – Competition Law unter Ziff.  4.3, dass ein Antrag auf Zulassung zur mündlichen Beteiligung notwendig ist. 130  Auch sonstige Anträge kann die Kommission nicht stellen, Klees, Europäisches Kartellverfahrensrecht, S.  292. 131  Dazu oben §  3 B. I. 5. 132  Dazu oben §  3 B. II. 3., 5.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

hende aktive Beteiligung nicht vorgesehen. Möglich ist im Wesentlichen lediglich eine mehrfache Verfahrensbeteiligung. Eine solche ist zulässig, da Rechte der Parteien hierdurch nicht beeinträchtigt werden. 2.  Bundeskartellamt Bereits hingewiesen wurde darauf, dass sich das Bundeskartellamt regemäßig lediglich mittels einer einzigen mündlichen Stellungnahme am Verfahren beteiligt. Auf der anderen Seite ist die Norm des §  90 Abs.  2 S.  1 GWB auf eine wiederholte Beteiligung ausgerichtet, so dass eine Diskrepanz zwischen Praxis und rechtlicher Regelung besteht.133 §  90 Abs.  2 S.  1 GWB ermächtigt das Bundeskartellamt zunächst, auf Tatsachen und Beweismittel hinzuweisen.134 Darüber hinaus ermächtigt §  90 Abs.  2 S.  1 GWB das Bundeskartellamt, Fragen an Parteien, Zeugen und Sachverständige zu richten.135 Ein solches Fragerecht impliziert jedoch nicht das Recht des amicus, selbstständig einen Beweisantrag zu stellen oder sonstige prozessuale Erklärungen abzugeben.136 Auch eine sonstige Dispositionsbefugnis über den Streitgegenstand steht dem Kartellamt nicht zu.137 Das Bundeskartellamt kann also eine etwaige Klagerücknahme der Parteien nicht verhindern oder auch nicht selbst ein Rechtsmittel einlegen. Vereinzelt wird hieran Kritik geäußert, da die amicus-Stellung so stark von dem Willen der Parteien abhängig sei.138 Die Alternative wäre jedoch eine Entmachtung der Parteien, welche sich etwa hinsichtlich der Dispositionsmaxime als problematisch erweist. Während einer aktiven amicus-Beteiligung in qualitativer Hinsicht durch die Dispositionsmaxime klare Grenzen gesetzt sind, steht diese einer quantitativ höheren Beteiligung nicht entgegen. Problemlos könnte sich das Bundeskartellamt mehrfach an einem Verfahren beteiligen, sowohl schriftlich als auch mündlich. Eine solch aktive Beteiligung ist zulässig, da das Bundeskartellamt zwar wie gesehen ein Fragerecht besitzt, dieses jedoch im Hinblick auf eine Disposition 133 

Dazu oben §  13 A. Zu diesem tatsächlichen Aspekt von amicus-Stellungnahmen des Bundeskartellamts oben §  11 A. II. 2. 135  Während dieses Recht dem Bundeskartellamt in der Theorie recht weitreichende Befugnisse zukommen lässt, ist zu beachten, dass in der Praxis hiervon wohl kaum Gebrauch gemacht wird, dazu oben §  13 A. 136  Schmidt, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, GWB, Bd. 2, §  90 Rn.  8; von Renthe gen. Fink, in: Müller-Henneberg/Benisch, Gemeinschaftskommentar, §§  76–96 GWB, §  90 Rn.  7; Dicks, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, §  90 GWB Rn.  4. 137  Dazu bereits oben §  11 A. II. 2. 138  Hirsch, 50 Jahre Bundeskartellamt, S.  3. 134 

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über den Streitgegenstand oder eigenständige prozessuale Erklärungen wie etwa das Stellen eines Beweisantrags begrenzt ist und daher nicht mit prozessualen Maximen in Konflikt gerät.

III.  Principles of Transnational Civil Procedure P. 13 PTCP ist im Hinblick auf eine aktive amicus-Beteiligung weniger ergiebig. In P. 13 S.  2 PTCP wird lediglich darauf hingewiesen, das Gericht könne eine amicus-Stellungnahme anfordern. Allerdings findet sich im Kommentar P-13A S.  4 PTCP die Möglichkeit einer mündlichen Beteiligung des amicus am Verfahren. Insofern ist eine mehrmalige Beteiligung denkbar. Andere Formen einer aktiven Beteiligung, die sich etwa aus der praktischen Anwendung der PTCP ergeben, sind wegen deren Modellcharakter nicht ersichtlich. Daher kennen die PTCP eine aktive amicus-Beteiligung nur eingeschränkt. Diese eingeschränkte Art der aktiven Beteiligung spricht bereits für die Zulässigkeit einer solchen Praxis. Auch dient eine Beteiligung an der mündlichen Verhandlung nur dem erneuten Verdeutlichen der bereits getätigten Aussagen.139 Insofern sind beide Möglichkeiten lediglich in quantitativer, nicht aber in qualitativer Hinsicht relevant und damit begegnen sie keinen Bedenken im Hinblick auf ihre rechtliche Zulässigkeit.

IV. Welthandelsrecht Im Rahmen des Welthandelsrechts ist es bereits stark umstritten, inwiefern Panel und Appellate Body überhaupt legitimiert sind, amicus briefs anzunehmen.140 Eine über eine schriftliche Stellungnahme hinausgehende Beteiligung wurde daher soweit ersichtlich noch nicht näher diskutiert. Eine solche sähe sich zudem einer Reihe von Bedenken ausgesetzt. Gegen eine wiederholte schriftliche Beteiligung spricht die starke Formalisierung des Verfahrens vor den Panels und dem Appellate Body und und der damit einhergehende enge zeitliche Rahmen.141 Bereits das Integrieren einer einzigen amicus-Stellungnahme erweist sich als schwierig.142 Dies muss umso mehr für eine etwaige mehrfache schriftliche oder mündliche Beteiligung gelten. Auch eine sonstige aktive Teilnahme am Prozess ist im Bereich des Welthandelsrecht nicht angezeigt. Vor dem Hintergrund der ohnehin schon skeptischen Stimmen bei einem Teil der Mitglie139 

So Kommentar P-13A S.  4 PTCP. Dazu oben §  5 B. II., III. 141  Dazu oben §  9 B. IV. 142  Dazu oben §  9 B. IV. 140 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

der143 würden weitere aktive Rechte des amicus nur dazu beitragen, eine noch größere Verstimmung herbeizuführen. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass Verfahren grundsätzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden.144 Dies steht einer aktiven Beteiligung etwa an der mündlichen Verhandlung ebenfalls entgegen. Dort, wo Ausnahmen von diesem Grundsatz gemacht wurden, können amici, wie jeder andere auch, der mündlichen Verhandlung beiwohnen, ohne sich allerdings an dieser zu beteiligen.

V. Investitionsschiedsgerichtsbarkeit Im Rahmen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit bietet es sich an, zunächst die einschlägigen Normen im Hinblick auf eine mögliche aktive Beteiligung zu untersuchen. R. 37 Abs.  2 ICSID AR spricht lediglich davon, es solle dem amicus ermöglicht werden, eine schriftliche Stellungnahme einzureichen. Eine sonstige Rechtsstellung des amicus wird gerade nicht behandelt. Auch im FTC-State­ ment und den UNCITRAL TR finden sich keine Hinweise auf eine mögliche aktive Beteiligung von amici. Insofern ist näher auf die jeweiligen Entscheidungen einzugehen. In der Sache Biwater beantragten die potentiellen amici, ihnen einen amicus curiae-Status zu gewähren.145 Das Schiedsgericht interpretierte dies dahingehend, dass die potentiellen amici nicht lediglich eine einmalige Beteiligung am Verfahren anstrebten, sondern mit der Beantragung eines Status eine mehr dauerhafte Beteiligung, die etwa Rechte vergleichbar denen einer Partei mit sich brächte.146 Dem Schiedsgericht ist zuzustimmen, dass mit der Beantragung eines Status, gegenüber der Beantragung der Einreichung einer schriftlichen Stellungnahme, ein Mehr an prozessualen Rechten verbunden ist. Übertrieben scheint es jedoch, hieraus ableiten zu wollen, die potentiellen amici strebten die Rechtsstellung einer Partei an. Gleichwohl ist auch lediglich eine wiederholte Stellungnahme im Rahmen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit nicht vorgesehen. Weder R. 37 Abs.  2 ICSID AR, Art.  4 UNCITRAL TR noch das FTCState­ment kennen eine solche. Allerdings eröffnete das Schiedsgericht in Bi­ water dem amicus die Möglichkeit, wiederholt Stellung zu beziehen.147 Dem 143 

Dazu oben §  5 C. III. Zu diesem Grundsatz und seinen Ausnahmen oben §  5 C. IV. 145  Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Procedural Order No. 5, 02.02.2007, Rn.  46. 146  Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Procedural Order No. 5, 02.02.2007, Rn.  46. 147  Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Procedural Order No. 5, 02.02.2007, Rn.  60. 144 

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lagen aber in erster Linie die bereits geschilderten besonderen zeitlichen Umstände148 zugrunde.149 Dennoch behielt sich das Schiedsgericht auch vor, an den amicus Nachfragen zu stellen und ihn zu weiteren schriftlichen Stellungnahmen aufzufordern.150 Eine mehrfache schriftliche Beteiligung ist daher zumindest denkbar. Eine solche wäre auch zulässig, da sie prozessuale Grundsätze nicht einschränkt. Eine Beteiligung an der mündlichen Verhandlung kommt grundsätzlich weder im Rahmen von ICSID-Verfahren noch im Rahmen solcher unter Geltung der UNCITRAL AR in Betracht. Indes ist es schon ein Privileg, überhaupt der mündlichen Verhandlung beizuwohnen, wie sich aus R. 32 Abs.  2 ICSID AR, Art.  28 Abs.  3 UNCITRAL AR ergibt.151 Allerdings wird im Rahmen von Verfahren nach den UNCITRAL AR oder solchen bei denen zusätzlich die UNCTIRAL TR gelten, vertreten, das Schiedsgericht könne nach seinem Ermessen auch eine mündliche Stellungnahme des amicus zulassen.152 Bereits hingewiesen wurde darauf, dass die UNCITRAL TR weitergehende Kompetenzen des Schiedsgerichts nach den UNCITRAL AR unberührt lassen. Nach Art.  17 UNCITRAL AR besteht ein weites Ermessen des Schiedsgerichts im Hinblick auf dessen Prozessführung. Es erscheint vertretbar, dem Schiedsgericht auch die Kompetenz zuzusprechen, eine mündliche Beteiligung von amici zu ermöglichen. Allerdings wäre es gegen den Willen der Parteien ein Missbrauch der Kompetenzen des Schiedsgerichts, wenn dieses dem amicus ermöglichte neben einer 148 

Dazu oben §  9 B. V. 2. b). Die bereits oben bei §  9 B. V. 2. a) beschriebene mehrfache Beteiligung einiger amici in der Sache Glamis Gold ist ebenfalls auf eine mangelhafte Festlegung des Einreichungszeitpunkts zurückzuführen und daher nicht als gesonderte aktive Beteiligung anzusehen. 150  Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Procedural Order No. 5, 02.02.2007, Rn.  72. 151  Nicht gefolgt werden kann hier der Ansicht von Bastin, 30 Arb. Int’l 125, 134 (2014), der ausführt, R. 32 Abs.  2 ICSID AR setze voraus, dass amici mündliche Stellungnahmen im Rahmen der mündlichen Verhandlung abgeben können. Dies lässt sich aus dem Wortlaut der Norm nicht ableiten, der vielmehr lautet, jedwede Dritte, die nicht Parteien, Zeugen oder ähnliches sind, seien in der Lage, „to attend or observe all or part of the hearings“. Eine aktive Beteiligung ist aus dieser Formulierung nicht abzuleiten. Vielmehr bezieht sich „attend“ auf ein körperliches Beiwohnen der mündlichen Verhandlung, während „observe“ sich auf die Möglichkeit des Verfolgens der mündlichen Verhandlung im Wege einer Videoübertragung bezieht, vgl. Schreuer/Malintoppi/Reinisch/Sinclair, The ISCID Convention, Art.  44 Rn.  103 f. und zu der Möglichkeit der Videoübertragung, sogenannter closed-circuit televi­ sion broadcast, in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit etwa Apotex Holdings Inc. and Apotex Inc. v. United States, ICSID Case No. ARB(AF)/12/1, First Procedural Order, 29.11.2012, S.  19, wo eine solche Möglichkeit gewährt wird und bereits oben §  4 C. IV. 2. 152  Johnson/Bernasconi-Osterwalder, New UNCITRAL Arbitration Rules on Trans­ parency, S.  18, dem folgend Wolf/Eslami, in: Geimer/Kaissis/Thümmel, Festschrift für Schütze zum 80. Geburtstag, S.  755. 149 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

eigenen mündlichen Stellungnahme auch Zeugen zu befragen oder ähnliches.153 Das Schiedsgericht hat unbedingt die Parteiautonomie im Hinblick auf die Verfahrensgestaltung zu beachten.154 Die Grenze zwischen den Kompetenzen des Schiedsgerichts und den Rechten der Parteien ist da zu ziehen, wo der amicus nicht mehr lediglich seinen eigenen Standpunkt darstellt, sondern selbst das Verfahren gestaltet.

VI.  Vergleichende Analyse Vergleicht man die verschiedenen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen im Hinblick auf eine aktive Beteiligung von amici, lassen sich teils beachtliche Unterschiede feststellen. Während im U.S.-amerikanischen Recht eine sehr großzügige Handhabe die Regel ist, bei der amici teilweise sogar eine Stellung gleich derer einer Partei einnehmen, zeigen sich die übrigen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen deutlich reservierter. Zwar wird im Kartellrecht Kommission und Bundeskartellamt sowie im Rahmen der PTCP amici zumindest eine wiederholte schriftliche wie auch eine mündliche Beteiligung zugesagt, Welthandelsrecht und Investitionsschiedsgerichtsbarkeit stehen dem aber eher ablehnend gegenüber. Allerdings ist eine mehrfache schriftliche Beteiligung und in Grenzen auch eine mündliche Beteiligung in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit denkbar. Die teils sehr weitreichenden Befugnisse im U.S.-amerikanischen Recht lassen sich mit der tiefen Verwurzelung des amicus in dieser Rechtsordnung erklären. In keinem anderen der untersuchten Gebiete kann eine amicus-Beteiligung auf eine so lange Tradition zurückblicken. Bemerkenswert ist im U.S.-amerikanischen Recht zudem, dass es teils sehr spezielle Verfahren sind, die das Umfeld des eigentlich kontradiktorischen Zivilprozesses hin zu einer Interessenpluralität verlassen und dann schließlich zu einer solch aktiven amicus-Beteiligung führten. Im europäischen und deutschen Kartellrecht steht einer extensiven Praxis der klare Wortlaut der einschlägigen Regelungen entgegen. Im Bereich der PTCP ist es deren Charakter als Modellrechtsordnung, die eine durch den Einzelfall ausgelöste stärkere Rechtsstellung abseits einer widerholten schriftlichen oder mündlichen Beteiligung des amicus verhindert. Im Welthandelsrecht und in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit schließlich sind amicus-Stellungnahmen ein recht neues Phänomen und teils auch nicht unumstritten. Es ist daher wenig UPS v. Canada, Decision of the Tribunal on Petitions for Intervention and Participation as Amici Curiae, 17.10.2001, Rn.  69. 154  Zu diesem Grundsatz oben §  12 E. 153 

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verwunderlich, dass dort eine extensive Anwendung des Instruments zunächst nicht in Betracht kommt.155 Mit einer stärkeren Etablierung könnte sich dies ändern, wobei in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit der Grundsatz der Herrschaft der Parteien ein Hindernis für eine Ausweitung der Rechte von amici darstellen wird. Angemessen erscheint es daher, zunächst – wie etwa im Rahmen von Art.  4 UNCITRAL TR geschehen – abzuwarten, bis das Instrument des amicus allseits zu einer akzeptierten Praxis wird. Anschließend kann man eventuell Beteiligungsrechte ausweiten. Für die maßgebliche Funktion – Partizipation durch Teilhabe und Legitimitätsgewinn – scheint es aber ausreichend, hier lediglich moderate Maßnahmen wie etwa eine wiederholte schriftliche Beteiligung in praxi zuzulassen. Abschließend ist zu bemerken, dass auch im U.S.-amerikanischen Recht eine allzu extensive Anwendung der amicus-Praxis nicht möglich ist. Entscheidendes Kriterium ist, inwiefern der amicus in die Lage versetzt wird, das Verfahren wie eine Partei zu kontrollieren. Eine solche Dispositionsbefugnis darf ihm nicht zukommen, da er ansonsten die gleiche Stellung wie eine Partei hätte und Regelungen wie R. 24 FRCP umgangen würden. Im Bereich des europäischen und deutschen Kartellrechts stellt sich diese Frage nicht. Dort ist es ausgeschlossen, dass Kommission oder Bundeskartellamt eine Dispositionsbefugnis über den Streitgegenstand innehaben. Gleiches gilt für PTCP und Investitionsschiedsgerichtsbarkeit.

C.  Konsequenzen einer aktiven Beteiligung Nachdem in dem vorstehenden Abschnitt zahlreiche Beispiele für eine aktive Beteiligung von amici und die Grenzen einer solchen gegeben wurden, ist nunmehr fraglich, welche Konsequenzen sich hieraus ergeben. Bereits verdeutlicht wurde die Bedeutung einer Reaktionsmöglichkeit der Parteien auf den amicus.156 Zu prüfen ist, inwiefern diese Reaktionsmöglichkeit bei einer aktiven Beteiligung anzupassen ist. Auch ist zu fragen, wie sich dies auf die bei §  9 B. getroffenen Erörterungen in Bezug auf den Zeitpunkt einer amicus-Beteiligung auswirkt. Ferner ist zu überlegen, inwiefern eine solche aktive Beteiligung zu einer Erstreckung der Rechtskraft auf den amicus führen kann.

155 

Wobei in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit zumindest eine wiederholte schriftliche und in Grenzen auch eine mündliche Beteiligung möglich ist. 156  Dazu oben §  9 A. I.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

I.  U.S.-amerikanisches Recht 1.  Reaktionsmöglichkeiten der Parteien In Fällen einer wiederholten schriftlichen Beteiligung sollte es den Parteien möglich sein, auch wiederholt auf diese Stellungnahmen reagieren zu können. Beteiligt sich ein amicus mündlich, sollte die nicht vom amicus unterstützte Partei die Möglichkeit der mündlichen Erwiderung haben. Bei einer Beteiligung im Beweisverfahren ergibt sich aus den einschlägigen Beweisregeln das Recht der übrigen Parteien, beispielsweise einen vom amicus benannten Zeugen zu vernehmen.157 Gibt der amicus etwa eine Stellungnahme zur Unterstützung einer petition for rehearing ab, ist sicherzustellen, dass die Partei, welche die petition ablehnt, auch auf den amicus brief reagieren kann. Besteht eine mehr aktive Ausgestaltung des Instruments des amicus, müssen die Parteien in die Lage versetzt werden, auch aktiv auf diesen zu reagieren. Der Grad der Beteiligung steht daher in linearer Korrelation zu dem Grad der Reaktion. 2.  Zeitpunkt Im Rahmen von §  9 wurde die Verbindung zwischen dem Zeitpunkt der Beteiligung eines amicus und der Reaktionsmöglichkeit der Parteien herausgearbeitet.158 Beteiligen sich amici mehrfach am Verfahren, sind die vorstehend bei §  9 B. getätigten Überlegungen anzupassen. Denn mit einer mehrfachen Beteiligung ist das Fokussieren auf einen einzelnen Einreichungszeitpunkt obsolet. Vielmehr ist dann im jeweiligen Einzelfall zu bestimmen, wann der amicus sich beteiligt und wann etwa die Parteien die Möglichkeit zur Reaktion haben. Etwas anderes gilt für Fälle, in denen sich der amicus im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit einer petition for rehearing beteiligt. Dort ist ebenfalls nur eine einzelne amicus-Beteiligung Gegenstand, so dass ein Einreichungszeitpunkt bestimmt werden kann. Dabei variiert der Einreichungszeitpunkt zwischen den einzelnen U.S. Courts of Appeals. Der 7th Circuit hat entschieden, der amicus brief sei zeitgleich mit der petition for rehearing einzureichen.159 Folge einer solchen Regelung ist die Notwendigkeit einer Kooperation zwischen amicus und petitioner. Andere U.S. Courts of Appeals verlegen den Einreichungszeitpunkt auf zehn Tage nach dem Eingang der petition for rehear­ ing oder der opposition zu dieser.160 Aus der Entscheidung des 7th Circuit geht hervor, dass das Gericht den Einreichungszeitpunkt deswegen so gewählt hat, 157 

Dazu R. 607 Fed. R. Evid. Oben §  9 B. I. 159  Fry v. Exelon Corp. Cash Balance Pension Plan, 576 F.3d 723, 725 (7th Cir. 2009). 160  So etwa R. 29-2 (e) (1) 9th Cir. oder R. 35-6 11th Cir. 158 

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weil es üblicherweise zeitnah über die petition entscheidet und der amicus zu keiner Verzögerung führen soll.161 In den anderen Circuits scheint eine divergierende Entscheidungspraxis vorzuherrschen. Wird ein vom 7th Circuit abweichender Zeitpunkt gewählt, muss das Gericht die Möglichkeit der Parteien, auf den amicus zu reagieren, sicherstellen und den amicus wenn möglich in die Lage versetzen, Dopplungen zu vermeiden. Eine solche Vermeidung von Dopplungen ist beim 7th Circuit insofern gewährleistet, als amicus und Partei quasi gezwungen werden, sich abzustimmen. 3. Rechtskraft Zu untersuchen ist, inwiefern bei einer aktiven Beteiligung durch den amicus dieser in einem zukünftigen Verfahren davon ausgeschlossen sein kann, eine bereits getätigte Argumentation zu wiederholen oder er möglicherweise unmittelbar durch das Urteil gebunden wird. Beide Möglichkeiten könnten eintreten, wenn der amicus an der Rechtskraft162 des Urteils nach U.S.-amerikanischem Verständnis teilnimmt. Im U.S.-amerikanischen Recht umfasst der Begriff der Rechtskraft zwei unterschiedliche Gegenstände. Zum einen ist der Bereich der claim preclusion zu nennen. Danach kann über einen bereits entschiedenen Streitgegenstand, claim,163 nicht erneut entschieden werden.164 Dies ist dem deutschen Verständnis der materiellen Rechtskraft nahe. Neben der claim preclusion kennt das U.S.-amerikanische Recht aber auch noch die issue preclusion. Darunter versteht man, dass ein in einem Verfahren behandelter Gegenstand in einem weiteren Verfahren mit einem anderen Streitgegenstand nicht erneut behandelt werden darf.165 Eine solche Situation kann insbesondere eintreten, wenn zwei Prozesse verschiedene prozessuale Ansprüche zum Gegenstand haben, sich rechtliche Fragen des zweiten Prozesses jedoch mit dem ersten Prozess überschneiden.166 Grundsätzlich treffen die Wirkungen der Rechtskraft nur die Parteien oder privies. Als privy gilt beispielsweise der Rechtsnachfolger einer ProzessparFry v. Exelon Corp. Cash Balance Pension Plan, 576 F.3d 723, 725 (7th Cir. 2009). Im Vorliegenden ist von der materiellen Rechtskraft die Rede. Für diese wird als Oberbezeichnung teils der Terminus res judicata verwandt, siehe etwa James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  671 ff. Teils wird res judicata aber auch nur als Synonym für den Bereich der claim preclusion verwandt, Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  645 ff. 163  Dazu bereits oben §  11 A. I. 2. 164  James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  675; Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  645 f. 165  James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  676. 166  Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, S.  362. 161 

162 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

tei.167 Amici finden sich regelmäßig nicht in der Situation eines solchen privy wieder.168 Allerdings kann sich eine Stellung als privy neben materiellrechtlichen Erwägungen auch ergeben, wenn ein Dritter das Verfahren kontrolliert.169 Im Rahmen einer amicus-Beteiligung, die sich im Einreichen einer einzigen Stellungnahme erschöpft, ist eine solche Kontrolle fernliegend. Denkbar wäre dies aber, wenn der amicus sich im Rahmen der oben geschilderten Grundsätze aktiv am Verfahren beteiligt. Jedoch wurde als Grenze für eine solche aktive Beteiligung gerade die Kontrolle über das Verfahren und somit die Abgrenzung zu einer parteiähnlichen Stellung verdeutlicht.170 Es wäre daher widersinnig auf der einen Seite eine aktive Kontrolle des Verfahrens durch amici abzulehnen, aber auf der anderen Seite wegen einer solchen aktiven Kontrolle eine claim oder issue preclusion anzuordnen. Dies wird auch in der Rechtsprechung so gesehen.171 Eine Rechtskrafterstreckung kommt daher nicht in Betracht.

II.  Europäisches und deutsches Kartellrecht Möglich ist sowohl eine mehrfache Verfahrensbeteiligung seitens der Europäische Kommission als auch seitens des Bundeskartellamts. In diesem Fall müssen die Parteien eine Möglichkeit bekommen, angemessen auf eine solche wiederholte Beteiligung reagieren zu können. In Betracht kommt etwa eine wiederholte Erwiderungsmöglichkeit. Hinsichtlich des Zeitpunkts einer amicus-Teilnahme kommt es auf die Art der zu erwartenden Beteiligung an. Es bietet sich jedoch an, die Revisionserwiderung abzuwarten und sodann im Rahmen der mündlichen Verhandlung wiederholt Stellung zu nehmen. Eine subjektive Rechtskrafterstreckung ist vor dem Hintergrund von speziellen Vorschriften wie §§  68, 325 ZPO fernliegend, da offensichtlich die Beteiligung von Kommission oder Bundeskartellamt nicht zu einer solchen führen soll.

Zu diesem und weiteren Beispielen Friedenthal/Kane/Miller, Civil Procedure, S.  718 ff. Im Normalfall ist es gerade die Besonderheit einer amicus-Stellung, das selbe Argument mehrmals geltend zu machen, dazu beispielsweise: Walbolt/Lang, 32 Stetson L. Rev. 269, 273 (2003); Krislov, 72 Yale L.J. 694, 712 (1963). 169  Munoz v. Imperial County, 667 F.2d 811, 816 (9th Cir. 1982); Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, S.  365 f. 170  Dazu oben §  13 B. I. 171  Beres v. U.S., 92 Fed.Cl. 737, 760 f. (Fed. Cl. 2010); Munoz v. Imperial County, 667 F.2d 811, 816 (9th Cir. 1982) ; L.E. Myers Co. v. United States, 10 Cl.Ct. 617, 619 (Fed. Cl. 1986). 167 

168 

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III.  Principles of Transnational Civil Procedure und Investitionsschiedsgerichtsbarkeit Im Rahmen der PTCP kommt sowohl eine mehrfache schriftliche Beteiligung als auch eine mündliche Beteiligung in Betracht. Beteiligt sich der amicus in dieser Weise wiederholt am Verfahren, wird man auch den Parteien das Recht zugestehen müssen, wiederholt Stellung zu beziehen. Gleiches gilt auch für eine wiederholte schriftliche Beteiligung im Rahmen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit. Der Zeitpunkt einer solchen Beteiligung kann nicht abstrakt bestimmt, sondern nur für den jeweiligen Einzelfall festgelegt werden. Dabei bietet es sich jedoch an, hinsichtlich der erstmaligen Beteiligung an die oben bei §  9 B. III., V. gemachten Überlegungen anzuknüpfen. Die folgenden Beteiligungen sollten so gelegt werden, dass das Verfahren möglichst wenig verzögert wird, die Parteien aber dennoch eine adäquate Reaktionsmöglichkeit haben. Eine Rechtskrafterstreckung auf den amicus ist fernliegend, da dieser das Verfahren mittels einer lediglich mehrfachen Beteiligung nicht kontrolliert und daher keine Gründe bestehen, ihn wie eine das Verfahren kontrollierende Partei an den Wirkungen der Rechtskraft zu beteiligen.

IV.  Vergleichende Analyse Sowohl im U.S.-amerikanischen Recht als auch im Bereich des europäischen und deutschen Kartellrechts sowie im Rahmen von PTCP und Investitionsschiedsgerichtsbarkeit führt die Möglichkeit des amicus, sich mehrmals zu äußern, dazu, dass die Reaktionsmöglichkeiten der Parteien angepasst werden müssen. Dabei ist die genaue Anpassung von dem Grad der jeweiligen amicus-Beteiligung abhängig und kann nur von Einzelfall zu Einzelfall bestimmt werden. Ebenfalls ändert sich der Einreichungszeitpunkt. Beteiligen sich amici wiederholt am Verfahren, scheidet ein einmaliges Festlegen auf einen Einreichungszeitpunkt aus. Hier gilt es ebenfalls im Einzelfall zu bestimmen, wann die amicus-Beteiligung erfolgen soll. Dabei kann jedoch die anfängliche erstmalige Beteiligung in Übereinstimmung mit den bei §  9 gefundenen Ergebnissen erfolgen. Eine Rechtskrafterstreckung kommt weder im U.S.-amerikanischen Recht noch im Rahmen der ZPO in Betracht. Dies ist wenig verwunderlich, da amici weder das Verfahren kontrollieren noch etwa unter Vorschriften wie §§  68, 325 ZPO subsumiert werden können. Im Bereich von PTCP und Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist eine solche Rechtskrafterstreckung wegen der mangelnden Kontrolle des amicus über das Verfahren fernliegend.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

D.  Kriterien einer aktiven Beteiligung Nachdem die grundsätzliche Möglichkeit einer aktiven Beteiligung innerhalb bestimmter Grenzen vorstehend verdeutlicht wurde, ist im Folgenden der Frage nachzugehen, ob anhand bestimmter Kriterien festgelegt werden kann, wann eine solche Beteiligung angezeigt erscheint.

I.  U.S.-amerikanisches Recht In dem Verfahren Wyatt By and Through Rawlins v. Hanan hat ein District Court eine Reihe von Kriterien herausgearbeitet, bei deren Vorliegen dem amicus eine aktivere Rolle in dem Verfahren gewährt werden soll.172 Als erstes Kriterium identifizierte das Gericht die Art der rechtlichen Streitigkeit sowie die Komplexität des Falls. Dabei soll eine Streitigkeit, welche eine große öffentliche Bedeutung und eine erhöhte Komplexität aufweist, ein Grund für eine aktivere amicus-Beteiligung sein.173 Das Kriterium der öffentlichen Bedeutung beziehungsweise eines öffentlichen Interesses wurde bereits in anderem Zusammenhang mehrfach von der Rechtsprechung betont.174 Auch hat die Analyse der aktiven Beteiligung von amici gezeigt, dass oftmals Fälle aus dem Bereich der public law litigation eine erhöhte amicus-Beteiligung hervorrufen.175 Insofern ist dieses Kriterium geeignet. Zweites Kriterium sollte die Art des amicus sein. „Because the federal govern­ ment is tied to neither the plaintiffs nor the defendants and because the federal government has participated in a number of similar cases across the country, it has and can continue to bring to this litigation a helpful neutral and national perspective.“176 Bereits gezeigt wurde, dass es oftmals staatliche Stellen sind, welchen eine aktive Beteiligung am Verfahren ermöglicht wird.177 Allerdings stellte das Gericht vorliegend nicht lediglich auf die Eigenschaft als staatlicher 172  Wyatt By and Through Rawlins v. Hanan, 868 F. Supp 1356, 1359 f. (M.D. Ala. 1994). Gegenstand des Verfahrens war die Vollstreckung eines auf Vergleich beruhenden Anerkenntnisurteils, consent decree, das ein geistig Behinderter, der in einer Einrichtung des Staates Alabama lebte, gegen den Staat Alabama erstritten hatte, zur Prozessgeschichte und der Entscheidung Wyatt By and Through Rawlins v. Rogers, 985 F. Supp. 1356, 1361 ff. (M.D. Ala. 1997). Als amicus hatte sich stets die U.S.-amerikanische Regierung beteiligt, dann aber nach Abschluss des Vergleichs ihre Beteiligung eingestellt, um sie nun wieder aufleben zu lassen, Wyatt By and Through Rawlins v. Hanan, 868 F. Supp 1356, 1357 f. (M.D. Ala. 1994). 173  Wyatt By and Through Rawlins v. Hanan, 868 F. Supp 1356, 1359 (M.D. Ala. 1994). 174  Oben §§  2 B. III, 11 C. I. 2. b) cc). 175  Oben §  13 B. I. 2. 176  Wyatt By and Through Rawlins v. Hanan, 868 F. Supp 1356, 1359 (M.D. Ala. 1994). 177  Oben §  13 B. I. 2.

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amicus ab, sondern betonte, dass amici, welche selbst kein Interesse an der Streitigkeit haben, in der Lage seien sollen, sich aktiv am Verfahren zu beteiligen. Dies trifft zwar oftmals auf staatliche amici zu, allerdings können diese auch eigene Interessen am Verfahren haben.178 Daher sollten auch privaten amici eine aktive Beteiligung ermöglicht werden, solange diese ebenfalls nicht parteiisch agieren. Allerdings wird teilweise eine aktive Beteiligung denjenigen amici ermöglicht, die ein Interesse vergleichbar dem eines Intervenienten haben.179 In diesen Fällen ist der amicus nicht unparteiisch. Insofern ist dieses Kriterium nur bedingt geeignet, um eine aktive Beteiligung durch amici zu ­regeln. Im Rahmen dieses zweiten Kriteriums ging das Gericht zudem noch auf inhaltliche Aspekte der amicus-Beteiligung ein. Es führte näher aus, wie die Regierung dem Gericht bei diesem Verfahren eine Hilfe sein kann.180 Bereits im Rahmen der Darstellung und Analyse der verschiedenen Entscheidungsparameter wurde der Inhalt von amicus-Stellungnahmen als relevantes Kriterium herausgearbeitet.181 Wird das Gericht durch den amicus brief beispielsweise auf eine besondere tatsächliche Begebenheit aufmerksam, kann dies zunächst Grund für die Zulassung des amicus sein. Darüber hinaus könnte eine solche Begebenheit aber auch Anlass dazu geben, es dem amicus zu gestatten, über diese Begebenheit Beweis zu erheben und beispielsweise Zeugen zu benennen und zu befragen. Auch kann sich eine solche Sachkunde als geeignet erweisen, eine Befragung von Zeugen der Parteien durch den amicus zu gestatten. Anzumerken bleibt im Hinblick auf eine aktive Beteiligung staatlicher amici, dass eine solche – sofern sie in dem oben dargelegten Rahmen verbleibt182 – mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung183 vereinbar ist. Der amicus nimmt keinen unmittelbaren Einfluss auf das Urteil und kann die Freiheiten des Gerichts auch nicht beschränken. Vielmehr kann das Gericht lediglich in den Fällen, die es für angemessen erachtet, auf amicus-Stellungnahmen zurückgreifen.

178 

Oben bei §  2 B. I. 2. b) bb) (iii), II. 2. wird erläutert, dass der Solicitor General zum einen die Interessen der Regierung vertreten zum anderen aber auch einer neutralen Unterstützung des Gerichts dienen kann. 179  Dazu oben §  13 B. I. 2. 180  Wyatt By and Through Rawlins v. Hanan, 868 F. Supp 1356, 1359 (M.D. Ala. 1994). Das Gericht zeigte auf, dass in dem betreffenden Fall die Auslegung neuerer Vorschriften wie Title II of the Americans with Disabilities Act durch die Regierung wegen deren Innenperspektive eine große Hilfe sein kann. 181  Oben §  10 B. I. 2. b) cc). 182  Oben §  13 B. 183  Hierzu etwa Strauss, 72 Cornell L. Rev. 488 (1987).

