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German Pages 691 [712] Year 2011
Norm und STRUKTUR STUDIEN ZUM SOZIALEN WANDEL iN mittelalter und früher Neuzeit In Verbindung mit Gerd Althoff, Heinz Duchhardt, Peter Landau, Klaus Schreiner Herausgegeben von
Gert Melville Band 38
Das Reich als Ereignis Formen und Funktionen der Herrschaftsinszenierung bei Kaisereinzügen (1558–1618) von
Harriet Rudolph
2011 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN
Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Fritz Thyssen Stiftung, Köln, der Gerda Henkel Stiftung, Düsseldorf, und der Johanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung, Hamburg.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. © 2011 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Gesamtherstellung: WBD Wissenschaftlicher Bücherdienst, Köln Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier ISBN 978-3-412-20534-8
Für Leonard Paul Rudolph
Inhaltsverzeichnis
Einleitung ............................................................................................................ I.
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Habsburgisches Kaisertum – Herrscher, Höfe, Residenzen ....................................................................................................
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1. Orte der Herrschaft im Reich.................................................................. 2. Wege durch das Reich ............................................................................... 3. Der Kaiserhof als mobile Institution .................................................... a) Aufgabenverteilung bei der Organisation auswärtiger Auftritte . b) Personeller Umfang bei Auftritten im Reich ................................... c) Materieller Aufwand der Kaiserreisen .............................................. Zusammenfassung ............................................................................................
38 48 55 58 62 71 77
II. Adventus imperatoris – Der Einzug des Herrschers ..........
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1. Auf dem Weg – Die Kaisereinzüge in Nürnberg ................................. a) Organisatorische Maßnahmen im Vorfeld ...................................... b) Die Inszenierung der Kaisereinzüge .................................................. 2. Auf dem Reichstag – Die Kaisereinzüge in Regensburg .................... a) Organisatorische Maßnahmen im Vorfeld....................................... b) Die Inszenierung der Kaisereinzüge .................................................. c) Die Einzüge der Reichsfürsten............................................................ 3. Auf dem Wahltag – Die Kaisereinzüge in Frankfurt am Main ........ a) Organisatorische Maßnahmen im Vorfeld....................................... b) Die Inszenierung der Kaisereinzüge .................................................. c) Einzüge anderer Herrschaftsträger ..................................................... 4. Zu Gast bei Reichsfürsten – Die Kaisereinzüge in Dresden ............ a) Organisatorische Maßnahmen im Vorfeld....................................... b) Die Inszenierung der Kaisereinzüge .................................................. Zusammenfassung ............................................................................................
86 90 103 118 122 129 142 150 152 156 160 164 167 170 179
III. Der Kaiserauftritt als Festereignis ............................................ 186 1. Speisen und Zechen: Bankette ............................................................... a) Praktiken des festlichen Tafelns.......................................................... b) Das Krönungsbankett als Verfassungsmahl ..................................... 2. Schießen und Stechen: Kampfspiele ......................................................
191 193 201 210
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Inhaltsverzeichnis
3. Blitzen und Donnern: Feuerwerke......................................................... 4. Schenken und Empfangen: Gabenakte ................................................. a) Die Gabe als Herrscherdienst ............................................................. b) Die Gabe als Freundschaftszeichen ................................................... c) Die Gabe als Gnadenakt....................................................................... Zusammenfassung ............................................................................................
220 230 232 239 245 249
IV. Investiturakte als politische Rituale ....................................... 256 1. Wahlen und Krönungen ........................................................................... a) Normative Vorgaben und Aushandlungsprozesse .......................... b) Die Wahl des Römischen Königs ...................................................... c) Die männliche Krönung ...................................................................... d) Die weibliche Krönung........................................................................ 2. Die Huldigung der Reichsstädte ............................................................. 3. Die Thronbelehnung der Reichsfürsten ................................................ Zusammenfassung ............................................................................................
258 260 270 279 288 294 308 324
V. Der Kaiserauftritt als Medienereignis ...................................... 332 1. Medienproduzenten und Produktionsbedingungen .......................... 2. Die Ordnung der Texte ............................................................................ a) „Verzaychnuß aller Potentaten“. Ordnung als Auflistung ............. b) „Newe Mehrn“. Der Adventus als Zeitungsnachricht ................... c) „Ausführlicher Bericht“. Die Entstehung der Wahl- und Krönungsdiarien.................................................................................... d) „Plausus Adventorius“. Poetisches Herrscherlob ........................... 3. Die Ordnung der Bilder............................................................................ a) „Warhafftig anzeygung“. Bild und Evidenz ....................................... b) „Triumph und aigentliche Conterfactur“. Der Kaisereinzug als Schlagbild .......................................................................................... c) „In schönen Kupferstuken abgebildet“. Die Herrschererhebung als Bildgeschichte ...................................... 4. Reichweite und Rezeption der Publizistik............................................ Zusammenfassung ............................................................................................
338 353 353 360 367 377 387 387 394 401 409 420
VI. Der Kaiserauftritt als Erinnerungsort ................................... 428 1. Institutionelle Praktiken der Erinnerung .............................................. a) Aufschreiben, Archivieren, Inventarisieren ...................................... b) In Auftrag geben, Sammeln, Präsentieren ........................................ 2. Individuelle Praktiken der Erinnerung ..................................................
434 434 443 462
Inhaltsverzeichnis
a) Autobiographische Aufzeichnungen................................................. b) Geschichtsschreibung und Reichspublizistik .................................. c) Der „Thesaurus Picturarum“ als zeithistorische Bilderchronik .... 3. Erinnerungskultur und Kommerz .......................................................... Zusammenfassung ............................................................................................
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464 477 494 501 511
Resümee ................................................................................................................... 519 Abkürzungsverzeichnis ............................................................................... 530 Anhang.................................................................................................................... 533 Verzeichnis der Tabellen, Übersichten und Schemata.............................. 533 Tabellen, Übersichten und Schemata........................................................... 535 Quellen- und Literaturverzeichnis ..................................................... 573 1. Ungedruckte Quellen................................................................................ 2. Gedruckte Quellen .................................................................................... a) Graphische Folgen und Großdrucke................................................. b) Illustrierte Einblattdrucke .................................................................. c) Flugschriften und Bücher..................................................................... 3. Forschungsliteratur .................................................................................... 4. Abbildungsnachweis..................................................................................
573 576 576 580 584 614 673
Index ........................................................................................................................ 675
Vorwort
Bei diesem Buch handelt es sich um die leicht überarbeitete Fassung meiner im Frühjahr 2008 an der Universität Trier angenommenen Habilitationsschrift. Die Idee zu diesem Buch entstand in einem Gespräch über die Ikonographie des Heiligen Römischen Reiches in der Frühen Neuzeit mit Winfried Schulze im Jahr 2001. Seit dieser Zeit hat eine Vielzahl von Kollegen und Freunden die Genese des Forschungsprojektes mit Anregungen und Kritik begleitet, die ich an dieser Stelle leider nicht alle aufführen kann. Helga Schnabel-Schüle ließ mir am Lehrstuhl den nötigen Freiraum für meine Forschungsarbeit, begleitete das Projekt mit großem Interesse und übernahm das Erstgutachten. Als Zweitgutachter wirkten Lutz Raphael und Georg Schmidt, deren Hinweise ebenfalls in die Publikation eingeflossen sind. Norbert Franz, Gabriele Lingelbach, Immo Meenken, Sebastian Schmidt und andere Trierer Kollegen und Kolleginnen lasen Teile der Arbeit Korrektur. Christina Hoor, Sarah Kaufhold, Michael Vössing und Sabine Minsel haben als Hilfskräfte unverzichtbare Aufgaben bewältigt. Andreas Thull fertigte die Bildvorlagen an. Die Durchführung des Projektes wurde durch Sachkostenbeihilfen der Thyssen Stiftung und der Gerda Henkel Stiftung ermöglicht, wobei die Henkel Stiftung mir außerdem ein zweijähriges Forschungsstipendium gewährte. Die Mitarbeiter der von mir besuchten Archive und Bibliotheken haben mir zuvorkommend und geduldig große Mengen von Akten und Büchern für meine Recherchen zur Verfügung gestellt. Die Herausgeber der Reihe „Norm und Struktur“, Gert Melville, Winfried Schulze, Gerd Althoff, Peter Landau und Heinz Duchhardt, nahmen dieses Buch freundlicherweise für die Publikation an, wobei die Drucklegung durch großzügige Beihilfen der Fritz Thyssen Stiftung, der Gerda Henkel Stiftung und der Buch Stiftung ermöglicht wurde. Für die Betreuung des Buches beim Böhlau Verlag war Elena Mohr zuständig. Motivation und Unterstützung habe ich darüber hinaus in besonderem Maße durch Norbert Franz, Ulla Franz, Gabriele B. Clemens, Lukas Clemens, Sabine Kratz und Kornelia Sonntag erfahren. Ihnen allen danke ich sehr herzlich. Gewidmet ist dieses Buch meinem Sohn Leonard, welcher im Allgemeinen der Ansicht ist, dass seine Mutter zuviel arbeitet und dass es sinnvollere Tätigkeiten gibt, als wissenschaftliche Abhandlungen über nicht mehr existente Reiche zu verfassen. Auf diese und andere wertvolle Hinweise würde ich unter keinen Umständen verzichten wollen. Trier, im Juli 2010, Harriet Rudolph
Einleitung
Das Alte Reich – lange Zeit gescholten und verspottet – steht im Zentrum der Frühneuzeitforschung. Die verstärkte Hinwendung zu diesem aufgrund seiner besonderen Verfassungsstrukturen in der Geschichte Europas singulären Herrschaftsgebilde ist sicher mehreren Ursachen geschuldet.1 Sie dürfte zunächst aus einem besonderen Bedürfnis an Orientierung als Folge des europäischen Einigungsprozesses resultieren, scheinen doch auf den ersten Blick die operativen und strategischen Aufgaben der gegenwärtigen Politik in mehr als einem Punkt jenen zu gleichen, die sich Kaiser und Reichsständen in der Frühen Neuzeit stellten.2 Auch hier galt es, trotz unterschiedlicher Herrschaftsverhältnisse und Rechtsgrundlagen, trotz sozialer, konfessioneller und ökonomischer Differenzen eine Politik mit überterritorialem Fokus zu entwickeln. Dabei dürfte das an der eigenen Gegenwart geschulte Bewusstsein um die Schwierigkeit dieser Aufgabe dazu geführt haben, dass das Alte Reich, dessen Funktionsfähigkeit und politische Wirkmächtigkeit vom Ende des 18. Jahrhunderts noch bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts entweder als gering veranschlagt oder sogar negiert wurden, in der neueren Forschung differenzierter und vor allem positiver bewertet wird.3 Die These vom stetigen Niedergang des Reiches im Verlauf der Frühen Neuzeit erscheint nun als Ergebnis einer einseitig an nationalstaatlichen Perspektiven ausgerichteten Forschung, welche sich auf die entstehenden Territorialstaaten konzentrierte und dabei Preußen zum Modell und Maßstab der Betrachtung erhob. Die Konjunktur des Reiches zeigt sich nicht nur in der quantitativen Zunahme von Forschungsprojekten, an der Publikation zahlreicher Überblicksdarstellungen sowie in historischen Großausstellungen; vielmehr lässt sich inzwischen auch qualitativ eine stärkere Diversifizierung von wissenschaftlichen 1 2 3
Siehe die Forschungsberichte von Duchhardt, Perspektivenwechsel; Reinhard, Frühmoderner Staat; Schilling, Neue Historische Literatur. Vgl. Burkhardt, Über das Recht; dazu die skeptische Haltung von Tabaczek, Superlative. Dazu Duchhardt / Schnettger, Libertät; Klingenstein / Niederkorn, Kaiser, Hof und Reich. Die veränderte Sichtweise prägt inzwischen auch Überblicksdarstellungen und Handbücher zum Alten Reich, vgl. Schmidt, Geschichte des Alten Reiches; StollbergRilinger, Heiliges Römisches Reich; Gotthardt, Altes Reich; Wendehorst / Westphal, Lesebuch Altes Reich; einschlägig für diese Tendenz ist auch der Tenor der großen historischen Ausstellungen zum Alten Reich im Jahr 2006 in Berlin und Frankfurt am Main: Ausstellungskatalog Berlin (2006); Ausstellungskatalog Frankfurt am Main (2006) mit den dazugehörigen Essaybänden.
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Einleitung
Ansätzen, Methoden und Fragestellungen feststellen. So wird etwa zunehmend die Bedeutung des Reiches als ein anderen Herrschaftseinheiten übergeordnetes Herrschaftsgebilde für die in mannigfaltigen politischen und rechtlichen Zugehörigkeiten lebenden Untertanen untersucht.4 Schon Karl Otmar von Aretin hatte in seiner dreibändigen Reichsgeschichte festgestellt, dass es für die Territorien des Reiches bis 1745 „über alle regionalen Unterschiede hinaus, in der Reichsidee eine gemeinsame Basis gegeben“ habe, wenngleich deren Ausformungen und soziale Verortung in spezifischen Trägergruppen gerade nicht Gegenstand seiner Darstellung gewesen waren.5 Neuere Forschungen gehen inzwischen davon aus, dass es über territoriale Grenzen hinweg das Bewusstsein einer kulturellen und politischen Einheit im Reich gab – eine These, die sich in den kritisch diskutierten Begriffen „Reichsnation“ oder „Reichspatriotismus“ widerspiegelt.6 Inzwischen wird Reichsbewusstsein mitunter mehr oder weniger allen gesellschaftlichen Schichten im Alten Reich attestiert, wenngleich dies bislang nur punktuell nachgewiesen wurde.7 Darüber hinaus stellt sich die Frage nach einem besonderen Charakter der politischen Kultur des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Unter diesem Begriff verstand einer der geistigen Väter dieses Konzeptes, der Politologe Sidney Verba, ein System von Glaubenssätzen, Repräsentationsformen und Werten, die jede Situation determinieren, in der politische Aktionen stattfinden.8 Sie ermöglicht den Akteuren die Orientierung im politischen Alltag, indem sie die Anzahl der Handlungsalternativen reduziert. Zugleich besitzt sie einen Doppelcharakter, denn sie existiert sowohl als Ideen-, als auch als Zei4 5 6 7
8
Für das Reich in der Region vgl. den gleichnamigen Sammelband von Ullmann / Kießling, der auch die bestehenden Forschungslücken deutlich aufzeigt. Aretin, Altes Reich, Bd. 2, S. 469. Vgl. dazu Aretin, Reichspatriotismus; Schmidt, Das frühneuzeitliche Reich; sowie die Zusammenfassung der Diskussion in Wrede, Reich, S. 16–23. Naheliegenderweise gilt dies für die Reichspublizisten. Dazu Burgdorf, Reichskonstitution. Für den Bereich des Rechtes haben die neueren Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich deutlich gezeigt, dass die Institutionen des Reiches eine wichtige Bezugsfolie für das Handeln von Untertanen und territorialen Obrigkeiten darstellten. Vgl. dazu etwa Westphal / Ortlieb / Baumann, Reichsgerichtsbarkeit. Verba, Political Culture, S. 513. Dass Verba dieses Konzept in seinen Arbeiten zunächst selbst nur bedingt umgesetzt hatte, ist hier nicht von Belang. Vgl. auch Almond / Verba, Civic Culture, S. 14f.; sowie Elkins / Simeon, Cause, S. 128, welche diese Prädispositionen unter dem Begriff mind-set erfassen. Inzwischen gibt es zahlreiche weitere Versuche der definitorischen Klärung. Dazu Rohe, politische Kultur, S. 1; Schwelling, Politische Kulturforschung; Berg-Schlosser, Erforschung; für die Geschichtswissenschaft Reinhard, Politische Kultur; Mergel, Überlegungen; Frevert / Haupt, Neue Politikgeschichte; Daniel, Kompendium Kulturgeschichte.
Einleitung
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chensystem.9 Die politische Kultur steht jedoch – das wurde im Zuge der kritischen Auseinandersetzung mit diesem Konzept mehrfach betont – in einem Wechselverhältnis zu den Handlungen der politischen Akteure, den beteiligten Institutionen und den spezifischen Handlungssituationen, in denen politisch agiert wird. Dabei ist zwischen „geronnenen Wert- und Überzeugungssystemen, Individuen als Trägern von Handlungen, und Institutionen als organisatorisch und normativ verfestigten Handlungskodifizierungen, systematisch zu trennen.“10 Allerdings besitzen auch politische Kulturen aufgrund ihrer verhaltensnormierenden Funktion sowie ihrer Qualität als ungeschriebene Verfassung einer Gesellschaft einen institutionellen Charakter, weshalb sie der instrumentellen Ebene von Politik (polity) zugeordnet werden.11 Dies gilt ganz besonders für das nur partiell schriftlich verfasste frühneuzeitliche Reich. Dem Ansatz der politischen Kultur können jene Arbeiten zugerechnet werden, die in Auseinandersetzung mit Methoden anderer geisteswissenschaftlicher Disziplinen Begriffe wie Zeremoniell oder Ritual für politikhistorische Fragestellungen fruchtbar machen, auch wenn sie sich kaum explizit mit diesem Konzept auseinandersetzen, denn beide Begriffe verweisen letztlich auf Repräsentationsformen und Handlungspraktiken, die aus dem Ideen- und Zeichensystem einer existenten politischen Kultur entnommen worden sind. Innerhalb der deutschen Reichsforschung wurde das Erkenntnispotential ritualtheoretischer Ansätze zuerst für die Epoche des Mittelalters nutzbar gemacht.12 Neuere Arbeiten zur Hof- und Residenzenforschung betonen die Bedeutung des Zeremoniells als ein den Herrscherhof im Sinne eines sozialen Systems erst konstituierendes Element.13 Eine Trendwende markiert zudem der sich verändernde Bedeutungs9 Vgl. dazu Rohe, Politische Kultur, S. 7: „Für die Konzeptualisierung von politischer Kultur heißt das, dass sie stets in ihrem subjektiven und objektiven Doppelcharakter, dass sie als Ideensystem und gleichzeitig als Zeichen- und Symbolsystem gesehen werden muss.“ 10 Kaase, Sinn, S. 156. 11 Rohe, Politische Kultur, S. 1. Dahinter steht ein vergleichsweise weiter Institutionenbegriff. Vgl. dazu Göhler, Eigenart; Melville, Institutionalität; Rehberg, Fiktionalität. Zu den drei Ebenen der Politik vgl. mit weiterführender Literatur Rohe, Politik, S. 61–67. 12 Einschlägig dazu etwa Althoff, Rituale – symbolische Kommunikation; ders., Macht der Rituale. Gefördert wurde diese Entwicklung auch durch den Heidelberger Sonderforschungsbereich „Ritualdynamik“, stellvertretend dazu Harth / Schenk, Ritualdynamik; Steinicke / Weinfurter, Investitur- und Krönungsrituale. 13 So schon Frühsorge, Hof des Kaisers; Plodeck, Hofstruktur und Hofzeremoniell; Hofmann, spanisches Hofzeremoniell; Ragotzky, Repräsentation; Berns / Rahn, Zeremoniell als höfische Ästhetik; Malettke / Grell / Holz, Hofgesellschaft und Höflinge; Zum päpstlichen Zeremoniell neuerdings Bölling, Papstzeremoniell; Schimmelpfennig, Papsttum; Märtl, Papst Pius II.; Hack, Empfangszeremoniell. Von kunsthistorischer Seite wurde die prägende Wirkung des Zeremoniells auf die architektonische Gestaltung
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gehalt eingeführter, aber zuvor primär mit einer anderen Bedeutung versehener Begrifflichkeiten: Wurde etwa unter Repräsentation zunächst vorwiegend die politische Partizipation sozialer Gruppen an der Herrschaftsgewalt verstanden, steht dieser Begriff inzwischen meist für die Formen der Herrschaftsinszenierung durch die Träger politischer Herrschaft.14 Im Hinblick auf das frühneuzeitliche Reich beschäftigten sich zwar schon früh einzelne Historiker mit der Bedeutung des Zeremoniells, jedoch wurde zeremonielles Handeln zumeist als äußerliches, die bestehenden Herrschaftsverhältnisse lediglich widerspiegelndes Phänomen verstanden.15 Inzwischen setzt sich die Überzeugung durch, dass zeremonielle und rituelle Elemente nicht die eigentlichen Gegenstände der Reichsgeschichte überwölben und verdecken, sondern ihre enge Verquickung mit Politik und Recht das Eigentliche ist, das es zu untersuchen gilt.16 Arbeiten aus diesem Forschungskontext fragen deshalb nicht mehr nur nach Zielen und Ergebnissen politischen Handelns im Sinne der inhaltlichen Dimension von Politik (policy), sondern nach den sozialen und symbolischen Strategien, welche die Akteure einsetzten, um ihre Interessen in politischen Entscheidungsprozessen durchzusetzen.17 Diese prozessuale Ebene von Politik (politics) wurde nicht nur durch organisatorisch zunehmend verfestigte Institutionen wie den Reichstag, sondern auch durch die in der Gesellschaft maßgeblichen Grundannahmen über das politische System des Reiches und die damit verbundenen operativen Ideen geprägt.18 Allerdings wurde vor
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von Herrscherresidenzen herausgearbeitet. Müller, Schloss als Bild; Hahn / Schütte, Zeichen und Raum. Zum Begriff stellvertretend Ginzburg, Repräsentation; Chartier, Kulturgeschichte; Hall, Representation. Die Literatur zur Repräsentation politischer Eliten im Sinne ihrer Selbstinszenierung ist inzwischen fast unüberschaubar. Vgl. Goldinger, Zeremoniell; Dotzauer, Ausformung; Raab, Zum Zeremoniell; Berbig, Relevanz. Einen veränderten Blickwinkel zeigen bereits die Arbeiten von Luttenberger, Pracht und Ehre; Christ, Praesentia regis. Vgl. auch die Überblicksdarstellung von Hartmann, Staatszeremoniell; sowie den Forschungsbericht von Stollberg-Rilinger, Zeremoniell, Ritual, Symbol; dies., Kulturgeschichte. Stollberg-Rilinger, zeremonielle Inszenierung. Der Reichstag wird nicht mehr nur als politisches Entscheidungsgremium, sondern auch als Raum sozialer Interaktion untersucht, in dem Akteure in symbolischer Form, gelegentlich aber auch ganz handgreiflich um die Durchsetzung ihrer Rang- und Statusansprüche rangen. Siehe dazu neuerdings den Sammelband von Lanzinner / Strohmeyer, Reichstag 1486–1613; auch schon Stollberg-Rilinger, Politische Verfahren. Vgl. dazu Rohe, Politische Kultur, S. 2: „Mit bestimmten Grundannahmen über die politische Welt sind nicht zufällig auch eine Reihe mehr instrumentell zu verstehender operativer Ideen verbunden, also ein zu Denk- und Handlungskonventionen geronnenes Wissen darüber, wie Probleme angegangen werden, welche Antworten sich in der
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allem der zweite Sachverhalt bislang kaum präzise und methodisch fundiert herausgearbeitet. Ausgehend von der Frage nach der Präsenz des Reiches vor Ort und den jeweiligen Formen, in denen die Idee des Reiches durch unterschiedliche soziale Schichten erfahrbar wurde, untersucht diese Arbeit jene Ereignisse, in denen sich die Existenz von Kaisertum und Reich für den einzelnen Untertanen unmittelbar manifestierte: kaiserliche Auftritte in den Territorien und Reichsstädten des Heiligen Römischen Reiches. Der Kaiserauftritt wird dabei als eine politische Aufführung verstanden, die selbst wiederum aus einer Vielzahl von Aufführungen bestand, welche Herrschaftsansprüche über Face-to-face-Aktionen durchsetzen oder zurückweisen sollten.19 Den Auftakt – und im Hinblick auf das Ausmaß an Öffentlichkeit den Kulminationspunkt – bildete der feierliche Adventus des Kaisers in eine Stadt. Im Anschluss daran kam es jedoch zu weiteren mehr oder minder öffentlichen Akten, in denen Kaiser, Reichsstände und Reichsuntertanen die aktuell geltenden Grundannahmen über die Herrschaftsordnung im Reich erneut aufführten. Königswahlen, Krönungen, Huldigungen und Belehnungen als Investiturakte sowie Bankette, Turniere und Feuerwerke als Festakte müssen deshalb in die Betrachtung einbezogen werden – auch deshalb, weil sie die im Einzug aufgestellten Ordnungsbehauptungen nicht nur bestätigen, sondern auch konterkarieren konnten.20 Jede dieser politischen Aufführungen verkörperte eine spezifische Handlungssituation, wobei sich deren Analyse auf vier Fragenkomplexe konzentriert: 1. Inhalte und Formen der Herrschaftsinszenierung: Welches Repertoire an Symbolen wurde eingesetzt und welche Modi der Zeichenverwendung erwiesen sich für die solcherart aufgeführte Reichsidee als prägend? Welche Semantiken wiesen die einzelnen Repräsentationsformen im jeweiligen Kontext auf und wie Vergangenheit bewährt haben und welche nicht und wie man öffentlich auftreten muss, wenn man politisch erfolgreich sein will. Auch solche operativen Ideen sind ein konstitutiver Bestandteil von politischer Kultur.“ 19 Zur Verwendung symbolischer Kommunikationsformen in der Politik vgl. Kertzer: „Politics is expressed through symbolism. Rather little that is political involves the use of direct force, and though material resources are crucial to the political process, even their distribution and use are largely shaped through symbolic means. To understand the political process, then it is necessary to understand how the symbolic enters into politics, how political actors consciously manipulate symbols, and how this symbolic dimension relates to the material bases of the political power”. Kertzer, Ritual, S. 3. 20 Diese werden weitgehend ausgeblendet bei Schenk, Zeremoniell. Allerdings stellt Schenk auch gar nicht die Frage nach der Idee des Reiches, die sich im Adventus des Kaisers ausdrückte. Zur Aufführung des Reiches in kollektiven Akten auch Schneidmüller, Aufführung; sowie Stollberg-Rilinger, zeremonielle Inszenierung.
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verhielten sie sich zu zeitgenössisch virulenten Deutungsmustern von Herrschaft, von Kaisertum und Reich? Lässt sich eine Leitidee ausmachen, welche sich innerhalb eines bestimmten Aufführungstypus oder gar darüber hinaus als dominant erwies?21 Dabei ist zunächst herauszuarbeiten, welche Handlungsspielräume die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Aufführungen den Akteuren überhaupt boten. Allerdings war das Herkommen als eine schon von den Zeitgenossen stark thematisierte Rahmenbedingung nicht allein das Ergebnis einer durch Wiederholung herausgebildeten Tradition: Über die Gewohnheit stritten die Beteiligten, konstruierten sie oder negierten sie – je nachdem, welches Verfahren man zu legitimieren oder zu boykottieren versuchte.22 Vorgänge dieser Art zeigen, wie stark sich politische Akteure institutionelle Vorgaben aneigneten, um sie dann ihren eigenen politischen Interessen anzupassen.23 Vor dem Hintergrund der politischen, sozialen und konfessionellen Konflikte im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges stellt sich die Frage, in welchem Ausmaß sich diese womöglich in einer besonderen Dynamik symbolischexpressiver Akte widerspiegelten. 2. Akteure im Rahmen kaiserlicher Auftritte: Wer nahm in welchen Funktionen an derartigen Aufführungen teil? Die Akteure handelten dabei sowohl als individuelle Person, als Vertreter einer sozialen Gruppe oder als Vertreter einer Institution. Diese spezifischen Rollen verlangten spezifische Verhaltensweisen, was vor allem dann problematisch werden konnte, wenn sie sich situativ überlagerten. Akzeptierten die Beteiligten die ihnen angetragenen Funktionen und damit symbolisch auch die auf diese Weise abgebildeten Ordnungskonfigurationen? Welche Strategien wandten sie an, um eigene Vorstellungen im Hinblick auf die Ausgestaltung solcher Akte durchsetzen zu können? Welche Auswirkungen zeitigten die möglicherweise nachweisbaren Inszenierungskonkurrenzen zwischen bestimmten Institutionen oder Akteuren? Indem vor allem nach der Bedeutung der Institution des Kaisertums sowie der Person des jeweiligen Kaisers für den Vollzug einer Aufführung sowie innerhalb dieser gefragt wird, rich21 Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei einer solchen Leitidee jeweils um die „selektive Durchsetzung aus einer Vielzahl führender Ideen handelt, die miteinander konkurrieren und umkämpft sind. Jede durchgesetzte Leitidee zieht ihren Erfolg aus der (temporären) Herausgehobenheit aus einem Komplex oftmals unvereinbarer Orientierungsmöglichkeiten.“ Rehberg, Institutionenwandel, S. 102. 22 Dazu mit weiterführender Literatur Weitzel, Grund des Rechts; Sellert, Gewohnheit. 23 Hinter dieser Problematik steht letztlich die generelle Frage nach der Wechselwirkung zwischen Struktur und Ereignis bzw. zwischen Institution und Akteur(en). Vgl. dazu den Ansatz bei Meyer / Rowan, Institutionalized Organizations; Zucker, Role of Institutionalization; Scott, Institutions and Organizations; zum Verhältnis von Institution und Ereignis Jussen / Blänkner, Ereignis; Suter / Hettling, Ereignis.
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tet sich der Fokus bewusst auf Kaiser und Kaiserhof als Hauptakteure.24 Aber auch Reichsfürsten und Reichsstädte betrieben oft einen erheblichen Aufwand, um den Aufenthalt des Reichsoberhauptes in den eigenen Mauern erfolgreich zu gestalten. Kann man aber in diesem Zusammenhang schon von einer gezielten Repräsentationspolitik sprechen, wie sie etwa Johannes Paulmann für Monarchentreffen im 19. Jahrhundert herausgearbeitet hat?25 3. Geographische, soziale und zeitliche Reichweite der kaiserlichen Auftritte: In welchen Regionen des Reiches traten die Kaiser persönlich auf ? Da solche Ereignisse seit dem Spätmittelalter vielfach aufgezeichnet wurden, waren es deutlich mehr als die am Ort Anwesenden, welche das Ereignis eines Kaiserauftrittes und die dabei aufgeführte Reichsidee, wenn auch nur vermittelt über Text oder Bild, rezipieren konnten. Im Untersuchungszeitraum stellten die „neuen Medien“ Buchdruck und Druckgraphik eine noch größere Öffentlichkeit her. Welches Verhältnis bestand zwischen der Präsenzöffentlichkeit des Ereignisses und seiner printmedialen Öffentlichkeit und was unterschied eigentlich die realiter vollzogenen Aufführungen von ihren gedruckten Versionen? Durch die Fixierung der Ereignisse in Bild und Text nahm ihre zeitliche Reichweite zu, weil diese zum Gegenstand von individuellen und kollektiven Erinnerungspraktiken wurden. Dabei verschränkten sich im Prozess der Medialisierung zwei Ebenen der politischen Kultur: So bildete die Aufführung selbst ein Element der politischen Soziokultur, ihre mediale Version aber darüber hinaus ein Element der politischen Deutungskultur.26 Das bedeutet nicht nur, dass die medialen Aufführungen immer schon das Ergebnis von Deutungsprozessen waren, sondern dass ihre Produzenten dabei auf einen Zeichenvorrat und operative Ideen zurückgriffen, welche der zeitgenössischen Deutungskultur entstammten, die umgekehrt durch jeden neuen Medialisierungsprozess angereichert wurde.
24 Andere neuere Arbeiten zur Reichsgeschichte konzentrierten sich dagegen stark auf Agieren der Kurfürsten: Lanzinner, Friedenssicherung; Gotthard, Säulen des Reiches; mit stärkerem Fokus auf dem Handeln des Kaisers Luttenberger, Kurfürsten. Zu den unterschiedlichen Körpern des Königs Kantorowicz, Körper des Königs; bzw. die Weiterentwicklung dieser Vorstellung bei Bertelli, King’s Body, der neben dem politischinstitutionellen und dem natürlichen Körper als dritten Körper des Königs den sakralen Körper, in dem sich Person und Institution, irdische Existenz und überirdische Gewalten, Politik und Religion untrennbar vermischen, vorschlägt. 25 Paulmann, Pomp und Politik. 26 Vgl. dazu die Definition von Karl Rohe: „Politische Deutungskultur ist gleichsam eine Kultur der Kultur, eine Metakultur, deren Funktion nicht zuletzt auch darin besteht, die auf der Ebene der Soziokultur gespeicherten, mehr oder minder unbewussten Denk-, Rede- und Handlungsgewohnheiten zu thematisieren.“ Rohe, Politische Kultur, S. 8f.
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4. Funktionen und Auswirkungen der politischen Aufführungen: Welche Funktionen schrieben die Akteure solchen Ereignissen zu? Worin bestand eigentlich der Profit, den sie aus der symbolischen Aufführung des Reiches zogen? Geht man von der Annahme aus, dass das Reich als ein nur partiell schriftlich verfasster Herrschaftsverband, der keine klar fixierbaren Grenzen besaß und sich aus einer Vielzahl unterschiedlichster Herrschaftsgebilde zusammensetzte, in besonderem Maße der Bestätigung und Herstellung in öffentlichen Aufführungen bedurfte, um seine Existenz zu sichern, dann stellt sich die Frage, welche Bedeutung solchen Ereignissen für die Legitimität von Herrschaft und die Selbstverortung von Herrschaftsträgern und Untertanen in diesem Herrschaftsverband zukam.27 Aus welchen Elementen setzten sich die in actu erhobenen Legitimationsansprüche zusammen?28 In wie weit zielte das kollektive Handeln von Herrscher und Beherrschten auf affektive Bindungen zwischen beiden Seiten?29 Welches Verhältnis zwischen der Präsenz und der Latenz von Macht unterscheidet die einzelnen Aufführungstypen und was sagt dieses über ihre spezifischen Funktionen aus?30 Und nicht zuletzt: Wie verhielten sich die hier beobachtbaren Handlungsmuster zu einem übergeordneten Prozess der Institutionalisierung von Herrschaft in dieser Phase? Mit dem Regierungszeitraum der vier Kaiser Ferdinand I. (1558–1564), Maximilian II. (1564–1576), Rudolf II. (1576–1612) und Matthias (1612–1619) umfasst diese Studie eine Phase der Reichsgeschichte, die von der Forschung lange Zeit als vergleichsweise ereignisarm und deshalb wenig reizvoll betrachtet wurde.31 Dabei markiert das Kaisertum Ferdinands I. einen Umbruch in der Ausgestaltung kaiserlicher Herrschaft, der für den vorliegenden Untersu27 Zur Notwendigkeit der symbolischen Vergegenwärtigung von personaler/verbandlicher Herrschaft vgl. Wenzel, Hören; Münkler, Visibilität, oder die Ansicht von John Hale: „Visual effects were what mattered most“. Hale, Civilization, S. 83. Dies gilt trotz jener Entwicklung, die Peter Moraw als Prozess der Verfassungsverdichtung charakterisiert hat. Moraw, Verfassung. Zum aktuell stark diskutierten Zusammenhang zwischen Politik und Ästhetik s. stellvertretend Barck / Faber, Ästhetik des Politischen; Warstadt / Horn, Politik als Aufführung; neuerdings Andres / Geisthövel / Schwengelbeck, Sinnlichkeit der Macht; sowie für den Fürstenhof schon Berns / Rahn, Zeremoniell. 28 Max Weber unterscheidet hier etwa traditionale, affektuelle, wertrationale und gesatzte Elemente. Weber, Wirtschaft, S. 17. 29 Karl Rohe differenziert zwischen der affektiven Haltung von Individuen gegenüber Personen (konkrete politische Akteure), Institutionen (Kaisertum, Reich, Staaten) oder politischen Systemen (Monarchie, Oligarchie, Demokratie). Rohe, Politische Kultur, S. 6. 30 Vgl. die Gegenüberstellung bei Rehberg, Öffentlichkeit, S. 184. 31 Diese geriet erst seit den 1990er Jahren wieder stärker in das Blickfeld der politikhistorischen Forschung. Vgl. dazu Lanzinner, Friedenssicherung; Luttenberger, Kurfürsten.
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chungsgegenstand von zentraler Bedeutung ist. Denn Ferdinand I. beschränkte den Radius seiner Auftritte als Kaiser im Gegensatz zu seinem europaweit und plus ultra agierenden Bruder Karl V. auf das Reich sowie Böhmen und Ungarn.32 Unter Ferdinand I. und seinen Nachfolgern werden die Städte Wien und Prag als feste kaiserliche Residenzen greifbar, während Karl V. als letzter Vertreter des mittelalterlichen Reisekaisertums zu sehen ist. Erst ab diesem Zeitpunkt lässt sich überhaupt klar zwischen auswärtigen Aufenthalten und solchen in unterschiedlichen Residenzen trennen. Nach 1618 stand die Präsenz des Kaisers im Reich dann unter militärischen Vorzeichen, so dass sich die Kaiserauftritte kaum mit jenen vor Ausbruch des Krieges vergleichen lassen.33 Mit der Phase zwischen Augsburger Religionsfrieden und Dreißigjährigem Krieg umfasst die Darstellung einen Zeitraum, der als Zeitalter der Konfessionalisierung gekennzeichnet wird.34 In wie weit die Prozesse der Konfessionsbildung jene Formen, in denen das Reich im kollektiven Handeln von Kaiser, Reichständen und Reichsuntertanen vergegenwärtigt wurde, tatsächlich zu prägen vermochten, wie stark das aufgeführte Reich den Zeitgenossen als ein konfessionalisiertes erscheinen musste, wird zu klären sein. Untersuchungsräume sind jene Städte und Territorien des Heiligen Römischen Reiches, die von den Kaisern im Untersuchungszeitraum aufgesucht wurden. Während die österreichischen Erbländer formalrechtlich und in der Regel auch im Bewusstsein der Zeitgenossen zum Reich gehörten, trifft dies für das Königreich Böhmen in geringerem Maße und für Ungarn überhaupt nicht zu.35 Wenn im Folgenden des Öfteren davon gesprochen wird, dass die Kaiser von ihren Residenzen aus ins Reich reisten, so meint dies der Einfachheit halber jene Regionen des Heiligen Römischen Reiches, die außerhalb der habsburgischen Erbländer lagen und zur „deutschen Nation“ im damaligen Verständnis dieses 32 Als Herrscher über das Habsburgische Weltreich kam Karl V., dessen entscheidende politische Handlungsfelder überwiegend außerhalb des Heiligen Römischen Reiches lagen, über 20 Jahre hinweg überhaupt nicht ins Reich. Dazu u.a. Kohler / Haider / Ottner, Karl V. 33 Danach beschränkten sich die kaiserlichen Auftritte mit wenigen Ausnahmen ohnehin auf den besonderen Anlass der Herrschererhebung, so dass es nur noch ausgesprochen selten zu Kaiserreisen außerhalb der Erbländer kam. Dies gilt besonders nach Einführung des Immerwährenden Reichstages zu Regensburg als Gesandtenkongress, an dem der Kaiser nicht mehr persönlich teilnahm. Dazu allgemein Schindling, Anfänge. 34 Dazu Reinhard, Gegenreformation; Schilling, Reformierte Konfessionalisierung; sowie die Forschungsberichte von Schnabel-Schüle, Konfessionalisierungsforschung; Klueting, Zweite Reformation. 35 Zur Diskussion dieser Frage für das Königreich Böhmen in Spätmittelalter und Früher Neuzeit Bahlcke, Corona; ausführlich neuerdings Begert, Böhmen.
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Begriffes gehörten.36 Böhmen kann vor allem in kultureller Hinsicht als dem Reich zugehörig betrachtet werden, besonders in jener Phase, in der Kaiser Rudolf II. die Residenz der böhmischen Könige zur Kaiserresidenz erhob und sich der Kulturtransfer zwischen Böhmen und den Territorien des Reiches intensivierte. Die Einzüge der Kaiser in ihren Erbländern sowie in Böhmen können im Rahmen dieser Arbeit allerdings nur punktuell auf der vergleichenden Ebene herangezogen werden. Denn hier traten die Kaiser als Landesherren auf, wodurch sie über ganz andere Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Repräsentationsformen, aber auch auf deren Medialisierung und Verankerung im kulturellen Gedächtnis verfügten.37 In die Analyse wurden je nach Teilfragestellung unterschiedliche Quellengattungen einbezogen.38 Dazu zählen die durch Behörden von Gast und Gastgeber angefertigten Verwaltungsakten, darunter Protokolle, Gutachten, Rechnungen oder Korrespondenzen, außerdem normative Quellen wie Hof- oder Policeyordnungen. Dabei wurde systematisch die Überlieferung in den einschlägigen Wiener Archiven, in den Archiven jener Reichsstädte, die als Gastgeber bei einem Kaisereinzug fungierten, sowie in jenen Archiven, die das Archivgut politisch einflussreicher Reichsfürsten aufbewahren, welche entweder persönlich bei Kaiserauftritten mitwirkten oder durch ihre Agenten über die Abläufe ausführlich informiert wurden, ausgewertet.39 Die zeremonialwissenschaftliche Literatur, die in neueren Arbeiten zum Zeremoniell stark als Quelle genutzt wird, wurde dagegen nur bedingt herangezogen, weil sie deutlich später entstanden
36 In diesem Sinne wird diese Formulierung auch in den zeitgenössischen Quellen verwendet, ohne dass damit gedanklich die österreichischen Erbländer aus dem Reich notwendigerweise exkludiert würden. 37 Zu den Einzügen in die Erbländer und Böhmen Blaha, Österreichische Triumph- und Ehrenpforten; Dmitrieva-Einhorn, Ephemeral Ceremonial Architecture; DaCosta Kaufmann, Mastery of the World, S. 136–150. 38 Vgl. zur Quellenlage generell auch die Bemerkungen am Beginn einzelner Kapitel. 39 Die Berichte von Gesandten auswärtiger Monarchen am kaiserlichen Hof wurden mit Ausnahme der Florentiner nur in der edierten Form einbezogen. Dieses Verfahren ist nicht unproblematisch, da Editionen oft nicht den gesamten Text der Relationen wiedergeben. Hier hängt es von der Zielsetzung der Edition ab, ob Textpassagen über die Ausgestaltung politischer Aufführungen ediert werden. Chroust, welcher „ein vollständiges Bild von dem Gang der grossen Politik herstellen“ wollte, ließ solche Passagen zumeist weg, weil er sie eben nicht als der „grossen Politik“ zugehörig betrachtete. Chroust, Reichstag von 1613, S. VII. Punktuelle Recherchen ergaben jedoch, dass eine Auswertung vor Ort in keinem sinnvollen Verhältnis zum Erkenntnisgewinn gestanden hätte.
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ist.40 Zwar enthalten solche Werke das tradierte Verfahren in Form seiner zur Norm geronnenen Praxis, jedoch geht auf diese Weise die Dynamik von zeremoniellen und rituellen Handlungsweisen im historischen Verlauf verloren. Die Formen ihrer spontanen Anpassung an veränderte Bedingungen sowie die Deutungsambivalenzen, welche bestimmte Modi der Zeichenverwendung zuließen, werden in solchen Werken kaum deutlich. Es überrascht deshalb wenig, dass gerade diese in der Vergangenheit oft als Beleg für die These von der Erstarrung des Zeremoniells und seiner symbolischen Entleerung in der Frühen Neuzeit herangezogen wurden.41 Wichtige Informationen zum Ablauf solcher Ereignisse bietet die Stadtchronistik in ihrer ungedruckten wie gedruckten Form, besonders hinsichtlich jener Inhalte, die in den einschlägigen Archiven nicht (mehr) überliefert sind. Herangezogen wurden außerdem Familienchroniken, Tagebücher oder Reiseberichte, wenngleich diese für den jeweiligen Zeitraum und Ort des Kaisereinzuges nur in begrenzter Zahl überliefert sind. Quellen dieser Art geben Auskunft über die Bedeutungen, welche die Zeitgenossen derartigen Akten zuschrieben und sie zeigen, welche Elemente diese überhaupt als fixierungswürdig erachteten. Darüber hinaus wurden Gemälde, Zeichnungen, Münzen und Medaillen als Produkte zeitgenössischer Strategien analysiert, welche die Akteure der Erinnerungskultur anwandten, um den ephemeren Charakter solcher Aufführungen in Permanenz zu verwandeln. Anhand der Auswertung der zeitgenössischen Tagespublizistik, von Texten und Bildern, welche anlässlich von frühneuzeitlichen Kaiserauftritten im Gegensatz zu jenen im Spätmittelalter veröffentlicht wurden, lässt sich der Kaiserauftritt als Medienereignis rekonstruieren. Obwohl im Untersuchungszeitraum ein starker Anstieg der Bildpublizistik zu beobachten ist, standen die Bilder, welche jene Augenblicke speicherten, in denen das Reich als politischer Organismus inszeniert wurde, kaum im Blickpunkt der Forschung.42 Darstellungen von Wahlen und Krönungen, von Huldi40 Dazu allgemein und mit weiterführender Literatur Vec, Zeremonialwissenschaft; zentrale Werke sind etwa Stieve, Europäisches Hof-Ceremoniel; Rohr, Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschaft; Moser, Teutsches Hof=Recht; Lünig, Theatrum ceremoniale. 41 Zudem waren ihre Autoren in der Regel Juristen, deren spezifisch rechtlicher Blick auf die Formen der Herrschaftsinszenierung zwar für die Frage der Relevanz im rechtspositivistischen Sinne bedeutsam, aber nicht selten durch eine stark negative Sichtweise geprägt ist, die nicht einfach verallgemeinert werden kann. So bei Lünig, Theatrum ceremoniale. 42 Die Menge der Studien, die sich analytisch mit visuellen Quellen auseinandersetzen, ist immer noch sehr begrenzt. Zum Problemkomplex Bilder als Quelle der historischen Forschung siehe Baxandall, Ursachen der Bilder; Tolkemitt / Wohlfeil, Historische Bildkunde; Talkenberger, Historische Erkenntnis; neuerdings Burke, Augenzeugenschaft;
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gungen und Belehnungen oder von kaiserlichen Einzügen wurden bislang meist nur illustrativ benutzt.43 Zwar wurde das „Bild des Reichstages“ untersucht, aber nicht danach gefragt, welchen Mehrwert Bilder im Vergleich zu Texten ihren Rezipienten eigentlich boten.44 Dabei verspricht gerade die Auswertung visueller Quellen neue Aufschlüsse für das Verständnis des Reiches als einem Herrschaftsgebilde, in dem politische Kommunikation in starkem Maße in Form von symbolischer Kommunikation auftrat, in dem der gezielte Einsatz von Zeichen oder zeichenhaften Handlungen das politische Alltagsgeschäft prägte. Auch die politischen Aufführungen des Untersuchungszeitraumes zielten noch darauf ab, „Unsichtbares in Sichtbares einzukleiden und im Sichtbaren Unsichtbares aufzuspüren.“45 Abbildungen solcher Akte waren nicht nur selbst zentrale Medien der Herrschaftsrepräsentation, sie überliefern diese auch in einer Dichte, welche die Texte oft nicht erreichten. Sie bilden Mehrdeutigkeiten, Selbstverständlichkeiten und inhaltliche Bezugssysteme ab, die man aus Texten nicht oder nur mühsam rekonstruieren kann. Mit der Analyse der Formen, in denen Reich und Kaisertum visualisiert wurden, versteht sich die Arbeit als Beitrag zu einer politischen Ikonographie des Alten Reiches.46 Dabei bilden die Arbeiten Aby Warburgs, der nach seinem eigenen Verständnis nicht Kunstgeschichte, sondern Bildgeschichte betrieb und sich deshalb der Analyse von massenhaft produzierten Gebrauchsbildern widmete, einen wichtigen methodischen Bezugspunkt.47
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Roeck, Historisches Auge; allgemein Burda / Maar, Iconic Turn. Das mag gerade auch an der modischen Postulierung von „turns“ liegen, denn im Grunde bedarf es keines „turns“ hin zu den Bildern (und weg von den Texten), vielmehr sollten die visuellen Darstellungen neben den verbalen Darstellungen in die Analyse einbezogen werden und zwar dort, wo es die gewählte Fragestellung nahelegt. Vgl. neuerdings auch Matsche, Frühneuzeitliche Kaiserkrönungen. Aulinger, Bild des Reichstages. Schramm, Herrschaftszeichen, Bd. 3, S. 1086. Stellvertretend Warnke, Politische Ikonographie. Die politische Ikonographie des Reiches war bereits verschiedentlich, wenn auch in wenig systematisierender Perspektive Gegenstand der Betrachtung, so etwa bei Müller, Bilder des Reiches. Die hier veröffentlichten Beiträge über die Reichsikonographie an frühneuzeitlichen Rathäusern, auf Münzen oder Flugblättern können nur ein wichtiger Anfang sein. Vgl. auch die Beiträge von Götzmann, Lueken, Matsche und Rudolph, in: Ausstellungskatalog Berlin (2006). Mit traditionellem Ansatz Hartmann, Kulturgeschichte. So analysierte Warburg mit illustrierten Einblattdrucken vielfach gerade jene Quellen, die auch im vorliegenden Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen. Vgl. dazu allgemein Wuttke, Aby M. Warburgs Kulturwissenschaft; Ginzburg, Kunst; Diers, WarburgRenaissancen. Mit seinem erweiterten Bildverständnis nahm Warburg eine Entwicklung
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Die Forschungslage zu den hier ausgewählten Formen von politischen Aufführungen sowie zu ihrer Medialisierung ist insgesamt sehr disparat. Während auf den Forschungsstand zu einzelnen Aufführungen sowie auf spezifische theoretische Ansätze zu Beginn der betreffenden Kapitel ausführlich eingegangen wird, sollen an dieser Stelle jene Forschungskontexte umrissen werden, welche für die Untersuchung insgesamt eine zentrale Bedeutung besitzen. Als in methodischer Hinsicht anregend erwiesen sich die Arbeiten westeuropäischer Historiker und Historikerinnen, welche die Formen der sozialen Vergemeinschaftung im öffentlichen Raum bereits seit den 1980er Jahren als zentrale Elemente städtischer wie höfischer Selbstdarstellung in Renaissance und Barock untersuchten.48 Darüber hinaus sind die Ergebnisse neuerer Arbeiten zum Herrscherkult frühneuzeitlicher Monarchen eingeflossen, darunter Ludwig XIV. von Frankreich, Kaiser Leopold I. oder Elisabeth I. sowie Karl I. von England.49 Eine europäische Perspektive ermöglicht nicht nur die Kennzeichnung bestimmter Entwicklungen als spezifisch für das Alte Reich, sondern verweist auch auf unterschiedliche Traditionen von politischen Aufführungen, die wiederum deren zeitgenössische Bewertung und damit gesellschaftliche Wirkmächtigkeit prägten. So wurde etwa für französische und englische Monarchen gezeigt, in welcher Weise diese den sakralen Charakter ihres Königtums in politischen Aufführungen vergegenwärtigten.50 Dabei stellt sich die Frage, welche Rolle dieses Element für die Inszenierung des Kaisertums im frühneuzeitlichen Reich spielen konnte – zumal im Zuge der konfessionellen Spaltung.51 Von grundlegender Bedeutung sind die Begriffe Performanz, Öffentlichkeit und Raum und die damit verbundenen Forschungsansätze, die deshalb bereits an
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voraus, die im Augenblick innerhalb der Kunstgeschichte stark propagiert wird: Kunstgeschichte als Bildwissenschaft. Dazu Belting, Bild-Anthropologie; Boehm, Bild. Dazu allgemein Muir, Civic Ritual; Arnade, Realms of Ritual; Mitchell, Italian Civic Pageantry; ders., Majesty of the State; Watanabe-O‘Kelly / Simon, Festivals and Ceremonies; Wisch / Scott-Munshower, Art and Pageantry; Anglo, Spectacle Pageantry; Gosman / Macdonald / Vanderjagt, Princes And Princely Culture; Ausstellungskatalog Wien (2005); Mulryne / Goldring, Court Festivals; Mulryne / Shewring, Italian Renaissance Festivals; Baldwin, Bibliography; sowie Helas, Lebende Bilder. Stellvertretend Burke, Ludwig XIV.; Goloubeva, Glorification; Corns, Royal Image; zur Selbstinszenierung der russischen Zaren etwa Wortmann, Scenarios. Grundlegend Bloch, wundertätige Könige; Bertelli, King’s Body; Linehan, King‘s Touch; neuerdings aus geschlechtergeschichtlicher Perspektive Schulte, Body; allgemein auch Cannadine / Price, Rituals of Royalty. So spricht Heinz Angermeier von einer „Entsakralisierung des Reiches“, Angermeier, Reichsreform, S. 319; vgl. aber dagegen Duchhardt, Kaisertum, S. 176, nach welchem das Reich auch im 17. Jahrhundert einen „mystischen, sakralen Glanz“ bewahrt habe.
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dieser Stelle problematisiert werden. Von Performanz oder auch Performativität wird in sehr unterschiedlichen theoretischen Kontexten und mit variablen Bedeutungsgehalten gesprochen.52 Der Sprachtheoretiker John Austin bezeichnete Aussagen dann als performativ, wenn sie eine Handlung nicht nur beschreiben, sondern vielmehr durch die sprachliche Äußerung vollziehen.53 Jacques Derrida bestritt den von Austin angenommenen intentionalen und regelhaften Charakter von Sprechakten und hob die Ereignishaftigkeit solcher Akte und ihre daraus resultierende Fragilität hervor. Performative Akte wiesen eine Eigendynamik auf, welche möglicherweise ganz andere Ergebnisse als die intendierten zeitige, selbst wenn die Akteure im Wissen um das potentielle Misslingen den Akt in starkem Maße zu steuern versuchten.54 Pierre Bourdieu kritisierte die einseitige Perspektive auf den Sprecher, indem er die „soziale Magie“ solcher Handlungen hervorhob, die vor allem durch die Zuschreibungsprozesse der Adressaten entstehe.55 Auch die Autorität des Sprechers, die zum Vollzug eines performativen Aktes notwendig ist, beruht bei ihm auf Zuschreibungen durch das soziale Umfeld. Performanz wird somit weniger als Ereignis, sondern als Anpassungsprozess an gesellschaftliche Erwartungen gedacht.56 Den Einfluss der Adressaten hoben auch neuere theaterwissenschaftliche Studien hervor, deren Autoren und Autorinnen davon ausgehen, dass ein Theaterstück erst in einem in dieser Form unwiederholbaren Zusammenwirken von Skript, Inszenierung und Aufführung 52 Die Begriffsgeschichte wie die fachübergreifenden Debatten über Performanz können hier nicht nachvollzogen werden. Zuerst Austin, How to Do Things; ders., Theorie der Sprechakte; Weiterentwicklungen bei Searle, Geist, S. 162–185; Hawkins, Performance Theory; vgl. dazu Wirth, Performanz; Kertscher / Mersch, Performativität und Praxis; Fischer-Lichte / Wulf, Theorien des Performativen; Parker, Performativity and Performance; Carlson, Performance; Schechner, Performance Studies; Wulf / Göhlich / Zirfas, Grundlagen des Performativen; Krämer, Performativität; Diehl, Performanz des Rechts. Bei Martschukat / Patzold, Geschichtswissenschaft wird ausgerechnet die Epoche der Frühen Neuzeit nur gestreift. 53 Als Reaktion auf die Kritik an seinem Sprechaktkonzept gab Austin den Begriff „performativ“ später auf und ersetzte ihn durch die Begriffe „lokutionär“, „illokutionär“ und „perlokutionär“, die sich jedoch jenseits der Sprachtheorie deutlich weniger durchsetzten. Vgl. dazu auch Searle, Geist, S. 141–148. 54 Derrida, Signatur, S. 298. Durch die Verwendung eingeführter Zeichen in neuen Kontexten könne es zum Beispiel zu einer Bedeutungsverschiebung (Iterabilität) kommen. Derrida ging es damit primär um die dynamischen und weniger um die statischen Momente von Performanz. 55 Im Folgenden Bourdieu, Ökonomie des sprachlichen Tausches, S. 53, 86–88; vgl. dazu Audehm, Macht der Sprache; Gramm, Performative Magie, S. 203. 56 So auch beim Performanzkonzept Judith Butlers. Dies, Excitable Speech. Hier wird außerdem die zentrale Bedeutung des Geschlechtes für performative Akte betont.
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entsteht, weshalb die lange vernachlässigte Analyse der Aufführung ins Zentrum der Untersuchung rückte.57 Während das Adjektiv „performativ“ ursprünglich also nur im Zusammenhang mit Sprachhandlungen verwendet wurde, bezeichnet es inzwischen all jene verbalen und nonverbalen Handlungen, die im Zuge ihrer Äußerung die durch sie bezeichneten Sachverhalte zugleich herstellen. Der Erkenntnisgewinn von Performanzkonzepten für die Erforschung des Alten Reiches liegt im Gegensatz zu anderen in den Kulturwissenschaften stark präsenten Begriffen wie Repräsentation oder Inszenierung in seiner Eigenschaft, nicht zwischen dem Zeichen selbst und dem durch ihn bezeichneten Sachverhalt zu trennen.58 Während jene die Existenz eines eindeutig benennbaren Sachverhaltes voraussetzen, der repräsentiert, inszeniert oder visualisiert wird, entsteht bei performativen Akten dieser Sachverhalt überhaupt erst durch die Aufführung. Auch einer einseitigen Konzentration auf die Repräsentierenden und ihre Intentionen steuert der Begriff der Performanz entgegen, indem er die Unterscheidung zwischen Adressanten und Adressaten aufhebt: Im Rahmen eines performativen Aktes ist jeder Teilnehmer zugleich Adressant, Medium und Adressat, wobei jeweils zu analysieren bleibt, im Hinblick auf welche Inhalte und in welchem Ausmaß dies geschieht.59 Dieser Ansatz wird somit der komplexen Handlungssituation bei politischen Aufführungen besser gerecht. Er lenkt den Blick auf jene Bestandteile der Reichsverfassung, die durch den Vollzug symbolischer Handlungen in der Wahrnehmung der Zeitgenossen erst hergestellt wurden. Auf diese Weise stehen die dynamischen Elemente der Reichsverfassung im
57 Dazu Fischer-Lichte, Ästhetik des Performativen; dies., Performance, Inszenierung, Ritual, mit weiterführender Literatur. Für die Theaterwissenschaft bedeutete die Abwendung von der reinen Textanalyse hin zur Analyse von Inszenierung und Aufführung eine fundamentale Trendwende. Diese Differenzierung ist im Hinblick auf den hier vorliegenden Untersuchungsgegenstand dagegen nur bei spezifischen Formen von performativen Akten relevant, so etwa bei der Krönungsmesse, bei welcher der benutzte ordo coronationis als Script, die aktuell aufgestellten Ausführungsbestimmungen als Inszenierung und der Vollzug als Aufführung verstanden werden kann, wobei es in diesem Fall immer nur zu einer Aufführung kam. 58 Visuelle Evidenz oder die Macht der Bilder sind Schlagwörter, die aktuell in unterschiedlichen geisteswissenschaftlichen Disziplinen eine zentrale Rolle spielen. Vgl. dazu Freedberg, Power of Images; Elkins, Domain of Images; ders., Visual Studies; Münkler, Politische Bilder; Göhler, Macht der Öffentlichkeit; Mortier, Visualisation; Büttner / Wimböck, Bild als Autorität. 59 Zur Abgrenzung von handlungstheoretischen Ansätzen, die sich auf die Intentionen der Akteure konzentrieren, weiterführend Wulf / Göhlich / Zirfas, Grundlagen des Performativen.
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Vordergrund.60 Unter der Performanz des Reiches wird deshalb jede Form der Aufführung verstanden, in deren Ergebnis die geltenden Herrschaftshierarchien hergestellt und zugleich öffentlichkeitswirksam demonstriert wurden. Als Sonderformen performativer Akte können rituelle und zeremonielle Handlungen verstanden werden.61 Denn beide Handlungsmuster verkörpern soziale Praktiken, welche dem individuellen Bedürfnis nach Ordnung der sozialen Umwelt und zugleich nach Selbstverortung in den bestehenden gesellschaftlichen Strukturen entsprechen. Sie produzieren aus sich selbst heraus Legitimation, auch wenn diese durch andere Faktoren gleichzeitig in Frage gestellt werden kann. Akteure und Adressaten ritueller und zeremonieller Handlungen können sich den symbolischen Konnotationen der Akte, denen sie beiwohnen, gar nicht völlig entziehen, selbst wenn sie dies versuchen. Unabhängig davon, dass die Übergänge zwischen rituellen und zeremoniellen Handlungen in der Praxis fließend sein können, wird im Folgenden inhaltlich zwischen beiden Begriffen differenziert. Dies geschieht nicht, um der Vielzahl existierender Definitionen weitere hinzuzufügen, sondern weil damit zwei scheinbar ähnliche, im Hinblick auf ihre Funktionen und Auswirkungen jedoch unterschiedliche Phänomene bezeichnet werden sollen. Dabei kann die Vielzahl bereits existierender Begriffsdefinitionen an dieser Stelle weder dargestellt, noch historisch hergeleitet werden.62 60 Vgl. dazu das Gesamtkonzept des Sonderforschungsbereiches „Kulturen des Performativen“ an der FU Berlin: „In der Perspektive des Performativen sind es nicht mehr nur Gegenstände, Monumente und Kunstwerke, die als Repräsentationen einer Kultur und deren Selbstverständnis betrachtet werden, sondern dynamische Prozesse (sowohl zwischen den Menschen als auch zwischen den Menschen und ihrer Umgebung), in denen sie hergestellt und verwendet werden.“ Zit. nach http://www.sfb-performativ.de/seiten/ frame_gesa.html [12.07.2006]. 61 Zur inneren Verwandtschaft von Ritual und Performanz schon Turner, Anthropology of Performance; Goffman, Interaktionsrituale. Der Vollzugscharakter zeichnet in abgeschwächter Form auch zeremonielle Handlungen aus, denn auch das Zeremoniell bildet nicht nur Herrschaftsverhältnisse ab, sondern vollzieht sie zugleich, allerdings ohne dass es dabei zu einer Statusveränderung kommen muss. Allerdings kann eine Statusveränderung durch zeremonielles Handeln auch nicht ausgeschlossen werden, sie ist jedoch meist schwer zu belegen. 62 Ritual- und Zeremoniellforschung sind in der jüngsten Zeit derart expandiert, dass der Forschungsstand kaum noch überschaubar ist. Inzwischen weist selbst die Forschung ‚ritualisierte‘ Züge auf. Diese bestehen etwa in der ständigen Wiederholung von Argumentationsketten und Titelzitaten, deren Erkenntnisgewinn häufig fragwürdig bleibt. Deutlich wird vor allem eines: Die Begriffe Ritual und Zeremoniell sind nur dann sinnvoll zu operationalisieren, wenn sie für einen konkreten Untersuchungsgegenstand verwendet und entsprechend inhaltlich gefüllt werden.
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Unter Ritualen werden formalisierte Handlungssequenzen verstanden, die erst in ihrer Gesamtheit einen Sinn stiften, der über die Handlungen selbst und ihre möglichen technischen Effekte hinausgeht und nur durch die genaue Einhaltung tradierter Formen erreicht werden kann; Rituale besitzen eine transzendente Dimension und sie wirken transformativ im Hinblick auf den sozialen Status einer Person oder sozialen Gruppe.63 Für ein Ritual werden damit die vier Faktoren Prozessualität, Wiederholung, Transformation und Transzendenz als konstitutiv betrachtet. Transzendenz ist dabei nicht im engeren Sinne allein als Gottesbezug gedacht, sondern als Bezug auf jegliche Phänomene, die jenseits des sinnlich Erfahrbaren liegen. Diese Definition grenzt sich von einer umgangssprachlichen Verwendung dieses Begriffes ab, die jedwede Wiederholungshandlung, welche durch eine gewisse Förmlichkeit gekennzeichnet ist, als Ritual bezeichnet. Auf einer theoretischen Ebene kann zwischen verschiedenen Arten von Ritualen wie religiösen, sozialen oder politischen Ritualen differenziert werden. Fragt man jedoch nach den Formen der Vergegenwärtigung des Reiches im rituellen Handeln seiner Glieder, führt eine solche Unterscheidung kaum weiter, denn hier überlagerten sich diese Bedeutungsebenen zumeist. Auch das Zeremoniell besteht aus formalisierten Handlungssequenzen, die jedoch nicht nur in ihrer Gesamtheit, sondern bereits einzeln Wirkmächtigkeit beanspruchen können.64 Das Zeremoniell definiert Herrschaftsbeziehungen; seine einzige Funktion besteht in der Ausübung und Repräsentation von Herrschaft.65 Zeremonielle Handlungen setzen voraus, dass unter den Akteuren hierarchische Differenzen vorhanden sind oder etabliert werden sollen. Das Zeremoniell ist stärker als das Ritual offen für Innovationen, weil es flexibel auf ver-
63 Stellvertretend dazu van Gennep, Übergangsriten; Durkheim, Elementare Formen; Turner, Ritual; für neuere Überblicke zu Theorie und Methode der Ritualforschung siehe Bell, Ritual; Belliger / Krieger, Ritualtheorien; Alexander, Ritual; Caduff / PfaffCzarnecka, Rituale. Vgl. auch die differenzierte Definition bei Michaels, Rituel, S. 29– 39, bes. 29, wo fünf Komponenten von (religiösen) Ritualen unterschieden werden: das Bedürfnis nach Veränderung, ein förmlicher Beschluss, bestimmte formale Handlungskriterien (Förmlichkeit, Öffentlichkeit, Unwiderrufbarkeit, Liminalität), modale Handlungskriterien (Vergemeinschaftung, Transzendenz, subjektive Wirkung), eine transformative Wirkung. 64 Vgl. Althoff, Zeremoniell; Rahn, Hofzeremoniell. 65 Die frühneuzeitliche Zeremonialwissenschaft, die sich als solche ab dem 17. Jahrhundert herausbildete, war ein Herrschaftsdiskurs, der nicht zuletzt deshalb immer mehr anschwoll, weil sich im selben Zeitraum die Herrschaftsstrukturen ausdifferenzierten und wandelten. Zur Repräsentation als Ausübung von Herrschaft Kruedener, Rolle des Hofes, S. 23.
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änderte Herrschaftsstrukturen reagieren muss.66 Es kann sogar durch den Einsatz von Gewalt verändert werden, ohne seine herrschaftskonstitutive Wirkung einzubüßen. Wird hingegen eine rituelle Handlung gewaltsam gestört, geht ihr ritueller Charakter verloren, denn jeder veränderte Handlungsablauf muss sich als Ritual erst erneut gesellschaftlich etablieren. Während das Ritual im Akt seines Vollzuges Gemeinschaft herstellt, wie unbeständig diese auch sein mag, zielt das Zeremoniell auf soziale Differenz.67 In stärkerem Maße benötigt es deshalb spezifische Formen der Ausstattung. Die Ästhetisierung der Abläufe dient nicht allein der Differenzierung; sie soll zugleich die Akzeptanz der auf diese Weise zum Ausdruck gebrachten Herrschaftsansprüche steigern. Da die Teilnahme an zeremoniellen Handlungen auch eine Form gelebter Gemeinschaft darstellt, kann das Zeremoniell allerdings auch verbindend wirken. Politische Performanzen, ob nun ritueller, zeremonieller oder anderer Natur, bedürfen der Öffentlichkeit.68 Eine politische Aufführung ohne ein Forum von Adressaten, auf die Wirkung erzielt werden soll, erscheint sinnlos. Öffentlichkeit kann im Untersuchungszeitraum allerdings immer nur Teilöffentlichkeiten meinen, deren Reichweite entscheidend von den Formen ihrer Herstellung abhing. Sie konnte bewusst erzeugt werden: etwa durch die Teilnahme am Akt oder aber durch dessen Ver-Öffentlichung im Anschluss. Sie konnte aber auch spontan und gegen die Intention der politischen Entscheidungsträger entstehen. Die Frage, wie „offentlich“ ein Akt vollzogen worden war oder ob eine Aussage „publice“ getätigt worden war, beschäftigte die politischen Eliten des 16. Jahrhunderts bereits in starkem Maße. Dies dürfte entscheidend mit der Wahrnehmung des Buchdrucks als ein Kommunikationsmedium zusammenhängen, dessen Produkte per se auf das „in die Gemein geben“ zuvor weniger öffentlicher Sachverhalte zielten.69 Denn das Wissen um die Möglichkeit, Inhalte schnell und mit begrenztem Aufwand in einem Druckmarkt platzieren zu können, der sich noch weit schwieriger steuern ließ als traditionelle Öffentlichkeiten, erhöhte die Sensibilität der Zeitgenossen für 66 Althoff, Beratungen, S. 55. Zeremonielle können speziell für eine bestimmte Situation entworfen werden. Dies war genau dann notwendig, wenn dafür noch kein zeremonielles Vorbild vorhanden war. So etwa bei der Audienz der osmanischen Gesandtschaft auf dem Frankfurter Wahltag von 1562. Vgl. dazu Rudolph, Türkische Gesandtschaften. 67 Vgl. dazu das drei unterschiedliche Formen von Gemeinschaft unterscheidende Communitas-Konzept bei Turner, Ritual, bes. S. 128–136. 68 Zu unterschiedlichen Öffentlichkeitskonzepten und ihrer Forschungsgeschichte siehe Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit; Gestrich, Absolutismus und Öffentlichkeit; Bauer, Höfische Gesellschaft; Berns, Monarch; Göhler, Macht der Öffentlichkeit; Körber, Öffentlichkeiten; Hohendahl, Öffentlichkeit; Requate, Öffentlichkeit. 69 Vgl. dazu Giesecke, Sinnenwandel, S. 262f.
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die Folgen, die ein Zuviel oder Zuwenig an Öffentlichkeit bewirken konnten. Die sich nun auch jenseits konfessioneller Diskurse in völlig neuem Ausmaß konstituierende Öffentlichkeit der Printmedien umfasste alle Personen, die Zugang zu diesen hatten. In dieser Arbeit wird deshalb mit verschiedenen Öffentlichkeitsbegriffen operiert, um die unterschiedlichen Formen, welche Öffentlichkeiten annehmen konnten, möglichst präzise zu beschreiben. Diese Öffentlichkeiten, die sich immer auf einen bestimmten situativen Kontext beziehen, setzen ein gewisses Maß an Konstruktion voraus. So wird von der städtischen Öffentlichkeit gesprochen, die durch den Vollzug eines Aktes im Außenraum einer Stadt erreicht werden konnte.70 Dies meint sowohl die unmittelbar beim Akt anwesenden Personen im Sinne einer Präsenzöffentlichkeit als auch alle zum städtischen Kommunikationszusammenhang gehörenden Personen, die mittelbar von den Abläufen erfahren konnten. Bestimmte Akte wie ein festliches Bankett in der Residenz eines Reichsfürsten beschränkten sich hingegen auf eine höfische Öffentlichkeit, welche im Wesentlichen die Mitglieder des Fürstenhofes und seine Gäste bildeten.71 Es wird von einer Reichstagsöffentlichkeit im Sinne einer an diese Institution gebundenen Öffentlichkeit gesprochen, welche alle Personen umfasste, die zum institutionellen Kontext eines Reichstages gehörten und in die dort ablaufenden Kommunikationsprozesse eingebunden waren, aber auch jene, die Zugang zu diesen Personen hatten.72 Wenn im Folgenden eine Reichsöffentlichkeit oder sogar eine europäische Öffentlichkeit erwähnt wird, so handelt es sich um imaginierte Formen der Öffentlichkeit, die jedoch in der Wahrnehmung der politischen Funktionsträger als Bezugshorizont für das eigene Denken und Handeln durchaus nachweisbar sind. Diese fiktionalen Öffentlichkeiten zeitigten mitunter höchst reale Auswirkungen, da ihre angebliche Existenz die Akteure zu Kommunikationsakten veranlasste, die selbst wiederum Öffentlichkeit herstellten.73 Der Blick auf die Öffentlichkeiten des Reiches, welche durch politische Aufführungen hergestellt oder auch imaginativ vorausgesetzt wurden, führt
70 So im Zusammenhang mit Herrschereinritten in eine Reichsstadt etwa bei Löther, Inszenierung. 71 Dazu Bauer, Höfische Gesellschaft. 72 Vgl. dazu Gestrich, Absolutismus, S. 96–99; Haug-Moritz, Wolfenbütteler Krieg; sowie die Einleitung in Lanzinner / Strohmeyer, Reichstag 1486–1613, S. 19–21; allgemein Rehberg, Öffentlichkeit. 73 Vgl. dazu weiterführend Luhmann, Öffentliche Meinung.
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zu der Frage nach den Räumen des Reiches.74 Das Alte Reich wurde lange Zeit vor allem als Herrschaftsraum betrachtet, dessen Grenzen durch die Reichweite und Dichte von Rechtsbeziehungen determiniert wurden. Inzwischen wird es zunehmend in seiner Funktion als Kommunikationsraum untersucht.75 Es lässt sich aber auch nach den zeremoniellen und rituellen Räumen des Reiches fragen, nach den spezifischen ‚Schauräumen‘ in denen sich das Heilige Römische Reich in kollektiven Akten von Reichsoberhaupt, Reichsgliedern und Reichsuntertanen konstituierte.76 Je nach der räumlichen Qualität stellt sich dann auch die Frage nach Zentrum oder Peripherie des Reiches neu. In dieser Perspektive erscheinen nicht nur die Kaiserresidenzen oder die Orte bestimmter Reichsinstitutionen als Zentren des Reiches, sondern auch die Orte, an denen die politische Aufführung des Reiches jeweils stattfand.77 Das Reich kann darüber hinaus als Kulturraum verstanden werden, den zum Beispiel bestimmte Repräsentationsformen kennzeichneten, welche schon dadurch raumbildend wirkten, dass sie den Raum der Geltungskraft einer politischen Kultur markierten.78 Nicht zuletzt geht es um das Reich als virtuellen Raum, als imaginierten Herrschaftszusammenhang, welchen die Zeitgenossen mit spezifischen Sinnkonstruktionen versahen.79 Dieses Buch gliedert sich in sechs Kapitel. Das erste Kapitel konzentriert sich auf wichtige Voraussetzungen von Kaiserreisen, so auf das Ausmaß der kaiserlichen Mobilität sowie auf die Organisation und den materiellen Aufwand solcher 74 Auch der Raum ist derzeit ein zentrales Thema der Geschichtswissenschaft, weshalb es nicht überrascht, dass bereits ein „spatial turn“ ausgerufen wurde. Vgl. dazu u.a. Schmale / Stauber, Menschen und Grenzen; Osterhammel, Jenseits der Orthodoxie; Loprieno, Mensch und Raum; Dartmann / Füssel / Rüther, Raum und Konflikt; Hochmuth / Rau, Machträume. 75 Vgl. dazu Arndt, Mediensystem; Rosseaux, Reich. Zum Reich als Schenkraum, der durch den Gabentausch unter politischen Akteuren als ein im Untersuchungszeitraum durchaus wichtiges Element politischer Kommunikation entstand, Rudolph, Fürstliche Gaben. 76 Vgl. allgemein zum Zusammenhang von Zeremoniell und Raum Paravicini, Zeremoniell und Raum; Bojcov, Qualitäten des Raumes. 77 Jede Reise von Kaiser und Reichsständen an einen solchen Ort setzte die Bewegung durch den Herrschaftsraum des Reiches und damit eine Raumerfahrung voraus. 78 So auch der Geltungskraft bestimmter Ordnungskonfigurationen. Dazu Schneidmüller / Weinfurter, Ordnungskonfigurationen. 79 In diesem Zusammenhang spielen nicht zuletzt die Zeit-Räume des Reiches eine Rolle, die Verortung des Heiligen Römischen Reiches in den epochialen Vorstellungshorizonten der Zeitgenossen samt jenen Deutungsansätzen, die sie damit verbanden, und jenen spezifischen Zeichen(konstellationen), die diese im Rahmen der Aufführung vergegenwärtigen sollten.
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Ereignisse. Die folgenden drei Kapitel widmen sich der Analyse unterschiedlicher Aufführungstypen als Ausdrucksformen der politischen Soziokultur. Das zweite Kapitel analysiert das Adventuszeremoniell, wobei anhand von ausgewählten Fallbeispielen die Eigendynamik der Abläufe und die historische Bedingtheit der gewählten Formen herausgearbeitet werden. Das dritte Kapitel widmet sich spezifischen Festelementen, die bei Kaiserauftritten häufig beobachtet werden können und jeweils eigene Formen der Vergemeinschaftung darstellten. Im vierten Kapitel stehen die Herrschererhebung sowie die mit ihr verbundenen Investiturakte der Huldigung und der Thronbelehnung im Vordergrund. Dabei werden Fest- und Investiturakte vor allem im Hinblick auf Symbolisierungsleistungen analysiert, die über jene hinausgehen, die bereits im Zusammenhang mit dem Adventus aufgezeigt wurden. Kapitel fünf und sechs untersuchen die Formen, in denen die schon vergangenen Aufführungen durch den Druck und andere Speichermedien erneut aufgeführt wurden, als Elemente der politischen Deutungskultur. Das fünfte Kapitel analysiert den Kaiserauftritt als Medienereignis, womit seine Aufbereitung in den Printmedien gemeint ist, die sich an ein Publikum wandten, das zeitnah von den Abläufen in Kenntnis gesetzt werden wollte. Diese „massenmediale“, auf den Informationsbedarf einer entstehenden Medienöffentlichkeit ausgerichtete Dimension unterschied die frühneuzeitlichen Kaiserauftritte fundamental von jenen im Mittelalter. Das sechste Kapitel beschäftigt sich mit den vielfältigen Praktiken der Erinnerungskultur, durch welche diese hochgradig ephemeren Akte im Gedächtnis von Individuen, sozialen Gruppen oder Institutionen gespeichert und bei Bedarf für spätere Generationen abrufbar gemacht werden sollten. Dabei steht die Frage nach der jeweils eigenen performativen Kraft solcher Medialisierungen im Vordergrund. Abschließend ist auf den hohen Grad an Konstruktion zu verweisen, welcher notwendigerweise sowohl das analytische Vorgehen als auch die Darstellung der Ergebnisse prägt. Denn es ist unmöglich, ein derart komplexes, unterschiedliche Wahrnehmungssinne ansprechendes und jeweils singuläres Ereignis wie eine politische Aufführung – sei es nun ein Herrschereinzug, ein Turnier oder eine Belehnung – in allen ihren Teilaspekten zu rekonstruieren. Die Tatsache, dass bestimmte Elemente bereits mit dem Ende eines Aktes unwiederbringlich verloren waren, macht die Grenzen des Beobachtbaren deutlich. Die sinnliche Vielfalt dieser politischen Aufführungen ist nur in Form von Spuren in den Quellen erhalten.80 Diese Spuren übermitteln nicht das Ereignis selbst, sondern das, was 80 Burke, Augenzeugenschaft, S. 211. Die Rekonstruktion vermeintlicher Realitäten erscheint ohnehin begrenzt sinnvoll, denn für die performative Vergegenwärtigung des Reiches in den kollektiven Handlungen der politischen Akteure ist wesentlich, was diese verinnerlichten und mit Bedeutung versahen. Die ‚Realität’ des Kaiserauftrittes wurde
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ihre Produzenten gesehen hatten, was ihnen aus zweiter Hand berichtet worden war oder auch das, was gesehen hatte werden sollen. Wenn im Zusammenhang mit der Erforschung mittelalterlicher Rituale kritisch hervorgehoben wurde, dass diese immer nur in Form von Beschreibungen erhalten sind, die als Interpretationen selbst Bedeutung konstituieren, dann gilt dies auch für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand.81 Dennoch: Selbst wenn Historiker und Historikerinnen letztlich nur Interpretationen interpretieren können, so gewinnen sie doch Schlaglichter auf eine politische Kultur, in welcher performativen Akten eine hohe Bedeutung für die Legitimierung und Stabilisierung oder auch Infragestellung von Herrschaft zugemessen wurde.
schon in der Wahrnehmung der Zeitgenossen vielfach gebrochen, fragmentiert und somit nur bedingt wirksam. 81 Dazu allgemein Buc, Dangers of Ritual.
I. Habsburgisches Kaisertum im Reich – Herrscher, Höfe, Residenzen
Der Kaiserhof verkörperte das politische und repräsentative Zentrum des Reiches.1 Dies galt noch stärker in den Momenten, in denen sich der Kaiser mit seinem Hof außerhalb der eigenen Erbländer aufhielt, denn dann agierte er vor allem in seiner Funktion als Reichsoberhaupt und weniger in der eines Landesherrn.2 Im 16. Jahrhundert wurde das mittelalterliche Reisekaisertum, welches eine starke kaiserliche Präsenz in den Territorien und Reichsstädten des Reiches bewirkt hatte, durch das Prinzip der Residenzherrschaft abgelöst.3 Kaiserreisen setzten nun einen konkreten Anlass voraus. Zu welchen Gelegenheiten aber verließen die Kaiser der Neuzeit ihre in Wien oder Prag eingerichteten Residenzen? Wer organisierte die auswärtigen Auftritte und was unterschied den Kaiserhof als mobile Institution vom Kaiserhof in der kaiserlichen Residenz? Diese Rahmenbedingungen sind zwar nicht der eigentliche Gegenstand der Untersuchung, sie müssen jedoch geklärt werden, um die in den folgenden Kapiteln herausgearbeiteten Entwicklungen angemessen gewichten zu können. Die Forschungsliteratur bietet dazu kaum befriedigende Antworten, da die Erforschung des frühneuzeitlichen Kaisertums lange Zeit überhaupt vernachlässigt wurde.4 Denn der diagnostizierte Niedergang des Reiches ging mit der Bewertung einher, die politische Bedeutung und damit die historische Relevanz dieser Kaiser seien mit wenigen Ausnahmen als gering zu veranschlagen. Zudem wurde dieses Thema mit methodischen Ansätzen assoziiert, die im Zuge der Etablierung 1 2 3
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Press, Imperial Court, S. 294. Die Kaiser des Untersuchungszeitraumes waren ungarische und böhmische Könige und Erzherzöge von Österreich, was auch nach der Erbteilung unter Maximilian II. zugleich die Landesherrschaft über mehrere österreichische Erbländer bedeutete. Dazu allgemein Peyer, Reisekönigtum; Moraw, Hauptstädte; Zotz, Präsenz und Repräsentation. Zwar lassen sich im Mittelalter Ansätze zur Residenzenbildung feststellen, dennoch verbrachten die Kaiser lange Phasen ihrer Herrschaft mit Zügen zwischen Kaiserpfalzen und Reichsstädten. Dies gilt auch noch für die Zeiträume, in denen Karl V. im Reich anwesend war (1521, 1530–1532, 1541, 1542–1551), denn im Gegensatz zu Ferdinand I. verfügte er in den Erblanden nicht über eine Residenz. Dazu Kohler, Karl V. (1519–1556), S. 47. Bei den folgenden Kaisern lässt sich hingegen das klare Bestreben feststellen, eine von ihnen bevorzugte Stadt durch die Ansiedlung von Behörden sowie durch den Neubau repräsentativer Bauten sukzessive zur kaiserlichen Residenz auszugestalten. Vgl. dazu auch Schindling / Ziegler, Kaiser der Neuzeit, S. 5.
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neuer Forschungsansätze gern mit dem Label ‚traditionell‘ bedacht wurden. Aus diesem Grund treten die hier im Zentrum stehenden Kaiser erst neuerdings aus dem Schatten der als ungleich bedeutender bewerteten und deshalb stärker untersuchten Kaiser Maximilian I. und Karl V. heraus. So stellten Maximilian Lanzinner und Albrecht Pius Luttenberger in ihren grundlegenden Arbeiten über das reichspolitische Handeln von Kaiser und Kurfürsten unter Ferdinand I. und Maximilian II. das Bemühen ihrer Protagonisten um Friedenssicherung und konfessionellen Ausgleich heraus.5 Implizit stehen diese Arbeiten für einen veränderten Bewertungsmaßstab kaiserlicher Herrschaft: Der Blick auf die Strategien der Konfliktregelung anstatt auf jene des Machtausbaus und der territorialen Expansion lässt die reichspolitischen Aktivitäten beider Kaiser in positiverem Licht erscheinen. Der späte Zeitpunkt, zu dem sich die Forschung Ferdinand I. als „Gründer des neuzeitlichen deutschen Kaisertums“ intensiver zuwandte, hatte zur Folge, dass auch nach der Herrschaftsrepräsentation dieses Kaisers gefragt wurde.6 Dagegen stand Rudolf II. schon früh im Blickpunkt einer Forschung, die sich allerdings auf die Förderung von Wissenschaft und Kunst am Kaiserhof konzentrierte.7 Das kurze Kaisertum des Matthias erschien nur als Teil der Vorgeschichte des Dreißigjährigen Krieges untersuchenswert.8 Die ältere Forschung konzentrierte sich auf den so genannten „Bruderzwist“ zwischen Rudolf II. und Matthias, der dem Herrscherwechsel von 1612 vor-
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Lanzinner, Friedenssicherung; Luttenberger, Kurfürsten. In beiden Arbeiten spielen allerdings politische Rituale und Zeremoniell als Formen der symbolischen Interaktion keine nennenswerte Rolle. Vgl. auch Gotthard, Säulen des Reiches; Rauscher, kaiserliche Finanzen; Meußer, Politische Kommunikation; Edelmayer, Kaiser Maximilian II.; Fichtner, Emperor Maximilian II. Schindling / Ziegler, Kaiser der Neuzeit, S. 23. Vgl. stellvertretend Fuchs / Kohler, Aspekte eines Herrscherlebens; Kohler, Ferdinand I. 1503–1564; Laubach, Ferdinand I. als Kaiser; vgl. auch den Forschungsbericht bei Kohler, Kaiser Ferdinand I. – Forschungsgeschichte; Fuchs / Oborni / Ujváry, Kaiser Ferdinand I.; Alvar / Edelmayer, Fernando I; Ausstellungskatalog Wien (2003); zur Repräsentation Ferdinands I. die Beiträge von Kugeler, Müller, Hilger, Muchka, in: Ausstellungskatalog Wien (2003). Dennoch wird die Selbstinszenierung dieses Monarchen im Vergleich zu seinen beiden Vorgängern als Gesamtphänomen noch nicht recht deutlich. Evans, Rudolf II., mit der Zusammenfassung des älteren Forschungsstandes; DaCosta Kaufmann, Variations; Vocelka, politische Propaganda; Ausstellungskatalog Prag (1997); Mout, Wiener Hof; mit politikgeschichtlichem Ansatz neuerdings Fröschl, Integration und Polarisierung. Press, Matthias (1612–1619), S. 119. Neuere Arbeiten sind Dammelhart, Reichspolitik; Rill, Bruderzwist, welcher lediglich ausgewählte Forschungsliteratur auswertet.
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ausging. Dabei wurde die Reichspolitik beider Kaiser sehr negativ bewertet.9 Lediglich vor dem Hintergrund des unter Ferdinand II. ausgebrochenen Dreißigjährigen Krieges erschien ihr auffälliges ‚Nichthandeln‘ gelegentlich unter anderen Vorzeichen. Trotz neuerer Forschungen fehlt es an grundlegenden Informationen über die Mobilität dieser frühneuzeitlichen Kaiser. Über die Frage, an welchen Orten die Kaiser wie häufig und wie lange persönlich präsent waren, lassen sich nur für einzelne Ereignisse Angaben finden.10 Weitgehend unklar bleiben auch die Faktoren, welche die kaiserliche Reisetätigkeit bedingten. Zudem wird nur ansatzweise ersichtlich, welche Bedeutung die Kaiser der Neuzeit ihrer persönlichen Präsenz im Reich zumaßen und in welchem repräsentativen Rahmen sie hier auftraten. So stellt die „Topographie des bewegten Hofes auf Reisen“11 innerhalb der seit geraumer Zeit boomenden Residenzenforschung immer noch ein Desiderat dar, zumal sich diese lange Zeit auf das Spätmittelalter sowie auf die Entwicklung ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts konzentrierte. Dies gilt besonders für den Kaiserhof, wenngleich mit den Arbeiten von Jeroen Duindam oder Mark Hengerer nun deutlich mehr Informationen über diesen ‚Leithof ’ des Reiches in seiner Qualität als soziales wie symbolisches Ordnungssystem greifbar sind.12 Aber auch diese Studien beziehen sich vor allem auf den Zeitraum ab dem 17. Jahrhundert. Deshalb waren im Hinblick auf die sich im Untersuchungszeitraum erst herausbildenden Strukturen mancher
9 So beschrieb Volker Press Kaiser Matthias als schwachen Fürsten, der „stets auf äußere Ehren bedacht“ gewesen sei, aber ohne „Begabung, Bildung und Willensstärke“ agiert habe. Press, Matthias (1612–1619), S. 114, 116f. Diese Bewertung stimmt im Wesentlichen mit der Moritz Ritters überein. Ders. Matthias, deutscher Kaiser, in: ADB, Bd. 20, Leipzig 1884, S. 629–54. 10 Selbst in den Reichstagsakteneditionen finden sich nicht in jedem Fall eindeutige Angaben darüber, wo die Kaiser wie lange weilten. Während für die Reisekaiser des Mittelalters vielfach Itinerare erstellt wurden, ist dies für die Neuzeit lediglich bei Kaiser Ferdinand I. der Fall. Vgl. Gévay, Itinerar Kaiser Ferdinand‘s I. Das Itinerar ist zum Teil fehlerhaft und unvollständig, bietet aber dennoch eine wesentliche Hilfe bei der Beurteilung der kaiserlichen Mobilität. 11 Paravicini, Europäische Hofordnungen, S. 18. 12 Duindam, Vienna and Versailles; Hengerer, Kaiserhof und Adel, siehe dort bes. die Zusammenfassung des älteren Forschungsstandes, S. 12–20, den kurzen Abschnitt über die Alltagsmobilität zwischen Sommer- und Winterresidenzen, ebd., S. 130–141; vgl. auch die Überblicke zum Kaiserhof unter Ferdinand I., Rudolf II. und Matthias von Laubach, Noflatscher und Hengerer, in: Paravicini / Wettlaufer, Höfe und Residenzen, Bd. 1, S. 373–381, 388–404; sowie die Edition der Hofstaatsverzeichnisse Rudolfs II. von Hausenblasová. Dies., Hof Kaiser Rudolfs II.
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Hofämter und deren unscharf abgegrenzte Kompetenzen vielfach eigene Recherchen nötig.13 In einem ersten Unterkapitel werden die wesentlichen Stationen kaiserlicher Auftritte für die Herrscher des Untersuchungszeitraumes nachgezeichnet, um so Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Hinblick auf das Ausmaß und die Anlässe der Mobilität herausarbeiten zu können. Das zweite Unterkapitel stellt dar, auf welchen Wegen sich der Kaiser mit seinem Hof durch das Reich bewegte, welche geographischen Räume des Reiches somit von der kaiserlichen Präsenz erfasst wurden. Zwar hielt sich der repräsentative Gestus des Kaiserhofs während der Reise selbst in Grenzen, von Seiten der Herrschaftsträger, deren Territorien man durchquerte, wurde aber durchaus ein der hohen Würde des Gastes angemessener Empfang erwartet, was gelegentlich zu Konflikten führte. Im dritten und letzten Unterkapitel wird danach gefragt, welche Hofämter für die Organisation kaiserlicher Auftritte im Reich verantwortlich waren, mit welchem personellen Umfang der Kaiserhof außerhalb seiner Residenzen auftrat und welchen materiellen Aufwand diese Reisen verursachten. Der Blick richtet sich somit auf den Kaiserhof als eine Institution, die den Herrscher bei seinen Reisen begleitete und dabei verwaltende, repräsentative und kommunikative Aufgaben übernahm. Dabei geht es nicht zuletzt um die Frage, in wie weit sich hier Prozesse der Institutionalisierung im Sinne einer normativen Regelung von Handlungskompetenzen und Repräsentationsaufwand feststellen lassen.
1. Orte der Herrschaft im Reich Im Gegensatz zu den auf die Expansion des eigenen Machtbereiches ausgerichteten Aktivitäten Kaiser Karls V., die seine Präsenz in einem Handlungsraum bedingten, der von Nordeuropa bis nach Nordafrika reichte, beschränkten sich die auswärtigen Auftritte der folgenden Kaiser auf das Reich im Sinne der deut13 Aufgrund der Überlieferungslage lassen sich nicht in jedem Fall die Zuständigkeiten einzelner Ämter klar herausarbeiten, zumal die Diskrepanz zwischen den in Hofordnungen oder Dienstbestallungen festgelegten Amtspflichten und der tatsächlichen Amtspraxis mitunter erheblich gewesen sein dürfte. Eine wichtige Grundlage für den personellen Umfang sowie die Behörden- und Ämterentwicklung bildet immer noch die Arbeit von Fellner / Kretschmayr, Österreichische Zentralverwaltung, die jedoch für die eigentlichen Hofämter nur einige Instruktionen ediert und sich auf die Entwicklung der Zentralbehörden konzentriert. Außerdem sind die Hofstaatsverzeichnisse oft gekürzt abgedruckt.
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schen Territorien und Reichsstädte sowie auf die österreichischen Erbländer und die Königreiche Ungarn und Böhmen. Denn im Vordergrund ihres politischen Handelns standen vorrangig die Absicherung der eigenen Herrschaftsgrenzen gegen die Bedrohung durch die osmanische Expansion, die Herrschaftsintensivierung in den eigenen Herrschaftsgebieten sowie die Konfliktregelung innerhalb des Heiligen Römischen Reiches. Das kurze Kaisertum Ferdinands I. zeichnete sich durch eine starke Mobilität zwischen unterschiedlichen fürstlichen Residenzen und Reichsstädten aus.14 Ferdinand I., der dem persönlichen Kontakt zu Kur- und Reichsfürsten einen hohen Wert beimaß, war bereits in seiner Funktion als Statthalter Karls V. außerordentlich stark im Reich präsent gewesen. Gleichwohl belegen die Zahl und die Länge seiner Anwesenheiten in Wien, dass ihm diese Stadt bereits in der Phase seines Römischen Königtums als Residenz gedient hatte.15 Dies gilt auch für die sechs Jahre seines Kaisertums, in denen er die längsten Aufenthalte jeweils in Wien verbrachte.16 Es lassen sich bei Ferdinand I. zwei Phasen verstärkter Mobilität feststellen, die beide im Kontext einer Herrscherinvestitur standen: Februar 1558 bis August 1559 sowie September 1561 bis Juni 1563.17 Aus Anlass seiner Erhebung zum Kaiser weilte Ferdinand vom 19. Februar bis zum 21. März 1558 in Frankfurt am Main (Tab. 2). Danach besuchte er in seiner Eigenschaft als böhmischer König den böhmischen Landtag in Prag, von wo aus er zum Reichstag in Augsburg reiste, wo er sich vom 31. Dezember 1558 bis zum 21. August 1559 aufhielt. Von Mitte September 1561 bis Anfang Oktober 1562 reiste der Kaiser wieder nach Böhmen, um die Krönung seines Sohnes Maximilian zum böhmischen König, die am 20. September 1562 stattfand, vorzubereiten. Danach begab er sich zum Wahltag nach Frankfurt am Main, wo er vom 14 Seine Regierungszeit als Kaiser begann de facto mit der Übertragung der kaiserlichen Herrschaftsgewalt durch Karl V. an seinen Bruder im Jahr 1556, formell mit dem auf dem Frankfurter Kurfürstentag am 14. März 1558 feierlich vollzogenen Akt der Resignation Karls V. und der Proklamation des neuen Kaisers. Dazu Leeb, Kurfürstentag zu Frankfurt 1558; Luttenberger, Kurfürsten, S. 17–91, bes. 40–48; Laubach, Ferdinand I. als Kaiser, S. 223–246. 15 Die Funktion Wiens als Herrschaftszentrum zeigt sich in der Ansiedlung wichtiger Reichsbehörden in der Stadt ab 1533 sowie im Ausbau der Hofburg oder etwa in der Errichtung der Stallburg als Residenz für seinen Sohn Maximilian. Dazu Opll, Ferdinand I.; Spielman, City; Csendes / Opll, Wien: Geschichte einer Stadt, Bd. 2. 16 So mit kurzen Unterbrechungen von Ende März 1558 bis Anfang November 1558; September 1559 bis Anfang September 1561; Anfang Juli 1563 bis zu seinem Tod. 17 Die beiden Jahre zwischen diesen Phasen markieren eine Phase begrenzter Mobilität, die über Jagd- oder Badeaufenthalte bzw. den Wechsel zwischen Winter- und Sommerresidenzen nicht hinausging.
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24. Oktober bis zum 6. Dezember 1562 blieb. Mit Ausnahme des ungarischen Landtages im nahe gelegenen Pressburg sowie kürzerer Bade- oder Jagdaufenthalte verließ er danach die Stadt Wien bis zu seinem Tod am 25. Juli 1564 nicht mehr. Kaiser Maximilian II., dem sein Vater am 21. April 1564 die Regierungsgeschäfte übertragen hatte, hielt sich die ersten eineinhalb Jahre seines Kaisertums vor allem in der Stadt Wien auf, die auch er als Residenz bevorzugte.18 Sein erster Auftritt im Reich war jener auf dem Augsburger Reichstag von 1566 (Tab. 2), wo er vom 20. Januar bis zum 3. Juni 1566 weilte. Nach einem kurzen Aufenthalt in Wien zur Vorbereitung des Feldzuges gegen die Türken brach der Kaiser nach Raab auf. Diese im Rahmen der Türkenkriege letzte persönliche Reise eines Kaisers ins Feldlager ist als Reaktion auf die Anwesenheit seines Gegenspielers Süleyman des Prächtigen zu verstehen.19 Durch die Ankündigung seines persönlichen Engagements hatte sich Maximilian II. außerdem positive Auswirkungen auf die Bereitschaft der Reichsstände, eine möglichst hohe Türkenhilfe zu bewilligen, versprochen.20 Zum Regensburger Reichstag von 1567, dem auch die Mehrzahl der politisch bedeutenden Reichsstände fernblieb, erschien er nicht. Dafür besuchte er vom 18. Juni bis zum 13. Dezember 1570 den Speyrer Reichstag.21 Danach wurde seine Präsenz in Wien nur durch den Besuch mehrerer Landtage unterbrochen, darunter jene, auf denen sein Sohn Rudolf zum König von Ungarn und Böhmen gekrönt wurde.22 Von Prag aus besuchte der Kaiser 1575 auch den sächsischen Kurfürsten August in Dresden. Vom 3. Oktober bis zum 4. November 1575 hielt er sich beim Wahltag in Regensburg auf, wo Rudolf II. zum Römischen König erhoben wurde. Danach reiste der Kaiser nur noch zum Reichstag in Regensburg, wo er am 17. Juni 1576 einzog und am 12. Oktober 1576 starb. Die persönliche Anwesenheit 18 Im Zusammenhang mit dem niederlausitzer Landtag hatte Maximilian II. vom 11.– 14.01.1564 das erste Mal die kursächsische Residenzstadt Dresden besucht. Dazu Rachel, Fürstenbesuche, Tl. 2, S. 229–233. 19 Der Kaiser hielt sich vom 24.08.–23.10.1566 im Feldlager bei Raab auf und kehrte am 28.10.1566 nach Wien zurück, nachdem Süleyman am 06.09.1566 bei der Belagerung von Szigetvar verstorben war, was den Rückzug der türkischen Truppen zur Folge hatte. 20 Dabei stand der als großes Spektakel inszenierte Aufbruch des Kaisers aus Wien in krassem Gegensatz zum mäßigen Erfolg dieses Unternehmens. Bibl, Maximilian II., S. 146. 21 Auf Einladung von Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz besuchte der Kaiser dabei mit anderen Reichsfürsten vom 02.–04.10.1570 die kurpfälzische Residenz Heidelberg. 22 Die Krönung Rudolfs zum böhmischen König fand kurz vor dem Regensburger Wahltag am 19.06.1575 statt.
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war dem Kaiser derart wichtig gewesen, dass er nach eigenen Aussagen selbst dann nach Regensburg hatte fahren wollen, „wenn er auch den Hals darüber lassen sollte“.23 Rudolf II., der am Todestag seines Vaters seine 35jährige Kaiserherrschaft antrat, war erst zwei Tage zuvor in Regensburg eingetroffen. Obwohl der Reichstag am 12. Oktober geendet hatte, blieb der neue Kaiser vier Wochen vor Ort, um das Leichenbegängnis für seinen Vater abzuhalten und die Überführung des Leichnams nach Prag zu organisieren.24 Da der für 1580 in Nürnberg geplante Kurfürstentag nicht zustande kam, vergingen zwischen seinem Herrschaftsantritt und seiner ersten Reise ins Reich zum Augsburger Reichstag von 1582, wo er sich vom 27. Juni bis 1. Oktober aufhielt (Tab. 2), ganze sechs Jahre.25 Nach seiner Rückkehr verlegte Rudolf II. dauerhaft seine Residenz nach Prag, das unter Karl IV. schon einmal kaiserliche Residenz gewesen war und nun erneut für diese Funktion aus- und umgebaut wurde.26 Damit verlagerte er das Zentrum seiner Herrschaft geographisch zwar näher zum Reich, jedoch nahm die Nähe zwischen Kaiser und Reichsständen keineswegs zu. Denn diese hing vor allem von der Dichte der Kommunikation zwischen beiden Seiten ab. Dass die Kommunikationsdichte im Vergleich zu Rudolfs Vorgängern abnahm, zeigt auch die Tatsache, dass dieser Kaiser nur noch den Regensburger Reichstag von 1594 persönlich besuchte, wo er vom 18. Mai bis 16. August weilte. Danach verließ Rudolf II. Prag nur noch in Ausnahmefällen.27 Die Abwesenheit von den Reichstagen, „auf denen er Kontakt zu den wichtigsten Reichsfürsten hätte 23 Zitiert nach Becker, letzte Tage, S. 7. Aufgrund seines Gesundheitszustandes hatte der Kaiser seine Anreise nach Regensburg für drei Tage in Straubing unterbrechen müssen. 24 Vgl. Becker, letzte Tage, S. 29–31. In Prag hielt sich Rudolf II. in der Folgezeit auch mehrheitlich auf. 1577 kam es zu feierlichen Ersteinzügen in erbländische Städte, darunter Breslau und Wien. Noflatscher, Rudolf II., S. 390. 25 1581 reiste er zum ungarischen Landtag. Da er mehrere Jahre dort nicht erschienen war, hatte man bezweifelt, dass der Kaiser überhaupt noch am Leben war. Lubenau, Beschreibung, S. 44. 26 Rudolf II. besaß aufgrund seiner Erziehung am spanischen Hof ohnehin keine enge Bindung zu den österreichischen Erbländern. Press, Habsburg Court, S. 33. 27 Dazu auch Press, Rudolf II. (1576–1612), S. 100, 109. Auf den Regensburger Reichstagen von 1597/98, 1603 und 1608 vertraten ihn Erzherzog Matthias und Erzherzog Ferdinand von der Steiermark. Der von Matthias entfaltete Aufwand hielt sich dabei stark in Grenzen. Er erschien 1603 in Regensburg nur mit 25 Kutschen und 145 Pferden. HStA München, Fürstensachen, Nr. 119e, fol. 145–148. Die Stärke seines Gefolges entsprach in etwa der beim Reichstag von 1582, wo er nicht als Stellvertreter des Kaisers aufgetreten war. Ebd., fol. 45–46. Erzherzog Ferdinand von der Steiermark führte hingegen 1607 ein sehr repräsentativ ausgestattetes Gefolge mit 700 Pferden mit. Dazu Gumpelzhaimer, Regensburg‘s Geschichte, S. 1039.
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pflegen, die Autorität seiner Person in die Waagschale hätte werfen können, beschleunigte den Zerfall und unterwarf Rudolfs Kaisertum einer Zerreißprobe.“28 Allerdings hatte Rudolf II. möglichst lange die Fiktion aufrechtzuerhalten versucht, er nähme persönlich am Reichstag teil.29 Denn er konnte davon ausgehen, dass bei seiner Absage auch die meisten Reichsfürsten nicht bereit waren, auf dem Reichstag zu erscheinen. Schließlich stimmten sich Kurfürsten und Reichsfürsten im Vorfeld regelmäßig über ihr Erscheinen ab. Bei einer Abwesenheit des Reichsoberhauptes erschien eine persönliche Teilnahme als wenig lukrativ. Auf dem gegen seinen Willen einberufenen Nürnberger Kurfürstentag von 1611 erschien der Kaiser schon aus diesem Grund nicht.30 Nur wenige Monate später, am 20. Januar 1612, verstarb er in seiner Prager Residenz. Die erste Reise seines Nachfolgers Matthias ins Reich führte zum Wahltag von 1612 nach Frankfurt am Main, wo er vom 5. Mai bis zum 27. Juni weilte (Tab. 2). 1613 reiste er nach Regensburg zu seinem ersten und einzigen Reichstag.31 Dort hielt er am 13. August seinen Einzug. Bereits am 26. Oktober, noch vor dem Ende dieses in politischer wie in repräsentativer Hinsicht unerquicklichen Reichstages, verließ das Kaiserpaar jedoch demonstrativ die Reichstagsstadt und kehrte nach Wien zurück.32 Im selben Jahr leitete Matthias außerdem die schrittweise Übersiedlung des Kaiserhofes von Prag nach Wien ein. In dieser Verlegung der kaiserlichen Residenz spiegelt sich die Aufwertung der österreichischen Erbländer gegenüber anderen habsburgischen Herrschaftsbereichen wider.33 In den folgenden Jahren besuchte der Kaiser lediglich Landtage, darunter den böhmischen Landtag von 1617 in Prag, auf dem sein Cousin, Erzherzog Ferdinand von der Steiermark, zum böhmischen König Ferdinand II. gekrönt wurde. Dabei unternahm er von Prag aus eine Reise in die kursächsische Residenz Dresden. Danach kehrte Matthias über Prag nach Wien zurück, wo er schon am 20. März 1619 verstarb. Betrachtet man die Stationen kaiserlicher Anwesenheit im Reich vergleichend nach ihren Anlässen, ihrer Anzahl und ihrer Dauer, so lassen sich für die vier Kaiser des Untersuchungszeitraumes folgende Tendenzen feststellen: 28 Press, Rudolf II. (1576–1612), S. 109. 29 So kündigte er den Reichsständen immer wieder schriftlich seine angebliche Anreise an. Vgl. etwa für den Reichstag von 1607 HHStA Wien, RK RTA 81, fol. 19–21. 30 Vgl. dazu Ernstberger, Nürnberger Kurfürstentag. 31 HStA Dresden, Loc. 10212/5, fol. 65. 32 Der Kaiser reiste ab, „ungeacht man noch nit allerdings ferttig“, wie die Räte Maximilians von Bayern aus Regensburg befremdet berichteten. HStA München, Fürstensachen 548, fol. 240; zur glanzlosen Abreise des Kaisers auch ebd., KÄA 3258, fol. 25. 33 Vgl. dazu Press, Habsburg Court, S. 36.
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Anders als bei ihren mittelalterlichen Vorgängern reisten sie vor allem im Zusammenhang mit Reichsversammlungen ins Reich, wobei damit im Rahmen der Hin- und Rückreise auch Einzüge in Reichsstädte und in Residenzstädte von Reichsfürsten verbunden waren. Den häufigsten Anlass für die Anwesenheit im Reich stellten die Reichstage dar, die auch in zeitlicher Hinsicht die längste Phase ununterbrochener persönlicher Präsenz im Reich verursachten. Die Verweildauer der Kaiser betrug hier zwischen etwas über zwei Monaten (Regensburg 1613) und knapp acht Monaten (Augsburg 1559). Während der kurzen Regierungszeiten Ferdinands I. sowie Matthias’ fand allerdings mit den beiden gerade genannten Ereignissen nur jeweils ein Reichstag statt, den beide Herrscher auch persönlich besuchten.34 Maximilian II. erschien auf drei von vier Reichstagen während seiner Regentschaft persönlich, Rudolf II. hingegen lediglich auf den ersten beiden von fünf Reichstagen, was den zunehmenden Rückzug dieses Kaisers aus dem Reich eindrücklich verdeutlicht. Die Herrschererhebungen in Frankfurt am Main und Regensburg dauerten dagegen nur zwischen einem Monat bei Rudolf II. bis höchstens sieben Wochen bei Matthias. Bei jenen beiden Wahlen, die vivente imperatore stattfanden, hatten die Kaiser durch diplomatische Missionen bereits im Vorfeld sichergestellt, dass die Kurfürsten den Kandidaten auch tatsächlich wählen würden; zeitaufwändige Wahlverhandlungen vor Ort waren deshalb nicht mehr nötig.35 Die Festlegung der Goldenen Bulle, die Frankfurt zum Wahlort des Römischen Königs bestimmte (Art. I.15-20), bedeutete im Grunde nur die Fixierung einer seit dem 12. Jahrhundert bestehenden Tradition.36 Durch die Einführung der Reformation 1533 war die Funktion der Stadt als Wahlstadt allerdings kurzzeitig gefährdet, da die Inkorporation des Wahlaktes in eine Heilig-Geist-Messe die Existenz einer katholischen Kirche voraussetzte.37 Als jedoch auf dem 34 Allerdings hatte Ferdinand I. als Statthalter Karls V. im Reich entweder allein oder gemeinsam mit seinem Bruder alle zwölf Reichstage zwischen 1531 und 1557 persönlich besucht. Er war mit Ausnahme des Nürnberger Reichstages von 1522 überhaupt auf allen Reichstagen seit dem Herrschaftsantritt Karls V. im Reich persönlich anwesend gewesen. Vgl. dazu Aulinger / Machoczek / Schweizer-Burian, Ferdinand I. und die Reichstage. 35 Für Rudolf II. Luttenberger, Kurfürsten, S. 176–185, allgemein Neuhaus, Königswahl. 36 Vgl. auch Goldene Bulle (Art. XXIX.1, zitiert wird im Folgenden immer die Edition von Weinrich, Quellen, S. 315–395), wo auf diese Tradition verwiesen wird. Die Wahl gerade dieser Stadt wird neuerdings auch auf die tradierte Rolle Frankfurts als Ort der Konfliktregelung auf Reichsebene zurückgeführt. So Schmieder, Pfalz Frankfurt, S. 14. Um 1350 wurde die Wahlkapelle in St. Bartholomäus erbaut, kurz nach 1400 erwarb der Frankfurter Rat den Römer und baute ihn als Versammlungsort aus. 37 Als Sanktion für den konfessionellen Ungehorsam der Stadt hatte Kaiser Karl V. die Wahl König Ferdinands I. 1531 nach Köln verlegt. Frankfurt versuchte sein Recht als
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Augsburger Reichstag 1548 auf die Initiative des Stiftkapitels mit kaiserlicher und kurmainzischer Unterstützung festgelegt wurde, dass Bartholomäuskirche und Stift als katholische Institutionen restituiert werden sollten, war dieses Problem behoben.38 Dies lag nicht zuletzt im Interesse der protestantischen Reichsstände, welche diese Lösung einer Verlegung der Wahl in eine katholische Reichsstadt vorzogen. Die Zusammenlegung von Wahl- und Krönungsort ab 1562 ermöglichte eine engere zeitliche Bindung beider Teilakte der Herrschererhebung.39 Während bei Friedrich III. und Karl V. noch über ein Jahr zwischen Wahl und Krönung gelegen hatte, betrug der zeitliche Abstand nun höchstens zwei Wochen – eine Entwicklung, die als Ausdruck des Bemühens um Herrschaftsökonomie gesehen werden kann.40 Der längste Aufenthalt eines Kaisers auf einem Wahltag, der von Matthias 1612, liegt darin begründet, dass bei diesem Erhebungsakt die Abstimmung unter den Kurfürsten vor Beginn des Wahltages weniger weit gediehen gewesen war, als dies für die vorherigen Erhebungsakte gilt. Von Reichsversammlungen unabhängige Reisen der Kaiser ins Reich waren im Untersuchungszeitraum schon eher selten. Die Reisebereitschaft der Kaiser nahm deutlich ab, weil die Einrichtung fester Residenzen in den eigenen Territorien zu einem Ausbau des kaiserlichen Hofstaates führte, der den Aufwand bei auswärtigen Auftritten erheblich erhöhte. Vor dem Hintergrund des problematischen Gesundheitszustandes aller vier Kaiser bildete auch die Vermeidung von Reisestrapazen ein wichtiges Argument gegen weite Reisen.41 So wurde der Wahltag von 1575 vor allem deshalb in Regensburg abgehalten, weil der Kaiser Wahlort wenigstens symbolisch zu bestätigen, indem es Speisen und Getränke nach Köln sendete, die aber die Kölner in einem nicht minder symbolischen Akt zum Fenster hinauswarfen. Dazu Jahns, Frankfurt am Main, S. 153. 38 Ebd., S. 196. Wenngleich in Frankfurt nach 1500 kein Reichstag mehr stattfinden sollte, so beherbergte die Stadt neben den Wahltagen zahlreiche andere Reichsversammlungen wie Städte-, Reichsdeputations- oder Kreistage. Der Augsburger Religionsfrieden legte fest, dass zur Sicherung des Landfriedens Reichsdeputationstage in Frankfurt durchgeführt werden sollten. Schindling, Wachstum und Wandel, S. 220f. 39 Die Krönung von 1562 beendete die Aachener Krönungstradition, wenngleich die erst vor Ort getroffene Entscheidung zunächst keineswegs auf eine Änderung des „Herkommens“ ausgerichtet gewesen war. Bereits die Goldene Bulle (Art. XXIX.1) sah im Falle eines „impedimentum legitimum“ eine Verlegung des Ortes vor. 40 Friedrich III.: Wahl am 02.02.1440, Krönung am 14.06.1442; Karl V.: Wahl am 28.06.1519, Krönung am 23.10.1520; allerdings Maximilian I.: Wahl am 16.02.1486, Krönung am 09.04.1486. Ferdinand I. war am 05.01.1531 in Köln gewählt und schon sechs Tage später in Aachen gekrönt worden. Ausstellungskatalog Aachen (2000), Bd. 2, o.S. Zur Bewertung der Zusammenlegung beider Akte Dotzauer, Entstehung, S. 10. 41 Vgl. allgemein Fichtner, Community of Illness.
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aufgrund seiner angegriffenen Gesundheit zu längeren Reisen nicht mehr in der Lage war. Beide Kaisereinzüge in Dresden, sowohl jener Maximilians II. 1575 als auch jener Matthias’ 1617, wurden stark von gesundheitlichen Problemen überschattet. Bei Rudolf II. kam hinzu, dass er aufgrund seiner psychischen Konstitution öffentlichen Auftritten außerhalb der eigenen Residenz zunehmend und nach dem Regensburger Reichstag von 1594 völlig aus dem Weg ging. Nicht zuletzt hing die Frage, wer sich zu wem begab, entscheidend vom Rang der jeweiligen Akteure ab. Generell galt: Der jeweils Rangniedrigere besuchte den Ranghöheren. Deshalb besuchte in der Regel nicht der Kaiser die Reichsfürsten, sondern diese erschienen am Kaiserhof, wenn ein persönliches Treffen angebracht erschien. Die Auftritte der Kaiser in reichsfürstlichen Residenzen stellen deshalb Ausnahmen dar, die der Bedeutung der zu verhandelnden Materien wie auch dem hohen sozialen Rang des Gastgebers und seinem politischen Gewicht im Reich geschuldet waren.42 Mit einer Dauer bis zu zweieinhalb Wochen fielen die Aufenthalte deutlich kürzer aus als jene bei Reichsversammlungen.43 Wie weit der Kaiser ins Reich kam, in wie viele Reichs- oder Residenzstädte er einzog oder wie viele Territorien er dabei passierte, hing deshalb entscheidend vom Ort einer Reichsversammlung ab. Hatten die Reichstage unter Karl V. noch in fünf verschiedenen Reichsstädten stattgefunden, so konzentrierten sich die elf Reichstage des Untersuchungszeitraumes auf die drei Reichsstädte Augsburg (3), Regensburg (7) und Speyer (1).44 Ausschlaggebend für die Wahl eines Ortes waren in der Regel mehrere Faktoren, die sich unter den Schlagworten Konfession, Erreichbarkeit, Kapazität und Seuchengefahr zusammenfassen lassen. Die endgültige Entscheidung für eine bestimmte „Malstadt“ traf der Kaiser selbst.45 Da er jedoch stark am persönlichen Erscheinen der „Säulen 42 Die kursächsische Residenz war von Prag aus mit vergleichsweise geringem Aufwand zu erreichen. Alle anderen Besuche fürstlicher Residenzen fanden im Rahmen von Reichsversammlungen statt. Gelegentlich kam es unterwegs zu Herrschertreffen, wobei in diesen Fällen der zeremonielle Aufwand stark in Grenzen gehalten wurde. So traf sich etwa Ferdinand I. am 31.03.1558 in Ingolstadt mit Albrecht V. von Bayern; Maximilian II. am 16.06.1570 in Sinsheim mit August von Sachsen, der nicht am Speyrer Reichstag teilnahm. 43 Der zweieinhalbwöchige Aufenthalt von Kaiser Matthias in Dresden war eigentlich kürzer geplant gewesen, der Kaiser erkrankte aber in der sächsischen Residenz und war deshalb nicht reisefähig. 44 Gerade im Zusammenhang mit den Reichstagen der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts waren allerdings regelmäßig noch andere Versammlungsorte diskutiert worden. Vgl. etwa für 1566 Lanzinner, Reichstag zu Augsburg 1566, S. 83f. 45 Beim ersten Reichstag war der Kaiser an die Zustimmung der Kurfürsten gebunden, wenn der Reichstag nicht in Nürnberg stattfand. Vgl. auch Rauch, Traktat über den Reichstag, S. 44.
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des Reiches“ auf dem Reichstag interessiert war, nahm er auch Rücksicht auf die Interessen der Kurfürsten. So waren die rheinischen Kurfürsten zumeist den für sie günstig gelegenen Tagungsorten Frankfurt am Main, Speyer oder Worms zugeneigt, während die Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen eher Nürnberg, Augsburg oder Regensburg bevorzugten.46 Die Goldene Bulle (Art. XXIX.1) schrieb zwar die Reichsstadt Nürnberg als Austragungsort des ersten Reichstages unter einem neuen Kaiser vor, allerdings war diese Vorgabe letztmals unter Albrecht II. mit dem Reichstag von 1438 eingehalten worden.47 Gegen Nürnberg, das nach Einführung der Reformation nur noch den Reichstag von 1544 beherbergte, obwohl sich die Stadt durch ihre Lage und ihre Aufnahmekapazität sehr gut als Reichstagsort eignete, sprachen im Wesentlichen konfessionelle Gründe.48 Dagegen konnten in der Reichsstadt Regensburg ohne Probleme beide Konfessionen ausgeübt werden. Dazu war die Stadt deutlich näher an der osmanisch-habsburgischen Grenze gelegen, so dass der Kaiser bei Bedarf schnell in seine Erbländer zurückkehren konnte. Außerdem sprachen die geringeren Kosten und die bequemere Anreise per Schiff oder auf einem vergleichsweise kurzen Landweg für Regensburg.49 Aus diesen Gründen setzte sich diese Reichsstadt ab dem 17. Jahrhundert dauerhaft als Reichstagsort durch. Für eine weitgestreute Präsenz des Kaisers im Reich hatte diese Wahl negative Folgen, da der Kaiser auf seiner Anreise über die Donau nur noch das Hochstift Passau und das Herzogtum Bayern, auf dem Landweg lediglich Bayern durchquerte.50 46 Die Ablehnung von Worms durch Friedrich III. von der Pfalz 1566 lag in den aktuellen Konflikten mit dem Hochstift Worms begründet. Dazu Lanzinner, Reichstag zu Augsburg 1566, S. 85, 119; Lanzinner, Reichstag Speyer 1570, Teilbd. 1, S. 151. 47 Vgl. auch Wahlkapitulation Karls V., Art. 14 (bei Ferdinand I. und Rudolf II.: Art. 11; Maximilian II.: Art. 12). Rauch, Traktat über den Reichstag, S. 44. 48 Zu den Gründen der Kaiser im 16. Jahrhundert, ihren ersten Reichstag nicht in Nürnberg abzuhalten, siehe auch Neuhaus, Realität und Romantik, S. 61–63. 49 So bemerkt etwa der Speyrer Bischof in seinem Schreiben an den Kurfürsten von Mainz, durch Verlegung des Versammlungsortes würde der Kaiser etliche 100.000 Gulden sparen. HHStA Wien, MEA RTA 107a, Schreiben 109 vom 06.11.1612. Vgl. dazu auch Bader, Regensburg, S. 80; Schmid, Regensburg – Freie Reichsstadt, S. 38–46. 50 Dies galt auch für Augsburg. Lediglich auf dem Weg nach Speyer zog der Kaiser durch eine Vielzahl von Territorien und Reichsstädten. Dass diese Reichsstadt, die im 16. Jahrhundert als Austragungsort von vier Reichstagen fungiert hatte, im Hinblick auf die Aufnahmekapazität und die Versorgung den Anforderungen kaum gewachsen war, dokumentierte der Reichstag von 1570. Er blieb vielen Beteiligten durch die Raumnot und die extremen Preissteigerungen in Erinnerung. Dabei war die Zahl der Besucher durch das Fehlen all jener Fürsten, die mit dem stärksten Gefolge zu Reichsversammlungen anreisten (Kursachsen, Bayern, Brandenburg, Württemberg, Jülich), deutlich geringer
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Von den vier Erhebungsakten des Untersuchungszeitraumes fanden drei in Frankfurt am Main und einer in Regensburg statt. Gegen die Verlegung der Wahl von 1575 nach Regensburg protestierte der Frankfurter Rat schriftlich bei Kaiser und Kurfürsten, woraufhin ihm in einem Revers seine Funktion als Wahlort bestätigt wurde.51 Für den Kurfürstentag von 1558 waren im Vorfeld auch andere Reichsstädte als Austragungsorte diskutiert worden.52 Da die Proklamation Ferdinands I. zum Reichsoberhaupt ohne Vorbild war, galten hier weder die Bestimmungen der Goldenen Bulle über die Ortswahl bei Herrschererhebungen, noch konnte das Herkommen als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden. Bezeichnenderweise wurde das Argument, dass es sich bei diesem Akt um einen der Königswahl analogen Vorgang handle, weshalb nur Frankfurt am Main als Austragungsort in Frage komme, zuerst von Friedrich III. von der Pfalz ins Spiel gebracht.53 Damit verbunden war der explizite Anspruch auf eine Mitwirkung der Kurfürsten an diesem Akt, die Kaiser Karl V. gerade hatte vermeiden wollen, da Ferdinand aus seiner Perspektive bereits durch die 1531 vollzogene Herrschererhebung als Nachfolger hinreichend legitimiert war. Bei der Herrschererhebung Maximilians II. von 1562 fand entgegen der Goldenen Bulle auch die Krönung in Frankfurt am Main statt. Mit der ungünstigen Witterung, dem Tod des Kölner Kurfürsten und der weit im Westen befindlichen Lage Aachens gab es triftige Gründe, die für eine Verlegung sprachen, weshalb diese keineswegs als Ausdruck der Höherbewertung der Wahl zu bewerten ist.54 Die Wahl und Krönung Rudolfs II. 1575 fand auf kaiserliche Initiative in Regensburg statt. Die erneute Verlegung, die nun sogar beide Akte betraf, war zunächst auf den Widerstand der geistlichen Kurfürsten gestoßen und hatte sich
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als sonst. Dennoch stellte die Unterbringung und Verpflegung von 4.000 bis 5.000 Menschen für eine Stadt mit 8.000 Einwohnern und 800 Häusern eine erhebliche Belastung dar. Ähnlich war die Lage in Worms, das als Reichstagsort auch noch gelegentlich diskutiert wurde. Vgl. Lanzinner, Reichstag zu Speyer 1570, Teilbd. 1, S. 151f. ISG Frankfurt am Main, Rst. F., RP 1562, fol. 46’–47’, 74: Ratsbeschluss vom 20.10.1575, Revers im Rat verlesen am 01.03.1576. Genauso protestierten ab 1562 regelmäßig die Stadt Aachen und das Aachener Domkapitel gegen die Verlegung des Krönungsortes. Dazu Herkens, Anspruch Aachens. Vgl. im Folgenden Luttenberger, Kurfürsten, S. 17–34, 40–48, hier 24. Obwohl zunächst weder die übrigen Kurfürsten, noch Ferdinand I. der Argumentation Friedrichs III. von der Pfalz beigepflichtet hatten, begründete der Kaiser seine Entscheidung für Frankfurt am Main gegenüber den Kurfürsten am Ende tatsächlich mit der Vergleichbarkeit beider Akte. Leeb, Kurfürstentag zu Frankfurt 1558, S. 157. Duchhardt, Krönungen, S. 638. Ferdinand I. ging noch am 5. September 1562 von Aachen als Krönungsort aus. HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 34f.
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nur mit Unterstützung der Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen durchsetzen lassen.55 Erst die Krönung Matthias’ 1612 bedeutete eine Entscheidung für Frankfurt am Main als Krönungsort, wenngleich dieser im 17. Jahrhundert „aus bewegenden Ursachen“ mehrfach umgangen wurde.56 Bei jeder Verlegung supplizierten die betroffenen Städte an Kaiser und Kurfürsten und forderten die Einhaltung der Goldenen Bulle.57 Daraufhin wurden regelmäßig per Revers formal die Rechte dieser Reichsstädte und damit die Geltung der Goldenen Bulle bestätigt.58 Mit dem neuen Krönungsort verbunden war eine Einschränkung der kaiserlichen Präsenz im Reich im Hinblick auf deren geographische Reichweite, denn nun erübrigte sich der Krönungszug nach Aachen, auf dem die Kaiser in eine Vielzahl weiterer Territorien und Reichsstädte eingezogen waren.59
2. Wege durch das Reich In der Regel zogen die Kaiser auf der Route, die sich im Hinblick auf den Zustand von Wegen und potentiellen Unterkünften, die Versorgungslage sowie die Vermeidung der Seuchengefahr am meisten empfahl, zum Austragungsort des 55 HHStA Wien, MEA WaKr 6, fol. 258–260 und 291f. 56 Die Krönungen Ferdinands III. 1636 und Ferdinands IV. 1653 fanden in Regensburg, die Krönung Josephs I. 1690 in Augsburg statt. 1612 sprachen die konfessionellen Unruhen gegen eine Krönung in Aachen. 57 Aachen hatte sich 1562 beim Kaiser „zum höchsten beschwerdt und gebetten, die sachen bey dem alten herkhommen bleiben zu lassen.“ Man wies explizit darauf hin, dass sich Karl V. sogar trotz der Pestgefahr 1520 in Aachen habe krönen lassen. Edelmayer, Krönungen Maximilians II., S. 149; vgl. außerdem den Aachener Protest in HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 89, Reaktion Ferdinands I. ebd., fol. 124. Dazu auch Herkens, Anspruch Aachens; Reuter-Pettenberg, Bedeutungswandel, S. 19. Vgl. zu Frankfurt am Main für die Wahl und Krönung von 1575 die Korrespondenz zwischen der Reichsstadt und Maximilian II. in HHStA Wien, MEA WaKr 7, fol. 5–13. 58 HHStA Wien, MEA WaKr 11, fol. 273–279. Die Verlegung des Krönungsortes führte zum Krönungsstreit zwischen Kurköln und Kurmainz, da der neue Krönungsort in der Mainzer Diözese lag. Die erbitterte Auseinandersetzung ist hier nicht von Bedeutung, da der Kölner Erzbischof bei keiner der drei Krönungen die Priesterweihe besaß und somit nicht konsekrationsfähig war. Allerdings begründete Kurmainz sein Krönungsrecht im 17. Jahrhundert auch mit der Gewohnheit und verwies dabei auf die Krönungen von 1562, 1575 und 1612, was zeigt, dass jede Abweichung von der Regel einen Präzedenzfall schaffen konnte, der das geltende Recht in Frage stellte. Dazu Wallner, Krönungsstreit; Sellert, Bedeutung der Krönung. 59 So hatte sich etwa Herzog Wilhelm von Jülich-Cleve-Berg 1562 schon auf einen Besuch Kaiser Ferdinands I. und König Maximilians II. vorbereitet. Bers, Staatsbesuch.
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Ereignisses.60 Dabei verliefen die Reisewege zumeist entlang der großen Reichsstraßen, wobei darauf geachtet wurde, dass man in gewissen Abständen größere Reichsstädte oder fürstliche Residenzen passierte, in denen der Kaiser mit einem größeren Komfort rechnen durfte und in denen er einen Ruhetag einlegen konnte, um sich von den Reisestrapazen zu erholen. Wenn möglich, reisten die Kaiser per Schiff, weil dies die bequemste Form der Fortbewegung darstellte. Die Entfernung der einzelnen Reiseetappen voneinander lag zumeist zwischen drei und fünf Meilen; längere Wegstrecken pro Tag bewältigte der kaiserliche Tross nur selten.61 Die Aufstellung der Nachtlager und das Furierverzeichnis wurden wenige Wochen vor Aufbruch des Hofes an die vom Durchzug betroffenen Territorien und Reichsstädte geschickt, damit diese die nötigen Vorbereitungen treffen konnten. Dabei bat der Kaiser gleichzeitig um freies Geleit für sich und seinen Tross durch das jeweilige Herrschaftsgebiet. Von Wien oder Prag kommend passierten die Kaiser zumeist nur eine begrenzte Anzahl von Reichsstädten und Territorien. Eine Ausnahme stellt die Rückreise Ferdinands I. vom Wahltag in Frankfurt am Main 1562 nach Wien dar, auf welcher der Kaiser in eine Vielzahl süddeutscher Reichsstädte einzog.62 Hintergrund dieser ‚Rundreise‘ durch das Reich war der auf den 29. Dezember 1562 ausgeschriebene österreichische Landtag in Freiburg im Breisgau, wo der Kaiser sich vom 23. Dezember 1562 bis zum 7. Januar 1563 aufhielt.63 Da Ferdinand diese Region seit Antritt seines Kaisertums 1558 nicht mehr besucht hatte, fanden all diese Einzüge in feierlicher Form statt.64 Seine beiden Nachfolger nahmen gelegentlich Umwege in Kauf, um politisch einflussreiche und befreundete Reichsfürsten aufsuchen zu können. So hielten sich Maximilian II. und Rudolf II. auf dem Weg zu ihren ersten Reichstagen in Augsburg einige Tage in den bayrischen Residenzen Landshut und München auf.65 Matthias reiste dagegen 1613 auf der kürzesten Landroute von Wien über Eferding, Schärding, 60 Vgl. dazu allgemein Eltz, Reise zum Reichstag. 61 Vgl. etwa die Nachtlagerverzeichnisse für Kaiser und Kurfürsten in HStA Dresden, Loc. 10289/28. Sie enthalten Angaben zu den Aufenthaltsorten, den jeweiligen Daten für den Aufenthalt und den dafür zurückzulegenden Wegstrecken. 62 Einritt in Speyer (10.12.1562), Landau (14.12.1562), Weißenburg (15.12.1562), Hagenau (16.12.1562), Straßburg (18.12.1562), Colmar (21.12.1562), Überlingen (21/23.01.1563), Ravensburg (24.01.1563) und Wangen (25.01.1563). Länger hielt sich Ferdinand I. darüber hinaus in Konstanz auf (14.01.–21.01.1563). 63 Dazu ausführlich Kohler, Ferdinand I. 1503–1564, S. 286–303. 64 Dazu Frieß, Kaiser; sowie Kap. II.1.c. 65 Rudolf II. reiste über Linz, Schärding, Pfarrkirchen, Landshut, Freising und München nach Augsburg. Reiseroute des Kaisers in HStA Dresden, Loc. 10289/28, fol. 197.
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Fürstenzell, Osterhofen und Straubing zum Reichstag nach Regensburg.66 Zwar hätte ein Besuch in München einen größeren Umweg bedeutet als bei seinen beiden Vorgängern, der entscheidende Grund für den Verzicht dürfte jedoch das aktuell gestörte Verhältnis des Kaisers zu Maximilian I. von Bayern gewesen sein. Die Tradition des Krönungsumrittes, der allerdings auch schon im Mittelalter keineswegs alle neu gekrönten Kaiser gefolgt waren, geriet in der Neuzeit gänzlich außer Gebrauch.67 Ansätze finden sich lediglich bei Maximilian II., der nach seiner Krönung am 30. November 1562 zunächst Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz in Heidelberg, Herzog Christoph von Württemberg in Stuttgart und Herzog Albrecht V. von Bayern in Augsburg besuchte – ein Besuchsprogramm, das die Residenzen führender Vertreter aller drei Konfessionen im Reich umfasste und den auf konfessionellen Ausgleich ausgerichteten, kommunikativen Führungsstil dieses zukünftigen Reichsoberhauptes vorwegnahm.68 Ferdinand I. besuchte 1558 auf seiner Rückreise von Frankfurt am Main die auf dem Weg gelegenen Reichsstädte Rothenburg ob der Tauber, Dinkelsbühl, Nördlingen, Donauwörth und Regensburg.69 Weitere Stationen waren die kurmainzische Residenz in Aschaffenburg, die Residenz des Deutschmeisters in Mergentheim sowie Ingolstadt, wo der Kaiser von Albecht V. von Bayern empfangen wurde. Matthias zog auf seiner Rückreise von Frankfurt am Main 1612 in die Reichsstädte Rothenburg ob der Tauber und Nürnberg ein. Außerdem besuchte er auf Einladung der betreffenden Reichsfürsten die fürstlichen Residenzen Aschaffenburg, Würzburg und Ansbach.70 Der logistische Aufwand der Kaiserreisen war beträchtlich, nicht nur für den Kaiserhof, sondern auch für die vom Durchzug betroffenen Herrschafts66 Reiseroute des Kaisers in HStA Dresden, Loc. 10212/5, fol. 65. 67 Vgl. dazu Schmidt, Umritt. 68 Allerdings vertrat der Pfälzer Kurfürst sein calvinistisches Bekenntnis in diesem Zeitraum noch nicht offen. Der neue Römische König besuchte auch seinen ehemaligen Lehrer Sebastian Pfauser in Günzburg. Der längste Aufenthalt fand in Augsburg (Weihnachtstag 1562 bis Anfang März 1563) statt. Danach schloss sich der feierliche Einzug in Wien am 16.03.1563 an. Vgl. dazu Rudolph, Humanistische Feste, S. 173–175. 69 Aschaffenburg (22.03.1558), Mergentheim (24.–25.03.1558), Rothenburg o.d.T. (26.03.1558), Dinkelsbühl (27.03.1558), Nördlingen (28.03.1558), Donauwörth (29.03.1558), Ingolstadt (31.03.1558), Regensburg (03.04.1558), Reiseplan in HHStA Wien, MEA WaKr 3c, fol. 89; vgl. dazu Leeb, Kurfürstentag in Frankfurt 1558, S. 157. Der Plan wurde mit der Verschiebung um einen Tag weitgehend eingehalten. 70 Aufenthalt in Rothenburg o.d.T. (09.07.1612), Nürnberg (12.–17.07.1612), Aschaffenburg (03.07.1612), Würzburg (05.–08.07.1612) und Ansbach (10.–11.07.1612), Reiseroute in HHStA Wien, MEA WaKr 9, fol. 123.
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gebiete. Dies kann am Beispiel der Reise Maximilians II. auf den Reichstag von Speyer 1570 durch pfalz-neuburgisches Gebiet illustriert werden. Da ein Aufenthalt des Kaisers ein seltenes Ereignis war, bestanden vor Ort keine klaren Vorstellungen, welche Vorkehrungen zu treffen waren. Der junge Pfalzgraf Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg beauftragte deshalb zunächst einen seiner Räte, in den Akten über vorhergehende Kaiserdurchzüge nachzusehen, welches Verfahren in der Vergangenheit angewendet worden sei.71 Der Rat schlug vor, der Pfalzgraf solle den Kaiser durch Landadlige an der Landesgrenze empfangen und mit Lebensmitteln beschenken lassen.72 Er selbst solle dem Kaiser als Akt der Ehrerbietung eine Strecke entgegen reiten, diesen mit einer feierlichen Rede empfangen und dabei die Schlüssel des Schlosses präsentieren, welche der Kaiser allerdings nicht annehmen werde. Den kurzen Sprechakt, der sich einerseits durch demonstrative Unterwürfigkeit gegenüber dem Kaiser auszeichnete, mit der rhetorischen Abwertung des repräsentativen Sulzbacher Schlosses aber andererseits gerade dessen Qualitäten herausstreichen sollte, formulierte der Rat aus.73 Im Gegensatz zu seinem Gefolge solle der Kaiser freigehalten werden.74 Der Pfalzgraf, der den Kaiser anschließend nach Nürnberg begleitete und dort gemeinsam mit diesem feierlich einzog, hielt sich offenbar weitgehend an die Vorschläge seines Rates.
71 HStA München, Fürstensachen 1063, fol. 3. Außerdem informierte der Pfalzgraf seinen Amtsverwalter sowie Bürgermeister und Rat der Stadt Sulzbach vom bevorstehenden Einzug des Kaisers. Allerdings betonte der Rat eingangs seines Gutachtens extra, dass sich „die breuch Unnd Ceremonien In disen dingen wunderbarlich Endern“. Offenbar nahm er die eigene Zeit als eine Umbruchphase des Herrschaftszeremoniells wahr, in der eine enge Orientierung an der Tradition nicht mehr in jedem Fall Schutz vor zeremoniellen Pannen bieten musste. HStA München, Fürstensachen 1063, fol. 5; im Folgenden ebd., fol. 5–9, 32, Reiseroute des Kaisers ebd., fol. 22. 72 Außerdem sei zunächst zu klären, wie viele Personen einträfen, welche Vorstellungen über die Unterbringung der kaiserlichen Familie im Schloss bestünden und notfalls entsprechende bauliche Veränderungen einzuleiten. Dies zeigt, dass bei diesen Gelegenheiten ein beträchtlicher Aufwand betrieben wurde. 73 „EFG wer von Hertzen erfreuet das Ihr Maiestat, Ihren Weg auff EFG Arm Fürstenthumbt Zugenomen, unnd wollten EFG nichts Liebens dann das Sie Ihr Maiestat In allem Zum besten Tractiren möchte, Ihr Maiestat müssten aber mit einer Pauhen herberg, aber doch einem underthenigsten guttwilligen Diener unnd Würt vor gut nehmen, Unnd Ihr Maiestat Sulzbach und alles was darin offen und bevohr stehn, Unnd thetten sich EFG Ihrer Kaißerlichen Maiestat sampt den Ihren Underthenigst bevehlen.“ Ebd. 74 Die „anderen Fürsten, grosse Bevelchsleut, auch fürneme gelerte Räth“ sollten hingegen je nach Stand mit Wildbret, Fischen, Wein und Hafer beschenkt werden. Das gemeine Hofgesinde müsse seine Unterkunft und Versorgung selbst bezahlen. Ebd.
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War das politische Verhältnis zwischen Gast und Gastgeber empfindlich gestört, gestaltete sich der Durchzug des Kaisers weitaus konfliktreicher – vor allem dann, wenn es sich um einen hochrangigen Reichsfürsten handelte, schließlich konnte sich dieser ein despektierliches Verhalten gegenüber dem Kaiser eher leisten als ein minderbedeutender Reichsstand. So verzichtete Maximilian I. von Bayern während des Durchzuges von Kaiser Matthias zum Regensburger Reichstag von 1613 durch das Herzogtum Bayern darauf, den Kaiser persönlich durch Bayern zu geleiten. Zu allem Überfluss ließ sich auch der als Vertreter bestimmte Herzog Albrecht von Bayern aufgrund eines Unwohlseins entschuldigen, weshalb Matthias an der bayrischen Grenze wenig reputierlich nur von einigen Räten empfangen wurde.75 Da der Herzog kurz darauf bei einer Hirschjagd erschien, kam der über diese Behandlung besonders erboste kaiserliche Obersthofmarschall Wolf Sigmund von Losenstein zu dem nahe liegenden Schluss, bei der vorgebrachten Entschuldigung handele es sich um einen „schwindl“, eine Überzeugung, die er in Regensburg auch noch „offentlich“ vertrat.76 Ebenso geißelten Amtsträger des Kaiserhofes die als völlig unzureichend empfundene Versorgung mit Proviant und Futtermitteln durch den bayrischen Herzog als höchste Schmach.77 Damit wurde die Lage für Maximilian prekär, denn eine vom Kaiserhof betriebene Herabsetzung seiner Person vor der Öffentlichkeit des Reichstags konnte nicht in seinem Interesse liegen. Der Herzog ging deshalb zum Gegenangriff über und beauftragte seine nach Regensburg abgeordneten Räte mit einer entsprechenden ‚Öffentlichkeitsarbeit’. So sollten sie publik machen, dass sich das kaiserliche Gefolge beim Durchzug in Straubing „nit pro imperiali reputatione“ verhalten, sondern gewaltsam Eigentum von bayrischen Untertanen 75 Zum Verhältnis zwischen Matthias und Maximilian von Bayern vgl. BA, Bd. 11, S. 550. Auch der kurpfälzische Rat Ludwig Camerarius bemerkte gegenüber Christian von Anhalt, zwischen Kaiser und Bayern sei keine „grosse vertreuiigkeit“. Ebd., S. 669. 76 Im Folgenden BA, Bd. 11, S. 546f. Auch Melchior Klesl beschwerte sich bei dem päpstlichen Legaten Carlo di Madruzzo über den miserablen Empfang in Bayern. 77 Maximilian hatte seine Räte instruiert, die kaiserliche Familie mit ihren unmittelbaren Bediensteten freizuhalten, aber nur, solange sie sich nicht länger an einem Ort aufhielte. Wie viele Personen man von bayrischer Seite dazu rechnete, lässt sich anhand der an den Hof gelieferten Lebensmittel ersehen. So wurden für die kaiserliche Tafel drei Gänge je 100 „auserlesner spaisen“, für die Tafeln der kaiserlichen Kammerherrn, der Räte und den Hofstaat der Kaiserin zwei Gänge je 60 „gueter speisen“ geliefert, darüber hinaus weitere drei Rundtafeln mit jeweils 30 Speisen sowie Wein und Fütterung für den kaiserlichen Stall. Dafür, dass der Kaiser mit diesen Rationen nicht auskam, hatte der bayrische Herzog auch gleich eine Erklärung parat: „daran ist nimbts als I. Mt. aigne laidt oder die schlechte ordnung der irigen daran schuldig“. BA, Bd. 11, S. 654.
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entwendet habe. Außerdem sollten sie verbreiten, dass das Herzogtum Bayern gerade dafür gerühmt werde, wie sehr es die „leidt zu tractiern“ wisse.78 Der Herzog habe sich dem Herkommen gemäß verhalten und Kaiser Matthias dieselben Vergünstigungen gewährt wie sein Vater einst Rudolf II. 1582 auf der Reise zum Reichstag nach Augsburg, zumal die Reichsgesetze gar nicht festschrieben, dass Bayern den Kaiser bei einem Durchzug freihalten müsse.79 Dagegen sei bekannt, dass das „Hauss Oestereich vnd die khayserischen sich diser gebreuch oder herkhommen sowol zue erzaigung irer grandeza alss bekhlaidung irer vnmüglikheit wol zu gebrauchen“ wissen.80 Damit brachte der bayrische Herzog den Sachverhalt treffend auf den Punkt: Durch eine spendable Gastfreihaltung wäre nicht nur die „Grandezza“ des Kaiserhauses wirkungsvoll zum Ausdruck gebracht worden, vielmehr hätte der notorisch klamme Kaiser auch Kosten sparen können.81 Die bayrischen Räte sollten dem Kaiserhof deshalb deutlich machen, dass Matthias in Bayern keinerlei Sonderbehandlung zu erwarten hatte. Auf diese Weise wurde der herausgehobene Status des Kaisers als Reichsoberhaupt, der ja gerade eine zeremonielle Sonderbehandlung verlangte, ganz bewusst negiert. Maximilian I. von Bayern bewertete die „österreichischen“ Beschwerden ohnehin als vollkommen ungerechtfertigt und vielmehr als ein klares Zeichen der ablehnenden Haltung des Kaiserhofes gegenüber seiner Person. So schrieb er an seine Räte: „Wir haben übrigens nicht gehört, dass man sich über die Traktation 78 Im Folgenden BA, Bd. 11, S. 653–655. 79 Der Augsburger Chronist Georg Kölderer berichtet zwar, Rudolf II. sei von Wilhelm V. von Bayern bei der Durchreise kostfrei gehalten worden, was aber nicht zutraf. SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 33. Vgl. dazu das Schreiben des Herzogs an seinen Amtsverwalter in Landshut vom 29.05.1582, in dem diesem aufgetragen wird, den Gästen Nachtlager, Proviant, Futter und auch Fuhren „gegen gebürlicher zimlicher bezalung“ zur Verfügung zu stellen. HStA München, Fürstensachen 125, fol. 54. 80 BA, Bd. 11, S. 654. Wie sehr der Herzog darauf bedacht war, durch diese Angelegenheit nicht in schlechtes Ansehen bei anderen Reichsständen zu geraten, zeigt die Tatsache, dass er seinen Räten befahl, den Reichserbmarschall als Trunkenbold zu verunglimpfen, weil dieser behauptet hatte, der Kaiser sei in Bayern lediglich mit Brot und Wein abgespeist worden. Da half es wenig, dass Maximilian von Pappenheim am nächsten Tag behauptete, seine Äußerung sei nur ein Scherz gewesen und das bayrische Verfahren zeige vielmehr, dass Maximilian als Landesherr „wol hausen“ könne, ganz im Gegensatz zum Kurfürsten von Mainz, der durch die Freihaltung des Kaiserhofs in Frankfurt 1612 eine Million Goldgulden ausgegeben habe. Dies dürfte eine Übertreibung sein, denn eine solche Ausgabe hätte den Kurfürsten vor erhebliche Probleme gestellt. Ebd., S. 657. 81 Der Herzog spricht explizit von der „östereichische[n] schmorotzerei“. BA, Bd. 11, S. 655. Möglicherweise war mit „vnmüglikheit“ auch politisches Unvermögen gemeint, das der Kaiser durch besonderen Pomp zu verdecken versuchte.