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Drittes Kriterium des Gerichts war, ob der amicus sich auf Einladung des Gerichts hin beteiligte.184 Dies steht in Übereinstimmung mit den oben gefundenen Ergebnissen, wonach eine aktive amicus-Beteiligung oftmals vom Gericht ausging.185 Auch ist etwa die adversariale Darstellung des Streitstoffes grundsätzlich nur denkbar, wenn sich die amici aktiv am Verfahren beteiligen können. Berücksichtigt werden sollte auch, wie die Parteien zu einer aktiveren amicus-Beteiligung stehen.186 Dieses vierte Kriterium kann aber nur eine untergeordnete Rolle einnehmen. Zuvorderst ist es am Gericht, den Umfang einer amicus-Beteiligung festzulegen. Die Parteien haben natürlich ein Recht auf die Einhaltung von Verfahrensgrundsätze wie due process und party presentation,187 die Frage aber, ob eine amicus-Beteiligung innerhalb dieser Grenzen eher aktiv oder passiv ausgestaltet ist, sollte der Entscheidung des Gerichts obliegen, wobei es natürlich die Meinung der Parteien zu einem gewissen Grad mit in den Entscheidungsfindungsprozess aufnehmen kann. Das Gericht kam weiterhin noch auf die bereits erfolgte Partizipation des amicus in dem Fall zu sprechen. Dieses fünfte Kriterium ist jedoch kaum verallgemeinerungsfähig. Nur selten wird sich ein Verfahren über einen so langen Zeitraum hinziehen wie Wyatt. Zudem wird es auch kaum vorkommen, dass sich ein amicus zunächst am Verfahren beteiligt, dann seine Beteiligung einstellt, um sich nach einiger Zeit erneut zu beteiligen. Schließlich wurde gefordert, der amicus dürfe seine aktivere Rolle nicht als Ersatz für eine Stellung als Intervenient missbrauchen.188 Dies ist weniger ein Kriterium als vielmehr eine von den Gerichten zu beachtende Schranke der amicus-Beteiligung. Dem amicus dürfen nicht die Rechte einer Partei und damit auch nicht die eines Intervenienten gegeben werden. Zusammenfassend sind die Komplexität des Falls und das öffentliche Interesse daran, die Initiative für die amicus-Beteiligung, die Art der Informationen sowie eine mehr neutrale Ausrichtung des amicus geeignete Kriterien.189 Einige der von dem Gericht aufgestellten Kriterien sind aber entweder generell ungeeignet oder lediglich auf den speziellen Sachverhalt zugeschnitten. Wyatt By and Through Rawlins v. Hanan, 868 F. Supp 1356, 1359 f. (M.D. Ala. 1994). Dazu oben §  13 B. I. 2. 186  Wyatt By and Through Rawlins v. Hanan, 868 F. Supp 1356, 1360 (M.D. Ala. 1994). 187  Zu den Auswirkungen des due process Grundsatzes und einer amicus-Beteiligung oben §  9 A. I. 1. Zum principle of party presentation oben §§  11 A. I., B. I., 12 A. 188  Wyatt By and Through Rawlins v. Hanan, 868 F. Supp 1356, 1360 (M.D. Ala. 1994). 189  Auch kann eine nicht bestehende anwaltliche Vertretung dazu führen, dass dem amicus, welcher die nicht vertretene Partei unterstützt, ein größeres Maß an Rechten zugesprochen wird, dazu oben §  13 B. I. 1. c) bb). 184  185 

§  13  Mehr als nur eine Stellungnahme? Aktive Amici

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II.  Übrige Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen Wie bereits angesprochen ist im deutschen Recht eine aktive Beteiligung des Bundeskartellamts in den Grenzen des §  90 Abs.  2 S.  2 GWB bereits vorgesehen. Insofern kommen bestimmte Kriterien, wann sich das Bundeskartellamt mehr aktiv beteiligen kann, nicht in Betracht. Gleiches gilt im Hinblick auf eine mündliche Beteiligung der Europäischen Kommission. Diese ist in §  90a Abs.  2 S.  4 GWB geregelt. Steht im Rahmen der PTCP oder der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit eine mehrfache Beteiligung des amicus oder eine mündliche Beteiligung zur Disposition des Gerichts, kann sich dieses an Kriterien ähnlich denen des U.S.-amerikanischen Rechts orientieren. Ein komplexer Fall mit einem großen öffentlichen Interesse kann dazu geeignet sein, es amici zu ermöglichen, wiederholt Stellung zu nehmen. Auch wenn der amicus dem Gericht mit einer Reihe von besonderen Informationen besonders hilfreich sein kann, ist dies ein geeignetes Kriterium für eine mehrfache Beteiligung. Daher besteht zwischen U.S.-amerikanischem Recht und PTCP sowie der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit eine gewisse Übereinstimmung hinsichtlich der Kriterien für eine aktive amicus-Beteiligung. Anders stellt sich die Situation im Rahmen des europäischen und deutschen Kartellrechts dar. Dort ist eine mehr aktive Beteiligung normiert, so dass es keiner Kriterien mehr bedarf, anhand derer das Gericht abwägt, ob eine aktive Beteiligung zuzulassen ist.

§  14  Amicus und Kosten Im nachfolgenden Abschnitt ist zu untersuchen, wie die Kosten einer amicus-Beteiligung prozessual zu handhaben sind. Dabei sind zwei unterschiedliche Fragen zu klären. Zum einen ist zu fragen, ob der amicus die Kosten, welche er für seine Beteiligung aufgewendet hat, also beispielsweise die Kosten für den Anwalt, der den amicus brief verfasst hat, von einer der Parteien oder dem Staat ersetzt verlangen kann. Zum anderen ist fraglich, ob den Parteien das Recht zusteht, die Kosten, die sie aufgewendet haben, um ihrerseits auf den amicus brief zu reagieren, ersetzt verlangen zu können.

A.  Kostenersatz für den amicus Im U.S.-amerikanischen Recht gilt zunächst als allgemeiner Grundsatz die American Rule. Nach dieser muss die obsiegende Partei einen Großteil der eigenen Kosten selbst tragen und kann diese nicht von der unterlegenen Partei ersetzt verlangen.1 Von dieser Regel ausgehend wäre es konsequent, wenn auch amici ihre Kosten selbst zu tragen hätten. Dies bestätigend finden sich einige Urteile, in denen dem amicus ein Kostenersatz verwehrt wird.2 Im Bereich der civil rights litigation postuliert 42 U.S.C. §  1988 eine Ausnahme von der American Rule: die obsiegende Partei kann von der unterlegenen ihre Anwaltskosten, sofern sie angemessen sind, und Sachverständigenkosten ersetzt bekommen. Dies steht allerdings im Ermessen des Gerichts. Man könnte nun erwägen, ob in einem solchen Fall ein amicus, der die obsiegende Partei unterstützt hat, wie auch die obsiegende Partei selbst seine Kosten von der unterlegenen Partei zurückfordern kann. In der Tat findet sich ein Urteil, in dem 1  James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  49. Dieser Grundsatz gilt nicht hinsichtlich der Gerichtskosten. Diese kann die obsiegende Partei von der unterlegenen ersetzt verlangen. Auch findet sich eine Reihe von weiteren Ausnahmen, siehe dazu überblicksartig: James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, S.  51 ff. 2  Universal Oil Products Co. v. Root Refining Co., 328 U.S.  575, 581 (1946); Miller-Wohl Co., Inc. v. Commissioner of Labor and Industry State of Mont., 694 F.2d 203, 204 (9th Cir. 1982).

§  14  Amicus und Kosten

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dies der Fall ist.3 Allerdings finden sich auch Fälle, in denen im Rahmen einer solchen Konstellation dem amicus kein Kostenersatz gewährt wird.4 Dem ersten Fall lag die besondere Konstellation zugrunde, dass der amicus auch als Intervenient am Verfahren hätte teilnehmen können, sich aber für eine Teilnahme als amicus entschied. Aus diesem Grund wurde ihm die Möglichkeit des Kosten­ ersatzes zugesprochen.5 In den anderen Fällen hingegen wurde ausdrücklich betont, ein amicus sei keine Partei und daher sei 42 U.S.C. §  1988 nicht anwendbar. Wenn aber der amicus die Möglichkeit hat, sich als Intervenient zu beteiligen und damit auch den Status als Partei zu erhalten, erscheint es zumindest vertretbar, ihm ebenso die Möglichkeit des Kostenersatzes zu gewähren. In der überwiegenden Zahl der Fälle wird ein solcher Kostenersatz jedoch nicht in Betracht kommen. In einigen Urteilen wird amici die Möglichkeit eines Kostenersatzes jedoch zugesprochen, wenn die amicus-Beteiligung auf Initiative des Gerichts erfolgte.6 Dabei werden in der Rechtsprechung zwei Voraussetzungen genannt. Zum einen muss das Gericht den amicus ernannt haben, da dieser für die Lösung der Streitigkeit aus Sicht des Gerichts hilfreich beziehungsweise notwendig war.7 Dies kann beispielsweise bei einem sehr komplexen Verfahren der Fall sein. Aber auch die sonstigen oben angesprochenen Gründe kommen in Betracht.8 Zum anderen muss die Partei, von welcher der Ersatz der Kosten verlangt werden kann, für das Anrufen des amicus verantwortlich sein.9 Liegen diese beiden Voraussetzungen vor, kann Kostenersatz verlangt werden. Überwiegend wird jedoch der amicus selbst seine Kosten zu tragen haben. Anders als im U.S.-amerikanischen Recht, hat in der ZPO grundsätzlich die unterlegene Partei der obsiegenden Partei die Kosten zu erstatten, §  91 Abs.  1 S.  1 ZPO. Hinsichtlich einer Beteiligung von europäischer Kommission oder Bundeskartellamt ist jedoch fraglich, wer in diesem Fall die Kosten zu tragen hat. Für das Bundeskartellamt finden sich einige Hinweise in der Literatur, wonach die Kosten die öffentliche Hand zu tragen habe, das heißt diese Kosten Russell v. Board of Plumbing Examiners of County of Westchester, 74 F. Supp. 2d 349, 351 f. (S.D.N.Y. 1999). 4  Glassroth v. Moore, 347 F.3d 916, 919 (11th Cir. 2003); Morales v. Turman, 820 F.2d 728, 731 f. (5th Cir. 1987). 5  Russell v. Board of Plumbing Examiners of County of Westchester, 74 F. Supp. 2d 349, 351 f. (S.D.N.Y. 1999). 6  Morales v. Turman, 820 F.2d 728, 731 (5th ir. 1987); Schneider v. Lockheed Aircraft Corp., 658 F.2d 835, 853 f. (D.C. Cir. 1981). 7  Schneider v. Lockheed Aircraft Corp., 658 F.2d 835, 854 (D.C. Cir. 1981). 8  Dazu oben §  2 B. II. 9  Schneider v. Lockheed Aircraft Corp., 658 F.2d 835, 854 (D.C. Cir. 1981). 3 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

wären nicht den Prozesskosten nach §  91 ZPO zuzurechnen.10 Als Begründung wird angeführt, weder die Parteien noch das Gericht hätten ein Interesse an einer Stellungnahme des Bundeskartellamts, sondern eine solche erfolge allein im öffentlichen Interesse.11 Dies mag zwar für einige Verfahren zutreffen, hingegen wurde auch gezeigt, dass teils das Bundeskartellamt auch zur Unterstützung des Gerichts beiträgt.12 Dennoch scheint es unangemessen, die Kosten einer solchen Beteiligung auf die Parteien umzulegen, sofern sich das Amt, wie es regelmäßig der Fall ist, auf eigene Initiative am Verfahren beteiligt. Daher ist hinsichtlich der Beteiligung des Bundeskartellamts ein Kostenersatz durch die Parteien nicht gegeben. Fraglich ist, ob dies auch für die Kommission gilt. Erfolgt die Teilnahme der Kommission auf Initiative des Gerichts, kann je nach Inhalt der Stellungnahme der Kommission eine amtliche Auskunft, §  273 Abs.  2 Nr.  2 ZPO, oder eine Sachverständigenstellung gegeben sein.13 Für den Bereich der amtlichen Auskunft kann die Kommission ihre finanziellen Aufwendungen nach §  23 Abs.  2 S.  1 Alt.  1 JVEG ersetzt verlangen.14 Nimmt die Kommission die Stellung eines Sachverständigen ein, ist es konsequent ihr dem Grunde nach einen Anspruch auf Entschädigung aus §§  8 Abs.  1, 9 JVEG zuzugestehen. Lediglich wenn die Kommission von sich aus am Verfahren teilnimmt, ist eine Entschädigung nicht vorgesehen. Dies ist aber insofern konsequent, da in diesem Fall das Interesse der Kommission an einer Verfahrensteilnahme im Vordergrund steht und diese für die Verfolgung eines solchen Interesses selbst aufzukommen hat. Im Rahmen der PTCP kann ausweislich P. 25.1 PTCP grundsätzlich die obsiegende Partei von der unterlegenen Partei die Kosten ersetzt verlangen. Hinsichtlich der Kosten für eine amicus-Beteiligung findet sich keine Regelung. Dabei erscheint es in Übereinstimmung zu den Grundsätzen des U.S.-amerikanischen Rechts und der ZPO angemessen, bei einer Initiative des amicus selbst Meyer-Lindemann, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 6, §  90 GWB Rn.  8; Schmidt, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, GWB, Bd. 2, §  90 Rn.  9. 11  Meyer-Lindemann, in: Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar, Bd. 6, §  90 GWB Rn.  8. 12  Oben §  3 C. II. 13  Oben §  3 D. Die Anwendung der Vorschriften über den Sachverständigen ist hier auch sachgerecht, da eine Entschädigung der Kommission bei Anfrage eines Gerichts angemessen erscheint. 14  Hohlfeld, Die Einholung amtlicher Auskünfte im Zivilprozeß, S.  163 ff. verneint die Anwendung von §  17a ZSEG, der Vorgängernorm von §  23 JVEG, auf amtliche Auskünfte, da dort nur eine Entschädigungsmöglichkeit für Ersuche von Strafverfolgungsbehörden geregelt war. Davon weicht §  23 Abs.  2 S.  1 Alt.  1 JVEG jedoch ab, so dass einer Anwendung nichts im Wege steht. 10 

§  14  Amicus und Kosten

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diesen seine eigenen Kosten tragen zu lassen. Überlegenswert ist zudem die Übernahme der für das U.S.-amerikanische Recht gefundenen Regelung für den Fall einer vom Gericht ausgehenden Initiative. Demnach muss die Benennung des amicus für das Verfahren hilfreich sein und eine der Parteien muss diese Benennung notwendig gemacht haben. Liegen diese zwei Voraussetzungen vor, kann der amicus seine Kosten von der Partei, welche ursächlich für die Benennung war, ersetzt verlangen. Im Rahmen des Welthandelsrechts finden sich im DSU keine Regelungen hinsichtlich der Kosten. Daher ist davon auszugehen, dass jede Partei diese selbst zu tragen hat. Insbesondere die Anwaltskosten erreichen bei einem Verfahren vor Panel beziehungsweise Appellate Body regelmäßig sechsstellige Beträge.15 Da auch die üblichen Verfahrenskosten von jeder Partei selbst zu tragen sind, wäre es atypisch, hinsichtlich der Kosten für eine amicus-Beteiligung ein anderes Ergebnis anzunehmen. Insofern hat der amicus seine Kosten selbst zu tragen. Als Ausnahme kann wie im U.S.-amerikanischen Recht die Situation zu behandeln sein, wenn der amicus auf Initiative des Gerichts am Verfahren teilnimmt. Dann könnte die Partei, welche für die Anforderung des amicus ursächlich ist, die Kosten zu tragen haben. Hinsichtlich der Verteilung der Kosten von Verfahren in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist zwischen ICSID-Verfahren und solchen unter Geltung der UNCITRAL AR zu differenzieren. Im Rahmen von Verfahren, die vom ICSID administriert werden, treffen Art.  61 ICSID Convention, R. 28 ICSID AR und R. 14 Administrative und Financial Rules Regelungen. Grundsätzlich ist es danach dem Schiedsgericht überlassen, wie es die Kosten zwischen den Parteien zu verteilen gedenkt. In der Rechtsprechung finden sich über Kostenaufhebung, bis zu der Regel, dass zumindest immer der Staat seine Kosten zu tragen hat, und der loser pays Regel alle denkbaren Varianten.16 Soweit ersichtlich haben amici noch nie um Erstattung ihrer Kosten ersucht. In Übereinstimmung mit den übrigen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen scheint es daher angemessen zu sein, den amicus seine Kosten selbst tragen zu lassen. Lediglich wenn sich das Schiedsgericht entschließt, eine amicus-Stellungnahme anzufordern, könnte man in Anlehnung an die zum U.S.-amerikanischen Recht gefundenen Grundsätze daran denken, der Partei, welche für die Einholung der amicus-Stellungnahme ursächlich wäre, die Kosten für die amicus-Beteiligung aufzuerlegen. In Art.  40 ff. UNCITRAL AR finden sich einige Regelungen über Kosten. Art.  40 Abs.  2 UNCITRAL AR geht zunächst auf die Definition von Kosten 15  16 

Bown/Hoekman, 8 JIEL 861, 870 (2005) sprechen von etwa 500.000 USD. Happ, in: Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, R. 28 ICSID AR Rn.  1 m. w. N.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

ein. Die wichtigsten Posten sind dabei die Kosten, die sich für das Schieds­ gericht ergeben,17 sowie diejenigen für eine anwaltliche Vertretung. Dabei stellt Art.  42 Abs.  1 S.  1 UNCITRAL AR den Grundsatz auf, dass die unterlegene Partei die Kosten zu zahlen habe. Jedoch kann das Schiedsgericht hiervon gemäß Art.  42 Abs.  1 S.  2 UNCITRAL AR abweichen.18 Auch bei Verfahren unter Geltung der UNCITRAL AR haben amici bisher noch nicht um Kostenersatz ersucht. Es ist daher anzunehmen, dass amici ihre Kosten selbst zu tragen haben. Anders dürfte zu entscheiden sein, wenn der amicus wegen des Verhaltens einer der Parteien auf Initiative des Gerichts am Verfahren teilnimmt. Alle untersuchten Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen legen die Kosten für eine amicus-Beteiligung grundsätzlich dem amicus selbst auf. Im Bereich des U.S.-amerikanischen Rechts finden sich zwei Ausnahmen von diesem Grundsatz. Zum einen wird dem amicus eine Kostenerstattung zugesagt, wenn er an dem Verfahren auch als Intervenient hätte teilnehmen können. Für die übrigen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen ist sehr zweifelhaft beziehungsweise unmöglich,19 dass amici am Verfahren teilnehmen, obwohl sie sich auch als Intervenient hätten beteiligen können. Insofern lässt sich diese Ausnahme nicht verallgemeinern. Hinsichtlich der zweiten Ausnahme ergibt sich jedoch ein anderes. In allen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen ist es zumindest möglich, dass sich amici auf Initiative des Gerichts am Verfahren beteiligen. In diesen Fällen sollten amici die Möglichkeit haben, ihre Kosten von der Partei ersetzt zu verlangen, welche für die Berufung des amicus verantwortlich ist.

B.  Kostenersatz für Reaktion der Partei Nachdem erörtert wurde, inwiefern der amicus selbst die Kosten für seine Beteiligung am Verfahren ersetzt verlangen kann, ist nunmehr zu fragen, ob die Parteien die Kosten für die Reaktion auf den amicus ersetzt verlangen können. Fraglich ist dabei, ob hier die allgemeinen Grundsätze hinsichtlich der Kosten für einen Rechtsbeistand gelten oder ob es besondere von diesen allgemeinen Grundsätzen abweichende Bestimmungen gibt. 17  Im Rahmen der Schiedsgerichtsbarkeit sind es die Parteien, die vollumfänglich für jegliche Kosten des Schiedsgerichts aufzukommen haben, dies ist ein Unterschied zur staatlichen Gerichtsbarkeit, dazu näher Blackaby/Partasides, Redfern and Hunter on International Arbitration, S.  532 f. 18  Näher hierzu Caron/Caplan, The UNCITRAL Arbitration Rules, S.  865 ff. 19  Im Bereich des Welthandelsrechts können sich etwa nur Mitglieder als Intervenient beteiligen. Zumeist erfolgt eine amicus-Beteiligung aber durch Nichtmitglieder.

§  14  Amicus und Kosten

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Im U.S.-amerikanischen Recht gilt wie bereits erläutert grundsätzlich die American Rule. Danach muss jede der Parteien ihre Kosten selbst tragen, mithin auch die Kosten, die entstanden sind, um auf einen amicus brief zu reagieren. Im Fall einer Ausnahme von der American Rule spricht jedoch nichts dagegen, der Partei, die Kostenersatz verlangen kann, auch Kosten zu ersetzen, die diese Partei aufwenden musste, um auf einen amicus brief der Gegenseite zu reagieren. Denn eine solche Reaktion ist gerade Aufgabe der jeweiligen Partei und sollte daher ersetzt werden können. Fraglich ist allerdings, von wem die Partei ihre Kosten ersetzt verlangen kann. In Betracht kommen hier zum einen der amicus und zum anderen die gegnerische Partei. Der Wortlaut von 42 U.S.C. §  1988 (b) spricht pauschal davon, die gegnerische Partei habe die Anwaltskosten zu ersetzen. Danach würden darunter auch die Kosten fallen, die ein Anwalt zur Erwiderung auf den amicus aufbringen muss. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Parteien wie gesehen 20 regelmäßig ihre Zustimmung zur Teilnahme des amicus am Verfahren erteilen. In diesen für die Praxis ganz überwiegend relevanten Fällen entspricht es daher der Billigkeit, dass die unterlegene Partei auch die Kosten der gegnerischen Partei bezüglich einer Reaktion auf den amicus ersetzt, da ihre Zustimmung mit ursächlich für die amicus-Stellungnahme war. Anders stellt sich die Situation dar, wenn die obsiegende Partei von der unterlegenen Partei im Rahmen einer Ausnahme von der American Rule Kostenersatz für die Abstimmung mit dem die eigene Position unterstützenden amicus brief verlangt. In diesem Fall darf kein Kostenersatz gewährt werden, da ansonsten mittelbar der amicus selbst seine Kosten ersetzt verlangen könnte.21 Im Rahmen der ZPO ist nicht ersichtlich, warum die Parteien ihre Kosten für die Reaktion auf den amicus nicht ersetzt verlangen können sollten. Vielmehr ist in Übereinstimmung mit den allgemeinen Grundsätzen ein solcher Kostenersatz möglich und angezeigt. Gleiches gilt für die PTCP. Im Welthandelsrecht gilt mangels anderweitig lautender Regelungen der Grundsatz, dass jede Partei selbst die Kosten für einen Rechtsbeistand zu tragen hat. Unter Anwendung dieses Grundsatzes müssen auch Kosten für eine et­ waige Reaktion auf amicus-Stellungnahmen von den Parteien selbst getragen werden. In der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist die rechtliche Beurteilung der Kostentragungspflicht schwierig. Im Rahmen von ICSID-Verfahren obliegt die Entscheidung hierüber allein dem Ermessen des Schiedsgerichts. Im Rahmen von Verfahren unter Geltung der UNCITRAL AR wird zumeist die unterlegene 20  21 

Oben §  8 B. I. 1. a). Glassroth v. Moore, 347 F.3d 916, 918 f. (11th Cir. 2003).

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Partei die Kosten zu tragen haben. In dem Verfahren Vito G. Gallo beantragte der Investor, dass sich künftig beteiligende amici einen Betrag von U.S. $ 25.000 zu leisten haben, da ihre Beteiligung die allgemeinen Verfahrenskosten in die Höhe schnellen lassen würde.22 Das Schiedsgericht verhielt sich zu diesem Antrag nicht, wohl auch, weil sich keine amici an dem Verfahren beteiligten.23 Amici mit einer Art Kostenpauschale für gesteigerte Verfahrenskosten zu belegen, ist nicht zielführend.24 Die Gefahr, dass sich diverse Nichtregierungsorganisationen aufgrund dieser hohen Verfahrenskosten nicht mehr an dem Verfahren beteiligen würden, ist hoch. Zudem beteiligen sich amici häufig auch zur Wahrung des öffentlichen Interesses, so dass eine spezifische Kostenlast nicht angemessen erscheint. Vielmehr sind die Kosten in Übereinstimmung mit den eben geschilderten Grundsätzen zwischen den Parteien aufzuteilen. Insgesamt sind die Kosten für eine Reaktion auf eine amicus-Beteiligung in allen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen in Übereinstimmung mit den jeweils geltenden Grundsätzen zu tragen. Interessant ist der Hinweis aus dem U.S.-amerikanischen Recht, wonach die Kosten für eine Unterstützung eines die eigene Position fördernden amicus nicht ersetzbar sind. Dies ist konsequent, da ansonsten eine mittelbare Finanzierung von amici die Folge wäre.

Vito G. Gallo v. Government of Canada, Claimant’s Submissions, 29.02.2008, S.  29 f.; Friedland, in: Mistelis/Lew, Pervasive Problems in International Arbitration, S.  328 weist darauf hin, dass die Kosten für eine Reaktion auf amici durchaus spürbar sein können. 23  In dem Schiedsspruch finden sich hierzu keine Aussagen, Vito G. Gallo v. Government of Canada, Award, 15.09.2011. 24  So auch Ruthemeyer, Der amicus curiae brief im Internationalen Investitionsrecht, S.  295 ff., der unter Aufgreifen der nachfolgenden Argumente auch auf das Verfahren Vito G. Gallo eingeht. 22 

§  15  Befangenheit und amicus-Stellungnahmen Gegenstand der nachfolgenden Ausführungen ist die Frage, inwiefern die Beteiligung von amici zu einer Befangenheit des Gerichts beziehungsweise des entscheidenden Spruchkörpers führen kann. Grund für eine solche Befangenheit könnte ein Näheverhältnis zwischen Richter und amicus sein.

A.  U.S.-amerikanisches Recht Im U.S.-amerikanischen Recht finden sich die wesentlichen Vorschriften über die Befangenheit des Gerichts in 28 U.S.C. §  455.1 Nach §  455 (a) hat sich ein Richter für befangen zu erklären, wenn seine Unparteilichkeit vernünftigerweise in Zweifel gezogen werden kann. Dies soll dann der Fall sein, „‚if a reasonable person, knowing all the circumstances, would expect that the judge would have actual knowledge‘ of his interest or bias in the case.“2 §  455 (b) benennt eine Reihe weiterer Gründe, in denen sich ein Richter für befangen zu erklären hat. Relevant ist dabei insbesondere §  455 (b) (2). Danach ist ein Richter befangen, wenn er oder sein ehemaliger Partner als Anwalt in einem Verfahren in the matter in controversy gearbeitet haben. Dabei ist nicht klar, wann ein solcher Bezug gegeben ist. Nicht erforderlich ist jedenfalls ein identischer Streitgegenstand.3 Weitgehend akzeptiert ist, dass das Einreichen eines amicus briefs durch den ehemaligen anwaltlichen Partner eines Richters in einem Verfahren, welches mit dem gerade verhandelten kaum Gemeinsamkeiten hat, nicht ausreichend für die Annahme von §  455 (b) (2) ist.4 Ebenfalls als nicht ausreichend wurde es Zu weiteren Vorschriften und deren limitierter Bedeutung Freer/Cooper, in: Wright/ Miller, Federal Practice and Procedure, §  3541. 2  Sao Paulo State of Federative Republic of Brazil v. American Tobacco Co., Inc., 535 U.S.  229, 232 f. (2002). 3  Näher In re Charges of Judicial Misconduct, 465 F.3d 532, 539 (2nd Cir. 2006). 4  Little Rock School Dist. v. Pulaski County Special School Dist. No. 1, 839 F.2d 1296 (8th Cir. 1988). Dieser Fall behandelte ebenso wie derjenige davor die ethnische Trennung in einem Schulbezirk. Die Fälle lagen aber 20 Jahre auseinander und es wurden von unter1 

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

angesehen, wenn ehemalige anwaltliche Partner des Richters sich in einem Verfahren als amici beteiligten, das für das nunmehr fragliche Verfahren als Präzedenzfall dient.5 Nicht ausreichend für die Annahme von §  455 (a) oder §  455 (b) ist es zudem, wenn in einem ähnlichen Fall sich eine Organisation als amicus beteiligte, der der nunmehr zuständige Richter zwar angehörte, er sich aber nicht aktiv an dem Verfassen des amicus briefs beteiligte.6 Ferner als nicht ausreichend wurde angesehen, wenn ein Richter früher Mitglied einer Organisation war und dieser Organisation nunmehr vorschlägt, sich als amicus zu beteiligen.7 Als ausreichend für die Annahme von §  455 (b) (2) wurde jedoch eine Verbindung in einem Fall angesehen, in dem sich ein späterer Richter als Anwalt in einem Verfahren vor einem State Court als Vertretung für einen amicus beteiligte und dieses Verfahren einige Zeit später vor einem Bundesgericht verhandelt wurde unter dem Vorsitz des Richters, der sich vorher als Vertretung für den amicus beteiligt hatte.8 Auch finden sich einige Urteile, in denen generell auf die Möglichkeit einer Befangenheit des Richters wegen einer amicus-Beteiligung aufmerksam gemacht wird,9 sei es, weil der amicus vom Richter in seiner ehemaligen Tätigkeit als Anwalt vertreten wurde oder weil der Richter bei der Organisation, die sich als amicus beteiligt, Mitglied ist.10 Ferner ist in einigen local rules verschiedlichen Klägern unterschiedliche Anträge verfolgt. Bestätigt durch United States v. DeTemple, 162 F.3d 279, 286 (4th Cir. 1998); E.I. du Pont de Nemours and Co. v. Kolon Indus­ tries, Inc., 847 F. Supp. 2d 843, 858 (E.D.Va. 2012). 5  First Federal Sav. Bank of Hegewisch v. U.S., 63 Fed.Cl. 790, 793 (Fed.Cl. 2005). 6  Sao Paulo State of Federative Republic of Brazil v. American Tobacco Co., Inc., 535 U.S.  229, 230 ff. (2002). Der 5th Circuit hatte hier eine Befangenheit nach §  455 (a) angenommen, da der betreffende Richter irrtümlich als Vertreter des amicus – das war hier die Louisia­na Trial Lawyers Association – aufgeführt wurde, Republic of Panama v. American Tobacco Co. Inc., 217 F.3d 343, 346 f. (5th Cir. 2000). Allerdings war der Richter bereits sechs Monate vor dem Verfassen des briefs nicht mehr Präsident des amicus. Auch hatte er nur eine vage Kenntnis von dem brief und sich nicht mit der Sache befasst, dazu Sao Paulo State of Federative Republic of Brazil v. American Tobacco Co., Inc., 535 U.S.  229, 230 f. (2002). Der Supreme Court wies darauf hin, dass alle Umstände des jeweiligen Falls zu berücksichtigen seien, also auch, dass eine solche Vertretung gar nicht erfolgt war und der Richter sich nicht an dem Verfassen des briefs beteiligte und er ihn kaum kannte, Sao Paulo State of Federative Republic of Brazil v. American Tobacco Co., Inc., 535 U.S.  229, 232 f. (2002). Fälle, in denen der Richter einer bestimmten Organisation angehört, sich aber nicht am Verfassen des amicus briefs beteiligt beziehungsweise ihn nicht oder kaum kennt, sind insbesondere bei großen Organisationen denkbar. 7  Comfort v. Lynn School Committee, 418 F.3d 1, 26 f. (1st Cir. 2005). 8  In re Charges of Judicial Misconduct, 465 F.3d 532, 538 f. (2nd Cir. 2006). 9  Lever Bros. Co. v. U.S., 1992 WL 443768 (D.C. Cir. 1992); Variable Annuity Life Ins. Co. v. Clark, 13 F.3d. 833, 835 (5th Cir. 1994). 10  Im Rahmen der bloßen Mitgliedschaft wird man allerdings die Umstände des Einzel-

§  15  Befangenheit und amicus-Stellungnahmen

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schiedener U.S. Courts of Appeals die Möglichkeit gegeben, eine amicus-Beteiligung nicht zuzulassen, wenn dies zum Ausschluss eines Richter wegen Befangenheit führte.11 Ein solcher Ausschluss wegen Befangenheit aufgrund einer amicus-Beteiligung ist daher durchaus denkbar. Insgesamt kann es im U.S.-amerikanischen Recht durchaus zu Situation kommen, in denen sich das Gericht für befangen zu erklären hat, weil ein amicus am Verfahren teilnimmt. Die Gerichte versuchen dies teils zu verhindern, indem sie dem amicus die Teilnahme am Verfahren verweigern. Fraglich ist, ob dieses Verhalten selbst nicht wiederum den Verdacht der Befangenheit begründet.

B.  Übrige Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen Im Gegensatz zum U.S.-amerikanischen Recht sind in den übrigen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen noch keine Fälle bekannt, in denen die Problematik einer möglichen Befangenheit des Richters aufgrund einer amicus-Beteiligung erörtert wurde. Fraglich ist, ob eine solche Befangenheit auch im Rahmen der ZPO bei Beteiligung der Europäischen Kommission oder des Bundeskartellamts denkbar ist. Wie bereits erwähnt regeln §§  41 f. ZPO die Befangenheit des Richters.12 Hinsichtlich §  41 ZPO kann einer der dort genannten Gründe lediglich durch das Hinzutreten eines amicus in Form der Kommission oder des Bundeskartellamts nicht erfüllt werden. Möglich wäre eine Befangenheit im Sinne von §  42 ZPO, wenn eine besondere persönliche Nähe des Richters zum Vertreter der Kommission oder des Bundeskartellamts besteht.13 Dies scheint aber in der Praxis eine eher selten anzutreffende Konstellation zu sein. Für das Bundeskartellamt etwa werden Stellungnahmen momentan seitens des Leiters der Prozessabteilung Nothdurft getätigt. Ein besonderes persönliches Näheverhältnis zu einem Mitglied des Kartellsenats ist hingegen nicht bekannt. Sollte jedoch im Einzelfall ein solches vorliegen, wäre der Richter befangen, wenn nicht der Vertreter von Kommission oder Bundeskartellamt ausgetauscht würde. falls zu prüfen haben, wie in Sao Paulo State of Federative Republic of Brazil v. American Tobacco Co., Inc., 535 U.S.  229 (2002). 11  R. 29 (b) D.C. Cir, R. 29.4 5th Cir., Circuit Advisory Committee Note to Rule 29-2 9th Cir.; dazu bereits oben §  10 B. I. 2. c). 12  Dazu bereits oben §  12 B. I. 13  Eine Befangenheit im Sinne von §  42 Abs.  1, 2 ZPO kann vorliegen, wenn der Richter eine besondere persönliche Beziehung zu einem Prozessbevollmächtigten hat, siehe näher, Stackmann, in: Krüger/Rauscher, MünchKomm ZPO, Bd. 1, §  42 Rn.  8 ff.

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2. Teil:  Prozessuale Fragestellungen in vergleichender Perspektive

Im Rahmen der PTCP ist wie gesehen in P. 1.3 PTCP die Verpflichtung des Richters zur Unparteilichkeit geregelt.14 Anders als im U.S.-amerikanischen Recht oder der ZPO ist dieser Grundsatz nicht näher definiert. Dennoch sind durchaus Fallkonstellationen denkbar, in denen etwa der Richter Mitglied einer Organisation ist, welche sich als amicus am Verfahren beteiligen möchte. In einer solchen Konstellation ist in Parallele zum U.S.-amerikanischen Recht von einer Befangenheit des Richters auszugehen. Dann könnte die in P. 1.3 PTCP normierte Verpflichtung nicht mehr erfüllt werden. Ähnlich ist die Situation im Welthandelsrecht und in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit. Auch dort finden sich Verpflichtungen zur Unparteilichkeit.15 An einer solchen Unparteilichkeit können Zweifel aufkommen, wenn etwa der Richter Mitglied der Organisation ist, die sich als amicus beteiligt. Vergleichend lässt sich festhalten, dass nur im U.S.-amerikanischen Recht anhand einer Reihe von Fällen eine mögliche Befangenheit des Richters aufgrund einer amicus-Beteiligung in der Praxis erörtert wurde. In den übrigen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen sind Fallbeispiele bisher nicht bekannt, jedoch sind dort allgemein anwendbare Regelungen vorhanden. Für die ZPO ist aufgrund der Beteiligung von Kommission und Bundeskartellamt eine solche Besorgnis der Befangenheit kaum zu erwarten. Im Welthandelsrecht und in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist die amicus-Beteiligung noch ein relativ neues Phänomen, so dass sich etwaige Fälle schlichtweg noch nicht gezeigt haben. Sollte es zu einer Situation kommen, in der eine Befangenheit zu befürchten ist, sollte das entsprechende Mitglied des Gerichts beziehungsweise Spruchkörpers abgelöst werden.

14 

15 

Dazu bereits oben §  12 C. Dazu oben §  12 D., E.

3. Teil:

Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick Das Instrument des amicus ist, wie sich im Vorstehenden gezeigt hat, mittlerwei­ le in einer Reihe von Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen verwurzelt. Daher gilt es zu fragen, inwiefern eine weitere Übernahme im Bereich des deutschen und europäischen Prozessrechts denkbar beziehungsweise wünschenswert ist.

§  16  Übernahme in das deutsche und europäische Prozessrecht A.  Deutsches Recht Im deutschen Recht findet sich neben §§  90, 90a GWB noch eine Reihe von anderen Vorschriften, die dem amicus ähnliche Funktionen innehaben. Diese bestehenden Funktionsäquivalente gilt es zunächst darzustellen (I.). Anschließend ist unter Berücksichtigung dieses Ergebnisses herauszuarbeiten, inwiefern ein Reformbedarf besteht und wie ein Reformvorschlag aussehen könnte (II.).

I.  Bestehende Funktionsäquivalente Im Rahmen des U.S.-amerikanischen Rechts wurde dargelegt, dass amici auf der einen Seite ein direktes fallbezogenes Interesse an der Streitigkeit haben können, auf der anderen Seite aber auch eher indirekte politische Interessen für ihre Beteiligung ausschlaggebend sein können. Im Rahmen eines solchen politischen Interesses werden zumeist kollektive Interessen an der Streitigkeit durch amici vertreten.1 Auch im Welthandelsrecht und in der Investitionsschieds­ gerichtsbarkeit ist die Vertretung von kollektiven Interessen zentral.2 Solche Möglichkeiten der kollektiven Interessenvertretung finden sich auch im deutschen Recht. 1.  Kollektive Interessen Kollektive Interessen können mithilfe einer Vielzahl unterschiedlicher Instrumente in den Prozess eingebracht werden. a) Verbandsklagen Wesentlich sind dabei Verbandsklagen. Zwar wird im Rahmen einer Verbandsklage der jeweilige Verband Partei des Verfahrens, dennoch zielt dieses 1  2 

Oben §  2 B. I. 2. b) bb). Oben §§  5. C. I., 6 C. I.

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3. Teil:  Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick

Instrument funktional darauf ab, eine Vielzahl von Interessen in das Verfahren einzubringen. Der deutsche Zivilprozess ist vom System des Zweiparteienprozesses geprägt. Das heißt, grundsätzlich ist es an dem Individuum, vor Gericht seine Rechte geltend zu machen. Allerdings finden sich mehrere spezialgesetzlichen Ausnahmen, die es Verbänden ermöglichen, Ansprüche geltend zu machen: §  8 Abs.  3 Nr.  2–4 UWG regelt wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche, §  1 UKlaG3 regelt Unterlassungsansprüche zum Schutz gegen allgemeine Geschäftsbedingungen, welche gegen §§  307–309 BGB verstoßen, §  2 UKlaG regelt Unterlassungsansprüche zum Schutz gegen Verstöße des Verbraucherschutzrechts. Es finden sich noch weitere Regelungen, insbesondere auch im Bereich des Umweltrechts.4 Während früher Streit hinsichtlich der dogmatischen Einordnung der Klagebefugnis von Verbänden herrschte, ist heute aufgrund des Wortlauts von §  3 Abs.  1 UKlaG klar, dass den Verbänden qua Gesetz ein materiell-rechtlicher Anspruch zugebilligt wird und nicht etwa nur eine gesetzliche Prozessführungsbefugnis.5 Im Bereich des Wettbewerbs- und Verbraucherschutzrechts ist die Aktivlegitimation näher in §  3 Abs.  1 UKlaG und §  8 Abs.  3 Nr.  2–4 UWG geregelt. In Betracht kommen zunächst sogenannte qualifizierte Einrichtungen, §  3 Abs.  1 S.  1 Nr.  1 UKlaG, §  8 Abs.  3 Nr.  3 UWG. §  4 UKlaG regelt näher, wie ein Verband den Status einer solch qualifizierten Einrichtung erlangen kann. Dabei muss unter anderem der Verbraucherschutz satzungsmäßige Aufgabe des Verbands sein, §  4 Abs.  2 S.  1 UKlaG. Bei Verbraucherzentralen wird das Vorliegen dieser und weiterer Voraussetzungen vermutet, §  4 Abs.  2 S.  2 UKlaG. §  3 Abs.  1 S.  1 Nr.  2 UKlaG, §  8 Abs.  3 Nr.  2 UWG sprechen bestimmten Wirtschaftsverbänden die Aktivlegitimation zu.6 Schließlich sind noch Industrie- und Handels- sowie Handwerkskammern aktiv­ legitimiert, §  3 Abs.  1 S.  1 Nr.  3 UKlaG, §  8 Abs.  3 Nr.  4 UWG. Insgesamt finden sich im deutschen und europäischen Recht vielfältige Möglichkeiten, kollektive Interessen durch Klagen von Verbänden durchzusetzen. 3  Zu den europarechtlichen Hintergründen des UKlaG, insbesondere Richtlinie 93/13/ EWG des Rates vom 5. April 1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, näher Micklitz, in: MünchKomm ZPO, Bd. 3, Vorbemerk. §§  1 ff. UKlaG, Rn.  40 ff. 4  Siehe etwa die Auflistung bei Schaumburg, Die Verbandsklage im Verbraucherschutz- und Wettbewerbsrecht, S.  22 f. 5  Nachweis zum Streitstand und zur neuen Rechtslage etwa bei Rosenberg/Schwab/ Gottwald, Zivilprozessrecht, S.  237 f. Inwiefern neben der Aktivlegitimation auch die Prozess­ führungsbefugnis geregelt ist, braucht hier nicht entschieden zu werden, dazu etwa Bassenge, in: Palandt, §  3 UKlaG Rn.  2, der seit der 73.  Aufl. davon ausgeht, auch die Prozessführungsbefugnis sei umfasst. 6  Näher hierzu Schaumburg, Die Verbandsklage im Verbraucherschutz- und Wettbewerbsrecht, S.  132 ff.

§  16  Übernahme in das deutsche und europäische Prozessrecht

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Gleichwohl bestehen solche Möglichkeiten stets nur aufgrund spezieller gesetzlicher Ermächtigungen, und die Mehrheit von Ansprüchen kann lediglich im Rahmen der individuellen Geltendmachung durchgesetzt werden. b)  §  9 TVG §  9 TVG gibt den Tarifvertragsparteien eine ähnliche Stellung wie den Aktiv­ legitimierten einer Verbandsklage. Als Besonderheit ist jedoch die Rechtskrafterstreckung zu beachten. Danach sind die tarifgebundenen Parteien an die Entscheidung des Rechtsstreits der Tarifvertragsparteien gebunden. Damit soll eine einheitliche Auslegung des Tarifvertrags gewährleistet werden.7 Auch kann durch diese Rechtskrafterstreckung für Rechtssicherheit gesorgt werden. Zudem ermöglicht es die Norm den Tarifvertragsparteien, über sämtliche Inhalte des Tarifvertrags zu prozessieren, ohne auf eine Inzidentprüfung im Rahmen einer sogenannten Durchführungsklage zurückgreifen zu müssen.8 c)  §  6 SpruchG Ebenfalls eine Form der kollektiven Interessenvertretung normiert §  6 SpruchG. Spruchverfahren dienen der Kompensation von Aktionären im Anschluss an Umstrukturierungsmaßnahmen von Aktiengesellschaften.9 Dabei wirkt eine Entscheidung in einem solchen Verfahren für und gegen alle Antragsberechtigten, selbst wenn diese keinen Antrag gestellt haben, §  13 S.  2 SpruchG. Daher sieht §  6 SpruchG vor, dass ein gemeinsamer Vertreter die Interessen dieser Anteilseigner vertritt. Dies ist auch im Hinblick auf die Gewährung rechtlichen Gehörs wichtig.10 Der gemeinsame Vertreter hat dabei die Stellung eines gesetzlichen Vertreters, §  6 S.  1 SpruchG. Ihm kommen insofern dieselben Rechte wie einem Antragsteller zu. Anders als im Falle der Verbandsklagen aber macht der gemeinsame Vertreter keine eigenen Ansprüche geltend.

7  Näher Franzen, in: Müller-Glöge/Preis/Schmidt, Erfurter Komm. zum ArbR, §  9 TVG Rn.  1 ff. 8  Franzen, in: Müller-Glöge/Preis/Schmidt, Erfurter Komm. zum ArbR, §  9 TVG Rn.  1 ff. Eine Durchführungsklage bezeichnet eine Leistungsklage, mit der die Leistungspflichten des Tarifvertrags durchgesetzt werden sollen, näher hierzu Franzen, in: Müller-­ Glöge/Preis/Schmidt, Erfurter Komm. zum ArbR, §  1 TVG Rn.  88. 9  Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Vorb. zu §  1 SpruchG Rn.  3. 10  Darauf hinweisend Kubis, in: Goette/Habersack, MünchKomm AktG, Bd. 5, §  6 SpruchG Rn.  1.

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3. Teil:  Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick

d)  §  27a BVerfGG §  27a BVerfGG ermächtigt das Bundesverfassungsgericht, sachkundigen Dritten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Vorschrift ist dabei von der förmlichen Beweisaufnahme nach §  26 BVerfGG abzugrenzen. Letztere verpflichtet Zeugen und Sachverständige zur Wahrhaftigkeitspflicht, während dies für §  27a BVerfGG in dieser Form nicht gilt.11 Die Norm trägt dabei der zunehmenden Pluralisierung des Verfassungsprozesses Rechnung.12 Eine solche Pluralisierung führt dazu, dass das Gericht verschiedene Auffassungen und Ansichten abseits des formalen Beweisverfahrens hören können muss. Es soll in die Lage versetzt werden, gesellschaftliche, politische, kulturelle und wirtschaftliche Tatsachen zu erheben.13 Denn abseits des Sachverständigenbeweises eignen sich die Möglichkeiten der förmlichen Beweisaufnahme nur eingeschränkt, solche Tatsachen festzustellen.14 Vielmehr kommen für die notwendige Erlangung von Vorkenntnissen eben sachkundige Stellungnahmen Dritter in Betracht.15 Allerdings ist mit dem Einholen solcher Stellungnahmen auch verbunden, dass immer nur ein begrenzter Ausschnitt der gesellschaftlichen Realität abgebildet wird.16 Daher sind Verallgemeinerungen dieser Erkenntnisse nicht angebracht.17 Jedoch ist sich das Bundesverfassungsgericht dieser Gefahr sehr wohl bewusst. Dies zeigt sich unter anderem in der ausführlichen Aufbereitung solcher Stellungnahmen im Tatbestand der Entscheidung, während in den Entscheidungsgründen auf diese kaum eingegangen wird.18 Anders stellt sich die Situation jedoch im Hinblick auf Sondervoten dar. Dort wird oftDollinger, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, §  27a Rn.  8. In der Literatur finden sich dennoch einige Stimmen, die Stellungnahmen nach §  27a BVerfGG als Beweismittel auffassen, etwa Kluth, NJW 1999, 3513, 3514; Kühne, Amicus Curiae, S.  315 ff. Kühne, a. a. O. qualifiziert §  27a BVerfGG als Beweismittel sui generis. Gleichzeitig stellt er aber heraus, für dieses Beweismittels gelte nicht die Wahrheitspflicht, der Dritte könne nicht zu einer Stellungnahme gezwungen werden und es werde auch keine objektive Einschätzung gefordert. Vor diesem Hintergrund erscheint es fraglich, inwiefern hier die Bezeichnung als Beweismittel zielführend ist. 12  Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, Bd. 1, §  27a Rn.  1. 13  Dollinger, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, §  27a Rn.  12. 14  Bryde, in: Badura/Dreier, FS 50 Jahre Bundesverfassungsgericht, Bd. 1, S.  536. 15  Dollinger, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, §  27a Rn.  12. 16  Darauf hinweisend Dollinger, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, §  27a Rn.  13. Insofern besteht eine Parallele zu der Frage, inwiefern Nichtregierungsorganisationen lediglich nur einen Teil der Gesellschaft repräsentieren, dazu oben §  5 C. IV. 17  Dies gilt gerade auch im Hinblick darauf, dass es das Gericht selbst ist, das entscheidet, wer als Dritter zu hören ist, und somit bereits die Auswahl solcher Dritter die Gefahr einer vorherigen Eingrenzung der Stellungnahme mit sich bringt, darauf hinweisend, Klein, in: Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, S.  104 f. 18  Siehe mit Beispielen aus der Gerichtspraxis Bryde, in: Badura/Dreier, FS 50 Jahre 11 

§  16  Übernahme in das deutsche und europäische Prozessrecht

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mals auf die Stellungnahmen nach §  27a BVerfGG zurückgegriffen.19 Nach hier verwandter Diktion 20 ist mit §  27a BVerfGG das Instrument des atypischen amicus normiert. In diesem Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, dass teilweise in der Literatur angenommen wird, das Bundesverfassungsgericht könne auch de lege lata unaufgeforderte, von einem Dritten eingereichte amicus-Stellungnahmen entgegennehmen.21 Inwiefern dies vor dem Hintergrund etwa der Regelungen zur Verfassungsbeschwerde in den §§  92, 23 Abs.  1 S.  2 BVerfGG betreffend die Begründungspflicht22 zutrifft, ist zweifelhaft. Denn wenn solche Stellungnahmen durch das Gericht herangezogen würden, könnte die Frage, ob der Antragsteller seiner Begründungspflicht genügt, von dem Vorhandensein zufälliger Stellungnahmen Dritter abhängen. Daher sollten solche sua sponte amicus-Stellungnahmen vor einer ausdrücklichen Normierung ihrer Zulässigkeit im BVerfGG grundsätzlich nicht herangezogen werden.23 Hat hingegen der Antragsteller seiner Begründungspflicht schon genügt, kann es zwecks Prüfung eines entgegenstehenden Standpunkts angezeigt sein, solche unaufgeforderten amicus-Stellungnahmen zuzulassen. Hinsichtlich §  27a BVerfGG ist zu erörtern, wie die Begriffe „Dritter“ und „Sachkunde“ zu verstehen sind. Die Gesetzesmaterialien nennen als Beispiele Bundesverfassungsgericht, Bd. 1, S.  538; Dollinger, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerf­ GG, §  27a Rn.  13. 19  Siehe zur Gerichtspraxis Dollinger, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, §  27a Rn.  13. 20  Oben §  1 A. 21  Zuck, NVwZ 2016, 1130, 1132 ff. Nicht um sua sponte-Stellungnahmen dürfte es sich hingegen in dem Verfahren BVerfG, 28.05.1993, 2 BvF 2/90 und 4, 5/92, BVerfGE 88, 203, 236 betreffend Schwangerschaftsabbrüche gehandelt haben, so aber wohl unter Abstellen auf die englische Übersetzung Clark, RabelsZ 80 (2016), 327, 338. Zwar heißt es in der englischen Übersetzung der Entscheidung auf der Webseite des Bundesverfassungsgerichts (abgerufen am 22.11.2016), verschiedene Institutionen „have submitted amicus curiae briefs“. In der deutschen Fassung der amtlichen Sammlung heißt es hingegen: „Von den angehörten Beratungsstellen oder deren Trägern, Versicherungsträgern und sonstigen Stellen haben sich geäußert: […]“. Insofern scheinen hier eher vor Normierung von §  27a BVerfGG bereits Stellungnahmen angefordert worden zu sein. 22  Hierzu etwa von Coelln, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, §  23 Rn.  58. 23  Das Bundesverfassungsgericht zieht sie bereits teilweise schon heran, BVerfG, 18.05.2016, 1 BvR 895/16, NVwZ 2016, 1171, Rn.  41. Dort wurde die Stellungnahme innerhalb des Prüfungspunkts, inwiefern der Darlegungslast genügt wurde, herangezogen und ausgeführt, dass auch unter Berücksichtigung dieser Stellungnahme, der Darlegungslast nicht genügt wurde. Dies erscheint, wie oben beschrieben, zweifelhaft.

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3. Teil:  Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick

für Dritte „gesellschaftliche Gruppen“ und „Verbände“.24 In der Praxis kommen Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Hauseigentümer- und Mieterverbände, Agrarverbände, das Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Universitätsrektoren, das Bundeskartellamt, Kinderpsychiater oder der Präsident der Bundesbank in Betracht.25 In dem Verfahren, in dem unter anderem die Rechtmäßigkeit der Griechenlandhilfen beurteilt wurde, hatte die Europäische Zentralbank gemäß §  27a BVerfGG Stellung bezogen.26 Es beteiligen sich daher eine Vielzahl unterschiedlicher Verbände und Institutionen als sachkundige Dritte. Je nach Art des Verfahrensgegenstands werden vom Bundesverfassungsgericht auch andere, bestimmte Teile der Gesellschaft repräsentierende, Verbände berufen. Um eine zu starke Politisierung des Prozesses zu vermeiden, sollten jedoch nicht andere Verfassungsorgane als Dritte benannt werden.27 Dem Dritten ist Sachkunde zuzusprechen, wenn er in einem besonderen Bezug zum Streitgegenstand steht, ohne selbst am Verfahren beteiligt oder sonst äußerungsberechtigt zu sein.28 Der Informationsstand des Dritten muss dabei über dem gesellschaftlichen Durchschnitt liegen. 29 Allerdings muss der Dritte, im Gegensatz zum Sachverständigen etwa, keine besondere Objektivität aufweisen. Verfahrensrechtlich wird der Dritte nicht Beteiligter des Verfahrens.30 Zudem muss der sachkundige Dritte nicht Stellung beziehen. Allerdings bleibt es dem Gericht unbenommen, den Dritten später als Zeugen oder Sachverständigen zu benennen.31 Insgesamt ermöglicht §  27a BVerfGG es dem Bundesverfassungsgericht in umfangreicher Weise, die Ansichten verschiedener gesellschaftlicher Gruppierungen in Erfahrung zu bringen, ohne dafür etwa ein Sachverständigengutachten einholen zu müssen. Vielmehr kann direkt von der Quelle der jeweilige Informations- und Meinungsstand abgerufen werden. Dies wird den umfangreichen Anforderungen an die Verfassungsgerichtsbarkeit in Bezug auf die Kenntnis tatsächlicher Begebenheiten gerecht.

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BT-Drucks. 13/7673, S.  10. Dazu mit Nachweisen aus der Praxis Dollinger, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, §  27a Rn.  16; dazu auch Kühne, Amicus Curiae, S.  312 f. 26  BVerfG, 07.09.2011, 2 BvR 987/10, 2 BvR 1485/10 und 2 BvR 1099/10, BVerfGE 129, 124 Rn.  85, 90. 27  Dollinger, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, §  27a Rn.  19. 28  Dollinger, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, §  27a Rn.  20. 29  Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, §  27a Rn.  7. 30  Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, §  27a Rn.  6. 31  Dollinger, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, §  27a Rn.  25. 25 

§  16  Übernahme in das deutsche und europäische Prozessrecht

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e)  Vertreter des öffentlichen Interesses Im Verwaltungsprozessrecht ist die Figur des Vertreters des öffentlichen Interesses als Funktionsäquivalent zu untersuchen. Ausweislich §  35 VwGO hat vor dem Bundesverwaltungsgericht ein Vertreter des Bundesinteresses die Möglichkeit der Verfahrensbeteiligung. Er soll das Verfahren um Aspekte bereichern, die in rechtlicher oder tatsächlicher Art und Weise über das zwischen den Parteien Streitige hinausgehen und Interessen der Allgemeinheit berühren können.32 Im Idealfall nimmt der Vertreter des Bundesinteresses eine Mittlerfunktion zwischen Verwaltung und Gericht ein.33 Eine seiner Hauptaufgaben ist es, dem Bundesverwaltungsgericht Informationen zur Entstehungsgeschichte von Normen, einer Verwaltungspraxis, transnationalen Bezügen oder den Auswirkungen möglicher Entscheidungsalternativen zu liefern.34 Teilweise wirkt er aber auch beratend für verschiedene Bundesbehörden.35 §  36 VwGO ermöglicht es, auch vor den Oberverwaltungsgerichten und den Verwaltungsgerichten Vertreter des öffentlichen Interesses auf Länderbasis einzurichten. Von dieser Möglichkeit hat die Mehrheit der Bundesländer Gebrauch gemacht, wobei die einzelne Ausgestaltung divergiert.36 In der Literatur wird zu Recht auf eine Vergleichbarkeit mit dem Solicitor General vor dem Supreme Court hingewiesen.37 Beide Instrumente dienen als eine Verbindung zwischen Exekutive und Judikative. Allerdings wurde ausgeführt, dass der Solicitor General teils sehr stark interessengesteuert agiert.38 Der Vertreter des Bundesinteresses hingegen hat sich in einer eher unpartei­ischen Art und Weise zu beteiligen.39 Verfahrensrechtlich hat der Vertreter des Bundesinteresses die Stellung eines Beigeladenen inne.40 Insofern sind seine Beteiligungsmöglichkeiten regelmäßig weitreichender als etwa die eines amicus.

Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, §  35 Rn.  5. Dies betonend auch Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, §  35 Rn.  6. 33  Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, §  35 Rn.  1. 34  Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, §  35 Rn.  5. 35  Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, §  35 Rn.  5. 36  Dazu Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, §  36 Rn.  2 ff. 37  Hirte, ZZP 104 (1991), 11, 46. 38  Oben §  2 B. I. 2. b) bb) (iii). 39  Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, §  35 Rn.  5. 40  Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, §  35 Rn.  15. 32 

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3. Teil:  Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick

2.  Individualinteressen Amici können neben der Geltendmachung von kollektiven Interessen dazu dienen, individuelle Interessen, vergleichbar denen eines intervenor, geltend zu machen. Im Folgenden ist zu untersuchen, welche Äquivalente das deutsche Recht für diese Art der Interessenvertretung bereithält, da auch diese Art der Beteiligung Dritter ein Funktionsäquivalent zum amicus darstellt. a) Nebenintervention Amici beteiligen sich teils in Situationen, in denen auch eine Beteiligung als intervenor in Betracht käme.41 Auch das deutsche Recht kennt eine Beteiligung als Nebenintervenient. Allerdings ist hierfür nach §  66 Abs.  1 ZPO ein rechtliches Interesse am Rechtsstreit erforderlich. Dieses ist in der Regel zu bejahen, wenn sich das in dem Rechtsstreit ergehende Urteil aufgrund seines Inhalts oder seiner Vollstreckung mittelbar oder unmittelbar auf die Rechtsverhältnisse des Nebenintervenienten auswirken kann.42 Amici hingegen können sich auch aus rein tatsächlichen Gründen am Verfahren beteiligen. Ein rein wirtschaftliches Interesse ist etwa ausreichend, während dies beim Nebenintervenienten gerade nicht der Fall ist. Insofern ist die Vertretung von Individualinteressen durch die Figur des Nebenintervenienten nur eingeschränkt mit einer möglichen amicus-Partizipation vergleichbar. Dies gilt auch im Hinblick auf die verfahrensrechtliche Stellung. Während der amicus in der Regel lediglich eine schriftliche Stellungnahme einreichen kann,43 gewährt §  67 ZPO dem Nebenintervenienten ein weitaus größeres Maß an Rechten. Eine Gemeinsamkeit mit einer amicus-Stellungnahme weist die Intervention aber hinsichtlich der Initiativstellung auf. Amicus-Stellungnahmen ergehen regelmäßig auf Initiative des amicus selbst.44 Auch der Nebenintervenient nimmt aus eigener Initiative am Verfahren teil. b)  Streitverkündung und Beiladung Anstelle einer Beteiligung auf Initiative des Dritten hin besteht auch die Möglichkeit, gemäß §  72 ZPO von Seiten der Partei aus einen Dritten dem Verfahren hinzuzufügen beziehungsweise auch bei Nichtbeitritt des Dritten die Folge der Interventionswirkung nach §  68 ZPO eintreten zu lassen, §  74 Abs.  3 ZPO. Allerdings ist diese Situation nicht mit der Einladung eines amicus durch das 41 

Oben §  2 B. I. 2. b) aa). Schultes, in: Krüger/Rauscher, MünchKomm ZPO, Bd. 1, §  66 Rn.  7. 43  Oben §  13 A. 44  Oben §  2 B. I. 42 

§  16  Übernahme in das deutsche und europäische Prozessrecht

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­ ericht vergleichbar. Denn dort ist es das Gericht, welches den amicus dem G Verfahren beifügt, während es hier den Parteien obliegt. Zudem stellt §  72 Abs.  1 ZPO für eine Streitverkündung eine Reihe von Voraussetzungen auf. Anders stellt sich die Situation im Rahmen der Beiladung dar. Dort kann das Gericht gemäß §  65 Abs.  1 VwGO selbst tätig werden. Allerdings ist ein rechtliches Interesse des Beizuladenden notwendig. In bestimmten Fällen besteht sogar die Notwendigkeit einer Beiladung nach §  65 Abs.  2 VwGO. 3.  Vergleichende Analyse Wie sich gezeigt hat, finden sich einige der Funktionen, die amici in den anderen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen wahrnehmen, auch im deutschen Recht wieder. Hinsichtlich der Einbeziehung von kollektiven Interessen ist zunächst das Instrument der Verbandsklage zu nennen. Dieses weist jedoch gegenüber einer amicus-Beteiligung mehrere entscheidende Unterschiede auf. Während sich amici an allen Verfahren beteiligen können, ist die Möglichkeit der kollektiven Rechtsdurchsetzung im Wege der Verbandsklage nur in sachlich eng umgrenztem Umfang gegeben. Zudem werden im deutschen Modell die Verbände selbst Partei. Amici hingegen werden nicht Partei des Verfahrens, sondern bleiben lediglich am Verfahren beteiligte Dritte. Auch die Möglichkeiten nach §  9 TVG und §  6 SpruchG weisen zum einen einen eng umgrenzten sachlichen Anwendungsbereich auf und sind zum anderen von ihrer juristischen Konstruktion gänzlich anders als amici. §  27a BVerfGG weist einige Ähnlichkeiten zu einer amicus-Beteiligung vor dem Supreme Court auf, worauf in der Literatur auch wiederholt hingewiesen wird.45 Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch hinsichtlich der Frage der Initiative einer Beteiligung. Diese liegt im Falle von §  27a BVerfGG allein beim Bundesverfassungsgericht, während sich vor dem Supreme Court amici regelmäßig aus eigener Initiative am Verfahren beteiligen, weswegen hier §  27a BVerfGG auch als Normierung eines atypischen amicus verstanden wird. Zudem ist §  27a BVerfGG nur auf Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht begrenzt. Andere oberste Bundesgerichte, wie etwa der Bundesgerichtshof, haben nicht die Möglichkeit, in gleicher Weise sachkundige Dritte zu einer Stellungnahme aufzufordern. Die Figur des Vertreters des öffentlichen Interesses vor den Verwaltungsgerichten weist schließlich einige Parallelen zu der des Solicitor General auf. Jedoch ist letztere wesentlich stärker parteiisch ausgerichtet. In sachlicher Hin45  Dollinger, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, §  27a Rn.  5; Klein, in: Benda/ Klein, Verfassungsprozessrecht, S.  292.

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3. Teil:  Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick

sicht ist zudem die Begrenzung auf verwaltungsgerichtliche Verfahren zu beachten. Im Rahmen des ersten Teils der Arbeit wurde auf amici eingegangen, die sich an Verfahren beteiligen, um Individualinteressen zu artikulieren.46 Auch im deutschen Recht existiert eine Reihe von Normen, mittels derer sich Dritte am Verfahren beteiligen können. Allerdings werden dort regelmäßig hohe Voraussetzungen für eine Beteiligung aufgestellt. Eine Beteiligung aus rein tatsäch­ lichen Motiven ist gerade nicht möglich, gefordert ist vielmehr ein rechtliches Interesse. Ist die Beteiligung aber einmal statthaft, so kommt etwa dem Nebenintervenienten ein ungleich größeres Maß an Rechten zu als beispielsweise einem amicus.

II.  Reformbedarf und Reformvorschläge – §  27a BVerfGG als Vorbild? Die vorgenommene Analyse hat trotz einiger Funktionsäquivalente auch das Fehlen einer Vielzahl von durch amici besetzten Funktionen im deutschen Recht verdeutlicht. Fraglich ist, ob nicht eine Reform zur verstärkten Integration des amicus beziehungsweise seiner Funktionen in das deutsche Recht angestrebt werden sollte. Dabei konzentrieren sich die folgenden Überlegungen auf den Bereich des Zivilprozessrechts.47 46 

Oben §  2 B. I. 2. b) aa). Nicht näher eingegangen werden kann etwa auf die Besonderheiten verwaltungs-, sozial-, finanz-, verfassungs- und arbeitsgerichtlicher Verfahren. Anzumerken ist allerdings, dass sich in einem Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht, welches die Kündigung eines mit dem HI-Virus Infizierten zum Gegenstand hatte, BAG, 19.12.2013, 6 AZR 190/12, NZA 2014, 372, die Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention, die dem Deutschen Institut für Menschenrechte angegliedert ist, als amicus beteiligt hat, Amicus-Curiae-Stellungnahme der Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention, 10.09.2013. Die Stellungnahme scheint dabei ohne ausdrückliche Regelungsgrundlage „auf gut Glück“ eingereicht worden zu sein. In seiner Entscheidung geht das Bundesarbeitsgericht auf die ­Stellungnahme mit keinem Wort ein. Eine weitere Stellungnahme erfolgte vor dem OVG Koblenz in dem Verfahren 7 A 10532/12.OVG, dazu Amicus curiae-Stellungnahme des Deutschen Instituts für Menschenrechte im Verfahren 7 A 10532/12.OVG vor dem Ober­ verwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Oktober 2012. Verfahrensgegenstand war die Kontrolle eines Deutschen dunkler Hautfarbe, wobei der Kläger behauptete, er sei allein wegen seiner Hautfarbe überprüft worden, zu diesem Verfahren und der unter dem Stichwort racial profil­ ing diskutierten Thematik näher etwa Tischbirek/Wihl, JZ 2013, 219, welche einleitend bemerken, dass dem Beitrag in Teilen ein „Amicus-Curiae-Gutachten“ für das Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung e.V. zugrunde liege. Insofern haben sich an dem Verfahren mindestens zwei amici auf eigene Initiative beteiligt. Das Verfahren selbst wurde nach einer Entschuldigung der Polizisten für übereinstimmend erledigt erklärt, so dass ein Verhalten des Gerichts zu den amicus-Stellungnahmen ausblieb. Es bleibt abzuwarten, inwiefern hier der Beginn einer aktuellen Entwicklung zu verzeichnen ist und wie sich die Gerichte dazu 47 

§  16  Übernahme in das deutsche und europäische Prozessrecht

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1.  Reformbedarf In der Literatur wird angemerkt, dass in einigen Urteilsverfassungsbeschwerden das Bundesverfassungsgericht bei der Überprüfung eines Urteils des Bundesgerichtshofs zahlreiche Verbände und Sachverständige anhört, der Bundesgerichtshof dies jedoch nicht praktiziert.48 In einem Verfahren war etwa zu beurteilen, inwiefern bei der Berechnung einer Überschussbeteiligung von kapitalbildenden Lebensversicherungen auch die durch Prämienzahlung geschaffenen Vermögenswerte angemessen berücksichtigt wurden.49 Landgericht, Oberlandesgericht und Bundesgerichtshof verwarfen die Klage auf zusätzliche Zahlungen der Versicherungsgesellschaft an den Kläger. Das Bundesverfassungsgericht verpflichtete den Gesetzgeber, eine Regelung zu schaffen, nach der auch bereits geschaffene Vermögenswerte angemessen zu berücksichtigen seien. Dabei zog es unter anderem Stellungnahmen des Bundes der Versicherten sowie des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft heran.50 Der Bundesgerichtshof hingegen konnte solche Stellungnahmen nicht heranziehen.51 In einem weiteren Verfahren überprüfte das Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesgerichtshofes im Zusammenhang mit der Werbung des Textilkonzerns Benetton.52 In dem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht beteiligten sich sowohl schriftlich wie auch mündlich das Bundeskartellamt, die Deutsche Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht e.V., der Deutsche Industrie- und Handelstag, der Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft ZAW e.V. und die Arbeitsgemeinschaft der Ver-

verhalten werden. Wenngleich nicht das deutsche Recht betreffend, ist in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Österreichischen Verfassungsgerichtshofs hinzuweisen, der eine amicus-Stellungnahme der Vereinigung Österreichischer Strafverteidiger zurückwies, da „Derartiges im VfGG für das Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahren nicht vorgesehen ist und auch eine (aus §  35 VfGG ableitbare) sinngemäße Anwendung von Bestimmungen der Zivilprozessordnung (etwa jener über die Nebenintervention [§  17 ff ZPO]) mangels einer gleichartigen Sachlage nicht in Betracht kommt.“, VfGH, 01.12.2011, G 85/11, V 77/11, Rechtssatz, dazu auch Oberlaber, ZfRV (2013), 229, 230. 48  Kähler, AcP 212 (2012), 453, 459 f. 49  Siehe zum Sachverhalt BVerfG, 26.07.2005, 1 BvR 80/9, BVerfGE 114, 73 ff. 50  BVerfG, 26.07.2005, 1 BvR 80/9, BVerfGE 114, 73, 83 ff. 51  Zwar wurde vom Bundesverfassungsgericht naturgemäß der Schwerpunkt der Ausführungen auf die Verletzung von Verfassungsrecht, hier Art.  2 Abs.  1, 14 Abs.  1 GG, gelegt, jedoch rügte es auch, dass bei der vom Bundesgerichtshof vorgenommenen Auslegung und Prüfung die Schutzanforderungen der Grundrechte nicht gewahrt waren, BVerfG, 26.07.2005, 1 BvR 80/9, BVerfGE 114, 73, 98 f. 52  BVerfG, 12.12.2000, 1 BvR 1762/95, 1 BvR 1787/95, BVerfGE 102, 347.