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zu Passau, die kalt genug, ja gar nichts gewesen sein soll, beklagt hat und ziehen daraus die Folgerung, in welcher ‚Recommendation‘ wir am Kaiserhof stehen.“82 Dies zeigt, wie genau die Reichsfürsten beobachteten, wie andere Reichsstände den Kaiser empfingen. Die verbale Eskalation verdeutlicht zudem, wie vergiftet die Atmosphäre zwischen dem Kaiserhof und führenden Reichsständen in dieser Phase war, auch wenn die bayrischen Räte diese Äußerungen in Regensburg diplomatisch abgeschliffen haben dürften. Auf der Rückreise verließ der Kaiser sein Schiff demonstrativ nur ein einziges Mal zum Besuch einer Kirche in Niederaltach.83 Als besonders konfliktträchtig erwies sich bei kaiserlichen Durchzügen die Frage des Herrschergeleits.84 Der Besitz von Geleitsrechten und deren genauer Umfang waren zwischen benachbarten Herrschaftsträgern häufig umstritten. So kam es bei der Reise Rudolfs II. auf den Regensburger Reichstag von 1594 an der bayrisch-böhmischen Grenze zu einem hitzigen Streit zwischen den 500 böhmischen Reitern, die den Kaiser von Prag bis dahin geleitet hatten, und den 100 bayrischen Geleitsreitern, die den Kaiser dort im Auftrag des bayrischen Herzogs erwarteten.85 Der Kaiser vermied die drohende Eskalation des Konfliktes schließlich dadurch, dass er für das strittige Gebiet auf jedes Geleit verzichtete, um nicht durch den Vollzug neue rechtserhebliche Tatsachen zu schaffen. Das frühneuzeitliche Geleit, vor allem die damit verbundenen Hoheitskonflikte zwischen unterschiedlichen Herrschaftsträgern, füllen unzählige Regalmeter der Archivbestände zum Alten Reich; dennoch stellen die konkreten Praktiken seiner Ausübung immer noch ein Forschungsdesiderat dar. Dabei verkörperte die Ausübung des Geleitsrechtes einen performativen Akt, bei dem der regelmäßige Vollzug Hoheitsrechte begründete und nicht etwa nur symbolisierte, weshalb auf die damit verbundenen Konflikte erneut im Zusammenhang mit den ausgewählten Fallbeispielen im nächsten Kapitel eingegangen werden wird. Die aus der Perspektive der Beteiligten hohe Bedeutung des Geleits erklärt ihr ostentatives Insistieren auf der Durchsetzung ihrer Ansprüche, das mitunter auch den Reiseablauf des Kaiserhofes verzögerte. Sieht man von dieser Frage sowie von jenen Fällen ab, in denen das Verhältnis zwischen 82 Zitiert nach BA, Bd. 11, S. 550. 83 Vgl. die summarische Rechnung der Kostfreihaltung des Kaisers auf seiner Rückreise in HStA München, Fürstensachen 548, fol. 239. 84 Dazu die älteren Arbeiten von Haferlach, Geleitswesen; Ruppersberg, Nürnberg–Frankfurt Geleit; Schaab, Geleit; Otto Nussbaum, Geleit, in: RAC, Bd. 9, Sp. 908–1949; Bernhard Koehler, Art. „Geleit“, in: HRG, Bd. 1 (1971), Sp. 1481–1489. 85 Vgl. dazu den Druck: Beschreibung des glueckseligen Einzugs (1594).
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dem Kaiser und der territorialen Obrigkeit stark gestört war, verlief die Mehrzahl der kaiserlichen Durchzüge durch das Reich im Untersuchungszeitraum allerdings weitgehend konfliktlos.86
3. Der Kaiserhof als mobile Institution Der Kaiserhof stellte ein ausgesprochen komplexes soziales Gebilde dar – unabhängig davon, ob man ihn als juristisch-institutionelle Einheit, als Kommunikationszusammenhang oder mithilfe räumlicher Kriterien zu definieren versucht.87 Den zentralen Bestandteil des Kaiserhofes verkörperte der kaiserliche Hofstaat, bei dem zwischen einem Hofstaat im engeren und einem im weiteren Sinne unterschieden werden kann.88 Ersteren bildeten die mit der Hofverwaltung betrauten Hofämter; zum Hofstaat im weiteren Sinne sind hingegen auch die Beamten der Zentralbehörden sowie weitere Personengruppen zu rechnen, die keinem Amt und keiner Behörde eindeutig zugeordnet waren.89 Außer dem kaiserlichen Hofstaat selbst gab es die deutlich kleineren Nebenhofstaaten der am Kaiserhof lebenden Familienmitglieder, so etwa jenen der Kaiserin.90 In ihrer Funktion als böhmischer und ungarischer König unterhielten die Kaiser einen böhmischen und einen ungarischen Hofstaat, wenngleich der ungarische im Reich wenig in Erscheinung trat. Darüber hinaus gab es mit den Bediensteten der Hofangestellten, den Gesandten auswärtiger Herrschaftsträger, Künstlern, Gelehrten oder auch Gewerbetreibenden weitere bei Hof dauerhaft oder länger86 Gelegentlich kam es etwa zu Streitigkeiten zwischen dem kaiserlichen Hofgesinde und lokalen Wirten über die Preise von Lebensmitteln und Unterkunft. Bei kleineren Territorien ging der Kaiserhof ohnehin nicht davon aus, durch den lokalen Herrschaftsträger freigehalten zu werden. Kostfrei hielten Reichsstädte und Territorialfürsten den Kaiser und seine unmittelbaren Bediensteten außerdem nur dann, wenn sie ihn ausdrücklich eingeladen hatten. Vgl. dazu Kap. VI.1.a. 87 Vgl. dazu Duindam, Wien – Versailles – Berlin, S. 196–198; Schlögl, Hof. 88 Zolger, Hofstaat Österreich, S. 65f. 89 Zum Problem der begrifflichen Differenzierung zwischen Hof und Hofstaat siehe auch Hengerer, Kaiserhof und Adel, S. 22. Zum Hofstaat zählten darüber hinaus so genannte „Diener von Adel ohne Amt“, die nicht nur ohne spezifische Funktion, sondern zum Teil auch ohne Besoldung waren. Dazu ebd., S. 34–40. 90 Mitunter wird zwischen den einzelnen Hofstaaten begrifflich unterschieden; manchmal umfasst der Begriff Hofstaat sämtliche Hofstaaten der kaiserlichen Familie, die dann als Teileinheiten begriffen werden. Da Anna von Böhmen und Ungarn bereits 1547 verstorben war, fiel der Hofstaat der Kaiserin unter Ferdinand I. weg, ebenso unter Rudolf II., der keine Ehe einging. Sowohl Rudolf II. wie Matthias zeugten keine legitimen Nachkommen, deshalb fielen hier auch die Hofstaaten der kaiserlichen Kinder weg.
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fristig anwesende Personengruppen, die nicht in kaiserlichem Sold standen, aber dennoch zum Kommunikationszusammenhang Kaiserhof zu rechnen sind und den Kaiser bei auswärtigen Auftritten oft begleiteten. Der Umfang der Hofstaaten wurde in den Hofstaatsverzeichnissen festgehalten, die für einzelne Zeitpunkte für alle Kaiser im Untersuchungszeitraum, zum Teil auch für die Kaiserinnen und andere Familienmitglieder überliefert sind.91 Generell ist zwischen der personellen Ausstattung des Herrscherhofes als curia ordinaria und jener als curia solemnia, die bei besonderen Anlässen wie etwa Hoffestivitäten oder auswärtigen Auftritten in Erscheinung trat, zu differenzieren.92 Im zweiten Fall herrschte eine strikte Präsenzpflicht, da der Herrscher seiner Hofchargen bei öffentlichen Akten sowohl zur Ausübung ihrer Ämter als auch zur Inszenierung seiner kaiserlichen Magnifizenz in besonderem Maße bedurfte.93 Die genaue Entwicklung des personellen Umfangs des Kaiserhofes als curia ordinaria lässt sich für die untersuchte Phase nur näherungsweise herausarbeiten, da die Angaben in den Hofstaatsverzeichnissen, Musterlisten und Hofzahlamtsbüchern vor allem bei unteren Rängen ungenau und unvollständig sind.94 Während der Hofstaat Ferdinands I. als Römischer König nur etwa 350 bis 400 Personen umfasste, nennt das kurz vor seinem Tod erstellte Hofstaatsverzeichnis von 1564 ca. 420 Hofbeamte, wozu noch etwa 200 Trabanten und Hartschiere zu rechnen sind.95 Maximilian II. erhöhte während seiner Regierung die Zahl der Hofbediensteten: So führt ein um 1570 entstandenes Hofstaatsverzeichnis schon mehr als 780 Amtsträger auf, wozu eine nicht spezifizierte Zahl von
91 Siehe zum Beispiel die Hofstaatsverzeichnisse für Ferdinand I. von 1557/8, 1559, 1564; für Maximilian II. von 1567; für Rudolf II. von 1576 und Matthias von 1615, in: Fellner / Kretschmayr, Österreichische Zentralverwaltung, Bd. 2, S. 175–206; für Rudolf II. siehe auch Hausenblasová, Hof Kaiser Rudolfs II. Die einzelnen Hofämter samt ihrer durch Rang und Funktion determinierten Besoldung sind darüber hinaus in den für den Untersuchungszeitraum zum großen Teil bereits erhaltenen Hofzahlamtsbüchern dokumentiert, die mit Ausnahme weniger Jahrgänge (so etwa 1561–1563) ab 1544 erhalten sind. 92 Dazu Auge / Spiess, Hof und Herrscher, S. 6. 93 Bei Bedarf konnte das Hofpersonal aufgestockt werden, so im Hinblick auf die für die Repräsentation zentralen Funktionen des Kämmerers, Mundschenken oder Vorschneiders sowie auch durch den landständischen Adel. Vgl. dazu Kap. I.3.b. 94 Bestimmte Personengruppen wurden überhaupt nicht erfasst. Außerdem wurden einerseits mitunter Hofämter in Personalunion ausgeübt; andererseits waren keineswegs alle in diesen Verzeichnissen aufgeführten Personen tatsächlich immer bei Hof anwesend. 95 HHStA Wien, OMeA SR, K 181, Nr. 45.
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Stallknechten und Eseltreibern zu rechnen sind.96 Auch das erste Hofstaatsverzeichnis Kaiser Rudolfs II. von 1576 verzeichnet etwas über 700 Personen, denn der neue Kaiser übernahm zunächst weitgehend das Personal seines Vaters.97 In der Folge kam es jedoch zu einer starken Zunahme des Hofpersonals, wobei die eigentliche zahlenmäßige „Explosion“ des rudolfinischen Hofstaates in die Phase nach seinem letzten Auftritt im Reich 1594 fällt und somit vernachlässigt werden kann.98 Dieser prekären, weil kostentreibenden Entwicklung begegnete Kaiser Matthias 1615 mit einer Hofstaatsreform, die in weiten Teilen auf die Wiederherstellung des Status quo unter Ferdinand I. zielte, ohne diesen Zustand jedoch tatsächlich erreichen zu können.99 Im Untersuchungszeitraum hatten sich die wesentlichen Hofämter samt der sie zu einem hierarchisch organisierten sozialen System qualifizierenden internen Rangfolge bereits herausgebildet. An der Spitze des Hofstaates standen die vier Obersthofämter: Der erste Rang kam dem Obersthofmeister zu, der zweite dem Obersthofmarschall, der dritte dem Oberstkämmerer.100 Den vierten Rang beanspruchte der Oberststallmeister; er entsprach in etwa dem des Hartschierhauptmannes.101 Diesen Obersthofämtern, deren Kompetenzen sich 96 GLA Karlsruhe, Bestand 50, F 1, fol. 35–48’. Darunter sind 59 aktuelle „Diener von Adel ohne Amt“ und 29 beurlaubte „Diener von Adel ohne Amt“. Vgl. auch das Hofstaatsverzeichnis Maximilians II. von 1567 in ÖNB, Cod. 14458, Suppl. 2083, teilediert in Fellner / Kretschmayr, Österreichische Zentralverwaltung, Bd. 2, S. 187–191; sowie das Hofstaatsverzeichnis Kaiser Maximilians II. von 1565, in HHStA Wien OMeA SR, K 182, Nr. 39 sowie von 1574 in ebd., K 183, Nr. 50. 97 Die geringere Anzahl der Amtsträger resultierte im Wesentlichen aus der stark reduzierten Zahl der adligen Diener ohne Amt. Siehe dazu Hofstaatsverzeichnis Kaiser Rudolfs II. von 1576, in HHStA Wien OMeA SR, K 183, Nr. 56, teilediert in Fellner / Kretschmayr, Österreichische Zentralverwaltung, Bd. 2, S. 191–197 (vgl. das Hofstaatsverzeichnis Rudolfs II. als Böhmischer König von 1575, in HHStA Wien, OMeA SR, K 183, Nr 53). Beurlaubte „Diener von Adel ohne Amt“ sind überhaupt nicht aufgeführt. Außerdem sind nur zwei Geheime Räte und ein Kriegsrat verzeichnet. 98 Gegen Ende der Regierung umfasste der Hofstaat Rudolfs II. bis zu 1200 Mitglieder, allerdings nur nominell, denn tatsächlich zeigte der Hof starke Auflösungserscheinungen, was sich in der Nichtbesetzung von Ämtern widerspiegelte. Die Zahl der Hofämter stieg von 180 auf 220. HHStA Wien, OMeA SR, K 184, Nr. 73. Dazu auch Hausenblasová, Hof, S. 23f.; relativierend Rauscher, Finanzen, S. 269–271. 99 Dazu Hengerer, Kaiserhof und Adel, S. 34, 41f. 100 Seit dem 17. Jahrhundert verzeichnete allerdings das Oberstkämmereramt einen Bedeutungszuwachs, der vor allem aus der Regelung des Zuganges zum Herrscher resultierte. Danach rangierte der Oberstkämmerer vor dem Obersthofmarschall. Vgl. dazu Zolger, Hofstaat Österreich, S. 119; Duindam, Wien – Versailles – Berlin, S. 201. 101 Siehe König Ferdinands I. Instruktion für den Hofmeister von 1527, in: Fellner / Kretschmayr, Österreichische Zentralverwaltung, Bd. 2, S. 101–116, hier 101, wo des-
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mitunter überschnitten, unterstand jeweils eine Vielzahl von Hofämtern, wobei die Zuordnung keineswegs immer eindeutig festgelegt war. So war das für die Organisation der Kaisereinzüge wichtige Hofquartieramt, das sich im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts institutionell zu verfestigen begann, beispielsweise gleichzeitig dem Obersthofmarschall und dem Oberststallmeister unterstellt.102 Jedes dieser Ämter umfasste einen Katalog von Dienstpflichten, die einerseits durch die Gewohnheit vorgegeben waren, andererseits aber auch zunehmend in Hofordnungen, Bestallungsurkunden oder Dienstinstruktionen schriftlich fixiert wurden.103 Von grundlegender Bedeutung für die Kaiser des Untersuchungszeitraumes waren die von Ferdinand I. ab den 1520er Jahren erstellten Funktionsbestimmungen für bestehende oder neu eingerichtete Hofämter und Zentralbehörden, deren Inhalt spätere Instruktionen weitgehend übernahmen oder sukzessive ergänzten.104 a) Aufgabenverteilung bei der Organisation auswärtiger Auftritte Zentrale Funktionen bei der Organisation kaiserlicher Auftritte kamen den vier Obersthofämtern zu. Der Obersthofmeister sollte „zu allen Solennitäten, da unser eigene Persohn gegenwärtig ist, es seye zu Kirchen, Einreitungen, Botschaften, und anderen desgleichen offenen Acten mit eigener Persohn und Hofmeistersstab sein ambt Vor Unser Persohn ansehenlich Versehen, und alle Notdurft anschaffen“.105 Gemeinsam mit dem Obersthofmarschall hatte er dafür zu sorgen, dass der Kaiser bei öffentlichen Auftritten über genügend Hofdiener ver-
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sen erster Rang festgeschrieben wird. Die soziale Stellung der Obersthofämter, die mindestens dem Ritterstand entstammen sollten, drückte sich auch im Gehalt sowie in der Zahl der ihnen erlaubten Bediensteten und Pferde aus. Ebd., S. 117. Instruktion Kaiser Rudolfs II. für den Hofquartiermeister Hanns Jacob Herprott vom 20.10.1577 in HHStA Wien, OMeA SR K 74, Nr. 13, fol. 128–131. Allgemein dazu Kruse / Paravicini, Höfe; Willoweit, Hofordnungen. Vgl. dazu die noch eher knappe Hofstaatsordnung König Ferdinands I. von 1527, sowie vor allem die um wesentliche Punkte erweiterte Version von 1537, in Fellner / Kretschmayr, Österreichische Zentralverwaltung, Bd. 2, S. 100–126. HKA Wien, Hss. 189, fol. 2. Die undatierte Abschrift dieser Dienstinstruktion stammt aus der Zeit von Kaiser Matthias. Vgl. die fast deckungsgleichen Festlegungen hinsichtlich der Tätigkeiten des Hofmeisters in der Hofstaatsordnung König Ferdinands I. von 1537, in Fellner / Kretschmayr, Österreichische Zentralverwaltung, Bd. 2, S. 116–126, hier 117–121. Nicht zuletzt war es die Aufgabe des Hofmeisters, fremden Fürsten entgegenzureiten und sie im Feld oder in der Herberge im Namen des Kaisers zu empfangen, falls nicht andere Personen dazu verordnet worden waren. Zum Obersthofmeisteramt Zolger, Hofstaat, S. 66–76.
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fügte.106 Darüber hinaus sollte er im Vorfeld jeder Hofreise alle anderen Mitglieder des Hofstaates von der Reise rechtzeitig in Kenntnis setzen und gemeinsam mit den anderen Obersthofämtern über die notwendigen Reisevorkehrungen beraten.107 Da der Obersthofmeister für den ordnungsgemäßen Ablauf aller zeremoniellen Akte zuständig war, fungierte er auch als zentraler Ansprechpartner für alle Anfragen von Seiten der von Kaiserbesuchen betroffenen Reichsstände.108 Zu den Aufgaben des Obersthofmarschalls gehörte es, „im velde mit allen hofgesint ordnung halten mit reiten und andern, damit zu eeren, schimpf und ernst kain nachtail erschein.“109 Die Oberhoheit über die Herstellung und Aufrechterhaltung der Zugordnung im Feld erstreckte sich bei feierlichen Kaisereinzügen nicht nur auf das kaiserliche Gefolge, sondern auf sämtliche Teilnehmer der Einzugsinszenierung. Besonders sollte der Obersthofmarschall darauf achten, „dass kain hofgesind ausserhalb seines wissens in unsern raisen von uns vor oder langsam nachreit“, damit „an eerlichen orten nicht weniger mit einreiten“, denn der Kaiser wollte mit einem möglichst starken Gefolge einziehen.110 Außerdem hatte der Obersthofmarschall dem Kaiser bei allen öffentlichen Akten das Schwert vorzutragen, allerdings nur dann, wenn weder der Reichserzmarschall, noch der Reichserbmarschall anwesend waren, welchen diese Ehre vorrangig zukam. Auch die Festlegung der Reiseroute und der Nachtlager gehörte zu seinem Aufgabenbereich. Der Oberststallmeister sorgte dafür, dass rechtzeitig ein Furierverzeichnis angefertigt wurde, in dem die mitreisenden Personen samt Pferden, Dienerschaft und Gepäck zu verzeichnen waren.111 Dazu mussten alle Hofbediensteten zunächst ihren Bedarf melden, wobei der Hofcontralor anhand der Furierord106 Da die zum Dienst verordneten Amtsträger bei solchen Gelegenheiten offenbar nicht zuverlässig erschienen, wurde er ermächtigt, im Wiederholungsfall den Lohn zu kürzen oder die Betreffenden zu entlassen. 107 HKA Wien, Hss. 189, fol. 4. 108 Vgl. dazu Kap. I.2. sowie etwa II.1.a. 109 Vgl. im Folgenden die Hofstaatsordnung König Ferdinands I. von 1537, in Fellner / Kretschmayr, Österreichische Zentralverwaltung, Bd. 2, S. 116–126, hier S. 121–124, Zitate 123f.; Instruktion König Maximilians II. für den Obersthofmarschall Ludwig Ungnad Freiherr zu Sonnegg vom 18.05.1564 in HHStA Wien, OmaAK 1, Fasz. 1. 110 Zwar durften bestimmte Mitglieder des Hofstaates Bedienstete vorausschicken, diese hatten sich jedoch rechtzeitig vor dem Einzug wieder beim Tross einzufinden. Wer mindestens vier Pferde führte, durfte etwa einen Diener vorausschicken; dies galt ebenfalls für mehrere Hofbedienstete mit mindestens zwei Pferden. 111 Im Folgenden HKA Wien, Hss. 189, fol. 170–173. Zur Entwicklung dieses Amtes siehe Zolger, Hofstaat Österreich, S. 134–136.
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nung zu prüfen hatte, dass kein Amtsträger etwa zuviel Gepäck mitnahm. Die überprüfte Liste stellte dieser den Furieren und dem Futterschreiber zu, die für die Bestellung von Lastwägen, Kutschen, Schiffen sowie Reit-, Zug- oder Tragetieren zuständig waren.112 Er sollte außerdem gemeinsam mit den Beamten von Hofkammer und Hofküche abschätzen, welche Menge an Proviant und Fütterung für den Unterhalt des Kaiserhofes benötigt werden würde und wie viel Geld dazu zur Verfügung zu stellen war.113 Die Beamten der Hofkammer hatten auch die Verfügbarkeit aller auf der Reise benötigten Güter, wie etwa Tuche, Tapisserien, Federschmuck oder Geschenke, sicherzustellen.114 Außerdem sollten sie dafür sorgen, dass unterwegs bei Bedarf genügend Bargeld vorhanden war – eine Aufgabe, die aufgrund der prekären kaiserlichen Finanzen regelmäßig zu den unerquicklichsten gehört haben dürfte. Die Hoffuriere reisten dem Kaiserhof mitunter schon Wochen voraus und überprüften vor Ort die Ausstattung und Tauglichkeit der Quartiere.115 Bei Reichsversammlungen oblag die Verteilung der Quartiere am Versammlungsort dem Reichserbmarschall. Im Untersuchungszeitraum wohnten die Kaiser in den Reichsversammlungsorten Frankfurt am Main sowie Augsburg und Regensburg fast immer in denselben Gebäuden.116 Die gelegentlich mit Verve ausgetragenen Streitigkeiten zwischen den kaiserlichen Hoffurieren und dem Reichserbmar112 Der Oberststallmeister hatte beim Beladen der Transportmittel peinlich genau darauf achten, dass auf keinen Fall „mehr alß die Notdurfft geladen werde.“ Ebd., fol. 5; vgl. König Maximilians II. Instruktion für den Obersthofmeister vom 01.05.1561, in Fellner / Kretschmayr, Österreichische Zentralverwaltung, Bd. 1, S. 134–138, bes. 136. 113 Siehe die Instruktion für den Zehrgadner am Kaiserhof in GHA München, HHA 235. 114 Deshalb wurden derartige Gegenstände im Vorfeld eines Kaiserauftrittes oft in großen Mengen angekauft, so etwa Trinkgeschirre, die im Rahmen von Kaisereinzügen in großem Umfang verteilt wurden. Da allein der Materialwert zählte, spielte es keine Rolle, wenn bei Bedarf notfalls auf gebrauchte Stücke zurückgegriffen werden musste. Zur Gabenpraxis vgl. Kap. III.4. 115 Neben diesen für den gesamten Hof zuständigen Furieren verfügten bestimmte Hofämter zusätzlich über ein oder zwei Furiere. So gab es den Kammerfurier, den Trabanten- bzw. Hartschierfurier oder auch den Küchenfurier. Die Hofstaatsordnung Ferdinands I. von 1527 zählt insgesamt sieben Furiere: vier Hoffuriere, einen Kammerfurier, einen Wagenfurier und einen „statfurir“. Fellner / Kretschmayr, Österreichische Zentralverwaltung, Bd. 2, S. 114. Mit wachsendem Hofstaat stieg auch die Zahl der Furiere: Unter Maximilian II. und Rudolf II. gab es bereits sechs Hoffuriere, unter Rudolf II. zusätzlich noch einen Reichsfurier. Zum Hoffurier konnte man allerdings auch ad hoc und nur für eine bestimmte Gelegenheit ernannt werden. 116 So etwa in Frankfurt am Main im Kurtrierischen Hof, in Augsburg im Fuggerpalais und in Regensburg im Bischofshof. HHStA Wien, RK RTA 62, fol. 292; StA Marburg, 3:1260; für den gescheiterten Kurfürstentag von 1580 vgl. auch das Verzeichnis in StA Nürnberg, SIL 134, Nr. 30.
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schall bezogen sich deshalb meist nicht auf die Quartiere der kaiserlichen Familie, sondern auf die des kaiserlichen Gefolges, vor allem dann, wenn dieses besonders umfangreich war und die zur Verfügung stehenden Unterkünfte nicht ausreichten oder als ungemessen erschienen.117 Denn die innere Rangordnung am Kaiserhof sowie das Rangverhältnis zwischen kaiserlichen Amtsträgern und jenen anderer Fürsten bildete sich in der Überzeugung der Zeitgenossen auch in der Größe, Ausstattung und Lage der eigenen Unterkunft ab. Da die Kaiser bei ihren längerfristigen Auftritten am Reichsversammlungsort eine Residenz auf Zeit errichteten, besetzten sie mit ihren Hofchargen und Zentralbehörden die repräsentativsten Gebäude am Ort.118 Einige Tage vor der Ankunft des Kaisers erschienen deshalb die Hoftapeziere in der Stadt, um die kaiserliche Herberge sowie andere Örtlichkeiten, an denen während des kaiserlichen Aufenthalts öffentliche Akte der Herrschaftsinszenierung stattfinden sollten, mit kostbarem Mobiliar auszustatten, das den hohen sozialen Rang und die Magnificentia des Reichsoberhauptes eindrücklich zur Schau stellen sollte. Für den Schutz des Kaisers unterwegs war die kaiserliche Leibgarde verantwortlich: die Trabanten als Fußtruppe, welche die unmittelbare Umgebung des Herrschers sichern sollte, und die Hartschiere als berittene Einheit, die das weitere Umfeld des Kaisers auf potentielle Sicherheitsprobleme zu kontrollieren hatte.119 Da die Sicherheit des Kaisers bei auswärtigen Auftritten besonders gefährdet schien, enthielten die Dienstinstruktionen für den Hartschier- und den Trabantenhauptmann spezielle Passagen über das Verhalten bei solchen Gelegenheiten. So sollten beide Amtsträger „auf unsern Leib, und Persohn, es sey in Städten, flecken oder auf dem Landt munter und wachtsamb aufsehen haben“, gefährliche Orte zuvor besichtigen und verdächtige Personen festnehmen.120 Die Trennung zwischen „Leib“ und „Person“ umschreibt die Verantwortung 117 Den Kaisern lag vor allem daran, die für ihren täglichen Bedarf notwendigen Bediensteten sowie die Beamten der Zentralbehörden Geheimer Rat, Hofkanzlei und Hofkammer in ihrer Nähe zu haben. Auch die Kaiserin wurde in der Regel in unmittelbarer Nähe des Kaisers untergebracht. 118 Als es 1613 zum Streit zwischen dem Kurfürsten von Mainz und dem Reichserbmarschall wegen des kurmainzischen Quartiers in Regensburg kam, versicherte Maximilian von Pappenheim dem Mainzer allerdings, dieser werde selbst sehen, dass sein Quartier „größer, weiter, getegner und stattlicher“ als selbst das des Kaisers sei. Mit dieser Bemerkung ließen sich die Wogen glätten. HHStA Wien, MEA RTA 197b, fol. 28. 119 Zu den kaiserlichen Garden siehe Zolger, Hofstaat Österreich, S. 91–94. 120 Im Folgenden HKA Wien, Hss. 189, fol. 155–159 und 161. Gerade bei Ritten über das Land sollte sich niemand unerlaubt entfernen.
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der Leibgarde für die physische Unversehrtheit des Kaisers und für die Vermeidung verbaler Verunglimpfungen seiner Person. Außerdem sollte die Leibgarde darauf achten, dass der Kaiser und andere hochstehende Personen „von unbesinten oder anderen gemeinen Leuthen nicht überdrungen“ wurden.121 Dies galt besonders bei Einzügen, Kirchgängen oder Festivitäten im öffentlichen Raum, gerade dann versuchten Untertanen in die Nähe des Kaisers zu kommen, um eine Supplik zu überreichen.122 Dabei sollte die Leibgarde allerdings „mit bester Bescheidenheit“ vorgehen, denn eine zu rigide Abschottung hätte die Selbstinszenierung des Kaisers als gnädiges Oberhaupt aller Reichsuntertanen, die ein wesentliches Ziel der öffentlichen Auftritte darstellte, konterkariert. b) Personeller Umfang bei Auftritten im Reich Bei kaiserlichen Auftritten im Reich trat der Kaiserhof in der Regel als curia solemnia auf. Das kaiserliche Gefolge setzte sich aus dem kaiserlichen Hofstaat, den Bediensteten der Hofstaatsmitglieder sowie weiteren Personengruppen zusammen, die der Herrscher im Vorfeld eines solchen Ereignisses dazu aufforderte, ihn an den Versammlungsort zu begleiten: so etwa für die Dauer der Reichsversammlung zusätzlich ernannte Reichshofsräte sowie Landstände aus den Erbländern. Dabei bedeutete die Aufstockung des Gefolges in erster Linie eine Zunahme hochrangiger Funktionsträger, da vor allem diese Prestige und Reputation des Kaisers zu fördern vermochten. So bestand die Aufgabe der Reichshofräte nicht allein in der Bearbeitung der vor Ort anfallenden Rechtsgeschäfte; vielmehr diente ihre Anwesenheit auch einer möglichst glanzvollen Selbstinszenierung des Kaisers.123 So führte Maximilian II. in seinem Schreiben an die von ihm 1566 zum Reichshofrat ernannten Personen eigens aus, er wolle „unsern Kayserlichen Hofrath, umb merer Reputation und ansehung willen, mit einer Anzall dapfferer, redlicher, unnd statlicher Personen, Graven und Herrn, auch sonst gueten alten Stanndts unnd Herkhommens […] sterckhen“124, wo121 Ebd., fol. 165. 122 Ebd., fol. 162, im Folgenden 164. 123 Zum Reichshofrat, dessen Struktur und Kompetenzen Ferdinand I. mit seiner Hofratsordnung von 1559 neu definiert hatte, allgemein Gschließer, Reichshofrat: Bedeutung und Verfassung; Peter Moraw: Art. Reichshofrat in: HRG, Bd. 4, Berlin 1990, Sp. 630– 38. Sellert, Reichshofrat und Reichskammergericht. 124 HHStA Wien, RK RTA 46, fol. 194, Schreiben Maximilians II. vom 15.10.1565 an die vorgesehenen Reichshofräte. Der Reichshofrat, an dessen Spitze der Mainzer Kur-
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mit er zugleich seine Auswahlkriterien für das Amt eines Reichshofrates umriss. Die betreffenden Personen beorderte der Kaiser mehrheitlich nach München, damit sie ihn von dort aus nach Augsburg begleiteten, um seinen Einzug in die Reichsstadt „sterken und ziern zu helffen.“125 Dasselbe Verfahren wurde bei den Landständen aus den kaiserlichen Herrschaftsgebieten angewendet, wenngleich hier die exakte Zahl der am Ende tatsächlich mitgereisten Personen oft kaum bestimmbar ist, da die erhaltenen Anwesenheitsverzeichnisse im Hinblick auf diese soziale Gruppe ungenau sind.126 Den größten Anteil des kaiserlichen Gefolges machte die soziale Gruppe der einfachen Bediensteten aus, die in den zeitgenössischen Reise-Hofstaatsverzeichnissen häufig nur unvollständig oder überhaupt nicht erfasst wurden. Für 1612 ist von etwa 1.100 Personen auszugehen, wobei hier die Bediensteten der hochrangigsten Hofamtsinhaber bereits mitgezählt wurden. Denn diese ließen sich der Reputation ihres Amtes entsprechend ebenfalls nicht selten von einer beträchtlichen Zahl von Bedienten begleiten, für deren Reisekosten sie überwiegend selbst aufzukommen hatten. Als ranghöchster Amtsträger trat der Obersthofmeister regelmäßig mit dem größten Gefolge auf. So wurde etwa Friedrich Graf von Fürstenberg 1612 von 50 Personen begleitet, der Obersthofmarschall Wolf Sigmund zu Losenstein immerhin von 30 und der Geheime Rat Abraham fürst Daniel Brendel von Homburg als Präsident sowie Herzog Wilhelm von Bayern als Vizepräsident standen, war auf dem Reichstag von 1566 mit 26 adligen und 10 nichtadligen Reichshofräten sehr stark besetzt. Das Hofstaatsverzeichnis Maximilians II. von 1567 listet dagegen nur 11 mehrheitlich nicht adlige Reichshofräte auf. Fellner / Kretschmayr, Österreichische Zentralverwaltung, Bd. 2, S. 188f. Im Vergleich zu 1566 war der Reichshofrat auf dem ersten Reichstag Rudolfs II. 1582 mit 14 dauerhaften und 8 zusätzlichen Hofräten dünn besetzt. Fleischmann, Description, S. 40–43. 125 HHStA Wien, RK RTA 43, fol. 12f. Vgl. auch das Schreiben zur Bestellung des Reichshofrates für den Wahltag von 1575, in HHStA Wien, RK WaKr 6, fol. 176; oder für den Reichstag zu Regensburg von 1594, in HHStA Wien, RK RTA 62, fol. 209f. Vgl. dazu auch Leeb, Kurfürstentag zu Frankfurt, S. 281. 126 So führt Mameranus für 1566 zunächst 120 Landstände vor allem aus Böhmen, Schlesien sowie Ober- und Niederösterreich an, die Maximilian II. auf den Reichstag begleitet hätten, um danach weitere 240 Landstände zu nennen, die ebenfalls „erfordert“ worden seien. Davon stammten angeblich 90 aus Österreich, von denen 33 explizit zum Einritt bestellt worden waren, 95 aus Schlesien, 18 aus der Lausitz, 10 aus Troppau und 15 aus Oppeln und Ratibor. Der Autor scheint die im Vorfeld der Reise erstellten Verzeichnisse über die Personen, die zur Begleitung aufgefordert werden sollten, abgeschrieben zu haben. Allerdings dürften diese kaum alle mitgereist sein, da die Reisen hohe Kosten und eine längere Abwesenheit vom eigenen Herrschaftsgebiet bedeuteten, weshalb oft Krankheit, Alter oder dringende Regierungsgeschäfte vorgeschützt wurden. Mameranus, Kurtze vnd eigentliche verzeychnus, o.S.
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Burggraf von Dohna von 36 Personen.127 Wie solenniter der Kaiserhof tatsächlich ausgestattet wurde, richtete sich nach dem Anlass der Reise. Das stärkste Gefolge nahmen die Kaiser zu den Reichsversammlungen mit (Tab. 1). Da die Reichstage zumeist mehrere Monate dauerten, in denen nicht nur die Reichstagsgeschäfte, sondern auch alle „ordinarischen“ Verwaltungs- und Regierungsangelegenheiten weiterzuführen waren, reisten fast alle oberen und mittleren Hofchargen, die Beamten der Behörden Geheimer Rat, Hofkanzlei, Hofkammer, Hofkriegsrat sowie eine Auswahl der Beamten der böhmischen und ungarischen Zentralverwaltung mit. Gerade während längerer Abwesenheiten stellte die räumliche Nähe zwischen dem Herrscher und seiner Hof- und Zentralverwaltung eine wesentliche Voraussetzung für einen möglichst reibungslosen Ablauf aller Amtsgeschäfte dar. Besonders auf den ersten Reichstagen (Tab. 1) wurden die Kaiser von einem zahlreichen, stark auf Herrschaftsinszenierung ausgerichteten Gefolge begleitet. Maximilian II. erschien etwa auf seinem ersten Reichstag 1566 in Augsburg mit 4 Vorschneidern, 15 Truchsessen und 9 Kämmerern.128 Auf den Reichstagen von 1570 und 1576 führte der Kaiser dagegen ein deutlich reduziertes Gefolge mit sich, was der geringeren Anzahl der Reichstagsbesucher und dem Status dieser Reichstage als Folgereichstage Rechnung trug. Rudolf II. hatte auf seinem ersten Reichstag 1582 die Anzahl jener Personen erhöht, deren Hofamt vorwiegend repräsentativen Zwecken diente: So begleiteten den Kaiser nun 18 Vorschneider, 35 Truchsessen und 12 Kämmerer nach Augsburg.129 Besonders die Anzahl der Vorschneider und Truchsessen weist damit eine wesentliche Steigerung auf, was in gewisser Weise die Expansion des kaiserlichen Hofstaates in der Folgezeit vorwegnimmt.130 Im Vergleich zu seinen Vorgän127 Eygentlich Verzeichnuß der gantzen Hoffstatt (1612), o.S. Auch ranghohe böhmische Landoffiziere wie etwa Zdenko Adalbert Popel von Lobkowitz sowie Georg Freiherr von Schönach erschienen mit 40 und 48 Dienern. 128 Alle Angaben nach Mameranus, Kurtze vnd eigentliche verzeychnus, o.S. Gelegentlich ist zweifelhaft, ob die dort aufgeführten Personen wirklich alle anwesend waren; so finden sich unter der 86 Personen umfassenden Rubrik „Diener von Adel ohne Amt“ auch Personen, die unter „beurlaubt“ firmieren. Für den Reichstag von 1559 als erster Reichstag Kaiser Ferdinands I. ist kein Hofstaatsverzeichnis für den Kaiser erhalten. 129 Allerdings waren nur 10 Mundschenken anwesend. 1566 waren es 15 gewesen. Fleischmann, Description, S. 36–39, 45–47; Mameranus, Kurtze vnd eigentliche verzeychnus, o.S. Der personelle Umfang der Hofkapelle sowie der Leibgarde wies im Vergleich zu 1566 keine signifikanten Änderungen auf. Fleischmann, Description, S. 59–61, 64–68. 130 Vgl. auch das erste Hofstaatsverzeichnis Rudolfs II. von 1576. Hausenblasová, Hof Kaiser Rudolfs II., S. 131. Die Zahl der adligen Hofdiener ohne Amt hatte der Kaiser dagegen auf 35 reduziert. Fleischmann, Description, S. 48f.
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gern erscheint das Gefolge Kaiser Matthias’ auf dem Reichstag 1613 hingegen beinahe als bescheiden (Tab. 1).131 Einerseits hatte der Wahltag ein Jahr zuvor bereits große Summen verschlungen, andererseits dürfte auch das Wissen um die begrenzte Zahl hochrangiger Reichsstände, die den Reichstag persönlich besuchten, die kaiserliche Zurückhaltung bedingt haben.132 Auch bei Wahl- und Krönungstagen erschienen die amtierenden und die zukünftigen Kaiser mit einem besonders prächtigen Hofstaat (Tab. 1), obwohl es hier zu einer deutlich kürzeren Abwesenheit des Herrschers von seiner Residenz kam. Indem der Wahlkandidat am Wahlort mit einem zahlreichen, ranghohen und für das jeweilige Amt tauglich erscheinenden Gefolge auftrat, demonstrierte er jedoch nicht nur seine herrscherliche Magnifizenz, sondern zugleich seine Eignung für das Kaiseramt. Denn ein der angestrebten Position entsprechender Auftritt auf dem Wahltag erschien als eine Art Leistungsversprechen für die zukünftige Regierung. Dabei blieb der Umfang des gesamten kaiserlichen Gefolges, das aus Hofstaat, Landständen und weiteren Personengruppen bestand, im Untersuchungszeitraum mit ca. 1.400 Pferden mit Ausnahme eines Anstiegs unter Matthias 1612 auffallend konstant, obwohl dessen Hofstaat im engeren Sinne in Frankfurt am Main nur ca. 490 Personen umfasst hatte.133 Dagegen war Kaiser Ferdinand I. 1562 mit einem Hofstaat von ca. 550 Personen in die Wahlstadt gereist.134 Die geringere Zahl bei Matthias dürfte der Tatsache geschuldet sein, dass dieser anders als Ferdinand I. 1562 die Kaiserwürde noch nicht innehatte. Die Zahl der bei Wahltagen mitgereisten Landstände lag meist 131 Angaben nach: Verzeichnuß des Einzug zu Regenspurg (1613). Allerdings ist diese Auflistung möglicherweise nicht vollständig und somit nur bedingt verlässlich. 132 Erhöht hatte der dennoch auf einen pompösen Auftritt bedachte Kaiser allerdings die Zahl der Edelknaben (24), der kaiserlichen Leibrosse (48) sowie die der Trompeter und Heerpauker (34). Das geschah offenbar in dem Bedürfnis, akustisch besonders eindrucksvoll auftreten zu können. Die Zahl der Trompeter und Heerpauker hatte unter seinen Vorgängern bei unter 20 gelegen. Außerdem befanden sich im Gefolge nun 5 Ehrenholde. Verzeichnuß des Einzug zu Regenspurg (1613). 133 Die höheren Zahlen für 1562 und 1575 resultieren aus der Tatsache, dass es sich hier um Wahlen vivente imperatore handelte, weshalb das Gefolge des böhmischen Königs als Wahlkandidaten enthalten ist. Für 1562 sind die 900 Pferde Maximilians II. abzuziehen, 1575 sind genaue Angaben über das Gefolge Rudolfs II. nicht möglich, es dürfte aber kleiner als das seines Vaters 1562 gewesen sein. Eygentlich Verzeichnuß der gantzen Hoffstatt (1612), o.S. Das Hofstaatsverzeichnis von Matthias auf dem Wahltag listet zum Beispiel nur 5 Mundschenken, 5 Vorschneider und 9 Truchsessen auf, auch die Hofkapelle war mit 37 Personen vergleichsweise bescheiden ausgestattet. Der Hofstaat Annas hatte einen sehr geringen Umfang von knapp 40 Personen. 134 Frankfurter ankunfft (1562). Vgl. auch Beuther, Ordentliche Verzeychniß.
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unter jener bei Reichstagen, da die Goldene Bulle (Art. I.25) nur ein Gefolge von 200 Pferden zuließ.135 Wich der Kaiser von dieser Vorgabe ab, zog dies nicht nur den Protest der Kurfürsten, sondern auch den der Reichsstadt Frankfurt am Main nach sich, da diese für die Sicherheit der Wahltagsteilnehmer verantwortlich war.136 Während sich der Frankfurter Rat jedoch 1562 mit einem kaiserlichen Revers abspeisen ließ, beharrte er 1612 zum Ärger von Matthias auf der Einhaltung der verfassungsrechtlichen Bestimmungen.137 Allerdings wurde diese Vorgabe der Goldenen Bulle – dem eigentlichen Sinn dieses Reichsgesetzes widersprechend – dadurch umgangen, dass man das Gefolge einfach außerhalb der Wahlstadt einquartierte.138 Dabei hing das Ausmaß, in dem die Goldene Bulle als verbindlich betrachtet wurde, offenbar auch von der Frage ab, ob es sich um die Einsetzung eines Römischen Königs vivente imperatore oder um eine Kaisererhebung handelte. So wurde im Vorfeld der Wahl von 1612 argumentiert, dass man das kaiserliche Gefolge auf dem kommenden Wahltag überhaupt nicht mit jenem von 1562 vergleichen könne, weil jetzt das Reich vakant und 135 Das Hofstaatsverzeichnis für Kaiser Matthias auf dem Wahltag von 1612 führt zum Beispiel nur 67 Reichs- und landständische Adlige auf. Eygentlich Verzeichnuß der gantzen Hoffstatt (1612), o.S. 136 Die Kurfürsten verlangten in diesem Fall einen kaiserlichen Revers, der das geltende Recht bestätigte. Vgl. für 1612 HHStA Wien, MEA WaKr 11, fol. 289–293, die Beschwerde des Frankfurter Rates bei Kurmainz vom 25.05.1612 ebd., WaKr 10, fol. 59–65. Schon am 03.03.1612 hatte der Rat beim Mainzer Kurfürsten interveniert, der daraufhin zusicherte, dass er für die Einhaltung der „heilsamen Reychs Verfassung“ sorgen wolle. Ebd., fol. 539, 541. Auf Nachfrage von Matthias teilte der Kurfürst diesem tatsächlich mit, dass die Pferdezahl unbedingt einzuhalten sei. Allerdings hielten sich auch die Kurfürsten in dieser Frage mitunter bedeckt. So notiert ein Wahltagsgesandter 1612, der sächsische Furierzettel würde zwar 200 Pferde ausweisen, mit welchem Gefolge Johann Georg I. aber tatsächlich erscheinen werde, sei unklar. StA Marburg, 4e, 3, unfol. 137 HHStA Wien, MEA WaKr 5, fol. 156–163, Revers fol. 116. Auf die Mahnung des Frankfurter Rates an Ferdinand I., die Stadt nicht mit fremdem Volk zu überfüllen, antwortete dieser, dass nur er, sein Sohn und die Kurfürsten sowie einige andere Fürsten mit ihrem „Ordinary Hoffgesindt“ kämen. Er wolle „gar kein außlendisch Volck“ mitbringen. HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 48, Schreiben vom 11.10.1562. 138 Vgl. dazu das Gutachten des kaiserlichen Rates Johann Hegenmüller zum Wahltag von 1562, der dafür plädierte, nur die Liste der Personen, die in die Stadt einziehen, zu publizieren. Im Übrigen, so fuhr er fort, spreche die Goldene Bulle nur von Pferden, deshalb solle man bei der Personenzahl nicht soviel Skrupel haben, zumal das Gesetz ja dahin ziele, dass die Anzahl der Bewaffneten, die die Kurfürsten bei sich hätten, nicht ungleich oder zu hoch sei, und nicht dahin, dass sie etwa nicht genügend Räte und Diener zur Verfügung hätten. HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 290.
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die Wahl deshalb „gantz undt gar in terminis aurea bulla“ abzuhalten sei.139 Konnte 1612 nach längerem Verhandeln zwischen beiden Seiten doch noch ein Kompromiss ausgehandelt werden – so zog das überzählige Gefolge von Matthias zwar zunächst in die Stadt ein, aber sofort durch das nächste Stadttor wieder aus – wurden Ferdinand II. 1619 tatsächlich nur 200 Pferde zugebilligt, was seinem Einzug in die Wahlstadt jeden repräsentativen Glanz nehmen sollte.140 Das Gefolge der Kaiser überstieg bei Reichsversammlungen das der Reichsfürsten meist um ein Mehrfaches, obwohl auch diese zumeist mit einer durch Landstände und befreundete Fürsten erweiterten curia solemnia am Ereignisort erschienen (Tab. 1). Vor allem Kurfürst August von Sachsen versuchte auf diese Weise seinem Anspruch auf eine politische Führungsrolle im Reich Rechnung zu tragen. Das Gefolge der beiden anderen weltlichen Kurfürsten blieb zumeist deutlich hinter dem sächsischen zurück. Noch dahinter rangierten die geistlichen Kurfürsten, von denen fast immer der Kurfürst von Trier mit dem geringsten Gefolge erschien. Vielmehr waren es vor allem die bayrischen Herzöge, die als Spiegelbild ihres politischen Führungsanspruches wie ihres finanziellen Leistungsvermögens zu Reichs- und Wahltagen mit einem besonders großen Comitat von oft über 400 Pferden anreisten.141 Ab dem Zeitpunkt, ab dem die Wittelsbacher die Kölnische Kur innehatten, übertraf auch das Gefolge des Kölner Kurfürsten das des Mainzers, der zuvor unter den drei geistlichen Kuren in der Regel das größte Gefolge mitgeführt hatte.142 Von den übrigen Reichsfürsten zeichneten sich besonders die Herzöge von Württemberg und anfangs noch Jülich und Mecklenburg durch ein recht großes Gefolge von zwischen 230 und reichlich 300 Pferden aus, womit auch sie ihren Anspruch nicht nur auf die Zughörigkeit zum Reichsfürstenstand, son139 StA Marburg, 4e: 3, unfol., Schreiben vom 20.04.1612. 140 Ferdinand II. sorgte dafür, dass die auf dem publizierten Furierzettel angegebene Zahl von 154 Pferden die Vorgabe der Goldenen Bulle sogar demonstrativ unterschritt. Furier Zettul / Oder Verzeichnuß Der Churfürsten (1619). Die Furierzettel für Mainz und Köln, deren Pferdezahl die laut der Goldenen Bulle erlaubte Zahl übertrifft, nehmen auf diese Tatsache Bezug, indem sie für Mainz von 36 Kutschpferden sprechen, womit implizit behauptet wird, dass diese nicht mitzuzählen seien. Bei Köln heißt es explizit: „Was aber vber die Zahl der 200 Pferdt seindt dieselbe ausserhalb der Statt vff Oberrod geschickt.“ Ebd. Siehe zu 1619 auch Kap. II.3.d. 141 Für 1562 werden etwa 450 Pferde genannt, für 1582 gibt Fleischmann 602 Pferde an. Verzeichnis aller Potentaten (1562); Fleischmann, Description, 2. Paginierung, S. 64. 142 Vgl. die Gefolgezahlen für 1594 und 1613, nur beim Wahltag 1612 trat der Mainzer Kurfürst entsprechend seiner zentralen Funktion bei der Herrschererhebung mit dem größten Gefolge unter den Kurfürsten auf (Tab. 1).
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dern auf eine innerhalb dieses Standes herausragende Position anmeldeten.143 Während jedoch bei den weltlichen Fürsten insgesamt eher ein Rückgang der Gefolgezahlen zu verzeichnen ist, nahmen diese bei einzelnen geistlichen Reichsfürsten als sinnfälliger Ausdruck eines gestiegenen politisch-repräsentativen Führungsanspruches im Reich und der angestrebten engen Bindung zum Kaisertum deutlich zu.144 Wie repräsentativ die Reichsfürsten auf den Reichsversammlungen auftraten, hing von der Frage ab, ob sie persönlich anwesend waren. Das Aushandeln der persönlichen Anwesenheit zwischen Kaiser und Reichsständen stellte eine der Hauptmaterien aller diplomatischen Bemühungen von kaiserlicher Seite im Vorfeld einer Reichsversammlung dar.145 Den für den bevorstehenden Reichstag wichtigsten Akteuren erklärte der Kaiser zumeist in eigenhändigen Schreiben „wie hoch und vil bey vorhabenden Reichstagshandlungen, an Irem und anderer des heiligen Reichs Chur- und Fürsten Persönlichen erscheinen gelegen“.146 Dabei waren die drängenden Bitten des Kaisers an die Reichsfürsten, auf jeden Fall „in der Person“ zu erscheinen, vor allem durch zwei Ziele motiviert: Verhandlungseffizienz und Selbstinszenierung. Einerseits wirkte sich die persönliche Anwesenheit politisch einflussreicher Reichsfürsten in der Regel positiv auf den Ablauf der Verhandlungen aus, weil bei anstehenden Entscheidungen nicht erst zeitraubende Abstimmungen zwischen Reichstagsgesandten und Fürsten notwendig wurden. Andererseits benötigte der Kaiser für die inszenatorische Überhöhung der eigenen Person bei öffentlichen Auftritten das Forum möglichst vieler hochrangiger Reichsfürsten. Denn erst deren 143 Zum deutlich umfangreicheren Gefolge des Herzogs Friedrich von Württemberg auf dem Reichstag von 1594 vgl. Kap. II.2.c. 144 So erschien etwa Würzburg auf dem Reichstag 1582 mit einem Gefolge von 230 Pferden, 1594 bereits mit 296 Pferden, Salzburg 1594 gar mit 324 Pferden. Fleischmann, Description, 2. Paginierung, S. 44; Fleischmann, Kurtze und aigentliche Beschreibung, S. 307, 321. Wolf Dietrich von Raitenau erschien 1594 nach einem Augenzeugen „sehr statlich und ansechlich vor allen andern welt- und geistlichen Potentaten mit Leuten, roß und rüstungen trefflich herausgeputzt und gstaffirt“. Dieses Auftreten unterstrich seine Funktion als Direktor des Reichsfürstenrates. Loserth, Tagebuch, S. 31. 145 Besonders hochrangige weltliche Reichsfürsten ließen sich mehrfach bitten oder nutzten die Frage der persönlichen Anwesenheit auf dem Reichstag als Druckmittel für die Durchsetzung eigener Interessen. Gern vorgebrachte Entschuldigungsgründe waren Krankheit und Tod naher Familienangehöriger, gesundheitliche Probleme, fortgeschrittenes Alter, die Bedrohung des eigenen Territoriums durch innere Unruhen oder militärische Übergriffe von außen, die weite Anreise und nicht zuletzt die hohen Kosten. Vgl. dazu auch Lanzinner, Reichstag zu Speyer 1570, S. 155. 146 HHStA Wien, RK RTA 62, fol. 148-9, hier 149, Schreiben Kaiser Rudolfs II. vom 16.12.1593.
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Unterordnung im Zeremoniell vergegenwärtigte die herausgehobene soziale Position des Reichsoberhauptes. Dass beim ersten Reichstag Ferdinands I. 1559 drei Kurfürsten nicht anreisten, dürfte vor allem an dem frühen Termin gelegen haben, schließlich waren die Kurfürsten erst 1558 in Frankfurt gewesen.147 Auch beim Reichstag von 1613 lag der Wahltag nur reichlich ein Jahr zurück. Entscheidend für das Fernbleiben fast aller protestantischen Reichsstände war hier jedoch die Zuspitzung der konfessionellen und politischen Konflikte seit dem ergebnislosen Reichstag von 1608.148 In solchen Fällen bemühten sich die Kaiser darum, dass wenigstens ein ranghoher Vertreter geschickt wurde. Hier waren feine Abstufungen möglich: Die für das Reichsoberhaupt im Hinblick auf die eigene Selbstinszenierung am ehesten akzeptable Lösung stellte bei den weltlichen Reichsfürsten die Entsendung des erstgeborenen Sohnes dar. Danach folgten andere Familienmitglieder, hochrangige Vertreter des landständigen Adels und schließlich die bürgerlichen Räte. Die Kurfürsten von Brandenburg, die auf keinem der Reichstage des Untersuchungszeitraumes erschienen und sich nach 1575 auch bei Wahltagen regelmäßig vertreten ließen, schickten mitunter immerhin sehr ansehnliche Gesandtschaften. So entsandte etwa Johann Georg von Brandenburg auf den ersten Reichstag Rudolfs II. 1582 in Augsburg seinen Sohn und Nachfolger Joachim Friedrich, der ein Gefolge von 427 Pferden mit sich führte.149 Damit übertraf dieser nicht regierende Fürst das Gefolge aller übrigen Kur- und Reichsfürsten mit Ausnahme Kursachsens (Tab. 1), was zeigt, dass dem Kurfürsten trotz seiner Abwesenheit an einem möglichst repräsentativen Auftritt vor Kaiser und Reichsständen gelegen war. Bei Besuchen in reichsfürstlichen Residenzen präsentierte sich der Kaiserhof in stark reduzierter Form; die Kaiser nahmen in der Regel nur die wichtigsten Funktionsträger mit. In diesem Fall diente nicht der Hof des Gastes, sondern vielmehr der des Gastgebers als Repräsentationsraum, weshalb auch nur dieser als curia solemnia ausgestaltet wurde.150 So erschien Kaiser Maximilian II. 1575
147 Gerade für die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg war der Aufwand aufgrund der langen Anreisewege hoch. 148 Vgl. dazu Ritter, Deutsche Geschichte, Bd. 2, S. 377–386; Haas, Reichstag; Häberlin, Reichs-Geschichte, Bd. 23, S. 552–640. Verzeichnis der Teilnehmer in BA, Bd. 11, 562–571. 149 Johann Sigismund von Brandenburg ließ sich beim Wahltag von 1612 durch seinen Nachfolger Georg Wilhelm vertreten, der allerdings lediglich mit 88 Pferden in Frankfurt erschien. Wahl und Krönungshandlung, Erster Theil (1612), o.S. 150 Zu den Maßnahmen der beiden sächsischen Kurfürsten 1575 und 1617 vgl. Kap. II.4.a.
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in Dresden gerade einmal mit ca. 90 Personen.151 Von den zahlreichen Gesandten, die am Hof zu Prag weilten, durfte als Ausdruck seiner bevorzugten Stellung am Kaiserhof lediglich der spanische Gesandte Graf Monteagudo mitfahren, während der Kaiser seinem Hofgesinde und den am Kaiserhof anwesenden Agenten anderer Herrschaftsträger explizit verbot, nach Dresden zu kommen.152 Das Gefolge anderer anlässlich des Kaiserbesuches in Dresden anwesender Fürsten war ebenfalls nicht sehr groß.153 Die kaiserliche Leibgarde hatte der Kaiser an der böhmischen Grenze zurückgelassen, da er von dort aus unter sächsischem Geleitschutz stand. Ehrenholde, Trompeter, Leibpferde, die bei Einzügen auf Reichsversammlungen eine wichtige Rolle für die kaiserliche Herrschaftsrepräsentation spielten, wurden nicht mitgeführt. Kaiser Matthias erschien hingegen 1617 immerhin mit einem Gefolge von 235 Personen in der kursächsischen Residenz, obwohl die Kaiserin in Prag geblieben war. Als wichtigste Amtsträger fungierten die neun geheimen Räte, darunter die vier Inhaber der Obersthofämter sowie der Ratspräsident, Kardinal Klesl.154 Das übrige Gefolge stellte eine Auswahl der vom Kaiser als unver151 Das Furierverzeichnis listet für den Kaiser nur 30 Personen auf, darunter 12 Kämmerer und 13 Kammerdiener. Neben der kaiserlichen Familie (Kaiser, Kaiserin, König Rudolf und die drei Erzherzöge Ernst, Matthias und Maximilian) reisten außerdem vier kaiserliche Räte (der Oberstkämmerer Adam von Dietrichstein sowie die Räte Starhemberg, Thun, Strein zu Schwarzenau), der Oberststallmeister Rudolf Khuen von Belasi, der Böhmische Kanzler Wratislaw von Pernstein sowie Dr. Johann Baptist Weber und Dr. Sigismund Vieheuser mit. Mit Kaiserin Maria reisten höchstens 15 bis 20 Personen, mit König Rudolf II. und Erzherzog Ernst etwa 25 Personen. Zahlenangaben in HStA Dresden, Loc. 10289/28, fol. 97, 103, 107–110. 152 HStA München, KÄA 4329, fol. 236–38‘. Furierzettel in HStA Dresden, Loc. 10735/4, fol. 50–52. 153 Johann Georg I. von Brandenburg reiste mit ca. 60 Adligen an, der Administrator von Magdeburg mit 25 Adligen, wozu noch Bedienstete und Reisige zu zählen sind, Joachim Ernst von Anhalt erschien mit 75 Pferden, seine Schwägerin, die erst 25jährige, unverheiratete Herzogin Emilia von Württemberg, allerdings mit dem beachtlichen Gefolge von 240 Pferden. HStA Dresden, Loc. 10735/4, fol. 54–56; Brückner, Festlichkeiten, S. 228. Albrecht V. von Bayern brachte 1576 über 300 Personen nach Dresden mit. Ebd., fol. 82–89. 154 Neben dem Obersthofmeister Graf Friedrich zu Fürstenberg, dem Oberstkämmerer Graf Leonhard Helfried von Meggau, dem Obersthofmarschall Wolf Sigmund Herr zu Losenstein und dem Oberststallmeister Maximilian von Dietrichstein waren dies der Reichshofratspräsident Graf Johann Georg zu Hohenzollern, Adam von Wallenstein als Oberstlandhofmeister der Böhmischen Krone, Karl von Harrach sowie Graf Bruno von Mansfeld als Hauptmann der kaiserlichen Leibgarde. Diesen Funktionsträgern waren jeweils drei Bedienstete zugeordnet. HStA Dresden, OMaA F. 1, fol. 22’–26, 31; vgl. außerdem Loc. 10735/26, fol. 4 sowie die Furierzettel in Loc. 9936/43.
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zichtbar betrachteten Hofämter dar: Leibarzt, Hofkapläne, Hofzwerg, Kammerdiener, Barbier, Mundwäscherin, Leibschneider sowie Edelknaben. Hatte sich Maximilian 1575 ganz auf die Hofküche Augusts von Sachsen verlassen, brachte Matthias, der in dieser Frage ungern Risiken einging, zumal der kursächsische Hof ohnehin nicht als Hort besonderer kulinarischer Genüsse galt, 1617 eine Grundausstattung von Küchen- und Kellerpersonal mit. Das Gefolge König Ferdinands II. von Böhmen und Erzherzog Maximilians bestand aus 60 Personen.155 Rechnet man das 12 Personen umfassende Gefolge Kardinal Klesls hinzu, hatte Kurfürst Johann Georg I. 1617 367 Personen und 158 Pferde zu beherbergen, was ihn allerdings nicht vor ernsthafte Schwierigkeiten gestellt haben dürfte.156 Wie 1575 wurde auch 1617 auf die bei gesellschaftlichen Großereignissen sonst zahlreich vertretenen Hofämter der Mundschenken, Truchsessen und Vorschneider verzichtet, da diese Funktionen von hochrangigen Amtsträgern des gastgebenden Fürstenhofes ausgefüllt wurden. c) Materieller Aufwand der Kaiserreisen Kaiserliche Auftritte im Reich waren generell kostspielige Unternehmungen.157 Allerdings hing der finanzielle Aufwand stark vom jeweiligen Anlass ab. Bei Besuchen des Herrschers in der Residenz eines Reichsfürsten kam dieser in der Regel für Unterkunft und Verpflegung seines Gastes auf, zumal die Kaiser hier ohnehin mit einem eher bescheidenen Gefolge anreisten. Auf Reichsversammlungen wie im Rahmen von Durchzügen durch Reichsstädte oder Territorien trug der Kaiser den überwiegenden Teil der Kosten dagegen selbst. Mitreisende Mitglieder der kaiserlichen Familie, die über eigene Herrschaftsbereiche verfügten, bezahlten ihre Aufwendungen in der Regel aus der
155 HStA Dresden, OMaA F. 1, fol. 25–26. 156 Dazu kamen noch jene Gäste, die der Kurfürst anlässlich des Kaiserbesuches nach Dresden geladen hatte, wie etwa die beiden jungen Herzöge von Sachsen-Altenburg. 157 Einen Einblick in den finanziellen Aufwand des Kaiserhauses ermöglicht die Auswertung der Hofzahlamtsbücher, die für den Untersuchungszeitraum mit wenigen Ausnahmen für jedes Jahr erhalten sind. Hier finden sich allerdings nur all jene Ausgaben, die durch den Hofzahlamtsmeister auch verzeichnet wurden, nicht aber etwa der Austausch von Arbeitsleistungen oder Gütern. Die Hofzahlamtsbücher weisen damit aus, was in einem bestimmten Zeitabschnitt mindestens ausgegeben wurde. Die Hoffinanzprotokolle und Akten sind dagegen zwar oft ausführlicher gehalten, jedoch nicht in gleicher Weise seriell auswertbar, da sie nur lückenhaft erhalten sind. Vgl. im Folgenden Rauscher, Finanzen, S. 260–262, hier 261.
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eigenen Tasche.158 Da die Kaiser notorisch knapp bei Kasse waren, ersuchten sie vor allem finanzkräftige Reichsstädte wie Nürnberg, Augsburg oder Frankfurt am Main im Vorfeld von Kaisereinzügen und massiv während ihrer Anwesenheit vor Ort um Darlehen, mit denen nicht nur, aber auch die Kosten des Auftrittes gedeckt werden sollten.159 Wie hoch der finanzielle Aufwand bei einem Kaiserauftritt tatsächlich war, lässt sich aufgrund der diffusen Formen des kaiserlichen Finanzmanagements und den oft nicht minder diffusen Formen seiner Dokumentation nicht zuverlässig ermitteln. Die Angaben in den Hofzahlamtsbüchern wie in den Hoffinanzakten vermitteln jedoch immerhin einen Überblick über die verschiedenen Kostenarten und für ausgewählte Bereiche Aussagen zur potentiellen Höhe der Ausgaben. Grundsätzlich lassen sich Ausstattungskosten, Verehrungskosten und Zehrungskosten unterscheiden, wobei die letzte Kostenart den mit Abstand größten Anteil der Gesamtkosten ausmachte. Die Ausstattungskosten umfassten den Um- oder Neubau von Gebäuden, die Neueinkleidung der Hofbediensteten, die Anfertigung von Herrschaftszeichen, Rüstungen oder auch die Waffen der kaiserlichen Garde.160 Häufige Umbauten stellten zum Beispiel der Durchbruch von Wänden für einen Audienzraum, der Neubau von Verbindungsgängen zwischen dem Gemach des Kaisers und dem der Kaiserin oder Vorkehrungen für den Zugang des Kaiserpaars zur Kirche dar. Für die Ausstattung von Repräsentationsräumen vor Ort – so von Kirchen, Palästen oder öffentlichen Plätzen – wurden durch die kaiserlichen Hoftapeziere Tuche, Teppiche, Seidenwaren und Schmuckborten gekauft und verarbeitet.161 Bei Reichsversammlungen kam außerdem die Entlohnung der zu158 Für die nicht regierenden Familienmitglieder kam der Kaiser auf. So zahlte etwa Ferdinand I. für Hinreise und Unterkunft seines Sohnes, Erzherzog Ferdinand, 1558 in Frankfurt am Main eine Summe von 1.432 Gulden, was aber nur einen Teil der tatsächlich aufgewendeten Kosten darstellte. HKA Wien, HZB 1558, fol. 60’–61. 159 Vgl. zum Beispiel das dem Kaiser im Zusammenhang mit seinem Einzug von 1612 vom Nürnberger Rat gewährte Darlehen in: StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5, fol. 228. Für den Reichstag von 1570 gewährten die böhmischen Stände Maximilian II. einen Kredit über 118.657 Gulden. Rauscher, Finanzen, S. 261. 160 Ausführliche Angaben dazu finden sich sowohl in den Hofzahlamtsbüchern wie auch in extra angefertigten Verzeichnissen der für die Hofkleidung verwendeten Materialien, vgl. z.B. das Verzeichnis in AVA Wien, Familienarchiv Harrach, Kart. 797, unfol. 161 So verzeichnete der Hofzahlamtsmeister für den Einzug Maximilians II. 1566 in Augsburg z.B. folgende Ausgabenposten: 1.540 Gulden für neue Hellebarden und Hauben für die kaiserliche Garde, 144 Gulden für die neuen Ehrenkleider der vier Herolde, 410 Gulden für Seidenborten, Fransen, roten Samt, gelbgoldenes Tuch für einen goldenen Himmel und die Sessionen in der Augsburger Predigerkirche. HKA Wien, HZB 1566, fol. 50’–51’, 60f., 536, 600f. Ob auch die kurz vor dem Reichstag angeschafften
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sätzlich bestellten Reichshofräte dazu, deren Gehalt im Untersuchungszeitraum stark anstieg.162 Einen nicht unwesentlichen Anteil an den Gesamtkosten machten so genannte Verehrungen aus.163 Allerdings lässt sich diese Kostenart nicht klar von den Ausstattungs- und Zehrungskosten trennen. Denn mit dem inhaltlich unscharfen Begriff der Verehrung wurden sowohl materielle Leistungen des Kaisers als Entschädigung für bestimmte, von ihm eingeforderte Dienstleistungen bezeichnet, als auch jene Gaben, die als Ausdruck besonderer Gunst gegenüber dem Empfänger zu verstehen waren und keine direkte Reaktion auf erbrachte Leistungen darstellten. Im ersten Fall handelte es sich eigentlich um eine Art Arbeitslohn, auch wenn dieser bei besonderer Zufriedenheit des Kaisers deutlich höher als üblich ausfallen konnte, wodurch er letztlich mit einem Schenkvorgang zusammenfiel. So ließen die Kaiser etwa bei Einzügen in Reichsstädte jenen Personen, die sich bei der Organisation von Unterkunft, Verpflegung oder Unterhaltung besonders verdient gemacht hatten, Ringe, Ketten oder Ehrenbecher reichen.164 Da allein der Materialwert dieser Stücke zählte, entsprach diese Art der Gabe faktisch einer finanziellen Leistung. Auf der symbolischen Ebene demonstrierten künstlerisch gestaltete Objekte anstatt von Bargeld den herausgehobenen Rang des Empfängers, denn einfache Untertanen erhielten
Antwerpener Bildteppiche mit der alttestamentarischen Geschichte der Esther für den Reichstag gedacht waren, ist unklar, aber durchaus möglich, da Teppichserien regelmäßig die kaiserlichen Gemächer oder auch Versammlungsorte schmückten. 162 1566 zahlte der Kaiser den für den Reichstag bestellten Reichshofräten ein Salär von 5.256 Gulden (213–650 Gulden pro Person), beim Wahltag von 1612 waren es bereits 27.000 Gulden (1.500 Gulden pro Person). Vgl. die Kostenaufstellungen in HKA Wien, HZB 1566, fol. 232’–238’; ebd., HZB 1613–14, fol. 333’–342’. 163 Die Verehrungen werden gesondert in den Hofzahlamtsbüchern aufgeführt. Vgl. dazu bereits Rudolph, Fürstliche Gaben, sowie im Folgenden auch Kap. III.4. 164 Der Zunft der Zimmerleute, die beim Speyrer Reichstag 1570 einen Stall für den kaiserlichen Elefanten errichtet hatten, ließ Maximilian II. zum Beispiel einen Doppelpokal überreichen, der erhalten ist (Abb. in Klotz, Stadtgeschichte, S. 106). König Ferdinand I. ließ 1558 dem brandenburgischen Hofmarschall für die Organisation des kaiserlichen Geleits auf der Reise nach Frankfurt am Main Stoff für Ehrenkleider im Wert von 67 Gulden reichen; der kurmainzische Hofmarschall, der im Auftrag seines Landesherrn den Kaiser in Bad Mergentheim empfangen hatte, erhielt eine goldene Kette für 172 Gulden. Die englischen Komödianten, die beim Aufenthalt von Kaiser Matthias am Dresdner Hof auftraten, bekamen Geldbeträge zwischen 100 und 200 Gulden. Alle Belege in HKA Wien, HZB 1570, fol. 383; HZB 1558, fol. 104, 107; HZB 1617, fol. 90’
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in der Regel Geld.165 Die finanzielle Spannweite der Gaben reichte von einigen Pfennigen für Angehörige sozialer Unterschichten bis hin zu Objekten im Wert von mehreren tausend Gulden für Angehörige der politischen Elite im Reich. Die vom Kaiser ausgegebenen Summen variierten dabei je nach Anlass zwischen einigen tausend und mehreren zehntausend Gulden.166 Die Zehrungskosten umfassten die Transport-, Herbergs- und Proviantkosten. Die Beschränkung dieser Kosten stellte ein zentrales Ziel normativer Regelungsbemühungen der Kaiser im Kontext auswärtiger Auftritte im Untersuchungszeitraum dar. So legten die erstmals durch Kaiser Ferdinand I. erlassenen Furierordnungen für alle Hofämter genau fest, wie viele Personen, Gepäck, Kutschen, Lastwagen und Pferde Mitglieder des kaiserlichen Hofstaates bei Hofreisen mit sich führen durften.167 Sie wurden zumeist im Vorfeld eines bestimmten Ereignisses erlassen, beanspruchten aber darüber hinaus allgemeine Geltung. Die angegebenen Mengen spiegeln bei den oberen Hofämtern deren herausgehobenen sozialen Rang wider, bei mittleren und niederen Chargen richteten sie sich dagegen primär nach den Erfordernissen des jeweiligen Amtes.168 Dabei wurden die für die Amtsausübung notwendigen Güter auf Kosten des Kaisers transportiert; für ihren persönlichen Bedarf mussten die Hofbediensteten hingegen selbst aufkommen. Aufgrund der schlechten Zahlungsmoral seines Hof165 Vor solchen Ereignissen kaufte der Kaiserhof extra große Mengen an Trinkgeschirren und Schmuckstücken an, um vor Ort passende Gegenstände parat zu haben. 166 Der Reichstag von 1570 bildet mit Verehrungen im Wert von 4.000 Gulden eher die untere Grenze, wobei hier kleinere Bargeldgaben und die Geschenke an die französischen und spanischen Gesandtschaften, welche im Zusammenhang mit den beiden Hochzeiten der Kaisertöchter Anna und Elisabeth standen und allein nochmals deutlich über 5.000 Gulden ausmachten, nicht mitgerechnet sind. Vgl. auch die hohen Summen für die Kaiserbesuche in Dresden 1575 und 1617 in Kap. III.4. 167 HKA Wien, Instruktionen, Nr. 163; AVA Wien, Familienarchiv Harrach, Kart. 797, unfol.; Memorial der Reichshofskanzlei an die Hofkammer betreffs der Fuhren auf dem Reichstag von Regensburg 1613, in HKA Wien, Reichsakten 198, fol. 35–42. 168 Nach der von Maximilian II. im Vorfeld des Reichstages von 1566 erlassenen Verordnung standen etwa dem Obersthofmeister ein Wagen mit fünf Pferden, dem Obersthofmarschall einer mit drei sowie dem Oberstkämmerer und dem Oberststallmeister jeweils einer mit vier Pferden zu. Während den mittleren Hofchargen in der Regel eine Truhe à zwei bis drei Zentner bewilligt wurde, mussten sich einfache Bedienstete mit Truhenanteilen begnügen. HKA Wien, Instruktionen, Nr. 163, fol 5. Diese Verordnung wurde noch 1594 als verbindlich betrachtet. So beschwerten sich 1594 einige Konzipisten, dass der Oberststallmeister ihnen nur die Hälfte der ihnen zustehenden 1,5 Zentner bewilligt habe. Die Beschwerde wurde vom Futtermeister mit Verweis auf die Furierordnung von 1565 zurückgewiesen. HKA Wien, Reichsakten 160a, fol. 322– 326.
Der Kaiserhof als mobile Institution
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gesindes wurde der Kaiser häufig mit Klagen von Fuhrleuten über ausstehende Löhne konfrontiert. Maßnahmen wie etwa die Ermächtigung des Trabantenhauptmannes, alle Güter grundsätzlich erst nach Bezahlung der Transportkosten herauszugeben oder das Geld bereits vor dem Transport einzutreiben, um es ohne Verzögerung an die Fuhrleute auszahlen zu können, blieben weitgehend wirkungslos, weil sich auch der Kaiser bei der Bezahlung seiner Fuhrkosten mitunter Jahre Zeit ließ.169 Hier zeigt sich die hohe Diskrepanz zwischen Sanktionsandrohung und Sanktionsvollzug, die als typisch für die frühneuzeitliche Sanktionspraxis gelten kann. Maximilian II. erließ darüber hinaus erstmals eine Ordnung für die dem Kaiserhof nachziehenden Händler und Handwerker.170 Das vorrangige Ziel lag auch hier darin, die Zahl der Personen und die Menge der Güter zu beschränken, nachdem zuvor „ein Jeder seines gefallens unnd one erlaubnus aigne Cramereyen, und Werckstett aufgerichtet“, deren der Hof gar nicht bedurft hatte. Alle Händler und Handwerker, die vom Kaiser erwünscht waren, wurden namentlich aufgeführt und erhielten von der Hofkanzlei einen Freibrief, der sie von den üblichen Zöllen und Steuern befreite, die sonst vor Ort an die lokale Obrigkeit zu entrichten waren.171 Darüber hinaus wurde ihnen bei Strafandrohung auferlegt, den Hofbediensteten nur hochwertige Produkte zu angemessenen Preisen zu verkaufen und sofort ihre Geschäfte zu schließen, wenn der Kaiserhof von einem Ort aufbrach, damit die vor Ort ansässigen Händler nicht über Gebühr geschädigt wurden.172 Damit reagierte der Kaiser einerseits auf Beschwerden des Hofgesindes über die erheblichen Preissteigerungen unterwegs, bei denen die Händler ihre Monopolstellung ausnutzten, sowie andererseits auf die Klagen von lokalen Gewerbetreibenden, die Umsatzeinbußen
169 HKA Wien, Hss. 189, fol. 173. Die Transportkosten für Tapezerei auf der Rückreise von Frankfurt am Main nach Innsbruck 1562, die der Hoftapezier vorgestreckt hatte, bekam dieser erst zwei Jahre danach erstattet. HKA Wien, HZB 1564, fol. 171. 170 Die Verordnung wurde sehr wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Reise zur ungarischen Krönung Rudolfs II. in Pressburg 1572 erstellt. HStA München, KÄA 4459, Fasz. 11, fol. 307–315’. 171 Ebd., fol. 309. Darunter befanden sich etwa acht ‚Delikatessenhändler‘, drei Juweliere, sechs Bortenmacher und Federschmuckhersteller, fünf Harnischmacher, drei Sattler oder Sesselmacher, siebzehn Schneider, acht Schuster, fünf Goldschmiede oder Siegelund Formschneider, sechs Schwertführer sowie jeweils zwei Apotheker und Buchführer. Die Zahl der Hofhändler, die „Gulden stuckh, Samet, seiden, Tapezerey, Tuech und allerley Niderlendischen wharen“ anboten, wurde auf neun beschränkt, die der „gemainen Cramer“, die Handschuhe, Strümpfe oder Spiegel verkauften, auf neunzehn. 172 Angedroht wurden Strafen an Leib oder Gut oder Verlust der Hoffreiheit. Ebd.
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befürchten mussten und nicht selten auch noch die fähigsten Gesellen an die Hofhandwerker verloren. Zu den Transportkosten kamen die Herbergskosten, die der Kaiser allerdings nur für sein unmittelbares persönliches Umfeld zahlte und auch nur dann, wenn er nicht wie in Nürnberg in der Kaiserpfalz nächtigte. Auch bei den Proviantkosten kam der Kaiser nur für diejenigen Personen auf, die das Recht besaßen, an der kaiserlichen Tafel zu speisen. Zwar schenkte die jeweilige lokale Obrigkeit dem hohen Gast anlässlich seines Besuches traditionsgemäß regelmäßig eine bestimmte Menge an Naturalien, zumeist Fisch, Hafer und Wein, da diese Gaben jedoch eher symbolischer Natur waren, reichten sie für den tatsächlichen Bedarf des Kaiserhofes nicht annähernd aus.173 Denn den Reichsstädten ging es bei der Bemessung der Menge an Viktualien ganz besonders darum, den Eindruck zu vermeiden, sie seien womöglich zur Kostfreihaltung des Kaisers verpflichtet. Außerdem beauftragten die Kaiser regelmäßig bereits im Vorfeld die lokalen Obrigkeiten, genügend Vorräte an Nahrungs- und Futtermitteln für den Unterhalt des Kaiserhofes bereitzustellen, damit während des Aufenthaltes ausreichende Mengen zur Verfügung standen und nicht kurzfristig zu überhöhten Preisen eingekauft werden mussten.174 Bei längeren Aufenthalten im Zuge einer Reichsversammlung erließen sie außerdem regelmäßig Policeyordnungen, in denen die Preise für Nahrungs- und Futtermittel festgelegt wurden, um anlassspezifische Preiserhöhungen zu verhindern.175 Allerdings hielten sich keineswegs alle potentiellen Lieferanten an die Vorgaben, vor allem dann nicht, wenn durch schlechte Ernten oder eine unvorhersehbar lange Dauer der Reichsversammlung die Nahrungsmittel knapp wurden.
173 Vgl. dazu ausführlich Kap. III.4. Deshalb führten Küchen- und Kellerpartei beträchtliche Mengen an Nahrungsmitteln auf der Reise mit. 174 Hofkammerordnung Maximilians II. vom 1. Juli 1568, in Fellner / Kretschmayr, Österreichische Zentralverwaltung, Bd. 2, S. 349. Ebenso wurde bestimmt, dass die dem Kaiser unterwegs verehrten Lebens- und Futtermittel an die betreffenden Hofämter (Stallmeisteramt, Küchen-, Kelleramt) nicht nur weitergeleitet, sondern auch in die Rechnungslegung aufgenommen werden sollten, um persönliche Bereicherung durch einzelne Hofämterinhaber auszuschließen. 175 Diese im Vorfeld mit der reichsstädtischen Obrigkeit abgestimmten Ordnungen sind für alle Reichsversammlungen des Untersuchungszeitraumes handschriftlich und fast immer auch in gedruckter Form überliefert. Dazu Kohler, Wohnen; Aulinger, Alltag.
Zusammenfassung
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Zusammenfassung Die Häufigkeit und die geographische Reichweite der kaiserlichen Präsenz im Reich waren unter den einzelnen Kaisern sehr unterschiedlich ausgeprägt. Sowohl für die sechsjährige Regierungszeit Ferdinands I. als auch für das zwölfjährige Kaisertum Maximilians II. lässt sich eine starke Reisetätigkeit feststellen, die im Fall Ferdinands I. weite Teile der südlichen Hälfte des Reiches erfasste. Rudolf II. kam hingegen in den fünfunddreißig Jahren seiner Herrschaft gerade dreimal ins Reich, wobei er aufgrund der geographischen Lage der beiden Reichstagsorte Augsburg und Regensburg lediglich das Herzogtum Bayern passierte. Dies gilt auch für seinen Auftritt auf dem Wahltag von 1575, der ebenfalls in Regensburg stattfand. Matthias besuchte nur die beiden Reichsstädte Frankfurt am Main und Regensburg sowie die Residenzstadt Dresden. Anders als ihre Vorgänger im Spätmittelalter reisten die Kaiser gezielt zu bestimmten Anlässen ins Reich, vor allem im Zusammenhang mit Reichs-, Wahl- und Krönungstagen, wobei damit weitere Einzüge in Reichsstädte und in die Residenzen von Reichsfürsten verbunden waren. Diese beschränkten sich allerdings zunehmend auf den Süden des Reiches, so dass die politische Topographie der Kaiserauftritte im Gegensatz zum Hoch- und Spätmittelalter nunmehr mit wenigen Ausnahmen nur noch den oberdeutschen Raum des Reiches erfasste. Durch die Anwesenheit von ortsfremden Reichsständen umfasste der Resonanzraum der Kaiserauftritte allerdings ein erheblich größeres Gebiet als der Präsenzraum des Kaisers im Reich. Die Zeiträume, in denen die Kaiser im Reich präsent waren, hingen vom Anlass ihres Auftritts ab. Am kürzesten weilten sie in den reichsfürstlichen Residenzen, wo sie sich höchstens zwei Wochen aufhielten. Die Wahl- und Krönungstage einschließlich der Kaiserproklamation Ferdinands I. dauerten hingegen zwischen einem Monat bei Rudolf II. 1575 bis sieben Wochen bei Matthias 1612, wobei der längste Wahltag nicht zufällig jener war, bei dem der Wahlkandidat stark umstritten gewesen war. Dagegen führten Reichstage mit etwa zwei bis knapp acht Monaten zu einer deutlich längeren persönlichen Präsenz des Kaisers im Reich. Allerdings nahm die Dauer der Reichstage im Verlauf des Untersuchungszeitraumes ab. Sie sank von reichlichen fünf Monaten beim Augsburger Reichstag von 1559 auf knapp sechs Wochen beim Regensburger Reichstag von 1613. Ausnahmen von diesem Trend stellen der aufgrund des bevorstehenden Türkenfeldzuges mit reichlich zwei Monaten sehr kurze Augsburger Reichstag von 1566 und der auch aufgrund von Witterungsverhältnissen mit knapp sieben Monaten sehr lange Speyrer Reichstag von 1570 dar.
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Die zunehmende Beschränkung der kaiserlichen Auftritte im Reich, die sich unter den folgenden Kaisern fortsetzen sollte, wird zumeist mit einer Konzentration ihres politischen Engagements auf die habsburgischen Herrschaftsgebiete und die dort vorangetriebenen Prozesse der Herrschaftsverdichtung begründet. Schon die Sicherung der böhmischen und der ungarischen Krone bedingten eine hohe Mobilität innerhalb ihrer Hausmacht, selbst wenn die Kaiser nicht alle Landtage in Böhmen und Ungarn persönlich besuchten, zumal noch jene der österreichischen Erbländer hinzukamen. Für die ersten Kaiser des Untersuchungszeitraumes lässt sich allerdings durchaus noch ein intensives reichspolitisches Engagement feststellen, das auch zu einer starken persönlichen Präsenz im Reich führte. Außerdem können für den Rückzug der Kaiser aus dem Reich weitere Gründe angeführt werden. Offenbar bremste die Residenzenbildung in Regionen, die an der Peripherie des Reiches gelegen waren, das Engagement für kaiserliche Auftritte im Reich. Außerdem nahmen die Mitgliederzahl und die Ausstattung des kaiserlichen Hofes und damit auch der logistische Aufwand von Kaiserreisen im Untersuchungsraum stark zu. Durch die immer bessere Ausrichtung der Residenzen auf die Bedürfnisse des Monarchen stieg das subjektive Bewusstsein der mangelnden Bequemlichkeit bei Reisen, denn der in der eigenen Residenz vorhandene Standard ließ sich auswärts kaum erreichen. Dies galt besonders für die Kaiser des Untersuchungszeitraumes, deren Handlungsspielräume stark durch gesundheitliche Probleme eingeschränkt wurden. Die Vermeidung von Reisestrapazen bildete deshalb einen wesentlichen Grund für den Verzicht auf weite Reisen. Generell wurde bei Auftritten des Kaisers außerhalb seiner eigenen Territorien ein sehr hoher organisatorischer und materieller Aufwand getrieben, der die Position des Kaisers an der Spitze der Rangpyramide im Reich und darüber hinaus in Europa symbolisch evozieren und zugleich stabilisieren sollte. Bei allen längerfristigen Auftritten wurde deshalb fast der gesamte Hofstaat samt den Zentralbehörden mitgeführt, auch damit das Reichsoberhaupt unterwegs politisch und verwaltungstechnisch handlungsfähig blieb. Für die Zeiträume der Präsenz im Reich errichtete man vor Ort kaiserliche Residenzen auf Zeit, wobei der Kaiser und seine Familie die repräsentativsten Gebäude der gastgebenden Stadt beanspruchten und mit der Anbringung der eigenen Wappenschilde zugleich symbolisch besetzten. Die Organisation der kaiserlichen Auftritte lag primär in der Verantwortung der vier Obersthofämter unter Leitung des Obersthofmeisters; wichtige Funktionen übernahmen darüber hinaus aber weitere, eigens für diesen Zweck eingerichtete Unterämter wie die Hoffuriere, Futterschreiber oder Quartiermeister, die dem Kaiserhof regelmäßig vorausreisten und vor Ort die nötigen Maßnahmen trafen.
Zusammenfassung
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Dabei lässt sich im Untersuchungszeitraum eine starke Zunahme normativer Regelungen in Form von Dienstbestallungen, Hofordnungen oder Instruktionen feststellen, die im Wesentlichen auf die Klärung der Handlungskompetenzen von Hofämtern und die Vermeidung von unnötigem Aufwand bei Kaiserreisen ausgerichtet waren. Diese Mechanismen der Institutionalisierung bestimmter Praktiken im Zuge von Kaiserauftritten wurden zum Vorbild für ähnliche Regelungen an anderen Fürstenhöfen des Reiches, so etwa am bayrischen Hof. Allerdings wird man das Bild, das diese normativen Quellen vermitteln, im Hinblick auf seine Bedeutung für die Praxis relativieren müssen. Denn bei der Vorbereitung der Kaiserreisen lässt sich im Untersuchungszeitraum noch ein hohes Maß an Improvisation bei gleichzeitiger Orientierung an dem in den Quellen tradierten Verfahren feststellen. Wer an der Organisation einer Kaiserreise beteiligt war, schaute nicht in die eigene Dienstinstruktion, sondern in die für ihn greifbaren Verwaltungsakten, um sich zu informieren, wie das Verfahren in der Vergangenheit gehandhabt worden war. Auch die kaiserlichen Versuche der Aufwandsbeschränkung erwiesen sich letztlich als wenig erfolgreich, da sie dem genuinen Interesse der Kaiser selbst wie dem ihrer Hofchargen an einem möglichst glanzvollen Auftreten vor Ort widersprachen. Verdeutlicht wird dies nicht zuletzt durch das sehr große Gefolge bei Kaiserreisen, das jenes anderer Fürsten regelmäßig deutlich übertraf, um so den repräsentativen Führungsanspruch des Kaiserhofes im Reich zu untermauern.
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II. Adventus imperatoris – Der Einzug des Herrschers
Im Herrschereinzug als einer außerordentlich komplexen Aufführung flossen mehrere Traditionsstränge zusammen, die mit spezifischen Bedeutungsdimensionen verknüpft waren: das ausformulierte Adventuszeremoniell antiker Herrschaftsträger, der Triumphzug römischer Feldherren und Kaiser, zeitgenössische Imaginationsformen des Einzugs Christi in Jerusalem sowie nicht zuletzt die Possessio des neu gewählten Papstes in Rom.1 Vereinzelt schon zuvor, aber verstärkt seit der Mitte des 15. Jahrhunderts lässt sich bei Herrschereinzügen in Florenz, Neapel oder Mailand eine Rückbesinnung auf den antiken Triumphzug feststellen.2 Gleichzeitig wurden mittelalterliche Elemente wie die „lebenden Bilder“, die bis dahin religiöse, historische sowie aus der mittelalterlichen Epik entnommene Inhalte dargestellt hatten, nun mit Szenen aus der antiken Mythologie und Geschichte bestückt.3 Die Triumphidee, die solchen Inszenierungen zugrunde lag, wurde maßgeblich durch Petrarcas „Trionfi“ verbreitet – ein Werk, dessen illustrierte Druckausgaben als Vorbild für reale Einzugsinszenierungen dienten.4 Mit diesen Entwicklungen kamen die Habsburger schon aufgrund ihrer engen dynastischen Verflechtung mit oberitalienischen Fürstenhöfen frühzeitig in Kontakt.5 Vor dem Hintergrund der spezifischen Herrschaftsstrukturen im Reich stellt sich die Frage, wie stark diese Traditionen den Kaiseradventus tatsächlich zu prägen vermochten.
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Zum antiken Adventus stellvertretend Lehnen, Adventus principis; Dufraigne, Adventvs Avgvsti; zum Triumphzug Versnel, Triumphus; mit Zusammenfassung des älteren Forschungsstandes Auliard, Victoires et triomphes; Itgenshorst, Triumph; Berichte zum Einzug Christi in Jerusalem in Matth. 21.1; Joh. 12.2-16. Wichtig ist auch die Entwicklung bildlicher Imaginationen des Vorgangs. Dazu Witzleben / Wirth, Einzug in Jerusalem, in: RDK, Bd. 4, Stuttgart 1958, Sp. 1039–1060. Hier bildete der antike Kaisereinzug eine negative Bezugsfolie. Dazu Kantorowicz, King’s Advent; Stutzinger, Adventus. Zur Possessio des Papstes Carlen, Zeremoniell. Vgl. dazu Weisbach, Trionfi; Muir, Civic Ritual. Dazu mit weiterführender Literatur Helas, Lebende Bilder. Dazu Eisenbichler / Iannucci, Petrarch‘s Triumphs. Dies gilt ebenso für den monumentalen Triumphzug Andrea Mantegnas (1486–92) und die nach diesem Vorbild entstandenen graphischen Folgen, die auch außerhalb Italiens weite Verbreitung fanden. Vgl. dazu Martindale, Triumphs of Caesar; Ausstellungskatalog London (1992). Eine Vorbildrolle übernahm der Hof des 1569 zum Großherzog der Toskana erhobenen Cosimo I., dessen Sohn Francesco seit 1565 mit Johanna von Österreich verheiratet war.
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Der feierliche Einzug eines Herrschaftsträgers in eine Stadt stellt eine Sonderform der Processio, des feierlichen Auf- oder Umzuges dar, die in der Frühen Neuzeit ein zentrales Element städtischer und höfischer Festkultur verkörperte.6 Processiones wurden bei unterschiedlichen Gelegenheiten, in unterschiedlichen Formen und mit unterschiedlichen Zielen durchgeführt.7 Die Ereigniskontexte von feierlichen Aufzügen zählen überwiegend zu den Schwellenritualen, welche den Übergang von Individuen von einem bestimmten sozialen Zustand in einen anderen markieren und zugleich bewirken sollen.8 In dem damit verbundenen Schwebezustand, der liminalen Phase, erscheint die Notwendigkeit der visuellen Verkörperung bestehender oder durch das Ritual veränderter sozialer Ordnungen in Form eines Zuges, in dem jeder Teilnehmer für alle Anwesenden sichtbar seinen Platz und damit seine soziale Position zugeteilt bekommt, besonders hoch. Die Bindung des Kaisereinzugs an das Schwellenritual der Herrschererhebung zeigt sich darin, dass er zumeist nur dann besonders feierlich ausgestaltet wurde, wenn es sich um einen Ersteinzug im Sinne des ersten Einzugs in diese Stadt oder aber im Sinne des Einzugs auf den ersten Reichstag eines Kaisers handelte.9 Frühneuzeitliche Kaisereinzüge wurden in stadtgeschichtlichen Arbeiten zwar punktuell behandelt, jedoch häufig in deskriptiver Form und nie in vergleichender Perspektive.10 Auch die nach dem Zweiten Weltkrieg entstande6 Rudolph, Entrée; Roy / Kobler, Festaufzug, Festeinzug; allgemein zum Herrschereinzug Tenfelde, Adventus; Nieder, Festzüge; Schenk, Zeremoniell und Politik; Bojcov, Ephemerität. 7 Zu nennen sind hier die geistlichen Prozessionen an religiösen Feiertagen oder weltliche Processiones wie Herrschereinzüge, Leichenkondukte, Hochzeitszüge oder auch Hinrichtungszüge, auf der Ebene des Reiches auch die feierlichen Züge von Kaiser und Reichsfürsten zur Eröffnung und zum Schluss von Reichstagen oder im Rahmen der Herrschererhebung. Vgl. dazu Kap. IV.1. Zum Leichenzug als „umgekehrte[m] Adventus“ Tenfelde, fürstliche Einholung, S. 47. 8 Zu diesem Begriff van Gennep, Übergangsriten; Turner, Liminal Period. Allerdings kamen feierliche Aufzüge auch jenseits von Schwellenritualen vor. Hier können etwa Turnieraufzüge oder Fastnachtszüge genannt werden. Gerade der Fastnachtszug kann als Parodie der Processio verstanden werden, welche die Möglichkeit bot, die bestehende soziale Ordnung ironisch zu hinterfragen oder inszenatorisch umzukehren. 9 Zur Differenz zwischen Erst- und Folgeeinzug siehe auch Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 289–292. Im Reich waren zwei Ersteinzüge jedes Reichsoberhauptes möglich, wenn die Erhebung vivente imperatore stattgefunden hatte: jener als Römischer König und jener als Kaiser. 10 Oft war es ein Besuch des amtierenden Staatsoberhauptes, der die Beschäftigung mit Kaisereinzügen in der Vergangenheit auslöste. Bei vor 1900 erschienenen Publikationen handelt es sich oft nur um kurz eingeführte Quelleneditionen. Sie sind vor allem dann
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nen Arbeiten waren zumeist lokalgeschichtlich ausgerichtet.11 Dagegen stellte Winfried Dotzauer in seinem bis in die Antike ausgreifenden Aufsatz von 1973 wichtige Grundlinien der Entwicklung fürstlicher Einzüge bis zum Ende des Reiches dar.12 Seine Einschätzung, in der Neuzeit habe das „Überwuchern der formalen Elemente die ursprünglich religiösen und politisch-rechtlichen Grundbestandteile verdunkelt oder beseitigt“, kann als symptomatisch für die Bewertung des neuzeitlichen Herrschereinzugs in der älteren Forschung gelten.13 Zehn Jahre später beschäftigte sich Klaus Tenfelde unter dem anspruchsvollen, aber nur bedingt operationalisierten Leitbegriff der „Ikonologie“ mit der Entwicklung bildlicher Darstellungen von Herrschereinzügen.14 Diese in einschlägigen Zeitschriften veröffentlichten Beiträge blieben zunächst folgenlos. Erst als das Interesse der deutschen Forschung an Zeremoniell und politischen Ritualen insgesamt erstarkte, wurden unter neuen methodischen Vorzeichen Ablauf und Symbolik des Herrschereinzugs erforscht. Hervorzuheben ist Gerrit Jasper Schenks Studie zum spätmittelalterlichen Kaisereinzug, die sich eingehend mit der Genese einzelner Elemente und ihrer symbolischen Bedeutung auseinandersetzt.15 Die in der vorliegenden Arbeit im Zentrum stehende Frage nach den Funktionen des Kaiseradventus für die performative Herstellung des Reiches oder die im Adventus verkörperten Imaginationsformen dieses Herrschaftsgebildes spielt hier allerdings keine Rolle. Eine lange Tradition besitzt die Erforschung des Herrschereinzugs in Italien, da sich in diesem Raum schon früh eine sehr elaborierte Einzugskultur
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von Wert, wenn die Originaldokumente nicht erhalten oder schwer zugänglich sind. Vgl. dazu Albrecht, Könige; Ludwig, Straßburger Kaiserbuch; zu erbländischen Einzügen Feil, Einzug; Camesina, Feierlicher Einzug; Wünsch, Einzug. Unter diesen Arbeiten ragt die Arbeit von Albrecht Kircher über die Kaisereinzüge in Nürnberg hervor, die allerdings über weite Strecken nicht über eine detaillierte Beschreibung der Abläufe hinausgelangt. Sie ist außerdem durch die Vorstellung vom Niedergang des Kaisertums in der Frühen Neuzeit geprägt, was manche Bewertungen als überholt erscheinen lässt. Kircher, Kaiser; auch Peyer, Empfang des Königs; Drabek, Reisen. Dotzauer, Ankunft des Herrschers; zum Klostereinzug als Sonderform Willmes, Herrscher-,Adventus‘; sowie schon Koeppel, Profectio und Adventus; außerdem Boockmann, Einzug; Theo Kölzer: Art. Adventus regis, in: LexMA, Bd. 1, München 1980, Sp. 170f.; Niederstätter, Königseinritt. Dotzauer, Ankunft des Herrschers, S. 288. Tenfelde, historische Ikonologie; ders., fürstliche Einholung. Schenk, Zeremoniell und Politik; zum dort entworfenen Idealschema vgl. die Kritik von Bojcov, Ephemerität und Permanenz, S. 88. Zum frühneuzeitlichen Herrschereinzug vgl. auch Dmitrieva, Ephemere Architektur; sowie Löther, Inszenierung; zum Empfangszeremoniell bei Herrschertreffen im Mittelalter Hack, Empfangszeremoniell.
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nachweisen lässt.16 Seit Beginn der Neuzeit gilt dies auch für Herrschereinzüge in den Niederlanden; in diesem Rahmen wurden zum Beispiel jene Karls V. und seiner Statthalter in Antwerpen, Brügge, Gent oder Brüssel untersucht.17 Die Forschung betonte hier die rechtliche Qualität dieser „joyeuses entrées“, die den Herrschaftsantritt des Königs vor Ort bewirkten und nicht etwa nur abbildeten. Der Blick richtete sich dabei auch auf die Formen des Widerstandes durch die Untertanen, der sich in der Verweigerung des Einzugs oder in Herrscherkritik im Rahmen der Inszenierungen zeigte. Im Hinblick auf die Entwicklungen in Frankreich kam vor allem der 1986 erschienenen Arbeit von Lawrence Bryant über den Einzug der französischen Könige in ihre Residenzstadt Paris eine zentrale Bedeutung für spätere Arbeiten zu, welche die Perspektive dann zunehmend auf andere Städte des Königreichs ausweiteten.18 Für die „entrées solennelles“ Ludwigs XIV. als wichtige Akte herrscherlichhöfischer Selbstdarstellung liegen gleich mehrere Studien vor.19 Sie betonen unter dem Einfluss des Absolutismuskonzeptes übereinstimmend die starke Einflussnahme des Königs auf das ikonographische Programm wie auch auf die Formen seiner Fixierung in den Medien. Vor dem Hintergrund dieser Studien ist auch für den Kaisereinzug im Reich nach seiner rechtlichen Qualität, nach Praktiken des Widerstandes sowie nach der Rolle des Kaisertums für die Ausgestaltung solcher Akte zu fragen.20 Die Analyse des Kaisereinzugs konzentriert sich auf die Formen, in denen Reich und Kaisertum im Rahmen der Einzugsinszenierungen symbolisch vergegenwärtigt wurden. Die Analyse einer Vielzahl solcher Akte hat gezeigt, dass diese in Abhängigkeit von den sozialen und politischen Rahmenbedingungen sehr unterschiedliche Formen annehmen konnten. Deshalb wurde stellvertre16 Zuerst Burckhardt, Kultur der Renaissance; Mitchell, Majesty of the State; Muir, Civic Ritual; Mulryne / Shewring, Italian Renaissance Festivals; Baldwin, Bibliography; allgemein auch Warner, Ritual and Memory; Kipling, Enter the King. 17 Roeder-Baumbach, Niederländische Einzugsdekorationen; Arnade, Realms of Ritual; Kuyper, Triumphant Entry; Finger, Einzug; Blockmans, Dialogue imaginaire; Arnade, Secular Charisma; Becker, Artists; Smith, Triumphal Entry; Delfos, Volk und Fürst. 18 Bryant, King; Wagner / Vaillancourt, Roi; Wintroub, Civilizing the Savage; Cauchies, Royaume; McFarlane, Entry of Henri II; Desplat, entrées. Für England etwa Kipling, Anne Boleyn’s Royal Entry; Smuts, Public Ceremony; Marsden, Revival. 19 So u.a. Möseneder, Feste; Zanger, Scenes; für die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts auch Spagnolo-Stiff, Entrée solennelle. 20 Häufig findet sich die Bewertung, der Kaisereinzug im Reich habe keinen rechtlichen Gehalt besessen, vielmehr habe die empfangende Stadt auf diese Weise lediglich dem neuen Herrscher ihre Ergebenheit bekundet und sich selbst gefeiert. Dotzauer, Ankunft des Herrschers, S. 88; Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 409.
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tend für vier unterschiedliche Anlässe von Kaiserauftritten jeweils eine Stadt als Austragungsort für die Darstellung ausgewählt.21 Dabei werden für jede dieser Städte zwei möglichst zeitlich weit auseinander liegende Kaisereinzüge miteinander verglichen, um so mögliche Veränderungen der sozialen Praktiken oder der Modi der Zeichenverwendung im Zeitablauf erfassen zu können. Für die ausgewählten Ereignisse werden jeweils die politischen Verhältnisse vor Ort sowie aktuelle Konfliktlagen auf Reichsebene betrachtet, soweit diese Auswirkungen auf die Inszenierungen zeitigten oder den Rezipienten bestimmte Deutungsmuster nahelegten. Ein Schwerpunkt der Darstellung liegt auf der Zugordnung des Adventus in ihrer Funktion als gesellschaftlicher Ordnungsentwurf und zugleich gesellschaftliche Ordnungspraktik. Da schriftliche Festlegungen über die Ordnung feierlicher Aufzüge im Reich lediglich in Form der Goldenen Bulle Karls IV. von 1356 existierten (Tab. 3), ist zu fragen, welchen Einfluss dieses Reichsgesetz auf die Ausgestaltung der Kaisereinzüge tatsächlich ausübte.22 Schließlich ging die Goldene Bulle von der Anwesenheit aller Kurfürsten aus, die bei den Kaisereinzügen in der Neuzeit nie gegeben war, und sie regelte allein deren Positionierung. Für alle Ränge unterhalb dieser sozialen Ebene gab es nur das Herkommen, das im konkreten Fall erst zu ermitteln war und zudem leichter als schriftliche Rechtsnormen angefochten werden konnte.23 Überprüft wird zudem die These von der Säkularisierung des Kaisereinzugs als Folge der konfessionellen Spaltung.24 Zwei Dimensionen sind dabei zu unterscheiden: Inwieweit war der Wegfall religiöser Teilakte des Kaisereinzugs tatsächlich eine Folge der Reformation? Inwiefern wurden dem Herrschereinzug insgesamt re21 Anlass eines Kaisereinzugs konnte auch die militärische Unterwerfung eines Herrschaftsgebietes sein. Als ostentativer Endpunkt eines gewaltsam ausgetragenen Herrschaftskonfliktes stand dieser allerdings unter ganz anderen Vorzeichen. Diese Form kam im Untersuchungszeitraum nicht vor. 22 Nach Tenfelde dokumentiert die „beiläufig[e]“ Regelung des Adventus-Zeremoniells in der Goldenen Bulle den Verfall kaiserlicher Macht. Ders., fürstliche Einholung, S. 58f. Diese Bewertung verkennt jedoch die Funktion dieses Reichsgesetzes und seine eigentliche Absicht. Festgelegt wird hier kein Adventus-Zeremoniell, sondern die Prozessionsordnung der Kurfürsten auf Reichsversammlungen. Allgemein dazu Kunisch, Formen symbolischen Handelns; Spiess, Rangdenken und Rangstreit; Heinig, Verhaltensformen; Dotzauer, Überlegungen. Vgl. dazu auch Kap. IV.1. 23 Der von Karl V. auf dem Reichstag von 1532 unternommene Vorstoß zu einer Fixierung der Präzedenz für die Ränge unterhalb der Kurfürsten blieb aufgrund der reichsfürstlichen Gegenwehr erfolglos. Die Regelung war hier auch viel schwieriger, da wesentlich mehr Akteure betroffen waren. 24 Kircher, Kaiser, S. 48; Dotzauer, Ankunft des Herrschers, S. 288; Tenfelde, fürstliche Einholung, S. 45, 55 u.a.; Löther, Inszenierung, S. 120.
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ligiöse Dimensionen eingeschrieben, welche von der konfessionellen Spaltung nicht tangiert wurden oder diese sogar bewusst negierten? Im Hinblick auf die eingangs vorgenommene Definition der Begriffe Ritual, Zeremoniell und Performanz wird gefragt, ob es sich beim Kaisereinzug um einen rituellen oder eher um einen zeremoniellen Akt handelte und worin genau sein performativer Charakter bestand. Im ersten Unterkapitel geht es am Beispiel der Reichsstadt Nürnberg um Einzüge im Rahmen von Kaiserreisen, bei denen die Stadt nur als Durchgangsstation diente. Nürnberg stellt schon deshalb ein lohnendes Untersuchungsobjekt dar, da sich hier eine sehr elaborierte Formensprache finden lässt, welcher eine hohe Aussagekraft für die Formen der Imagination und Deutung des Reiches im Rahmen solcher Inszenierungen zukam. Dieses Unterkapitel nimmt den meisten Raum ein, weil hier bestimmte Elemente des Kaisereinzugs erstmals beschrieben werden, während in den folgenden dann primär das Ausmaß an Übereinstimmung oder Abweichung festgehalten wird. Im zweiten Unterkapitel werden am Beispiel Regensburgs Herrschereinzüge im Kontext von Reichstagen analysiert, denn Regensburg war jene Reichsstadt, die sich im 17. Jahrhundert als Austragsort der Reichstage durchsetzen sollte. Das dritte Unterkapitel widmet sich den Herrschereinzügen im Kontext von Wahltagen. Der Blick richtet sich auf die Reichsstadt Frankfurt am Main, deren Funktion als Wahl- und Krönungsstadt zu Beginn des Untersuchungszeitraumes einsetzte und sich an dessen Ende bereits verfestigt hatte. Mit dem Verzicht auf die Krönung in Aachen stellt sich hier auch die Frage, ob der Wegfall des feierlichen Einzugs eines gewählten Herrschers in die Krönungsstadt in irgendeiner Form kompensiert wurde.25 Im vierten Unterkapitel werden die Kaisereinzüge in Fürstenresidenzen am Beispiel der kursächsischen Residenz Dresden analysiert, wobei im besonderen zu fragen ist, in wie weit die Inszenierungen hier das Reich als einen übergeordneten Herrschaftsverband imaginierten oder nicht vielmehr vor allem der Selbstdarstellung des gastgebenden Fürsten dienten.
25 Siehe die Berichte für 1531 bei Pesel, Warhafftyge und aigentliche Verzaichnüs, o.S.; Beschreibung der einreittung (1520); Römischer und Hispanischer Künigklicher Maiestat Einreytten (1520); Eyntzug (1520); außerdem Sieber, Volksbelustigungen, S. 40f.; Reumont, Kaiser Karls V. Krönung; Fromm, Zeitgenössische Berichte. Die Einbeziehung von Stadt und Stift dokumentierte sich in besonderen Rechten. So erhielt etwa die Stadtwache das königliche Reittier. Vgl. dazu Keussen / Scheins, Rechte der Aachener Münsterkirche.
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1. Auf dem Weg – Die Kaisereinzüge in Nürnberg Nürnberg gehörte sowohl im Hinblick auf die territoriale Ausdehnung wie auch auf die Einwohnerzahl zu den größten Städten im Reich.26 Begünstigt durch seine Lage in der geographischen Mitte des Reiches und an der Kreuzung wichtiger Fernverkehrsstraßen diente die Stadt als Wirtschafts- und Handelszentrum nicht nur innerhalb des Reiches, sondern auch auf europäischer Ebene. Ihre Sonderstellung dokumentierte sich im Besitz wichtiger Privilegien sowie in ihrer Geschichte als Kaiserpfalz und Schauplatz wichtiger Reichsversammlungen. Die Goldene Bulle (Art. XXIX.1) legte fest, dass in Nürnberg der erste Reichstag unter einem neuen Kaiser stattfinden sollte. Seit 1424 bewahrte die Stadt außerdem die Reichskleinodien auf – ein Sachverhalt, der das Selbstverständnis der Stadt als Hauptstadt des Reiches maßgeblich prägte und der bis zur Reformation in den jährlichen Heiltumsweisungen auch öffentlich zelebriert wurde.27 Da Nürnberg im Spätmittelalter zeitweise als Kaiserresidenz gedient hatte, konnte die Stadt im 16. Jahrhundert bereits auf eine lange Tradition an Kaiserbesuchen zurückblicken. Von Heinrich III. bis hin zu Maximilian II. sind für alle regierenden Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Besuche in Nürnberg nachweisbar.28 Besonders im 14. Jahrhundert erlebte Nürnberg eine Vielzahl von kaiserlichen Auftritten, die später nicht mehr erreicht wurde.29 So folgte 26 Im Untersuchungszeitraum hatte die Stadt etwa 40.000 bis 50.000 Einwohner. Vgl. dazu Mende, Nürnberg; Ausstellungskatalog Nürnberg (1986); Neuhaus, Nürnberg – europäische Stadt (besonders die Beiträge von Alois Schmid, Dieter J. Weiß und Helmut Neuhaus); Schneider, Nürnbergs große Zeit; Endres, Kaiserstadt; Seyboth, Reichsstadt und Reichstag; ders., Reichsstadt und fürstliche Residenz; Ausstellungskatalog Nürnberg (2002); allgemein Moraw, Hauptstädte. 27 Damit verbunden war die Anwesenheit von Vertretern des Nürnberger Rates bei der Herrschererhebung. Dazu Schnelbögl, Reichskleinodien; Endres, Kaiserstadt; zur Heiltumsweisung Machilek, Nürnberger Heiltumsweisungen; allgemein Kühne, Ostensio reliquiarum. Nach 1525 wurde die Reichsreliquienschau ihres offiziellen und liturgischen Charakters entkleidet und beschränkte sich nun auf das gelegentliche Besichtigen durch hochgestellte Persönlichkeiten gegen ein Entgelt. Vgl. etwa die Beschreibung der Heiltumsweisung für die geistlichen Kurfürsten auf dem Kurfürstentag von 1611. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 134 Nr. 6. 28 Zur Anwesenheit der Kaiser seit dem 11. Jahrhundert siehe Goez, Nürnberg, S. 12, dort etwa für Karl IV. ca. 50 Aufenthalte, für Ludwig den Bayern 74; geringere Zahlen bei Mende, Nürnberg, S. 334; siehe auch die Aufstellung bei Schmid, civitas Nuremberch, S. 13; außerdem Ausstellungskatalog Nürnberg (1986); sowie die Berichte in CDS, Bd. III, S. 354–387, Bd. XI, S. 513–19, 521–26, 499–503. 29 Die Kaiser Friedrich III., der die Stadt sechsmal (Ersteinzüge als Römischer König 1442, als Kaiser 1471) aufsuchte, und Maximilian I., der die Stadt dreimal (Ersteinzüge
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Karl V. den mehrfachen Einladungen des Nürnberger Rates – etwa 1521, 1532 und 1539 – nicht. Zum einen war die Stadt 1525 endgültig protestantisch geworden, zum anderen hielt sich der Kaiser die längste Zeit seines Regiments ohnehin außerhalb des Reiches auf.30 Erst in der Phase seiner längerfristigen Anwesenheit im Reich zwischen 1541 und 1551 kam Karl V. sogar mehrfach nach Nürnberg, allerdings standen all diese Kaisereinzüge im Zusammenhang mit Reisen zu anderen Orten im Reich. Denn an den fünf Reichstagen, welche die Stadt Nürnberg in diesem ‚Jahrhundert der Reichstage’ ausrichtete, nahm der Kaiser selbst nicht teil.31 Karl V. besuchte die Stadt auf der Reise zum Regensburger Reichstag von 1541 sowie auf jener zum Augsburger Reichstag von 1547/48.32 Vor allem der Einzug von 1541 sollte sich als maßgeblich für das zeremonielle Verfahren erweisen, welches die Kaisereinzüge im Untersuchungszeitraum auszeichnete. Im Untersuchungszeitraum kam es in Nürnberg zu drei Kaisereinzügen. Bei zwei Ereignissen handelte es sich um Ersteinzüge: Kaiser Maximilian II. zog am 7. Juni 1570 auf seiner Hinreise zum Speyrer Reichstag in die Stadt ein; Kaiser Matthias hielt am 2. Juli 1612 auf der Rückreise von Frankfurt nach Prag seinen feierlichen Einzug als Reichsoberhaupt.33 1562 und 1580 wäre es beinahe zu zwei weiteren Ersteinzügen eines Reichsoberhauptes gekommen. Nachdem die Stadt 1562 bereits mit den Vorbereitungen begonnen hatte, sagte Ferdinand I. jedoch aufgrund der Pestgefahr kurzfristig den bereits zugesagten Besuch auf der Reise zur Königswahl in Frankfurt ab.34
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als König 1489, als Kaiser 1512) besuchte, weilten deutlich seltener vor Ort. Vgl. dazu Baader, Friedrichs III. Einritt; Seyboth, Reichsinstitutionen, S. 102; zu späteren Kaiserbesuchen Neuhaus, Realität und Romantik, S. 60–66. Vgl. dazu allgemein Pfeiffer, Quellen; Schmidt, Reichsstädte, Reich und Reformation; Vogler, Nürnberg 1524/25; Rittgers, Private Confession. Die Reichstage von 1522, 1522/23, 1524, 1542 und 1543 fanden in Nürnberg statt. Dazu allgemein Kohnle, Reichstag und Reformation. Der letzte Kaisereinzug auf einen Reichstag erfolgte in Nürnberg durch Friedrich III. 1487. Schon auf dem Weg nach Sachsen im Rahmen der militärischen Auseinandersetzungen mit dem Schmalkaldischen Bund hatte der Kaiser Nürnberg passiert. Vgl. Kircher, Kaiser, S. 73–107 und StA Nürnberg, Rst. N., SIL 134 Nr. 17–19, 22. Maximilian II. besuchte die Stadt erneut auf der Rückreise von Speyer nach Prag am 29.12.1570. Matthias war am 05.05.1612 auf der Hinreise zum Wahltag in Nürnberg eingetroffen. Dazu Franz, Nürnberg, S. 207. Ferdinand I. hatte die Stadt als Statthalter Karls V. 1521 und erneut als Römischer König 1540 besucht. 1521 wurde Ferdinand I. besonders feierlich empfangen, weil die Stadt mit einem Besuch Karls V. gerechnet und sich bereits darauf vorbereitet hatte. Vgl. dazu Baader, Einreiten zu Nürnberg. Außerdem kam er am 11.02.1558 auf seiner Reise auf den Frankfurter Kurfürstentag nach Nürnberg. Jedoch
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Dasselbe geschah im Vorfeld des Kurfürstentags von 1580, der in Nürnberg hatte stattfinden sollen, jedoch nicht zustande kam. Sowohl 1562 und erneut 1565 hatte der Nürnberger Rat außerdem um die Ausrichtung des zukünftigen ersten Reichstags Maximilians II. gebeten.35 Sobald Augsburg als Tagungsort feststand, protestierten die Nürnberger energisch. In seinem Bescheid an die Stadt, der nicht als „Zeichen der Ungnade“ verstanden werden solle, verwies Maximilian II. bezeichnenderweise auf die vorhergehenden drei Kaiser, die auch andere Orte für ihren ersten Reichstag gewählt hatten.36 Das Anerbieten des Reichsvizekanzlers, einen Revers zu beschaffen, der das Recht Nürnbergs auf den ersten Reichstag bestätigte, lehnten die Nürnberger ab, „weil solchs ein Privatwerck, unnd die Reichsstend davon kein Wissenschaft erlangeten.“37 Um die notwendige Öffentlichkeit für diesen Sachverhalt herzustellen, bestanden sie auf einem entsprechenden Vermerk im Reichsabschied, was auch umgesetzt wurde.38 Beim ersten Reichstag des Kaisers Matthias von 1613 hatte sich die Lage hingegen geändert. Die Stadt, die im Herbst 1611 einen Kurfürstentag ausgerichtet und 1612 zweimal den Kaiser beherbergt hatte, versuchte nun mit allen Mitteln, einen Reichstag in den eigenen Mauern zu vermeiden. In seinem Schreiben an den Mainzer Kurfürsten sowie an den Kaiser, der Nürnberg tatsächlich in Betracht gezogen hatte, führte der Nürnberger Rat gleich mehrere Gründe an, warum ein Reichstag „für dißmal von derselben abgewendet werden möge.“39
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handelte es sich hier nicht um einen Ersteinzug, so dass der Einzug ohne Feierlichkeit geschah. Vgl. Kircher, Kaiser, S. 108f. HHStA Wien, RK RTA 46, fol. 11, Schreiben des Rates an Maximilian II. vom 21.01.1565. Zasius behauptete gegenüber Albrecht V. von Bayern, Nürnberg habe sich vor allem „der höffligkayt wegen“ um den Reichstag bemüht und nicht, weil man den Reichstag tatsächlich in den eigenen Mauern hätte haben wollen; diese Einschätzung erscheint jedoch aufgrund der mehrfachen Anfragen nicht ganz überzeugend. Auf der anderen Seite betonte die Stadt auch deshalb ihre Bereitschaft, um nicht Gefahr zu laufen, dieses Privileg zu verlieren. HStA München, KÄA 4310, fol. 49f. HHStA Wien, RK RTA 46, fol. 12, Schreiben vom 09.02.1565. StA Nürnberg, Hss. 32 (Müllners Annalen), fol. 2256. Reichsabschied von 1566, § 180, in: Neue und vollständigere Sammlung der ReichsAbschiede, Tl. 3, S. 239: Durch die Wahl Augsburgs soll „gedachter Unser und des Heil Reichs Stadt Nürnberg an ihren alten Herkommen / Gewonheit und Gebrauch / auch der Gülden Bullen Haltung halben […] nichts nicht derogirt, abgebrochen und benom[m]en seyn/ dieses auch, was nach Unser jetziger Zeit Gelegenheit des ReichsTags halben fürgangen, in künfftigem zu keinem Exempel oder Folge, genannter Stadt Nürnberg zu nachtheil, gezogen und eingeführt werden.“ Alle Zitate im Folgenden HHStA Wien, MEA RTA 107a, Schreiben 101 vom 22.10.1612 (Nürnberger Rat an Kurmainz).
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Hatten sich die Nürnberger zuvor bei der Ausrichtung des ersten Reichstags regelmäßig auf die Goldene Bulle berufen, erklärten sie nun plötzlich selbst, dass dieses Reichsgesetz ja auch in der Vergangenheit nicht strikt angewendet worden sei. Außerdem könne man aufgrund des Bevölkerungswachstums und der schlechten Ernte „ein solch Menge Volcks, so bei bevorstehendem, sonderlich bei Kais. Maj. erstem Reichstage zusammenkommen wirdt“, auf keinen Fall versorgen. Darüber hinaus gebe es andere Probleme, die dafür sorgen würden, „dass ein solche Conventus zu des ganzen Reichs nachtheil, vor entlichem schluß sich Zerschlagen müsste.“ Der Grund für die ablehnende Haltung lag jedoch weniger in der Angst vor konfessionellen Konflikten zwischen der protestantischen Bürgerschaft und katholischen Reichstagsbesuchern. Vielmehr hatte der Rat angesichts der leeren Stadtkasse die hohen Kosten im Blick, die bei einem solchen Großereignis angefallen wären.40 Für die Analyse ausgewählt wurden die feierlichen Ersteinzüge der Kaiser Maximilian II. am 7. Juni 1570 und Matthias am 2. Juli 1612. Ausschlaggebend für diese kaiserlichen Auftritte dürfte eine Gemengelage von unterschiedlichen Motiven gewesen sein. Zunächst bot sich ein Zwischenstopp in Nürnberg für beide Kaiser auf der Reise von Prag ins Reich schon aus logistischen Gründen an: Die Stadt lag direkt auf dem Weg. Eine wesentliche Rolle dürften finanzielle Überlegungen gespielt haben. Gerade große Reichsstädte gingen die Kaiser bei ihren Aufenthalten regelmäßig um Darlehen an.41 Dabei versprach die persönliche Intervention mehr Aussicht auf Erfolg als eine Anfrage über Dritte oder auf schriftlichem Weg. Darüber hinaus dienten die Besuche der Beziehungspflege zwischen der Reichsstadt und ihrem Stadtoberhaupt: Ostentativ zur Schau gestellte Kaisernähe gehörte in Nürnberg, dem „domicilium Caesaris“, in besonderem Maße zum Selbstverständnis des Patriziats.42 Die Kaiser besuchten nach eigenen Angaben schon deshalb gern die Stadt, weil sie deren „alte vertrauligkeit
40 Für den Kurfürstentag von 1611 hatte die Stadt 19.760 Gulden, für die Einzüge Matthias’ von 1612 21.383 Gulden ausgegeben. Kostenrechnungen in StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 3f. 41 Hatte Maximilian 1570 vor allem für die beiden Hochzeiten seiner Töchter Elisabeth und Anna mit Philipp II. von Spanien und Karl IX. von Frankreich erhebliche Geldsummen benötigt, so wusste 1612 die kaiserliche Hofkammer kaum, aus welchen Mitteln sie die Ausgaben für die Wahl und Krönung in Frankfurt am Main bestreiten sollte. Kaiser Matthias verlangte deshalb ein Darlehen von 50.000 Gulden und 400 Zentner Pulver, gewährt wurden offenbar nur 30.000 Gulden. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 227’. Vgl. dazu auch Kircher, Kaiser, S. 171. 42 Dazu Endres, Kaisertreue.
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gegen dem hause Österreich“ zu schätzen wussten.43 Da die Stadtobrigkeit den persönlichen Kontakt zum Kaiserhaus als wichtiges Instrument für die Durchsetzung eigener politischer Interessen betrachtete, bemühte sie sich, den kaiserlichen Aufenthalt vor Ort möglichst angenehm zu gestalten. a) Organisatorische Maßnahmen im Vorfeld Ein Kaisereinzug stellte für den Gastgeber generell eine unsichere Sache dar. Deshalb bestand die erste Amtshandlung des Nürnberger Rates darin, durch eine Anfrage beim Kaiserhof abklären zu lassen, ob der Kaiser tatsächlich gedachte, der Stadt einen Besuch abzustatten.44 So schickte der Rat sowohl 1570 als auch 1612 eine Abordnung nach Prag, die den Kaiser offiziell nach Nürnberg einladen und zugleich herausfinden sollte, wann der Kaiser in Nürnberg erscheinen würde und welche Wünsche er hinsichtlich des eigenen Aufenthalts hegte.45 Die Rede, mit welcher der Nürnbergische Gesandte Thomas Löffelholz dem Kaiser bei seiner Audienz in Prag am 10. Februar 1570 gegenübertrat, zeichnete sich durch die in diesem Zeitraum üblichen floskelhaften Formen öffentlichoffizieller politischer Kommunikation aus.46 So bat er den Kaiser, die Stadt, die „von kais. Maj. bisher sowohl als von derselben hochlöblichsten Vorfahren allwegen geliebt und in besonderen Gnaden bedacht gewesen“, zu besuchen und „vom Rahte und der Bürgerschaft allergnädigste Huldigung und Pflicht anzunehmen.“47 Damit wurde das traditionell enge Verhältnis zum Kaiser be43 StA Nürnberg, Rst. N., RV 1313, fol. 4’, Johann Ulrich Zasius gegenüber dem städtischen Gesandten Thomas Löffelholz während dessen Audienz in Prag am 10.02.1570. 44 Die Bezeichnung bezieht sich hier auf den so genannten Kleinen Rat, der sich aus 34 patrizischen Räten und 8 Handwerkern zusammensetzte. Die Arbeit erledigten die 13 älteren und die 13 jüngeren Bürgermeister, die jeweils paarweise zusammenarbeiteten. Das eigentliche Entscheidungsgremium, das die beiden Losunger und der Reichsschultheiß anführten, bildeten die sieben Herren Älteren. Dazu ausführlich Endres, Verfassung, S. 209f. 45 1570 war die Erfahrung der kurzfristigen Absage Ferdinands I. von 1562 samt den umsonst aufgewendeten Kosten dem Nürnberger Rat noch sehr präsent. 1612 wurde Bernhard Praetorius dem Kaiser entgegengeschickt. Vgl. zu diesem auch Kap. V.2.d. 46 Er wünschte dem Herrscher zudem „lange Gesundheit und allen glücklichen Zustand zur Regierung und […] erweiterten Ruhm“. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 6 (I), fol. 7’. Vgl. Althoff, Formen und Funktionen; Braungart, höfische Rede; Kopperschmidt, Politik und Rhetorik; Mertens, Rede. Zum Sprechakt Austin, Performative Äußerungen. Bestimmte Wendungen können als expressive, direktive oder kommissive Sprechakte im Sinne Searls charakterisiert werden. Searle, Sprechakte, S. 34. 47 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 6 (I), fol. 7’.
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tont, auch wenn dies in der Vergangenheit keineswegs zu allen Kaisern bestanden hatte, und zugleich die Bereitschaft zur Leistung der Huldigung artikuliert, ja sogar um diese gebeten. Dabei bezeichnete sich der Nürnberger Rat explizit als „gehorsame Unterthanen und getreue Lehnleute“.48 Wesentlich ist die in diesem Kontext singuläre Erwähnung des direkten Lehnsverhältnisses, in dem die Reichsstadt zum Monarchen stand. Auch wenn sich dieses nicht auf Kaiser und Reich, sondern vielmehr auf das Königreich Böhmen bezog, so wurde doch hier ganz bewusst auf eine Qualität des Herrschaftsverhältnisses hingewiesen, welche Nürnberg von der Mehrzahl anderer Reichsstädte unterschied.49 Sie förderte das Bewusstsein eines Sonderstatus’ unter den Reichsstädten und floss in einen spezifisch adligen Habitus ein, den das patrizische Stadtregiment im direkten Kontakt mit dem Reichsoberhaupt an den Tag legte. Außerdem sagte der Rat dem Kaiser als seinem „von Gott dem Allmächtigen vorgesetzten Haupt und einzigen rechten und natürlichen Herrn“ seine „allerunterthänigste, schuldige, gehorsame und getreue Dienstbarkeit“ zu.50 Allerdings wurde diese Aussage, die zu dem an dieser Stelle üblichen Vokabular der Unterwerfungsrhetorik gehört, durch die Einschränkung konterkariert, die Stadt wolle dies „nach ihrer geringfügigen Möglichkeit nach Gebühr“ tun. In dieser Aussage schwang die Furcht vor zu hohen Forderungen des Kaisers mit. Die Bitte, ‚nicht über Gebühr‘ belastet zu werden, stellt geradezu einen Topos reichsstädtischer Argumentationsformen gegenüber dem Kaisertum dar.51 Nach der positiven Rückmeldung vom Kaiserhof begannen die Vorbereitungen der Stadt. Dabei lässt sich ein hohes Maß an Professionalität und Effizienz feststellen, das vor allem aus der präzisen Dokumentation vorangegangener Kaisereinzüge resultierte. Auf dieser Grundlage erstellten die Obersten Kriegsherren, in deren Verantwortung ein Großteil aller Vorbereitungen lag, ein Gutachten darüber, welche Maßnahmen zu ergreifen waren.52 Drei Bereiche obrigkeitlichen Handelns lassen sich dabei unterscheiden: Reprä48 49 50 51
Ebd. Vgl. dazu auch die Analyse des Belehnungsaktes von 1612 in Kap. IV.3. Zitate hier und im Folgenden StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 6 (I), fol. 7’. Löffelholz offerierte aber nicht nur Leistungen der Stadt, sondern er erbat auch Gegenleistungen. So sollte der Kaiser die „verschiedene[n] Geschäfte“ der Stadt, mit „allergnädigster Beförderung und Gnaden“ unterstützen. Ebd. Die durch den Vizekanzler Johann Ulrich Zasius vorgetragene Antwort des Kaisers bestand in der üblichen, allgemein gehaltenen Zusicherung kaiserlicher Zuneigung und Gnade. Zu den Sprechhandlungen im Rahmen solcher Akte ausführlich Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 403–426. 52 Für 1612 konnte man auf den Bericht des Ratsschreibers Wolf Hofmann über den Kaisereinzug von 1570 zurückgreifen. Dazu Kircher, Kaiser, S. 114; auch Kap. VI.1.a.
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sentation, öffentliche Sicherheit sowie Versorgung der Gäste.53 Die Fragen des Zeremoniells und der Repräsentation betrafen sowohl den feierlichen Einzug des Herrschers als auch die im Anschluss durchgeführten Fest- und Investiturakte (Tab. 5.1).54 Den meisten Aufwand verursachte der Herrschereinzug. Zwar hatte sich der Nürnberger Rat auch schon im Vorfeld der Kaisereinzüge von 1541 und 1570 in einzelnen Fragen des Einzugszeremoniells mit dem Kaiserhof abgestimmt, einen wirklichen Versuch der Steuerung unternahm dieser jedoch erst beim Einzug von 1612, als der kaiserliche Obersthofmarschall vom Nürnberger Rat einen Bericht über die Abläufe von 1570 anforderte.55 Am Vortag des Einzugs trafen sich beide Seiten extra in Heilsbronn, um letzte Details der Inszenierung abzustimmen, denn dem Rat war 1612 besonders daran gelegen, die Abläufe zur Zufriedenheit des Kaisers zu gestalten, weil er sich noch gut an die ungnädige Stimmung erinnerte, in der Matthias 1582 die Stadt verlassen hatte.56 Viel Energie verwandte der Nürnberger Rat im Vorfeld auf die Klärung der strittigen Geleitsfrage.57 Ansprüche erhoben neben der Reichsstadt Nürnberg der Markgraf von Brandenburg-Ansbach und der Kurfürst von der Pfalz. Stark umstritten war das Geleitsrecht vor allem zwischen Nürnberg und Brandenburg-Ansbach. Die Markgrafen beanspruchten das Geleit bis unmittelbar vor die Tore der Stadt und gelegentlich sogar innerhalb der Stadtmauern. Beim Einzug Ferdinands I. 1558 war es deshalb zu einer gewaltsamen Auseinander-
53 Zu den Sicherheitsmaßnahmen gehörte etwa die Bestellung zusätzlicher Wachen, der Erlass von Policeyordnungen mit Bestimmungen hinsichtlich Ausgang sowie Verhalten der Bevölkerung gegenüber Fremden und Feuerschutz. Die Maßnahmen zur Versorgung der Gäste konzentrierten sich auf die Bereitstellung und Herrichtung von Quartieren und Stallungen sowie das Anlegen von Nahrungsmittel- und Futtervorräten. Vgl. auch Kircher, Kaiser, S. 111–118, 149–155. 54 Bei Huldigungen waren etwa die betreffenden Räume mit Wandteppichen, Thronen und Tribünen herzurichten. Je nach Menge und Rang der gabenfähigen Gäste ließ der Rat außerdem einen Vorrat an Geschenken anschaffen. Vgl. dazu Kap. III.4. 55 StA Nürnberg, Rst. N., RV 1871, fol. 57. 56 Der Erzherzog besuchte die Stadt nach seinem glücklosen Engagement als Statthalter der Niederlande. Als die Nürnberger ihm ein Darlehen verweigerten, verließ er Nürnberg ohne Abschied. Vgl. dazu Kircher, Kaiser, S. 144. Vgl. außerdem, Kap. IV.1.d. 57 Dies dokumentiert der breite Raum, den diese Frage in den städtischen Aufzeichnungen über die Kaisereinzüge einnimmt. Vgl. z.B. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 12–25. 1612 bat die Stadt den Kaiser in einem Schreiben vom 04.12.1612, er möge beim Reichskammergericht darauf dringen, dass in dieser Frage endlich ein Urteil gefällt werde. StA Nürnberg, Rst. N., BB, Nr. 230a, fol. 172.
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setzung zwischen beiden Seiten gekommen.58 In der Folge führte die Stadt einen langwierigen Prozess beim Reichskammergericht gegen BrandenburgAnsbach, der 1612 noch nicht entschieden war. Nachdem der Rat davon ausgehen musste, seine Geleitsansprüche im aktuellen Fall ohnehin nicht durchsetzen zu können, versuchte er vom Kaiserhof wenigstens die Einstellung des Geleits unbeschadet der bestehenden Rechte zu erwirken.59 Zwar erklärten sich die Markgrafen scheinbar einverstanden, dennoch versuchten beide Seiten ungeachtet dieses Kompromisses ihren Geleitsanspruch beim Einzug doch noch durchzusetzen und damit rechtserhebliche Tatsachen zu schaffen. Den Türmern befahl der Rat, das Blasen der vollen Stunde einzustellen, um die Akustik der Einzüge nicht zu stören. Damit stand während solcher Ereignisse für die Bevölkerung in der Stadt gewissermaßen die Zeit still. Da im Moment des kaiserlichen Einzugs das so genannte Männleinlaufen im Uhrwerk der Frauenkirche in Gang gesetzt wurde, war es sogar das Ereignis selbst, das in gewisser Weise Zeiträume definierte.60 Indem dieses Sinnbild der Reichsverfassung an den Erlass der Goldenen Bulle durch Kaiser Karl IV. in Nürnberg erinnerte, wurden darüber hinaus die Geltung dieses Reichsgesetzes und zugleich die politische Bedeutung der Stadt auf Reichsebene auch in der Gegenwart symbolisch bekräftigt. Die Nichtalltäglichkeit solcher Ereignisse, ihre demonstrative Herausnahme aus dem alltäglichen Zeitablauf, äußerte sich auch darin, dass der Rat den Einzugstag zum arbeitsfreien Tag erklärte. Darin spiegelte sich nicht nur die hohe Bedeutung wider, die man auf reichsstädtischer Ebene einem Kaisereinzug zuwies; vielmehr handelte es sich vor dem Hintergrund der Menge von Einwohnern, die aktiv am Einzug mitwirkten, auch um eine praktische Notwendigkeit. Darüber hinaus wurde das Fuß- und Reitervolk gemustert, das dem Kaiser ins Feld entgegenziehen und das Spalier vom Stadttor bis zur Burg bilden sollte. Der Rat rief die Herren des Großen Rates sowie Handwerker und Kaufleute auf, mit ihren Anverwandten und Freunden „den Hauffen Ziren zu helffen.“61
58 Damals hatte nur das persönliche Eingreifen des Königs die Eskalation des bewaffneten Konfliktes verhindern können. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 6 (I), fol. 7’. 59 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 7, 11’, 12–22, 25, 87. 60 Die Figuren des 1509 von Sebastian Lindenast und Georg Heuß geschaffenen Werkes wurden im Vorfeld des Kaisereinzugs von 1570 extra neu gefasst. StA Nürnberg, Rst. N., RV 1317, fol. 1; SIL 135 Nr. 5, fol. 134; SIL 135 Nr. 6 (I), fol. 35’. 61 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 103’. 1612 forderte der Rat außerdem die italienischen und niederländischen Kaufleute auf, „Ihnen selbst zu Lob und ruhm, und einem Ehrenvesten Rath zu gutem Gefallen“, sich am Einzug zu beteiligen. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 105.
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Insgesamt bot die Stadt bei beiden Einzügen etwa 5.000 bis 6.000 Mann auf.62 Die Bevölkerung beteiligte sich so bereitwillig, dass die Kriegsherren einen Teil der Freiwilligen nach Hause schicken mussten.63 Auch das Entgelt, das der Rat zunächst als Gegenleistung hatte zahlen wollen, nahmen die Nürnberger Bürger nicht an.64 Offenbar erschien ihnen die Möglichkeit, sich selbst und die eigene Klientel als privilegierte Schicht innerhalb der städtischen Gemeinschaft zu inszenieren, so lukrativ, dass sich der dafür betriebene Aufwand rentierte. Denn die Ausstattung und die konkrete Funktion der Einzugsteilnehmer richteten sich nach ihrem sozialen Stand, der auf diese Weise zugleich bestätigt wurde. Eine Ratsverordnung schrieb deshalb genau vor, welche sozialen Gruppen welche Kleidung, welchen Schmuck und welche Waffen tragen durften.65 Die Vorschriften folgten dem Grundgedanken eines einheitlichen Farbmusters für die Reichsstadt, das im Wesentlichen in den Farben Rot, Weiß und Schwarz gehalten war. Innerhalb dieses unterschiedliche soziale Schichten verbindenden Elements gab es jedoch durch die Vorgabe bestimmter Materialien und Dekorformen für bestimmte soziale Gruppen vielfältige Formen der Differenzierung. Generell galt: Je höher der soziale Stand, desto zurückhaltender die Farbigkeit und desto wertvoller die Materialien. Da sich die Stadt von ihrer besten Seite präsentieren wollte, wandte der Rat erhebliche Mittel für ihre Verschönerung auf. Öffentliche Bauten wie das Zeughaus oder die Stadtmauer wurden renoviert oder ausgebessert.66 Gerade diese Bauten standen für die Verteidigungsfähigkeit der Stadt – ein Sachverhalt, dem das Stadtregiment vor dem Hintergrund der konfessionellen und militärischen 62 Das sind etwa 25 bis 30 Prozent der männlichen Bevölkerung Nürnbergs, in der relevanten Altersgruppe der ca. 25–60jährigen jedoch deutlich mehr. 63 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 111’. So stellte man 1612 voller Stolz fest, von den über 3.000 Reitern, die für den Kaisereinzug aufgestellt worden seien, hätten sich über 1.000 freiwillig gestellt und auf eigene Kosten ausstaffiert. Im Folgenden ebd., fol. 197. 64 1570 wollte der Rat 10 Kr. zahlen. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 6 (I), fol. 69’. 65 Seit dem Einzug von 1521 wurden bestimmte soziale Gruppen einheitlich eingekleidet. Dazu stellte man Kleidungsmuster aus, nach denen sich jeder zu richten hatte. Die sozialen Hierarchien wurden etwa in der Hierarchie der Stoffe widergespiegelt, in aufsteigender Folge: einfaches Tuch, Taft, Samt, Seide. Vorgaben erfolgten sowohl für Unter- und Obergewand als auch für die Futtermaterialien. Doppelte goldene Ketten waren nur für die Mitglieder des Rates erlaubt. Harnisch und Waffen konnte man sich auch aus dem Zeughaus ausleihen. Vgl. die Abb. in StA Nürnberg, Bildsammlung, Nr. 35.31–34 und Hss. 149, fol. 41–45; auch Gold, Ehrenpforten, S. 130–137. 66 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 6 (I), fol. 16f. Vor allem der Zustand der Stadtmauer war 1570 nach Ansicht des Rates „ganz schimpflich“.
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Konflikte im Reich erhebliche Bedeutung beimaß.67 Die besondere Sensibilität des Rates gegenüber Fragen der Rangordnung zeigt sich darin, dass dieser 1541 sogar veranlasst hatte, die Reihenfolge der Kurfürstenfiguren am 1385–1396 durch Heinrich Beheim geschaffenen „Schönen Brunnen“ zu aktualisieren: Kursachsen sollte vor Kurbrandenburg angeordnet werden, da dies der aktuellen Sessionsordnung im Reich entspräche.68 Die an der Einzugsroute gelegenen Straßen und Plätze wurden gereinigt, ausgebessert und mit Gras, Sand und Zweigen bestreut. Von dem 1570 zunächst gehegten Plan, die Straßen mit Bäumen zu schmücken, nahm der Rat allerdings Abstand, weil dies „mehr eine[r] kirchweyh und bepstischen umgang“ als einem Kaisereinzug entsprochen hätte.69 In dieser Bewertung wird das Bemühen deutlich, sich bei einer derartigen Veranstaltung vom konfessionellen Gegner abzugrenzen. Da man es 1570 noch für möglich hielt, dass Maximilian II. eine der Stadtkirchen zum Te deum besuchen würde, wurden auch St. Lorenz und St. Sebald geschmückt. Anstelle der Reichsreliquien stellte man allerdings die Reichsinsignien auf dem Altar von St. Sebald aus, womit implizit diesen Objekten ein geheiligter Status zugesprochen wurde. Die Einzugsroute wurde mit zahlreichen Schmuckelementen dekoriert. So hingen über den Straßen Festons aus Laubwerk, Blumen, Früchten, Kriegsarmaturen und Wappen.70 1612 standen in Auskragungen der 1596–1598 erbauten Fleischbrücke, über die der Zug nun bewusst gelenkt wurde, zwei kannelierte korinthische Säulen (Abb. 3), die mit kaiserlichen Wappen und Armaturen verziert waren. Zusammengesehen erinnerten sie an die Säulen des Herkules und damit an das Herrschaftszeichen Kaiser Karls V., das an der Ehrenpforte von 1541 verbildlicht gewesen war.71 An der Spitze wehten Flaggen mit dem Reichsadler und dem böhmischen Löwen, womit die Stadt ihre Bindung an das Reich und als Inhaber böhmischer Lehen auch an Böhmen 67 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 6 (I), fol. 16’. 1570 ließ der Rat zudem als Konzession gegenüber dem Kaiserhaus die zerstörten Fenster des Augustinerklosters mit Brettern verschlagen. 68 Hampe, Nürnberger Ratsverlässe, Bd. 1, Nr. 2609. Beim Männleinlaufen an der Frauenkirche sind Kursachsen und Kurbrandenburg vor Kurpfalz angeordnet, was der Goldenen Bulle nicht entsprach. 69 Zitiert nach Soden, Kaiser Maximilian II., S. 44. Mitunter mussten Straßenabschnitte verbreitert werden, damit der Zug passieren konnte. Probleme bereitete vor allem der sperrige Himmel. Der Rat ließ 1612 einen Gang abreißen, damit die Himmelträger an dessen Gebälk nicht hängen blieben. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 113f. 70 StA Nürnberg, Bildsammlung, Nr. 35.8/1. Vgl. dazu Soden, Kaiser Maximilian II., S. 34, und die Abb. bei Gold, Ehrenpforten, S. 99. 1541 waren es sogar zehn Festons gewesen. 71 StA Nürnberg, Bildsammlung, Nr. 35.64. Die Deutung als Säulen des Herkules findet sich bereits in StA Nürnberg, Hss. 170, fol. 38, dort auch eine Abbildung.
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sinnfällig in Szene setzte.72 Das untere Burgtor zierte ein Stuckportal (Abb. 2). Bei dem aufwendiger gestalteten Portal von 1612 hielten zwei Löwen das Reichswappen sowie Reichsapfel und Reichszepter. Das Giebelgesims zeigte eine Inschrift, die den neuen Kaiser als von löwenhaftem Körper und adlerhaftem Verstand lobte – eine Zuschreibung, die bei Matthias besonders wenig zutraf. Allerdings ist die eklatante Diskrepanz zwischen der Leistungserwartung an den Monarchen und seiner Leistungsfähigkeit ein typisches Charakteristikum des bei solchen Gelegenheiten gängigen Herrscherlobs.73 Außerdem waren Medaillons mit dem Profilbild von Kaiser Konstantin und dessen Mutter Helena angebracht.74 Sie verwiesen sowohl auf die Reichsreliquien als auch auf die besondere Pietas des Kaiserpaares; zugleich wurde der Kaiser implizit aufgefordert, wie Konstantin den christlichen Glauben nicht nur zu schützen, sondern auch die konfessionellen Konflikte innerhalb des Christentums beizulegen. Das aufwendigste Element der ephemeren Ausstattung stellte die Ehrenpforte dar.75 Anders als die steinernen Triumphbögen der Antike, die als dauerhafte Monumente den Ruhm des Herrschers über dessen Tod hinaus verkünden sollten, waren die Ehrenpforten der Renaissance für eine einmalige Nutzung gedacht. Ihre handwerkliche und künstlerische Meisterschaft wurde danach bemessen und mit Beifall bedacht, wie echt billigere und schnell zu verarbeitende Werkstoffe hochwertige Materialien wie etwa Marmor oder Edelmetalle vortäuschten. Im Gegensatz zu ihren antiken Vorbildern wurden die Ehrenpforten in die Einzugsinszenierung integriert und mit realen Personen bevölkert. Während in Italien und den Niederlanden die Errichtung von Ehrenpforten bei Herrschereinzügen schon zuvor gängig war, galt dies für das Reich nicht.76 Die erste Reichsstadt, die eine Ehrenpforte errichten ließ, war Nürnberg beim Einzug Karls V. von 1541.77 Wie kam es dazu? Zunächst hatte 72 Der Rat wollte das Lehnsverhältnis bei Gelegenheit des Einzuges von Matthias ohnehin bestätigen lassen. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 228. Vgl. dazu Kap. IV.3. 73 StA Nürnberg, Bildsammlung, Nr. 35.36; ediert bei Gold, Ehrenpforten, S. 153. 74 1570 handelt es sich eindeutig um ein weibliches Profil, auf der Zeichnung von 1612 ist dies nicht zweifelsfrei zu erkennen. Vgl. StA Nürnberg, Bildsammlung, Nr. 35.14/1. 75 Vgl. dazu allgemein Hans Martin von Erffa: Art. Ehrenpforte in: RDK, Bd. 4, Stuttgart 1958, Sp. 1443–1504; Reinle, Festarchitektur. 76 Erstmalig scheinen Ehrenpforten bei den Einzügen Karls V. in Schwaz und Innsbruck 1530 und damit in den habsburgischen Erbländern aufgestellt worden zu sein. Dazu ausführlich Blaha, Österreichische Triumph- und Ehrenpforten. 77 Eine Georg Pencz zugeschriebene Federzeichnung findet sich in StA Nürnberg, Bildsammlung, Nr. 35.64. Zum Doppeladler als Reichssymbol Hye, Doppeladler; Beisteiner, Doppeladler. Ehrenpforten gehörten bei Fürsteneinzügen ab der zweiten Hälfte des
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die Stadt seit 1512 keinen Kaisereinzug mehr erlebt. Ein demonstrativ ehrenvoller Empfang des Reichsoberhauptes erschien 1541 schon aufgrund der konfessionellen Differenzen zwischen Kaiser und Reichsstadt ratsam. Gerade diese Art der Festarchitektur bot der Stadt wie keine andere die Möglichkeit, sich als Zentrum des Humanismus wie als Heimat von Gelehrsamkeit und Kunst zu inszenieren: als Ort, an dem das antike Erbe bewahrt und zugleich weiterentwickelt wurde. Deshalb wurden auch die Nachfolger Karls V. bei ihren Ersteinzügen regelmäßig mit Ehrenpforten geehrt.78 Dass andere Reichsstädte in der Folge diese Praxis übernahmen, zeigt die Vorbildfunktion, die Nürnberg in dieser Frage übernahm. Bei der für Maximilian II. 1570 errichteten, etwa 20 Meter hohen Pforte (Abb. 1) handelte es sich um eine aktualisierte Version des beim Einzug Karls V. 1541 genutzten Bogens.79 Die Nischen neben dem mittleren Durchgang des ebenerdigen Bogengeschosses zierten Darstellungen der Kardinaltugenden: Vorn waren Justitia und Prudentia, hinten hingegen Fortitudo und Temperantia zu sehen. Auf darunter befindlichen Spiegeln konnte man lateinische Vierzeiler aus der Feder des humanistischen Gelehrten Abraham Löscher (1520– 1575) lesen, welche die Tugenden auf den Herrscher bezogen und zugleich formulierten, in welcher Weise dieser sie in seiner Regierung umsetzen sollte.80 16. Jahrhunderts an größeren Fürstenhöfen und ab dem 17. Jahrhundert auch in größeren Reichsstädten zunehmend zum üblichen Repertoire. Im Untersuchungszeitraum ist ihre Errichtung bei Kaisereinzügen eher eine Ausnahme. So hatte angeblich die Stadt Würzburg beim Einzug von Kaiser Matthias 1612 eine Pforte aufgestellt, deren Aussehen nicht überliefert ist. Auch in Augsburg 1566 soll bei einem Turnier eine Ehrenpforte errichtet worden sein. Kerler, Kalendereinträge, S. 45; Mameranus, Thail des Catalogi, o.S. Für Regensburg ist eine Ehrenpforte erstmals für den Kaisereinzug von 1652 überliefert. Vera Delineatio Portæ Triumphalis (1652). 78 Vgl. zu Leopold I. Gerstl, Triumphbogen; für Karl VI. Thon, Huldigungsdekorationen. 79 StA Nürnberg, Bildsammlung, Nr. 35.64 (1541) und Nr. 35.12/1 (1570), zu 1541 vgl. die Abb. bei Gold, Ehrenpforten, S. 79. Die Grundstruktur bildet ein dreitoriger Triumphbogen mit einem zweifach vorspringenden Mittelrisalit, der durch seine Höhe, die Größe des Durchgangs und Schmuckformen hervorgehoben wird. Ihn flankieren zwei kleinere, formal zurückgenommene Durchgänge. Zur Ehrenpforte von 1570 siehe das Taglohnverzeichnis in StA Nürnberg, Rst. N., SIL 134 Nr. 29, das alle beteiligten Künstler, darunter Hieronymus Behaim, Bartholomäus Brechtel und Lucas Gmünder, aufführt. Zu Behaim siehe Thieme / Becker, Bd. 3, S. 199f.; zu Brechtel ebd., Bd. 4, S. 559; zu Gmünder ebd., Bd. 14, S. 274. Bereits 1563 war die Pforte für den geplanten Besuch Ferdinands I. überarbeitet worden. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 134 Nr. 25. 80 Löscher stand seit 1565 als Rechtskonsulent in städtischen Diensten. Zu Löscher ADB, Bd. 19, S. 208f. Der Autor deklinierte im Wesentlichen die üblichen Inhalte des zeitgenössischen Herrscherlobs durch (Größe der Dynastie, Sorge für Gemeinwohl, Frieden, Recht und Gesetz, Verteidigung des Reiches gegen die Türken). Texte in: StA Nürnberg,
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Dabei wurden die 1541 dargestellten gebundenen Feinde, die auf den Kaiser als siegreichen Feldherrn verwiesen, 1570 bezeichnenderweise weggelassen. Die Medaillons mit Profilköpfen römischer Kaiser an den Seitentoren evozierten sowohl die Idee der Translatio imperii als auch die dynastische Herleitung der Habsburger aus dem römischen Kaisertum.81 Die oberen Bogengeschosse bestimmten heraldische Zeichen. Der vollplastische Doppeladler auf dem Dach der Loggia sowie die zwei Putti mit Reichsfahnen und Wappenschilden verwiesen auf das Heilige Römische Reich. Den großen Adler, der sich im Einzug vor dem Kaiser verneigte, hatten die Augenzeugen als dramaturgische und mechanische Innovation schon 1541 goutiert.82 Die in hierarchischer Ordnung unterhalb angebrachten Wappen formulierten die territorialen Herrschaftsansprüche Maximilians II. inner- und außerhalb des Reiches – auch auf jene Gebiete, in denen die Herrschaft des Kaisers de facto gar nicht mehr bestand oder umstritten war.83 1612 wollte der Nürnberger Rat zunächst eine völlig neue Ehrenpforte aufstellen, aus Sorge, „dass man mit solchem allten werck nicht bestehen würde“.84 Nach Ansicht einiger Entwürfe Nürnberger Künstler hatte er allerdings den Verdacht, dass diese „mehr Ihren Privat nuz, alß Gemeiner Statt ruhm und Ehr, damit zusuchen vermaint“. Er entschied sich deshalb für die Umgestaltung der 1580 für den Besuch Kaiser Rudolfs II. angefertigten, aber nicht verwendeten
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Hss.169, fol. 191’. Über die Aufforderung des Kaisers zum Türkenkrieg an der Ehrenpforte freute sich der Papst. Dengel, Nuntiaturberichte, Bd. VII, S. 15. Vgl. allgemein Tanner, Last Descendant; DaCosta Kaufmann, Variations. Der Adler wurde 1563 in Wien und 1577 in Breslau kopiert. Dazu schon Rudolph, Humanistische Feste; außerdem die Überlieferung in AVA Wien, Hofkanzlei Kart. 12. So waren etwa die Wappen Ungarns, Spaniens, Böhmens, Dalmatiens, Kroatiens und Slawoniens zu erkennen. Das Wappen Schwabens stand für den Versuch der Habsburger, das Herzogtum Schwaben wiederzuerrichten, was allerdings selbst während der habsburgischen Verwaltung des Herzogtums Württemberg 1520–1534 nicht gelungen war. Ungarn und die Balkankönigreiche waren 1570 entweder teilweise oder ganz von den Osmanen besetzt. Der für Maximilian II. wichtige Anspruch auf seine Herrschaft in Spanien gründete auf seiner Heirat mit Maria von Spanien, zumal der spanische König Philipp II. zu diesem Zeitpunkt keinen männlichen Erben vorweisen konnte. Alle Zitate StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 52f. Bei aller Vorliebe für Formen der aufwendigen Selbstinszenierung behielt der Nürnberger Rat in dieser Phase, als die städtischen Kassen längst nicht mehr so gut gefüllt waren, somit die Kostenfrage immer im Auge. So war er nicht bereit, „für ein solch ding, das wenig tag gesehen wirdt“, mehr als 5.000 Gulden auszugeben. Die Gesamtkosten beliefen sich 1570 auf 13.594 Gulden. Der kaiserliche Aufenthalt auf dem Rückweg kostete nochmals 1.767 Gulden. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 134 Nr. 26, unfol., Nr. 28, unfol. 1612 gab man 21.383 Gulden aus. Kostenverzeichnis in StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 3.
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Pforte nach einem Entwurf des Malers Frederik van Valckenborch (Abb. 4).85 Blieb auch die architektonische Grundstruktur der Ehrenpforte, die möglicherweise nicht zufällig an den Konstantinsbogen in Rom erinnerte, gleich, so unterschied sie sich im Hinblick auf ihre Ikonographie und die Menge der eingesetzten Zeichen von der 1570 errichteten deutlich. Dabei waren die Differenzen sowohl den veränderten politischen Rahmenbedingungen als auch einem neuen künstlerischen Stilempfinden in Spätrenaissance und Manierismus geschuldet, wie die für diese Phase typische Freude am überbordenden Spiel mit Zahlen und Symbolik.86 Im Bogengeschoss befand sich nun ein Zyklus mit lebensgroßen Darstellungen aller habsburgischen Kaiser von Rudolf von Habsburg bis hin zu Rudolf II. und Matthias, die sich im mittleren Tordurchgang gegenüberstanden. Die Abbildung des amtierenden Herrschers war bei genealogischen Zyklen an Ehrenpforten eher unüblich. Möglicherweise sollte Matthias durch diese konfrontative Anordnung sinnfällig daran erinnert werden, dass die Stärke des Reiches nicht durch mangelnde Einigkeit innerhalb der herrschenden Dynastie gefährdet werden dürfe. Darüber hinaus waren die zehn Kaiser als dynastisch legitimierter Anspruch der Habsburger auf das deutsche Wahlkaisertum lesbar. Allerdings verdeutlichten die an der Balustrade der Loggia angebrachten Kurfürstenwappen, welche die Kurfürsten in der optischen Logik der Anordnung als Stütze des Kaisertums erscheinen ließen, dass der Kaiser seine Wahl allein den Kurfürsten verdankte, was jedem dynastisch legitimierten Anspruch auf das Kaisertum klar widersprach.87 Damit visualisierte die Pforte im Grunde genommen zwei konträre Konzeptionen des Kaisertums, die sich an unterschiedliche Rezipientengruppen richteten. Die Abweichung von dem an dieser Stelle üblichen heraldischen Programm kann zudem als Appell an den Kaiser verstanden werden, gerade in dieser konfliktgeladenen Zeit die Einheit zwischen Kaiser und Reichsständen zu gewährleisten. Außerdem war das Tugendenprogramm erheblich erweitert worden. Die Nischen neben dem mittleren Torbogen enthielten Allegorien auf den idealen Herrscher, darunter Trajan als Richter mit dem Motto „sine respectu“ sowie Pax
85 Zu Valckenborch vgl. Thieme / Becker, Bd. 34, S. 50–52. Zur Pforte von 1580 vgl. die Abb. bei Gold, Ehrenpforten, S. 120; StA Nürnberg, Bildsammlung, Nr. 35.18. 86 So lag der Pforte zum Beispiel als Gestaltungsprinzip die Zahl vier zugrunde: vier Weltalter, vier Kardinaltugenden, vier Weltreiche, vier emblematische Tiere, etc. 87 Die in der Frontalansicht gezeigten Wappen von Mainz und Böhmen standen für jene Kurfürsten, die unter den geistlichen und weltlichen Kurfürsten den ersten Rang innehatten.
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mit dem Motto „pax optima rerum“.88 Auf dem Dach der Loggia standen die Kardinaltugenden, während die auf der Loggienbalustrade aufgestellten Tiere Pelikan, Kranich, Henne und Phönix christliche Tugenden verbildlichen.89 Die Gerechtigkeit, die unter den auf das Herrschertum bezogenen Kardinaltugenden im Verständnis der Zeitgenossen den ersten Rang einnahm, war mit gleich zwei sich aufeinander beziehenden Sinnbildern prominent vertreten, denn die hier noch ohne Augenbinde dargestellte Justitia und Kaiser Trajan als Richter „ohne Ansehen“ der Person bezogen sich direkt aufeinander. Die auf den Seitenbögen sitzenden Erdteilpersonifikationen von Europa, Afrika, Asien und Amerika verbildlichten einen universalen Herrschaftsanspruch des Kaisertums.90 Bekräftigt wurde dieser durch die auf dem Mittelrisalit aufgestellten, überlebensgroßen Figuren der antiken Herrscher Ninus, Cyrus, Alexander und Caesar als Vertreter der vier Weltreiche, womit zugleich die Sonderstellung des Heiligen Römischen Reiches im göttlichen Heilsplan beschworen wurde. Die lateinische Widmung auf dem Sockel der Loggia entsprach weitgehend jener von 1570, wobei Maximilian II. lediglich als ‚clementissimus ac felicissimus‘ besungen worden war, Matthias aber nun als ‚divus‘ bezeichnet wurde, womit nicht nur das Gottesgnadentum seiner Herrschaft, sondern der Anspruch des Kaisers auf Göttlichkeit formuliert wurde. Mit der an zentraler Stelle angebrachten Inschrift „S.P.Q.N. honoris ac’ reverentiae ergo posuit“ gab sich die Reichsstadt Nürnberg als Erbauer der Ehrenpforte zu erkennen.91 Dies war zugleich der einzige Verweis auf die Reichsstadt innerhalb des ikonographischen Programms. Allerdings qualifizierte die Inschrift die Reichsstadt als Subjekt der Repräsentation, während Kaisertum und Reich auf diese Weise zu Repräsentationsobjekten wurden. Die formale Schlichtheit der Inschrift stand in wirkungsvollem Gegensatz zur überbordenden Zei88 Die Rückseite zeigte Ceres mit dem Motto „consilio et armis“ und Jupiter mit Minerva mit dem Motto „non fulmina semper“. 89 Liebe und Selbstaufopferung, Weisheit durch Wachsamkeit, Caritas und Fürsorge sowie ewiger Ruhm durch Opferbereitschaft. Zur Darstellung der Justitia vgl. Kissel, Justitia. Zur Figur des Trajan vgl. die Erläuterung in StA Nürnberg, Hss. 170, fol. 37. 90 Vgl. dazu RDK, Bd. 5, Sp. 1107–1202. Dieses Motiv wurde in Festaufzügen immer wieder neu variiert. 91 StA Nürnberg, Bildsammlung, Nr. 35.12/1; vollständige Inschrift ebd., Hss. 169, fol. 191, dort auch die dem Kaiserpaar gewidmete, panegyrische Inschrift auf der Rückseite. Vgl. auch die Inschriften, in denen der Doppeladler an der Spitze des Bogens Matthias als zweifachen König und Kaiser begrüßte und diesem seine Dienste offerierte. Anders als 1570 stand der bewegliche Doppeladler nun auf einem Obelisk, wodurch die Höhe des Bogens um ein Drittel zunahm, allerdings drohte die Pforte dadurch umzustürzen. Inschriften z.B. in StA Nürnberg, Hss. 170, fol. 36.
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chenvielfalt des Bogens. Man hat den Eindruck, als wollte die Stadt einerseits ihre Vertrautheit mit dem gängigen Repertoire fürstlicher Herrschaftssymbolik demonstrieren, sich andererseits aber auch gezielt davon absetzen. Außerdem bezog die in der reichsstädtischen Selbstdarstellung vielfach anzutreffende Formel „S.P.Q.“ die Bevölkerungsschichten unterhalb der Ebene des Rates in die Inszenierung ein: als Demonstration der Einigkeit zwischen Stadtregiment und Stadtbevölkerung, als Verweis auf das republikanisch verfasste Gemeinwesen der Stadt, dessen Wurzeln im Römischen Reich verortet wurden, womit die antiken Traditionen der Stadtverfassung auf eine Ebene mit den antiken Traditionen von Reich und Kaisertum gestellt wurden. Mit solchen Argumentationsmustern versuchte die Reichsstadt Nürnberg im Repräsentationswettbewerb der Fürstengesellschaft des Reiches, in dem der Verweis auf das hohe Alter von Institutionen und deren Herleitung aus der Antike ein wesentliches Instrument der Selbstaufwertung darstellte, mithalten zu können.92 Viele zeitgenössische Betrachter dürften mit den komplexen politischen Bezügen und unterschiedlichen Repräsentationsebenen überfordert gewesen sein. An Repräsentationsebenen lassen sich zunächst Kaiser, Reich und Reichsstadt unterscheiden, die noch weiter differenziert werden können, so die erstgenannte Ebene in das Kaisertum als Institution, als Dynastie und als Person, verkörpert durch den aktuellen Herrscher. Die Menge der Zeichen, die hier gar nicht alle angeführt werden können, und ihre inhaltliche Redundanz erscheinen einerseits als Strategie, zentrale Inhalte der intendierten Botschaft unter Garantie dem Betrachter zu vermitteln, als ob der Künstler der Wirkung des Vokabulars oder der Aufmerksamkeit seiner Rezipienten nicht getraut hätte. Manche Symbole wie Reichsadler, Kurfürstenwappen oder Kardinaltugenden waren sicher der Mehrheit der Betrachter zugänglich. Das Verständnis der lateinischen Texte oder der Allegorien setzte hingegen eine humanistische Bildung voraus, über die nur eine schmale Oberschicht verfügte, wenn auch zeitgenössische Beschreibungen der Ehrenpforte in der Publizistik einen gewissen Transfer leisteten.93 Allgemeinverständlichkeit dürfte jedoch gar nicht das Ziel gewesen sein, das der Rat verfolgte: Die einfache Bevölkerung sollte vor allem staunen und sich 92 So in anderem Kontext schon Albrecht, Gute Herrschaft; neuerdings Krischer, Reichsstädte; allgemein Bely, Société. Die seit der Antike eingeführte Formel steht für „senatus populusque“ ergänzt durch die Initialie des Städtenamens. Zum republikanischen Selbstverständnis Nürnbergs vgl. Endres, Verfassung, S. 209f.; allgemein Schilling, Republikanismus; sowie Willoweit, Freie Reichsstadt. 93 Diese Werke übersetzten die lateinischen Texte und erklärten die verwendeten Allegorien. Valckenburg, Vera Atque Perspicua Ichnographia Porta Triumphalis; Oertel, Chronologia, Bd. 2, S. 311–336. Vgl. dazu Kap. VI.1.b.
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an der Pracht der Pforte mit ihrer reichen Dekoration und ihren vorgetäuschten kostbaren Materialien wie Marmor und Gold berauschen. Das mangelhafte Verständnis der Zeichen und Texte fixierte dabei den sozialen und kulturellen Abstand dieser Schicht zur politischen Elite der Stadt. Durch die Verbindung einer Vielzahl von Zeichen, die unterschiedlichen medialen Ursprungskontexten entstammten, wies die Ehrenpforte einen intermedialen Charakter auf. So basierte die Darstellung der Kaiserreihe auf einer Habsburger-Bildfolge aus dem Werk „Austriacae gentis imaginum partes“, das der italienische Künstler Francesco Terzio 1569 in den Druck gebracht hatte.94 Auch emblematische Zeichen und Allegorien des Bogens waren vielfach zeitgenössischen Drucken entnommen.95 Indem ihr äußeres Erscheinungsbild zeitgleich visuell fixiert und als Einblattdruck publiziert wurde, verstärkte sich der intermediale Charakter dieses Objektes. Auf diese Weise erschien der Triumphbogen zugleich als monumentales Denkmal und als ephemere Kulisse, als zweidimensionales Bild und als dreidimensionale Skulptur, als totes Abbild und als lebendige Verkörperung aktueller Imaginationsformen von Kaisertum und Reich. Darüber hinaus lässt sich an diesem Beispiel illustrieren, auf welche Weise sich Elemente der Soziokultur und solche der Deutungskultur in der politischen Praxis verschränkten. Als zentrales Instrument, mit dem der Kaiser, der Rat der Stadt und nicht zuletzt die einheimischen Dichter und Handwerker symbolisches Kapital anzuhäufen versuchten, fungierte die Ehrenpforte als Element der politischen Soziokultur. Indem sie Artefakte der zeitgenössischen Deutungskultur zitierte oder semantische Bezüge zu diesen herstellte, verkörperte sie jedoch zugleich ein Element der politischen Deutungskultur. Sowohl 1570 als auch 1612 traf in dem Moment, in dem man alle Vorbereitungen abgeschlossen hatte, die Nachricht ein, der Kaiser zöge anstatt der Burg doch eine Unterkunft in einem Stadthaus vor.96 Damit wären alle für die Ehrenpforte und für die Ausstattung der Burg aufgewendeten Mühen umsonst gewesen. Zur Erleichterung des Nürnberger Rates ließen sich beide Kaiser am Ende doch noch dazu bewegen, ihr Quartier auf der Burg zu nehmen, wodurch die Einzüge in der geplanten Form stattfinden konnten. Dies zeigt, dass es offenbar vor allem der Rat der Reichsstadt war, dem an einer besonders glanzvollen Ausrichtung der Kaisereinzüge lag. 94 Vgl. im Folgenden Gerstl, Triumphbogen, S. 57. Zum Begriff der Intermedialität mit weiterführender Literatur Helbig, Intermedialität. 95 Die christliche Tugenden visualisierenden Vögel waren mit lateinischen Inschriften versehen, die aus zeitgenössischen emblematischen Werken stammten. 96 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 159.
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b) Die Inszenierung der Kaisereinzüge Dass der Kaisereinzug unmittelbar bevorstand, konnte die Nürnberger Bevölkerung schon am Eintreffen hochrangiger Personen in der Stadt sehen, darunter 1570 Johann Wilhelm von Sachsen-Weimar, Anna von Bayern mit ihrem Sohn Ferdinand, der Bischof von Bamberg, 1612 etwa Erzherzog Leopold, Markgraf Karl von Burgau und Joachim Ernst von Anhalt.97 Johann Wilhelm reiste 1570 extra dem Kaiser entgegen, um mit ihm gemeinsam einziehen zu können.98 Darüber hinaus quartierte sich eine Vielzahl von Fremden in der Stadt ein, vor allem Landadlige sowie Angehörige von ausländischen Gesandtschaften, um den Einzug aus nächster Nähe sehen zu können.99 Durch die Berichte der Spanier, Oberitaliener, Franzosen oder Engländer an ihren Heimathof wurden die Nürnberger Kaisereinzüge nicht nur im Reich, sondern bis zu einem gewissen Grad auch an den Höfen Europas rezipiert.100 Im zweiten Nachtlager vor Nürnberg erwartete den Kaiser erneut eine Abordnung des Nürnberger Rates, welche ihn über das Empfangszeremoniell unterrichten und ab Hartmannshof das Geleit übernehmen sollte.101 Daraus wurde jedoch nichts, weil auch Markgraf Georg Friedrich von BrandenburgAnsbach Geleitsleute nach Sulzbach abgeordnet hatte. Um jeden Konflikt zu vermeiden, beauftragte Maximilian II. schließlich einen Hersbrucker Bürger mit dem Vorritt. Beim Einzug von König Matthias 1612 gingen hingegen Nürnberger und markgräfliche Geleitsreiter mit gezogenen Pistolen aufeinander los. Als zu allem Überfluss auch noch kurpfälzische Geleitsreiter auftauchten, einigte man sich darauf, unbeschadet der bestehenden Rechte „für dieses
97 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 6 (I), fol. 54. 98 Johann Wilhelm von Sachsen-Weimar wollte sich die kaiserliche Gunst sichern, um die Regentschaft über das gesamte ernestinische Sachsen behalten zu können, die der Kaiser seinem Bruder Johann Friedrich dem Mittleren entzogen hatte. Damit war er nicht erfolgreich: 1572 wurden große Landesteile zugunsten der Kinder Johann Friedrichs abgetrennt. Vgl. dazu Press, Wilhelm von Grumbach. 99 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 189’. Auch die Gasthöfe und Bürgerhäuser, die nicht der Kaiser und sein Gefolge belegten, waren gut gefüllt. 100 Unter den 1570 anwesenden Gesandtschaften befanden sich Florenz, Venedig, Genua, Mantua, Ferrara, Lucca und Polen. Vgl. den Bericht des florentinischen Gesandten in AdS Florenz, Mediceo del Principato 4330, Schreiben vom 05.06.1570 aus Nürnberg. 101 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 6 (I), fol. 50’–52, 54’–55; dazu auch Kircher, Kaiser, S. 119. Der Kaiser traf am 05.06.1570 im Sulzbacher Schloss ein. Zur Ratsgesandtschaft gehörten erneut Thomas Löffelholz, außerdem der Ratssyndikus Hans Rieter sowie 25 Berittene.
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Mal“ auf das Geleit zu verzichten.102 Vor seinem erneuten Einzug in Nürnberg auf der Rückreise von Frankfurt verbot Matthias allen drei Herrschaftsträgern das Geleit ausdrücklich, weil „nemblich die Römischen Kaiser keines Glaits bedürffen, sondern das Glait selbst seyen“.103 Denn der Kaiser hatte ein deutlich geringeres Interesse an der Ausübung des Geleits als jene Herrschaftsträger, die darüber den Umfang ihrer jeweiligen Herrschaftsrechte demonstrieren konnten. Das Bemühen des Kaisers um Konfliktvermeidung zeigt sich auch daran, dass Matthias den Nürnbergern 1612 zunächst verbot, ihm mit großem Gefolge und „armata manu“ entgegenzureiten, um den Markgrafen von Brandenburg-Ansbach nicht zu verärgern.104 Da aber Anzahl und Ausrüstung der Entgegenziehenden auch das Prestige des Gastes widerspiegelten, hob der Kaiser das Verbot kurz darauf wieder auf.105 1570 zogen dem Kaiser insgesamt etwa 600, 1612 sogar 800 prächtig ausgestattete Nürnberger Reiter entgegen.106 Der Zug ins Feld erfolgte nach einer zuvor festgelegten Ordnung, die vor allem die soziale Führungsposition der Herren Älteren als der politischen Elite der Reichsstadt bekräftigte.107 Der Empfang im Feld fand etwa anderthalb Kilometer vor der Stadt statt.108 In der Wegstrecke, welche Rat und Bürgerschaft dem Kaiser entgegen zogen, spiegelte sich der besondere Rang dieses Gastes wider, denn anderen Herrschaftsträgern kam man eine deutlich geringere Strecke entgegen. Als der Kaiser erschien, ließ der Rat zur Begrüßung die erste Geschützsalve abfeuern. Die Herren Älteren saßen ab und näherten sich zu Fuß mit bloßem Haupt dem Kaiser. Der älteste Ratsherr begrüßte den Gast mit einer Ansprache, die nun die explizite Bitte enthielt, der Kaiser solle 102 Im Folgenden StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 13–17, Zitat 13. Christian von Brandenburg-Ansbach forderte daraufhin die Reichsstadt auf, per Revers seine Geleitsrechte zu bestätigen. Der Rat adressierte das Schreiben bezeichnenderweise an den Obersthofmarschall. Ein Amtmann des Markgrafen entfernte deshalb demonstrativ die Steinsockel, die der Rat für den Empfang des Kaisers im Feld hatte aufstellen lassen. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 85’, 95’, 102’f.; sowie VHÄ, 26, fol. 33’. 103 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 156’. 104 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 139’–146. 105 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 151. 106 Ein knapp 1.000 Mann starkes Fußvolk stellte sich als Spalier zu beiden Seiten der Einzugsroute auf. Weitere Kompanien waren am Stadttor und auf dem Hauptmarkt, postiert. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 197. Da der Rat 1612 jedem Bewaffneten Pulver ausgeteilt hatte, kam es zu einer wilden Schießerei, welche die Hauptleute nur unter Mühen eindämmen konnten. Ebd., fol. 171. 107 Detaillierte Zugordnung in StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 6 (I), fol. 59’. 108 1570 zwischen Mögeldorf und dem Gleißhammer; 1612 bei Schweinau.
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„eines Raths und gemeiner Stadt allergnädigster Kaiser und Herr seyn und bleiben; auch Sie und gemeine Stadt in allergnädigstem kais. Schirm und Befehl haben.“109 Die Antwort des kaiserlichen Orators bestand wie üblich in der paraphrasierten Wiedergabe der geäußerten Bitten und der pauschalen Zusicherung kaiserlicher Gnade. Anschließend legte der kaiserliche Obersthofmarschall die Zugfolge (Tab. 4.1) fest, denn im Feld vor der Stadt war genügend Raum, um den oft mehrere Kilometer langen Zug entsprechend dem sozialen Rang der Akteure zu ordnen. Dabei ermöglichte die Inszenierung eines feierlichen Einzugs vielfache Formen der sozialen Staffelung. Die jeweiligen Koordinaten der Anordnung eines Akteurs im Raum markierten dabei den Grad seiner Inklusion in die im Einzug vertretene politische und soziale Elite. Für die Betrachter waren die mit bestimmten Positionen verbundenen Botschaften lesbar, weil diese sich über Jahrhunderte eingeführter räumlicher Ordnungsprinzipien bedienten.110 Beim Herrschereinzug können fünf Prinzipien der räumlichen Anordnung unterschieden werden: vorne – hinten, oben – unten, innen – außen, Einzahl – Vielzahl, Herrschernähe – Herrscherferne. Der Rang der Personen nahm vom Beginn des Zuges bis zu dem im hinteren Drittel einziehenden Kaiser zu und von dort bis zum Zugende wieder ab. Das dominante Ordnungsprinzip war die Herrschernähe und nicht die Präzedenz als Vortrittsrecht des jeweils Ranghöheren. Die Zugehörigkeit zum weltlichen oder geistlichen Stand wirkte sich bei ranghohen Würdenträgern in der Weise aus, dass weltliche Fürsten in aufsteigender Rangfolge vor dem Kaiser, geistliche Fürsten in absteigender Rangfolge nach dem Kaiser platziert wurden. Innerhalb rangniedrigerer Akteursgruppen galt hingegen zumeist die Präzedenz: Der Hartschierhauptmann ritt an der Spitze seiner Hartschiere; der Obersthofmeister an der Spitze der anderen Hofämterinhaber. Bei einigen Akteuren gab das ausgeübte Amt ihre Positionierung im Zug vor. So ritten die Herolde und der Marschall direkt vor dem Kaiser, da sie gleichsam als Attribute kaiserlicher Macht den Besitz spezifischer Herrschaftsrechte und Herrschaftstitel dokumentierten. Der Marschall (je nach Kontext der Reichserzmarschall, der Reichserbmarschall oder der Obersthofmarschall) mit dem bloßen Schwert symbolisierte die kaiserliche Gerichtsherrschaft, speziell die Hochgerichtsbarkeit, und die Herolde allgemein die kaiserliche Befehlsgewalt, darunter auch das Recht zur 109 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 174’–176; Soden, Kaiser Maximilian II., S. 52f.; allgemein Dietmar Willoweit, Art. Schutz und Schirm, in: HRG, Bd. 4, Sp. 1528f. 110 Siehe dazu für den Herrschereinzug Bojcov, Qualitäten des Raumes; allgemein Rahn, Hofzeremoniell; Füssel, Rang und Raum; Goetz, rechter Sitz.
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Setzung von Rechtsnormen.111 Lakaien und Knechte liefen als Bedienstete in unmittelbarer Nähe ihres Dienstherrn, dem sie auch durch ihre Uniformierung, die ihren niederen Rang anzeigte, zugeordnet waren. Je höher der soziale Rang war, den ein Akteur beanspruchte, desto höher war er auch im Zug positioniert. Drei Ebenen lassen sich hier unterscheiden. Zu Fuß gingen diejenigen Personen, denen der niedrigste Rang zukam; alle anderen Personen zogen zu Pferd oder in der Kutsche ein.112 Die herausgehobene soziale Position des Kaisers wurde durch das Alleinstellungsmerkmal des Baldachins betont, das den Herrscher nicht nur symbolisch, sondern auch faktisch erhöhte und damit schon aus der Ferne identifizierbar machte (Abb. 16).113 Der Baldachin kann als multifunktionales Element betrachtet werden: Er gewährte dem so Beschirmten Überhöhung, Entrückung und zugleich Schutz. Da Baldachine vor allem bei Prozessionen verwendet wurden, verkörperten sie darüber hinaus ein Zeichen für das Heilige.114 Indem er „einen eigenen Raum von besonderem Rang“ schuf, der während des Einzugs nur in Ausnahmefällen betreten werden durfte, visualisierte der Baldachin über die räumliche Distanz hinaus auch die soziale Abgrenzung zwischen dem Reichsoberhaupt und den Reichsuntertanen.115 Durch seine Verwendung ab dem Stadttor als symbolischer Grenze des Rechtsraumes der Stadt fungierte er zugleich als schwellenanzeigendes Zeichen.116 Der Baldachin erhöhte nicht nur den Kaiser, sondern auch seine Träger, die auf diese Weise als Stützen seiner Herrschaft erschienen. Die Herrschernähe kompensierte bis zu einem gewissen Grad die Anordnung der Himmelträger auf der untersten Ebene derer, die zu Fuß gingen. 111 Von Ferdinand I. bis zu Rudolf II. gab es vier Ehrenholde, bei Matthias fünf. Neu hinzu kam das österreichische Heroldsamt, mit dem der Kaiser seine stärkere Konzentration auf die österreichischen Erbländer bekräftigte, die sich auch in der Verlegung der Residenz von Prag nach Wien widerspiegelte. Zum Heroldswesen Kruse, Herolde; sowie Melville, Heroldswesen. 112 Frauen zogen im Untersuchungszeitraum mit wenigen Ausnahmen in der Kutsche ein. 113 Dazu Bandmann, Baldachin; Joseph Braun: Art. Baldachin I., tragbarer, in: RDK, Bd. 1, Stuttgart 1937, Sp. 1390–1394, vgl. die zeitlich und räumlich weit ausgreifende Herleitung dieses Herrschaftszeichens bei Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 448–472, welcher jedoch selbst festhält, dass für den Einsatz des Baldachins lokale Traditionen ausschlaggebend waren und für seine Deutung die zeitgenössischen Nutzungsformen. Ebd., S. 462f.; im Folgenden S. 455. 114 Bei geistlichen Prozessionen wurden die Reliquien von Baldachinen beschirmt und überhöht. Diese sakrale Dimension des Baldachins zeigt sich auch darin, dass er bei Einzugsinszenierungen in der Regel hohen geistlichen Würdenträgern sowie gesalbten Herrschern vorbehalten war. Zum Baldachin vgl. auch Kap. III.4.c. 115 Zitat bei Bandmann, Baldachin, Sp. 240. 116 Dazu Schütte, Stadttor und Hausschwelle.
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Der soziale Rang der Teilnehmer nahm ab, je weiter sie vom Zuginneren entfernt waren. Vereinfacht lassen sich auch hier drei Ebenen unterscheiden: im Zug, im Spalier – das die Grenze zwischen den aktiv und den nur passiv am Geschehen Beteiligten fixierte – und außerhalb des Spaliers. Sowohl die erste als auch die dritte Ebene können weiter differenziert werden. Innerhalb des Zuges war die Mitte der meist aus drei Personen bestehenden Glieder als die ehrenvollste Position dem Ranghöchsten vorhalten. Bei Ranggleichheit galt das Anciennitätsprinzip: Der Älteste durfte die Position in der Mitte beanspruchen. Außerhalb der Mitte sowie bei nur zwei Personen nebeneinander galt das Prinzip rechts vor links: Der rechte Platz bedeutete der rechte – im Sinn von der bevorzugte – Platz.117 Außerhalb des Spaliers standen vor allem diejenigen Personen, denen keine spezielle Funktion im Rahmen der Einzugsinszenierung zugewiesen war. Mit steigender Entfernung vom Zuginneren nahm zugleich das Ausmaß an obrigkeitlicher und sozialer Kontrolle ab. Die Reichsstadt Nürnberg war 1570 gleich an mehreren Stellen im Zug vertreten (Tab. 4.1). So wurde der Zug durch drei Nürnberger Einspännige angeführt, die sich aufgrund des strittigen Geleits jedoch erst auf der Brücke des Frauentores an die Spitze des Zuges setzen konnten. Obwohl sie extra ohne Geleitsbüchse einzogen, wurde dieses Verfahren von brandenburg-ansbachischer Seite nur widerwillig akzeptiert. Dem Kaiser zogen fünf Herren Ältere und der Reichsschultheiß Joachim von Westhausen voran. Die Positionierung des Stadtregiments zwischen dem Adel des Kaiserhofes und die ihm gewährte Erlaubnis, zu Pferd einzuziehen, stellten besondere Gunstbezeigungen des Kaisers dar. Innerhalb des Stadtregiments beanspruchte das „Triumvirat“ der beiden Losunger und des Reichsschultheißen die Präzedenz vor den übrigen Herren Älteren.118 Die am Ende des Zuges positionierte Nürnberger Reiterei, in deren Anordnung die Zunftverfassung der Reichsstadt abgebildet wurde119, war dem kaiserlichen Gefolge nicht nur zahlenmäßig deutlich überlegen, vielmehr übertraf sie dieses – wie die Nürnberger stolz vermerkten – auch im Hinblick auf die prächtige Kleidung sowie die glänzend polierten, qualitätvollen Harnische und Waffen.120 Der Nürnberger Rat ignorierte am Ende die vielfachen Verstöße 117 Dazu weiterführend Elze, Bemerkungen; Goetz, rechter Sitz. 118 Zum Begriff „Triumvirat“ Endres, Verfassung, S. 210. 119 So ritt man geordnet nach Zunftzugehörigkeit, wobei die Zünfte der Metzger und der Messerer aufgrund des Herkommens den Vorzug besaßen. Da es 1570 Streit gegeben hatte, loste man 1612 mit dem Ergebnis, dass die Metzger gewannen. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5, fol. 111. 120 Vor allem die Harnischmacher nutzen die Gelegenheit, ihre Fähigkeiten potentiellen Abnehmern zu demonstrieren. In dem Wissen, dass die Gäste nicht nur übernachten,
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gegen die selbst erlassene Policeyordnung, weil die Stadt auf diese Weise besonders eindrucksvoll ihren Reichtum und ihre kultivierte Lebensart zur Schau stellen konnte.121 Die positive Wirkung der Gesamtinszenierung rangierte vor dem Bedürfnis des Stadtregiments nach sozialer Distinktion, zumal die gröbsten Verstöße ohnehin bei Patriziern und reichen Kaufleuten und damit bei Vertretern der eigenen sozialen Schicht zu verzeichnen waren. Beim kaiserlichen Gefolge traf der Obersthofmarschall eine Auswahl, welche primär darauf ausgelegt war, die repräsentativen Bedürfnisse von Kaiser und Kaiserhof zu erfüllen.122 So verwiesen etwa die ungarischen Husaren auf das Amt des Kaisers als König von Ungarn. Großes Aufsehen erregte 1570 der in den kaiserlichen Farben geschmückte Elefant, der von einem Afrikaner geritten wurde (Abb. 17). Als Beute der erfolglosen Türkenbelagerung Wiens 1529 stand er für die Wehrhaftigkeit des habsburgischen Kaisertums gegenüber dem osmanischen „Erzfeind“. Das Mitführen exotischer Tiere gehörte zum üblichen Repertoire bei Herrschereinzügen, wobei der Elefant schon in der Antike ein gängiges Attribut erfolgreicher Feldherrn dargestellt hatte.123 Auch die kaiserlichen Leibpferde, die Edelknaben, die Musikanten, die das Nahen des hohen Gastes schon von weitem ankündigten, zählten zu den obligatorischen Bestandteilen solcher Ereignisse. Auf die Mitwirkung anderer Akteure wurde hingegen bewusst verzichtet: So nahmen der Beichtvater und der Prediger von Kaiserin Maria 1570 nicht am Einzug teil, weil man einen Tumult und damit eine Störung des Einzugs als einer ohnehin sehr fragilen Form der Ordnungsstiftung befürchtete. Dass diese Befürchtungen berechtigt waren, zeigt die Tatsache, dass die beiden Barfüßermönche bei ihrer Ankunft in der Stadt von einer wütenden Volksmenge belagert und mit Kot beworfen wurden.124 Der höhere Adel war in zwei Gruppen angeordnet. Zuerst zog die große Gruppe des Reichs-, erbländischen und böhmischen Adels ein, die der kaiserliche Obersthofmarschall anführte. Dahinter ritt eine kleinere Gruppe von
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sondern auch einkaufen würden, hatten sie vor allem Harnische in den Kaiserfarben Schwarz und Gold angelegt. Angeblich hatten der Kaiserin die Plattner und Goldschmiede besonders gefallen. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 6 (I), fol. 88’. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 113. Zuvor waren bereits zahlreiche Personen und Wägen durch das Laufertor in die Stadt gekommen. StA Nürnberg, Rst. N., KrA, Nr. 8, fol. 73. Vgl. dazu Scheicher, Fest, S. 82; im Folgenden Kircher, Kaiser, S. 123. Der Rat gab den beiden Mönchen danach bei jedem Ausgang eine Wache mit, die sie nicht nur beschützen, sondern auch jeden Missionsversuch unterbinden sollte. StA Nürnberg, Rst. N., RV 1317, fol. 13; SIL 135 Nr. 6 (I), fol. 48. 1570 und 1612 befahl der Rat extra, alle Kirchen und Klöster zu verschließen, „damit keine Pappisten darin gelassen werden“ und womöglich eine Messe abhalten. Ebd., SIL 135 Nr. 5, fol. 127’.
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ungarischen, spanischen und italienischen Adligen, denen der Obersthofmeister als ranghöchster Beamter am Kaiserhof folgte.125 Kaiser Maximilian II. ritt auf einem Schimmel, der traditionell als königliches Pferd galt (Abb. 17).126 Er trug die von Augenzeugen als „schlecht“ missverstandene spanische Hoftracht und als einzigen Schmuck das Goldene Vlies am Band, das mit seiner an der Ehrenpforte aufgehängten Replik (Abb. 1) korrespondierte.127 Es stand für die Mitgliedschaft des Kaisers in diesem elitären Ritterorden und verwies zudem auf das burgundische Erbe der Habsburger. Die Familie des Kaisers fuhr nach Geschlecht getrennt auf Schaukutschen (Abb. 17). Mit den im Einzug präsentierten vier Söhnen demonstrierte das Kaiserpaar nicht zuletzt den Fortbestand der Dynastie.128 Die Zugfolge verdeutlicht aber auch, dass es sich bei diesem Kaisereinzug nicht nur um ein reichsstädtisch-kaiserliches Ereignis handelte.129 Vielmehr nutzten auch andere Reichsstände die Gelegenheit, ihre soziale Position innerhalb des Reichsgefüges durch ihre Mitwirkung am Einzug demonstrativ herauszustellen. So ritt direkt nach den Nürnberger Einspännigen das Gefolge der beiden Pfalzgrafen Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg und Johann I. von PfalzZweibrücken sowie Herzog Johann Wilhelms von Sachsen-Weimar. Mit dem massiven Aufgebot von knapp 100 bewaffneten Reitern bekräftigte Markgraf Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach, der gar nicht am Einzug teilnahm, obwohl er vom Nürnberger Rat eingeladen worden war, demonstrativ seinen Geleitsanspruch auf Nürnberger Boden. Die protestantischen Reichsfürsten rit125 Die hohe Zahl der spanischen Adligen resultierte aus der bevorstehenden Hochzeit der Erzherzogin Anna von Österreich mit Philipp II. von Spanien. 126 Vgl. für das Spätmittelalter Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 292f. Allerdings wird man die dort hervorgehobene symbolische Bedeutung dieses Reitpferdes nicht zu hoch ansetzen dürfen, denn der Kaiser war nicht der einzige, der einen Schimmel beim Einzug ritt. Matthias ritt 1612 auf einem Fuchs. 127 Dieselbe Charakterisierung findet sich auch für Matthias. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 33’. Das Wort „schlecht“ meint hier „einfach“, besitzt aber dennoch in diesem Kontext einen pejorativen Beigeschmack. Im Bericht eines Rothenburger Chronisten heißt es über Matthias, er sei in „schlechter teutscher schwarzen Kleidung“ eingezogen. StA Rothenburg o.d.T., B 541, fol. 105. 128 Auf der Darstellung des Einzuges von Jost Amman fahren die Erzherzöge in einem vierspännigen, offenen Wagen mit Klappverdeck. Die beiden älteren Söhne Matthias und Maximilian sitzen deutlich höher als ihre jüngeren Brüder und sind ihnen somit optisch übergeordnet. Durch die parallel eingespannten Pferde erinnert der Wagen an eine Quadriga. Auf diese Weise wird implizit der Bezug zu antiken Triumphzügen hergestellt und damit auf die militärische Potenz der Habsburger sowie auf ihre dynastische Herleitung aus dem antiken römischen Kaisertum verwiesen. 129 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 6 (I), fol. 57–68; KrA, Nr. 8, fol. 73–74’.
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ten als weltliche Fürsten – nur durch die Herolde und den Reichserbmarschall vom Kaiser getrennt – direkt vor diesem, da sie den zweithöchsten Rang im Zug besaßen (Abb. 17). Die Zugfolge von 1612 (Tab. 4.2) zeigte gegenüber jener von 1570 deutliche Veränderungen.130 Die Reichsstadt Nürnberg war auch hier stark im Zug vertreten, allerdings rückte ihre vom obersten Kriegshauptmann angeführte, wiederum prächtig herausgeputzte Reiterei nun an den Beginn des Zuges.131 Diese Umstellung war offenbar dem gegenüber 1570 stark aufgeblähten kaiserlichen Tross geschuldet, der nun den hinteren Teil des Zuges einnahm. Die Herren Älteren zogen nicht mehr zu Pferd dem Kaiser voran, sondern liefen ihm zu Fuß hinterher, wodurch sie dem zu Pferd einziehenden Adel am Kaiserhof untergeordnet wurden. Dafür liefen 1612 auch die acht Handwerker des Kleinen Rates im Zug mit. Die demonstrative Einbindung dieser sozialen Gruppe könnte eine Reaktion auf die zeitgleichen Auseinandersetzungen zwischen Rat und Bürgerschaft der Stadt Frankfurt am Main darstellen.132 Denn auf diese Weise demonstrierte der Nürnberger Rat der eigenen Bevölkerung eindrucksvoll das gute Einvernehmen zwischen Patriziern und Handwerkern und nahm so möglichen sozialen Konflikten von vornherein die Spitze.133 Bevor sich der Zug in Bewegung setzte, zog die Nürnberger Reiterei noch einmal in der Formation am Kaiserpaar vorbei. Diese Frühform einer Militärparade war bereits beim Einzug Erzherzog Ferdinands 1521 vollzogen worden; sie kann damit nicht als Ersatz für den Wegfall religiöser Akte im Ergebnis der Reformation betrachtet werden. Mit diesem Element sollte nicht nur symbolische, laterale Macht generiert werden, sondern zugleich die instrumentelle, reifizierte Macht der Reichsstadt in Form ihrer militärischen Leistungsfähigkeit, so begrenzt diese auch sein mochte, gegenüber dem Kaisertum und benachbarten Reichsfürsten zur Schau gestellt werden. Diese instrumentelle Dimension nahm 130 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 169f., 177–185. Der erste Einzug von Matthias als König war dagegen „in großer Unordnung“ geschehen. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 22’. 131 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 111. Da es 1570 zwischen den Metzgern und den Messerern, die beide den Vortritt bei Umzügen beanspruchten, Streit gegeben hatte, entschied 1612 das Los, wodurch die Metzger zuerst einziehen durften. Dies zeigt, wie stark auch die soziale Gruppe der Handwerker darauf bedacht war, den ihr bei solchen Ereignissen zukommenden Platz in der sozialen Hierarchie zu verteidigen. 132 Vgl. dazu auch das für die Huldigung von 1612 geplante Verfahren in Kap. IV.2. 133 Dass man dieses Verfahren intern nicht goutierte, belegt die Notiz des Nürnberger Ratsschreibers Johannes Müllner, der festhielt, die Handwerker hätten durch ihr ungeschicktes Verhalten die nachfolgenden Fürsten behindert. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 185.
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bei der Ausgestaltung der Kaisereinzüge in der Neuzeit zu, sie war aber auch abhängig von den jeweiligen politischen Rahmenbedingungen, wie dies der militärische Aufmarsch Karls V. auf dem Geharnischten Reichstag von 1547/48 in Augsburg zeigt.134 Da es sich um einen Wahltagszug handelte, führte Kaiser Matthias 1612 ein deutlich größeres Gefolge mit als sein Vater 1570 (Tab. 1).135 Angeführt wurde dieses durch den Hofzwerg Jonas von München, der im Damensitz auf einem Kamel ritt.136 Als Vanitasmotiv stellte der Hofnarr den Betrachtern des Einzugs einerseits die Vergänglichkeit der auf irdischen Ruhm und Ehre zielenden Inszenierung vor Augen.137 Andererseits enthielt die Kritik an der höfischen Prachtentfaltung implizit ein Herrscherlob, da der Herrscher sie schließlich in aller Öffentlichkeit zuließ und damit das eigene Wissen um die Problematik solcher Auftritte demonstrierte. Die vier Obersthofämter waren an prominenten Stellen im Zug positioniert. An der Spitze des Hofadels ritt nun der Obersthofmeister, da der Obersthofmarschall aufgrund der Abwesenheit des Reichserbmarschalls dem Kaiser das blanke Schwert vorführte. In der Position des Oberstkämmerers und des Oberststallmeisters hinter den geistlichen Fürsten in unmittelbarer Nähe des Kaisers spiegelt sich der Bedeutungszuwachs des Kämmereramtes zu Beginn des 17. Jahrhunderts wider, weshalb diesem die rechte Position zugeordnet wurde. Erst danach fuhr die Kaiserin allein in einem offenen Wagen, gefolgt von den Kutschen ihrer Hofdamen.138 Auch bei diesem Einzug waren mehrere Reichsfürsten beteiligt, so Joachim Ernst von Anhalt und die beiden Markgrafen von Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-Bayreuth, die mit einem Ge134 Zur Entwicklung des Verhältnisses von symbolischen und instrumentellen Elementen im Rahmen solcher politischen Aufführungen vgl. Münkler, Visibilität, S. 216–218. 135 Johannes Müllner schätzte die Zahl der fremden Pferde beim Einzug auf 1.900. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 189. 1570 lag hingegen die Gesamtzahl aller Pferde bei knapp über 1.000. Vgl. Soden, Kaiser Maximilian II., S. 56. War der männliche Hofstaat bei Maximilian II. noch zu Pferd eingezogen, so fuhr die Mehrheit als Element der Distanzierung nun in Kutschen hinter dem Kaiser. 136 Vgl. die Abb. im Löffelholz-Codex, ediert in Kircher, Kaiser, Tafel XXVII. Scherze dieser Art waren ganz nach dem Geschmack des Kaisers, der nach Antritt seiner Herrschaft mehrere Hofnarren an seinen Hof geholt hatte, nachdem diese bei Rudolf II. weitgehend außer Gebrauch geraten waren. Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 300, erwähnt zwar Narren im Gefolge der Kaiser, Hinweise zu Positionierung oder Funktion finden sich jedoch nicht. Der Hofnarr reitet schon im allegorischen „Triumph Kaiser Maximilians I.“ mit, wobei er hier die Kutsche der Narren anführt. 137 Zur Funktion Velten, Hofnarren; neuerdings Mezger, Narr. 138 Vgl. die Abb. im Löffelholz-Codex, ediert in Kircher, Kaiser, Tafel XXI. Im Vergleich zu Maria 1570 führte Anna 1612 ein deutlich geringeres Gefolge mit sich. Sie war aber auch nicht die Tochter eines Kaisers, sondern nur eines Erzherzogs.
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folge von 300 gerüsteten Reitern erschienen. Die drei weltlichen Fürsten waren an derselben Stelle des Zuges wie schon 1570 positioniert. Dagegen zogen die beiden geistlichen Fürsten direkt hinter dem Kaiser ein. Die Trennung zwischen weltlichen und geistlichen Fürsten im Einzug führte zu einer Trennung zwischen den Konfessionen. Als sich der Zug der Stadt näherte, wurden die Geschütze auf den Basteien und Wällen der Stadtmauer abgefeuert. Am Stadttor angekommen, wurde der Kaiser erneut durch den Rat der Stadt begrüßt.139 Die durch den ältesten der Herren Älteren vorgetragene Begrüßungsrede wiederholte in stereotyper Form die beim Empfang im Feld vorgetragene Bitte der Reichsstadt um „Schutz und Schirm“, ohne dass dem Kaiser die Stadtschlüssel präsentiert wurden.140 Außerdem wurde dieser gebeten, „nach altem Brauch“ unter dem Himmel in die Stadt einzureiten. Nachdem der Kaiser seine Bereitschaft dazu erklärt hatte, reichte er allen Ratsherren die unbehandschuhte Hand.141 Die direkte Berührung des Monarchen war eine besondere Ehre, die bei Reichstagseinzügen nur den Reichsfürsten, später sogar nur den Kurfürsten gewährt wurde. Die auf diese Weise sinnfällig kommunizierte Nähe zwischen Kaiser und Stadtobrigkeit erhob diese weit über alle anderen Einwohner der Stadt.142 Anschließend nahmen die Ratsherren den Kaiser unter den mit der Königsfarbe Rot bespannten Baldachin (Abb. 16, 17).143 1612 war der Einzug unter dem Himmel 139 1612 verzögerte sich der Akt, weil der am Tor postierte Nürnberger Hauptmann zunächst den markgräflichen Reitern den Eintritt verweigerte. Erst als der Kaiser selbst befahl, diese passieren zu lassen, ließ er sich zum Öffnen des Stadttores bewegen. Da die Nürnberger Reiterei die Verzögerung nicht bemerkt hatte, war sie bereits zum Vestnertor hinausgezogen, ehe der übrige Zug nachfolgte. Johannes Müllner hielt deshalb verärgert fest, das „unnöttige gezänk“ habe diesen „herrlichen einzug übel verstellet“. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 183. 140 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 129, 183’. Die Schlüsselpräsentation entsprach angeblich nicht dem Nürnberger Herkommen. Zwar war der Akt 1547 beim Einzug Karls V. vollzogen worden, dies wertete der Rat 1570 jedoch als zeitbedingte Ausnahme, da es 1547 im Angesicht der kaiserlichen Truppen unklug erschienen war, sich dem kaiserlichen Wunsch zu widersetzen. Damit verbunden gewesen war das öffentliche Knien vor dem Herrscher. Als man Leopold I. 1658 auf dessen Wunsch die Stadtschlüssel präsentierte, geschah dies allerdings stehend. Vgl. die Abb. bei Gold, Ehrenpforten, S. 179. 141 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 184’. 142 Zu solchen Gesten als „symbolisch kodierte Bewegungen“, die „eine sinnliche Präsenz des Sozialen“ erzeugen, vgl. Gebauer / Wulf, Spiel, S. 21; allgemein Schmitt, Raison. 143 1570 wurden 8 Himmelträger bestimmt, 1612 dagegen 12, die als Ratsherren den bedeutendsten Geschlechtern der Stadt (1570: Geuder, Löffelholz, Baumgartner, Nützel, Welser, Pömer, Tucher; 1612: Führer, Grundherr, Holzschuher, Imhoff, Kress, Muffel, Pfinzing, Volckamer) entstammten. Nachdem 1570 vor dem Eintreffen des Kaisers eine
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zunächst unsicher gewesen, da der Kaiser kurz zuvor in Rothenburg ob der Tauber den Himmel abgelehnt hatte. Auf die Nachfrage der Stadt beim Obersthofmarschall versicherte dieser jedoch, Rothenburg sei „ein ander gelegenheit“.144 Die der eigenen Bedeutung schmeichelnde Interpretation des Rates, der Kaiser wolle „solche dignität nicht zu Gemein machen“, ging allerdings am tatsächlichen Sachverhalt vorbei. Vielmehr war beim Einzug in Würzburg einige Tage zuvor der Baldachin über Matthias zusammengebrochen und das Gelächter einiger Umstehender klang ihm noch immer in den Ohren.145 Dieses peinliche Missgeschick hatte die beabsichtigte Wirkung dieses Hoheitszeichens wie der Gesamtinszenierung in ihr Gegenteil verkehrt, was die Risiken solcher politischen Aufführungen verdeutlicht. Die Einzugsroute (Abb. 51) führte bei beiden Ereignissen an wichtigen öffentlichen Gebäuden, repräsentativen Plätzen, den Hauptkirchen der Stadt sowie an prächtigen Bürgerhäusern vorbei, um so Glanz und Reichtum der Stadt den Gästen eindrucksvoll demonstrieren zu können. 1570 zog der Kaiser durch das Frauentor ein und von dort am Zeughaus und der Mauthalle vorbei zu St. Lorenz, danach über die Pegnitzbrücke zum Herrenmarkt mit der Frauenkirche, an der in diesem Moment das so genannte Männleinlaufen in Gang gesetzt wurde.146 Dabei passierte er mit dem Heilig-Geist-Spital den Aufbewahrungsort der Reichskleinodien. Danach verlief der Weg am Rathaus und an St. Sebald vorbei durch die Burggasse hinauf zur Burg. 1612 war die Route etwas länger, da der Kaiser von Ansbach kommend durch das Spittlertor einzog. Er passierte dabei das Anwesen des Deutschen Ordens, einer katholischen Enklave in dieser protestantischen Stadt, danach den Kornmarkt mit Kornhalle und Zeughaus und die Stadtkirche St. Lorenz. Von dort aus führte die Route über die Fleischbrücke mit ihren geschmückten Säulen zum Hauptmarkt und danach auf demselben Weg wie 1570 zur Burg. Am Burgtor entließ der Kaiser die den Himmel tragenden Ratsherren. Tragestange gebrochen war, die recht unprätentiös durch einen Bratspieß hatte stabilisiert werden müssen, fertigte man 1612 ein stabiles Modell mit 6 Tragestangen an. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 113; VHÄ 26, fol. 26. 144 Im Folgenden StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 155. Der Verzicht war für Rothenburg ob der Tauber ausgesprochen ärgerlich, da die Stadt den Himmel extra in Nürnberg hatte anfertigen lassen. StadtA Rothenburg o.d.T., B 541, fol. 82. 145 StadtA Rothenburg o.d.T., Chroniken B 29, fol. 125. Die Nürnberger Ratsherren übten deshalb vor dem Einzug in einem Hinterhof extra das Himmeltragen, damit nicht durch einen Fehltritt „ein Schimpff eingelegt“ würde. 146 Der Rat hatte den Zug bei Hersbruck auf die andere Seite der Pegnitz gelenkt, weil sich bei einem Einzug durch das Laufertor wesentlich weniger Staat machen ließ.
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Den dramaturgischen Höhepunkt der Inszenierung bildeten die in der Burggasse aufgestellten Ehrenpforten (Abb. 1, 4).147 Auf der Loggia standen die Stadtpfeifer sowie die beiden Organisten von St. Sebald und der Frauenkirche, damit die Musik „desto gewaltiger“ erklänge.148 1570 spielten diese Musiker Orlando di Lassos „vexilla regis prodeunt“.149 Diese geistliche Hymne war ursprünglich aus Anlass eines feierlichen Einzugs entstanden – allerdings nicht dem eines Kaisers in eine Stadt, sondern dem einer Reliquie in ein Kloster: So war sie erstmals bei der feierlichen Einführung einer Heiligkreuzreliquie in das Kloster Sainte-Croix in Poitiers erklungen.150 Mit der Wahl gerade dieser Hymne spielte die Reichsstadt Nürnberg gezielt auf ihre Funktion als Aufbewahrungsort der Reichsreliquien an, zu denen eine Reliquie des Heiligen Kreuzes gehörte. Die Hymne erinnerte darüber hinaus an die Teilakte des Priesterempfangs, der Reliquienprozession und der katholischen Messe, die vor Einführung der Reformation in Nürnberg Bestandteil des Kaisereinzugs gewesen waren.151 Allerdings hatten die Kaiser bereits vor der Reformation verschiedentlich selbst auf diese Akte verzichtet.152 Mit der Intonation geistlicher Gesänge wurde dem Adventus eine religiöse Dimension eingeschrieben, die auf den Einzug Christi in Jerusalem wie auf die sakrale Dimension von Kaisertum und Reich insgesamt verwies. Dem Verzicht auf spezifisch katholische Elemente stand somit eine Sakralisierung der Gesamtinszenierung gegenüber, 147 Altfahrt und Gerstl heben hervor, dass mit dem Ort der Ehrenpforte eine Art „via triumphalis“ festgelegt worden sei. Dies trifft aber nicht zu, denn solange die Kaiser auf der Burg residierten, kamen sie an dieser Stelle ohnehin vorbei – unabhängig davon, welcher Route sie zuvor durch die Stadt gefolgt waren. Altfahrt, Propaganda, Tl. 1, S. 292; Gerstl, Triumphbogen, S. 65. 148 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 6’. Der Rat hatte befohlen, dass ausschließlich Musiker die Pforte betreten dürften. Ebd., fol. 134, 187. 149 Soden, Kaiser Maximilian II., S. 57. Orlando di Lasso wurde auf dem folgenden Reichstag in Speyer vom Kaiser in den Adelsstand erhoben. 150 Venantius Fortunatus (530–609) schuf die Hymne im Auftrag der Königin Radegundis zur Ankunft einer Heiligkreuzreliquie, welche diese von Kaiser Justinus II. für das von ihr gegründete Kloster in Poitiers erhalten hatte. Die Hymne wurde später vielfach variiert und vertont, so zehnstimmig durch Orlando di Lasso. 151 Zumindest bis zum Kaisereinzug Maximilians II. plante die Stadt noch einen Kirchenbesuch im Rahmen des Einzuges ein. Auch 1532 bei dem geplanten Besuch Kaiser Karls V. hatte die Stadt noch einen Empfang durch die Priesterschaft vorgesehen, wenn auch in reduzierter Form. Dazu auch Löther, Inszenierung, S. 105f., 117. 152 So verzichtete Maximilian I. mehrfach auf einen geistlichen Empfang, etwa 1513 in Rothenburg o.d.T., siehe StadtA Rothenburg o.d.T., Chroniken, B 25a, fol. 532. Immerhin ließ er sich am folgenden Tag „prozessionaliter“ von den Ratsherren unter dem Himmel zur Messe geleiten.
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die von Katholiken und Protestanten mitgetragen wurde. So wurde das Gottesgnadentum des katholischen Herrschers in den Sprechakten der protestantischen Reichsstadt in stereotyper Form postuliert und durch die Ikonographie der Ehrenpforten bestärkt. In der Burg wurde der Kaiser erneut durch zwei Ratsherren empfangen und in die Ritterstube geführt. 1612 hatte der Rat zunächst diskutiert, auf einen weiteren formalen Empfang des Kaisers auf der Burg zu verzichten, weil es diesem „beschwerlich und verdrießlich sein“ könne, derart oft aufgehalten zu werden, sich aber dann – die Tradition wahrend – für den Empfang entschieden.153 1570 wurde das Kaiserpaar auf der Burg durch Herzogin Anna von Bayern und ihren Sohn Ferdinand sowie durch die Pfalzgräfin Dorothea begrüßt.154 Der Empfang in der Herberge stellte die einzige Form dar, in der sich Fürstinnen an den Kaisereinzügen des Untersuchungszeitraumes beteiligen konnten. Am nächsten Tag überreichte die Reichsstadt dem Kaiser schließlich das traditionelle Willkommensgeschenk.155 Damit war der Einzug beendet.156 Abschließend stellt sich die Frage, inwieweit die dargestellten Ergebnisse als spezifisch für den Einzugsort Nürnberg betrachtet werden müssen. Was unterschied Kaisereinzüge in kleinere Reichsstädte von jenen in die ‚Großstadt‘ Nürnberg? Dabei kann es in diesem Rahmen nicht um die Analyse einer Vielzahl von weiteren Ausformungen des Kaiseradventus gehen, die jenseits von Reichsversammlungen in Reichsstädten zu beobachten sind und sowohl aus unterschiedlichen lokalen Traditionen als auch aus jeweils unterschiedlichen politischen, sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen resultierten. Stattdessen wird anhand ausgewählter Elemente primär nach solchen Differenzen gefragt, die sich grundlegend auf die Art und Weise auswirkten, wie das Reich als übergeordneter Herrschaftsverband im Einzug imaginiert und performativ hergestellt wurde. 153 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 132. 154 Dorothea von Dänemark (1520–1580), ehemalige Kurfürstin von der Pfalz, residierte seit dem Tod Kurfürst Friedrichs II. von der Pfalz im nahen Schloss in Neumarkt. Herzogin Anna von Bayern (1528–1590) war die Schwester des Kaisers, welche die Chance zu einem Treffen mit ihrem Bruder in Nürnberg nutzte, da Albrecht V. von Bayern nicht am Speyrer Reichstag teilnahm. 155 Vgl. dazu ausführlich Kap. III.4. 156 In beiden Fällen blieb die Inszenierung des Auszuges hinter jener des Einzuges zurück. Der Auszug des Kaisers erfolgte 1570 „gannz schlecht one einiche sollennitates“. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 3 (I), fol. 87’–90’. 1612 wurde etwas mehr Aufwand betrieben; so zog der Kaiser vorbei am Spalier der Bürgerschaft aus der Stadt bis hinter den Gleishammer, wo er sich vom Rat verabschiedete. Auch die Stadtkompanien waren nochmals angetreten. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 236–241.
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Der Wegfall katholischer Elemente des Kaisereinzugs wie des Empfangs durch die Priesterschaft, der Reliquienprozession oder der Messfeier lässt sich nur bei protestantischen Reichsstädten beobachten, die allerdings deutlich in der Mehrzahl waren. In katholischen Reichsstädten wie Wangen, Überlingen und Rheinfelden wurden diese Elemente beibehalten.157 Dies gilt auch für bikonfessionelle Reichsstädte wie Ravensburg, Dinkelsbühl oder Augsburg.158 In Ravensburg war dies insofern unproblematisch, da den geistlichen Empfang das außerhalb der Stadt gelegene Kloster Weingarten übernahm. Damit blieb als spezifisch katholisches Element des Einzugszeremoniells innerhalb der Stadtmauern nur die Messfeier übrig.159 Im protestantischen Rothenburg ob der Tauber ließ Ferdinand I. bei seinem Besuch 1558 demonstrativ am nächsten Morgen im Barfüßerkloster eine Messe lesen, wobei er in einem bewussten Akt der Provokation Bürgermeister und Rat zur Teilnahme aufforderte, was diese kategorisch ablehnten.160 Aufgrund der kurzen Aufenthalte der Kaiser in kleinen Reichsstädten wurde die Huldigung von Rat und Bürgerschaft mitunter als Teil der Einzugsinszenierung oder unmittelbar im Anschluss an den Einzug durchgeführt.161 In diesem Fall wird die enge Verbindung von Ersteinzug und Huldigungsakt noch deutlicher, als dies sonst der Fall ist. Das nicht alltägliche Festereignis eines Kaisereinzugs wurde auch in kleineren Reichsstädten als willkommene Gelegenheit begriffen, den innerstädtischen Zusammenhalt zu stärken, indem man soziale und politische Konflikte vorübergehend auf Eis legte und sich selbst sinnfällig in aller Öffentlichkeit als Gemeinschaft inszenierte. Allerdings nahm die Öffentlichkeit der Einzüge in kleineren Städten prinzipiell ein geringeres Ausmaß an: nicht nur aufgrund der niedrigeren Einwohnerzahl, sondern auch, weil hier nur selten andere Reichsfürsten gemeinsam mit dem Kaiser einzogen. Denn diese reizte vor allem der feierliche Einzug in große und bedeutende Reichsstädte wie Nürnberg oder Augsburg mit seinem hohen Ausmaß an Prachtentfaltung, zumal nur solche Reichsstädte den Fürsten auch außerhalb von Reichsversammlungen ein Forum boten, das tatsächlich als Reichsöffentlichkeit imaginiert werden konnte. Hinzu kam, dass sich der Kaiser bei Durchzügen in kleineren Reichsstädten in der Regel nur eine 157 Zu Wangen Frieß, Kaiser, S. 51f. Zu den katholischen Reichsstädten allgemein Enderle, Rottweil. 158 Dazu allgemein Warmbrunn, Zwei Konfessionen; Zu Augsburg, wo alle drei Ersteinzüge des Untersuchungszeitraumes anlässlich eines Reichstags stattfanden, vgl. Kap. II.2.c. 159 Dreher, Geschichte der Reichsstadt Ravensburg, S. 328f., 409. 160 StadtA Rothenburg o.d.T., B 541, fol. 73. Der Ratsschreiber fügte hinzu, es sei „leichttlich Zuermessen“, wie dies dem Kaiser behagt habe. Im Folgenden ebd., fol. 98. 161 Zur Huldigung vgl. Kap. IV.2.
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Nacht aufhielt. Auch aus diesen Gründen zeigte die Ausgestaltung des Einzugs insgesamt bescheidenere Formen, obwohl die wesentlichen Teilakte auch hier durchgeführt wurden.162 Im Hinblick auf die Prachtentfaltung, die sich an der Ausschmückung der Einzugsroute mit ephemeren Säulen, Portalen und Ehrenpforten zeigte, übernahm die Reichsstadt Nürnberg eine Vorreiterrolle im Reich. Dies gilt selbst im Vergleich zu den Fürstenhöfen des Reiches. Aufgrund ihrer Zentrumsfunktion verfügte die Stadt über hervorragende Verbindungen zu anderen wirtschaftlichen und kulturellen Zentren innerhalb und außerhalb des Reiches, so zu oberitalienischen und niederländischen Städten, in denen reiche und elaborierte Formen des Herrschereinzugs bereits Tradition besaßen.163 Mit diesen kam die Reichsstadt über Berichte von Kaufleuten und reisenden Künstlern frühzeitig in Kontakt.164 Kaisernähe, ökonomische Potenz und Inszenierungswissen führten in Nürnberg zu aufwendigen Einzugsinszenierungen, deren elaborierte Formensprache gleichzeitig traditionell und originell sein sollte. Dabei ging es weniger um eine Kompensation entfallener religiöser Teilakte; vielmehr entsprach die Tendenz zu immer aufwendigeren Formen der Herrschaftsinszenierung der allgemeinen Entwicklung höfischer und städtischer Festkulturen in dieser Zeit. Allerdings setzte ein hohes Ausmaß an Prachtentfaltung eine hohe ökonomische Leistungskraft voraus, die in kleineren Reichsstädten nicht in der Weise gegeben war.165 Außerdem zeigt der Vergleich mit minderbedeutenden Reichsstädten, dass die Reichsstadt Nürnberg aufgrund ihrer politischen Bedeutung und finanziellen Leistungskraft über besondere Handlungsspielräume bei politischen Aufführungen dieser Art verfügte. Denn der selbstbewusste Nürnberger Rat verzichtete gezielt auf manche tradierte Geste der symbolischen Unterwerfung unter den Kaiser wie den Fußfall, die Schlüsselpräsentation oder den Stratordienst. Dagegen gehörten diese Handlungssequenzen in kleineren Reichsstäd162 Vgl. dazu für das Spätmittelalter Schenk, Zeremoniell und Politik. Für Rothenburg StadtA Rothenburg o.d.T., B 541: Kaiserlicher Huldigungs-Actus, fol. 61–74 (Besuch Kaiser Ferdinands I. 1558), 77–106 (Besuch Kaiser Matthias’ 1612). Matthias hatte zunächst auf den Empfang im Feld verzichten wollen, was die Reichsstadt jedoch nicht zuließ. StadtA Rothenburg o.d.T., B 541, fol. 84. 163 Dazu allgemein Stauber, Nürnberg und Italien. 164 Albrecht Dürer hatte den Antwerpener Einzug Karls V. 1520 erlebt und eine Beschreibung mit nach Hause gebracht. Gerstl, Triumphbogen, S. 53. Vgl. auch Kap. VI.1.a. 165 Allerdings wandten auch diese nicht selten erhebliche Kosten im Zusammenhang mit Kaisereinzügen auf, so etwa Wangen 1563 1.000 Gulden. Frieß, Kaiser, S. 52. Rothenburg gab 1612 1.582 Gulden allein für Geschenke an die Gäste aus. StadtA Rothenburg o.d.T., Stadtrechnungen, Nr. 527, fol. 321. Die Stadt musterte die für sie erhebliche Zahl von 500 Mann für Reiterschaft und Spalier.
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ten durchaus noch zum üblichen Verfahren.166 Außerdem ließ der Kaiser nur in großen Reichsstädten fünf hintereinander geschaltete Begrüßungsakte, welche die elitäre soziale Position unterschiedlicher Vertreter des Stadtregiments immer wieder aufs Neue visualisierten, geduldig über sich ergehen. Die abweichenden Verläufe in anderen Reichsstädten verdeutlichen somit, dass die Kaiser ihren repräsentativen Aufwand regelmäßig nach der Größe und politischen Bedeutung der empfangenden Stadt bemaßen. Kleinere Reichsstädte waren hier im Nachteil, weil sie dem Reichsoberhaupt keine nennenswerten finanziellen Leistungen offerieren konnten und außerdem nur eine begrenzte Öffentlichkeit boten, die als Adressat der kaiserlichen Herrschaftsrepräsentation infrage kam. Dennoch wurde auch hier in der Regel alles getan, um dem Reichsoberhaupt einen glanzvollen Empfang zu bereiten und sich dabei selbst möglichst repräsentativ in Szene zu setzen.
2. Auf dem Reichstag – Die Kaisereinzüge in Regensburg Die Reichsstadt Regensburg hatte bereits im Hochmittelalter zahlreiche Reichsversammlungen erlebt.167 Nun können diese weder im Hinblick auf ihre verfassungsrechtliche Bedeutung, noch ihren Teilnehmerkreis oder ihre Organisation mit den Reichstagen am Ende des 16. Jahrhunderts verglichen werden.168 Die Hauptstadtfunktion Regensburgs im Hochmittelalter ist jedoch insofern von Bedeutung, als dass der damit verbundene Ausbau als Versammlungsort jene Grundstrukturen schuf, die Regensburg auch im 16. Jahrhundert noch als Tagungsort empfahlen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Stadt ihren politischen und ökonomischen Höhepunkt allerdings bereits überschritten. Im Hinblick auf die Fläche sowie die Zahl der Einwohner zählte sie zu den kleineren Reichsstädten.169 Durch den Rückgang der Bevölkerung auf etwa 10.000 Einwohner im 166 StadtA Rothenburg o.d.T., B 541: Kaiserlicher Huldigungs-Actus, fol. 68f. Nürnberg scheint gemeinsam mit Augsburg eine Ausnahme darzustellen. Vgl. dazu Boehm, Reichsstadt, S. 181. In Rothenburg liefen der alte und der junge Bürgermeister direkt neben dem Pferd des Kaisers und hielten gemeinsam den Steigbügel. 1612 fiel dieses Element weg, da der Kaiser gemeinsam mit der Kaiserin in der Kutsche einzog. StadtA Rothenburg o.d.T., B 541: Kaiserlicher Huldigungs-Actus, fol. 68 (1558), fol. 87 (1612). Zum Stratordienst siehe Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 349. 167 Vgl. im Folgenden Schmidt, Regensburg als Schauplatz, S. 11. Mehr als 60 Reichsversammlungen sind dokumentiert. Regensburg beherbergte eine Kaiserpfalz, daneben auch Herbergshöfe von Reichsfürsten und Reichsklöster. Ebd., S. 24f. 168 Zur Differenz Heinig, Wormser Reichstag von 1495; Moraw, Deutscher Königshof. 169 Vgl. im Folgenden Gömmel, Wirtschaftsentwicklung, S. 485f.
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16. Jahrhundert konnte Regensburg jedoch eine hohe Zahl von Fremden aufnehmen – auch wenn politische Großereignisse wie Reichstage regelmäßig die Grenzen dieser Aufnahmekapazität deutlich machten.170 Mit ihrer Lage an der Donau und zugleich im Zentrum des Reiches war Regensburg von den kaiserlichen Residenzen in Wien und Prag aus sehr gut erreichbar. Unter Kaiser Maximilian I. und seinen Nachfolgern pflegte der Regensburger Rat gute Beziehungen zum Kaiserhaus.171 Dies zeigt sich auch in den zeitgenössischen Charakterisierungen der Stadt als „civitas regia“ sowie als „civitas episcopalis simul et imperialis“.172 Die Stadt wurde unter Kaiser Rudolf II. sogar kurzfristig als kaiserliche Residenz in Betracht gezogen. Nach Einführung der Reformation 1542 kühlte sich das Verhältnis zum Kaiser allerdings vorübergehend ab.173 In der kritischen Situation des Fürstenaufstandes von 1552 gestand König Ferdinand I. der Stadt dann gegen ein Treueversprechen die freie Religionsausübung zu. Gleichzeitig blieb Regensburg Sitz des Regensburger Bischofs, dessen Gewalt die zunächst durch die Stadt säkularisierten Klöster der Dominikaner, Franziskaner und Augustiner unterstellt wurden.174 Innerhalb der Stadtmauern befanden sich mit der Reichsabtei St. Emmeram und den beiden Damenstiften Ober- und Niedermünster außerdem drei reichsunmittelbare geistliche Herrschaften.
170 Schmid, Tagungsort, S. 30. Problematisch war häufig die Versorgungslage. Aufgrund des geringen Landbesitzes war Regensburg anders als Nürnberg völlig auf die Einfuhr von Erzeugnissen aus den angrenzenden Territorien angewiesen. Hier fanden außerdem die Religionsgespräche von 1541, 1546 und 1601 statt. Regensburg wurde auch als Tagungsort für das in Trient durchgeführte Konzil diskutiert. 171 Das Regiment bestand aus dem Inneren Rat mit 16 sowie aus dem Äußeren Rat mit 32 Mitgliedern. Die Vorbereitung der Kaisereinzüge lag in den Händen des Geheimen Ausschusses des Inneren Rates, der aus dem Stadtkämmerer als Stadtoberhaupt und 5 weiteren Ratsherren (auch als Kämmerer bezeichnet) bestand. Dazu Fees-Buchecker, Rat und politische Führungsschicht, S. 63–69. Hinter der Kaisernähe stand vor allem der Versuch, die Annexion der Stadt durch die Herzöge von Bayern, die den Verlust ihrer ehemaligen Hauptstadt nicht hinnehmen wollten, zu verhindern. Diesen war es immerhin gelungen, spezifische Gerichts-, Münz- und Geleitsrechte zu bewahren. Letztere erwiesen sich bei Kaisereinzügen als konfliktträchtig. 172 Schmid, Tagungsort, S. 41. Der Schutzvertrag zwischen der Stadt und Kaiser Karl V. von 1521 legte fest, dass die ehemals Freie Stadt zur Reichsstadt wurde, die dem Herrscher Abgaben zu leisten und zu huldigen hatte. Von der zunächst eingerichteten Institution der Reichskommissare kaufte sich die Stadt 1555 frei. Im Folgenden ebd., S. 30. 173 Vgl. im Folgenden Schmidt, Civitas Regia, S. 137–139, 214; sowie Hausberger, Geschichte des Bistums Regensburg, S. 213. 174 Hausberger, Geschichte des Bistums Regensburg, S. 312f.
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Durch das Nebeneinander von protestantischen und katholischen Institutionen war Regensburg als Tagungsort für Reichsversammlungen besonders geeignet. Im 16. Jahrhundert richtete die Stadt acht Reichstage und einen Wahltag aus.175 Von den sieben Regensburger Reichstagen des Untersuchungszeitraumes waren allerdings nur jene von 1576, 1594 und 1613 mit einem kaiserlichen Einzug verbunden. Da Kaiser Maximilian II. seinen feierlichen Ersteinzug in die Stadt bereits 1566 auf der Rückreise vom Augsburger Reichstag gehalten hatte und jener von 1576 bereits sein dritter Reichstag war, wurde hier nur ein reduziertes Empfangsprogramm durchgeführt.176 Vergleichend werden deshalb die Reichstagseinzüge Rudolfs II. am 18. Mai 1594, bei dem dieser Kaiser letztmalig öffentlich im Reich auftrat, und Matthias’ am 4. August 1613 betrachtet, die beide sehr gut dokumentiert sind.177 Da Rudolf II. bereits auf dem Weg zum Augsburger Reichstag 1582 in die Stadt eingezogen war, wobei diese ihm sogar schon am 9. November 1576 gehuldigt hatte, handelte es sich hier allerdings weder aus der Perspektive der Reichsstadt noch aus jener der anwesenden Reichsstände um einen Ersteinzug. Dennoch wurde dieser Kaisereinzug in besonders feierlicher Form ausgestattet – weshalb, wird im Folgenden zu zeigen sein. Der Reichstag von 1594 stand ganz im Zeichen des Langen Türkenkrieges (1593–1606).178 Das Handeln des Kaisers zielte deshalb vor allem auf die Bewilligung einer besonders hohen Türkenhilfe durch die Reichsstände ab, zumal 175 Die Reichstage von 1532, 1541, 1546, 1556/7, 1567, 1576, 1594 und 1598. Die Wahl und Krönung Rudolfs II. von 1575 fand hier statt, ebenso jene Ferdinands III. von 1636 sowie die Krönung Ferdinands IV. 1653. Zum Wahl- und Krönungseinzug von 1575 vgl. Kap. II.3.d. Im 17. Jahrhundert war die Stadt auch Ort von Reichsdeputationstagen (1622/3) und Kurfürstentagen (1630). 176 Siehe dazu den Bericht des florentinischen Gesandten in AdS Florenz, Mediceo del Principato 4334, fol. 92f. 177 Für 1594 vgl. etwa HHStA Wien, MEA RTA 90, Fasz. 4, fol. 9; AVA, Familienarchiv Harrach, Kart. 595, unfol.; Loserth, Tagebuch, S. 31–33; Khevenhüller, Annales Ferdinandei, Bd. 3, S. 1203f.; auf der Grundlage der braunschweigisch-wolfenbüttelschen Überlieferung Häberlin, Reichs-Geschichte, Bd. 18, S. 107–10; Fleischmann, Kurtze und aigentliche Beschreibung, S. 9–18.; Adlhoch / Joist / Kamp, Einzüge. Für 1613 vgl. HHStA Wien, MEA RTA 107b, Schreiben 141; HStA München, KÄA 3258, fol. 13–15; HStA Dresden, Loc. 10212/5; fol. 98–102; 120–124, 139–139; fast dekkungsgleich die Drucke: Stattlicher Einritt auf dem Reichstag zu Regensburg (1613); Newe Zeitung von dem Reichstag (1613); Khevenhüller, Annales Ferdinandei, Bd. 7f., 550–554; Wahrhaffter vnd eigentlicher Abriß (1613). 178 Dazu Ritter, Deutsche Geschichte, Bd. 2, S. 114–122; allgemein Schulze, Reich und Türkengefahr; Niederkorn, Die europäischen Mächte; Häberlin, Reichs-Geschichte, Bd. 18. Gleichzeitig fand in Regensburg der Fränkische Kreistag statt.
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sich die kaiserlichen Finanzen inzwischen in desaströser Verfassung befanden und Rudolf II. bei seinem Krieg gegen Murad III. und dessen Nachfolger auf die finanzielle Unterstützung des Reiches unbedingt angewiesen war. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob und in welcher Form die osmanische Bedrohung im Rahmen des Einzugs symbolisch inszeniert wurde, aber auch, in wie weit der Einzug die inzwischen vertieften konfessionellen Gräben zwischen den Reichsständen, welche die Durchsetzung der kaiserlichen Ziele im Hinblick auf die Türkenhilfe massiv gefährden mussten, tatsächlich widerspiegelte oder nicht gerade zu negieren versuchte. Der Reichstag von 1613 war nicht nur der erste Reichstag des im Jahr zuvor gewählten und gekrönten Kaisers Matthias, sondern auch der erste Reichstag nach dem gescheiterten Reichstag von 1607/08.179 Mit der Gründung der protestantischen Union und der katholischen Liga hatten sich die konfessionellen Gegensätze im Reich weiter verschärft und zugleich in Form von militärischen Bündnissen institutionalisiert. Die Atmosphäre zwischen den Konfliktparteien und selbst innerhalb dieser war bereits im Vorfeld vergiftet. Es kursierten zahlreiche Gerüchte über Ziel und Zweck dieses Reichstags: So fürchteten die Protestanten, von katholischer Seite mit militärischer Gewalt angegriffen zu werden. Außerdem hielt man es für möglich, dass Erzherzog Ferdinand von der Steiermark auf dem Reichstag zum Römischen König erhoben werden solle.180 Hatte sich Kaiser Rudolf II. mit der Ausschreibung seines ersten Reichstags sechs Jahre Zeit gelassen, drängte Matthias schon 1612 auf das „hochansehentlich wichtige werck eines Reichstages“, um die Angelegenheiten des „gemainen geliebten Vaterlandts deutscher Nation ... reyfflich diliberiren zu helffen“.181 Da die Kurfürsten einen Reichstag vor dem Frühjahr 1613 ablehnten, weil das vom Kaiser beschworene Szenario einer erneuten Türkengefahr nach dem Frieden von Zsitvatorok 1606 nicht wirklich überzeugte, zeigte sich der Kaiser sogar bereit, die Konfessionsproblematik im Reichstagsausschreiben vor der Türkengefahr rangieren zu lassen, um die Reichsstände möglichst zahlreich zum Kommen zu bewegen.182
179 Mit weiterführender Literatur Gotthard, Protestantische Union; Ritter, Deutsche Geschichte, Bd. 2, S. 377–386; Chroust, Reichstag von 1613; Auch der 1609 ausgebrochene jülich-clevische Erbfolgestreit konnte erst 1614 beigelegt werden. 180 Siehe die Zeitung in StA Marburg, 4g, 51, unfol., Zeitung vom 5.2. aus Prag. 181 HHStA Wien, MEA RTA 107a, Schreiben 16. Kaiser Matthias an die Kurfürsten vom 26.06.1612, unfol. 182 HHStA Wien, MEA RTA 107a, Schreiben 131, Matthias an Kurmainz vom 09.07.1612. Zur Relativierung der Türkengefahr ebd., Schreiben 96, Pfälzer Kurfürst an Matthias vom 21.10.1612.
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a) Organisatorische Maßnahmen im Vorfeld Nachdem der Kaiser die Reichsstadt am 10. Januar 1594 schriftlich davon in Kenntnis gesetzt hatte183, dass der auf den 17. April 1594 ausgeschriebene Reichstag in Regensburg stattfinden würde, lief das übliche Programm der Vorbereitung eines Reichstags ab.184 Die Vorbereitungen des Kaisereinzugs von Seiten der Stadt glichen im Hinblick auf die festliche Herrichtung der Stadt weitgehend jenen Nürnbergs, auch wenn der Aufwand in Regensburg etwas geringer ausfiel. So errichtete man keine Ehrenpforte, sondern ließ durch das Bauamt die an der Einzugsroute gelegenen Stadttürme erneuern und mit den Wappen des Kaisers sowie anderen Herrschaftszeichen schmücken. 1594 brachte man am inneren Brückenturm die Widmung „Divo Rudolpho II. Rom. Imperat. Regi Archid. Duci Marchion. Comiti. Pat. Pat. opt. max. S. Aug. honor. et oberservantiae ergo F.F.S.P.Q. Ratisbon.“ an, womit auch hier an prominenter Stelle die Kurzformel „S.P.Q.“ auftauchte.185 Darüber hinaus richtete man die Session von Kaiser und Kurfürsten in der Domkirche her und fertigte einen Tragehimmel an. Dessen aufwendige Gestaltung verdeutlicht die hohe Wertschätzung, welche der Rat gerade diesem Herrschaftssymbol beimaß.186 1613 183 HHStA Wien, RK RTA 62, fol. 143, Rudolf II. an den Regensburger Rat am 10.01.1594, Reichstagsausschreiben und Empfängerverzeichnis ebd., fol. 155, 223– 226, 571–582. Regensburg erklärte seine Bereitschaft, wies allerdings darauf hin, dass man sicher anderswo bessere Unterkunft und Verpflegung gehabt hätte. Ebd., fol. 202. Für 1613 vgl. das Schreiben von Matthias an den Rat der Stadt am 14.01.1613, HHStA Wien, RK RTA 86, Fasz. 1, fol. 18–21; Verzeichnis aller angeschriebenen Reichsstände, ebd., fol. 71–94. 184 Die reichsstädtische Überlieferung ist für diese Phase sehr lückenhaft, so dass für die Maßnahmen der Stadt im Vorfeld Chroniken herangezogen werden müssen. Gumpelzhaimer, Regensburg‘s Geschichte, S. 994–996; für 1613 auch Obermeier, Bauamtschronik, hier bes. Nr. 553–567, S. 193–199. Deshalb finden sich auch in den Reichstagsakten-Editionen wenig Hinweise. Aulinger, Reichstag in Regensburg 1532, S. 125; allgemein Kohler, Wohnen. Am 12.03.1594 teilte der Kaiser der Stadt schließlich mit, dass er nicht vor dem 01.05.1594 eintreffen könne, was den engen Zeitrahmen für die Vorbereitung erweiterte. HHStA Wien, RK RTA 62, fol. 391. 185 1613 wurden die alten Wappen übermalt und auch die Inschrift aktualisiert. Obermeier, Bauamtschronik, Nr. 554, S. 194. 186 Der in die Himmelfläche eingearbeitete Adler war mit Werg erhaben modelliert, mit verschiedenfarbiger Seide überzogen und mit Schmuckborten verziert. Auch die Stangenspitzen bekrönten vergoldete Doppeladler. Im Reichstagsmuseum in Regensburg sind ein Fahnenentwurf mit dem Monogramm Kaiser Matthias’ unter einer Mitrakrone in einem Lorbeerkranz und der Tragehimmel erhalten, unter dem wahrscheinlich Rudolf II. schon 1594, sicher aber Matthias 1613 einzog. Reichstagsmuseum Regensburg, KN 2000/89. Vgl. dazu Angerer, Rathausführer, S. 40.
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errichtete man beim Hallerturm außerdem ein „theatrum musicum“, eine mit Malereien verzierte, hölzerne Bühne für die „poetischen cantores“, die hier während des Einzugs Casualcarmina zu Ehren des Kaiserpaares rezitierten.187 Das Spalier bestand bei beiden Einzügen aus ca. 3.000 Personen, was bedeutet, dass der Rat die Bürgerschaft bis zum letzten Mann mobilisiert hatte.188 Dem Kaiser schickte der Rat zwei Bevollmächtigte entgegen, welche vor allem den Ort des geistlichen Empfangs, der sich aufgrund der Funktion der Stadt als Bischofssitz nicht vermeiden ließ, klären sollte.189 Zunächst hatte das Regensburger Domkapitel den Kaiser am Stadttor empfangen wollen, wie dies bis zum Einzug Ferdinands I. 1558 üblich gewesen war.190 Damit hätte die katholische Geistlichkeit symbolisch ihre Zuständigkeit in geistlichen Belangen für den gesamten Rechtsraum der Stadt bekräftigt, was der Regensburger Rat durch seine Intervention beim Kaiser unbedingt verhindern wollte. Schon 1582 hatte sich die Regensburger Geistlichkeit aufgrund der konfessionellen Haltung Kaiser Rudolfs II. Hoffnungen gemacht, den geistlichen Empfang nach dem Tod Maximilians II. wieder an die Grenze der Domfreiheit verlagern zu können. Rudolf II. lehnte diesen Vorstoß jedoch schon 1582 und erneut 1594 ab.191 Diese Geste kann als demonstrative Konzession gegenüber den protestantischen Reichsständen, die seinen Herrschaftsantritt mehrheitlich als Gefahr für das eigene Bekenntnis betrachtet hatten, bewertet werden. Dem Kaiser war daran gelegen, gerade jene Reichsstände, auf deren Unterstützung er auf dem Reichstag nicht unbedingt zählen konnte, im Vorfeld für sich zu gewinnen. Gleichzeitig signalisierte er damit, dass er sein Kaisertum als eine überkonfessionelle Institu-
187 Obermaier, Bauamtschronik, Nr. 563, S. 197. Über die Ikonographie der Malereien sind keine Informationen überliefert. Vgl. Adlhoch / Joist / Kamp, Einzüge, S. 39. Für diese Praxis bei erbländischen Einzügen Rudolph, Feste, S. 186f. 188 Gumpelzhaimer, Regensburg‘s Geschichte, S. 1000. Newe Zeitung von dem Reichstag (1613). 189 Außerdem ging es hier um den Geleitskonflikt zwischen Regensburg und den bayrischen Herzögen. Im Vorfeld des Kaisereinzugs von 1613 drängte der Rat beim Kaiserhof auf die Einstellung des Geleits. HHStA Wien, MEA RTA 107b, Schreiben 82. 190 StadtA Augsburg, Schätze 13a, fol. 170; Schätze 99, fol. 2. 191 SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 35. Er folgte damit dem Beispiel Maximilians II. 1566. Einzugsbeschreibungen in: StadtA Augsburg, Schätze 99, fol. 1–3’; ebd., Schätze 63, fol. 209–220; StA Würzburg, WRTA 48, unfol.; HStA Stuttgart, A 262/55, fol. 87– 90’; StadtA Augsburg RTA 21, ediert bei Lanzinner, Reichstag zu Augsburg 1566, S. 1485–1488. Dies gilt auch für das Augsburger Domkapitel beim Reichstagseinzug von 1582. SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 35.
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tion und sich selbst als Oberhaupt von Katholiken und Protestanten gleichermaßen verstand.192 Die Regensburger Geistlichkeit fügte sich dieser Entscheidung schließlich – vielleicht mit Blick auf die unerquicklichen Ereignisse beim Reichstagseinzug Maximilians II. 1566 in Augsburg, als der Kaiser den Himmel der Kleriker zur Freude der anwesenden Protestanten während des Einzugs demonstrativ zurückgewiesen hatte und unter dem Himmel des Rates bis zum Dom geritten war, „ohngeachtet die canonici stark darwider protestirt.“193 Diese zeremonielle Degradierung hatte sich die Augsburger Geistlichkeit allerdings selbst zuzuschreiben gehabt, denn Maximilian hatte ihr am Vortag einen Empfang vor seiner Ankunft am Dom explizit untersagt. Der Dom hatte hier auch nicht das erste Ziel der Einziehenden gebildet; vielmehr hatte der Zug vom Roten Tor zunächst zur Herberge des Kaisers, dem Fuggerhaus, geführt, wo die Kaiserin mit ihrem Hofstaat den Zug verließ, der erst jetzt den Dom ansteuerte. Damit war der geistliche Empfang zu einem Anhängsel des eigentlichen Einzugs geworden, der traditionell mit der Ankunft des Kaisers in seiner Herberge beendet gewesen war. Nicht zuletzt hatte der Kaiser den Kirchenbesuch offenbar auch verkürzt, so berichteten Augenzeugen, dass er „uber ¼ Stund nit Inn der Kürchen gewest“.194 Mit seinen wiederholten Mahnungen zum Besuch des Reichstags hatte Kaiser Rudolf II. 1594 schließlich bei einer ganzen Reihe von Reichsfürsten Erfolg, auch wenn diese zum Teil erst nach dem Kaisereinzug ankamen.195 So erschienen vier der sechs Kurfürsten sowie Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg, Maximilian von Bayern als Vertreter seines Vaters Wilhelm V. von Bayern, Christian von Anhalt-Bernburg, Friedrich von Württemberg oder Johann Casimir von 192 Dafür waren 1582 die protestantischen Fürsten während der Messe im Dom verblieben, was wiederum von ihrer Seite eine Geste des Entgegenkommens darstellte. So blieb Kurfürst August mit dem bloßen Schwert neben dem Kaiser stehen. Fleischmann, Description, S. 13. 193 Zitat in Gasser, Dritter Theil, S. 114f. In einem Bericht heißt es wörtlich „unnd hatt das Cappittel mit Irem Himel unnd Proceß, Inn der Kürchen muessen bleiben.“ StadtA Augsburg, Schätze 99, fol. 2. Im Bericht des Salzburger Reichstagsgesandten findet sich als katholischer Deutungsversuch die Ansicht, der Kaiser habe den Klerikern damit möglicherweise das Warten im Regen ersparen wollen, was sicher nicht zutraf. BSB München, Handschriftensammlung, cgm 2891, fol. 201’. Bei seinem ersten Einzug als König am 24.12.1562 in Augsburg hatte dagegen noch ein geistlicher Empfang stattgefunden. StadtA Augsburg, Chroniken 15/II., fol 887’. 194 StadtA Augsburg, Schätze 99, fol. 2. 195 Zum Beispiel drang Rudolf II. darauf, dass Wolfgang von Dalberg „hindangesezt aller Irer geschäfft […] Personlich gewiß erscheine“. HHStA Wien, MEA RTA 90, fol. 12’.
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Sachsen-Coburg. Der über 70jährige Kurfürst von Trier musste kurzfristig wegen Krankheit absagen. Dagegen trafen die Reichsstände auf dem Reichstag von 1613 nur sehr zögerlich ein.196 Nachdem schließlich auch noch Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen abgesagt hatte, erschien am Ende mit Ludwig von HessenDarmstadt nur ein einziger regierender protestantischer Fürst in Regensburg.197 Die katholische Seite war 1613 hingegen mit den drei geistlichen Kurfürsten, dem Erzbischof von Salzburg und den Bischöfen von Speyer, Straßburg, Bamberg und Augsburg sowie dem Deutschmeister prominent vertreten.198 Bezeichnend für die Atmosphäre im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges scheint die Weigerung des Fuldaer Abtes Johann Friedrich von Schwalbach, nach Regensburg zu reisen. Nachdem er zunächst eine Krankheit als Grund für sein Nichterscheinen angegeben hatte, führte er aus: „Sollten wir uns nuhr inn der Person erzeigen, und etwa im Reden, und andern offentlichen, Solennischen Verrichtungen und Hoffcaeremonien verstossen, Und in den Jetzingen auffs höchst gespitzten aulicis moribus, bevorab ettlichen unß ohne dass übell gewogen, nicht respondiren, würden wir anderst nichts, Inn sölcher höchst ansehenlichen Versamblung, deß gantzen Römischen Reichs, dann unser Verkleinerung unnd Schimpff davon zugewarten haben“. 199 Als Erzkanzler der Kaiserin hätte sich der Abt „solennischen Verrichtungen“ nicht entziehen können, vor allem, wenn Erzherzog Ferdinand in Regensburg tatsächlich zum Römischen König erhoben worden wäre.200 Die scharfe Gegenrede des Mainzer Kurfürsten, dies seien „ungleiche einbildungen“201, blieb deshalb wirkungslos. Dieser Vorfall zeigt, wie prekär den politischen Akteuren in Krisenzeiten symbolisches Handeln gelegentlich erscheinen konnte. 196 Eine „Newe Zeitung“ vom 19.07.1613 berichtete, dass außer Kurmainz und Kurtrier, dem Bischof von Speyer und dem päpstlichen Legaten noch niemand da sei. StA Marburg, 4g, 51, unfol. Johann Friedrich von Württemberg, der mit einem großen Gefolge und 460 Pferden hatte kommen wollen, erschien nicht. HStA Stuttgart, A 21/592, unfol. Verzeichnis der Teilnehmer BA, Bd. 11, 562–571. 197 Johann Georg I. von Sachsen hatte zunächst wie Johann Sigismund von Brandenburg eine Reise zum Reichstag erwogen und auch schon Quartier bestellt. HHStA Wien, MEA RTA 107b, Schreiben 106; vgl. auch Chroust, Reichstag von 1613, S. 669. 198 Chroust, Reichstag von 1613, S. 666. 199 Mit solchem „Schimpff “, so fuhr der Abt fort, sei aber weder dem Kaiser noch den katholischen Reichsständen geholfen, zumal er ja ohnehin schon Mitglied der katholischen Liga sei. HHStA Wien, MEA RTA 107b, Schreiben 109: Abt von Fulda an Kurmainz vom 18.07.1613. 200 Möglicherweise bezieht sich die Bemerkung des Abtes, auf diesem Reichstag seien Akte geplant, die zuvor nicht in Gebrauch gewesen wären, auf dieses Gerücht, dass sich allerdings nicht bewahrheiten sollte. Ebd. 201 HHStA Wien, MEA RTA 107b, Schreiben 134f.
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Um die eigene Reputation durch zu frühes Erscheinen nicht zu schmälern, fragte Matthias im Juli 1613 beim Mainzer Kurfürsten Johann Schweikard von Kronberg an, ob er mit der Anreise noch warten solle, da bislang die Reichsstände in Regensburg nur „in schlechter Anzahl zugegen und dises unser erster Reichstag ist, bey welchem wir, unseres Einzugs halber, an deme was unseres Kays. Ampts Reputation und Hochait ervordert, nicht gern etwas ermangelen lassen wollten“.202 Tatsächlich ging es aber nicht nur um die Reihenfolge, in der die Akteure vor Ort ankommen sollten; vielmehr war Matthias im Vorfeld des Einzugs derart knapp bei Kasse, dass er noch nicht einmal die Ausstattung seiner Hofbediensteten für den Einzug finanzieren konnte.203 Der Kurfürst von Mainz – schon fast zwei Monate vor Ort und mit dem wachsenden Unmut der anwesenden Reichsstände konfrontiert – drängte den Kaiser zu einem baldigen Erscheinen, da sich sonst der Reichstag womöglich ganz zerschlagen könne.204 Gleichzeitig bemühte er sich, vor allem die für die Sache der Liga wichtigen Reichsstände zu einem persönlichen Erscheinen in Regensburg zu bewegen und die bereits anwesenden wegen der verzögerten Ankunft des Kaisers zur Geduld zu ermahnen.205 Außerdem begann der Mainzer Kurfürst mit der Vorbereitung des Kaisereinzugs, da dieser Sachverhalt im Rahmen von Reichsversammlungen in seinen Regelungsbereich fiel.206 Die von der Mainzer Kanzlei aufgestellte Zugordnung erwies sich jedoch als konfliktträchtig, da die Behörde vor dem Hintergrund der Abwesenheit des sächsischen Kurfürsten ihre Steuerungskompetenz zum eigenen Vorteil auszunutzen versuchte.207 So erfuhren die kursächsischen Räte kurz vor dem Kaisereinzug durch den Reichserbmarschall Maximilian von Pappenheim, dass der Kurfürst von Mainz beim Ausziehen aus der Stadt seine Reiterei entgegen dem Herkommen an der Spitze reiten lassen wollte. Auf ihren sofortigen Protest hin argumentierten die Mainzer Räte, 202 HHStA Wien, MEA RTA 107b, Schreiben 102, Matthias an Kurmainz am 06.07.1613. 203 Im einem Bericht vom Kaiserhof heißt es noch im April 1613: „Die not ist gross, noch will sich dabei grosser pracht sehen lassen.“ StA Marburg, 277/3, Fasz. I, fol. 113, Pistorius an Pfalzgraf Philipp Ludwig am 20.04.1613. Vgl. auch Chroust, Abraham von Dohna, S. 227–229 mit weiteren Nachweisen. 204 HHStA Wien, MEA RTA 107b, Schreiben 110f., Kurmainz an Matthias vom 15. und 20.07.1613. Der Mainzer Kurfürst war am 22.06.1613 in Regensburg eingetroffen. 205 HHStA Wien, MEA RTA 107b, Schreiben 103. Die Vertröstung der Reichsstände war dem Mainzer Kurfürsten auch vom Kaiser aufgetragen worden. HHStA Wien, MEA RTA 107b, Schreiben 95, Kaiser an Kurmainz vom 25.06. 206 Vgl. dazu Memorial in HHStA Wien, MEA RTA 107b, Schreiben 133. 207 Der Entwurf der Mainzer Kanzlei wurde jenen Reichsständen kommuniziert, die darum nachsuchten, da mögliche Rangkonflikte im Vorfeld geregelt werden sollten.
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bei diesem Akt handele es sich gar nicht um einen „actus publicus“, vielmehr könne ja jeder Teilnehmer nach Belieben hinausreiten, weshalb das Herkommen hier gar keine Geltungskraft hätte.208 Das spitzfindige Argument verfing bei den kursächsischen Räten nicht. Die leichtfertige Behauptung der Mainzer, das Vorzugsrecht des Reichserzmarschalls bei Reichsversammlungen sei außerdem gar nicht belegt, konterten sie mit dem Verweis auf das schriftlich fixierte Verfahren auf vorherigen Reichstagen.209 Erst nachdem die sächsischen Räte auch den scheinbaren Kompromissvorschlag – nach welchem das sächsische Gefolge in einer derart großen Entfernung vorausreiten sollte, dass seine Zughörigkeit zum Zug optisch gar nicht wahrnehmbar gewesen wäre – abgelehnt hatten, ließ die Mainzer Kanzlei von ihrem Vorhaben ab. Akteure, die es nicht schafften, sich entsprechend dem von ihnen beanspruchten Rang im Einzug zu positionieren, ließen sich entweder in einem Revers bestätigen, dass die aktuelle Zugordnung „unbeschadet ihrer Rechte“ gewählt worden sei und somit keine Rechtsgeltung erlange, oder aber sie blieben dem Einzug aus Protest fern, auch wenn sie dadurch das Reichsoberhaupt verärgerten. Zwar wurde die Teilnahme am Einzug als „Ausdruck sozialer Wertigkeit“210 verstanden, aber eben nur dann, wenn die zugewiesene Position dem eigenen Rang als angemessen betrachtet wurde. 1613 wählten gleich drei hochrangige Akteure das zweite Instrument, um ihre Statusansprüche und ihre Herrschaftsrechte deutlich zu machen. In diesem Verfahren lässt sich das sehr begrenzte Maß an Konfliktlösungsbereitschaft unter den Reichsfürsten in dieser Krisenphase des Reiches ablesen. So verweigerte Herzog Maximilian I. von Bayern aufgrund des zwischen ihm und der Reichsstadt Regensburg strittigen Geleits seine Teilnahme am Einzug.211 Dies war ein herber Verlust für den Glanz dieses Ereignisses, hatte Maximilian doch zunächst angeboten, dem Kaiser mit einem Gefolge von über 500 Personen entgegenzuziehen.212 208 HStA Dresden, Loc. 10212/5, fol. 98f., im Folgenden 99. 209 HStA Dresden, Loc. 10212/5, fol. 100’. Explizit genannt wurden die Reichstage von 1500, 1512 und 1545 sowie die Wahltage von 1562 und 1575. Offenbar hatten die Räte entsprechende Akten dabei, was die Bedeutung der schriftlich fixierten Tradition im konkreten Fall zeigt. 210 Luttenberger, Pracht und Ehre, S. 311. 211 Zu den Konflikten beim Durchzug des Kaisers durch Bayern sowie zu den allgemein gestörten Beziehungen zwischen beiden Seiten vgl. schon Kap. I.2. 212 HStA München, K. schwarz 4347, fol. 90–95 (538 Personen, 536 Pferde), vgl. auch fol. 77–88 mit abweichenden Angaben. Darunter waren knapp 100 Landadlige, die sofort nach dem Einzug wieder nach Hause reiten sollten. Verzeichnis in HStA München, K. schwarz 4347, fol. 69–72. Der kurpfälzische Rat Ludwig Camerarius bemerkte
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Auch Erzherzog Leopold lehnte 1613 eine Teilnahme ab, weil er als Bischof von Passau und Straßburg hinter dem Erzbischof von Salzburg, Markus Sittikus von Hohenems, dem er im Hinblick auf seine Herkunft überlegen war, hätte einziehen müssen – eine Position, die ihm als völlig unangemessen erschien. Leopold geißelte den Salzburger als lediglich „gemachten“ Fürsten, der noch nicht einmal aus fürstlichem Haus stamme, und drängte persönlich darauf, dass dieser die Adlerzeichen auf der Kleidung seiner Trabanten als allein dem Kaiserhaus vorbehaltenes Herrschaftssymbol entfernen lassen musste.213 Die soziale Herkunft und die Selbstwahrnehmung des Erzherzogs standen diametral im Widerspruch zu seinem Amt und dem durch dieses determinierten Präzedenzrecht. Nachdem er beim Kaisereinzug seine Vorstellung über die eigene Position nicht hatte durchsetzen können, empfing er Matthias immerhin im Bischofshof, womit er seine Nichtteilnahme, die sonst als Missstimmung zwischen den im Vorjahr noch als Wahlkonkurrenten aufgetretenen Vettern hätte interpretiert werden können, bis zu einem gewissen Grade kompensierte. Das Verhalten des Erzherzogs beim Einzug präfigurierte sein Verhalten im Fürstenrat: Aufgrund des Sessionsstreites mit Salzburg blieb er sämtlichen Sitzungen fern. Auch Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg verzichtete 1613 bewusst auf eine Teilnahme am Kaisereinzug. Als Abgesandter seines Vaters Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg sollte er bei Kaiser und Kurfürsten die von seinem Vater schon bei der Kaiserwahl von 1612 beanspruchte Administration der Kurpfalz gegen den Konkurrenten Johann II. von Pfalz-Zweibrücken erwirken.214 Deshalb hatte Wolfgang Wilhelm beim Kaisereinzug die von der Goldenen Bulle für den Pfälzer Kurfürsten vorgeschriebene Position unmittelbar vor dem Kaiser verlangt (Tab. 3). Wäre sie ihm gewährt worden, hätte dies die Aussichten seines Vaters Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg auf die Session der Kurpfalz gestärkt, weil dieser Sachverhalt als sichtbarer Ausdruck einer durch Pfalz-Neuburg tatdazu mit einer gewissen Schadenfreude, die bayrischen Adligen hätten sich aufgrund der kurzfristigen Absage Maximilians von Bayern umsonst in Unkosten gestürzt. 213 HStA München, K. schwarz 4344, fol. 2’; Bericht der sächsischen Räte in HStA Dresden, Loc. 10212/5, fol. 98. Das Geschlecht der von Hohenems war erst 1560 in den Grafenstand erhoben worden. Vgl. auch Chroust, Abraham von Dohna, S. 258; Hainhofer, Beschreibung, S. 178. 214 Johann II. von Pfalz-Zweibrücken hatte nur Gesandte nach Regensburg geschickt. In seiner Instruktion vom 20.07.1613 für diese, darunter Philipp Freiherr zu Winneberg und Beilstein, Burggraf zu Alzey, Achaz Burggraf zu Dohna, Hauptmann zu Waldsassen und Johann Engelbert von Lautern, schrieb er, „der Kaiser soll sehen, was für eine stattliche Gesandtschaft wir geschickt haben.“ Chroust, Reichstag von 1613, S. 530. Zur Kaiserwahl von 1612 vgl. Kap. II.3.b und IV.1.
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sächlich innegehabten Administration verstanden worden wäre. Aus diesem Grund musste die Mainzer Kanzlei dieses Verlangen in jedem Fall zurückweisen. Für den Pfalzgrafen hingegen wäre ein Mitwirken an anderer Position im Zug einem öffentlichen Verzicht auf das beanspruchte Amt gleichgekommen. b) Die Inszenierung der Kaisereinzüge Wie schon in Nürnberg gehörte das Warten der rangmäßig niedrigeren Akteure auf das am oberen Ende der Rangpyramide stehende Reichsoberhaupt zum festen Bestandteil jedes Kaisereinzugs. Auf die Spitze trieb Kaiser Rudolf II. dieses Prinzip bei seinem Einzug in Regensburg 1594, als er nach zuvor bereits mehrmaligem Verschieben noch am Tag des Einzugs entschied, diesen auf den folgenden Tag zu verlegen.215 Ein derartiges Düpieren von Reichsfürsten und Reichsstadt konnte sich allein der Kaiser erlauben, der damit seine Machtvollkommenheit ostentativ bekräftigte.216 Offenbar hatte ihn der Ärger über die zahlreichen Querelen wegen der Zugordnung im Vorfeld des Einzugs zu dieser Maßnahme bewogen.217 Gleichzeitig machte Rudolf II. mit dieser disziplinarischen Maßnahme deutlich, dass er nicht gewillt war, die Verschleppung des Verhandlungsablaufes auf dem Reichstag durch Rangstreitigkeiten unter den Reichsständen hinzunehmen. Besonders im Hinblick auf den Magdeburger Sessionsstreit auf dem Augsburger Reichstag von 1582 musste eine öffentliche Demonstration kaiserlicher Ungnade als Reaktion auf ein Fehlverhalten einiger Akteure vor Beginn des neuen Reichstags angebracht erscheinen.218
215 Rudolf II. war bereits am 16.05.1594 in Regenstauf angekommen. Seinen Einzug hatte er zunächst für den 17.05.1594 angekündigt. Von der Verschiebung profitierte der Erzbischof von Salzburg, der eben erst eingetroffen war und sich am Empfang des Kaisers hatte beteiligen wollen, ohne sich aber im Gedränge einen Weg zu den ausziehenden Reichsfürsten bahnen zu können. 216 So mussten alle Angehörigen des Reichs- und erbländischen Adels, die dem Kaiser bereits entgegengezogen waren, mit ihrem Gefolge wieder umkehren. Die Nachricht über die Verschiebung war derart spät eingetroffen, dass sich auch der Zug der Kur- und Reichsfürsten schon formiert und die Bürgerschaft an den Plätzen in der Stadt aufgestellt hatte. Kurtze und einfeltige Beschreibung (1594). 217 Dilbaum, Kaiserlicher Einritt, o.S. Strittig war das Geleit zwischen Regensburg und Bayern sowie etwa die Präzedenz zwischen Eichstätt und Speyer. 218 Die Maßnahme erwies sich als wenig wirkungsvoll, denn der erneut ausbrechende Sessionsstreit führte zu einer Verschiebung der Reichstagseröffnung und verzögerte die Verhandlungen. Ritter, Deutsche Geschichte, Bd. 2, S. 121.
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Am Einzugstag versammelten sich die Reichsfürsten vor der Herberge des Mainzer Kurfürsten, um dem Kaiser entgegenzuziehen. Der Rang der Teilnehmer und die Größe ihres Gefolges galten dabei als Gradmesser für das Ausmaß der Ehre, die dem Kaiser im Einzug erwiesen wurde.219 1594 beteiligten sich 10 Fürsten, davon 6 weltliche, und ca. 650 Reiter, 1613 dagegen 9 Fürsten, davon 3 weltliche, sowie etwa 800 Reiter am Entgegenziehen. Als der Kaiser erschien, stiegen alle Fürsten vom Pferd ab und gingen ihm einige Schritte entgegen.220 1613 wurde der Kaiser nur noch durch die Kurfürsten begrüßt, deren Präeminenz damit betont wurde. Alle anderen Personen bildeten einen Kreis um Kaiser und Fürsten als Zentrum der Handlung. Ihre augenscheinliche Distanz zum Geschehen und ihre Passivität markierten ihren geringeren sozialen Status. Der Kaiser verließ die Kutsche und begrüßte die Fürsten per Handschlag. Die Begrüßung übernahm bei Reichsversammlungen der Kurfürst von Mainz als Reichserzkanzler im Namen aller Reichsstände. Sie enthielt die in diesem Kontext übliche, stereotype Reihung von expressiven, kommissiven und direktiven Sprechakten, die soziale und rechtliche Verbindlichkeiten zwischen Kaiser und Reich demonstrieren und herstellen sollten.221 Beschreibungen von Augenzeugen dokumentieren, wie genau man alle äußeren Merkmale solcher Akte wahrnahm. So habe der Kaiser „selbst mündlich mit blossem Haupt / stehende“222 geantwortet, wodurch die besondere Ehrerbietung des Reichsoberhauptes gegenüber dem Sprecher und den anwesenden Fürsten in dreifacher Weise zum Ausdruck gebracht wurde.223 219 Die genaue Zahl der Teilnehmer ist schwer zu ermitteln, da nicht für alle sozialen Gruppen exakte Zahlen überliefert sind. Die Angaben differieren etwa beim Kaisereinzug von 1613 zwischen ca. 650 bis 800, vereinzelt sogar 1.000 Reitern. Newe Zeitung von dem Reichstag (1613); Verzeichnuß des Einzug zu Regenspurg (1613): 640 Pferde; HStA Dresden, Loc. 10212/5, fol. 139: 1.000 Pferde. 220 In den zeitgenössischen Beschreibungen wird regelmäßig die Zahl dieser Schritte (6) genannt. Dilbaum, Kaiserlicher Einritt; Kurtze und einfeltige Beschreibung (1594). 221 Der Kaiser wurde zu seiner Ankunft beglückwünscht, der Zuneigung und des Gehorsams seiner Untertanen versichert und die Hoffnung geäußert, der kaiserlichen Gnade auch in Zukunft teilhaftig werden zu können. Außerdem wünschte der Kurfürst einen erfolgreichen Reichstagsverlauf. HStA Dresden, Loc. 10212/5, fol. 136; Fleischmann, Kurtze und aigentliche Beschreibung, S. 9–18. 222 Kurtze und einfeltige Beschreibung (1594). 223 1613 hörte der Kaiser die Rede des Mainzers hingegen mit aufgesetztem Hut an. Außerdem wurde auch die Kaiserin mit einer kurzen Rede begrüßt, „welche aber wenig geredet“. Da es ihr erster offizieller Empfang auf einer Reichsversammlung war, hatte Anna von Tirol möglicherweise gar nicht damit gerechnet, direkt angesprochen zu werden. HStA Dresden, Loc. 10212/5, fol. 136.
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Danach stellte der kaiserliche Obersthofmarschall die Zugfolge auf (Tab. 4.3). Der in Gliedern zu drei Personen geordnete Zug (Abb. 18) wurde 1594 durch den Reichserbmarschall Alexander von Pappenheim angeführt, der vor dem Reichstag beim Kaiser um die Ausübung dieses Amtes nachgesucht hatte.224 Danach zog das Gefolge der katholischen Reichsfürsten ein, wobei deren Reihenfolge nach dem Prinzip der Präzedenz geordnet war: zuerst Kurmainz, dann Kurtrier, dann der Herzog von Bayern. Mit seinem 400 Pferde starken Gefolge unterstrich der bayrische Herzog, der erst zwei Jahre später die Herrschaft von seinem Vater übernehmen sollte, den Führungsanspruch der bayrischen Herzöge auf Reichsebene.225 Die Positionierung des pfalzgräflich-neuburgischen und des sachsen-coburgischen Adels hinter dem kaiserlichen Adel könnte dem Bemühen geschuldet sein, mögliche Präzedenzstreitigkeiten aufgrund differierender Ordnungsvorstellungen dieser drei Reichsfürsten zu vermeiden. Am Beginn eines jeden Zugabschnitts ritten Trompeter, deren Wappenfahnen es den Rezipienten ermöglichten, die folgenden Teilnehmer einem bestimmten Fürsten zuzuordnen. Dieses Element dürfte die Lesbarkeit der performativ hergestellten Rangordnung beträchtlich erhöht haben, zumal die Zahl der Musiker Aussagen über den Rang des betreffenden Herrschaftsträgers zuließ: Die weitaus meisten Musiker führte regelmäßig der Kaiser mit sich, der meist als einziger Akteur auch Heerpauker beim Einzug einsetzte, womit sein Auftritt im symbolischen und im wortwörtlichen Sinn den repräsentativen Paukenschlag innerhalb der Inszenierung verkörperte.226 Das kaiserliche Gefolge zog im Wesentlichen vor dem Kaiser ein. Den Anfang machten 1594 die 380 kaiserlichen Landsknechte. Diese massive Präsenz des Militärs, die bei vorhergehenden Einzügen nicht zu beobachten war, dürfte dem Ziel des Kaisers geschuldet sein, sich als Verteidiger des Reiches gegen den türkischen Erzfeind zu präsentieren, um so die Reichsstände zur Bewilligung einer möglichst hohen Türkenhilfe für den Feldzug gegen Sultan Murad III. zu motivieren.227 Deshalb führte der Kaiser im Einzug zwei türkische Reitpferde 224 Der Eifer, den Alexander von Pappenheim dabei an den Tag gelegt hatte, zeigt, dass er das Reichserbmarschallamt offenbar als sehr lukrativ betrachtete. HHStA Wien, RK RTA 62, fol. 140: Allerdings hatte der Kaiser bereits den Reichserbmarschall Joachim von Pappenheim beauftragt. Ebd., fol. 129. Dadurch waren zwei Reichserbmarschälle prominent im Zug positioniert. 225 Davon nahm nur die Hälfte am Einzug teil. Fleischmann, Kurtze und aigentliche Beschreibung, 9–18. 226 1613 führte auch der Reichserzkanzler einen Heerpauker mit ( Tab. 4.5). 227 Die bewilligte Summe betrug mit 80 Römermonaten das Doppelte der 1582 bewilligten und erreichte eine noch nie zuvor dagewesene Höhe. Dazu Schulze, Reich und Türkengefahr, S. 79f.
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mit, die in den Sultansfarben Grün und Weiß geschmückt waren. Als Teil der kaiserlichen Kriegsbeute sollten sie den Reichsständen den militärischen Erfolg über den Gegner vor Augen führen; zugleich erinnerten sie aber auch an dessen militärische Stärke, denn besonders die osmanischen Reitertruppen waren ob ihrer Kampfkraft gefürchtet. Das prächtig ausgestattete, zahlreiche Gefolge Rudolfs II. kann als demonstrative Geste gegenüber der versammelten Reichsöffentlichkeit verstanden werden. Denn aufgrund der mangelnden Präsenz des Kaisers im Reich war schon bezweifelt worden, ob der Kaiser im fernen Prag überhaupt noch am Leben war. Diese Zweifel ließen sich mit einem derart glanzvollen Auftritt wirkungsvoll ausräumen. Ein singuläres Element verkörperte der auf einer Kutsche fahrende Kammerhund des Kaisers (Abb. 18), dessen herausgehobene Position auf die besondere Vorliebe des Herrschers für dieses Tier zurückzuführen sein dürfte. Darüber hinaus verwies er auf die Jagd als wesentliches Element der Inszenierung adliger Standeszugehörigkeit, das auch bei anderen Einzügen symbolisch evoziert wurde. 228 Das repräsentative Zentrum des Zuges bildeten die Reichsfürsten im hinteren Zugteil, wobei die minderjährigen Söhne Philipp Ludwigs von PfalzNeuburg als rangniedrigste Vertreter den Anfang machten. Bei den folgenden Fürstenpaaren ritten immer ein Protestant und ein Katholik nebeneinander, der jeweils ranghöhere auf der rechten Seite. Die besondere Stellung des bayrischen Herzogs zeigt sich darin, dass dieser zwei regierenden Fürsten übergeordnet wurde, obwohl er formal noch nicht im Regiment stand. Allerdings wurde ihm neben Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg die linke Position zugewiesen, wohingegen sein Vater als regierender Fürst rechts platziert worden wäre. Dies zeigt, welche Handlungsspielräume Zugfolgen als subtiles Instrument der Zuteilung von Rang und Prestige den Akteuren boten. Den Höhepunkt verkörperte der Kaiser unter dem Himmel, dem der Reichserbmarschall Joachim von Pappenheim mit dem bloßen Schwert voranzog. Rudolf II. ritt „auff einem gar schönen Gaul, der gantz lustig unter ihrer May. gieng / und ir Kay. May. gantz frölich auff im sassen / und sich auff alle Seitten umbsahen“.229 Die von den Augenzeugen 228 So hatten Maximilian II. und Rudolf II. bei ihren Einzügen auf die Augsburger Reichstage von 1566 und 1582 für die Jagd abgerichtete Leoparden mitgeführt (Tab. 4.6). Zu 1566 StadtA Augsburg, Schätze 99, fol. 1–3’; StA Würzburg, WRTA 48, unfol.; HStA Stuttgart, A 262/55, fol. 87–90. Vgl. auch Kap. II.4. Die Positionierung des Tieres allein in einer Kutsche könnte auch eine ironische Spitze gegen die an den Kaiser immer wieder herangetragene Heirat sein, denn die einzige Person, die bei einem Kaisereinzug mitunter allein in einer Kutsche fuhr, war die Kaiserin. Zur höfischen Jagd allgemein Rösener, Jagd und höfische Kultur; Ausstellungskatalog Wolfratshausen (2002); Rösener, Adel und Jagd; Martin, Jagd der Eliten. 229 Beschreibung des glueckseligen Einzugs (1594).
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bemerkte spezifische Gangart des braunen Hengstes war das Ergebnis einer aufwendigen Dressur und verwies damit auf den hohen Wert dieses Reitpferdes. Dem Kaiser folgten die geistlichen Reichsfürsten in absteigender Rangfolge, wobei der Trierer Kurfürst aufgrund der Abwesenheit des Kölners an dessen Position links des Mainzers rückte. Die päpstlichen Legaten und andere Gesandte auswärtiger Herrschaftsträger zogen im Untersuchungszeitraum nicht mehr gemeinsam mit dem Kaiser ein.230 Gerade erstere mussten in protestantischen Städten mit dem Unmut der Bevölkerung rechnen, wodurch die gesamte Einzugsinszenierung gestört worden wäre. Außerdem ließen sich auf diese Weise leidige Präzedenzstreitigkeiten vermeiden. Denn ein vom Papst entsandter Kardinal hätte den Vorrang vor den Kurfürsten beanspruchen können und aus seiner Perspektive auch müssen. Ein Einreiten in unmittelbarer Nähe des Kaisers wie dies beim Kaisereinzug 1530 in Augsburg noch zu beobachten gewesen war, als Kardinal Campeggio direkt hinter Karl V. ritt, wäre im Untersuchungszeitraum gegen die Kurfürsten nicht mehr durchsetzbar gewesen.231 Sich aber hinter die geistlichen Kurfürsten in den Zug einzureihen, kam für einen Kardinallegaten gar nicht in Frage. Seine zeremonielle Degradierung hatte sich bereits unter Karl V. angedeutet, als es dieser mit dem Hinweis auf seinen überlegenen Rang ablehnte, päpstlichen Legaten entgegenzureiten. Der Kaisereinzug von 1613 bietet die Möglichkeit, die überlieferte Planung der Mainzer Kanzlei (Tab. 4.4) mit der umgesetzten Zugfolge (Tab. 4.5) zu vergleichen.232 Der Entwurf zeichnete sich durch die klare Anwendung der Herrschernähe als Ordnungsprinzip aus.233 So sollte das Gefolge der Reichs230 Mit Ausnahme des Reichstags von 1613 verlief der Einzug der päpstlichen Legaten im Untersuchungszeitraum relativ glanzlos. Auf dem Reichstag von 1582 ritt Kardinal Madruzzo nur ein Mitglied der Familie Fugger mit 11 Reitern entgegen. Der sicher voreingenommene Chronist Georg Kölderer kommentierte: „Für war Schlechter Raysiger Zeug vnd Reütterey.“ SSB Augsburg, 2 Cod. S 40, fol. 31’. 231 Beim Einzug von 1530 ritt der Kardinallegat links und König Ferdinand rechts hinter dem Kaiser (in manchen Berichten umgekehrt), während die drei geistlichen Kurfürsten dem Kaiser, anders als in der Goldenen Bulle vorgesehen, voranzogen. Schubert, Reichstage, S. 234f. Der Kardinallegat übernahm 1530 eine zentrale Rolle, da er beim Empfang im Feld und in der Domkirche den Segen sprach. Allerdings hatten die Kurfürsten verhindert, dass er gemeinsam mit dem Kaiser unter dem Baldachin einritt. Luttenberger, Pracht und Ehre, S. 302. 232 HHStA Wien, MEA RTA 107b, Schreiben 141; HStA Dresden, Loc. 10212/5, fol. 136–139. 233 HHStA Wien, MEA RTA 107b, Schreiben 142. Als Grundlage wurde offenbar der Kaisereinzug Karls V. in Augsburg 1530 herangezogen, denn eine Einzugsbeschreibung von 1530 ist direkt nach dem Entwurf eingeheftet. Allerdings konnte dieser Einzug
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fürsten in zwei großen Blöcken angeordnet werden: zuerst Knechte und niederes Hofgesinde, dann Hofadlige und Landjunker. Angeführt wurden diese Blöcke von hessischen Gefolgsleuten, denen in aufsteigender Rangordnung die der geistlichen Fürsten folgten.234 Dadurch wurde dem Gefolge der Landgrafen von Hessen-Darmstadt die niedrigste Position unter den Reichsfürsten zugewiesen.235 Da der kaiserliche Hofstaat entgegen dem Brauch nach dem Kaiser einziehen sollte, wäre zugleich das reichsfürstliche Moment dieses Kaisereinzugs stark betont worden, was aufgrund der fast ausschließlichen Anwesenheit geistlicher Fürsten einer Demonstration der engen Verbindung von Kaisertum und Germania Sacra gleichgekommen wäre. Da die geistlichen Kurfürsten bei der Kaiserwahl von 1612 zuerst mehrheitlich Erzherzog Albrecht unterstützt hatten, musste ihnen besonders daran gelegen sein, ihre Loyalität gegenüber dem neuen Kaiser zur Schau zu stellen.236 Dieser Entwurf wurde jedoch vom kaiserlichen Obersthofmarschall nicht umgesetzt. So herrschte offenbar im vorderen Zugdrittel, in dem das Gefolge der Reichsfürsten einzog, eine weniger klare Ordnung, als der Mainzer Entwurf dies vorgesehen hatte (Tab. 4.5, Abb. 19). Nicht alle Zugabschnitte ließen sich überhaupt bestimmten Reichsfürsten zuordnen.237 Selbst bei jenen, wo dies möglich war, dürfte sich die soziale Logik ihrer Anordnung den Betrachtern kaum sofort erschlossen haben, da das Gefolge der Reichsfürsten stark in einzelne Gruppen aufgeteilt war. Außerdem wurde es mitunter unabhängig von seiner territorialen Zugehörigkeit nach dem ausgeübten Amt als Ordnungskriterium zusammengefasst. So ritt direkt vor dem kaiserlichen Gefolge eine große
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schon im Hinblick auf den Teilnehmerkreis gar nicht mit jenem von 1613 verglichen werden. Für jeden Fürsten waren Leibrosse und Edelknaben vorgesehen, was eine Aufwertung der Reichsfürsten gegenüber dem Kaiser bedeutet hätte. Die Anordnung der Kurfürsten folgte der Goldenen Bulle, beim Gefolge war jedoch Kurtrier Kurköln übergeordnet. Als mögliche Gründe dafür können die fehlende Bischofsweihe Ferdinands von Bayern oder der Altersunterschied zwischen beiden Kurfürsten angesehen werden. Lothar von Metternich (1551–1623) war der älteste geistliche Kurfürst und deutlich älter als Ferdinand von Bayern (1577–1650). Für den schwebenden Präzedenzstreit zwischen Speyer und Eichstätt hatte die Kanzlei eine Alteration bei Hinaus- und Hineinreiten als Kompromiss vorgesehen. Dazu kam es aber offenbar nicht. Vgl. das Schreiben des kurpfälzischen Rates Ludwig Camerarius vom 19.08.1613 an Christian von Anhalt-Bernburg, in dem er feststellt, es sei gut, dass wenige protestantische Fürsten anwesend wären, denn diese hätten nur „Ungelegenheiten“ zu erdulden. Chroust, Reichstag von 1613, S. 666. Dazu Dammelhart, Reichspolitik, S. 29–35; Gotthard, Säulen, Bd. 2, S. 546–548; Lietzmann, Kurfürst Johann Schweikard von Kronberg, S. 113–127; Wilz, Wahl. Vgl. dazu etwa den Bericht in HStA Dresden, Loc. 10212/5, fol. 136–139.
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Zahl von reichsfürstlichen Räten, die sich auf diese Weise als eigene, territorial übergreifende soziale Gruppe präsentierten. Diese Position wurde ihrer zentralen Rolle bei den politischen Verhandlungen auf dem Reichstag eher gerecht als die Einordnung in das Hofgesinde ihres Dienstherrn oder die völlige Exklusion vom Einzugsgeschehen als vorher gängigen Alternativen. Nicht zuletzt wurde der Versuch der Mainzer Kanzlei torpediert, die Landgrafen von Hessen-Darmstadt durch eine Position ihres Gefolges sehr weit vorn im Zug symbolisch zu diskreditieren. Denn im Gegensatz zu Kurmainz hatte der Kaiser keinerlei Interesse daran, den einzigen regierenden weltlichen Fürsten, der zu seinem Empfang erschienen war, auch noch zeremoniell zu brüskieren.238 Das aus etwa 1.000 Personen bestehende kaiserliche Gefolge dominierte den Zug nicht nur zahlenmäßig, sondern auch durch seine prächtige Ausstattung.239 Im Wissen um die Abwesenheit vieler Reichsstände hatte Kaiser Matthias eine deutlich größere Zahl von Landständen aktiviert als Rudolf II. 1594. Seinen umfangreichen Hofstaat führte Matthias zu wesentlichen Teilen im Einzug mit. Dies betraf vor allem jene Hofämter, die ihm für seine Selbstinszenierung besonders wichtig erschienen, wie etwa Trompeter, Edelknaben, Truchsessen oder Kämmerer.240 Ein exotisches Moment verkörperten der mit einem Leopardenfell bekleidete ungarische Husar und zwei weitere Reiter mit einem Affen sowie einem Leoparden auf dem Sattel hinter sich sitzend.241 Eine Reihe von Hofbeamten wurde durch ihre Position besonders hervorgehoben. So ritt etwa der kaiserliche Quartiermeister allein – möglicherweise sollte auf diese Weise das symbolische Kapital dieses Amtes erhöht werden, um seinem Inhaber bei den 238 Die bayrischen Räte berichteten, die Landgrafen von Hessen-Darmstadt seien direkt nach dem Kaiser geritten und erst dann alle geistlichen Fürsten. Dies hätte eine starke Abwertung der geistlichen Fürsten bedeutet und dürfte schon deshalb kaum zutreffen. HStA München, K. schwarz 4344, fol. 2’. 239 So urteilte ein Zeitungsschreiber, es habe das der Reichsstände „in allen gar weit übertroffen / ist gegen einander wie Sonn und Mon gewest / und wann deß Kaysers Volck den Einzug nit geziert / wehre es ein schlechter einzug gewest.“ Verzeichnuß des Einzug zu Regenspurg (1613), o.S. Die pfalz-neuburgischen Gesandten berichteten sogar, der Kaiser sei mit 2.000 Personen eingezogen. Die Gesamtzahl variiert in den Berichten zwischen 1.800 und 2.800. Stattlicher Einritt auff dem Reichstag zu Regenspurg (1613), o.S.; HStA Dresden, Loc. 10212/5, fol. 138’. Ludwig Camerarius geißelte die hohen Ausgaben für Kleidung, welche der österreichische Adel für den Einzug auf sich genommen habe. StA Marburg, 118/4, Fasz. II, fol. 50. 240 So erhöhte sich die Zahl der 1613 mitgeführten Trompeter im Vergleich zu 1594 von 18 auf 34, die der Edelknaben von 10 auf 24, die der Leibpferde von 10 auf 48. 241 Häberlin sieht darin ein Zeichen für den schlechten Geschmack dieses Kaisers, wobei er übersieht, dass derartige Elemente bei fürstlichen Aufzügen dazugehörten und auch zuvor gängig waren. Häberlin, Reichs-Geschichte, Bd. 23, S. 567.
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ständigen Streitereien mit dem Reichserbmarschall über die Quartierverteilung mehr Gewicht zu verleihen.242 Paarweise ritten die militärischen Befehlshaber Georg Friedrich Graf von Hohenlohe sowie Bruno Graf von Mansfeld und die beiden Kanzler der Königreiche Böhmen und Ungarn, während der höchste böhmische Beamte, der Landhofmeister Adam von Wallenstein, allein ritt. Am prominentesten war der Obersthofmeister Friedrich Graf zu Fürstenberg mit seinen zwei Söhnen und 18 Edelknaben im Zug vertreten.243 Er selbst ritt mit dem Oberststallmeister und dem Oberstkämmerer direkt vor den weltlichen Reichsfürsten, während der Obersthofmarschall den erbländischen Adel anführte. Der unerhörte Pomp dieses Einzugs kulminierte im Auftreten des Kaiserpaares. Der auf einem Schimmel reitende Kaiser trug ein weiß-goldenes Kleid, das mit Perlen und Edelsteinen verziert war, einen orangefarbenen, mit Goldstoff gefütterten Mantel und einen weißen Hut mit einem Federbusch.244 Die Kaiserin, die ebenfalls mit einem kostbaren, mit Perlen und Edelsteinen besetzten Gewand bekleidet war, fuhr auf ihrem vergoldeten Brautwagen, dessen Dach ein großer silberner, bekrönter Löwe zierte. Da die Benutzung solcher Prunkkutschen im Rahmen kaiserlicher Einzüge im Reich bis dahin nicht üblich gewesen war, erregte das Gefährt großes Aufsehen.245 Dieses Auftreten unterschied sich fundamental von jenem, welches die übrigen drei Kaiser des Untersuchungszeitraumes bevorzugt hatten. Sie waren in der Regel in zurückhaltenden Farben und mit dem Goldenen Vlies als einzigem Schmuck bekleidet gewesen.246 Dabei hatte offenbar gerade der starke Kontrast zur Ausstattung anderer Akteure die besondere Dignität des Kaisertums vergegenwärtigen sollen. Da Matthias mit dieser Tradition brach, wurde sein Auftreten nicht nur wie intendiert als 242 Diese Position ist schon beim Einzug Rudolfs II. in Augsburg 1582 zu beobachten (Tab. 4.6). Der Quartiermeister war in der Regel nichtadliger Herkunft. 243 Das Mitführen von Edelknaben durch Hofbeamte war zuvor bei Kaisereinzügen nicht üblich gewesen. Eigentlich hätte der Obersthofmeister aufgrund seines Ranges in der Mitte reiten müssen; möglicherweise konnte er sich aber mit dem Oberstkämmerer nicht einigen. 244 HHStA Wien, MEA RTA 107b, Schreiben 141, unfol. 245 Dieselbe Kutsche wurde bei der Kaiserkrönung in Frankfurt eingesetzt. Vgl. Kap. IV.1 und Haupt, Brautwagen. In der Folge wurden solche Galawagen ein fester Bestandteil von Kaisereinzügen. 246 Rudolf II. trug 1594 einen grauen Mantel, der allerdings im Unterschied zu seinen Vorgängern auch schon mit Goldborten verbrämt war. Bei der Kaiserin lässt sich nicht wirklich eine Tradition festmachen, da allein Kaiserin Maria im 16. Jahrhundert bei Kaisereinzügen im Reich anwesend gewesen war. Sie trug die schwarze spanische Hoftracht und wenig, dafür sehr wertvollen Schmuck.
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besonders „herrlich“ bewertet, sondern auch als unangemessen und protzig abqualifiziert.247 1594 empfing der Stadtkämmerer als oberster Repräsentant des Regensburger Rates den Kaiser am äußeren Stadttor „mit einer Zierlichen Oration, in höchster, tieffster Referentz“, wobei er diesem als Zeichen der Unterwerfung unter die kaiserliche Gewalt die Stadtschlüssel „allerunterthänigst“ präsentierte.248 Diese wurden nach einer kurzen Berührung im Sinne einer symbolischen Inbesitznahme sofort zurückgegeben, wobei der kaiserliche Orator mit der in diesem Kontext üblichen Versicherung kaiserlicher Gnade und Gewogenheit für den freundlichen Empfang dankte.249 Eine gedruckte Zeitung berichtet zudem, dass dem Kaiser von einigen Personen brennendes Werg am Stadttor entgegengehalten worden sei. Diese Demonstration der Vergänglichkeit irdischen Ruhmes, der ja gerade in diesem Einzug besonders eindrücklich beschworen wurde, lässt sich bei spätmittelalterlichen Kaisereinzügen mehrfach nachweisen. Am Ende des 16. Jahrhunderts war dieser Brauch allerdings nicht mehr üblich.250 Danach erfolgte der Einzug in die Stadt, wobei auch hier eine repräsentative Einzugsroute gewählt worden war (Abb. 52).251 Rudolf II. zog über die Steinerne Brücke ein (Abb. 20). Dabei passierte er mit dem Brückenmänn247 Selbst die venezianischen Gesandten, die eine Vorliebe für aufwendige Inszenierungen hegten, kritisierten die Prachtentfaltung. Vgl. den Bericht in Fiedler, Relationen, S. 4f. 248 AVA Wien, Familienarchiv Harrach, Kart. 595, unfol. Die Schlüssel lagen auf einem in den Stadtfarben gehaltenen Beutel. Auf diese Weise bekräftigte die Stadt auf der symbolischen Ebene ihren Anspruch auf Schlüsselhoheit. 249 Als Orator fungierte der Reichsvizekanzler: 1594 Johann Wolf Freymon, 1613 Hans Ludwig von Ulm. Der expressiv-komissive Sprechakt von 1594 lautete: „Die Römisch Kays. May. Unser Allergnädigster Herr, haben deren von des Reichs getrewen, eines Ehrsahmen Cämmerer und Raths zu Regenspurg unterhänigste Glückwünschung, empfahung und überantwortung der Schlüssel, zum gnädigsten Danck, nehmen, gefallen, verstanden und angenommen, und weil Ihre Kay. May. in keinen Zweiffel setzen, sie die von Regenspurg werden in ihrer gegen der Kay. May. an jetzt erzeigter unterthänigster affection hinfüro nicht weniger, als biß daher continuiren, also sein Ihre Röm. Kay. May. des gnädigsten gegen erbiethens, daß sie der Stadt Regenspurg jederzeit Allergnädigster Kayser und Herr sein und bleiben wollen.“ AVA Wien, Familienarchiv Harrach, Kart. 595, unfol. 250 Möglicherweise handelt es sich hier um ein Missverständnis. Beschreibung des glueckseligen Einzugs (1594). Zu diesem Brauch Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 379f. 251 Die Einzugsroute verlief vom inneren Brückentor über die Schusterstraße (Brückstraße), die Wahlenstraße, den Neupfarrplatz, die Judengasse zum Dom. Vgl. im Folgenden allgemein Dallmeier, Neupfarrplatz. 1613 gestaltete sich die Einzugsroute anders, da Kaiser Matthias von Südosten kam und durch das Ostentor einzog. Von da ab verlief die Route über die Ostengasse, das Hallertor, den St. Georgenplatz, am Niedermünster vorbei und den Kornmarkt bis zum Dom.