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3. Teil:  Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick

braucherverbände e.V.53 Vor dem Bundesgerichtshof haben sich die Genannten hingegen nicht beteiligt. Die beiden Urteile verdeutlichen sehr anschaulich, dass das Bundesverfassungsgericht, wohl54 auf Grundlage von §  27a BVerfGG, in Verfahren, die in derselben Konstellation auch vor dem Bundesgerichthof stattgefunden haben, Dritten Gelegenheit zur Stellungnahme gab. Insofern stellt sich die Frage, ob man nicht auch dem Bundesgerichtshof diese Möglichkeit geben sollte. Denkbar wäre es, eine Vorschrift vergleichbar §  27a BVerfGG in die ZPO einzuführen. Der Bundesgerichtshof könnte dann im Rahmen von Verfahren, die wie etwa jenes der Benetton-Werbung eine Vielzahl von Interessen berühren, ähnlich dem Bundesverfassungsgericht auch externen Sachverstand zu Rate ziehen. Orientiert man sich dabei an §  27a BVerfGG, muss zudem nicht befürchtet werden, der Bundesgerichtshof würde wie der Supreme Court mit einer wahren Flut von Stellungnahmen überschüttet, da die Initiative für eine solche noch beim Gericht selbst liegen würde. Zurückhaltender sollte man zumindest vorerst hinsichtlich solcher Stellungnahmen sein, die auf Initiative des amicus selbst abgegeben werden. Die Einführung einer solchen Möglichkeit wäre eine weitreichende Änderung der bestehenden Rechtslage. Es Dritten zu ermöglichen, Stellungnahmen abseits der §§  64 ff. ZPO abzugeben, wäre eine sehr weitgehende Reform. Die vorgehend untersuchten Instrumente der Beteiligung Dritter am Verfahren haben gemein, dass sie ein rechtliches Interesse fordern.55 Damit wird ein sehr konkretes, fallbezogenes Interesse vorausgesetzt, welches ein lediglich wirtschaftliches Interesse ausschließt. Die Beteiligung eines amicus hingegen setzt ein solches rechtliches Interesse nicht voraus. Vielmehr sind es häufig lediglich mittelbare Interessen, die zu einer Beteiligung von amici führen.56 Sinnvoll erscheint es daher, zunächst eine Form des atypischen amicus in die ZPO aufzunehmen und bei einem Erfolg dieses Models zu prüfen, inwiefern auch amicus briefs auf Initiative des amicus selbst zugelassen werden sollten. Auch unter funktionalen Gesichtspunkten findet sich eine Beschränkung auf die Normierung des atypischen amicus bestätigt. Im U.S.-amerikanischen Recht wurde gezeigt, dass sich amici insbesondere an Streitigkeiten beteiligen, die unter den Begriff der public law litigation fallen.57 Im deutschen Zivilprozess­ 53 

BVerfG, 12.12.2000, 1 BvR 1762/95, 1 BvR 1787/95, BVerfGE 102, 347, 355. Die betreffenden Urteile erläutern nicht näher, auf welcher Grundlage die Stellungnahmen der Genannten herangezogen wurden. Es ist aber zu vermuten, dass sich das Bundesverfassungsgericht hier des §  27a BVerfGG bedient haben dürfte. 55  Dazu oben §  16 A. I. 2. 56  Dazu oben §  2 B. I. 2. b) bb). 57  Dazu oben §  2 B. III. 54 

§  16  Übernahme in das deutsche und europäische Prozessrecht

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recht dürfte hingegen die weitläufige Berührung allgemeiner öffentlicher Belange im Vergleich zum U.S.-amerikanischen Recht seltener vorkommen.58 Im Vergleich zum Welthandelsrecht und der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit59 besteht im deutschen Recht zudem ein größeres Maß an demokratischer Teil­ habe. Insofern erscheint es nicht zwingend, eine weitere Beteiligungsmöglichkeit an Gerichtsverfahren zu ermöglichen. Inwiefern dies im Einzelfall nicht dennoch interessengerecht sein könnte, bedarf einer weiteren, jenseits dieser Arbeit liegenden, eingehenden Untersuchung. 2.  Reformvorschlag Vor diesem Hintergrund ist nunmehr anhand der in den §§  8–15 gemachten Überlegungen die Ausgestaltung einer atypischen amicus-Beteiligung im Rahmen des Revisionsverfahrens zu erörtern. a)  Voraussetzungen und Zeitpunkt einer Beteiligung Im Hinblick auf die allgemeinen Voraussetzungen der Verfahrensbeteiligung scheint es in Übereinstimmung mit den obigen Ergebnissen nicht erforderlich, eine Parteifähigkeit des amicus zu fordern. Hinsichtlich der besonderen Beteiligungsvoraussetzungen bietet es sich an, den Begriff der Sachkunde aus §  27a BVerfGG zu übernehmen. Die Feststellung der Sachkunde sollte im alleinigen Ermessen des Bundesgerichtshofs stehen. Nicht erforderlich ist die Abgabe eines statement of interest60 vergleichbar etwa dem U.S.-amerikanischen Recht.61 Denn wenn, wie hier vorgeschlagen, die Initiative für eine amicus-Stellungnahme beim Gericht liegt, dann wird dieses auch über die Interessen des Dritten informiert sein beziehungsweise solche Informationen einholen. In Bezug auf den Zeitpunkt der Verfahrensbeteiligung lassen sich die oben bei §  9 B. II. 2. gemachten Erwägungen heranziehen: Amicus-Stellungnahmen sollte der Bundesgerichtshof nach dem Austausch von Revisionsbegründung und -erwiderung einholen, um so eine etwaige Verfahrensverzögerung zu vermeiden. Im Hinblick auf Art.  103 Abs.  1 GG ist eine adäquate Reaktionsmöglichkeit der Parteien sicherzustellen.62 Die bei §  10 angestellten Überlegungen, ob amici ein Recht auf Beteiligung haben und wie die Spruchkörper ihr Ermes-

58 

Dies schon wegen des Bestehens eines eigenen Rechtswegs für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten, §  40 VwGO. 59  Dazu oben §§  5 C. IV., V., 6 C. III., IV. 60  Dazu oben §  8 B. I. 2. b) aa). 61  Anders hingegen Heinze, RabelsZ 80 (2016), 254, 278, der ein solches fordert. 62  Dies fordernd auch Heinze, RabelsZ 80 (2016), 254, 278.

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3. Teil:  Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick

sen bei Nichtvorliegen eines solchen ausüben, sind vor dem Hintergrund der Erörterung lediglich eines Falls des atypischen amicus irrelevant. b)  Inhaltliche Einbindung der Stellungnahme in das Verfahren Zwingend zu berücksichtigen sind zudem die bei §  11 A. II. gemachten Überlegungen zu dem Grundsatz, dass im Revisionsverfahren keine neuen Subsumtionstatsachen eingebracht werden können.63 Rechtsfortbildungstatsachen hingegen können eingebracht werden. Diesbezüglich ergeben sich auch keine Probleme mit dem Beibringungsgrundsatz, da dieser für Rechtsfortbildungstatsachen nicht gilt.64 Amicus-Stellungnahmen wären hier ein geeignetes Instrument, um solche Tatsachen feststellen zu können. Die paradoxe Situation, dass diese Tatsachen vornehmlich von den Rechtsmittelinstanzen gebraucht werden, dort aber keine Grundlage besteht, sie festzustellen, wäre damit auch gelöst.65 Einer näheren Untersuchung bedarf allerdings die Frage, wie eine solche Regelung zu formulieren wäre, ohne dass die eben erörterten Grundsätze zur Tatsachenfeststellung in der Revision umgangen würden. Ziel einer solchen Formulierung sollte es sein, einen hohen Abstraktionsgrad zu wahren. Möglich wäre eine positive Formulierung, die den Gegenstand einer solchen Stellungnahme umschreibt. Damit würde aber eine Reihe von Problemen auftreten. Man müsste etwa den Begriff der Rechtsfortbildungstatsache definieren. Weiterhin wäre bei einer solchen Formulierung auch fraglich, inwiefern das Einholen rechtlicher Einschätzungen etwa von Behörden umfasst wäre. Schließlich wohnt einer positiven Formulierung des möglichen Gegenstands einer Stellungnahme die Schwäche inne, dass nicht vorhersehbare Einzelfälle zu einer Korrektur der Begrifflichkeiten im Wege der Auslegung zwingen. Sinnvoller erscheint eine negative Formulierung, die verdeutlicht, welche Inhalte eine solche Stellungnahme nicht umfassen kann. Dabei bietet es sich an, zu normieren, die bestehenden Regelungen der §§  546, 559 ZPO bleiben unberührt. 63 

Zu dem Grundsatz und seinen Ausnahmen oben §  11 A. II. 2. Dazu oben §  11 A. II. 2. 65  Im Zusammenhang mit Rechtsfortbildungstatsachen wird allerdings auf §  293 ZPO hingewiesen. Aus dessen Grundsätzen solle ableitbar sein, dass dem Gericht alle Erkenntnisquellen zur Verfügung stünden, dazu etwa Seiter, in: Grunsky u. a., Festschrift für Baur, S.  590; Hergenröder, Zivilprozessuale Grundlagen richterlicher Rechtsfortbildung, S.  415 ff.; Kühne, Amicus Curiae, S.  237 f. Eine eindeutige Regelung vergleichbar §  27a BVerfGG scheint jedoch schon im Hinblick auf die Rechtsklarheit und eine mögliche Signalwirkung vorteilhaft. Zudem ist eine analoge Anwendung von §  293 ZPO vor dem Hintergrund des Wortlauts der Norm und des Regelungszwecks zweifelhaft. Allgemein eine gesetzliche Regelung des amicus befürwortend auch Mansel, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 3.  Aufl., Bd. I 2, Vor §  64 Rn.  32 sowie Heinze, RabelsZ 80 (2016), 254, 278. 64 

§  16  Übernahme in das deutsche und europäische Prozessrecht

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c)  Keine aktive Beteiligung Im Hinblick auf die bei §  13 getätigten Überlegungen scheint es angebracht, eine aktive amicus-Beteiligung vorerst nicht zu verwirklichen.66 Vielmehr sollte eine amicus-Beteiligung es dem Gericht als ersten Schritt lediglich ermöglichen, weitere Informationsquellen heranzuziehen. Erweist sich eine solche Art der Beteiligung in der Praxis als überzeugend, ist zu überlegen, inwiefern amici etwa auch ein Fragerecht vergleichbar dem des Bundeskartellamts zustehen soll. Allerdings ist in funktionaler Hinsicht zu berücksichtigen, dass das Kartellamt mit seiner Beteiligung das ordnungspolitische Ziel eines funktionierenden Wettbewerbs verfolgt. Eine amicus-Beteiligung vor dem Bundesgerichtshof im hier geschilderten Sinne dient vornehmlich dem Interesse des Gerichts. Insofern ist fraglich, inwiefern überhaupt ein Bedürfnis besteht, den amicus mit aktiveren Beteiligungsmöglichkeiten auszustatten. d)  Kostenverteilung und etwaige Befangenheit Bezüglich der Kosten einer amicus-Beteiligung ist zunächst fraglich, inwiefern ein potentieller amicus einen Anspruch auf Kostenersatz haben sollte. Im Hinblick auf Stellungnahmen des Bundeskartellamts wurde gezeigt, dass diese die öffentliche Hand zu tragen hat.67 Allerdings bezieht sich dies auf Fälle, in denen das Amt aus eigener Initiative am Verfahren teilnimmt. Würde sich nunmehr der Bundesgerichtshof entscheiden, die Stellungnahme eines Dritten einzuholen, ist zu überlegen, inwiefern beispielsweise ein Verband eine Aufwandsentschädigung oder Vergütung verlangen können sollte und ob diese Teil der Prozesskosten im Sinne des §  91 ZPO wäre. Sachgerecht scheint es zunächst, dem Dritten eine Form der Aufwandsentschädigung zukommen zu lassen.68 Denn der Dritte muss regelmäßig Ressourcen für die Erstellung der Stellungnahme aufwenden muss. Inwiefern eine Vergütung gleich einem Sachverständigen nach §§  8 Abs.  1, 9 JVEG erfolgen kann, ist fraglich. Für die Kommission wurde dies als sachgerecht erachtet.69 Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Kommission in Kartellverfahren eine besonders hohe Sachkompetenz hat. Ein solch hohes Maß an Sachkompetenz dürfte selbst bei sachkundigen Dritten nur in Ausnahmefällen vorkommen, weswegen eine Aufwandsentschädigung ausreichend wäre. Sie müsste im JVEG geregelt werden70 und sollte als Teil der So auch Heinze, RabelsZ 80 (2016), 254, 279. Dazu oben §  14 A. 68  Anders ohne nähere Begründung aber Heinze, RabelsZ 80 (2016), 254, 278. 69  Dazu oben §  14 A. 70  Überlegungen zur Kostentragung bei Einholung von amicus curiae-Stellungnahmen vor dem Bundesgerichtshof stellt auch Strohn, ZHR 178 (2014), 115, 126 an. Er kommt zu 66  67 

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3. Teil:  Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick

Prozesskosten im Sinne des §  17 Abs.  3 GKG, der auch für Fälle des §  144 Abs.  1 S.  1 Alt.  2 ZPO gilt,71 angesehen werden. Dies ist auch sachgerecht, da regelmäßig die Streitigkeit der Parteien für das Anrufen des Dritten ursächlich sein wird. Die bei §  15 angestellten Überlegungen zu einer möglichen Befangenheit sind in gewissem Umfang zu berücksichtigen. Allerdings erscheint die Annahme einer Befangenheit eher unwahrscheinlich, wenn lediglich ein Dritter um eine Stellungnahme gebeten wird. e)  Fazit und Regelungsvorschlag Für das Revisionsverfahren wäre eine Regelung vergleichbar §  27a BVerfGG eine sinnvolle Ergänzung zu der jetzigen Rechtslage. Der Bundesgerichtshof könnte etwa Rechtsfortbildungstatsachen oder auch bestimmte außerjuristische Fachbegriffe72 schnell und unkompliziert von Verbänden, Nichtregierungsorganisationen oder anderen Stellen mit einer diesbezüglichen Sachkompetenz einholen. Sicherlich wäre bei einem solchen Vorgehen zu berücksichtigen, dass im Rahmen einer sodann abzugebenden Stellungnahme auch Interessen des Dritten eine Rolle spielen können. Dies angemessen zu würdigen wäre Aufgabe des Gerichts. Auch in der Literatur wird verschiedentlich auf die Nützlichkeit von amicus-Stellungnahmen und eine etwaige Reform hingewiesen.73 Dabei wird teilweise nicht zwischen einer Beteiligung durch typische und atypische amici differenziert.74 Dies erscheint jedoch wie gesehen zwingend geboten. Eine Regelung könnte dann beispielsweise wie folgt lauten: „Das Revisionsgericht kann sachkundigen Dritten Gelegenheit zur Stellungnahme geben. §§  546, 559 ZPO bleiben unberührt.“ Systematisch wäre diese Regelung im zweiten Abschnitt des Dritten Buchs der ZPO – den Vorschriften betreffend das Revisionsverfahren – anzusiedeln. dem Ergebnis, dass nur wenn dem amicus bestimmte Beweisfragen gestellt würden, er als Sachverständiger behandelt werden könnte. In sonstigen Fällen ist er der Ansicht, es fehle an einem Gebührentatbestand im Gerichtskostengesetz. 71  Fritsche, in: Krüger/Rauscher, MünchKomm ZPO, Bd. 1, §  144 Rn.  28. 72  Hierauf hinweisend und solche näher beschreibend Strohn, ZHR 178 (2014), 115, 116 ff. 73  Hirte, ZZP 104 (1991), 11, 62 ff.; Mansel, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 3.  Aufl., Bd. I 2, Vor §  64 Rn.  32; Strohn, ZHR 178 (2014), 115, 120, 126; Heinze, RabelsZ 80 (2016), 254, 278 f. Vgl. aber Maultzsch, Streitentscheidung und Normbildung durch den Zivilprozess, S.  402 f., der zum einen darauf hinweist, dass dies den Unterschied zwischen Gesetzgebung und Rechtsprechung verwässern könnte, gleichzeitig aber der Entwicklung des Revisionsrechts entspräche, die zu einer immer stärkeren Normbildung im Zivilprozess führt. 74  Hirte, ZZP 104 (1991), 11, 64; Mansel, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 3.  Aufl., Bd. I 2, Vor §  64 Rn.  32.

§  16  Übernahme in das deutsche und europäische Prozessrecht

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B.  Europäisches Prozessrecht Nachdem für das deutsche Recht ein Reformbedarf festgestellt und ein Vorschlag ausgearbeitet wurde, soll im Folgenden das europäische Prozessrecht diesbezüglich untersucht werden. Dabei sind die für den EuGH gültigen Satzungen beziehungsweise Verfahrensordnungen im Hinblick auf bestehende Funk­ tionsäquivalente – die es für die Ermittlung des Reformbedarfs festzustellen gilt – maßgeblich.

I.  Bestehende Funktionsäquivalente 1.  Art.  24, 25 Satzung-EuGH Art.  24 und 25 Satzung-EuGH regeln die Möglichkeiten des EuGH, selbst eine Sachverhaltsaufklärung zu betreiben. Sie weisen eine funktionale Übereinstimmung mit §  144 ZPO auf, sind aber weitergehend.75 Näher zu betrachten sind Art.  24 Abs.  2 Satzung-EuGH und Art.  25 Satzung-EuGH, da diese eine Beteiligung Dritter am Rechtsstreit regeln.76 Art.  24 Abs.  2 Satzung-EuGH ermöglicht es dem Gerichtshof, von den Mitgliedstaaten und Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union Auskünfte zu erlangen, die er als notwendig erachtet. Dies kann etwa die Frage nach dem Zeitpunkt der tatsächlichen Veröffentlichung eines Beschlusses an das Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft oder aber die Vorlage eines Gutachtens durch einen Mitgliedstaat sein.77 Die Vorschrift ähnelt daher einer atypischen amicus-Praxis, ist aber im Hinblick auf den Kreis der sich potentiell Beteiligenden eingeschränkt. Gemäß Art.  25 Satzung-EuGH kann der Gerichtshof jederzeit Personen, Personengemeinschaften, Dienststellen, Ausschüsse oder Einrichtungen seiner Wahl mit der Abgabe von Gutachten betrauen. Dabei wird diese Vorschrift als Normierung des Sachverständigenbeweises, welcher näher in Art.  70 VerfO-­

75  Nach §  144 ZPO kann wie gesehen keine Ausforschung des Sachverhalts erfolgen und es können auch nicht Zeugen von Amts wegen benannt werden, dazu oben §§  11 A. II. 2., 12 B. I. Nach Art.  26 Satzung-EuGH, Art.  66 Abs.  1 VerfO-EuGH kann der EuGH hingegen Zeugen auch von Amts wegen vernehmen. Auch können mittels der Art.  24–30 Satzung-­ EuGH die tatsächlichen Grundlagen des Verfahrens erweitert werden, Dittert, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, Bd. 4, Art.  24 Satzung-EuGH Rn.  1. 76  Art.  24 Abs.  1 Satzung-EuGH hingegen regelt lediglich die Urkundenvorlage durch die Parteien und ist daher kein Funktionsäquivalent. 77  Zu diesen Beispielen näher Dittert, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, Bd. 4, Art.  24 Satzung-EuGH Rn.  10.

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3. Teil:  Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick

EuGH geregelt ist, angesehen.78 Eine solche Sichtweise stützt auch der englische Wortlaut, der davon spricht, der Gerichtshof könne eine expert opinion an­ fordern. Etwas ungewöhnlich ist allerdings, dass Art.  25 Satzung-EuGH dem Gerichtshof freie Wahl lässt, wer als Sachverständiger Ausführungen machen soll. Anders als in der ZPO79 findet sich keine Begrenzung auf natürliche Personen mit einer besonderen Sachkunde. Insofern ist der Kreis der Personen, die als Sachverständige in Betracht kommen, sehr weit gezogen. Einschränkend wird man aber die aus Art.  71 VerfO-EuGH folgende Pflicht des Sachverständigen zur Neutralität zu berücksichtigen haben. Daher ist die Auswahl etwa eines parteiischen Verbandes als Sachverständiger nicht zulässig. Art.  25 Satzung­EuGH weist demnach auch kaum Gemeinsamkeiten mit §  27a BVerfGG auf. Vielmehr stellt sich die Vorschrift als Normierung des förmlichen Beweismittels des Sachverständigen dar. Die unkomplizierte Möglichkeit, viele, teils auch parteiische, Verbände zu Stellungnahmen aufzufordern, ist dem EuGH gerade nicht gegeben. 2.  Vorabentscheidungsverfahren Im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art.  267 AEUV ermöglicht Art.  23 Abs.  2 Satzung-EuGH, dass neben den Parteien des Ausgangsverfah­ rens, die Mitgliedstaaten, die Kommission und gegebenenfalls andere Einrichtungen der Union, von denen die streitige Handlung ausgegangen ist, Schrift­sätze einreichen können.80 Dabei können sie mit ihrer Stellungnahme sowohl eigene Interessen vertreten als auch den Gerichtshof bei der Entscheidungsfindung unterstützen. Solche Stellungnahmen nach Art.  23 Abs.  2 Satzung-EuGH werden wiederholt in der Literatur81 und in zwei Stellungnahmen von General­anwälten82

78  Dollinger, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, §  27a Rn.  3; Wägenbaur, EuGH VerfO, Art.  25 Satzung-EuGH Rn.  1. 79  Zur ZPO siehe etwa §§  404 Abs.  2 , 408 ZPO sowie Huber, in: Musielak/Voit, ZPO, §  404 Rn.  1. Zu berücksichtigen ist, dass auch im Rahmen der ZPO Sachverständigengutachten durch Behörden oder andere Stellen angefertigt werden können, wenn dies durch Gesetz geregelt ist, beispielsweise §  91 Abs.  1 Nr.  2 HandwO, dazu Huber, in: Musielak/Voit, ZPO, §  404 Rn.  2. 80  Zu weiteren Möglichkeiten der Beteiligung von Mitgliedstaaten und Organen im Rahmen von Art.  40 Satzung-EuGH sogleich. 81  Hackspiel, in: Rengeling/Middeke/Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der EU, §  22 Rn.  53; Nissen, Die Intervention Dritter in Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S.  18. 82  Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak, 06.07.2010, Rs. C-137/08, VB Pénzügyi Lízing Zrt. ./. Ferenc Schneider, Slg. 2010, I-10857, 10869, Rn.  80; Schlussanträge des GA Geelhoed, 28.11.2002, Rs. C-20/01, Kommission ./. BRD, Slg. 2003, I-3609, 3619, Rn.  42.

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als amicus-Stellungnahmen qualifiziert.83 Teilweise wird jedoch einschränkend angemerkt, nur Stellungnahmen, die den Gerichtshof bei seiner Entscheidungsfindung unterstützten, seien eine amicus-Stellungnahme.84 Zwar liegt ein solches Verständnis bei einer am Wortlaut orientierten Auslegung des Begriffs „amicus curiae“ nahe, jedoch haben die Ausführungen im U.S.-amerikanischen Recht gezeigt, dass dies keineswegs zwingend ist, sondern die parteiische Ausrichtung eher dem Normalfall entspricht.85 Fraglich ist aber, ob die Verwendung des Terminus „amicus curiae“ für Stellungnahmen Dritter im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens überhaupt angezeigt ist. Dafür ist die Natur des Vorabentscheidungsverfahrens näher zu betrachten. Dieses ist anders als die meisten übrigen Verfahren vor dem EuGH kein kontradiktorisches Verfahren.86 Vielmehr ist Ziel des Verfahrens die einheitliche Wahrung des Unionsrechts. Die Beteiligten eines solchen Verfahrens können daher teilweise lediglich das Gericht bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen suchen. Eine solche unterstützende Funktion ist jedoch wie gesehen nicht zwingend für die Bezeichnung amicus. Auch bietet es sich aus Gründen einer einheitlichen Terminologie an, für alle sich am Vorabent­ scheidungsersuchen Beteiligende den einheitlichen Terminus „Beteiligte“ zu verwenden. Abseits solch formeller Fragen der Bezeichnung liegt inhaltlich aber eine Parallele zum amicus vor. Denn die sich Beteiligenden können, wie auch amici, schriftliche Stellungnahmen zum Verfahren einreichen. Anders als etwa im Rahmen von Art.  25 Satzung-EuGH agieren sie dabei auch nicht als unabhängige Gutachter. 3. Streithilfe Art.  40 Satzung-EuGH regelt das Instrument der Streithilfe vor dem EuGH. Nach Art.  40 Abs.  1 Satzung-EuGH können Mitgliedstaaten und Unionsorgane einem anhängigen Rechtsstreit beitreten. Besondere Voraussetzungen sind dabei nicht einzuhalten. Alle anderen Personen müssen ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits aufweisen, wenn sie sich an diesem beteiligen 83  Auch der juristische Dienst der Kommission bezeichnet sich selbst als amicus curiae im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens, (abgerufen am 21.10.2016). 84  Hackspiel, in: Rengeling/Middeke/Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der EU, §  22 Rn.  53. 85  Oben §  2 A., B. 86  Pechstein, EU-Prozessrecht, S.  368 f.; Everling, Das Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S.  56; Wägenbaur, Court of Justice of the EU, Art.  23 Stat Rn.  4; Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak, Rs. C-137/08, VB Pénzügyi Lízing Zrt. ./. Ferenc Schneider, Rn.  80.

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3. Teil:  Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick

wollen, Art.  40 Abs.  2 Satzung-EuGH. Ein solch berechtigtes Interesse ist zunächst nicht mit dem rechtlichen Interesse des §  66 ZPO gleichzusetzen.87 Es wird vielmehr durch den EuGH recht weit ausgelegt und umfasst auch wirtschaftliche Interessen.88 Rein ideelle Interessen sind dagegen regelmäßig nicht ausreichend.89 Wichtig ist zudem, dass das Interesse ein unmittelbares und nicht lediglich ein hypothetisches, mittelbares ist.90 Im Hinblick auf die prozessualen Rechte eines Streithelfers sind Art.  129 ff. VerfO-EuGH zu beachten. Ausweislich Art.  129 Abs.  1 S.  2 VerfO-EuGH hat der Streithelfer nicht dieselben Rechte wie eine Partei. Insofern kommt ihm keine Dispositionsbefugnis über den Streitgegenstand zu. Allerdings hat er das Recht, alle Verfahrensdokumente zugestellt zu bekommen, Art.  131 Abs.  4 VerfO-­EuGH. Das Vorbringen des Streithelfers ist auf Aspekte limitiert, die von den Hauptparteien angesprochen werden. Möglich ist es dem Streithelfer jedoch, selbstständig Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzubringen.91 Diese müssen allerdings die Anträge der Parteien unterstützen und dürfen vom Gegenstand des Rechtsstreits nur bedingt abweichen. Im Gegensatz zum amicus besteht daher in Bezug auf die prozessualen Rechte des Intervenienten eine Ausweitung der Befugnisse, hinsichtlich des Gegenstands der Stellungnahme jedoch eine Einengung. 4.  Generalanwalt Vor dem EuGH treten regelmäßig Generalanwälte auf. Diese stellen in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit regelmäßig Schlussanträge vor dem Gerichtshof, Art.  252 Abs.  2 AEUV. Der Generalanwalt soll durch diese Schlussanträge zu einer objektiven Meinungsbildung des Gerichtshofs beitragen.92 Dabei bilden die Schlussanträge oftmals den Ausgangspunkt für die nachfolgenden Beratungen des Gerichtshofs.93 Sie sind ferner eine wertvolle Informationsquelle für den wissenschaftlichen Diskurs, da die Urteile des EuGH oftmals sehr kurz gehalten sind.94 Die Figur darf dabei nicht mit dem Vertreter des öffentlichen Hasselbach, ZZP 109 (1996), 195, 205. Siehe für Beispiele aus der Gerichtspraxis etwa Wägenbaur, EuGH VerfO, Art.  40 Satzung EuGH Rn.  7 ff. Auf wirtschaftliche Interessen abstellend auch Hasselbach, ZZP 109 (1996), 195, 205. Siehe für wirtschaftliche Interessen auch Nissen, Die Intervention Dritter in Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S.  138 f. 89  Näher Nissen, Die Intervention Dritter in Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S.  140 ff. 90  Wägenbaur, EuGH VerfO, Art.  40 Satzung EuGH Rn.  5 f. 91  Wägenbaur, EuGH VerfO, Art.  40 Satzung EuGH Rn.  26. 92  Karpenstein, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art.  252 Rn.  1 f. 93  Borgsmidt, EuR 1987, 162, 164. 94  Rösler, Europäische Gerichtsbarkeit auf dem Gebiet des Zivilrechts, S.  337. 87 

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§  16  Übernahme in das deutsche und europäische Prozessrecht

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Interesses gemäß §  35 VwGO verglichen werden. Letzterer nimmt gegenüber dem Generalanwalt eine wesentlich stärker parteiisch geprägte Rolle ein.95 Teilweise werden die Schlussanträge des Generalanwalts als Form eines institutionalisierten amicus curiae-Schriftsatzes angesehen.96 Jedoch wird diese Ansicht in der Literatur auch teils bezweifelt.97 Karpenstein attestiert dem Generalanwalt nur eine bedingte Vergleichbarkeit mit einem amicus curiae.98 Orientiert man sich am U.S.-amerikanischen Recht, wäre eine Vergleichbarkeit von amicus und Generalanwalt noch am ehesten im Rahmen der Figur des Solicitor General gegeben. Jedoch handelt dieser regelmäßig weitaus parteiischer, als dies für einen Generalanwalt angemessen wäre. Insofern ist eine Vergleichbarkeit von amicus und Generalanwalt in der Tat nicht gegeben. Vielmehr stellt der Generalanwalt ein eigenständiges Instrument im Gefüge des europäischen Prozessrechts dar, welches im deutschen Recht keine Entsprechung hat. Im französischem Recht ist jedoch der Commissaire du gouvernement als vergleichbar anzusehen. Diese Figur war auch Vorbild für die Schaffung der Institution des Generalanwalts.99 Ein bedeutender Unterschied hierzu ist jedoch, dass die Parteien auf die Ausführungen des Generalanwalts nicht erwidern können, während dies im Hinblick auf die des Commissaire du gouvernement möglich ist.100 5.  Vergleichende Analyse Im Rahmen des europäischen Prozessrechts existieren mehrere Instrumente prozessualer Art, die als Funktionsäquivalent zum amicus angesehen werden können. Dabei ist Art.  25 Satzung-EuGH zunächst lediglich eine Vorschrift über das Beweismittel des Sachverständigen. Besonders ist sie jedoch insofern, als dem Gerichtshof weitgehend freie Wahl verbleibt, wen er als Sachverständigen benennen möchte. Die Möglichkeit jedoch, fernab eines förmlichen Beweismittels Stellungnahmen wie nach §  27a BVerfGG einzuholen, steht dem Gerichtshof nicht offen. Art.  24 Abs.  2 Satzung-EuGH ermöglicht es dem EuGH, verschiedene Einrichtungen der Union und die Mitgliedstaaten um Auskünfte Pechstein, EU-Prozessrecht, S.  55. Henninger, Europäisches Privatrecht und Methode, S.  272; Rösler, Europäische Gerichtsbarkeit auf dem Gebiet des Zivilrechts, S.  337. Auf eine Vergleichbarkeit hinweisend auch Borgsmidt, EuR 1987, 162, 173 f. 97  Karpenstein, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art.  252 Rn.  3. 98  Karpenstein, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art.  252 Rn.  3. Zu berücksichtigen ist etwa, dass Generalanwälte Mitglieder des EuGH sind, dazu Hackspiel, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, Bd. 4, Art.  252 AEUV Rn.  5. 99  Ausführlich Borgsmidt, EuR 1987, 162, 166 ff. 100  Darauf hinweisend Pechstein, EU-Prozessrecht, S.  56. Pechstein bemängelt eine solch fehlende Reaktionsmöglichkeit ausdrücklich. 95 

96 

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3. Teil:  Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick

zu bitten. Damit besteht eine funktionale Übereinstimmung mit einer atypischen amicus-Praxis. Allerdings ist der Kreis der Einrichtungen, bei denen eine Anfrage gestellt werden kann, begrenzt. Im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens wird einem kleinen Kreis von Beteiligten die Möglichkeit gegeben, Stellungnahmen abzugeben. Solche Stellungnahmen ähneln inhaltlich einer amicus-Stellungnahme. Jedoch steht diese Möglichkeit zum einen nur wenigen Beteiligten offen. Zum anderen sind solche Stellungnahmen lediglich im Rahmen von Vorabentscheidungsverfahren vorgesehen. Sie sind gerade nicht zu verallgemeinern. Die Figur der Streithilfe schließlich ähnelt in vielerlei Hinsicht der Figur eines Intervenienten. Wenngleich im europäischen Prozessrecht die Anforderungen an das Interesse des Intervenienten gegenüber dem deutschen Recht herabgesetzt sind, reichen lediglich ideelle Interessen nach wie vor nicht aus, um sich als Streithelfer zu beteiligen. Dies stellt einen wesentlichen Unterschied zur Figur des amicus dar. Die Institution des Generalanwalts ist schließlich ebenfalls nur eingeschränkt mit einer amicus-Beteiligung vergleichbar. Insbesondere seine Pflicht zur Unparteilichkeit und Unabhängigkeit unterscheidet den Generalanwalt von einem amicus.

II.  Reformbedarf und Reformvorschläge 1.  Reformbedarf Die Untersuchung der bestehenden Funktionsäquivalente hat verdeutlicht, dass das geltende europäische Prozessrecht bereits Elemente einer atypischen amicus-Praxis kennt. Angemessen ist es, diese Praxis einer amicus-Beteiligung auszuweiten, so dass auch sonstige sachkundige Dritte und nicht wie bisher lediglich Mitgliedstaaten und Unionsorgane Stellung nehmen können. Dem EuGH sollte es wie dem Bundesverfassungsgericht möglich sein, unkompliziert sachkundige Dritten um Stellungnahmen zu bitten. Darüber hinaus ist zu prüfen, inwiefern auch eine Beteiligung auf Initiative des amicus selbst, das heißt eine typische amicus-Praxis, sachgerecht ist. Für das deutsche Recht wurde dies im Wesentlichen mittels dreier verschiedener Erwägungen abgelehnt. Deren Übertragbarkeit auf das europäische Prozessrecht ist zu hinterfragen. Zunächst wurde für die ZPO herausgearbeitet, dass dort eine Beteiligung nach §§  66, 72 ZPO ein rechtliches Interesse voraussetzt, das heißt ein unmittelbares, nicht lediglich wirtschaftliches Interesse an der Streitigkeit.101 Art.  40 Abs.  2 Satzung-EuGH ist in dieser Hinsicht offener. Dort ist lediglich von einem 101 

Dazu oben §  16 A. I. 2.

§  16  Übernahme in das deutsche und europäische Prozessrecht

501

berechtigten Interesse die Rede, welches zwar ideelle Interessen ausschließt, aber wirtschaftliche Interessen umfasst.102 Die Einführung einer typischen amicus-Praxis, für die das Ausreichen eines bloßen ideellen Interesses charakteristisch ist,103 wäre vor dem Hintergrund, dass bereits lediglich ein berechtigtes Interesse für eine Beteiligung nach Art.  40 Abs.  2 Satzung-EuGH erforderlich ist, weniger einschneidend. Maßgeblich zu berücksichtigen sind ferner funktionale Betrachtungen. Bezüglich dieser wurde für das deutsche Recht eine gegenüber dem U.S.-amerikanischen Recht verringerte Anzahl von Streitigkeiten, die weitläufige öffentliche Interessen berühren, festgestellt. Der EuGH entscheidet hingegen eine Vielzahl unterschiedlicher Streitigkeiten, etwa von der Anwendung der Grundfreiheiten bis hin zu Fragen der Währungsunion.104 Während einige der Entscheidungen sicherlich nur eine begrenzte Fachöffentlichkeit näher interessieren, sind andere Entscheidungen durchaus prägend für die europäische Zivilgesellschaft.105 Es besteht damit im Vergleich zum Bundesgerichthof eine stärkere Berührung von Themenfeldern, die etwa dem Bereich der public law litigation nach U.S.-amerikanischen Vorbild zugerechnet werden können. Gegen die Normierung einer typischen amicus-Beteiligung wurde für das deutsche Recht schließlich der Umstand einer ausreichenden demokratischen Teilhabe angeführt. Im Bereich des europäischen Rechts werden hingegen immer wieder strukturelle Mängel der demokratischen Legitimation hervorgehoben.106 Eine Öffnung des EuGH würde hier ein positives Signal setzen. Insofern scheint es überlegenswert, eine Teilhabe der Zivilgesellschaft am Rechtsfindungsprozess des EuGH im Wege einer typischen amicus-Praxis zu ermöglichen. 102 

Dazu oben §  16 B. I. 3. Dazu oben §§  2 B. I. 2. b) bb), 7 B. 104  Zu den Grundfreiheiten etwa EuGH, 04.06.2009, Rs. C-142/05, Mickelsson, Slg. 2009, I-4273. Zu Fragen der Währungsunion EuGH, 27.11.2012, C-370/12, Pringle, ECLI:EU:C: 2012:756. 105  Der EuGH wird häufig als Motor der Integration bezeichnet und brachte ein weites Verständnis seiner eigenen Kompetenzen und seiner Bedeutung für die Zivilgesellschaft bereits frühzeitig in der Entscheidung EuGH, 05.02.1963, Rs. 26/62, van Gend & Loos, Slg. 1963, 3, 24 zum Ausdruck, indem er formuliert: „Das Ziel des EWG-Vertrages ist die Schaffung eines gemeinsamen Marktes, dessen Funktionieren die der Gemeinschaft angehörigen Einzelnen unmittelbar betrifft; damit ist zugleich gesagt, daß dieser Vertrag mehr ist als ein Abkommen, das nur wechselseitige Verpflichtungen zwischen den vertragsschließenden Staaten begründet.“ 106  Hierzu etwa Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, S.  102 ff.; Degenhart, Staatsrecht I, S.  53 f. Institutioneller Hintergrund ist unter anderem die in Art.  14 Abs.  2 S.  4 EUV normierte fehlende Gleichheit der abgegebenen Stimmen bei der Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments. 103 

502

3. Teil:  Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick

Für eine Normierung einer amicus-Beteiligung vor dem EuGH spricht auch, dass dieser als letztinstanzliches europäisches Gericht regelmäßig Entscheidungen trifft, deren Folgen in einer Reihe von Mitgliedstaaten spürbar sind.107 Aufgrund der Divergenz der 28 mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht ist eine Unterstützung des EuGH durch amicus-Stellungnahmen durchaus denkbar. Amici könnten etwa rechtliche Ausführungen betreffend die Lage in einem bestimmten Mitgliedstaat tätigen oder Rechtsfortbildungstatsachen in das Verfahren einbringen, wenngleich hinsichtlich solcher ein möglicher parteiischer Einschlag zu berücksichtigen wäre. In praktischer Hinsicht ist zu beachten, dass die Vereinigung Europäischer Anwälte – im Französischem Conseil des Barreaux de l’Union européenne (CCBE) – bereits im Jahre 2003 die Zulassung von amicus-Schriftsätzen nach U.S.-amerikanischen Recht forderte.108 Im Rahmen der Reform der Verfahrens­ ordnung des EuGH im Jahre 2012 wurde die Einführung einer solchen Vorschrift erwogen, schließlich aber, wie Berrisch berichtet, vom EuGH verworfen.109 Der Gerichtshof scheint daher einer typischen amicus-Beteiligung eher ablehnend gegenüberzustehen. Dies mag mit dem Wunsch nach einem möglichst effizienten und straff organisierten Verfahren zusammenhängen, welcher im Rahmen der Reform der Verfahrensordnung etwa im Hinblick auf eine Ausweitung der Möglichkeiten zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und der verbindlichen Festlegung von Seitenzahlbegrenzungen zum Ausdruck kommt.110 Indes zeigt der Supreme Court, dass eine typische amicus-Beteiligung und ein effizientes Verfahren einander nicht ausschließen. Daher ist zu prüfen, wie ein effizientes Verfahren vor dem EuGH unter gleichzeitiger Zulassung einer Beteiligung auch auf Initiative des amicus ablaufen könnte – ein Reformvorschlag ist zu skizzieren.