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chen ein wichtiges Symbol der städtischen Freiheitsrechte, die auch durch die Königsfiguren an der Fassade des inneren Brückenturms evoziert wurden.252 Dort wurde der Kaiser erneut von einer Ratsabordnung begrüßt, die ihn unter einen gelbgoldenen Himmel nahm. Der Zug führte zunächst durch die als via triumphalis gut geeignete Wahlenstraße, welche mit ihren prächtigen Patrizierhäusern und Geschlechtertürmen auf die politische und ökonomische Hochzeit Regensburgs im 12. und 13. Jahrhundert verwies. An ihrem Ende erhob sich die Neupfarrkirche, der im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Kaiser und Reichsstadt ein hoher Symbolgehalt zukam. So war der Bau mit zwei historischen Ereignissen verbunden, welche die Reichsstadt als Ausdruck ihrer Selbstbehauptung gegenüber dem Kaisertum begriff: Die Kirche war an jener Stelle erbaut worden, wo die Synagoge der 1519 aus Regensburg vertriebenen Judengemeinde gestanden hatte. In ihr hatte man außerdem 1542 den ersten protestantischen Gottesdienst gefeiert, wodurch sie zu einem Symbol des neuen Bekenntnisses wurde. Vor dem Dom konnte der Kaiser noch einen Blick auf den Adlerbrunnen werfen, der 1566 zum Gedenken an den Ersteinzug Maximilians II. mit einer bronzenen Adlerplastik versehen worden war.253 Vor dem Dom empfing den Kaiser die Geistlichkeit, die im Ornat mit Kreuzesfahnen und Bischofsstäben angetreten war.254 Der Kaiser wurde unter den – hier weniger auf das Königtum, sondern auf das christliche Märtyrertum verweisenden – roten Himmel der Geistlichen genommen und in den Dom geleitet, der aufgrund des Menschenandrangs sofort gesperrt werden musste.255 Dort kniete der Kaiser zunächst im Eingangsbereich auf einem Samtkissen nieder und küsste das ihm vom Weihbischof gereichte Pacem.256 Nachdem er mit Weihwasser besprengt worden war, begab er sich zum Hochaltar, wo ein kost252 Die Figuren stammen aus dem 13. Jahrhundert und zeigen offenbar Kaiser Friedrich II., Philipp von Schwaben und Irene von Griechenland, die der Reichsstadt wesentliche Freiheitsrechte verliehen hatten. Ausstellungskatalog Regensburg (1995), S. 56–58. 253 Der Adler steht auf einer großen goldenen Kugel als Sinnbild des Heiligen Römischen Reiches. Zum Einzug von 1566 in Regensburg vgl. Gumpelzhaimer, Regensburg‘s Geschichte, S. 939. 254 1613 waren 6 Bischöfe darunter (Salzburg, Bamberg, Speyer, Augsburg, Regensburg, Trient). 255 Ein protestantischer Zeitungsschreiber berichtet voller Schadenfreude, dass wegen des großen Gedränges ein Teil der Schläge, welche die Hartschiere austeilten, auf den Köpfen der vornehmen, zumeist katholischen, Einzugsteilnehmer landete. Newe Zeitung von dem Reichstag (1613), o.S. 256 Vgl. dazu allgemein Richter, Paxtafeln und Pacificalia. Die Reichsfürsten saßen auf ebenerdig aufgestellten Stühlen. Die übrigen Anwesenden mussten als Ausdruck ihres niederen Ranges stehen.
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bar verzierter, erhöht angebrachter Stuhl errichtet worden war. Auf dem Altar standen ein großes, edelsteinverziertes Reliquienkreuz und mehrere Reliquiare, die bis zum Einzug Karls V. 1541 diesem noch bis vor die Stadt entgegen getragen worden waren.257 Nach einer gemeinsamen Gebet und dem Te deum wurde der Kaiser vom Weihbischof gesegnet.258 1613 zelebrierte der Regensburger Bischof die Messe, an der auch Anna von Tirol teilnahm.259 Die anwesenden protestantischen Reichsfürsten blieben während des gesamten Aktes im Dom, wodurch das Reich hier – konfessionelle Gräben negierend – als Religionsgemeinschaft auftrat.260 Mit diesem demonstrativen Entgegenkommen verbanden sie sehr wahrscheinlich die Erwartung, nun ihrerseits bei strittigen Fragen auf das Entgegenkommen von Kaiser und katholischen Reichsständen zählen zu können.261 Unter Glockenleuten und Geschützdonner verließ der Kaiser den Dom und zog zu seiner Herberge im Bischofshof. Nach der Ankunft dort wurden zum letzten Mal die Geschütze auf der Stadtbefestigung abgefeuert. Als die auf dem Domplatz angetretenen gerüsteten Bürger eine letzte Salutsalve abfeuerten, wurden aus Versehen zwei Menschen erschossen.262 Zuvor schon hatten die Regensburger Schützen durch ihr unbedachtes Schießen während des Einzugs die Pferde des kaiserlichen Gefolges derart verschreckt, dass diese nur mit Mühe und Not wieder gebändigt werden konnten. Dadurch waren zeitweise die Ordnung des Zuges aufgelöst und die feierliche Würde seiner gemessenen Bewegung durch die Stadt gestört worden, weshalb Kaiser und Reichsfürsten mit diesem Einzug am Ende angeblich „Übel zufriden“ gewesen waren.263 Insgesamt 257 Vgl. auch Gumpelzhaimer, Regensburg‘s Geschichte, S. 790, 825. 258 Zur Funktion vgl. allgemein Žak, Tedeum. 259 Anders als Kaiserin Maria, die beim Kaisereinzug in Augsburg 1566 die private Andacht in der Herberge vorgezogen hatte, war Anna von Tirol stark daran gelegen, ihre Katholizität öffentlich zu demonstrieren. StadtA Augsburg, Schätze 99, fol. 2’. Vgl. dazu auch Kap. IV.1.c. 260 Newe Zeitung von dem Reichstag (1613), o.S.; Fleischmann, Description, S. 13. Dieses Verhalten ist auch schon auf dem Reichstag von 1582 zu beobachten. 261 So sollte der Kaiser etwa die Interessen Ludwigs von Hessen-Darmstadt im Erbstreit mit dem zum reformierten Glauben übergetretenen Landgrafen Moritz von HessenKassel um Hessen-Marburg unterstützen, was er schließlich auch tat, ohne allerdings den gewünschten Erfolg zu erzielen. 262 Diese Angabe findet sich nur im kursächsischen Bericht. HStA Dresden, Loc. 10212/5, fol. 138’. Die bayrischen Gesandten berichteten von einem Toten. HStA München, K. schwarz 4344, fol. 2’. 263 HStA München, K. schwarz 4344, fol. 2’. Damit wird die an gleicher Stelle durch die bayrischen Räte aufgestellte Behauptung, es sei „ein schöner Zierlicher einritt gewest, und wol abgangen“, als Floskel entlarvt.
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dauerten beide Einzüge etwa drei Stunden. 1594 zündete man am Abend als akustischen Endpunkt der Inszenierung nochmals die Kanonen, die im Unteren Wöhrd nahe der Steinernen Brücke aufgestellt worden waren. Am nächsten Tag überreichten die Stadtkämmerer den traditionellen Willkomm, womit der offizielle Empfang beendet war.264 Vergleicht man abschließend die Ausgestaltung beider Herrschereinzüge im Hinblick auf den betriebenen Aufwand, so fällt beim Einzug von 1613 die starke Zunahme der kaiserlichen Prachtentfaltung auf, auch wenn Rudolf II. seinen Einzug von 1594 ähnlich glanzvoll wie jenen von 1582 in Augsburg (Tab. 4.6) gestaltet hatte, um die Tatsache seiner langen Abwesenheit im Reich durch demonstrative Präsenz zu negieren.265 Betrachtet man jedoch die Wahrnehmung beider Ereignisse durch die Zeitgenossen und damit die Auswirkungen, welche die gewählten Formen der Herrschaftsrepräsentation zeitigten, so wurde der Einzug von 1594 überwiegend positiv bewertet, während die Bilanz des Einzugs von 1613 eindeutig negativ ausfiel.266 Zwar stammt die Mehrheit der negativen Kommentare zum Einzug von 1613 von Lutheranern oder Calvinisten, jedoch gab es auch von katholischer Seite kritische Stimmen.267 Für den inszenatorischen Misserfolg von 1613 müssen deshalb noch andere Gründe als die in dieser Phase zugespitzten konfessionellen Konflikte verantwortlich sein. 264 Die Abreise des Kaisers erfolgte ohne großen zeremoniellen Aufwand. 1613 ließ sich Kaiser Matthias allerdings von einer Abordnung des Rates bis an das innere Brückentor begleiten, ehe er sich auf das Schiff begab, das ihn nach Wien zurückbringen sollte. Eine Zeitung berichtet, dass die Trompeter trotz eines Platzregens aufspielen mussten und auch die Geschütze abgeschossen worden seien. Als dabei ein Geschütz explodierte, wurde der Schützenmeister und eine weitere Person getötet. HStA München, KÄA 3258, fol. 25; Reichstags Abschied zu Regenspurgk (1614), o.S. 265 Berichte zum Kaisereinzug von 1582 in StadtA Augsburg, RTA 47, unfol.; ebd., Chroniken 15/II., fol. 965–971; StA Marburg, 4e: 1390, unfol.; 4e: 1393, unfol. (Eintrag vom 27.06.1582); StA Meiningen, GHA II. 84; Fleischmann, Description, S. 6–14; ders., geenderte vnd verbesserte Description; Warhafftige Newe Zeitung (1582); Warhafftige beschreibunge (1582); Vorzeichnis (1582). 266 Siehe etwa die Bewertung des kurpfälzischen Rates Marcus zum Lamm in ULB Darmstadt, Hss. 1971, Bd. 24, fol. 1. Dies gilt auch für Chronisten und Historiker der beiden folgenden Jahrhunderte. Häberlin, Reichs-Geschichte, Bd. 18. S. 129. 267 Dabei kam zur politischen eine theologische Dimension hinzu. Gerade bei überzeugten Calvinisten diente die Kritik am übertriebenen Pomp der Katholiken der ideellen Abgrenzung gegenüber dem angeblich nur am schönen Schein, nicht aber am wahren Wesen der Dinge interessierten konfessionellen Gegner. Auch bei den Historikern und Juristen, die sich mit diesen Ereignissen in der Folge auseinandersetzten, waren die Anhänger der Reformkonfessionen deutlich in der Mehrheit, wodurch diese die Deutungshoheit über die Ereignisse erlangten.
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Diese werden deutlich, wenn man sich das zentrale Ziel dieser Inszenierungen, die Strategien, durch die es erreicht werden sollte, und die Voraussetzungen für deren Wirksamkeit vor Augen hält. Die feierliche Inszenierung eines Kaisereinzugs zielte auf die Erhöhung von Prestige, Autorität und Legitimation des einziehenden Herrschers ab. Das symbolische Kapital, das auf diese Weise akkumuliert werden sollte, wies mehrere Dimensionen auf: Über die Prachtentfaltung sollten den Rezipienten die ökonomische Macht des Kaisers und die Kultiviertheit des Kaiserhofs als Ausweis seines kulturellen Führungsanspruches im Reich verdeutlicht werden. Das Mitführen von bewaffnetem Gefolge veranschaulichte die militärische Potenz des Kaisertums, die sowohl zur Verteidigung des Abendlandes als auch zur gewaltsamen Durchsetzung politischer Interessen innerhalb und außerhalb des Reiches genutzt werden konnte. Im gemeinsamen Einreiten mit weltlichen und geistlichen Reichsfürsten spiegelte sich das soziale Kapital des Kaisers wider, das in seiner zeichenhaften Vergegenwärtigung zugleich symbolischer Natur war. Darüber hinaus sollte das gemeinsame Handeln mit anderen Akteuren die persönliche Bindung zwischen Kaiser und Reichsfürsten intensivieren und damit im Konfliktfall belastbar machen. Dass diese Ziele 1613 so wenig erreicht wurden, lag am Fehlen grundlegender Voraussetzungen. Denn die Akkumulation von symbolischem Kapital durch Akte der Herrschaftsrepräsentation musste vor allem dann gelingen, wenn die prätendierten Herrschaftsansprüche eine ausreichende reale Basis aufwiesen. Sie konnte auch dann gelingen, wenn diese Basis zuvor zweifelhaft gewesen war, der Zweifel aber durch die explizite Zurschaustellung der fraglichen Güter im Rahmen der Inszenierung ausgeräumt werden konnte. Sie gelang nicht, wenn das Fehlen dieser Basis nicht nur möglich, sondern für die Mehrzahl der Betrachter ganz offensichtlich erschien. So konstatierten die Augenzeugen das gravierende Missverhältnis zwischen dem pompösen Auftreten des Kaisers und seiner finanziellen Lage, zwischen dem von ihm habituell vertretenen Machtanspruch und seiner tatsächlich vorhandenen Macht sowie zwischen inszenatorischem Aufwand und erreichtem Verhandlungsergebnis.268 War es Rudolf 268 Das Geld für die kostbare Ausstattung seines Hofgesindes hatte sich Matthias im Vorfeld von verschiedenen Seiten zusammenborgen müssen. Aufgrund ausbleibender Lohnzahlungen waren die kaiserlichen Hartschiere in Regensburg sogar gezwungen, ihre Rüstung und Livreen zu verpfänden. Die kaiserlichen Hofmusiker erzwangen ihren Lohn dadurch, dass sie mit der Verweigerung des katholischen Gottesdienstes ausgerechnet den Konfessionskonflikt für die Durchsetzung ihrer eigenen Interessen instrumentalisierten. In Regensburg wurde außerdem kolportiert, dass das Prager Hofgesinde am Verhungern sei. Abraham von Dohna notierte: „Darüber wir heftig
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II. 1594 gelungen, mit der Bewilligung einer Türkenhilfe in nie dagewesener Höhe einen bedeutenden Verhandlungserfolg zu erzielen, wurde das Scheitern der kaiserlichen Politik 1613 mit dem Boykott des Reichsabschiedes durch die Protestanten mit Ausnahme Kursachsens und Hessen-Darmstadts offenbar. Unter diesen Bedingungen erschien die kaiserliche Prachtentfaltung nicht mehr als Ausdruck monarchischer Magnifizenz, sondern als Kennzeichen eines schlechten Regiments. Die Abwesenheit weltlicher Reichsfürsten beim Einzug von 1613 veranschaulichte nicht das hohe, sondern gerade das geringe soziale Kapital, auf das der Kaiser bei diesem Reichstag zählen konnte. Die zentrale politische Aussage des Kaisereinzugs von 1613 bestand deshalb in der engen Verbindung zwischen Kaisertum und Germania Sacra, denn die geistlichen Reichsfürsten erschienen in diesem Moment als einzige Stütze der kaiserlichen Herrschaft. Dies mochte in ihrem ureigenen Interesse liegen, da es ihre Machtposition innerhalb des Reiches in ihrer eigenen Wahrnehmung aufwertete, im Interesse des Kaisers lag es nicht. c) Die Einzüge der Reichsfürsten Bei Reichstagen verkörperte der Kaisereinzug nur eine unter anderen Einzugsinszenierungen, welche die Ankunft der politischen Elite im Reich öffentlichkeitswirksam zelebrieren sollten. Anders als der Kaiser besaßen die Reichsstände am Reichstagsort kein Einzugsrecht im Sinne eines gewohnheitsrechtlich verankerten Anspruchs auf eine feierliche Ausgestaltung durch die gastgebende Stadt. Während die Reichsstädte außerhalb von Reichstagen auch weniger hohen Würdenträgern als Geste der Ehrerbietung eine Abordnung entgegenschickten, geschah dies bei Reichsversammlungen aus Gründen der Aufwandsbeschränkung nur bei Kurfürsteneinzügen. Die Art und Weise, wie die Reichsstände ihre Ankunft am Reichstagsort inszenierten, reichte deshalb vom völligen Verzicht auf repräsentativen Aufwand bis hin zur strategisch geplanten Großveranstaltung. Die entscheidende Frage besteht jedoch darin, ob und in welchem Maß diese Inszenierungen die durch den Kaisereinzug hergestellte Ordnung bestätigten oder ob sie diese vielleicht sogar konterkarierten und damit deren gesellschaftliche Prägekraft einschränkten. Dabei legten keineswegs alle Kurfürsten Wert auf einen feierlichen Einzug. So zog etwa der Kurfürst von Mainz 1594 und 1613 schon deshalb ohne großen erschraken, dass hier der kaiser einen greuligen pracht triebe und so viel nit hette, dass er konnte den armen dienern das brot geben.“ Chroust, Abraham von Dohna, S. 226f., 233f.
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Pomp in die Stadt ein, weil er als erster Kurfürst eintraf und erst wenige Reichsstände am Reichstagsort versammelt waren.269 Die feierliche Inszenierung des eigenen Einzugs wäre hier weitgehend ins Leere gelaufen. Der kursächsische Administrator ritt 1594 „fast von meniglich ungemerkter“ in die Stadt ein – möglicherweise deshalb, weil er mit den glanzvollen Auftritten Kurfürst Augusts auf den vorherigen Reichstagen ohnehin nicht hätte mithalten können.270 Der Kölner Kurfürst Ernst von Bayern splittete den eigenen Einzug, indem er selbst morgens anonym in der Kutsche in der Stadt eintraf, nachmittags aber sein prächtig ausgestattetes Gefolge in geordneter Form mit Trompetenschall und Trommelschlag „pompasissime“ in die Stadt einziehen ließ.271 Dieses Verfahren irritierte die Augenzeugen beträchtlich, die extra herbeigeeilt waren, weil sie davon ausgingen, der Kurfürst würde selbst feierlich einziehen.272 Unter Ferdinand I. und Maximilian II. war es üblich gewesen, dass der Kaiser und die bereits anwesenden Kurfürsten ihre Mitkurfürsten feierlich in die Stadt geleiteten. Der Empfang durch den Kaiser im Feld stellte eine besondere Ehrbezeigung dar, die dieser unter allen Reichsständen allein den Kurfürsten erwies. Unter Karl V. waren die Kurfürsten nicht durch den Kaiser eingeholt worden, weil dies der Würde des Kaisers als unangemessen angesehen wurde.273 Der Verzicht auf diese Geste dürfte die Entfremdung zwischen beiden Seiten verstärkt haben. Die Wiederaufnahme dieses Brauchs kann als symptomatisch für den auf Verständigung und den Aufbau persönlicher Beziehungen basierenden Herrschaftsstil betrachtet werden, den Ferdinand I. und Maximilian II. 269 Johann Schweikart von Cronberg kam am 21.06.1613 in weiser Voraussicht schon morgens um 4 Uhr in der Stadt an, um dem Geleitsstreit zwischen dem Herzogtum Bayern und Regensburg aus dem Weg zu gehen. Als sich sein umfangreiches Gefolge mit den bayrischen Geleitsreitern an der Spitze der Stadt näherte, eskalierte der Streit tatsächlich: Der Rat ließ das Stadttor schließen und demonstrativ mit Ketten sichern. Die zähen Verhandlungen zwischen beiden Seiten zogen sich drei Stunden hin, während der das kurmainzische Gefolge vor der Stadt warten musste. Am Ende ging die Stadt als Sieger hervor. So führten Regensburgische Reiter den Zug an, während die Bayern lediglich als Nachhut in die Stadt einritten. Vgl. Gumpelzhaimer, Regensburg’s Geschichte, S. 1049. 270 Loserth, Tagebuch, S. 34. Sein Gefolge war deutlich geringer als das etwa Augusts von Sachsen auf den vorhergehenden Reichstagen. In seiner Funktion als Administrator fühlte sich der Herzog von Sachsen-Weimar, der einen bescheideneren Hof hielt als die sächsischen Kurfürsten, offenbar nicht in der Pflicht, deren repräsentativen Traditionen auf Reichstagen zu folgen. 271 Loserth, Tagebuch, S. 34. 272 Kurtze Beschreibung (1594), o.S. Offenbar wollte der Kölner Kurfürst, der nach dem Kaiser in Regensburg eintraf, diesem die Mühe des Einholens ersparen. 273 Vgl. dazu Luttenberger, Pracht und Ehre, S. 307.
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pflegten. Sie ist weniger ein Ausdruck des Verfalls kaiserlicher Macht274, sondern vielmehr der offensiv den anwesenden Reichsständen und Gesandten kommunizierte Versuch, die aktuellen politischen Konflikte durch gemeinsames politisches Handeln zu lösen, um auf diese Weise den inneren Frieden im Reich und zugleich dessen Verteidigungsfähigkeit gegen äußere Bedrohungen garantieren zu können. Der Kaiser büßte durch die Auszeichnung, die er einem Kurfürsten durch die feierliche Einholung gewährte, nichts von seiner kaiserlichen Würde ein, da seine Person auch hier klar im Mittelpunkt stand. Die soziale Logik der Kurfürsteneinzüge lässt sich besonders gut am Beispiel des Augsburger Reichstags von 1566 aufzeigen, bei dem der Kaiser alle fünf anwesenden Kurfürsten persönlich in die Stadt einholte. Dabei galt: Je später ein Kurfürst anreiste, desto mehr hochrangige Reichsfürsten konnten ihm entgegenreiten. Wie viel Aufwand betrieben wurde, hing von der politischen Bedeutung des Kurfürsten und den Rahmenbedingungen seines Eintreffens am Reichstagsort ab. Während die Einzüge der geistlichen Kurfürsten aufgrund ihres geringen Gefolges (Tab. 1) und ihrer frühen Ankunft bescheiden ausfielen, wurden die Einzüge der weltlichen Kurfürsten sehr feierlich zelebriert.275 Der glanzvollste Einzug wurde ausgerechnet Friedrich III. von der Pfalz zuteil, der aufgrund seines calvinistischen Bekenntnisses auf diesem Reichstag sogar aus dem Augsburger Religionsfrieden sowie aus dem Kurfürstenrat hatte ausgeschlossen werden sollen.276 Als der pfälzische Kurfürst jedoch nach der Eröffnung des Reichstags am 2. April 1566 vor der Stadt eintraf, waren ihm der Kaiser sowie 17 Kur- und Reichsfürsten entgegengezogen.277 Damit wurde er demonstrativ in die Reichstagsgesellschaft inkludiert und seine Präeminenz als Kurfürst ostentativ bekräftigt. Falls er auf diese Weise zum Einlenken in der Bekenntnisfrage hatte motiviert werden sollen, blieb diese Strategie erfolglos. 274 So Wanger, Kaiserwahl und Krönung, S. 59, der unzutreffender Weise davon ausgeht, dass es sich hier um ein neues Verfahren gehandelt habe. Die Einholung der Kurfürsten durch den Kaiser lässt sich jedoch etwa auch bei Maximilian I. beobachten. 275 Dem Kurfürsten von Mainz ritt der Kaiser bis ins Feld in der Nähe der Oberhausener Heide entgegen, dem Kölner Kurfürsten Friedrich von Wied nur bis ans Stadttor, da dieser auf den feierlichen Einzug zu Pferd, der ihm aufgrund seiner Korpulenz schwerfiel, hatte verzichten wollen. Nuntiaturberichte, Bd. 5, S. 27; vgl. dazu auch die Berichte in AdS Florenz, Mediceo del Principato 4328, fol. 46–69. Die Einzüge der weltlichen Kurfürsten zogen sich über 3 Stunden hin. 276 Zur Haltung von Kaiser und Kurfürsten zu diesem Problem ausführlich Luttenberger, Kurfürsten, S. 277–306. 277 StadtA Augsburg, RTA 21, unfol. (Eintrag vom 02.04.1566); Lanzinner, Reichstag zu Augsburg 1566, S. 1497. Allerdings befanden sich darunter außer den Kurfürsten von Mainz und Trier auffälligerweise keine weiteren geistlichen Fürsten.
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Weder ließ sich der Kurfürst zu konfessionellen Zugeständnissen bewegen, noch gelang es, ihn auf dem Reichstag zu isolieren.278 Das Scheitern dieser Pläne demonstrierte der Kurfürst öffentlichkeitswirksam bei seinem Auszug aus der Stadt. Mit dem provozierenden Besuch in der Herberge des päpstlichen Legaten, wo er sich mit betont freundlicher Geste von den geistlichen Kurfürsten verabschiedete, absolvierte Friedrich III. noch eine Ehrenrunde, bevor er „frey offenntlich mit der Heertrummen vnnd Trommeten schall freidig“ aus der Stadt auszog.279 Unter den Kurfürsten war es vor allem August von Sachsen, der seinen Führungsanspruch im Reich und seinen Kurfürstenstatus durch eine besonders starke Prachtentfaltung zu bekräftigen suchte. Bei seinem Einzug in Augsburg am 20. März 1566 erschien der Kurfürst in Begleitung von drei Reichsfürsten.280 Damit stellte er dem Kaiser und den 13 Kur- und Reichsfürsten, die ihn im Feld empfingen, zugleich sein soziales Kapital vor Augen, das er zur Unterstützung seiner politischen Interessen in Augsburg einzusetzen gedachte.281 Die Ordnungsprinzipien der Zugfolge (Tab. 4.7) entsprachen weitgehend jenen des Kaisereinzugs. Das ideelle Zentrum des Einzugs bildete die Person des Kaisers, dem August von Sachsen als Reichserzmarschall das bloße Schwert vorführte.282 Unüblich ist die Beteiligung der Gemahlin des sächsischen Kurfürsten, die mit ihrem umfangreichen weiblichen Hofstaat den Platz der nicht an dieser Inszenierung teilnehmenden Kaiserin Maria einnahm. Allerdings handelte es sich bei Kurfürstin Anna immerhin um eine Königstochter, weshalb ihr womöglich diese besondere Ehre erwiesen wurde. Beim Vergleich dieses Einzugs mit jenem des Kaisers zwei Monate zuvor, bei dem außer Albrecht V. von Bayern keine ranghohen Reichsfürsten anwesend gewesen waren, wird deutlich, wie stark hier der Kurfürsteneinzug die Funktionen des Kaisereinzugs übernahm, während dieser in seinen Abläufen 278 Zur inszenatorischen Meisterleistung des Pfälzer Kurfürsten bei seinem Auftritt vor Kaiser und Reich vgl. auch den Bericht des Chronisten Marcus zum Lamm in Kap. VI.2.c. 279 Zitat in ULB Darmstadt, Hss. 1971, fol. 67’–68’. Kurz vor der Abreise Friedrichs III. hatte das Gerücht die Runde gemacht, der Kurfürst solle gewaltsam vom Kaiser und den Kurfürsten an seiner Abreise gehindert und festgesetzt werden, was dieser mit seinem weithin hörbaren Auszug ostentativ widerlegte. 280 Herzog Johann von Schleswig-Holstein-Sonderburg, Herzog Joachim Ernst von Anhalt und Herzog Heinrich von der Liegnitz. 281 Dazu StadtA Augsburg, RTA 21, unfol. (Eintrag vom 20.3.1566); vgl. auch Reusner, Pompae Descriptio. 282 Da die beiden anderen weltlichen Kurfürsten nicht anwesend waren, wurde August von Sachsen von den beiden nach ihm ranghöchsten weltlichen Fürsten, Albrecht V. von Bayern und Pfalzgraf Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken, in die Mitte genommen.
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mehr dem Kaisereinzug in eine Reichsstadt außerhalb einer Reichsversammlung glich.283 Es war der Einzug Kurfürst Augusts von Sachsen, der tatsächlich die Rangordnung im Reich auf dem Reichstag erstmals als Gesamtbild herstellte und mit Verweis auf das Herkommen wie in Vorwegnahme der Reichstagssession erneut etablierte. Dabei wird am Beispiel des Kölner Kurfürsten Friedrich von Wied deutlich, dass der Einzug ein flexibleres Medium zur Kommunikation der politischen Machtverteilung darstellte als die Reichstagssession. So zeitigte die Tatsache, dass dieser Kurfürst die professio fidei tridentina nicht unterzeichnete, keine Auswirkungen auf seine Session auf dem Reichstag; im Rahmen des sächsischen Einzugs wurde er jedoch in einer für alle Betrachter sichtbaren Form zeremoniell degradiert.284 So nahm die Position direkt links hinter dem Kaiser, die Friedrich nach der Goldenen Bulle (Tab. 3) zugestanden hätte, der Kurfürst von Trier ein. Außerdem musste das Kölner Gefolge dem Trierischen und sogar dem von Salzburg und Passau nachziehen. Je nach den politischen Rahmenbedingungen gestalteten jedoch auch andere Reichsfürsten ihren Einzug sehr prachtvoll. Dies gilt etwa für jenen Herzog Friedrichs von Württemberg am 8. Juli 1594 in Regensburg. Der Herzog erschien vor allem deshalb persönlich, weil er den Kaiser dazu bewegen wollte, das Herzogtum Württemberg in ein Reichslehen umzuwandeln.285 Diesem Ziel gedachte er durch ein besonders prunkvolles Auftreten Nachdruck zu verleihen, wozu die aufwendige Inszenierung des Einzugs unabdingbar dazu gehörte.286 Dabei zog Friedrich zum Ärger des Kaisers demonstrativ am kaiserlichen 283 Das war auch beim ersten Reichstagseinzug Kaiser Ferdinands I. 1558 in Augsburg der Fall gewesen. Hier zogen nur der Rat mit einem Teil der Bürgerschaft Ferdinand I., dem Herzog Albrecht V. von Bayern mit 500 Reitern das Geleit gab, ins Feld entgegen. Einzugsberichte in StadtA Augsburg, Rst. A, Literalien 1558–1559, unfol.; Chroniken 15/II., ebd., fol. 870’–871’; ebd., Schätze 13a, fol. 169’; Warhaffte/ auch gantz glaubwirdige Newe Zeytung (1559). Vgl. dazu auch den Einzug Maximilians II. 1570 in Speyer. Einzugsberichte in GLA Karlsruhe, 50: 121, fol. 4–7 und 302, fol. 107–111; HHStA Wien, MEA RTA 56, fol. 10f. 284 Friedrich von Wied war weder geweiht, noch vom Papst bestätigt. Die päpstliche Bestätigung blieb genau deshalb aus, weil Friedrich sich weigerte, die professio fidei tridentina abzulegen. Er trat im Jahr darauf als Kurfürst von Köln zurück. Vgl. dazu Lanzinner, Friedenssicherung, S. 212. 285 Friedrich von Württemberg hatte zuvor die Unterstützung anderer lutherischer Fürsten auf einem Konvent in Heilbronn gefordert. Außerdem ließ er die eigenen Landstände eine Gesandtschaft nach Regensburg schicken. Vgl. dazu Häberlin, Reichs-Geschichte, Bd. 18, S. 629–639; Ritter, Deutsche Geschichte, Bd. 2, S. 117f. 286 So erschien er mit einem Gefolge von 700 Personen vor der Stadt, darunter „50 Französische Muschketiere alle mit fliegenden blausamet röcken“. Furierverzeichnis in HStA
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Quartier vorbei, obwohl er dieses auf dem Weg zu seinem eigenen „füglich umbgehen hette können.“287 Das Auftreten des Herzogs beeindruckte die vor Ort Anwesenden tatsächlich stark; allerdings wurde das repräsentative Auftrumpfen auch als dem sozialen Rang und der politischen Bedeutung Friedrichs unangemessen empfunden. Selbst dessen Räte hatten im Vorfeld davon abgeraten, weil „der Kayser es übel aufnehmen, und dahin ausdeuten könnte: als ob es ihm zum Trotze geschähe, und der Herzog sein Vorhaben […] mit Gewalt durchzusetzen gedächte.“288 Friedrich hatte sich jedoch nicht davon abbringen lassen. Erst seit einem Jahr im Amt war diesem der Seitenlinie Württemberg-Mömpelgard entstammenden Regenten der Reichstag offenbar als hervorragende Gelegenheit erschienen, seinen repräsentativen Einstand ‚vor dem Reich’ zu halten und dabei zugleich seinen Anspruch auf eine Belehnung ‚vom Reich’ anzumelden.289 Dass eine Repräsentationskonkurrenz mit dem Kaiser vor der Reichstagsöffentlichkeit diesem Ziel wenig förderlich war, zeigt die Reaktion Rudolfs II., der zu diesem Zeitpunkt auch gegen finanzielle Angebote nicht zur Umwandlung des Afterlehens in ein Reichslehen zu bewegen war.290 Auch der Reichstag von 1613 bot den Beobachtern glänzende Einzugsspektakel von Kur- und Reichsfürsten. Besonderen Aufwand betrieben der Kurfürst von Köln, der Erzbischof von Salzburg, die Bischöfe von Augsburg und Speyer sowie die päpstliche und die spanische Gesandtschaft. Vor allem die repräsen-
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Stuttgart, A 21/592, unfol.; Loserth, Tagebuch, S. 60. Dass der Herzog nicht durch andere Reichsfürsten eingeholt wurde, zeigte allerdings seinen Mangel an sozialem Kapital, wodurch sich der Zugewinn an symbolischem Kapital durch diese Aufführung in Grenzen gehalten haben dürfte. ULB Darmstadt, Hss. 1971, Bd. 24, fol. 96’–97’, Bericht des kurpfälzischen Rates Marcus zum Lamm. Vgl. dazu Kap. VI.2.c. Zudem sei es „unerhört und wider das Herkommen, mit einer so starken Rüstung auf dem R.Tage zu erscheinen, als welches ungleiche Gedanken bey allen hohen und niedern Ständen erwecken, und der Kayser solches zu seinem und seines Erzhauses Unglimpfe auslegen könnte.“ Zitiert nach Häberlin, Reichs-Geschichte, Bd. 18, S. 111, dort wird dieses Vorgehen als eitle „Einbildung, was für ein grosses Ansehen und Ehre Er, durch solchen Staat und Aufzug, erhaschen würde“, gegeißelt. Möglicherweise schwebte Friedrich eine Reichsbelehnung „unter dem Himmel“ vor wie jene Eberhart im Barts von 1495. Zu diesem Akt Graf, Eberhart im Bart. Als symbolische Negation dieses politischen Misserfolgs ließ es sich Friedrich von Württemberg nicht nehmen, genauso feierlich mit Trompetenschall und Paukenschlag wieder aus Regensburg auszuziehen, noch bevor der Reichstag offiziell beendet war. Württemberg gelang es erst 1599, die österreichische Afterlehenschaft gegen eine Entschädigung von 400.000 Gulden abzulösen. Dabei könnte das prunkvolle Auftreten des Herzogs auf dem Reichstag die Summe durchaus in die Höhe getrieben und sich damit am Ende auch noch in finanzieller Hinsicht als kontraproduktiv erwiesen haben.
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tative Großoffensive der geistlichen Fürsten erwies sich jedoch vor dem Hintergrund der bereits institutionalisierten Frontstellung von Protestanten und Katholiken als kontraproduktiv. Die „Pfaffen“ wurden von ihren konfessionellen Gegnern aufgrund ihres Auftretens auf dem Reichstag geradezu mit Spott überschüttet. Eine in ihrer Bösartigkeit und zugleich Treffsicherheit kaum zu überbietende Stellungnahme von protestantischer Seite ist jene des kurbrandenburgischen Gesandten Abraham Burggraf zu Dohna der über den Einzug des Kölner Kurfürsten am 28. Juli 1613 dichtete: „Druf kam hereingezogen die werte priesterschaft mit golt und samten kutschen, vol geistlikeit behaft. Selzam war es zu sehen, das auf ein stund und zeit man sechs bischof sach gehen in einem Pfaffenkleid. Luttich, Munster, Stabel, Padelborn, Berchtoldsgaden und Hildesheim, die hett Cöln auf sich geladen; die teten also sehr sein heiligen bauch druken das er in seiner gutschen mehrenteils lag am ruken. Man saget, das es sei ein geistlich gravitet, aber man sahe, das ers aus grober hoffart thet.“291
Die bildhafte Sprache in diesen „historische[n] reimen von dem ungereimten reichstag anno 1613“, so der Titel des gesamten Werkes, zeichnet eine Karikatur dieses geistlichen Kurfürsten, der gerade nicht die Priesterweihe besaß, wie eingangs behauptet. Pomp und Prunksucht geißelt der Autor als Spezifika der katholischen Geistlichkeit. Die Aufzählung der vielen Herrschaftsgebiete verweist auf die Herrschaftsakkumulation durch die geistlichen Landesherrn und benutzt damit ein verbreitetes Motiv der zeitgenössischen Kritik an der Herrschaftsform des geistlichen Staates.292 Wie schon bei der Bewertung des Kaisereinzugs ist die Kritik an der „Hoffart“ einerseits dem Wissen zuzuschreiben, dass der Eindruck ökonomischer Potenz nicht den Tatsachen entsprach, andererseits sicher aber 291 Chroust, Abraham von Dohna, S. 245f. Vgl. auch die galligen Passagen über die Einzüge von Speyer und Augsburg sowie des päpstlichen Legaten Madruzzo. Ebd., S. 203, 259. Allerdings dürfte dafür auch das Unvermögen eine Rolle gespielt haben, selbst beim Repräsentationswettbewerb der Reichsstände mithalten zu können. So war die kurbrandenburgische Gesandtschaft extra um 4 Uhr morgens eingezogen, weil sich mit der bescheidenen Ausstattung ohnehin kein Staat machen ließ. Andererseits bestand von Dohna darauf, bei der Reichstagseröffnung zum Dom zu reiten, obwohl die Gesandten der anderen weltlichen Kurfürsten aufgrund ihrer begrenzten Reitfähigkeiten lieber gelaufen wären. Dies zeigt, dass die Bewertung des zeremoniellen Aufwandes entscheidend davon abhing, wie stark man selbst profitieren konnte. Chroust, Abraham von Dohna, S. 92, 245, Anm. 1. 292 Dazu ausführlich Rudolph, Regierungsart, Kap. VIII mit weiterführender Literatur.
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auch der calvinistischen Konfession des Verfassers, dem übermäßiger repräsentativer Aufwand generell als „Gräuel“ erschien.293 Allerdings kritisierte auch der katholische Maximilian von Bayern das Auftreten der geistlichen Fürsten scharf: So sei es „verkleinerlich“, dass „gleich alle katholischen Kurfürsten und Fürsten persönlich herzulaufen“, während die Protestanten nicht vertreten seien.294 Mit der Aussage, das dafür aufgewendete Geld hätte man lieber in die Bundeskasse zahlen sollen, rügte der bayrische Herzog explizit den entfalteten Pomp. Demonstrativ erschien er selbst nur kurz und mit einem kleinen Gefolge vor Ort.295 War schon der pompöse Einzug des Kaisers vor dem Hintergrund geringer instrumenteller Grundlagen seiner Herrschaft als problematisch erschienen, dürften die Einzüge der geistlichen Fürsten die Wahrnehmung einer fundamentalen Diskrepanz zwischen realer und zur Schau gestellter Machtbasis des Kaisertums wie in einem Zerrspiegel verstärkt haben. Während allerdings beim kaiserlichen Einzug immer noch die Vorstellung der Einheit des Reiches über konfessionelle Grenzen und politische Konflikte hinweg beschworen wurde, zeigten sich bei den fürstlichen Einzügen klar die Auswirkungen der konfessionellen Spaltung. Spielte bei Kaisereinzügen die konfessionelle Zughörigkeit keine Rolle für die Anordnung im Zug – Protestanten ritten neben Katholiken, Calvinisten neben Lutheranern –, zogen bei Fürsteneinzügen zunehmend die Protestanten den Protestanten und die Katholiken den Katholiken entgegen. Da in der Folge auch der Herrschaftstypus darüber bestimmte, wer nun wem die Ehre des Einholens erwies, verstärkten sich die konfessionellen Grenzen noch. Spätestens in dem Moment, in dem sich die geistlichen Fürsten gegenseitig einholten, wurde deren Einzug zu einer rein katholischen Veranstaltung.296 Ab dem Ende des 16. Jahrhunderts gingen außerdem hochrangige Amtsträger am Kaiserhof dazu über, den eigenen Einzug in die Reichstagsstadt feierlich 293 Bezeichnenderweise verlor Abraham von Dohna über den doch weit prunkvolleren Einzug des Kaisers kein einziges Wort. Offenbar war es die besondere Qualität des Kaisertums, seine nur durch die göttliche Majestät überbotene Dignität, die verbale Tiefschläge dieser Art als unangemessen erscheinen ließ. Außerdem war der Kaiser schließlich gerade vom eigenen Dienstherrn gewählt worden, wodurch eine Kritik am Reichsoberhaupt implizit auch eine Kritik an diesem gewesen wäre. 294 Chroust, Reichstag von 1613, S. 691. 295 Ebd., S. 552. Zwar ging in Regensburg das Gerücht um, Maximilian habe den Eindruck eines militärischen Aufmarsches gegen die Protestanten vermeiden wollen, tatsächlich wollte dieser sich vor allem vom Auftreten der geistlichen Fürsten abgrenzen und dem Kaiser einen Denkzettel verpassen. 296 Der Administrator von Magdeburg, Joachim Friedrich von Brandenburg, wurde 1582 natürlich nicht von geistlichen Fürsten, sondern von Kurfürst August von Sachsen und Ulrich von Mecklenburg in die Stadt geleitet. SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 31’–32.
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auszugestalten.297 Diese soziale Ausweitung solcher Inszenierungen, die sich im 17. Jahrhundert noch verstärken sollte, lief letztlich auf eine Relativierung der zentralen Bedeutung des Kaisereinzugs für die performative Aufführung des Reiches hinaus, da nun viele Einzüge in engem zeitlichem Zusammenhang um die Aufmerksamkeit der Rezipienten konkurrierten.
3. Auf dem Wahltag – Die Kaisereinzüge in Frankfurt am Main Die Entwicklung dieser Reichsstadt wurde seit dem Spätmittelalter maßgeblich durch ihre Funktionen als Messestadt und als Wahlstadt des Römischen Königs bestimmt.298 Die von Rat und Bürgerschaft bereitwillig angenommene Doppelfunktion der Stadt als Wahl- und schließlich auch Krönungsort des Reiches machte einen wesentlichen Bestandteil des städtischen Selbstverständnisses aus.299 Die Messen begünstigten Wirtschaftswachstum, Bevölkerungsanstieg und Stadtausbau, denn sie bescherten der Stadt eine Vielzahl von Besuchern aus dem Reich und anderen Regionen Europas, die untergebracht und beköstigt werden mussten. Hatte Frankfurt am Main zu Beginn des 16. Jahrhunderts noch zu den kleineren Reichsstädten gezählt, stieg es im 17. Jahrhundert in den Kreis der größten Reichsstädte auf.300 Gefördert wurde diese Entwicklung durch den Zuzug zahlreicher Exulanten aus den spanischen Niederlanden, welche zeitweilig bis zu 20 Prozent der Einwohner ausmachten. Hinzu kam eine stark wachsende jüdische Gemeinde.301 Die soziale Sprengkraft, die sich aus dem Zusammenleben von Bevölkerungsgruppen unterschiedlicher Her297 So zog auf dem Regensburger Reichstag von 1594 die Frau des kaiserlichen Obersthofmeisters Wolf Freiherr Rumpf mit 50 Kutschen ein. Loserth, Tagebuch, S. 29. 298 Vgl. im Folgenden Schembs, Frankfurt als Wahl- und Krönungsstadt; Jahn, Frankfurt am Main; Schindling, Wachstum und Wandel; zu Frankfurt im Mittelalter: Bund, Frankfurt am Main; Froning, Empfang deutscher Kaiser; Beckmann, Das mittelalterliche Frankfurt. 299 So wird Frankfurt im Stadtplan Matthäus Merians d.Ä. von 1628 als „urbis imperialis electioni rom regum atq. imperatorum consecratae“ bezeichnet. Abb. in Klötzer, Frankfurt am Main, S. 191. Zur Prestige-Erhöhung für die Stadt durch die Rolle als Krönungsort und zum aus dieser resultierenden „Reichspatriotismus“ der Frankfurter siehe Schindling, Wachstum und Wandel, S. 213f., 219; auch schon Beckmann, Frankfurt, S. 2. 300 Zu Beginn des Untersuchungszeitraumes lebten ca. 12.000 Einwohner in der Stadt, am Ende waren es bereits 20.000. Schindling, Wachstum und Wandel, S. 209, 212. 301 Während die Einwohnerzahl der Stadt insgesamt im Untersuchungszeitraum um ca. 65 Prozent stieg, erhöhte sich die der Juden um 300 Prozent. Zahlen ebd.
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kunft, Sprache, Konfession sowie ökonomischer Leistungskraft ergab, wurde durch die Misswirtschaft des Ratsregiments noch verschärft.302 Hatten schon auf dem Wahltag von 1562 durch die Stadtverfassung nicht repräsentierte Teile der Bevölkerung die Anwesenheit von Kaiser und Reich für die Durchsetzung ihrer Interessen gegenüber dem Rat zu nutzen versucht, eskalierten die Konflikte beim Wahltag von 1612 mit dem Beginn des Fettmilchaufstandes, der erst 1616 niedergeschlagen werden konnte.303 Von den vier im Untersuchungszeitraum stattfindenden Herrschererhebungen fanden drei in Frankfurt statt: die Übertragung des Kaisertums von Karl V. auf Ferdinand I. 1558, die zwar weder als Wahlakt, noch als Krönungsakt, sehr wohl aber als – singulärer – Investiturakt zu betrachten ist, sowie die Wahlen und Krönungen von Maximilian II. 1562 und Matthias 1612, welche im Folgenden vergleichend betrachtet werden. Beide Herrschererhebungen wurden an einem Ort vollzogen. Mit der Herrschererhebung von 1612 setzte sich die Stadt Frankfurt am Main als Wahl- und Krönungsstadt des Heiligen Römischen Reiches durch, während die Reichsstadt Regensburg, welche 1575 die Wahl und Krönung Rudolfs II. erlebte, sich in dieser Rolle nicht behaupten konnte.304 Allerdings wurde Maximilian II. 1575 in Regensburg unter dem Himmel in die Stadt bis zum Dom geleitet, wo er durch die Geistlichkeit feierlich empfangen und eine Messe gefeiert wurde, obwohl es sich hier gar nicht um den Ersteinzug eines Kaisers handelte.305 Offenbar war es die besondere Di302 Der Frankfurter Rat bestand aus drei Bänken mit insgesamt 43 Ratsherren. Die ersten beiden Patrizierbänke, in deren Händen die eigentliche politische Macht lag, wurden stark von der Patriziergesellschaft Alt Limpurg dominiert. Die dritte Bank der Handwerker hatte hingegen keinen Einfluss auf die Politik. Nach Schindling verstanden sich die patrizischen Räte nicht als „Ausschuss der genossenschaftlichen Gesamtbürgerschaft, sondern als Obrigeit und als Träger der Reichsstandschaft“. Schindling, Wachstum und Wandel, S. 230. 303 So intervenierten etwa niederländische Exulanten 1562 beim Kaiser mit Untersützung des Pfälzer Kurfürsten wegen der Ausübung ihrer calvinistischen Konfession, allerdings ohne Erfolg. ISG Frankfurt am Main, Rst. F., BMB 1562, fol. 182’. Zum Fettmilchaufstand vgl. unten Kap. IV.2. 304 1636 und 1653 diente Regensburg nochmals als Krönungsort. Vgl. Kap. IV.1. 305 Vgl. den Einzugsbericht in StA Marburg, 4e: 913, unfol.; StA Nürnberg, Herrschaft Pappenheim: REMA 102, fol. 3–8; Neri, Nuntiaturberichte, Bd. 8, S. 327. Danach zogen dem Kaiser der Kölner Kurfürst mit 400 Pferden, Ferdinand von Bayern mit 500 Pferden und der Erzbischof von Salzburg mit 100 Pferden entgegen. Maximilian II. zog aus gesundheitlichen Gründen in der Kutsche ein. Albrecht V. von Bayern empfing den Kaiser in dessen Herberge in der Stadt. Trotz seines schlechten Zustandes zog Maximilian II. 1575 den Kurfürsten von Mainz und Trier entgegen. Die Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen zogen unangekündigt ein, um dem Kaiser diese
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gnität eines Wahltages, die einen zweiten festlichen Empfang des amtierenden Reichsoberhauptes durch die Reichsstadt als angemessen erscheinen ließ.306 Die Verlegung des Krönungsortes nach Frankfurt am Main hatte zwei einschneidende Folgen für den Ablauf der Herrschereinzüge auf Wahl- und Krönungstagen. Durch den Vollzug beider Akte an einem Ort entfiel erstens der feierliche Einzug des gewählten Reichsoberhauptes in Begleitung der Kurfürsten in die Krönungsstadt: Beim Einzug in die Stadt zog der spätere Kaiser lediglich als Wahlkandidat und Kurfürst ein. Zweitens war Frankfurt am Main protestantisch, was sich im Ablauf des Herrschereinzugs widerspiegeln musste. Allerdings ist im vorliegenden Kontext zu fragen, welche Rolle die Reichsstadt vor dem Hintergrund der Anwesenheit der Kurfürsten beim Herrschereinzug überhaupt spielen konnte. Beim Vergleich der Ereignisse von 1562 und 1612 ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Wahl und Krönung Maximilians II. vivente imperatore stattfand. Das aktuelle Reichsoberhaupt hielt hier gleichzeitig seinen Ersteinzug als Kaiser ab, obwohl ihm bereits 1558 gehuldigt worden war, wodurch der Kaiseradventus hier nicht mit der Huldigung gekoppelt war. 1612 hingegen zog nur der Wahlkandidat in seiner Funktion als Kurfürst ein. a) Organisatorische Maßnahmen im Vorfeld Da Ferdinand I. die Stadt bereits 1558 im Rahmen seiner Proklamation als Kaiser besucht hatte, fragte der Rat 1562 zunächst beim kaiserlichen Obersthofmarschall an, in welcher Form man den Kaiser überhaupt empfangen solle. Obwohl sich dieser für das reduzierte Empfangszeremoniell eines Folgeeinzugs aussprach, hielt sich die Stadt nicht an diese Vorgabe, sondern entschied sich vielmehr für das bei einem kaiserlichen Ersteinzug übliche Verfahren, da Ferdinand I. 1558 Frankfurt zwar als Kaiser verlassen hatte, aber nicht als Strapaze zu ersparen. Dennoch kam ein Beobachter zu dem Schluss, der Kaiser sei „mit dem entgegen Zihen und entphahung der Churfürsten, dermassen occupirt gewesen“, dass weder für die Beratung der Proposition noch anderer Themen Zeit geblieben sei. StA Marburg, 4e: 913, unfol. 306 Nach Regensburg kamen Albrecht V. von Bayern, Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg, der Erzbischof von Salzburg, Herzog Barnim von Pommern und Herzog Joachim Friedrich von Liegnitz. Die Landgrafen von Hessen, die sich zwar ob der kaiserlichen Einladung geschmeichelt fühlten, erschienen am Ende nicht, weil ihre Räte der Ansicht waren, dass sie „doch zu berathschlagung bevorsteender Sachen offendtlichen nicht gezogenn werden“ würden und auch sonst „Privatim souil nicht ausrichten“ könnten. StA Marburg, 4e: 913, unfol., Schreiben vom 28.07.1575.
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solcher eingezogen war.307 Sein Einzug am 19. Februar 1558 hatte sich durch eine geringere Prachtentfaltung und ein wenig repräsentatives Teilnehmerfeld ausgezeichnet, weil er vor allen Kurfürsten in Frankfurt am Main eingetroffen war (Tab. 2), wodurch das Ereignis eher einem Einzug in eine Reichsstadt außerhalb einer Reichsversammlung entsprochen hatte.308 Die Entscheidung der Stadt zeigt, dass die feierliche Ausgestaltung des Kaisereinzugs trotz des damit verbundenen finanziellen und organisatorischen Aufwandes durch das Stadtregiment keineswegs als lästige Pflicht, sondern vielmehr als willkommene Gelegenheit begriffen wurde, das während der Herrschaft Karls V. merklich abgekühlte Verhältnis der Reichsstadt zum Kaiserhaus durch einen besonders ehrenvollen Empfang des amtierenden Kaisers wieder neu zu beleben. Was das übliche Verfahren in Frankfurt darstellte, war allerdings gar nicht so leicht herauszufinden, da der letzte vergleichbare Fall in die Regierungszeit Kaiser Maximilians I. gefallen war.309 Strittig war 1562 vor allem die Schlüsselpräsentation. Da der Frankfurter Rat diesen Akt der symbolischen Unterwerfung unter die kaiserliche Gewalt lieber vermieden hätte, ließ er zu diesem Punkt ein juristisches Gutachten anfertigen, in dem die Juristen von einer Schlüsselübergabe abrieten, weil diese Praxis angeblich „nit herkommen sei.“ Dabei hatte die Stadt dem Kaiser im Spätmittelalter durchaus die Stadtschlüssel beim Einzug überreicht, was wieder einmal zeigt, wie das Herkommen nach Bedarf konstruiert wurde.310 Trotz dieses Votums entschied man sich am Ende doch für den Vollzug dieses Teilaktes, weil der Kaiserhof deutlich machte, dass Ferdinand I. darauf großen Wert legte. Allerdings ging der Frankfurter Rat im 307 ISG Frankfurt am Main, Rst. F., Reichssachen II: 1173, unfol., Schreiben vom 22.10.1562, Hans Trautson an den Rat der Stadt. Über die Vorbereitungen geben Ratsprotokolle und Bürgermeisterbücher Auskunft. So wurde etwa die Kleiderordnung der städtischen Funktionsträger beim Einzug festgelegt, die Fassade des Römers renoviert und bestimmt, die Straßen zu verbreitern, damit genügend Raum für die Einziehenden vorhanden sei. ISG Frankfurt am Main, Rst. F., Ratsprotokolle 1611, fol. 90’, 94’; vgl. auch Lersner, Chronica, Bd. 2, S. 53. 308 Vgl. dazu ISG Frankfurt am Main, Rst. F., Ratschlagbücher 1551–1568, fol. 149–158 sowie RP 1558, fol. 5–6’; Lersner, Chronica, Bd. 1, S. 164f. Außerdem Leeb, Kurfürstentag zu Frankfurt 1558, S. 159f. Hier sind allerdings nur die anwesenden Hofämterinhaber genannt. 309 Maximilian I. war 1486 gemeinsam mit seinem Vater Friedrich III. in die Wahlstadt eingezogen, allerdings hatte es sich hier nicht um den Ersteinzug des amtierenden Reichsoberhauptes in Frankfurt am Main gehandelt. Karl V. war bei seiner eigenen Wahl nicht anwesend gewesen. Ferdinands I. Wahl hatte hingegen in Köln stattgefunden. 310 Lersner, Chronica, Bd. 1, S. 166. Vgl. dazu für das spätmittelalterliche Frankfurt Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 414–418.
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17. Jahrhundert dazu über, nur noch eine Schlüsselattrappe zu präsentieren, wodurch dieser Akt auf seinen Zeichencharakter reduziert wurde. Dagegen verzichtete der Kaiser von vornherein auf den geistlichen Empfang.311 1558 hatte der Rat der Stadt in dieser Frage dem Kaiserhof zunächst Entgegenkommen signalisiert, um mögliche Klagen der Kleriker beim Kaiser zu vermeiden. Schließlich war man in Frankfurt froh genug, nach dem Kölner Intermezzo von 1531 nun wieder als Austragsort eines derart wichtigen verfassungsrechtlichen Aktes fungieren zu dürfen. Aber auch hier hatte Ferdinand I., noch in seiner Funktion als Römischer König, davon Abstand genommen – vielleicht weil er fürchtete, dass die mit diesem Akt verbundene Demonstration der eigenen Katholizität bei der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung Ressentiments wecken könnte, die eine gewaltsame Störung der Inszenierung möglich erscheinen ließen.312 Außerdem hätten die meisten Reichsfürsten aufgrund ihres Bekenntnisses am Messritual ohnehin nicht teilgenommen, wodurch entgegen der eigentlichen Intention des Einzugs gerade nicht die Einheit des Reiches, sondern dessen konfessionelle Spaltung verdeutlicht worden wäre. Daran konnte dem Kaiser nicht gelegen sein. Zwar wurde auch in Frankfurt eine Reihe von Verschönerungsmaßnahmen entlang der Einzugsroute durchgeführt, jedoch wiesen diese Maßnahmen nur einen geringen Umfang auf. Lediglich 1612 wurde offenbar als Reaktion auf die Errichtung der Ehrenpforte in Nürnberg auch in Frankfurt das Aufstellen eines Triumphtores an der Einzugsroute diskutiert.313 Der Frankfurter Rat entschied jedoch dagegen, zumal Matthias lediglich als Wahlkandidat, nicht aber als Reichsoberhaupt in die Stadt einzog. Kurz vor dem Einzug wurde auf die Supplikation der jüdischen Baumeister hin ein die Juden verunglimpfendes Schandgemälde am Brückenturm, das die so genannte „Judensau“ und darüber eine Darstellung des Kindleins von Trient zeigte, überdeckt.314 Dass der Rat diesem Wunsch nachkam, zeigte nach Ansicht der Frankfurter Bürgerschaft einmal mehr, wie sehr das Stadtregiment auf der Seite der Judenschaft stand. Allerdings dürfte der Rat dabei auch an den zukünftigen Kaiser gedacht haben, der sich traditionell als Schutzherr der Frankfurter Juden verstand und die Darstellung deshalb möglicherweise auch als Verunglimpfung seiner Person angesehen hät311 ISG Frankfurt am Main, Rst. F., Ratschlagbücher 1551–1568, fol. 153. 312 Die Frankfurter Katholiken waren weit stärker in der Minderzahl als in anderen bikonfessionellen Reichsstädten. Vielleicht handelte es sich auch um eine Konzession gegenüber der Reichsstadt, die bereits 1531 durch die Verlegung der Wahl düpiert worden war. Dazu Jahns, Frankfurt am Main. 313 ISG Frankfurt am Main, Rst. F., RP 1612, fol. 7’. 314 Ebd., RP 1611, fol. 94; RP 1612, fol. 2; BMB 1612, fol. 5.
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te.315 Da Matthias als Kurfürst einzog, wurde 1612 nur ein sehr bescheidenes Empfangszeremoniell vorgesehen, das im Wesentlichen dem für die übrigen Kurfürsten entsprach. Nach anfänglichem Zögern hatte sich auch Kaiser Ferdinand I. dafür entschieden, seinen Einzug auf diesen Wahltag, der seiner Dynastie die Nachfolge auf dem Kaiserthron sichern sollte, möglichst glanzvoll zu gestalten. Er bestellte deshalb mehrere Reichsfürsten rechtzeitig zum Einzug nach Frankfurt, um „solichen eerlichen löblichen Act zieren [zu] hellfen“.316 Mit dem gemeinsamen Einritt in die Wahlstadt wollte Ferdinand I. demonstrieren, dass diese auf Reichsebene einflussreichen und zugleich unterschiedliche Konfessionen vertretenden Fürsten sein Ziel einer habsburgischen Nachfolge im Reich unterstützten.317 Gerade vor dem Hintergrund der begrenzten materiellen und militärischen Machtbasis des Habsburgischen Kaisertums musste dem Kaiser daran gelegen sein, mit der Selbstdarstellung an der Spitze mit ihm verbündeter mächtiger Reichsfürsten sein soziales und symbolisches Kapital vor der Reichsöffentlichkeit eindrücklich zur Schau zu stellen. Dabei setzte er 1562 ganz offensichtlich auf die weltlichen Reichsfürsten, denn geistliche Reichsfürsten waren beim Einzug mit Ausnahme des Mainzer Erzbischofs nicht vertreten.318 In der massiven Präsenz pro-habsburgischer Reichsfürsten in der Wahlstadt sahen die Kurfürsten allerdings eine Gefahr für ihre Wahlfreiheit, zumal sie auch der Goldenen
315 Da der Brückenturm direkt an der Einzugsroute lag, wäre das Gemälde Matthias kaum verborgen geblieben. Dieser Vorgang verweist auf den Konflikt zwischen weiten Teilen der Frankfurter Bürgerschaft, dem Frankfurter Rat und den in der Stadt ansässigen Juden, der kurz nach dem Wahltag eskalierte. Vgl. dazu Kap. IV.2. 316 Die Herzöge Albrecht V. von Bayern, Wilhelm von Jülich-Cleve-Berg und Christoph von Württemberg sowie der Landgraf Philipp von Hessen. HStA München, KÄA 4437, fol. 4; HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 10–14, 34f.; Einladungsschreiben in StA Marburg, 4e: 566, unfol., Schreiben vom 29.07.1562, Ferdinand I. an Landgraf Philipp von Hessen. Vgl. auch Luttenberger, Kurfürsten, S. 124–126. 317 Die Fürsten wandten sich zuvor extra an den Kaiser, um herauszufinden, wo und wann dieser sie erwarte und wie sie ihr Gefolge ausstatten sollten, um es dem kaiserlichen optisch angleichen zu können. Herzog Christoph von Württemberg, der als einziger Reichsfürst bereits 1531 dabei gewesen war, fragte etwa an, ob er sein Gesinde mit Harnischen auftreten lassen sollte, da bei der letzten Krönung in Aachen Kaiser, Fürsten, Grafen und Herren noch alle in Rüstung aufgetreten seien. HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 30f., 325f., 400f. 318 Der Trierer Kurfürst Johann VI. von der Leyen erwartete den Kaiser in dessen Herberge. Der Kölner Kurfürst Johann Gebhard von Mansfeld war erkrankt und starb noch vor der Wahl. Die nach Frankfurt beorderten Bischöfe von Salzburg, Würzburg oder Speyer nahmen nicht am Einzug teil.
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Bulle widersprach. Um diese nicht zu verärgern, bat der Kaiser deshalb am Ende weniger Reichsfürsten nach Frankfurt, als er ursprünglich beabsichtigt hatte.319 Im Hinblick auf den Kaiserempfang gelang es den Kurfürsten außerdem, zwei in ihren Augen wichtige Punkte durchzusetzen. So lehnten sie einen gemeinsamen Einzug von Kaiser und Wahlkandidat ab, weil dieser als implizite Vorwegnahme des Wahlergebnisses hätte betrachtet werden können, was die Machtposition der Kurfürsten symbolisch geschwächt hätte.320 Auch am gemeinsamen Entgegenziehen der Kurfürsten beim Kaisereinzug sollte sich Maximilian, der ja wenige Monate zuvor zum Böhmischen König und Kurfürsten erhoben worden war, nicht beteiligen. Seine zeremonielle Inklusion in die Gruppe der Königswähler bei diesem Akt erschien schon deshalb als unangebracht, weil er nach Ansicht der übrigen Kurfürsten bei den bevorstehenden Wahlverhandlungen nicht teilnahmeberechtigt war.321 Dieser Sachverhalt, welcher der Mehrheit der in Frankfurt anwesenden in- und ausländischen Gäste keineswegs geläufig gewesen sein dürfte, sollte den Rezipienten des Kaisereinzugs schon dadurch vermittelt werden, dass nur die deutschen Kurfürsten den Kaiser offiziell empfingen. Dabei kam der rechtzeitig hergestellte Konsens ausgerechnet auf Vermittlung genau jenes Akteurs zustande, der dadurch symbolisch in seine Schranken gewiesen wurde. Maximilian stellte somit bereits hier sein auf Interessenausgleich und Konfliktregelung ausgerichtetes Prinzip der Herrschaftsausübung unter Beweis, das auch seine Herrschaft als Kaiser prägen sollte. Pragmatische Lösungen dieser Art lagen schon deshalb nahe, weil das gewünschte Wahlergebnis durch derartige Konflikte nicht gefährdet werden sollte. b) Die Inszenierung der Kaisereinzüge Der Einzug Kaiser Ferdinands I. am 24. Oktober 1562 stellte eine zeremonielle Großoffensive dar, die einen beträchtlichen logistischen Aufwand verursach319 Luttenberger, Kurfürsten, S. 126. Allerdings wandten durchaus auch Kurfürsten dieses Prinzip der ostentativen Präsentation ihres sozialen Kapitals vor den in Frankfurt versammelten Reichsständen an. So erschien August von Sachsen in Begleitung von Herzog Ernst von Braunschweig-Grubenhagen, Landgraf Wilhelm von Hessen, Herzog Bernhard von Anhalt sowie Herzog Franz von Sachsen-Lauenburg. Beuther, Ordentliche Verzeychniß, o.S. 320 Außerdem war der Kurfürst von Mainz nicht bereit, Maximilian beim Einzug die ihm als böhmischem König nach der Goldenen Bulle zustehende, seinen überlegenen Rang anzeigende Position direkt hinter dem Kaiser zu überlassen (Tab. 3). 321 Vgl. dazu allgemein Begert, Böhmen; sowie Kap. IV.1.a.
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te.322 Ferdinand I. ließ sich zunächst in einer Entfernung von zwei Meilen vor der Stadt von den Herzögen von Bayern, Jülich und Württemberg empfangen, ehe er sich dem Ort des eigentlichen Empfanges im Feld eine halbe Meile vor der Stadt näherte.323 Alle drei Reichsfürsten hatten eigens ihr Gefolge auf Wunsch des Kaisers in schwarze Livreen kleiden lassen, um es dem kaiserlichen Hofstaat anzugleichen und so die enge Beziehung zum Kaiserhaus auch symbolisch zum Ausdruck zu bringen. Während der Kaiser für den Empfang seine Kleidung wechselte, ritt der Mainzer Kurfürst, der dem Kaiser von seiner Aschaffenburger Residenz aus persönlich das Geleit gewährt hatte, voraus und schloss sich den Kurfürsten von Sachsen und Pfalz an, die den Kaiser vor der Stadt erwarteten.324 In seiner Funktion als Reichserzkanzler begrüßte Daniel Brendel von Homburg den Kaiser im Namen der Kurfürsten mit einer kurzen Rede.325 Während der Kaiser dem Mainzer Kurfürsten persönlich dankte, antwortete dem städtischen Syndicus, der Ferdinand I. im Namen der Stadt willkommen hieß, der Mainzer Kurfürst als Orator des Kaisers. Damit wurde der Rangunterschied zwischen dem Kurfürsten und dem städtischen Beamten ostentativ zur Schau gestellt. Anschließend formierte sich der Zug, dessen Spitze die Reiterei des Kurfürsten von Sachsen bildete (Tab. 4.8). Hatten sich im Vorfeld noch die Reichsstadt und der Kurfürst von Mainz um das kaiserliche Geleit gestritten, hatten beide Seiten am Ende das Nachsehen, weil der Kurfürst von Sachsen sein gewohnheitsrechtlich verankertes Vorzugsrecht bei Reichsversammlungen einfach in actu durchsetzte.326 Dem sächsischen Gefolge schloss sich das anderer 322 Angeblich waren zwischen 4.000 und 6.000 Pferde beteiligt gewesen, wozu noch die zu Fuß gehenden Einzugsteilnehmer zu rechnen sind. HStA München, K. schwarz 3727, fol. 2’; Einzugsberichte finden sich in HStA München KÄA 3089, fol. 73’–74; HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 113–116’; Beuther, Ordentliche Verzeychniß, o.S. (dieser gibt allerdings fälschlich an, König Maximilian hätte am Kaisereinzug teilgenommen); der Bericht von Hans Habersack über den Einzug fällt eher knapp aus, was der Autor mit der fortgeschrittenen Stunde begründet: „weyl es schon etwas finnster war, von disem kayserlichen herrlichen einritt nit vil anndere particularitet mer geschriben und angezaigt mag werden.“ Edelmayer, Krönungen, S. 133. 323 Vgl. auch Edelmayer, Krönungen, S. 132. Albrecht V. von Bayern war die persönliche Teilnahme aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes allerdings kurzfristig erlassen worden. 324 Vgl. im Folgenden HStA München, K. schwarz 3727, fol. 2’. Abweichend der Bericht bei Habersack in Edelmayer, Krönungen, S. 132. 325 Zur Bewertung dieser Rede durch den Herzog von Mecklenburg vgl. Bernhard / Koppe, eigenhändiges Tagebuch, S. 324; außerdem Kap. VI.2.a. 326 ISG Frankfurt am Main, Rst. F., Reichssachen II: 1173, unfol. Schreiben vom 19.10.1562, Ferdinand I. an den Frankfurter Rat. Zwar stand diesem das Geleit des böhmischen Königs nach der Goldenen Bulle (Art. I.8) aufgrund der Lage seiner Herr-
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Fürsten in der üblichen Ordnung entsprechend ihrer Session im Reichstag an. Sozialer Rang, politische Machtstellung und Nähe zum Kaiserhaus sorgten – für alle Adressaten der Inszenierung sichtbar – dafür, dass Bayern, Jülich, Mecklenburg und Württemberg ein eigenes Kontingent bilden durften, während sich alle übrigen Reichsfürsten in das kursächsische Gefolge einordnen mussten. Die Reichsfürsten zogen als eigene soziale Gruppe vor dem Kaiser ein.327 Unmittelbar vor ihm ritten die weltlichen Kurfürsten August von Sachsen und Friedrich III. von der Pfalz. Da der böhmische König nicht teilnahm, konnte der Mainzer Kurfürst Daniel Brendel von Homburg auf der privilegierten Position rechts neben dem Kaiser einziehen. Am Sachsenhausener Affentor wurde der Kaiser durch den Frankfurter Rat begrüßt und am Brückentor unter den Himmel genommen.328 Da die Reichsstadt hier nur eine untergeordnete Rolle spielte, führte die Einzugsroute (Abb. 53) auf dem kürzesten Weg vom Brückentor über Fahrgasse und Töngesgasse zum Trierischen Hof als kaiserlicher Herberge, wo der Kaiser durch den Hausherrn, den Erzbischof von Trier, begrüßt wurde. Betrachtet man vor dem Hintergrund des prächtigen Einzugs Kaiser Ferdinands I. von 1562 jenen des Wahlkandidaten Matthias von 1612, so wird deutlich, wie stark sich die politischen Rahmenbedingungen gewandelt hatten. Als der zukünftige Kaiser am 23. Mai 1612 am späten Nachmittag mit seinem großen Gefolge von über 2.000 Pferden (Tab. 1) vor der Stadt eintraf, waren ihm überhaupt keine Fürsten entgegengezogen, obwohl er als letzter eintraf.329 Den Wahlkandidaten empfingen vor der Stadt lediglich 100 beritschaftsgebiete zu, jedoch nicht innerhalb der Reichsstadt Frankfurt. Der Bitte des Kaisers, ihm zuliebe dem Kurfürsten den Vorzug zu überlassen, wollte die Stadt zunächst nicht nachkommen. Im Gegensatz zu den beiden anderen Akteuren empfand es Kurfürst August von Sachsen als unter seiner Würde, sich über diese Frage mit potentiellen Konkurrenten im Vorfeld auseinanderzusetzen. 327 Allerdings hatte sich der Herzog von Mecklenburg bewusst aus dieser Gruppe ausgeschlossen, um deutlich zu machen, dass er die auf diese Weise hergestellte soziale Ordnung, die ihn dem Herzog von Jülich unterordnete, nicht akzeptierte. Er ritt deshalb als einziger Reichsfürst zusammen mit seinem Gefolge deutlich weiter vorn im Zug. 328 Die Ratsherren sind aufgeführt in ISG Frankfurt am Main, Rst. F., BMB 1562, fol. 134. 329 HHStA Wien, MEA WaKr 10, fol. 55; Relation deß Franckfurtischen Wahltags (1612); Wahrhafftiger Bericht (1612), Lersner, Chronica, Bd. 1, S. 197f. Vgl. auch Wanger, Kaiserwahl und Krönung, S. 50. Nach einigen Berichten hatten die Kurfürsten zwar geplant, dem König entgegenzureiten, waren aber zu spät gekommen. Da die Vertreter der Stadt rechtzeitig im Feld erschienen, hätte dies jedoch auch den Kurfürsten möglich sein müssen. Continuatio (1612), o.S. Insgeheim erschien die Anwesenheit dieses Wahlkandidaten in der Wahlstadt, so lange seine Wahl gar nicht als sicher gelten konnte, einigen Reichsständen überhaupt als problematisch.
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tene Frankfurter. Da die Kurfürsten sich am Einzug nicht beteiligten, konnte die Reichsstadt das Geleit übernehmen. Am Stadttor begrüßte den König eine Abordnung des Frankfurter Rates, die ihn im Namen des Stadtregimentes willkommen hieß. Dabei wurde die ostentative Unterwürfigkeit, die den Sprechakt der Stadt auszeichnete, durch den demonstrativen Verweis auf die Menge des laut der Goldenen Bulle erlaubten Gefolges konterkariert.330 Auch auf ein Spalier der Bürgerschaft bis zur Herberge hatte man verzichtet.331 Den Einzug dieses Herrschers empfanden die zeitgenössischen Betrachter deshalb als wenig glanzvoll und ungeordnet, obwohl die Zugordnung (Tab. 4.9) den üblichen Prinzipien der Rang konstituierenden Positionierung von Personen im Raum entsprach.332 Von einer Abbildung der Herrschaftshierarchien im Reich oder einer Beschwörung der Reichseinheit durch das gemeinsame symbolische Handeln der politischen Akteure als Auftakt der Herrscherinvestitur, wie sich das für die vorausgehenden Herrschererhebungen von 1531 oder 1562 noch feststellen lässt, kann hier nicht mehr gesprochen werden. Es ist bezeichnend, dass der König gar nicht erst zu seiner Herberge ritt, sondern sofort zum Mainzer Kurfürsten und damit zu einem jener Königswähler, den es von der eigenen Wahl erst noch zu überzeugen galt. Damit fehlte diesem Einzug mit der so genannten Einherbergung auch ein wichtiger Teilakt des Einzugsgeschehens, der die tatsächliche Ankunft des Herrschers in der Stadt durch die demonstrative Inbesitznahme seines Quartiers markierte. Wie sehr sich die Lage beim Frankfurter Wahltag von 1619 zuspitzte, zeigt die Tatsache, dass das unbemerkte Eintreffen Ferdinand II. vor Frankfurt beinahe einen Tumult unter der städtischen Bevölkerung auslöste. Der Einzug des Königs wurde durch den gewaltsamen Konflikt zwischen der Frankfurter Stadtwache und kurmainzischen Reitern, welche dem König entgegenziehen wollten, überschattet.333 In der von Misstrauen geprägten Atmosphäre kurz vor Ausbruch 330 ISG Frankfurt am Main, Rst. F., RP 1611, fol. 75. Als Geste des Entgegenkommens wurden Matthias noch 100 Reiter für Anna von Tirol erlaubt, die allerdings in der offiziellen Zugordnung nicht auftauchen. 331 Der Kaiser war im Haus Braunfels, einem großen Steinhaus aus dem 14. Jahrhundert, am Liebfrauenberg untergebracht, das schon zuvor mehrfach als Kaiserherberge fungiert hatte. Dazu Beckmann, Das mittelalterliche Frankfurt. 332 Einzugsberichte in Khevenhüller, Annales Ferdinandei, Bd. 7, Sp.442f., Wahl- und Crönungshandlung, Das ist: Kurtze und warhafftige Beschreibung (1612), o.S.; Newe Zeitung. Warhafftiger bericht von den Einzuge (1612). 333 Die Stadtwache schloss kurzerhand die Stadttore, um die mainzischen Reiter am Ausziehen zu hindern und selbst das Geleit des Königs in die Stadt übernehmen zu können. Da andere Frankfurter befürchteten, der Kurfürst gehe militärisch gegen die Stadt vor,
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des Dreißigjährigen Krieges unterstellten Teile der Frankfurter Bevölkerung offenbar König und Kurfürst, die Reichsstadt militärisch unterwerfen zu wollen. Aufgrund der im Vorfeld durch die Stadt mehrfach vorgebrachten Forderung, sich im Hinblick auf das Gefolge an die Goldene Bulle zu halten, zog Ferdinand mit „einem so geringen comitat in qualitate und quantitate“ ein, dass – so ein zeitgenössischer Beobachter – man es gar nicht habe glauben können.334 Erbost über den schlechten Empfang sabotierte der zukünftige Kaiser demonstrativ den letzten Teilakt des Empfangszeremoniells: Als ihm eine Ratsabordnung am nächsten Morgen den traditionellen Willkomm überreichen wollte, wies er sie „schimpflich“ ab.335 Auch die Einzüge der Kurfürsten, von denen nur die geistlichen persönlich erschienen, verliefen ohne Glanz, zumal der schlecht besuchte Wahltag anderen Reichsfürsten nur bescheidene Möglichkeiten der Selbstinszenierung geboten hätte.336 c) Einzüge anderer Herrschaftsträger Dem Kaisereinzug von 1562 voraus ging jener Maximilians, der in derselben Qualität wie Matthias 1612, als Wahlkandidat und Kurfürst, in die Stadt einzog. Allerdings erwarteten ihn mehrere Reichsfürsten auf einem Feld bei Offenbach. Dabei waren Maximilian ausschließlich weltliche Fürsten „nach bester ordnunge“ entgegengezogen, die ihn „mit aller gebürlicher Reuerrentz“ empfingen.337 Dass die Begrüßung „ohn alle Rede“ stattfand, wie Herzog Johann
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mischten sie sich in den Konflikt ein, woraufhin die Situation eskalierte. StA Marburg, 4e: 590, unfol.; Wahl und Kroenungs-Handlung (1619), o.S. StA Marburg, 4e: 590, unfol., Schreiben vom 20.07.1619. Der König zog lediglich mit 26 Kutschen und wenigen Berittenen ein. Besonders negativ wurde der Einzug des Königs in der Kutsche bewertet, der erst in der Folge ein fester Bestandteil des Einzugszeremoniells werden sollte. So hieß es, der König sei „gleichsamb einer braut gesessen“. Ebd. StA Marburg, 4e: 590, unfol., Schreiben vom 25.07.1619. Außer den geistlichen Kurfürsten erschienen nur Ludwig von Hessen-Darmstadt und der Bischof von Speyer. Schon beim Einzug der Kurfürsten kam es zu Konflikten wegen der Menge des Gefolges. So musste der Mainzer Kurfürst eine halbe Stunde vor dem Tor warten, bevor er wenigstens mit einem Teil des Gesindes eingelassen wurde. Durch den Vorfall war er derart „offendirt“, dass er den Ratsgesandten am nächsten Morgen zunächst keine Audienz gewähren wollte. Ankunfft und Einzug (1619); Wahl und Kroenungs-Handlung (1619). Beuther, Ordentliche Verzeychniß, o.S.; Bernhard / Koppe, eigenhändiges Tagebuch, S. 323. Die drei geistlichen Kurfürsten kamen erst danach an (Tab. 2). Außer August von Sachsen und Friedrich III. von der Pfalz waren Wilhelm von Jülich-Cleve-Berg, Albrecht V. von Bayern, Herzog Christoph von Württemberg und Johann Albrecht
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Albrecht von Mecklenburg befremdet festhielt, lag daran, dass Maximilian kein besonderes Empfangszeremoniell erwarten konnte, denn dieses stand ihm erst nach seiner Wahl zum Römischen König zu.338 Seine Rolle als Kurfürst unter Kurfürsten verdeutlichte die Ordnung beim Einzug in die Stadt (Tab. 4.10).339 Der König ritt hinter den Herzögen von Bayern, Mecklenburg, Jülich-CleveBerg und Württemberg gemeinsam mit den Kurfürsten von Sachsen und der Pfalz, wobei ihm aufgrund seines Königsranges die mittlere Position gebührte. Dass Kur- und Reichsfürsten ihn derart feierlich eingeleiteten, zeigt das hohe Ausmaß der Akzeptanz, das Maximilian entgegengebracht wurde. Allerdings wurde der Einzug durch den Rangstreit zwischen den Herzögen von JülichCleve-Berg und Mecklenburg überschattet. Selbst der sächsische Vermittlungsversuch – der Kurfürst bat den mit ihm verschwägerten Herzog von Mecklenburg „vor diesesmal“ Jülich vorzulassen, um „Zank und Widerwillen“ zu vermeiden – blieb erfolglos, obwohl dem Herzog zugesagt wurde, dass man seinen Protest schriftlich dokumentieren würde. Diese Versicherung reichte Johann Albrecht von Mecklenburg jedoch nicht, denn er wollte seinen JülichCleve-Berg überlegenen Rang auf dem Wahltag in actu öffentlich herstellen und nicht lediglich schriftlich angemeldet haben.340 1562 kam es zu einer Vielzahl weiterer festlich ausgestalteter Herrschereinzüge. Die prunkvollsten Einzüge wurden für den Kurfürsten von Brandenburg und Herzog Karl von Lothringen, der erst nach der Wahl am 29. November 1562 in Frankfurt einzog, veranstaltet.341 Joachim Hektor II. von Brandenburg traf aus gesundheitlichen Gründen nicht vor, sondern nach dem Kaiser
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von Mecklenburg dem König entgegengeritten. Der Mainzer Kurfürst, der erst am nächsten Tag eintraf, hatte einige Reiter vorausgeschickt, die hinter den sächsischen Reitern in die Stadt einzogen und somit zumindest indirekt das Geleitsrecht des Mainzers für den Böhmischen König zum Ausdruck bringen sollten. Die Reichsstadt Frankfurt empfing den König deshalb wie alle Kurfürsten nur durch eine Ratsabordnung am Stadttor. Allerdings hatte sich die Bürgerschaft zum Spalier aufgestellt, das vom Stadttor bis zur Herberge des Königs in der Antoniergasse reichte. Beuther, Ordentliche Verzeychnis, o.S. Vgl. auch den Bericht über die Zugfolge in HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 113–116’; HStA München, KÄA 3089, fol. 74’; Beuther, Ordentliche Verzeychniß, o.S. Die am Ende doch noch gefundene Kompromissformel folgte dem Prinzip der Alteration: Mecklenburg durfte Jülich beim königlichen Einzug vorziehen, dafür musste der Herzog seinem Kontrahenten beim kaiserlichen Einzug den Vortritt lassen. Dass diese Lösung den Herzog nicht zufriedenstellte, zeigt dessen Tagebuchbericht. Vgl. dazu Kap. VI.2.a. Siehe dazu Beuther, Ordentliche Verzeychniß, o.S.; Edelmayer, Krönungen, S. 166. Bei dem neu gewählten Kölner Kurfürsten Friedrich IV. von Wied, der erst einen Tag vor der Wahl eintraf, wurde hingegen auf einen feierlichen Einzug verzichtet, um den Ab-
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ein, der eigentlich als letzter hatte einziehen wollen.342 Während der Kurfürst auch vom Kaiser im Feld empfangen wurde, erschien beim Einzug Karls von Lothringen nur der gewählte Römische König in Begleitung weiterer Kur- und Reichsfürsten. Beide Fürsten wurden wie Kaiser und König eine halbe Meile vor der Stadt feierlich empfangen und „in aller freundschafft“ in die Stadt geleitet.343 Manche Reichsfürsten organisierten sich ihren eigenen Einzug. So hatte Albrecht V. von Bayern, der zu Schiff anreiste, sein zuvor auf dem Landweg eingetroffenes Gesinde zum Mainufer bestellt, damit es ihn dort empfangen und in die Herberge geleiten konnte. Pfalzgraf Wolfgang von Pfalz-Veldenz, der am 30. Oktober 1562 in der Wahlstadt eintraf, zog „mit etlichen jungen Fürsten / so jhm entgegen waren geritten / herrlich beleytet“ in die Stadt ein.344 Auch im Rahmen dieser Ereignisse wurde zeremoniell erneut die Rangordnung des Reiches öffentlich aufgeführt und auf diese Weise bestätigt. Großes Aufsehen erregte der Einzug der von Süleyman dem Prächtigen zum Kaiser geschickten Gesandtschaft am 23. November 1562 (Abb. 21).345 Die aus reichlich 50 Personen bestehende Gesandtschaft unter dem Renegaten Ibrahim Strotsch, den weitere hochrangige Würdenträger des Osmanischen Reiches begleiteten, zeichnete sich durch ihre fremdartige Kleidung und ihre kunstvoll verzierten Waffen aus, wobei die Exotik ihres Auftritts durch die mitgeführten Geschenke für Kaiser und König gesteigert wurde.346 Der Einzug verzögerte sich allerdings um mehrere Stunden, da die Frankfurter Stadtwache erst nach einer ausdrücklichen Genehmigung durch die Kurfürsten bereit war, die Stadttore zu öffnen.347 Durch das lange Warten erfolgte der Einzug bei Nacht und die Gesandten mussten auch noch ihre Pferde am Stadttor zurück-
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lauf der Wahl, der sich durch den Tod Johann Gebhards von Mansfeld ohnehin schon verzögert hatte, zu beschleunigen. Der Brandenburgische Kurfürst war auf der Reise erkrankt und zunächst umgekehrt. Vgl. auch Edelmayer, Krönungen, S. 134. Zitat bei Beuther, Ordentliche Verzeychniß, o.S. Auf den ausdrücklichen Wunsch beider Fürsten begleiteten diese nur die Kur- und Reichsfürsten zu ihren Herbergen, während König und Kaiser sofort in ihre Quartiere ritten. Edelmayer, Krönungen, S. 134. Beuther, Ordentliche Verzeychnis, o.S. Siehe dazu ausführlich Rudolph, Türkische Gesandtschaften, S. 299f. Darunter befanden sich ein türkisches Reitpferd mit vergoldetem Zaumzeug und goldgewirktem Überwurf und sechs Dromedare, die ebenfalls „auff türckische monier gantz köstlich zugerüst“ worden waren. Sie wurden zum Teil von Schwarzafrikanern geführt, deren Anblick für die Zeitgenossen ein „unerhörtes“ Ereignis darstellte. Kurtze und gründtliche Beschreibung (1562), o.S.; vgl. auch Lersner, Chronica, Bd. 1, S. 181. Die Goldene Bulle (I.20) untersagte den Einlass von Fremden während des Wahlkonklaves. Vgl. im folgenden Lersner, Chronica, Bd. 1, S. 175.
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lassen. Dieser Empfang erboste den Legaten derart, dass er seine Behandlung mit der eines Straßenräubers verglich.348 Sein Verdacht, dieses Verfahren ziele auf die „verkleynerung“ des osmanischen Sultans ab, ist nicht von der Hand zu weisen, da der Kaiser durch seinen eigenen Gesandten an der Hohen Pforte, Ogier Ghiselin de Busbecq, rechtzeitig vom Eintreffen der Legation informiert worden war.349 Diese prachtvollen Einzugsspektakel, in denen sich 1562 die Fürstengesellschaft des Alten Reiches als politische und soziale Elite inszeniert hatte, fanden 1612 keine Fortsetzung. Hier wurde jeder Kurfürst von der Stadt auf dieselbe schlichte Weise empfangen wie der Wahlkandidat Matthias, unabhängig davon, ob er persönlich erschienen war oder nur Abgesandte geschickt hatte.350 Der Administrator der Kurpfalz, Johann II. von Pfalz-Zweibrücken, ritt zwar gemeinsam mit dem minderjährigen Friedrich V. von der Pfalz und Herzog Christian von Anhalt-Bernburg ein. Dieser wurde allerdings kurz danach auf Beschluss der Kurfürsten mit anderen Reichsfürsten aus der Stadt verwiesen und durfte erst nach der Wahl zurückkehren.351 Der Markgraf von Brandenburg-Ansbach, der mit Matthias in Frankfurt hatte einziehen wollen, musste sogar am Stadttor umkehren.352 Dieses von den betroffenen Fürsten als hochgradig „schimpflich“ betrachtete Verfahren war auf ihren demonstrativen Ausschluss vom Wahltag und die Zuschaustellung der kurfürstlichen Präeminenz 348 Schard, Historicum opus, Bd. 3, S. 2185. 349 Kaiser und Reichsfürsten ließen zudem während der zweiwöchigen Anwesenheit der Osmanen keine Gelegenheit aus, diesen Vertretern des „Erzfeindes“ Größe und Eintracht des Reiches zu demonstrieren. Vor allem der Kaiser, der die Gesandtschaft nach anfänglichem Zögern bewusst nach Frankfurt beordert hatte, sonnte sich im Glanz der Tatsache, dass ihm als einzigem europäischen Monarchen die Ehre einer solchen Legation zuteil wurde. Zur Audienz vor Kaiser und Reich, die dem Legaten am 27.11.1562 gewährt wurde, Rudolph, Türkische Gesandtschaften, S. 300–305. 350 Vgl. dazu Wahrhafftiger bericht (1612), o.S. 351 Christian von Anhalt-Bernburg war Kanzler am kurpfälzischen Hof. Ausgeschlossen wurden außerdem die Brüder Friedrichs V. sowie Herzog Johann Friedrich von Württemberg, Markgraf Georg Friedrich von Baden und Landgraf Moritz von Hessen-Kassel. Furierzettel der ausgewiesenen Fürsten in HHStA Wien, MEA WaKr 11, fol. 11f. Proteste wegen des Ausschlusses ebd., fol. 51, 281–285. 352 HHStA Wien, MEA WaKr 10, fol. 49’–50’. Nicht eingelassen wurden auch die pfalzneuburgischen Gesandten, die den Anspruch des Pfalzgrafen Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg auf die Administration der Kurpfalz vertreten sollten. HHStA Wien, MEA WaKr 11, fol. 351–374; HStA München, K. blau 97/3, fol. 163, 220–224. Die Fürsten stimmten ihre Proteste untereinander ab. Ebd., fol. 277f., Schreiben der Herzöge von Württemberg, Hessen und Baden an Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg über mögliche Gegenmaßnahmen.
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gerichtet. Dabei waren diese Fürsten gerade mit dem ihnen angeblich winkenden Prestigegewinn zum Besuch des Wahltages motiviert worden. Durch ihre Ausweisung verkehrte sich der prognostizierte Reputationsgewinn jedoch in einen Reputationsverlust, was die Risiken der Teilnahme an derartigen Akten verdeutlicht. Das Reich wurde 1612 somit höchstens in additiver Weise durch die aufeinanderfolgenden Einzüge der Kurfürsten erfahrbar, wobei sich die konfessionellen und politischen Differenzen innerhalb der Königswähler im Verzicht auf eine gegenseitige feierliche Einholung manifestierten.
4. Zu Gast bei Reichsfürsten – Die Kaisereinzüge in Dresden Die Residenzstadt Dresden konnte nicht in der Weise wie die drei zuvor behandelten Reichsstädte den Status einer Reichshauptstadt beanspruchen. Mit der feierlichen Belehnung Moritz’ von Sachsen auf dem Reichstag zu Augsburg im Jahr 1548 war jedoch aus dem bis dahin eher bescheidenen Hoflager der Albertiner die Residenz eines Kurfürstentums geworden.353 Sie bildete in der Folge das Zentrum eines massiv voranschreitenden Territorialisierungsprozesses, der ihre Entwicklung entscheidend beeinflusste.354 So sorgten die neuen albertinischen Kurfürsten mit einem groß angelegten Bauprogramm dafür, dass Dresden mit den steigenden infrastrukturellen Anforderungen an das Leistungsvermögen einer kurfürstlichen Residenz Schritt halten konnte. Gefördert wurde diese Entwicklung durch die hohe ökonomische Leistungsfähigkeit des Territoriums, die August von Sachsen durch zahlreiche innere Reformen noch steigern konnte.355 Als Residenz eines der reichsten und mächtigsten Reichsfürsten entwickelte sich der kursächsische Hof zu einer wichtigen Anlaufstelle für andere Herrschaftsträger des Reiches, die Unterstützung für ihre politischen Ziele auf 353 Schon kurz darauf gliederte der neue Kurfürst die rechtselbisch gelegene Stadt Altendresden seiner Residenzstadt ein und erhöhte damit deren räumliche Ausdehnung beträchtlich. Dabei stieg die Einwohnerzahl zwischen 1550 und 1600 von knapp 8.000 auf knapp 15.000 an. Blaschke, Bevölkerungsgeschichte, S. 139. 354 Dresden hatte bereits zwischen 1464 und 1485 als kurfürstliche Residenz gedient; nach der Landesteilung blieb die Stadt im Besitz der Albertiner. Vgl. dazu Richter, Verwaltungsgeschichte, Bd. 1; Hennig, Verfassung; Butte, Geschichte Dresdens; Lindau, Geschichte. Ältere Darstellungen mit Quellenwert sind Hasche, Umständliche Beschreibung; Weck, Residentz= und Haupt=Vestung. 355 Das jährliche Finanzeinkommen Augusts von Sachsen betrug zum Beispiel 1566 rund 800.000 Meißnische Gulden. Schirmer, Kursächsische Staatsfinanzen, S. 917. Maximilian II. verfügte laut den Angaben in den Hofzahlamtsbüchern über Einnahmen von ca. 900.000–1.000.000 Rheinischen Gulden. HKA Wien, HZB 1570 und 1575.
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Reichsebene suchten. Er fungierte als ein Zentrum der politischen Kommunikation im Reich, was nicht zuletzt die Kaiserbesuche in Dresden eindrucksvoll belegen.356 Den kaiserlichen Auftritten kam deshalb trotz der im Vergleich zu Reichsversammlungen begrenzten Zahl von Akteuren ein hohes Maß an Öffentlichkeit zu. Maximilian II. besuchte sogar zweimal die kursächsische Residenz.357 Zwischen ihm und August von Sachsen bestand seit Jugendzeiten ein freundschaftliches Verhältnis, das in der Folge durch persönliche Treffen, Korrespondenzen und nicht zuletzt kostbare Geschenke konserviert wurde. Nachdem der Kurfürst 1562 die Wahl Maximilians II. zum Römischen König unterstützt hatte, weilte dieser bereits reichlich ein Jahr später in Dresden.358 Das zweite Mal besuchte Maximilian II. die Stadt im Vorfeld des Wahltages von 1575. Kaiser Rudolf II., der seinen Vater 1575 nach Dresden begleitet hatte, betrat die seiner Residenz in Prag nahegelegene Stadt trotz anfänglicher Einladungen durch August von Sachsen nie wieder. Die persönlichen Treffen zwischen den sächsischen Kurfürsten und den Kaisern beschränkten sich fortan auf die beiden Reichstage von 1582 und 1594 sowie auf die wenigen Reisen der Kurfürsten an den Kaiserhof.359 Kaiser Matthias besuchte die Stadt gemeinsam mit Erzherzog Maximilian und dem böhmischen König Ferdinand kurz nach dessen Herrschererhebung vom 4. bis zum 21. August 1617.
356 Vgl. dazu Ritter, Deutsche Geschichte, Bd. 2, S. 444; zu 1575 auch ausführlich Moritz, Wahl Rudolfs II., S. 94–105. 357 Sein Vater Ferdinand I. hatte als Römischer König 1538 und 1547 Dresden besucht. Vgl. zu 1538 den Druck: Römischer, Ungarischer, und Behmischer Königlicher Maiestat Einzug (1538). 358 Der zukünftige Kaiser hatte am 02.01.1564 in Lübben den niederlausitzer Landtag abgehalten, wo ihn August von Sachsen besuchte und ihn von dort nach Dresden (11.– 14.01.1564) geleitete. Schon am 26.11.1563 hatte der Kurfürst Maximilian II. gebeten, ihn bei dieser Gelegenheit „als Ihren getreuen Diener in meinem geringschätzigen Hoflager“ zu besuchen. HStA Dresden, Loc. 8501, fol. 373; zu den Vorbereitungen Loc. 10735/1, fol. 13–35‘; Loc. 10735/4, fol. 1–23. Vgl. Klemm, Chronik, S. 227; Rachel, Fürstenbesuche, Tl. 1, S. 229–232. Beim ersten Besuch Maximilians dürften die Grumbachschen Händel ein zentrales Thema gewesen sein. August von Sachsen trat für ein hartes Vorgehen gegen Grumbach ein, da er durch dessen Beziehungen zu Johann Friedrich dem Mittleren von Sachsen-Weimar seine Kurwürde bedroht sah. Maximilian bezog zunächst eine gemäßigte Position. Im Februar 1564 schlug er jedoch selbst Ferdinand I. vor, Kursachsen die Vollstreckung der Reichsacht gegen Grumbach zu übertragen. Holtzmann, Kaiser Maximilian II., S. 549; Press, Grumbach. Das geschah allerdings erst auf dem Reichstag von 1566. 359 Vgl. die Reisen Christians II. 1607 und 1610 nach Prag. HStA Dresden, OMaA, I. 1.
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Vergleichend betrachtet werden die gut dokumentierten Besuche von Maximilian II. 1575 und Matthias 1617, die beide im Zusammenhang mit der Sukzession im Reich standen.360 Maximilian II. reiste nach Dresden, um bei August von Sachsen für seinen Sohn Rudolf als Nachfolger zu werben, Kaiser Matthias, der selbst keine Nachkommen hatte, für seinen Cousin, den böhmischen König Ferdinand II. Beide Wahlkandidaten waren vor allem aufgrund ihrer konfessionellen Haltung als Nachfolger auf dem Kaiserthron umstritten.361 Auf der Agenda politischer Verhandlungsmaterien Augusts von Sachsen stand neben der Sukzession im Reich aber auch der Ausbau seiner Territorialmacht: So wollte er beim Kaiser die Belehnung seiner Söhne mit dem Vogtland durchsetzen.362 Darüber hinaus bot der Besuch die Chance, dem Kaiserhaus die eigene prachtvolle Residenz zu präsentieren und damit den noch jungen Status des albertinischen Sachsens als Kurfürstentum symbolisch zu zementieren. Gerade August setzte in besonderem Maße auf aufwendige Formen seiner fürstlichen Herrschaftsrepräsentation.363 Zugleich richtete sich die öffentliche Demonstration einer engen Verbindung zum Kaiserhaus auch an den konfessionellen Gegner im eigenen Territorium, den Kryptocalvinismus, dem der Kurfürst kurz vor dem Besuch verstärkt den Kampf angesagt hatte.364 1617 schien die Gefahr einer Restitution der sächsischen Kurwürde an die Ernestiner dagegen gebannt. Außerdem war das persönliche Verhältnis zwischen Kaiser Matthias und Johann Georg I. von Sachsen im Vergleich zu jenem zwischen Kaiser Maximilian II. und August von Sachsen deutlich abgekühlt. Hatte August 1575 alles daran gesetzt, den Kaiser in seiner Residenz empfangen zu können, versuchte Johann Georg I. 1617 den Kaiserbesuch sogar zu vermeiden, indem er dem Kaiser anbot, selbst an den Kaiserhof zu reisen.365 Denn die massive katholische Präsenz im eigenen Territorium musste ihm gerade in dieser Phase als besonders wenig angebracht erscheinen, zumal sie unter den eigenen Untertanen Ängste auslösen konnte, die sogar zu Störungen der Abläufe hätten führen können. Da der 360 Siehe die Gutachten in HStA München, K. schwarz 3731, fol. 2–17. 361 August von Sachsen stand dem in Spanien erzogenen Erzherzog Rudolf kritisch gegenüber und zweifelte an dessen Befähigung, an der Spitze des Reiches zu stehen. Vgl. dazu Luttenberger, Kurfürsten, S. 146–164. Zu 1617 HStA Dresden, OmaA F. 1, fol. 31. 362 Persönliche Treffen dieser Art eigneten sich auch dazu, Heiratsabsprachen zu treffen. Allerdings scheinen die in den Quellen erwähnten Heiratsprojekte (König Friedrich II. von Dänemark und Anna von Österreich sowie eine Tochter Maximilians II. und ein Sohn Augusts) nicht sonderlich wahrscheinlich. 363 Zur albertinischen Hofkultur Watanabe-O‘Kelly, Court Culture; Marx, Kunst und Repräsentation. 364 Vgl. dazu die Feuerwerksinszenierung in Kap. III.3. 365 HStA Dresden, OMaA F. 1, fol. 2’.
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Kaiser jedoch nicht darauf einging und ein Kaiserbesuch in der eigenen Residenz für den Kurfürsten in jedem Fall eine außerordentliche Ehre bedeutete, stimmte Johann Georg I. schließlich zu. Dennoch musste ihm daran gelegen sein, sich vom Kaiserhof zumindest symbolisch abzugrenzen – unabhängig davon, welche politische Linie er aktuell tatsächlich verfolgte.366 a) Organisatorische Maßnahmen im Vorfeld Dem Kaiserbesuch von 1575, den August von Sachsen bereits seit längerem geplant hatte, war im Februar 1573 eine Reise des Kurfürsten an den Wiener Hof vorausgegangen, bei welcher August den Kaiser offenbar persönlich in die eigene Residenz eingeladen hatte.367 Im Briefwechsel zwischen beiden Seiten wurde der kaiserliche Aufenthalt in Dresden jedenfalls immer wieder thematisiert, auch wenn der Kaiser den Besuch mehrfach aufgrund von Krankheit und dringenden Tagesgeschäften aufschob.368 Als sich jedoch Maximilian II. im Februar 1575 zum Landtag nach Prag begab, um die böhmische Krönung seines Sohnes Rudolf vorzubereiten, war die Gelegenheit günstig.369 Außerdem gab nun auch der Kaiser aufgrund der anstehenden deutschen Königswahl dem Vorhaben Priorität. Auf Wunsch Maximilians II. hatte August von Sachsen Kur-
366 Dazu Gotthard, Kursachsen; allgemein Müller, Kursachsen. 367 HStA Dresden, Loc. 10289/28, fol. 86–88; Loc. 10289/29, fol. 130–146. Der Kurfürst kam so überraschend, dass der Kaiser ihn keinen ehrenvollen Empfang bereiten konnte. Maximilian zog dem Kurfürsten zwar entgegen, verfehlte ihn aber. Rachel, Fürstenbesuche, Tl. 2, S. 233f. Turba, Venetianische Depeschen, Bd. 3, S. 562f. Während des Aufenthaltes in Wien vom 15.–21.02.1573 wechselten politische Unterredungen im kleinen Kreis mit Banketten, Tänzen und Turnieren. Die Kurfürstin pflegte den Kontakt mit der Kaiserin, denn auch sie erfüllte bei ,Staatsbesuchen‘ keineswegs nur repräsentative, sondern auch strategische Aufgaben. Anna von Sachsen begleitete August regelmäßig bei solchen Anlässen und stand mit anderen Fürstinnen in engem brieflichem Kontakt. Dazu Keller, Residenzen. 1570 hatte der Kurfürst den Kaiser in Prag besucht. HStA Dresden, Loc. 10289/28, fol. 54–75. 368 HStA Dresden, Loc. 8500, fol. 12, 26, 37, 42. 1574 besuchte Erzherzog Ferdinand von Tirol die kursächsische Residenz. HStA Dresden, Loc. 9936/42, unfol.; Loc. 10735/4, fol. 24–29. Auch dieser Besuch war mehrfach aufgeschoben worden. Maximilian II. machte dafür die Frau Ferdinands, Philippine Welser, verantwortlich: sie habe „so schtarke remedia, daß der hin mueß, wo sie will.“ HStA Dresden, Loc. 8500, fol. 26. 369 Vgl. das Schreiben Andreas Erstenbergers an den Mainzer Kurfürsten vom 07.03.1575, nach dem auch die Nähe der Residenz die Entscheidung für den Besuch bedingte. HHStA Wien, MEA WaKr 6, fol. 287‘.
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fürst Johann Georg von Brandenburg nach Dresden eingeladen.370 Mit der Anwesenheit zweier Kurstimmeninhaber in Dresden erhöhte sich für den Kaiser der potentielle diplomatische Erfolg der Reise. Außerdem waren noch weitere hochrangige Fürsten wie Joachim III. Friedrich von Brandenburg, Administrator von Magdeburg, Joachim Ernst von Anhalt und Herzog Joachim Friedrich zu Liegnitz in Dresden anwesend.371 1617 hatte Johann Georg I. die Herzöge Johann Philipp und Friedrich von Sachsen-Altenburg und Julius Heinrich von Sachsen-Lauenburg nach Dresden eingeladen. Ein besonderes Problem stellte die anfängliche Weigerung Kardinal Klesls dar, den Kaiser als Direktor des Geheimen Rates nach Dresden zu begleiten. Klesl bat Matthias inständig, ihn „mit der Sächsischen Reise zu verschonen, weil ich darbey grossen Spott und Schaden besorgen müste“.372 Er befürchtete, dass er in Dresden aufgrund seiner Konfession und seiner Kardinalswürde „das Vertrawen, wie zuvor, der Orthen nicht haben würde.“ Als Kardinal stand er im Rang über dem Kurfürsten, wusste aber zugleich, dass sein Gastgeber dies niemals zulassen würde, schon gar nicht in der eigenen Residenz. So behauptete der Kardinal in seinem Schreiben an den Kaiser, es sei seit undenklichen Zeiten Brauch, „daß die Churfürsten, was standt sie auch seyn, solchen allenthalben, ausser was dieselben in ihren eigenen Actibus publicis seyn, allen Cardinalen weichen, unnd solche procediren lassen, diß auch gar von niemanden disputirt, oder in Zweiffel gezogen wird“. In Dresden einen Präzedenzstreit vom Zaun zu brechen schien ihm aufgrund der Dringlichkeit der zu verhandelnden Materien jedoch nicht sinnvoll. Dennoch musste er mitreisen, „damit die Kayserl. Maytth. In vorkommenden Reichssachen sich desto bestendiger resolviren köndte“.373 Die Ankündigung des Kaiserbesuches löste am Dresdener Hof ein fieberhaftes Treiben aus.374 August von Sachsen versuchte mehrfach den kaiserlichen Obersthofmeister Hans Trautson über die kaiserlichen Erwartungen und die Details der Ankunft auszuhorchen.375 Kaiser Matthias schickte 1617 seinen Obersthofmeister Adam von Wallenstein voraus, um zeremonielle Fragen abzu370 HStA Dresden, Loc. 10735/5, fol. 4, Schreiben Augusts an Sigismund Vieheuser vom 02.03.1575. Johann Georg von Brandenburg war schon 1564 dabei gewesen. 371 Auch Herzog Ulrich von Mecklenburg und seine Frau Elisabeth waren eingeladen worden, aber nicht erschienen. HStA Dresden, Cop. 518, fol. 37‘–38‘. 372 Khevenhüller, Annales Ferdinandei, Tl. 7f., Sp. 1142; im Folgenden ebd., Sp. 1143. 373 HStA Dresden, OMaA F. 1, fol. 6’. 374 Vgl. dazu auch schon Rudolph, Stadtliche Gemeinde. 375 Kurfürstin Anna wandte sich mehrfach an die Frau des Obersthofmeisters, um diese zum Besuch in Dresden zu bewegen, damit man sich „Inn allen fürfallenden Sachen, dero wir warlich gar unberichtet, Raths und berichts erholen, oder zwischen unser gnedigstenn Kaiserin und uns fuglicher Under Redung Pflegen und verrichten kontenn“,
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klären, worin sich ein zunehmendes Regelungsbemühen des Kaiserhofes bei auswärtigen Auftritten zeigt. Die Vorbereitung von Fürstenbesuchen lag am Dresdner Hof in den Händen der vier Oberhofämter und des Geheimen Rates. Diese Beamten erstellten Ablaufpläne, die dem Kurfürsten zur Prüfung vorgelegt wurden.376 So sollten Hofstaat und Bürgerschaft am Tag des Einzugs, „ein jeder in der Person auffwarten und sich uffs beste außstaffiren“.377 Der Rat der Stadt wurde beauftragt, die Bürgerschaft zu mustern und zusätzliche Stadtwachen zu bestellen. Dabei verhinderte die besondere Dignität der Kaiserbesuche, dass die Bürger sich mangels Interesse bei diesem Akt durch Gesinde oder Vorstädter vertreten ließen, wie dies bei anderen Hoffestlichkeiten vorkam.378 Da im Einzug symbolisch das gesamte Territorium repräsentiert sein sollte, befahlen die Kurfürsten den Landständen, in Festkleidung bei Hof zu erscheinen.379 Johann Georg I., dem das Empfangskomittee noch nicht prächtig genug erschien, beorderte zudem 900 Untertanen aus umliegenden Orten nach Dresden.380 Außerdem beauftragte er seinen Hofkapellmeister Heinrich Schütz, der überhaupt für alle Inventionen bei diesem Ereignis verantwortlich zeichnete, mit der Komposition von Festmusiken, um den kulturellen Führungsanspruch des sächsischen Hofes akustisch wirkungsvoll untermauern zu können.381
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denn die Kaiserin sprach kein Deutsch. HStA Dresden, Cop. 518, fol. 35f. Für den Hinweis danke ich Katrin Keller. HStA Dresden, OMaA F. 1, fol. 3–5, 20’. HStA Dresden, OMaA F. 1, fol. 8’. Die Musterung des Hofstaates und der kurfürstlichen Garde oblag dem Obersthofmarschall. Vgl. dazu allgemein Miksch, Obersthofmarschallamt, S. 32f. Das Hofgesinde hatte sich bei der Bekleidung nach einem Muster zu richten, das in der Ratsstube auslag. Richter, Verwaltungsgeschichte, Bd. 1, S. 218f. 1617 wurden zum Beispiel ca. 3.000 Bürger gemustert, was den weitaus größten Teil der Dresdner Bürgerschaft umfasst haben dürfte. HStA Dresden, Loc. 10289/28, fol. 117–119; Loc. 10735/4, fol. 39–42, 47–49. Es wurden über 90 Briefe verschickt. Das Gefolge der Landstände, die mit 2 bis 10 Pferden bei Hof erschienen, umfasste insgesamt 428 Reiter. Vgl. auch Rachel, Fürstenbesuche, Tl. 2, S. 235. Kurfürstin Anna wandte sich an die Frauen des Landadels, wobei sie diese mit dem Argument zu motivieren versuchte, dass die Einladung an den Hof ein besonderes Privileg darstelle. HStA Dresden, Loc. 10289/28, fol. 113. HStA Dresden, OMaA F. 1, fol. 8’. Schütz, den der Kurfürst im selben Jahr dem Landgrafen von Hessen-Kassel abgeworben hatte, sollte „es allenthalben alß anstellen damit Se.Churf.Gnd. ruhm und Ehre davon haben möge.“ HStA Dresden, OMaA F. 1, fol. 20–2, 27’–28, Zitat 20’. Schütz schreibt in seiner Autobiographie selbstbewusst, dass er „bey inzwischen fürgegangenen allerhandt Solenniteten, Als Kayserlichen, Königlichen Chur- und fürstlichen Zusammenkünfften, inn und ausser Landes [...] aller unterthänigst auffgewartet, vom anfange meines Directorii E. Churfürstlichen Durchlaucht Hoff Capell auch, fur andern in
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Für den Empfang des Kaisers auf der Elbe wurden mehrere, „fein herlich und zirlich“ geschmückte Schiffe hergerichtet, die mit den sächsischen Farben Grün und Gelb ausgekleidet waren.382 Der Hauptmann der Festung Königstein wurde angewiesen, beim Vorüberfahren des Kaisers mehrere Begrüßungssalven abzuschießen. 1617 wurden offenbar auch brennende Pechkränze an den Festungsmauern befestigt und ein kleines Feuerwerk abgebrannt. Da der Kaiser auf seiner Reise von Prag das letzte Nachtlager vor seinem Einzug in der sächsischen Landstadt Pirna abhalten wollte, befahlen die Kurfürsten dem Rat dieser Stadt Unterkünfte bereitzustellen und auch dort Vorbereitungen für einen feierlichen Einzug zu treffen.383 Außerdem mussten die Wasserjagden vorbereitet werden, die für den Kaiser während seiner Schiffsreise in die sächsische Residenz unterwegs abgehalten werden sollten.384 1617 stieg das Ausmaß der zeremoniellen Festlegungen in diesem Rahmen beträchtlich an, so dass von einem weitgehenden Verzicht auf das Zeremoniell bei diesem Kaiserbesuch überhaupt nicht die Rede sein kann.385 Dies verdeutlicht, wie stark Regelungsdichte und Konfliktpotential zusammenhingen: Je größer die konfessionellen, politischen oder sozialen Differenzen zwischen den Hauptakteuren wurden, desto höher war auch der Regelungsbedarf im Vorfeld. b) Die Inszenierung der Kaisereinzüge Bereits einen Tag vor der Ankunft des Kaisers 1575 brachen die in Dresden anwesenden Fürsten mit einem Gefolge von etwa 250 Pferden nach Pirna auf (Tab. 5.4).386 Am folgenden Tag bestieg man frühmorgens die sächsischen
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Teutschlandt berümbt zu machen mich allezeit bester massen beflissen, dero Lob und ruhm verhoffentlich auch bis auff diese stunde, zimlicher massen habe erhalten helffen.“ Ebd., Loc. 8687, fol. 292–292’. HStA Dresden, Loc. 10735/4, fol. 43–46. Siehe dazu die Instruktion in HStA Dresden, Loc. 10735/4, fol. 57–68. Maximilian II. hatte brieflich sein Interesse an der Jagd betont. HStA Dresden, Loc. 8500, fol. 12. So aber Zwantzig, Theatrum Praecedentiae, Tl. 2, S. 68. Die Fehleinschätzung resultiert offenbar aus der Tatsache, dass das Zeremoniell von 1617 nicht den an der eigenen Gegenwart geschulten Erwartungen des Autors entsprach, was ihn zu der Ansicht veranlasste, es sei keines vorhanden gewesen. HStA Dresden, Loc. 10735/4, fol. 57–68; Vgl. auch Historische Beschreibung (1766). Schon der Einzug Johann Georgs von Brandenburg am 07.04.1575 in Dresden war festlich gestaltet worden. Mit 400 Reitern hatten ihn der sächsische Kurfürst, Joachim Ernst zu Anhalt und der Administrator von Magdeburg in die Stadt geleitet. Brückner, Festlichkeiten, S. 228. Vgl. im Folgenden HStA München, KÄA 4404, fol. 217–219,
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Schiffe und fuhr die Elbe aufwärts zur sächsisch-böhmischen Grenze bei Herrnskretchen.387 Als sich die kaiserlichen Schiffe näherten, ordneten sich die sächsischen zu einer Formation, wobei man peinlich darauf achtete, bei diesem Manöver nicht über die eigene Landesgrenze zu geraten. Danach bestiegen die Fürsten das Schiff des Kaisers und August von Sachsen begrüßte diesen „mit einer herrlichen oration“ und „vilen Ceremonien, wie sich in solcher Zusamenkhonfft gebürt“.388 1617 hingegen wurde der Kaiser an dieser Stelle nur durch die Herzöge von Sachsen-Altenburg und Sachsen-Lauenburg empfangen, während der Kurfürst den Kaiser bei Schandau erwartete.389 In der geringeren Strecke, welche Johann Georg I. seinem Gast entgegenkam, dokumentiert sich das distanzierte Verhältnis beider Seiten. Die Weiterfahrt wurde oberhalb der Festung Königstein durch eine Wasserjagd unterbrochen. Gegen Abend traf man jeweils in Pirna ein, wo der Kaiser feierlich unter Kanonendonner durch das Spalier der Bürgerschaft in die Stadt einzog.390 Am nächsten Morgen setzte man die Reise per Schiff nach Dresden fort, wobei auf dem Weg eine weitere Wasserjagd stattfand.391
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220–223; sowie die Berichte des bayrischen Sekretärs Ludwig Haberstock und des kaiserlichen Rates Johann Hegenmüller an Albrecht V. in HStA München, KÄA 4329, fol. 212–306; KÄA 4315, fol. 233–235. Albrecht V. hatte seinem Sekretär mehrfach eingeschärft, ihm über alle Abläufe in Dresden genau zu berichten, besonders über den Empfang. Da der Kaiser die Mitreise verbot, konnte Haberstock allerdings nur Informationen aus zweiter Hand liefern. HStA München, KÄA 4329, fol. 241. Die Verteilung der Mitziehenden auf den Schiffen erfolgte entsprechend ihres Ranges. Das am prächtigsten herausgeputzte Schiff bestiegen lediglich die vier Fürsten. Dazu auch AVA Wien, Familienarchiv Harrach, Kart. 796, Fasz. 8, unfol.; sowie HStA München, KÄA 4404, fol. 213, wonach der Kaiser „mit ettlich schönen Schiff wie Galleren Zugericht, und villen statlichen wolgebuzten vom Adel“ empfangen worden sei. Rachel, Fürstenbesuche in Dresden, Tl. 2, S. 236; HStA München, KÄA 4315, fol. 276. Die vier Söhne des Kaisers, die sich auf einem anderen Schiff befanden, wurden erst bei der etwas weiter elbabwärts stattfindenden Wasserjagd offiziell begrüßt. 1617 hatte der Kurfürst dem Kaiser die eigenen Schiffe dagegen nach Leitmeritz, wohin dieser auf dem Landweg von Prag gereist war, entgegengeschickt. Am 02.08.1617 war der Kaiser feierlich in Aussig eingezogen, wo ihn auch die katholische Geistlichkeit empfing. Der Rat der Stadt schenkte dem Kaiser ein mit den kaiserlichen Insignien verziertes Schiff, das Matthias mit nach Dresden brachte. Vera descriptio (1617), o.S. Die Stadt empfing den Kaiser mit einer kurzen Ansprache, die 1617 Caspar von Schönberg hielt. Avenarius, Panegyris Caesarea, o.S. Danach ritt der Kaiser begleitet von den Fürsten zu seiner Herberge auf dem Schloss. Während der Fahrt spielten der Kaiser, die beiden Kurfürsten und der spanische Gesandte Karten, was die besondere Stellung des spanischen Gesandten am Kaiserhof zeigt. Brückner, Festlichkeiten, S. 231.
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Für den Einzug in die Residenzstadt am späten Nachmittag wählten beide Kurfürsten absichtlich eine weite Route – einerseits, um die hohen Gäste der einheimischen Bevölkerung möglichst wirkungsvoll vorzuführen, andererseits aber auch, um den Gästen die Großzügigkeit und Pracht der Residenz eindrucksvoll zu demonstrieren.392 Die Flotte hielt deshalb außerhalb der Stadt, deren Wehren und Basteien mit Landsknechten und Geschützen besetzt waren. Als die Schiffe 1575 noch einige 100 Meter vom Landeplatz südöstlich der Stadt entfernt waren, feuerten die auf den Wällen der Stadt aufgestellten Kanonen Begrüßungssalven ab.393 Bei der Einzugsroute von 1575 (Abb. 54) blieb der Einzug auf den linkselbisch gelegenen Teil der Stadt beschränkt. Er führte von der Hasenbastei mit dem Moritzmonument, das den Status der Albertiner als Kurfürsten eindringlich vor Augen führte, zum neuerbauten Pirnaischen Tor, wo zur Begrüßung des Kaisers 800 sächsische Adlige mit ihren Bediensteten sowie 1.500 Fußknechte angetreten waren.394 Der Kaiser zog danach durch das Salomonistor über Kreuzgasse, Altmarkt und Elbgasse zum Residenzschloss.395 1617 verließ man das Schiff an der rechtselbischen Mönchswiese, wo die Gäste in eigens errichteten Festzelten zuschauten, wie die 500 Mann starke, „schöne Reuterey in der Ordnung bey ihr May. fürüber“ ritt.396 Eigentlich war diese Militärparade in größerem Umfang geplant gewesen, Johann Georg I. befürchtete jedoch, im Gemenge von Truppen und Zuschauern könnte ein Tumult entstehen, der die ganze Inszenierung scheitern ließe.397 Danach wurden auf der Elbe lebende Bilder mit Neptun und Meerjungfrauen gezeigt. Das dabei vorgetragene Herrscherlob stammte aus der Feder von Heinrich Schütz.398 Der Einzug in die Stadt (Abb. 54) erfolgte durch den jüngst erweiterten Jägerhof, in
392 HStA Dresden, OMaA F. 1, fol. 4’, 7. 393 Nach dem Bericht des spanischen Gesandten fielen aufgrund der Schallwellen einige Häuser ein. Rachel, Fürstenbesuche, Tl. 2, S. 237. 394 HStA München, KÄA 4315, fol. 277‘. Zum Moritzmonument Gurlitt, Kunstdenkmäler, S. 319–324; Magirius, Monumente, S. 260–270. 395 Das Schloss war unter Kurfürst Moritz stark erweitert und umgebaut worden. Dazu Syndram, Schloß zu Dresden, S. 24f.; Gurlitt, Kunstdenkmäler, S. 336–393; Schütte, Schloß als Wehranlage, S. 49–56. 396 Vera descriptio (1617), o.S. Vor der Elbbrücke waren außerdem „außerlesen Fußvolck“ und „überauß prächtige Reiterei“ angetreten. Ebd. 397 HStA Dresden, OMaA F. 1, fol. 11’. 398 Schütz sorgte auch für ihre Veröffentlichung. Panegyrici Caesario-Regio-Archiducales (1617), o.S. Eine ähnliche Invention war bereits 1614 bei der Taufe des Sohnes Johann Georgs I., August, aufgeführt worden; möglicherweise wurde sie wiederverwendet.
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dem Johann Georg I. die kurfürstliche Jagd präsentierte.399 Die Integration des Jägerhofes in die Einzugsroute verweist symbolisch auf das Amt der sächsischen Kurfürsten als Reichsjägermeister. Der Weg verlief durch die Augustusgasse mit dem Fürstenzug, der die Dynastie der Wettiner verherrlichte, vorbei an der unter Moritz angelegten Neuen Gasse, die als bevorzugtes Wohngebiet des Hofadels zu den repräsentativsten Dresdener Straßenzügen zählte. Auf dem Neumarkt, den der fürstliche Stallhof dominierte, standen vier Kompanien der kurfürstlichen Garde. Das symbolische Gegengewicht dazu bildeten die vier Kompanien der Bürgerschaft auf dem Altmarkt. Die übrige Bürgerschaft stand von der Elbbrücke bis zum Schloss Spalier.400 Im Schlosshof begrüßten die Fürstinnen die Gäste.401 Danach wurden diese in ihre Gemächer geleitet, bevor der Einzug mit einem festlichen Bankett endete. Bei beiden Einzügen spielte die Musik eine zentrale Rolle.402 So waren neben den im Zug vertretenen Trompetern und Heerpaukern, welche die Ankunft der hohen Gäste weithin hörbar ankündigten, auf den Stadttürmen städtische Bläser mit Posaunen, Trompeten und Zinken postiert. Im Jägerhof traten außerdem einige Bauern mit Blasinstrumenten zu Pferd auf, die zur Belustigung der adligen Gäste als Musiker wie als Reiter eine lächerliche Figur machten. Volkstümliche Elemente dieser Art waren in der höfischen Festkultur dieser Zeit sehr beliebt, weil sie die habituellen Differenzen zwischen Bauernstand und Adel visualisierten und damit zugleich die bestehenden Herrschaftsverhältnisse legitimierten.403 Gerade vor dem Hintergrund der absichtlich disharmonischen, schlichten Bauernmusik musste das für diesen Anlass von Heinrich Schütz komponierte Konzert der kurfürstlichen Hofkapelle, die erhöht 399 Der Jägerhof war das einzige Gebäude, das August von Sachsen auf der rechtselbischen Seite hatte errichten lassen, weil das Grundstück auf dem Weg zu seinen bevorzugten Jagdgebieten lag. Nach den Erweiterungen unter Johann Georg I. nahm der Jägerhof fast ein Drittel der bebauten Fläche Altendresdens ein. Gurlitt, Kunstdenkmäler, S. 608. 400 Da 1617 die Einzugsroute deutlich länger war, reichten die Untertanen nicht aus, um ein durchgehendes Spalier zu bilden. Um Kosten zu sparen, verfiel man deshalb auf einen Trick. Kaum hatte der Zug den ersten Teil der Strecke absolviert, löste sich das Spalier auf, überholte ihn auf einer kürzeren Route und stellte sich erneut auf. HStA Dresden, OMaA F. 1, fol. 12. Vgl. auch Schnitzer, Figur, S. 11. 401 1575 hielt der erst 15jährige, spätere Kurfürst Christian I. die Begrüßungsansprache. Entwurf der Rede in HStA Dresden, Loc. 8500, fol. 45. Das Schloss hatte der Kurfürst völlig für den Kaiser und sein Gefolge geräumt, während er selbst im neuen Kanzleigebäude untergebracht war. 402 Vgl. dazu Becker-Glauch, Bedeutung der Musik, S. 58; Blankenburg, Festmusik, S. 378. 403 Vgl. allgemein zur Verwendung volkstümlicher Motivik in der Festkultur des sächsischen Hofes Sieber, Volk; Wozel, Umkehr; Schnitzer, Höfische Maskeraden, S. 186–189.
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auf einem Schlossbalkon postiert war, als besonders kultiviert erscheinen. Die Kaiser zogen beide Male in der Kutsche in die Stadt ein; 1617 handelte es sich dabei um eine vergoldete Prunkkutsche, worin sich die zunehmende Prachtentfaltung bei Inszenierungen dieser Art dokumentiert. Für 1575 ist überliefert, dass sich am Wagen des Kaisers zwölf der Stadt verwiesene Delinquenten festhielten, die gemeinsam mit dem Kaiser einzogen.404 Dieser Vorgang, der in der Residenz eines Reichsfürsten ohnehin verwundert, wäre 1617 so nicht mehr denkbar gewesen. Auch bei reichsstädtischen Einzügen war der Brauch, der sich im Spätmittelalter häufig beobachten lässt und in dem die Funktion des Kaisers als oberster Gerichtsherr des Reiches und zugleich die besondere Clementia Caesaris zum Ausdruck kamen, im Untersuchungszeitraum schon eher selten. Vielmehr wandte sich diese soziale Klientel mitunter per Supplik während der kaiserlichen Präsenz an den Kaiser, der sich daraufhin persönlich beim Rat der Reichsstadt für eine Begnadigung des Betreffenden einsetzte.405 Auf diese Weise wurde ein tradierter performativer Akt – durch das Passieren des Stadttors wurde der Delinquent begnadigt, wobei eine Verbindung zwischen dessen Körper und dem des Kaisers bestehen musste – zu einem schriftlichen Verfahren mit ungewisser Dauer und ungewissem Ausgang. Ob August von Sachsen im vorliegenden Fall dem Gnadenbegehren entsprach, ist nicht überliefert.406 In seinem Interesse als oberster Gerichtsherr seines Territoriums lag dies nicht. Dass sich in der Zugordnung nicht nur der soziale Rang der Akteure, sondern auch die aktuelle Qualität ihrer Beziehungen zum Kaiser spiegelte, zeigt der Vergleich der Zugordnungen von 1575 und 1617 (Tab. 4.11–12). Während die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg 1575 gemeinsam mit dem Kaiser auf der Kutsche in die Stadt einfuhren, ritt Johann Georg I. 1617 allein hinter seinem Gefolge.407 Zwischen dem Kurfürsten und dem Kaiser hatte man entge404 Rachel, Fürstenbesuche, Tl. 2, S. 237. 405 Vgl. dazu für Augsburg die Interzessionen in StadtA Augsburg, Augsburg und Kaiser, Nr. 10, 12, 13 (Interzessionen der Kaiser Ferdinand I., Maximilian II., Rudolf II. für Augsburger Bürger beim Augsburger Rat im Zusammenhang mit Reichstagseinzügen); ebd., RB 42 (Einträge vom 13. und 17.7.). Für Nürnberg siehe StA Nürnberg, Rst. N., RV 1325, fol 1’; RV 1871, fol. 66’, 70; auch 141, 174. 406 Im Untersuchungszeitraum behielten sich die städtischen Obrigkeiten die Entscheidung über einen Gnadenakt vor, wobei nicht selten die Mehrzahl der Gesuche und damit auch der kaiserlichen Interzessionen abgelehnt wurde. Vgl. dazu auch Schenk, Zeremoniell, S. 350–359; allgemein zu Recht und Gnade Rudolph, Regierungsart, S. 265–328. 407 Johann Georg ritt angeblich „auff einem gar schönen Appelgrawen Roß in einem angehabten Goldstücken Kleid / mit köstlichen Kleinodien und Raigerbüschen gezieret“. Vera descriptio (1617), o. S.
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gen dem üblichen Brauch kursächsische Spießjungen, Edelknaben und Kämmerer positioniert, um den Abstand zwischen beiden Seiten auch symbolisch zu betonen. Der Kurfürst führte dem Kaiser hier auch nicht als Reichserzmarschall das bloße Schwert vor, was seine zeremonielle Unterordnung unter das Reichsoberhaupt viel offensichtlicher gemacht hätte. Die auf diese Weise vermittelte Botschaft richtete sich vor allem an die eigenen Untertanen sowie andere protestantische Reichsfürsten, welche den Kaiserbesuch in Dresden mit Argwohn verfolgten. Dies gilt auch für ein anderes Element der Einzugsinszenierung von 1617.408 Während sowohl auf sächsischer als auch auf kaiserlicher Seite die Farben Schwarz, Gelb und Weiß dominierten, tauchte an zwei Stellen des Zuges in massiver Form die Signalfarbe Rot auf.409 Aus rotem Stoff bestanden die Auskleidung der Kutsche des Kardinals Klesl sowie auch die Uniform des Kutschers und die Überhänge der Pferde.410 Ausschließlich in Rot gekleidet waren aber auch die beiden kurfürstlichen Narren, die im Gefolge des Kurfürsten dem Kaiser voranzogen. Sie ritten auf Mauleseln, die als Symbol für Dummheit und Unfruchtbarkeit ein verbreitetes Spottmotiv bei der satirischen Darstellung von katholischen Klerikern verkörperten. Die optische Parallele von Kardinal und Narr karikierte in subversiver Form die geistige Verfassung der „Papisten“. Die öffentliche Verspottung des Kardinals erschien als wenig gefährlich, weil die Machtposition Klesls am Kaiserhof zu diesem Zeitpunkt bereits gefährdet war.411 Sie bildete nur den Auftakt einer ganzen Reihe von Akten der symbolischen Demontage, denen der Kardinal ausgesetzt wurde und die er widerwillig ertrug, um die Ziele der Reise nicht zu gefährden.412 408 Dazu schon Rudolph, Stadtliche Gemeinde, S. 276–278. 409 HStA Dresden, OMaA F. 1, fol. 9’. Zu den zeitgenössischen Bedeutungsdimensionen der Farbe Rot und ihrer unterschiedlichen Schattierungen vgl. auch Bächtold-Stäubli, Handwörterbuch, Bd. 7, S. 792–834, besonders S. 797. 410 Nach dem Bericht des mainzer Agenten Hartmann Drach hatte der Kardinal seinen Kardinalshabit bewusst nicht angezogen, um damit deutlich zu machen, dass er nicht als Kardinal, sondern als kaiserlicher Rat mitgereist war. StA Würzburg, WÜ A’bgAR (Archivreste) 345/8, fol. 66. 411 Nicht einmal ein Jahr später wurde Klesl durch Ferdinand II. von Böhmen und Erzherzog Maximilian gestürzt und verlor seine weltlichen und geistlichen Ämter. Dazu allgemein Rainer, Kardinal Melchior Klesl. 412 Siehe auch den Bericht in StA Würzburg, WÜ A’bgAR (Archivreste) 345/8, fol. 66, nach dem der Kurfürst auf die Begrüßung des Kardinals schweigend weiterging, weil dieser ihn nicht mit „Ewr Churfrst. Liebden“ angesprochen hatte, wodurch der Kardinal den Eindruck gewann, „dass sein persohn diß orths nicht allerdiengs angenehmb“ sei. Zwar sei auch der Kardinal im Schloss untergebracht gewesen und ihm sowie auch
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Anders als bei den Besuchen von Reichsstädten wurden in Dresden auch die Auszüge des Kaisers aufwendig ausgestaltet.413 Dabei begleiteten die Kurfürsten ihre Gäste bis zu jenem Ort, an dem sie ihnen beim Einzug entgegengezogen waren. Bei seinem Abschied segnete Kaiser Maximilian II. die Fürsten und ihr Gefolge, bevor er das Schiff bestieg.414 Mit dieser Geste, die der Kaiser auch bei anderen Gelegenheiten Katholiken wie Protestanten gegenüber vollzog, brachte er die sakrale Dimension seines Kaisertums zum Ausdruck, die für alle Kaiser des Untersuchungszeitraumes einen überkonfessionellen Charakter besaß.415 Die Besuche in der kursächsischen Residenz erwiesen sich für die Kaiser trotz des damit verbundenen Aufwandes am Ende als erfolgreich. Maximilian II. konnte die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg nicht nur von der Wahl seines Sohnes zum Römischen König überzeugen, sondern auch davon, den Erhebungsakt aus Gründen der Aufwandsbeschränkung in Regensburg durchzuführen. Dabei hatte sicher auch eine Rolle gespielt, dass es Rudolf während seines Aufenthaltes in Dresden gelungen war, die Bedenken der beiden Kurfürsten seiner Person gegenüber zu zerstreuen, denn diese setzten sich anschließend bei den vier rheinischen Kurfürsten für die kaiserlichen Pläne ein.416 Die habsburgische Nachfolge im Reich war damit gesichert. Auch August von Sachsen konnte mit dem Besuch zufrieden sein. Zwar stimmte der Kaiser der Belehnung mit dem Vogtland nicht sofort zu, als aber der ‚arme’ Kaiser den reichen Kurfürsten wenige Tage nach seiner Rückkehr nach Prag um ein Darlehen anging, um die Wahl und Krönung seines Sohnes finanzieren zu können, brachte August sofort wieder das Vogtland auf den Tisch, das er 1576 tatsächlich als Lehen erhielt.417
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seinen Dienern eine stattliche Tafel gehalten worden, der Kurfürst spreche ihn jedoch nur mit dem Titel „Herr“ an. Zur Zurücksetzung Klesls an der Festtafel vgl. Kap. III.1. Ausführlicher Bericht in HStA München, KÄA 4329, fol. 282f. Brückner, Festlichkeiten, S. 241. Auch bei seinem Abschied in Prag, als er nach Dresden aufgebrochen war, hatte Maximilian II. sein Hofgesinde gesegnet und dabei geweint, weil er aufgrund seines Gesundheitszustandes damit rechnete, nicht lebend zurückzukehren. Zu den Tränen des Herrschers vgl. Kap. IV.1. Vgl. das Schreiben der beiden Kurfürsten an die rheinischen Kurfürsten in HHStA Wien, MEA WaKr 6, fol. 289‘, 291. Der Darlehenswunsch war schon während des Besuches zur Sprache gekommen. Siehe das Kredenzschreiben für den Grafen Bernhard zu Hardeck vom 25.04.1575, nach dem der Kaiser August „umb ein erkleckliches Anlehen freundlich und gnediglich“ ersucht hatte. Da Maximilian mit der sächsischen Gabe nicht zufrieden war, schrieb August am 10.09.1575 enerviert an diesen, „man soll ein willig Pferd nicht überhaun". HStA Dresden, Loc. 8500, fol. 44, 70. Die Bewertung Rachels, nach welcher der Kaiserbesuch für die Entwicklung des Protestantismus im Reich „eine verhängnisvolle Wirkung gewon-
Zu Gast bei Reichsfürsten
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Auch Johann Georg I. stimmte 1617 dem kaiserlichen Sukzessionsplan zu, nachdem der böhmische König ihn gemeinsam mit Erzherzog Maximilian drei Wochen bearbeitet hatte. Kaiser Matthias selbst, der fast den ganzen Besuch im Bett liegend verbracht hatte, spielte dabei keine wesentliche Rolle. Außerdem bedeuteten die Kaiserbesuche für die Kurfürsten einen beträchtlichen Zugewinn an symbolischem Kapital. Dies trifft besonders für den Besuch von 1575 zu, der auf die Initiative Augusts von Sachsen zurückging. Dem Kurfürsten war es dabei vor allem um die Erhöhung der eigenen Reputation gegangen – schließlich hätten sich die politischen Materien auch auf anderem Wege regeln lassen. Folgt man den zeitgenössischen Berichten, so ging diese Strategie auf: Der sächsische Agent am Kaiserhof, Hubert Languet, konnte seinem Auftraggeber übermitteln, dass man in Prag die Freigiebigkeit und Prachtentfaltung am sächsischen Hof nicht genug loben könne.418 Der Chronist Lorenz Peckenstein berichtet, dass der Kaiser die Residenz als „wohl einem Keyserhaus zu vergleichen“ gelobt habe.419 Das war exakt der Anspruch, den August, der in der Vergangenheit mit dem Gedanken an eine Kaiserkandidatur gespielt hatte420, mit seiner glanzvollen Selbstinszenierung verfolgt hatte. Auch wenn man den panegyrischen Charakter solcher Aussagen berücksichtigt: In dieser Phase konnte Wien als kaiserliche Residenz mit dem seit 1547 zur kurfürstlichen Residenz ausgebauten Dresden noch nicht mithalten. 1617 sah die Lage dagegen anders aus. Zwar versprach auch hier der Kaiserbesuch aufgrund der Seltenheit eines solchen Ereignisses noch einen Prestigegewinn für den Kurfürsten, jedoch erschien die massive katholische Präsenz im eigenen Territorium mit Blick auf die sächsischen Untertanen sowie auf die protestantischen Reichsfürsten als problematisch. Letztere witterten womöglich ein geheimes Bündnis zwischen dem Kaiserhaus und Kursachsen, zumal dieses der Union nicht beigetreten war. Deshalb begann der Kurfürst bereits nen“ hätte, weil August sich bei seinem Entgegenkommen von territorialen Interessen habe leiten lassen, erscheint überzogen. Ders., Fürstenbesuche, Tl. 2, S. 244. 418 Languet, Epistolae secretae, S. 81. Eine geschriebene Zeitung berichtete: „Dresden ist eine fein herliche, saubere Västig Stat, hat ein gewaltiges schön Schloß und brügg. Sonnst hat es bey 2500 Pferdt allenthalben alhie, die der Kurfürst alle frei hält. Deßgleichen speißt er täglich im Schloß und zu der Stadt 200 Tafeln“. HStA München, KÄA 4404, fol. 217’, Geschriebene Zeitung vom 14.04.1575. Das war zwar übertrieben, gleichwohl wurde auf diese Weise das Leistungsvermögen des Gastgebers hervorgehoben. Joachim Ernst von Anhalt betonte in seinem Bericht an den Grafen zu Henneberg, es sei „alles wol und herlich bereidt unnd zugericht uberflussigk an allen orten mit guter ordnunge bestalt vorhanden gewessen“. Brückner, Festlichkeiten, S. 233. 419 Peckenstein, Theatrum Saxonicum, Tl. 1, S. 102. 420 Dazu Luttenberger, Kurfürsten, S. 96, 99.
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vor dem Kaiserbesuch ganz offen mit den Vorbereitungen für das Reformationsjubiläum, das vom 31. Oktober bis 2. November 1617 gefeiert werden sollte.421 Mit diesen Aktivitäten demonstrierte Johann Georg I. seine unbeirrbare konfessionelle Haltung. Außerdem empfing er im November 1617 die calvinistischen Kurfürsten Johann Sigismund von Brandenburg und Friedrich V. von der Pfalz in seiner Residenz. Auf diese Weise versuchte der Kurfürst in persönlichen Gesprächen, Bedenken über eine Parteinahme für die katholische Liga zu zerstreuen; gleichzeitig wurde dadurch die katholische Präsenz im eigenen Territorium während des Kaiserbesuches symbolisch neutralisiert. In der aufwendigen Ausgestaltung der Kaisereinzüge zeigt sich der kulturelle Führungsanspruch des kursächsischen Hofes im Reich. Ein ähnlich hoher Aufwand bei Kaiserempfängen in fürstlichen Residenzen lässt sich außerhalb der habsburgischen Erbländer nur für die Kaiserbesuche am bayrischen Hof in München feststellen, der mit dem sächsischen Hof politisch und kulturell konkurrierte. Auch beim prächtigen Empfang Kaiser Karls V. 1530 in München (Abb. 26) fanden mehrere Feuerwerke, ein Fischerstechen auf der Isar sowie die Aufführung von lebenden Bildern mit alttestamentarischen und historischen Szenen statt.422 Wie schon in Dresden besaß hier die militärische Dimension des Einzugs eine hohe Bedeutung, was den auf territoriale Expansion gerichteten Herrschaftsanspruch beider Reichsterritorien symbolisch vergegenwärtigte, weshalb dieses Element auch bewusst in einem zeitgenössischen Holzschnitt fixiert wurde.423 Beim Einzug in die Residenzen minder bedeutender Reichsfürsten wurde dagegen ein geringerer zeremonieller Aufwand betrieben, zumal die Aufenthaltsdauer deutlich kürzer ausfiel. Durch die geringe Öffentlichkeit versprachen solche Ereignisse den Hauptakteuren für die Inszenierung ihrer Herrschaftsansprüche weniger Gewinn, selbst wenn sich auch minderbedeutende Reichsfürsten durch einen Besuch des Kaisers geehrt fühlen mochten.
421 Dazu Herbst, Gewissen, hier 26f.; außerdem Schönstädt, Reformationsjubiläum. 422 Vgl. dazu HStA München, K. schwarz, 11825; den Druck: Kayserlich maiestat Einreyttung zu München (1530); Sturm, Ain kurtze anzaygung; sowie Kap. III.3. Für den Besuch Maximilians II. in der kurpfälzischen Residenz Heidelberg vom 02.–04.10.1570 während des Speyrer Reichstags sind keine detaillierten Berichte erhalten. Besonders ehrenvoll wurden die Kaiser in den Residenzen geistlicher Fürsten empfangen, so etwa in der Residenz des Mainzer Kurfürsten in Aschaffenburg oder in der des Bischofs von Würzburg. Zu Würzburg vgl. Kerler, Fürstbischof Julius, S. 44f.; Engel, Rats-Chronik, S. 86–88; Endres / Engel, Adam Kahl, S. 56. 423 Beham, Ankummen vnd Einreyten (1530).
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Zusammenfassung Die exemplarische Untersuchung ausgewählter Einzüge hat deutlich gezeigt, dass jeder Herrschereinzug im Grunde ein singuläres, in dieser Form unwiederholbares Ereignis darstellte. Jede Einzugsinszenierung zeichnete sich durch eine besondere Konstellation von Akteuren mit unterschiedlichen Motivlagen und Aufführungsvorstellungen aus, die je nach Ort und Zeit auch mit divergierenden strukturellen Rahmenbedingungen ökonomischer, kultureller oder politischer Art konfrontiert wurden. Die Ausgestaltung eines Kaisereinzugs hing von mehreren Faktoren ab. Eine wichtige Rolle spielte zweifellos der jeweilige Anlass: Fand der Einzug im Zusammenhang mit einer Reichsversammlung statt, dann nahm er andere Formen an, als wenn er außerhalb von solchen politischen Großereignissen durchgeführt wurde. Außerdem spielte es eine entscheidende Rolle, ob es sich beim Gastgeber um eine Reichsstadt oder aber um einen Territorialfürsten handelte. Die Kaisereinzüge differierten darüber hinaus im Hinblick auf ihr Ausmaß an Öffentlichkeit wie auch ihren Grad an Offizialität. Daraus ergaben sich nicht zuletzt unterschiedliche Deutungsoptionen im Hinblick auf die dabei vollzogenen Praktiken. Trotz der Spezifik jedes Einzugs lässt sich mit Blick auf die unterschiedlichen Anlässe letztlich zwischen drei Typen eines Kaiseradventus differenzieren: der Einzug in eine Reichsstadt außerhalb einer Reichversammlung, jener in eine Fürstenresidenz und jener auf eine Reichsversammlung. Beim Kaisereinzug im Rahmen von Durchzügen spielte die empfangende Reichsstadt eine zentrale Rolle. Die männlichen Einwohner der Stadt – keineswegs nur jene mit Bürgerrecht – waren in vielfältigen Funktionen und auch aus eigenem Antrieb am Ereignis beteiligt. Auch untere soziale Schichten, welche während der Einzüge die Straßen bis zum letzten Platz füllten, ergötzten sich an der Symphonie von Farben, Materialien und Geräuschen, an der Nichtalltäglichkeit eines die Sinne überwältigenden Ereignisses, das eine willkommene Abwechselung vom Alltag darstellte und dessen Reiz nicht zuletzt in seiner Seltenheit bestand. Politischen und sozialen Eliten der Stadt bot der Kaisereinzug die Möglichkeit, die eigene Führungsposition vor den Augen der Stadtbewohner und der aus Anlass des Kaiserbesuches in der Stadt weilenden Fremden wirkungsvoll zu inszenieren und dabei zugleich ihre kulturelle Kompetenz im Umgang mit rangmäßig über ihnen stehenden Akteuren zu demonstrieren. Auf diese Weise konnte man zum einen an der kaiserlichen Magnifizenz partizipieren und sich zum anderen im Repräsentationswettbewerb von Reichsfürsten und Reichsstädten positionieren. Dabei besaß die Reichsstadt Nürnberg aufgrund ihrer Größe sowie wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung besonders gute Voraussetzungen für
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die Durchführung von Kaisereinzügen, aus denen auch die reiche Einzugskultur dieser Stadt erwuchs. Fühlten sich schon die Reichsstädte durch die Anwesenheit des Kaisers in ihrem politischen Gewicht im Reich aufgewertet, so trifft dies zu Beginn des Untersuchungszeitraumes in noch stärkerem Maße für jene Fürsten zu, deren Residenz nicht im Zuge einer Kaiserreise passiert, sondern durch den Kaiser gezielt aufgesucht wurde. Dabei setzte August von Sachsen den Kaiserbesuch von 1575 dazu ein, die albertinische Kurwürde und seine politische Führungsposition im Reich symbolisch zu fixieren. Kaiser Maximilian II. überließ dem Territorialfürsten bewusst das Feld, was sich schon an der Mitführung eines sehr begrenzten Gefolges zeigt. Die Residenzstadt bildete hier lediglich die Hintergrundfolie für eine Form der Herrschaftsrepräsentation, die sich durch ihren spezifisch höfischen Charakter, die Verwendung einer umfangreichen ephemeren Ausstattung und einen starken Akzent auf der Jagd auszeichnete. Dabei fällt beim Vergleich beider Kaiserbesuche die starke Zunahme an Prachtentfaltung bei Kaiserhof und Kurfürst im Rahmen des Einzugs von 1617 auf. Hatten für Maximilian II. 1575 anders als bei seinem Gastgeber eindeutig die zu verhandelnden politischen Materien im Vordergrund gestanden, ging es Matthias 1617 vornehmlich um die kaiserliche Herrschaftsrepräsentation außerhalb der eigenen Residenz, denn für die politischen Unterhandlungen hätte er den Kurfürsten – wie von diesem vorgezogen – auch in Prag empfangen können. Allerdings dominierte auch hier der gastgebende Territorialfürst die Inszenierung, während im Mittelpunkt aller anderen Einzüge letztlich immer das Reichsoberhaupt stand, auf dessen symbolische Überhöhung die gesamte Formensprache ausgerichtet war. Auch bei Kaisereinzügen auf Reichsversammlungen bildete die gastgebende Stadt lediglich die Kulisse für ein Ereignis, das die anwesenden Fürsten mit ihrem Gefolge dominierten. Der elitäre Charakter solcher Veranstaltungen zeigt sich darin, dass es nur Reichsfürsten erlaubt war, aus eigenem Recht am Einzug teilzunehmen. Niedere Reichsstände hatten sich einzureihen oder sie mussten auf eine aktive Teilnahme verzichten. Zudem kam es hier häufig zu mehreren Herrschereinzügen, so dass der Kaisereinzug nur einen Adventus unter anderen darstellte. Dabei dürfte gerade die Wiederholung dieser Aufführungsform die damit verbundenen politischen Aussagen im Gedächtnis der Akteure eingeprägt haben, zumal es für die Herstellung der Ranghierarchien im Reich im Grunde gleich war, ob es sich um einen Kaisereinzug oder um einen Kurfürsteneinzug handelte, bei dem der Kaiser mitwirkte. Denn in beiden Aufführungen wurden die Verfassungsstrukturen des Reiches in visuell wahrnehmbarer Form manifest. Aufgrund der Vielzahl an Teilnehmern und dem hohen Grad ihrer sozialen Differenzierung entstand ein präzises Abbild der Herrschaftshierarchien, aber auch
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der aktuellen Machtkonstellationen im Reich. Im Unterschied zum Reichstag fand bei einem Wahltag ein Kaisereinzug nur bei Herrschererhebungen vivente imperatore statt, während sich die Einzüge der Wahlkandidaten durch ein reduziertes Zeremoniell auszeichneten. Dabei zeigt der Vergleich der Einzüge von Maximilian II. 1562 und Matthias 1612 das unterschiedliche Ausmaß der Akzeptanz dieser Wahlkandidaten. Aber schon 1562 hatten die Kurfürsten den gemeinsamen Einzug von Kaiser und König torpediert, um auf diese Weise ihr verfassungsmäßiges Recht der Herrscherwahl zu betonen. Durch den Vollzug von Wahl und Krönung an einem Ort entfiel der traditionell aufwendig inszenierte Einzug des gewählten Herrschers in Aachen, bei dem die neue Qualität der Herrschaftsverhältnisse erstmals in hochgradig öffentlicher Form abgebildet worden war. An seine Stelle trat der feierliche Krönungszug innerhalb der Reichsstadt Frankfurt am Main. Dieser erfüllte jedoch keineswegs all jene Funktionen, die dem Einzug eines gewählten Königs in die Krönungsstadt zugekommen waren. So hatte hier die Stadt eine wichtige Rolle gespielt, denn Rat, Bürgerschaft und Geistlichkeit hatten König und Fürsten gemeinsam im Feld empfangen. Beim Einritt Karls V. 1520 in Aachen war dieser von einer überlebensgroßen Karlsfigur begrüßt worden, die das Aachener Münster trug, womit Stadt und Stift ihre Selbstwahrnehmung als rituelles Zentrum des Reiches sinnfällig in Szene setzten. Zudem war dem gewählten König traditionell das Karlshaupt vorgetragen worden. Gerade in diesen Handlungssequenzen, die nach 1531 ersatzlos wegfielen, hatte sich der historische Bezug auf den Reichsgründer Karl den Großen manifestiert, der sich in Frankfurt, das zwar ebenfalls eine Gründung durch Karl den Großen für sich reklamierte, in dieser Dichte nicht mehr finden lässt. Unabhängig von den vorgestellten Typen des Kaisereinzugs lassen sich im Ergebnis dieser Untersuchung auch übergreifende Entwicklungen herausarbeiten, die wesentlich für die Erfassung und Deutung des Kaiseradventus sind. Bei allen hier betrachteten Einzügen wurde – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – nicht nur das Kaisertum, sondern das Reich als Personenverband für alle Rezipienten sinnlich erfahrbar gemacht. Denn auch außerhalb von Reichsversammlungen nutzten in der Nähe residierende Fürsten die Möglichkeit des persönlichen Kontaktes zum Reichsoberhaupt, der kollektive Akte der Herrschaftsrepräsentation wie den gemeinsamen Einzug in eine Stadt einschloss. So reisten anlässlich des Dresdner Einzugs von 1575 mehrere Kur- und Reichsfürsten in die sächsische Residenz, die samt ihrem Gefolge am Kaiseradventus partizipierten. Auch beim Nürnberger Kaisereinzug von 1612 waren Vertreter aller drei Reichstagskurien beteiligt, die ihren verfassungsmäßigen Rang innerhalb des Reiches im Adventus zum Ausdruck brachten. Dabei erweist sich Einzugsinsze-
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nierung nicht nur als eine Choreographie des sozialen Ranges, sondern auch als Medium der Zuschreibung oder Negierung der aktuellen politischen Macht eines Akteurs, wie dies am Beispiel der Demontage Kardinal Klesl beim Dresdner Einzug von 1617 deutlich wurde. War es unter Ferdinand I. und Maximilian II. primär das weltliche Reich gewesen, das sich im Kaisereinzug inszeniert hatte, so setzte sich bei den Einzügen auf dem Reichstag von 1613 vor allem das geistliche Reich in Szene. Dabei nahm die Herrschaftsrepräsentation der geistlichen (katholischen) Reichsfürsten genau in dem Moment stark zu, in dem sich die weltlichen (protestantischen) Reichsfürsten aus dem gemeinsamen Vollzug politischer Aufführungen zurückzogen. Außerdem war es im Untersuchungszeitraum das deutsche Reich, welches sich bei Kaisereinzügen vor den Augen der anwesenden Betrachter feierlich aufführte. An den Kaisereinzügen Karls V. hatten zahlreiche Vertreter nichtdeutscher Herrschaftsgebiete teilgenommen, die im Falle der Italiener und Niederländer zwar auch auf das Reich, im Falle der Spanier jedoch auf den über die Reichsgrenzen hinausreichenden Herrschaftsanspruch der Habsburger verwiesen und somit eher das Habsburgerreich als das Heilige Römische Reich als Personenverband aufführten. Aufgrund von Rangkonflikten untereinander nahmen auch die Gesandten europäischer Monarchen nicht mehr am Einzug teil. Die päpstlichen Legaten blieben den Einzügen fern, weil sie in protestantischen Orten mit dem Protest der Bevölkerung rechnen mussten und zudem die von ihnen beanspruchte Zugposition gegen die Reichsfürsten nicht mehr durchsetzen konnten, zumal den Kaisern ohnehin nicht an der öffentlichen Demonstration einer engen Bindung zum Papsttum lag. Durch den Verzicht auf den geistlichen Empfang in protestantischen Städten wurde die Mitwirkung der Geistlichkeit am Einzug unterbunden. In bikonfessionellen Städten verlagerte sich der geistliche Empfang in den geistlichen Hoheitsraum und damit in einen weniger öffentlichen Ort. Gleichwohl sollte für den Untersuchungszeitraum nicht von einer Säkularisierung, sondern von einer Deliturgisierung des Herrschereinzugs gesprochen werden: Was entfiel, waren bestimmte Elemente der katholischen Einzugsliturgie. Außerdem lässt sich feststellen, dass schon vor der Reformation verschiedentlich auf diese Elemente verzichtet worden war, so dass diese Entwicklung nicht allein als Folge der Konfessionalisierung gesehen werden kann. Die Sakralität des Kaisereinzugs bestand außerdem nicht vorrangig in der Inkorporation geistlicher Akte, sondern in der visuellen Manifestation einer von Gott eingesetzten Ordnung, bei der die Untertanen ihrem Herrscher von Gottes Gnaden die gebührende Ehre erwiesen – eine politische Idee, an der auch der Prozess der Konfessionalisierung wenig änderte. Deshalb war es nun auch unerheblich, ob der Einzug
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an einem kirchlichen Feiertag stattfand oder nicht. In der Neuzeit wurde aus dem Schwert als Symbol der Gerichtsherrschaft, das der Marschall dem Kaiser vortrug, sogar das Richtschwert Gottes. Aus dem Herrscher von Gottes Gnaden konnte – wie im Nürnberger Beispiel gezeigt wurde – der vergöttlichte Herrscher werden, der als überkonfessionelle Instanz das gesamte Christentum gegenüber dem Heidentum verteidigte. Durch die Aufführung geistlicher Gesänge und den Ritt des Herrschers unter dem Himmel blieb die ideelle Parallele zwischen Kaisereinzug und geistlicher Prozession erhalten. Der Kaisereinzug verkörperte im Untersuchungszeitraum weniger einen rituellen, sondern einen zeremoniellen Akt. Der Sinn, den er stiftete, war keinesfalls nur über die genaue Einhaltung tradierter Formen erreichbar; vielmehr erscheint der Herrschereinzug als flexibles Instrument der Zuteilung und Abbildung von Rang und Prestige, das veränderten Konstellationen weitgehend problemlos angepasst werden konnte. Er konnte zwar durchaus transformativ wirken, musste dies aber nicht. Beim rechtlichen Gehalt von Herrschereinzügen sind zwei Dimensionen zu unterscheiden. Einerseits besaß jeder erneute Kaisereinzug als Bestandteil der Gewohnheit eine rechtserhebliche Wirkung, weil aus dem aktuell gewählten Verfahren ein Rechtsanspruch auf den zukünftigen Vollzug in eben dieser Form abgeleitet werden konnte. Andererseits war die Legitimation kaiserlicher Herrschaft im Untersuchungszeitraum nicht an den ordnungsgemäßen Vollzug eines feierlichen Adventus gebunden. Zwar wäre erst im Einzelnen nachzuweisen, dass die im Einzug hergestellten Herrschaftshierarchien insofern rechtserheblich geworden wären, als sie auch auf anderen Ebenen zur Durchsetzung von Herrschaftsansprüchen erfolgreich eingesetzt werden konnten, jedoch zeigt schon das zähe Ringen um die Ausübung des Geleits, welche Prägekraft die Zeitgenossen dem öffentlichen Vollzug von Handlungen zuschrieben, weshalb sie auch schriftlichen Zusicherungen über die Rechtsunerheblichkeit einer bestimmten Handlung nicht vertrauten. Der Kaiseradventus und die in seinem Rahmen hergestellten sozialen Hierarchien wurden als performativ im Sinne von Wirklichkeit gestaltend betrachtet. Dabei bildeten die Prozessionsregeln der Goldenen Bulle nur insofern einen Referenzrahmen, als dass die Aufstellung der Zugordnungen auf denselben allgemeinen Prinzipien der Rangzuschreibung durch die Positionierung von Personen im Raum basierte, auf die schon die Goldene Bulle Bezug genommen hatte. Als Realität schaffend wurden vor allem jene Rangzuweisungen verstanden, die überhaupt nur im kollektiven Handeln der Reichsstände zum Ausdruck kommen konnten – so die interne Rangfolge unter Herzögen, wie dies am Beispiel des Rangsstreites zwischen Mecklenburg und Jülich-Cleve-Berg beim Einzug in Frankfurt 1562 deutlich wurde. Für die Herstellung solcher
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Binnendifferenzierungen gab es jenseits der Gewohnheit keine verbindlichen Regeln und außerhalb des persönlichen Aufeinandertreffens der betroffenen Akteure im Grunde auch keine Notwendigkeit; gleichwohl war sie für die Selbstwahrnehmung der betreffenden Herrschaftsträger offensichtlich von fundamentaler Bedeutung. Fragt man nach den Veränderungen, die sich im Untersuchungszeitraum im Hinblick auf die politischen Aussagen der Einzugsinszenierungen ergaben, so ist festzustellen, dass die Einheit von Kaiser und Reich als intendierte Kernaussage des Kaisereinzugs zunehmend verblasste oder durch die Weigerung bestimmter Personen, an der Inszenierung teilzunehmen, teilweise negiert wurde. Deutlich wurde dies am Verzicht der Kurfürsten, den Wahlkandidaten 1612 gemeinsam vor der Stadt zu empfangen, an der Weigerung der protestantischen Reichsfürsten auf dem Reichstag von 1613 zu erscheinen oder 1617 beim Versuch des sächsischen Kurfürsten, den Kaiserbesuch zu verhindern und – als dies nicht gelang – durch die gewählten Repräsentationsformen in der Nähe zum Kaiser zugleich konfessionelle Distanz abzubilden. Der gemeinsame öffentliche Auftritt mit dem Kaiser erschien in dieser Phase lange nicht mehr als derart prestigeträchtig, wie dies für die Regierungszeit Maximilians II. zu beobachten war. Dass sich auch die Kurfürsten bei Reichsversammlungen nicht mehr gegenseitig eingeleiteten, zeigt die abnehmende Kohäsionskraft innerhalb dieser sozialen Gruppe und die Fragmentierung der politischen Kultur insgesamt kurz vor Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges. Zudem dürfte diese Entwicklung durch den Verzicht auf gemeinsames repräsentatives Handeln, bei dem die Anwesenheit anderer Akteure das eigene symbolische Kapital zu erhöhen vermochte, noch verstärkt worden sein. Nur die Kaiser selbst versuchten weiterhin, sich im Rahmen ihrer Auftritte im Reich als Oberhaupt aller Reichsuntertanen unabhängig von deren konfessioneller oder sozialer Zugehörigkeit zu inszenieren und dabei integrierend zu wirken. Trotz aller zur Abbildung der kaiserlichen Magnifizenz notwendigen Wahrung von Distanz stellten sie in bestimmten Situationen gezielt Nähe zu den Untertanen her. Bei zeremoniellen Akten antworteten sie als besonderes Zeichen ihrer Huld selbst, reichten auch rangmäßig deutlich unter ihnen stehenden Personen die Hand oder verzichteten auch punktuell auf die vom Zeremoniell vorgegebenen Handlungssequenzen, in denen ihr allen anderen Akteuren überlegener sozialer Rang zum Ausdruck kommen sollte. Als Ersatz für das Mitziehen ausgewiesener Delinquenten im Einzug setzten sich die Kaiser per Interzession bei der territorialen Obrigkeit für die Begnadigung von Untertanen ein. Solche wohlbemessenen Gesten zielten darauf ab, dass sich die Reichsuntertanen dem Reichsoberhaupt nicht nur rechtlich, sondern auch emotional
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verpflichtet fühlten, um auf diese Weise die Akzeptanz und damit die Stabilität kaiserlicher Herrschaft im Reich zu erhöhen. Die zahlreichen Augenzeugenberichte, in denen das Auftreten des Kaisers fast immer positiv bewertet wurde, beweisen den Erfolg dieser Strategie. Im Vergleich zum Spätmittelalter ist die deutliche Ausweitung der Kaisereinzüge in sozialer Hinsicht festzustellen. War der Nürnberger Kaisereinzug zunächst eine stark elitäre Veranstaltung gewesen, bei dem nur die Priesterschaft und der Rat der Stadt tragende Rollen übernommen hatten, wurden nun deutlich mehr soziale Gruppen aktiv in das Geschehen einbezogen: Kaufleute und Handwerker sowie im Rahmen deren Gefolges auch unterbürgerliche Schichten. Das nicht alltägliche Festereignis eines Kaisereinzugs wurde als willkommene Gelegenheit begriffen, den innerstädtischen Zusammenhalt zu stärken, indem man aktuelle Konflikte vorübergehend auf Eis legte und sich selbst vor der Öffentlichkeit des Reiches sinnfällig als Gemeinschaft inszenierte. Trotz der vielfältigen Formen der sozialen Distinktion innerhalb der Gesamtinszenierung stand offenbar das Bedürfnis im Vordergrund, das Ausmaß der eigenen Integration in die städtische Gemeinschaft und die Identifikation mit der Reichsstadt zum Ausdruck zu bringen. Damit verbunden war eine starke Zunahme der Prachtentfaltung, die sich auch an der Ausschmückung der Einzugsroute mit ephemeren Säulen, Portalen und Ehrenpforten zeigt. Damit sollte nicht etwa der Wegfall religiöser Teilakte des Kaisereinzugs kompensiert werden; vielmehr entsprach die Tendenz zu immer aufwendigeren Formen der Herrschaftsinszenierung der allgemeinen Entwicklung höfischer und städtischer Festkulturen in dieser Zeit. Trotz der bei jedem Einzug mehr oder minder stark präsenten Konfliktfelder Rang und Geleit lief die Mehrzahl der Kaisereinzüge am Ende friedlich ab. Eine gewaltsame Störung der Einzugsinszenierungen lag weder im Interesse des Kaisers, noch in jenem von Reichsständen und Untertanen, denn letztlich war allen Beteiligten am Erfolg der Aufführung gelegen. Deshalb wurden Konflikte entweder im Vorfeld bereinigt oder für die Dauer des Spektakels vertagt. Die Kaisereinzüge dürften damit insgesamt – wenn auch mit der herausgearbeiteten sinkenden Tendenz – eine integrative Wirkung entfaltet haben, die den zentrifugalen Wirkungen der konfessionellen Spaltung, der erstarkenden Territorialmächte sowie den zunehmenden innerstädtischen Konflikten entgegenwirkte. Wie wirksam solche Inszenierungen wirklich waren, wie hoch ihr integrativer Ertrag auf Reichs- und auf lokaler Ebene ausfiel, lässt sich nicht präzise erfassen. Auf jeden Fall aber ließ die öffentliche Manifestation der Einheit von Kaiser und Reich diese als tatsächlich möglich erscheinen, auch wenn es sich dabei nur um die Simulation einer politischen Idealvorstellung und nicht um die Abbildung eines ‚real‘ existenten politischen Zustandes handelte.
III. Der Kaiserauftritt als Festereignis
Der kaiserliche Auftritt im Reich kann in seiner Gesamtheit als Festereignis verstanden werden, wenn man unter diesem Begriff eine kulturelle Strategie mit integrativer Zielsetzung versteht, die sich durch einen spezifischen Anlass, ihr demonstratives Herausgehobensein aus dem Alltag, ihren kollektiven und zugleich ostentativ-repräsentativen Charakter auszeichnet.1 Feste sind soziale Ereignisse, für deren durch symbolische Akte klar definierte Dauer die Alltagsverrichtungen ruhen. Sie sind im Allgemeinen positiv besetzt, da sie sowohl eine positive Grundstimmung unter den Teilnehmern zu erzeugen versuchen, als sie diese auch voraussetzen. Auf genau diesen Effekt zielen die Verwendung eines besonderen Decorums2, der gemeinsame Verzehr nichtalltäglicher Speisen und nicht zuletzt der in diesem Kontext häufig zu beobachtende Gabentausch durch die Mitglieder einer Festgemeinschaft. Feste dienen – und dies unterscheidet sie vom stark formalisierten Akt eines Herrscheradventus – nicht allein der Bekräftigung von Rangordnungen oder der Demonstration von politischen Machtkonstellationen, sondern auch der Entlastung von jenen vielfältigen sozialen und ökonomischen Zwängen, die den Alltag der Festteilnehmer prägen. Während eines Kaiserauftrittes kam es zu einer ganzen Reihe von Festivitäten, da sich bei diesem Ereignis mehrere Festanlässe überschnitten, die sich allen drei „Festkreisen“der frühneuzeitlichen Gesellschaft zuordnen lassen.3 Im Vordergrund standen bei Kaiserauftritten ereignisspezifische Feste, denn schon allein die seltene Präsenz des Reichsoberhauptes vor Ort bildete einen Festanlass. Bei Ersteinzügen wurden der Herrschaftsantritt des neuen Kai1 2
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Vgl. zum Folgenden allgemein Maurer, Feste; ders., Fest; Bojcov, Feste; Heers, Mummenschanz; Hugger, Stadt und Fest; Schultz, Fest; Altenburg / Jarnut / Steinhoff, Feste und Feiern; Benporat, Feste e banchetti; Haug / Warning, Fest; Valka, Homo festivans. Die wesentlichen Punkte, die auch im 16. Jahrhundert Geltung besaßen, fasst Krünitz treffend zusammen: „Das Verdienst aller Verzierungen oder Decorationen überhaupt besteht in der Neuigkeit, Erfindung und Abwechselung der Gegenstände, der schönen Wahl der architectonischen Ordnung, nach Beschaffenheit der Orte und Gegenden, in dem Glanze und der Munterkeit der Farben, in der Perspectiv, in dem Reichthum und der Pracht der Zierrathen, doch so, daß das Schickliche, Anständige und Proportionirliche dabey nicht aus den Augen gesetzet wird.“ Krünitz, Art. Decorateur in: ders., Encyclopädie, Bd. 9, S. 44. Feste im Lebenslauf, Feste im Jahreszyklus und ereignisspezifische Feste. Dazu allgemein Bojcov, Feste, S. 484.
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sers und damit auch die zuvor vollzogene Herrscherinvestitur gefeiert. Auch die mit Kaiserauftritten im Reich oft verbundenen Herrschertreffen bildeten einen ereignisspezifischen Anlass für Festivitäten. Hinzu kamen Bündnisschlüsse, Jubiläen oder militärische Siege während der kaiserlichen Anwesenheit, die ebenfalls festlich begangen werden konnten.4 Darüber hinaus diente das Fest im Untersuchungszeitraum als eine Form des höfischen Zeitvertreibs, für die im Rahmen von Kaiserauftritten auch gelegentlich Anlässe konstruiert wurden. Einen wichtigen Bestandteil der Festkultur bildeten zudem Feste anlässlich von fürstlichen Todesfällen, Geburten oder Hochzeiten. Feierlich begangene Todesfälle waren die in Augsburg 1559 für Karl V., Maria von Ungarn und Maria von England durchgeführten Exequien sowie das Leichenbegängnis für Kaiser Maximilian II. auf dem Regensburger Reichstag von 1576.5 Während des Speyrer Reichstags heiratete Erzherzogin Elisabeth von Österreich per procuratorem König Karl IX. von Frankreich.6 Während an den Hochzeitsfeierlichkeiten im engeren Sinne nur die anwesende Fürstengesellschaft teilnahm, bildeten die prächtigen Ein- und Auszüge der Brautgesandtschaft hochgradig öffentliche Ereignisse, an denen alle sozialen Schichten teilhaben konnten. Waren im Spätmittelalter und zu Beginn der Frühen Neuzeit Reichsversammlungen noch des Öfteren als repräsentativer Rahmen für Fürstenhochzeiten genutzt worden, wurde diese Tradition allerdings durch die Reformation unterminiert, da nun konfessionalisierte Heiratskreise entstanden und solche Ereignisse Gefahr liefen, womöglich als konfessionelle Demonstration begriffen zu werden.7 Dasselbe gilt für kirchliche Feste im Jahreszyklus.8 Nach der Reformation fungierte die Teilnahme an einer Prozession auf Reichsversammlungen als demonstratives Bekenntnis der eigenen Katholizität. Hatte zuvor die Mitwirkung 4 5 6
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Dazu schon Althoff, Fest und Bündnis. Vgl. Aulinger, Bild des Reichstags, S. 310–321, Möseneder, Feste, S. 58–60. Am 22.10.1570. Vgl. die ausführliche Beschreibung in Collección, Bd. 110, S. 89–97, mit weiteren Quellenangaben Lanzinner, Reichstag zu Speyer 1570, Bd. 1, S. 332f. Die Funktion eines Prokurators übte Erzherzog Ferdinand von Tirol aus, der dafür von französischer Seite wertvolle Geschenke erhielt, darunter die berühmte Saliera von Benvenuto Cellini, heute im KHM Wien. Vgl. Altfahrt, Propaganda, Tl. 1, S. 299f. So wurde die kurpfälzisch-kursächsische Fürstenhochzeit am 04.06.1570 ( Johann Casimir von Pfalz-Simmern und Elisabeth von Sachsen) von katholischer Seite als „Gegenreichstag“ empfunden, was die gereizte Atmosphäre zusätzlich belastete. Dengel, Nuntiaturberichte, Bd. VII, S. 15; vgl. auch Lanzinner, Reichstag zu Speyer 1570, Bd. 1, S. 156; laut Altfahrt, Propaganda, Tl. 1, S. 298, habe der Kaiser mit seinen Hochzeitsfeierlichkeiten in Speyer die Heidelberger Hochzeit übertreffen wollen. Vgl. dazu den Überblick in Art. Feste und Feiertage, in: TRE, Bd. 11, S. 93–143.
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aller Reichsstände die Einheit im Glauben dokumentiert, so verdeutlichte das Wegbleiben der Protestanten nun die konfessionelle Spaltung.9 Außerdem kam es bei solchen Gelegenheiten mitunter zu gewaltsamen Ausschreitungen zwischen den Angehörigen unterschiedlicher Konfessionen. So versuchte der Frankfurter Rat, die von König Matthias auf dem Wahltag von 1612 geplante Fronleichnamsprozession zu verhindern, indem er diesem eindringlich die Möglichkeit eines Aufruhrs unter der protestantischen Bevölkerung vor Augen stellte. Dieser ließ sich aber zum Ärger der Frankfurter nicht davon abhalten. Den Beginn der Festivitäten markierte der feierliche Herrschereinzug, der weithin hörbar mit Kanonendonner begann und ebenso endete, wobei der Tag des Ereignisses per obrigkeitliche Anordnung arbeitsfrei war und für die Dauer des Einzugs selbst die übliche akustische Angabe der Zeit unterblieb. Die im Anhang abgedruckten Ablaufverzeichnisse (Tab. 5.1–4) vermitteln einen Eindruck von der Vielfalt an festlich ausgestalteten Akten, die auf einen Herrschereinzug folgen konnten.10 Integrale Bestandteile der Festkultur kaiserlicher Auftritte, die weitgehend unabhängig von Einzugsanlass und Ort durchgeführt wurden, waren Bankette und Kampfspiele unterschiedlicher Art. Daneben gab es aber auch ortsspezifische Elemente wie in Nürnberg den traditionell beim Kaisereinzug aufgeführten Messerertanz oder die Heiltumsweisung, die nach der Reformation exklusiv in abgewandelter Form für das Kaiserpaar und andere ausgewählte Personen vollzogen wurde.11 Aus Anlass eines Kaiserbesuches erschienen Komödianten in der Stadt, die Singspiele oder andere Theaterstücke
9 ISG Frankfurt am Main, Rst. F., BMB 1612, fol. 40’–42. Auch die Fußwaschung durch den Kaiser als spezifisch katholisches Ritual wurde auf Reichsversammlungen zunehmend weniger vollzogen. Vgl. für Regensburg 1532 Gumpelzhaimer, Regensburg‘s Geschichte, S. 791; die Schilderung bei Müllner, Annalen, Bd. 3, S. 721, nach der Ferdinand I. 1543 in Nürnberg 12 Armen „aberglaubigerweis die Fuß gewaschen“. Zur Fußwaschung am Wiener Kaiserhof Scheutz, Heiland. 10 Für das Spätmittelalter vgl. Tremp, Könige; Boehm, Reichsstadt, S. 212–221; außerdem die kurzen Hinweise in Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 399–402. Zur Festkultur von Wahl- und Krönungstagen Sieber, Volk; Heinig, Krönung und Fest; Wanger, Kaiserwahl und Krönung, S. 122–154, sowie Rudolph, Herrschererhebung als Fest. Für den Reichstag Aulinger, Bild des Reichstags, S. 264–287; Zotz, Reichstag als Fest; Möseneder, Feste; als anschauliche Quelle für den Reichstag 1613 Hainhofer, Beschreibung. 11 Für die Präsentation von 1612 hielt der Stadtschreiber in seinem Bericht allerdings fest, dass „dabey selzame reden gefallen, also das etliche, die sonsten guet Römisch Catholisch sein wollen, nit viel dauon gehallten.“ StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 39. Zur Heiltumsweisung allgemein Kühne, Ostensio reliquiarum; Machilek, Nürnberger Heiltumsweisungen.
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aufführten.12 Bei Reichs- und Wahltagen richteten das Stadtregiment oder Fürsten gelegentlich Lotterien aus.13 Alle diese Festelemente zeichneten sich durch spezifische Akteursgruppen, Öffentlichkeitsgrade und besondere Arten des Zeichengebrauchs aus. Dabei kam es zu vielfältigen Interaktionen zwischen den obersten Repräsentanten des Reiches und den Untertanen, bei welchen die Hierarchien der Macht über ein diffiziles Zusammenspiel von Aktionen, Personen und Objekten erfahrbar gemacht wurden.14 Denn die Festivitäten setzten fort, was mit der Inszenierung des feierlichen Einzugs begonnen worden war: die Abbildung und Herstellung der geltenden Herrschaftsordnung durch kollektives Handeln von Kaiser, Reichsständen und Reichsuntertanen.15 Gingen sie aber darin auf ? Schließlich eröffnet das Fest auch Raum für Unordnung, Spontaneität und Exzess, wodurch soziale Hierarchien relativiert werden können.16 Und wie verhielt sich die Ordnungsfunktion dieser Festelemente zu jener des Adventus? Wurden die dort kommunizierten sozialen Hierarchien bestätigt, variiert oder gar konterkariert? Die Forschung zum höfischen Fest im Barock hat dessen hohes Ausmaß an zeremonieller Durchformung und sozialer Kontrolle betont.17 Es ist jedoch zu klären, inwieweit dies schon für die Festkultur im Untersuchungszeitraum gelten kann, zumal unter den besonderen Vorzeichen eines Kaisereinzugs, der immer auch von Improvisation geprägt war.
12 So traten 1617 in Dresden mehrfach englische Komödianten auf (Tab. 5.4). Dazu Watanabe-O’Kelly, Court Culture, S. 169f. 13 Auf dem Wahltag von 1612 gab es zwei Lotterien. Die Lose kosteten 6 Kreuzer, wobei bei der ersten angeblich 352.504 Lose angefertigt wurden, von denen 9.040 Gewinne enthielten, darunter zwei goldene Armbänder für 1.400 Gulden. Insgesamt waren 35.250 Gulden ausgesetzt. StA Nürnberg, Herrschaft Pappenheim, REMA 108. 14 Nach Ludwig Schmugge waren höfische und städtische Feste ein „ein Abbild des sozialen Gefüges und der persönlichen Identität in diesem Ganzen“ sowie auch „Ausdruck der Heilszusage Gottes“. Schmugge, Feste, S. 62. 15 Die Einbeziehung in das Fest verlieh „dem Leben einen höheren Sinn durch Teilhabe an der universalen Ordnung“. Maurer, Feste, S. 117. 16 Zum Exzess als genuinem Merkmal des Festes Maurer, Feste, S. 102 und 196. 17 Die Forschungen zum höfischen Fest in der Frühen Neuzeit konzentrieren sich auf den Zeitraum ab dem Barock, wobei die für diese Epoche erarbeiteten Thesen nicht selten auf das 16. Jahrhundert rückprojiziert werden. Vgl. Alewyn / Sätzle, Welttheater; Berns, Festkultur; Holme, Princely Feasts; Schultz, Fest; Haug / Warning, Fest; Wisch / ScottMunshower, Art and Pageantry; Mulryne / Goldring, Court Festivals; Strong, Feste der Renaissance; Watanabe-O‘Kelly, Early Modern European Festivals; Bumke, Höfische Kultur; zur städtischen Festkultur Mitchell, Italian Civic Pageantry; Heers, Mummenschanz; Mulryne / Shewring, Italian Renaissance Festivals.
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Bei Kaisereinzügen überschnitten sich die Handlungsräume Hof und Stadt. Die Städte bildeten nicht nur die Kulisse der höfischen Festereignisse, sondern traten selbst als Festveranstalter auf. Deshalb ist zu fragen, ob sich die Festkultur der Kaiserauftritte überhaupt mit dem Begriff „höfisch“ angemessen beschreiben lässt. Handelte es sich um „Herrschaftsfeste“18 als Ausdrucksform einer repräsentativen Öffentlichkeit oder vielleicht um frühneuzeitliche „Verfassungsfeste“19 und was genau wäre dann darunter zu verstehen? Beim Kaisereinzug standen, das wurde im zweiten Kapitel dieser Arbeit bereits deutlich, die Person des Kaisers und die Institution des Kaisertums eindeutig im Mittelpunkt. Gilt dies aber auch für die sich anschließenden Festlichkeiten? Feste fanden anders als der Adventus nicht unbedingt im Außenraum statt. Welche Räume und welche mit diesen verbundenen Öffentlichkeiten wurden von der Festkultur erfasst und mit welchen Strategien wurde hier Öffentlichkeit hergestellt oder gerade beschränkt? Da unmöglich alle Facetten der vielgestaltigen Festkultur bei Herrscherauftritten dargestellt werden können, konzentriert sich die Analyse auf vier Elemente, bei welchen sich die für das frühneuzeitliche Fest typischen, spannungsreichen Antagonismen von Herrschaft versus Gemeinschaft sowie von Distinktion versus Integration besonders gut untersuchen lassen.20 Der erste Abschnitt widmet sich dem Bankett als dem häufigsten und ältesten Festelement bei Herrscherbesuchen. Auch die festliche Tafel verkörperte ein soziales Ordnungsmuster, das jedoch aufgrund der unterschiedlichen Kontexte, in denen man ‚tafeln‘ konnte, eine höhere Varianz im Hinblick auf Ablaufformen, Teilnehmer und Zeichenrepertoire aufwies als der Adventus. Das zweite Unterkapitel beschäftigt sich mit dem Kampfspiel, das bereits im Mittelalter ein wesentliches Element von Festivitäten verkörpert hatte, während im Zentrum des dritten mit dem Feuerwerk ein vergleichsweise neues Festelement steht, das sowohl visuell als auch akustisch bald zu einem Höhepunkt der Kaisereinzüge avancierte. Das vierte Kapitel analysiert mit der Gabe wiederum ein klassisches Element der Festkultur von Herrscherbesuchen, das den Zeitgenossen als unverzichtbar erschien.
18 Maurer, Feste, S. 106. 19 Vgl. dazu Rudolph, Herrschererhebung als Fest; sowie schon Stollberg-Rilinger, Verfassung und Fest, S. 13. 20 Zu diesen Gegensätzen bei Banketten in der griechischen und römischen Antike vgl. Vössing, Mensa Regia, S. 9–11.
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1. Speisen und Zechen: Bankette Die fundamentale Bedeutung der festlichen Tafel in der Frühen Neuzeit zeigt sich darin, dass diese als das einzige obligatorische Element eines jeden Festes diente.21 Das Bankett stellte die häufigste Form der sozialen Vergemeinschaftung während eines Kaiserauftrittes dar und diente zugleich als wichtiges Element fürstlicher Selbstinszenierung: Über die möglichst hochrangigen Gäste, die Ausstattung der Räumlichkeiten mit kostbaren Tapisserien, die Herrichtung der Tafeln mit wertvollem, künstlerisch anspruchsvollem Geschirr, die Untermalung durch eine extra für diesen Anlass komponierte, ,zierliche‘ Musik und nicht zuletzt die Abfolge der vielfältigen, schmackhaften Speisen, die möglichst originell angerichtet waren, oder gar die Präsentation von Schauessen, die als eine Form der ostentativen Verschwendung überhaupt nicht für den Verzehr gedacht waren, ließen sich Macht und Ansehen des Gastgebers wie auch Reichtum und Kultiviertheit seines Hofes wirkungsvoll demonstrieren.22 Italienische Humanisten sahen in der Conviventia deshalb eine Ausdrucksform der fürstlichen Magnificentia, in der sich Großzügigkeit und verfeinerte Lebensart des Herrschers spiegelten.23 Betrachtet man die Abläufe von Reichsversammlungen aus der Perspektive der beteiligten Fürsten, so erschienen diese als endlose Abfolge von festlichen Tafeln (Tab. 5.2–3), während die politischen Verhandlungen in den Kurien, Kommissionen und bei informellen Treffen durch die fürstlichen Räte und anderes untergeordnetes Personal bestritten wurden.24 Die Klage über das übermäßige Bankettieren der Fürsten besaß denn auch bereits seit dem Spätmittel21 Dazu allgemein Simmel, Soziologie der Mahlzeit; Löwenstein, Voraussetzungen; Ottomeyer / Völkel, öffentliche Tafel; Merker, Tischzuchtenliteratur; Visser, Rituals of Dinner; Kolmer, Speiserituale; Kolmer / Rohr, Mahl und Repräsentation. Grundsätzlich lassen sich im Untersuchungszeitraum zwei Formen des Tafelns unterscheiden: die Alltagstafel, die bei Hof durch die jeweils gültige Tafelordnung bestimmt wurde, und die Festtafel, die sich von dieser durch ihren besonderen Anlass, ihre aufwendigere Ausstattung, ihre längere Dauer und die Einladung zusätzlicher Gäste unterschied. Vgl. ähnlich Moser, Teutsches Hof=Recht, Bd. 2, S. 498f. 22 Löwenstein, Bankett, S. 510. Zur ostentativen Verschwendung Herrsche, Muße. 23 Pontano, Trattati; vgl. dazu DaCosta Kaufmann, Court, S. 192. 24 Festliche Bankette fanden auch während der Einzüge in Reichsstädte außerhalb von Reichsversammlungen statt, jedoch nur bei längeren Aufenthalten (Tab. 5.1). Siehe für Nürnberg 1612 die Darstellung in StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 225’– 228. Im Gegensatz zur Regierungszeit Kaiser Maximilians I. wurde der Rat der Stadt nicht mehr geladen, sondern nur die anwesenden Reichsfürsten sowie die Inhaber der obersten Hofämter am Kaiserhof. Hier zeigt sich ein klares Bemühen des Kaiserhofes um Distanz zu den Vertretern des Stadtregiments.
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alter topischen Charakter, wobei in diesem Verhalten nicht selten die Ursache für den mangelnden Fortgang der politischen Verhandlungen gesehen wurde.25 Im Grunde veranstaltete jeder Reichstagsteilnehmer, der etwas auf sich hielt und dies zum Ausdruck bringen wollte, festliche Tafeln, zumal auf diese Weise soziale Kontakte geknüpft und wichtige Informationen ausgetauscht werden konnten. Die Spannweite des festlichen Tafelns bei Kaiserauftritten reichte vom zeremoniell stark durchformten Krönungsbankett im Anschluss an die Krönungsmesse über ebenfalls sehr prächtige Fürstentafeln bis zum vergleichsweise einfachen, eher einem ‚Arbeitsessen‘ entsprechenden Speisen am ‚runden Tisch‘.26 Da sich das Krönungsbankett als Teilakt der Herrscherinvestitur grundlegend von anderen Banketten unterschied, wird es im Folgenden gesondert behandelt. Es gab Bankette mit kaiserlicher Beteiligung, reine Fürstenbankette, reine Adelsbankette oder auch solche mit nichtadligen Räten sowie solche mit und ohne Frauen, was die sozialen Dynamiken des Tafelns nicht unwesentlich beeinflusst haben dürfte.27 Dabei erlaubten die spezifischen Formen des Bankettierens differenzierte Arten der Vergemeinschaftung und damit verbunden der sozialen Hierarchisierung und der Zuschreibung politischer Macht. So de25 Schon die Goldene Bulle (Art. XII) bestimmte für die Zusammenkünfte der Kurfürsten, dass hier keine allgemeinen Einladungen der Fürsten erlaubt sein sollten, weil die politischen Verhandlungen dadurch verzögert würden. Nur Einzeleinladungen sollten „mit Maßen“ erlaubt sein. Als Beispiel für 1594 Loserth, Innerösterreich, S. 133. 26 Gerade im letzten Fall luden sich hochrangige Herrschaftsträger bisweilen selbst ein, was den Gastgeber vor erhebliche Probleme stellen konnte. Eine Vorliebe dafür besaß der kursächsische Administrator Friedrich Wilhelm von Sachsen-Weimar, der sich auf dem Regensburger Reichstag von 1594 mehrfach selbst einlud, so am 30.06.1594 bei Landgraf Georg Ludwig von Leuchtenberg oder am 06.07.1594 beim spanischen Gesandten Carl Philipp von Croy. Bei runden Tischen ließ sich der Rang der Teilnehmer aus ihrer Entfernung vom ranghöchsten Gast und ihrer Positionierung rechts oder links von diesem ablesen. Beispiele in Fleischmann, Kurtze und aigentliche Beschreibung, u.a. S. 259f., 273–275; 290f., 302–304, 308. 27 Die Teilhabe von Frauen beschränkte sich auf Fürstinnen sowie hochrangige Hofdamen der Kaiserin. Frauen wurden bei großen Festbanketten an der linken Seite der Tafel platziert, oft als „bunte Reihe“ im Wechsel mit den Fürsten (Tab. 6.1). Dabei saßen die Gemahlinnen regierender Fürsten am oberen Ende der Tafel, die nicht regierender Fürsten oder unverheiratete Frauen am unteren Ende. Bei kleineren Tafeln folgte die Sitzordnung dagegen eher den Bedürfnissen guter Kommunikation: So wurden befreundete Fürstinnen nebeneinander platziert. Waren Frauen anwesend, schloss sich an das Bankett häufig ein Tanz an. Im Rahmen dieser Tänze, deren Dramaturgie ebenfalls die sozialen Hierarchien unter den Anwesenden abbildeten, kam es darauf an, die eigene Zughörigkeit zum Fürstenstand durch kultiviertes Auftreten unter Beweis zu stellen. Dazu allgemein Braun / Gugerli, Macht des Tanzes.
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finierten die jeweiligen Positionen im Raum, der Rang und die Zahl der Bedienenden sowie die offerierte Menge und Art der Speisen den sozialen Rang aller anwesenden Personen. Generell galt: Je geringer die Öffentlichkeit einer Tafel, desto größer waren potentiell die Spannweite des sozialen Ranges der an ihr vereinigten Personen und die mögliche Varianz der Sitzordnung. Während die Kurfürstentafeln beim Krönungsbankett allein den persönlich anwesenden Kurfürsten vorbehalten waren, konnte bei anderen Festtafeln der Vertreter eines abwesenden Herrschaftsträgers dessen Platz einnehmen. Nicht zuletzt gab es unterschiedliche Arten der Teilhabe an einem Bankett: vom Platz an der Tafel über den Dienst für den Herrscher bis hin zum Zuschauer, welcher der Mahlzeit aus der Distanz und als Ausdruck seiner rangmäßigen Unterlegenheit stehend beiwohnte.28 a) Praktiken des festlichen Tafelns Der Ablauf festlicher Bankette bei Kaiserauftritten folgte im Untersuchungszeitraum im Wesentlichen einem Muster.29 Am Anfang stand die formelle Einladung der Gäste durch den Gastgeber. Nachdem diese sich am bestimmten Ort zur festgelegten Zeit eingefunden hatten, wurden sie durch den Hofmarschall an den Platz geführt, der ihnen aufgrund ihres Ranges gebührte. Vor Beginn des Mahls sprach der höchstrangige Geistliche den Tischsegen, wonach die Handwaschung erfolgte. Erst jetzt trugen die dazu verordneten Hofämterinhaber die Speisen auf, wobei jeder neue Gang vom Hofmarschall sowie musikalisch durch Trompeten und Posaunen angekündigt wurde.30 Als letzter der zahlreichen, aus warmen und kalten Speisen bestehenden Gänge, zu denen Wein gereicht wurde, gab es meist Konfekt. Den Abschluss bildeten eine erneute Handwaschung und das Dankgebet. Bankettiert wurde über mehrere Stunden, wobei die Mehrzahl der im Folgenden betrachteten Festtafeln so genannte Frühmähler waren, die zeitlich eher dem heutigen Mittagessen entsprachen und sich bis zum frühen Abend hinziehen konnten. Dabei nutzte man fast immer den repräsentativsten Raum der eigenen Herberge, der dann entsprechend hergerichtet wurde. Nur in Ausnahmefällen wich 28 Ähnlich Ottomeyer / Völkel, Tafel, S. 12, allgemein auch Stollberg-Rilinger, Ordnungsleistung. Indirekt waren auch die Zulieferer oder Zubereiter des Mahls beteiligt sowie jene Personen, die sich an den Resten der Speisen gütlich tun durften. Außerdem sorgten Musikanten, Sänger, Tänzer oder Hofnarren für die Unterhaltung bei Tisch. 29 Vgl. dazu die Anleitung bei Harsdörffer, Trincir-Buch. 30 Dazu auch Löwenstein, Bankett, S. 510; im Folgenden ebd.
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man auf andere Räumlichkeiten aus. So veranstalteten der Kurfürst von Köln und der Bischof von Bamberg während des Kaiserbesuches in Nürnberg 1612 ein gemeinsames Bankett auf dem Gleishammer und damit außerhalb der Stadtmauern (Tab. 5.1).31 Da dem Kölner Kurfürsten die eigene Herberge auf dem Regensburger Reichstag von 1594 nicht repräsentativ genug erschien, hielt er sein festliches Bankett am 19. Juni 1594 anlässlich der eigenen Reichsbelehnung mit Billigung des Regensburger Rates im Rathaus ab.32 Fand das Bankett im Rahmen einer großen Jagd außerhalb des Einzugsortes statt, nutzten die sächsischen Kurfürsten die von ihnen zu diesem Zweck errichteten Jagdschlösser im näheren Umland der Residenz (Tab. 5.4). Die größte Ehre bedeutete die Teilnahme an einem vom Kaiser veranstalteten Bankett, zumal dieser auf Reichsversammlungen eher selten als Gastgeber auftrat.33 Die besondere soziale Auszeichnung bestand darin, dass bei großen Banketten meist nur Angehörige des Fürstenstandes Zutritt zur Tafel erhielten, dafür aber auch alle Fürsten, die am Versammlungsort anwesend waren.34 Die Exklusion eines bestimmten Reichsfürsten wäre als ein Zeichen äußerster Ungnade gedeutet worden, das die Kaiser im Untersuchungszeitraum vermieden. Ähnlich verfuhren bis zum Reichstag von 1566 auch die Fürsten: Entweder wurden alle anwesenden Fürsten eingeladen oder aber nur verwandtschaftlich oder freundschaftlich besonders eng verbundene Personen, so dass die Nichteinladung anderer nicht als bewusste Diskriminierung gedeutet werden konnte.35 Bei kleineren Festtafeln waren hingegen nicht selten auch die Inhaber der Obersthofämter, Reichshofräte oder die Gesandten auswärtiger Monarchen
31 Vgl. auch das Bankett des Administrators von Magdeburg für die weltlichen Fürsten am 15.07.1582 im Fuggergarten (Tab. 5.2). 32 Fleischmann, Kurtze und aigentliche Beschreibung, S. 273–275. 33 Ferdinand I. veranstaltete auf dem Wahltag 1562 nur drei Bankette für die Fürsten (Tab. 5.3). Die Sitzordnung seines Banketts vom 08.11. ist in einer Nürnberger Chronik überliefert, in der sich ursprünglich auch ein Aquarell dazu befand. StA Nürnberg, Hss. 182, fol. 228. 34 Ausnahmen wurden bei den Legaten des spanischen Königs oder des Papstes gemacht. 35 So lud Albrecht von Bayern am 23.11.1562 lediglich Ferdinand I., Maximilian II., Kurfürst August und die Herzöge von Württemberg und Jülich mit ihren Frauen ein. Am 11.11.1562 fand ein Protestantentreffen beim Kurfürsten von der Pfalz statt, wobei jedoch zum anschließenden Bankett auch die katholischen Fürsten geladen waren. Johann Albrecht I. von Mecklenburg sah genau darin den Grund, weshalb dieses Treffen keine Ergebnisse gebracht hätte. Bernhard / Koppe, eigenhändiges Tagebuch, S. 342f. Zu den Banketten auf dem Reichstag von 1566 vgl. auch die Berichte in AdS Florenz, Mediceo del Principato 4328, fol. 32’, 69, 81, 120.
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anwesend.36 Auf dem Augsburger Reichstag von 1582 (Tab. 5.2) fanden bereits Bankette nur für weltliche oder nur für geistliche Fürsten statt, wobei im zweiten Fall naturgemäß nur noch katholische Fürsten anwesend waren. So hielt etwa der Papstlegat ein rein katholisches Bankett ab, bei dem ein spanischer Sieg in den Niederlanden gefeiert wurde (Tab. 5.2). Hier hätten die in Augsburg anwesenden Protestanten auch gar nicht mitfeiern wollen. Diese konfessionelle ‚Bereinigung‘ des Tafelns nahm beim Reichstag von 1594 stark zu.37 Bei dem vom Kölner Kurfürsten für die geistlichen Fürsten veranstalteten Bankett vom 3. Juli 1594 trat ein Jesuitentheater auf, wodurch das Mahl zur religiösen Belehrung und zur Demonstration der eigenen Katholizität genutzt wurde.38 Bei den Banketten des Reichstags von 1613 nahmen aufgrund des Fehlens weltlicher Fürsten nur noch geistliche (katholische) Fürsten teil.39 Damit war der überkonfessionelle Charakter solcher Veranstaltungen obsolet. Den Tafeln, welche die Gesandten protestantischer Reichsstände abhielten, kam aufgrund deren niederen sozialen Standes kein vergleichbar repräsentativer Charakter zu. Außerdem machten hier sich innerprotestantische Spaltungstendenzen bemerkbar. So hatte Johann Georg I. von Sachsen seine Gesandten angewiesen, sich während des Reichstags „mit andern ex parte protestantium unierten und confoederierten chur- fürsten- und stenden abgeordneten kaineswegs in ainige privata und absonderlichen conventisula“40 einzulassen. Auf diese Weise sollte bei den anwesenden Katholiken der Eindruck vermieden werden, man paktiere doch mit der protestantischen Union. Einen besonderen Gunstbeweis für den Gastgeber stellte das äußerst seltene Erscheinen des Kaisers an einer von anderen Akteuren veranstalteten Tafel 36 Zahlreiche Beispiele in Fleischmann, Description; sowie ders., Kurtze und aigentliche Beschreibung, o.S. 37 Friedrich Wilhelm von Sachsen-Weimar veranstaltete am 09.07.1594 ein Bankett mit rein protestantischer Beteiligung. Auch Herzog Friedrich von Württemberg empfing am 11.07.1594 ausschließlich protestantische Fürsten und ihre Frauen. Zu den vom päpstlichen Legaten Madruzzo, vom päpstlichen Nuntius Portia und vom spanischen Gesandten Croy veranstalteten Banketten waren nur Katholiken geladen. Vgl. den Bericht Kölderers über ein solches Bankett am 26.08.1582, bei dem „Inn Summa die ganntz Römisch Claß, so auf denn Reichstag khommen“ anwesend gewesen sei. SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 53’; allgemein Vareschi, Legazione. Die geistlichen Fürsten gaben Festmähler für den päpstlichen Legaten, dem regelmäßig die ehrenhafteste Position an der Stirnseite der Tafel eingeräumt wurde. 38 Loserth, Tagebuch, S. 56. Auch beim Reichstag von 1613 führten Jesuiten Theaterstücke auf, über deren Inhalt allerdings nichts bekannt ist. 39 Chroust, Abraham von Dohna, S. 60f. Hier taten sich der päpstliche Legat und der Gesandte des spanischen Königs besonders hervor. 40 BA, Bd. 11, S. 549.
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dar.41 Ferdinand I. nahm 1562 nur an jenen Banketten teil, welche die Kurfürsten August von Sachsen und Joachim II. Hektor von Brandenburg sowie die Herzöge Albrecht V. von Bayern und Wilhelm von Jülich, die beide mit Töchtern des Kaisers verheiratet waren, gaben.42 Die Sonderrolle des sächsischen Kurfürsten zeigt sich darin, dass der Kaiser bei diesem sogar zweimal erschien.43 Dabei hatte vor allem der zweite, unerwartete Besuch Ferdinands am 26. November 1562 einen ostentativen Charakter. Erst am Morgen hatten die protestantischen Fürsten dem Kaiser ihre Protestschrift gegen das Trienter Konzil überreicht. Mit seinem Erscheinen bei ihrem Wortführer brachte Ferdinand I. zum Ausdruck, dass die Eintracht von Kaiser und Reich trotz der konfessionellen Differenzen nicht gefährdet war. Diesem Bankett kam damit ganz explizit eine friedenssichernde Funktion zu.44 Auch für den Auftritt des Kaisers beim Bankett des Kurfürsten von Brandenburg am 9. November 1562 gab es einen spezifischen Anlass. Denn Joachim II. Hektor von Brandenburg hatte den Kaiser am Vortag als einziger protestantischer Fürst nicht nur zur Kirche begleitet, sondern war auch „bey der predig und allem gottsdiennst verbliben“.45 Als demonstrative Belohnung für dieses konfessionelle Wohlverhalten sei der Kaiser „ime zu sonndern gnaden aigner person“ an der Tafel erschienen, was der Kurfürst „mit grossem frolockhen angenomen“ habe. Dies zeigt, wie gezielt die Kaiser ihre Auftritte zur Kommunikation politischer Botschaften nutzten; es zeigt aber auch, dass die Teilnahme an einer katholischen Messe für einen protestantischen Fürsten in dieser Phase keineswegs ein großes Problem dar41 König Maximilian besuchte hingegen vor seiner Wahl deutlich mehr Bankette als sein Vater. Als zukünftiges Reichsoberhaupt war ihm in besonderem Maße daran gelegen, die guten Beziehungen zu den Fürsten des Reiches durch persönlichen Kontakt zu intensivieren (Tab. 5.3). 42 Fürstinnen luden deutlich seltener zu festlichen Tafeln, wenn auch gegenseitige Besuche während der Regierung Maximilians II. durchaus häufig waren. Dies gilt etwa für Anna von Sachsen und Anna von Bayern, welchen als einzigen Fürstinnen 1562 die Ehre eines Besuches der Kaiserin zuteil wurde. Solchen Einladungen kam zumeist ein deutlich intimerer Charakter zu als den von männlichen Akteuren veranstalteten Tafeln. Für 1562 vgl. Edelmayer, Krönungen Maximilians II., S. 134. 43 Am 26.10. und 26.11.1562 (Tab. 5.3). Darüber hinaus nahm Ferdinand I. lediglich noch an dem Bankett teil, dass König Maximilian II. für die Ordensritter vom Goldenen Vlies gab, zu denen auch der Kaiser gehörte. 44 Das wurde von den Zeitgenossen auch so gesehen. So erschienen die zahlreichen Einladungen des Kaisers und sein Auftreten bei den Banketten anderer Fürsten als Zeichen der „eynigkeyt und willfärigkeyt / zwische[n] Kei. un[d] Kön. Mayt. und des Heyligen Reichs Chur und Fürsten“. Beuther, Ordentliche Verzeychniß, o.S. 45 Zitate im Folgenden Edelmayer, Krönungen Maximilians II., S. 143f.
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stellen musste, vor allem dann, wenn es sich – anders als bei der Königswahl – dabei nicht um einen Akt mit Verfassungsrang handelte.46 Im Gegensatz zu seinem Vater und seinem Großvater und anders als auf dem Augsburger Reichstag von 1582 erschien Kaiser Rudolf II. auf dem Regensburger Reichstag von 1594 überhaupt nicht mehr auf den Banketten der Reichsfürsten.47 Dem Rückzug des Kaisers aus dem Reich ging damit der soziale Rückzug von der gemeinsamen Tafel mit den Reichsfürsten auf Reichstagen voraus. An die Stelle des Kaisers traten nun verstärkt die Inhaber der Obersthofämter sowie andere kaiserliche Räte, die aufgrund ihres potentiellen Einflusses auf den Kaiser von Katholiken und Protestanten häufig zu Festmählern eingeladen wurden.48 Bei den Kaiserauftritten in der kursächsischen Residenz kam es ebenfalls zu einer Vielzahl festlicher Tafeln (Tab. 5.4), die hier ausschließlich in der Regie des Gastgebers lagen. Dass der Kaiser sich 1575 nicht von seinem eigenen Hofpersonal, sondern von sächsischen Adligen bedienen ließ, werteten zeitgenössische Beobachter als Ausweis des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Gast und Gastgeber, denn schließlich war die Aufwartung beim Mahl unter Sicherheitsaspekten ein heikler Punkt.49 Die Sessionsordnung der Tafeln wurde nicht nur durch den Rang, sondern auch durch strategische Überlegungen bestimmt (Tab. 6.1). Der Kaiser erhielt zwar auch hier den ehrenhaftesten Platz an der Stirnseite der Tafel.50 Dabei zierte die Stühle des Kaiserpaares, König Rudolfs II. und Kurfürstin Annas aufgrund ihrer königlichen Herkunft zusätzlich ein goldenes Tuch, während alle anderen, auch August von Sachsen, lediglich auf rot bespannten Stühlen saßen. Unmittelbar neben dem Kaiser saß der spanische Gesandte, der zum Grafenstand gehörte, jedoch als Vertre-
46 Vgl. dazu Kap. IV.1. 47 Rudolf II. erschien 1582 auf dem von August von Sachsen anlässlich des kaiserlichen Einzugs am 27.06.1582 veranstalteten Bankett sowie auf zwei weiteren am 16.07. und am 01.08. Auch beim „gewallttig Panget“ von Erzherzog Karl von Innerösterreich am 11.07. nahm der Kaiser „Aus guetter Charitatis“ teil. SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 36, 43’; Fleischmann, Description, 2. Zählung, S. 23, 34. 48 Diese Personen luden darüber hinaus selbst zur Tafel in ihre Herbergen, wobei sich unter den Gästen nicht selten hochrangige Reichsfürsten befanden. Dies zeigt das Bemühen dieser obersten Hofchargen um ein möglichst repräsentatives Auftreten auf dem Reichstag sowie zugleich ihre zentrale Rolle als Kontaktperson der Reichsstände am Kaiserhof. 49 HStA München, KÄA 4404, fol. 218’. 50 Erschien der Kaiser aus gesundheitlichen Gründen nicht beim Bankett, so rückten die kaiserlichen Räte an die erste Tafel nach. Dazu Brückner, Festlichkeiten, S. 231–235.
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ter Philipps II. von Spanien eine Vertrauensposition beim Kaiser genoss.51 An der Demonstration dieser besonderen Stellung war Maximilian II. besonders gelegen, weil Philipp II. die engen Kontakte nach Sachsen und speziell diesen Besuch mit Argwohn betrachtet hatte. Neben den Spanier hatte man Joachim Friedrich von Brandenburg gesetzt, dessen Administration des Erzbistums Magdeburg aus katholischer Perspektive unerquicklich erscheinen musste. Als Johann Georg von Brandenburg in seiner Funktion als Reichserzkämmerer dem Kaiser vor Beginn eines Mahls Wasser und Handtücher für die Handwaschung reichen wollte, passierte ihm ein peinliches Missgeschick. Er stolperte über eine Stufe und ging direkt vor dem Kaiser zu Boden, während das Handtuch in hohem Bogen davonflog. Das hierauf folgende eisige Schweigen brach schließlich Maximilian II., indem er herzlich zu lachen begann. Da unter den Anwesenden allein der Kaiser im Rang über dem Kurfürsten stand, war er auch der einzige, der bei dieser unfreiwillig komischen Episode sein Amüsement offen zur Schau stellen und damit die unerfreuliche Situation entspannen konnte. Die übrigen Anwesenden lachten nicht und sie waren sicher auch nicht amüsiert.52 Denn im Grunde wurde von jedem Anwesenden bei einer solchen Gelegenheit erwartet, die ihm obliegenden zeremoniellen Pflichten in angemessener Weise zu erfüllen – schließlich hing davon das Gelingen des Festes ab.53 Besonders das Verfahren während des Kaisereinzugs von 1617 zeigt, dass die höfische Tafel aufgrund ihrer geringeren Öffentlichkeit weit mehr Spielraum bei der Zumessung von sozialem Rang und Prestige bot als die Zugfolge bei einem Herrschereinzug.54 Gezielte Veränderungen der erwarteten Sitzordnung konnten besondere Gunst oder besondere Ungnade des Herrschers gegenüber einem Gast ausdrücken. So wurde Kardinal Klesl, der bereits während des Einzugs symbolisch diffamiert worden war, bei dem anschließenden Festmahl im Schloss „nicht allein dem Ertzherzog Maximilian (wie es die Cardinäle praetendiren) gleich, sondern soweit hinunter gesetzt, daß sich viel verwundert, 51 Da die Kaiserin hier rechts vom Kaiser saß, blieb für den Spanier nur die linke Seite. Die Kurfürstin von Sachsen saß als Gastgeberin direkt neben der Kaiserin, wobei König Rudolf von beiden Kurfürstinnen in die Mitte genommen wurde. Sehr wahrscheinlich sollten sie versuchen, den steifen Thronfolger etwas ‚aufzutauen‘. 52 Joachim Ernst von Anhalt berichtet darüber, dass zwar der Kaiser sehr gelacht hätte, aber „wir andern hätten es lieber anders gesehen“. Brückner, Festlichkeiten, S. 233. 53 Dabei half es dem brandenburgischen Kurfürsten wenig, dass er zuvor noch nie die Gelegenheit gehabt hatte, sein Kämmereramt auszuüben, denn Johann Georg I. hatte erst 1571 die Regierung Kurbrandenburgs angetreten. 54 Da der Gesundheitszustand des Kaisers sich nach seiner Ankunft in Dresden stark verschlechterte, erschien dieser nach dem Begrüßungsbankett nicht mehr bei festlichen Tafeln. HStA Dresden, OMaA F.1, fol. 27’.
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daß ers angenommen, und nicht im Retirado-Zimmer gegessen“.55 Der Bericht Franz Christoph Khevenhüllers dokumentiert zugleich die einzige Möglichkeit, die dem Betroffenen in einem solchen Fall blieb: der demonstrative Rückzug von der Tafel, auf den Klesl jedoch verzichtete, weil er die anstehenden Verhandlungen nicht gefährden wollte.56 Allerdings ging die festliche Tafel keineswegs in der Herstellung von sozialen Hierarchien oder der Disziplinierung einzelner Teilnehmer auf. Die Bankette zielten auch auf Geselligkeit, auf gute Kommunikation und auf amüsanten Zeitvertreib, wobei gerade der Bruch zeremonieller Konventionen dazu dienen sollte, eine angemessene Stimmung zu erzeugen. Deshalb wies der Kaiser den Tafeldienst der Kurfürsten als besonderes Zeichen seiner Huld zurück und speiste nicht allein, sondern mit den anderen Fürsten an einer Tafel.57 Auch von ihrem Redevorrecht gingen die Kaiser mitunter gezielt ab. Deshalb ging es durchaus auch um den physischen Akt der Nahrungsaufnahme, denn die Qualität der Speisen und Getränke oder der musikalischen Umrahmung diente nicht nur der Repräsentation, sondern auch der Herstellung einer positiven Atmosphäre, welche sich förderlich auf die anstehenden politischen Verhandlungen auswirken sollte. Deshalb folgte die Sessionsordnung nicht allein dem Rang, sondern auch dem Prinzip der Konfliktvermeidung: Kontrahenten wurden vorsichtshalber getrennt oder bewusst nebeneinander gesetzt, da dem gemeinsamen Mahl eine wichtige Funktion bei der Friedensstiftung zukam.58 Zwar konnte auch an der Tafel ein Streit ausbrechen, aber man traf sich nicht, um zu streiten, sondern um Eintracht herzustellen oder wenigstens zu demonstrieren.59 Dabei kam es auch darauf an, wie man sich beim Tafeln verhielt, weshalb die Gäste versuchten, sich unterhaltsam und gut gelaunt zu geben. Liest man zeitgenössische Berichte, so hat man nicht den Eindruck, dass Bankette und die hier 55 Khevenhüller, Annales Ferdinandei, Tl. 7f., Sp. 1147. 56 So nahmen die Gesandten auswärtiger Mächte nicht an der Speyrer Hochzeit von 1570 teil, weil sie den geistlichen Kurfürsten, vor denen sie die Präzedenz beanspruchten, nachgeordnet worden wären. Dengel, Nuntiaturberichte, Bd. VII, S. 68. 57 Die Bemerkung Mosers, dass „kaum ein Chur-Fürst auf des Kaisers Seite mit speisen darf “, trifft im Untersuchungszeitraum nicht zu. Moser, Hof=Recht, Bd. 2, S. 514. 58 Diese Bedeutung ging zwar in der Neuzeit zurück, aber dennoch blieb sie als ideeller Bezugspunkt des kollektiven Mahls präsent. Dazu schon Althoff, Charakter des Mahls. 59 So berichtet Paul Hector Mair über den Augsburger Reichstag von 1559, dass auf einem Bankett des Erzbischofs von Salzburg am 21.05.1559 ein Streit zwischen dem Herzog von Württemberg und dem Bischof von Augsburg ausbrach, weil ersterer den Verdacht hegte, der Bischof wolle ihn mit Gift aus dem Weg räumen. Beide versöhnten sich auf einem weiteren Bankett wieder. CDS, Bd. 32, S. 352.
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beobachtbare Etikette von den Anwesenden primär als Instrumente der sozialen Disziplinierung empfunden worden wären, wie dies die Forschung im Anschluss an Norbert Elias herausgearbeitet hat.60 Mitunter scheinen die penibel festgehaltenen Sessionen von Banketten eher einen Planungsstand oder eine anfängliche Ordnung festzuhalten, die deshalb dokumentiert wurde, weil die Gastgeber sie samt der mit ihr verbundenen politischen Implikationen so der Außen- und Nachwelt präsentieren wollten.61 Bei Ferdinand I. und Maximilian II. betonen die Augenzeugen immer wieder das leutselige Wesen dieser Kaiser. So hielt Joachim Ernst von Anhalt über ein Bankett in Dresden 1575 fest: „Uber der Taffell seindt jr May. gar von guten reden gewessen, sich gar frolich erzeigett und einen zimlichen tisch trungk gethan.“62 Dieses Verhalten, dass die Zeitgenossen genau beobachteten, um daraus den aktuellen Stand der Beziehungen zwischen Gast und Gastgeber ableiten zu können, kann als Ausdruck eines kaiserlichen Herrschaftsstils betrachtet werden, der trotz oft divergierender Interessenlagen darum bemüht war, zu den wichtigsten Fürsten im Reich soziale Beziehungen aufzubauen, auf deren Grundlage politische Konflikte lösbar erschienen. Besonders nach dem Rückzug der Kaiser von der Tafel scheint sich die zeremonielle Ordnung des Öfteren gelockert zu haben, zumal in vielen Quellen betont wird, dass die Anwesenden sehr viel getrunken hätten. Bei einem kaiserlichen Bankett auf dem Augsburger Reichstag am 26. April 1559 ermahnte der Kaiser „selbst mündtlich aber mit merern worten zierlichen“ extra die Anwesenden sich des „Voll- und Zutrinkens“ zu enthalten.63 Beim Besuch Kaiser Maximilians II. 1575 in Dresden hatte der Herzog von Liegnitz bei einem Morgenmahl derart viel „uber der gesundtheitt“ getrunken, dass er danach nicht mehr in der Lage war, mit den anderen Fürsten auf die Jagd zu reiten.64 Bei der Besichtigung des Zeughauses bekamen König Rudolf und andere Fürsten einen „zimlichen 60 Hier herrscht die Tendenz vor, die höfische Tafel allein als Instrument der Herrschaftsinszenierung und Machtdemonstration zu interpretieren. Diese Sichtweise, die aus der Verallgemeinerung spezieller Formen der höfischen Tafel resultiert, wird dem Mahl als einer komplexen, multifunktionalen und unterschiedliche Ablaufformen aufweisenden Form der Vergemeinschaftung nicht gerecht. 61 Dies gilt auch für die Sessionsordnungen in den mehrfach zitierten Reichstagsbeschreibungen des Peter Fleischmann von Puntzelwitz. 62 Brückner, Festlichkeiten, S. 231. Dies traf selbst für jene Auftritte zu, bei denen sich der kranke Kaiser nur mühsam auf den Beinen halten konnte. 63 Dem eigenen Hofmarschall befahl der Kaiser, den Hofbediensteten das Volltrinken, aber auch das Nötigen Anderer zum Trunk zu verbieten, wobei beim ersten Mal ein Monatssold, beim zweiten ein einmonatiger Hofverweis und beim dritten Mal der ewige Verweis und ggf. noch eine zusätzliche Strafe verhängt werden sollte. CDS, Bd. 32, S. 350f. 64 Brückner, Festlichkeiten, S. 235.
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leschdrungk“ gereicht.65 Der anwesende Joachim Ernst von Anhalt beschreibt plastisch, wie er beim Verlassen des dunklen Zeughauskellers ein „duppelt gesicht“ bekam und es nur noch mit Mühe und Not schaffte, den Thronfolger zum Schloss zu geleiten. Zu seiner großen Erleichterung fiel das Bankett an diesem Tag aus, denn er war derart betrunken, dass er der kaiserlichen Familie nicht mehr hätte aufwarten können. Zwar stellten exzessiver Altholkonsum und das Räsonieren über diesen eine Strategie fürstlicher Selbstinszenierung dar, jedoch wurde dabei anders als im vorliegenden Beispiel zumeist die eigene Trinkfestigkeit betont. Besonders bekannt dafür waren die sächsischen Kurfürsten, die den Alkohol mitunter gezielt dazu einsetzten, politischen Verhandlungspartnern die Zunge zu lösen. b) Das Krönungsbankett als Verfassungsmahl Zum Krönungsbankett müssen an dieser Stelle einige Stichworte genügen, die sich auf wichtige Unterschiede zu den bislang behandelten Festtafeln konzentrieren.66 Diesem Festmahl voraus ging der prachtvolle Krönungszug des gekrönten Kaisers von der Krönungskirche St. Bartholomäus bis zum Römer.67 Dabei schritt der Kaiser unter dem von Ratsherren getragenen Himmel, begleitet durch die Kurfürsten, die hier – anders als beim Herrscheradventus – genau die von der Goldenen Bulle (Tab. 3) vorgeschriebenen Positionen einnahmen, und weiteren hochrangigen Würdenträgern über eine mit der Königsfarbe Rot bespannte Holzbrücke, welche die am Zug teilnehmende politische Elite über alle anderen Anwesenden erhob und so auch besser sichtbar machte (Abb. 22). Bei dieser Gelegenheit präsentierte sich der gekrönte Herrscher dem auf dem Römerplatz anwesenden Volk das erste Mal in vollem Ornat mit den Insignien seiner kaiserlichen Macht, wodurch die im Inneren der Kirche vollzogene Krönung nun im offenen Raum der Stadt veröffentlicht wurde. Nach dem Ende des zwei bis drei Stunden dauernden Mahls wurde der Kaiser genauso feierlich durch die anwesenden Kur- und Reichsfürsten in seine Herberge geleitet, wo65 Im Folgenden Brückner, Festlichkeiten, S. 238. Lediglich der spanische Botschafter wehrte sich erfolgreich gegen die übrigen Fürsten, die ihn „fast hart“ zum Trinken nötigten. 66 Die meisten Darstellungen zeichnen sich durch einen eher deskriptiven Zugang aus: Wanger, Kaiserwahl, S. 125–130; Rotthoff-Kraus, Krönungsmähler; Stahl, Schauspiel; Hoos, Krönungsmahl. 67 Vgl. im Folgenden die Beschreibungen des Krönungszuges zum Römer in HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 146, 150.
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durch dieses Bankett einen stärker ausformulierten zeremoniellen Rahmen als andere Festtafeln aufwies. Zwar lud der Kaiser als Gastgeber formell zum Bankett, aber er konnte weder über den Zeitpunkt, noch über die Mitglieder dieser an den Akt der Herrscherkrönung gebundenen Mahlsgemeinschaft frei entscheiden. Der neue Herrscher hätte keinem der am Krönungsort anwesenden Kurfürsten, der an seiner Wahl und Krönung mitgewirkt hatte, die Teilnahme am Krönungsmahl verweigern können. Dies hätte nicht nur dessen Protest, sondern auch den der übrigen Kurfürsten hervorgerufen. Das Krönungsbankett fand auch nicht in der königlichen Herberge, sondern im Ratssaal des Frankfurter Rathauses statt, wodurch der besondere Stellenwert dieses Mahls hervorgehoben wurde, schließlich hatten im Römer auch die Wahlberatungen stattgefunden.68 Der Kaiser stellte zwar die Speisen zur Verfügung, jedoch aß jeder Kurfürst von eigenem Geschirr und damit symbolisch aus eigenem Recht.69 Während der Kaiser dem Herkommen gemäß durch vierzig Reichsgrafen bedient wurde, ließen sich die Kurfürsten durch ihre eigenen Hofbeamten aufwarten. Verkörperten die Königswahl und der Krönungsakt im Verständnis der Goldenen Bulle singuläre Akte, galt dies für das Krönungsbankett zunächst nicht, da die Regeln dieses Gesetzes (Art. III, XXIII, XXVIIf.), die hier Anwendung fanden, ursprünglich bei jeder Tafel mit kurfürstlicher und kaiserlicher Beteiligung auf Reichsversammlungen angewendet werden sollten.70 Dies deutet darauf hin, dass die Gesetzesproduzenten das Krönungsbankett offenbar nicht als einen für die Herrscherinvestitur konstitutiven Akt verstanden, wie dies für Wahl- und Krönungsakt galt. Vielmehr gehörte ein festliches Bankett als Abschluss eines derart bedeutenden Verfassungsaktes im Verständnis der Zeitgenossen ganz einfach dazu.71 Erst durch die Anwendung allein beim 68 Bis zum Beginn des Spätmittelalters fanden die Krönungsmähler dagegen in der kaiserlichen Pfalz und damit in der Herberge des Kaisers statt. Rotthoff-Kraus, Krönungsmähler, S. 574. 69 Die reichsstädtischen Abgesandten bekamen nur bis 1562 das Tafelgeschirr zur Verfügung gestellt, danach mussten sie selbst dafür sorgen. Wanger, Kaiserwahl, S. 129. Den Nürnbergern passte dies gar nicht; so hielt der Ratsschreiber Johannes Müllner in seiner Krönungsbeschreibung extra fest, dass die Ausstattung durch den Kaiser „sonsten gebräuchlich“ sei. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 71, 86. 70 Vgl. dazu auch Schwedler, Zeremonialvorschriften. 71 Dies gilt auch für Reichsbelehnungen oder Bischofsweihen. So lud der Kurfürst von Trier nach seiner Bischofsweihe durch den päpstlichen Legaten auf dem Augsburger Reichstag von 1582 die katholischen Reichsfürsten bzw. deren Gesandte in seine Herberge. Fleischmann, Description, 2. Zählung, S. 11; SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 51’. Nach der feierlichen Belehnung des Kölner Kurfürsten auf dem Regensburger Reichstag
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Krönungsbankett erhielten die Bestimmungen ihren exklusiven Charakter als Signifikanten einer spezifischen Form des Gastmahls, dessen hoher Gehalt an zeichenhaftem Handeln nur noch im Rahmen des Herrscherwechsels als angemessen schien, während er sich für eine Anwendung „in omnibus publicis actibus imperialibus“ nicht als praktikabel erwies.72 Vor allem im Moment der Herrscherinvestitur kam es darauf an, die noch fragile Herrschaft des neuen Reichsoberhauptes durch das gemeinsame Handeln von Kaiser und Kurfürsten abzusichern. So sollten die zeremonielle Unterwerfung der Kurfürsten unter den Kaiser und ihre Präzedenz als Königswähler vor allen Reichsfürsten symbolisch aufgeführt und dadurch bestätigt werden. Allerdings leistete das Krönungsbankett hier nichts grundsätzlich Neues, denn die veränderten sozialen Hierarchien waren bereits im Rahmen der vorausgehenden Akte vielfach aufgeführt worden.73 Als regelmäßig bei Herrschererhebungen geübter Brauch kam jedoch auch dem Krönungsbankett in der Neuzeit schließlich der Rang eines Verfassungsaktes zu, weshalb dieses feierliche Mahl zu den unverzichtbaren Bestandteilen jeder Königsinvestitur bis zum Ende der Frühen Neuzeit zählte. Das Krönungsmahl war nicht nur über das Herkommen verfassungsrechtlich vorgeschrieben, es bildete in seinen zeremoniellen Formen auch die Verfassung des Reiches ab. Dabei sollte deren Akzeptanz durch ihre zeremonielle Umsetzung bei einem positiv konnotierten Festmahl zusätzlich gesteigert werden. Im Krönungsmahl, das wie das Erbmahl oder das Totenmahl74 einen transitorischen Charakter aufwies, wurden zudem die zwei Körper des Königs in ostentativer Weise vergegenwärtigt: der politische Körper des Königs zum Beispiel in Gestalt der während des Mahls ausgestellten Reichsinsignien, sein physischer Körper in der persönlichen von 1594 gab der Kurfürst von Trier diesem zu Ehren ein Bankett. Fleischmann, Kurtze und aigentliche Beschreibung, S. 290f. 72 Goldene Bulle (Art. III). Die Sessionsordnung widersprach der Idee eines Gastmahls als Convivium, die im Untersuchungszeitraum durchaus gesellschaftlich akzeptiert und auf Reichsversammlungen auch gewollt war. 73 Abweichend Heinig, Krönung und Fest, S. 109; Stahl, Schauspiel, S. 282; RotthoffKraus, Krönungsmähler, S. 574. Genauso wenig erfolgte die religiöse Überhöhung des Herrschers erst durch die spezifische Form des Mahls, sondern durch die Königsweihe. Der Bezug zwischen Krönungsmahl und Abendmahl war höchstens als eine symbolische Deutungsdimension unter anderen präsent. Die Publizistik verglich das Krönungsbankett mit dem Gastmahl der Götter im Olymp, wobei hier der neu gekrönte Herrscher, der in Anspielung auf seinen Namen als „Maximus Heros“ bezeichnet wird, die Rolle des Gastgebers und Göttervaters Jupiter übernahm. Descriptio Bovis (1562). 74 All diesen Typen des Festmahls lagen mit der Sicherung von Frieden und Herrschaftskontinuität ähnliche Intentionen zugrunde. Rotthoff-Kraus, Krönungsmähler, S. 574.
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Präsenz und nicht zuletzt im Akt der Nahrungsaufnahme.75 Nicht zuletzt floss das aktuelle Verfahren über das Gewohnheitsrecht wiederum in die dynamische Reichsverfassung ein, was den Verfassungsrang dieses Mahls unterstreicht. Die Krönungsbankette des Untersuchungszeitraumes folgten den seit der Krönung Kaiser Friedrichs III. 1442 schriftlich tradierten Formen. Dabei wurde der repräsentative Aufwand bei Krönungsbanketten seit Beginn der Neuzeit allerdings erheblich gesteigert. Kaiser und Kurfürsten ließen neben ihren Tafeln große Kredenzen errichten, auf denen sie kostbares Tischgerät und andere Kleinodien zur Schau stellten. Dabei kam es nicht nur auf den beträchtlichen Materialwert an, der sich in klingende Münze verwandeln ließ, sondern auch auf die künstlerische Qualität solcher Schaustücke.76 Die Ausstattung des Bankettsaales im Römer, der 1612 eigens erweitert und mit einer gewölbten Decke ausgestattet worden war, prägten Reichs- und Herrschaftssymbole.77 Über der kaiserlich-königlichen Tafel befand sich ein goldener Baldachin, der mit einem Doppeladler verziert war. Auch die „vil köstliche Essen / so nur zu lustiger Schawe fürgestellt“, zeigten Reichs- oder habsburgische Symbolik: So wurden mit Vorliebe Adler oder Pfauen dekoriert, in denen sich das heraldische Zeichen mit dem Lob des neuen Herrschers verband.78 Im Gegensatz zu 1562 spielte 1612 die kaiserliche Hofkapelle während des Mahls, wodurch die zuvor bei Krönungsbankett herrschende Stille vermieden wurde. Dass entgegen der üblichen Praxis Einzeltische für jeden Teilnehmer vorgesehen waren (Abb. 25), verweist auf den zeichenhaften Charakter des Krönungsmahls, der vorrangig auf die Abbildung von Herrschaftshierarchien zielte. Dabei sollte die kaiserliche Tafel ursprünglich um sechs Fuß erhöht ge75 Vgl. allgemein Ottomeyer / Völkel, öffentliche Tafel, S. 10f. 76 Dazu Löwenstein, Bankett, S. 510. 77 Lersner, Chronica, Bd. 1, S. 205. 1562 stand auf der kaiserlichen Kredenz zum Beispiel eine große Spieluhr mit plastisch ausgeführten Figuren der sieben Kurfürsten, die sich zu jeder vollen Stunde des immerhin vierstündigen Mahls bewegten. Edelmayer, Krönungen Maximilians II., S. 175. 78 Beuther, Ordentliche Verzeychniß, o.S.; StA Nürnberg, Hss. 182, fol. 228 (hier werden für 1562 insgesamt 250 Gerichte angegeben); Bernhard / Koppe, eigenhändiges Tagebuch, S. 396. Auf einer zeitgenössischen Radierung über das Krönungsbankett von 1612 sind ein Schwan und eine Gans zu erkennen, deren Symbolgehalt sich sowohl auf die Herrschererhebung wie auch auf das Herrscherpaar beziehen ließ. Der Schwan symbolisierte Transformation, Treue, Glanz und Reinheit, die Gans Wachsamkeit und Liebe. Zimmermann, Abriß unnd Fürbildung, o.S. 1531 wurden Schauessen mit kaiserlichen und kurfürstlichen Wappen, Pelikanen, Pfauen, Schwänen sowie auch eine Anbetung der Heiligen drei Könige als Verweis auf die Drei-Königs-Messe präsentiert. Pesel, Warhafftyge und aigentliche Verzaichnüs, o.S. Zur Funktion siehe Harsdörffer, Trincir-Buch, S. 140; allgemein Deinert, Paradies.
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genüber den Kurfürsten stehen, die wiederum eine Stufe höher als die Reichsfürsten saßen. Nachdem die Kaiserinnen in der Neuzeit nicht mehr am Krönungsbankett teilnahmen, reichte ein dreistufiges Podest für den Kaiser aus, denn nun mussten dessen rangmäßige Überlegenheit über seine Gemahlin und deren rangmäßige Überlegenheit über die Kurfürsten nicht mehr visualisiert werden.79 Da es sich 1562 um eine Investitur vivente imperatore handelte, saßen Kaiser und König gemeinsam an einem Tisch an der Stirnseite des Raumes. Hier waren zudem letztmals alle Kurfürsten anwesend, so dass nur der Tisch des böhmischen Königs frei blieb. Mit Kurfürsten, Reichsfürsten und reichsstädtischen Gesandten waren Vertreter aller drei Kurien des Reichstags präsent, wenngleich schon in dem Raum, der ihnen jeweils zugestanden wurde, die große Diskrepanz zwischen der ersten und den beiden anderen Kurien deutlich wurde. Durch die hohe Zahl der Reichsfürsten mussten die reichsstädtischen Gesandten in einen Vorraum ausweichen, was ihren geringen sozialen Rang unterstrich.80 Dabei besaßen die vier Reichsstädte Köln, Frankfurt am Main, Nürnberg und Aachen im Gegensatz zu den Reichsfürsten einen aus der Gewohnheit ableitbaren Anspruch auf Teilnahme am Krönungsmahl, der sich in der Platzierung an Einzeltischen dokumentierte.81 Der zeremonielle Ablauf des Mahls war in der Goldenen Bulle genau festgelegt. Die geistlichen Kurfürsten sollten zunächst in ihrer geistlichen Funktion als Erzbischöfe den Tischsegen sprechen und anschließend in ihrer weltlichen Funktion als Reichserzkanzler dem Kaiser die kaiserlichen Siegel als Zeichen seiner Herrschaftsgewalt präsentieren (Art. XXVII.2).82 Je nach dem ihnen 79 Die Abwesenheit der Kaiserin dürfte der fehlenden Tradition ihrer Inklusion in diesen Akt zurückzuführen sein, denn seit 1442 waren keine Gemahlinnen bei Krönungsakten präsent gewesen, da die Kaiser oder Könige zum Zeitpunkt ihrer Erhebung nicht verheiratet waren. Da 1562 der amtierende Kaiser anwesend war, blieb hier für die Königin, die sonst neben dem König gesessen hätte, allerdings auch kein Platz. 80 Dabei blieb die Tür zwischen beiden Räumen geöffnet, um auf diese Weise die Teilhabe am Krönungsmahl zu verdeutlichen. HHStA Wien, MEA WaKr 5 1562, fol. 99’–105, alle städtischen Gesandten ebd., fol. 103; Edelmayer, Krönungen Maximilians II., S. 140–147, alle Fürsten ebd., S. 147. Sowohl 1562 als auch 1612 nahmen circa 20 Reichsfürsten und damit deutlich mehr als bei späteren Krönungen am Krönungsbankett teil. 81 Da Matthias entgegen der Tradition den reichsstädtischen Gesandten kein Tafelsilber zur Verfügung stellte und die Kölner Gesandten keines dabei hatten, setzten sich 1612 alle Städtegesandten an eine Tafel, „doch unbegeben, einer Jeden Session und gerechtigkeit“. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 71. 1612 wurde die Stadt Aachen „Ihrer widerwertigkeit halb“ ausgeschlossen. Dazu Molitor, Reformation. 82 Der Kaiser gab diese sofort zurück, womit er sein Vertrauen in die Amtsausübung der Reichserzkanzlers zum Ausdruck brachte. Federführend sollte hier der Reichserzkanzler
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übertragenen Erzamt sollten die weltlichen Kurfürsten dem Kaiser als Marschall, Truchsess, Kämmerer und Mundschenk dienen (Art. IV.3, XXVII.1, 3–5).83 So hatten der Kurfürst von Brandenburg dem Kaiser das Handwasser, jener von der Pfalz vier Schüsseln mit Speisen und jener von Böhmen eine Kanne mit verdünntem Wein aufzutragen. Die Ausübung der Erzämter (Abb. 23, 42) beschränkte sich allerdings auf die jeweils erste Handlungssequenz, so auf den ersten Befehl zum Auftragen der Speisen durch den Reichserzmarschall. Dieser hatte außerdem mit einem Maß den vor dem Römer aufgeschütteten Hafer abzumessen. Da der Hafer gar nicht für das Mahl bestimmt war, handelt es sich um eine rein zeichenhafte Handlung, die mehrere Interpretationsmöglichkeiten zulässt. Auf jeden Fall wird hier die Justitia des Herrschers evoziert, ob nun im Sinne einer gerechten Bemessung von Steuern oder einer gerechten Zuteilung von kaiserlichen Gaben lässt sich nicht zweifelsfrei entscheiden.84 Dabei geht die Goldene Bulle von einer Amtsausübung im Außenraum aus und weist damit diesen symbolischen Handlungen eine hohe Öffentlichkeit zu, die auf das Volk im Sinne der Gesamtheit aller Untertanen zielte. Der Schenkendienst des böhmischen Königs wurde seit 1531 durch den Reichserbschenken von Limburg ausgeübt, da seit dieser Zeit der Römische König zugleich auch als böhmischer König fungierte und sich somit selbst hätte bedienen müssen.85 Damit erübrigte sich der 1520 ausgebrochene Streit zwischen dem Erbschenken und den Gesandten des böhmischen Königs, wer in dessen Abwesenheit das Schenkenamt ausüben durfte. Das hier zugrunde liegende Problem der rechtmäßigen Vertretung der Reichserzämter blieb gleichwohl bestehen. So entbrannte 1612 ein hitziger Streit zwischen dem Reichserbkämmerer Johann Georg Graf von Hohenzollern und dem kurbrandenburgischen Gesandten Adam Gans zu Putlitz um das Erzkämmereramt.86 Dass sich zu Putlitz mit Unterstützung seines abwesenden Landesherrn zum
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auftreten, in dessen Kanzleibereich das Mahl stattfand. Dieser sollte das Großsiegel während der gesamten Mahlzeit und des Rittes zu seiner Herberge um den Hals tragen. Vgl. dazu Adolf Laufs: Art. Erzämter, in: HRG, Bd. 1, Sp. 1011–1015. Bei ihrer Abwesenheit sollten sie durch die Inhaber der Reichserbämter vertreten werden. Zur Ausübung der Reichserzämter ausführlich Stahl, Schauspiel. Deutung im Sinne der Steuergerechtigkeit bei Möseneder, Feste, S. 16. Das erste Maß sollte der Kurfürst, wobei er zugleich den Stab der Gerechtigkeit hielt, dem ersten vorbeikommenden Knecht reichen, danach sollte der Reichserbmarschall den Hafer weiter verteilen (Art. XXVII.2), an wen, wird nicht spezifiziert. Zum Krönungsmahl von 1531 vgl. die ausführliche Beschreibung in HHStA Wien, MEA WaKr 3, fol. 113’–128. Der Reichsmarschalldienst wurde hier durch den Reichserbmarschall ausgeübt, da der sächsische Kurfürst die Wahl boykottiert hatte. BA, Bd. 10, S. 555; HHStA Wien, MEA WaKr 10, fol. 150–164. Vgl. auch Kap. IV.1.a.
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Ärger seines Kontrahenten am Ende durchsetzen konnte, zeigt die Machtposition des brandenburgischen Kurfürsten, der sich in dieser Frage über die Goldene Bulle hinwegsetzte, weil er auch im Rahmen dieses Amtes durch seinen eigenen Gesandten repräsentiert werden wollte.87 Der auch in der Folge anhaltende Kampf um die Ausübung dieser Ämter zeigt, dass die Reichserbämter im 17. Jahrhundert von ihren Inhabern immer noch als eine besondere Ehre betrachtet wurden, die es unbedingt zu verteidigen galt. Zum Krönungsbankett gehörte der mit ihm verknüpfte Akt der Preisgabe (Abb. 23, 42).88 Im Rahmen dieser für die Krönung König Wenzels 1376 erstmals überlieferten, aber sicher schon älteren Praktik wurden nicht nur der Hafer, der mit verschiedenen Tieren gespickte Ochse (Abb. 11) sowie roter und weißer Wein dem Volk überlassen, „darüber es viel gezanckt undt blutige Köpff geben“, sondern in der Neuzeit auch Holzbrücke, Bratküche und Weinbrunnen.89 Die Preisgabe als regulärer Bestandteil kaiserlicher Bankette wird in der Goldenen Bulle zwar nicht explizit erwähnt, ist aber möglicherweise implizit angesprochen. Das Volk fand sich in Erwartung dieses Aktes mit Beuteln, Körben oder Krügen auf dem Römerplatz ein, wobei regelmäßig schon vor dem Krönungszug ein Wettstreit um die besten Plätze entbrannte. Beim „rauffen undt schlagen des Gemeinen Pöffels“90 wurde in der Regel die gesamte im öffentlichen Raum befindliche Krönungsausstattung bis zu den im Boden verlegten Weinrohren demoliert, wobei selbst Diejenigen, die zunächst erfolgreich gewesen waren, sich nicht lange an den erhaschten Gegenständen erfreuen konnten, weil diese ihnen sofort streitig gemacht wurden.91 Anders als das Festmahl im Inneren des Römers leistete die Preisgabe auf dem Römerplatz tatsächlich etwas grundlegend Neues: Auf diese Weise partizipierte 87 Vgl. dazu die Anweisung Johann Georgs I. zur Ausübung des Reichserzmarschallamtes an seine Gesandten bei seiner Abwesenheit auf dem Reichstag von 1613 in HStA Dresden, Loc. 10212/5, fol. 60. 88 Dazu ausführlich Rudolph, Herrschererhebung als Fest, Kap. III. 89 HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 238. 1562 wurden im Gegensatz zu 1612 noch die Überreste des Krönungsmahls aus den Fenstern des Bankettsaales geworfen. Bernhard / Koppe, eigenhändiges Tagebuch, S. 398. Weitere Berichte über die Preisgabe in Warhafftige Contrafactur (1563); Ausführlicher Bericht (1612). 90 HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 238. 91 Als Gegenstände, deren persönlicher Besitz die Teilhabe am Investiturakt belegen sollte, dienten die vom Weinbrunnen entwendeten Herrschaftszeichen oder Teile des Brückentuches. Dass den erkämpften Gegenständen ein magischer Charakter (Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 294f.) zugesprochen worden wäre, dafür finden sich im Untersuchungszeitraum keine Belege. Vgl. Newe Zeitung. Warhafftiger bericht von den Einzuge (1612); Becker, Chronik, S. 15.
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das weder bei der Krönungsmesse noch beim Krönungsbankett anwesende Volk über die preisgegebenen Güter am Krönungsmahl und damit an der Herrschererhebung insgesamt. Dabei wurde die Gemeinschaft von Herrscher und Volk durch die zeitliche Koinzidenz und durch den Verzehr derselben Speisen und Getränke hergestellt.92 Dass dieser Akt gewaltsam ablief, war ein genuiner Bestandteil der hierdurch kommunizierten Aussage, denn der Tumult erfüllte als Inversionsritual eine wesentliche Funktion. Die Diskrepanz zwischen dem stark formalisierten Krönungsmahl als Struktur und dem chaotischen Kampf um die Gaben als Antistruktur hätte nicht größer ausfallen können. Während die Ordnung des Krönungsmahls die Macht der Herrschenden signifizierte, bezeichnete die Unordnung der Preisgabe die Ohnmacht der Beherrschten (Abb. 23).93 Der Gewaltexzess des Volkes, der mitunter sogar die Tötungsgewalt als Extremform umfasste, legitimierte die gesellschaftliche Notwendigkeit der Herrschaft durch die Obrigkeit. Zwar richtete sich die Gewalt primär gegen die Konkurrenten im Kampf um materielle und symbolische Güter, da sie jedoch demonstrativ das Gewaltmonopol des Herrschers verletzte, kann der Tumult als rituelle Rebellion begriffen werden, welche durch ihre kathartische Wirkung die neuen Herrschaftsverhältnisse stabilisieren sollte. Da 1612 auch eine Kaiserin gekrönt wurde, kam es hier zu einem weiteren Bankett im Anschluss an die weibliche Krönung, an dem Kaiser, Kur- und Reichsfürsten, hochrangige Mitglieder des weiblichen Hofstaates sowie auch Fürstinnen teilnahmen. Die Sessionsordnung (Tab. 6.2) unterschied sich allerdings grundlegend von jener des Krönungsbanketts zwei Tage zuvor.94 Der Kaiserin, die links vom Kaiser an der Stirnseite des Saales unter einem Baldachin saß, waren optisch die Tafeln an der linken Längsseite des Saales mit den weiblichen Teilnehmern zugeordnet, während die männlichen Teilnehmer auf der privilegierten rechten Seite saßen.95 Die Tafel der Kurfürsten befand sich in der Mitte des Raumes, wobei deren Sitzordnung nicht jener der Kürfürsten92 So wurde dem König angeblich der erste Schluck des Weines und das erste Stück des Ochsenbratens gereicht; schon Beuther bezweifelte allerdings, dass der Herrscher diese auch wirklich zu sich nahm. Beuther, Ordentliche Verzeychniß, o.S. 93 Vgl. zu diesem Konzept Gluckman, Rituale, hier S. 267. 94 Die in zeitgenössischen Berichten häufige Angabe, die Sitzordnung habe der Goldenen Bulle entsprochen, ist somit falsch. Wahl- und Crönungshandlung, Das ist: Kurtze und warhafftige Beschreibung (1612), o.S. Im Unterschied zum männlichen Krönungsbankett durfte der kurbrandenburgische Gesandte bei dieser Gelegenheit die Session seines Absenders einnehmen. 95 Dabei wurde der Rang der Teilnehmer offenbar auch durch die Breite der Tafeln verdeutlicht, wie dies zumindest die Darstellung bei Wilhelm Peter Zimmermann zeigt. Zimmermann, Abriß unnd Fürbildung, Tafel 12.
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tafeln beim männlichen Krönungsbankett entsprach. Indem die Königswähler an einem besonderen Tisch saßen, wurde erneut die Exklusivität dieser sozialen Gruppe hervorgehoben. Die Abänderung der Sitzordnung war nicht nur deshalb notwendig, weil deutlich mehr Personen teilnahmen; vielmehr machte gerade die Nichtanwendung der für das Krönungsbankett tradierten Session den abweichenden Verfassungsrang dieses Banketts und damit der weiblichen Krönung insgesamt deutlich. Schließlich besaß Anna von Tirol nach Ansicht der Kurfürsten nicht aus eigenem Recht einen Anspruch auf die Krönung, sondern höchstens als Gemahlin des Kaisers.96 Dieses Bankett ähnelte deshalb anderen fürstlichen Banketten, wobei jedoch die Vielzahl der Teilnehmer und die Extratafeln für Kaiser und Kaiserin sowie für die Kurfürsten auf den besonderen Anlass verwiesen. In noch stärkerem Maße gilt dies für das im Vergleich zu Krönungsbanketten bescheidene Bankett Ferdinands I. nach seiner Kaiserproklamation in Frankfurt am Main 1558 (Abb. 24).97 Auch hier handelte es sich nicht um ein Krönungsbankett als Verfassungsmahl im Sinne eines regulären Bestandteils der Herrscherinvestitur, sondern um eines unter anderen kaiserlichen Banketten auf Reichsversammlungen, mit dem der im Vorfeld unter den Kurfürsten umstrittene Akt der Abdankung Kaiser Karls V. und die Übernahme des Kaisertums durch Ferdinand I. gefeiert sowie die wiederhergestellte Einigkeit zwischen dem Kaiser und den Kurfürsten bekräftigt werden sollten.98 Deshalb wurden hier auch nicht die Vorgaben der Goldenen Bulle zum Ablauf von Krönungsbanketten befolgt: So saßen alle neunzehn, im Bild bezeichneten Teilnehmer an einer Tafel, darunter auch kaiserliche Räte, welchen dieser politische Verhandlungserfolg letztlich zu verdanken gewesen war. Durch den mit einem Adler bekrönten Thronstuhl ist der an der Stirnseite sitzende Kaiser auch ohne seine Phantasiekrone sofort identifizierbar. Bezeichnend erscheint vor allem der Versuch, die gute Kommunikation unter den Anwesenden, die durch ihre Körperhaltung und durch in diesem Kontext tradierte Gesten ins Bild gesetzt wird, und damit den zentralen Sinn dieses Aktes für die Nachwelt zu dokumentieren.
96 Vgl. dazu Kap. IV.1.c. 97 Das in einer Nürnberger Chronik befindliche Aquarell dokumentiert die Sitzordnung. Allerdings ist diese kurz um 1595 entstandene Darstellung zweifelhaft. So werden zwei Fürschneider an der Tafel ausgewiesen, während auch die Session der Kurfürsten unüblich ist: Kurmainz sitzt links vom Kaiser, Kurtrier neben Kurbrandenburg. Raum, Tafel, Speisen und Teilnehmer sind in stark schematisierter Form abgebildet. StA Nürnberg, Hss. 182, vor fol. 224 (hier schriftliches Verzeichnis). 98 Zu den politischen Verhandlungen vgl. Luttenberger, Kurfürsten, S. 40–61.
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2. Schießen und Stechen: Kampfspiele Kampfspiele nahmen in der Frühen Neuzeit sehr vielfältige Formen an: vom mittelalterlichen Turnier als Kampf Mann gegen Mann, das im Reich ab dem 12. Jahrhundert durchgeführt wurde, über das neuzeitliche Quintanrennen gegen einen imaginierten Gegner in Form einer Attrappe bis hin zum Schießen auf Zielscheiben mit unterschiedlichen Schusswaffen.99 Zentrale Merkmale solcher Kampfspiele waren ihr kompetitiver Charakter, wobei physische und psychische Stärke sowie Geschicklichkeit der Teilnehmer geprüft wurden, das militärische Element, welches sich in der Verwendung von Waffen zeigte, sowie der Ablauf nach zuvor definierten Regeln, die von einem oder mehreren Richtern (Mantenatoren) überwacht wurden.100 Dabei begann jedes Kampfspiel mit einer formellen Einladung der Teilnehmer und endete mit der Übergabe der ausgesetzten Preise an die Gewinner. Im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung solcher Kampfspiele stellt der Untersuchungszeitraum allerdings eine Umbruchphase dar: Bereits im Spätmittelalter war der militärische Charakter solcher Veranstaltungen zurückgedrängt worden. So setzte man nun vorwiegend spezielle Turnierwaffen ein, um die Gefahr ernsthafter Verletzungen zu senken. Auch die Errichtung einer Schranke beim Ballienrennen101, das ab dem Ende des 15. Jahrhunderts im Reich nachweisbar ist und bis um die Mitte des 16. Jahrhunderts die meist praktizierte Form des Turniers darstellte, sollte die Sicherheit der Teilnehmer erhöhen. Nach dem Turniertod König Heinrichs II. von Frankreich 1559 veranstaltete man vorwiegend so genannte Ringrennen, bei welchen es um die Treffsicherheit und weniger um die physische Kraft der Teilnehmer ging, zumal hier auch kein direkter Kampf Mann gegen Mann stattfand.102 Dabei wurden die Abläufe zunehmend komplexer gestaltet und nun mit einer narrativen Grundstruktur versehen.103 Damit verbunden war eine Theatralisierung 99 Vgl. dazu allgemein Fleckenstein, Turnier; Watanabe-O‘Kelly, Triumphal Shews; Behar / Watanabe-O‘Kelly, Spectaculum Europaeum, S. 591–639; mit Einschränkungen Barber / Barker, Geschichte des Turniers; Ausstellungskatalog Wien (2005); Schnitzer, Maskeraden, S. 112–194. 100 Vgl. im Folgenden auch den sehr guten Überblick bei Watanabe-O’Kelly, Art. Turniere, hier S. 502. 101 Watanabe-O’Kelly, Art. Turniere, S. 502. 102 Schnitzer, Maskeraden, S. 115. 103 Die sehr einfache Grundidee bestand letztlich im Kampf des Guten gegen das Böse. Vielfältige Variationen waren hier denkbar: Licht gegen Finsternis, Olymp gegen Hades, Christen gegen Heiden. In Szene gesetzt wurde aber auch der Kampf zwischen den Kontinenten oder zwischen den Elementen. Vgl. dazu Scheicher, Fest.
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des Kampfspiels, die sich im Einsatz aufwendiger Kostüme und Kulissen sowie in der Abfassung eines Skriptes manifestierte, welches die Dramaturgie der Aufführung insgesamt und auch einzelne Handlungsabläufe festlegte.104 Ab dem 17. Jahrhundert standen nicht mehr Kampf und Wettbewerb, sondern vielmehr der Turnieraufzug in seiner Form als Trionfo im Vordergrund der Inszenierung.105 Nun waren es die Inventiones, deren Originalität, Subtilität und Formenreichtum das Auge der Betrachter ergötzen und den Ruhm des Fürsten als Festveranstalter mehren sollten.106 Eine wesentliche Voraussetzung für die Durchsetzung dieser neuen Formen bestand allerdings darin, dass sie in der fürstlichen Residenz „als funktionsgerechtes Gehäuse“107 der Hofgesellschaft stattfanden, da nur hier alle notwendigen Ressourcen zur Verfügung standen. Das aber war in der Regel nur bei kaiserlichen Auftritten in Residenzen der Fall. Und nur hier lag die gesamte Organisation in der Hand eines Fürsten, dem die übrigen Teilnehmer die Entscheidungsgewalt über ihren eigenen Platz innerhalb der Inszenierung und damit auch über die mit diesem möglicherweise verbundenen politischen Aussagen zusprachen. Dieser Sachverhalt stellte eine wesentliche Voraussetzung dafür dar, eine narrative Gesamtidee eines Turniers durchzusetzen, in der dann die Person des Fürsten in ihrer Qualität als Feldherr oder auch die historische Größe seiner Dynastie gefeiert werden konnte. Auf Reichsversammlungen war dies hingegen kaum möglich, zumal hier mit geistlichen Herrschaftsträgern eine soziale Gruppe stark präsent war, der von vornherein wenig an der Abhaltung von Turnieren liegen konnte, da sie aufgrund ihres Standes ohnehin nicht daran teilnahm. 104 Im Kampfspiel überschnitten sich nun vermehrt Turnier und Mummerei. Dazu ausführlich Schnitzer, Maskeraden, besonders S. 62–111. 105 Watanabe-O’Kelly, Art. Turniere, S. 503; allgemein Weisbach, Trionfi; Versnel, Triumphus. 106 Den Entwurf von Festprogrammen und Festausstattungen übertrug der Fürst humanistischen Gelehrten und Künstlern an seinem Hof, die mit möglichst originellen Vorschlägen um seine Gunst konkurrierten. Vgl. dazu Anglo, Martial Arts; Rudolph, Humanistische Feste. Ab dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts erschienen Exemplabücher und Beschreibungen von Turnieren, welche die Festgestalter für ihre Entwürfe heranziehen konnten. Rüxner, Thurnier-Buch; Modius, Pandectae Triumphales; Loehneyss, Della Cavalleria; sowie Triumph, Ritterspilen und feldtscharmützeln (1530); Beschreibung des Thourniers (1549); Francolin, Thurnier Buech; Zirfeo, Oedenliche beschreibung. Der letzte Druck beschreibt ein Turnier Maximilians II. zu Ehren von Kurfürst August von Sachsen und Albrecht V. von Bayern bei ihrem Besuch am Prager Hof 1570. 107 Berns, Festkultur, S. 299.
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Dennoch fanden auf den Wahltagen von 1562 und 1612 Turniere statt. Über das am Tag nach der Krönung König Maximilians II. in Frankfurt am Main veranstaltete Ringrennen berichtet der Herzog von Mecklenburg, dass der Kurfürst von Sachsen und der Herzog von Jülich als Mantenatoren in „kleinen rothen und weißen Niederländischen Röcken, mit rothen sammitten Hüten und weißen Ferdn“ aufgezogen seien.108 Für die Zuschauer war offenbar eine Tribüne errichtet worden. An den Schranken befand sich ein überdachtes Podest mit den ausgesetzten Preisen, deren Gesamtwert 6.000 Gulden betrug.109 Das Ringrennen beim Wahltag von 1612 wurde durch den Verleger Wilhelm Peter Zimmermann visuell dokumentiert (Abb. 41), der den Kaiser zweimal – im Anritt und nach dem Treffen des Ringes – und damit als erfolgreichen Wettkämpfer zeigt, während im Vordergrund die Fürsten auf ihren Auftritt warten.110 Der Vergleich dieser beiden Turniere zeigt, wie sich das Turnier im Untersuchungszeitraum von einem sportlichen Wettkampf zwischen als gleichwertig betrachteten Turnierteilnehmern zu einem bloßen Abbild der durch die Herrschererhebung veränderten Ranghierarchien entwickelte: Hatte der neue Römische König Maximilian II. 1562 trotz seiner vorhandenen Turnierfähigkeiten den Wettkampf nicht gewonnen, gewann Kaiser Matthias 1612, obwohl er bei derartigen Wettkämpfen im Allgemeinen weniger als sein Vater glänzen konnte.111
108 Bernhard / Koppe, eigenhändiges Tagebuch, S. 399. Vgl. Wahl und Crönungs Handlung (1610), o.S. Außerdem nahmen der König, die Herzöge von Lothringen, Arschott und Oranien, einige Reichsgrafen sowie kaiserliche Hofämterinhaber teil, die aber nach Ansicht des Autors „eins Theils gar schlimm gerennet“ seien. Alle 26 Teilnehmer aufgeführt in Edelmayer, Krönungen Maximilians II., S. 175f. 109 Nach dem Bericht des Historikers Michael Beuther schlug sich August von Sachsen dabei am besten, womit er dem von ihm gepflegten Ruf als hervorragender Turnierkämpfer gerecht wurde. Beuther, Ordentliche Verzeychniß, o.S. 110 Gut zu erkennen sind die große, wenig gefüllte Tribüne im Hintergrund und das Podest für die Juroren in der Bildmitte, in dem Trinkgeschirre und andere Kleinodien als übliche Preise bei solchen Veranstaltungen zu erkennen sind. Zimmermann, Abriß unnd Fürbildung, o.S. De Bry und Kieser zeigen dieselbe Szene genau seitenverkehrt, wobei die Königin und weitere Fürstinnen zu sehen sind, die aus dem oberen Stock eines Hauses zuschauen. Wahl- und Crönungshandlung, Das ist: Kurtze und warhafftige Beschreibung (1612), o.S.; Actus Electionis & Coronationis (1612), o.S. 111 Wahl- und Crönungshandlung, Das ist: Kurtze und warhafftige Beschreibung (1612), o.S. Ausführlich: Relation deß Franckfurtischen Wahltags (1612); Khevenhüller, Annales Ferdinandei, Tl. 7f., Sp. 477. Beim Wahltag von 1619 musste aus Mangel an potentiellen Teilnehmern auf ein Ringrennen verzichtet werden. Das letzte Turnier bei einem Wahltag fand 1658 statt. Hier handelte es sich um einen Maskenaufzug, an dem
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Zeichnete die Kampfspiele auf Wahltagen eine eher einfache Ausstattung aus, scheinen bei Reichstagen auch aufwendigere Veranstaltungen durchgeführt worden zu sein. So veranstaltete Kurfürst August von Sachsen auf dem Augsburger Reichstag von 1566 anlässlich seiner Belehnung auf dem Weinmarkt „gar ain cöstlich und schön ring rennen […], darzue ain große anzal von fürsten herrn und vom adl erschin“.112 Er selbst trat dabei als Hannibal, der kaiserliche Unterstallmeister Rudolf Khuen von Belasy als Hector auf.113 Nach dem Chronisten Achilles Pirminius Gasser war „nicht allain der gantze Platz vor deß Keysers Losament umbfangen / mit lustigen Schrancken / einem Thor unnd Bogen / uffs schönste gezieret / und der Boden mit Sandt bestrewet / sondern dass noch mehr / die zureittende Partheyen / mit den köstlichsten Kleydern / mancherley Mascareyen und bossierlichen Manieren / dass nit zu sagen / so artlich als in einer Comedien immer beschehen mag“, ausgestattet.114 Verwendet wurden daneben mit Herrschaftssymbolen und emblematischen Motiven verzierte Kutschen, Schlitten und Schiffe.115 Diese sehr prächtige Aufführungsform, welche für die Reichstage der hier untersuchten Phase untypisch ist, resultierte sehr wahrscheinlich daraus, dass hier ein politisch sehr einflussreicher Fürst als Turnierveranstalter auftrat, dessen Inszenierung sich die anderen Akteure in diesem Fall unterzuordnen bereit waren.116 Auch auf dem Augsburger Reichstag von 1582 wurde eine Vielzahl von Kampfspielen (Tab. 5.2) durchgeführt.117 Sie fanden meist auf dem Weinmarkt vor der kaiserlichen Herberge statt. Während eines Ringrennens am 19. August wurde gleichzeitig ein Schießen abgehalten, bei dem sich Rudolf II. von einem
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Kaiser Leopold I. nicht mehr teilnahm und bei dem die sportlichen Elemente klar hinter die theatrale Inszenierung zurücktraten. Dazu Wanger, Kaiserwahl, S. 146. Khevenhüller, Tagebuch, S. 24f., Eintrag zum 12.05.1566. Die Kosten des Spektakels betrugen für den Kurfürsten über 1.500 Gulden. Rübsam, Nikolaus Mameranus, S. 554. Gasser, Dritter Theil, S. 116. Das Verzeichnis mit den Turnierergebnissen veröffentlichte der Reichsherold Nikolaus Mameranus in seiner Reichstagsbeschreibung. Mameranus, Thail des Catalogi, o.S. Bereits zu Fastnacht hatte der böhmische Adlige Hans Khinsky ein Ringrennen für den kaiserlichen Hofstaat gegeben, bei dem auch die meisten anwesenden Reichsstände erschienen waren. Die Teilnehmer waren offenbar auch hier in prächtigen Kostümen aufgetreten, die antike Helden oder Götter darstellen sollten. Fünf Tage danach untersagte Maximilian II. seinem Hofstaat allerdings jedes weitere Fastnachtstreiben mit der Begründung, dass der neu ausgebrochene Türkenkrieg derartige Freudenspiele verbiete. Möglicherweise handelte es sich um ein vorgeschobenes Argument, mit dem er Verunglimpfungen seiner Person am Reichstagsort unterbinden wollte. Vgl. dazu Lanzinner, Reichstag zu Augsburg 1566, S. 1490. SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 32, 37’, 52’–54’.
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Fenster des Fuggerpalais aus mit mehreren Schüssen beteiligte. Dabei traf der Kaiser, der im Gegensatz zu seinem Vater kein guter Schütze war, gleich zweimal nicht die Schießscheibe, sondern Zuschauer, von denen sich einer danach sehr „übell“ befand.118 Zwar scheint dieses Malheur die kaiserliche Reputation kaum geschmälert zu haben, jedoch könnte es ein Grund dafür sein, dass Rudolf II. bei ähnlichen Veranstaltungen des Reichstags von 1594 keine Waffe mehr in die Hand nahm. Am 2. September 1582 fand ein Quintanrennen statt, bei dem ein drehbarer Ritter auf einem Podest befestigt worden war, dessen Kolben, wie der Augsburger Chronist Georg Kölderer berichtet, jedem Teilnehmer, „(so einer nit flux forthgerendt) ein guetts Inn die Lenden geben, das er möchte geheüllt haben, wie ein Hundt.“119 Zum Schluss musste der Spieß beim Auftreffen auf der Figur zerbrochen werden, was offenbar schwierig war und deshalb sehr zur Belustigung der Zuschauer beitrug. Vergleicht man das Verhalten Rudolfs II. mit dem seiner Vorgänger bei solchen Aktivitäten, so fällt sein Bemühen um Distanz gegenüber Untertanen und Reichsständen auf. Zwar trat der Kaiser 1582 noch als Turnierveranstalter auf, mit Ausnahme des oben genannten Schießens, bei dem er seine Herberge nicht verließ, beteiligte er sich jedoch nicht mehr selbst daran.120 Mit dem Reichstag von 1582 war die glanzvolle Zeit der Reichsversammlung als Austragungsort von Turnieren vorbei. Beim Regensburger Reichstag von 1594 traten an die Stelle von Ring- und Quintanrennen die weniger aufwendigen Stahlschießen, welche hochrangige Reichsfürsten wie der Kurfürst von Köln, Friedrich Wilhelm I. von Sachsen-Weimar und Herzog Maximilian von Bayern ausrichteten. Beim Regensburger Reichstag von 1613 spielten derartige Formen des höfischen Zeitvertreibs, die den Mitwirkenden bei erfolgreicher Teilnahme einen Zuwachs an sozialem Prestige versprachen und zugleich als Signifikanten adliger Standeszughörigkeit fungierten, keine nennenswerte Rolle
118 Der Augsburger Chronist Georg Kölderer bemerkt dazu trocken: „Ir May[estät] hatt selbs auch zugesehen, vnd mit Ainem Klainen Vogel Rörle, durch ein zerbrochen Scheiben, von seim Losamenth herab er seinen Laggeyen Ainen, An ein fueß geschossen, darab sich ermelltter Laggey übell gehaben, darnach nach ainem herren. Aber In nur An sein Rockh getroffen, das ist wol zu leyden, wanns Aber Inns Angesicht geräth, da wers zu beklagen.“ SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 53. 119 Ebd., fol. 54. 120 Vgl. etwa das Schießen, das Maximilian II. 1570 anlässlich der Hochzeit seiner Tochter Elisabeth veranstaltete, an dem er selbst teilnahm. Ausgesetzt waren 12 Hauptgewinne im Gesamtwert von 2.000 Gulden, darunter ein türkisches Pferd, zahlreiche Silbergeschirre, Geld und ein Schwein. Khevenhüller, Tagebuch, S. 58; Dengel, Nuntiaturbereichte, Bd. VII, S. 31. Häberlin, Reichs-Geschichte, Bd. 8, S. 439.
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mehr.121 Schließlich waren jene weltlichen Herrschaftsträger, die als Veranstalter und Teilnehmer solcher Ereignisse primär in Frage kamen, dem Reichstag von vornherein ferngeblieben. Zwar handelte es sich bei den bislang geschilderten Kampfspielen um höfische Aktivitäten, an denen allein der Adel und auch hier nur ausgewählte Akteure teilnahmen, jedoch war die städtische Bevölkerung in diese Spektakel in zweifacher Weise einbezogen. Zum einen hatte die Stadt für die Herrichtung des Turnierplatzes mit Schranken, Tribünen und Sandbelag zu sorgen. Zum anderen sahen die Einwohner dem Treiben von den umliegenden Häusern und vom Rand des Turnierplatzes aus zu, denn die Veranstaltungen fanden im öffentlichen Raum der Stadt, zumeist auf deren größten Plätzen, statt. Sowohl der Augsburger Weinmarkt als auch der Frankfurter Rossmarkt konnten aufgrund ihrer Größe eine erhebliche Zahl von Menschen aufnehmen, wobei Kampfspiele allerdings in der Regel auf ein geringeres Interesse gestoßen zu sein scheinen als ein Kaisereinzug oder die Preisgabe beim Krönungsbankett.122 Dennoch überschnitten sich auch hier höfische und städtische Lebenswelten der Gesellschaft, so dass die symbolische Aufführung des Reiches, zu der es auch im Rahmen solcher Ereignisse kam, gleichwohl in geringerem Maße, potentiell alle Bevölkerungsschichten adressierte.123 Außerdem veranstalteten die Reichsstädte während der Reichsversammlungen auch in eigener Regie Kampfspiele, in denen sie ihre eigene rechtliche Verfasstheit zur Aufführung brachten. Durchgeführt wurden Fischerstechen, Bendertänze oder feierliche Zunftumzüge, in denen sich die Zunftverfassung der frühneuzeitlichen Stadt widerspiegelte.124 Ein Beispiel dafür stellt der Mes121 Vgl. zur Bedeutung solcher Leibesübungen die Bewertung bei Hans Sachs: „Wann es war gar ein grosse Schandt, Welcher nit war Thurniers genoß, War er von geschlecht und Adel groß, Wurd er doch vom Adel veracht, zu keinem ampt und wirden bracht, Zu allen eeren gar verschmecht, Fürst, Graff, Ritter und Edel Knecht“. Sachs, Thurnier spruch, o.S. 122 Darauf deuten zumindest zeitgenössische Darstellungen hin, indem sie nur eine begrenzte Zahl von Zuschauern abbilden. Vgl. Wahl- und Crönungshandlung, Das ist: Kurtze und warhafftige Beschreibung (1612), o.S.; Actus Electionis & Coronationis (1612), o.S. (anders Abb. 41). 123 Die Reihenfolge, in der die Teilnehmer antraten, richtete sich nach ihrem sozialen Rang, wobei der höchstrangige Akteur zuerst antrat, so dass auch hier die Rangordnung des Reiches deutlich wurde. 124 Zur Festkultur der Frankfurter Zünfte siehe Lenhardt, Feste und Feiern. Für andere Reichsstädte finden sich nur gelegentliche Hinweise auf Aktivitäten der Bürgerschaft: So veranstaltete der Augsburger Rat während des Reichstags von 1582 ein Fischstechen, bei dem offenbar auch die Reichstagsteilnehmer zusahen. SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 26.
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serertanz in Nürnberg dar, den die Messerschmiede als besonders privilegiertes Handwerk „irer alten gerechtigkeit nach“ bei jedem Ersteinzug eines Kaisers aufführten.125 Dabei handelte es sich weniger um einen Tanz, als um einen Schwertkampf zwischen zwei Handwerkern, die auf von ihren Zunftgenossen gehaltenen Schwertern standen. 1570 baten die Messerschmiede explizit beim Rat um die Erlaubnis zur Aufführung des Tanzes, woraufhin das allerdings vom Regen arg beeinträchtigte Spektakel unter den Augen der kaiserlichen Familie auch stattfand.126 1612 ergriff diese Zunft hingegen keine Initiative mehr und der Rat forderte sie bewusst nicht auf, da seiner Ansicht nach „bey diesen schweren Zeiten, die Armuth bey Ihnen sehr groß ist, und die uncosten und versaumbnus Ihnen beschwerlich“ wären.127 Der freiwillige Verzicht auf eine über Jahrhunderte geübte Tradition zeigt, dass die Blütezeit dieses Handwerks in dieser Phase offenbar bereits vorüber war. Eine zentrale Rolle spielten Kampfspiele bei Kaiserbesuchen am kursächsischen Hof, der überhaupt als einer der führenden Turnierveranstalter im Reich fungierte.128 Schon beim ersten Besuch Maximilians II. als König 1564 in Dresden hatte August von Sachsen seinen Gast mit „Pallirennen, tuniern, teutschen gestäch und andern kurzweiln sambt gejadern“ unterhalten.129 Bei einem Ballienrennen am 12. Januar 1564 im Schlosshof ließ er sein Hofgesinde verkleidet als Türken, Tataren, Moskowiter, Narren, Riesen, wilde Männer, Nonnen, Jakobsbrüder, Jäger, Vogelsteller und Bauern auftreten.130 Typisch für diese Zeit ist der additive Charakter der Inszenierung, der es an einer übergreifenden Gesamtidee fehlt.131 Beim zweiten Besuch Maximilians II. als Kaiser 1575 fanden Armbrustschießen statt, wobei jeder Teilnehmer eine Einlage zahlen musste, 125 StA Nürnberg, Rst. N., RB, Nr. 34, fol. 26, Eintrag vom 06.03.1570; Hss. 32, fol. 2271 (Müllners Annalen); Rst. N., SIL 135 Nr. 6 (I), fol. 19. Allgemein Endres, Turniere. 126 StA Nürnberg, Rst. N., SIL Nr. 135, Nr. 6 (I), fol. 19. 127 Rst. N., SIL Nr. 135, Nr. 5, fol. 129’. 128 Die sächsischen Kurfürsten ließen ihre Turniere in kunstvoll illuminierten Handschriften dokumentieren, um den eigenen Ruhm als erfolgreiche Turnierkämpfer für die Nachwelt zu bewahren. Vgl. dazu Schnitzer, Höfische Maskeraden, S. 112–194; Wozel, Umkehr; Watanabe-O’Kelly, Court Culture, S. 49–54. 1575 berief August den Italiener Giovanni Maria Nosseni nach Dresden, der mit seinen Inventionen den Ruhm des kursächsischen Hofes als Festausstatter erheblich förderte. 129 Khevenhüller, Tagebuch, S. 20. 130 HStA Dresden, Loc. 10526/4, fol. 201 (gesperrt). Vgl. Sieber, Volk, S. 20; Wozel, Umkehr, S. 316. Der Kurfürst trat bei diesem Rennen 29 Mal an, wobei er insgesamt 24 Turnierlanzen durch die Wucht des Aufpralls zerbrach, was allen Anwesenden das Ausmaß seiner körperlichen Kräfte verdeutlichte. Weber, Turniere, S. 363. 131 So wurden mit den Türken der überkonfessionelle Erzfeind, mit Nonnen und Jakobsbrüdern der konfessionelle Gegner lächerlich gemacht. Nur wenig später griff der
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die am Ende je nach Schießleistung verteilt wurde.132 Diese finanzielle Investition schränkte den Kreis der Teilnehmer allerdings stark ein. So erleichterte der Kurfürst von Brandenburg bei einem Schießen seinen Gastgeber, der aufgrund seiner Geschicklichkeit selten in diese Lage kam, um die beträchtliche Summe von 1.000 Gulden.133 Außerdem veranstaltete August Fechtschulen, bei welchen die anwesenden Prinzen sowie junge sächsische Landadlige ihre Fähigkeiten vor Gastgeber und Gästen präsentieren durften. Auch hier wurde um Geld gekämpft, wobei diejenigen Landadligen, die sich besonders gut schlugen, mit einer Aufnahme in den Hofdienst rechnen konnten. Auch Johann Georg I. veranstaltete 1617 mehrere Schießen (Tab. 5.4), für die in den Höfen des Residenzschlosses „etlich Triumphpforten und viel schöner Zelten“ errichtet wurden, worin sich der steigende inszenatorische Aufwand bei solchen Veranstaltungen, zugleich aber der Rückzug des Fürsten in das eigene Schloss spiegelt.134 An der prächtig verzierten Schießwand befanden sich neben anderen habsburgischen Herrschaftszeichen in goldenen Lettern der Wahlspruch Kaiser Friedrichs III. „A.E.I.O.U.“ und die Devise Kaiser Matthias’ „AMAT VICTORIA CURAM“.135 Der massive Einsatz habsburgischer Herrschaftssymbolik dürfte dem Veranstaltungsort geschuldet sein, denn außerhalb des Schlosses hätte der Kurfürst sicher eher auf Herrschaftszeichen gesetzt, die auf seine eigene Dynastie verwiesen. Vor Beginn des Schießens präsentierten zwei Viertelsmeister in einem feierlichen Aufzug den 58 Schützen die bemalten Schießscheiben, während die kaiserliche Hofkapelle dazu „auff Madrigalisch art und weiß“ spielte. Der Kurfürst schoss für die abwesende Kaiserin, welche dadurch bei diesem Ereignis immerhin sym-
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Kurfürst im Rahmen solcher Aufführungen primär den Kryptocalvinismus an. Vgl. dazu Kap. III.3. Im Folgenden Brückner, Festlichkeiten, S. 228. Ebd. Beim ersten Stahlschießen, das kurz vor Eintreffen des Kaisers stattfand, schossen die beiden Kurfürsten mit Joachim Ernst von Anhalt um eine Summe von 2.000 Gulden. Das Geld ging an die Goldschmiede des Kurfürsten, während die Schützen ihrer Leistung entsprechend den Gegenwert in Silbergeschirr erhielten. Vgl. auch den gereimten Bericht über das beim Besuch Erzherzog Ferdinands II. von Tirol 1574 in Dresden abgehaltene Schießen. SLUB Dresden, Hss. K 346. Eine Triumphpforte war mit einem großen, teilvergoldeten Doppeladler geschmückt. Vera descriptio (1617), o.S. Laut Avenarius fanden die Schießen auf der alten Rennbahn im Schloss statt. Vgl. im Folgenden Avenarius, Panegyris Caesarea, o.S. An zwei Säulen vor der Wand befanden sich weitere Herrschaftsdevisen, darunter jene Albrechts I. sowie als Verweis auf den Orden vom Goldenen Vlies jene Philipps des Guten. Darüber standen zwei vollplastisch ausgeführte Engel und eine Justitia.
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bolisch anwesend war.136 Der aufwendige Maskenaufzug mit Pegasus, Apollo und den neun Musen, welchen der Hofkapellmeister Heinrich Schütz für diesen Besuch entworfen hatte, musste aufgrund der Krankheit des Kaisers allerdings ausfallen.137 Weiterhin im öffentlichen Raum der Stadt und damit bis zu einem gewissen Grad für alle sozialen Schichten der Residenzstadt erlebbar, fanden Tierhatzen statt, die weniger einer Jagd im eigentlichen Sinne, als vielmehr antiken Venationes ähnelten.138 So organisierte August von Sachsen 1575 auf der rechtselbischen Mönchswiese eine Wasserjagd, bei der eine große Zahl Wild in den Fluss getrieben und dort von Booten aus erlegt wurde. Bei der Menge der Tiere scheint es beinahe einfacher gewesen zu sein, ein Tier zu treffen, als daneben zu schießen. Diese ostentative Verschwendung – der Bedarf an Wildbrett dürfte nicht annähernd so hoch gewesen sein – stellt ein typisches Merkmal der fürstlichen Herrschaftsrepräsentation bei Kaisereinzügen dar.139 Das adlige Jagdvergnügen, bei dem sich das Wasser der Elbe vom Blut der erlegten Tiere rot färbte, fand direkt unter den Augen der Stadtbevölkerung statt.140 Noch stärker trifft dies für die Schaujagd zu, die August auf dem Dresdner
136 Die drei Hauptgewinne zwischen 157 und 82 Reichstalern gingen allesamt an sächsische Landadlige, was den Kurfürsten erfreut haben dürfte. Die Gewinne wurden in Form von vergoldeten Silberbechern übergeben. 137 Aus dem Berg Parnass, auf dem Apollo thronte, sollten die neun Musen schreiten, die Herrscher feierlich begrüßen und ihnen begleitet von Huldigungsgedichten Gaben darbringen. Da Schütz das Script der Aufführung drucken ließ, entstand in der Bevölkerung der Eindruck, das Ereignis habe tatsächlich stattgefunden, weshalb zeitnahe Beschreibungen des Kaiserbesuches darüber berichteten. Schütz, Wunderliche Translocation; Avenarius, Panegyris Caesarea, o.S. 138 Beide Kaiserbesuche in der kursächsischen Residenz wurden stark durch die Jagd bestimmt, der beide Kurfürsten einen hohen Stellenwert im Rahmen ihres fürstlichen Selbstverständnisses beimaßen. So wurden etwa 1617 inklusive der An- und Abreise des Kaisers über zehn Jagden durchgeführt (Tab. 5.4), deren Ergebnisse dokumentiert wurden. Zu 1575 vgl. Brückner, Festlichkeiten, S. 230, 235, 238–241. Siehe auch den Bericht über eine am 24.06.1582 beim Kaisereinzug Rudolfs II. in München abgehaltene Schaujagd in SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 32’. 139 Joachim Ernst von Anhalt berichtet mit kritischem Unterton, dass allein bei zwei Jagden über 1.000 Tiere erlegt worden seien, „welches uns gar hart gedauertt, das man das matte wilprett, welches den Nachtwinter noch nit verwunden, alsso hat unzeitiggk hat jagen sullen“. Brückner, Festlichkeiten, S. 230. 140 Aus ihren Reihen, aber auch aus der Umgebung der Residenz kam ohnehin ein großer Teil der niederen Bediensteten, die über Fuhren und Dienste in die Ausrichtung solcher Jagden einbezogen wurden. Dazu allgemein Blaschke, Umlandbeziehungen.
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Altmarkt ausrichtete. Hier verfolgte die kaiserliche Familie mit der Kurfürstin das Treiben vom Ratssaal des Rathauses aus, während der Kurfürst selbst die Jagd dirigierte.141 Auch Johann Georg I. nutzte 1617 den Altmarkt für eine Schaujagd, für die vor dem Rathaus ein mit kostbaren Tapisserien behängter Gang als Zuschauertribüne sowie in der Platzmitte ein künstlicher Wald und vier Brunnen errichtet wurden.142 Das Interesse der Bevölkerung war so groß, dass man für günstige Plätze die hohe Summe von 4 Reichstalern zahlte, was Bevölkerungsschichten, die keinen Zugang zu den Häusern am Platz hatten, de facto ausschloss. Hirschjagden wechselten mit Tierkämpfen, bei welchen Ochsen, Bären und Wildschweine aufeinandergehetzt und offenbar auch Automaten eingesetzt wurden.143 Dazwischen trieb der Hofnarr zur Belustigung der Zuschauer seine Späße. Ein Aquarell von Daniel Bretschneider (Abb. 27) präsentiert das fünfstündige Spektakel in einer Gesamtschau. Links im Vordergrund sieht man die erlegten Tiere aufgereiht, während darüber Johann Georg I. gezeigt wird, der – an der Spitze aller Jäger ins Horn blasend – die Jagd beendet. Der Kurfürst hatte bei dieser Schaujagd vielfach von seinem rangmäßig begründeten Vorrecht auf den Todesstoß Gebrauch gemacht.144 Auf diese Weise konnte er seine soziale Führungsposition sowie Körperkraft und Geschicklichkeit vor den Gästen und der eigenen Bevölkerung unter Beweis stellen. Dass Johann Georg I. hier eine der eher seltenen Bärenjagden veranstaltete, zeigt, welche hohe Bedeutung er dem Kaiserbesuch für die eigene Herrschaftsrepräsentation beimaß.
141 Mit dieser Nutzung okkupierte August von Sachsen symbolisch den Bau, den er schon 1554 gegen den Willen des Dresdner Rates hatte abreißen wollen, weil er seiner Ansicht nach die Nutzung dieses wichtigsten städtischen Platzes für fürstliche Feste behinderte. Dazu Richter, Verwaltungsgeschichte, Bd. 1, S. 177–179. 142 Angeblich wurden u.a. 8 Bären, 10 Hirsche und 18 Wildschweine erlegt. Vera Descriptio (1617), o.S. 143 Eine Holzfigur mit einem langen Spieß bewegte sich scheinbar von selbst über den Platz, um die Bären zum Angriff zu reizen. Die offenbar als Anspielung auf den Teufel mit einem langen roten Bart versehene Attrappe wurde von zwei kurfürstlichen Amtsträgern bedient, die hinter einer Wand versteckt waren. Lindau, Geschichte der Haupt- und Residenzstadt Dresden, Bd. 2, S. 56. 144 Der Kurfürst führte während seiner Regierung ca. 2.000 Jagden (darunter 35 Bärenjagden) durch, bei denen er angeblich die ernorme Anzahl von 101.603 Tieren erlegte. Vgl. dazu die Aufstellung in SLUB Dresden, Hss. R 7b; Richter, Tierhetzen, S. 73.
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3. Blitzen und Donnern: Feuerwerke Das Abbrennen von Feuerwerken ist im Heiligen Römischen Reich erst seit dem Ende des Spätmittelalters zu beobachten.145 Dabei kam dieses Festelement anfänglich bezeichnenderweise besonders im Kontext von Festereignissen zum Einsatz, die auf Kaiser und Reich verwiesen. So fand das erste größere Feuerwerk nicht zufällig bei einem Kaiserauftritt statt: jenem Maximilians I. auf den Konstanzer Reichstag von 1506. Auch andere aufwendig gestaltete Feuerwerke, die für diese Frühzeit der Feuerwerkspraxis überliefert sind, wie das Feuerwerk in Augsburg 1519 anlässlich der Kaiserwahl Karls V. oder jenes in Nürnberg 1535 anlässlich der Eroberung von Tunis durch Karl V. bezogen sich auf das Kaisertum.146 Diese Tatsache verweist auf ein weiteres Charakteristikum dieses Festelements: Im Heiligen Römischen Reich waren es vor allem die Reichsstädte, die zuerst eine Feuerwerkstradition entwickelten, und weniger die Fürstenhöfe. Dabei lässt sich auch bei frühen höfischen Feuerwerken nicht selten ein Bezug auf Kaiser und Reich feststellen. So fand das Feuerwerk, das Hans Sebald Beham auf einem Riesenholzschnitt festhielt, anlässlich des Einzugs Kaiser Karls V. 1530 in die bayrische Residenz in München statt (Abb. 26).147 Da sich das Feuerwerk als Kunstform aus der militärischen Nutzung von explosiven Stoffen entwickelte, war von Beginn an eine enge Verbindung zwi-
145 Vgl. allgemein zur Entwicklung des Feuerwerks Lotz, Feuerwerk; Fähler, Feuerwerke; Kohler / Villon-Lechner, Kunst der Verschwendung; Behar / Watanabe-O’Kelly, Spectaculum Europaeum, S. 732–738; Möseneder, Art. Feuerwerk, in: RDK, Bd. 8, Sp. 530–607. Dabei wurde der Begriff „Feuerwerk“ zunächst für jeden konzertierten Einsatz von explosiven Materialien verwendet, unabhängig davon, ob dieser im Zusammenhang mit kriegerischen Ereignissen oder mit Festivitäten stattfand, bevor man dazu überging, im letzten Fall von „Lustfeuerwerken“ oder „Freudenfeuerwerken“ zu sprechen. Behar / Watanabe-O’Kelly, Spectaculum Europaeum, S. 732. 146 Zum Nürnberger Feuerwerk sind gleich zwei Einblattdrucke überliefert, eine gereimte Beschreibung von Hans Sachs sowie eine bildliche Darstellung von Erhard Schön. Sachs, Ein Spruch; Schön, Freuden ffeuer. Dargestellt war hier die überlebensgroße Figur Chaireddin Barbarossas, der Tunis zuvor erobert hatte, sowie mehrere kleinere Türkenfiguren, die während des Feuerwerks durch die Luft flogen. 147 Dieses Feuerwerk fehlt bei Fähler, Feuerwerke. Karl V. besuchte auf seinem Weg zum Augsburger Reichstag von 1530 gemeinsam mit Ferdinand I. und weiteren Fürsten Wilhelm IV. von Bayern in München, wo er am 10.06.1530 ankam. Kayserlich maiestat Einreyttung zu München (1530). Beim Empfang im Feld wurde ein Kampfspiel mit Erstürmung eines Feuerwerksschlosses aufgeführt. Beim Einzug in die Stadt wurde auf dem Hauptmarkt ein weiteres Feuerwerksschloss entzündet.
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schen Krieg und Fest gegeben.148 Diese zeigt sich zum einen darin, dass für militärische wie für friedliche Einsätze von ‚Feuerwaffen’ in der Regel dieselben städtischen oder höfischen Bediensteten zuständig waren. Erst ab dem Ende des 16. Jahrhunderts lässt sich eine Spezialisierung feststellen: So wurden an großen Fürstenhöfen eigene Feuerwerker beschäftigt, die sich allein der Ausrichtung besonders kunstvoller Feuerwerksinventionen widmeten. Zum anderen wurden Lustfeuerwerke im 16. Jahrhundert fast ausschließlich als Krieg inszeniert, wie dies der Holzschnitt von Beham illustriert. Dadurch ergab sich eine inhaltliche und formale Überschneidung von Kampfspiel und Feuerwerk, das im vorliegenden Beispiel zudem mit einer Art Militärparade gekoppelt war, welche das militärische Element der Aufführung noch verstärkte. Selbst bei jenen Feuerwerken, die keine Kampfszenen inszenierten, dürfte der Krieg als Allusionshorizont aufgrund der für das Feuerwerk typischen Verbindung von Feuer, Donner, Rauch und Zerstörung erhalten geblieben sein. Das Feuerwerk eignete sich hervorragend als Medium der Herrschaftsrepräsentation bei Kaisereinzügen, weil es im Hinblick auf seine politischen Botschaften zwei zentrale Dimensionen von Herrschaft vereinigte: überwältigender Glanz und immense Furcht. Nirgendwo sonst ließ sich das Strahlen der Herrschaft im wortwörtlichen Sinne inszenatorisch so gut mit der Demonstration militärischer Überlegenheit verbinden wie im Feuerwerk. Feuerwerke symbolisierten den Sieg des Lichtes über die Finsternis, aber auch die Beherrschung von in der Alltagserfahrung der Menschen unbeherrschbaren Naturgewalten wie Blitz und Donner, die nach zeitgenössischer Überzeugung als Ausdruck göttlichen Zorns über die sündige Menschheit kamen. Schon in der antiken Mythologie war es der Göttervater Jupiter, der als Strafe für menschliches Fehlverhalten Blitze auf die Erde schleuderte. Im Feuerwerk erschien zum Beispiel der Kaiser in dieser Rolle, der auch in Turnieraufzügen oder poetischem Herrscherlob als Jupiter auftrat oder von den Autoren apostrophiert wurde.149 Dabei blieb die Aufführung von aufwendigen, kunstvollen Feuerwerken aufgrund der notwendigen finanziellen Mittel und des technischen Wissens anfangs auf wenige Herrschaftsträger beschränkt, wodurch derartige Spektakel einen exklusiven, elitären Charakter aufwiesen. Die Angst vor einer Feuersnot stellte eine der wesentlichen kollektiven Ängste in der frühneuzeitlichen Gesellschaft dar. Schuld daran war das ernorme Vernichtungspotential des Feuers, das innerhalb sehr kurzer Zeiträume ganze 148 Kircher-Kannemann, Art. Feuerwerke, S. 522. Eingesetzt wurde beim Feuerwerk mit der Artillerie darüber hinaus eine junge Waffengattung, die nicht zu den modernsten, sondern auch zu den teuersten Waffen gehörte. 149 Vgl. dazu Kap. V.2.d.
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Städte zerstören konnte – eine Bedrohung, die sich auch durch die mit Beginn der Neuzeit intensivierten obrigkeitlichen Maßnahmen zum Feuerschutz kaum wirkungsvoll reduzieren ließ. Bei einem Kaisereinzug nahm diese Gefahr noch entscheidend zu, da sich nun eine viel größere Zahl von Menschen in den Städten drängte, zumal sich die Fremden selten um die geltenden Feuerschutzbestimmungen kümmerten.150 Angst hatte man aber nicht nur vor dem Feuer, das durch menschliches Versagen oder Naturgewalten hervorgerufen wurde, sondern auch vor künstlich gelegtem Feuer, wie dies die gesellschaftliche Phobie des Mordbrenners widerspiegelt, welche durch Massenmedien wie Einblattdrucke und Flugschriften angeheizt wurde.151 Im Feuerwerk konnte die Obrigkeit öffentlichkeitswirksam demonstrieren, dass sie dieses zerstörerische Element beherrschte und damit in der Lage war, eine allgegenwärtige Gefahr zu bannen. Das Feuerwerk diente somit als sichtbarer Ausweis von Herrschaftskompetenz, wobei es zugleich zur politischen und konfessionellen Belehrung der Untertanen eingesetzt werden konnte. Der Reiz der Feuerwerke bestand darüber hinaus in ihrem arkanen Charakter: Für die Mehrheit der Betrachter blieb es unverständlich, wie die überraschenden Lichterscheinungen, Farbspiele und Geräuscheffekte technisch produziert wurden. Zwar erschienen im 16. Jahrhundert vermehrt Lehrbücher zur Feuerwerkskunst, aber im Grunde behielt jeder Zeugmeister sein Spezialwissen zur Absicherung der eigenen Position für sich und gab es nur innerhalb der Familie weiter.152 Das Staunen der Rezipienten, ihr Rätseln über das Unerklärliche war durchaus intendiert, da es nicht nur ihre soziale, sondern auch kognitive Differenz zur politischen Elite verdeutlichte. Für manche Betrachter dürften besonders kunstvolle Feuerwerke auch einen magischen Charakter gehabt haben, da sie die Herrschaft über die Elemente sowie über die göttlichen Gewalten vergegenwärtigten, wobei die Magie des beherrschten Feuers für die Magie der 150 Es ist bezeichnend, wenn Peter Fleischmann zum Reichstag von 1594 abschließend
feststellt: „Auff diesen werenden Reichstag hat sich kein sonderer Rumor oder Aufflauff / weder bey Tag noch Nacht begeben / viel weniger grosse Fewers gefahr / sondern es ist alles fein still / friedlich vnd eingezogen abgeloffen“. Fleischmann, Kurtze und aigentliche Beschreibung. Die anlässlich solcher Ereignisse erlassenen Policeyordnungen enthielten mitunter zusätzliche Vorschriften zu dieser Thematik. Für den Einzug Maximilians II. 1570 in Nürnberg sollten die Bürger vor ihren Häusern Wasserbehälter deponieren. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 6 (I), fol. 15.