107  Aufgrund der Besonderheiten des EuGH als europäisches Gericht letzter Instanz und seiner alleinigen Zuständigkeit für oftmals besonders öffentlichkeitswirksame Verfahren wie etwa Vorabentscheidungs- oder Vertragsverletzungsverfahren, dazu Art.  256 AEUV i. V. m. Art.  23, 51 EuGH-Satzung, erfolgt hier keine nähere Betrachtung des EuG. 108  CCBE Submission on the Convention to Europe – Interventions and Amicus Curiae Briefs in Proceedings before the ECJ and the CFI, March 2003. 109  Berrisch, EuZW 2012, 881, 882; der EuGH hat eine Normgebungskompetenz für seine Verfahrensordnung, siehe Art.  253 Abs.  6 AEUV. 110  Zur mündlichen Verhandlung vgl. Art.  76 Abs.  2 VerfO-EuGH (2012) gegenüber Art.  55 ff., 62a. VerfO-EuGH, in der Fassung vom 13.01.2009 (ABl. 2009, L 24/8 ff.). Zur Möglichkeit der Seitenzahlbegrenzungen siehe Art.  175 Abs.  2 S.  2, 180 Abs.  2 S.  2 VerfO-­ EuGH (2012). Eine solche war in der VerfO-EuGH 2009 nicht vorgesehen; hierzu auch ­Berrisch, EuZW 2012, 881 f.

§  16  Übernahme in das deutsche und europäische Prozessrecht

503

2.  Reformvorschlag Ähnlich dem Vorgehen im Rahmen des deutschen Rechts werden dabei die in §§  8–15 getätigten Überlegungen aufgegriffen und die wesentlichen Punkte einer etwaigen Regelung umrissen. a)  Voraussetzungen einer Beteiligung Im Hinblick auf die allgemeinen Voraussetzungen111 der Verfahrensbeteiligung ist eine Parteifähigkeit nicht zu fordern. Vielmehr sollte sich jeder Dritte am Verfahren beteiligen können. Zielführend scheint es hingegen, wie vor dem Supreme Court das Erfordernis einer anwaltlichen Vertretung zu normieren. Dies wäre für die Verfahrenseffizienz förderlich, da so zumindest die Einhaltung formaler Anforderungen gewährleistet werden könnte112 und sich dieses Erfordernis auch mit den aus Art.  97 Abs.  3 und Art.  119 Abs.  1 VerfO-EuGH zum Ausdruck kommenden Vertretungserfordernissen in Übereinstimmung findet. Hinsichtlich der besonderen Voraussetzungen einer Beteiligung113 ist zunächst die Notwendigkeit eines Antrags zu betonen. Ein solch zweistufiges Verfahren versetzt den EuGH in die Lage, zu prüfen, welche Stellungnahmen zuzulassen sind. Man mag zwar unter Effizienzgesichtspunkten der Meinung sein, die Prüfung einer amicus-Stellungnahme nehme mehr Zeit in Anspruch als eine stets gewährte Zulassung, allerdings ist dies für das europäische Recht ein Trugschluss. Dort wäre die Zulassung eines amicus, der sich auch auf eigene Initiative beteiligen könnte, ein echtes Novum. Würde man hier von Anfang an auf die Einhaltung bestimmter, noch zu benennender Kriterien drängen, könnte dies eine Signalwirkung für künftige Beteiligungen haben. Fehlgeleitete amicus briefs ließen sich so verhindern.114 Eine Ausnahme vom Antragserfordernis bei Zustimmung der Parteien ist nicht einzuführen. Im U.S.-amerikanischen Recht hat dies zur Praxis des blanket consent geführt, das heißt, die Parteien erklären 111 

Dazu oben §  8 A. Für das U.S.-amerikanische Recht hat die Beteiligung der Westboro Baptist Church verdeutlicht, dass inhaltlich misslungene amicus-Stellungnahmen trotz einer anwaltlichen Vertretung vorkommen können, dazu oben §§  8 A. II. 2., 2 B. III. 113  Dazu oben §  8 B. 114  Daher unterscheidet sich die Situation vom U.S.-amerikanischen Recht. Dort wurde bei §  10 B. I. 1. das Argument, dass eine Prüfung des amicus briefs mehr Zeit in Anspruch nimmt als ein pauschales Zulassen, für bedenkenswert erachtet. Dies gilt aber nur dort, da in den Vereinigten Staaten eine amicus-Praxis weit verbreitet sowie historisch verwurzelt ist und die restriktive Sichtweise des 7th Circuit etwa vom 3rd Circuit nicht geteilt wird. Der EuGH könnte hingegen von Anfang an einheitliche Kriterien schaffen. 112 

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3. Teil:  Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick

pauschal ihre Zustimmung, sodass keine inhaltliche Überprüfung erfolgt.115 Zudem sollte der EuGH die Möglichkeit haben eine Zulassungspraxis zu etablieren. Im Hinblick auf eine Beteiligung von Mitgliedstaaten und Unionsorganen ist hingegen eine Ausnahme vom Erfordernis eines Antrags zu machen, da damit eine Kohärenz zu der Regelung des Art.  40 Satzung-EuGH hergestellt werden könnte. Eine Beteiligung als amicus kann trotz der Möglichkeit des Art.  40 Satzung-EuGH im Einzelfall von Mitgliedstaaten und Unionsorganen gewünscht sein, wie sich etwa im Welthandelsrecht hinsichtlich der Frage einer Beteiligung von Mitgliedstaaten der WTO als amicus gezeigt hat.116 Inhaltlich sollte der Antrag bereits den amicus brief mit enthalten,117 so dass dieser Gegenstand der Prüfung der Zulassung sein kann. Der Inhalt des Antrags sollte sich an den oben bei §  8 B. I. 2. b) getätigten Überlegungen orientieren. Zielführend ist es zu fordern, dass der amicus zunächst sich selbst und sein Interesse an der Streitigkeit beschreibt. Ferner sollte er eine etwaige finanzielle Unterstützung offenlegen. Der Antrag sollte zudem einen bestimmten Umfang nicht überschreiten und schriftlich eingereicht werden. Der Umfang der Stellungnahme selbst sollte ebenfalls einer Begrenzung unterliegen. Sachgerecht ist es zudem, wenn innerhalb einer zu schaffenden Regelung zwischen einer Beteiligung auf Initiative des amicus und einer Beteiligung auf Initiative des Gerichts differenziert wird. Für letztere wäre auf einen vorherigen Antrag zu verzichten. Dort sollte vergleichbar einer etwaigen Regelung für den Bundesgerichtshof lediglich an das Erfordernis der Sachkunde angeknüpft werden. b)  Zeitpunkt der Beteiligung Zu regeln ist ferner der Zeitpunkt einer amicus-Beteiligung. Im Rahmen von §  9 A. wurden als wesentliche Kriterien zur Bestimmung eines solche Zeitpunkts die Reaktionsmöglichkeit der Parteien, der Zugriff des amicus auf Verfahrensdokumente sowie der Gesichtspunkt der Verfahrenseffizienz genannt. Eine Reaktionsmöglichkeit der Parteien muss unter dem Gesichtspunkt eines rechtsstaatlichen Verfahrens gewährt werden.118 Ein Zugriff auf die Verfahrensdoku115 

Dazu oben §  8 B. I. 1. a). Dazu oben §  5 B. I. 1., D. II. 1. 117  Zu dieser Frage oben §  8 B. I. 2. a). 118  Dazu oben §  9 A. I. Für das europäische Prozessrecht folgt die Notwendigkeit einer Reaktionsmöglichkeit aus dem Umstand, dass ein Anspruch auf rechtliches Gehör Teil des acquis communautaire ist, wie Art.  6 Abs.  3 EUV in Verbindung mit Art.  6 Abs.  1 EMRK in der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, dazu EGMR, 23.06.1993, 2/1992/347/420, Rn.  63, verdeutlicht. 116 

§  16  Übernahme in das deutsche und europäische Prozessrecht

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mente haben Dritte bisher nicht und es wäre im Rahmen einer etwaigen Reform auch ein sehr weitgehender Schritt, dies Dritten zu ermöglichen. Aus Gründen der Verfahrenseffizienz ist es sinnvoll einen Beteiligungszeitpunkt festzulegen. Die Ausführungen zur Investitionsschiedsgerichtsbarkeit haben verdeutlicht, welche Nachteile entstehen können, wenn man diesen nicht festlegt.119 Solange vor dem EuGH amici keine Einsicht in die Schriftsätze der Parteien haben, kann es zweckmäßig sein, eine Beteiligung etwa nach dem Einreichen des verfahrenseinleitenden Schriftsatzes zu ermöglichen, so dass der Gegner in seiner Erwiderung sogleich auch auf die amicus-Stellungnahme eingehen kann, wobei hier abhängig von der Art des Verfahrens120 Unterschiede bestehen können. Eine etwaige Regelung könnte sich darauf beschränken, festzustellen, dass ein geeigneter Einreichungszeitpunkt unter Berücksichtigung der wesentlichen Kriterien zu bestimmen sei.121 Alternativ könnte für jede Verfahrensart ein abstrakter Zeitpunkt normiert werden,122 der hinsichtlich der Rechtsmittel- und Klageverfahren maßgeblich von der Einreichung des verfahrenseinleitenden Schriftsatzes abhängen könnte.123 Diese Frist müsste dann im Internet veröffentlicht werden oder es könnte sogleich ein Einreichungszeitpunkt, der diese Fristen berücksichtigt, veröffentlicht werden. c) Zulassungskriterien Aufgrund der hier befürworteten Möglichkeit der Beteiligung von amici auf deren eigene Initiative sind in einer Regelung Kriterien aufzustellen, wann eine solche Beteiligung als zulässig erachtet wird. Die Normierung solcher Kriterien wäre mit einer Reihe von Vorteilen verbunden. Zunächst würden sie potentiellen amici einen Hinweis geben, wie diese ihre Stellungnahme inhaltlich auszurichten hätten. Dies ist notwendig, da eine typische amicus-Praxis im europäischen Prozessrecht eine echte Neuerung wäre und daher viele der sich potentiell 119 

Dazu oben §  9 B. V. Die Verfahrensordnung des EuGH differenziert zwischen Vorabentscheidungsverfahren, Art.  93 ff. VerfO-EuGH, Klageverfahren, Art.  119 ff. VerfO-EuGH und Rechtsmittelverfahren, Art.  167 ff. VerfO-EuGH; daneben bestehen noch besondere Verfahrensarten, dazu näher Art.  191 ff. VerfO-EuGH; zu den Verfahrensarten auch Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, S.  212 ff. 121  Vgl. zu einem ähnlichen Vorschlag im Rahmen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit oben §  9 B. V. 3. 122  Dies ist im U.S.-amerikanischen Recht im Rahmen von R. 29 FRAP und R. 37 S.Ct. Rules der Fall, dazu oben §  9 B. I. 1., 2. 123  Bei Klageverfahren könnte man den Zeitpunkt für eine amicus-Beteiligung etwa zwei Wochen nach Zustellung der Klageschrift im Sinne des Art.  123 VerfO-EuGH ansetzen. Dann könnte der Gegner auf den amicus innerhalb seiner zweimonatigen Klagebeantwortungsfrist, zu dieser §  124 Abs.  1 VerfO-EuGH, reagieren. 120 

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3. Teil:  Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick

Beteiligenden noch keine Erfahrung mit diesem Instrument haben dürften. Weiterer Vorteil der Normierung von inhaltlichen Zulassungskriterien ist das Verhindern unsachlicher Stellungnahmen. Dies wäre insbesondere aus Gründen der Verfahrenseffizienz sinnvoll. Hinsichtlich der Art der aufzustellenden Kriterien lassen sich eine Reihe von Anhaltspunkten den Regelungen der bereits erörterten Rechts- und Prozessordnungen entnehmen.124 Wesentliches Kriterium sollte sein, inwiefern die Ausführungen des amicus für das Gericht in der Sache hilfreich sind, das heißt, die Entscheidungsfindung zu unterstützen in der Lage sind. Zu vermeiden wären beispielsweise Dopplungen zu den Schriftsätzen der Parteien. Dabei dürfen die Anforderungen diesbezüglich nicht überspannt werden, wenn der amicus keinen Zugriff auf die Verfahrensdokumente hat. Die Stellungnahme des amicus sollte dabei einen Bezug zum Verfahren erkennen lassen. Im Rahmen von Vorabentscheidungsverfahren wäre es angemessen, einen Bezug zu der Vorlagefrage zu verlangen, während in den übrigen Verfahren rechtliche Ausführungen des amicus lediglich auf dem Tatsachenvortrag der Parteien fußen müssten. Wenig zielführend scheint es hingegen, ein besonderes Interesse des amicus an der Streitigkeit oder eine Unabhängigkeit beziehungsweise Neutralität zu fordern. Im europäischen Prozessrecht würde eine amicus-Beteiligung funktional gerade auch einer Teilhabe am Verfahren dienen. Für eine solche ist aber ein besonderes Interesse oder als Gegensatz dazu eine etwaige Neutralität nicht zu fordern. Bestimmender Maßstab sollte vielmehr sein, inwiefern der amicus in der Sache hilfreich sein kann. Dabei wird es an der Rechtsprechung sein, hier das rechte Maß zwischen dem Ermöglichen einer Teilhabe am Verfahren und dem Grad einer unterstützenden Tätigkeit zu finden. d)  Inhaltliche Einbindung Ein weiterer zentraler Punkt ist die inhaltliche Einbindung einer amicus-Stellungnahme in das Verfahren. Dabei ist wie im Rahmen von §§  11 und 12 zwischen Tatsachen und Rechtsansichten zu differenzieren. Die Tatsachen teilen sich wiederum in gewöhnliche Subsumtionstatsachen und spezielle Rechtsfortbildungstatsachen auf. Erstere können beziehungsweise sollten nicht durch amici vorgetragen werden. Die Gründe hierfür lassen sich teils in der Ausgestaltung der unterschiedlichen Verfahrensarten finden oder folgen aus allgemeinen Erwägungen. Im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens scheiden neue Subsumtionstatsachen aus, da über eine abstrakte Rechtsfrage entschieden 124 

Dazu oben §  10 B.

§  16  Übernahme in das deutsche und europäische Prozessrecht

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wird.125 Für Rechtsmittelverfahren folgt dies aus dem Umstand, dass dort keine Überprüfung der tatsächlichen Begebenheiten erfolgt.126 Im Rahmen von Klageverfahren werden zwar Subsumtionstatsachen berücksichtigt, allerdings erscheint es unangemessen, diese durch amici in das Verfahren einzubringen. Dies folgt jedoch nicht allein auf Grund der Geltung des Beibringungsgrundsatzes, da dieser vor dem Gerichtshof nur eingeschränkt gilt.127 Entscheidend zu berücksichtigen ist, dass die Güte der von amici beigebrachten Tatsachen teils zweifelhaft ist.128 Zudem ist im Hinblick auf eine Durchbrechung des Beibringungsgrundsatzes durch Normen wie Art.  24, 25 Satzung-EuGH zu berücksichtigen, dass ein wesentlicher Unterschied besteht, ob der EuGH diese Normen ex officio zu einer Sachverhaltsermittlung nutzt oder Tatsachen durch amici beigebracht werden. Vielmehr bietet es sich an, die durch die PTCP aufgestellte Lesart zu übernehmen, wonach amici auf eigene Initiative nicht strittige Subsumtionstatsachen, wohl aber Hintergrundwissen wie etwa Rechtsfortbildungstatsachen beitragen können sollten. Hinsichtlich letzterer ist ein etwaiger parteiischer Einschlag zu prüfen. Es scheint daher bedenkenswert eine Regelung aufzunehmen, die es amici gebietet, die Quellen für ihre tatsächlichen, über den Einzelfall hinausgehenden Behauptungen offenzulegen.129 Im Hinblick auf rechtliche Argumente hingegen bestehen keine Bedenken, amici hier innerhalb der gesamten Bandbreite des durch die Parteien umrissenen Prozessstoffes vortragen zu lassen. Der Grundsatz iura novit curia gilt auch vor dem EuGH.130 Daher sollte auch eine issue creation, das heißt das Aufwerfen neuer rechtlicher Aspekte durch amici, zugelassen werden.131 125 

Zur Funktion des Vorabentscheidungsverfahrens bereits oben §  16 B. I. 2. EuGH, 23.04.2002, Rs.  C-62/01, Campogrande/Kommission, Slg 2002, I-3793 Rn 24; Dittert, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, Bd. 4, Art.  256 Rn.  88. 127  Dittert, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, Bd. 4, Art.  24 Satzung-EuGH Rn.  1 m. w. N. 128  Dazu oben §  11 A. I. 3. 129  Dies wurde im U.S.-amerikanischen Recht für sachgerecht erachtet, dazu oben §  11 A. I. 3. Vor dem Bundesgerichtshof könnte im Rahmen einer hier vorgeschlagenen atypischen amicus-Praxis eine solche Regelung auch getroffen werden. Allerdings ist im Hinblick auf die Normierung einer lediglich atypischen amicus-Praxis zu berücksichtigen, dass das Gericht durch Benennung des amicus gewissermaßen seine Quelle selbst auswählt. 130  Dazu etwa Rittner, EuZW 2007, 745. 131  Zweifelnd zum Aufwerfen neuer rechtlicher Aspekte GA Jacobs, 15.06.1995, verb. Rs. C-430/93, C-431/93, Jeroen van Schijndel und Johannes Nicolaas Cornelis van Veen gegen Stichting Pensioenfonds voor Fysiotherapeuten, Slg. 1995 I-4705, 4717 unter Hinweis auf die Präklusionsvorschrift des Art.  42 §  2 VerfO-EuGH a. F. Eine vergleichbare Präklusionsvorschrift findet sich nunmehr in Art.  127 VerfO-EuGH. Diese sollte auf amici keine 126 

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3. Teil:  Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick

e)  Keine aktive Beteiligung Eine aktive Beteiligung durch amici,132 etwa eine wiederholte Stellungnahme oder die Beteiligung an der mündlichen Verhandlung, ist zunächst nicht in Erwägung zu ziehen. Vielmehr wäre die Normierung einer typischen Beteiligung bereits ein großer Schritt. Sollte sich diese in der Praxis bewähren, könnte über eine etwaige Ausweitung der Beteiligungsrechte von amici nachgedacht werden. f)  Kostenverteilung und etwaige Befangenheit Hinsichtlich einer Kostenverteilung kann an die obigen Grundsätze in dem Sinne angeknüpft werden, dass der amicus seine Kosten nicht ersetzt verlangen können sollte, wenn er sich aus eigener Initiative am Verfahren beteiligt.133 Eine Kostentragung der öffentlichen Hand erscheint ebenfalls nicht angemessen, da künftige amici nicht das öffentliche Interesse vergleichbar etwa dem Bundeskartellamt repräsentieren dürften. Bei einer Beteiligung auf Initiative des Gerichts ist es überlegenswert, eine Aufwandsentschädigung des amicus in Betracht zu ziehen.134 g) Fazit Eine Reform des europäischen Prozessrechts hin zu der Normierung einer typischen amicus-Praxis, das heißt des Umfasstseins von Stellungnahmen auf Initiative des Gerichts und auf Initiative des amicus, ist zweckmäßig und könnte eine echte Bereicherung für das europäische Prozessrecht sein. Dabei ist es von besonderer Relevanz hier ausgewogene prozessuale Regelungen zu treffen, die zum einen dem amicus eine sachgerechte Beteiligung ermöglichen, gleichzeitig aber auch die Rechte der Parteien wahren und schließlich einem effizienten Verfahren nicht im Wege stehen. Zentral ist dabei das Erfordernis einer Antragstellung, um so eine Verfahrenspraxis etablieren zu können, die unpassende amicus-Stellungnahmen aussortiert. Wichtig für ein effizientes Verfahren, aber auch zur Wahrung der Rechte der Parteien ist die Bestimmung eines Einreichungszeitpunkts. Solange ein Zugriff auf Verfahrensdokumente nicht besteht, empfiehlt es sich, diesen in ein frühes Verfahrensstadium zu legen. Im Hinblick auf die Kriterien für eine Zulassung des amicus sollte maßgeblich darauf abgeAnwendung finden. Vielmehr sind die Ausführungen zum Zeitpunkt der Beteiligung maßgeblich. 132  Dazu oben §  13 B. 133  Vgl. oben §  14 A. 134  Vgl. dazu oben §  16 A. II. 2. d).

§  16  Übernahme in das deutsche und europäische Prozessrecht

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stellt werden, inwiefern der amicus das Gericht bei der Entscheidungsfindung unterstützen kann, dabei sollte der funktionale Hintergrund des Ermöglichens einer Teilhabe am Verfahren berücksichtigt werden, weswegen sich ein allzu strenger Maßstab verbietet. Inhaltlich sollten amici insbesondere zum Vortrag von Rechtsfortbildungstatsachen und Rechtsansichten genutzt werden. Letztere sind bei dem Vorliegen von 28 unterschiedlichen Rechtsordnungen von besonderer Bedeutung. Neben der Beteiligung auf Initiative des amicus ist auch die Möglichkeit einer Beteiligung auf Initiative des Gerichts von Bedeutung, da diese es dem Gericht ermöglicht, sachkundigen Dritte abseits der Regelungen des Beweisverfahrens Stellung nehmen zu lassen. Abschließend bleibt abzuwarten, inwiefern die Gunst der Stunde genutzt wird, das sich im nationalen und internationalen Recht immer weiter etablierende Instrument des amicus curiae auch im europäischen Prozessrecht zu normieren. Die besseren Gründe sprechen hier für eine Beteiligung durch amici.

§  17  Fazit, Definition und Ausblick A.  Zusammenfassung der Ergebnisse Im Laufe der vorstehenden Ausführungen wurde das Instrument des amicus unter einer Vielzahl von Gesichtspunkten betrachtet, welche es hier zusammenfassend zu würdigen gilt. Dabei kann für die §§  1 bis 6 bereits weitgehend auf §  7 verwiesen werden, so dass diese nur kurz umrissen werden. Im Hinblick auf den Ursprung der amicus-Praxis ist unklar, inwiefern er im römischen Recht wurzelt.1 Verdeutlicht wurde aber, dass das Instrument seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts im englischen Recht eine feste Rolle einnahm. Bereits damals zeigte sich die Flexibilität des amicus, indem dieser nicht nur auf relevante Entscheidungen hinwies, sondern auch aktiv Drittinteressen in den Prozess einbrachte.2 Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich nach und nach die heutige Form der amicus-Beteiligung im U.S.-amerikanischen Recht.3 Die immer stärker werdende Politisierung von Streitigkeiten führte schließlich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einem stetigen Bedeutungszuwachs.4 Dabei zeigte sich eine immer deutlicher werdende Funktionsvielfalt, die es erlaubt, für das U.S.-amerikanische Recht drei Grundfunktionen zu bestimmen.5 Die prominenteste und die heutige U.S.-amerikanische amicus-Praxis prägende ist die des lobbying amicus, der aus eigenem indirekten Interesse auf die Entscheidungsfindung Einfluss zu nehmen versucht. Ebenfalls aus eigenem Interesse beteiligt sich der intervention amicus, dieser hat jedoch ein unmittelbares, direktes Interesse an der Streitigkeit. Schließlich sind noch die amici bekannt, die sich auf Initiative des Gerichts beteiligen. Im europäischen und deutschen Kartellrecht zeigen sich einige funktionale Besonderheiten, etwa im Hinblick auf eine kohärente Kartellrechtsanwendung.6 Jedoch ist dort mit dem 1 

§  1 C. §  2 A. I. 3  §  2 A. II. 4  §  2 A. III. 5  Zusammenfassend §  2 B. III. 6  §  3 C. 2 

§  17  Fazit, Definition und Ausblick

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Verfolgen eines ordnungspolitischen Interesses durch die Kartellbehörden auch eine Übereinstimmung zum lobbying amicus nach U.S.-amerikanischem Vorbild gegeben.7 Zudem findet ebenfalls eine Beteiligung auf Initiative der Gerichte statt. Anders als im U.S.-amerikanischen Recht ist dies jedoch nicht der Verwurzelung des Instruments geschuldet, sondern dem Sachinteresse, eine einheitliche und ordnungsgemäße Anwendung kartellrechtlicher Vorschriften zu ermöglichen. Welthandelsrecht und Investitionsschiedsgerichtsbarkeit zeichnen sich durch eine Betonung des Gedankens einer gesteigerten Legitimität des Verfahrens aus.8 Diese Überlegung kann in gewissen Grenzen auch im U.S.-amerikanischen Recht herangezogen werden, sie ist dort aber mehr eine Folge der amicus-Praxis und nicht der Grund für die Etablierung dieser Praxis.9 Funktional findet sich im Welthandelsrecht und in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit die Beteiligung als lobbying amicus, indem mittelbare Interessen in das Verfahren transportiert werden.10 Im Hinblick auf die Art der Verfahren, an denen sich amici zumeist beteiligen, konnte für alle Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen gezeigt werden, dass dies insbesondere solche sind, denen ein pluralistisches Interessensabbild zugrunde liegt.11 Dies ist eine logische Konsequenz des Verfolgens von mittelbaren Interessen im Wege des lobbying amicus. Ebenfalls im Rahmen des ersten Teils galt es, den prozessualen Status von amici zu bestimmen. Dabei sind amici überwiegend als ein Instrument sui generis zu qualifizieren, welches nicht in das bestehende System der Beteiligung Dritter am Verfahren eingegliedert werden kann.12 Diese Sonderstellung des amicus ist auch im Hinblick auf den zweiten Teil der Arbeit relevant. Hinsichtlich der bei §  8 A. getätigten Untersuchung der allgemeinen Voraussetzungen der Beteiligung von amici wurde festgestellt, dass diese weder parteifähig sein13 noch regelmäßig durch einen Anwalt vertreten werden müssen.14 Dies unterscheidet amici von anderen Instrumenten der Drittbeteiligung wie etwa dem Nebenintervenienten15 und ist maßgeblich auf ihre prozessuale Sonderstellung als Instrument sui generis zurückzuführen.

7 

§  7 B. §§  5 C. IV., V., 6 C. III., IV. 9  §  7 B. 10  §  7 B. 11  §  7 B. 12  §  7 C. 13  §  8 A. II. 1. 14  §  8 A. II. 2. 15  Zu dieser Abgrenzung auch §  2 D. I. 8 

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3. Teil:  Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick

Bezüglich der besonderen Voraussetzungen einer amicus-Beteiligung galt es zunächst zu untersuchen, inwiefern es hierfür einer Antragstellung bedarf.16 Ein solches Erfordernis kennen bis auf das europäische und deutsche Kartellrecht alle untersuchten Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen,17 wobei jedoch im U.S.-amerikanischen Recht hiervon weitgehende Ausnahmen bestehen. Analysiert man diese Ausnahmen, fällt auf, dass unter anderem staatliche amici keinen Antrag stellen müssen. Insofern besteht eine Parallele zum Kartellrecht, beteiligen sich dort doch ebenfalls staatliche Stellen, die keinen Antrag stellen müssen. Hintergrund sind die Wahrung des öffentlichen Wohls durch staatliche Stellen und deren spezielle Expertise.18 Die Regelungen über den Antrag selbst weisen dabei in inhaltlicher Hinsicht eine große Übereinstimmung auf, die Formalien weichen jedoch teils voneinander ab.19 Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang allerdings die große Ähnlichkeit zwischen FTC-Statement, Art.  4 UNCITRAL TR und Additional Procedure des Appellate Body.20 Dabei hat sich die Free Trade Commission bei Verfassen des Statements wohl an der Additional Procedure des Appellate Body orientiert. Im Zuge der Verabschiedung von Art.  4 UNCITRAL TR hat man sich wiederum am FTC-Statement orientiert. Auch im Hinblick auf die Ausgestaltung des briefs selbst21 lassen sich einige Parallelen finden, wie etwa das Herausstellen eines Interesses des amicus im Rahmen von U.S.-amerikanischem Recht, der PTCP, des Welthandelsrechts und der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit, wobei sich dieses Erfordernis im europäischen und deutschen Kartellrecht nicht wiederfindet.22 Im europäischen Kartellrecht besteht zudem die den anderen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen völlig unbekannte Voraussetzung, dass der amicus für eine kohärente Rechtsanwendung erforderlich sein muss.23 Erklären lässt sich dies mit der Besonderheit der dezentralen Anwendung des europäischen Kartellrechts. Gerade im Rahmen einer solchen dezentralen Anwendung soll ein Stück weit Kohärenz durch das Instrument des amicus ermöglicht werden. Allerdings ist das Erfordernis der Kohärenz weit auszulegen. 16 

§  8 B. I. 1. Wobei im Welthandelsrecht lediglich die Add. Proc. des Appellate Body in dem Verfahren EC – Asbestos dies vorsieht und diese in Bezug auf die Antragstellung auch keine Signalwirkung für andere Verfahren entfaltete, so dass in der Praxis regelmäßig kein Antrag gestellt wird, dazu näher oben §  8 B. I. 1. d). 18  §  8 B. I. 1. f). 19  §  8 B. I. 2.; siehe insbesondere §  8 B. I. 2. b) ee). 20  §  8 B. I. 2. b) ee). 21  §  8 B. II. 22  Näher §  8 B. II. 6. 23  §  8 B. II. 2. 17 

§  17  Fazit, Definition und Ausblick

513

Eine weitere Gemeinsamkeit in Bezug auf die Ausgestaltung eines amicus briefs besteht hinsichtlich der Offenlegungsverpflichtung.24 Mithilfe einer solchen kann verdeutlicht werden, wer sich finanziell an einem amicus brief beteiligt hat und ob der amicus mit der Partei zusammenarbeitet. Eine solche Pflicht ist lediglich im europäischen und deutschen Kartellrecht nicht normiert. Im U.S.-amerikanischen Recht ist eine Offenlegung dann nicht erforderlich, wenn ein staatlicher amicus einen brief einreicht. Daher müssen staatliche amici nicht offenlegen, inwiefern sie bei Abgabe der amicus-Stellungnahme Unterstützung erhielten. Grund hierfür ist zum einen, dass der Staat nur in Ausnahmefällen bei der Erstellung eines amicus briefs aus privaten Mitteln gefördert wird, zudem erfolgt im Bereich des Kartellrechts keine Zusammenarbeit mit der Partei. §  9 widmete sich dem Zeitpunkt einer amicus-Beteiligung. Die Bestimmung des Einreichungszeitpunkts hängt von einer Reihe von Kriterien ab. Ein wesentliches Kriterium ist zunächst das Reaktionsrecht der Parteien. Alle Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen kennen ein solches Recht.25 Bis auf die Erwiderung auf Stellungnahmen der Kommission oder des Bundeskartellamts ist zudem immer eine schriftliche Stellungnahme vorgesehen. Der Verzicht hierauf führt im deutschen und europäischen Kartellrecht zu Bedenken bezüglich der Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art.  103 Abs.  2 GG.26 Ein weiteres Kriterium zur Bestimmung des Einreichungszeitpunkts ist die Möglichkeit des amicus, Zugriff auf die Verfahrensdokumente zu erlangen.27 Im U.S.-amerikanischen Recht und im europäischen und deutschen Kartellrecht ist ein solches Recht bekannt. Im Welthandelsrecht und Teilen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist dies hingegen nicht vorgesehen, jedoch verdeutlichen die UNCITRAL TR diesbezüglich ein Umdenken. Das Erfordernis einer möglichst effizienten Verfahrensgestaltung ist in allen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen bekannt.28 Unter Berücksichtigung dieser Kriterien galt es, einen geeigneten Einreichungszeitpunkt zu finden.29 Dafür wurde zunächst für jede der behandelten Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen ein kurzer Überblick über den Ablauf des Verfahrens gegeben, da es ohne dessen Kenntnis unmöglich ist, zu bestimmen, in welcher Verfahrensphase der amicus seine Stellungnahme abzugeben hat. Dabei zeigte sich, dass eine Normierung dieses Einreichungszeitpunktes, wie etwa im U.S.-amerikanischen Recht geschehen, von großem Nutzen 24 

Dazu insb. §  8 B. I. 2. b) ee). §  9 A. I. 26  §  9 A. I. 2. 27  §  9 A. II. 28  §  9 A. III. 29  §  9 B.