151 Vgl. dazu Scribner, ‚Mordbrenner‘ fear. Allgemein zu kollektiven Ängsten Delumeau, Angst im Abendland. 152 Zu den Druckschriften Behar / Watanabe-O‘Kelly, Spectaculum Europaeum, S. 732.
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Herrschaft stehen konnte.153 Daneben spielte sicher auch die Vorstellung über die reinigende Wirkung des Feuers eine Rolle: Im Feuerwerk wurde der dargestellte Feind nicht nur geschlagen, sondern überhaupt ausgelöscht und damit für alle Zeit unschädlich gemacht. Bei Herrschererhebungen fanden ab 1558 regelmäßig Feuerwerke statt, welche die Reichsstadt Frankfurt am Main ausrichtete.154 Nachdem 1558 zunächst ein recht bescheidenes Feuerwerk auf dem Römerplatz abgebrannt worden war, wurden die größer dimensionierten Feuerwerke von 1562 und 1612 auf den Main verlegt. Dadurch erhöhten sich die Sicherheit und zugleich die Sichtbarkeit der Inszenierungen, deren Lichteffekte durch die Spiegelung im Wasser in ihrer Wirkung verstärkt wurden. Die Ikonographie der verwendeten Feuerwerksschlösser zeichnete sich durch eine geringe Varianz aus. Das Zentrum der Inszenierung bildete ein mehrstöckiges Kastell aus Holz und Tuchwerk (Abb. 28).155 Das 1612 etwa 12 Meter hohe Gebäude wies vier runde Ecktürme auf, die Doppeladlerflaggen zierten (Abb. 29).156 Auf der oberen Plattform ragte ein sechseckiger Turm empor, an dessen Spitze auf einer goldenen Kugel als Symbol des Reiches ein bekrönter Doppeladler mit österreichischem Wappen stand, der auf das habsburgische Kaisertum verwies. Unterhalb sah man die Wappenfahnen der sieben Kurfürsten, womit die Bedeutung der Königswähler für die Herrschererhebung vergegenwärtigt wurde. Diese politischen Botschaften waren aufgrund ihrer Schlichtheit allgemeinverständlich.157 Im Inneren be153 Die ‚Magie der Herrschaft‘ besaß hier eine deutlich größere Nähe zu zeitgenössischen Vorstellungen von Magie als dies moderne soziologische Konzepte „magischer Herrschaft“ auszeichnet. Bourdieu, Sprache und symbolische Macht, besonders Kap. II; allgemein Mauss, Theorie der Magie. 154 Für Regensburg 1575 sind zum Ablauf des Feuerwerks keine Details überliefert. Für Frankfurt am Main 1558 vgl. Lersner, Chronica, Bd. 1, S. 69. Die Spektakel dauerten meist zwischen einer und drei Stunden. 155 Am 08.10.1562 übergaben die Baumeister einen Entwurf. Der Rat beschloss, dass „sie dasselbig uff das geringst von Holtz und tuchwerck machen lassen sollen als zuvor muglich“ und dass sie keine großen Geschütze verwenden sollten, um Kosten zu sparen. ISG Frankfurt am Main, Rst. F., BMB 1562, fol. 119; RP 1562, fol. 47’. 156 Hinsperg, Contrafactur des Feuerwercks. Der Einblattdruck ist mit einem Maßstab ohne Einheit versehen. Da es sich wahrscheinlich um Ellen handelt, ist von der angegebene Höhe auszugehen. Für das Feuerwerk von 1562 ist nur eine 50 Jahre danach entstandene Bildquelle überliefert (Abb. 28). Wahl und Crönungs Handlung (1610), o.S. Das dargestellte Feuerwerksschloss besitzt im Gegensatz zu Augenzeugenberichten, die von einem viereckigen Gebäude sprechen, einen kreisrunden Grundriss. Zur Entwicklung des Feuerwerksschlosses allgemein Schütte, Feuerwerksschlösser. 157 In der Toröffnung der untersten Etage stand Neptun, der während der Illumination zuerst erleuchtet wurde, bevor der Adler an der Spitze in hellem Glanz erstrahlte. Be-
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fanden sich Feuerwerkskörper, die nacheinander gezündet wurden, während das Kastell von mehreren Booten aus unter Beschuss genommen wurde. Damit wurde implizit die Bedrohung des Reiches durch äußere Feinde versinnbildlicht, ohne dass diese explizit benannt worden wären. Gleichzeitig feuerten die Geschütze auf den Stadtwällen, was ein weithin hörbares Getöse auslöste, „dass sich der Boden erschüttert“, während sich Rauchwolken über der Stadt verteilten.158 Deutlich wird auf diese Weise die multisensuale Natur des Feuerwerks: Man sah, hörte, fühlte und roch zugleich.159 Auch nach der Krönung Ferdinands II. 1619 wurde ein Feuerwerk veranstaltet, dessen Formensprache jedoch von früheren Feuerwerken abwich (Abb. 30).160 Als Vorbild hatten offenbar höfische Feuerwerksinszenierungen gedient, was verdeutlicht, dass inzwischen die Fürstenhöfe die Vorreiterrolle bei der Entwicklung dieses Festelementes übernommen hatten. Die Architektur des Feuerwerksschlosses erinnerte eher an ein Lustschloss als an ein Kastell. Am Schloss angebracht war in großen Lettern der von einem Lorbeerkranz bekrönte Name Ferdinands II., wodurch die Inszenierung anders als jene von 1612 stark personalisiert erschien. Diesen Eindruck unterstrich das Fehlen jeglicher Herrschaftssymbolik, die sich auf das Kurkollegium bezog, womit die zentrale Rolle der Kurfürsten als Königswähler symbolisch negiert wurde. Die Ikonographie spiegelte letztlich die politischen Rahmenbedingungen bei der Wahl dieses im Vorfeld stark umstrittenen Kaisers wider, zu der sich überhaupt nur drei Kurfürsten persönlich eingefunden hatten. Vor diesem Hintergrund erschien die zuvor im Feuerwerk versinnbildlichte Einheit zwischen Kaiser und Reich als obsolet. Vielmehr wirkte die gleißende Lichterscheinung wie eine Transfiguration des neuen Kaisers, der allein von Gott – und nicht
zeichnenderweise wurde die Figur von den Augenzeugen jedoch als Jupiter identifiziert. Electio et coronatio (1612), o.S. 158 Wahl und Crönungs Handlung (1610), o.S. 159 Beuther, Ordentliche Beschreibung, o.S. 1612 wurden angeblich 8.000 Raketen abgefeuert. Wahl- und Crönungshandlung, Das ist: Kurtze und warhafftige Beschreibung (1612). Auch 1562 hatte sich der Frankfurter Rat nach Meinung eines Augenzeugen „auß aller vnderthänigster gertrewer vnnd wolmeynender neygung / gegen Röm. Key. vnd Kön. Mayt als ihrer Höchsten / vnnd von Gott verordneter Oberheyt“ große Kosten aufgebürdet. Beuther, Ordentliche Verzeychniß, o.S. 160 Wahl und Krönung (1619), Illustration aus der Kupferstich-Serie von Johann Theodor de Bry. Auch in pyrotechnischer Hinsicht zeigt sich eine deutliche Weiterentwicklung. So wurden nun ganz verschiedene Raketenarten eingesetzt, darunter auch die im barocken Feuerwerk aufgrund ihrer Symbolik so beliebten Sonnenräder.
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von den Kurfürsten – auserwählt die Herrschaft des Reiches antrat.161 Dieses Feuerwerk versinnbildlichte den Herrschaftsbeginn Ferdinands II. als Beginn eines Goldenen Zeitalters, dessen Glanz die Betrachter blendete und zugleich selbst erstrahlen ließ. Bei Kaiserauftritten auf Reichstagen wurden keine derart aufwendigen Feuerwerke durchgeführt – auch dann nicht, wenn es sich um den ersten Reichstag eines Kaisers handelte.162 Dagegen brannte die Reichsstadt Nürnberg, die ohnehin als Zentrum der Pyrotechnik im Reich fungierte, seit jenem Karls V. 1541 regelmäßig Feuerwerke bei kaiserlichen Ersteinzügen ab.163 Die Ikonographie des Feuerwerks beim Einzug Maximilians II. von 1570 (Abb. 5) ähnelte jener von 1541.164 Beide Male errichtete man auf einer Bastei hinter dem Tiergärtner Tor zwei Feuerwerksschlösser, die durch ihre Architekturformen eindeutig als Evokationen des Heiligen Römischen und des Osmanischen Reiches identifizierbar waren. Nach einem gegenseitigen Beschuss, der für jeden Betrachter erkennbar die militärischen Konflikte zwischen beiden Seiten vergegenwärtigte, gingen die Schlösser in Flammen auf, während weitere Raketen abgeschossen wurden. Auf der symbolischen Ebene war damit der Kampf gegen den Erzfeind beendet, allerdings gingen auf diese Weise beide irdischen Reiche unter, womit 161 Im Matthäusevangelium (17,1-13) heißt es über die Verwandlung Jesu: „sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, seine Kleider aber wurden weiß wie Licht“, was in symbolischer Form in diesem Feuerwerk umgesetzt wurde, nur dass hier nicht die Person, sondern der Name des Kaisers erstrahlte. Vgl. dazu den Einblattdruck Wahre und Eigentliche Abcontrafactur (1619), auf dem ein Engel in einer Wolke Ferdinand II. die Reichsinsignien reicht. Vgl. die Deutung des Feuerwerks als Apotheose des Kaisers bei Wanger, Kaiserwahl, S. 152. 162 Zwar taucht vereinzelt der Begriff Feuerwerk in zeitgenössischen Berichten auf, damit scheint aber nur das Abfeuern von Geschützen gemeint gewesen zu sein. 1559 hatte die Reichsstadt Augsburg für den ersten Reichstag Ferdinands I. ein Feuerwerk vorbereitet gehabt, das jedoch durch einen unglücklichen Zufall bereits einige Tage zuvor explodierte, wodurch das Zeughaus teilweise zerstört und drei Büchsenmeister verletzt wurden. Der Kaiser schenkte den verletzten Büchsenmeistern 20 Gulden, die ihnen der Zeugmeister allerdings wieder abnahm, um davon die Arztkosten zu bezahlen. CDS, Bd. 32, S. 354. Bei den Reichstagen von 1566 und 1582 verzichtete die Reichsstadt deshalb von vornherein auf ein Feuerwerk. 163 Vgl. dazu Anzeygung des Freuden Feurs (1541). Schon 1540 wurde beim Einzug König Ferdinands I. ein Feuerwerk abgebrannt. Gold, Ehrenpforten, S. 33. 164 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 6 (I), fol. 6, 18’, 79f.; Weigel d.Ä., Eigentliche Contrafactur und abmahlung der zweier Schlösser; Amman, Eigentliche und ware Abcontrafactur. Verwendet wurde das für den Einzug Philipps von Spanien 1551 umsonst vorbereitete Feuerwerk. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 134 Nr. 18 (Kostenverzeichnis); ebd., Karten, Pläne und Stiche 35.1-3.
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im Sinne einer Vanitasdarstellung auf das ewig währende überirdische Reich verwiesen wurde. Der kolorierte Kupferstich von Jost Amman zeigt nicht nur den Ablauf des Feuerwerks, sondern auch die Reaktionen der Bevölkerung, die andächtig zuschaut, sich gegenseitig auf Lichterscheinungen hinweist oder auch von Panik erfasst wegzulaufen versucht.165 Der Künstler setzt überzeugend in Szene, wie die gesamte Kulisse der Stadt zur Bühne dieses Ereignisses wurde, dem die kaiserliche Familie von der Burg und die Bevölkerung der Stadt auf dem freien Feld zusahen. Deutlich wird die egalitäre Tendenz dieses Festelementes: Jeder Anwesende konnte sich unabhängig von Alter, Geschlecht oder sozialem Stand auf die gleiche Weise daran ergötzen. Allerdings war die Inszenierung von 1570 hinter dem gewaltigen Spektakel, das Amman visualisiert, erheblich zurückgeblieben, da der Regen die Schlösser zuvor derartig durchweicht hatte, dass sie eher qualmten als brannten, während viele Raketen überhaupt nicht oder zur falschen Zeit zündeten.166 Dieser Misserfolg hielt den Nürnberger Rat nicht davon ab, auch für den geplanten Kurfürstentag von 1580, bei dem Kaiser Rudolf II. erscheinen wollte, ein aufwendiges Feuerwerk vorzubereiten, welches allerdings eine ganz andere Formensprache auszeichnete.167 Hier war ein komplexes Programm von mehreren mythologischen Szenen vorgesehen gewesen, bei dem ein auf der Hydra reitender Herkules, der auf einem Wagen montiert war, auftreten sollte.168 Der detailliert ausgeführte Entwurf zeigt ein Kastell mit einer grazilen Brunnenarchitektur in der Mitte, während der Eingang als Triumphtor gestaltet ist, auf dem eine gerüstete Figur und zwei fahnentragende Putti stehen. Links davon 165 StA Nürnberg, Bildsammlung 35.15-17. Im Vordergrund links gehen drei Pferde durch, deren Reiter sich mühsam im Sattel zu halten versuchen. Im Hintergrund sind in den Fenstern der Burg ebenfalls Zuschauer zu erkennen. 166 Nach einer Stunde war die Aufführung vorbei, die im Gegensatz zu jener von 1541 die Adressaten weniger beeindruckt haben dürfte. StA Nürnberg, Hss. 32 (Müllners Annalen, Tl. 4), fol. 2271. Karl V. hatte 1541 angeblich geäußert, dass er etwas Derartiges zuvor noch nie gesehen habe. 167 Die Kosten des Feuerwerks betrugen mit 2.700 Gulden immerhin ein Achtel der Gesamtkosten des Kaiseraufenthaltes, die sich auf 21.358 Gulden beliefen. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 3 und 26, unfol. Vgl. Kircher, Kaiser, S. 167. 168 StA Nürnberg, Bildsammlung, Nr. 35.20-22. Abb. bei Gold, Ehrenpforten, S. 125. Zur Vorbereitung des Kurfürstentages vgl. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 1. Da der Kurfürstentag ausfiel, boten die Nürnberger schließlich dieses „herrlich, vnd Gwaltig schönes Feürwerckh“ der Reichsstadt Augsburg für den Reichstag von 1582 an, um die umsonst aufgewendeten Kosten wieder hereinzuholen, die Augsburger lehnten aber ab. SSB Augsburg, 2°Cod. S 40, fol. 23f.
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ist die Figur eines wilden Mannes zu sehen, auf den sich auch die idealisierende Naturdarstellung an den Mauern des Kastells mit ihrer reichen Flora und Fauna bezieht.169 Das hohe Niveau der verwendeten Formen und die handwerkliche Qualität belegen den Sonderstatus der Reichsstadt Nürnberg, die mit fürstlichen Festinventionen ohne Weiteres konkurrieren konnte und sich offenbar zunehmend an diesen orientierte.170 Im Vergleich dazu stellte das Nürnberger Feuerwerk von 1612 in formaler Hinsicht einen klaren Rückschritt dar. Das Feuerwerksschloss bestand aus einem Rundturm mit umlaufendem Balustradenaufgang, dessen Zwiebelkuppel von einer Fahne bekrönt wurde, welche die drei Kronen des Kaisers zeigte.171 Außerdem kam es im Vorfeld zu einem heftigen Streit zwischen dem Rat und dem Zeughausmeister, der sich in seinen Entwurf nicht hineinreden lassen wollte.172 Dass ein Schreinermeister bei der Arbeit am Feuerwerksschloss tödlich verunglückte, erschien den Nürnbergern im Nachhinein als schlechtes Omen, an dem man die kommende Katastrophe hätte ablesen können, denn auch diese Inszenierung scheiterte. Anstatt des subtil ausgearbeiteten Planes, nach dem die Raketen mit maximalem Effekt nacheinander gezündet werden sollten, explodierten alle Sprengkörper zugleich. Das außer Kontrolle geratene Feuer und die herumfliegende Munition beschädigten mehrere Häuser, wobei eine Magd so schwer verletzt wurde, dass sie wenig später starb. Der Ratsschreiber Johannes Müllner hielt deshalb verärgert fest: „Ist also mit diesem Feuerwerck, darauf großer uncosten gewendet, fasst der größte schimpff eingelegt worden“.173 Die Tatsache, dass der Kaiser das Feuerwerk gegen den Willen des Nürnberger Rates aufgrund der unter der Bevölkerung ausbrechenden Panik beendete und damit demonstrierte, wer im Zweifelsfall tatsächlich das Sagen hatte, dürfte der Reputation des Ratsregiments kaum zuträglich gewesen sein. 169 Wilde Männer in Kombination mit Bären und Hirschen waren in diesem Rahmen ein sehr häufiges Motiv. Sie versinnbildlichten die Beherrschung der ungezähmten Natur, die als ein Handlungsmotiv unter anderen den Reiz der höfischen Jagd ausmachte. Zum „wilden Mann“ in Festinventionen siehe Schnitzer, Maskeraden, S. 190. 170 Offenbar ließen sich die Nürnberger durch das Dresdner Feuerwerk von 1575 thematisch inspirieren, bei dem ähnliche Motive verwendet worden waren. Der Nürnberger Rat kaufte zu diesem Zweck öfter Beschreibungen höfischer Festlichkeiten an. Vgl. dazu Kap. VI.3. 171 Abb. in Gold, Ehrenpforten, S. 161. Die Fahnen sind nicht alle genau erkennbar. 172 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5, fol. 53’–55. Im Folgenden ebd., fol. 215’–216 sowie Gold, Ehrenpforten, S. 51. 173 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5, fol. 216. Schuld war für Müllner der Zeughausmeister, der alles allein habe machen wollen. Im Folgenden ebd., sowie schon Kircher, Kaiser, S. 167.
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Auch bei Kaisereinzügen in fürstliche Residenzen spielten aufwendige Feuerwerke ab dem 2. Viertel des 16. Jahrhunderts eine wichtige Rolle, wie dies bereits das oben angeführte Feuerwerk beim Einzug Karls V. 1530 in München verdeutlichte. August von Sachsen veranstaltete 1575 „ob graciosissimum citius adventum“ Maximilians II. ein Feuerwerk auf dem Schlosswall in vier Akten mit wechselnden Bühnenbildern.174 Auf einem großen Triumphbogen stand jeweils eine Figurengruppe, an deren Sockel eine Inschrift angebracht war (Abb. 6). Drei der Bilder zeigten einen wilden Mann mit einem Bären und einem Hirsch sowie einen Feldherrn auf einem Löwen, während die deutschen Inschriften eine Widmung an den Kaiser enthielten, die mit dem Wunsch für Kaiser und Kurfürst endete: „Gott laß Sy beed zu wolfart wachsen.“175 Den dramatischen Höhepunkt stellte jedoch ein viertes Bild dar, das einen Herkules auf einem Drachen zeigte und die folgende Inschrift aufwies: Ut Hydram Hercules numerosum licet monstrum igne tandem vicit et mori docuit, Sic Augustus Dux Saxonum et Elector Heros inclytus Sectam calvinistam in has terras irreptam et dissimulanter nutritam Deo vivente et supprimet et vincet.176
Die Inszenierung verkörperte eine unmissverständliche Drohung gegenüber den Kryptocalvinisten im eigenen Territorium, denen der als Herkules apostrophierte Kurfürst unterstellte, sich gegen seine Herrschaft verschworen zu haben. Die intensiven Bemühungen Augusts, den Kaiser nach Dresden zu holen, hatten auch darauf gezielt, den konfessionellen Gegnern die eigene Machtposition im Reich 174 Zitiert nach Rachel, Fürstenbesuche, Tl. 2, S. 240. Am Hof der Albertiner bildete sich früh eine Feuerwerkstradition aus: Bereits bei der Hochzeit Augusts von Sachsen mit Anna von Dänemark 1547 kamen Feuerwerke zum Einsatz. Bei seinem Herrschaftsantritt 1553 veranstaltete August erneut ein Feuerwerk, welches seinen unerwarteten Aufstieg zum Kurfürsten wirkungsvoll untermalte. Dazu Kohler, Rituale. 1617 veranstaltete Johann Georg I. nur ein bescheidenes Feuerwerk. Vgl. Fähler, Feuerwerke, S. 95f., welcher davon ausgeht, dass die Invention mit Neptun und Meerjungfrauen zum Feuerwerk gehörte, obwohl dies zeitgenössische Berichte nicht eindeutig belegen. 175 Rachel, Fürstenbesuche, Tl. 2, S. 240; Brückner, Festlichkeiten, S. 239f. Eine Quelle berichtet, dass an einem Bogen auch das Bildnis Calvins angebracht gewesen sei, das im Rahmen der Inszenierung ebenfalls in Flammen aufging (Abb. 6). Vgl. Kap. VI.2.d. 176 „So wie Herkules die Hydra, das vielköpfige Ungeheuer, endlich durch das Feuer besiegte und sterben lehrte, so wird der ruhmreiche Held August, Herzog von Sachsen und Churfürst, die in diesen Landen heimlich eingeschlichene und genährte calvinistische Sekte mit Gottes Hilfe unterdrücken und überwinden.“ Zitiert nach Rachel, Fürstenbesuche, Tl. 2, S. 240.
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und damit die Stabilität der Herrschaft zu verdeutlichen.177 Durch die Nutzung der lateinischen Sprache warnte August die dem Calvinismus nahestehenden Untertanen am eigenen Hof, die über eine entsprechende Bildung verfügten. Die einfache Bevölkerung bekam von dieser konfessionellen Manifestation dagegen kaum etwas mit, wodurch das Thema nicht stärker publik gemacht wurde als unbedingt notwendig. Dass der Kurfürst metaphorisch ausgerechnet auf das Feuer zum Kampf gegen abweichende Glaubensvorstellungen setzte, dürfte im Zeitalter der Ketzerverfolgungen unschöne Assoziationen geweckt haben. Dabei sollte der Calvinismus symbolisch mit seinen eigenen Mitteln geschlagen werden, denn das Feuer des Drachen sollte sich am Ende gegen ihn selbst richten. Allerdings verlief diese Invention überhaupt nicht nach Plan: Am Ende explodierte nämlich nicht die Hydra, sondern der Herkules. So hielt der Kryptocalvinist Urban Pierius voller Schadenfreude fest: „Waß auch dieser zum offentlichen spectacul aufgerichter Hercules fur schaden gethan, do daß feuerwerck angieng, ist nicht heimlich: Sintemal er nicht die Hydram zerschmetterte, sonder ein wenig gebraßelt und gesplitzt und, nachdem er zur seiten außgeschlagen, viel Leute verderbet, die nahe umbher gestanden.“178 Es war also August von Sachsen, der am Ende des Spektakels zu Boden ging und als unbeabsichtigtes Spiegelbild seines harten Vorgehens gegen die Kryptocalvinisten auch noch seinem eigenen Hofpersonal Schaden zufügte.179 Kaiser Maximilian II., dem theologischer Dogmatismus zuwider war, dürfte diese Inszenierung ohnehin wenig zugesagt haben. Auch den Predigten des sächsischen Hofpredigers Martin Mirus, in denen dieser gegen die konfessionellen Gegner des Kurfürsten wetterte, 177 Bereits 1574 hatte August von Sachsen den kursächsischen Kanzler Georg Cracow und den Leibarzt Kaspar Peucer festgesetzt, wobei ersterer an den Folgen der Folter starb. Kurz vor dem Besuch berichtete der bayrische Agent am Kaiserhof an Herzog Albrecht V., dass Cracow erneut aufgezogen worden sei, was eine besonders schmerzhafte Form der Folter war. HStA München, KÄA 4349, fol. 276’. Für die Freilassung Peucers setzte sich Maximilian II. persönlich ohne Erfolg beim Kurfürsten ein. Beim Besuch Karls von Innerösterreich 1581 ließ August erneut eine Invention mit anticalvinistischer Botschaft aufführen. SLUB, Hss. J 17. Vgl. auch Sieber, Volk, S. 112f. 178 Pierius, Geschichte der kursächsischen Kirchen- und Schulreformation, S. 99. Darüber hinaus warf Pierius dem sächsischen Kurfürsten bei dieser Gelegenheit gleich noch mangelnde humanistische Bildung vor, womit er implizit den Anspruch vertrat, der Calvinismus sei dem Luthertum intellektuell überlegen: „Do dann in der Grammatica schendlich verstossen war, indem irreptam pro irrepentem gesetzt worden.“ Ebd. 179 Auch der kurpfälzische Rat Marcus zum Lamm berichtete erfreut, die ganze Inszenierung sei durch einen Platzregen erheblich beeinträchtigt worden, was auf der symbolischen Ebene bedeutete, dass die im Wetter wirkende, göttliche Gewalt sich am Ende gegen den Urheber selbst gerichtet hatte. ULB Darmstadt, Hs. 1971, Bd. 6, fol. 70–76, hier 70; auch AdS Florenz, Mediceo del Principato 4333, fol. 122’–123.
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konnte der Kaiser wenig abgewinnen.180 August von Sachsen verdeutlichte dem Kaiser jedoch durch solche Aktivitäten eindrücklich, dass dieser sich nicht in innenpolitische Fragen einzumischen habe. Der Blick auf die Feuerwerkspraxis zeigt, dass das Feuerwerk als vergleichsweise neues Element der Herrschaftsrepräsentation aufgrund seiner technischen Komplexität, der freigesetzten Zerstörungskraft und der starken Wetterabhängigkeit eines der störungsanfälligsten Festelemente im Rahmen von Kaisereinzügen überhaupt darstellte. Nicht selten demonstrierten die Gastgeber dabei unfreiwillig, dass sie den gezielten Umgang mit Kanonen und Raketen doch nicht wirklich beherrschten, wodurch die beabsichtigte Darstellung von Herrschaftskompetenz und militärischer Stärke genau ins Gegenteil verkehrt wurde. Jedoch erschien die potentiell mögliche Akkumulation symbolischer Macht offenbar als derart erstrebenswert, dass man die mit der Durchführung von Feuerwerken verbundenen Gefahren bewusst in Kauf nahm. Denn das Feuerwerk war ein Herrschaftssymbol per se – unabhängig davon, welche Dramaturgie die Akteure in einer bestimmten historischen Situation aufführten und welcher Ikonographie sie sich dabei bedienten.
4. Schenken und Empfangen: Gabenakte Schenkakte stellten bei Kaiserbesuchen eine durch die Tradition vorgegebene und durch ein bestimmtes Zeremoniell geregelte Form des Gabentausches dar.181 Sie verkörperten ein zentrales Element der zeitgenössischen politischen Kultur, durch das soziale Beziehungen zwischen politischen Akteuren etabliert, intensiviert und für die Durchsetzung ihrer politischen Ziele belastbar gemacht werden sollten.182 Geschenke fungierten als „Beziehungszeichen“: Sie gaben Werturteile über den Empfänger ab und vergegenwärtigten die aktuelle Quali180 Pierius berichtet, dass Mirus „auff die papisten alßo stocherte, daß Ihre Majestät darfürhielten, der papisten meinung were nicht gründlich und eigentlich angezogen“. Pierius, Geschichte der kursächsischen Kirchen- und Schulreformation, S. 100. 181 Vgl. die Idee des Gabentausches als einem sozialen Totalphänomen mit rechtlicher, wirtschaftlicher, religiöser, ästhetischer und sozialer Funktion bei Mauss, Gabe; des weiteren Godelier, Rätsel der Gabe. Der Kaisereinzug ließe sich insgesamt als Gabentausch beschreiben, darauf wird jedoch hier verzichtet und vielmehr der Schwerpunkt auf den Austausch materieller Gaben gelegt. 182 Zur inzwischen ausufernden Forschung zu diesem Themenfeld allgemein Davis, schenkende Gesellschaft; Berking, Schenken; Groebner, Gefährliche Geschenke; Algazi / Gröbner / Jussen, Negotiating the Gift; Adloff / Mau, Geben und Nehmen; Wagner-Hasel, Stoff der Gaben; Schröder, Macht und Gabe.
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tät der Beziehungen zwischen Geber und Empfänger.183 Da Schenkungen nicht nur innerhalb einer, sondern auch zwischen unterschiedlichen sozialen Ebenen stattfanden, fungierten sie zugleich als Instrument der sozialen Distinktion. Vielfach ließ man auch Untergebenen Geschenke reichen, durch die vergangene Leistungen belohnt oder ein moralischer Anspruch auf solche in der Zukunft erworben werden sollten. Der Empfänger äußerte mündlich oder schriftlich seinen Dank und verband damit als Zeichen der in seinem Ergebnis entstehenden Leistungsasymmetrie zwischen Geber und Empfänger nicht selten das Eingeständnis, durch die Annahme der Gabe in der Schuld des Gebers zu stehen. Schenkvorgänge bei Herrscherbesuchen können als eine anthropologische Konstante betrachtet werden, die schon in archaischen Gesellschaften zu beobachten ist; stark zeitgebunden und kontextspezifisch waren allerdings die Formen, in denen sie jeweils durchgeführt wurden.184 Besonders in diesem Kontext wird die große Spannweite von Gabenakten in der Frühen Neuzeit deutlich: So gab es Schenkungen aus freien Stücken, die meist aus einer spezifischen Situation heraus entstanden, es gab Schenkungen auf der Grundlage der geltenden sozialen Normen, bei welchen der Geber durch das Wissen um gesellschaftliche Erwartungen einen moralischen Zwang zur Gabe empfinden konnte und es gab Schenkungen auf der Basis gewohnheitsrechtlich verankerter Ansprüche bestimmter Personen auf bestimmte Gaben. In der Goldenen Bulle (Art. XXVII) existierten schriftlich fixierte Rechtsnormen, die in Wert und Form definierte Gaben für bestimmte Empfänger festlegten. Die Frage, ob es sich in diesen Fällen um Geschenke im eigentlichen Sinne handelt, geht dabei am Kern der Sache vorbei, denn entscheidend war, dass alle diese Gaben von den Gebern als solche deklariert wurden und die Empfänger selten widersprachen, denn ein Geschenk war in der „schenkenden Gesellschaft“185 der Frühen Neuzeit immer mehr als nur eine materielle Leistung. Bei Kaiserauftritten kam es zu einer Vielzahl von mehr oder weniger komplexen Schenkvorgängen, wobei an dieser Stelle nur diejenigen behandelt werden
183 Goffmann, Individuum, S. 254. 184 Für Gaben bei Fürstenbesuchen im Spätmittelalter Ehm, Hof. 185 So der treffende Titel des Buches von Davis, schenkende Gesellschaft, in dem die Schenkpraxis allerdings oft unter negativen Vorzeichen beleuchtet wird. Als „Verehrung“ beinhaltete ein Geschenk sowohl eine Aussage über die Ehre des Empfängers, als es diese auch vermehrte. Zwar konnten unangemessene Geschenke die Ehre eines Empfängers mindern, jedoch bestand dabei immer auch die Gefahr eines Ehrverlustes für den Geber.
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können, die als spezifisch für diese Ereignisse erscheinen.186 Dies geschieht auf exemplarische Weise, indem unterschiedliche Akteure und Schenkökonomien, die mit spezifischen Öffentlichkeiten verbunden waren, im Vordergrund stehen, auch wenn sich durchaus Überschneidungen feststellen lassen. So geht es zunächst um die Schenkpraxis bei Kaisereinzügen in Reichsstädten, bei welchem die Reichsstadt als Geber auftrat. Ein zweiter Abschnitt behandelt Gaben bei Einzügen in Fürstenresidenzen, bei welchen sowohl der empfangende Fürst als auch der Kaiser in großem Stile schenkten, während sich ein dritter Abschnitt der Gabenpraxis bei Investiturakten widmet und sich auf den Kaiser als Geber konzentiert. a) Die Gabe als Herrscherdienst In den Reichsstädten war es ein gängiger Brauch, hochrangigen Gästen bei ihrem ersten Besuch in der Stadt Geschenke zu überreichen.187 Die Gabe richtete sich nach dem Rang der jeweiligen Empfänger, wodurch die Schenkpraxis zugleich die Rangordnung innerhalb des Reiches abbildete. Da die Kaiser an der Spitze der Rangpyramide standen und als Stadtoberhaupt fungierten, erhielten sie die mit Abstand wertvollsten Geschenke. Die Ehre, welche den Gästen mit einer Schenkung erwiesen wurde, bestand jedoch nicht nur im Wert der Gaben, sondern auch in den spezifischen Formen, in denen der Schenkakt erfolgte. Der Rang der Überbringer wurde sorgfältig auf den Rang der Empfänger abgestimmt, so dass in der Regel die hochrangigsten Vertreter des Ratsregiments dem Kaiser die Schenk, begleitet von einem feierlichen Sprechakt, überbrachten. Die Praxis hielten die Stadtschreiber in Schenkbüchern fest, wobei den nach dem Rang des Empfängers gegliederten Aufzeichnungen im Sinne des Herkommens ein quasi normativer Status zukam.188 Reichsstädtische Schenkakte waren damit bereits am Beginn der Neuzeit stark institutionali186 Zu den vier Komponenten des Schenkens (das Geschenk, die Handlungssequenz des Gebens und Nehmens, Deutungsprozesse und Gefühlsnormen) Berking, Schenken, S. 19. Almosen, die als Ausdruck herrscherlicher Caritas sowohl inner- als auch außerhalb der kaiserlichen Residenz durch den Elemosinarius verteilt wurden, waren zum Beispiel nicht ereignisspezifisch. 1617 wurden in Dresden 246 Gulden verteilt. HKA Wien, HZB 1617, fol. 114. Nicht berücksichtigt werden außerdem Geschenke an den Kaiser, die der Geber nur deshalb präsentierte, damit er ein Gegengeschenk erhielt. 187 Vgl. dazu die kurzen Ausführungen bei Aulinger, Bild des Reichstags, S. 200f. 188 Dazu ausführlich Kap. VI.1.a; für Nürnberg siehe StA Nürnberg, Amts- und Standbücher 312, 314, 316, 318, 321 (Extrakte von Müllner).
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siert, sowohl was den Wert und die Art der Gaben als auch was das Schenkverfahren betrifft. Bei den Gaben an den Kaiser müssen zwei Sachverhalte unterschieden werden. Bei jedem Besuch stellten die Reichsstädte zunächst dem kaiserlichen Hof Lebensmittel und Futterstoffe zur Verfügung.189 Traditionell erhielt der Herrscher Wein, Fische und Hafer, wobei die Menge je nach Dauer des Aufenthaltes und der Zahl der Personen differieren konnte. Diese Praxis kann teilweise aus der mittelalterlichen Königsgastung als Dienst der Reichsstadt am Reichsoberhaupt hergeleitet werden.190 Deshalb wurde hier auch nicht zwischen Erst- und Folgeeinzügen differenziert. Dem Kaiser zogen oft schon ins letzte Nachtlager Abgesandte des städtischen Rates entgegen, um ihm eine erste, kleinere Menge an Viktualien zu überbringen. Eine zweite, deutlich umfangreichere Lieferung erfolgte noch am Tag des Einzugs, wenn der Kaiser in seiner Herberge angekommen war; mitunter wurde auch Wegzehrung für die Weiterreise des Kaisers zur Verfügung gestellt. Die Gaben arrangierte man auf so genannten Schenkwägen, die mit dem Wappen der Stadt verziert waren.191 Ihr Umfang war in größeren Reichsstädten erheblich, reichte aber bewusst nicht für den Unterhalt des gesamten Kaiserhofes aus, damit nicht der Eindruck entstand, die Stadt halte den Herrscherhof überhaupt frei. Das Hauptgeschenk hingegen, den so genannten Willkomm, präsentierten die Vertreter des Ratsregiments als eine Art materielle Huldigung dem Kaiser meist erst am Morgen nach dem Einzug im Rahmen einer Audienz. Die Sprechakte bei der Übergabe repetierten im Wesentlichen die Inhalte der Empfangsreden während des Adventus.192 Das Lob des Herrschers, der sich zum Beispiel im Falle Nürnbergs angeblich „bisher in allen gemeiner stadt obliegenheiten anders nicht als ein gerechter, löblicher kaiser erzeigt“ habe, formulierte zugleich die Erwartung, der Kaiser möge sich auch in Zukunft so verhalten.193 Die 1612 geäußerte Bitte an den Kaiser, „mit solchen wiewol schlechten und geringen Praesenten allergnedigist für lieb zunehmen“, fungierte einerseits als demonstrative 189 In Nürnberg wurden 1541 360 Liter Wein, drei weitere Weinwagen, acht Schaff Fische, 3.700 kg Hafer geliefert. Gold, Ehrenpforten, S. 31; Kircher, Kaiser, S. 34. 1570 gab der Nürnberger Rat 900 Gulden dafür aus; 1612 waren es 1.300 Gulden. StA Nürnberg, A.St.B 318, fol. 7’–8. Erfasst ist hier nur der als Ersteinzug zu bewertende Herrschereinzug, nicht jedoch der jeweils zweite Aufenthalt dieser Kaiser in diesem Jahr. 190 Vgl. dazu allgemein Peyer, Reisekönigtum; Martin, Weg zum Reichstag, S. 147; Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 391f. 191 Abb. in Kircher, Kaiser, Tafel XXIIIf. 192 Vgl. oben Kap. II.1.b. 193 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 6 (I), fol. 69’–70’, 77f.; Kircher, Kaiser, S. 125f.
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Geste der Unterordnung unter das Stadtoberhaupt, andererseits sollte gerade die verbale Herabsetzung der Geschenke ihren hohen künstlerischen und materiellen Wert unterstreichen.194 Der Willkomm bestand traditionell in einem Doppelpokal aus vergoldetem Silber, der mit Münzen gefüllt war (Tab. 8). Der Wert dieser Gabe war bei einem Ersteinzug regelmäßig deutlich größer als bei einem Folgeeinzug.195 Denn das Überreichen von Münzen, das bei Kaisereinzügen erst im 15. Jahrhundert üblich wurde, stand symbolisch für die Bereitschaft der Reichsstädte, auch dem neuen Kaiser Steuern zu zahlen. Es verkörperte eine Art Leistungsversprechen für die Zukunft, durch das die im Zuge der Herrscherinvestitur generierten Herrschaftsbeziehungen zwischen der Reichsstadt und ihrem neuen Stadtoberhaupt bestätigt werden sollten. Im 16. Jahrhundert gingen größere Reichsstädte dazu über, aus diesem Anlass Münzen zu prägen, wodurch sie ihr Recht auf Münzprägung als wichtiges Hoheitsrecht und kaiserliches Privileg zur Schau stellten. Die beigefügte Münzmenge richtete sich nach der Größe und Wirtschaftskraft der Reichsstadt, so dass im Rahmen solcher Schenkakte eine ökonomische Rangfolge unter den Reichsstädten aufgeführt wurde. Dabei überreichte in der Regel Augsburg dem Kaiser die höchste Summe bei Ersteinzügen, nämlich 2.000 Gulden, so beim Einzug Ferdinands I. 1558 oder bei jenem Maximilians II. 1566.196 Matthias erhielt 1612 in Rothenburg ob der Tauber 200 Goldgulden, 1613 in Regensburg 500 Goldgulden.197 Die Reichsstadt Nürnberg füllte ihre Pokale mit Ausnahme Karls V., der 2.000 Gulden erhielt, in der Regel mit 1.000 Stadtgulden.198 Auf diese Weise ließ sich zwischen Kaiser und Römischem König differenzieren, denn Ferdinand I. erhielt beim 194 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5, fol. 218. 195 Matthias erhielt bei seinem ersten Nürnberger Einzug vor der Wahl einen Pokal im Wert von 450 Gulden, StA Nürnberg, Rst. N., RV 1869, fol. 54’. 196 CDS, Bd. 32, S. 333f.; Häberlin, Reichs-Geschichte, Bd. 6, S. 135. Karl V. bekam auch hier mehr als andere Kaiser, so 1530 1.000 Dukaten, 1.000 ungarische Dukaten und 1.000 Augsburger Gulden. Aulinger, Bild des Reichstags, S. 200. Beim ersten Besuch Maximilians I. als Kaiser 1496 in Augsburg waren es nur 1.000 Gulden gewesen, 1489 als König nur 500. Böhm, Reichsstadt, S. 182. 197 StadtA Rothenburg o.d.T., Stadtrechnungen 527, fol. 321. Insgesamt wurden 1612 1.582 Gulden für Geschenke an das Kaiserpaar ausgegeben, darunter 480 Gulden für Viktualien. StadtA Rothenburg o.d.T., B 541, fol. 90–97. Karl V. und Ferdinand I. scheinen 1546 und 1558 nur einen Pokal sowie Wein, Hafer und Fische erhalten zu haben. Ebd., B 541, fol. 46, 70. Der Pokal in Regensburg besaß einen Wert von 235 Gulden. Gumpelzhaimer, Regensburg’s Geschichte, S. 996. 198 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 150, Nr. 1, unfol.; Amts- und Standbücher 318, fol. 26’. Zu den Gründen vgl. Rudolph, Fürstliche Gaben, Kap. II.
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Ersteinzug in dieser Funktion 1540 einen mit 1.000 Gulden gefüllten Pokal. Bei seinem erneuten Einzug 1542 erhielt er diese Summe nochmals, jedoch – wie der Nürnberger Rat explizit feststellte – „nit aus einer gerechtigkeit oder gepreuchlichen gewonheit“, sondern weil man den wegen eines verweigerten Darlehens verärgerten König günstig stimmen wollte.199 Dies zeigt, dass die Reichsstädte ihre Gabenpraxis auch an die aktuelle politische Wetterlage anpassten und keineswegs nur auf der Basis des Herkommens agierten. Dies gilt auch für den Besuch Maximilians II. 1570 in Nürnberg, denn hier lässt sich ein Bruch mit der Schenktradition feststellen – sowohl was die Art der Gabe als auch was ihren materiellen Umfang angeht. Der Kaiser erhielt ein silbernes Schreibzeug mit einem Uhrwerk, dessen Wert allein schon 2.000 Gulden betrug.200 Nachdem der erste Reichstag Maximilians II. nicht in Nürnberg stattgefunden hatte, war man froh, wieder einen Kaiser empfangen zu können. Außerdem dürfte auf diese Weise auch die konfessionell offene Haltung dieses Kaisers gewürdigt worden sein. Zugleich wurde die Gabe individualisiert: Beschenkt wurde nicht allein die Institution des Kaisertums, sondern die individuelle Person des Kaisers. Die inliegenden 1.000 Goldgulden waren auf der Vorderseite mit dem Bildnis des Kaisers in Halbfigur mit Reichszepter und Reichsapfel, auf der Rückseite mit dem Nürnberger Wappenschild versehen.201 Kaiserin Maria überreichte der Rat eine Prunkkassette mit vergoldeten Silberbeschlägen (Abb. 10), für die er ebenfalls fast 2.000 Gulden ausgegeben hatte.202 Das Werk, dessen Wert aufgrund seiner künstlerischen Qualität seinen 199 Timann, Goldschmiedearbeiten, S. 223. 200 Insgesamt gab die Reichsstadt für die Gaben 1570 die erhebliche Summe von über 8.800 Gulden aus. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 134, Nr. 26, unfol. 201 Abb. bei Kircher, Kaiser, Tafel XIf. Das Kaiserpaar scheint offenbar einige dieser Goldmünzen sofort an Mitglieder seines Hofstaates weitergereicht zu haben, denn für 1612 ist überliefert, dass das kaiserliche Gesinde beim Rat vorstellig wurde, um die neu geprägten Goldgulden einwechseln zu lassen. Der Rat hatte die Hofbedienten allerdings im Verdacht, auf diese Weise nur eine zusätzliche Verehrung herausholen zu wollen und wies den betreffenden Amtmann an, auf keinen Fall ein Aufgeld zu bezahlen. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5, fol. 224’. 202 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 134, Nr. 26, unfol. Beide Werke stammten aus der Werkstatt des Nürnberger Goldschmieds Wenzel Jamnitzer und waren als Kaisergeschenke angekauft worden. Dazu ausführlich Rudolph, Fürstliche Gaben. Kurz vor dem Kaiserbesuch hatte Jamnitzer die Werke mit der Jahreszahl 1570, dem Namen der Empfänger und deren Wappen versehen. Timmann, Goldschmiedearbeiten, S. 223f. Ob die 1557 dazu verfassten Lobgedichte mit übergeben wurden, ist nicht überliefert. Die Kinder des Paares erhielten Pokale und Trinkgeschirre, wobei der Wert der Geschenke für die zukünftigen Königinnen Anna und Elisabeth den für ihre Brüder deutlich überstieg. StA Nürnberg, A.St.B 321, fol. 16’.
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Materialwert deutlich übertraf, zeigt ein humanistisches Tugendenprogramm, das ein an antiken Vorstellungen geschultes Menschenideal formuliert, welches auf einen klugen Umgang mit der Macht zum Wohl der Bevölkerung setzt.203 Gerade dieses Geschenk verdeutlicht die komplexen semantischen Bezüge solcher Gaben, die nicht nur aus der Qualität der Gabe, sondern auch aus dem Umgang mit dieser durch den Empfänger resultieren konnten. Aus der Perspektive der Reichsstadt sollte das Geschenk Verhaltenserwartungen an das Kaiserpaar formulieren, als Werbeträger für den hohen Stand des lokalen Handwerks dienen, die finanzielle und kulturelle Leistungskraft der Stadt und nicht zuletzt ihre enge Bindung an das Herrscherhaus zur Schau stellen. Indem Maria dieses Geschenk gemeinsam mit einer Reliquie des Hl. Victor, die fortan darin aufbewahrt wurde, dem von ihrer Schwester gegründeten Monasterio de las Descalzas Reales in Madrid stiftete, brachte sie demonstrativ ihre eigene Katholizität, aber auch ihre besondere Wertschätzung dieses Gegenstandes zum Ausdruck.204 Auf diese Weise wurde die Truhe, die nicht für eine religiöse Nutzung gedacht gewesen war, zum sakralen Gerät. Zugleich bekam der Schenkakt dadurch eine nachhaltige Qualität, da dieser Artefakt sonst sicher nicht derart lange überdauert hätte. Kaiser Matthias erhielt 1612 allerdings wieder den traditionellen Doppelpokal, dessen Wert nicht annähernd dem des Geschenkes für seinen Vater 1570 entsprach.205 Dass die Stadt diesem Kaiser reservierter gegenüberstand als seinem Vater, zeigt auch die Tatsache, dass der Wert der Gabe nur unwesentlich über dem jener lag, die dem schwedischen König Gustav II. Adolf bei seinem Einzug am 21. März 1632 verehrt werden sollte.206 Kaiserin Anna überreichte der Nürnberger Rat dagegen ein Geschenk, dessen Wert den der Gabe für den Kaiser sogar überstieg. Der Damensekretär mit vergoldeten Silberbeschlägen war für knapp 1.500 Gulden angekauft worden, wobei sich inliegend 500 Gold203 So wurden mit Cognitio, Doctrina und Sapientia gleich drei Tugenden dargestellt, die auf die Bedeutung von Gelehrsamkeit und Erkenntnis verweisen. Der Potentia stehen mit Mansuetudo, Gratia, Probitas und Humanitas vier Tugenden gegenüber, die für eine Zügelung der Machtausübung stehen. Die Ansicht Tebbes, die Kassette zeige „keine religiösen Bezüge“, trifft nicht zu, da schließlich auch drei christliche Tugenden dargestellt waren. Tebbe, Sakrales Gerät, S. 201. 204 Ebd. Es wurde von der neuen spanischen Königin Anna überbracht. 205 Siehe StA Nürnberg, Bildsammlung, Nr. 38; Abb. des Pokals bei Kircher, Kaiser, Tafel XXV. Bereits in Frankfurt am Main hatte die Reichsstadt dem Kaiser als Krönungsgabe einen Pokal mit 800 neu geprägten Goldgulden überreicht. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5, fol. 90’–91. 206 Der König bekam zwei Globuspokale geschenkt. StA Nürnberg, Rst. N., A.St.B. 321, fol. 41. Vgl. auch Timann, Goldschmiedearbeiten, S. 225.
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gulden befanden.207 Er war „auf das schönste geziret“: So thronte an der Spitze als Vollplastik Jupiter auf einem Adler, während in einer Nische im mittleren Teil des Schrankes Venus und Cupido standen.208 Auf den Außenfronten der Fächer sowie auf den Klapptüren befanden sich mythologische Jagdszenen, darunter solche, die symbolisch auf die Dynastie der Habsburger verwiesen, wie etwa die Darstellung Junos in einem von Pfauen gezogenen Himmelswagen auf der linken Türinnenseite.209 Auch Jupiter und Venus ließen sich auf Matthias und Anna beziehen. Diese Elemente entstammten der zeitgenössischen Deutungskultur kaiserlicher Herrschaft, während der Schenkakt als solcher der Soziokultur zuzurechnen ist. An diesem Beispiel lässt sich zeigen, wie kompliziert Schenkvorgänge gelegentlich sein konnten. Was machte man eigentlich, wenn die Empfänger das Geschenk gar nicht wollten und stattdessen etwas anderes? So stieß ausgerechnet der wertvolle Schreibsekretär bei Anna nicht auf Gegenliebe. Die Kaiserin ließ dem Nürnberger Rat ausrichten, sie gäbe das Geschenk gern zurück, wenn sie dafür einen Span der Kreuzesreliquie erhalten könne, denn diesen „wollte Ihre Mayst. viel höher achten, alß wann derselben viel tausendgulden verehrt würden“.210 Indem sie eine Gabe von materiellem und künstlerischem Wert durch eine andere mit vor allem spirituellem Wert ersetzt haben wollte, inszenierte die Kaiserin ihre ethische und konfessionelle Haltung. Der Nürnberger Rat fand dieses Ansinnen allerdings völlig indiskutabel und verbrachte mehrere Sitzungen mit der unbequemen Frage, wie man den Wunsch zurückweisen könne, ohne sich allzu unbeliebt zu machen.211 Schließlich wurde eine umständliche Rede formuliert, in der man darauf hinwies, diesen Wunsch be207 StA Nürnberg, Bildsammlung, Nr. 39. Über die Geschenke kursierten gelegentlich die wildesten Gerüchte. So berichtet ein Rothenburger Chronist, dass der Nürnberger Rat Anna 1612 aufgrund ihrer Schwangerschaft eine Wiege geschenkt habe. StadtA Rothenburg o.d.T., Chroniken B 29, fol. 127’. 208 Zitat in StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5, fol. 216. 209 Bei beiden Geschenken handelte es sich nicht um Nürnberger Arbeiten, da der Rat in dieser Phase offenbar der Wirkung einheimischer Werke nicht mehr vertraute. Es ist unklar, ob die in Augsburg und Frankreich gekauften Arbeiten von vornherein als Kaisergeschenk gedacht waren, auf jeden Fall kam aufgrund des Preises nur ein sehr hochrangiger Empfänger in Frage. Die Wertschätzung des Rates dokumentiert die Tatsache, dass er sie in Aquarellen festhalten ließ. StA Nürnberg, Bildsammlung Nr. 35.38f. 210 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5, fol. 219. Bei ihrem Einzug am 19.05.1612 in Würzburg erhielt Anna durch die Vermittlung des Würzburger Bischofs einige Reliquien des Heiligen Kilian zum Geschenk. Kerler, Fürstbischof Julius, S. 45, Anm. 2. Anna von Tirol hatte überhaupt recht konkrete Vorstellungen, so wünschte sie sich 1612 „deutsche Historienbücher“. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5, fol. 36. 211 Im Folgenden StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5, fol. 219’–221.
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reits bei Friedrich III., Maximilian II. und Rudolf II. abgelehnt zu haben, zumal die Stadt mit ihrem guten Namen für die Aufbewahrung der Reichsreliquien bürge. Die Rede gipfelte in dem Argument, eine Abtrennung eines Spanes käme nur dann in Frage, wenn zuvor alle Reichsstände zugestimmt hätten, womit die Reichsreliquien als Besitz des Reiches qualifiziert und zugleich ein Anspruch auf politische Partizipation formuliert wurde. Die Deklamation blieb dem Rat jedoch erspart, weil die Kaiserin schließlich von selbst nur darum bat, die Reichsreliquien noch einmal sehen zu dürfen. Dem kam der Rat nach, achtete jedoch mit Argusaugen darüber, dass nicht heimlich etwas „dauon gezwickt“ wurde.212 Das Vertrauen in die Redlichkeit der Herrscherin war offenbar nicht sonderlich ausgeprägt. Neben der kaiserlichen Familie wurden regelmäßig auch die wichtigsten Mitglieder des kaiserlichen Hofstaates beschenkt.213 Wert und Art der Geschenke richteten sich hier nicht nur nach dem Rang, sondern auch nach dem speziellen Verdienst oder potentiellen Nutzen des Empfängers für die Stadt.214 Der Verdacht des Rates, dass manche Hofbeamte sich bei bestimmten Maßnahmen während des Kaiserbesuches nur deshalb nicht sofort kooperativ zeigten, weil sie „ein desto grösere Verehrung herauß zu pressen“ hofften, ist nicht von der Hand zu weisen.215 Hier wird der Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung bei solchen Schenkvorgängen überdeutlich. Im Unterschied zur kaiserlichen Familie und den hochrangigen Ämtern am Kaiserhof, denen man auf eigene Initiative schenkte, wurden die niederen Ränge von der Reichsstadt immer erst auf Nachfrage hin bedacht.216 Die mit Abstand wertvollsten Geschenke erhielten aufgrund ihrer einflussreichen Position am Kaiserhof der Reichsvizekanzler und die Inhaber der Obersthofämter. Vergleichsweise hohen
212 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5, fol. 221. 213 Vgl. die Aufstellung in Rudolph, Fürstliche Gaben, Kap. II. 214 Probleme bereitete 1612 der kaiserliche Hofnarr Nelle, der aufgrund der Vorliebe, die der Kaiser für ihn hegte, ebenfalls ein Geschenk erhalten sollte. Der Nürnberger Rat befürchtete jedoch, dass „es schimpfflich sein würde, wann sie einem Narren schenken theten“. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5, fol. 224. Nicht zuletzt bestand bei diesem Empfänger auch die Gefahr, dass er das Geschenk zum Anlass einer Spotttirade auf die Reichsstadt nahm. Der Rat entschied sich schließlich für einen Gegenstand im Wert von 12 Gulden und ein Fass Wein. 215 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5, fol. 160’. 216 So supplizierten 1570 kaiserliche Trompeter und Trabanten wegen eines Geschenks. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 26, o.S.
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Wert besaßen auch die Gaben für die Beamten der Hofkanzlei, die sich für die Stadt ebenfalls als nützlich erweisen konnten.217 Die scheinbare Einseitigkeit des Transfers materieller Gaben zwischen Kaiser und Reichsstadt resultierte aus dem Wunsch der Stadt, dem neuen Herrscher ihre Ergebenheit zu demonstrieren und ihn für die Durchsetzung eigener Interessen wie die Bestätigung von städtischen Privilegien zu gewinnen. Erwünscht waren somit nichtmaterielle Gegengaben, die sich allgemein unter der Formel „Schutz und Schirm“ zusammenfassen lassen und sich auch auf den Schutz vor den Versuchen benachbarter Reichsfürsten bezogen, die Rechte der Reichsstadt zu ihren eigenen Gunsten zu beschneiden.218 Reziprozität war somit von Seiten der Reichsstadt durchaus intendiert und imaginiert, wenngleich sie im Untersuchungszeitraum kaum durch den Kaiser eingelöst wurde. Dabei wurde am Beispiel Nürnberg deutlich, dass es sich bei den Gaben großer Reichsstädte nicht nur um ‚fürstliche‘ Geschenke im Hinblick auf ihren sehr hohen Wert, sondern auch im Hinblick auf ihren politischen Aussagegehalt handelte. Denn mit dem finanziellen und künstlerischen Wert dieser Geschenke wie ihren ideellen Bezügen auf Mythologie und Historie konnte Nürnberg durchaus mit den Formen jener Gabenpraxis mithalten, welche die Reichsfürsten untereinander pflegten. b) Die Gabe als Freundschaftszeichen Zwischen den Fürstenhöfen des Heiligen Römischen Reiches herrschte in der Frühen Neuzeit offenbar ein reger Geschenkverkehr, dessen soziale und politische Logiken einer umfassenden Untersuchung harren.219 Denn die Fürstengesellschaft des Alten Reiches konstituierte sich auch durch den Austausch von materiellen Gaben, da diese Rang, Reichtum und Kultiviertheit des Gebers, aber 217 Diese waren etwa für die Ausstellung von Privilegien zuständig. Vgl. auch Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 395. 1612 war für den kaiserlichen Kammerfurier die hohe Summe von 50 Gulden vorgesehen, weil dieser seine Arbeit willig und bescheiden erledigt hätte. Außerdem hatte er sich– strategisch geschickt – in Nürnberg lauthals negativ über den Frankfurter Rat geäußert, der ihm während des Wahltags keine Verehrung überreicht hatte. Der Kammerfurier lehnte das angebotene Geld bezeichnenderweise ab und verlangte ein Trinkgeschirr, weil diese Gabe ehrenvoller war. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5, fol. 223. 218 Vgl. dazu Dietmar Willoweit, Art. Schutz und Schirm, in: HRG, Bd. 4, Sp. 1528f. 219 Dies zeigen die Recherchen in den Archiven der bayrischen Herzöge in München, der sächsischen Kurfürsten in Dresden, der hessischen Landgrafen in Marburg oder auch der württembergischen Herzöge in Stuttgart. Für kleinere Höfe wäre dies zu prüfen.
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auch seine Bereitschaft demonstrieren sollten, in das soziale Verhältnis zu anderen Fürsten zu investieren. Der Kaiserhof scheint dabei nicht nur als politisches und kulturelles Zentrum des Reiches fungiert zu haben, sondern auch als Zentrum der Gabenpraxis: Niemand dürfte derart viel geschenkt bekommen haben wie der Kaiser und erst recht musste niemand derart viele Geschenke machen wie dieser.220 Verschenkt wurden Kunsthandwerk wie Schmuck, Uhren oder Waffen, aber auch Druckwerke, Arzneien, Gesteine, Pflanzen oder Tiere, darunter exotische Tiere und wertvolle Reitpferde, da diese besonders geschätzt wurden. Dabei revanchierte sich der Empfänger meist innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens mit einer Gegengabe, so dass es hier zu einem wechselseitigen Schenkvorgang kam. Diese materielle Verflechtung bewirkte zugleich eine soziale Entpflichtung – allerdings nur dann, wenn durch Gabe und Gegengabe eine Leistungssymmetrie hergestellt worden war. Besonders dichte Schenkbeziehungen bestanden naturgemäß zwischen den Höfen befreundeter Fürsten, denn die Gabe – vor allem die im Hinblick auf Geber wie Empfänger individualisierte Gabe – fungierte als sichtbares Zeichen der Amicitia principum.221 Dies gilt zum Beispiel für die Höfe Kaiser Maximilians II., Herzog Albrechts V. von Bayern und Kurfürst Augusts von Sachsen, welche trotz konfessioneller und politischer Differenzen in den 1560er und 1570er Jahren ihre persönlichen und schriftlichen Kontakte als Fürstenfreundschaft inszenierten, auch wenn diese realiter nur begrenzt belastbar war. Dies bedeutete nicht nur, dass man sich beschenkte, sondern auch dass man sich persönlich in der Residenz aufsuchte. Am Beispiel der Kaiserbesuche in Dresden zeigt sich, dass im Vorfeld solcher Ereignisse sowie im unmittelbaren Anschluss daran die Gabenpraxis deutlich intensiviert wurde. Im ersten Fall diente die Gabe als positives Vorzeichen für einen möglichst erfolgreichen Besuch, in zweiten sollte der persönliche Kontakt zwischen beiden Seiten durch eine erneute Investition in diese Beziehung konserviert werden. So schickte Maximilian II. anlässlich seines Besuches von 1575 seinem Gastgeber August von Sachsen eine zweite Fassung der „Vier Jahreszeiten“ seines Hofkünstlers Giuseppe Arcimboldo.222 Nach Thomas DaCosta Kaufmann 220 Vgl. im Folgenden die regelmäßigen Angaben in den Hofzahlamtsbüchern zu den Verehrungen unter Einnahmen und Ausgaben. HKA Wien, HZB 1558–1618, z.B. 1575, fol. 160–242’. 221 Siehe dazu auch die Schemata der Schenkbeziehungen zwischen dem Kaiserhof und dem kursächsischen Hof in Rudolph, Fürstliche Gaben, Kap. III. 222 Vgl. dazu im Folgenden den Ausstellungskatalog Venedig (1987), besonders S. 89–109. Von dieser Serie existiert eine zweite Version, die August von Sachsen in der Folge möglicherweise selbst beim Künstler bestellt hatte. Vgl. die Abb. in ebd., S. 109.
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handelt es sich bei dieser Serie um eine imperiale Allegorie, welche als visuelle Huldigung für den neuen Herrscher Maximilian II. 1563 angefertigt worden war. Sie sollte das auf dem Grundgedanken der Harmonie beruhende Herrschaftsprinzip des habsburgischen Kaisertums verbildlichen, dem sich das amtierende und das zukünftige Reichsoberhaupt verpflichtet fühlten. Die ewige Wiederkehr der Jahreszeiten verweist auf die ewige Wiederkehr der Habsburger und damit auf deren überzeitlichen Anspruch auf den Kaiserthron, auch wenn sich dieser in der Praxis nicht auf harmonischem Wege hätte durchsetzen lassen. Die Gestaltung dieser Darstellungen wird durch die humanistische Leitidee der Analogie bestimmt: jener zwischen Jahreszeiten und Elementen, zwischen Jahreszeiten und Regierungsperioden sowie zwischen Mikro- und Makrokosmos. Vor diesem Hintergrund erscheinen die aus einer Vielzahl von großen und kleinen, in ihrer Formensprache variablen Pflanzen oder Pflanzenteilen bestehenden Kompositköpfe wie treffende Abbilder des vielgestaltigen Heiligen Römischen Reiches, dessen Haupt der hier verbildlichte Kaiser schließlich verkörperte.223 Sehr wahrscheinlich hatte August das Original bei seinem Besuch am Kaiserhof 1573 gesehen und sein Interesse bekundet, denn Arcimboldo fertigte im Auftrag von Maximilian II. wenig später eine zweite Fassung an. Dabei integrierte der Künstler in den Mantel des Winters (Abb. 8), der in der ersten Serie noch das Monogramm Maximilians II. enthalten hatte, nun das sächsische Kurwappen mit den gekreuzten Schwertern, wodurch die Gabe auf den Empfänger persönlich zugeschnitten und demonstrativ auf die Lehnsbeziehungen zwischen Geber und Nehmer verwiesen wurde, denn der Künstler hätte an dieser Stelle auch das sächsische Rautenwappen verwenden können. Dadurch wurde der in der Bildfolge formulierte Anspruch auf die ewige Herrschaft der Dynastie der Habsburger auf jene der Albertiner übertragen.224 Liest man die in den Kragen des Sommers integrierte Signatur des Künstlers und die an der Schulter befindliche Jahreszahl 1573 mit dem Kurwappen des Winters gemeinsam, so wird vielleicht sogar ein persönlicher Kontakt zwischen Kurfürst und Künstler memoriert, wobei sich dieser auf Augenhöhe mit dem Fürsten inszenierte, was verdeutlicht, dass im Rahmen solcher Geschenke nicht nur der Geber, sondern auch der Produzent der Gabe eigene Botschaften zu übermitteln versuchte.225 223 In der Logik der Darstellung wird die Trennung zwischen Kaiser und Reich aufgehoben, denn die Harmonie der Einzelelemente als Teile des Reiches fügt sich widerspruchslos zum Ganzen des Kopfes, der für den Kaiser steht. 224 Ausstellungskatalog Venedig (1987), S. 103. 225 Dass der Künstler den Kurfürsten wie schon Kaiser Maximilian II. in der ersten Serie von 1563 ausgerechnet als Winter verbildlichte, der das Greisenalter verkörpert, wäh-
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Kurz vor der Ankunft des Kaisers trafen Wein und speziell für die Kurfürstin eine Truhe mit seltenen Samen und Pflanzen am kursächsischen Hof ein.226 Erst kamen somit die Gaben und dann kam der Gast. Am letzten Tag seines Besuches ließ der Kaiser dem Kurfürsten außerdem eine kostbare, mit Edelsteinen geschmückte Waffengarnitur aus vergoldetem Silber mit einem reich verzierten Gürtel überreichen.227 Der zukünftige Römische König schenkte dem Kurfürsten vier spanische Reitpferde, die er möglicherweise bei seiner Rückkehr vom spanischen Hof 1572 mitgebracht hatte. Kurfürstin Anna erhielt von Maximilian II. ein Schreibzeug „uf vil taussend gulden geacht“, das Abbildungen der habsburgischen Könige und Kaiser von Albrecht I. bis Maximilian II. sowie der sieben Tugenden zierten.228 Den beiden noch am Hof lebenden Töchtern des Kurfürstenpaares schenkten sowohl der Kaiser als auch die Kaiserin Schmuckstücke im Wert von 1.200 und 2.000 Gulden, wobei der Kaiser die wertvolleren Stücke schenkte.229 Auch die anderen Fürstinnen erhielten abgestuft nach ihrem Rang kostbaren Schmuck. Die kaiserlichen Geschenke zeichneten sich durch ihre große Varianz, ihren künstlerischen wie materiellen Wert und ihren stark repräsentativen Charakter aus, wobei der besonders hohe Wert der Geschenke, die Maximilian II. August von Sachsen überreichen ließ, auch dem hohen sozialen und politischen Rang dieses Empfängers geschuldet war. Kaiser Matthias ließ Johann Georg I. 1617 mehrere Geschenke überreichen, darunter eine prunkvolle „türckische rüstung von gold vnd grüssstainen“ sowie ein Reitpferd mit einem osmanischen Sattel, einem Reitzeug, einer Schabracke und mehreren kunstvoll verzierten Waffen.230 Der Kaiser hatte dem Kurfürsten
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rend er sich selbst den Sommer als Blüte des Lebens vorbehielt, könnte eine ironische Spitze sein. Alle drei Personen waren exakt gleich alt. Allerdings kann man den Winter wie im antiken Rom auch als Beginn eines neuen Jahres betrachten und damit den im Winter verkörperten Herrscher als Beginn eines neuen Zeitalters. HStA Dresden, Handschreiben, III.51a, fol. 11, Nr. 2, 50. Das Rapier Augusts von Sachsen, das der Goldschmied der Kaiserin Pery Juan Pockh angefertigt hatte, ist in der Dresdner Rüstkammer erhalten. Abb. in Ausstellungskatalog Dresden (1992), S. 30; HKA Wien, HZB 1576, fol. 230. Außerdem befand sich darin ein Uhrwerk mit Darstellungen der sieben Planeten. Dazu Tiller, Räume, S. 46f., hier allerdings als Geschenk für August und als Schreibtisch bezeichnet. Der Wert betrug 4.306 Gulden. HKA Wien, HZB 1575, fol. 202’. HKA Wien, HZB 1575, fol. 203. Vgl. im Folgenden Brückner, Festlichkeiten, S. 240 (die Angaben Joachim Ernsts von Anhalt sind allerdings teilweise zu hoch angesetzt). Auch das sächsische Hofgesinde erhielt Geschenke, so etwa die den Kaiser an der Tafel bedienenden Vertreter des sächsischen Landadels goldene Ketten und Trinkgeschirre. HKA Wien, HZB 1575, fol. 219–220’. Schuckelt, Kaisergeschenke, S. 114–116, hier 115; vgl. Ausstellungskatalog Dresden (1995), S. 146f.; Zitat bei Doering, Hainhofer Reisen, S. 193.
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außerdem fünf gefangene Türken als ‚lebendes‘ Geschenk geschickt, die in den kursächsischen Hofdienst übernommen wurden, während ihre osmanische Kleidung später in die Kunstkammer kam. Deutlich ist auch bei diesen Geschenken der Versuch zu erkennen, mit der Gabe politische Botschaften an den Empfänger zu knüpfen – ob es sich dabei wie im Falle Maximilians II. um den dynastisch begründeten Anspruch der Habsburger auf das Wahlkaisertum oder wie bei Matthias um die eigene Inszenierung als Türkenbezwinger und Verteidiger der Christenheit gegen das Heidentum handelte. Im Vordergrund stand allerdings die Inszenierung der kaiserlichen Magnifizenz, die in den überaus kostbaren und künstlerisch anspruchsvollen Gaben zum Ausdruck kommen sollte. Die Gesamtsumme der kaiserlichen Gaben belief sich für den Besuch von 1575 auf die Summe von knapp 30.000 Gulden, wobei für das Jahr 1575 kaiserliche Verehrungen in Höhe von knapp 51.000 Gulden belegt sind, was bedeutet, dass der Kaiserbesuch den größten Ausgabenposten in diesem mit böhmischer und römischer Königswahl ereignisreichen Jahr darstellt.231 Auch wenn diese Zahlen nur ungefähre Anhaltspunkte für die kaiserliche Gabenpraxis liefern, so wird deutlich, welch hohe Ausgaben bei Kaiserbesuchen in den Residenzen bedeutender Reichsfürsten entstanden. Matthias gab 1617 für Geschenke an die Bediensteten Johann Georgs. I. knapp 13.000 Gulden aus.232 Dazu kamen die Geschenke für die kurfürstliche Familie, deren Wert nicht überliefert ist.233 Dennoch dürfte 1617 weniger als 1575 aufgewendet worden sein, zumal man hier einen generellen Anstieg des höfischen Aufwandes und die Geldentwertung einrechnen muss. Schon daraus auf das abgekühlte Verhältnis zwischen beiden Seiten zu schließen, wäre allerdings verfrüht, denn der Wert der Geschenke zielte eher auf die Selbstdarstellung des Gebers, als dass er Ausdruck einer emotionalen Bindung zwischen beiden Seiten sein sollte.234 Jedoch waren die kaiserlichen Gaben 1617 nicht in der Weise individuell auf den Empfänger zugeschnitten, wie dies 1575 zu beobachten ist, und dies zeigt durchaus, dass sich die Qualität der Beziehungen zwischen beiden Seiten verändert hatte. 231 Nachgewiesen sind mehr als 23.400 Gulden, wobei das Rapier des Kurfürsten noch nicht enthalten ist, das erst im HZB des folgenden Jahres verrechnet wurde. HKA Wien, HZB 1576, fol. 230. Für den Regensburger Wahltag werden nur 11.500 Gulden verzeichnet. HKA Wien, HZB 1575, fol. 242’. Vgl. auch Rauscher, Finanzen, S. 261f. 232 HKA Wien, HZB 1617, fol. 92’–93. 233 Weder im HZB von 1617 noch in jenem von 1618 finden sich dazu Angaben. 234 Einerseits waren 1617 deutlich weniger hochrangige Geschenkempfänger am Dresdner Hof anwesend, andererseits ließ sich der Kaiser nun von seinen eigenen Hofbeamten bedienen. Wahrscheinlich machte sich hier auch die finanzielle Misere am Kaiserhof bemerkbar.
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Die Geschenke des Kaisers verlangten nicht nur eine Gegengabe des Kurfürsten, sondern diese ging ihnen zeitlich voraus (Tab. 5.4), wodurch das Rangverhältnis zwischen beiden Seiten zum Ausdruck gebracht wurde. Was und wie viel die sächsischen Kurfürsten den Kaisern schenkten, blieb ihnen überlassen, jedoch mussten die Geschenke sowohl der eigenen sozialen Position als auch der des Gastes als angemessen erscheinen. Besonders bei August von Sachsen ist das Bedürfnis festzustellen, über die Gaben eigenen Reichtum, Kunstsinn und naturwissenschaftliches Interesse zu demonstrieren. So schenkte der Kurfürst dem Kaiser zum Beispiel „ein schon wunderlich kunstlich Druckwergk [...] und vil wunderliche seltzame sachen von schonen stuffen von Erz und allerlei seltzame Matterien.“235 Die Vorliebe für Naturwissenschaften verband beide Fürsten, so dass gerade Handsteine und Erzstufen besonders dazu geeignet waren, die persönliche Beziehung zwischen beiden Seiten zu festigen.236 Nicht zuletzt verwiesen solche Geschenke auf den durch August forcierten sächsischen Bergbau als eine wesentliche Quelle der Finanzkraft seines Territoriums. Wie die Gaben Maximilians II. zeichneten sich auch jene Augusts durch eine hohe Kunstkammertauglichkeit aus: Sie waren von vornherein für eine Präsentation in diesem Rahmen gedacht, so dass man von einer auf ‚Nachhaltigkeit‘ ausgerichteten Schenkpraxis sprechen kann.237 Darüber hinaus beschenkten die Kurfürsten das kaiserliche Gefolge, jedoch in der Regel nur diejenigen Personen, von denen man sich in naher Zukunft einen konkreten Nutzen versprach. Anders als die Reichsstadt war der Kurfürst nicht in der Weise an ein bestimmtes Herkommen gebunden.238 So ließ Johann Georg I. 1617 dem Reichsvizekanzler und dem Obersthofmeister Kleinode zu 500 Gulden überreichen, während die Kanzleisekretäre immerhin Ehrenbecher 235 Brückner, Festlichkeiten, S. 239; vgl. HStA Dresden, Loc. 8488/8, fol. 55. Um welchen Druck es sich handelte, ist unklar; auf jeden Fall wurde auch der Druckstock mitgeschenkt. Außerdem schenkte der Kurfürst dem Kaiser Pferde sowie Arzneien. 236 Vgl. dazu allgemein Mout, Späthumanismus. Möglicherweise war darunter einer der beliebten Automaten in Gestalt einer Erzstufe, bei welchen aus einer seitlichen Öffnung unerwartet eine Figur erschien, die dem verblüfften Gast ein Willkommensgeschenk reichte. Dazu Schnitzer, Höfische Maskeraden, S. 357, Abb. 318 (Beispiel von 1590). Diese auf die Inszenierung des Gebens gerichtete Präsentation stellt eine Vorstufe der noch unüblichen Überreichung von verpackten Geschenken dar. 237 Vgl. dazu Kap. VI.1.b. 238 Allerdings gab es für die wichtigsten Ämter am Kaiserhof, die teilweise regelmäßig durch den Kurfürsten mit Gaben bzw. Pensionen bedacht wurden, durchaus eine Schenktradition, die hinsichtlich des Wertes der Geschenke für den Kaiserbesuch als Handlungsanleitung gedient haben dürfte, wodurch das Schenken auch hier eine institutionalisierte Dimension aufwies.
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zu 100 Gulden erhielten.239 Da auch der Obersthofmeister König Ferdinands II. und weitere Hofoffiziere mit wertvollen Gaben von bis zu 500 Gulden bedacht wurden, bemaß der Kurfürst den Wert der Geschenke offenbar im Hinblick auf die zukünftige Funktion des Königs als Reichsoberhaupt. Kardinal Klesl bekam dagegen trotz seiner hohen Ämter lediglich eine Gabe im Wert von 300 Gulden, was einer symbolischen Entehrung gleichkam. Mit 4.860 Gulden lag die Summe, die Johann Georg I. für das kaiserliche und königliche Gefolge ausgab, deutlich unter der, welche der Kaiser für den kursächsischen Hof investiert hatte.240 Diese Asymmetrie spiegelt die Rangdifferenz zwischen beiden Seiten wider: Der Kaiser musste aufgrund seiner besonderen Magnifizenz größere Werte als der Kurfürst verschenken, obgleich sein Einkommen keineswegs soviel höher war als jenes des Kurfürsten.241 c) Die Gabe als Gnadenakt Eine Sonderform stellten jene Gabenakte des Kaisers dar, die unmittelbar mit dem Ereignis der Herrscherinvestitur verknüpft waren. Dieser Gabenkomplex kann an dieser Stelle allerdings nicht umfassend behandelt werden.242 Vielmehr werden einige Formen ausgewählt, um auf diese Weise den abweichenden rechtlichen Status und den spezifischen Sinngehalt solcher Gaben zu verdeutlichen, der sich zum Teil grundlegend von den zuvor behandelten Formen der Schenkpraxis unterschied. Dabei ist vorwegzuschicken, dass eine adäquate Deutung solcher Akte für den Untersuchungszeitraum aufgrund der ungenügenden Überlieferungsdichte erschwert wird. Generell gilt: Gerade im machtpolitisch fragilen Moment eines Herrscherwechsels musste der neue Kaiser seine hervorragende Eignung für das ihm übertragene Amt unter Beweis stellen und sich in seiner Funktion als Nährer und Wohltäter seiner Untertanen präsentieren, wie dies auch in der Formel des Pater Patriae zum Ausdruck kommt. Dabei stellte die Herrschertugend der Caritas nur einen Baustein der Clementia Imperato239 Vgl. im Folgenden HStA Dresden, OMaA F. 1, fol. 28’; die Aufstellung der Gaben in Rudolph, Fürstliche Gaben, Kap. III; sowie die Ausgaben Augusts für kaiserliche Bedienstete beim Besuch in Wien 1573. HStA Dresden, Loc. 10289/29, fol. 141. 240 HStA Dresden, OMaA F. 1, fol. 28’. 241 Vgl. vorn die Einleitung zu Kap. II.4 zum Einkommen des Kurfürsten. Der Kaiser verfügte über ein Jahreseinkommen von ca. 1,5–2 Mio. Gulden. Lanzinner, Friedenssicherung, S. 178. 242 Dazu allgemein Eichmann, Kaiserkrönung, Bd. 2, S. 256–279; Schenk; Zeremoniell und Politik, S. 472–504.
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ris als übergreifendes Konzept kaiserlicher Herrschaft dar, das im Rahmen der Kaisereinzüge auch die Begnadigung von Delinquenten umfasste.243 Die Clementia Imperatoris kam nicht erst in der bereits oben behandelten Preisgabe zum Ausdruck, sondern schon beim traditionellen Münzwurf (Abb. 22) unmittelbar im Anschluss an die Krönungsmesse. Beide Akte waren eingebunden in ein ganzes System von durch das Herkommen bestimmten Gnadenerweisen, welche der Kaiser im Zuge der Investitur seinen Untertanen als Versprechen einer guten Herrschaft sowie als traditionelle Entgeltung des ersten Dienstes am Herrscher zukommen ließ.244 Beim Münzwurf übte er die kaiserliche Caritas erstmals demonstrativ im öffentlichen Raum und symbolisch gegenüber der gesamten Bevölkerung aus.245 Realiter hatten allerdings nur jene Menschen eine Chance von der Mildtätigkeit des Monarchen zu profitieren, die sich eine günstige Ausgangsposition nahe der Holzbrücke, über die der Kaiser zum Römer schritt, gesichert hatten. Für viele bedürftige Personen dürfte dies schwierig gewesen sein, für die im Vorfeld aus der Stadt vertriebenen Bettler war es unmöglich.246 Bei den drei Krönungsakten des Untersuchungszeitraumes geschah der Münzwurf noch im Rahmen des Krönungszuges, danach aus Sicherheitsgründen erst direkt vor dem Krönungsmahl auf dem Römer. Auf diese Weise ließ sich der vom Tumult erfasste Raum, der beim Kampf um die Münzen entstand, begrenzen und besser kontrollieren. Seit dem Spätmittelalter wurden besondere Krönungsmünzen geprägt, was zeigt, dass es beim Münzwurf nicht allein um die Fürsorge des Herrschers gegenüber seinen Untertanen ging; vielmehr standen die Selbstinszenierung des Monarchen und die Memoria des Ereignisses im Vordergrund.247 Der Gesamtwert der ausgeworfenen Gold- und Silbermünzen war im Verhältnis zur Menge der potentiellen Empfänger mit 1.000 Gulden 243 Vgl. dazu schon Kap. II.4.b. So heißt es bei Seneca: „Nullum tamen clementia ex omnibus magis quam regem aut principem decet.“ Seneca, De clementia imperatoris, I.3.3. 244 Eichmann, Kaiserkrönung, Bd. 2, S. 277–279. 245 Der Münzwurf wurde anders als bei den Krönungen in Aachen und Rom ab 1562 erst im Anschluss an die Krönung durchgeführt. Vgl. dazu allgemein Eichmann, Kaiserkrönung, Bd. 2, S. 277–279; Katz, Krönungsmünzen; Duchhardt, Münzwurf; NathorstBöös, Auswurfmünzen. 246 Dass der Kampf um das Geld für manche Akteure aufgrund von häufigen Diebstählen eher einen finanziellen Verlust brachte, schildert Michael Beuther. Ders., Ordentliche Verzeychniß, o.S. Der Autor fügt hinzu, dass dieser Tumult für diejenigen „so an fenstern/ vnd sonst in guter gewarsam stunden / lächerlich vnnd kürtzweilig zusehen“ gewesen sei. Wer sich hingegen auf dem Platz befunden habe, hätte „vil lieber gewolt/ er were an eynem andern orthe gestanden.“ 247 Zu Gestaltung, Wert und Nutzung der Krönungsmünzen vgl. Kap. VI.1.b.
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ohnehin eher gering.248 Außerdem gingen die Kaiser dazu über, einen Teil der Münzen nicht auszuwerfen, sondern gezielt an bestimmte Empfänger als Dank für besondere Dienste zu verteilen, was den ursprünglichen Sinn dieses Aktes konterkarierte. Denn die Caritas des Herrschers sollte ja gerade nicht an erfolgte Leistungen gebunden sein, sondern sie war auf eine zukünftige Vergeltung, zum Beispiel durch Bittgebete für den Herrscher, und damit auf immaterielle Gegenleistungen ausgerichtet.249 Einige Gabenakte entfielen durch die Verlegung des Krönungsortes von Aachen nach Frankfurt am Main. Dies gilt für die königlichen Reitpferde beim Einzug des gewählten Königs in Aachen, die den Stadtknechten und dem Vogt zugestanden hatten, oder die vom König am Krönungstag getragene Kleidung, auf die das Aachener Domkapitel Anspruch erhob.250 Bei anderen Gaben war es überhaupt strittig, ob der König dazu verpflichtet war: So versuchten die Kaiser in der Neuzeit, den Anspruch der Hofbediensten auf das beim Krönungsbankett verwendete Tischtuch und Geschirr entweder ganz zurückzuweisen oder zumindest auf die weniger wertvoller Objekte zu beschränken, um Kosten zu sparen. Mitunter überließen sie dem Krönungsstift die während der Krönung verwendeten Tapisserien und andere Ausstattungsstücke, um die Mühewaltung des Stiftskapitels bei der Krönungsmesse zu honorieren und zugleich die eigene Pietas zu demonstrieren.251 Hierbei handelte es sich eher um eine Stiftung, die der Institution des Stiftes zugute kommen sollte.252 Eine schriftlich fixierte Form der Gabe stellten die bei der Ausübung der Erzämter während des Krönungsmahls verwendeten Objekte dar. Nach der Gol248 HKA Wien, HZB 1575, fol. 67’; mit der Herstellung wurden 1575 1.464 Gulden für den Münzwurf ausgegeben. 249 Möglicherweise war die Gabe auch als Dank für die Akklamation des Volkes nach der Krönung gedacht, weil es den Krönungszug des Herrschers zum Römer in der Regel mit Vivatrufen begleitete. 250 Allerdings wurde das Domkapitel entschädigt: Für das königliche Pferd wurden 87 Joachimstaler und für die Kleidung 400 Joachimstaler gezahlt, außerdem ein Rezeptionsgeld von 56 Goldgulden. Reuter-Pettenberg, Bedeutungswandel der Römischen Königskrönung, S. 23. 251 Dieses Verfahren lässt sich nicht nur bei der Herrscherinvestitur beobachten, sondern auch bei Leichenbegängnissen. CDS, Bd. 32 , S. 346. 252 Vgl. dazu Kap. VI.2.b. Während seiner Auftritte im Reich trat der Kaiser verschiedentlich als Stifter auf, so stiftete er beim Regensburger Reichstag von 1613 ein Kapuzinerkloster, wobei dieser Akt mit Prozession und Grundsteinlegung öffentlichkeitswirksam inszeniert wurde. Der Rat versuchte die Gründung zu vermeiden, da der Kaiser aber die Äbtissin des Niedermünsters nötigte, den Garten ihres Damenstifts zur Verfügung zu stellen, konnte er nichts gegen diese neue katholische Dependance in der eigenen Stadt ausrichten. Gumpelzhaimer, Regensburg‘s Geschichte, S. 1059.
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denen Bulle (Art. XXVII) sollten diese Gegenstände, deren Wert jeweils auf 12 Mark Silber festgesetzt war, nach ihrem Einsatz den gleichnamigen Reichserbämtern oder in deren Abwesenheit den entsprechenden kaiserlichen Hofämtern ausgehändigt werden. Der Siegelstab und das Pferd, die der Mainzer Kurfürst bei der Ausübung seines Amtes benutzt hatte, sollte der Hofkanzler des Kaisers erhalten. Die Festlegungen verdeutlichen allerdings, dass es sich im Verständnis der Goldenen Bulle dabei nicht um Geschenke des neuen Königs handelte, sondern vielmehr um Gaben der Kurfürsten.253 So bestimmte die Goldene Bulle, dass jeder Reichserzkanzler ein Drittel des Siegelstabs bezahlen sollte. Da die Siegelpräsentation ein kollektiver Akt aller drei Erzkanzler war, musste die Frage der Bezahlung hier präzisiert werden. Die weltlichen Erzamtsinhaber übten ihre Erzämter hingegen allein aus, weshalb sie auch allein für die entsprechenden Gegenstände aufkommen mussten. Mit der Weitergabe der bei der Krönung benutzten Gegenstände an die Reichserbämter wurde dieser Akt in gewisser Weise symbolisch unumkehrbar. Zugleich wurden die Reichserbämter für ihre Mühewaltung bei der gesamten Investitur entschädigt. Einen strukturell ähnlichen Sachverhalt verkörperte die Aushändigung des Baldachins, der bei öffentlichen Aufzügen über dem Herrscher getragen worden war, an den Reichserbmarschall oder in dessen Abwesenheit an den kaiserlichen Hofmarschall. Bei diesem in der Literatur als „Beraubung des Herrschers“ bezeichneten Akt handelte es sich allerdings gar nicht um die gewaltsame Wegnahme eines kaiserlichen Eigentums.254 Dass der Herrscher „auf der Schwelle zur Stadt, unter dem Stadttor“ des Baldachins beraubt worden sei, trifft ebenfalls nicht zu, denn genau dort wurde er überhaupt erst unter den Himmel genommen. Der Baldachin befand sich vielmehr im Besitz der Stadt, die ihn nach dem Akt dem betreffenden Amtsinhaber auf Verlangen aushändigte oder in Geld ablöste. Dieser Gabenakt ist als gewohnheitsrechtlich verankerte und von den Reichsstädten im Untersuchungszeitraum meist ohne Widerspruch akzeptierte Leistung der Stadt an bestimmte Reichs- oder Hofämter zu verstehen.255 Offenbar sollten diese für ihre Dienstleistungen beim 253 Eichmann vertritt die Ansicht, dass den Reichserbämtern diese Gegenstände als Oblationes für ihren Dienst am König zustünden, dann hätte dieser sie allerdings auch bezahlen müssen. Eichmann, Kaiserkrönung, Bd. 2, S. 257–267; Drabek, Reisen, S. 43. 254 Vgl. dazu die unterschiedlichen Deutungsansätze bei Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 472–504, welcher allerdings selbst zutreffend feststellt, dass die Vielzahl der angeführten theoretischen Kontexte letztlich nur einen begrenzten Erklärungswert besitzt. Zitat im Folgenden ebd. S. 502. Mitunter erhoben auch andere Hofämter Anspruch auf den Himmel. Lersner, Chronica, Bd. 2, S. 54. 255 Strittig war höchstens die Ablösesumme, wenn der Baldachin nicht herausgegeben werden sollte, aber auch hier einigte man sich in der Regel am Ende ohne große Probleme.
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Kaisereinzug zu entschädigt werden, schließlich kam gerade den Marschällen eine wichtige Funktion bei der Organisation solcher Ereignisse zu. Damit ist auch die These hinfällig, nach der die Spoliierung des Baldachins das Bedürfnis der Untertanen demonstriere, sich am Herrscher für dessen symbolische Überhöhung im Einzug zu rächen.256 Sie überzeugt schon deshalb nicht, weil der Empfänger des Baldachins als beim Adventus in hervorgehobener Position Mitwirkender an jener zeremoniellen Überhöhung des Herrschers selbst entscheidend partizipierte. Er konnte gar nicht daran interessiert sein, den eigenen Herrscher einem Minderungsritual zu unterziehen. Genauso wenig lässt sich der Baldachin im Untersuchungszeitraum als Berührungsreliquie beschreiben.257 Er fungierte zwar durchaus noch als ein Zeichen des Heiligen, aber er verkörperte nicht selbst ein heiliges Objekt. In der Neuzeit erscheint die Übergabe oder Auslösung des Baldachins im Rahmen des Kaiseradventus deshalb als ein Element von begrenzter Bedeutung, das allein durch die Tradition legitimiert wurde und seine Relevanz auch genau daraus bezog.
Zusammenfassung Im Fest konstituierten sich nicht nur frühneuzeitliche Handlungszusammenhänge wie der Fürstenhof, die Stadt, die Gemeinde oder das Kirchspiel als soziale und politische Gefüge, sondern bis einem gewissen Grad auch das Heilige Römische Reich deutscher Nation in seiner Qualität als Personenverband. Wenn bei der Analyse des Kaisereinzuges das Reich in seiner Existenzform als zeremonielle Gemeinschaft betrachtet wurde, so stand in diesem Kapitel das Reich als Feiergemeinschaft im Vordergrund, wobei diese je nach Anlass und politischen Rahmenbedingungen des Kaiserauftrittes sehr unterschiedliche Formen und Funktionen annehmen konnte. Bei Kaisereinzügen in Reichsstädten außerhalb von Reichsversammlungen traten besonders das Ratsregiment und die Zünfte als Festausrichter in ErscheiIn Nürnberg meldete 1612 zunächst überhaupt niemand Ansprüche an. Erst später verlangte der Oberststallmeister den Himmel oder aber 100 Gulden als Auslöse, wobei er behauptete, den Himmel „zu ewiger gedechtnus“ einem Kloster stiften zu wollen. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5, fol. 187, 210’. 256 So aber Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 503. 257 Vgl. Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 472. Dass der Himmel in der Vorstellung der Zeitgenossen eine sakrale Aura der Herrschaft konservierte, an der man durch den Besitz dieses Objektes teilhaben wollte, erscheint durchaus denkbar, Belege in den Quellen fehlen jedoch. Drabek, Reisen, S. 43.
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nung. Allerdings ist ein nennenswertes Engagement nur bei größeren Reichsstädten zu beobachten und nur dann, wenn der kaiserliche Aufenthalt über mehrere Tage andauerte. Den Festanlass bildete hier der Herrschaftsantritt des Kaisers als Stadtoberhaupt, der in diesem Rahmen für alle sozialen Schichten der Stadt erfahrbar gemacht und positiv konnotiert werden sollte. Im Vergleich zu spätmittelalterlichen Kaisereinzügen fällt die starke Trennung zwischen höfischen und städtischen Festsphären auf, die im Grunde nur im Feuerwerk überwunden wurde. Nur hier fanden sich in der Betrachtung alle sozialen Schichten vereint, von welchem Ort aus sie das Ereignis auch verfolgen mochten. Hatte Kaiser Maximilian I. bei seinen Einzügen noch gelegentlich Patrizier zum Bankett geladen, besaß die politische Elite der Stadt im Untersuchungszeitraum keinen Zutritt zur kaiserlichen Tafel mehr, genauso wie auch die Kaiser oder Mitglieder der kaiserlichen Familie nicht mehr bei Banketten erschienen, die von städtischer Seite organisiert worden waren. Das Bedürfnis nach sozialer Distinktion führte zu einer deutlich stärkeren Distanz zwischen Kaiser und Reichsstadt, als dies für das Spätmittelalter gilt. Die Festkultur bei Reichstagen wies hingegen einen stark polyzentrischen und überwiegend höfischen Charakter auf. Den Festanlass bildete das persönliche Zusammentreffen der Reichsstände und in besonderem Maße das der Reichsfürsten, die ihre Zughörigkeit zu einer schmalen politischen, sozialen und im eigenen Verständnis auch kulturellen Elite nicht zuletzt in den von ihnen initiierten Festen demonstrierten: Die Fürstengesellschaft des Alten Reiches feierte sich selbst – und dies vor einer Reichstagsöffentlichkeit, die auch die Abgesandten europäischer Monarchen umfasste, was die Selbststilisierung dieser sozialen Gruppe für deren Mitglieder besonders attraktiv erscheinen lassen musste. Dies galt jedoch nur für jene Reichstage, bei welchen der Kaiser persönlich anwesend war, weil dies eine zentrale Voraussetzung dafür darstellte, dass eine nennenswerte Zahl von Reichsfürsten am Reichstagsort erschien und sich eine reiche Festkultur ausbilden konnte. Hier wird die integrative Funktion des Kaisers als Reichsoberhaupt deutlich. Im Vergleich zu Kaiserauftritten in Residenzen fallen das geringe Ausmaß an theatralischen Elementen sowie das Fehlen einer übergreifenden Gesamtidee bei den Reichstagsfestivitäten auf. Weder verfügten die Fürsten in den Reichstagsorten über die für die Ausrichtung elaborierter Festprogramme notwendige Infrastruktur, noch konnten sie hier ihre alleinige Definitionsmacht hinsichtlich der verwendeten Zeichen und deren politischen Implikationen ausspielen. Dabei nahm die soziale Fragmentierung der Festkultur auf Reichstagen im Untersuchungszeitraum stark zu, wobei diese Entwicklung die Ausbildung konfessioneller und politischer Bündnisse in der Folge nicht nur widergespiegelt, sondern auch vorangetrieben haben dürfte. Besonders deutlich lässt sich
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dies ab dem Reichstag von 1594 beobachten, bei dem sich in weit stärkerem Maße als zuvor im Hinblick auf die Teilnehmer nun katholische und protestantische sowie weltliche und geistliche Festivitäten unterscheiden lassen. Die sich vertiefende Kluft zwischen Kaiser und Reich zeigt sich im Rückzug Rudolfs II., der während dieses Reichstags kaum selbst als Festveranstalter auftrat und nur noch sehr selten auf den Festen anderer Fürsten erschien, bevor er dem Reichstag überhaupt fernblieb. Noch stärker treten diese Entwicklungen zu Tage, wenn man die jeweils ersten Reichstage der hier im Zentrum stehenden Kaiser betrachtet, die traditionell einen Höhepunkt der Reichstagsfestkultur markierten. Während der erste Reichstag Ferdinands I. 1559 in Augsburg darunter litt, dass erst im Vorjahr in Frankfurt am Main die feierliche Proklamation zum Kaiser stattgefunden hatte und außerdem aufgrund des Todes Karls V. Hoftrauer herrschte, wobei es auf diesem Reichstag gleich zu mehreren Leichenbegängnissen kam, so kann hingegen der erste Reichstag Maximilians II. 1566 als ein Höhepunkt der Festkultur bei Reichstagen gesehen werden, der unter den folgenden Kaisern nicht mehr erreicht werden sollte. Allerdings waren auch auf dem ersten Reichstag Rudolfs II. noch zahlreiche Fürsten mit ihren Familien angereist, wodurch sich in der Regel die Zahl und die Vielfalt der Festivitäten erhöhten, so dass sich hier durchaus noch eine reiche Festkultur beobachten lässt, bei der die Reichstagsgesellschaft als sozial, aber noch nicht in dem Maße wie in der Folge zugleich als konfessionell differenzierte Feiergemeinschaft auftrat. Ganz anders sah die Lage beim ersten Reichstag von Matthias 1613 aus: Zwar ging der Festcharakter des Reichstags keineswegs völlig verloren, jedoch erweist sich die Festkultur oberhalb der Ebene der Gesandten nicht nur als konfessionalisiert, sondern als monokonfessionell. Die anwesenden Fürsten waren katholisch und zudem Geistliche, wodurch Festelemente wie Tänze oder Kampfspiele obsolet wurden. Infolge dieser Entwicklung nahm die integrierende Wirkung dieser an die Institution des Reichstags gebundenen Feiergemeinschaft mit ihrem ephemeren, durch die politische Elite des Reiches dominierten Charakter ab. Eine besonders reiche Festkultur wiesen die Wahl- und Krönungstage auf, in denen die Festkultur des Reiches kulminierte. Das verfassungsrechtlich zentrale Ereignis der Herrscherinvestitur bildete den Anlass für zahlreiche Festivitäten, welche die Wahl- und Krönungsstadt, der Kaiserhof sowie auch die Kur- und Reichsfürsten ausrichteten. Trotz ihres polyzentrischen Charakters, der weniger eine Folge der konfessionellen Spaltung als vielmehr ein Abbild der Verfassungsstrukturen des Reiches verkörperte, waren die wichtigsten Festivitäten im Hinblick auf ihre symbolischen Implikationen auf das amtierende oder zukünftige
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Reichsoberhaupt sowie auf die Reichsverfassung insgesamt ausgerichtet, so dass man hier durchaus von einem Verfassungsfest des Heiligen Römischen Reiches sprechen kann. Gefeiert wurden die Person des Kaisers und die über diese hinausweisende Institution des Kaisertums als in der zeitgenössischen Wahrnehmung hervorragendstes Merkmal des Reiches, das dessen Anspruch auf Vorrang vor allen anderen europäischen Monarchien begründete. Darüber hinaus feierten sich die Kurfürsten in ihrer Funktion als Königswähler, worin der genuine Verfassungsbezug dieses Festes erneut zum Ausdruck kam. Dabei sollte die als Fest ausgestaltete Herrschererhebung die Akzeptanz des neuen Herrschers sowie auch die Akzeptanz der Reichsverfassung, die das Verfahren der Herrschererhebung regelte, bei Reichsständen und Reichsuntertanen steigern. Das besonders beim Krönungsfest feststellbare Spannungsverhältnis zwischen Formalität und nicht formalisierten Handlungen resultierte aus dem Charakter der Krönung als rite de passage, wobei die rituelle Rebellion der Untertanen im Rahmen des Krönungsbankettes die Notwendigkeit von Herrschaft und die Fragilität der Herrschaftsordnung im Zuge eines Herrscherwechsels signifizieren sollte. Konstitutiv für das Krönungsfest als Verfassungsfest wirkte zudem seine auf Partizipation ausgerichtete Gestaltung, welche über territoriale, ständische und konfessionelle Grenzen hinweg Einheit stiften sollte. Dabei ging es um die Partizipation politisch partizipationsberechtigter, aber auch politisch nicht partizipationsberechtigter Schichten. Es ging um die öffentliche Aufführung von Partizipationsfähigkeit oder von Partizipationsansprüchen, wie dies im Agieren der Bevölkerung beim Tumult der Preisgabe zum Ausdruck kam. Genau daraus resultieren der multipolare und multifunktionale Charakter dieses Festes wie auch das im Vergleich zu anderen Handlungskontexten hier feststellbare Höchstmaß von Öffentlichkeit. Einen Höhepunkt der Festkultur bildete die Wahl und Krönung von 1562, an der letztmals alle Kurfürsten und zudem eine Vielzahl weiterer Reichsfürsten teilnahmen, die alle als Festveranstalter wirkten. Hier tritt eine Feiergemeinschaft der Reichsfürsten in Erscheinung, die durch ihren überkonfessionellen Charakter und – bei aller sozialen Binnendifferenzierung – auch noch durch eine weitgehende Homogenität ausgezeichnet ist. Denn die Festkultur dieses Wahltages war in starkem Maße darauf ausgerichtet, die Konflikte unter den anwesenden politischen Akteuren zu negieren und die Fiktion einer Eintracht von Kaiser und Reich zu nähren. Dabei dürften sowohl die hohe Akzeptanz des Wahlkandidaten wie auch die mit dem Augsburger Religionsfrieden und dem habsburgisch-osmanischen Waffenstillstand erreichte Regelung innerer wie äußerer Konflikte für die Vielzahl der Festivitäten und die dabei zur Schau gestellte Concordia verantwortlich sein. Für die beiden folgenden Wahl-
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und Krönungstage gilt dies dagegen deutlich weniger. Der Wahltag von 1575 in Regensburg war weniger gut besucht als jener von 1562; außerdem wirkte sich der schlechte Gesundheitszustand des Kaisers negativ auf die Festkultur aus. 1612 hatten sich die politischen und konfessionellen Konflikte im Reich stark zugespitzt, zumal der Wahlkandidat im Vorfeld umstritten gewesen war und auch nicht über derart enge Beziehungen zur politischen Elite des Reiches verfügt hatte, wie dies bei Ferdinand I. und Maximilian II. der Fall gewesen war. In den fürstlichen Residenzen diente das Herrschertreffen als Anlass für die Festivitäten, wobei die Festkultur ein stark monozentrischer und zudem höfischer Charakter auszeichnete. Festelemente und formales Vokabular wurden fast ausschließlich durch den gastgebenden Fürsten bestimmt. Dass die politischen Aussagen einzelner Festelemente im Fallbeispiel Dresden stark auf die Person des Kurfürsten zugeschnitten waren, sollte den eigenen Untertanen und dem Kaiserhof den hohen Rang und die reichspolitische Bedeutung dieses Akteurs demonstrieren. Der Kaiser stand höchstens scheinbar im Zentrum der Festivitäten, die 1575 aktuelle politische Zielvorstellungen Augusts von Sachsen in symbolisch verbrämter Form artikulierten, wie dies das gegen den Kryptocalvinismus gerichtete Feuerwerk belegt. Johann Georg I. vermied 1617 hingegen jede Demonstration konfessioneller Sympathien, die als Parteinahme für eines der beiden militärischen Bündnisse hätte interpretiert werden können, um sich möglichst viele politische Handlungsoptionen offen zu halten. Dem kam die Verwendung eines allegorischen Vokabulars entgegen, das mit wenigen Ausnahmen lediglich allgemeine Aussagen über das fürstliche Selbstverständnis zuließ. Trotz der veränderten Rahmenbedingungen präsentierte Johann Georg I. seinen Untertanen den hohen Gast ganz bewusst im öffentlichen Raum, weil ein Kaiserbesuch auch in dieser Phase noch eine außerordentliche Ehre für einen Reichsfürsten darstellte, die nach außen kommuniziert werden sollte. Die für die Analyse ausgewählten Festelemente zeichneten sich durch sehr unterschiedliche Grade und Formen der Öffentlichkeit aus. Sie umfassten zunächst die Präsenzöffentlichkeit der anwesenden Akteure, die bei Banketten und Gabenakten in der Regel stark beschränkt war, denn diese Festivitäten fanden in Innenräumen statt, zu denen nur ausgewählte Personen Zutritt besaßen. Kampfspiele wurden dagegen häufig im öffentlichen Raum der Stadt durchgeführt. Sie wiesen deshalb ein deutlich größeres Ausmaß an Öffentlichkeit auf. Dies gilt auch für die auf dem Dresdner Altmarkt von den sächsischen Kurfürsten zu Ehren des Kaisers durchgeführten Schaujagden. Dabei ist die symbolische Besetzung dieses stadtbürgerlichen Zentrums durch den Landesherrn als
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Der Kaiserauftritt als Festereignis
ostentativer Akt der Herrschaftsausübung zu sehen, mit dem dieser die Bürger der Stadt nicht nur zeichenhaft, sondern in diesem Fall auch realiter in die Schranken wies. Das am stärksten öffentliche Festelement stellte das Feuerwerk dar, dessen Lichtspiele und Geräuschkulisse aufgrund ihrer Fernwirkung nicht nur innerhalb der Stadt, sondern auch im Umland wahrgenommen werden konnten, wenngleich die politischen Implikationen solcher Inventionen in der Regel nur aus der Nähe lesbar waren. Der Blick auf die Gabenpraxis bei kaiserlichen Auftritten hat gezeigt, dass sich das Reich auch als ein in seiner spezifischen Qualität noch zu erforschender Schenkraum definieren ließe, in dem die politischen Beziehungen zwischen den Herrschaftsträgern durch gezielte Akte des Gabentausches gesteuert werden sollten. Geschenke stellten dabei einerseits selbst Medien der politischen Kommunikation dar; andererseits sollten derartige Praktiken über sich hinausweisend politische Kommunikation erst ermöglichen, fördern und im Interesse des Gebers steuern. Die Dichte der Schenkakte war zweifellos hoch und dürfte damit in gewissem Maß auch konstitutiv für den Zusammenhalt dieses fragilen Herrschaftsgebildes gewesen sein. Dabei spiegelten die Schenkakte der Reichsstädte an den Kaiser in starkem Maße das verfassungsrechtliche Verhältnis zwischen Kaiser und Reichsstadt, das auf diese Weise zugleich bestätigt wurde. Geber und Empfänger handelten hier als Vertreter von Institutionen, die ihnen bestimmte Handlungsmodi vorgaben, weshalb die gewohnheitsrechtlichen Normen bei Schenkakten als in hohem Maße verbindlich betrachtet wurden. Der Gabentausch bei Residenzbesuchen basierte hingegen auf sozialen Normen, die größere Handlungsspielräume für die jeweiligen Geber boten. Wenngleich die Festivitäten im Kontext von Kaisereinzügen als Herrschaftsfeste charakterisiert werden können, so ging ihr sozialer Sinn keineswegs in der Abbildung von Herrschaftsstrukturen und sozialen Hierarchien auf, wie dies in starkem Maße für die Einzugsinszenierungen gilt. Zwar wurden durch die Positionierung von Personen im Raum oder durch bestimmte Verhaltensregeln Rangordnungen fixiert und soziale Abhängigkeiten illustriert, jedoch hing das Ausmaß an zeremonieller Durchformung der einzelnen Festelemente ganz wesentlich von ihrem Grad an Öffentlichkeit und von ihrer konkreten Funktion ab. Bei kleineren, spontanen Festtafeln lässt sich eine höhere soziale Durchmischung der Tafelteilnehmer feststellen; hier konnte gelegentlich auch auf das übliche Tafelzeremoniell verzichtet werden. Im Kampfspiel konnte der Landadlige den Kurfürsten besiegen, obwohl dieses Phänomen mit dem Zurücktreten des Kampfaspektes gegenüber dem Schauaspekt zunehmend an Bedeutung verlor.
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Überhaupt erscheint die Vorstellung, das höfische Fest sei im Wesentlichen durch sozialen Zwang und Lustfeindlichkeit geprägt gewesen, für die hier betrachteten Feste nicht in diesem Maße zuzutreffen, zumal die Wahrnehmung eines sozialen Arrangements als Zwang ohnehin subjektiv geprägt ist. Die Mehrzahl der Festivitäten bei Kaiserauftritten zielte durchaus nicht nur auf vertikale und horizontale Disziplinierung, sondern auf Genuss und Geselligkeit sowie auf Kompensation und Zerstreuung. Allerdings kamen diese Funktionen des Festes besonders dann stärker zum Tragen, wenn der Kaiser, der in der Regel als Letzter kam und als Erster ging, nicht mehr persönlich anwesend war. Der ab diesem Zeitpunkt stark zunehmende Genuss von Alkohol sorgte allein schon dafür, dass die Teilnehmer solcher Veranstaltungen mitunter gar nicht mehr in der Lage waren, sich in jedem Fall dem Zeremoniell gemäß zu verhalten. Diese temporäre, teilweise Entlastung von sozialen Zwängen zielte im Wesentlichen darauf ab, das Ereignis des Kaiserbesuches in der Wahrnehmung der Zeitgenossen positiv zu konnotieren sowie für die anstehenden politischen Gespräche eine Grundstimmung zu schaffen, welche die aktuell zu verhandelnden Konflikte als lösbar erscheinen ließ.
IV. Investiturakte als politische Rituale
Der feierlich vollzogene Kaisereinzug stand nicht nur in enger ideeller und rechtlicher Verbindung zum Vorgang der Herrscherinvestitur, vielmehr bildete diese, nachdem die Reiseherrschaft der Kaiser durch die Residenzherrschaft abgelöst worden war, auch den wichtigsten Anlass für die kaiserliche Anwesenheit im Reich. In den rituellen und zeremoniellen Formen von Wahl und Krönung manifestierte sich die Reichsidee unmittelbar, wurden die rechtlichen und ideellen Grundlagen von Reich und Kaisertum in der politischen Praxis realisiert und ihnen dadurch zu Wirkmächtigkeit verholfen.1 Dies gilt auch für zwei weitere Investiturakte, welche die Einsetzung eines neuen Reichsoberhauptes notwendig machte: die Huldigung der Reichsstädte und die Belehnung der Reichsvasallen. Die Huldigung verkörperte im Untersuchungszeitraum einen festen Bestandteil von Ersteinzügen des Kaisers in Reichsstädte. Die Lehnsinvestitur war zwar nicht notwendig mit einem Kaiserauftritt im Reich verknüpft, jedoch dienten die bei Reichsversammlungen feierlich vollzogenen Belehnungen von Reichsfürsten ebenfalls als zentrale Elemente der Selbstdarstellung von Kaiser und Reich, zumal wenn sie „unter dem Himmel“ und damit hochgradig öffentlich durchgeführt wurden. Auch im Rahmen dieser Investiturakte wurden Rangordnungen hergestellt, soziale Zugehörigkeiten definiert, Herrschaftsansprüche artikuliert sowie rechtliche und soziale Normen kommuniziert. Die entscheidende Frage, die an dieser Stelle im Vordergrund steht, ist jene nach dem Mehrwert solcher Akte für die Aufführung des Reiches durch das gemeinsame Handeln von Kaiser, Reichsständen und Reichsuntertanen im historischen Moment ihres Vollzugs.2 Was leisteten sie über jene Sachverhalte hinaus, die in den Analysen des Kaiseradventus oder der Festakte während der kaiserlichen Präsenz bereits 1
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Zum Begriff des Investituraktes sowie zur Investitur allgemein siehe Keller, Investitur, S. 55–57; Hans-Jürgen Becker, Art. Investitur, in: HRG, Bd. 2, Sp. 403–406; KarlFriedrich-Krieger / Richard Puza, Art. Investitur, in: LexMA, Bd. 5, Sp. 477–479; Weinfurter / Steinicke, Investitur- und Krönungsrituale; zu den ideellen Grundlagen des Königtums allgemein Cannadine / Price, Rituals of Royalty; Buc, 1701 in Medieval Perspective; Duchhardt / Jackson / Sturdy, European Monarchy. Eine umfassende Analyse dieser Investiturakte ist vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sie aufgrund ihrer Komplexität und verfassungsrechtlichen Relevanz für sich allein genommen eine monographische Bearbeitung rechtfertigen würden, im Rahmen dieser Arbeit nicht zu leisten, zumal der Forschungsstand unbefriedigend ist. Vgl. dazu die Bemerkungen am Beginn der Unterkapitel.
Investiturakte als politische Rituale
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herausgearbeitet wurden?3 Dabei geht es im Besonderen um die spezifische Qualität, welche die Performanz des Reiches bei solchen Investiturakten möglicherweise auszeichnete; um die Existenzform des Reiches als nicht nur zeremonielle Gemeinschaft wie im Kaisereinzug oder als Reichsfeiergemeinschaft wie im Fest, sondern als Gemeinschaft im Ritual.4 Das erste Unterkapitel widmet sich mit Wahl und Krönung den beiden untrennbar miteinander verknüpften Teilakten der Herrschererhebung im Reich. Diese Formulierung impliziert die zu prüfende Hypothese, dass die Krönung auch in der Neuzeit mehr als nur ein zeremonielles Anhängsel der Königswahl verkörperte. Darüber hinaus geht es im besonderen um das Verhältnis von säkularen und sakralen Elementen bei der Herrschererhebung, wobei hier im Anschluss an Sergio Bertelli nicht nur nach den zwei, sondern nach den drei Körpern des Königs, dem physisch-historischen, dem politisch-institutionellen und dem semiotisch-sakramentalen, gefragt werden soll. Welche Bedeutung konnte letzterem überhaupt noch zukommen, in einer Phase, in welcher der Übergang von der gratialen Herrschaft zur Rechtsordnung mit verrechtlichten Herrschaftsbeziehungen im Reich doch längst vollzogen war?5 Gerade die Forschung zur Römischen Königskrönung wurde stark durch die Vorstellung bestimmt, dass in dieser „spätestens seit der Reformation […] überwiegend nur noch ein säkularer Akt gesehen“ worden sei.6 Das zweite Unterkapitel beschäftigt sich mit der Huldigung der Reichsstädte als ein Akt, dessen öffentlicher Vollzug im Untersuchungszeitraum noch die persönliche Präsenz des Kaisers voraussetzte. Dabei geht es auch um die Frage, wer den Vollzug solcher öffentlichen Huldigungen eigentlich einforderte und wer von ihm in welcher Weise profitierte. Im dritten und letzten Unterkapitel wird 3 4 5
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Weitgehend ausgespart bleibt deshalb die Betrachtung feierlicher Aufzüge, da deren soziale und politische Logiken bereits in Kap. II. eingehend behandelt wurden. Vgl. das Konzept der Community bei Victor Turner mit seinen drei unterschiedlichen Existenzformen (spontan, normativ und ideologisch). Ders., Ritual Process, S. 131–140. Weinfurter, Investitur und Gnade, S. 117. Die These von der Sakralität von Kaisertum und Reich wird selbst in der Literatur zum hoch- und spätmittelalterlichen Reich kritisch diskutiert. Die entscheidende Frage ist, was konkret darunter verstanden wird. Allgemein dazu Art. Sakralkönigtum, in: RGA, Bd. 26, Sp. 179–320; Erkens, Sakralkönigtum; Engels, Wesen der Monarchie. Sellert, Bedeutung der Krönung, S. 30. Nach Berbig sank „die geistliche Seite des Krönungsritus zur veränderbaren Zeremonie“ herab. Berbig, Relevanz, S. 222. Nach Dotzauer wurde durch die Verkürzung der Doppelkrönung von Aachen und Rom auf Frankfurt ein „strukturell bedeutsamer Säkularisierungsvorgang realisiert“, wobei es zu einer „unnatürlichen Gewichtung von mittelalterlichem Zeremoniell und Herrschaftssymbolik“ gekommen sei. Dotzauer, Entstehung, S. 18.
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Investiturakte als politische Rituale
die Lehnsinvestitur bei Reichsbelehnungen auf Reichsversammlungen behandelt, wobei nach der Klärung ihrer rechtlichen und politischen Voraussetzungen die beiden unterschiedlichen Formen ihres Vollzugs „in der Kammer“ und „unter dem Himmel“ gegenübergestellt werden. Aufgrund ihrer besonderen verfassungsrechtlichen Relevanz und ihrer symbolischen Komplexität nimmt die Herrschererhebung den meisten Raum innerhalb der Darstellung ein, während die beiden übrigen Investiturakte etwas kürzer abgehandelt werden.
1. Wahlen und Krönungen Die Herrschererhebung im Reich war bereits Gegenstand einer Reihe von Untersuchungen, wobei erst in jüngster Zeit auch die Epoche der Frühen Neuzeit stärker ins Blickfeld der Forschung rückte.7 Die Forschung widmete sich hier zunächst vorwiegend der Frage nach der rechtlichen Bedeutung von Wahl und Krönung, wodurch der Eindruck entstand, diese gingen in ihrem rechtspositivistisch fixierbaren Ergebnis auf. In dieser Perspektive musste die Königswahl spätestens seit der Goldenen Bulle von 1356 als entscheidender Akt der Herrschererhebung gesehen werden, weshalb sich die Forschung stark auf die Entwicklung dieses Aktes konzentrierte.8 Dabei ging es besonders um die politischen Rahmenbedingungen der Herrschererhebung: so die differierenden Interessen der Königswähler oder die Rolle des Papstes im Rahmen der Sukzession im Reich. Dass die Herrschererhebung einen Kulminationspunkt der Herrschaftspräsentation verkörperte, dass sich das Reich hier „als Ganzes“ erlebte und inszenierte, wurde zwar verschiedentlich erwähnt, aber nicht eigentlich zum Gegenstand der Analyse gemacht.9 Erst neuerdings erscheint die performative Dimension der Herrscherinvestitur als ein lohnendes Analyseobjekt, das neue Einsichten über die Funktionsbedingungen des Alten Reiches verspricht.10 7 Reuter-Pettenberg, Bedeutungswandel; Berbig, Krönungsritus; Dotzauer, Ausformung; Dotzauer, Entstehung; Sellert, Bedeutung der Krönung; Wanger, Kaiserwahl; Schomann, Kaiserkrönung; Meinert, Wahl und Krönung; Ausstellungskatalog Frankfurt am Main (1986); Heidenreich / Kroll, Wahl und Krönung. Allgemein zur Entwicklung der Herrscherweihe Duchhardt, Herrscherweihe; Bak, Coronations; Bayard, Sacres. 8 Stellvertretend für die Vielzahl der Studien Schubert, Königswahl; Neuhaus, Römische Königswahl. Auch jüngst hieß es noch über die Krönung, dass diese „dem mit der Wahl regierungsfähigen König ja nichts hinzugab“. Heinig, Krönung und Fest, S. 107. 9 So schon Goetz, Maximilians II. Wahl, S. 192. 10 Dies zeigen die im Rahmen des 200jährigen Jubiläums des Reichsendes sowie des 650jährigen Jubiläums der Goldenen Bulle im Jahr 2006 erschienenen Publikationen.
Wahlen und Krönungen
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Vergleichend betrachtet werden an dieser Stelle die aufeinander folgenden Wahlen und Krönungen von 1562, 1575 und 1612, wobei das Hauptaugenmerk auf den Ereignissen von 1562 und 1612 liegt, da der Akt von 1575 am schlechtesten überliefert ist.11 Typologisch ist zwischen den ersten beiden Erhebungen, die vivente imperatore durchgeführt wurden, und der dritten Erhebung zu unterscheiden, bei welcher Kaiser Matthias sofort die Regierung antrat.12 Mit der bereits im Mittelalter vollzogenen Herrschererhebung vivente imperatore vermieden Kaiser und Kurfürsten jenen prekären Moment des Machtvakuums, welcher der Investitur eines neuen Kaisers nach dem Tod des amtierenden Reichsoberhauptes vorausging. Da 1562 und 1575 die amtierenden Kaiser Ferdinand I. und Maximilian II. – sinnfällig ihren Konsens demonstrierend – an der Königserhebung teilnahmen, musste hier anders als 1612 der rituelle und zeremonielle Ablauf auf zwei Reichsoberhäupter ausgerichtet sein.13 Da beide Erhebungen auf eine habsburgische Nachfolge im Reich hinausliefen, läge es nahe, die Initiative für ihren Vollzug beim Kaiserhaus zu vermuten, jedoch spielten in beiden Fällen die Kurfürsten eine wesentliche Rolle. Vor dem Hintergrund innerer wie äußerer Bedrohungen lag es auch in ihrem Interesse, die Herrschaftskontinuität im Reich zu sichern.14 1612 handelte es sich um die erste Kaiserkrönung im Reich: Eine Krönung durch den Papst wurde nicht
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Allerdings werden hier weniger quellengestützte aktuelle Forschungen präsentiert, als vielmehr Synthesen älterer Forschungsarbeiten geboten. Ausstellungskatalog Berlin (2006); Ausstellungskatalog Frankfurt am Main (2006); Heidenreich / Kroll, Wahl und Krönung; Ausstellungskatalog Aachen (2000). Unberücksichtigt bleibt die Proklamation Ferdinand I. 1558 zum Kaiser. Mit der Einordnung dieses singulären Erhebungsaktes hatten schon die Zeitgenossen ein Problem, was am terminologischen Durcheinander in den Quellen deutlich wird. Diese sprechen zeitnah von proklamatio oder exaltatio, später heißt es auch electio. Reuter-Pettenberg, Bedeutungswandel, S. 11. Berbig deutete die Verwendung einer Krone als Element einer Krönung, jedoch war das Aufsetzen der Krone durch den Reichserzkämmerer ein tradierter Bestandteil des Wahlaktes, zu dem es immer dann kam, wenn der Gewählte bereits eine Krone innehatte, was bei Ferdinand I. zutraf. Berbig, Relevanz, S. 211. Auch die Herrschererhebung von 1612 sollte ursprünglich zu Lebzeiten des Kaisers erfolgen. Eine Wahl vivente imperatore ohne kaiserlichen Konsens hätte die Möglichkeit eröffnet, unterschiedliche Strategien der Sabotage von Erhebungsakten samt ihrer Wirkmächtigkeit zu untersuchen. Dazu kam es jedoch nicht, denn Rudolf II. verstarb kurz zuvor. Die Kurfürsten ließen sich dennoch in der Wahlkapitulation garantieren, dass eine solche Königswahl ohne kaiserlichen Konsens möglich sei. Neuhaus, Römische Königswahl, S. 23–29; Gotthard, Säulen des Reiches, Bd. 2, S. 593–646. Berbig, Relevanz, S. 225. Vor allem die Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen. Dazu ausführlich Luttenberger, Kurfürsten, S. 118–120; Neuhaus, Römische Königswahl, S. 13–18. Ob die Rolle Maximilians II. bei der Wahl seines Sohnes tatsächlich so gering war, mag vor dem Hin-
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Der Kaiserauftritt als Festereignis
mehr ernsthaft in Betracht gezogen, auch wenn die Wahlkapitulation sie noch als Ziel formulierte. a) Normative Vorgaben und Aushandlungsprozesse Die Ausgestaltung von Wahl- und Krönungsakt basierte auf positivrechtlichen wie gewohnheitsrechtlichen Vorgaben.15 Eine regelmäßig von den Zeitgenossen zitierte Vorgabe verkörperte die Goldene Bulle. So forderten die Kurfürsten auch für die Wahl und Krönung 1562 explizit, dass „in solchem Werck nach Ordnung der gulden Bull am kräfttigsten verfahren werde“.16 Schaut man sich die Goldene Bulle genauer daraufhin an, welche Regelungen hier tatsächlich für den Ablauf beider Teilakte der Herrschererhebung getroffen wurden, so war es vor allem die Königswahl, deren Verfahren in diesem Gesetz fixiert werden sollte. Dabei zielten die betreffenden Regelungen (Art. I, II, IV.2, XVIIIf.) darauf ab, Konflikte unter den Königswählern zu vermeiden, ein eindeutiges Wahlergebnis zu erreichen und dessen Geltungsanspruch zu sichern. Für den Wahlakt, der deutliche Parallelen zur Papstwahl aufwies, wurde festgelegt, dass ihm eine Heilig-Geist-Messe vorausgehen solle, deren Sinn darin lag, die göttliche Unterstützung für die Wahl zu erbitten und diese wie die Papstwahl als ein Werk Gottes erscheinen zu lassen, bei dem die Kurfürsten lediglich den göttlichen Willen vollzogen.17 Anschließend sollten diese den Wahleid ablegen und danach die Wahl in einer festgelegten Reihenfolge vornehmen. Gleichwohl blieben wesentliche Elemente der Königswahl im Reich wie die Altarsetzung oder die Proklamation der Wahl in der Goldenen Bulle unerwähnt.18
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tergrund der beträchtlichen diplomatischen Aktivitäten des Kaisers im Vorfeld der Wahl dahingestellt bleiben. Die vorausgehenden, intensiven Verhandlungen sowie der Ablauf der Wahlberatungen können an dieser Stelle nur in soweit angerissen werden, als sie sich auf die Ausgestaltung von Wahl- und Krönungsakt auswirkten. Vgl. dazu Luttenberger, Kurfürsten, S. 93–185; Kohler, Ferdinand I. 1503–1564; Dammelhart, Reichspolitik, S. 29–35; sowie schon Walter, Wahl Maximilians II.; Moritz, Wahl Rudolfs II.; Goetz, Maximilians II. Wahl; Altmann, Geschichte; Schneidt, Geschichte; Wilz, Wahl; Kohl, Politik Kursachsens. Hoffmann, Sammlung, S. 333. Ausführlich Dotzauer, Anrufung, Tl. 1 sowie Tl. 2, S. 29–36. Nach Dotzauer machte die Heilig-Geist-Messe die päpstliche Approbation der Wahl überflüssig. Ebd., S. 27. Nicht geklärt wurden auch die Formen seiner Fixierung durch Bezeugung oder Protokollierung sowie der Eid des gewählten Königs auf die Wahlkapitulation, da es diese erst seit 1519 gab. Dazu allgemein Kleinheyer, Wahlkapitulationen; Becker, Pacta conventa; Lottes, Herrschaftsvertrag.
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Der Ablauf der Krönung im engeren Sinne kam in diesem Gesetz gar nicht vor. So wurden lediglich der Krönungsort Aachen und die Funktion des Kölner Kurfürsten als Konsekrator festgelegt. Außerdem wurde bestimmt, dass der König nach seiner Krönung den Kurfürsten alle Privilegien und Freiheiten erneut zu bestätigen habe (Art. II.4), was verdeutlicht, dass die Gesetzesproduzenten vom Vollzug einer Krönung ausgingen und die Herrschererhebung in ihrer rechtlichen Relevanz mit dem Wahlakt nicht als abgeschlossen betrachteten, denn sonst wäre eine Erneuerung dieser Rechte nach der Krönung nicht notwendig gewesen. Nicht zuletzt konnten alle in der Goldenen Bulle für solenne Akte auf Reichsversammlungen formulierten Regeln (Art. III, XXI–XXIII, XXVI–XXIX) grundsätzlich auch für den Wahl- und Krönungsakt Geltung beanspruchen.19 Der Goldenen Bulle kam bis einem gewissen Grad für die Wahl, aber nicht für die Krönung in der Praxis die Funktion eines Skriptes zu, das die beteiligten Akteure nur noch umzusetzen brauchten. Der häufige Bezug auf die Goldene Bulle auch im Kontext der Krönung lässt sich bei näherer Betrachtung als Topos entlarven, der ein aus anderen Gründen gewähltes Verfahren legitimieren und seine Geltungskraft sichern sollte.20 Dabei ging es den Gesetzesproduzenten beim Erlass der Goldenen Bulle nicht um eine Höherbewertung der Wahl im Verhältnis zur Krönung, denn dieses Gesetz zielte keineswegs darauf ab, die Herrschererhebung im Reich insgesamt zu kodifizieren, sondern vor allem jene Punkte zu regeln, die aus der Perspektive der Zeitgenossen in der jüngeren Vergangenheit zu teilweise sogar gewaltsam ausgetragenen Konflikten unter den Königswählern und zur Anfechtung von Wahlergebnissen geführt hatten. Genau dies galt es zu vermeiden. Die in der Literatur vertretene These, all jene Elemente der Herrscherinvestitur im Reich, die in der Goldenen Bulle nicht vorkommen, seien gewissermaßen absichtlich unerwähnt und damit bewusst abgelehnt worden, trifft in dieser Absolutheit sicher nicht zu.21 Sie setzt ein modernes Verständnis von Gesetzgebungsprozessen und ihren Zielen voraus, das für das 14. Jahrhundert nicht ohne weiteres angenommen werden kann. So wird die Herrscherweihe wohl eher deshalb kaum erwähnt, weil für den Ablauf dieses Rituals um die Mitte des
19 Vgl. auch vorn Kap. II. Einleitung und Kap. III.1. 20 Die Ansicht Dotzauers, dass die Anordnungen der Goldenen Bulle lange Zeit korrekt befolgt worden seien, obwohl sie nicht „wesentlich“ gewesen seien, trifft deshalb nicht zu. Erstens wurden sie keineswegs immer korrekt befolgt, zweitens waren sie als Bezugsfolie und zur Legitimierung des eigenen Handelns bis zum Ende der Frühen Neuzeit durchaus wesentlich. Dotzauer, Ausformung, S. 74. 21 So bei Dotzauer, Entstehung, S. 2f.
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Investiturakte als politische Rituale
14. Jahrhunderts offenbar kein erhöhter Regelungsbedarf gesehen wurde. Mit den Krönungsordines existierten hier bereits detaillierte Vorgaben.22 Als weitgehend verbindlich wurde der Krönungsordo von 1309 betrachtet, der die Herrscherweihe in eine Drei-Königs-Messe inkorporierte.23 Zwar dürfte die Wahl dieser Messe im Datum dieses Krönungsaktes begründet gewesen sein, dennoch erwies sich die Drei-Königs-Liturgie aufgrund ihres engen Bezugs zum Königtum allgemein sowie der Möglichkeit, das dort gefeierte Ereignis inhaltlich auf die Königsweihe zu beziehen, als besonders geeignet. So wurden am Dreikönigsfest das Erscheinen Christi und seine Anerkennung als Weltenherrscher durch die Subordination anderer Herrscher gefeiert.24 Allerdings ließ auch dieser Krönungsordo Spielraum für die Ausgestaltung der Abläufe, zumal er tradierte Elemente wie die Beglückwünschung des Königs durch Kur- und Reichsfürsten oder die Aufnahme des Königs in das Aachener Domkanonikat nicht erwähnt.25 Weder Goldene Bulle noch Krönungsordines klärten mit Ausnahme der Hauptakteure, wer genau am Krönungsakt teilnehmen durfte, wie die Handlungsorte ausgestattet werden sollten oder wer eigentlich dafür verantwortlich war. Außerdem ließen sich im Rahmen beider Messakte liturgische Elemente wie Lesungen, Gebete oder geistliche Gesänge einbauen, welche die mit ihnen verbundenen Handlungssequenzen möglicherweise mit zusätzlichen Bedeutungsdimensionen versahen. Die Ausgestaltung von Wahl und Krönung wurde deshalb primär durch die Tradition jener Akte determiniert, die den aktuell anstehenden unmittelbar vorausgegangen waren. Als Skript fungierte die protokollarische Überlieferung der Mainzer Reichserzkanzlei, der in der Regel die höchste Verbindlichkeit zugesprochen wurde. Denn die Organisation beider Akte lag im Wesentlichen in den Händen dieser Behörde, die auch die Abstimmung zwischen den Hauptak22 Boeselager, Salbung, S. 338. Liturgische Elemente, die ohnehin Bestandteile jeder Messfeier bildeten, wurden in der Regel nicht angeführt. Vgl. allgemein Elze, Ordines; HansJürgen Becker, Art. Ordines der Kaiserkrönung, in: HRG, Bd. 3, Sp. 1289–1291. 23 Dazu Goldinger, Zeremoniell, S. 105–107. Ediert bei Eichmann, Quellensammlung, Bd. 2, S. 56–69. 24 Möglicherweise war auch deshalb das Dreikönigsfest als Termin für die Krönung Heinrichs VII. bestimmt worden, denn die Wahl bestimmter Tage spielte im Mittelalter eine deutlich größere Rolle als in der Frühen Neuzeit. Goldinger, Zeremoniell, S. 100; allgemein Friedhelm Mann / Hans-Christoph Schmid-Lauber, Art. Epiphaniasfest, in: TRE, Bd. 9, Sp. 762–770. 25 Die letzten beiden Elemente werden summarisch angeführt als „specialia negocia regni pro illa hora consueta tractanda sint“. Eichmann, Quellensammlung, Bd. 2, S. 69. Zum letzten Element allgemein Keussen / Scheins, Rechte. Nicht erwähnt wird auch der Ritterschlag, der in der Neuzeit ebenfalls in der Krönungskirche vollzogen wurde.
Wahlen und Krönungen
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teuren im Hinblick auf zeremonielle und rituelle Verfahren koordinierte. Die Handlungsanleitungen für die Wahl und Krönung von 1562 bildeten die Herrschererhebungen von Kaiser Karl V. 1519/20 und König Ferdinand I. 1531.26 Dieses Muster änderte sich trotz günstigerer Überlieferungsbedingungen auch danach nicht grundlegend, denn als Vorbild der Wahl und Krönung von 1612 dienten im Wesentlichen die Akte von 1562 und 1575. Darüber hinaus erwiesen sich bei der Kaiserproklamation Ferdinands I. 1558 festgelegte Verfahrensänderungen wie die Änderung der Eidformel als vorbildhaft für die folgenden Herrschererhebungen. Diese lautete nun „zu Gott und dem evangelio“, während zuvor zu Gott und den Heiligen geschworen worden war.27 1562 erstellten die kaiserlichen Räte unter der Leitung des Obersthofmeisters zehn Tage vor der Wahl auf der Grundlage der Aktenüberlieferung ein umfangreiches Memorial, in dem auch alle offenen Fragen aufgelistet wurden.28 Dieses wurde Ferdinand I. vorgelegt, der es mit Albrecht V. von Bayern und König Maximilian besprach. Danach erhielt die Mainzer Kanzlei eine überarbeitete Version, die lediglich die Punkte enthielt, welche die Kurfürsten betrafen, um das Verfahren mit den anderen Kurfürsten abstimmen zu können.29 Welche Punkte sich 1562 als besonders konfliktträchtig erwiesen, soll an einigen Beispielen illustriert werden.30 26 Das aktivierte kulturelle Gedächtnis reichte nur bei Spezialfragen weiter als 50 Jahre. Die Zeitspanne liegt nicht zuletzt darin begründet, dass bei strittigen Fragen Augenzeugen befragt werden sollten. Die Schwierigkeit, diese aufzutreiben, wird in den Quellen thematisiert. HHStA Wien, MEA WaKr 10, fol. 555f. Bei Anomalien wie einem unüblichen Krönungsort konnte die Zeitspanne zunehmen, so griff die Reichsstadt Regensburg für die Krönung von Ferdinand IV. 1653 auf die eigene Überlieferung von 1575 zurück. 27 Nach Kohler hielt sich Ferdinand I. 1558 nicht daran. Kohler, Ferdinand I. 1503–1564, S. 269. Eine katholische Messe wurde 1558 nicht abgehalten, weil sich die protestantischen Fürsten dieser nicht unterziehen wollten. Dotzauer, Anrufung, Bd. 1, S. 36. 28 HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 254–72; ediert bei Altmann, Geschichte. Vgl. auch das sächsische Gutachten über die Aufgaben des Reichserzmarschalls in HStA Dresden, Loc. 10671/4, fol. 14f. Außerdem wurden alle Sprechakte von König und Kaiser bei der Wahl vorformuliert. HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 274–283’. 29 Mitunter wurden diese Dokumente sogar publiziert. Vgl. Newer Zeitungen fernere Continuation (1612). Der Inhalt dieser „Neuen Zeitung“ entspricht weitgehend den tatsächlichen Verhandlungen. Die Ansicht Wangers, dass die Kurfürsten jedes Mal über das Zeremoniell beraten hätten, ohne je etwas daran zu ändern, trifft nicht zu. Wanger, Kaiserwahl, S. 111. 30 Alle Aushandlungsprozesse können immer nur insoweit rekonstruiert werden, wie sie schriftlich dokumentiert sind. Da gerade 1562 eine Reihe von Verfahrensänderungen festzustellen ist, die in den Quellen nicht thematisiert werden, aber auf keinen Fall ohne Billigung der Kurfürsten erfolgt sein können, ist davon auszugehen, dass man sich über bestimmte Fragen nur mündlich abstimmte. Allgemein dazu Althoff, Beratungen.
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Investiturakte als politische Rituale
Eine strittige Frage verkörperte die böhmische Kur. Da es nach der kurz zuvor vollzogenen Krönung Maximilians II. zum böhmischen König nun zwei böhmische Könige gebe, fragten die Kurfürsten beim Kaiser an, welchen sie zu „etlichen actibus electoralis“ hinzuziehen sollten.31 Diese Frage erstaunt, da der böhmische König nach Ansicht der übrigen Kurfürsten eigentlich kein Anrecht auf die Hinzuziehung zu den Wahlberatungen besaß.32 Offenbar wollten diese jedoch im vorliegenden Fall weder Kaiser noch König mit einem Hinweis auf einen Sachverhalt, der sich aus habsburgischer Perspektive anders darstellte, brüskieren.33 Das daraus ablesbare Bemühen um einen Konsens zwischen Kaiser und Kurfürsten demonstriert auch das Verhalten der Gegenseite. Denn der Kaiser selbst schlug vor, dass der böhmische König bei der Wahl „auf dißmal“ kein Votum abgeben solle, da die Kurfürsten sicher in ihrer Entscheidung so einmütig seien, dass es dessen nicht bedürfe.34 Auf diese Weise wurde die Frage einer Mitwirkung der böhmischen Kur an der Herrschererhebung vertagt, ohne dass man prinzipiell auf den Anspruch darauf verzichtete. Ein zweites Problem stellte die Frage dar, ob und in welcher Form der amtierende Kaiser in das Wahlverfahren einbezogen werden solle, denn weder Goldene Bulle noch Krönungsordo enthielten Bestimmungen über die Herrschererhebung vivente imperatore.35 Die im Vertrag von Kaaden 1534 betonte Geltung der Goldenen Bulle auch in diesem Fall hätte streng genommen bedeutet, dass der Kaiser überhaupt nicht in den Akt integriert worden wäre. So war ein pfälzisches Gutachten der Meinung, dass der Kaiser am Wahlort überhaupt nichts zu suchen hätte, weil dies die Freiheit der Wahl einschränke.36 Außerdem hatte der Vertrag festgelegt, dass die Herrschererhebung vivente imperatore 31 Edelmayer, Krönungen, S. 144. Der Kaiser ermächtigte daraufhin seinen Sohn, was der Autor in habsburgischem Sinn wie folgt kommentierte: So „lassen die churfürsten jetzundt, wann sich churfürstliche handlungen der election halben zuetragen, ir kün. W. dartzue erfordern.“ Ebd. 32 Vgl. ausführlich Begert, Böhmen, S. 335–345. 33 Dennoch verdeutlichten die Kurfürsten, in dem sie aufstanden und somit die Sitzung sprichwörtlich aufhoben, dass die Wahlverhandlungen bei Anwesenheit des böhmischen Königs ausgesetzt waren. Luttenberger, Kurfürsten, S. 136. 34 Edelmayer, Krönungen, S. 153. Der Kandidat sollte allerdings nur dann nicht wählen, wenn die beiden vorherigen Stimmen bereits auf ihn gefallen waren. Dasselbe Verfahren wurde 1575 angewendet. Schneidt, Geschichte, S. 541–547. 35 Aus der Nichterwähnung der Wahl vivente imperatore lässt sich nicht schließen, die Goldene Bulle schließe dieses Verfahren aus. Dieses Problem war 1356 gar nicht aktuell gewesen. Dazu ausführlich Neuhaus, Römische Königswahl, S. 9; Duchhardt, Protestantisches Kaisertum, S. 68f. 36 Gotthard, Säulen des Reiches, Bd. 2, S. 632; für 1575 auch Luttenberger, Kurfürsten, S. 135f.
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die Zustimmung der Kurfürsten voraussetze, woran sich die Kaiser in der Folge hielten, auch wenn diese Regelung formal keine Rechtsgeltung erlangte.37 Die kaiserlichen Räte schlugen zunächst vor, dass der Kaiser im Konklave oder wenigstens in der Wahlkirche während des gesamten Aktes anwesend sein solle, obwohl sie von vornherein damit rechneten, dass dies nicht durchsetzbar sein würde. Schließlich lag den Kurfürsten daran, durch das gewählte Verfahren ihre völlige Unabhängigkeit vom Kaiser zu verdeutlichen. Deshalb einigte man sich am Ende darauf, dass Ferdinand I. wie Karl V. 1531 in Köln erst in der Kirche erscheinen solle, nachdem das Wahlergebnis bereits feststand, um die Wahl zu approbieren. Jedoch sollte er das Konklave vor dem Eid des gewählten Königs auf die Wahlkapitulation „nach alltem loblichem Brauch“ wieder verlassen.38 Denn dieser Akt ging allein das Kurgremium und den durch dieses gewählten König an. Der größte Klärungsbedarf entstand 1562 jedoch aufgrund der Bikonfessionalität des Kurgremiums.39 Während die Königserhebung Ferdinands I. 1531 noch nicht direkt von der Konfessionsspaltung tangiert worden war – der einzige lutherische Kurfürst, Johann der Beständige, war der Wahl ferngeblieben – standen die Organisatoren nun vor dem Problem, dass die Ausgestaltung der Herrschererhebung aus konfessionellen Gründen strittig war. Besonders problematisch erschienen den protestantischen Kurfürsten die Integration beider Teilakte in eine katholische Messe, die Eidformel und die Zusage des Königs im Rahmen des Scrutiniums, die katholische Kirche zu bewahren und sich dem Papst zu unterwerfen.40 Allerdings handelte es sich bei dem in der ersten Frage des Konsekrators angesprochenen Schutz des katholischen Glaubens um eine im Kontext der Herrschererhebung tradierte Formel, welche sich zunächst gar nicht auf die Frage der Konfession bezogen hatte.41 Erst die Entstehung neuer 37 Dazu Trusen, Kurmainz, S. 135f., 143; Gotthard, Säulen des Reiches, Bd. 2, S. 626–630. Die Bedeutung des Vertrages zeigt sich darin, dass Exzerpte der wesentlichen Inhalte Bestandteil der Aktenüberlieferung zu einzelnen Erhebungen sind. HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 435–438. 38 HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 142’. So alt war der Brauch bekanntlich nicht. 39 Vgl. im Folgenden Luttenberger, Kurfürsten, S. 110–113, 131–137. 40 Bei der Diskussion um das Wahldekret bestanden die protestantischen Fürsten darauf, die Erwähnung der Krönungsmesse zu streichen oder zu vermerken, dass sie nicht daran teilnähmen. Die Kompromissformel lautete schließlich, dass die Krönung mit „Ehrn, zirn und andern solemnitaten inhalt der gulden bulla“ durchgeführt werden solle. HHStA Wien, RK WaKr 3, fol. 49. Vgl. dazu Goetz, Maximilians II. Wahl, S. 179–182. Vgl. auch Reuter-Pettenberg, Bedeutungswandel, S. 32. 41 Der Begriff „katholisch“ war zunächst im Sinne des apostolischen Glaubensbekenntnisses zu verstehen gewesen („die eine, heilige, katholische, apostolische Kirche“). Deshalb
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Konfessionen in der Reformation ermöglichte seine Neuinterpretation als Aufforderung, die katholische Konfession zu bewahren. Der größte Widerstand kam von Seiten des Pfälzer Kurfürsten, der anfangs wenig Kompromissbereitschaft signalisierte.42 Kaiser Ferdinand I. drängte darauf, alle tradierten Teilakte beizubehalten, da sie aus seiner Perspektive eine konstitutive Bedeutung für die Legitimität des neu erhobenen Königs besaßen.43 Die Änderungen, die Kaiser und Kurfürsten 1562 schließlich beschlossen, verkörperten einen Kompromiss, der durchaus nicht nur den protestantischen Kurfürsten entgegenkam.44 Diese setzten zwar durch, während eines Teils der Messen den Locus ritualis verlassen zu können, die sakrale Rahmung der Akte durch die katholische Liturgie blieb jedoch erhalten.45 Schon im erneuerten Kurverein von 1558 war aufgrund der Forderung der protestantischen Kurfürsten festgelegt worden, dass „beederseits religion und der ceremonien halber keiner den andern uf künftiger wahle, krönungstägen oder sonst außschließen noch unfähig achten oder einiges unwillens unß gegeneinander anmaßen“ solle.46 Damit sollte die Mitwirkung aller Kurfürsten bei der Herrschererhebung unabhängig von ihrer konfessionellen Haltung gesichert werden, wobei die religiöse Legitimierung der kaiserlichen Herrschaft dadurch nicht entscheidend beeinträchtigt wurde.47 Denn daran hatten auch die protestantischen Kurfürsten kein Interesse, da eine sakrale Legitimierung
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übersetzten protestantische Autoren diesen Begriff mit „allgemein christlich“, während sie die subiectio unter den Papst mit der abschwächenden Formel „Ehre erweisen“ wiedergaben. Warhafftige Beschreibung, welcher gestalt die Königkliche wirde (1563); Kurtze und gründtliche Beschreibung (1562). Der päpstliche Nuntius berichtete über die Wahl von 1575 nach Rom, dass der Mainzer Kurfürst diese Frage mit „erhobener Stimme“ gestellt habe. Moritz, Wahl Rudolfs II., S. 174. Dieser versuchte auch, die Streichung jener Passage der Wahlkapitulation durchzusetzen, in der sich der König dazu verpflichtet, sich um die Krönung in Rom zu bemühen. Luttenberger, Kurfürsten, S. 132, 107. Dies geschah erst 1658. Berbig, Relevanz, S. 225. HHStA Wien, MEA WaKr 5, fol. 209’. Wie diese im Einzelfall umgesetzt würden, könne dagegen verhandelt werden. So aber Dotzauer, Entstehung, S. 16f. Danach sei der Kompromiss auf die künftige Wahl eines protestantischen Kaisers angelegt gewesen. In diesem Fall wäre jedoch eine ganze Reihe weiterer Veränderungen notwendig gewesen. HHStA Wien, MEA WaKr 5, fol. 212f. Da sich dies nicht auf ihr Gefolge bezog – ein Auszug sämtlicher Protestanten hätte eine zu große Störung bedeutet – drängten die geistlichen Kurfürsten die weltlichen, ihr Hofgesinde zu ermahnen, während der Messe wenigstens keinen Unfug zu treiben. HHStA Wien, MEA WaKr 5, fol. 213’. Luttenberger, Kurfürsten, S. 36f.; Reuter-Pettenberg, Bedeutungswandel, S. 13f.; ausführlich Gotthard, Säulen des Reiches, Bd. 1, S. 37–49. Anders Luttenberger, Kurfürsten, S. 37.
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mit Blick auf die europäischen Monarchien, zumal nach der weitgehenden Ausschaltung des Papstes aus dem Verfahren, selbst bei einem protestantischen Kaiser von zentraler Bedeutung gewesen wäre. Eine Reihe von konfessionell ausdeutbaren Änderungen der Krönungsmesse gingen auf den gewählten König und seine eigenen Glaubensüberzeugungen zurück, so die Verkürzung der Allerheiligenlitanei oder der Verzicht auf die Prostratio, bei welcher sich der König in Kreuzform auf den Boden legte, sowie auf die Kommunion.48 Maximilians Weigerung, sich der Kommunion sub una specie zu unterziehen, war eine Frage, die der Kaiser vor allem mit dem Papst zu klären hatte.49 Deshalb kam es im Vorfeld zu hektischen diplomatischen Geheimmissionen zwischen beiden Seiten, in deren Folge Papst Pius IV. dem Kaiser schließlich die Entscheidung überließ.50 Damit war das Problem jedoch keineswegs behoben, denn weder Vater noch Sohn waren zunächst bereit, sich dem Diktat des anderen zu unterwerfen. Der kleinste gemeinsame Nenner bestand schließlich darin, dass die Kommunion im Rahmen der Krönungsmesse überhaupt entfiel.51 Der Verzicht wurde kaum überzeugend damit begründet, dass der König aus medizinischen Gründen nicht so lange habe nüchtern bleiben können; angeb48 Zur Prostratio während der Allerheiligenlitanie vgl. Goldinger, Zeremoniell, S. 105. Die Könige und Kaiser des Untersuchungszeitraumes knieten bei diesem Akt nur. 49 1575 bestand dieses Problem nicht, denn König Rudolf war bereit, die Kommunion sub una specie zu vollziehen. In ihrem Gutachten zum Krönungszeremoniell erwähnten die kaiserlichen Räte zwar Maximilians Verzicht, empfahlen seinem Sohn aber, sich „altem Herkommen und Gebrauch gemeß“ zu verhalten. HHStA Wien, RK WaKr 6, fol. 248– 260. Ab 1658 erfolgte die Kommunion wieder sub utraque specie. Die Beschlüsse des Trienter Konzils, die erstmals 1575 hätten zur Anwendung kommen können, wurden nicht thematisiert, weil sie für die weltlichen Kurfürsten keine Verbindlichkeit besaßen und für die Kaiser und alle Kurfürsten die Geltung des Erhebungsaktes durch eine jahrhundertealte Tradition sichergestellt wurde und nicht durch eine Reaktion auf aktuelle kirchliche Reformprozesse. 50 Dazu ausführlich Schlecht, Dispensbreve, S. 14f. Hinsichtlich des Papstes bestand außerdem das Problem, dass dieser eine Erhebung vivente imperatore nur dann für rechtmäßig hielt, wenn der amtierende Kaiser durch ihn gekrönt worden war, was nicht zutraf. Dazu und zur Frage der päpstlichen Approbation HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 171–174; Luttenberger, Kurfürsten, S. 107f.; Schmid, Kaiser- und Königswahl. 51 Der Katholik Latomus vermerkt kritisch, es sei „herkommen … dass gleich darauf der koenig communicirt worden mit hoechster devotion“, in diesem Fall sei es aber unterblieben. Latomus, Antiquitates, 132f. Im Krönungsprotokoll heißt es nicht ganz zutreffend, der Akt sei aufgrund eines päpstlichen Indults unterblieben. HHStA Wien, MEA WaKr 5, fol. 97’. Beobachter notierten außerdem, dass der Römische König zu Boden geschaut habe, als der Konsekrator die Monstranz zeigte, was als Ablehnung interpretiert wurde. Holtzmann, Kaiser Maximilian II., S. 422.
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lich hatte Maximilian II. in einer privaten Messe vor der Krönungsmesse die Kommunion sub utraque specie empfangen. Dies zeigt, wie der Wille zum Konsens unter den politischen Entscheidungsträgern selbst keineswegs unwichtige Bestandteile der Krönungstradition außer Kraft setzen konnte. Dabei hatten die Römischen Könige noch bis zu Sigismund bei ihrer Herrscherweihe die Kommunion regelmäßig unter beiderlei Gestalt vollzogen, wie dies auch Maximilian für sich forderte. Erst seit der Königskrönung Friedrichs III. geschah sie in Abgrenzung zur Bewegung der Hussiten nur unter einer Gestalt.52 1562 wäre die Gewährung des Laienkelches deshalb nicht mehr als Zeichen eines Priesterkönigtums und königliches Vorrecht wie zum Beispiel bei der Herrscherweihe der französischen Könige gewertet worden, sondern als eine pro-protestantische Stellungnahme, was der Kaiser und die geistlichen Kurfürsten als Katholiken unbedingt vermeiden wollten.53 Maximilians Nachfolger Rudolf II. vollzog bei seiner Krönung 1575 die Kommunion sub una specie dagegen wieder. Erleichtert berichteten deshalb der päpstliche Legat und die Gesandten des spanischen Königs den befriedigenden Ablauf der Krönungsmesse nach Hause, die Spanier nicht ohne sich über die Gleichgültigkeit Kaiser Maximilians II. bei diesem Akt zu mokieren.54 Auch im Vorfeld der Wahl und Krönung von 1612 mussten Probleme ausgeräumt werden, die verdeutlichen, dass einer Kaisererhebung in der Wahrnehmung der Zeitgenossen ein anderer Stellenwert zukam als einer Königserhebung. Dies galt vor allem dann, wenn der Kandidat stark umstritten und die Kommunikation zwischen den Hauptakteuren aufgrund mehrerer Konfliktherde im Vorfeld dieser Investitur in hohem Maße gestört waren.55 Als strittig erwiesen sich erneut die Rechte der böhmischen Kur bei der Wahl. Zum Ärger des zukünftigen Kaisers wiesen die Kurfürsten 1612 jedes Recht des böhmischen Königs auf Mitwirkung bei der Wahlkapitulation zurück.56 Das war besonders heikel, zumal Matthias anders als seine beiden Vorgänger nicht völlig sicher sein konnte, tatsächlich gewählt zu werden. Hatte die Kritik der Kur52 Eichmann, Kaiserkrönung, Bd. 1, S. 308. 53 Vgl. dazu Bloch, wundertätige Könige, S. 231; Eichmann: Kaiserkrönung, Bd. 1, S. 307f. 54 Moritz, Wahl Rudolfs II., S. 174. Vgl. auch den Bericht des florentinischen Gesandten in AdS Florenz, Mediceo del Principato 4333, fol. 252. 55 Gutachten zum Verfahren bei Wahl und Krönung in HStA Dresden, Loc. 10675/8, fol. 431–433, 474–478; HHStA Wien, MEA WaKr 11, fol. 213–215 (vom 13.06. über die Wahl); ebd., MEA WaKr 10, fol. 196’–202 (vom 15.06. über die Krönung); auch HStA München, K. blau 97/3, fol. 211f., 251–256. 56 Dazu ausführlich Begert, Böhmen, S. 357–365, hier 358. Erst bei der Wahl Karls VI. 1711 konnte die Mitwirkung der böhmischen Kur durchgesetzt werden.
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fürsten an der Anwesenheit von anderen Reichsfürsten in der Wahlstadt 1562 und 1575 noch durch kaiserliche Reverse besänftigt werden können, erschienen diese 1612 nicht mehr tolerabel.57 Dabei argumentierte man, dass die Goldene Bulle „leicht gar ein Loch bekommen“ könne, wenn nicht nur der Kaiser den Kurfürsten Reverse gebe, sondern diese sich auch noch untereinander Reverse ausstellten. Die Bestimmungen dieses Gesetzes über das Gefolge seien deshalb „stricte“ einzuhalten. Da eine formale Ausweisung als sehr schädlich für die Reputation der auf Wunsch von Matthias und einzelnen Kurfürsten nach Frankfurt gereisten Reichsfürsten betrachtet wurde, sollten diese die Stadt möglichst freiwillig verlassen. Die schon bei der Krönung Karls V. von 1520 spürbare Rivalität zwischen den Inhabern der Reichserbämter und den Gesandten abwesender Kurfürsten, welche mit Unterstützung ihres Absenders die Ausübung der betreffenden Ämter bei Wahl und Krönung für sich forderten, eskalierte 1612 bei der Frage, wer das Erzkämmereramt in Vertretung des abwesenden Kurfürsten von Brandenburg ausüben solle.58 Obwohl die Goldene Bulle diese Frage zugunsten der Reichserbämter geregelt hatte, erhob der brandenburgische Gesandte Adam Gans zu Putlitz Anspruch auf das Kämmereramt, was den wütenden Protest des Reichserbkämmerers Johann Georg von Hohenzollern zur Folge hatte. Der schließlich unter Vermittlung der Kurfürsten ausgehandelte Kompromiss sah vor, dass der Gesandte in der Kirche und bei den mit Wahl und Krönung verbundenen Umzügen das Erzamt ausüben dürfe, der Reichserbkämmerer aber dafür während des Krönungsbankettes.59 Das war zwar kein voller, aber dennoch ein klarer Erfolg für den Gesandten, dem somit die Amtsausübung bei den entscheidenden Akten der Herrschererhebung zukam. Dagegen hatte der Versuch von Pfalzgraf Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg, gegen seinen Vetter 57 Vgl. bereits Kap. II.3.c; im Folgenden Moser, Wahlkapitulation, Anhang 2, S. 369–374. Dabei argumentierte der sächsische Kurfürst, dass die Anwesenheit des Kurerben dem Administrator der Pfalz „schimpflich“ (S. 370) sei, was dieser offenbar nicht so sah. Wie stark diese Dinge Interpretationssache waren, zeigt das Erscheinen der kurbrandenburgischen Gesandten ohne formal gültige Wahlvollmacht, was die anderen Kurfürsten aber „nicht vor so gar hochnöthig“ erachteten (S. 374). 58 Vgl. im Folgenden HHStA Wien, MEA WaKr 9, fol. 36; ebd., MEA WaKr 10, fol. 158’–164; ebd., MEA WaKr 11, fol. 229–237; HStA München, K. blau 97/3, fol. 263f.; Reuter-Pettenberg, Bedeutungswandel, S. 114; Chroust, Ausgang der Regierung, S. 555. 59 Zunächst hatte der Trierer Kurfürst vorgeschlagen, dass die Kurfürsten von Sachsen und Pfalz das Zepter mittragen sollten, was diese aber ablehnten. HHStA Wien, MEA WaKr 10, fol. 158’–160. Das Verfahren schuf einen Präzedenzfall für die folgenden Herrschererhebungen, wo es erneut zum Streit über diese Frage kam, obwohl die Regelung ausdrücklich nur für 1612 gelten sollte.
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Johann II. von Pfalz-Zweibrücken die Administration der Kurpfalz und damit die eigene Mitwirkung an der Königswahl durchzusetzen, von vornherein nur geringe Aussichten auf Erfolg.60 b) Die Wahl des Römischen Königs Der Wahlakt erstreckte sich in der Neuzeit anders als im Mittelalter nur noch über einen Tag, da die Wahlentscheidung in der Regel bereits vor der eigentlichen Wahl feststand. Dabei verkörperte die Königswahl ein komplexes Investiturritual, das aus mehreren Teilakten (Tab. 7.1) bestand und von seiner gesamten Gestaltung her auf die Exklusivität der Kurfürsten in ihrer verfassungsrechtlich fixierten Funktion als Königswähler ausgerichtet war. Deshalb wurden die Kosten der Kirchenausstattung auch von allen Kurfürsten gemeinsam getragen.61 Der besondere Handlungsort der Kirche St. Bartholomäus sowie die Rahmung durch eine katholische Messe machten aus diesem politischen Ritual ein politisch-religiöses Ritual, das auf die Vergegenwärtigung der sakralen Qualität des Heiligen Römischen Reiches und seiner Verfassung insgesamt ausgerichtet war. Am Beginn stand der feierliche Zug der Kurfürsten im Kurhabit gegen 7 Uhr morgens nach St. Bartholomäus.62 Nachdem alle Kurfürsten ihre Session nach Ordnung der Goldenen Bulle im Hochchor eingenommen hatten (Abb. 35), womit sie den ordnungsgemäßen Beginn des Wahlaktes markierten, begann die Heilig-Geist-Messe.63 Dabei hatten die weltlichen Kurfürsten 1562 weder den genauen Moment noch den Ort ihres zuvor vereinbarten Rückzugs vom Messritual abgesprochen. So war der Pfälzer Kurfürst vor dem Sündenbekenntnis „stracks zum chor hinaus ganngen“, weil er offenbar befürchtete, dass die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg möglicherweise doch bleiben könnten. Schließlich konnte sich Friedrich III. von der Pfalz nicht völlig sicher sein, was das Verhalten seiner weltlichen Mitkurfürsten betraf, denn zwei Wochen zuvor hatte der brandenburgische Kurfürst noch gemeinsam mit dem 60 Vgl. dazu schon Kap. II.3.b; Akten in HHStA Wien, MEA WaKr 11, fol. 351–374. 61 ISG Frankfurt am Main, SA 230, fol. 20. 62 Die Darstellung folgt der Überlieferung in HStA Dresden Loc. 10671/2, Fasz. 3, fol. 187–229 (1562); Loc. 10675/2, fol. 46’–49 (1575); Loc. 10675/8, fol. 434–443 (1612), die weitgehend mit jener im HHStA Wien übereinstimmt. 63 Die Messe wurde 1562 durch den Bischof von Würzburg zelebriert. Auch der Bischof von Worms war deshalb angefragt worden, der aber mit der Begründung ablehnte, dass er nicht geweiht sei. HHStA Wien, MEA WaKr 10, fol. 544–548. 1575 wurde die Messe durch den Erzbischof von Salzburg zelebriert, 1612 durch den Mainzer Weihbischof. Schneidt, Vollständige Geschichte, S. 543.
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Kaiser an einer katholischen Messe teilgenommen.64 August von Sachsen und Joachim II. Hektor von Brandenburg gingen jedoch kurz danach in die Sakristei, wohin ihnen Friedrich III. folgte, wobei er erneut den Chor passierte.65 Die dreifache Störung des Messrituals demonstrierte allen Anwesenden, dass auch zwischen den weltlichen Kurfürsten – nicht nur konfessionelle – Differenzen bestanden. Vor dem zur Pfingstliturgie gehörenden Hymnus „Veni Redemptor gentium“ kehrten die weltlichen Kurfürsten in den Chor zurück und knieten gemeinsam mit den übrigen Kurfürsten zum Gebet nieder. Danach legten alle Kurfürsten den Wahleid auf das Evangelium ab, wobei die geistlichen Kurfürsten mit der Schwurhand die eigene Brust, die weltlichen aber die aufgeschlagene Buchseite des Johannes-Evangeliums berührten. Anders als die geistlichen Kurfürsten, deren unmittelbare Verbindung zum Göttlichen qua Amt garantiert wurde, mussten die weltlichen Kurfürsten diese Verbindung erst qua ritueller Handauflegung in einer für alle Anwesenden sichtbaren Form herstellen.66 Da im Untersuchungszeitraum alle weltlichen Kurfürsten protestantisch waren, hätten diese verlangen können, ihren geistlichen Mitkurfürsten gleichgestellt zu werden, denn ein zentrales Signum der Neugläubigkeit war die Unmittelbarkeit aller Gläubigen zu Gott. Dass dies nicht geschah, könnte zum einen daran liegen, dass die weltlichen Kurfürsten das Entgegenkommen der geistlichen Kurfürsten nicht über Gebühr beanspruchen wollten, zum anderen könnte es aber auch ein Beleg dafür sein, dass den Beteiligten der eigentliche Sinngehalt dieser Differenzierung nicht mehr gegenwärtig war.67 Nach der Wiederholung des Hymnus’ „Veni sancte spiritus“, mit dem die Messe begonnen hatte, begab man sich ins südlich vom Hochchor gelegene Konklave, wo nach einem Handgelübde zur Gültigkeit der Mehrheitsentscheidung die Wahl des Königs durch die Stimmabgabe der Kurfürsten in der festgelegten Reihenfolge (Art. IV.2) geschah: zuerst Trier, dann Köln, Böhmen (nicht 64 Vgl. dazu Kap. III.1. Der brandenburgische Messbesuch vor der Wahl führte offenbar dazu, dass die venezianischen Gesandten fälschlich nach Hause berichteten, lediglich Kursachsen und Kurpfalz hätten nicht an der Wahlmesse teilgenommen. Turba, Venetianische Depeschen, Bd. 3, S. 213f. 65 Edelmayer, Krönungen, S. 156. 66 Vgl. dazu Jer 31,33: „Ich lege mein Gesetz in sie hinein und schreibe es auf ihr Herz.“ Möglicherweise spielt auch das in der Bibel ausgesprochene und im Codex Iustinianus bekräftigte Schwurverbot des geistlichen Standes eine Rolle. Dazu Eichmann, Kaiserkrönung, Bd. 1, S. 163. 67 Vielleicht war man auch der Ansicht, in der direkten Berührung des Evangeliums als Wort Gottes dokumentiere sich gerade die eigene Unmittelbarkeit zu Gott. In diesem Fall hätte sich der Sinngehalt dieser Geste genau in sein Gegenteil verkehrt.
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votiert), Pfalz, Sachsen, Brandenburg, Mainz. Das Handgelübde band die Akteure weniger stark als ein Eid, war aber ohnehin nur als Bekräftigung einer Bestimmung gedacht, welche die Goldene Bulle (Art II.3) bereits enthielt. Danach wurden die im Hochchor wartenden kurfürstlichen Räte in das Konklave gerufen, wo ihnen der Mainzer Kurfürst das Ergebnis der Wahl verkündete, das von den Anwesenden kollektiv per Handzeichen bezeugt und im Wahldekret festgehalten wurde.68 Die Königswahlen vivente imperatore erweiterten das Verfahren um den Akt einer kaiserlichen Bestätigung der Wahl. Am Beispiel der kaiserlichen Approbation von 1562 lassen sich sehr gut spezifische Strategien zur Herstellung von Communitas im Rahmen dieses Investiturrituals aufzeigen, die zugleich als Beleg dafür fungieren können, dass selbst innerhalb hochgradig geregelter Rituale auch Raum für spontane, in ihren Auswirkungen nicht planbare Handlungsweisen bestand. Nach vollzogener Wahl erschien der Kaiser in Begleitung hochrangiger Reichsfürsten in der Wahlkirche, wo er aufgrund der besonderen Dignität des Ereignisses zunächst seinen Kaiserornat anlegte und sich anschließend in die für ihn hergerichtete Session im Konklave begab. Dort wurde Ferdinand I. vom Mainzer Kurfürsten über die einstimmige Wahl Maximilians II. zum Römischen König informiert, „mit unnderthenigisten bitten, das ir kay. Mt. über solche ir Wahl und gemaine gethone bewilligung auch in specie in ir kün. W. zu bewilligen“.69 Darauf bedankte der Kaiser sich „aygen mundts“ bei den Kurfürsten für ihr Wirken zu „ehr und wolfarth“ des Reiches, approbierte die Wahl mündlich und schriftlich durch die Übergabe eines versiegelten Bewilligungsbriefes und ermahnte seinen Sohn, diese auch anzunehmen. Dabei habe sich Ferdinand I. „dermassen und mit solcher hertzlichen vätterlichen affection erzaigt, das – wie hohen, dapffern und grossen gemüets ihr Mj. und die anndern umbstenndt sonst seyen – nit allain irer Mt. Selbsten das wasser in den augen gestannden, sonnder auch alle umbstennde, welche doch vast allain churfürsten und fürsten, auch etliche wenige graven und gelerte räthe gewesen, zu zehern bewegt worden.“70 68 Zu den Wahldekreten allgemein Miethke, Wahldekrete. 69 Alle Zitate im Folgenden Edelmayer, Krönungen, S. 159. 70 Der Autor fährt fort: „Wie dann ain jeder in dem mennschliche, tugenthaffte affectiones, sein leichtlichen zu bedennckhen, was treffenliche grosse, innerliche und hertzliche bewegnus und erfreuung ain solcher actus […] bey irer kay. Mt. und den anndern umbsteenden erweckht und gemacht habe.“ Auch der venezianische Gesandte Giovanni Micheli erwähnt, dass der Kaiser und der Kurfürst von Brandenburg „per la molta allegrezza“ die Tränen nicht hätten zurückhalten können. Turba, Venetianische Depeschen, Bd. 3, S. 214. Im Wahlprotokoll findet sich keine Erwähnung dieses
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Zwar erweckt dieser Bericht den Eindruck, Ferdinand I. habe übermannt von Gefühlen spontan begonnen zu weinen, jedoch verkörperten die durch den Herrscher öffentlich vergossenen Tränen, die auf seinen natürlichen Körper verwiesen, in historischer Perspektive oft eine bewusst eingesetzte Strategie, mit der konkrete politische Ziele erreicht werden sollten.71 Im vorliegenden Fall handelt es sich wohl um den Versuch, eine emotionale Bindung zwischen Kaiser, König und Reich zu etablieren, welche das Ergebnis der Wahl absichern und das Verhältnis zwischen den Akteuren bei späteren Konflikten belastbar machen sollte. Die Tränen des Herrschers können jedoch nicht als „abgesprochene Formen rituellen Verhaltens“72 charakterisiert werden; vielmehr versprachen sie gerade deshalb Wirksamkeit, weil die Anwesenden nicht damit gerechnet hatten. Dass die Umstehenden nun ebenfalls zu weinen begannen, signalisierte dem Herrscher, dass sie den von ihm vorgegebenen Modus der Zeichenverwendung samt der auf diese Weise transportierten Vorstellung, Herrscher und Beherrschte seien auch emotional einander verpflichtet, akzeptierten. Was hier entstand, war eine spontane Form von Communitas: Auch wenn der Kaiser dies vielleicht im Voraus geplant hatte: Er konnte nicht wissen, ob sich die anderen Akteure darauf einlassen würden. Die „sehr lannge, zierliche und dapffere red“ Maximilians II., die nun folgte, war in dieser Form offenbar ebenfalls nicht abgesprochen worden, da sie die Verwunderung der Anwesenden erregte.73 Maximilian führte zunächst aus, dass er der Würde und Bürde dieses hohen Amts nicht gewachsen sei und die Wahl nur deshalb annehme, weil Kaiser und Kurfürsten dies wünschten. Durch diese rhetorische Selbstdegradierung demonstrierte der neu gewählte König die Demut des Herrschers als ein auf die Zukunft gerichtetes Versprechen, sich der hohen Verantwortung des Reichsregiments bewusst zu sein und die aus dem Amt resultierende Herrschaftsgewalt nicht zu missbrauchen. Darüber hinaus bat der König den Kaiser, sein „gnedigister, liebster herr und vatter“ Vorfalls, was zeigt, dass diese Textgattung für die Analyse derartiger Vorgänge nicht unbedingt aussagekräftig ist. Vgl. HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 138’–142’. 71 Vgl. dazu Althoff, Rituelle Tränen. Der hier vorliegende Sachverhalt entspricht dem dritten dort aufgeführten Kontext, in dem Herrscher im Mittelalter weinten: Tod und Verlust von Vertrauten, eigene Sünden, eindringliche Bitten, Elend oder flehentliche Bitten Anderer, Abschiednehmen. Ebd., S. 242f. Angeblich weinte auch der Papst, als sein Legat ihm berichtete, Maximilian habe 1560 in seinem Beisein die Kommunion sub una specie erhalten. Schlecht, Dispensbreve, S. 9. 72 Althoff, Rituelle Tränen, S. 243. 73 Im Folgenden Edelmayer, Krönungen, S. 159. Die Rede war zuvor wortwörtlich ausformuliert worden. Eine derartige Ansprache war auch bei den vorhergehenden Wahlen vivente imperatore an dieser Stelle üblich gewesen, wenn auch nicht in dieser Länge.
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zu bleiben, sowie die Kurfürsten um Hilfe, Rat und Beistand während seiner Regierung, womit er zugleich auf das zukünftige Lehnsverhältnis zwischen beiden Seiten anspielte.74 Auf diese Weise band Maximilian II. die Kurfürsten demonstrativ in die Reichsregierung ein, ohne diesen freilich besondere Rechte einzuräumen. Beides wurde ihm vom Kaiser sowie vom Mainzer Kurfürsten stellvertretend für alle Kurfürsten zugesagt. Danach legte der gewählte König den Eid auf die Wahlkapitulation ab und begab sich in den Kirchenchor. Bei der nun folgenden Altarsetzung (exaltatio) wurde er von den Kurfürsten „sambentlichen unnd zu gleich“ auf den Hochaltar gehoben. Dieser Vorgang verweist formal auf die Inthronisierung des gekrönten Königs durch die Kurfürsten bei der Königsmesse. Üblicherweise wurde die Altarsetzung nur durch die Erzbischöfe vollzogen, da die Mitwirkung bei diesem „Züerlichen und Heiligen Actu“ eine kirchliche Weihe voraussetzte. Es erscheint daher kaum glaubhaft, dass 1562 tatsächlich alle Kurfürsten beteiligt waren.75 Während der König auf dem Altar saß (Abb. 37), wurden geistliche Hymnen sowie ein Te deum intoniert, was den sakralen Charakter dieser Handlungssequenz unterstrich.76 Der König wurde damit nicht nur kurz auf den Altar gesetzt, sondern er hatte dort länger zu verweilen.77 Dabei war er die einzige Person, die saß, während die Kurfürsten den Altar mit entblößtem Haupt in einer Ordnung umstanden, welche den Sessionsregeln der Goldenen Bulle entsprach. Auf diese Weise wurde die Statusveränderung des gewählten Königs, der damit aus der Gruppe der Kurfürsten herausgehoben wurde, erstmals als unleugbares Faktum für alle Anwesenden sichtbar. 74 Während Maximilian I. und Ferdinand I. den Kaisern noch versprechen mussten, zu deren Lebzeiten nicht nach der Übernahme des Reichsregiments zu trachten, scheint dies bei den Wahlen von 1562 und 1575 nicht der Fall gewesen zu sein. Heinig, Aachener Krönungen, S. 565. 75 HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 143. Aus der unpräzisen Formulierung des Wahlprotokolls kann man tatsächlich schließen, dass die Altarsetzung durch alle Kurfürsten geschah. So Dotzauer, Entstehung, S. 15. Nach Kloft wurden die Könige auf den Kreuzaltar gesetzt, dies ist für den Untersuchungszeitraum nicht belegbar. Kloft, Rolle der Liturgie, S. 329. Die Quellen für die mittelalterlichen Altarsetzungen sind in dieser Frage unpräzise, allerdings wurde Ludwig der Bayer 1314 eindeutig auf den Hochaltar gesetzt. Weinrich, Quellen zur Verfassungsgeschichte, S. 262f.; für Maximilian II. HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 143’. Für 1612 existiert ein Kupferstich mit einer Altarsetzung, der das Interieur und die Szene sicher nicht richtig wiedergibt. HM Frankfurt am Main, GS, N 24.090. 76 Maximilian I. wurde dabei auch mit Weihwasser besprengt. Rieger, Altarsetzung, S. 34. 77 Vgl. Edelmayer, Krönungen, S. 160, wonach der Würzburger Bischof danach noch den Psalm „Domine in te [virtute tua] laetabitur rex“ und einige Gebete anstimmte.
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Dabei verschweigen die Quellen, welche Bedeutung die Zeitgenossen dieser Handlungssequenz neben ihrer deklarativen Wirkung eigentlich zuschrieben.78 Als tradierter Bestandteil des Wahlherkommens besaß sie im Sinne der Legitimation durch Verfahren per se einen legitimierenden Charakter. In diesem Akt kam symbolisch das Amt des neuen Herrschers als Beschützer der christlichen Kirche zum Ausdruck. Von seiner zentralen Bestimmung her war der Altar ein Opfertisch, weshalb die Positionierung des Königs auf diesem auf die Deutung des Königsamtes als Martyrium verwies. Saß der König unbeschadet und ohne Proteste, so zeigte sich darin nicht allein die Akzeptanz der Wahl durch die Anwesenden, sondern auch durch Gott.79 Ob sich die Exaltatio des neu gewählten Königs von der „jurisdiktionellen Übernahme des Bischofsamtes herleitet, bei dem der neugewählte Bischof mit dem Besitzen des Hochaltares das Bistum in Besitz nahm“80, muss solange offen bleiben, wie sich nicht zweifelsfrei belegen lässt, in welchem Kontext diese Handlungssequenz zuerst praktiziert wurde.81 Allerdings wurden Maximilian II. 1562 und Matthias 1612 offenbar nicht direkt auf den Altar, sondern lediglich auf einen um diesen herum errichteten Tisch gesetzt.82 So berichtet der 1562 anwesende Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg in seinem Tagebuch, dass Maximilian „mitten vor den Altar gesetzet“ worden sei.83 Auf der Darstellung der Wahlsession von 1612 durch Johann Theodor de Bry (Abb. 35) ist diese Altarumbauung deutlich zu erkennen, auf welcher im Gegensatz zum Hochaltar, auf dem der Reliquienschrein des Apostels Bartholomäus stand, auch Raum für einen solchen Akt vorhanden war. Dies würde bedeuten, dass der König nicht tatsächlich, sondern nur zeichenhaft auf den Altar gesetzt wurde. Von einem Vorgang der Säkularisierung kann man 78 Überliefert sind nur allgemeine Bemerkungen, wonach „solichs Spectakel gantz herrlich und mayestettisch anzusehen gewesen“. HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 143. Rieger leitet den Akt aus der Heerschild-Erhebung ab, allerdings kann ein Heerschild als militärisches Objekt nicht mit einem Altar als Zentrum liturgischer Handlungen verglichen werden, zumal die Zahl der Anwesenden begrenzt war. Rieger, Altarsetzung, S. 4; auch Schneider, Bischöfliche Thron- und Altarsetzungen, S. 10–12. 79 Schneider, Bischöfliche Thron- und Altarsetzungen, S. 15. 80 Kloft, Rolle der Liturgie, S. 329. 81 Erstmals ist eine Altarsetzung bei der Wahl Heinrichs VII. 1308 nachweisbar, wo sie bereits als tradiertes Element bezeichnet wird, während Altarsetzungen bei Papst- und Bischofswahlen erst um die Mitte des 14. Jahrhunderts überliefert sind. Rieger, Altarsetzung, S. 4. Vgl. dazu Krammer, Wahl und Einsetzung, S. 37f. 82 Dass der Ritus in der Neuzeit durch die örtliche Verknüpfung von Wahl und Krönung „immer mehr“ außer Gebrauch geraten sei, trifft allerdings nicht zu, da er immerhin bis 1690 beibehalten wurde. So aber Kloft, Rolle der Liturgie, S. 329. 83 Bernhard / Koppe, eigenhändiges Tagebuch, S. 385.
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gleichwohl nicht sprechen, da anhand der überlieferten Quellen nicht zweifelsfrei zu klären ist, wo genau die gewählten Könige im Mittelalter gesessen hatten. Dabei wohnte der Altarsetzung anders als der Salbung keine transformative Kraft über ihre „soziale Magie“ hinaus inne.84 Dies zeigt die Tatsache, dass im Mittelalter auch Stellvertreter auf den Altar gesetzt worden waren, während eine Salbung in Stellvertretung undenkbar erschien, weil sie kein bloßes Zeichen war, sondern das Bezeichnete in jedem Fall bewirkte.85 Die Königswahl schloss mit der feierlichen Publikation der Königswahl (proclamatio), bei welcher der Mainzer Domdechant die Anwesenden, die in diesem Moment das gesamte Volk repräsentierten, „mit grosser sollennitet“ und unter Fanfaren- und Trompetenklängen vom Wahlergebnis in Kenntnis setzte.86 Der Akt geschah auf einer vor dem Lettner errichteten Bühne, auf der die Kurfürsten und der gewählte König in majestate saßen.87 Nachdem ein Te deum und weitere Lobgesänge gesungen worden waren, geleiteten die Kurfürsten den Gewählten unter dem von Ratsherren der Stadt getragenen Himmel in seine Herberge, worin der durch die Wahl veränderte Status des Königs nun auch im öffentlichen Raum der Stadt zeichenhaft zum Ausdruck gebracht wurde. 1562 und 1575 wurde aufgrund seines überlegenen Ranges allerdings zuerst der Kaiser in seine Unterkunft geleitet. Damit war der Wahlakt, der 1562 etwa sieben Stunden dauerte, abgeschlossen.88 Die Öffentlichkeit der Königswahl erweist sich als beschränkt, wobei sich mehrere sukzessive Vorgänge der Exklusion beobachten lassen, die auf unterschiedliche Handlungsräume und Akteursgruppen ausgerichtet waren. Die Ausweisung aller Fremden aus der Wahlstadt als größtem, äußeren Handlungsraum des Aktes am Tag zuvor und die Schließung der Stadttore gehörten zum tradierten Verfahren der Herrscherwahl, um die Sicherheit und den ungestör84 Der Begriff ist hier in einem umfassenderen Verständnis gemeint als bei Bourdieu, dem es in diesem Kontext auf die Auswirkungen von Sprechakten ankam. Vgl. dazu eher Butler, Performativity’s Social Magic. 85 Eine Altarsetzung in Stellvertretung fand 1411 statt, bei welcher der Burggraf von Nürnberg auf den Altar gesetzt wurde. Rieger, Altarsetzung, S. 28. Allerdings ist dieser Vorgang wohl dem Bedürfnis zuzuschreiben, diese zweite Wahl Sigismunds unangreifbar zu machen, und deshalb als eine den spezifischen Rahmenbedingungen geschuldete Ausnahme zu betrachten. 86 HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 144. 87 Die Session entsprach der Goldenen Bulle, wobei Kurtrier in die Reihe der Kurfürsten eingereiht war und der gewählte König nur um eine Stufe erhöht saß. Sein Stuhl war mit goldenem Tuch bespannt. Oertel, Historische beschreibung, Bd. 2, S. 197. Vgl. die Darstellung von Eberhard Kieser. HM Frankfurt am Main, GS, N 24.090. 88 Latomus, Antiquitates, S. 119. Ohne kaiserliche Approbation waren die Wahlakte kürzer.
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ten Vollzug dieses Aktes zu gewährleisten.89 Besonders streng befolgt wurde diese Vorgabe bei der Wahl von 1612, bei der sie auch bei hochrangigen Personen Anwendung fand. Die städtische Öffentlichkeit wurde zunächst durch die Sturmglocke vom Beginn der Wahl sowie durch die Festglocke von deren Vollzug informiert.90 Während der Altarsetzung bliesen die Trompeten „mit großem hall“, die Kirchenglocken läuteten „gewaldtigklich“ und die Geschütze auf den Stadtmauern donnerten, wodurch die Wahl über den Kirchenraum und selbst über den städtischen Raum hinaus ‚veröffentlicht’ wurde.91 Außerdem verkündeten kaiserliche Herolde das Wahlergebnis in der Stadt.92 Einen inneren Handlungsraum, für den eigens Zugangsbarrieren errichtet wurden, bildete die Kirche St. Bartholomäus. Sie wurde im Vorfeld extra besichtigt, um Unbefugte am Zugang zu hindern, weshalb das Stift am Tag der Wahl dem Mainzer Kurfürsten auch alle Kirchenschlüssel auszuliefern hatte.93 Wer Zutritt erhielt, entschieden die Kurfürsten gemeinsam. 1562 und 1575 waren neben den kurfürstlichen Räten, über deren Zahl man sich zuvor geeinigt hatte, auch einige junge Fürsten während des gesamten Aktes anwesend, da ihnen die Aufgabe zukam, nach vollzogener Wahl als repräsentative Abordnung den Kaiser in die Kirche zu bitten.94 Dabei hatten die Kurfürsten bewusst nichtregierende Fürsten ausgewählt, damit nicht der Eindruck entstünde, andere Reichsfürsten nähmen an der Wahl teil. Dadurch, dass der Kaiser in Begleitung von Reichsfürsten und Hofbeamten in der Kirche erschien, wurde die Öffentlichkeit des Aktes deutlich erweitert.95 Allerdings hielt sich 89 1612 verweigerte die Stadt zunächst die Übergabe der Stadtschlüssel an den Reichserzmarschall, „weil es nit herkommen“. Am Ende wurden die Schlüssel im Römer deponiert. ISG Frankfurt am Main, Rst. F., BMB 1612, fol. 31; HHStA Wien, MEA WaKr 10, fol. 118–119. 90 ISG Frankfurt am Main, Rst. F., BMB 1612, fol. 29’. 91 HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 143. 92 Dies geschah nach dem Bericht des venezianischen Gesandten „con tanto aplauso et giubilo universale che è cosa incredibile“. Turba, Venetianische Depeschen, S. 214. 93 Latomus, Antiquitates, S. 120. 94 HHStA Wien, MEA WaKr 5, fol. 19. Danach wurden u.a. Georg von Pfalz-Zweibrücken und Wilhelm von Hessen geschickt, um den Kaiser zu holen. 1612 war für Friedrich V. von der Pfalz auf dem Lettner eine Session errichtet worden, von der dieser das Geschehen im Chor verfolgen konnte. Oertel, Historische beschreibung, Bd. 2, S. 196. 95 Darunter befanden sich Albrecht V. von Bayern, Herzog Wilhelm von Jülich und Cleve, Herzog Christoph von Württemberg und sein Sohn Eberhard, Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg, Prinz Wilhelm von Oranien und Landgraf Ludwig von Hessen. HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 138’. Für Ferdinand I. waren im Konklave und im Chor Sessionen errichtet worden. 1612 weilte auch Anna von Tirol während des Wahlaktes in der Kirche (außerhalb des Chores). Das Interesse der zukünftigen Kaiserin an allen
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die Mehrzahl dieser Personen außerhalb des Chores auf und konnte deshalb nur die Proklamation verfolgen (Abb. 37). Vergleicht man dieses Verfahren mit früheren Wahlen, so werden die Abschottungsprozesse der Kurfürsten deutlich: Hatte sich 1519 bei der Wahl Karls V. noch eine große Zahl Zuschauer in der Wahlkirche aufgehalten, so erhielten 1612 nur die Kurfürsten und ihre Räte Zutritt.96 Den innersten Handlungsraum mit den stärksten Zugangsbeschränkungen markierte das Konklave, in dem sich während eines Teils der Wahlberatungen und während der Wahl selbst ausschließlich die Kurfürsten aufhielten, wobei der Raum zusätzlich und in demonstrativer Weise durch den Reichserzmarschall abgeschlossen wurde. Nur für bestimmte Akte wie die Anfertigung des Wahlprotokolls oder die Bezeugung der Wahl wurden kurfürstliche Sekretäre und Räte in das Konklave hineingerufen. Im Konklave, das als bildliche Mahnung an die Kurfürsten, rechtmäßig und gerecht zu handeln, eine große Darstellung des Jüngsten Gerichts zierte, fand 1562 allerdings auch die kaiserliche Approbation statt. Dadurch erschien diese Handlungssequenz auf der symbolischen Ebene als Bestandteil der Wahlhandlung im engeren Sinne, obwohl dies nicht im Interesse der Kurfürsten gelegen haben kann. Für den Wahlakt wurde der Hochchor der Kirche traditionell mit einer Session für den Trierer Kurfürsten, welcher dem Hochaltar gegenüber saß, ausgestattet. Außerdem ist auf einem das Geschehen sehr präzise wiedergebenden Kupferstich (Abb. 35) der auf dem Hochaltar aufgestellte Flügelaltar mit einer Darstellung des Pfingstwunders zu erkennen, auf das sich die Wahlmesse inhaltlich bezog.97 Der Chor war außerdem mit Tapisserien behängt, die das Wahlgeschehen ebenfalls kommentierten. So sieht man auf der Südseite den unter dem Baldachin thronenden Kaiser bei einer Audienz, womit der direkte Zugang der Untertanen als Versprechen des künftigen Königs visualisiert wird.98 Während auf dieser linken, im Reichstag den weltlichen Fürsten zugeordneten Teilakten der Herrschererhebung, das im Wunsch einer eigenen Krönung kulminierte, zeigte sich bereits hier. 96 Im Unterschied zum Untersuchungszeitraum erstreckte sich der Wahlakt 1519 über drei Tage, die jeweils mit einer Messfeier begonnen wurden. Vgl. dazu Dotzauer, Anrufung, Bd. 1, S. 34f. 97 Electio et coronatio (1612), o.S. Auf dem Altartisch liegt das Evangelium, auf das die weltlichen Kurfürsten den Wahlschwur ablegten. 98 Es könnte auch eine konkrete historische Szene dargestellt sein. In diesem Fall bliebe die allgemeine Aussage erhalten, erhielte aber noch eine besondere Konnotation. Eine Darstellung derselben Szene von Kieser zeigt einen Christus-Zyklus, da diese jedoch in vielen Details ungenauer ist als die von de Bry, handelt es sich hier sicher um eine falsche Wiedergabe.
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Seite eine weltliche Szene dargestellt ist, zeigt die rechte einen König vor zwei Bischöfen sowie eine männliche Figur, die von einem Papst gesegnet wird, und weitere geistliche Würdenträger. Direkt darunter erscheint der Wahlkandidat Matthias zwischen den Kurfürsten von Mainz und Pfalz. Möglicherweise wird auf diese Weise die Kaiserkrönung in Rom thematisiert, die als Zielvorstellung bis zu Leopold I. in den Wahlkapitulationen fixiert blieb, oder aber es wird eine päpstliche Approbation der Herrschererhebung evoziert, welche die Kaiser in dieser Phase jedoch nunmehr als bloße Information des Papstes verstanden wissen wollten. Die Frage ist allerdings, wer diesen Akt der Zeichensetzung zu verantworten hatte und für wen die damit verbundenen politischen Aussagen gedacht waren, zumal hier zwischen dem realen Geschehen und seiner Wiedergabe im Druck zu unterscheiden ist. Die Tapisserien wurden entweder vom Krönungsstift oder von den Kurfürsten gestellt, es handelt sich hier also nicht um eine kaiserliche Selbstinszenierung, sondern um die Herrschaftsrepräsentation der geistlichen Kurfürsten, denn die dargestellte Unterordnung der weltlichen unter die geistliche Macht lag ausschließlich in deren Interesse. Die protestantischen weltlichen Kurfürsten dürften darüber wenig erbaut gewesen sein. Dass der neue König auf dem Bild allerdings genau unter der auf dem Wandteppich vor dem Papst knienden Figur erscheint, könnte eine Strategie des Zeichners gewesen sein, um auf diese Weise symbolisch einen engen Bezug zwischen Kaisertum und Papsttum herzustellen, der dann als Sinnbild der zu erwartenden Konfessionspolitik des hier gewählten Kaisers zu verstehen gewesen wäre.99 c) Die männliche Krönung Im Vergleich zum Wahlakt folgte der Krönungsakt in vielerlei Hinsicht dem Prinzip der Steigerung. So wies der Ablauf dieses Investiturrituals, das selbst wiederum aus einer Vielzahl hintereinander geschalteter ritueller Handlungen bestand, einen deutlich komplexeren Charakter auf (Tab. 7.2).100 Aber auch 99 Je nach konfessioneller Zugehörigkeit dürfte eine solche Darstellung ganz unterschiedliche Gefühle ausgelöst haben. Alle drei am Zyklus beteiligten Künstler waren Calvinisten. Vgl. dazu Kap. V.3.c. 100 Anders als bei der Wahl bedingte die Existenz eines amtierenden Kaisers bei den Krönungen nur geringe Änderungen von Zeremoniell und Liturgie. So holten die weltlichen Kurfürsten 1562 und 1575 zunächst den König, danach aber den Kaiser von seiner Herberge ab und geleiteten ihn zur Kirche. Während der Krönungsmesse wurden dem Kaiser diverse Ehrenbezeigungen zuteil; außerdem küsste er das Evangelium und wurde mit Weihwasser besprengt, ohne dass diesen Handlungen für die Herrscher-
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der Ausstattungsaufwand, die Menge der verwendeten Zeichen und die Zahl der am Akt Beteiligten erhöhten sich ganz entscheidend. Diese Steigerung war nicht allein sichtbar, sondern auch hörbar: So spielte die Musik, die den Handlungsablauf rhythmisierte und zugleich interpretierte, bei der Krönung eine viel wichtigere Rolle als bei der Wahl.101 Da zum Krönungsakt auch das Krönungsbankett zu rechnen ist, dauerten Krönungsakte durchschnittlich länger als Wahlakte. Zwar übten auch hier die Kurfürsten wichtige Funktionen aus, dennoch war dieser Akt primär auf die feierliche Einsetzung des Herrschers und damit auf dessen Person ausgerichtet. Die Krönungsmessen fanden auch im Untersuchungszeitraum noch an einem Sonn- oder Feiertag statt, um die Sakralität des Aktes zu betonen.102 Am Krönungstag begaben sich zunächst die geistlichen Kurfürsten im Kurhabit gegen 6 Uhr morgens in die Kirche St. Bartholomäus, wo sie ihre geistlichen Festgewänder anlegten. Die weltlichen Kurfürsten versammelten sich vor der Herberge des gewählten Königs und geleiteten diesen zur Krönungskirche. An der Kirchentür wurde der König durch den Koronator und die anderen geistlichen Kurfürsten empfangen und gesegnet. Der Konsekrator sprach einige Gebete über den König, der dazu niederkniete. Nach einer durch den Konsekrator angeführten Prozession zum Kreuzaltar nahmen König und Kurfürsten ihre Sessiones ein und die Krönungsmesse begann mit dem Sündenbekenntnis „Confiteor“. Die Durchführung der Messe, die hier nicht in allen Einzelheiten geschildert werden kann, lag in den Händen des Mainzer Erzbischofs als Konsekrator.103 1562 assistierten ihm die Bischöfe von Würzburg und Speyer, da weder der Kölner noch der Trierer Erzbischof geweiht waren.104 Allerdings griffen diese Erzbischöfe bei der Krönung neben den Bischöfen mit an die Krone, so dass diese dem König 1562 von fünf geistlichen Würdenträgern aufgesetzt wurde, wobei die beiden Erzbischöfe offenbar als Person agierten, während die Bischöfe lediglich den ihnen fehlenden Weihestatus addierten. Den begleitenden Sprechakt vollzog der Mainzer Kurfürst allein. Hatten 1562 die beiden an-
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weihe insgesamt ein konstitutiver Sinn zugekommen wäre. Vgl. im Folgenden schon Rudolph, Kontinuität und Dynamik. Die Krönung von 1612 ist die erste Krönung, für die dafür komponierte Krönungsmusik erhalten ist. Vgl. dazu Paduch, Festmusiken; allgemein Zak, Rolle der Musik. So 1562 am Tag des Heiligen Andreas, 1575 an Allerheiligen und 1612 an einem Sonntag. Vgl. im folgenden HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 90–110, 244–253. 1575 wurde neben Mainz und Trier der Erzbischof von Salzburg hinzugezogen, während 1612 neben Mainz und Trier die Bischöfe von Regensburg, Osnabrück, Wien und Brixen an der Messe mitwirkten. Edelmayer, Krönungen, S. 152f.; HHStA Wien, MEA WaKr 7, fol. 36–39. Trusen, Kurmainz, S.144.
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deren Erzbischöfe dem König immerhin das Schwert gereicht, übernahm dies bei den folgenden Krönungen ebenfalls der Konsekrator. Die Aufgaben der weltlichen Kurfürsten waren begrenzt, denn die Herrscherweihe verkörperte einen genuin geistlichen Akt. Ihre wesentliche Funktion bestand darin, dem Herrscher die ihrem Erzamt zugeordneten Reichsinsignien vorzutragen und durch ihre als Billigung zu interpretierende Anwesenheit beim Krönungsakt die Herrschererhebung zusätzlich zu legitimieren. Hatte 1562 noch der Kurfürst von Brandenburg als Erzkämmerer bei der Bekleidung des Königs nach der Salbung assistiert, so wurde diese Tätigkeit bei den folgenden Krönungen in der Regel von Diakonen übernommen. Die beiden Kurfürsten von Sachsen und Pfalz legten immerhin bei der Umgürtung des Schwertes persönlich Hand an. Eine Umformungstendenz von der Konsekratorenkrönung zur Kurfürstenkrönung lässt sich jedoch kaum feststellen.105 Vielmehr ist die zentrale Rolle des Mainzer Erzbischofs hervorzuheben, in dessen Hand die Leitung beider Teilakte der Herrschererhebung lag, was seinen politischen und geistlichen Führungsanspruch im Reich in einer für alle Beteiligten unmissverständlichen Weise unterstrich. Hält man sich die Vielzahl der Handlungssequenzen, die während einer Krönungsmesse vollzogen wurden, vor Augen, dann stellt sich die Frage, welchen Elementen eigentlich die entscheidende Funktion im Rahmen dieses Investiturrituals zukam. Die Antwort auf diese Frage scheint auf der Hand zu liegen, wurde doch dieser Teilakt von den Zeitgenossen überwiegend als Krönung bezeichnet, was zeigt, dass offenbar dem Aufsetzen der Krone eine besondere Bedeutung zugesprochen wurde. Vergleicht man den transformativen Gehalt dieser Handlung allerdings mit jenem der Salbung, erscheint diese Bewertung weniger überzeugend.106 Denn die Königssalbung besaß einen konstitutiven Sinn, „sie ist nicht bloßes Symbol, sondern macht erst den König zu dem, was er ist, zum gottbestellten Herrn über das Volk“.107 Die Salbung ging der Insignienübergabe, dem Krönungseid und der Inthronisation voraus, weil sie eine wesentliche Voraussetzung für diese Akte darstellte. Sie versinnbildlichte die Erwählung des Herrschers durch Gott und brachte Segensfülle, Stärkung und Heilung zum Ausdruck, wobei das Königsheil auf das Heil des Reiches, das der neue Kaiser beherrschen sollte, ausstrahlte. Die manuelle Handlung des Salbens 105 So aber Dotzauer, Entstehung, S. 12. 106 Zur Salbung vgl. Eichmann, Kaiserkrönung, Bd. 1, S. 78–94; Bernd Schneidmüller: Art. Salbung, in: HRG, Bd. 4, Berlin 1990, Sp. 1268–1273; neuerdings von Boeselager, Salbung; für die französischen Könige Schramm, König von Frankreich, S. 145–148 und S. 240f.; Bloch, wundertätige Könige, S. 225f. 107 Eichmann, Kaiserkrönung, Bd. 1, S. 79.
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wurde begleitet von einem Sprechakt, der ihren transformativen Sinn deutlich zum Ausdruck brachte: „ungantur manus istae de oleo sanctificato, unde uncti fuerunt reges et prophetae et sicut unxit Samuel David in Regem, ut sis benedictus et constitutus rex in regno isto, super populum istum quem dominus deus tuus dedit tibi ad regendum et gubernandum.“108
Danach sang der Chor die Antiphon „unxerunt Salomonem“ und weitere geistliche Gesänge, in denen die aktuelle Salbungszeremonie erneut auf die Salbung König Davids bezogen und der gerade gesalbte König in die Tradition dieser alttestamentarischen Idealkönige gestellt wurde.109 Dabei schuf die Salbung des Königs mit geweihtem Öl nicht nur einen neuen, sondern sogar einen status irreversibilis. Sie verkörperte ein unauslöschliches Mal: Ein Gesalbter war gesalbt, er konnte nicht wieder ‚entsalbt’ werden, auch dann nicht, wenn er wie Karl V. die Kaiserkrone niederlegte. Die entscheidenden Merkmale dieses Aktes, der ein überzeitliches und überkulturelles Ritual darstellt, waren somit Transformation und Transzendenz. Sie stellten die Quintessenz jeder Königserhebung dar, die untangiert von Konfessionalisierung und sich verändernden politischen Rahmenbedingungen bis zum Ende des Reiches überdauern sollte. Die Salbung als „Siegel des Heiligen Geistes“ im Zuge der Amtseinsetzung zeichnete den König vor allen anderen weltlichen Herrschaftsträgern aus, weshalb in der Folge auch protestantische Monarchen bei ihrer Investitur auf diesem Akt bestanden.110 Dagegen kam der nun folgenden Insignienübergabe ein eher deklarativer Charakter zu. Dazu legte der König zunächst den an ein liturgisches Gewand 108 Latomus, Antiquitates, S. 126f. Gesamter Sprechakt ediert bei Eichmann, Quellensammlung, Bd. 2, S. 61. Der Akt geschah durch den Konsekrator bei allen drei Krönungen in der üblichen Form auf dem Scheitel, an den Schultern und am Hals sowie am rechten Arm und auf der Innenfläche der rechten Hand. Demgegenüber hatten die Päpste bereits seit 1204 auf die Salbung des Scheitels verzichtet, um eine Imitatio ecclesiae zu vermeiden. Bei beiden Königssalbungen wurde allerdings kein Chrisam, sondern Katechumenenöl verwendet. 109 Darunter „Unxit te deus“. Eichmann, Quellensammlung, Bd. 2, S. 61; Schneidt, Geschichte, S. 551f.; vgl. auch Kloft, Rolle der Liturgie, S. 331. 110 Vgl. Gundermann, Salbung; Olden-Jorgensen, Zeremonielle Innovation. Die Rolle der Salbung bei der Königskrönung darf aber auch nicht überbewertet werden, wie dies in der These zum Ausdruck kommt, der 1653 ausbrechende Krönungsstreit sei eigentlich ein Salbungsstreit gewesen, vielmehr ging es um die leitende Funktion des Konsekrators, weshalb man eher von einem Konsekrationsstreit sprechen müsste. Dazu Wallner, Krönungsstreit; sowie von Boeselager, Salbung, S. 339. Der dortige Verweis auf Moser, Teutsches Staats-Recht, Tl. 2.2, S. 455, ist insofern nicht zutreffend, als Moser gerade darauf hinweist, dass es nicht nur um die Salbung geht.
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erinnernden Krönungsornat an, der ihn in der Wahrnehmung der Zeitgenossen wie einen Diakon aussehen ließ.111 Beim Anlegen von Mantel und Ring verwies der Konsekrator explizit auf die Bedeutung dieser Gegenstände als Symbole des Glaubens, wobei der König oder Kaiser zugleich sinnbildlich mit dem Reich vermählt wurden.112 Außerdem wurden ihm Schwert, Reichsapfel und Reichszepter überreicht, wobei erneut die schon im Rahmen des Scrutiniums abgefragten Tugenden und Pflichten des Herrschers benannt wurden. Auch die Reichskrone wurde dem König mit einem Sprechakt aufgesetzt, der deutlich auf ihren Zeichencharakter hinwies.113 Dass es sich hierbei nicht nur um weltliche Herrschaftsinsignien handelte, zeigt die Tatsache, dass diese Objekte im Gegensatz zu den wechselnden französischen Krönungsinsignien im Zuge der Herrscherweihe nicht gesegnet werden mussten, denn die kultische Dimension war den Herrschaftsinsignien des Heiligen Römischen Reiches immanent. Wenngleich die Reformation die Tradition der öffentlichen Heiltumsweisungen beendete, so machte sie jedoch nicht aus zuvor sakralen Objekten säkulare Herrschaftszeichen.114 So blieben die Reichskleinodien für die Katholiken auch nach der Reformation verehrungswürdige Gegenstände. Selbst für die Protestanten besaßen sie noch eine religiöse Dimension, weil sie auf die Tradition des Heiligen Reiches verwiesen. Denn in den Reichsinsignien kulminierte der „mystische, sakrale Glanz“ des Imperiums – eine Vorstellung, die Heinz Duchhardt noch bei den protestantischen Reichspublizisten des 17. Jahrhunderts ausmachte.115 Im Gegensatz zum rechten Krönungsort kam den echten Krönungsinsignien im Untersuchungszeitraum durchaus eine herrschaftskonstituierende Funktion zu. Für die Krönungen in Frankfurt wurden deshalb regelmäßig die Reichskleinodien aus Nürnberg und Aachen angefordert.116 Gerade für die Kai111 Verzeichnisse der Pontifikalien in HHStA Wien, MEA WaKr 7, fol. 56; ebd., MEA WaKr 11, fol. 226. Zum Ornat siehe Eichmann, Kaiserkrönung, Bd. 2, S. 129–162. 112 So wurde im Zusammenhang mit dem Anlegen des Krönungsmantels Mt 22.12 zitiert. 113 Der Text lautete übersetzt: „Empfange die Krone der Herrschaft, die Dir durch die wenngleich unwürdigen Hände der Bischöfe aufgesetzt wird, und erkenne sie als Zeichen der heiligen Glorie und der Ehre und des Werkes der Kraft und wisse Dich durch sie als Teilhaber unseres Dienstes …“ HHStA Wien, RK WaKr 5, fol. 92’–95, hier 95. 114 Abweichend Petersohn, welcher feststellt, die Einführung der Reformation in Nürnberg habe den Charakter der Reichskleinodien auf reine Insignien reduziert. Petersohn, Reichsinsignien, S. 158. So auch Wanger, Kaiserwahl, S. 104. 115 Duchhardt, Protestantisches Kaisertum, S. 176. 116 Siehe HHStA Wien, MEA WaKr 5, fol. 197–202. Dass die Aachener 1562 den Thron Karls des Großen nicht mitlieferten, war kein Sabotageversuch, mit dem die Stadt auswärtige Krönungen verhindern wollte, vielmehr hatten die Kurfürsten diesen nicht angefordert. So aber Altfahrt, Propaganda, Tl. 1, S. 306. Dagegen hielten die Kurfürsten
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ser des Untersuchungszeitraumes ist die Faszination überliefert, welche diese durch ihr Alter und ihre kultische Nutzung ausgezeichneten Gegenstände auf sie ausübten.117 Denn sie verwiesen auf die jahrhundertelange Tradition eines christlichen Kaisertums, auf die für die Legitimierung jedes neuen Herrschers rekurriert wurde. Deshalb legten die Kaiser hohen Wert darauf, mit den echten Reichsinsignien gekrönt zu werden.118 Die Funktion der Reichsreliquien wie der Stephansburse oder der Heiligen Lanze, die während der Krönung nur auf dem Altar abgelegt wurden, bestand dagegen darin, durch ihre Anwesenheit eine Aura geheiligten Herrschertums zu schaffen, die während der Krönung auf den neuen König übertragen werden sollte. Dabei kam den bei der Herrscherweihe benutzten Kultgegenständen offenbar eine unterschiedliche Wertigkeit hinsichtlich ihrer amtseinsetzenden Wirkung zu. So wurde der gekrönte Maximilian II. 1562 auf einen Stuhl gesetzt, der „imaginative“ den Thron Karls des Großen „representierte“, wie es im Krönungsprotokoll heißt, und ihm „also und darmit / die Possession oder Rechtmässige Besitzung des H. Reiches zugestellt“.119 Diese Formulierung des Historikers Michael Beuther beschreibt sehr schön die performative Qualität dieser Handlungssequenz. Dabei reichte die symbolische Anwesenheit des Karlsthrones als Sitz des Reiches und zugleich als Beleg für die lange Tradition eines christlichen Kaisertums offenbar aus. Mit der Thronsetzung war die Einsetzung des Herrschers in sein Amt beendet, was auch darin deutlich wird, dass Kur- und Reichsfürsten dem Herrscher zu seiner Einsetzung in das Königsamt gratulierten. In diesem Moment wurde jene Textstelle verlesen, die über den Zug der Drei Weisen nach Bethlehem bedas Krummschwert, das dem König vor der Krönung umgegürtet wurde, für unverzichtbar, da sie dieses explizit anforderten. 117 Ferdinand I. und Maximilian II. ließen sich die Reichsinsignien im Vorfeld der Krönung zeigen. Kaiser Matthias ließ sie nach seiner Krönung abzeichnen. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 92’–93; auch Wanger, Kaiserwahl, S. 108. 118 Für die Neuzeit gilt deshalb nicht, was Jürgen Petersohn für das Mittelalter festgestellt hat, dass die Verwendung der echten Reichsinsignien einer Krönung nichts hinzufügen, ihr Fehlen ihr nichts nehmen konnte. Ders., Insignien, S. 112. Aber auch für das Mittelalter ist diese These zu differenzieren, denn im Hochmittelalter spielten die Reichsinsignien dann eine zentrale Rolle, wenn die Krönung umstritten war, wie bei Heinrich II. Weinfurter, Heinrich II., S. 45. Auch Karl VII. legte 1742 großen Wert auf eine Krönung mit den echten Reichsinsignien. 119 HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 149; Edelmayer, Krönungen, S. 152 und 170; Beuther, Ordentliche Verzeychniß, o.S.; vgl. das Memorial von 1575, wo es über den Krönungsstuhl heißt: „so anstatt des Caroli Magni Aachischen Stuels verordnet“. Schneidt, Vollständige Geschichte, S. 555.
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richtet, wodurch die Subordination der „Heiligen Drei Könige“ unter Christus als Weltenherrscher mit der Subordination der Fürsten unter den neuen König oder Kaiser gleichgesetzt wurde. Vorausgegangen waren die Salbung, die Insignienübergabe und der Krönungseid. Dabei zeichneten sich all diese Akte durch ihren komplementären Charakter aus: Während die dem Herrscher überreichten Insignien als sichtbare, materielle Zeichen seiner Herrschaftsrechte fungierten, verlieh ihm die Salbung eine unsichtbare, immaterielle Qualität, welche lediglich im Augenblick ihres Vollzuges wahrnehmbar wurde, wohingegen der Krönungseid als juristisches Instrument die Verbindlichkeit der hier formulierten Pflichten für den Herrscher sicherstellen sollte.120 Was auf diese Weise deutlich zu Tage tritt, ist der additive Charakter der Krönung als inszenatorisches Gesamtkunstwerk, das dem Herrscher nacheinander oder auch ineinander verwoben sowohl religiöse, rechtliche und historische Legitimität, als auch eine diesem hohen Amt entsprechende Magnifizenz verleihen sollte, weshalb es nicht auf eine spezielle, sondern gerade auf die Kombination dieser Handlungssequenzen ankam. Dabei verstärkten sich die im Kirchenraum ausgestellten Zeichen, die das Geschehen gliedernde und kommentierende Musik sowie die rituellen Gesten und Sprechakte der Hauptakteure durch ihr sinnreiches Zusammenspiel jeweils gegenseitig in ihrer Wirkung. Bei keinem anderen Investiturritual des Alten Reiches waren die Dichte und die Varianz der Sprechakte derart hoch.121 So besaßen die Wechselgesänge der Allerheiligen-Litanei einen direktiven Charakter, wobei die göttliche Unterstützung von der gesamten Messgemeinschaft erbeten wurde. Der König musste bestimmte Grundsätze seiner Regierungspolitik versprechen und durch einen Schwur bekräftigen, was als kommissiver Akt verstanden werden kann. Die Glückwünsche am Ende der Krönungsmesse verkörperten hingegen expressive Akte. Unter die Deklarativa fiel zum Beispiel die Akklamation des Gekrönten mit einem dreifachen „Fiat“ durch das in der Kirche anwesende Volk, das für die Glieder des Reiches insgesamt sprach. Im Vergleich zur Wahl zeichnete sich die Krönungsmesse durch ein viel größeres Ausmaß an Öffentlichkeit aus, welche durch das anschließende Krönungsbankett noch erhöht wurde.122 Besonders im Vorfeld der Krönung von 1562 lässt sich beobachten, welche zentrale Rolle das Herstellen von Öffentlichkeit für die beteiligten Hauptakteure spielte. So wurde auf Wunsch Fer120 Auf die Unsichtbarkeit des Gesalbtseins weist der Sprechakt im Rahmen der Königinnensalbung explizit hin. Ediert bei Eichmann, Quellensammlung, Bd. 2, S. 67. 121 Vgl. im Folgenden zu den fünf Typen von Sprechakten Searle, Sprechakte, S. 34; sowie zu den Wirkungsbedingungen Austin, Theorie der Sprechakte, bes. S. 34–37. 122 Vgl. dazu schon Kap. III.1 und III.4.
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dinands I. eine Reihe von Maßnahmen im Kirchenraum durchgeführt, die allesamt darauf gerichtet waren, dass die Krönungszeremonien von möglichst vielen Personen möglichst gut gesehen werden konnten.123 Die entscheidende Maßnahme bestand darin, die Handlungen nicht vor dem Hochaltar, sondern vor dem Kreuzaltar zu vollziehen, der sich in den Arkaden des Lettners befand, nun aber extra in Richtung der Vierung vorgezogen wurde. Zusätzlich errichtete man in Lang- und Querhaus Emporen, auf welchen die Königin und andere Fürstinnen mit ihrem Hofstaat sowie ein Teil der auswärtigen Gesandten untergebracht wurden.124 Dabei legten die Kurfürsten fest, dass kein Kurfürst im Hinblick auf die Zahl des Gefolges, das er in die Kirche mitbringen durfte, benachteiligt werden solle.125 Hölzerne Schranken und Tapisserien grenzten in der Vierung einen inneren Bereich ein, in dem der Hauptteil der Zeremonien stattfand. Hier hatte nur Zutritt, wer sich zur sozialen und politischen Elite des Reiches zählen durfte oder unmittelbar am Vollzug des Krönungsaktes beteiligt war. Dazu gehörten auch die Gesandten der Reichsstadt Nürnberg, welche beim Anlegen des Krönungsornates behilflich waren. Eine Session wurde nur regierenden Reichsfürsten, Kurfürsten, Kaiser und König sowie dem päpstlichen Legaten zugewiesen.126 Dass dessen erhöht angebrachter Sitz 1562 ausgerechnet während der Eucharistiefeier mit Getöse umkippte, kann zwar ein Zufall gewesen sein; es könnte sich aber auch um einen Sabotageakt gehandelt haben, denn für die Einbauten war die Frankfurter Schreinerzunft verantwortlich. Dieses Ereignis, über das mehrere Quellen berichten, wurde von protestantischer Seite natürlich sofort als Eingreifen Gottes zugunsten der eigenen Konfession gedeutet.127 Um die Schranken herum bestand eine mehrere Meter breite Sicherheitszone, die von Trabanten bewacht wurde. Ansonsten war der Kir-
123 Im Folgenden HHStA Wien, MEA WaKr 5, fol. 81–81’, 210. 124 Allerdings wurde keineswegs allen auswärtigen Gesandten Eintritt gewährt. So wohnten die osmanischen Gesandten der Krönung nicht bei, sahen jedoch dem Krönungszug vom Fenster eines Hauses zu, in das sie speziell zu diesem Zweck gebracht worden waren. Dazu Rudolph, Türkische Gesandtschaften, S. 311. Aufgrund von Präzendenzstreitigkeiten wurden 1562 auch die italienischen Gesandtschaften nicht zugelassen. Turba, Venetianische Depeschen, Bd. 3, S. 213. 125 HHStA Wien, MEA WaKr 5, fol. 63. 126 Nicht regierende Reichsfürsten konnten sich in diesem Bereich aufhalten, standen aber die gesamte Zeit. Der Kaiser erlaubte ihnen sogar ausdrücklich herumzulaufen, damit sie alle Teilakte genau verfolgen konnten. Beuther, Ordentliche Verzeychniß, o.S. 127 So auch Bernhard / Koppe, eigenhändiges Tagebuch, S. 392.
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chenraum bis zum letzten Platz gefüllt, wobei die Zuschauer nicht nur als Adressaten, sondern auch als Zeugen des Aktes fungierten.128 Die Bedeutung von Öffentlichkeit zeigt sich auch im Verhalten der protestantischen Kurfürsten während der Krönungsmesse, wobei sich allerdings zwischen 1562 und 1612 Verschiebungen feststellen lassen. Wie schon bei der Wahl verließ Friedrich III. von der Pfalz seine Session bereits vor dem Sündenbekenntnis „Confiteor“, während Joachim II. Hektor von Brandenburg und August von Sachsen bis kurz vor Elevation der Hostie blieben.129 Die weltlichen Kurfürsten handelten offenbar weniger aufgrund ihrer Glaubensüberzeugungen, als vielmehr nach politischen Abwägungen, welches Verhalten von der versammelten protestantischen Reichsöffentlichkeit erwartet werden würde. Als die beiden lutherischen Kurfürsten 1575 aus Versehen zu zeitig wieder am locus ritualis erschienen, blieben sie vor Ort. Mit dem demonstrativen Auszug war den öffentlichen Erwartungen ihrer Ansicht nach offenbar Genüge getan. 1612 verließ der sächsische Kurfürst Johann Georg I. als Zugeständnis an den zukünftigen Kaiser nur noch während der weniger öffentlichen Wahlmesse seine Session, während er nun der gesamten Krönungsmesse beiwohnte, obwohl diese 1612 mit verlängerter Allerheiligenlitanei und Kommunion sub una specie wieder katholischer als 1562 ausfiel.130 Die Ausstattung des Kirchenraumes mit Gestühl, Tapisserien und Bühnenbauten wurde für jede Krönung neu beschafft und war somit wechselnden Produktionsbedingungen unterworfen. Die Wahl von Farben, Materialien und Herrschaftszeichen diente primär als Medium der Rangordnung und damit des Zeremoniells.131 Wie schon beim Wahlakt konnten aber auch konkrete politische Aussagen mit einzelnen Objekten verbunden sein. So war es sicher kein Zu128 Dabei gelang es mitunter auch Unberechtigten Zutritt zu erlangen. So wurde 1562 ein Jude verhaftet, der offenbar verkleidet in die Bartholomäuskirche hineingekommen war. ISG Frankfurt am Main, BMB 1612, fol. 46. 129 Edelmayer, Krönungen, S. 156, zum Folgenden vgl. auch den Krönungsbericht in HHStA Wien, MEA WaKr 5, fol. 81. In diesem Zusammenhang behauptet Markus zum Lamm, dass Kaiser Ferdinand I. bei der Krönung seines Sohnes Maximilian II. von 1562 es „gern gesehenn“ habe, dass Friedrich III. „demm Bäpstischen Greuel nicht beigewont“ habe, was sicher nicht zutrifft. ULB Darmstadt, Hs. 1971, Bd. 4, fol. 61. 130 Dieses Verfahren wurde auch von den sächsischen Gesandten auf den folgenden Wahlund Krönungstagen beibehalten. Reuter-Pettenberg, Bedeutungswandel, S. 52. 131 So wurde der Rang der Akteure 1562 dadurch gekennzeichnet, dass für den Kaiser ein goldener, für den König aber ein silberner Thron errichtet worden war, die jeweils von einem Baldachin bekrönt wurden, während die Kurfürsten auf Stühlen mit roter Stoffbespannung Platz nahmen, die Reichsfürsten aber auf unbespannten Stühlen. HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 146’.
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fall, dass Maximilian II. 1562 bei seiner Krönung auf einem türkischen Teppich kniete, zumal eine große türkische Gesandtschaft in der Stadt anwesend war.132 Bei der Krönung von 1612 zeigten die in der Vierung und den ersten Säulen des Langhauses aufgehängten Tapisserien auf der Südseite die alttestamentarischen Szenen von Sündenfall und Vertreibung, auf der Nordseite dagegen Szenen aus dem Neuen Testament, so die Verkündigung Mariae und die Geburt Christi, womit das neue Zeitalter, das mit der Krönung des Kaisers begann, dem neuen Zeitalter nach der Ankunft Christi gleichgesetzt wurde.133 Die sich vor diesen Tapisserien abspielende Szene der Kaiserkrönung setzte diesen Christuszyklus, in dem nun die Anbetung der Könige gefolgt wäre, realiter fort, schließlich war es die Liturgie der Drei-Königs-Messe, welche den gesamten Krönungsakt rahmte. d) Die weibliche Krönung Nur 1612 wurde mit Anna von Tirol auch eine Kaiserin gekrönt. An dieser Stelle kann lediglich auf die entscheidenden Differenzen zwischen männlicher und weiblicher Krönung eingegangen werden, wobei es auch hier um die spezifischen Leistungen dieses Aktes für die Legitimierung kaiserlicher Herrschaft sowie für die Aufführung des Reiches im kollektiven Handeln von Kaisertum und Reichsständen geht.134 Die Antwort auf die Frage nach der Relevanz der weiblichen Krönung scheint auf der Hand zu liegen. Da es seit 200 Jahren im Reich keinen derartigen Akt gegeben hatte, kann er eigentlich gar keine nennenswerte Bedeutung besessen haben.135 Die Diskussionen unter den Kurfürsten im Vorfeld zeigen je132 HHStA Wien, MEA WaKr 5, fol. 81’. 133 Electio et coronatio (1612), o.S. 134 Vgl. dazu Wanger, Kaiserwahl, S. 161–164. Vgl. zum Folgenden allgemein PammeVogelsang, Consors Regni; für das Hochmittelalter Wolf, Königinnen-Krönungen; mit Fehlern Krull, Salbung; auch Fühner, Kaiserinnenkrönungen, welcher allerdings für 1612 im Wesentlichen Wanger übernimmt. 135 1414 war in Aachen Barbara von Cilly, Gemahlin Kaiser Sigismunds, zur Römischen Königin gekrönt worden. Eine weibliche Krönung hätte bei den folgenden Königskrönungen auch gar nicht stattfinden können, denn Friedrich III. und Karl V. waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht, Maximilian I. dagegen nicht mehr verheiratet gewesen, da Maria von Burgund bereits verstorben war. Anna von Böhmen und Ungarn war bei der Krönung Ferdinands I. 1531 aufgrund ihres schwangeren Zustandes in Linz geblieben. 1562 wurde eine Krönung Marias nicht diskutiert, obwohl Maria kurz zuvor gemeinsam mit ihrem Gemahl zur böhmischen Königin gekrönt worden war.
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doch, dass diese in der Krönung der Kaisergemahlin eine Gefahr für ihren Status als Königswähler sahen und diesem Akt damit zumindest potentiell Wirkmächtigkeit zuschrieben.136 Da der weiblichen Krönung keine Wahlhandlung vorausging, hätte durch ihren Vollzug nämlich der Eindruck entstehen können, die Herrschererhebung im Reich sei unter bestimmten Umständen nicht an eine vorherige Königswahl gebunden. Die Kurfürsten befürchteten deshalb, dass aus der Königinnenkrönung womöglich ein habsburgisches Nachfolgerecht abgeleitet werden könnte, was ihre hohe Sensibilität im Hinblick auf die de facto bestehende, formalrechtlich aber regelmäßig bestrittene habsburgische Sukzession belegt. Aus diesen Gründen stieß der kaiserliche Vorschlag auch nicht auf kurfürstliche Gegenliebe. So wurde bemängelt, dass eine Königinnenkrönung im Reich „nit viel herkommen sey.“137 Das traf nicht zu, denn im Mittelalter hatte es elf Krönungen von Königinnen gegeben, deshalb konnte man die kaiserliche Bitte letztlich auch nicht ablehnen. Um die verfassungsrechtliche Bindung der weiblichen Krönung an die männliche Krönung zu verdeutlichen, sollten nach Ansicht der Kurfürsten aber beide Akte unbedingt zusammen geschehen, wie dies auch im Spätmittelalter üblich gewesen war. Anna von Tirol bestand jedoch auf einem eigenen Krönungsakt und setzte dies mit Unterstützung von Matthias auch durch – wohl nicht zuletzt deshalb, weil den Kurfürsten an einem guten Verhältnis zur zukünftigen Kaiserin lag, schließlich galt ihr Gemahl als begrenzt regierungsfähig.138 Das Ausgliedern der weiblichen Krönung, die zwei Tage nach jener von Matthias stattfand, bedeutete eine Aufwertung dieses Aktes, der sonst lediglich eine Handlungssequenz innerhalb der ganz auf den Monarchen ausgerichteten männlichen Krönung dargestellt hätte. Deutlich wird dies mit Blick auf die weiblichen Krönungen im Hochmittelalter, welche ebenfalls getrennt von den männlichen Krönungen durchgeführt worden waren.139 Handlungsanleitungen hätten sowohl diese als auch die Nachkrönungen von Königinnen im Spätmit136 Vgl. zum Folgenden Chroust, Ausgang der Regierung, S. 555–557. 137 HHStA Wien, MEA WaKr 10, fol. 165–172; Wanger, Kaiserwahl, S. 161; vgl. auch die Stellungnahme der Kurfürsten in HHStA Wien, MEA WaKr 11, fol. 261. Deshalb bezweifelte man auch noch am Vortag der Königinnenkrönung, dass es überhaupt dazu kommen würde. HStA München, K. blau 337/20, fol. 62’. 138 Vgl. dazu das Schreiben des Mainzer Kurfürsten an Anna, in dem dieser die Kaiserin bat, einige in Frankfurt am Main abgesprochene Angelegenheiten zu regeln, so hinsichtlich der Verbesserung des Justizwesens. HHStA Wien, MEA WaKr 11, fol. 377f. 139 Von diesem Verfahren wurde in dem Moment abgegangen, als die Herrschaftsrechte der Kaiserin, so etwa durch die Übertragung des Reichsvikariats an die Kurfürsten von Sachsen und Pfalz, beschränkt wurden. Amalie Fößel sieht hier jedoch keinen Zusammenhang. Dies., Königin, S. 45.
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telalter darstellen können, dies war aber offenbar nicht der Fall.140 Deshalb ließe sich überspitzt formulieren, dass das Ritual der weiblichen Krönung 1612 nicht reaktiviert, sondern vielmehr partiell neu geschaffen wurde. Die Krönung der Kaiserin begann wie jene des Kaisers mit dem feierlichen Zug aller Beteiligten zur Kirche, mit dem nicht unwesentlichen Unterschied, dass nun auch zahlreiche Frauen im Zug vertreten waren.141 Angeführt wurde dieser von niederen Reichsständen und dem kaiserlichen Hofstaat; danach ritten die Reichsfürsten sowie die weltlichen Kurfürsten mit den Herrschaftsinsignien, denen der Kaiser zu Pferd im Krönungsornat folgte. Erst hinter diesem fuhr die Kaiserin auf einer schwarzen Kutsche, deren Schlichtheit durch die hinter ihr leer fahrende, voll vergoldete Prachtkarosse noch hervorgehoben wurde. Diese betonte zum einen die rangmäßige Differenz zwischen der Kaiserin und den nun folgenden Zugteilnehmerinnen, die sich auf zwanzig Kutschen verteilten, wobei die in Frankfurt anwesenden Fürstengemahlinnen mit ihrem Nachwuchs voran, der Hofstaat der Kaiserin aber hinterher zog.142 Zum anderen demonstrierte die spezifische Nutzung der Kutschen die Qualität der weiblichen Krönung als rite de passage, denn nach ihrer Krönung bestieg die Kaiserin ihre Prachtkarosse, die sie bereits bei ihrer Hochzeit mit Matthias und damit im Kontext eines anderen Schwellenrituals benutzt hatte. Nach Begrüßung und Segnung des Herrscherpaares nahm dieses seine Session vor dem Lettneraltar (Abb. 36) ein, wobei die Kaiserin nicht wie im Mittelalter neben dem Kaiser, sondern ihm gegenüber saß, worin sich ein gewisser Anspruch auf Eigenständigkeit dokumentierte.143 Vor dem Beginn der Messe musste der Kaiser den Konsekrator zunächst formell darum bitten, die Krönung 140 Vgl. die Nachkrönung von Anna von Schweidnitz 1354. Die letzten weiblichen Krönungen – Barbara von Cilli 1414 in Aachen und Eleonore von Portugal 1452 in Rom – spielten in diesem Kontext keine Rolle, sie werden bei den Absprachen über die Ausgestaltung des Aktes nicht erwähnt. Über den Ablauf von 1414 dürften kaum verwertbare Nachrichten bekannt gewesen sein, letztere war eine Papstkrönung gewesen, die gemeinsam mit jener Friedrichs III. vollzogen worden war. Die Passage für die weibliche Krönung im Krönungsordo, der von einer gemeinsamen Krönung des Herrscherpaares ausgeht, bei Eichmann, Quellensammlung, Bd. 2, S. 66–68. 141 Beschreibungen der Zugfolge in Wahl und Krönungshandlung (1612), S. 35f., 38. 142 Durch ihre Positionierung im Zug wurde ebenfalls eine Rangordnung aufgestellt, über die jedoch weit seltener berichtet wird. So gibt etwa Zimmermann detailliert die Ordnung des vorderen Zugteils mit den männlichen Teilnehmern wieder, den hinteren Teil jedoch nur summarisch. Zimmermann, Abriß unnd Fürbildung, S. 14. 143 Im Folgenden vgl. HHStA Wien, MEA WaKr 10, fol. 33–40’. Die Ausstattung des Kirchenraumes mit Tapisserien, Gestühl und Bühnenbauten wurde mit Ausnahme der Session so belassen wie bei der Krönung Matthias’ zwei Tage zuvor.
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seiner Gemahlin vorzunehmen, wobei er in einer Geste herrscherlicher Demut niederkniete, die nicht dem Mainzer Erzbischof, sondern dem durch diesen vollzogenen göttlichen Wirken galt.144 Auch die Kaiserin selbst bat darum, gekrönt zu werden. Damit erschien die weibliche Krönung anders als die männliche, bei der ein ähnliches Element fehlte, als ein durch den Konsekrator mehr oder minder freiwillig gewährter Akt. Fragt man speziell nach der Bedeutung des Geschlechts für die weibliche Krönung so ist zunächst festzustellen, dass all jene Teilakte weggelassen wurden, die sich konkret auf das kaiserliche Regiment bezogen oder dieses bereits dokumentierten: die Befragung durch den Konsekrator, die Akklamation durch das Volk, der Krönungseid oder der Ritterschlag.145 Als Gemahlin eines regierenden Kaisers besaß die Kaiserin gar nicht die Kompetenzen, die Regierungsprinzipien umzusetzen, die durch Befragung und Eidleistung sichergestellt werden sollten. Bei dem die Salbung begleitenden Sprechakt unterblieb der Bezug auf die alttestamentarischen Könige David und Salomo.146 Um eine Entblößung der Kaiserin zu vermeiden, wurde sie außerdem nicht an der Brust gesalbt.147 Im Rahmen der Insignienübergabe (Abb. 36), bei welcher die Reichsäbte von Fulda und Kempten als Erzkanzler und Erzkämmerer der Kaiserin assistierten, entfiel die Übergabe des Schwertes, denn einer Kaiserin konnte nicht die Funktion als oberster Gerichtsherr zukommen, welche in dieser Handlungssequenz symbolisiert wurde.148 Durch die Trennung beider Krönungen konnten auch Anna die echten Reichsinsignien überreicht werden, wenn auch in umgekehrter Reihenfolge, womit das Abgeleitete, in gewisser Weise nur Zeichenhafte dieser Handlung betont wurde.149 144 Einige Akte zelebrierte der Mainzer Suffragan, da der Erzbischof gesundheitlich angeschlagen war, dennoch nahm dieser zentrale Handlungen wie die Salbung selbst vor. Aufgrund seiner Krankheit war die Krönung um einen Tag verschoben worden. HHStA Wien, MEA WaKr 10, fol. 36. 145 Natürlich wurde Anna auch nicht in das Aachener Domkanonikat aufgenommen. 146 Eichmann, Quellensammlung, Bd. 2, S. 67. 147 Dabei übernahm die Obersthofmeisterin der Kaiserin einen aktiven Part. So öffnete sie vor der Salbung deren Kleid, entfernte anschließend die Reste des Salböls und half der Kaiserin beim Anlegen des Krönungsornates, der in einem prachtvollen goldenen Mantel mit langer Schleppe bestand. Wanger, Kaiserwahl, S. 161; vgl. Oertel, Historische beschreibung, Bd. 2, S. 219. 148 Ihre Teilhabe an der weiblichen Krönung war ein Privileg, das sich der Abt von Kempten 1683 von Kaiser Leopold I. extra noch einmal bestätigen ließ. Dazu Ausstellungskatalog Frankfurt am Main (2006), Bd. 1, S. 215. 149 Nach Goldinger wurden im Mittelalter bei den weiblichen Krönungen keine Insignien verliehen, mit Ausnahme der Krone selbst. Goldinger, Zeremoniell, S. 107. Dies dürfte jedoch 1612 kaum bekannt gewesen sein. Die Krone setzten alle geistlichen Kurfürsten
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Nach der Thronsetzung führten die Kurfürsten von Köln und Trier die Kaiserin zum Kreuzaltar, wo diese „gleich die gelegte Küssen abgestossen / auff die blosse Erden nig[!]ergeknyet / vnd mit grosser Demut vnd Andacht das Hochwürdige Sacrament auß deß Herrn Consecratoris Händen empfangen“.150 Dieses Verhalten zeigt das demonstrative Auftreten Annas bei ihrer Krönung. Als nach der Durchführung gleich mehrerer Erhebungsrituale die ganz bewusst am Ende der Krönungsmesse stehende, ostentative Erniedrigung der Herrscherin vor Gott erfolgte, kniete sie anders als Matthias auf dem nackten Boden, um ihre besondere Frömmigkeit zur Schau zu stellen. Schon während der Allerheiligenlitanei hatte sich Anna im Gegensatz zu ihrem Gemahl in Kreuzform auf dem Kirchenboden niedergeworfen, wobei ihre Körperhaltung als „imitatio sacerdotii“ mit dem unmittelbar über ihr erscheinenden Triumphkreuz am Lettner korrespondierte.151 Auf diese Weise hatte sie nicht nur die Demut der Monarchin vor der überwältigenden Größe Gottes, sondern auch ihre Bereitschaft, das Leiden Christi am Kreuz auf Wunsch Gottes selbst auf sich zu nehmen, zum Ausdruck gebracht. Diesen Eindruck verstärkte ihr Gewand, dessen karmesinrotes Kolorit die Farbe der Kardinalsmäntel zitierte, welche die Bereitschaft der Kardinäle zum Martyrium widerspiegeln sollte. Der zentrale Unterschied zwischen einer Römischen Königin respektive Kaiserin und den meisten anderen europäischen Monarchengemahlinnen bestand darin, dass ersterer aufgrund der Wahlverfassung des Reiches nicht die Funktion zukommen konnte, die Herrscherdynastie zu sichern – eine Funktion, auf die bestimmte Elemente von Krönungsriten durchaus explizit verweisen konnten, in dem etwa Gebete um die Fruchtbarkeit der Monarchin in die Herrscherinnenweihe inkorporiert wurden.152 Betrachtet man den Ablauf der weiblichen Krönungszeremonie, so lässt sich feststellen, dass solche Elemente tatsächlich kaum vorhanden sind. Dabei diente die Krönung Annas von Tirol
der Kaiserin gemeinsam auf. Da sie ihr viel zu groß war, wurde sie festgebunden. Zimmermann, Abriß unnd Fürbildung, S. 14. 150 Oertel, Historische beschreibung, Bd. 2, S. 219f. 151 HHStA Wien, MEA WaKr 10, fol. 34–40’; StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 87’–89; vgl. auch Wanger, Kaiserwahlen, S. 161f. Percy Ernst Schramm deutete die Prostratio als Ausdruck der Statthalterschaft Christi, die der König antrete. Schramm, Geschichte des englischen Königtums, S. 236. Dazu allgemein Bloch, wundertätige Könige, S. 211–249. 152 Wolf zeigt dies für die westfränkischen Krönungsordines. Wolf, Königinnen-Krönungen, S. 81. Vgl. dazu allgemein Fößel, Königin; Schulte, Körper der Königin; Laynesmith, Fertiliy Rite.
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als Vorbild der Kaiserinnenkrönungen des 17. Jahrhunderts.153 Als Gewohnheit konstituierende Elemente kam den 1612 vollzogenen Praktiken somit potentiell Rechtsgeltung zu. Ein genuines Ergebnis des weiblichen Krönungsaktes, der die Herrschereinsetzung ihres Gemahls bekräftigte, war die Statusveränderung der Kaiserin als gesalbte Monarchin.154 Dieser neuen Qualität dürfte die sehr fromme Kaiserin eine hohe Bedeutung beigemessen haben. Dass Anna von Tirol im Vollzug der Krönungszeremonie neben dem Gewinn an Prestige und Magnifizenz für sich und ihren Gemahl eine hervorragende Gelegenheit sah, ihre eigene Katholizität vor der versammelten ‚multikonfessionellen‘ Öffentlichkeit zur Schau zu stellen, wurde bei der Betrachtung der rituellen Abläufe deutlich. Vor allem aber sollte der Krönungsakt aufgrund seiner Verbindung von rituellen und zeremoniellen Elementen und seiner Pracht jene „soziale Magie“ entfalten, die den Status der Kaiserin am Kaiserhof und darüber hinaus in seiner gesellschaftlichen Exklusivität absicherte. Gerade für die junge, erst seit kurzem verheiratete Anna von Tirol, die ihrer zentralen Pflicht als Gemahlin des amtierenden Herrschers, die Dynastie zu sichern, noch nicht nachgekommen war, musste dies als besonders erstrebenswert erscheinen. Inwieweit diese Strategie aufging, lässt sich aufgrund der Quellenlage nur schwer beurteilen, zumal Anna nur sechs Jahre Kaiserin sein sollte. Mit ihren Vorgängerinnen lässt sich diese Kaiserin kaum vergleichen, da die Person der Kaiserin in der performativen Repräsentation des Kaisertums im Heiligen Römischen Reich im gesamten 16. Jahrhundert keine entscheidende Rolle gespielt hatte: Von den beiden Kaiserinnen, die es überhaupt nur gegeben hatte, war Isabella von Portugal nie persönlich im Reich präsent gewesen, während Maria von Spanien sich öffentlichen Auftritten weitgehend entzogen hatte. Dafür waren diese Kaiserinnen durch ihre königliche oder sogar kaiserliche Herkunft der Erzherzogstochter Anna von Tirol allerdings deutlich überlegen gewesen. Dennoch gibt es durchaus Hinweise in den Quellen, dass die Krönung Annas die Zeitgenossen dazu bewog, über den Status der Kaiserin und die daraus abzuleitenden Verhaltensregeln im Umgang mit ihr neu nachzudenken. Vergleicht man etwa die Herrscherpanegyrik, die im Kontext der Herrschererhebungen von 1562 und 1612 verfasst wurde, so zeigt sich, dass die Person der Kaiserin 153 Gekrönt wurden Eleonora Gonzaga d.Ä. (1630), Maria Anna von Spanien (1637), Eleonora Gonzaga d.J. (1653), Eleonora Magdalene von Pfalz-Neuburg (1690). 154 Zur bekräftigenden Wirkung für das Mittelalter schon Wolf, Königinnen-Krönungen, S. 76. So kam auch das große Geschütz erst nach Annas Krönung zum Einsatz, weil erst jetzt der Krönungsakt insgesamt tatsächlich beendet war.
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1612 deutlich stärker thematisiert wurde als jene Marias 1562.155 Bezeichnenderweise wünschten die Autoren 1612 dem kinderlosen Paar auch Fruchtbarkeit – ein Wunsch, der im Rahmen der Kaiserkrönung nur dann einen Sinn ergab, wenn dahinter die Vorstellung einer dynastisch begründeten Sukzession im Reich lag. Diesen Gedanken formulierte die Nürnberger Ehrenpforte, durch welche das Kaiserpaar nur wenige Tage später ziehen sollte, mit ihrem Habsburgerzyklus im unteren Geschoss ganz unverhüllt aus. Offenbar verstärkte die mit großem Pomp vollzogene Krönung Annas diese Wahrnehmung des Reiches, in dem sie den weiblichen Leib, dessen zentrale Funktion im Rahmen einer Monarchie nun einmal im Fortbestand der Dynastie lag, zum Objekt von rituellen Handlungen bei der Herrscherweihe machte – mochten die Kurfürsten auch noch so häufig betonen, dass das Reich ein Wahlreich sei. Nicht zuletzt war die Krönung der Kaiserin einer der wenigen Akte, bei denen sich die Fürstinnengesellschaft des Alten Reiches als elitäre soziale Gruppe, komplementär zu jener der Reichsfürsten, vor einer Reichsöffentlichkeit präsentieren konnte, auch wenn ihr überwiegend der Part zugewiesen wurde, durch die eigene Anwesenheit den repräsentativen Glanz des Ereignisses zu erhöhen. Bei fast allen anderen politischen Aufführungen, in denen sich das Reich selbst feierte und die Reichsidee im gemeinsamen Handeln der Reichsglieder sichtbar wurde, waren Frauen entweder überhaupt nicht oder in noch deutlich geringerem Maße als bei der weiblichen Krönung beteiligt. Deshalb bestand eine spezifische Leistung dieses Investituraktes sicher darin, dass er die Rolle speziell der Kaiserin und allgemein der Fürstin innerhalb der Gesellschaft des Alten Reiches insgesamt unterstrich.
2. Die Huldigung der Reichsstädte Die Huldigung im engeren Sinne stellte einen rechtsförmigen, von Rat und Bürgerschaft kollektiv vollzogenen Schwurakt dar, bei welchem dem Reichsoberhaupt unter Anrufung Gottes Treue und Gehorsam gelobt wurden.156 In ei155 Vgl. dazu Kap. V.2.d. Während es beim Kaisereinzug von 1570 völlig undenkbar erschienen war, für Kaiserin Maria einen eigenen Einzug zu organisieren, fragte der Nürnberger Rat im Vorfeld des Einzuges von 1612 extra beim Obersthofmeister des Kaisers an, ob die Kaiserin gesondert einziehen wolle. Dieser beschied die Frage abschlägig. Vgl. vorn Kap. II.1.a. 156 Zur Huldigung allgemein Müller, Formen und Rechtsgehalt, S. 1; Bernhard Dieselkamp, Art. Huldigung, in: HRG, Bd. 1, Sp. 262–265; Holenstein, Huldigung der Untertanen, S. 9f., mit weiteren Verweisen; Gestrich, Absolutismus und Öffentlichkeit,
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nem weiteren Sinne ließen sich darunter all jene „Formen der liturgischen oder zeremoniellen Ehrerweisung für den Herrscher“ von Seiten der empfangenden Reichsstädte fassen, die auf eine besondere Treuebindung zu diesem abzielten oder eine solche symbolisch zum Ausdruck bringen sollten.157 In dieser Perspektive erscheinen schon die Ausrichtung eines feierlichen Einzugs, das Abbrennen von Feuerwerken oder Schenkakte durch die Reichsstädte als Elemente eines deutlich komplexeren Huldigungsvorganges, der sich durch eine Kombination von Rechtsakten, materiellen Leistungen und symbolischen Handlungsformen auszeichnete, wobei diese Elemente keineswegs in jedem Fall klar voneinander zu trennen sind.158 Die Forschungslage zur Huldigung der Reichsstädte stellt sich als dürftig dar.159 Das grundlegende Werk von André Holenstein zur „Huldigung der Untertanen“ widmet sich den Erbhuldigungen, die sich bezüglich ihrer formalen Ausgestaltung und ihrer politisch-rechtlichen wie symbolisch-repräsentativen Implikationen von den Huldigungen der Reichsstädte gegenüber dem Kaiser in mehrerlei Hinsicht unterschieden.160 Ob die zentrale These des Buches, wonach sich die Huldigung der Untertanen in der Frühen Neuzeit von einem beide Seiten verpflichtenden Rechtsakt zu einer bloßen politischen Feier ohne konstitutive Bedeutung für das Herrschaftsverhältnis entwickelt habe, für die reichsstädtischen Huldigungen Geltung beanspruchen kann, wird zu überprüfen sein.161 Der Ablauf solcher Huldigungen wurde in der stadtgeschichtlichen
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S. 118–120; allgemein auch Kienast, Untertaneneid; Prodi, Sakrament der Herrschaft. Der Akt entfiel nur dann, wenn der Herrscher sein Amt gerade in dieser Stadt angetreten hatte. So wurde Ferdinand I. in Frankfurt am Main 1562 nicht gehuldigt, weil dies bereits 1558 nach seiner Proklamation zum Kaiser geschehen war. Dasselbe gilt für den Einzug Rudolfs II. in Regensburg 1594, wo die Huldigung bereits 1576 nach dem Tod Maximilians II. vollzogen worden war. Theodor Kölzer, Art. Huldigung, in: LexMA, Bd. 5, Sp. 184, welcher stark zwischen beiden Sachverhalten unterscheidet. Vgl. dazu das umfassende Verständnis einer Huldigung bei Holenstein, Huldigung und Herrschaftszeremoniell, S. 24–29. Zum feierlichen Einzug als Vorwegnahme der Huldigung vgl. Holenstein, Huldigung der Untertanen, S. 442. Allerdings waren Freistädte (so Regensburg bis 1492) von der Huldigung befreit, was sie nicht daran hinderte, dem Herrscher dennoch einen feierlichen Einzug zu bereiten. Diesen Status hatte jedoch keine der hier betrachteten Städte im Untersuchungszeitraum inne. Für das Hochmittelalter vgl. Schmidt, Königsumritt; Becher, subiectio principum. Holenstein, Huldigung der Untertanen. Auch die übrige Forschung zur Huldigung konzentriert sich auf die Erbhuldigung. So Brademann, Autonomie und Herrscherkult, mit weiterführender Literatur. Holenstein, Huldigung und Herrschaftszeremoniell, S. 42f. Inzwischen wird dieser auch für die Erbhuldigungen widersprochen. Godsey, Herrschaft, welcher die konstitu-
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Literatur zwar verschiedentlich dargestellt, jedoch zumeist in deskriptiver Form und unter Verzicht auf weiterführende Fragestellungen nach ihren Funktionen oder nach den unterschiedlichen Dynamiken ihres Vollzuges samt den damit möglicherweise verbundenen Bedeutungsverschiebungen.162 Die Huldigung als feierlicher Schwurakt von Rat und Bürgerschaft einer Reichsstadt gegenüber dem Reichsoberhaupt ist seit dem 13. Jahrhundert überliefert.163 In den Formen ihres Vollzuges dokumentiert sich der politische und verfassungsrechtliche Status einer Reichsstadt. Wie die Belehnung von Kaiser und Reich verkörperte auch die Huldigung ein Signum der Reichsunmittelbarkeit: Die Reichsstadt leistete den Huldigungseid „nicht aufgrund eines allgemeinen, die Reichsangehörigen umfassenden Untertanenverhältnisses […], sondern nur, weil der König über das Reichsgut ein gesteigertes Herrschaftsrecht ausübte, kraft dessen er besondere Treuepflichten fordern konnte.“164 Die Huldigung der Reichsstädte ähnelt deshalb eher einer Reichsbelehnung als der Erbhuldigung. Das in machtpolitischer und rangmäßiger Hinsicht ungleiche Gewicht dieser beiden Akteure dokumentiert sich darin, dass zwar die Reichsstadt hinsichtlich ihrer Pflichten gegenüber dem Herrscher unter Eid genommen wurde, jedoch der Herrscher seine im Gegenzug offerierten Leistungen nicht durch einen Eid bekräftigen musste. Ein Schwur war mit der Dignität der Kaiserwürde grundsätzlich nicht vereinbar.165 Während im Spätmittelalter die Reichsstädte dem neuen König auch schon nach einer Herrschererhebung vivente imperatore huldigten, setzte die Huldigung als kollektiver Akt von Rat und Bürgerschaft im Untersuchungszeitraum den Herrschaftsantritt als Reichsoberhaupt voraus.166 Im öffentlichen Raum der
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tive Bedeutung der Erbhuldigung selbst für das 18. und 19. Jahrhundert noch betont. Vgl. schon Gestrich, Absolutismus und Öffentlichkeit, S. 120. Kircher, Kaiser, S. 129–131, 164–166; Soden, Kaiser Maximilian II., S. 71–76; Wanger, Kaiserwahl, S. 156–160. Davon hebt sich der knappe, gleichwohl informative Überblick über die Huldigungsakte der Reichsstadt Regensburg von Ulrike Staudinger deutlich ab. Staudinger, Bilder. Bernhard Diestelkamp, Art. Huldigung, in: HRG, Bd. 2, Sp. 262–265, hier 263. Zur Geschichte der Huldigung und ihrer Herleitung aus dem Untertaneneid ausführlich Holenstein, Huldigung der Untertanen, S. 101–146; Müller, Formen. Diestelkamp, Huldigung, Sp. 265. Der Kaiser schwor zwar bei seiner Herrscherinvestitur, aber nicht mehr danach. Maximilian II. wurde erst 1566 (31.05.) von der Reichsstadt Augsburg gehuldigt und nicht etwa bereits 1562. So aber Aulinger, Bild des Reichstags, S. 297, Anm. 1. Die bei Kaisereinzügen stattfindenden Huldigungen sind gut dokumentiert, so dass sich das zeremonielle Verfahren und seine Aushandlung im Vorfeld problemlos nachzeichnen lassen. Dies gilt vor allem für folgende Huldigungen: Frankfurt am Main am 17.03.1558 (Ferdinand I.) und am 01.07.1612 (Matthias), Augsburg am
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Stadt gehuldigt wurde nur dem amtierenden Kaiser und nur dann, wenn dieser persönlich präsent war.167 Aufgrund eines stark personalisierten Herrschaftsverständnisses verkörperte der direkte Kontakt zwischen dem Kaiser als Eidgeber sowie Bürgerschaft und Rat als Eidnehmer in dieser Phase noch ein zentrales Moment der Huldigung.168 Dabei galt die Huldigung primär dem physisch-historischen Körper des Kaisers, denn jedes neue Reichsoberhaupt hatte das Recht auf eine eigene Huldigung. Veränderungen in der personalen Zusammensetzung von Rat und Bürgerschaft bedingten hingegen keine erneute Huldigungspflicht, weshalb die Geltungskraft des Schwures einen transpersonalen Charakter aufwies: Die in einem bestimmten historischen Moment dem Kaiser huldigenden Bürger vertraten gleichsam alle jene Bürger, die in der Regierungszeit jenes Kaisers noch huldigungspflichtig werden würden.169 Dass es auch dann regelmäßig zu Kollektivhuldigungen vor Ort kam, wenn die amtierenden Kaiser der Reichsstadt bereits ihre Rechte, Privilegien und Freiheiten bestätigt hatten, verdeutlicht, dass die Funktion der Huldigung aus der Perspektive der Reichsstädte nicht in der Sicherung ihres rechtlichen Status’ aufging.170 Es zeigt auch, dass ein von Bevollmächtigten des städtisches Rates am Kaiserhof oder vor dem Reichshofrat abgeleisteter Huldigungseid im Vergleich zu einem öffentlich und feierlich durch Rat und Bürgerschaft vollzogenen Schwurakt im Hinblick auf seine Wirkmächtigkeit im Untersuchungszeitraum nicht als gleichwertige Alternativen betrachtet wurden.171 Denn die ‚Sparversion’ einer Huldigung durch Bevollmächtigte reichte zwar aus, um vom Kaiser die Bestätigung der reichsstädtischen Privilegien zu erlangen; sie besaß jedoch
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05.01.1559 (Ferdinand I.), 31.05.1566 (Maximilian II.) und 28.07.1582 (Rudolf II.), Nürnberg am 09.06.1570 (Maximilian II.) und 13.07.1612 (Matthias), Regensburg am 05.01.1559 (Ferdinand I.), 09.11.1576 (Rudolf II.) und 29.08.1613 (Matthias), Rothenburg ob der Tauber am 26.03.1558 (Ferdinand I.) und 10.07.1612 (Matthias). Im Untersuchungszeitraum stellte die Vertretung des Kaisers durch einen Bevollmächtigen keine Handlungsoption dar, die ernsthaft in Betracht gezogen wurde. Der Körper des Kaisers erschien hier noch nicht – wie im 18. Jahrhundert – als durch Herrschaftszeichen oder ein Herrscherportrait ersetzbar. Staudinger, Bilder, S. 50. Vgl. dazu Holenstein, Huldigung und Herrschaftszeremoniell, S. 24. Bei einer Reichsstadt wäre dieses Verfahren auch sehr aufwendig gewesen. Allerdings wurden gelegentlich Nachhuldigungen für Bürger veranstaltet, die wegen triftiger Verhinderungsgründe nicht anwesend gewesen waren. So wurden in Frankfurt am Main am 21.03.1558 die bei der Huldigung vier Tage zuvor fehlenden Bürger in den Römer bestellt, um diese nachzuholen. ISG Frankfurt am Main, Rst. F., Reichssachen II: 1141, unfol. Vgl. auch Lersner, Chronica, Bd. 1, S. 166. So huldigte die Reichsstadt Nürnberg 1570 Kaiser Maximilian II., obwohl dieser der Stadt schon längst ihre Privilegien bestätigt hatte. StA Nürnberg, Hss. 32, fol. 2256. Zu den drei Möglichkeiten einer Huldigung Moser, Teutsches Staatsrecht, Tl. 43, S. 18.
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aus der Perspektive derjenigen huldigungspflichtigen Bürger, die nicht selbst geschworen hatten, kaum dieselbe Verbindlichkeit. Da die Kaiser ab Rudolf II. nur noch selten im Reich präsent waren, huldigte allerdings die Mehrzahl der Reichsstädte dem Kaiser nicht mehr in der tradierten Form eines kollektiven Aktes von Rat und Bürgerschaft. Hatte Ferdinand I. in den sechs Jahren seines Kaisertums in mindestens 21 Reichsstädten persönlich die Huldigung entgegengenommen, so war dies bei Rudolf II. nur noch in Augsburg und Regensburg der Fall.172 Anders als beim mittelalterlichen Königsumritt besuchten die Kaiser nach Ferdinand I. die Reichsstädte im Untersuchungszeitraum auch nicht primär, um sich huldigen zu lassen, sondern vielmehr deshalb, weil diese Orte ohnehin mehr oder minder auf ihrem Weg zu Reichsversammlungen lagen. Der veränderte Stellenwert der Huldigung im Rahmen eines Kaiserbesuchs zeigt sich nicht zuletzt darin, dass sich ihr Vollzug vom Beginn der kaiserlichen Präsenz an deren Ende verlagerte. Gehuldigt wurde nicht selten erst kurz vor der Abreise des Kaisers und nicht mehr unmittelbar anschließend an den feierlichen Einzug oder am nächsten Tag.173 Allerdings wurde ein solcher Akt in allen Fällen vollzogen, in denen Kaiser in Reichsstädte einzogen, die ihnen noch nicht öffentlich und feierlich gehuldigt hatten: Dass Kaiser oder Reichsstadt die Huldigung verweigerten, kam in der hier untersuchten Phase nicht vor. Stand ein Kaisereinzug bevor, so fragte entweder der Kaiserhof bei der Reichsstadt, meist aber die Reichsstadt beim Kaiserhof wegen der Huldigung an.174 Zwar hatten die Reichsstädte die Pflicht, dem Herrscher zu huldigen, schaut man sich jedoch die Verhandlungen zwischen beiden Seiten im Vorfeld von Huldigungsakten an, so fällt auf, dass oft die Reichsstädte den Wunsch äußerten, dem Herrscher zu huldigen oder zumindest einem zuvor geäußerten
172 Ferdinand I. wurde gehuldigt in: Frankfurt am Main, Rothenburg ob der Tauber, Nördlingen, Dinkelsbühl, Bamberg, Donauwörth, Regensburg, Friedberg, Augsburg, Speyer, Weißenburg, Hagenau, Straßburg, Landau, Schlettstadt, Colmar, Überlingen, Ravensburg, Wangen, Isny und Kempten. 173 In Rothenburg ob der Tauber wurde Ferdinand I. 1558 direkt nach dem Einzug gehuldigt, weil der Kaiser samstags einzog und sonntags nicht geschworen werden durfte. StadtA Rothenburg ob der Tauber, B 541, fol. 65. Kaiser Maximilian II. wurde 1566 in Augsburg erst am 31.05. gehuldigt, obwohl er seit dem 20.01. hier weilte. 174 Unmittelbar nach Herrschaftsantritt forderte das neue Reichsoberhaupt die Reichsstädte zur Huldigung auf. Bezeichnenderweise strebte der Kaiser eine öffentliche Huldigung zumeist nur dann an, wenn er nicht mit widersetzlichem Verhalten rechnete. HHStA Wien, MEA WaKr 3, fol. 137’–138.
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kaiserlichen Wunsch bereitwillig folgten.175 Dies betrifft vor allem jene Reichsstädte, die eine Vielzahl von kaiserlichen Privilegien besaßen. Dass eine Reichsstadt zusätzliche Bedingungen stellte, die über die Bestätigung ihrer Privilegien und Freiheiten und den möglicherweise strittigen Ablauf des Investiturrituals hinausgingen, bevor sie zur Huldigung an den Herrscher bereit war, wie dies bei erbländischen Huldigungen der Fall sein konnte, lässt sich im vorliegenden Kontext nicht beobachten. Wenige Tage vor einer Huldigung forderte der kaiserliche Obersthofmarschall oder auch der Reichsvizekanzler einen Bericht über den letzten Huldigungsakt beim Ratsregiment an, um sich über das übliche Verfahren zu informieren. Da der Kaiserhof in dieser Phase solche Akte offenbar selbst nicht aufzeichnete, was den begrenzten Grad der Verschriftlichung von Herrschaft innerhalb dieser Institution belegt, waren es die Reichsstädte, welche die Deutungshoheit über das Herkommen besaßen, das auch hier als Handlungsanleitung für die Gegenwart diente. Dabei war es vor allem die Eidformel, bei der es zwischen beiden Seiten zu Konflikten kam. Protestantischen Reichsstädten diente ihre spezifische Form als Instrument der konfessionellen Selbstbehauptung gegenüber einem katholischen Reichsoberhaupt. Sie legten deshalb großen Wert darauf, dass entweder nur zu Gott oder zu Gott und dem Evangelium, aber keinesfalls mehr zu Gott und den Heiligen, wie es vor der Reformation üblich gewesen war, geschworen wurde.176 Dass die Eidtexte keineswegs unabhängig von den politischen Rahmenbedingungen über Jahrhunderte hinweg gleich blieben, lässt sich am Fall der Nürnberger Huldigungseide von 1570 und 1612 demonstrieren.177 Schwor 175 1541 war es die Reichsstadt Nürnberg, die Karl V. bei seinem Ersteinzug die Huldigung anbot. Der Kaiser erwiderte, dass er dies nicht für nötig erachte, da sich der Nürnberger Rat in der Vergangenheit als besonders gehorsam erwiesen habe. Nachdem die Stadt gegen seinen Willen die Reformation eingeführt hatte, konnte davon gar keine Rede sein. Vielmehr musste Karl V. die im Huldigungseid beschworene Treue der Stadt als blanker Hohn erscheinen. Da das Verhältnis zwischen beiden Seiten massiv gestört gewesen war, lag dieser jedoch daran, den Kaiser mit demonstrativen Gesten der Ergebenheit zu besänftigen. Als Karl V. sich schließlich doch bereit erklärte, ließ er die Huldigung als einen Akt erscheinen, dessen er aufgrund seiner Machtfülle nicht bedurfte und den er nur als Ausdruck seiner Großmut gewährte. Vgl. auch Kircher, Kaiser, S. 65. 176 So konnte Rothenburg ob der Tauber 1558 anhand seiner eigenen Aufzeichnungen Ferdinand I. nachweisen, dass man auch schon bei den zuvor vollzogenen Huldigungen Gott und das Evangelium angerufen habe. StadtA Rothenburg, B 541, fol. 65, 67, 70. 177 Diese These zum Beispiel bei Kircher, Kaiser, S. 165; auch Müller, Formen, S. 47; kritisch dazu Holenstein, Huldigung der Untertanen, S. 278. Zitat im Folgenden StA Nürnberg Rst.N., KrA, Nr. 9, fol. 83’.
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man 1570 noch „euer kaiserlichen majestät und des heilgen reichs frommen und peßtes zu werben, schaden zu bewarn, und sonsten in gemain alles das zu thun, das getreuen und gehorsamen unterthanen eur römischen kaiserlichen majestät […] auch dem heiligen reich zu thun und zu laisten gebürrt“, so entfiel 1612 jeder Bezug auf das Reich. Der Eid adressierte allein den Kaiser als Oberhaupt der Reichsstadt, denn aus der Perspektive des Kaisers verkörperte dieser selbst das Reich, dessen gesonderte Erwähnung in der Eidformel ergab deshalb keinen Sinn – auch wenn gerade in dieser Phase die Differenzen zwischen Kaiser und Reichsständen unübersehbar waren. Aus der Perspektive der Reichsstadt ließ sich mit Blick auf die Bildung militärischer Bündnisse nach 1608 und den noch nicht geregelten jülich-clevischen Erbfolgestreit ohnehin kaum sagen, was das „Peßte“ für dieses gespaltene Reich sein sollte. Resultierte hier die Bedeutungsverschiebung zugunsten des Kaisers in der Eidformel allein aus dem Weglassen von Textteilen, so wurde 1612 auch eine Passage neu in diese integriert. Die Reichsstadt musste dem Kaiser versprechen, „auch in keiner Büntnus, Rath oder Handlung, so wider Euer Kayserlichen Majestät Person ist, zu sein, sondern wo wir solches erfahren“, wollen „wir es zum fürderlichsten an Euer Kayserlichen Majestät gelangen lassen“.178 Mit dieser Präzisierung einer zuvor allgemein gehaltenen Zusicherung von Treue und Gehorsam war der inhaltliche Bezug auf die aktuellen politischen Rahmenbedingungen – Kaiser Matthias sah in der Bildung von militärischen Bündnissen eine Bedrohung für seine Herrschaft im Reich und für den Reichsfrieden insgesamt – klar gegeben.179 Allerdings musste die Verbindlichkeit dieses Eides zweifelhaft erscheinen, da jedes „wider die gewöhnliche alte Form praestirte[s] Jurament, vor ein erzwungenes und durch Furcht extorquirtes Jurament zu achten ist, welches dem Schwörenden so wenig als seinen Nachfolgern praeiudiciret“.180 Deshalb kam dieser Änderung eher eine symbolische Bedeutung zu, wobei es bezeichnend ist, dass man gerade in der politischen Krise auf die ältere Form promissorischer Eide bei der Herrscherhuldigung zurückgriff, die im Gegensatz zur inzwischen üblichen Ankündigung positiver 178 StA Nürnberg, Rst. N., KrA, Nr. 16, fol. 128’; vgl. Kircher, Kaiser, S. 188f. Damit sicherte die Reichsstadt dem Kaiser zu, gegebenenfalls auch andere politische Akteure, die solche Handlungen vollzogen, zu denunzieren. Eine ähnliche Passage kam schon 1546 zur Anwendung, nachdem die Stadt aus dem Schmalkaldischen Bund ausgeschieden war und sich Karl V. unterworfen hatte. 179 Da die Reichsstadt bereits 1609 der Protestantischen Union beigetreten war, konnte sich die Aussage nicht auf diesen Sachverhalt beziehen. Jedoch sagte die Stadt dem Kaiser immerhin zu, sich nicht an Aktivitäten zu beteiligen, die gegen seine Person gerichtet waren. 180 Art. Homagium, in: Zedler, Bd. 13, Sp. 722.
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Verhaltensformen im Wesentlichen aus der Reihung spezifizierter Unterlassungshandlungen bestanden hatte. Nachdem sich beide Seiten über den Ablauf geeinigt hatten, wurden die Rollen verteilt und alle Sprechakte vorformuliert. Die Bürger forderte der Rat mit einem Mandat formell dazu auf, zu einem durch Glockenläuten angekündigten Zeitpunkt in Festtagskleidung auf dem für die Huldigung bestimmten Platz zu erscheinen.181 Hatten sich alle Teilnehmer versammelt, erfolgte die Huldigung als politische Aufführung in zwei Akten. Zunächst begab sich der Rat der Stadt in einen speziell für diesen Vorgang hergerichteten Saal, in dem der Kaiser auf einem um mehrere Stufen erhöhten Huldigungsstuhl unter einem Baldachin Platz genommen hatte.182 Der Reichsvizekanzler erinnerte unter Verweis auf das Herkommen an die Huldigungspflicht der Reichsstadt und fragte danach, ob die Stadt dazu bereit sei, wobei er für diesen Fall die Erneuerung der städtischen Rechte und Privilegien durch den Kaiser zusagte.183 Nachdem das Ratsregiment dies bestätigt hatte, las er den Eid vor, den alle Ratsherren gemeinsam nachsprachen, woraufhin dem Rat in einem feierlichen Sprechakt erneut das Regiment über die Reichstadt übertragen und „Schutz und Schirm“ durch den Kaiser versprochen wurde.184 Danach reichte der Kaiser allen Ratsherren die Hand. Als Signum einer sozialen und rechtlichen Verbindlichkeit bekräftigte der Handschlag die Absicht beider Seiten, die im Zuge des Huldigungsaktes offerierten Leistungen tatsächlich erbringen zu wollen. Nun folgte die Vereidigung der Bürgerschaft, für die sich der Kaiser mit ausgewählten Hofbeamten und gelegentlich auch Reichsfürsten auf einen Balkon oder eine extra errichtete Tribüne begab, wo er auf einem erhöhten Thronstuhl Platz nahm, wie dies auf einem zeitgenössischen Aquarell zu sehen ist (Abb. 14).185 Hier erscheint links vom Kaiser der Obersthofmarschall von Losenstein mit dem blanken Schwert, während am unteren Bildrand stellvertretend für 181 In Nürnberg und Frankfurt am Main wurde vor dem Rathaus, in Augsburg hingegen vor der kaiserlichen Herberge gehuldigt, weil hier ein großer Platz vorhanden war, auf dem die Bürgerschaft antreten konnte. Mandat für Nürnberg 1570 ediert bei Kircher, Kaiser, S. 190f. 182 Vgl. die Abb. des Huldigungsstuhles in StA Nürnberg, Handschriften 150, fol. 142. Hier fand die Huldigung im Ratssaal statt, dessen Wand der Triumphzug Maximilians I. von Albrecht Dürer zierte, wodurch der dargestellte Kaiseradventus auf die reale Szene der Huldigung beziehbar wurde. 183 Vgl. für das Verfahren in Augsburg: StadtA Augsburg, GR: Ceremonialia 2, unfol.; auch Aulinger, Bild des Reichstags, S. 297. 184 Kircher, Kaiser, S. 67. 185 In kleineren Reichsstädten wurde der Aufwand begrenzt, der Kaiser trat hier nur ans Fenster, so etwa in Regensburg. Staudinger, Bilder, S. 51.
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die gesamte Bürgerschaft zwölf Bürger der Stadt die Schwurhand erheben. In dieser knappen Szene ist die symbolische Logik des gesamten Huldigungsaktes im Gegensatz von Sitzen und Stehen, von Oben und Unten, von Herrschaft und Gefolgschaft überzeugend verbildlicht. Das ikonographische Programm am 1612 noch genutzten gotischen Vorgängerbau des erst 1622 fertig gestellten Wolfschen Rathauses umfasste die Stadtheiligen St. Sebald und St. Lorenz sowie die Apostel Petrus und Paulus, vor denen der Kaiser in actu thronte, wodurch das religiöse Fundament der im Huldigungsakt verkörperten Herrschaftsordnung explizit gemacht wurde. Die Heraldik dieses Baues zeigt in der Vertikale über dem Kaiser die Wappen Nürnbergs und Böhmens als Zeichen einer direkten Lehensbeziehung zwischen beiden Seiten sowie darüber den einköpfigen kaiserlichen Wappenadler. Ergänzt sind die Wappen der übrigen Kurfürsten als Säulen des Reiches, wobei das die Maßwerkrosette flankierende Säulenpaar auf die Säulen des Herkules als eine auch durch die Nachfolger Karls V. noch genutzte kaiserliche Imprese verweist. Im Verlauf der kurzen Ansprache, welche der kaiserliche Orator an die versammelte Bürgerschaft hielt, wurde diese zunächst unter Hinweis auf das Herkommen zur Huldigung aufgefordert und darüber informiert, dass der Rat bereits geschworen und vom Kaiser erneut das Stadtregiment übertragen bekommen habe. Auch der Bürgerschaft las der Orator die Eidformel zunächst vor, ehe diese den Eid mit entblößtem Haupt und erhobenem Schwurfinger nachsprach. Danach ermahnte er die Bürgerschaft zu Gehorsam gegenüber dem Kaiser und dem von ihm eingesetzten Ratsregiment.186 Zum Abschluss nahm der Herrscher die Ergebenheitsbekundungen seiner Untertanen entgegen, die seinen Rückzug zur kaiserlichen Herberge oder den unmittelbar danach erfolgenden Auszug aus der Stadt meist mit „Vivat“-Rufen begleiteten.187 Dabei wurden Kanonen und Musketen abgefeuert, was den erfolgreichen Vollzug des Huldigungsaktes über die Grenzen der Stadt hinaus verkündete. Da eine Privilegienbestätigung auch auf anderem Wege erreichbar war, stellt sich die Frage, was die Reichsstädte eigentlich gewannen, wenn sie dem Herrscher in einer öffentlichen Aufführung, die als solche immer mit bestimmten Risiken verbunden war, feierlich huldigten. Drei Ebenen sind hier zu unterscheiden: das Ratsregiment, die Bürgerschaft und die Reichsstadt als politisches Corpus insgesamt. Das Ratsregiment wurde bei einer Huldigung als politische und soziale Elite der Stadt gleich mehrfach ausgezeichnet. Seine 186 Während bei der Erbhuldigung dem Schwurakt eine Messe vorausging, deren Predigt den Untertanen Respekt vor der Obrigkeit einschärfen sollte, entfiel dieser Akt in den Reichsstädten. Vgl. Holenstein, Huldigung und Herrschaftszeremoniell, S. 25. 187 Für den Zeitraum ab dem 18. Jahrhundert vgl. Büschel, Untertanenliebe.
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herausgehobene soziale Stellung dokumentierte sich schon darin, dass die Ratsherren zumeist räumlich und zeitlich getrennt von der Bürgerschaft vereidigt wurden. Der direkte Zugang zum Herrscher, der im körperlichen Kontakt beim Handschlag kulminierte, stellte einen besonderen Gunstbeweis dar, welcher allein dem Rat zuteil wurde.188 In Nürnberg betraten außerdem die Herren Älteren anschließend gemeinsam mit dem Kaiser den Huldigungsbalkon (Abb. 14, 31), wodurch ihre Nähe zum Herrscher in einer für alle Anwesenden sichtbaren Form symbolisch vergegenwärtigt wurde. Diese Auszeichnung wurde allerdings nicht überall gewährt, so war es zum Beispiel in Augsburg nicht üblich, dass Rat und Bürgerschaft getrennt vereidigt wurden.189 In anderen Städten begaben sich die Ratsherren nach ihrer Vereidigung zu den Bürgern auf den Platz und demonstrierten so die Geschlossenheit von Rat und Bürgerschaft.190 In Rothenburg lehnte Ferdinand I. 1558 die dort tradierte getrennte Vereidigung von Rat und Bürgerschaft zum Ärger des Rates kurzerhand ab, womöglich, weil dieser den Kaiser mit dem Beharren auf einer protestantischen Eidformel verärgert hatte.191 Im Rahmen der Huldigung wurde der Rat als vom Kaiser eingesetzte Obrigkeit erneut legitimiert und bestätigt. Dass Huldigungsakte in diesem Sinne mitunter bewusst instrumentalisiert wurden, zeigt das Verhalten des Nürnberger Rates im Vorfeld der Huldigung an Kaiser Matthias 1612. Mit Blick auf den bereits ausgebrochenen Aufstand in Frankfurt am Main erwog man nämlich zunächst, den Tenor der kaiserlichen Ansprache an die Bürgerschaft deutlich zu verschärfen, da „bey disen sorglichen Leufften […] der Bürgerschaft ungehorsam ye lenger ye mehr will herfürbrechen“.192 Mit einer zusätzlichen Proklamation im Anschluss an die Huldigung sollte nochmals betont werden, dass die Bür188 Bezeichnenderweise wurde der Handschlag mit seiner Egalität simulierenden Tendenz später durch den eindeutig Unterordnung signalisierenden Handkuss ersetzt, den die Ratsherren auf die nun behandschuhte Hand des Kaisers hauchten. 1612 wurden in Nürnberg die Handwerker vom Handschlag ausgeschlossen, weil diese dabei angeblich „eine Unhöflichkeit begehen“ könnten. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 130. 189 Warhaffte/ auch gantz glaubwirdige Newe Zeytung (1559); StadtA Augsburg, GR: Ceremonilia 2, unfol.; SSB Augsburg, 2 Cod Aug. 266; Aulinger, Bild des Reichstags, S. 297. Außerdem Fleischmann, Description, S. 19–23; CDS, Bd. 32, S. 334–336. 190 So in Regensburg, vgl. Staudinger, Bilder, S. 52. 191 Ferdinand gewährte dem Rat auch die gewünschte Audienz nicht, worauf ihm die Ratsherren in seine Herberge nachlaufen mussten, um ihren Willkomm überreichen zu können. StadtA Rothenburg ob der Tauber, B 541, fol. 65, 70. 192 Die Nürnberger Huldigung fand am 13.07.1612 statt. Am 12.07.1612 hatten etwa 100 Frankfurter Bürger den Römer besetzt. Der Aufruhr in Frankfurt am Main wird explizit erwähnt. Vgl. im Folgenden außerdem Kircher, Kaiser, S. 165.
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gerschaft gerade in dieser Zeit „zu mehrerem respect und gehorsamb gegen die Obrigkeit“ aufgefordert sei.193 Allerdings wurden diese Pläne nicht umgesetzt, da sie beim Kaiserhof den Eindruck hätten erwecken können, das Verhältnis zwischen Rat und Bürgerschaft sei gestört und ersterer womöglich gar nicht mehr in der Lage, selbst Ruhe und Ordnung zu garantieren. Die Bürgerschaft hätte hingegen aus diesen Maßnahmen den Schluss ziehen können, der Rat habe sie beim Kaiser angeschwärzt. Beides galt es unbedingt zu vermeiden. Da die Huldigung nur von „Mannspersonen, Bürgern, derselben Söhnen, Knechten und Inwohnern alhie, so das vierzehen Jar ihres Alters erraicht haben und in eines ehrbaren Rates Verspruch sein“, geleistet werden sollte, stellte eine Teilnahme an diesem Akt ein besonderes Privileg dar, das einen bestimmten sozialen Status innerhalb der Stadtgesellschaft voraussetzte und diesen damit auch öffentlichkeitswirksam zur Schau stellte.194 In dieser Perspektive erschien die Huldigung für die Bürger weniger als lästige Pflicht, sondern als selbstverständlich in Anspruch genommenes Recht, in dem sich das Ausmaß der eigenen Rechtsfähigkeit dokumentierte. Da jeder Teilnehmer in Begleitung seiner Verwandten und Bediensteten und integriert in die berufsständische Gruppierung, der er angehörte, nach Stadtvierteln geordnet auf dem Huldigungsplatz antrat, wurde im Huldigungsakt die soziale und ökonomische Topographie der Reichsstadt in toto erfahrbar.195 Dass nicht nur der Rat, sondern auch die Bürgerschaft vereidigt wurde, bedeutete eine Aufwertung dieser politischen Körperschaft insgesamt wie auch ihrer einzelnen Mitglieder, die bei öffentlichen Huldigungen nicht im Eid des Magistrats inbegriffen waren. Damit wurden dem Rat, der im Huldigungszeremoniell nicht nur erhoben, sondern auch erniedrigt wurde, zugleich die Grenzen seiner politisch-rechtlichen Vertretungsgewalt verdeutlicht.196 193 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 163’–164. Im Folgenden ebd. 194 Zitat in StA Nürnberg, Rst. N., RV 1871, fol. 58. Frauen, Kinder und alle Einwohner ohne Bürgerrecht waren nicht nur von der Teilnahme ausgeschlossen, sie hatten sich überhaupt vom Akt fernzuhalten. So vertrieben die Stadtknechte 1612 in Nürnberg zunächst eine große Anzahl von „Pauren gesindt und Weiber Volck“, welche vor dem Rathaus gestanden und „die Mäuler auffgesperret“ hätten. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 203’. Dies zeigt, dass die Huldigungshandlung einen beträchtlichen Unterhaltungswert besaß. 195 Je nachdem, welche soziale Stellung die Bürger innerhalb der Stadtgesellschaft bekleideten, erschien eine Mitwirkung an der Huldigung mehr oder weniger lukrativ, am wenigsten sicher für diejenigen, welche sich nur am äußersten Rand des Geschehens platzieren konnten. 196 Vor dem Kaiser waren alle Bürger der Reichsstadt erst einmal Reichsuntertanen, auch das Ratsregiment, das denselben Eid wie die Bürgerschaft zu leisten hatte.
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Dabei boten Huldigungsakte auch die Möglichkeit, öffentlichkeitswirksam Kritik an der eigenen Obrigkeit zu äußern. Das geschah in der Regel nicht durch gewaltsamen Protest, sondern durch die demonstrative Verweigerung der Teilnahme.197 Deutlich zeigt dies die Huldigung der Reichsstadt Frankfurt am Main gegenüber Kaiser Matthias 1612, bei der eine Vielzahl huldigungspflichtiger Bürger entweder den Eid nicht mitschwor oder der Huldigung überhaupt fernblieb.198 Dieses Verhalten resultierte aus einer Revolte der Frankfurter Bürgerschaft gegen den Frankfurter Rat, die später als Fettmilch-Aufstand bezeichnet werden sollte.199 Dabei hatte sich die Frontstellung zwischen beiden Seiten schon im Vorfeld des Wahltags erheblich zugespitzt. Jene sozialen Gruppen, deren Lage sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verschlechtert hatte, sahen in der Huldigung eine willkommene Gelegenheit, ihren Protest gegen die anhaltende Misswirtschaft des Rates vor der Öffentlichkeit des Reiches zu artikulieren und die anwesenden Fürsten für die Durchsetzung der eigenen Interessen zu instrumentalisieren. Der Konflikt entzündete sich bereits bei der Ableistung des Sicherheitseides, mit dem die Stadt den Königswählern und ihrem Gefolge traditionell die Sicherheit innerhalb des eigenen Rechtsraumes garantieren sollte.200 Im Vorfeld dieses Aktes hatte der Frankfurter Rat bezeichnenderweise versucht, eine Vereidigung der gesamten Bürgerschaft zu vermeiden, um den politischen Gegnern nicht auch noch ein Forum zu bieten, in dem die Kritik gegen den Rat zum Ausdruck gebracht werden könnte.201 Da die Kurfürsten dieses Verfahren zu197 Dazu allgemein Duchhardt, Krönungszüge, S. 299f. 198 ISG Frankfurt am Main, Rst. F., BMB 1612, fol. 18’. Der Magistrat diskutierte darüber, ob dieser Ungehorsam bestraft werden sollte, schob dieses Thema jedoch erst einmal auf, um den Konflikt nicht noch mehr anzuheizen. Vgl. außerdem StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 93’–94; Wanger, Kaiserwahl, S. 158f. 199 Dazu ausführlich Bothe, Geschichte, S. 409–437; Koch, Fettmilch-Aufstand; Jütte, Erinnerungskultur; Meyn, Reichsstadt Frankfurt; auch die zeitgenössische Darstellung von Faust von Aschaffenburg, Diarium historicum. An Matthias und die Kurfürsten wurden mehrere Bittschriften eingereicht, die diese nur an das Ratsregiment weitergaben, wenngleich Matthias dieses immerhin zur Stellungnahme aufforderte. Eine dieser Bittschriften erhielt der Kaiser von vier Frankfurter Bürgern auf offener Straße, verbunden mit einem Fußfall. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 94. 200 Im Folgenden ISG Frankfurt am Main, Rst. F., BMB 1612, fol. 16f. Die Ankündigung, bei Nichterscheinen beim Sicherheitseid drohe der Verlust von Privilegien, hatte den Anlass, wenngleich nicht die Ursache für den Aufruhr gebildet. 201 Schon 1562 hatte der Frankfurter Rat eine Ableistung des Sicherheitseides mit dem Argument zu verhindern versucht, dass dies bei einer Wahl vivente imperatore nicht statthaft sei, denn bei einem lebenden Kaiser sei man nur diesem eidpflichtig. Daraufhin hatten die Kurfürsten den Eid zwar dennoch durchgesetzt, aber ausnahmsweise
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rückwiesen, wurden schließlich doch Rat und Bürgerschaft vereidigt. Bei diesem Akt wirkte die Mehrzahl der Frankfurter Bürger noch mit, weil man zu diesem Zeitpunkt in den Kurfürsten einen möglichen Bündnispartner im Kampf gegen die städtische Obrigkeit sah. Kurz vor der Huldigung war hingegen deutlich geworden, dass weder die Kurfürsten noch der Kaiser in diesem Konflikt tatsächlich Partei für die revoltierenden Bürger ergreifen würden. Schon am nächsten Morgen verließ Kaiser Matthias eilig die Stadt, ohne dass Zeit blieb, für den Auszug selbst die willige Bürgerschaft noch einmal antreten zu lassen. Dabei wurde in Frankfurt kolportiert, der Kaiser habe nicht durch ein Spalier bewaffneter Bürger Spießruten laufen wollen.202 Die Huldigung von 1612 markierte deshalb eine Krise kaiserlicher Autorität in Frankfurt am Main, weshalb Matthias in der Folge versuchte, seinen Zugriff auf die Reichsstadt beträchtlich zu intensivieren.203 In der Kritik am Kaiserhof konnten sich allerdings auch Rat und Bürgerschaft treffen. Dies scheint bei der Nürnberger Huldigung von 1612 der Fall gewesen zu sein, wobei offen bleiben muss, ob die despektierliche Geste dem Huldigungsakt selbst oder erst seiner Fixierung in einem Medium der Erinnerungskultur zuzurechnen ist. In der Regel war der Austritt, auf dem der Kaiser bei der Huldigung vor der Bürgerschaft erschien, durch kostbare Tücher oder Teppiche geschmückt, wie dies auf einem zeitgenössischen Aquarell zu sehen ist (Abb. 31).204 Dass der vom Balkon herabhängende Teppich, vor dem der kaiserliche Obersthofmarschall von Losenstein mit dem blanken Schwert zu sehen ist, im seinem oberen Teil ein unübersehbares Loch aufweist, verkehrte allerdings die Wirkung dieses Objektes ins Gegenteil. Dieses Detail richtete sich eindeutig gegen den neuen Kaiser, der nach Ansicht der Nürnberger mit seinem Auftreten in Nürnberg nicht den Erwartungen an ein Reichsoberhaupt entsprochen nur die Ratsherren vereidigt und nicht die Bürgerschaft, allerdings nur gegen einen Revers de non praeiudicando. HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 77’–78; ebd., MEA WaKr 5, Fasz. 1, fol. 39–51, 156–162; Walter, Wahl Maximilians II., S. 63f. 202 Diese Aussage verdeutlicht die Ambivalenz zeichenhafter Handlungen: Während das Spalier am Straßenrand als Ehrenbezeugung einer Stadt gegenüber einem Herrschaftsträger galt, sorgten die aktuellen politischen Rahmenbedingungen dieses Kaiserbesuches dafür, dass in dieser Geste eher eine Bedrohung des Herrschers gesehen wurde. Vgl. auch Wanger, Kaiserwahl, S. 159. 203 So zum Beispiel durch die Einsetzung kaiserlicher Kommissionen zur Eindämmung des Fettmilch-Aufstandes. Dazu Schindling, Wachstum und Wandel, S. 234f. 204 In Nürnberg wurde extra an der Westseite des Ratshauses ein Durchgang herausgebrochen, der zu einer davor errichteten Tribüne führte. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 6 (I), fol. 73–76. Zu den Huldigungsdekorationen in späterer Zeit vgl. Thon, Huldigungsdekorationen.
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hatte, zumal der riesige Umfang des Loches, das in der kaiserlichen Kasse klaffte, reichsweit bekannt war.205 Durch diese Form der visuellen Fixierung geriet im Grunde der ganze Akt in Misskredit, was allerdings wenig darüber aussagt, wie er von der Mehrzahl der Nürnberger Bürger tatsächlich bewertet wurde. Außerdem blieben solche Vorfälle eine Ausnahme, denn die Mehrzahl der Huldigungen verlief erstaunlich problemlos, bedenkt man die zunehmenden sozialen und ökonomischen Konflikte in den Reichsstädten des Untersuchungszeitraumes. Dies lag daran, dass letztlich beide Seiten am repräsentativen Auftreten des jeweils Anderen partizipierten, wodurch sich die Reichsstadt und ihre Bürger insgesamt glanzvoll in Szene setzen konnten. Dabei diente die Huldigung der Herstellung und Demonstration von politischem Konsens, der sich im rollenkonformen Verhalten aller Akteure während des Aktes dokumentierte.206 Indem jeder Bürger dieselbe Handlung in genau derselben Weise vollzog, wurde in der Choreographie der Kollektivhuldigung die verfassungsrechtliche Qualität der Reichsstadt als Schwurverband sichtbar.207 Die Eidformel verwies mit ihrer Verpflichtung auf Treue und Gehorsam gegenüber der Obrigkeit auf den Bürgereid als „Geltungsgrund und Gestaltungsprinzip“ des deutschen Stadtrechts und bekräftigte diesen zugleich.208 Nicht zuletzt erhofften sich die Reichsstädte von einer engen Bindung an den Kaiser, die im Huldigungsakt zum Ausdruck kam, eine abschreckende Wirkung auf benachbarte Territorialherren, welche die Herrschaftsrechte der Reichsstadt zu beschränken versuchten. Jedoch profitierte nicht nur die Reichsstadt, sondern auch der Kaiser vom öffentlichen Vollzug einer Huldigung. Der direkte Kontakt zwischen Herrscher und Beherrschten beschränkte sich nicht auf die Vertreter des Ratsregiments, sondern er umfasste in Abstufungen die gesamte Einwohnerschaft der Stadt. Dies galt besonders für die akklamative Lobpreisung des Herrschers im Anschluss an die Huldigung, die sich einer Steuerung durch das Stadtregiment weitgehend entzog. Sie unterschied sich fundamental von allen übrigen Handlungssequenzen der Huldigung, die sich durch ein hohes Maß an Formalität, Planung und Exklusivität auszeichneten. Die Kaiser begegneten solchen Ges205 Das angeblich schäbige Auftreten des Kaisers wird in den Quellen mehrfach vermerkt. Vgl. dazu Kap. II.1.b. Entgegen dem Herkommen hatten die kaiserlichen Tapeziere zunächst auch noch gefordert, dass die Nürnberger die gesamte Huldigungsausstattung samt Tapisserien selbst beschaffen sollten, dies konnte schließlich durch eine Beschwerde an den Obersthofmarschall verhindert werden. StA Nürnberg, RV 1871, fol. 50’, 51’. 206 Vgl. dazu Staudinger, Bilder, S. 50; Holenstein, Huldigung der Untertanen, S. 409–417. 207 Holenstein, Huldigung der Untertanen, S. 505. 208 Zitat bei Ebel, Bürgereid.
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ten zumeist mit einem Zeichen ihrer Huld, indem sie lächelten oder demonstrativ den Hut zogen.209 Auf diese Weise versuchten sie, auch auf einer affektiven Ebene eine Verbindung zwischen Herrscher und Beherrschten zu knüpfen, welche die Stabilität ihrer Herrschaft erhöhen und die Erfüllung der im Eid geleisteten Zusagen absichern sollten.210 In den spezifischen Formen des Huldigungszeremoniells kamen die gesteigerten Herrschaftsrechte zum Ausdruck, über die der Kaiser als „rechter Herr“ in den Reichsstädten verfügte, aber auch seine alle anderen Herrschaftsträger übertreffende Magnifizenz. So erschien er auf einer erhöhten Position im öffentlichen Raum der Stadt, der Würde seines Amtes gemäß auf einem Thron sitzend. Während des Schwures hielt er selbst das bloße Schwert aufgerichtet in der Hand. Fand die Huldigung nicht in der kaiserlichen Herberge statt, so geriet der feierliche Zug zum Ort der Huldigung ähnlich dem Herrschereinzug zu einem Triumphzug, bei dem auch einfache Untertanen in die Nähe des Herrschers gelangen konnten, weil hier in der Regel kein Spalier an der Zugroute stand.211 Um das Macht- und Ranggefälle zwischen Herrscher und Beherrschten zusätzlich zu verdeutlichen, ließen sich die Kaiser mitunter von hochrangigen Reichsfürsten zur Huldigung begleiten, welche dann symbolisch für die Machtbasis des Kaisers im Reich, bis zu einem gewissen Grad aber auch stellvertretend für das Reich im Akt präsent waren.212
3. Die Thronbelehnung der Reichsfürsten Die Belehnung von Reichsvasallen verkörperte neben der Kaisererhebung und der Huldigung der Reichsstädte das dritte zentrale Investiturritual des Heiligen Römischen Reiches, das bei Kaiserauftritten im Reich in feierlicher und öffentlicher Form vollzogen werden konnte.213 Die Lehnsinvestitur begründete 209 Dazu Lascarinus, Warhaffte Beschreibung, o.S. 210 Die Intensität solcher Bekundungen durch das Volk ließe Aussagen über die Akzeptanz kaiserlicher Herrschaft vor Ort zu, sie ist aber aufgrund der unpräzisen Quellenaussagen kaum messbar und wäre außerdem in höchstem Maße mehrdeutig. 211 In Nürnberg zog der Kaiser erneut mit seinem Gefolge durch die Ehrenpforte, wobei der Adler in Gang gesetzt wurde und die Stadtpfeifer spielten. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 6 (I), fol. 81’. 212 In Nürnberg waren 1612 der Kurfürst von Köln, der Bischof von Bamberg, zwei Markgrafen von Brandenburg und Joachim Ernst von Anhalt-Dessau, 1570 die Herzöge Ferdinand von Bayern und Johann Wilhelm von Sachsen anwesend. 213 Zur Belehnung vgl. Mitteis, Lehnrecht S. 500–513; Ganshof, Lehnswesen, S. 73–80, 134–136; Bruckauf, Fahnlehen, S. 62–72; Spieß, Kommunikationsformen, S. 277–
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ein Vasallitätsverhältnis zwischen dem Kaiser als Lehnsgeber und einem anderen Herrschaftsträger als Lehnsnehmer und brachte dieses im Rahmen ihres Vollzugs symbolisch zum Ausdruck.214 In ihrem Ergebnis entstand ein reziprokes Vertragsverhältnis, in dessen Rahmen der Kaiser seinem Vasallen sowohl das Nutzungsrecht bestimmter Herrschaftsgebiete (Lehen) als auch bestimmte Herrschaftsrechte (Regalien) übertrug und ihm nicht zuletzt „Schutz und Schirm“ versprach, während der betreffende Vasall dem Kaiser Rat, Beistand und Treue zusicherte.215 Trotz seiner immanenten Widersprüche und seinem partiell auch fiktiven Charakter verkörperte das Lehnswesen auch im Untersuchungszeitraum noch ein strukturelles Bindeglied des Reiches, denn jeder Belehnungsakt bekräftigte nicht nur die rechtlichen und sozialen Bindungen zwischen Lehnsgeber und Lehnsnehmer, sondern fixierte auch die Geltungskraft des Lehnrechts als einem ganz wesentlichen Bestandteil des Reichverfassungsrechts insgesamt. Der Forschungsstand zur Reichsbelehnung erscheint unbefriedigend, da sich die grundlegenden Studien zum Lehnswesen in der Regel auf das Spätmittelalter konzentrieren.216 Das frühneuzeitliche Lehnswesen wurde bislang nur wenig erforscht, weil seine Bedeutung für die Entwicklung des frühneuzeitlichen Reichs im Allgemeinen als gering veranschlagt wurde.217 Allerdings hob Barbara Stollberg-Rilinger jüngst hervor, dass dem Lehnssystem bis in das
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285; Keller, Investitur, S. 66–74, Stollberg-Rilinger, Reich als Lehnssystem; Begert, Böhmen, S. 275–288; allgemein Le Goff, rituel symbolique. Der Begriff wird für den gesamten Akt benutzt, im Unterschied zur älteren Literatur, welche im Hinblick auf das mittelalterliche Lehnrecht die Herstellung eines Vasallitätsverhältnisses in dem Dreischritt von Mannschaft (homagium), Treueeid (fidelitas) und Belehnung (investura) begründet sieht. Ausführlich Mitteis, Lehnrecht, S. 479– 504. Dazu Krieger, Lehnhoheit, S. 391–482. Manche Investituren waren eher ideeller Natur, zum Beispiel bei Lehen, die gar kein realer Besitz des Lehnsherrn waren. Hier wurde ein bloßer Anspruch auf das Lehen verliehen, auch wenn dieser gar nicht durchsetzbar war. Mitteis, Lehnrecht, S. 504. Zum Mittelalter Mitteis, Lehnrecht; Krieger, Lehnhoheit; Ganshof, Lehnswesen. Susan Reynolds stellte in ihrer überregionalen Studie zur Entwicklung des Lehnswesens die These auf, dass sich dieses als Rechtsinstrument samt der mit ihm verbundenen symbolischen Formen erst ab dem 12./13. Jahrhundert als Ergebnis und zugleich als Medium der Verrechtlichung der Herrschaftsbeziehungen herausgebildet habe. Reynolds, Fiefs and Vassals. Zur Frühen Neuzeit Stollberg-Rilinger, Reich als Lehnssystem; Noёl, Geschichte der Reichsbelehnungen; Schönberg, Recht der Reichslehen; Roll, archaische Rechtsordnung. Die rechtlichen Konsequenzen des Reichslehnswesens stehen in der Regel stark im Vordergrund der Forschungen.