25 

514

3. Teil:  Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick

sein kann. In der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit etwa verdeutlichten die Verfahren Glamis Gold und Biwater Gauff, welche Widrigkeiten sich ergeben können, wenn ein Einreichungszeitpunkt nicht ordnungsgemäß bestimmt wird. Auch im Rahmen des Welthandelsrechts sollte eine Regelung des amicus getroffen werden, die einen angemessenen Einreichungszeitpunkt bestimmt. Während sich §§  8 und 9 mit verschiedenen Voraussetzungen der amicus-­ Beteiligung befassten, wurde in §  10 untersucht, wann die Gerichte eine amicus-Beteiligung zulassen. Eingangs war fraglich, ob eine solche Beteiligung überhaupt im Ermessen des Gerichts steht.30 Lediglich in Teilen des U.S.-amerikanischen Rechts und des europäischen wie deutschen Kartellrechts besteht ein Recht auf Beteiligung des amicus am Verfahren. Die übrigen Prozessordnungen stellen die Beteiligung in das Ermessen des jeweiligen Gerichts beziehungsweise Spruchkörpers. Wie aber wird dieses Ermessen ausgeübt? Dieser Frage ging §  10 B. nach. Feststellen lässt sich, dass alle Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen lediglich wiederholende Stellungnahmen ablehnen.31 Auch kann ein besonderes öffentliches Interesse an der Streitigkeit zu einer amicus-Beteiligung führen. Zudem sollte der amicus einen Bezug zur Streitigkeit erkennen lassen. Während die Voraussetzungen und der Zeitpunkt einer amicus-Beteiligung bereits wichtige prozessuale Fragestellungen sind, kommen den in §§  11, 12 angesprochenen Fragen der Einbindung solcher Stellungnahmen in den Prozess eine überragende Bedeutung zu, da sie die inhaltliche Verwertbarkeit einer amicus-Stellungnahme unter Berücksichtigung verschiedener prozessualer Grundsätze regeln. Der Inhalt eines amicus briefs kann zum einen aus Tatsachen und zum anderen aus Rechtsansichten bestehen, weswegen zwischen diesen beiden zu differenzieren ist. In Bezug auf Tatsachen umfassen amicus-Stellungnahmen oftmals sogenannte legislative facts beziehungsweise Rechtsfortbildungstatsachen.32 Diese Art von Tatsachen kann auch in den Rechtsmittelinstanzen zulässig sein, während das Einbringen von gewöhnlichen Subsumtionstatsachen dort zumeist unzulässig ist.33 Eine selbstständige Berücksichtigung der Tatsachen in amicus-Stellungnahmen im Rahmen der Eingangsinstanzen ist in den meisten Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen möglich.34 Allerdings weicht eine solche selbstständige Berücksichtigung in der Regel von den sonst üblichen prozessualen Grundsätzen ab und ist regelmäßig durch den Streitgegenstand be30 

§  10 A. §  10 B. V. zu diesem und den nachgenannten Kriterien. 32  §  11 A. VI. 1. 33  §  11 A. VI. 2. 34  §  11 A. VI. 2.; siehe im Einzelnen §  11 A. I. 2., II. 2., III. 1., IV. 1., V. 1. 31 

§  17  Fazit, Definition und Ausblick

515

grenzt.35 Im Hinblick auf das Beweisverfahren zeigt sich, dass Tatsachen in amicus-Stellungnahmen ein solches oftmals nicht durchlaufen müssen.36 Dies ist problematisch, da die Tatsachen in amicus-Stellungnahmen dann keiner kritischen Würdigung mehr unterliegen. Allerdings ist es dem Gericht möglich, diesem Umstand bei der Beweiswürdigung Rechnung zu tragen. Im Rahmen von §  11 B. wurden zunächst verschiedene Beispiele für Rechtsansichten in amicus briefs gegeben. Amici gehen dabei teilweise auf Gegenstände des Verfahrens ein, die von den Parteien nicht angesprochen werden.37 In diesem Zusammenhang ist der Grundsatz iura novit curia zu beachten. Bis auf das U.S.-amerikanische Recht kennen alle Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen diesen Grundsatz.38 Im U.S.-amerikanischen Recht ist das Gericht hingegen nach überwiegender Meinung hinsichtlich des Aufwerfens neuer rechtlicher Aspekte eingeschränkt. Daher bedarf es dort einer Ausnahme von bestehenden Grundsätzen, wenn die Gerichte neue Aspekte in amicus-Stellungnahmen berücksichtigen wollen. Die Rechtsprechung verfährt dabei inkonsequent.39 Im Rahmen des Welthandelsrechts und der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist zu berücksichtigen, dass sich amici innerhalb ihrer Stellungnahmen auf Aspekte konzentrieren sollten, die von den Parteien zumindest angeschnitten wurden und das Verfahren nicht in völlig neue Bahnen lenken, da sonst ihre Stellungnahme zurückgewiesen werden könnte.40 In Rechtsmittelverfahren sind amici hinsichtlich der Art der getätigten Argumente gegenüber Verfahren erster Instanz teilweise eingeschränkt.41 Neben Stellungnahmen auf Initiative des amicus sind auch solche auf Initiative des Gerichts bekannt. Diesen widmet sich §  12. Ausweislich der Fallpraxis kennen lediglich das U.S.-amerikanische Recht sowie das europäische und deutsche Kartellrecht eine regelmäßige Beteiligung des amicus auf Bitten des Gerichts.42 In den übrigen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen ist eine solche Beteiligung zwar denkbar, praktisch aber nicht oder nur in Ausnahmefällen gegeben.43 Hinsichtlich der Vereinbarkeit einer solchen Beteiligung mit prozessualen Grundsätzen bestehen hier vielfach Konflikte.44 Amici können dann nur im Wege einer Ausnahme zugelassen werden. Im Hinblick auf das 35 

§  11 A. VI. 2. §  11 A. VI. 3. 37  §  11 B. VI. 38  §  11 B. VI. 39  §  11 B. I. 2. 40  §  11 B. V. 41  §  11 B. VI. 42  §  12 A. I., B. I. 43  §  12 D., E. 44  Dazu zusammenfassend §  12 F. 36 

516

3. Teil:  Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick

Beweisverfahren und die Beweiswürdigung zeigen die meisten Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen eine große Ähnlichkeit zu den Ergebnissen von amicus-Stellungnahmen auf Initiative des amicus selbst.45 Neben der zentralen Frage der Einbindung des Inhalts von amicus-Stellungnahmen in den Prozess ist auch die Frage einer aktiven Beteiligung von besonderer Bedeutung, der sich §  13 widmet. Eingangs wurde dort zunächst herausgearbeitet, dass sich amici regelmäßig nur einmal am Verfahren beteiligen.46 Im Hinblick auf die tatsächliche Praxis einer aktiven Beteiligung ist das U.S.-amerikanische Recht von besonderem Interesse.47 Bei der Analyse der dortigen Fälle zeigte sich, dass teils der Verfahrensgegenstand dem Bereich der public law litigation zugeordnet werden kann und es oftmals staatliche amici waren, die mit besonderen Rechten ausgestattet wurden. Im Hinblick auf die übrigen Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen ist eine aktive Beteiligung weniger stark ausgeprägt.48 Üblicherweise erschöpft sie sich lediglich in einem wiederholten Tätigwerden. Die Grenze der Zulässigkeit einer solch aktiven Beteiligung ist dann überschritten, wenn der amicus in die Rechtsstellung einer Partei erhoben wird.49 Dies ist unzulässig, da hierdurch die Rechte der Parteien ausgehöhlt und die Voraussetzungen von anderen Instrumenten der Dritt­ beteiligung umgangen werden. Ansonsten divergiert die Zulässigkeit einer ­aktiveren Beteiligung in den verschiedenen Rechts- und Prozessordnungen. Zurückhaltung ist im Bereich des Welthandelsrechts und in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit aufgrund der noch nicht etablierten Praxis geboten.50 Die PTCP sehen lediglich eine aktive Beteiligung in quantitativer, nicht aber qualitativer Hinsicht vor.51 Im U.S.-amerikanischen Recht und im europäischen und deutschen Kartellrecht ist eine aktivere Beteiligung hingegen möglich. Zu berücksichtigen sind ferner die Konsequenzen einer aktiven Beteiligung.52 Zwar ist eine Rechtskrafterstreckung nicht zu bejahen, da der amicus eben gerade keine Kontrolle über das Verfahren hat, allerdings sind den Parteien modifizierte Reaktionsmöglichkeiten zuzugestehen. Auch der Zeitpunkt der Beteiligung muss angepasst werden. Eine aktivere Beteiligung kommt insbe-

45 

§  12 F. §  13 A. 47  §  13 B. I. 48  §  13 B. VI. 49  §  13 B. I. 1. a), B. VI. 50  §  13 B. IV., V. 51  §  13 B. III. 52  §  13 C. 46 

§  17  Fazit, Definition und Ausblick

517

sondere bei komplexen Verfahren, an denen ein öffentliches Interesse besteht, in Betracht.53 Hinsichtlich der Kosten einer amicus-Beteiligung regeln alle untersuchten Rechts- beziehungsweise Prozessordnungen, dass diese grundsätzlich der amicus selbst zu tragen hat, §  14 A. Lediglich wenn sich dieser auf Initiative des Gerichts beteiligt, ist ein Kostenersatz durch die für die amicus-Stellungnahme ursächliche Partei zu erwägen. Besonderheiten ergeben sich auch im europäischen und deutschen Kartellrecht. Hinsichtlich des Kostenersatzes der Partei für die Reaktion auf den amicus gelten ausweislich §  14B die jeweiligen prozessualen Grundsätze und es zeigte sich, dass amici keine Kostentragungspflicht für eine etwaige Reaktion der Partei auf die amicus-Stellungnahme trifft. Verdeutlicht wurde im Rahmen von §  15 ferner die Möglichkeit einer Befangenheit des Gerichts durch eine amicus-Beteiligung. Praktische Beispiele sind allerdings nur im U.S.-amerikanischen Recht bekannt. Im Rahmen von §  16 wurde schließlich erörtert, inwiefern im deutschen und europäischen Prozessrecht bereits Funktionsäquivalente für den amicus bestehen54 und ob es hier weiteren Reformbedarf gibt. Dabei wurde für das deutsche Recht herausgearbeitet, dass der Bundesgerichtshof in Revisionsverfahren eine Möglichkeit vergleichbar §  27a BVerfGG haben sollte.55 Eine solche Regelung wurde dann konkretisiert, wobei die Ergebnisse der vorstehenden §§  8 bis 15 aufgegriffen werden konnten.56 Im Bereich des europäischen Prozessrechts zeigte sich hingegen, dass dort für den EuGH im Gegensatz zum Bundesgerichtshof nicht lediglich eine atypische amicus-Praxis normiert werden sollte, sondern sich der amicus vielmehr auch auf eigene Initiative am Verfahren beteiligen können sollte.57 Maßgebliche Gründe für eine solche erweiterte amicus-Partizipation sind eine gegenüber dem deutschen Recht gelockerte Beteiligungsmöglichkeit Dritter im Wege der Streithilfe, eine gegenüber Entscheidungen des Bundesgerichtshofs größere Betroffenheit öffentlicher Interessen sowie schließlich ein erhöhtes Bedürfnis an Teilhabe am Verfahren. Die wesentlichen Kriterien einer solchen Regelung wurden sodann ausgearbeitet, wobei sich zeigte, dass ein effizientes Verfahren und eine Einführung des Instruments des amicus kein Gegensatz sind.58

53 

§  13 D. §  16 A. I., B. I. 55  §  16 A. II. 1. 56  §  16 A. II. 2. 57  §  16 B. II. 1. 58  §  16 B. II. 2. 54 

518

3. Teil:  Mögliche Übernahme, Fazit und Ausblick

B.  Abschließende Definition Nachdem nunmehr die in der Einleitung aufgeworfenen Fragen und einige weitere beantwortet wurden, kann der eingangs gegebenen Arbeitsdefinition eine ausführlichere zur Seite gestellt werden, welche die bisherigen Ergebnisse würdigt und zusammenfasst: Ein amicus curiae ist ein überwiegend parteiisch agierender Dritter, wie etwa ein Wirtschaftsverband, eine gemeinnützige Organisation oder aber eine das eigene Aufgabenfeld vertretende staatliche Stelle, der zur Erreichung seines Interesses oftmals die Entscheidungsfindung des Gerichts zu beeinflussen sucht, dabei häufig mittelbar eine der beiden Parteien unterstützt und nicht als Partei oder etwa Intervenient am Rechtsstreit beteiligt ist. Demzufolge muss er nicht parteifähig sein und bedarf regelmäßig keiner anwaltlichen Vertretung. Überwiegend beteiligt er sich auf eigene Initiative und bedarf hierzu der Erlaubnis durch den Spruchkörper oder die Parteien. Er beteiligt sich zumeist nur mittels Einreichung einer einzigen Stellungnahme, die neben gewöhnlichen Tatsachen auch Rechtsfortbildungstatsachen enthalten kann und in der auch rechtliche Argumente zu finden sein können, welche von denen der Parteien abweichen können. Seine Beteiligung erfolgt üblicherweise in einem eher frühen Verfahrensstadium, so dass eine Reaktion der Parteien noch möglich, aber auch schon eine Darlegung des Streitstoffes, nebst Zugriffsmöglichkeit auf diesen, zumindest in Teilen bereits erfolgt ist. Amici beteiligen sich insbesondere in Fällen mit pluralistischen Interessenabbildern. Beteiligt er sich auf Anfrage des Gerichts hin, nimmt er zumeist eine neutrale, eher beratende Position ein. In einigen Rechtsordnungen kann eine Beteiligung nur auf Bitte des Gerichts hin erfolgen. In diesen Fällen ist wegen des Fehlens der aktiven Komponente eine Bezeichnung als atypischer amicus curiae angebracht.

C.  Ausblick Insgesamt ist die Figur des amicus curiae ein Instrument, welches sich in letzter Zeit vermehrt im internationalen Recht durchsetzen konnte, aber auch in einer Reihe von nationalen Rechtsordnungen eine wichtige Rolle einnimmt. Eine umfassende Untersuchung insbesondere auch der prozessualen Probleme hat gezeigt, dass Regelungen teils noch verbesserungswürdig sind. Gezeigt wurde auch, dass das Instrument durchaus Potential im deutschen und europäischen Prozessrecht hat. Die in der Einleitung vorgenommene Vorstellung einer Vielzahl weiterer nationaler Rechtsordnungen, welche die Figur des amicus in der einen oder ande-

§  17  Fazit, Definition und Ausblick

519

ren Ausprägung kennen, verdeutlicht zudem den klaren Trend hin zu einer Öffnung und Aufnahme dieses Instruments in das bestehende Rechtsgefüge. In Zeiten einer globalen Arbeits- und Wirtschaftswelt ist dieser Befund zum einen Ausdruck der immer stärker voranschreitenden Globalisierung des Rechts, zum anderen aber auch Abbild der damit verbundenen Pluralisierung von Interessen. Deren Berücksichtigung kann der amicus dienen. Inwiefern er dem Gericht dabei „Freund“ ist, kann nicht allgemein beantwortet werden, die Möglichkeit aber, das Urteil auf ein breites Fundament unterschiedlicher Ansichten zu stellen, ist für eine gerechte, weil umfassende Entscheidung vorteilhaft. Gerade im verfassungsrechtlichen Bereich oder im Rahmen völkerrechtlicher Streitigkeiten kann auch die Akzeptanz einer Entscheidung durch die Berücksichtigung der Meinung Dritter gesteigert werden. Inwiefern allerdings die U.S.-amerikanische Praxis, mit bis zu 100 verschiedenen amici, nicht über das Ziel hinausschießt, ist ebenfalls zu berücksichtigen. Das Mittel des Prozessrechts ist hier gefragt, um Auswüchsen zu begegnen sowie einen Ausgleich zwischen den Interessen der an der Streitigkeit unmittelbar beteiligten Parteien, einer funktionierenden dritten Gewalt und den sich als amici Beteiligenden zu gewährleisten. Die Rechtsvergleichung als methodischer Ansatzpunkt ist bei einem solchen Unterfangen das Mittel der Wahl, können so Probleme, Lösungen, Erfahrungen, Vor- und Nachteile wie auch mögliche Anwendungsfelder in Bezug gesetzt und einer sachgerechten Lösung zugeführt werden. Es bleibt weiter zu beobachten, wie sich das Instrument des amicus entwickeln wird. Festgehalten werden kann jedenfalls, dass eine Übernahme in weitere Rechts- und Prozessordnungen neben der Intensivierung der bisherigen Praxis zu erwarten ist.

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D.  Principles of Transnational Civil Procedure – Preliminary Draft Rules and Comments prepared by Professors G. Hazard, Jr. and M. Taruffo, März 2000, UNIDROIT Study LXXVI – Doc. 2 (zitiert: Preliminary Draft Rules and Comments, UNIDROIT Doc. 2) – Report on the First Session, Rome, 22 to 26 May 2000, Oktober 2000, UNIDROIT Study LXXVI – Doc. 3 (zitiert: Report on the First Session, UNDIROIT Doc. 3) – Fundamental Principles of Transnational Civil Procedure: Remarks and Comments prepared by Professor Rolf Stürner, Mai 2001, UNIDROIT Study LXXVI – Doc. 5 (zitiert: Remarks and Comments, UNDIROIT Doc. 5) – Report on the Second Session, Rome, 2 to 6 July 2001, Oktober 2001, UNIDROIT Study LXXVI – Doc. 6 (zitiert: Report on the Second Session, UNIDROIT Doc. 6) – Report on the Third Session, Rome, 27 to 31 May 2002, September 2002, UNIDROIT Study LXXVI – Doc. 8 (zitiert: Report on the Third Session, UNDIROIT Doc. 8) Alle abrufbar unter: (abgerufen am 20.10.2016)

E. Welthandelsrecht – Guidelines for arrangements on relations with Non-Governmental Organizations, WT/L/ 162, 23.07.1996 – Rules of Conduct for the Understanding on Rules and Procedures Governing the Settlement of Disputes, WT/DSB/RC/1, 11.12.1996 – Working Procedures for Appellate Review, WT/AB/WP/2, 28.02.1997 – Minutes of Meeting on 6 November 1998, WT/DSB/M/50, 14.12.1998 – Minutes of Meeting on 7 June 2000, WT/DSB/M/83, 07.07.2000 – European Communities – Measures Affecting Asbestos and Asbestos-Containing Products, Communication from the Appellate Body, Additional Procedure Adopted Under Rule 16(1) of the Working Procedures for Appellate Review, WT/DS135/9, 08.11.2000 (zitiert: Add. Proc.) – Decision by the Appellate Body Concerning Amicus Curiae Briefs – Statement by Uruguay at the General Council on 22 November 2000, WT/GC/38, 04.12.2000 – Minutes of Meeting 17 November 2000, WT/DSB/M/92, 15.01.2001 – Minutes of Meeting on 22 November 2000, WT/GC/M/60, 23.01.2001 – Contribution of the European Communities and its Member States to the Improvement of the WTO Dispute Settlement Understanding, TN/DS/W/1, 13.03.2002 – Minutes of Meeting on 23 October 2002, WT/DSB/M/134, 29.01.2003 – Further Contribution of the United States to the Improvement of the Dispute Settlement Understanding of the WTO, TN/DS/W/86, 21.04.2006 – Working Procedures for Appellate Review, WT/AB/WP/6, 16.08.2010 – Special Session of the Dispute Settlement Body, TN/DS/25, 21.04.2011

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F. Investitionsschiedsgerichtsbarkeit I. UNCITRAL-Dokumente – UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-third session, A/CN.9/712, 20.10.2010 – UNCITRAL, Settlement of commercial disputes: preparation of a legal standard on transparency in treaty-based investor-State arbitration, A/CN.9/WG.2/WP.162, 09.12.2010, (54th session) – UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-fourth session, A/CN.9/717, 25.02.2011 – UNCITRAL, Settlement of commercial disputes: preparation of a legal standard on transparency in treaty-based investor-State arbitration, A/CN.9/WG.2/WP.166 Add. 1 (55th session), 29.07.2011 – UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-fifth session, A/CN.9/736, 17.10.2011 – UNCITRAL, Settlement of commercial disputes: preparation of a legal standard on transparency in treaty-based investor-State arbitration, A/CN.9/WG.2/WP.169 (56th session), 13.12.2011 – UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-seventh session, A/CN.9/760, 12.10.2012 – UNCITRAL, Settlement of commercial disputes: preparation of a legal standard on transparency in treaty-based investor-State arbitration, A/CN.9/WG.2/WP.176 (58th session), 30.11.2012 – UNCITRAL, Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation) on the work of its fifty-eigth session, A/CN.9/765, 13.02.2013 – UNCITRAL, Settlement of commercial disputes: draft UNCITRAL rules on transparency in treaty-based investor-State arbitration, A.CN.9/783, 28.02.2013 Alle Dokumente abrufbar über die Webseite von UNCITRAL entweder unter (abgerufen am 20.10.2016) oder unter (abge­ rufen am 20.10.2016); suche nach Dokumentennummer möglich

II. Sonstiges – Notes of Interpretation of Certain Chapter 11 Provisions, NAFTA Free Trade Commission, 31.07.2001, abrufbar unter: (abgerufen am 20.10.2016) – Statement of the Free Trade Commission on non-disputing party participation, 07.10.2003, veröffentlicht in Bishop/Crawford/Reisman, Foreign Investment Disputes, S.  1128 ff.; Auszüge auch in 98 Am. J. Int’l L. 841 f. – Paulsson/Petrochilos, Revision of the UNCITRAL Arbitration Rules, abrufbar unter: (abgerufen am 20.10.2016) – Triantafilou, A More Expansive Role For Amici Curiae In Investment Arbitration?, Kluwer Arb. Blog, abrufbar unter: (abgerufen am 20.10.2016)

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– Report of the United Nations Commission on International Trade Law, Forty-sixth session, General Assembly Official Records, Sixty-eighth session (08.–26.07.2013), Supplement No. 17, A/68/17, abrufbar unter: (abgerufen am 20.10.2016) – Resolution adopted by the General Assembly on 10 December 2014, A/RES/69/116, abrufbar unter: (abgerufen am 20.10.2016) – Pressemitteilung der Kommission, IP/15/3201, 13.01.2015, abrufbar unter: (abgerufen am 20.10.2016) – Commission Staff Working Document, Report, Online public consultation on investment protection and investor-to-state dispute settlement (ISDS) in the Transatlantic Trade and Investment Partnership Agreement, 13.01.2015, SWD 2015 (3) final, abrufbar unter:

(abgerufen am 20.10.2016) – Süddeutsch Zeitung, 14.01.2015, S.  19, Bauchmüller, Michael / Gammelin, Cerstin; Artikel „97 Prozent dagegen“ – Pressemitteilung der Vereinten Nationen, Signing Ceremony for the United Nations Conven­ tion on Transparency in Treaty-based Investor-State Arbitration, UNIS/L/214, 17.03.2015, abrufbar unter: (ab­gerufen am 20.10.2016)

G.  Andere ausländische Rechtsordnungen I. Frankreich – Drai, Pierre, Audience solennelle de début d’année judiciaire, 06.01.1989, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016)

II. Großbritannien – Practice Direction – Competition Law – Claims Relating to the Application of Articles 81 and 82 of the EC Treaty, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) (zitiert: Practice Direc­ tion)

III. Neuseeland – Review of the Judicature Act 1908 – Towards a Consolidated Courts Act, abrufbar unter:

(abge­r ufen am 21.10.2016)

IV. Peru – Defensoría del Pueblo, El amicus curiae: ¿qué es y para qué sirve?, 20.01.2010, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016)

Rechtsprechungsverzeichnis A.  Britische Gerichte – The Prince’s Case, 8 Co. 13b, 77 Eng. Rep. 481 (1606) – The Protector v. Geering, 145 Eng. Rep. 394 (1656) – Horton v. Ruesby, Comb. 33, 90 Eng. Rep. 326 (1686) – Rex v. Vaux, 90 Eng. Rep. 314 (1686) – Falmouth v. Strode, 11 Mod. 137, 88 Eng. Rep. 949 (1707) – Dove v. Martin, Comberbach 169, 90 Eng. Rep. 410 (1724) – Coxe and Phillips, 95 Eng. Rep. 152 (K.B. 1736) – Beard v. Travers, 1 Ves. Sr. 313, 27 Eng. Rep. 1052 (1749) – Margaret Hutt’s Case, 2 Burr. 1039, 97 Eng. Rep. 695 (1760) – Smith against Harmon, 8 Mod. 142, 87 Eng. Rep. 901 (1794)

B.  U.S.-amerikanische Gerichte – Vasse v. Spicer, 2 U.S.  111 (S.Ct. PA 1790) – Respublica v. Cobbet, 3 Yeates 93 (S. Ct. PA 1800) – Malcolm v. Rogers, 1 Cow. 1 (S.Ct. of NY 1823) – State v. Jim, 12 N.C. 508 (S.Ct. of N.C. 1828) – State v. Brit, 14. N.C. 122 (S.Ct. of N.C. 1831) – Harrison v Nixon, 34 U.S.  483 (1835) – Stearns v. Stearns, 10 Vt. 540 (S.Ct. of Vt. 1838) – Townsend and Brothers v Davis, 1 Ga. 495 (S.Ct. of Ga. 1846) – Rankin v. Sherwood, 33 Me. 509 (S. Ct. of Me. 1851) – State v. Bradley, 6 La. Ann. 554 (S.Ct. of La. 1851) – State of Florida v. State of Georgia, 58 U.S.  478 (1854) – Collett v. Frazier, 56 N.C. 398 (S. Ct. of N.C. 1857) – Whitwell v. Barbier, 7 Cal. 54 (S.Ct. of Cal. 1857) – Miles v. Bradford, 22 Md. 170 (Court of Appeals of Maryland 1864) – State v. Izard, 48 S.C.L. 209 (Court of Appeals of S.C. 1867) – United States v. Hare, 26 F. Cas. 139 (Circ. Cal. 1867) – In re Ah Yup, 1 F. Cas. 223 (Cir. Cal. 1878) – Harkness v. Hyde, 98 U.S.  476 (1879) – Lombard Investment Co. v. Seabord Manufacturing Co., 74 Fed. 325 (C.C.S.D. Ala. 1896) – Ah How v. United States, 193 U.S.  65 (1904) – Muller v. Oregon, 208 U.S.  412 (1908) – Guinn v. United States, 238 U.S.  347 (1915) – Caldwell v. Sioux Falls Stock Yards Co., 242 U.S.  559 (1917)

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– The Claveresk, 264 F. 276 (1920) – In re Muir, 254 U.S.  522 (1921) – Standard Fashion Co. v. Magrane-Houston Co., 258 U.S.  346 (1922) – United States v. State of West Virginia, 295 U.S.  463 (1935) – Mortgage Commission of New York v. Great Neck Improvement Co., 295 N.Y.S.  107 (S.Ct. NY 1937) – In re Kootz’ Will, 280 N.W. 672 (S. Ct. Wis 1938) – International Shoe Company v. State of Washington, 326 U.S.  310 (1945) – Johnson v. Fogertey Bldg. Co., 194 S.W.2d 924 (Mo.App. 1946) – Universal Oil Products Co. v. Root Refining Co., 328 U.S.  575 (1946) – Lee v. United States, 343 U.S.  924 (1952) – United States v. Lance, Inc., 342 U.S.  915 (1952) – Lauritzen v. Larsen, 345 U.S.  571 (1953) – Brown v. Board of Education, 347 U.S.  483 (1954) – Hartley Pen Co. v. Lindy Pen Co., 16 F.R.D. 141 (S.D. Cal. 1954) – Aaron v. Cooper, 143 F. Supp. 855 (E.D. Ark. 1956) – Aaron v. Cooper, 156 F. Supp. 220 (E.D. Ark. 1957) – Aaron v. Cooper, 243 F.2d 361 (8th Cir. 1957) – Burger v. Burger, 298 S.W.2d 119 (S.Ct. of Tex. 1957) – Faubus v. United States, 254 F.2d 797 (8th Cir. 1958) – Dennis v. United States, 341 U.S.  494 (1951) – Bush v. Orleans Parish School Bd., 191 F. Supp 871 (E.D. La 1961) – Mapp v. Ohio, 367 U.S.  463 (1961) – Brown Shoe Co. v. United States, 370 U.S.  294 (1962) – United States v. Barnett, 330 F.2d. 369 (5th Cir. 1963) – MacPherson v. Buick Motor Company, 376 U.S.  254 (1964) – Mladinich v. Kohn, 250 Miss. 138 (S.Ct. of Miss. 1964) – New York Times Co. v. Sullivan, 376 U.S.  254 (1964) – International Union, United Auto., Aerospace and Agr. Implement Workers of America AFL-CIO, Local 283 v. Scofield, 382 U.S.  205 (1965) – Hooks v. Wainwright, 352 F. Supp. 163 (M.D. Fla. 1972) – United States v. Dougherty, 473 F.2d 1113 (D.C. Cir. 1972) – United States v. Texas, 356 F. Supp. 469 (E.D. Tex. 1972) – Alexander v. Hall, 64. F.R.D. 152 (D.S.C. 1974) – Blowers v. Lawyers Co-op. Publishing Co., 527 F.2d 333 (2nd Cir. 1975) – In re Estelle, 516 F.2d 480 (5th Cir. 1975) – Northside Independent School Dist. of Bexar, et al,. Counties, Texas, et. al. v. Texas Education Agency, 410 F. Supp. 360 (D.C. Tex 1975) – Mathews v. Eldridge, 424 U.S.  319 (1976) – Moten v. Bricklayers, Masons and Plasterers, Intern. Union of America, 543 F.2d 224 (D.C. Cir. 1976) – Rucker v. Great Scott Supermarkets, 528 F.2d 393 (6th Cir. 1976) – Singleton v. Wulff, 428 U.S.  106 (1976) – Strong Delivery Ministry Ass’n v. Board of Appeals of Cook County, 543 F.2d 32 (7th Cir. 1976) – Kremens v. Bartley, 431 U.S.  119 (1977) – Miller v. United States, 438 F.Supp. 514 (E.D. Pa. 1977) – United Air Lines, Inc. v. McMann, 434 U.S.  192 (1977)

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– Baltimore Gas and Electric Co. v. Natural Resources Defense Council, Inc., 435 U.S.  964 (1978) – Nixon v. Warner Communications, Inc., 435 U.S.  589 (1978) – Regents of the University of California v. Bakke, 438 U.S.  265 (1978) – United States v. State of Michigan, 471 F. Supp. 192 (W.D. Mich. 1979) – Degregorio v. O'Bannon, 86 F.R.D. 109 (E.D. Pa. 1980) – Askew v. Sonson, 409 S.2d 7 (S.Ct. of Fla. 1981) – Metromedia, Inc. v. San Diego, 453 U.S.  490 (1981) – Schneider v. Lockheed Aircraft Corp., 658 F.2d 835 (D.C. Cir. 1981) – United Parcel Serv., Inc v. Mitchell, 451 U.S.  56 (1981) – Hoptowit v. Ray, 682 F.2d 1237 (9th Cir. 1982) – Leigh v. Engle, 535 F. Supp. 418 (N.D. Ill. 1982) – Miller-Wohl Co. Inc. v. Commissioner of Labor and Industry State of Mont., 694 F.2d 203 (9th Cir. 1982) – Munoz v. Imperial County, 667 F.2d 811 (9th Cir. 1982) – Toll v. Moreno, 458 U.S.  1 (1982) – American College of Obstetricians & Gynecologists, Pennsylvania Section v. Thornburgh, 699 F.2d 644 (3rd Cir. 1983) – Bob Jones University v. United States, 461 U.S.  574 (1983) – State v. Davis, 477 A.2d 308 (S.Ct. N.J. 1984) – United States v. Hooker Chemicals & Plastics Corp., 749 F.2d 968 (2nd Cir. 1984) – City of Cleburne v. Cleburne Living Centre, 473 U.S.  432 (1985) – Yip v. Pagano, 606 F. Supp. 1566 (D.N.J. 1985) – L.E. Myers Co. v. United States, 10 Cl.Ct. 617 (Fed. Cl. 1986) – Brock. v. Roadway Express, 481 U.S.  252 (1987) – Harris v. Pernsley, 820 F.2d 592 (3rd Cir. 1987) – Morales v. Turman, 820 F.2d 728 (5th Cir. 1987) – School Board of Nassau v. Arline, 480 U.S.  273 (1987) – United States v. State of Michigan, 116 F.R.D. 655 (W.D. Mich. 1987) – Dize v. Amalgamated Council of Greyhound Local Unions, 684 F. Supp. 332 (D.D.C. 1988) – Little Rock School Dist. v. Pulaski County Special School Dist. No. 1, 839 F.2d 1296 (8th Cir. 1988) – United States v. Smith, 686 F. Supp. 847 (D. Colo. 1988) – Teague v. Lane, 489 U.S.  288 (1989) – Webster v. Reproductive Health Services, 492 U.S.  490 (1989) – Austin v. Michigan Chamber of Commerce, 494 U.S.  652 (1990) – United States v. State of La, 751 F. Supp. 651 (E.D. La 1990) – Kamen v. Kemper Financial Services, Inc., 500 U.S.  90 (1991) – Newark Branch, N.A.A.C.P. v. Town of Harrison, N.J., 940 F.2d 792 (3rd Cir. 1991) – Pacific Mut. Life Ins. Co. v. Haslip, 499 U.S.  1 (1991) – Resort Timeshare Resales, Inc. v. Stuart, 764 F. Supp. 1495 (S.D. Fla. 1991) – United States v. Gotti, 755 F. Supp. 1157 (E.D.N.Y. 1991) – United States v. State of Michigan, 940 F.2d 143 (6th Cir. 1991) – Lever Bros. Co. v. U.S., 1992 WL 443768 (D.C. Cir. 1992) – Planned Parenthood of Southeastern Pennsylvania v. Casey, 505 U.S.  833 (1992) – United States v. Alvaret-Machain, 504 U.S.  655 (1992) – Resident Council of Allen Parkway Village v. U.S. Dept. of Housing & Urban Development, 980 F.2d 1043 (5th Cir. 1993)

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– Davis v. U.S., 512 U.S.  452 (1994) – Giammalvo v. Sunshine Min. Co., 644 A.2d 407 (S.Ct. of Del. 1994) – Northbrook Prop & Cas. Ins. Co. v. Edwards, 511 U.S.  1103 (1994) – Variable Annuity Life Ins. Co. v. Clark, 13 F.3d. 833 (5th Cir. 1994) – Wyatt By and Through Rawlins v. Hanan, 868 F. Supp 1356 (M.D. Ala. 1994) – Forest Conservation Council v. U.S. Forest Serv., 66 F.3d 1489 (9th Cir. 1995) – Miller v. Johnson, 515 U.S.  900 (1995) – Waste Management of Pennsylvania, Inc. v. City of York, 162 FRD 34 (M.D. Pa. 1995) – Bryant v. Better Business Bureau of Greater Maryland, Inc., 923 F. Supp. 720 (D. Md. 1996) – Ciba-Geigy Ltd. v. Fish Peddler, Inc., 683 So.2d 522 (Fla. App. 1996) – Coalition of Arizona/New Mexico Counties for Stable Economic Growth v. Department of the Interior, 100 F.3d 837 (10th Cir. 1996) – Fluor Corp. v. U.S., 35 Fed. Cl. 284 (Fed. Cl. 1996) – Hage v. U.S., 35 Fed. Cl. 737 (Fed. Cl. 1996) – In re Mahaffey, 1996 WL 383922 (4th Cir. 1996) – Peacock v. Thomas, 516 U.S.  349 (1996) – Romer v. Evans, 517 U.S.  620 (1996) – Bass v. Stolper, Koritzinsky, Brewster & Neider, S.C., 111 F.3d 1322 (7th Cir. 1997) – Chandler v. Miller, 520 U.S.  305 (1997) – Hudson v. United States, 522 U.S.  93 (1997) – Rice v. Paladin, 128 F.3d 233 (4th Cir. 1997) – Ryan v. Commodity Futures Trading Com’n, 125 F.3d 1062 (7th Cir. 1997) – Wyatt By and Through Rawlins v. Rogers, 985 F. Supp. 1356 (M.D. Ala. 1997) – Lexecon Inc. v. Milberg, 523 U.S.  26 (1998) – United States v. DeTemple, 162 F.3d 279 (4th Cir. 1998) – Community Ass’n for Restoration of Environment (CARE) v. DeRuyter Bros. Dairy, 54 F. Supp. 2d 974 (E.D. Wash. 1999) – Daggett v. Commission on Governmental Ethics and Election Practices, 172 F.3d 104 (1st Cir. 1999) – Daggett v. Webster, 190 F.R.D. 12 (D. Me. 1999) – Knight v. Florida, 120 S.Ct. 459 (1999) – Massachusetts Food Ass’n v. Massachusetts Alcoholic Beverages Control Com’n, 197 F.3d 560 (1st Cir. 1999) – Rio Grande Pipeline Co. v. F.E.R.C., 178 F.3d 533 (D.C. Cir. 1999) – Russell v. Board of Plumbing Examiners of County of Westchester, 74 F. Supp. 2d 349 (S.D.N.Y. 1999) – Sciotto v. Marple Newtown School Dist., 70 F. Supp. 2d 553 (E.D. Pa. 1999) – Amaco Oil Co. v. U.S., 234 F.3d 1374 (Fed. Cir. 2000) – National Organization for Women, Inc. v. Scheidler, 223 F.3d 615 (7th Cir. 2000) – Pharmaceutical Research and Manufacturers of America v. Commissioner, Maine Dept. of Human Services, 2000 WL 1844663 (D. Me. 2000) – Republic of Panama v. American Tobacco Co. Inc., 217 F.3d 343 (5th Cir. 2000) – Altmann v. Republic of Austria, 142 F. Supp. 2d 1187 (C.D. Cal. 2001) – Bano v. Union Carbide Corp., 273 F.3d 120 (2nd Cir. 2001) – DeJulio v. Georgia, 127 F. Supp. 2d 1274 (N.D. Ga. 2001) – Eldred v. Reno, 239 F.3d 372 (D.C. Cir. 2001) – Feature Reality, Inc. v. The City of Spokane, 2001 WL 34738804 (E.D. Wash. 2001)

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– McCarver v. North Carolina, 532 U.S.  941 (2001) – State ex rel. Com’r of Transp. v. Medicine Bird Black Bear White Eagle, 63 S.W.3d 734 (Ct. App. Tenn. 2001) – State v. Director, U.S. Fish and Wildlife Service, 262 F.3d 13 (1st Cir. 2001) – Sunbelt Veterinary Supply, Inc. v. International Business Systems United States, Inc., 200 F.R.D. 463 (D.C.Ala. 2001) – Atkins v. Virginia, 536 U.S.  304 (2002) – O Centro Espirita Beneficiente Uniao Do Vegetal v. Ashcroft, 282 F. Supp. 2d 1271 (D.N.M. 2002) – Neonatology Assocs. v. Commissioner, 293 F.3d 128 (3d Cir. 2002) – Sao Paulo State of Federative Republic of Brazil v. American Tobacco Co., Inc., 535 U.S.  229 (2002) – United States v. Alkaabi, 223 F. Supp. 2d 583 (D.N.J. 2002) – Utahns for Better Transp. v. U.S. Dept. of Transp., 295 F.3d. 1111 (10th Cir. 2002) – Warren v. Commissioner of Internal Revenue, 302 F.3d 1012 (9th Cir. 2002) – Alliance of Automobile Mfrs. v. Gwadowsky, 297 F. Supp.2d 305 (D. Me. 2003) – Centeno-Bernuy v. Perry, 302 F. Supp. 2d 128 (W.D.N.Y. 2003) – Cobell v. Norton, 246 F. Supp. 2d 59 (D.D.C. 2003) – Glassroth v. Moore, 347 F.3d 916 (11th Cir. 2003) – Grutter v. Bollinger, 539 U.S.  306 (2003) – Lawrence v. Texas, 539 U.S.  558 (2003) – New York State Senator Kruger v. Bloomberg, 768 N.Y.S.2d 76 (S.Ct. of N.Y. 2003) – S.E.C. v. Bear, Stearns & Co. Inc., 2003 WL 22000340 (S.D.N.Y. 2003) – Voices for Choices v. Illinois Bell Telephone Co., 339 F.3d 542 (7th Cir. 2003) – Manago v. Rosario, 91 Fed. Appx. 9 (9th Cir. 2004) – Olympic Airways v. Husain, 540 U.S.  644 (2004) – Thomas v. Crosby, 371 F.3d 782 (11th Cir. 2004) – United States ex rel. Totten v. Bombardier Corp., 380 F.3d 488 (D.C. Cir. 2004) – Comfort v. Lynn School Committee, 418 F.3d 1 (1st Cir. 2005) – First Federal Sav. Bank of Hegewisch v. U.S., 63 Fed.Cl. 790 (Fed.Cl. 2005) – Heath v. American Express Travel Related Servs. Co., 331 B.R. 424 (Bankr. 9th Cir. 2005) – Lewis v. Harris, 875 A.2d 259 (Sup. C. of N.J. 2005) – Liberty Resources, Inc. v. Philadelphia Housing Authority, 395 F. Supp. 2d 206 (E.D. Pa. 2005) – Lipuma v. American Express Co., 406 F. Supp. 2d 1298 (S.D. Fla. 2005) – NGV Gaming, Ltd. v. Upstream Point Molate, LLC, 335 F. Supp. 2d 1061 (N.D. Cal. 2005) – Roper v. Simmons, 543 U.S.  551 (2005) – State v. Ross, 272 Conn. 577 (S.Ct. of Conn. 2005) – Triad Intern. Maintenance Corp. v. Southern Air Transport, Inc., 2005 WL 1917512 (S.D. Ohio 2005) – Aurora Loan Services, Inc. v. Craddieth, 442 F.3d 1018 (7th Cir. 2006) – Hamdan v. Rumsfeld, 548 U.S.  557 (2006) – In re Charges of Judicial Misconduct, 465 F.3d 532 (2nd Cir. 2006) – LaRue v. DeWolff, Boberg & Associates, Inc., 458 F.3d 359 (4th Cir. 2006) – Parm v. Shumate, 2006 WL 1228846 (W.D. La. 2006) – Andersen v. Leavitt, 2007 WL 2343672 (E.D.N.Y. 2007) – Animal Protection Inst. v. Martin, 2007 WL 647567 (D. Me. 2007) – Club v. Federal Emergency Management Agency, 2007 WL 3472851 (S.D. Tex. 2007)

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– Figueroa v. Sharper Image Corp., 517, F. Supp 2d 1292 (S.D. Fla. 2007) – Gonzales v. Carhart, 550 U.S.  124 (2007) – Tafas v. Dudas, 511 F. Supp. 2d 652 (E.D. Va. 2007) – United States v. Boyd, 475 F.3d 875 (7th Cir. 2007) – Animal Science Products, Inc. v. China Nat. Metals & Minerals Import & Export Corp., 596 F. Supp. 2d 842 (D.N.J. 2008) – Baze v. Rees, 553 U.S.  35 (2008) – District of Columbia v. Heller, 128 S.Ct. 2783 (2008) – Greater Yellowstone Coalition v. Timchak, 2008 WL 4911410 (D. Idaho 2008) – Greenlaw v. United States, 554 U.S.  237 (2008) – Jamaica Hosp. Medical Center, Inc. v. United Health Group, Inc., 584 F. Supp. 2d 489 (E.D.N.Y. 2008) – Jin v. Ministry of State Security, 557 F. Supp. 2d 131 (D.D.C. 2008) – Oklahoma ex rel. Edmondson v. Tyson Foods, Inc., 2008 WL 1994914 (N.D. Okla. 2008) – Stoneridge Inv. Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, 552 U.S.  148 (2008) – Caperton v. A.T. Massey Coal Co., 556 U.S.  868 (2009) – Commonwealth of the Northern Mariana Islands v. U.S., 2009 WL 596986 (D.C. Cir. 2009) – Fry v. Exelon Corp. Cash Balance Pension Plan, 576 F.3d 723 (7th Cir. 2009) – Northwest Austin Municipal Utility District Number One v. Holder, 557 U.S.  193 (2009) – Pacific Bell Telephone Co. v. Linkline Communications, Inc., 555 U.S.  438 (2009) – Safford Unified School District No.1 v. Redding, 129 S.Ct. 2633 (2009) – Synder v. Phelps, 580 F.3d 206 (4th Cir. 2009) – The Authors Guilde, Inc. v. Google Inc., 2009 WL 5576331 (S.D.N.Y. 2009) – United States ex rel. DRC, Inc. v. Custer Battles, LLC, 562 F.3d 295 (4th Cir. 2009) – Beres v. U.S., 92 Fed.Cl. 737 (Fed. Cl. 2010) – Center for Biological Diversity, United States Bureau of Land Mangement, 2010 WL 1452863 (D. Ariz. 2010) – Citizens United v. Federal Election Com’n, 558 U.S.  310 (2010) – Conservancy of Southwest Florida v. U.S. Fish and Wildlife Service, 2010 WL 3603276 (M.D. Fla. 2010) – Graham v. Florida, 130 S.Ct. 2011 (2010) – McDonald v. City of Chicago, 130 S.Ct. 3020 (2010) – Morrison v. National Australia Bank Ltd, 130 S.Ct. 2869 (2010) – National Petrochemical & Refiners Ass’n v. Goldstene, 2010 WL 2228471 (E.D. Cal. 2010) – Perry v. Schwarzenegger, 704 F.Supp.2d 921 (N.D. Cal. 2010) – Southern Realty Management, Inc. v. Aspen Specialty Ins. Co., 2010 WL 966426 (N.D. Ga. 2010) – Automobile Club of New York, Inc. v. Port Authority of New York and New Jersey, 2011 WL 5865296 (S.D.N.Y. 2011) – BancInsure, Inc. v. U.K. Bancorporation Inc./United Kentucky Bank of Pendleton County, Inc., 830 F. Supp. 2d 294 (E.D. Ky 2011) – Beesley v. International Paper Co., 2011 WL 5825760 (S.D. Ill. 2011) – Bowie v. Maddox, 642 F.3d 1122 (D.C. Cir. 2011) – District of Columbia v. Potomac Elec. Power Co., 826 F. Supp. 2d 227 (D.D.C. 2011) – Florida v. Department of Health and Human Services, 132 S.Ct. 609 (2011) – FTC and State of Maine v. Lundbeck, Inc., (8th Cir. 2011) (abgerufen am 21.10.2016) – McBeth v. Gabrielli Truck Sales, Ltd., 768 F. Supp. 2d 392 (E.D.N.Y. 2011)

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– Michigan v. Bryant, 131 S.Ct. 1143 (2011) – Picard v. Greiff, 797 F. Supp. 2d 451 (S.D.N.Y. 2011) – Save Arden-Oaks v. Sacramento County Bd. of Zoning Appeals, 2011 WL 2452677 (Cal. App. 3 Dist. 2011) – State v. Henley, 800 N.W.2d 418 (Wis. 2011) – Wilderness Soc. v. U.S. Forest Service, 630 F.3d 1173 (9th Cir. 2011) – Christopher v. SmithKline Beecham Corp., 132 S.Ct. 2156 (2012) – E.I. du Pont de Nemours and Co. v. Kolon Industries, Inc., 847 F. Supp. 2d 843 (E.D.Va. 2012) – Florence v. Board of Chosen Freeholders of County of Burlington, 132 S.Ct. 1510 (2012) – Gabriel Technologies Corp. v. Qualcomm Inc., 2012 WL 849167 (S.D. Cal. 2012) – Hard Drive Productions, Inc. v. Does 1-1,495, 892 F.Supp.2d 334 (D.D.C. 2012) – In re Halo Wireless, Inc., 684 F.3d 581 (5th Cir. 2012) – Minn-Chem, Inc. v. Agrium, Inc., 683 F.3d 845 (7th Cir. 2012) – Perry v. Brown, 671 F.3d 1052 (2012) – Reichert v. State ex rel. McCulloch, 2012 WL 1795135 (S.Ct. of Mont. 2012) – Wisconsin Educ. Ass’n Council v. Walker, 824 F. Supp. 2d 856 (W.D. Wis. 2012) – F.T.C. v. Phoebe Putney Health System, Inc., 133 S.Ct. 1003 (2013) – Genova v. Banner Health, 734 F.3d 1095 (10th Cir. 2013) – Hollingsworth v. Perry, 133 S.Ct. 2652 (2013) – Norse Energy Corp. USA v. Town of Dryden, 108 A.D.3d 25 (N.Y.A.D. 2013) – United States v. Windsor, 133 S.Ct. 2675 (2013) – Burwell v. Hobby Lobby Stores, Inc., 134 S.Ct. 2751 (2014) – Finkle v. Howard County, Md., 12 F.Supp.3d 780 (D.Md. 2014) – ForestKeeper v. Elliott, 50 F.Supp.3d 1371 (E.D. Cal. 2014) – In the Matter of the Search of Information Associated with [redacted]@mac.com that is Stored at Premises Controlled by Apple, Inc., 13 F.Supp.3d 157 (D.D.C. 2014) – Peruta v. County of San Diego, 771 F.3d 570 (9th Cir. 2014) – Richland/Wilkin Joint Powers Authority v. U.S. Army Corps of Engineers, 38 F.Supp.3d 1043 (D.Minn 2014) – Von Saher v. Norton Simon Museum of Art at Pasadena, 754 F.3d 712 (9th Cir. 2014) – Santomenno ex rel. John Hancock Trust v. John Hancock Life Ins. Co. (U.S.A), 768 F.3d 284 (3rd Cir. 2014) – American Humanist Association v. Maryland-National Capital Park, 147 F.Supp.3d 373 (D. Ma. 2015). – Ohio Valley Environmental Coalition, Inc. v. McCarthy, 313 F.R.D. 10 (S.D. WV 2015) – Students for Fair Admissions, Inc. v. President and Fellows of Harvard College, 308 F.R.D. 39 (D. Mass. 2015) – Agricultural Retailers Association v. United States Department of Labor, 2016 WL 5315200 (D.C. Cir. 2016) – Davidson v. City of Cranston, Rhode Island, 2016 WL 5115338 (1st Cir. 2016) – Securities Investor Protection Corporation v. Bernard L. Madoff Investment Securities LLC, 550 B.R. 241 (S.D. N.Y. 2016) – Wallaesa v. Federal Aviation Administration, 824 F.3d 1071, 1077 f. (D.C. Cir. 2016)

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C.  Europäische Gerichte I.  Entscheidungen europäischer Gerichte – EuGH, 05.02.1963, Rs. 26/62, van Gend & Loos, Slg. 1963, 3 – EuGH, 18.3.1970, Rs. 43/69, Bilger/Jehle, Slg. 1970, 127 – EuGH, 06.02.1973, Rs. 48/72, Braesserie de Haecht II, Slg. 1973, 77 – EuGH, 30.01.1974, Rs. 127/73, BRT/SABAM I, Slg. 1974, 51 – EuGH 05.04.1976, Rs. 27/76 R, United Brands Company, Slg. 1976, 425 – EuGH, 16.12.1976, Rs. 33/76, REWE Zentralfinanz EG und REWE-Zentral AG ./. Landwirtschaftskammer für das Saarland, Slg. 1976, 1989 – EuGH, 06.10.1982, Rs. 283/81, C.I.L.F.I.T., Slg. 1982, I-3415 – EuGH, 06.12.1990, Rs. C-2/88, Zwartfeld, Slg. 1990, I-4405 – EuGH, 28.02.1991, Rs. C-234/89, Delimitis ./. Henniger Bräu, Slg. 1991, I-935 – EGMR, 23.06.1993, 2/1992/347/420, juris – GA Jacobs, 15.06.1995, verb. Rs. C-430/93, C-431/93, Jeroen van Schijndel und Johannes Nicolaas Cornelis van Veen gegen Stichting Pensioenfonds voor Fysiotherapeuten, Slg. 1995 I-4705 – EuGH, 14.12.1995, verb. Rs. C-430/93 und C-431/93, Jeroen van Schijndel und Johannes Nicolaas Cornelis van Veen gegen Stichting Pensioenfonds voor Fysiotherapeuten, Slg. 1995 I-4705 – EuGH, 01.07.1999, Rs. C-126/97, Eco Swiss, Slg. 1999, I-3055 – EuGH, 11.01.2000, verb. Rs. C-174/98 u. C-189/98, Niederlande, van der Wal ./. Kommission, Slg. 2000, I-1 – EuGH, 14.12.2000, Rs. C-344/98, Masterfoods, Slg. 2000, I-11369 – EuGH, 14.12.2000, verb. Rs. C-300/98, C-392/98, Parfums Christian Dior SA ./. Tuk Consultancy BV und Asseo Gerüste GmbH, Rob van Dijk, handelnd unter der Firma Assco Holland Steigers Plettac Nederland, ./. Wilhelm Layher GmbH & Co. KG, Layher BV, Slg. 2000, I-11307 – EuGH, 23.04.2002, Rs.  C-62/01, Campogrande/Kommission, Slg 2002, I-3793 – EuGH, 04.06.2009, Rs. C-142/05, Mickelsson, Slg. 2009, I-4273 – EuGH, 11.06.2009, Rs. C-429/07, Inspecteur van de Belastingdienst v. X BV, Slg. 2009, I-4833 – EuGH, 13.10.2011, Rs. C-439/09, Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS, Slg. 2011, I-9419 – EuGH, 27.11.2012, C-370/12, Pringle, ECLI:EU:C:2012:756 – EuGH, 14.03.2013, C-32/11, Allianz Hungária Biztosító Zrt., ECLI:EU:C:2013:160 – EuGH, 18.06.2013, Rs. C-681/11, Bundeswettbewerbsbehörde ./. Schenker u. a., ECLI:EU: C:2013:404

II.  Schlussanträge von Generalanwälten – Schlussanträge des GA Geelhoed, 28.11.2002, Rs. C-20/01, Kommission ./. BRD, Slg. 2003, I-03609 – Schlussanträge des GA Mengozzi, 05.03.2009, Rs. C-429/07, Inspecteur van de Belastingsdienst ./. X BV, Slg. 2009, I-4833 – Schlussanträge der GA’in Trstenjak, 06.07.2010, Rs. C-137/08, VB Pénzügyi Lízing Zrt. ./. Ferenc Schneider, Slg. 2010, I-10857

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D.  Deutsche Gerichte – BGH, 17.12.1953, IV ZR 159/52, BGHZ 12, 22 – BVerfG, 07.07.1955, 1 BvR 455/54, BVerfGE 4, 190 – OLG Frankfurt, 02.08.1962, 6 U 65/92, WuW/E OLG 491 – BGH, 29.01.1969, IV ZR 545/68, NJW 1969, 875 – BAG, 10.03.1972, 3 AZR 278/71, BAGE 24, 177 – BAG, 10.06.1980, 1 AZR 822/79, BAGE 33, 140 – BVerfG, 24.03.1982, 2 BvH 1/82, BVerfGE 60, 175 – BVerfG, 21.04.1982, 2 BvR 873/81, BVerfGE 60, 313 – BGH, 23.11.1983, IV b ZB 6/82, NJW 1984, 438 – BGH, 25.04.1988, II ZR 252/86, BGHZ 104, 215 – BVerfG, 28.05.1993, 2 BvF 2/90 und 4, 5/92, BVerfGE 88, 203 – BGH, 14.03.2000, KZR 15/98, WuW/E DE-R 487 – BVerfG, 12.12.2000, 1 BvR 1762/95, 1 BvR 1787/95, BVerfGE 102, 347 – BGH, 29.01.2001, II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 – BGH, 05.02.2002, KZR 3/01, BGHZ 149, 391 – BGH, 09.07.2002, KZR 30/00, BGHZ 151, 274 – BGH, 02.10.2003, V ZB 22/03, BGHZ 156, 269 – BGH, 12.11.2003, XII ZR 109/01, NJW 2004, 1324 – BVerfG, 26.07.2005, 1 BvR 80/9, BVerfGE 114, 73 – BGH, 14.11.2006, X ZR 34/05, ZEV 2007, 182 – BGH, 06.03.2007, KZR 6/06, WuW/E DE-R 1954 – BVerwG 18.06.2009, 7 C 16.08, BVerwGE 135, 154 – BGH, 23.06.2009, KZR 58/07 – BGH, 30.03.2011, KZR 6/09 – BGH, 30.03.2011, KZR 7/09 – BGH, 10.08.2011, KRB 55/10, BGHSt 57, 193 – BVerfG, 07.09.2011, 2 BvR 987/10, 2 BvR 1485/10, 2 BvR 1099/10, BVerfGE 129, 124 – BGH, 31.01.2012, KZR 65/10 – OLG Frankfurt, 10.05.2012, 26 SchH 11/10, SchiedsVZ 2013, 119 – BAG, 19.12.2013, 6 AZR 190/12, NZA 2014, 372, – BGH, 19.09.2013, III ZB 37/12, SchiedsVZ 2013, 333 – BVerfG, 06.03.2014, 1 BvR 3541/13, NJW 2014, 1581 – BGH, 30.04.2014, III ZB 37/12, SchiedsVZ 2014, 200 – BGH, 16.12.2014, KRB 47/13 – OLG Frankfurt, 18.12.2014, 26 Sch 3/13 – LG Frankfurt/M, 24.06.2015, 2-06 O 458/14, MMR 2015, 582 – BVerfG, 18.05.2016, 1 BvR 895/16, NVwZ 2016, 1171

E.  Entscheidungen anderer mitgliedstaatlicher Gerichte – Cour de Cassation, 31.05.1991, 1991 Recueil Dalloz Sirey 417 – Darlington Borough Council v. Wiltshier Northern Ltd. [1995] 1 WLR 68, 78 (CA) – Cour d’Appel de Paris, 07.06.2007, Nr.  2005/17909, Garage Grémeau v. Daimler Chrysler, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016)

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– Cour d’Appel de Paris, 29.10.2009, Nr.  2008/23812, Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS, abrufbar unter: (abgerufen am 02.06.2015) und Cour d’Appel de Paris, 31.01.2013, Nr.  2008/23812, Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Gerechtshof Amsterdam, 11.03.2010, 06/00252, Inspecteur van de Belastingdienst v. X BV, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Hoge Raad, 12.08.2011, 10/01358, X BV, BNB 2011, 247, auch abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – OGH, 05.12.2011, 16 Ok 4/11, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Cour de Cassation, 31.01.2012, Arrêt nº 140, Orange Caraïbe, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – High Court, 04.04.2012, National Grid v. ABB Ltd. et. al., [2012] EWHC 869, auch abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Grondwettelijk Hof, 20.12.2012, Arrest Nr.  161/2012, Tessenderlo Chemie v. Belgium, abrufbar unter: (abge­ rufen am 21.10.2016) – High Court, 2003 Nr.  7764P, Beef Industry Development Society Ltd (BIDS) – Najvyšší súd Slovenskej Republiky, Železničná spoločnosť Cargo Slovakia, a.s., abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – OHG 16 Ok 4/11 – Spediteuers-Sammelladungskonferenz, Oberster Gerichtshof, Wien – Supreme Court [UK], Deutsche Bahn AG and others v Morgan Advanced Materials Plc (formerly Morgan Crucible Co Plc), 09.04.2014, [2014] UKSC 24

F. Welthandelsrecht – United States – Standards for Reformulated and Conventional Gasoline, Bericht des ­Panels, vom 29.01.1996, WT/DS/2/R – United States – Standards for Reformulated and Conventional Gasoline, Bericht des ­Appellate Body vom 29.04.1996, WT/DS2/AB/R – Japan – Taxes on Alcoholic Beverages, Bericht des Appellate Body vom 4.10.1996, WT/ DS8/AB/R, WT/DS10/AB/R, WT/DS11/AB/R – EC – Measures Concerning Meat and Meat Products (Hormones), Bericht des Panel, vom 18.08.1997, WT/DS/26/R – European Communities – Regime for the Importation, Sale and Distribution of Bananas, Bericht des Appellate Body vom 09.09.1997, WT/DS27/AB/R – India – Patent Protection for Pharmaceutical and Agricultural Chemical Products, Bericht des Appellate Body vom 19.12.1997, WT/DS50/AB/R – EC – Measures Concerning Meat and Meat Products (Hormones), Bericht des Appellate Body vom 16.01.1998, WT/DS26/AB/R – Japan – Measures Affecting Consumer Photographic Film and Paper, Bericht des Panels vom 31.03.1998, WT/DS44/R

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– United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Panel vom 15.05.1998, WT/DS58/R – United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, Bericht des Appellate Body vom 12.10.1998, WT/DS58/AB – United States – Anti-Dumping Duty on Dynamic Random Access Memory Semiconductors (DRAMS) of One Megabit or Above from Korea, Bericht des Panels vom 29.01.1999, WT/ DS99/R – India – Quantitative Restrictions on Imports of Agricultural, Textile and Industrial Prod­ ucts, Bericht des Panels vom 06.04.1999, WT/DS90/R – United States – Imposition of Countervailing Duties on Certain Hot-Rolled Lead and ­Bismuth Carbon Steel Products Originating in the United Kingdom, Bericht des Panels vom 23.12.1999, WT/DS138/R – United States – Sections 301–310 of the Trade Act 1974, Bericht des Panels vom 27.01.2000, WT/DS152/R – Australia – Measures Affecting Importation of Salmon, Recourse to Article 21.5 by Canada, Bericht des Panels vom 18.02.2000, WT/DS18/RW – United States – Imposition of Countervailing Duties on Certain Hot-Rolled Lead and ­Bismuth Carbon Steel Products Originating in the United Kingdom, Bericht des Appellate Body vom 10.05.2000, WT/DS138/AB/R – United States – Section 110(5) of US Copyright Act, Bericht des Panels vom 15.06.2000, WT/DS160/R – European Communities – Measures Affecting Asbestos and Asbestos-Containing Prod­ ucts, Bericht des Panels vom 18.09.2000, WT/DS135/R – European Communities – Anti-Dumping Duties on Imports of Cotton-type Bed Linen from India, Bericht des Panels vom 30.10.2000, WT/DS141/R – European Communities – Measures Affecting Asbestos and Asbestos-Containing Prod­ ucts, Bericht des Appellate Body vom 12.03.2001, WT/DS135/AB/R – Thailand – Anti-Dumping Duties on Angles, Shapes and Sections of Iron or Non-Alloy Steel and H Beams from Poland, Bericht des Appellate Body vom 12.03.2001, WT/DS122/ AB/R – United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Products – Recourse to Article 21.5 by Malaysia, Bericht des Panels vom 15.06.2001, WT/DS58/RW – United States – Transitional Safeguard Measure on Combed Cotton Yarn from Pakistan, Bericht des Appellate Body vom 08.10.2001, WT/DS192/AB/R – United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Products – Recourse to Article 21.5 by Malaysia, Bericht des Appellate Body vom 22.10.2001, WT/DS58/AB/RW – United States – Preliminary Determinations with Respect to Certain Softwood Lumber from Canada, Bericht des Panels vom 12.09.2002, WT/DS236/R – Chile – Price Band System and Safeguard Measures Relating to Certain Agricultural Prod­ ucts, Bericht des Appellate Body vom 23.09.2002, WT/DS207/AB/R – European Communities – Trade Description of Sardines, Bericht des Appellate Body vom 26.09.2002, WT/DS231/AB/R – United States – Countervailing Measures Concerning Certain Products from the Euro­ pean Communities, Bericht des Appellate Body vom 09.12.2002, WT/DS212/AB/R – United States – Final Countervailing Duty Determination with respect to certain Softwood Lumber from Canada, Bericht des Panels vom 29.08.2003, WT/DS257/R – United States – Definitive Safeguard Measures on Imports of Certain Steel Products, ­Bericht des Appellate Body vom 10.11.2003, WT/DS248/AB/R, WTDS249/AB/R, WT/

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DS251/AB/R, WT/DS252/AB/R, WT/DS253/AB/R, WT/DS254/AB/R, WT/DS258/AB/R, WT/DS259/AB/R – United States – Final Countervailing Duty Determination with respect to certain Softwood Lumber from Canada, Bericht des Appellate Body vom 19.01.2004, WT/DS257/AB/R – United States – Investigation of the International Trade Commission in Softwood Lumber from Canada, Bericht des Panels vom 22.03.2004, WT/DS277/R – European Communities – Export Subsidies on Sugar, Bericht des Panels vom 15.10.2004, WT/DS265/R, WT/DS266/R, WT/DS283/R – United States – Measures Affecting the Cross-Border Supply of Gambling and Betting Services, Appellate Body Bericht vom 07.04.2005, WT/DS285/AB/R – European Communities – Export Subsidies on Sugar, Bericht des Appellate Body vom 28.04.2005, WT/DS265/AB/R, WT/DS266/AB/R, WT/DS283/AB/R – European Communities – Customs Classification of Frozen Boneless Chicken Cuts, Bericht des Appellate Body vom 12.09.2005, WT/DS269/AB/R, WT/DS286/AB/R – Mexico – Tax Measures on Soft Drinks and Other Beverages, Bericht des Panels vom 07.10.2005, WT/DS308/R – United States – Laws, Regulations and Methodology for Calculating Dumping Margins (Zeroing), Bericht des Panels vom 31.10.2005, WT/DS294/R – Mexico – Tax Measures on Soft Drinks and Other Beverages, Bericht des Appellate Body vom 06.03.2006, WT/DS308/AB/R – European Communities – Selected Customs Matters, Bericht des Panels vom 16.06.2006, WT/DS315/R – European Communities – Measures Affecting the Approval and Marketing of Biotech Prod­ ucts, Bericht des Panels vom 29.09.2006, WT/DS291/R, WT/DS292/R, WT/DS293/R – Brazil – Measures Affecting Imports of Retreaded Tyres, Bericht des Panel vom 12.06.2007, WT/DS332/R – European Communities – Anti-Dumping Measure on Farmed Salmon from Norway, Bericht des Panels vom 16.11.2007, WT/DS337R – Brazil – Measures Affecting Imports of Retreaded Tyres, Bericht des Appellate Body vom 03.12.2007, WT/DS332/AB/R – European Communities – Measures Affecting the Approval and Marketing of Biotech Prod­ ucts, Entscheidung des Panels vom 17.01.2008, WT/DS293/R – United States – Continued Suspension of Obligations in the EC – Hormones Dispute, Bericht des Panel vom 31.03.2008, WT/DS320/R – European Communities – Regime for the Importation, Sale and Distribution of Bananas, Recourse to Article 21.5 of the DSU by the United States, Bericht des Panels 19.05.2008, WT/DS27/RW/USA – United States – Continued Existence and Application of Zeroing Methodology, Bericht des Panels vom 01.10.2008, WT/DS350/R – China – Measures Affecting Imports of Automobile Parts, Bericht des Appellate Body vom 15.12.2008, WT/DS339/AB/R, WT/DS340/AB/R, WT/DS342/AB/R – United States – Measures Relating to Zeroing and Sunset Reviews, Recourse to Article 21.5 of the DSU by Japan, Bericht des Panels vom 24.04.2009, WT/DS322/RW – European Communities – Measures Affecting Trade in Large Civil Aircraft, Bericht des Panels vom 30.06.2010, WT/DS316/R – Australia – Measures Affecting the Importation of Apples from New Zealand, Bericht des Panels vom 09.08.2010, WT/DS367/R – Thailand – Customs and Fiscal Measures on Cigarettes from the Philippines, Bericht des Panels vom 15.10.2010, WT/DS371/R

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– United States – Definitive Anti-Dumping and Countervailing Duties on Certain Products from China, Bericht des Appellate Body vom 11.03.2011, WT/DS379/AB/R – United States – Measures Affecting Trade in Large Civil Aircraft – Second Complaint; Bericht des Panels vom 31.03.2011, WT/DS353/R – United States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna and Tuna Products, Bericht des Panels vom 15.09.2011, WT/DS381/R – United States – Certain Country of Origin Labelling (COOL) Requirements, Bericht des Panels vom 18.11.2011, WT/DS384/R, WT/DS386/R – United States – Measures Affecting the Production and Sale of Clove Cigarettes, Bericht des Appellate Body vom 04.04.2012, WT/DS406/AB/R – United States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna and Tuna Products, Bericht des Appellate Body vom 16.05.2012, WT/DS381/AB/R – Australia – Certain Measures Concerning Trademarks, Geographical Indications and Other Plain Packaging Requirements Applicable to Tobacco Products and Packaging, ­Request for Consultations by the Dominican Republic vom 23.07.2012, WT/DS441/1 – Canada – Certain Measures Affecting the Renewable Energy Generation Sector, Bericht des Panels vom 19.12.2012, WT/DS412/R – United States – Domestic Support and Export Credit Guarantees for Agricultural Prod­ ucts, WT/DS365 – United States – Subsidies and Other Domestic Support for Corn and Other Agricultural Products, WT/DS357 – Canada – Certain Measures Affecting the Renewable Energy Generation Sector, Canada – Measures Relating to the Feed-in Tariff Program, Bericht des Appellate Body vom 13.05.2013, WT/DS412/AB/R, WT/DS426/AB/R – European Communities – Measures Prohibiting the Importation and Marketing of Seal Products, Bericht des Panales vom 25.11.2013, WT/DS400, WT/DS401 – European Communities – Measures Prohibiting the Importation and Marketing of Seal Products, Bericht des Appellate Body vom 22.05.2014, WT/DS400/ABR – United States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna and Tuna Products, Bericht des Appellate Body vom 20.11.2015, WT/DS381/AB/RW

G. Investitionsschiedsgerichtsbarkeit I. NAFTA Ethyl Corp. v. Government of Canada – Award on Jurisdiction, 24.06.1998, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10. 2016) Methanex v. United States – Minutes of the Order of the First Procedural Meeting, 29.06.2000, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Submissions of the Claimant Respecting Petition of the International Institute for Sustainable Development, 31.08.2000, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Stellungnahme Mexikos betreffend einer amicus-Beteiligung, 10.11.2000, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016)

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– Decision of the Tribunal on Petitions from Third Persons to Intervene as „Amici Curiae“, 15.01.2001, veröffentlicht in 13 World Trade and Arbitration Materials, 95 ff (2001) – Final Award of The Tribunal on Jurisdiction and Merits, 03.08.2005, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) United Parcel Service v. Canada – Decision of the Tribunal on Petitions for Intervention and Participation as Amici Curiae, 17.10.2001, 14 World Trade and Arbitration Materials 41, (2002), 46 ILM 922 – Procedural Directions for Amicus Submissions, 04.04.2003, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Direction of the Tribunal on the Participation of Amici Curiae, 01.08.2003, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Award on the Merits, 24.05.2007, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10. 2016) Glamis Gold Ltd v. United States – Notice of Arbitration, 09.12.2003, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Procedural Order No. 1, 03.03.2005, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Decision on Application and Submission by Quechan Indian Nation, 16.09.2005, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10. 2016) – Procedural Order No. 5, 19.09.2005, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Tribunals Letter in Respone to non-party participation, 10.10.2006, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Award, 08.06.2009, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) Grand River Enterprises et al. v. United States of America – Letter of the Secretary of the Tribunal, 27.01.2009, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Submission on Cost of Respondent, 31.03.2010, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Claimants Post Hearing Submission, 31.03.2010, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) Merrill & Ring Forestry L.P. v. Canada – Confidentiality Order, 21.01.2008, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Award, 31.03.2010, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) Vito G. Gallo v. Government of Canada – Claimant’s Submissions, 29.02.2008, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016)

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– Award, 15.09.2011, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) Apotex Inc. v. United States – Procedural Order No. 2, 11.10.2011, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) Apotex Holdings Inc. and Apotex Inc. v. United States, ICSID Case No. ARB(AF)/12/1 – Procedural Order No. 1, 29.11.2012, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Invitation To Amici Curiae, 31.01.2013, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Procedural Order on the Participation of the Applicant, Mr. Barry Appelton, as non-disputing Party, 04.03.2013, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) Eli Lilly and Company v. The Government of Canada, UNCITRAL, ICSID Case No. UNCT/14/2 – Procedural Order No. 1, 26.05.2014, abrufbar unter: (abgerufen am 03.11.2016) – Procedural Order No. 3, 15.01.2016, abrufbar unter: (abgerufen am 03.11.2016) – Procedural Order No. 4, 23.02.2016, abrufbar unter: (abgerufen am 03.11.2016) – Procedural Order No. 6, 27.05.2016, abrufbar unter: (abgerufen am 03.11.2016)

II. ICSID Compañiá de Aguas del Aconquija S.A. and Vivendi Universal S.A. v. Argentine Republic, ICSID Case No, ARB/97/3 – Decision on Annulment, 03.07.2002, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) Enron Creditors Recovery Corp. & Ponderosa Assets, L.P. v. The Argentine Republic, ICSID Case No, Arb/01/3 – Decision on the Application for Annulment of the Argentine Republic, 30.07.2010, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) Aguas del Tunari, SA v Republic of Bolivia, ICSID Case No. ARB/02/3 – Brief des Präsidenten des Schiedsgerichts, 29.01.2003, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Decision on Respondent’s Objections to Jurisdiction, 21.10.2005, 20 ICSID Rev. 450 (2005) Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona SA, and InterAguas Servicios Integrales del Agua SA v. Argentina, ICSID Case No. ARB/03/17 – Order In Response to a Petition for Participation as Amicus Curiae, 17.03.2006, (abgerufen am 21.10.2016) Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona S.A., and Vivendi Universal S.A. v. The Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/03/19 – Order in Response to a Petition for Transparency and Participation as Amicus Curiae, 19.05.2005, 21 ICSID Rev. 342 ff

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– Order in Response to a Petition by five non-governmental organizations for Permission to make an amicus curiae Submission, 12.02.2007, (abgerufen am 21.10.2016) Iona Micula, Viorel Micula and others v. Romania, ICSID Case No. ARB/05/20 Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22 – Minutes of the First Session of the Arbitral Tribunal, 23.03.2006, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Procedural Order No. 3, 29.09.2006, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Procedural Order No. 5, 02.02.2007, veröffentlicht in 46 I.L.M. 576 (2007) – Award, 24.07.2008, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) Electrabel S.A. v. The Republic of Hungary, ICSID Case No. ARB/07/19, – Decision on Jurisdiction, Applicable Law and Liability, 30.11.2012, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10. 2016) AES Summit Generation Limited and AES-Tisza Eromu Kft. V. Republic of Hungary, ICSID Case No. ARB/07/22 – Award, 23.09.2010, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) S&T Oil Equipment & Machinery Ltd. v. Romania, ICSID Case No. ARB/07/13, dazu ICSID Anual Report 2010, S.  76 Iberdrola Energía S.A. v. Republic of Guatemala, ICSID Case No. ARB/09/5 Pac Rim Cayman LLC v. Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB/09/12 – Procedural Order Regarding Amicus Curiae, 02.02.2011, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Procedural Order No. 8, 23.03.2011, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Decision on the Respondents Jurisdictional Objections, 01.06.2012, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) Philip Morris Brands Sàrl, Philip Morris Products S.A. and Abal Hermanos S.A. v. Oriental Republic of Uruguay, ICSID Case No. ARB/10/7 – Procedural Order No. 3, 17.02.2015, abrufbar unter: (abgerufen am 03.11.2016) Bernhard von Pezold and Others v. Republic of Zimbabwe and Border Timbers Limited, Broder Timbers International (Private) Limitied, and Hangani Development Co. (Private) Limited v. Republic of Zimbabwe, ICSID Case No. ARB/10/15 – Procedural Order No. 2, 26.06.2012, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) Bear Creek Mining Corporation v. Republic of Peru, ICSID Case No. ARB/14/2 – Procedural Order No. 5, 21.07.2016, abrufbar unter: (abgerufen am 03.11.2016) Infinito Gold Ltd. v. Costa Rica, ICSID Case No. ARB/14/5 – Petition for Amicus Curiae Status, 15.09.2014, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016)

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III. Sonstige Chevron Corporation and Texaco Petroleum Corporation v. The Republic of Ecuador, PCA Case No. 2009-23 – Claimants’ Memorial on The Merits, 06.09.2010, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Procedural Order No. 8, 18.04.2011, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) Piero Foresti, Laura de Carli & Others v. The Republic of South Africa, ICSID Case No. ARB(AF)/07/01 (Italy/South Africa and BLEU/South Africa BIT) – Letter of the Secretary General on amici, 05.10.2009, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Award, 04.08.2010, abrufbar unter: (abgerufen am 04.06.2015) Eureko B.V. and The Slovak Republic, PCA Case Nr.  2008-13 – Award on Jurisdiction, Arbitrability and Suspension, 26.10.2010, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016)

Amicus-Curiae-Anträge- und Stellungnahmenverzeichnis A.  U.S.-amerikanisches Recht – Brief of the Chamber of Commerce of the United States of America Amicus Curiae, 1977 WL 187976, in: Regents of the University of California v. Bakke, 438 U.S.  265 (1978) – Brief for Teamsters for a Democratic Union as Amicus Curiae in Support of Appellants, 1986 WL 728036, in: Brock v. Roadway Express, Inc., 481 U.S.  252 (1987) – Brief of Charles Alan Wright as Amicus Curiae Supporting Petitioner, 1997 WL 33485515, in: Lexecon Inc. v. Milberg, 523 U.S.  26 (1998) – Brief for the NAACP Legal Defense and Education Fund, Inc. and the American Civil Liberties Union as Amici Curiae in Support of Respondents, 18.02.2003, 2003 WL 398820; Brief of the Asian American Legal Foundation as Amicus Curiae in Support of Petitioners, 2003 WL 152363; Brief of Amici Curiae National Asian Pacific American Legal Consor­ tium, Asian Law Caucus, Asian Pacific American Legal Center, et al., in Support of Respondents, 2003 WL 400140; Brief for Amici Curiae 65 Leading American Businesses in Support of Respondents, 2003 WL 399056; Consolidated Brief of Lt. Gen. Julius W. Becton, Jr., Adm. Dennis Blair, Maj. Gen. Charles Bolden, Hon. James M. Cannon, Lt. Gen. Daniel W. Christman, et al. as Amici Curiae in Support of Respondents; Brief for the United States as Amicus Curiae Supporting Petitioner, 2003 WL 176635, in: Grutter v. Bollinger, 539 U.S.  306 (2003) – Brief for Cato Institute, Brief for American Civil Liberties Union und Brief for Professors of History, 2003 WL 152342, in: Lawrence v. Texas, 539 U.S.  558 (2003) – Brief of Organization for International Investment, International Chamber of Commerce and Federation of German Industries as Amici Curiae in Support of Respondents, 2007 WL 2363262, in: Stoneridge Inv. Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, 552 U.S.  148 (2008) – Brief of Anesthesia Awareness Campaign, Inc. as Amicus Curiae in Support of Neither Party, 2007 WL 3407044, in: Baze v. Rees, 553 U.S.  35 (2008) – Brief of the American Bar, 2008 WL 3199726, in: Caperton v. A.T. Massey Coal Co., 556 U.S.  868 (2009) – Brief Of The Conference Of Chief Justices As Amicus Curiae In Support Of Neither Party, 2009 WL 45973, in: Caperton v. A.T. Massey Coal Co., 556 U.S.  868 (2009) – Brief of Richard D. Friedman, as Amicus Curiae in Support of Respondent, 2010 WL 2565284, in: Michigan v. Bryant, 131 S.Ct. 1143 (2011) – Brief of Amici Curiae States of Missouri, Illinois et. al., (abgerufen am 21.10.2016), in: FTC and State of Maine v. Lundbeck, Inc. (8th Cir. 2011) – Brief on Behalf of Amici Curiae, Policemen’s Benevolent Association, Local 249, Policemen’s Benevolent Association, Local 199, Policemen’s Benevolent Association, Local 177, Policemen’s Benevolent Association, Local 109, and Policemen’s Benevolent Association,

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Amicus-Curiae-Anträge- und Stellungnahmenverzeichnis

Local 167, in Support of Respondents, 2011 WL 3088399, in: Florence v. Board of Chosen Freeholders of County of Burlington, 132 S.Ct. 1510 (2012) – Brief for the United States and the Federal Trade Commission as Amici Curiae, 2012 WL 6641190, in: Minn-Chem, Inc. v. Agrium, Inc., 683 F.3d 845 (7th Cir. 2012) – Brief for the United States as Amicus Curiae Supporting Petitioners, 2012 WL 379584, in: Christopher v. SmithKline Beecham Corp., 132 S.Ct. 2156 (2012) – Brief of Westboro Baptist Church as Amicus Curiae in Support of Neither Party Sugges­t­ ing Reversal, 2013 WL 355751, in: Hollingsworth v. Perry, 133 S.Ct. 2652 (2013)

B.  Europäisches Kartellrecht – Stellungnahme der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003, 02.11.2006, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: Cour d’Appel de Paris, 07.06.2007, Nr.  2005/17909, Garage Grémeau v. Daimler Chrysler – Stellungnahme der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003, 11.06.2009, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: Cour d’Appel de Paris, 29.10.2009, Nr.  2008/23812, Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS – Stellungnahme der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003, 24.09.2009, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) in: Gerechtshof Amsterdam, 11.03.2010, 06/00252, Inspecteur van de Belastingdienst v. X BV – Stellungnahme der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003, 30.03.2010, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: High Court, 2003 Nr.  7764P, Beef Industry Development Society Ltd (BIDS) – Stellungnahme der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003, 25.06.2010, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: Najvyšší súd Slovenskej Republiky, Železničná spoločnosť Cargo Slovakia, a.s. – Stellungnahme der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003, 16.12.2010, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: Hoge Raad, 12.08.2011, 10/01358, X BV – Stellungnahme der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003, 13.10.2011, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: Cour de Cassation, 31.01.2012, Arrêt nº 140, Orange Caraïbe – Stellungnahme der Europäischen Kommission, 12.09.2011, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: OHG 16 Ok 4/11 – Spediteuers-Sammelladungskonferenz, Oberster Gerichtshof, Wien – Stellungnahme der Kommission gemäß Art.  15 Abs.  3 VO 1/2003, 08.03.2012, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: Grondwettelijk Hof, 20.12.2012, Arrest Nr.  161/2012, ­Tessenderlo Chemie v. Belgium

Amicus-Curiae-Anträge- und Stellungnahmenverzeichnis

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C. Welthandelsrecht – Comments to the Appellate Body of the World Trade Organization, Earth Island Institute, Humane Society International and Sierra Club, 16.06.1998, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Prod­ uct, WT/DS58/AB – WWF Amicus Brief to WTO: Shrimp-Turtle Dispute, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Product, WT/DS58/R – Brief of Amici Curiae, Turtle Island Restoration Network, et. al., 12.11.2000, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Products – Recourse to Article 21.5 by Malaysia, WT/DS58/RW – Amicus Curiae Brief, Busch, Grove-White, Jasanoff, Winickoff, Wynne, 30.04.2004, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: European Communities – Measures Affecting the Approval and Marketing of Biotech Products, WT/ DS291/R; WT/DS292/R; WT/DS293/R – Written Submission of Non-Party, Humane Society International, 16.06.2006, abrufbar unter (abgerufen am 21.10. 2016), in: Brazil – Measures Affecting Imports of Retreaded Tyres, WT/DS332/R – Amicus Curiae Brief, Associação de Combate aos Poluentes (ACPO), Associação de Proteção ao Meio Ambiente de Cianorte (APROMAC), Center for International Environmental Law (CIEL), Centro de Derechos Humanos y Ambiente (CEDHA) Conectas Direitos Humanos, Justiça Global, Instituto O Direito por Um Planeta Verde Planeta Verde, 03.07.2006, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: Brazil – Measures Affecting Imports of Retreaded Tyres, WT/DS332/R – Written Submission of Non-Party, Humane Society International, American University, Washington College of Law, 06.05.2010, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) in: United States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna and Tuna Products, WT/DS381/R – Written Submission of Non-Party Amici Curiae to the Appellate Body by The Humane Society of the United States, Humane Society International and American University’s Washington College of Law (WCL), 02.02.2012, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: United States – Measures Concerning the Importation, Marketing and Sale of Tuna and Tuna Products, WT/DS381/AB/R – Written Submission of Non-Party Amici Curiae, 11.02.2013, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: Euro­ pean Communities – Measures Prohibiting the Importation and Marketing of Seal Prod­ ucts, WT/DS400, WT/DS401, WT/DS369

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Amicus-Curiae-Anträge- und Stellungnahmenverzeichnis

D. Investitionsschiedsgerichtsbarkeit – Petition to the Arbitral Tribunal, International Institute for Sustainable Development, 25.08.2000, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: Methanex v. United States – Petition of Communities for a Better Environment, The Bluewater Network of Earth Island Institute and the Center for International Environmental Law to appear as amicus curiae, 13.10.2000, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: Methanex v. United States – Petition to the Arbitral Tribunal, The Canadian Union of Postal Workers and of the Council of Canadians, 08.11.2000, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: United Parcel Service v. Canada – Petition of La Coordinadora Para la Defensa del Agua y Vida, La Federacion Departmental Cochabamba de Organizaciones Regantes, Sempa Sur, Friends of the Earth Netherlands, Oscar Olivera, Omar Ferdandez, Father Luis Sanchez, and Congressman Jorge Alvarado, 29.08.2002, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: Aguas del Tunari, SA v Republic of Bolivia, ICSID Case No. ARB/02/3 (zitiert: Petition of La Coordinadora Para la Defensa del Agua y Vida et. al., 29.08.2002) – Submission of Non-Disputing Parties Bluewater Network, Communities for a Better Environment, Center for International Environmental Law, 09.03.2004, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: Methanex v. United States (zitiert: Submission of Non-Disputing ­Parties, CIEL et. al., 09.03.2004) – Non-Party Submission, Submission of the Quechan Indian Nation, 19.08.2005, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10. 2016) in: Glamis Gold Ltd. v. United States – Non-Disputing Party Submission of the National Mining Association, 13.10.2006, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10. 2016), in: Glamis Gold Ltd. v. United States – Petition for Amicus Curiae Status LEAT et al., 27.11.2006, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22 – Amicus Curiae Submission CELS et al., 04.04.2007, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: Aguas Argentinas, S.A., Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona S.A., and Vivendi Universal S.A. v. The Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/03/19 – Petition for Limited Participation as Non-Disputing Parties, The Center for Applied Legal Studies et. al., 17.07.2009, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: Piero Foresti, Laura de Carli & Others v. The Republic of South Africa, ICSID Case No. ARB(AF)/07/01 – Submission of amici, Fundación Pachamama und The International Institute for Sustainable Development, 05.11.2010, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: Chevron Corporation and Texaco Petroleum Corporation v. The Republic of Ecuador, PCA Case No. 2009-23

Amicus-Curiae-Anträge- und Stellungnahmenverzeichnis

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– Application for Permission to Proceed as Amicus Curiae, Appendix: Submissions of Member Organizations as Amicus Curiae, 02.03.2011, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: Pac Rim Cayman LLC v. Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB/09/12 – Written Submission of Non-Party Amici Curiae, 11.02.2013, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: European Communities – Measures Prohibiting the Importation and Marketing of Seal Products, WT/DS400, WT/DS401, WT/DS369

E. Sonstiges – Amicus-Curiae-Stellungnahme der Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention, 10.09.2013, abrufbar unter (abgerufen am 21.10.2016), in: BAG, 19.12.2013, 6 AZR 190/12, NZA 2014, 372 – Amicus curiae-Stellungnahme des Deutschen Instituts für Menschenrechte im Verfahren 7 A 10532/12.OVG vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Oktober 2012, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016), in: OVG Koblenz, 7 A 10532/12.OVG

Normverzeichnis A.  U.S.-amerikanisches Recht I.  Bundesweite Regelungen – S.Ct. Rules 1937, 306 U.S.  671 (1939) – S.Ct. Rules, in der Fassung vom 19.04.2013, abrufbar unter: (abgerufen am 10.06.2017) – FRAP, in der Fassung vom 01.12.2015, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – FRCP, in der Fassung vom 01.12.2015, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016)

II.  Lokale Regelungen der Circuits – D.C. Circuit, in der Fassung vom 01.06.2015, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – 2nd Circuit, in der Fassung vom 19.09.2015, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – 3rd Circuit, in der Fassung vom 01.08.2011, abrufbar unter: (abgerufen am 10.06.2017) – 5th Circuit, in der Fassung vom Mai 2016, abrufbar unter: abgerufen am 21.10.2016) – 9th Circuit, in der Fassung vom 01.07.2016, abrufbar unter: (abgerufen am 20.10.2016) – 10th Circuit, in der Fassung vom 01.01.2016, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016)

B.  Verschiedene Nationale Rechtsordnungen I. Argentinien – Acordada 28/2004, veröffentlicht im Amtsblatt, Boletin Official, 20.07.2004, Año CXII, ­Número 30.445, S.  6 f., online abrufbar über (abgerufen am 21.10.2016)

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Normverzeichnis

II. Australien – Human Rights Legislation Amendment Act No. 1 1999, abrufbar unter (abgerufen am 21.10.2016)

III. Brasilien – Lei No 9.868, de 10 de Novembro 1999, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016)

IV. Frankreich – Code de justice administrative, in der Fassung vom 15.10.2016, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016)

V. Israel – Employment (Equal Opportunites) Law, 1988, inoffizielle Übersetzung abrufbar unter (abgerufen am 21.10.2016)

VI. Kanada – Rules of the Supreme Court of Canada, in der Fassung vom 30.06.2014, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Rules of Civil Procedure (of Ontario), in der Fassung vom 03.08.2016, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016)

VII. Kenia – Constitution of Kenya Rev. Ed. 2010, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016)

VIII. Mexiko – Código Federal de Procedimientos Civiles, in der Fassung vom 09.04.2012, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016)

IX. Peru – Reglamento Normativo del Tribunal Constiutcional, Resolución Administrativa 0952004-P/TC, in der Fassung 28.06.2015 (Administrativa Nº 076-2015-P/TC) abrufbar unter:

(abgerufen am 21.10.2016)

Normverzeichnis

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X.  Südafrika – Rules of the [constiutional] Court, ed. 2003, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016)

C.  Internationales Recht I. Welthandelsrecht – DSU, Annex 2 to the WTOAgreement (Marrakesch-Abkommen) vom 15.04.1994, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10. 2016) – WPAR, in der Fassung vom 16.08.2010, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016)

II. Investitionsschiedsgerichtsbarkeit – ICSID AR, in der Fassung vom 10.04.2006, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – UNCITRAL AR, in der Fassung aus dem Jahre 2010, abrufbar unter: (abgeru­ fen am 21.10.2016) – UNCITRAL AR (2013), in der Fassung aus dem Jahre 2013, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – UNCITRAL TR, in der Fassung vom 16.12.2013, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016)

III.  Internationaler Gerichtshof – ICJ Statute, in der Fassung vom 26.06.1945, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016)

IV.  Europäischer Gerichtshof für Menschenrecht – Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms, in der ­Fassung vom 01.06.2010, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016) – Rules of Court, in der Fassung vom 19.09.2016, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016)

V.  Internationaler Strafgerichtshof – ICC Rules of Evidence and Procedure, in der Fassung vom 09.09.2002, abrufbar unter: (abgerufen am 21.10.2016)

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Normverzeichnis

D.  Europäisches Recht – Protokoll über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, 26.02.2001, ABl. Nr. C 80 S.  53, zuletzt geändert durch Art.  2 ÄndVO (EU, Euratom) 2016/1192 vom 06.07.2016 (ABl. Nr. L 200 S.  137) (zitiert als Satzung-EuGH) – Verfahrensordnung des Gerichtshofs, in der Fassung vom 25.09.2012, (ABl. Nr. L 265 S.  1) (zitiert als Verfahrensordnung des Gerichtshofs)

Stichwortverzeichnis Abgrenzung (des amicus)  76 ff., 124, 156 ff., 205 ff., 215 Abtreibung  55, 70, 212, 266, 359 Additional Procedure (des Appellate Body)  130, 140, 218, 241, 247, 249, 253 f., 259, 271 f., 339 f. adjudicative facts, siehe Tatsachen adversary presentation  63 ff., 74 adversary system  73, 365, 394, 414 affected group hypothesis  62 aktive amici  430 ff. alternative Darstellung (durch amici)  57 ff., 146 f., 186 f., 213, 393 ff., 403 f., 406 f. American Rule  466, 471 Amtsermittlung  419 Anhängigkeit (eines Verfahrens)  219 ff. Antrag  238 ff. – Ausnahmen  238 ff. – Ausgestaltung  243 ff. – Beschreibung des ~stellers  247, 248, 250 f., 261 – ~serfordernis  238 ff. – ~slänge  245, 246, 248, 252 – ~sinteresse  245 f., 246, 247, 248, 250 Anwaltskosten  466, 469, 471 Anwaltszwang  232 ff. Arbeitsbelastung  103, 236, 260, 282, 284 f., 327, 329 argumentum e contrario  133 f., 138 association (Begriff)  223 f. atypische amici  7 f., 13, 89, 483, 487, 490 ff., 495, 500, 507 Auslegungsmaßstab (im Welthandelsrecht)  131

Beibringungsgrundsatz  134, 355, 370 ff., 389 f., 417 ff., 422 Beiladung  486 f. besonderes Interesse, siehe Entscheidungsparameter Beteiligungszeitpunkt, siehe Einreichungszeitpunkt Beurteilungsspielraum (bei UNCITRAL TR)  195 Beweis – Frei~ 377 f. – Streng~ 377 f. – ~verfahren  362 ff., 376 ff., 379 f., 382 f., 386 ff., 391 f., 416, 421, 423, 425, 426 f., 429, 435 ff., 448 f., 451, 458, 482 – ~würdigung  362 ff., 376 ff., 379 f., 382 f., 386 ff., 391 f., 416, 421, 423, 425, 426 f., 429 bilaterale Investitionsverträge (Begriff)  165 Bindungswirkung  85, 93, 99, 258 blanket consent  73, 238, 503 Brandeis Brief, siehe Tatsachen briefing schedule  284 f., 293 Bürgerrechtsbewegung  438

bad precedent  56 Befangenheit (siehe auch Entscheidungs­ parameter)  338, 366, 394, 400, 414, 421, 473 ff.

Definition (eines amicus)  2, 17 f., 21, 31 ff., 518 Demokratiedefizit  153, 187 f., 209 diplomatische Verhandlungen  127

CVSG, siehe Solicitor General certiorari-Verfahren  44 f., 53 f., 238, 288 ff. clear error  360 circuit split  328 co-signing  62, 145 confession of error  64 Consilium  13 corporation (Begriff)  223

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Stichwortverzeichnis

discovery  294, 300, 310, 433 ff., 448 dismissal  77, 221 Dispositionsmaxime  415, 452 Drittbeteiligung  75, 76 ff., 188 ff., 205 f., 224, 434, 511, 516 Drittpartei  152, 155, 247 due process  22, 265, 266 f., 271 f., 366, 393, 464 effet utile  276, 374 ff. Effizienz  282 f., 291, 296, 298, 300, 303, 307, 319, 442, 502 ff., 506, 508 Einfluss (von amicus briefs)  44 f., 47, 61, 79, 161 f., 216, 437 einmalige Stellungnahme  53, 264, 430 ff. Einreichungszeitpunkt (siehe auch bei Entscheidungsparameter)  264 f., 266 f., 283 ff., 321, 351, 458 f., 461, 505, 508 – anfängliche Festlegung  309 ff. – nachträgliche Festlegung  313 ff. einstweilige Anordnung  295, 439, 441 einstweiliger Rechtsschutz  294, 434 Einzelstaaten (als amicus)  28, 32, 36, 47 ff. einzigartige Informationen, siehe Entscheidungsparameter Enteignung  164 ff., 183 f. entity  224, 230 f. Entscheidungsparameter (für amicus-­ Beteiligung)  327 ff., 505 f. – Befangenheit  338 – besonderes Interesse  333 f., 345 f., 506 – Einreichungszeitpunkt  321 – einzigartige Informationen  335 ff. – Formalien  337, 339, 342 – Folgenabwägung  330, 337 – me too briefs  331, 506 – neutraler amicus  349 – öffentliches Interesse an Verfahren  337, 339, 341, 346, 352 – parteiischer amicus  334 f., 339, 347 f. – pluralistische Interessenabbilder  330 – staatliche amici  337 – Unabhängigkeit  347 ff., 352, 506 – Vertraulichkeit  341 Entwicklung (des amicus)  17 ff., 210 f. Erledigung  443 ff., 450

Ermessen – Beteiligung v. amici  134, 140, 149, 154, 170, 174, 181, 196, 202, 321 ff. – beweisrechtliche Würdigung  380, 386 f., 391 f., 423, 427 – des Bundeskartellamts  255 – Feststellung der Sachkunde  491 – Grad der Beteiligung  446 f., 450, 451, 455 – Kostentragung  466, 471 – Rechtsfortbildungstatsachen  377 f. – Zulassung intervention  42 f., 68 – Zulassung neuer Argumente  397 expert opinion  496 expert witness  204 Folgen der Entscheidung, siehe Folgen­ abwägung Folgenabwägung (siehe auch Entscheidungsparameter)  55 ff., 61, 71, 101, 139, 146, 163, 186, 208, 214, 330, 337, 356 ff., 368 ff., 380 f., 384, 389 Formalien (siehe auch Entscheidungsparameter)  246 ff., 262, 288 f., 337, 339, 342, 351, 512 freie Meinungsäußerung  30, 55, 70, 393 freier Wettbewerb  105 f., 115, 243 Freistellung  84, 92 f., 96, 103, 399 FTC-Statement  170, 174, 241 ff., 247 ff. Funktion (des amicus)  31 ff., 102 ff., 119 ff., 141 ff., 182 ff., 211 ff. Geschäftsgeheimnisse (siehe auch Vertraulichkeit)  95, 176, 191, 278 gesetzliche Vertreter  225, 227, 228 Handelsbräuche  122, 187, 214, 378 Harmonisierung (Prozessrecht)  117 f. Hauptsacheverfahren  54, 288 f. Hauptsachephase  288 f., 308 f., 318 hearing  190, 294 f. Homosexuelle  55, 72 ICSID (Begriff)  167 f. in camera  179, 248 Informationen (im Sinne des Art. 15 VO 1/2003)  90 ff.

Stichwortverzeichnis inhaltliche Einbindung (der amicus Stellungnahme)  354 ff., 412 ff., 492 f., 506 ff. intergouvermentale Streitschlichtung  126 ff. Intervention (siehe auch Nebenintervention und –intervenient)  40 ff., 68 f., 76 ff., 124, 215, 239, 350, 448 ff., 486 intervention amicus  40 ff., 68 f., 81, 211 f., 349, 510 iura novit curia  109 f., 346, 392 ff., 413, 420, 424, 427, 507, 515 issue creation  393 ff., 410, 507 joinder  26, 42, 78 judicial issue creation, siehe issue creation junk social science  362 ff., 391 Kartellrecht (Überblick)  82 f. Klagerücknahme  221, 434, 452 Kohärenz (Erfordernis der)  84, 86 f., 102 f., 106 f., 114 f., 213, 255 ff., 326, 374, 400, 510, 512 kollektive Interessen  28, 33, 38, 44, 479 ff., 487 f. Konsultationsphase  220 kontradiktorische Darstellung  65, 412, 428 Kosten – Anwalts~ 312 – ~ einer amicus Stellungnahme  39 – ~ersatz  466 ff., 493 f., 508 – Verfahrens~ 130, 202 Kronzeugenregelung  94, 98 law officers  66 f., 440 legislative facts, siehe Tatsachen lobbying amicus  44 ff., 68, 73, 211, 510 f. loyale Zusammenarbeit  93 f., 414 Marktanalyse  91 me too briefs (siehe auch Entscheidungs­ parameter)  54, 254 f., 262, 331 mehrfache Beteiligung  267, 441, 443, 449, 452, 453, 455, 456, 458, 460, 461, 465 Minderheitenschutz  55, 70 Minderjährige – Arbeitskraft  121 – Hinrichtung  50, 359

581

– Prozessfähigkeit  225 – Vertretung von ~18, 20, 24 motions – Beteiligung  78, 238 f. – formelle Anforderungen der FRCP  246 – summary judgment ~  294 – verspätete Zulassung  246 – Zuständigkeit  23 – Zwischenverfahren (FRCP)  293, 441 multilaterale Investitionsverträge (Begriff)  165 mündliche – Beteiligung (des amicus)  238, 299, 324, 431 f., 442 f., 449 ff., 453, 454, 455, 456, 458, 461, 465, 489 – Stellungahme (des amicus)  86, 180, 240, 270, 298, 324, 431, 451 f., 455 f. – Verhandlung (Ablauf und Gegenstand der ~)  284, 293 f., 301 f., 309 NAFTA (Begriff)  165 Nebenintervention (siehe auch Interven­ tion)  31, 77, 217, 223, 233, 236, 237, 264, 430, 435, 486 f., 489, 511 Nebenintervenient, siehe Nebeninterven­ tion neutraler amicus (siehe auch Entscheidungsparameter)  20 f., 53, 349 Neutralitätspflicht – der Kommission als amicus  88 – der Gerichte  414 f. Nichtzulassungsbeschwerde  297 non-disputing parties  170, 182, 204, 309 nonparty  75, 77, 119, 124, 232, 323 notice of arbitration  308 Offenlegungsverpflichtung  247, 248, 252 f., 254 f., 262, 329, 351, 366, 392, 513 öffentliche Belange  120 f., 490 f. öffentliches Interesse (an Verfahren, siehe auch Entscheidungsparameter)  67, 71 f., 105, 107 f., 120 ff., 123, 125, 186, 188, 196, 202 f., 212, 214, 243, 259, 326, 337, 339, 341, 346, 352, 449, 462, 464, 465, 468, 472, 485, 487, 501, 514, 517 öffentliche Ordnung, siehe öffentliches Interesse

582

Stichwortverzeichnis

Öffentlichkeit (des Verfahrens bzw. der Verhandlung)  151 ff., 176, 189 ff., 197 f., 209, 251, 276, 432, 454 Parteiautonomie  65, 74, 203, 308, 413, 455 f. Parteifähigkeit  223 ff., 491, 503, 511, 518 parteiischer amicus (siehe auch Entscheidungsparameter)  21 ff., 27, 120, 253, 265, 334 f., 339, 347 f., 497, 518 partnership 224 party presentation, siehe principle of party presentation party prosecution, siehe principle of party prosecution persönliche Voraussetzungen, siehe subjektive Anforderungen Personenverschiedenheit  236 f. petition for rehearing  446, 450, 458 petition for writ of certiorari, siehe certiorari-Verfahren pleading stage  293, 295 f. pluralistische Interessenabbilder (siehe auch Entscheidungsparameter)  71, 73, 200, 330, 511, 518 Politisierung  2, 150, 202, 484, 510 Postulationsfähigkeit  232 ff. Power Purchase Agreement  199 f., 349 praktische Relevanz  79 ff., 111 ff., 158 ff., 207 f., 215 f. pretrial  221, 293 f. principal brief  285 principle of dispositive election  394, 434, 447 principle of party presentation  63, 360 ff., 379, 390, 394 ff., 411, 412 ff., 422, 429, 434, 447, 464 principle of party prosecution  394 private amici (Begriff)  33 ff. private Kartellrechtsdurchsetzung  49, 106 proof of service (des amicus briefs)  245, 252, 254 f., 267 Prozessfähigkeit  223 ff. public law litigation  70, 73, 212, 447 ff., 462, 490, 501, 516 punitive damages (siehe Strafschadens­ ersatz)

Rassentrennung  438, 449 Reaktion (auf den amicus)  265 ff., 283 ff., 421, 458, 461, 491, 504, 513, 516 f., 518 rebuttal phase  302 f., 316, 319 Recht auf Beteiligung  226, 232, 321 ff., 419, 491 f., 514 rechtliches Gehör  266, 268, 274, 504, 513 Rechtsfortbildung  41, 355, 360, 369, 380 f., 384 f. Rechtsfortbildungstatsachen, siehe Tatsachen Rechtskraft – formell  220 ff. – materiell  77, 459 f. Rechtsmittel – ~einlegung  77, 445 f. – ~begründung  285, 305 f., 405 – ~erwiderung  284 f., 305 f. – ~instanz  288, 355, 360, 370, 378, 380, 389 – ~verfahren (Ablauf und Gegenstand)  127, 284, 288 f., 296 f., 305, 360, 370 f., 378 f., 381, 398, 401, 403, 405, 492, 506 f. relief  434, 438 reply brief – im Rechtsmittelverfahren  284 ff., 289, 307 – des amicus  431, 441 sachkundige Dritte  482 ff., 487, 493, 494, 500, 509 Sachverständiger – Abgrenzung und Verhältnis (zu amicus)  4, 54, 76, 90, 108 ff., 116, 124, 155 f., 204 f., 214, 297, 371, 387, 419, 422, 468 – Aufgaben eines ~ 122, 358, 361, 365, 369, 377, 400, 482, 484 – bei NAFTA-Verfahren  175 – Einholung eines ~gutachtens  371 f. – Interaktion mit ~  452 – Verfahrensfragen  379 f., 386 – ~ vor dem EuGH  495 f., 499 – Zugriff auf ~gutachten  275, 278 Seitenzahllimitierung  202, 237, 245, 248, 252 f., 260, 327, 329, 502 Sicherheitsinteressen  193 ff. social framework evidence, siehe Tatsachen social science (evidence), siehe Tatsachen

Stichwortverzeichnis Solicitor General – als amicus (Funktion, siehe auch CVSG)  35 f., 47 f., 56 (Fn.  264), 74 – als petitioner 44 – Beteiligungszeitpunkt  219 f., 319 – confession of error  64 f. – CVSG  44 f. (Fn.  196), 66, 336, 412 – Unterstützung durch  39 – Vergleich zu ~  485, 487, 499 – Zustimmung zur amicus-Stellungnahme  30 Souveränitätsverlust  187 f., 209 Spezialwissen  59 ff., 146, 186, 213 staatliche amici (siehe auch Entscheidungsparameter)  – Funktion  29, 35 ff., 44, 47 ff., 56, 61 f., 66 f., 449 f., 463 – Personenverschiedenheit  236 – Verfahren  238 ff., 254, 292, 323 f., 337 statement of interest  40, 245, 251 Status (des amicus)  75 f., 108 ff., 124, 155 f., 204, 214 f. Stellungnahmen (im Sinne des Art. 15 VO 1/2003)  90 ff. Strafschadensersatz  56, 73, 357, 365 Streithilfe  497 f., 500, 517 Streitverkündung  486 f. sua sponte-Stellungnahme  7, 25 ff., 77, 88 f., 95, 99, 129 f., 132, 137, 175, 483 subjektive Anforderungen  223 ff. Subsumtionstatsachen, siehe Tatsachen sui generis  76, 111, 124, 155 f., 205, 214, 298, 363, 387, 422, 429, 511 Tatsachen – adjudicative facts  356 ff., 378, 388 – Brandeis Brief  56, 356 ff. – legislative facts  71, 356 ff., 378, 389 – in der Rechtsmittelinstanz  356 ff., 370 ff., 378 f., 380 ff., 389 f. – real world consequences  56, 356 – Rechtsfortbildungs~  368 ff., 377 f., 378, 380, 384, 389, 420, 423, 492, 494, 502, 506 f., 514, 518 – social framework evidence  358 – social science (evidence)  60, 362 ff., 391 – Subsumtions~  355, 368 ff., 388 ff., 423, 492, 506 f.

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third party (Begriff)  138 Transparency Register  176, 317 Transparenz – im Welthandelsrecht  151 ff. – in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit  176 ff., 188 ff., 190 ff., 197 ff., 203, 280, 282 – Offenlegungsverpflichtung  253, 366 f. trial (Begriff und Ablauf)  294 Umweltschutz  121, 141 ff., 314 Umweltrecht  34, 121, 141 ff., 154, 164 f., 183 f., 187 f., 212, 346, 380, 384, 404, 480 Unabhängigkeit, siehe Entscheidungsparameter unaufgeforderte Stellungnahme, siehe sua sponte-Stellungnahme UNCITRAL Transparency Rules (Begriff)  176 ff. United Nations Convention on Transpa­ rency in Treaty-based Investor-State Arbitration (UN-CT) (Begriff)  177 f. uninspected source  62 f. Unparteilichkeit (des Gerichts)  414, 421, 423, 427, 429, 473 ff. Unterlassungsgebot  437 ff., 440 Untersuchungsgrundsatz  135, 380 ff., 390, 404, 419, 424 Verbandsklagen  479 ff., 487 Vereinfachungsnovelle  282 Vergleich (prozessual)  221, 434, 444 f. Versorgungseinrichtungen  185 f., 346 Vertragsstaat (ICSID)  229 f. Vertreter des öffentlichen Interesses  485, 498 Vertraulichkeit (siehe auch Entscheidungsparameter)  151 ff., 171, 180, 190 ff., 277, 278 ff., 319, 341, Verwaltungspraxis (Etablierung durch amicus)  49, 61 f., 213, 335 f. Vorabentscheidungsersuchen, siehe Vorabentscheidungsverfahren Vorabentscheidungsverfahren  93, 99, 102 f., 115, 496 f., 500, 505 f. Voraussetzungen (der amicus Beteiligung)  219 ff., 284 ff.

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Stichwortverzeichnis

Wiederholungen, siehe me too briefs wirtschaftliche Interessen – amicus  45, 122 f., 145, 184 f. – intervention  41, 56 – Nebenintervention  486, 490 – Streithilfe  498

Zulassungskriterien (für amicus-Beteiligung), siehe Entscheidungsparameter Zuständigkeitsphase (Begriff)  308 f.