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18. Jahrhundert hinein eine zentrale Bedeutung für den Zusammenhalt des Reiches zugekommen sei.218 Feierliche Reichsbelehnungen wurden zwar für einzelne Ereignisse in Spätmittelalter und Früher Neuzeit mehrfach beschrieben, aber nicht hinsichtlich ihrer sich verändernden Ablaufmuster und Bedeutungsdimensionen diachron vergleichend analysiert.219 Auch fehlen systematische Vergleiche von Belehnungen bei Kronlehen mit solchen bei Afterlehen, welche fundierte Aussagen über die Spezifik von Reichsbelehnungen zuließen. An dieser Stelle kann es mit Blick auf die Fragestellung dieser Studie jedoch nur um jene Lehnsinvestituren gehen, die im Rahmen von Kaiserauftritten feierlich und öffentlich vollzogen wurden, wie dies für so genannte Thronbelehnungen galt, auf die nur Lehnsnehmer im Rang eines Fürsten Anspruch erheben konnten.220 Dabei liegen für den Untersuchungszeitraum zahlreiche Beschreibungen von kaiserlichen Lehnsinvestituren vor, welche die Grundlage der folgenden Ausführungen bilden.221 Betrachtet man die rechtlichen Voraussetzungen solcher Akte, so trat die Notwendigkeit einer Belehnung bei der Statusveränderung eines Herrschaftsträgers (Erstbelehnung), beim Herrschaftsantritt eines neuen Reichsoberhauptes (Herrenfall) oder beim Herrschaftsantritt eines Reichsvasallen (Mannfall) ein. Eine Statusveränderung war die Übertragung der sächsischen Kur vom Ernestiner Johann Friedrich I. von Sachsen auf den Albertiner Moritz von Sachsen auf dem Augsburger Reichstag von 1548.222 Der früheste Zeitpunkt, zu dem nach einem Herrenfall eine Erneuerung stattfinden konnte, lag unmittelbar im Anschluss an die Herrscherinvestitur. In diesem Fall fand der Akt mitunter noch am Ort der Erhebung statt, wie dies 1558 mit der Belehnung von fünf Kurfürsten in 218 Stollberg-Rilinger, Reich als Lehnssystem, S. 56, 66. 219 Dabei wird die epochenübergreifende Analyse durch die schlechte Überlieferung von Lehninvestituren für das Hochmittelalter erschwert. Dazu Keller, Investitur, S. 66–74. 220 Alle übrigen Reichsvasallen wurden dagegen mit einem deutlich reduzierten Verfahren unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit vor dem Reichshofrat belehnt. Vgl. dazu Karl-Heinz Spieß, Art. Lehnserneuerung, in: HRG, Bd. 2, Sp. 1708–1710. 221 Allerdings sind die Aushandlungsprozesse im Hinblick auf die Auswahl und die Verwendung bestimmter ritueller und zeremonieller Formen beim Belehnungsakt weniger gut dokumentiert. Vgl. im Folgenden auch die gedruckten Berichte von Sturm, Warhafftig anzaygung (Erzherzog Ferdinand 1530 in Augsburg); Cornachinius, Beschreibung der Stende (Deutschmeister 1544 in Speyer); Francolin, Wahrhafftige Beschreibung sowie ders., Kurtzer Bericht (Kursachsen und Deutschmeister 1566 in Augsburg). 222 Bei diesem Akt wurden Moritz nicht nur die neuen, sondern auch die bereits zuvor innegehabten Lehen und Regalien verliehen, so dass im Akt der Gesamtumfang seiner Herrschaftsrechte zum Ausdruck kam. Zu den politischen Voraussetzungen Haug-Moritz, Schmalkaldischer Krieg .
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Frankfurt am Main zu beobachten ist.223 Die beiden folgenden Herrschererhebungen wurden vivente imperatore vollzogen, so dass im Gegensatz zur Wahl und Krönung von 1612 kein Herrenfall vorlag, der eine Erneuerung nötig gemacht hätte. Allerdings kam es auch 1612 nicht mehr zu feierlichen Lehnsinvestituren, weil den anwesenden Kur- und Reichsfürsten nach diesem langen Wahltag an einer frühzeitigen Heimreise lag und sich die 1558 bei den weltlichen Kurfürsten noch vollzogene Investitur „unter dem Himmel“ schon überlebt hatte.224 Bei Herren- oder Mannfall musste der Lehnsnehmer binnen Jahr und Tag persönlich um die Erneuerung des Lehnsverhältnisses bitten (Mutung), um den Anspruch darauf nicht zu verwirken.225 Dies scheint bei den Thronbelehnungen des Untersuchungszeitraumes regelmäßig der Fall gewesen zu sein. Hier bestand von Seiten der Lehnsnehmer noch ein starkes Interesse daran, eine möglichst frühe Belehnung durch Kaiser und Reich zu erwirken. Während sich die weltlichen Fürsten, durch die Vorlage ihres Lehnsbriefes und gegebenenfalls erbrechtliche Dokumente für den Belehnungsakt qualifizierten, benötigten die geistlichen Fürsten neben der Bestätigung ihrer ordnungsgemäßen Wahl auch die päpstliche Konfirmation.226 Bei einem Mannfall bot sich der nächste Reichstag für die Erneuerung des Lehnsverhältnisses an, wenn diese nicht in der kaiserlichen Residenz vollzogen werden sollte, was einen zusätzlichen Aufwand für den Lehnsnehmer bedeutete.227 Gelegentlich baten die Fürsten um einen Aufschub, 223 HHStA Wien, MEA WaKr 3, fol. 388f., 104–110; 129–132’. Nach der Krönung Karls V. 1520 unterblieb der Vollzug von Lehnsinvestituren allerdings aufgrund der grassierenden Pest. Dazu Dotzauer, Entstehung, S. 8. 224 Heinig, Aachener Krönungen, S. 568. Dass die Pfälzer Kurfürsten schon nach 1521 auf die Fahneninvestitur verzichteten, könnte darin begründet liegen, dass sie weniger Lehnsfahnen aufweisen konnten und damit im Vergleich zu den anderen Kurfürsten schlechter abschnitten. Johann Casimir beauftragte 1582 seine Räte, den Kaiser um die Belehnung „womöglich nicht unter freiem Himmel, sondern in der Kammer“ zu bitten, was zeigt, dass er das Verfahren nicht kannte, denn eine Gesandtenbelehnung unter dem Himmel wäre nicht in Frage gekommen. Bezold, Briefe, S. 488. Zum Lehnsempfang der Kurpfalz auf dem Augsburger Reichstag 1559 siehe Goldast, Reichshandlung, S. 190–194. 225 Dazu Karl-Heinz Spieß, Art. Lehnserneuerung, in: HRG, Bd. 2, Sp. 1708–1710. 226 Die päpstlichen Legaten auf Reichstagen sollten über die Einhaltung dieser Vorschrift wachen. Vgl. die Instruktion für Biglia in Nuntiaturberichte aus Deutschland, Bd. 7, S. XXI; allgemein Boerger, Belehnungen. Während der Kaiser nur für die weltlichen Rechte zuständig war, belehnte der Papst den Lehnsnehmer mit den geistlichen Rechten. 227 Das war im Zeitalter der häufigen Reichstage mit kaiserlicher Präsenz bis zu Maximilian II. kein Problem. Bei Rudolf II. gab es jedoch nur zwei solcher Reichstage, weshalb der Kölner Kurfürst Ernst von Bayern, der sein Amt bereits 1583 angetreten hatte, erst auf dem Regensburger Reichstag von 1594 belehnt wurde.
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den ihnen der Kaiser in Form eines Lehnsindults gegen Gebühr gewährte. In einzelnen Fällen wurden Lehnsurkunden ausgestellt, ohne dass eine feierliche Investitur stattgefunden hatte. In diesem Fall bestätigte der Kaiser durch einen Revers, dass dem Lehnsnehmer aus dem Verzicht auf den Investiturakt keine rechtlichen Nachteile entstehen sollten, worin die Rechtsrelevanz des Belehnungsaktes klar zum Ausdruck kommt.228 Obwohl der Kaiser verpflichtet war, die Neubelehnung bei frist- und formgerechter Mutung vorzunehmen, zögerten die Kaiser diesen Akt gelegentlich hinaus, um politischen Druck auf den Lehnsnehmer auszuüben oder diesen zum persönlichen Erscheinen vor dem Lehnstuhl zu bewegen.229 Kaiser Maximilian II. verweigerte Herzog Johann Friedrich II. von Sachsen auf dem Augsburger Reichstag von 1566 die Belehnung mit der Begründung, dass dieser erst die Reichsbeschlüsse umzusetzen habe, was in diesem Falle hieß, den geächteten Reichsritter Wilhelm von Grumbach auszuliefern.230 Herzog Erich II. von Braunschweig-Lüneburg wurde auf demselben Reichstag die Lehnsinvestitur versagt, weil er zuvor das Hochstift Münster überfallen und damit den Reichsfrieden gebrochen hatte. In beiden Fällen konnte der Kaiser auf den Konsens der Mehrheit der Reichsstände bauen. Als Kaiser Matthias 1613 die Belehnung des Herzogs von Württemberg erst dann vornehmen wollte, wenn dieser selbst auf dem Reichstag erscheine, konnte er hingegen nicht mehr mit dem Einverständnis der Reichsstände rechnen, schließlich erschienen auf diesem Reichstag mit einer Ausnahme keine weltlichen Reichsfürsten mehr.231 Die Reichsbelehnung bildete für die Lehnsnehmer die zentrale Legitimation ihrer Herrschaft im eigenen Territorium.232 Sie war die rechtliche Voraussetzung dafür, dass der Lehnsnehmer selbst als Lehnsherr agieren und Afterbe228 So 1522 Karl V. gegenüber Erzherzog Ferdinand, der erst 1530 förmlich unter dem Himmel belehnt wurde. Danach fanden die Belehnungen der österreichischen Erzherzöge in der Kammer statt. Benna, Hut oder Krone, S. 127. Dieses aus pragmatischen Erwägungen resultierende Verfahren ist bereits bei Karl IV. dokumentiert. 229 Zur Frage, ob ein Leihezwang in rechtlicher Hinsicht tatsächlich bestand oder vielmehr aus der schwachen Position des Kaisers resultierte, vgl. Krieger, Lehnhoheit, S. 331– 363, 581–586. 230 Vgl. im Folgenden Lanzinner, Reichstag zu Augsburg 1566, Bd. 2, S. 1503, Anm. 13. Zu den Problemen bei der Belehnung der Kurfürsten von der Pfalz und Köln ebd., S. 1503f. 231 Der Kaiser argumentierte wider besseres Wissen, es sei für die Reputation des Herzogs gut, wenn dieser persönlich belehnt würde. Am Ende vollzog der Kaiser die Belehnung schließlich doch in der Kammer an den württembergischen Bevollmächtigten. HStA Stuttgart, A 82/52, Schreiben 19f. 232 Angermeier, Reichsreform, S. 18; Karl-Heinz Spieß, Art. Lehnrecht, in: HRG, Bd. 1, S. 1731.
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lehnungen vornehmen konnte. Als Signum ihres fürstlichen Standes bot dieser Akt den Reichsfürsten die Möglichkeit, sich gegenüber anderen Reichsständen und durch ein besonders prachtvolles Auftreten auch gegenüber den Vertretern ihres eigenen Standes auszuzeichnen.233 Der Fürst trat bei der Belehnung als „sacri imperii decus“ auf, er partizipierte an der historischen Größe des Reiches wie an der Autorität des Kaisertums und meldete Anspruch auf politische Teilhabe im und Zugehörigkeit zum Reichsband an.234 Dies war ein entscheidender Grund dafür, dass Friedrich von Württemberg und vor ihm andere württembergische Herzöge ihre österreichische Afterlehnschaft unbedingt wieder abschütteln wollten. Mit dem Besitz eines Lehens war eine bestimmte Position in der Ranghierarchie des Reiches verbunden, die im Akt zur Schau gestellt wurde.235 So korrespondierten Rang und Anzahl der Fürsprecher mit dem Rang und der politischen Bedeutung des Lehnsnehmers. Eine glanzvolle Belehnung vor Kaiser und Reich diente deshalb der Akkumulation von symbolischem Kapital, das sich in der Folge hoffentlich gewinnbringend einsetzen ließ.236 Dem Kaiser ermöglichte die Thronlehnung, sich vor der Reichstagsöffentlichkeit als oberster Lehnsherr zu inszenieren und seine kaiserlichen Hoheitsrechte demonstrativ auszuüben.237 Seine herausgehobene Stellung innerhalb der Ranghierarchie wurde im Rahmen dieser Akte durch eine Vielzahl von Ho233 Mitteis, Lehnrecht, S. 436; Stollberg-Rilinger, Reich als Lehnssystem, S. 64. 234 Dies empfahl sich bei potentiell gefährdeten Territorien an den Rändern des Reiches: So zog der Herzog von Lothringen nach der Wahl Maximilians II. feierlich in Frankfurt ein und ließ sich durch Ferdinand I., allerdings in der Kammer, belehnen. Beuther, Ordentliche Verzeychniß, o.S. Zitat nach Moraw, Fürstentum, S. 135. 235 Vgl. Keller, Investitur, S. 69. Bei August von Sachsen baten 1566 der Pfalzgraf Wolfgang von Zweibrücken, Markgraf Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach, Herzog Christoph zu Württemberg, Herzog Johann von Holstein, Fürst Joachim Ernst zu Anhalt, Herzog Heinrich XI. von Liegnitz und die Gesandten des Herzogs Emanuel Philibert von Savoyen, bei Moritz von Sachsen waren es dagegen nur drei Fürsten gewesen. Mameranus, Kurtze vnd eigentliche verzeychnus, o.S.; ders., Kurtzer Bericht, o.S. 236 So nahm Karl V. die Fahneninvestitur Erzherzog Ferdinands von Österreich 1530 sicher mit Blick auf die bevorstehende Königswahl vor, zumal sie mit den auf dem Privilegium majus beruhenden Sonderrechten bei Lehnsinvestituren (Belehnung im eigenen Territorium und zu Pferd) auch dessen hervorgehobenen sozialen Stand betonte. Dazu Krieger, Lehnhoheit, S. 430f.; Benna, Hut oder Krone. 237 Nach der Goldenen Bulle (Art. V.1) stand die Belehnung mit Fürsten- und Fahnlehen einzig dem Kaiser bzw. dem Römischen König zu. Im Spätmittelalter, so auf dem Hoftag von 1473, waren im Anschluss gelegentlich Ritterschläge durchgeführt worden, diese Praxis geriet jedoch in der Neuzeit außer Gebrauch. SSB Augsburg, 2 Cod. Aug. 30, fol. 218’.
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heitssymbolen und Praktiken bekräftigt. Es ging aber keineswegs nur um die Vergegenwärtigung von sozialer Differenz. Vielmehr wurde mit dem gemeinsamen Agieren von Kaiser, Kur- und Reichsfürsten bei Reichsbelehnungen die Einheit von Kaiser und Reich postuliert und damit die konsensuale Basis des kaiserlichen Regiments zur Anschauung gebracht – unabhängig davon, wie es tatsächlich um diese bestellt sein mochte.238 Dadurch sollte die Akzeptanz kaiserlicher Herrschaft im Reich erhöht und aufgebrochene Interessengegensätze zwischen Kaiser und Reichsständen, aber auch der Reichsstände untereinander überdeckt werden. Bestehende Konflikte ließen sich zwar dadurch noch lange nicht lösen, aber zumindest zeitweise in ihrer Bedeutung relativieren. Thronbelehnungen nahm im Untersuchungszeitraum ausschließlich der Kaiser selbst vor.239 Seine körperliche Präsenz im Akt war wie bei der Huldigung der Reichsstädte unverzichtbar.240 Die Reichsfürsten ließen sich allerdings mitunter durch Bevollmächtigte vertreten, wenngleich der Kaiser immer wieder die persönliche Präsenz des Lehnsnehmers einforderte und Fahneninvestituren grundsätzlich nur in diesem Fall vornahm.241 Denn aus der Abwesenheit der Reichsfürsten ergaben sich für den Kaiser klare Nachteile. So stellte es einen „Widerspruch gegen den Geist der ganzen Institution“ dar, wenn dem Lehnsnehmer die Stellung eines Stellvertreters beim Belehnungsakt gestattet wurde.242 Das Treueverhältnis zwischen beiden Seiten musste vor allem dann als belastbar erscheinen, wenn es durch die persönliche Präsenz beider Akteure bekräftigt worden war. Durch einen Vertreter, der meist einen deutlich niedrigeren Rang besaß als sein Auftraggeber, entstand ein symbolisches Ungleichgewicht zu Ungunsten des Reichsoberhauptes, denn der unterlegene Rang des Lehnsnehmers 238 Vor diesem Hintergrund treten finanzielle Einkünfte, die der Kaiser aus den Thronbelehnungen ziehen konnte, deutlich zurück, zumal diese weniger dem Kaiser als den Reichserbämtern bzw. den kaiserlichen Hofämtern zugute kamen. Dazu Volker Rödel, Art. Lehnstaxe, in: HRG, Bd. 2, Sp. 1745–1747; vgl. die Kostenabrechnungen für 1544–1566 in HHStA Wien, RK RTA 46, fol. 300–323 oder StA Würzburg, MRA, L 59, Dokument 47, 48, 50. Zum Streit um die Gebühren zwischen beiden Seiten Moser, Kleinere Schriften, S. 1–176. 239 Theoretisch konnten Lehnsinvestituren überall durchgeführt werden, wo sich der Kaiser gerade befand. So belehnte Ferdinand I. am 23.03.1558 den Bischof von Würzburg, als er sich auf der Rückreise von Frankfurt in Tauberbischofsheim aufhielt. In diesem Fall ähnelte das Verfahren jenem in der kaiserlichen Residenz: Anwesend waren nur Lehnsgeber und Lehnsnehmer mit ihren Bediensteten. 240 Im Mittelalter wurden Thronlehnungen gelegentlich durch Stellvertreter vollzogen. Mitteis, Lehnrecht und Staatsgewalt, S. 516f. 241 So betonte der Kaiser während des Aktes, er wolle die Belehnung immer dann vornehmen, wenn ein Fürst in Person erscheine. HHStA Wien, MEA WaKr 3, fol. 131. 242 Mitteis, Lehnrecht, S. 517.
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wurde nur dann eindrücklich vergegenwärtigt, wenn dieser „in der Person“ erschien. Mochte es für die Rechtmäßigkeit des Vollzugs irrelevant sein, ob der Vasall oder sein Bevollmächtigter vor dem Herrscher kniete, in symbolischer Hinsicht machte es einen erheblichen Unterschied.243 Der Untersuchungszeitraum verkörperte in zweifacher Hinsicht eine Umbruchphase. Zum einen waren die Lehnsnehmer wie gerade geschildert während des Aktes zunehmend seltener persönlich präsent. Dies gilt besonders für die weltlichen Fürsten. Zum anderen verlagerte sich der Vollzug der feierlichen Lehnsinvestituren räumlich von den Reichsversammlungsorten hin zur kaiserlichen Residenz.244 Wurden die Kurfürsten unter Ferdinand I. und Maximilian II. in der Regel noch persönlich im Rahmen einer Reichsversammlung belehnt, so war dies danach – wenn überhaupt – nur noch bei geistlichen Kurfürsten der Fall. Diese Entwicklung hatte einschneidende Folgen für die Art und Weise des Vollzugs und damit für die symbolische Wirkmächtigkeit solcher Akte. So fand die Fahneninvestitur „unter dem Himmel“ grundsätzlich nur bei weltlichen Fürsten und nur im Rahmen von Reichsversammlungen statt. 245 Das im Spätmittelalter bei Belehnungen noch übliche Verfahren der Fahneninvestitur verkörperte allerdings schon im 16. Jahrhundert eher eine Ausnahme.246 Hatte Kaiser Maximilian I. auf dem Wormser Reichstag von 1495 noch 15 Fahneninvestituren durchgeführt, waren es auf dem Augsburger Reichstag von 1566, bei dem diese Form der Lehninvestitur letztmalig zum Einsatz kam, mit der Belehnung Kurfürst Augusts von Sachsen und des Deutschmeisters Georg Hund von Wenckheim gerade einmal zwei.247 Vor allem der erste dieser beiden Akte zeitigte aufgrund der unerhörten Pracht, die dabei entfaltet wurde, eine enorme Wirkung auf die Rezipienten, welche dafür sorgte, dass das Ereignis 243 Die unterschiedliche Wertigkeit, welche die Zeitgenossen solchen Akten zuschrieben, zeigt sich darin, dass sich ausführliche Berichte über Lehnsinvestituren in jenen Medien, die auf eine breitere Öffentlichkeit zielten, nur dann finden lassen, wenn der Lehnsnehmer persönlich anwesend war. 244 Stollberg-Rilinger, Solemnis Curia, S. 98. 245 Vgl. dazu Bruckauf, Fahnlehen; Karl Friedrich-Krieger, Art. Fahnlehen, in: LexMA, Bd. 4, Sp. 230; ders., Lehnhoheit, S. 36–42. 246 Dazu Aulinger, Bild des Reichstags, S. 287. 247 Streng genommen ist die Belehnung des Deutschmeisters am 09.05.1566 die letzte Fahneninvestitur im Reich. Im Unterschied zu jener August von Sachsens ging sie offenbar auf den Kaiser zurück, der mit diesem Gnadenerweis den Lehnsnehmer zu einem stärkeren Engagement bei der Türkenabwehr motivieren und die Fahneninvestitur des sächsischen Kurfürsten in ihrer Bedeutung relativieren wollte. Lanzinner, Reichstag zu Augsburg 1566, Bd. 2, S. 1499, Anm. 45.
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auch noch Jahrzehnte später im kollektiven Gedächtnis präsent war.248 Schließlich stellte die am 23. April 1566 vollzogene Belehnung Kurfürst Augusts von Sachsen „unter dem Himmel“ (Abb. 15) das zentrale gesellschaftliche Ereignis des Reichstags von 1566 dar.249 Dass die albertinischen Kurfürsten zwischen 1548 und 1566 gleich dreimal „unter dem Himmel“ belehnt wurden, war dabei kein Zufall. Die spektakuläre Übertragung der Kurwürde auf Moritz von Sachsen 1548 bedurfte in besonderem Maße der ‚Veröffentlichung’ durch ihren öffentlichen Vollzug, der Absicherung durch das tradierte Investiturverfahren und eines breiten gesellschaftlichen Konsenses, der sich in der Anwesenheit zahlreicher Reichsstände und Kurfürsten dokumentierte.250 Lag Moritz von Sachsen an der Demonstration seines neu erworbenen Status’ als Kurfürst, so dürfte es Karl V. um die disziplinarische Wirkung des Aktes gegangen sein, denn dieser bildete den symbolischen Endpunkt eines Fürstenaufstandes, welchen der Kaiser mithilfe seiner Verbündeten zu seinen Gunsten hatte entscheiden können. Die Belehnung verdeutlichte, welche negativen Folgen die Opposition gegen den Kaiser zeitigte und welchen potentiellen Gewinn hingegen die Unterstützung kaiserlicher Politik versprach. Mit den beiden folgenden Belehnungen unter dem Himmel sollte der albertinische Anspruch auf die sächsische Kur ostentativ untermauert werden.251 Was der Verzicht auf diese Form der Lehnsinvestitur für den semantischen Gehalt von Belehnungsakten bedeutete, soll im Folgenden am Beispiel des Aktes von 1566 demonstriert werden.252 Zeitpunkt und Ort einer Belehnung legte grundsätzlich der Kaiser fest, der nicht nur den Lehnsnehmer, sondern auch alle am Ort anwesenden Reichsfürsten zum Erscheinen aufforderte. So genannte Fahneninvestituren im öffentlichen Raum der Stadt fanden zumeist auf einem 248 Das Ereignis wird in zahlreichen Chroniken vermerkt. Die in deutscher und lateinischer Sprache veröffentlichten Berichte wurden wiederabgedruckt. So bei Schard, Historicum opus, Bd. II, Sp. 1667–1684. 249 Lanzinner, Reichstag zu Augsburg 1566, Bd. 2, S. 1502, Anm. 2. 250 Zu den Verhandlungen zwischen Kaiser und Kurfürsten sowie zwischen Moritz und den Kurfürsten vgl. Machoczek, Reichtagsakten 1547/48, Bd. 3, S. 2532–2546. 251 Das Bemühen Augusts von Sachsen, die Vollstreckung der Reichsacht gegen Johann Friedrich II. von Sachsen und Wilhelm von Grumbach übertragen zu bekommen sowie seine glanzvolle Belehnung als Kurfürst dienten letztlich ein- und demselben Ziel. Vgl. dazu allgemein Lanzinner, Friedenssicherung, S. 51–71. 252 Der Ablauf wurde zwar mehrfach beschrieben, aber kaum interpretiert. Im Folgenden HStA Dresden, Loc. 10671/4, unfol.; Loc. 9607, fol. 49–88; StA Marburg, 3: 1351, fol. 163’–164; SSB Augsburg, 2 Cod. Aug. 30, fol. 441–451; StadtA Augsburg, Chroniken 15/II, fol. 904’–912’; auch Aulinger, Bild des Reichstags, S. 289–293; sowie Bäumel, Zeremoniell.
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der großen innerstädtischen Plätze am frühen Nachmittag statt, in diesem Fall auf dem Augsburger Weinmarkt.253 Schon vor Beginn dieser Zeremonie hatte sich dieser Platz mit einer großen Volksmenge gefüllt, welche durch die kaiserlichen Hartschiere und Trabanten in die einmündenden Gassen zurückgedrängt werden musste, als der Kurfürst mit seinem Gefolge von über 1.000 bewaffneten Reitern erschien. Auch an den Fenstern der umliegenden Häuser hatten sich zahlreiche Zuschauer eingefunden, um an diesem Spektakel teilzuhaben.254 Auf einer großen Tribüne vor dem Tanzhaus nahmen zunächst Kaiser und Kurfürsten nach der Sessionsordnung der Goldenen Bulle Platz, während die übrigen Reichsfürsten, Reichserbamtsinhaber, Herolde und andere kaiserliche Bediente standen. Durch die Anwesenheit einer Vielzahl von Reichsvasallen konstituierte sich der kaiserliche Lehnhof in seiner Gesamtheit. Auf diese Weise wurde zugleich verdeutlicht, dass Lehen und Regalien im Reich im Unterschied zu anderen europäischen Monarchien nicht allein vom Monarchen, sondern von Kaiser und Reich verliehen wurden.255 Auf diesen Sachverhalt bezogen sich nicht zuletzt zwei spezifische Handlungssequenzen der Thronbelehnung im Heiligen Römischen Reich: die Fürsprache von Reichsfürsten, die für den Lehnsnehmer den Kaiser um dessen Belehnung baten, sowie die angedeutete Beratung des Kaisers mit den Kurfürsten vor seine Zusage, die Investitur auch tatsächlich vornehmen zu wollen. Am Beginn des Aktes stand der geordnete Aufzug der bewaffneten Gefolgsleute des Lehnsnehmers, bei denen es sich um „wolerfahrne geübte Kriegsleüt“256 handelte, wobei das starke militärische Übergewicht des Vasallen bei diesem Akt das aus dem Treueverhältnis resultierende Vertrauen des Lehnsgebers in den Lehnsnehmer illustrierte. August von Sachsen ließ sich dabei ein Schwert in der Scheide vortragen, womit er schon vor dem Vollzug des Belehnungsaktes seinen Anspruch auf das Reichserzmarschallamt verdeut253 Die Frankfurter Belehnungen der weltlichen Kurfürsten von 1558 fanden auf dem Rossmarkt statt, im Mittelalter war auch der Römerplatz verwendet worden. Bothe, Geschichte, S. 240, 345. 254 Die Häuser seien bis „unter die Tächer voller Volcks“ gewesen, darunter auch eine „grosse anzal schönes Frawenzimmer“. Vom Fuggerpalais schauten Kaiserin Maria und weitere Fürstinnen mit ihrem Hofstaat zu. Den feierlichen Aufzug des Kurfürsten, dessen Gefolge sich vor der Stadt formiert hatte, beobachtete ebenfalls eine Vielzahl von Menschen, wobei 25 Trompeter sein Herannahen weithin hörbar ankündigten, auf „das ein jederman desto mehr auffachtung“ haben sollte. Mameranus, Kurtze vnd eigentliche verzeychnus, o.S. 255 Die Frage wurde auch in den Printmedien diskutiert. Vgl. Freher, Kurtzer vnd gegruendter Bericht. 256 Mameranus, Kurtze vnd eigentliche verzeychnus, o.S.
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lichte.257 Das nun folgende Berennen, bei dem ein Teil des kursächsischen Gefolges den Lehnstuhl des Kaisers in vollem Lauf dreimal umrundete, wobei die Blutfahne „wie sonst im Feld gebreüchlich / vast im mittel des geschwaders geordnet / und mit dreyen gliden Edelleüt bedeckt gewesen“, ähnelte einem militärischen Manöver, bei dem die Teilnehmer Schnelligkeit und Geschicklichkeit zu demonstrieren hatten.258 Auf diese Weise wurde die militärische Potenz des Lehnsnehmers zur Schau gestellt. Der beim Umrunden ausgemessene Raum stand dabei symbolisch für den Herrschaftsraum des Heiligen Römischen Reiches, zu dessen Schutz der Vasall seine militärische Leistungsfähigkeit einzusetzen bereit war. Die Fahneninvestitur zeichnete sich durch einen massiven Einsatz von allgemeinen Herrschaftszeichen und spezifischen Investitursymbolen aus.259 Heinrich Mitteis unterschied bei letzteren zwischen Handlungssymbolen, die zur „Verdeutlichung der rechtsgeschäftlichen Handlung selbst verwandt“ wurden und „nur eine Verstärkung der körperlichen Gebärde“ darstellten, weshalb sie beim Herrscher verblieben, und Gegenstandssymbolen, welche das Lehnsobjekt symbolisierten und deshalb beim Lehnsnehmer verblieben.260 Ein Handlungssymbol war das beim Schwur auf dem Schoß des Kaisers liegende und von knienden geistlichen Fürsten gehaltene Evangelienbuch, das den Kaiser als Sitz und die Geistlichen als Stützen des Glaubens erscheinen ließ, auch wenn ihnen diese Funktionen nicht mehr uneingeschränkt zugebilligt wurden. Ein anderes Handlungssymbol stellte das Reichsschwert dar, das der Reichserzmarschall während der Vereidigung in die Höhe hielt, um die kaiserliche Sanktionsgewalt bei einem Meineid des Schwörenden vor Augen zu führen. Nach dem Schwur wurde dem Lehnsnehmer das Schwert zum Kuss gereicht. In dieser Handlungssequenz verschränkten sich mehrere Bedeutungsdimensionen: So wurde das Lehnsverhältnis dadurch besiegelt, dass der Lehnsnehmer seine grundsätzliche Anerkennung der Gewalt des Lehnsherrn zum Ausdruck
257 Ebd. Dieses hatte er sich offenbar extra für seine Belehnung anfertigen lassen. Rüstkammer Dresden, Inv.-Nr. VI 362. Vgl. dazu auch Bäumel, Zeremoniell. 258 Mameranus, Kurtze vnd eigentliche verzeychnus, o.S. 259 Vgl. dazu allgemein Volker Rödel, Art. Lehnsgebräuche, in: HRG, Bd. 2, Sp. 1712– 1714. Die Erzamtsinhaber hielten die ihrem Amt zugeordneten Herrschaftsinsignien. Für die Belehnungen auf dem Reichstag in Worms 1521 ließ Karl V. sogar die echten Reichsinsignien aus Nürnberg kommen. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 134 Nr. 23, Fasz. 2. 260 Mitteis, Lehnrecht, S. 508.
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brachte, aber auch seine Demut gegenüber Herrscher und Reich sowie seine Absicht, den Frieden zu wahren.261 Das zentrale Gegenstandssymbol stellte die Fahne dar, die als Sach- und Rechtssymbol dienen konnte.262 So fungierten die Wappenfahnen von Territorien als Sachsymbole für die Übertragung von Nutzungsrechten an diesen Gebieten. Die Zahl der verwendeten Wappenfahnen sagte zwar wenig über die tatsächliche Bedeutung der verliehenen Güter aus, da jedes Fahnenlehen unabhängig von seiner Größe, wirtschaftlichen oder politischen Bedeutung durch eine Fahne symbolisiert wurde, eine besonders große Menge erhöhte jedoch die feierliche Würde des Ereignisses, da damit jene Handlungssequenz, welche die eigentliche Investitur bewirkte, vervielfältigt wurde.263 Rechtssymbole verkörperten hingegen die Blutfahne, die stellvertretend für die hohen Regalien, besonders die Hochgerichtsbarkeit, stand, oder die Kurfahne als Zeichen für die Kurwürde.264 Die Fahnen wurden bei einer Lehnserneuerung zunächst vom Vasallen dem Herrscher ausgehändigt und anschließend von diesem zurückgegeben, womit die rechtliche Verfügungsgewalt des Lehnsherrn über das Lehen zum Ausdruck kam. Jener Moment, in dem sich die in der Fahne verkörperten Lehnsobjekte symbolisch zwischen Lehnsgeber und Lehnsnehmer aufhielten, stellte den rituellen Höhepunkt der Investitur dar, denn genau hier lassen sich die für Übergangsriten typischen Trennungs-, Schwellen- und Angliederungsvorgänge konkret einzelnen Handlungssequenzen zuweisen.
261 Zu den unterschiedlichen Formen und Bedeutungen des Kusses bei Investiturakten (osculum gladii porrecti, osculum pacis, osculum observantiae) vgl. Hans-Wolfgang Strätz, Art. Kuss, in: LexMA, Bd. 5, Sp. 1591; Ganshof, Lehnswesen, S. 80f. 262 Mitteis, Lehnrecht, S. 510f.; Schramm, Herrschaftszeichen, Bd. 2, S. 650f.; Grimm, Deutsche Rechtsaltertümer, Bd. 1, S. 221. Durch dieses Zeichen wurde optisch erkennbar, welche Herrschaftsgebiete und Herrschaftsrechte hier verliehen wurden. 263 August von Sachsen wurden 1566 13 Fahnen verliehen, was die Zeremonie nicht unwesentlich verlängerte: Kurfahne, Blutfahne, Herzogtum Sachsen, Landgrafschaft Thüringen, Markgrafschaft Meißen, Pfalzgrafschaft Sachsen, Grafschaft Orlamundt, Burggrafschaft Magdeburg, Pfalzgrafschaft Thüringen, Herrschaft Landsberg, Grafschaft an der Pleisse, Grafschaft Altenburg, Herrschaft Brehna. Mameranus, Kurtze vnd eigentliche verzeychnus, o.S., dem Kurfürsten von Brandenburg 1558 gar 17, Erzherzog Ferdinand von Österreich 1530 sogar 18 Fahnen. Sturm, Warhafftig anzaygung, o.S. 264 Die Bedeutung der Blutfahne war nicht allgemeinverständlich, denn dieses Investitursymbol wurde in den zeitgenössischen Beschreibungen extra erklärt. Mameranus, Kurtze vnd eigentliche verzeychnus, o.S. Zur Verwendung der Kurfahne bei Belehnungen im Spätmittelalter auch Begert, Böhmen, S. 278–280; allgemein Meyer, Fahne.
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Sämtliche Fahnen gab der Lehnsnehmer an einen kaiserlichen Herold weiter, der sie in das Volk warf, das die Tribüne umstand.265 Im Ergebnis des ausbrechenden Tumultes wurden diese Objekte in der Regel völlig zerstört. Die Eskalation von Gewalt erinnert an das Investiturritual der Krönung, bei welcher ebenfalls bestimmte Güter dem Volk preisgegeben und dabei zerstört wurden.266 Hier wie dort ging es zum einen um die Partizipation des Volkes am Erhebungsakt, zum anderen wurde der in der liminalen Phase dieses Schwellenrituals fragile Charakter von Herrschaft und zugleich deren unbedingte Notwendigkeit visualisiert. Allerdings gab es im Hinblick auf den Bedeutungsgehalt dieser Handlungssequenzen auch wesentliche Differenzen. Denn bei der Fahneninvestitur wurden ausschließlich jene Artefakte zerstört, welche die übertragenen Güter im Akt verkörpert hatten. Dabei scheint die Bedeutung der rituellen Zerstörung zunächst darin gelegen zu haben, dass sie die Einmaligkeit und Unwiderrufbarkeit der Investitur demonstrierte: Nach deren Vollzug hatten die symbolischen Verkörperungen der Lehngüter ausgedient.267 Da August von Sachsen 1566 dafür sorgte, dass die Fahne des Herzogtums Sachsen unverletzt blieb, scheint diese für ihn jedoch eher die Unverletzbarkeit seines Territoriums symbolisiert zu haben.268 Nachdem er als Signum seiner Kurwürde kurz das Reichsschwert gehalten hatte, war die Belehnung „realiter & cum effectu“ vollzogen.269 Mit dem Verzicht auf die Fahneninvestitur nach 1566 reduzierten sich das Ausmaß an Öffentlichkeit und die Vielfalt von eingesetzten Zeichen und rituellen Praktiken bei Thronbelehnungen beträchtlich. Allerdings waren auch bei Belehnungen in der Kammer, wenn sie im Rahmen von Reichsversammlungen stattfanden, anfangs noch zahlreiche Menschen anwesend, saßen auch hier Kai265 Schon für Augsburg 1473 überliefert, von da an regelmäßig geübter Brauch. SSB Augsburg, 2 Cod. Aug. 30, fol. 218’. 266 Vgl. dazu vorn Kap. III.1.b. 267 Jeder Lehnsherr konnte ein Lehen nur einmal verleihen und nur dann wieder einziehen, wenn der Lehnsnehmer die zugesicherten Leistungen nachweislich nicht erbracht hatte. Mitteis, Lehnrecht, S. 675–684; Krieger, Lehnhoheit, S. 465f. Die Spoliierung von Handlungssymbolen ist bereits für das Hochmittelalter überliefert. Mitteis, Lehnrecht, S. 508. 268 Ein Autor deutete die unversehrte Fahne tatsächlich als Omen dafür, „daß das löbliche hauß zu Sachssen unverletzt bestendig […] erhalten/ und die edle Raut allezeyt grünen“ werde. Dies wäre ein Beleg dafür, wie eingeführte symbolische Handlungsmuster zwar über lange Zeiträume beibehalten, aber mit veränderten Bedeutungsgehalten ausgestattet werden konnten. Allerdings zielte die panegyrische Textpassage auf den Kurfürsten als Hauptadressaten des Druckes, so dass offen bleiben muss, ob dieser Vorgang von der Mehrheit der Betrachter so wahrgenommen wurde. Mameranus, Kurtze vnd eigentliche verzeychnus, o.S.; Lersner, Chronica, Bd. 1, S. 166. 269 HHStA Wien, WaKr 3, fol. 109.
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ser und Kurfürsten „in Maiestate“270. Die soziale Logik des räumlichen Arrangements bei der Belehnung des Kölner Kurfürsten Ernst von Bayern auf dem Regensburger Reichstag von 1594 dokumentiert ein vom kaiserlichen Obersthofmarschall angefertigtes Schema, das den Kaiser an der Stirnseite des Raumes zeigt, umgeben von den um zwei Stufen tiefer in der üblichen Ordnung sitzenden Kurfürsten, während um eine Stufe darunter auf der rechten Seite zwei geistliche Fürsten sowie auf der linken drei weltliche Fürsten saßen, darunter Herzog Friedrich von Württemberg, der womöglich zu diesem Zeitpunkt noch auf seine eigene Belehnung von Kaiser und Reich hoffte.271 Rechts standen die Inhaber der Reichserbämter mit den kaiserlichen Herrschaftsinsignien in der Hand, links einige nicht regierende Fürsten, die Reichshofräte und die kaiserlichen Kammerherrn, in der Mitte des Raumes vor dem Kaiser kniete der Lehnsnehmer umgeben von seinen Fürsprechern. Auch das Reich war somit bei diesem Akt noch repräsentativ vertreten gewesen. Dennoch war die Wirkmächtigkeit dieser Aufführungen aufgrund ihrer im Vergleich zu Belehnungen unter dem Himmel deutlich geringeren Öffentlichkeit begrenzt. Darüber hinaus entfielen bei Belehnungen in der Kammer der feierliche Aufzug des Lehnsnehmers und seines Gefolges durch die Stadt und die musikalische Umrahmung des Aktes, die das Ereignis in einzelne Teilakte gegliedert und über den unmittelbaren Ort des Geschehens hinaus publiziert hatte. In der Kammer fehlte der auf die Wehrverfassung des Reiches verweisende militärische Charakter dieser Aufführung, bei der es auch nicht mehr zu Tumulten kommen konnte, denn hier wurden keine Fahnen preisgegeben. Diese Entwicklung nivellierte die Unterschiede bei der Belehnung weltlicher und geistlicher Fürsten, waren letztere doch ausschließlich in der Kammer belehnt worden.272 270 HHStA Wien, MEA WaKr 3, fol. 129’. Vgl. dazu etwa die Beschreibungen von Belehnungen in der Kammer von Kurmainz in StA Würzburg, MRA L 59, Dokument 2–4 (1558, 1566, allgemeine Darstellung); ebd., L 60, fol. 109–118 (1613); außerdem Fleischmann, Description, S. 24–27 für Kurtrier 1582; für Kurköln 1594 Khevenhüller, Annales Ferdinandei, Tl. 3f., Sp. 1218–1220; Fleischmann, Kurtze und aigentliche Beschreibung, S. 277–284 (mit Sessionsschema); Häberlin, Reichs-Geschichte, Bd. 18, S. 683–687. Zu den Belehnungen von Gesandten ebd., S. 687–689. 271 AVA Wien, Familienarchiv Harrarch, Kart. 795, unfol. Die Anordnung der Personen entspricht der Darstellung im Reichstagsverzeichnis des Peter Fleischmann. Fleischmann, Kurtze und aigentliche Beschreibung, S. 285f. 272 Theoretisch besaßen zwar auch geistliche Fürsten einen Anspruch auf eine Fahneninvestitur, wenn sie im Besitz eines Fahnlehens waren, diese wurde jedoch in der Neuzeit nicht mehr vollzogen. Da die beteiligten Akteure der spezifischen Art des Vollzugs einer Investitur Rechtsgeltung beimaßen, musste der Kaiser in einem Revers extra bestätigen, dass der Verzicht darauf die Rechtmäßigkeit der Belehnung hinsichtlich des
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Mit dem Reichsschwert und dem Evangelium wurden in der Neuzeit bei geistlichen Fürsten dieselben Handlungssymbole wie bei weltlichen benutzt, während erstere im Spätmittelalter anstatt des Schwertes ein Kreuz geküsst hatten und bei ihrer Belehnung ein Zepter verwendet worden war.273 Auch bei der Ableistung des Lehnseides entfielen mitunter die symbolischen Differenzen zwischen weltlichen und geistlichen Fürsten, die beim Wahleid der Kurfürsten noch zu beobachten waren. Der Mainzer Kurfürst Daniel Brendel von Homburg berührte 1558 bei seinem Schwur das Evangelienbuch auf dem Schoß des Kaisers und schwor offenbar wie die weltlichen Fürsten auf Gott und das Evangelium, das er beim Schwur berührte.274 Der Kölner Kurfürst Ernst von Bayern schwor dagegen 1594 mit der Hand auf der Brust.275 Als selbsternannter Verteidiger des Katholizismus wollte er seinen geistlichen Stand trotz fehlender Bischofsweihe ostentativ herausstellen: So trat er bei dieser Gelegenheit auch nicht in seinem Kurhabit, sondern in einem schwarzen Priestergewand auf. Als geistlicher Fürst nahm er das Reichsschwert anders als Daniel Brendel von Homburg 1558 nicht selbst in die Hand, sondern küsste lediglich den Schwertknopf. Diese unterschiedlichen Verfahrensweisen belegen, dass im Untersuchungszeitraum durchaus Spielraum bei der Ausgestaltung der Lehnsinvestitur bestand, welchen die Akteure dazu nutzten, konkrete politische Botschaften zu übermitteln. An dieser Belehnung lässt sich eine weitere Entwicklungstendenz studieren, die das sich in dieser Phase verstärkende Bemühen der Kurfürsten konterkariert, ihren allen Reichsfürsten überlegenen Rang herauszustellen.276 War die Belehnung mit der Kurwürde bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts symbolisch
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Fahnlehens nicht verminderte; so hieß es bei der Belehnung des Bischofs von Würzburg am 19.04.1566 in der Kammer, diese solle gelten „gleicherweiß unnd in allermassen, als ob seine andacht die von unns selbst [...] in kaiserlichen zirden, auf freyem stuel, unnder dem himel unnd den fanen empfanngen hette“. Zitiert nach Lanzinner, Reichstag zu Augsburg 1566, S. 1503, Anm. 5. Vgl. Merzbacher, Lehnsempfang, S. 397f. Mitteis, Lehnrecht, S. 510; Rödel, Lehnsgebräuche, Sp. 1712. Der Text des Sprechaktes wies explizit daraufhin: „Ich […] schwere auf das Hailig Evangelion, welches Ich hiemit leiblich beruere“. HHStA Wien, WaKr 3, fol. 108; StA Würzburg, MRA L 59, Dokument 44. Im Hochmittelalter war auch auf Reliquien geschworen worden. Merzbacher, Regalienempfang, S. 454f. AVA Wien, Familienarchiv Harrach, Kart. 795, unfol. Die Eidformel ist hier nicht enthalten. Die demonstrative Religiosität mag auch in seinem heimlichen Verhältnis zu Gertrud von Plettenberg begründet gewesen sein, welches dazu beitrug, dass ihm ab 1595 mit Ferdinand von Bayern ein Koadjutor an die Seite gestellt wurde. Zum Schwurverhalten von geistlichen und weltlichen Fürsten vgl. schon Kap. IV.1.b. Dazu allgemein Gotthard, Säulen des Reiches, Teilbd. 2, S. 660–710.
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zumeist gleich in mehrfacher Form beim Lehnsakt verdeutlicht worden, fielen diese Distinktionsmerkmale nun zunehmend weg. Bei der Belehnung Moritz’ von Sachsen auf dem Augsburger Reichstag von 1548 war seine Funktion als Königswähler und Reichserzamtsinhaber durch vier unterschiedliche Zeichen vergegenwärtigt worden: Er erschien im Kurhabit, er erhielt das Reichsschwert als Attribut seines Reicherzmarschallamtes sowie erneut als Symbol seiner Kurwürde in die Hand und er nahm anschließend in der kurfürstlichen Session Platz.277 Nach der Belehnung blieben Kaiser und Kurfürsten eine Weile in dieser Ordnung sitzen, womit die Geltung dieser durch die Investitur bewirkten Statusveränderung bekräftigt wurde. Bei der Belehnung des Kölner Kurfürsten 1594 war dagegen symbolisch gar nicht mehr nachvollziehbar, dass hier eine Kurwürde verliehen wurde, weder am Habit, noch an der Verwendung von spezifischen Investitursymbolen, noch an der Einnahme einer Session.278 Mit der Reduzierung von Investitursymbolen und Einsetzungsgesten traten die Sprechakte im Rahmen der Investitur stärker in den Vordergrund, zumal auch ihre Länge zunahm. Der Lehnsnehmer wies gleich mehrfach in barocker Umständlichkeit auf seine Absicht hin, dem Kaiser gehorsam zu sein, zum „wolgefallen“ von Kaiser und Reich zu handeln und dies auch per Eid bekräftigen zu wollen.279 Er begründete seinen Anspruch auf Lehen und Regalien durch das Herkommen sowie die Rechtmäßigkeit seines Herrschaftsantritts, wobei weltliche Fürsten auf das dynastische Erbrecht, geistliche Fürsten aber auf den ordnungsgemäßen Vollzug der Wahl, die päpstliche Konfirmation und gegebenenfalls ihre Weihe verwiesen. Im Eid sagte der Lehnsnehmer zu, Kaiser und Reich „getrew, gehorsam, holdt, unnd gewärtig“ und „Ehr, Nutz und Fromen“ beider zu fördern.280 Der Kaiser ließ über seinen Orator übermitteln, dass er zur Be277 Zur Verwendung der Reichsinsignien bei der Kurfürstenbelehnung vgl. Begert, Böhmen, S. 277–280. Die dort (S. 280, Anm. 32) aufgestellte Behauptung, bei den Schüsseln als Attribut des Reichserztruchsessen handele es sich um eine Erfindung vom Ende des 15. Jahrhunderts, trifft nicht zu, da der Pfälzische Kurfürst bereits auf Darstellungen des 14. Jahrhunderts die Schüssel als Identifikationsmerkmal trägt. HAB Wolfenbüttel, Cod. Guelf. 3.1 Aug. 2, fol. 51 (3. Viertel des 14. Jahrhunderts). 278 Auf dem Platz des Kölners saß bereits der Trierer Kurfürst, während der Kölner sofort nach dem Akt den Raum verließ. Der im Spätmittelalter bei der Belehnung geistlicher Kurfürsten ebenfalls gebrauchte Siegelstab ist hier nicht überliefert. Auch August von Sachsen nahm nach seiner Belehnung 1566 nicht in der kurfürstlichen Session Platz, sondern ritt in seine Herberge zurück. 279 HHStA Wien, MEA WaKr 3, fol. 107. 280 HHStA Wien, MEA WaKr 3, fol. 108. Im Folgenden ebd., fol. 107’, 109’. Bei Kurfürsten sprach der Kaiser am Ende gelegentlich persönlich einige Worte, was ihren überlegenen Rang gegenüber den anderen Fürsten anzeigte.
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lehnung bereit und dem Lehnsmann „mit Freundtschafft und gnaden geneigt“ sei. Durch diese wiederholten Bekundungen wurde deutlich, dass das Lehnsverhältnis auch als emotionale Verpflichtung gedacht war, welche die Loyalität des Lehnsnehmers gegenüber dem Lehnsherrn und im Gegenzug dessen besonderes Wohlwollen gegenüber seinem Vasallen sicherstellen sollte. Mit der Herauslösung der Thronbelehnung aus dem Handlungskontext der Kaisereinzüge verstärkten sich die geschilderten Tendenzen noch.281 So unterblieb die Fürbitte durch andere Fürsten. Während des Belehnungsaktes waren nicht mehr Kur- und Reichsfürsten als Repräsentanten des Reiches anwesend, sondern Inhaber der kaiserlichen Obersthofämter, welche nun als „Directores“ die Regie übernahmen und auch die abwesenden Reichserbämter beim Akt vertraten.282 Die Öffentlichkeit des Reiches wurde durch eine Hoföffentlichkeit ersetzt, wodurch sich das symbolische Gewicht der Lehnsinvestitur weg vom Reich hin zu Kaiser und Kaiserhof verschob.283 Da die Belehnung durch Kaiser und Reich im Akt selbst durch die Formen der Zeichensetzung nicht mehr erkennbar war, musste sie 1653 schriftlich fixiert werden. Damit blieb das Reich als ein durch Lehnsbeziehungen definierter und im Belehnungsakt in dieser Qualität performativ bekräftigter Personenverband allerdings nur noch in rudimentärer Form erfahrbar. Der Verzicht auf die Belehnung „unter dem Himmel“, aber auch auf jene bei Reichsversammlungen unter Anwesenheit von Kaiser und Reichsfürsten „in der Kammer“ bedeutete einen Verlust an Öffentlichkeit, Ritualität und Performanz, welcher langfristig die kohäsive Wirkung des Lehnsystems auf der Ebene des Reiches ausgehöhlt haben dürfte.
Zusammenfassung Königswahlen, Krönungen, Huldigungen und Belehnungen stellten öffentlich, feierlich und rechtsförmig vollzogene Investiturrituale dar, deren performative Qualität besonders in ihrem deklarativen Charakter lag: Sie schufen oder bekräftigten institutionelle Tatsachen, welche die Stabilität der kaiserlichen Herrschaft im Reich, aber auch des Reichsverbandes insgesamt gewährleisten sollten. Sie verkörperten politische Schwellenrituale, welche den im Zuge eines Herrschaftswechsels potentiell entstehenden prekären Moment des Machtva281 Vgl. dazu die Verzeichnisse der vom Kaiser vorgenommenen Belehnungen von 1565– 1590 und 1573–1588 in StA Nürnberg, Herrschaft Pappenheim, REMA 92, 1341. 282 Sie werden bei der Belehnung des Kölner Kurfürsten 1594 so bezeichnet. AVA Wien, Familienarchiv Harrach, Kart. 795, unfol. 283 Im Folgenden vgl. auch Stollberg-Rilinger, Reich als Lehnssystem, S. 61f.
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kuums beenden und das neue Reichsoberhaupt, aber auch dessen Vasallen in ihrer Qualität als Herrschaftsträger legitimieren sollten. Sie zielten darauf ab, durch kollektives Handeln von Kaiser und Reich im Ritual politischen und sozialen Konsens herzustellen sowie nach außen und innen zu demonstrieren. Die Bezugsebenen dieser Innen- oder Außenperspektive hingen entscheidend von der sozialen und rechtlichen Stellung der jeweiligen Akteure ab, die ihren Vorstellungshorizont determinierte: Konsens nach innen zu demonstrieren konnte heißen, dies gegenüber den Ständen des Reiches, aber auch den Mitgliedern der eigenen Zunft zu tun. Konsens nach außen zu demonstrieren konnte heißen, dies gegenüber dem osmanischen Erzfeind oder benachbarten Herrschaftsträgern innerhalb des Reiches zu tun. Allerdings gab es zwischen diesen Investiturritualen entscheidende Unterschiede, wobei der Grad ihrer Differenz im Untersuchungszeitraum noch zunahm. Schaut man zunächst auf ihre transformative Wirkung als ein wichtiges Kennzeichen ritueller Handlungen, so lässt sich feststellen, dass im Zuge der Königserhebung tatsächlich neue Herrschaftsverhältnisse begründet und ein Interregnum beendet oder von vornherein vermieden wurde. Davon kann bei der Lehnserneuerung der Fürsten und der Huldigung der Reichsstädte in ihrer hier betrachteten Aufführungsform als kollektiv und öffentlich vollzogenes Ritual nicht in ähnlich starkem Maße die Rede sein. Hier wurden im Grunde keine neuen Herrschaftsträger in ihr Amt eingesetzt, sondern bereits bestehende Herrschaftsverhältnisse in ihrer Geltungskraft bestätigt, wobei dieses Ergebnis auch ohne den Vollzug eines aufwendigen Rituals hätte erreicht werden können. Von Liminalität im Sinne einer krisenanfälligen Übergangssituation, welche durch den Vollzug des Rituals stabilisiert werden sollte, kann deshalb bei der Belehnung von Reichsfürsten und der Huldigung der Reichsstädte nur begrenzt gesprochen werden. Dabei erschienen den Reichsstädten die Konsequenzen einer Verzögerung oder gar eines Verzichts auf die Huldigung weniger bedrohlich als den Reichsfürsten eine Verzögerung ihrer Belehnung, so lange diese nicht durch einen Lehnsindult rechtlich abgesichert war. Zwar drohte einer Reichsstadt der Verlust ihrer Privilegien, wenn sie dem Kaiser nicht huldigte, sie verlor aber nicht den rechtlichen Anspruch auf diese wie der Lehnsträger auf sein Lehen, wenn er nicht frist- und formgerecht um die Lehnserneuerung angehalten hatte. Beide, Reichsstädte und Reichsfürsten, legten in dem Moment hohen Wert auf den Vollzug dieser Rituale, in dem ihre eigene Herrschaft aufgrund der aktuellen politischen Rahmenbedingungen gefährdet erschien. So liegt das starke Bedürfnis der albertinischen Kurfürsten um die Mitte des 16. Jahrhunderts, im Rahmen von Reichsversammlungen ihre Belehnungen von 1548, 1558 und
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1566 „unter dem Himmel“ mit einem Höchstmaß von Öffentlichkeit vollziehen zu lassen, in dem Wunsch begründet, die von ihnen selbst noch als fragil wahrgenommene Kurwürde nicht nur zeremoniell, sondern auch rituell zu fixieren. Der Nürnberger Rat legte 1612 mit Blick auf die Eskalation der sozialen Spannungen in der Reichsstadt Frankfurt am Main besonderen Wert auf die Huldigung seiner potentiell aufsässigen Bürger, weshalb er auch versuchte, das Huldigungsritual zur Stabilisierung der eigenen Herrschaft zu instrumentalisieren. Wesentliche Differenzen zwischen diesen Herrschaftsritualen bestanden zudem in ihrem unterschiedlichen Gehalt an Transzendenz. Im Unterschied zu Huldigung und Belehnung waren beide Teilakte der Kaisererhebung in geistliche Messen integriert, wobei die Wahlmesse den transzendenten Charakter der Wahlentscheidung beschwor und mit der Altarsetzung zugleich die religiöse Funktion des Herrschers als Verteidiger des christlichen Glaubens zur Anschauung brachte. Während es hier um die Evocation eines „Heiligen“ Reiches und seiner durch die Kurfürsten repräsentierten Wahlverfassung ging, wurden in der Krönungsmesse nicht nur die zwei, sondern die drei Körper des Königs in ihren vielfältigen semantischen Beziehungen zueinander aufgeführt. Als tradiertes Erhebungsritual und damit Bestandteil des politisch-institutionellen Körpers des Kaisers im Sinne der transpersonalen Institution des Kaisertums übertrug die Krönungsmesse die mit dieser Institution verknüpften Bedeutungsgehalte auf den physisch-historischen Körper des neuen Kaisers und damit auf eine konkrete Person, die für einen von Gott bestimmten Zeitraum diese Institution repräsentieren würde. Die erfolgreiche und nachhaltige Verknüpfung dieser beiden Körper des Kaisers sollte nicht allein durch die ritualisierte Übergabe von Herrschaftsinsignien, sondern auch durch die Evocation des semiotisch-sakramentalen Körpers des Kaisers erreicht werden. Dieser sakramentale Körper wurde durch die Messe insgesamt, in besonderem Maße aber durch die Handlungssequenzen der Prostratio, der Salbung und der Kommunion sub utraque specie als Vorrechte eines Laien-Priesterkönigtums beschworen. Dabei konnten die habsburgischen Kaiser nicht wie die englischen oder französischen Könige als rois thaumaturges auftreten, aber gerade deshalb war die Aufführung ihres sakramentalen Körpers im Krönungsritual unverzichtbar. Der Prozess der Konfessionalisierung führte zwar bei beiden Teilakten der Herrschererhebung zu Veränderungen, von einer bedeutsamen Säkularisierung kann gleichwohl kaum gesprochen werden. Der zeitweise Abtritt der weltlichen Kurfürsten und die veränderte Eidformel spiegelten zwar durchaus die Bikonfessionalität des Reiches (Heinz Duchhardt), aber viel stärker das Bemühen von Kaiser und Kurfürsten um einen überkonfessionellen Konsens, zumal die weltli-
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chen Kurfürsten ab dem 17. Jahrhundert bei der öffentlicheren Krönungsmesse auf einen Auszug verzichteten. Die wichtigsten, wenngleich nicht beibehaltenen Änderungen von 1562 gingen nicht auf die protestantischen Kurfürsten zurück, sondern auf Maximilian II., der die Allerheiligenmesse verkürzen ließ und auf Prostratio und Kommunion verzichtete. Wenn sich hier im Vergleich zu den anderen beiden Krönungen durchaus eine Tendenz zur Säkularisierung feststellen ließe, der tiefgläubige Kaiser selbst hätte dieser Deutung kaum beigepflichtet, denn auf eine sakrale Verankerung seines Kaisertums hätte auch er nicht verzichten wollen. Ein säkularer Erhebungsakt lag ebenso wenig im Interesse der Kurfürsten, nicht einmal der weltlichen. Schon mit Blick auf ihre Frontstellung gegenüber dem Papst, aber auch auf andere europäische Monarchien musste die Sakralität kaiserlicher Herrschaft im Rahmen der Herrschererhebung bestätigt werden. Dies galt ganz besonders ab dem Moment, ab dem die Kaiserkrönung in Rom entfiel. Verglichen zu diesen beiden Akten scheint der transzendente Gehalt von Huldigung und Belehnung eher gering. Beide Akte waren nicht in religiöse Rituale integriert; sie fanden in säkularen Räumen zu Zeiten statt, die nicht religiös besetzt waren. Über die göttliche Dimension der in ihnen zur Schau gestellten sozialen Ordnung hinaus war es der promissorische Eid unter Anrufung Gottes, in dem ihre sakrale Dimension deutlich wurde – eine Handlungssequenz, die alle hier betrachteten Herrschaftsrituale miteinander verband. Bei Wahl und Krönung fanden sogar mehrere Eidleistungen statt. Allein hier schwor auch der Herrscher, der nur solange vereidigt werden konnte, wie seine Herrschaftsgewalt noch nicht vollständig hergestellt war, denn der Verzicht auf eine eidliche Verpflichtung stellte in dieser Phase ein Signum der Königswürde dar. Eine zentrale Bedeutung besaß der Eid vor allem bei der Huldigung, da er hier kaum mit anderen, für die Wirkung des Rituals zentralen Handlungssequenzen konkurrierte. Bei der Belehnung nahm seine Bedeutung in dem Moment zu, als diese in die Kammer verlagert und dabei das Repertoire an symbolischen Handlungssequenzen deutlich reduziert wurde. Dabei kam es weniger auf die rechtliche Dimension des Eides an, durch die eine Nichteinhaltung der zugesagten Leistungen als Meineid angesehen werden konnte, sondern vielmehr auf seinen metaphysischen Charakter. Die besondere Verbindlichkeit, die ein Eid bewirken sollte, resultierte aus der Vermeidung göttlicher Strafen: nicht externe, sondern interne Disziplinierung war intendiert. Alle drei Herrschaftsrituale können deshalb als Instrumente einer kollektiven Verhaltenssteuerung begriffen werden: Sie aktivierten bestimmte Akteure oder Akteursgruppen für den Vollzug ihrer Reichszugehörigkeit und der damit verbundenen ostentativen Obedienz gegenüber dem Reichsoberhaupt sowie
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mediären Herrschaftsträgern. Da sich aber auch der Herrscher im Ritual seinen Untertanen verpflichtete, indem er diesen bestimmte Verhaltensweisen und Leistungen zusagte und sich ebenfalls dem rituellen Prozess unterwarf, richtete sich der disziplinierende Impetus auch auf den Herrscher. In diesem Sinne waren alle Ritualteilnehmer unabhängig von ihrem sozialen Rang tatsächlich völlig gleich, wodurch eine zwar vorübergehende, für die Wirkmächtigkeit des Rituals aber wichtige Communitas von Herrscher und Beherrschten entstand. Während diese einen genuinen Bestandteil jedes dieser Rituale darstellte, wurde an den Tränen des Kaisers 1562 deutlich, dass auch spontane Formen von Communitas entstehen konnten, die in diesem Fall auf eine affektive Bindung zwischen Herrscher und Beherrschten zielte. Schließlich ließ sich der Gehorsam der Untertanen am besten durch die Schaffung oder Bewahrung von Loyalitäten erreichen. Deshalb bestand die Sollvorstellung in der persönlichen Präsenz der Lehnsnehmer sowie von Rat und Bürgerschaft während des Ritualvollzugs. Wenn Reichsfürsten oder Reichsstädte in der Folge gegen die Interessen des Kaisers handelten, ist dies noch lange kein Beleg für die generelle Wirkungslosigkeit dieser Herrschaftsrituale. Betrachtet man alle Investiturakte im Hinblick auf ihren symbolischen Aufwand sowie ihren Grad an normativer Fixierung vergleichend, so scheinen sich diese Faktoren proportional zueinander zu verhalten: je höher die verfassungsrechtliche Bedeutung eines Investituraktes, desto umfangreicher der Einsatz von Herrschaftszeichen und symbolischen Praktiken und desto ausformulierter die normativen Vorgaben. Der geringste symbolische Aufwand ist beim Huldigungsakt der Reichsstädte zu beobachten. Nur wenn man diesen als Bestandteil eines ganzen Ensembles von reichsstädtischen Aktivitäten während der kaiserlichen Anwesenheit vor Ort begreift, die mit dem feierlichen Einzug des Kaisers begannen und erst mit seinem Auszug endeten, verändert sich der Befund zu Ungunsten der Reichsbelehnung. Allerdings gilt dies nur für Reichsstädte mit hoher politischer und ökonomischer Bedeutung, die ein enges Verhältnis zum Kaiserhaus anstrebten und die Huldigung als geeignete Gelegenheit begriffen, sich selbst vor einer anwesenden Reichsöffentlichkeit in Szene zu setzen. Huldigungen und Belehnungen wurden in der hier dargestellten, öffentlichen und feierlichen Form allerdings immer seltener vollzogen. Sie entwickelten sich zunehmend zu förmlichen Rechtsakten ohne nennenswerte rituelle Qualität und Öffentlichkeit. Bei der Belehnung reduzierte schon der Verzicht auf ihren Vollzug „unter dem Himmel“ das Ausmaß der symbolischen Handlungsformen deutlich, wodurch die Differenzen zwischen weltlichen und geistlichen Fürsten sowie zwischen Kur- und Reichsfürsten im Akt selbst kaum noch zur Aufführung kamen.
Zusammenfassung
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Die stärkste symbolische Durchformung wies mit Abstand die Königskrönung auf. Die Krönung des Herrschers war die ‚Krönung’ der Investiturrituale des Alten Reiches. Bei keiner anderen politischen Aufführung, ob nun transformativ oder nur abbildend, lassen sich eine derartige Dichte an Zeichen, eine derartige Fülle von symbolischen Praktiken und eine derartige Vielfalt von semantischen Bezügen feststellen. Aus dieser Tatsache auf ihre höhere verfassungsrechtliche Relevanz im Vergleich zur Königwahl zu schließen, wäre allerdings genauso wenig überzeugend, wie die umgekehrte Annahme einer höheren Bedeutung der Königswahl gegenüber der Königskrönung. Denn das Auseinanderdividieren dieser beiden Teilakte der Herrschereinsetzung geht letztlich an der Logik der Königsherrschaft im Heiligen Römischen Reich vorbei. Dies gilt ganz besonders für die Neuzeit, in der beide Akte zeitlich, räumlich und personell eng miteinander verbunden waren. Die Krönung war weder verzichtbar, noch ein bloßes Anhängsel der Königswahl, die ihr wiederum notwendig vorausging. Erst mit dem Vollzug von Wahl und Krönung war der Römische König in sein Königsamt eingesetzt, daran änderte auch die Tatsache nichts, dass schon der gewählte König bestimmte Herrschaftsrechte ausüben durfte. Königswahl und Königskrönung übernahmen vielmehr komplementäre Funktionen, welche die Geltungskraft der Herrschererhebung insgesamt absichern sollten. Wurde das Gottesgnadentum des Herrschers schon durch das Wirken des Heiligen Geistes im Rahmen der Königswahl postuliert, so fixierte die Königskrönung mit ihrem deutlich höheren Grad an Öffentlichkeit diese Vorstellung im gesellschaftlichen Bewusstsein. Die Salbung machte den König zum Gesalbten des Herrn; sie verlieh dem gekrönten König eine Qualität, die der gewählte noch nicht besessen hatte. Krönung und Salbung verkörperten jene Qualitäten der Königswürde, welche ihren Inhaber über alle anderen Herrschaftsträger erhoben – auf welche ein Römischer König allerdings nur Anspruch erheben durfte, wenn er zuvor ordnungsgemäß gewählt worden war. Dass dieser in Abwesenheit gewählt, aber keinesfalls in Abwesenheit gekrönt werden konnte, zeigt die besondere Bedeutung, welche die Krönung für die Verknüpfung eines individuellen Amtsträgers mit der überindividuellen Institution des Königtums besaß, denn die transformative Kraft des Rituals und der Zugewinn an symbolischem Kapital kamen nur jener Person zugute, an der es vollzogen wurde. Dabei verkörperten Wahl und Krönung zwar primär Erhebungsrituale, in gewisser Weise aber auch Minderungsrituale: So wurde der gewählte König dadurch erniedrigt, das er sich zweifach eidlich verpflichten musste. Zudem unterwarf er sich in der Krönungsmesse ostentativ einer überirdischen Macht: Die Demut des Herrschers vor der Allmacht Gottes als Korrektiv der ihm ritualiter übertragenen irdischen Macht war ein Leitmotiv der gesamten Krönungsliturgie.
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Besonders demonstrativ hatte Anna von Tirol dies bei ihrer Krönung, der einzigen weiblichen Krönung im Untersuchungszeitraum und der ersten seit 200 Jahren, in Szene gesetzt. Allein bei diesem Akt spielten die Kaiserin, die anwesenden Fürstinnen und ihr weiblicher Hofstaat eine wichtige Rolle, wenngleich Anna im Rahmen ihres Erhebungsrituals, das in positivrechtlicher Hinsicht keines war, denn durch ihre Ehe mit einem Kaiser war sie de facto bereits in das Amt eingesetzt, passiver agierte als Matthias: Sie leistete keinen Eid, sie unterzog sich keiner Befragung, sie vollzog keine Ritterschläge. Dennoch verkörperte auch die weibliche Krönung ein Investiturritual, da sie aus der Gemahlin eines Herrschers eine gesalbte Monarchin machte – eine Qualität, die ihr nicht wieder entzogen werden konnte. Anders als die männliche Krönung galt die Königinnenkrönung in der Neuzeit nicht als unverzichtbar, wenngleich weibliche Krönungen durchaus keine Ausnahme darstellten. Ein starkes Motiv für ihren Vollzug 1612 dürfte der Versuch des Kaiserpaares gewesen sein, sich mit dem rituellen Paukenschlag einer Kaiserinnenkrönung vom schlechten Regiment des Vorgängers abzugrenzen. Schließlich hatte die mangelnde Regierungsfähigkeit Rudolfs II. nicht zuletzt auch sein dynastisches Versagen gezeigt. Durch die mit großem Pomp vollzogene Krönung Annas von Tirol wurde die 36jährige ‚kaiserinnenlose‘ Zeit im Heiligen Römischen Reich demonstrativ beendet. Die Betrachtung ausgewählter Fallbeispiele hat gezeigt, dass von einer Erstarrung der symbolischen Formen im Untersuchungszeitraum keine Rede sein kann. Feststellen lässt sich ein flexibler, aber keineswegs beliebiger Umgang mit der Tradition in Abhängigkeit von aktuellen politischen Erfordernissen. Veränderungen wurden nicht willkürlich oder unreflektiert vorgenommen, sie waren vielmehr Gegenstand intensiver Auseinandersetzungen, gerade weil die Akteure dem symbolischen Handeln Verbindlichkeit und Wirksamkeit zuschrieben. Als Regisseure wirkten dabei auf Seiten des Kaiserhofes Obersthofmeister und Obersthofmarschall, die als kaiserliche Räte über die notwendige rituell-zeremonielle und politische Doppelkompetenz verfügten. Bei Wahlen und Krönungen spielte die Mainzer Reichserzkanzlei und im Hinblick auf die Messliturgie auch untergeordnete geistliche Würdenträger wie der Mainzer Domdechant oder Mitglieder des Bartholomäusstiftes eine Rolle. Außerdem wurde das Verfahren mit den Kurfürsten abgestimmt, soweit es diese selbst betraf. Bei Thronbelehnungen handelten die fürstlichen Räte mit den kaiserlichen Obersthofämtern den Ablauf aus, bei Huldigungen der städtische Rat, der aufgrund seiner schriftlichen Überlieferung die Definitionsmacht über das Herkommen besaß. Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts ging der Kaiserhof allerdings dazu über, die Abläufe selbst aufzuzeichnen, um im Konfliktfall nicht allein auf die Darstellung der Gegenseite angewiesen zu sein.
Zusammenfassung
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Die Aushandlung ritueller und zeremonieller Verfahren geschah zwar nicht öffentlich, sie wurde aber auch keineswegs absichtlich geheim gehalten, um etwa die ‚Gemachtheit‘ der Rituale zu verschleiern. Denn entscheidend für die herrschaftslegitimierende Kraft der Investiturakte war erstens, dass trotz aller Abänderungen ihr ritueller Grundbestand erhalten blieb, und zweitens, dass die Konflikte zwischen den Akteuren ad hoc konsensual geregelt werden konnten. Der transformative Effekt resultierte weniger aus einer tatsächlichen Gleichförmigkeit aller Handlungssequenzen des Investiturrituals, sondern er basierte auf dem explizit durch die Beteiligten erhobenen Anspruch, dass die Vorgaben der Tradition eingehalten worden seien oder dass alle Abweichungen von dieser auf einem zuvor ausgehandelten Konsens beruhten. Dabei konnte ein machtpolitisch überlegener Akteur gelegentlich auch zurückstecken, um den konfliktlosen Vollzug eines Investituraktes nicht zu gefährden. Denn das Ausmaß an politischer Macht, über das er in einer bestimmten historischen Situation verfügte, dokumentierte sich nicht nur in der Fähigkeit, die eigenen Interessen notfalls gewaltsam durchsetzen zu können, sondern auch im demonstrativen Verzicht auf repressive Maßnahmen, um sich auf diese Weise der Gewogenheit seiner Gegenspieler zu versichern.
V. Der Kaiserauftritt als Medienereignis
Die Kaiserauftritte entwickelten sich ab dem 16. Jahrhundert zu Medienereignissen in dem Sinne, dass sie in ihrer Ereignishaftigkeit in den zeitgenössischen Druckmedien abgebildet wurden, während das hier beobachtbare Medienaufkommen wiederum selbst zum Kommunikationsereignis geriet. Denn die Erwähnung eines Ereignisses in ein oder zwei Medien mit begrenzter Reichweite machte noch kein Medienereignis daraus. Zu vielen der in dieser Studie analysierten Begebenheiten sind jedoch gleich mehrere Einblattdrucke, Flugschriften oder auch umfangreichere Druckwerke erhalten, die zeitnah publiziert worden sind und die im Rahmen der kaiserlichen Präsenz vor Ort vollzogenen politischen Aufführungen in Bild und Text erneut aufführten.1 Diese Medien kursierten nicht nur innerhalb bestimmter Teilöffentlichkeiten, sie schufen selbst eine diese übergreifende Medienöffentlichkeit, welche die Rezeption solcher Akte außerhalb von Ereignisort und Ereigniszeitraum in viel stärkerem Maße erlaubte, als dies zuvor der Fall gewesen war. Die Kaiserauftritte existierten somit immer auch in ihren medialen Versionen, welche ihre Wahrnehmung durch die Zeitgenossen, aber auch durch spätere Generationen und nicht zuletzt durch die Geschichtsschreibung entscheidend zu prägen vermochten. Dieses Kapitel widmet sich der Frage, wie aus dem Ereignis des Kaiserauftritts ein Medienereignis wurde und welche Folgen die Medialisierung politischer Aufführungen für die Darstellung von Kaiser und Reich im diskursiven Raum des Heiligen Römischen Reiches zeitigte. Es geht somit um die mediale Repräsentation eines zum Zeitpunkt der Medienproduktion bereits vergangenen repräsentativen Handelns.2 Dieses wurde im Verlauf seiner Medialisierung 1
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Der Begriff Medienereignis bezieht sich damit auf die Medialisierung in den frühneuzeitlichen Massenmedien Buchdruck und Druckgraphik. Massenmedien sind dabei „nicht in erster Linie durch eine spezifische Rezeptionsweise gekennzeichnet, sondern durch bestimmte Produktionsformen, Produktionswerte und den Beeinflussungsmöglichkeiten, die sich daraus ableiten“. Sie werden zunehmend als „komplexe soziale Organisationen behandelt und nicht als technischer Kanal oder formales System“. Schanze, Metzler Lexikon Medientheorie, S. 193–195. Niklas Luhmann betrachtet Massenmedien als ein Funktionssystem, das sich durch kommunikative Operationen konstituiert und dessen Entwicklung eine Eigendynamik aufweist, die unabhängig von Akteuren wie Autoren oder Verlagen verläuft. Luhmann, Realität der Massenmedien. Dies geschieht im Wesentlichen für den Raum des Heiligen Römischen Reiches und nicht in transnationaler Perspektive. Vgl. dazu das Graduiertenkolleg „Transnationale Medienereignisse von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart“ an der Universität Gießen.
Der Kaiserauftritt als Medienereignis
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vielfältigen Selektions- und Deutungsprozessen ausgesetzt, die nicht zuletzt durch eine mehr oder weniger versierte Anwendung medienspezifischer Codes der Informationsübertragung von Seiten der Medienproduzenten bedingt waren.3 Gefragt wird vor allem nach der Differenz zwischen realen und medialen Aufführungen im Hinblick auf die ihnen jeweils eigene performative Qualität. Schließlich dürfte die Vervielfältigung und Herauslösung solcher prinzipiell einzigartigen Begebenheiten aus ihrem zeitlichen, lokalen und personellen Kontext ihren Bedeutungsgehalt und ihre Wirkmächtigkeit wesentlich beeinflusst haben, zumal jede Abbildung symbolischen Handelns wiederum selbst als symbolisches Handeln verstanden werden muss.4 Die zentrale Rolle der Druckmedien für die Herausbildung von Öffentlichkeiten ist in jüngerer Zeit in vielfältigen Kontexten untersucht worden, so im Hinblick auf das Verhältnis von Herrscherhof und Öffentlichkeit, wobei besonders die Nutzung des Buchdrucks zur Herrschaftsausübung und Herrschaftsrepräsentation durch den Monarchen und seinen Hof im Vordergrund stand.5 Im Rahmen des Forschungsschwerpunktes der politischen Kommunikation trat außerdem der große Bereich der im Heiligen Römischen Reich ab dem 16. Jahrhundert massenhaft veröffentlichten politischen Pamphlete in den Blickpunkt der Forschung.6 Doch selbst in jüngsten Überblickdarstellungen zur Geschichte des Alten Reiches wird die hohe Bedeutung, welche die gesellschaftliche Verfügbarkeit des Drucks für die Dynamik historischer Prozesse besitzen konnte, wenn überhaupt nur am Rande thematisiert und hier meist nur mit Blick auf herausragende Ereignisse wie die Reformation oder den Dreißigjährigen Krieg, der als „Medienkrieg“ apostrophiert wurde.7 Das Problem dieser inhaltlichen Engführung besteht nicht zuletzt darin, dass aus der Analyse dieser Medienereignisse sowie der wieder vermehrt un-
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Dazu zählen auch literarische und ikonographische Darstellungstraditionen, die den Prozess der Medialisierung beeinflussten. Denn ein historisches Ereignis als solches kann nicht kommuniziert werden: „The event must become a ‚story‘, before it can become a communicative event“. Hall, Encoding – Decoding, S. 128. Belting, Bild-Anthropologie, S. 19f. Vgl. dazu stellvertretend Gestrich, Absolutismus; Berns, Monarch; Bauer, Höfische Gesellschaft; Rahn, Festbeschreibung; Burke, Präsentation und Re-Präsentation. Vgl. dazu Schmidt, Reich und Europa; Mörke, Pamphlet und Propaganda; neuerdings auch die Beiträge von Haug-Moritz, Seyboth und Weber in Strohmeyer / Lanzinner, Reichstag (1486–1613), mit weiterführender Literatur; sowie Arndt, Mediensystem. So zum Beispiel Hartmann, Kulturgeschichte; Lanzinner / Schormann, Konfessionelles Zeitalter; Körber, Habsburgs europäische Herrschaft; Gotthard, Das Alte Reich; anders dagegen Burkhardt, Reformationsjahrhundert; ders., Dreißigjähriger Krieg.
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tersuchten Feindbild-Diskurse8, die aufgrund ihrer meist kriegerischen Entstehungskontexte stark durch Akteure bestimmt wurden, die meinungslenkende Ziele verfolgten, auf einen grundsätzlich manipulativen Charakter von Druckmedien geschlossen wird. Von dieser Bewertung der frühneuzeitlichen Publizistik als Medium einer ausschließlich repräsentativen Öffentlichkeit grenzt sich die folgende Darstellung ab. Sie geht vielmehr von einer dreifachen Funktion von Druckmedien im Sinne einer Steuerung, Orientierung und Unterhaltung ihrer Rezipienten aus, wobei diese Funktionen je nach Medium unterschiedlich ausgeprägt vorhanden sein können.9 Gedruckt wurde auch nicht nur, um zu beeinflussen, zu informieren oder zu unterhalten; gedruckt wurde, um Geld zu verdienen oder die eigene Person zu repräsentieren, wobei die Akteure, Inhalte und Ziele dieser Repräsentationen oft andere als jene waren, die das Ereignis selbst geprägt hatten. Im Untersuchungszeitraum existierte bereits ein Druckmarkt, der schon den Zeitgenossen mitunter als ‚Jahrmarkt der Eitelkeiten‘ erschien, wobei die ‚Publicitis‘ mancher Späthumanisten zur Delegitimierung des Humanismus als dominante ideelle Strömung in der Folge beigetragen haben dürfte.10 Das Heilige Römische Reich in seiner virtuellen Qualität als imaginierter Gegenstand publizistischer Diskurse erscheint erst in Ansätzen erkennbar. Zwar haben sich ideengeschichtliche Studien mit der Entwicklung der Reichsidee in der Reichspublizistik beschäftigt, der mediale Aspekt der ausgewählten Textgattungen im Sinne des Diktums „the media is the message“ (Marshall McLuhan) spielte dabei jedoch keine Rolle.11 Außerdem verkörpert dieser juristische Blick auf das Reich nur eine Perspektive unter anderen, und dies gilt auch in kon8 Dazu Bosbach, Feindbilder; Wrede, Reich. 9 Vgl. auch Faulstich, Medien, S. 12. Historiker konzentrieren sich meist auf die Steuerungsfunktion; die orientierende und unterhaltende Zielsetzung wird eher von Vertretern anderer Fächer herausgearbeitet. Eine der wenigen Arbeiten, die sich auch der orientierenden Funktion solcher Printmedien widmet, ist Körber, Öffentlichkeiten, wenn auch das diesem Abschnitt zugrundeliegende Quellenmaterial eher spärlich ist. 10 Als klassische Marktdefinition vgl. Samuelson und Nordhaus: “A market economy is one in which individuals and private firms make the major decisions about production and consumption. A system of prices, of markets, of profits and losses, of incentives and rewards determines what, how, and for whom.” Diess., Microeconomics, S. 8f. Zwar unterscheiden sich die Funktionsbedingungen frühneuzeitlicher Märkte stark von modernen Märkten, dennoch muss auch über das Verhältnis von Angebot und Nachfrage und dessen Regelungsmechanismen nachgedacht werden. Das Druckgewerbe war vergleichweise wenig institutionalisiert und schwer kontrollierbar. 11 Vgl. dazu Duchhardt, Protestantisches Kaisertum; Roeck, Reichssystem und Reichsherkommen; Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts; Burgdorf, Reichskonstitution.
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fessioneller Hinsicht. Darüber hinaus wurde verschiedentlich nach den Formen gefragt, in denen das Reich und seine Glieder visualisiert wurden, ohne dass die meist auf einzelne Mediengattungen bezogenen Analysen jedoch synthetisierend zusammengeführt worden wären.12 Stärker untersucht wurden die medialen Strategien einzelner Kaiser, allen voran Kaiser Maximilians I., wobei das Ausmaß und die ‚Planmäßigkeit‘, mit der dieser den Druck für seine Herrschaftsinszenierung nutzte, nicht selten einfach auf seine Nachfolger übertragen wurden.13 Jedoch verlief die Mediengeschichte der Herrschaft nicht nach dem Muster einer kontinuierlich wachsenden Instrumentalisierung der Drucks durch frühneuzeitliche Herrschaftsträger. Die Untersuchung der publizistisch-diskursiven Dimension des Reiches sollte sich ohnehin nicht auf die Frage beschränken, welche Imaginationsformen von Kaisertum und Reich sich in den „neuen Medien“ der Frühen Neuzeit finden lassen und welcher Quellenwert diesen für die Verfassungsgeschichte des Heiligen Römischen Reiches zukommt; vielmehr ist zu fragen, welche Bedeutung die Existenz dieser Medien mit ihren eigenen verbalen und visuellen Ausdrucksformen für die Art und Weise besaß, in der sich die Zeitgenossen jenseits schmaler sozialer Gruppen wie die Reichspublizisten das Reich als einen Herrschaftsverband vorstellten, der andere Räume der Selbstverortung wie die Gemeinde, das Amt oder das Territorium überwölbte. Daran schlösse sich die Frage nach der Bedeutung solcher Reichsimaginationen für das konkrete Handeln der politischen Akteure an. Dies ist im Rahmen dieser deutlich breiter angelegten Arbeit nicht zu leisten; sie konzentriert sich vielmehr auf die spezifischen Funktionen, welche die zeitnah publizierten Druckmedien im Rahmen des Kaiserauftritts als ein Medienereignis übernahmen, das selbst wiederum aus mehreren Medienereignissen bestehen konnte. Die Medialisierung von politischen Aufführungen während der kaiserlichen Präsenz im Reich ist bislang nur punktuell für bestimmte Ereignisse und zudem eher kursorisch untersucht worden.14 Friedrich Hermann Schubert 12 Dazu Hoffmann, Darstellungen des Kurfürstenkollegiums; Roeck, Titelkupfer reichspublizistischer Werke; Müller, Bilder des Reiches (hier besonders die Beiträge von Lindgren, Kohler, Müller); Müller, Reich im Bild. 13 Müller, Literatur und Hofgesellschaft (und zahlreiche spätere Arbeiten); Niederhäuser / Sennhauser, Kaiser Maximilian I.; Hilger, Anmerkungen; Schumann, Kaiserbild und Medienstrategien. Hier wird für Leopold I. zutreffend die begrenzte Instrumentalisierung der Druckmedien herausgearbeitet. 14 Selbst für die publizistisch verwerteten Krönungen Karls V. 1520 und 1530 fehlen systematische Untersuchungen. So schon Bosbach, Selbstauffassung, S. 83; außerdem Spike, L’incisione del corteo trionfale; Righi, Carlo V; Schimmelpfennig, Two Coronations; neuerdings Matsche, Frühneuzeitliche Kaiserkrönungen.
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machte einschlägige Druckwerke zur Grundlage seiner Darstellung über den Reichstag in der frühneuzeitlichen Staatslehre.15 Rosemarie Aulinger stellte eine Vielzahl der im Kontext von Reichstagen publizierten Drucke zusammen und untersuchte diese im Hinblick auf ihren Quellenwert für das „Bild des Reichstags“.16 Für die Wahlen und Krönungen des 17. Jahrhunderts kann die Arbeit von Bernd Herbert Wanger genannt werden, welcher jedoch vor allem den ‚Wahrheitsgehalt’ solcher Drucke im Hinblick auf die hier dargestellten Ereignisse bewertet.17 Zwar kann auf diesen Studien aufgebaut werden, jedoch basieren auch sie auf der bereits kritisierten Vorannahme einer propagandistischen Funktion des Drucks.18 Außerdem blenden sie mediengeschichtliche Ansätze aus und gehen weder auf Produktionsprozesse, noch auf die dem Druck möglicherweise eigenen Performanzleistungen ein. Die Medien werden nicht in textuellen und ikonographischen Darstellungstraditionen verortet, obwohl gerade dieser Sachverhalt Rückschlüsse auf ihre Wirkmächtigkeit zuließe. Die folgende Darstellung umreist in einem ersten Unterkapitel zunächst die Medienproduzenten, Produktionsanlässe und die Produktionsbedingungen. Als Aufführungsbedingungen eines sich entwickelnden Systems der „typographischen Medien“ (Michael Giesecke) unterschieden sich diese in vielerlei Hinsicht fundamental von den Aufführungsbedingungen, welche für die Ereignisse selbst gegolten hatten.19 Die beiden folgenden Unterkapitel widmen sich in exemplarischer Form den spezifischen Ordnungs- und Sinnstiftungsleistungen der überlieferten Text- und Bildmedien. Besonders wird dabei gefragt, in wie weit die Druckmedien als funktionale Äquivalente für die Ereignisse dienen sollten, in welchen Formen in ihnen das Wissen über politische Aufführungen organisiert wurde und zu welchen Wechselwirkungen es zwischen den Medien oder 15 Schubert, Reichstage. 16 Aulinger, Bild des Reichstags. Außerdem werden in den folgenden Arbeiten einige der im Zusammenhang mit kaiserlichen Einzügen erschienenen Druckwerke vorgestellt. Vocelka, politische Propaganda, S. 131–140; Altfahrt, Propaganda, Tl. 1, S. 284–289. 17 Wanger, Kaiserwahl, S. 171–226. 18 Neuerdings noch bei Wohlfeil, Grafische Bildnisse. Zum Begriff der Propaganda als „unidirektionale, beeinflussende Kommunikation, für die wahrheitsgemäße Information untergeordnet oder bewusst ausgeklammert wird“. Schanze, Metzler Lexikon Medientheorie, S. 712. 19 Nach Stuart Hall konturierten die sozialen, ökonomischen, politischen und kulturellen Entstehungsbedingungen die „meaning structures“ der Medien, indem sie sowohl den Prozess der Kodierung von Informationen durch die Produzenten wie auch den der Dekodierung medialer Botschaften durch die Rezipienten determinierten. Hall unterscheidet Bezugsfelder des Wissens, Produktionsbeziehungen und technische Infrastruktur. Hall, Encoding – Decoding, hier S. 129f.
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Mediengattungen kam. Der vierte Abschnitt beschäftigt sich mit den Rezeptionsformen sowie mit der Reichweite dieser Druckmedien. Zwar erweist sich die Frage nach Rezeptionsformen und Medienwirkungen für die Epoche der Frühen Neuzeit als methodisch und quellentechnisch ausgesprochen schwierig, dennoch kann sie im Hinblick auf die potentiellen Wirkungen der Medien nicht ausgeklammert werden.20 Die Grundlage bildet ein umfangreiches Quellenkorpus an Printmedien, das nach einer systematischen Recherche in den Bestandskatalogen der für Drucke des 16. und 17. Jahrhunderts besonders wichtigen Sammlungen zusammengestellt wurde.21 Eine Reihe von einschlägigen Publikationen konnte durch die Auswertung wichtiger Druckverzeichnisse, bedeutender Einblattdruckeditionen und Ausstellungskataloge gefunden werden.22 Hinzu kommen die in den Archiven überlieferten Druckwerke, die teilweise in die handschriftliche Überlieferung eingeordnet wurden und somit dokumentieren, wie gedruckte Schilderungen solche handschriftlicher Natur unterwanderten und dabei selbst ‚institutionalisiert‘ wurden.23 Auf diese Weise dürfte zwar der größte Teil der überlieferten Publizistik in die Analyse einbezogen worden sein, aber keineswegs alle überlieferten Drucke, die wiederum nur einen prozentual kaum abschätzbaren Teil der tatsächlich publizierten Werke ausmachen.24 Deshalb geben vor allem quantitative Aussagen immer nur Tendenzen wieder, die gleichwohl einen Eindruck über das Medienaufkommen, die Bedeutung spezifischer Medien und deren inhaltliche Schwerpunkte vermitteln. Nicht nur die Ereignisse selbst wiesen eine ephemere Qualität auf, sondern auch die mit ihnen verbundenen Medienereignisse, weshalb sich auch diese nur partiell rekonstruieren lassen. 20 Die Medienrezeptionsanalyse ist selbst für die Gegenwart trotz deutlich besserer Quellenlage im Hinblick auf die vorhandenen Analyseverfahren wie auch die Bewertung der Analyseergebnisse problematisch. Vgl. dazu allgemein mit weiterführender Literatur Schneider, Rezeptionsforschung. 21 ÖNB Wien, GNM Nürnberg, HAB Wolfenbüttel, SSB und Graphische Sammlung Augsburg, BSB München, SLUB und Kupferstichkabinett Dresden, HAAB Weimar. 22 Ausgewertet wurden primär: VD16, VD17; MI; Hollstein, German Engravings; Geisberg, Single-Leaf Woodcut 1500–1550; Strauss, Single-Leaf Woodcut 1550–1600; Alexander / Strauss, Single-Leaf Woodcut 1600–1700; Harms, Deutsche Illustrierte Einblattdrucke, darüber hinaus thematisch einschlägige Ausstellungskataloge. 23 Printmedien fanden sich in der Aktenüberlieferung zu den Ereignissen oder in Quellenkorpora wie den „Neuen Zeitungen“, Plänen und Karten sowie Bildsammlungen. 24 In graphischen Sammlungen sind relevante Quellen meist nur dann zu finden, wenn der Name des Künstlers bekannt ist, da sie nach Künstlern geordnet und oft nicht thematisch verschlagwortet sind. Künstlernamen sind jedoch meist nicht überliefert.
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Der Kaiserauftritt als Medienereignis
Die Analyse beschränkt sich auf jene Printmedien, die nachweislich aus Anlass der hier betrachteten Ereignisse produziert worden sind und sich inhaltlich eindeutig auf diese beziehen. Der zeitgleiche Vertrieb einer Vielzahl weiterer Druckwerke, die sich allgemein mit dem Reich und seinen Institutionen, seinen rechtlichen Grundlagen oder seinen führenden Repräsentanten beschäftigten, belegt, dass während eines Kaisereinzugs das gesellschaftliche Interesse an der Existenz des Reiches und den Formen seiner symbolischen Repräsentation deutlich stieg.25 Diese Drucke können jedoch aufgrund der ohnehin schon großen Quellenmenge an dieser Stelle nicht einbezogen werden. Indirekt können darüber hinaus auch all jene Werke zum Medienereignis eines Kaiserauftritts im Reich gerechnet werden, die dem Kaiser aus diesem Anlass von ihren Autoren gewidmet worden waren. Auch diese werden hier nicht berücksichtigt. Dennoch belegt der Vertrieb all dieser Publikationen, dass die körperliche Präsenz des Kaisers im Reich eine verstärkte mediale Präsenz von Kaisertum und Reich bewirkte, und zwar nicht nur in jenen Territorien und Reichsstädten, in welchen er sich gerade aufhielt.
1. Medienproduzenten und Produktionsbedingungen Im Untersuchungszeitraum hatte sich der Buchdruck mit beweglichen Lettern als Kommunikationstechnologie im Heiligen Römischen Reich und darüber hinaus in Europa etabliert.26 In allen Städten, die im Zusammenhang mit einem Kaisereinzug in dieser Arbeit bislang thematisiert worden sind, befand sich mindestens eine Druckerei, meist existierten sogar mehrere. Dabei konzentrierte sich das Druckgewerbe insgesamt und besonders die großen Offizinen mit mehreren Arbeitskräften und einem besonders hohen Ausstoß an Druckwerken 25 Anlässlich von Kaisereinzügen wurden verstärkt bildliche Darstellungen von Kaisern und Kurfürsten, Wappenbücher, die Goldene Bulle, Werke der Reichsgeschichte oder Dynastiegeschichten der Habsburger, Emblembücher oder Reichskarten zum Kauf angeboten. Vgl. Brentel, Wappenbuech, wobei dieser Autor behauptete, dass er in seinem Wappenbuch vor allem die Wappen derjenigen verzeichnet habe, die auf dem Reichstag 1582 in Augsburg persönlich erschienen seien; Westhov, Emblematum Liber. Willich Westhov (Tab. 9.4) veröffentlichte diese Kaiser Matthias gewidmete Zusammenstellung von Emblemen während des Regensburger Reichstages von 1613. 26 Zur Entwicklung von Buchdruck und Buchmarkt allgemein Kapp / Goldfriedrich, Geschichte des Deutschen Buchhandels; Widmann, Geschichte des Buchhandels; Wittmann, Geschichte des deutschen Buchhandels; Eisenstein, Druckerpresse; Giesecke, Buchdruck in der frühen Neuzeit; Wilke, Grundzüge; North, Kommunikationsrevolutionen; Koschatzky, Kunst der Graphik.
Medienproduktion und Produktionsbedingungen
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auf wirtschaftlich bedeutende, große Reichstädte, die ihre Wirtschaftskraft wiederum nicht selten auch dem Aufstieg des Buchdrucks verdankten. Mit Augsburg, Nürnberg und Frankfurt am Main gehörten drei Städte, die im Vordergrund dieser Arbeit stehen, zu den wichtigsten Druckzentren des Alten Reiches. Es überrascht deshalb kaum, dass reichlich ein Drittel der erfassten Werke diese Provenienz aufweisen (Tab. 9.2).27 In Frankfurt am Main, woher ein Sechstel der lokalisierbaren Drucke stammt, hatte sich ein nennenswertes Druckgewerbe erst nach 1530 entwickelt.28 Durch die Buchmesse nahm dieses einen rasanten Aufstieg, wobei Frankfurt bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts sogar als Haupthandelsplatz für Bücher diente, ehe Leipzig als protestantische Konkurrenz diese Vorrangstellung übernahm. Die hohe Zahl der Drucke resultiert jedoch allein aus den hier vollzogenen Herrschererhebungen von 1562 und 1612, auf die sich sämtliche Drucke beziehen. Bei den mit zusammen 20 Prozent aller Drucke ebenfalls stark vertretenen Reichsstädten Augsburg und Nürnberg ist dies hingegen nicht der Fall.29 Während sich jedoch immer noch 54,4 Prozent aller Augsburger Drucke auf Ereignisse in Augsburg beziehen, gilt dies nur für 27,3 Prozent der Nürnberger Drucke. Dieser Sachverhalt spiegelt die Führungsrolle der Stadt Nürnberg als Umschlagplatz überregionaler Nachrichten mit einer „fabrikmäßigen“ Organisation von Medien wider, die allerdings bereits im Sinken begriffen war.30
27 Vgl. die Aufstellung bei Schilling, Bildpublizistik, S. 170f.; oder Strauss, Single-Leaf Woodcut 1550–1600, S. 6. Keine Provenienzangaben finden sich bei Raubdrucken, vor welchen kaiserliche Druckprivilegien schützen sollten. Im vorliegenden Kontext finden sich diese allerdings nur bei umfangreichen Druckwerken. Dabei druckten nur wenige Druckerverleger das Privileg ab, wie dies eigentlich vorgeschrieben war. Meist findet sich nur die Formel „Cum Gratia & Privilegio S. Caes. Mai.“ oder „Cum Privilegio“. Abdruck eines Privilegs bei Fleischmann, Kurtze und aigentliche Beschreibung, o.S. 28 Vgl. dazu Dietz, Frankfurter Handelsgeschichte, Bd. 3, S. 1–178; Widmann, Geschichte des Buchhandels, S. 85. Vor allem die Konkurrenz unter einheimischen Druckern bzw. unter einheimischen und fremden Druckern und die daraus resultierenden Konflikte veranlassten den Rat 1573 zum Erlass der ersten Buchdruckerordnung, die auch versuchte, dem Problem des illegalen Nachdruckes beizukommen. 29 Zu Augsburg siehe Zapf, Augsburgs Buchdruckergeschichte; Künast, Buchdruck; Gier / Janota, Augsburger Buchdruck. Zu Nürnberg, wo bereits für 1558 12 Buchdrucker, 10 Buchführer, 4 Formschneider und 20 Briefmaler nachweisbar sind, vgl. Diefenbacher / Fischer-Pache, Nürnberger Buchgewerbe, hier S. 587; desweiteren Sporhan-Krempel, Nürnberg als Nachrichtenzentrum. 1618 waren es allerdings nur noch 6 Buchdrucker, 6 Buchführer, 9 Formschneider und 18 Briefmaler, was auf eine Krise des Gewerbes hindeutet. Diefenbacher / Fischer-Pache, Nürnberger Buchgewerbe, 625f. 30 Kapp / Goldfriedrich, Geschichte des Deutschen Buchhandels, Bd. 1, S. 138.
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Während Wahlen und Krönungen überregionale Medienereignisse verkörperten, beschränkten sich die identifizierbaren Druckorte bei der Publizistik im Kontext von Reichstagseinzügen, Durchzügen und Herrscherbesuchen fast ausschließlich auf den jeweiligen Ort des Geschehens.31 Dies erklärt auch den vergleichsweise hohen Anteil der in Regensburg erschienenen Drucke, obwohl diese Reichsstadt nicht zu den Zentren des Buchgewerbes zählte. Sie erlebte jedoch im Untersuchungszeitraum fünf Kaisereinzüge, davon drei im Kontext von Reichstagen, bei denen sowohl die hohe Zahl der anwesenden Fremden, als auch die politische Bedeutung und der von den Akteuren betriebene repräsentative Aufwand besonders gute Absatzchancen für solche Druckwerke versprachen.32 Vier der fünf in Dresden erschienenen Drucke beziehen sich auf den dortigen Kaiserbesuch von 1617, nur einer widmet sich dem Augsburger Reichstag von 1582.33 Universitätsstädte wie Wittenberg, Helmstedt, Ingolstadt oder Altdorf fungierten fast ausschließlich bei poetischem Herrscherlob als Druckorte, da dessen Autoren oft an einer Universität lehrten und ihre Werke in diesem Fall auch am Heimatort drucken ließen.34 Diese Provenienz der Drucke ist deshalb von hoher Bedeutung, weil ein zentrales Ergebnis der Analyse von Medienproduzenten und Medienaufkommen darin besteht, dass die überwiegende Mehrzahl an Druckwerken, die herangezogen wurden, offenbar durch Drucker und Verleger selbst und nicht durch die städtischen Räte, Fürstenhöfe und Kaiserhof initiiert worden waren. Dass diese Akteure als Auftraggeber auftraten, lässt sich nur in ganz wenigen Fällen nachweisen.35 In nennenswertem Umfang ist dies nur für den Nürnberger Rat belegbar.36 Wenn aber die Medienproduktion zu den hier betrachteten 31 Von den Drucken zu den Kaisereinzügen in Nürnberg und Dresden erschienen nur die beiden Einzugsbeschreibungen zu Nürnberg 1612 von Lascarinus im nahegelegenen Amberg sowie zwei der zum Kaisereinzug in Dresden 1617 verfassten Panegyriken in Leipzig: Kleppis, Proteus Poeticus; Seusse, Plausus adventorius, der zweite Druck sogar in Dresden und Leipzig. 32 Zu Regensburg Schottenloher, Regensburger Buchgewerbe. 33 Warhafftige beschreibunge (1582). 34 Zum Beispiel veröffentlichte Johannes Major sein Gelegenheitsgedicht zum Einzug Maximilians II. in Dresden 1564 an seinem Wirkungsort Wittenberg. Major, Carmen. 35 Dies gilt auch in den Fällen, für die sich Zahlungen nachweisen lassen. Denn zu einer finanziellen Gegenleistung kam es häufig auch bei Werken, welche die Medienproduzenten aus eigener Initiative angeboten hatten. 36 Von den Nürnberger Drucken, die sich auf Kaisereinzüge in Nürnberg beziehen, sind mindestens drei im Auftrag des Nürnberger Rates entstanden, während dies für eine Reihe weiterer denkbar erscheint, da sie der Stadt und besonders dem Rat als politischer Führungsschicht im- oder explizit huldigen. Im Auftrag erschienen Höpfinger, Aigent-
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Ereignissen kaum obrigkeitlich gesteuert war, müssen es andere Mechanismen gewesen sein, die über Publikationsformen, Publikationsmengen und Publikationsinhalte bestimmten. Tatsächlich versuchten die Medienproduzenten auf einen von ihnen wahrgenommenen gesellschaftlichen Bedarf zu reagieren oder diesen für die von ihnen angebotenen Informationen sogar erst zu schaffen. So argumentiert eine Flugschrift zum Kaisereinzug von 1594 in Regensburg, dass „schier Jedermann etwa news will hörn / von geschichten und auch newe mehrn“.37 Über den Absatz bekamen die Produzenten Rückmeldungen über die Nachfrage, die wiederum durch das Käuferinteresse an den angebotenen Medien und den dafür verlangten Preis bedingt wurde. Dass die Medienproduktion insgesamt auf möglichst hohe Abnehmerzahlen und damit verbunden auf einen hohen Profit zielte, zeigt die Tatsache, dass mit wenigen Ausnahmen vor allem preiswerte Einblattdrucke und Flugschriften gedruckt wurden. Im Format einer Flugschrift, die im Gegensatz zum Einblattdruck fast immer ohne Illustrationen auskam, wurden zum Beispiel „Neue Zeitungen“, Predigten oder Casualcarmina veröffentlicht.38 Druckwerke in Buchform erschienen mit Ausnahme ausführlicher Wahl- und Krönungsbeschreibungen oder Reichstagsbeschreibungen eher selten, da die meisten Darstellungen nur einen geringen Umfang aufwiesen, der eine Bindung und einen Bucheinband überflüssig erscheinen ließ.39 Die illustrierten Einblattdrucke mit Darstellungen von Zugfolgen, ephemerer Architektur oder auch Investiturakten bestanden aus einem einseitig bedruckten Bogen Papier, der bereits die typische Dreiteilung in einen Blattkopf mit optisch hervorgehobenem Titel, einen Holzschnitt oder später auch einen Kupferstich und den darunter befindlichen ein- bis vierspaltigen Text aufwies.40 Ihre Größe von einem halben bis zu einem
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liche Appildung; Valckenburg, Aufriß und Grundriß einer Ehrenpforte; Valckenburg, Perspicua Ichnographia Porta Triumphalis. Kurtze Beschreibung des Einritts (1594), o.S. Vgl. auch im Folgenden Kap. V.4. Als Flugschriften werden meist mehrblättrige Druckwerke ohne Bindung und Einband bezeichnet. Vgl. Köhler, Flugschriften, welcher allerdings auch das Ziel der Meinungslenkung als Merkmal definiert; sowie Schwitalla, Flugschrift, mit weiterführender Literatur. Die Titelblätter zeigten als Eyecatcher mitunter kleinformatige Holzschnitte des Reichsadlers in Kombination mit Mitrakrone und Goldenem Vlies, so dass der inhaltliche Bezug auf Reich und Kaisertum sofort zu erkennen war (Abb. 40, 43, 44). Umfangreichere Hofstaatsverzeichnisse waren mitunter gebunden, besaßen aber nicht unbedingt einen Bucheinband. Die heute übliche Angabe einer Mindestseitenzahl für Bücher ist für die Frühe Neuzeit nicht sinnvoll. Der Begriff „Buchlin“ oder „Büchlein“ wurde hier für beide Medienarten benutzt. Ausführlich Schilling, Bildpublizistik, S. 53–90; Oelke, Konfessionsbildung, S. 97–102.
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ganzen Druckbogen lag deutlich über dem Quart- oder Oktavformat von Flugschriften. Die für die statistische Analyse erfassten 280 Drucke stammen von etwas mehr als 60 Offizinen (Tab. 9.3). Mit der Weiterentwicklung des Produktionsprozesses im 16. Jahrhundert ging zwar eine Professionalisierung und Spezialisierung des Gewerbes einher, in deren Folge sich einzelne Geschäftsfelder wie Druck, Verlag und Buchhandel ausdifferenzierten, jedoch gilt dies nur für große Offizinen mit hohem Produktionsaufkommen.41 Bei kleineren Offizinen, die im vorliegenden Kontext nur ein- oder zweimal auftauchten, lagen die unterschiedlichen Tätigkeiten oft in einer Hand, weshalb man hier auch von Druckerverlegern spricht.42 Insgesamt 25 Offizinen, die fast alle aus Druckzentren des Reiches stammten, brachten drei oder mehr Publikationen auf den Markt. Einige dieser Unternehmen fungierten als Hof- oder Ratsbuchdrucker oder hatten zumindest einen ähnlichen Status inne.43 Für die Mehrzahl der Produzenten trifft dies jedoch nicht zu. So war der Frankfurter Verleger Sigismund Latomus, welcher die Furierzettel zum Wahltag von 1612 veröffentlichte, durch die Herausgabe von Messrelationen bekannt; der Nürnberger Abraham Wagenmann, der Casualcarmina und Predigten zum selben Ereignis verlegte, trat ansonsten vor allem mit Musikdrucken in Erscheinung.44 Da die Medienproduzenten ihre Produkte vorfinanzieren mussten, konnten sich nur finanzstarke oder im Hinblick auf Kapitalgeber gut vernetzte Akteure die Produktion teurer Druckwerke leisten. Durch kurz- oder langfristige Produktionsgemeinschaften ließ sich das unternehmerische Risiko wenigstens auf mehrere Schultern verteilen. So handelt es sich bei den Sigismund Feyerabend und Georg Rab zugeordneten Frankfurter Drucken zum Teil um Ge41 Vgl. ausführlich Giesecke, Buchdruck, S. 86–123. 42 19 Offizinen waren mit jeweils 2 Drucken vertreten. 43 Dies gilt für Gimel Bergen d.J. in Dresden, Caspar Stainhofer in Wien oder auch Johann Bringer in Frankfurt am Main. Zu Bergen siehe Benzing, Buchdrucker, S. 89; zu Stainhofer ebd., S. 487 und Kapp / Goldfriedrich, Geschichte des Deutschen Buchhandels, Bd. 1, S. 164, wo Stainhofer als „tüchtiger Geschäftsmann, aber desto armseligerer Verleger ... geistlose[r] Gelegenheitsschriften“ charakterisiert wird. Zu Bringer Benzing, Buchdrucker, S. 131. 44 Siehe dazu Benzing, Buchdrucker, S. 130, 363. Wagenmann druckte in seiner großen Offizin allerdings auch Amtsdrucksachen. Diefenbacher / Fischer-Pache, Nürnberger Buchgewerbe, S. 492. Wie bei diesen beiden ist auch bei anderen Offizinen eine Spezialisierung auf bestimmte Textgattungen festzustellen. So produzierten die Wiener Druckerverleger Michael Zimmermann und Raphael Hoffhalter im Zusammenhang mit Kaisereinzügen ausschließlich lateinische Casualcarmina, die vor allem aus der Feder von Wiener Universitätsprofessoren stammten.
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meinschaftsproduktionen aus der Zeit der so genannten „Cumpanei“, einem Verlagskonsortium, das sowohl für seinen mengenmäßigen Ausstoß als auch für die hohe Qualität seiner Druckwerke bekannt war.45 Auch die umfangreichste Beschreibung der Wahl und Krönung von 1612, die so genannte „Wahl- und Crönungshandlung“, basierte auf der Zusammenarbeit der Frankfurter Verleger Johann Bringer und Heinrich Kröner. 46 Besonders kostenintensiv war die Produktion von graphischen Folgen, die sich fast ausschließlich im Zusammenhang mit Herrschererhebungen finden lässt, da die besondere Dignität dieses Ereignisses offenbar genügend Käufer mobilisierte. Sie setzte die professionelle Zusammenarbeit von Zeichnern, Formschneidern und Illuminatoren voraus – eine Rahmenbedingung, die im Untersuchungszeitraum besonders in den Reichsstädten Nürnberg und Augsburg gegeben war. Aus diesen beiden Städten kamen außerdem nicht nur die meisten, sondern auch die hochwertigsten Einblattdrucke mit Holzschnitten. Mit der Etablierung von Kupferstich und Radierung als seit dem 17. Jahrhundert bei Massenmedien primär genutzten Techniken ging jedoch die Führungsrolle dieser beiden Städte an Frankfurt über, wo sich bedeutende Druckerverleger aus Flandern niedergelassen hatten, die das technische Wissen für die massenhafte Anfertigung von Kupferstichen und Radierungen besaßen. Hier sind besonders die verwandtschaftlich verbundenen Verlegerfamilien de Bry und Merian zu nennen, die das Geschäft mit illustrierter Wahl- und Krönungspublizistik nach 1612 dominierten, da sie über Druckkapazitäten, Produktionskapital und entsprechende Vertriebsnetze verfügten.47 Das Hauptaufkommen an Printmedien verzeichneten aufgrund ihrer politischen Bedeutung und der hohen Anzahl der vor Ort anwesenden Personen die Wahl- und Krönungstage. Dabei konzentrierte sich die Publizistik stark auf die Darstellung zeremonieller und ritueller Abläufe, denn das Ergebnis von 45 Schmidt, Bücher, S. 35; Dietz, Frankfurter Handelsgeschichte, Bd. 3, S. 25. Feyerabend arbeitete zu Beginn seiner Laufbahn als Formschneider, während er sich erst später auf Druck und Verlag konzentrierte. Vgl. dazu Meyer, Verlag Sigmund Feyerabend‘s; Pallmann, Sigmund Feyerabend. 46 Wahl- und Crönungshandlung, Das ist: Kurtze und warhafftige Beschreibung (1612). Selbst der bedeutende Leipziger Verleger Henning Grosse d.Ä. arbeitete bei der Veröffentlichung von Abraham Hossmanns Beschreibung der Einzüge des Königs Matthias in erbländische Städte mit Michael Lantzenberger zusammen. Hossmann, Pompa regii ingressus. Zu Große siehe Kapp / Goldfriedrich, Geschichte, Bd. 1, S. 158f. 47 De Bry spielte bereits 1612 eine Rolle. Dazu allgemein Wütherich, Matthäus Merian d.Ä. Auch die Vorfahren des Kölner Verlegers und Kupferstechers Abraham Hogenberg, der bei den Herrschererhebungen von 1612 und 1619 Kupferstiche herausbrachte, kamen aus Flandern. Vgl. für 1612 etwa Eigentliche Contrafactur (1612).
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Wahl- und Krönungsakten ließ sich in einem Satz zusammenfassen: Der neue Herrscher ist in sein Amt eingesetzt. Dies galt vor allem für die Wahlen von 1562 und 1575, bei denen der Wahlausgang unstrittig gewesen war.48 Die große überregionale Bedeutung der Herrschererhebung führte dazu, dass Wahl- und Krönungspublizistik nicht nur am Ort des Geschehens, sondern auch an anderen Produktionsstandorten erschien. Hier ist zum Beispiel die Reichsstadt Köln mit selbstständigen Zeitungsberichten und ausführlichen Wahl- und Krönungsbeschreibungen sowie Nachdrucken in Frankfurt erschienener Werke zu nennen.49 In Leipzig druckte man ausschließlich andernorts erschienene Drucke nach.50 Dass die Wahltage nicht nur Medienereignisse auf Reichs-, sondern vielmehr auf europäischer Ebene waren, zeigt die Tatsache, dass gedruckte Berichte außerhalb des Reiches erschienen.51 Der Vergleich zwischen den Herrschererhebungen von 1562, 1575 und 1612 zeigt, in welch unterschiedlichem Ausmaß diese zum Gegenstand der Publizistik und damit zu einem Medienereignis wurden (Tab. 9.1). Dabei fand die Wahl und Krönung Maximilians II. 1562 einen deutlich stärkeren Niederschlag in den Printmedien als jene Ferdinands I. 1531. Die breit in den Medien rezipierte Herrschererhebung Karls V. 1519/20 kann nur bedingt zum Vergleich herangezogen werden, hatte dieser Monarch seine Herrschaft doch sofort angetreten und in seiner Funktion als König von Spanien schon zuvor eine deutlich prominentere Rolle als der böhmische König Maximilian gespielt.52 Anlässlich der Wahl und Krönung von 1562 erschienen gleich mehrere Hofstaatsverzeich-
48 Bei der Wahl von 1612 wurden dagegen auch die Chancen, Vor- und Nachteile der verschiedenen Kandidaten in der politischen Publizistik erörtert, so in der mehrfach aufgelegten Flugschrift Discurs oder Politische Erzehlung (1612). Insgesamt wurden mindestens acht politische Pamphlete gedruckt. 49 Acta et gesta (1563); Kurtze Beschreibung Welcher massen ... Matthias (1612). 50 Wahl und Krönungshandlung, Das ist: Kurtze und warhafftige Beschreibung (1612). 51 A brief rehersal & discription (1565); Newes from Francfort (1612); Discours sur ce qui s’est passe a Francfort sur le Mayn (1612); Canini, Sommaria historia della elettione. Da außerhalb des Reiches erschienene Drucke nicht systematisch recherchiert wurden, weil der Fokus auf dem Reich als Aktionsraum liegt, lassen sich keine präzisen Angaben zu ihrer Menge und möglichen formalen wie inhaltlichen Besonderheiten machen. 52 Vgl. dazu Schubert, Reichstage, S. 208f., sowie die Bibliographie bei Fromm, Zeitgenössische Berichte. Auch die Kaiserkrönung von 1530 in Bologna kann nicht zum Vergleich herangezogen werden, kennzeichnete diesen durch den Papst auf italienischem Boden vorgenommenen Erhebungsakt doch eine viel stärker international ausgerichtete Dimension als die Krönungen im Reich, was sich auch im Aufkommen an Publizistik zeigte.
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nisse, „Neue Zeitungen“ und Casualcarmina.53 Maßgeblich für diese Entwicklung dürfte die Verlagerung des Krönungsaktes von Aachen nach Frankfurt am Main gewesen sein, wodurch die kurzfristige Entscheidung von Kaiser und Kurfürsten, nicht nach Aachen zu ziehen, die Medialisierung dieses Ereignisses entscheidend förderte, auch wenn diese Entwicklung keineswegs intendiert gewesen war. Wie zentral der Handlungsort für die Ausbildung eines Medienereignisses war, zeigt die nächste Herrschererhebung von 1575 in Regensburg: Wäre nicht die ursprüngliche Existenz einer gedruckten Beschreibung und einer graphischen Folge über die Wahl und Krönung Rudolfs II. überliefert, müsste man konstatieren, dass dieses Ereignis in den Printmedien gar nicht stattgefunden hat.54 Diese Reichsstadt war kein Zentrum des Buchdrucks und sie diente lediglich als Ausweichquartier. Außerdem erfreute sich der neue König einer geringeren Beliebtheit als sein Vater Maximilian II., weshalb die Medienproduzenten möglicherweise nicht mit einem großen Käuferinteresse rechneten, zumal auch die Zahl der vor Ort Anwesenden geringer war als 1562. Ex negativo kann der Investiturakt von 1575 als deutlicher Beleg für die mangelhafte ‚Öffentlichkeitsarbeit‘ des Kaiserhauses in dieser Phase gesehen werden, denn wenn von dieser Seite tatsächlich ein massives Interesse an der medialen Repräsentation dieses Ereignisses bestanden hätte, wären auch Mittel und Wege für deren Umsetzung gefunden worden. Die größte Zahl und auch Vielfalt an Druckmedien finden sich für die Wahl und Krönung Matthias’ 1612 (Tab. 9.1), die ein Medienereignis par excellence darstellte. Das keineswegs abgeschlossene VD 17 verzeichnet bislang 84 Drucke als Gelegenheitsschriften zu diesem Ereignis, darunter Hofstaatsverzeichnisse, Furierlisten, Wahl- und Krönungsbeschreibungen, Neue Zeitungen, illustrierte Einblattdrucke, graphische Folgen, Predigten oder Casualcarmina.55 Der Anstieg der Publikationen zwischen 1562 und 1612 wird noch deutlicher, wenn man berücksichtigt, dass sich allein zehn der für 1562 überlieferten Flugschriften sowie ein Einblattdruck der Ankunft der türkischen Gesandtschaft widmen, 53 Zum Beispiel: Frankfurter ankunfft (1562); Warhafftige Beschreibung vnd verzeichnuß (1562); Verzaychnuß aller Potentaten (1562); Posth, Carmen gratulatorium. 54 Dieser Sachverhalt mag mit dazu beigetragen haben, dass die Wahl und Krönung von 1575 genau jene Investitur eines Römisches Königs in der Frühen Neuzeit ist, für die in historischen Darstellungen nicht nur die wenigsten Informationen, sondern oft sogar falsche Daten zu finden sind. 55 Recherchiert am 15.09.2007. Allerdings werden in diesem Verzeichnis auch nur geringfügig voneinander abweichende Ausgaben desselben Druckes jeweils einzeln aufgenommen. Außerdem sind keineswegs alle Schriften immer zutreffend klassifiziert.
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die mit dem Ereignis der Herrschererhebung im Grunde gar nichts zu tun gehabt hatte, sich aber in diesem Rahmen selbst zum (transnationalen) Medienereignis entwickelte.56 Die starke Zunahme an Publikationen dürfte ganz wesentlich dem Aufstieg Frankfurts zum Druckzentrum des Reiches zwischen 1562 und 1612 zu verdanken sein. Gerade bei der Betrachtung des Medienereignisses von 1612 ist die Faszination der Produzenten spürbar, ein Ereignis sehr schnell mit den inzwischen verfügbaren technischen Mitteln vermarkten zu können, um einen möglichst hohen Profit zu erzielen.57 Gelegentlich vermeint man die Hektik des Produktionsprozesses bei der Betrachtung von Bildern und Texten sogar spüren zu können. So finden sich in der Wahl- und Krönungsbeschreibung des Augsburger Druckerverlegers Wilhelm Peter Zimmermann (Abb. 41. 42) zahlreiche Druckfehler, die Radierungen wirken flüchtig, während die Buchstaben der hier integrierten Texte häufig seitenverkehrt und schlecht lesbar sind. Zimmermann schildert zudem in bemerkenswerter Offenheit in seiner Vorrede die Beweggründe für die schnelle Publikation seiner Wahl- und Krönungsbeschreibung.58 Um einer möglichen Kritik den Wind aus den Segeln zu nehmen, argumentiert er, dass er sich absichtlich beeilt habe, obwohl man derartige Ereignisse durchaus etwas ‚stattlicher‘ wiedergeben sollte: „Dann so ich in die Länge mit vmbgangen / möchee [!] es veraltet / dahero auch nit vil geachtet worden sein. Zum andern / were mir / als einem Mann / so schlechtes Vermögens / auch ein mehrerer / vnd gleichsamb vnträglicher Uncosten darauff gangen. Derowegen ich es auf das fürderlichest / in das Kupffer geradiert / darmit solches desto bälder außkomme / ich auch wider was Gelt darauß treiben / vnd meines auffgewendten Kostens / etwas wider ergötzt werden möchte.“59
56 Vgl. zum Beispiel Türckischer Botschafft Ebrahim Strotschen, gebornen Polecken anbringen (1562). Dazu ausführlich Rudolph, Türkische Gesandtschaften, S. 209. 57 Die Klagen über die Geldgier frühneuzeitlicher Verleger sind Legion. So stöhnte der als Autor von Festbeschreibungen und Casualcarmina in Erscheinung getretene Tübinger Professor Nikodemus Frischlin (1547–1590) über seinen Verleger, dieser krümme sich bei jedem Werk, dass er zum Druck annehmen solle, als ob er Würmer im Bauch hätte. Widmann, Buchhandel, S. 145f. Jedoch wird man auch bei dieser Akteursgruppe mit komplexeren Motivlagen rechnen können, wenngleich diese in der Regel schwer belegbar sind. Vgl. dazu unten Kap. V.2.b. 58 Zimmermann, Abriß unnd Fürbildung. Die Widmung an Kaiser, Kur- und Reichsfürsten stammt vom 03.09.1612, was zeigt, dass das Werk frühestens dreieinhalb Monate nach dem Wahltag erschien. 59 Zimmermann, Abriß unnd Fürbildung, Vorrede.
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Artikuliert wird hier das ökonomische Motiv für die Publikation dieses Werkes, das dieser Druckerverleger vorfinanziert hatte und das sich nun rentieren sollte. Die Medialisierung politischer Aufführungen auf Reichstagen rangierte hinter jenen bei Wahl- und Krönungstagen, denn in diesem Rahmen wurden Medienproduktion und Medienöffentlichkeit partiell von anderen Mechanismen bestimmt.60 Hier versuchten politische Akteure tatsächlich mithilfe des Drucks eine von ihnen als existent angenommene ‚öffentliche Meinung’ zu lenken und damit die politischen Verhandlungen, ob nun offiziell oder inoffiziell, im eigenen Interesse zu steuern, wobei allerdings ökonomische Motive hinzukommen konnten.61 Dennoch erschienen auch bei Reichstagen Flugschriften und Reichstagsbeschreibungen mit Darstellungen von Einzügen, Reichstagseröffnungen, Belehnungen oder anderen Formen der Selbstinszenierung von Kaiser und Reich sowie Casualcarmina.62 Denn die Anwesenheit von Kaiser, Kur- und Reichsfürsten verlieh den politischen Aufführungen die notwendige Prominenz und Pracht, die eine Fixierung im Druck nahe legte, zumal diese Personen und ihr Gefolge eine primäre Zielgruppe solcher Druckwerke darstellten.63 Da der erste Reichstag eines Kaisers besonders gut besucht und meist mit hohem Aufwand inszeniert wurde, übertraf dessen Medienaufkommen das der folgenden Reichstage meist deutlich. Die kaiserlichen Einzüge in Reichsstädte außerhalb von Reichsversammlungen oder in fürstliche Residenzen verursachten ein geringeres mediales Echo. Es waren lediglich die Ersteinzüge des Kaisers in große und wirtschaftlich starke Reichsstädte wie Nürnberg oder Augsburg, die über bloße Erwähnungen im Nachrichtenmedium der „Neuen Zeitungen“ hinaus in illustrierten Einblattdrucken medial aufbereitet wurden. Besonders ragt dabei das Medienaufkommen bei den Kaiserbesuchen der Reichsstadt Nürnberg heraus: Für den Einzug von Kaiser Matthias 1612 sind zum Beispiel drei illustrierte Einblattdrucke, mehrere Einzugsbeschreibungen in deutscher und lateinischer Sprache sowie diverse 60 Bei Reichstagen erschien eine hohe Zahl von Amtsdruckschriften wie Reichstagsausschreiben, Reichstagsordnungen und Reichsabschiede. Reichsabschiede wurden seit 1501 regelmäßig publiziert. Dazu Weber, Bemerkungen; Benzing, Drucke. 61 Vgl. dazu etwa Haug-Moritz, Wolfenbütteler Krieg. 62 Vgl. Fleischmann, Description; ders., Beschreibung. Mameranus, Kurtze vnd eigentliche verzeychnus; Francolin, Vera descriptio; ders., Vera et genvina descriptio; Tirol, Belehnung Augusts von Sachsen; Newe Zeitung, Welcher gestalt Röm. Kai. May. Tochter Isabella (1570); Premer: Germaniae ad divum Maximilianum II. 63 Für den Reichstag von 1597/98 existiert ein Einblattdruck mit der Darstellung einer Reichstagssitzung unter Erzherzog Matthias. Aulinger, Bild des Reichstags, Abb. 20.
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Casualcarmina in lateinischer Sprache überliefert.64 Beim Einzug von Maximilian II. 1570 waren ebenfalls bereits mehrere Drucke erschienen. Während für den Kaiserbesuch in Dresden 1575 überhaupt keine Druckwerke erhalten sind, erschienen im Zusammenhang mit jenem von 1617 mindestens zwei Sammelbände mit Casualcarmina, zwei Einzugsbeschreibungen und eine Beschreibung eines allegorischen Festzugs, wobei diese Drucke weder durch einen Druckerverleger, noch durch den Empfangshof, sondern durch ihre Autoren initiiert worden zu sein scheinen. Wer waren aber die Autoren? 42 Prozent aller Drucke erschienen trotz der geltenden Zensurbestimmungen ohne Verfasserangabe, so dass hier keine definitiven Aussagen möglich sind.65 Bei Anwesenheitsverzeichnissen und Furierlisten setzten die Drucker offenbar oft nur jene handschriftlichen Dokumente, die ihnen von Hofbeamten zur Verfügung gestellt worden waren. Auch „Neue Zeitungen“ wurden fast immer ohne Autorenangabe veröffentlicht.66 Vielfach scheinen Druckerverleger nur die Inhalte anderer Drucke kompiliert oder geschriebene Zeitungen gedruckt zu haben, denn nicht selten sind die Zeitungsinhalte derart ähnlich, dass eine inhaltliche Übernahme naheliegt. Manchen Drucken ist deutlich anzusehen, dass ihre Texte ohne Überarbeitung aus unterschiedlichen Quellen zusammengefügt wurden, um möglichst schnell auf den Markt gebracht werden zu können.67 Auch bei ausführlichen Wahl- und Krönungsbeschreibungen findet sich meist noch keine Autorenangabe. In diesem Fall dürften die Texte von Autoren erstellt worden sein, die im Auftrag des Verlegers gegen ein geringes Honorar oder Freiexemplare arbeiteten, wobei gerade diese Thematik eine gewisse Vertrautheit mit der Verfassung und Geschichte des Reiches voraussetzte.68 64 Darunter Valckenburg, Aufriß und Grundriß einer Ehrenpforte; Piccart, Epos geminum; Marstaller, Gratiarvm Actio. Im Folgenden Amman, Eigentliche und ware Abcontrafactur; Luder, Descriptio ingressus. 65 Davon waren 12 Prozent Anwesenheitsverzeichnisse und Furierlisten, 13 Prozent „Neue Zeitungen“, die übrigen 17 Prozent verteilen sich auf unterschiedliche Medienarten. 66 Dass zwei der fünf Zeitungsberichte zum Kaisereinzug von 1594 einen Autor nennen, ist ausgesprochen unüblich. Dhineus, Kurtzer einfältiger Bericht; Dilbaum, Kaiserlicher Einritt. 67 So z.B. Bericht vom königlichen Wahltag (1612). Hier ist im ersten Teil zunächst die Krönung als geplant beschrieben, wobei im zweiten übergangslos eine Schilderung des Krönungsbankettes folgt. 68 Die sprachliche Spannweite der Texte und ihr unterschiedlicher Informationsgehalt lassen auf eine sehr heterogene Gruppe von Autoren schließen, zu denen professionelle Nachrichtenlieferanten, Geistliche, Lehrer oder Studenten gehört haben dürften. Vgl. dazu Schilling, Bildpublizistik, S. 13–17.
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Bei mehr als der Hälfte der Drucke ist jedoch der Urheber von Bild und Text überliefert. Jene Personen, zu denen sich aussagekräftige Informationen zu Herkunft und Werk finden ließen, können drei sozialen Gruppen zugeordnet werden.69 Die zahlenmäßig kleine Gruppe der Herolde zeichnete bis Ende des 16. Jahrhunderts bei Personenverzeichnissen, Reichstagsbeschreibungen oder Beschreibungen einzelner zeremonieller Akte verantwortlich.70 So stammt das Hofstaatsverzeichnis des Reichstages von 1566 aus der Feder des Reichsherolds Nikolaus Mameranus, der schon die Belehnung Moritz’ von Sachsen auf dem Reichstag von 1548 beschrieben hatte.71 Trotz der Herrschernähe dieser Amtsträger stellten solche Publikationen keine Auftragswerke im eigentlichen Sinn dar. Mameranus hatte große Schwierigkeiten gehabt, die nötigen Informationen für sein Verzeichnis zu beschaffen, weil er eben keinen hochrangigen Auftraggeber für sein Tun vorweisen konnte, weshalb er bei seiner Recherche „allerley widerwertigs’“ erlebt hatte und in lange Rechtfertigungsdispute verwickelt worden war.72 Er hatte erst potentielle Käufer befragt, ob ein solches Werk überhaupt gewünscht werde, ehe er mit der Arbeit begann. Das Ergebnis dieser Vorform einer Marktanalyse hatte den Augsburger Buchführer Georg Willer dazu bewogen, den Druck vorzufinanzieren.73 Die deutlich ausführlicheren Beschreibungen der Reichstage von 1582 und 1594 fertigte der kaiserliche Herold Peter Fleischmann an, womit die Tradition der durch Herolde verfassten Drucke im Rahmen von Kaiserauftritten im Reich allerdings auch schon endete. Fleischmann erwähnte im Vorwort seiner Beschreibung von 1582, dass „vil Ehrliche gute Leut“ ihn um eine Veröffentlichung gebeten hätten.74 Solche Aussagen sollten allerdings primär die Publikation der Werke legitimieren und den Absatz erhöhen, indem sie deren angeblichen 69 Wie bei jeder Klassifizierung ist die Einordnung des einen oder anderen Akteurs mitunter schwierig, zumal die Motive für die Publikation eines Werkes vielfältig sein konnten. 70 Dazu allgemein Melville, Heroldswesen, mit weiterführender Literatur; Holger Kruse, Art. „Herolde“, in: Paravicini / Wettlaufer, Höfe und Residenzen, Bd. 2, S. 311–318. Ältere Anwesenheitsverzeichnisse von Reichstagen zeigen deshalb auf dem Titel auch einen Herold mit Wappenrock und Stab. Uff dem Rychstag (1521). Zu den Herolden als Publizisten vgl. Schottenloher, Kaiserliche Herolde; Schubert, Reichstage, S. 235–237. 71 Mameranus, Kurtzer Bericht. Zu Mameranus vgl. Didier, Nikolaus Mameranus; Schubert, Reichstage, S. 237. 72 Mameranus, Kurtze vnd eigentliche verzeychnus, Vorrede. Am wenigsten kooperativ zeigten sich die bayrischen Hofbeamten, die unvollständige Listen übermittelten, was den Verfasser nicht davon abhielt, sein Werk dem bayrischen Herzog zu widmen. 73 Georg Willer (1515?–1594) verfasste auch den zwei Jahre zuvor erschienenen ersten Messkatalog der Frankfurter Buchmesse. 74 Fleischmann, Description, Vorrede. Vgl. dazu auch Schubert, Reichstage, S. 236.
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Nutzen für die Käufer betonten. Anders als Mameranus konnte Fleischmann nämlich keinen Geldgeber finden und musste seine Beschreibungen auf eigene Kosten drucken lassen.75 Da die Herolde am Kaiserhof angestellt waren, dürfte hier das potentielle Ausmaß obrigkeitlicher Kontrolle am größten gewesen sein, zumal es explizit zu ihren Amtspflichten gehörte, das Ansehen des Monarchen zu mehren. Diese frühe ‚Öffentlichkeitsarbeit‘ von Institutionen ist Ausdruck einer repräsentativen Öffentlichkeit, die jedoch nur in den Köpfen der Herrschaftsträger als Zielvorstellung existierte. Die zweite, zahlenmäßig große Gruppe der Autoren stellen humanistische Gelehrte dar, die Berichte über Herrschereinzüge, Wahlen und Krönungen sowie Causalcarmina publizierten (Tab. 9.4).76 In beiden Textgattungen ließen sich trefflich sowohl die Loyalität zum Herrscher als auch die eigene Gelehrsamkeit zur Schau stellen. Vor allem das Casualcarmen vereinigte alle fünf zu den „studia humanitatis“ gehörenden Disziplinen zu einem organischen Ganzen: Nirgendwo sonst konnte ein Autor seine Vertrautheit mit den alten Sprachen, seine poetischen und rhetorischen Fähigkeiten, seine Kenntnisse in Mythologie, Geschichte sowie Moralphilosophie in derart konzentrierter Form zur Geltung bringen. Durch diese Eigenschaften empfahl man sich für eine Stellung bei Hof oder für andere Formen der Patronage. So gelang es dem 21jährigen Juristen Nikolaus Reusner (1545–1602) auf dem Augsburger Reichstag von 1566, sich mit seinen aus der Masse der wenig inspirierten Gelegenheitslyrik herausragenden Gedichten in geschliffenem Latein die Aufmerksamkeit möglicher Arbeitgeber zu sichern.77 Reusner, der bei dieser Gelegenheit neben dem Kaiser ausschließlich protestantische Fürsten beglückte, wurden danach tatsächlich Positionen am Kaiserhof in Aussicht gestellt.78 75 Das 1594 abgedruckte Druckprivileg erwähnt extra die hohen Kosten von Druck und Papier, die der Autor selbst habe aufbringen müssen. Fleischmann, Description, Druckprivileg. Vgl. zu den Strategien des Autors, die Kosten wieder einzutreiben, auch Kap. V.2.a und V.4. 76 Vgl. dazu ausführlich Kap. V.2.d. 77 Mindestens sechs lateinische Lobgedichte sind überliefert, von denen fünf bei Philipp Ulhart d.Ä. in Augsburg, eines an Reusners späterem Wirkungsort Lauingen bei Emanuel Salzer publiziert wurden. Sie waren Maximilian II., Friedrich III. von der Pfalz und seinem Sohn Johann Casimir, Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken und Joachim III. Friedrich von Brandenburg, August von Sachsen, Johann III. von Schleswig-HolsteinSonderburg, Joachim Ernst von Anhalt und Heinrich von Liegnitz gewidmet. Vgl. etwa Reusner, Germania ad divum Maximilianum Austriacum II.; ders., Elegia nobilitatis. 78 Reusner zog ein Lehramt am Gymnasium zu Lauingen vor. Art. Reusner, Nikolaus v., in: ADB, Bd. 28, S. 299–303. Dies gilt auch für den erst 20jährigen Johann Markus Aldringen (Tab. 9.4), der Kaiser Matthias 1612 in 13 Lobgedichten rühmte.
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Eine große Zahl dieser Autoren war bereits zum Zeitpunkt der Veröffentlichung oder später an einer Akademie oder Universität beschäftigt (Tab. 9.4). Da es sich bei den meisten akademischen Bildungsanstalten um protestantische Einrichtungen handelte, besaß die überwiegende Zahl dieser Autoren eine der beiden neuen Konfessionen. Die Publikation von Casualcarmina gehörte hier zum guten Ton, denn auf diese Weise ließ sich das Gedächtnis der eigenen Person und das der Institution sicherstellen, der man angehörte. Vertreter unterschiedlichster Fächer, überwiegend Juristen, Philologen und Historiker, versuchten sich mit mehr oder weniger großem Erfolg als Poeten. Für öffentliche Loyalitätsbekundungen dieser Art winkten den Autoren kaiserliche Gnadenakte in Form von Privilegien, Standeserhöhungen oder Dichterkrönungen.79 Eine Vielzahl dieser Autoren wurde in der Folge tatsächlich zum „poeta laureatus“ gekrönt.80 Dieser Titel erhöhte zwar nicht in jedem Fall die Reputation eines Gelehrten, aber er schmeichelte der akademischen Eitelkeit seines Trägers, die als Publikationsmotiv ebenfalls in Betracht gezogen werden muss. Darüber hinaus diente die Gelegenheitspublizistik ihren gelehrten Autoren zeitweise überhaupt als Broterwerb oder Zusatzeinkommen, denn das Werk wurde in der Regel der in ihm besungenen Person in der Hoffnung auf eine finanzielle Gegenleistung präsentiert. So baten die Zwillingsbrüder Adam und Nikolaus Heyden (*um 1540) in der Widmung ihrer Beschreibung der Wahl und Krönung Maximilians II. ihren Gönner, den Trierer Kurfürsten Johann VI. von der Leyen, dass dieser das Werk als Demonstration ihres bislang im Studium erworbenen Wissens betrachten und dieses auch weiterhin unterstützen solle.81 Sie dürften den umfangreichen und qualitätvollen Druck kaum selbst 79 Letztere nahm der Kaiser oder die Universität Wien vor, welcher Ferdinand I. 1558 das Vorrecht der Dichterkrönung bestätigt hatte. Allerdings konnte dieses akademische Ritual nur kurzzeitig wiederbelebt werden, denn auch innerhalb der Universität wurde es kritisch gesehen. Schon unter Maximilian I. hatten die „poetae laureati“ eine wichtige Rolle in der habsburgischen Herrschaftsinszenierung gespielt. Aschbach, Wiener Universität, S. 59–64; Mertens, Sozialgeschichte; Müller, Literatur und Hofgesellschaft; neuerdings auch Schirrmeister, Triumph des Dichters. 80 So Nikolaus Reusner, Paul Schede Melissus, Heinrich Eckard oder Hieronymus Lauterbach. Dazu Kink, Geschichte der kaiserlichen Universität, Bd.1.1, S. 268f.; Werke von Eckard und Lauterbach sind enthalten in Eder, Triumphus; Melissus, carmen. Auch unter den Verfassern der „Corona Imperialis“ (1613) finden sich gekrönte Dichter (Tab. 9.4). 81 Heyden, De Electione, Vorrede. Zu beiden Autoren siehe Schmitt, Art. Heyden, Adam und Heyden, Nikolaus, in: BBKL, Bd. XXIV, S. 835–845. In ihrer Vorrede geben beide an, sie seien durch Freunde zum Druck der Schrift ermutigt worden, weil es nicht sehr viele Leute gäbe, denen der Ritus der Herrscherinvestitur im Reich vertraut sei.
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vorfinanziert haben, sondern eher dessen Verleger Sigismund Feyerabend. Darüber hinaus traten die so genannten Meistersinger wie Hans Sachs oder Daniel Holzmann als Autoren von Zeitungsliedern auf.82 In diesen wird das ökonomische Motiv für eine Publikation mitunter explizit erwähnt, selten allerdings so deutlich wie in diesem Beispiel: „Darumb / Laßt euch nit verdriessen/ Das gelt auß dem Beutel zu schiessen. Es wirt gwiß euch gerewen nicht/ Wie dann der Dichter zu euch spricht.“83
Bei den Künstlern als dritter Gruppe unter den Medienproduzenten dürfte eine ähnliche komplexe Gemengelage von Publikationsmotiven bestanden haben. Wie den Humanisten ging es auch ihnen offenbar um die Akkumulation von materiellem und zugleich von sozialem Kapital.84 Während hinter den graphischen Folgen zum Wahltag von 1612 von Eberhard Kieser, Johann Theodor de Bry und Wilhelm Peter Zimmermann primär materielle Motive zu vermuten sind, wollte sich der 1562 noch weitgehend unbekannte, erst 23jährige Jost Amman mit seinem Türkeneinzug (Abb. 21) sicher auch dem Kaiser und weiteren potentiellen Auftraggebern empfehlen.85 Der hohe darstellerische Aufwand, der die formalen Möglichkeiten des Holzschnittes bis zum letzten ausreizt, lässt den Druck im Gegensatz zu anderen illustrierten Einblattdrucken wie ein Musterstück wirken, mit dem der Künstler eindrucksvoll sein technisches und gestalterisches Können demonstriert. Außerdem zielte das großformatige und ausgesprochen dekorative Blatt sicher auf ein Publikum, das bereit war, dafür mehr Geld auszugeben als für andere illustrierte Einblattdrucke, deren Wert primär in ihrem vergänglichen Informationsgehalt bestand. 82 Vgl. dazu Sachs, Kaiserlicher Mayestat Karoli der 5. einreyten zu Nürnberg. Über den Inhalt des von Daniel Holzmann verfassten Zeitungsliedes zur Wahl und Krönung Rudolfs II. ist nichts bekannt. Gumpelzhaimer, Regensburg’s Geschichte, S. 956. Es wird nicht erwähnt in Westermann, Meistersinger Daniel Holzman. 83 Kurtze Beschreibung des Einritts (1594), o.S. Bei gereimten Texten spricht man von Zeitungsliedern. Allgemein dazu Brednich, Liedpublizistik. Zur zeitgenössischen Kritik an der Profitgier der Medienproduzenten Giesecke, Buchdruck, S. 483–488. 84 Bei den Künstlern ist mitunter unklar, wer eine Darstellung entworfen und wer sie auf die Druckplatte übertragen hat. Nur gelegentlich sind erklärende Zusätze angegeben: „fecit“ oder „delineat“ für den Zeichner, „sculpsit“ für den Formschneider. Dazu Schilling, Bildpublizistik, S. 13. 85 Amman arbeitete danach mehrfach für Maximilian II. Vgl. seinen Kupferstich mit der Apotheose Kaiser Maximilians II. (nach Wenzel Jamnitzer), 1571, Wien, Graphische Sammlung Albertina; auch im Folgenden Kap. V.3.a.
1 Ehrenpforte beim Kaisereinzug in Nürnberg 1570 (Aquarell)
2 Burgportal beim Kaisereinzug in Nürnberg 1570 (Aquarell)
3 Schmuck der Fleischbrücke beim Kaisereinzug in Nürnberg 1612 (Aquarell)
4 Feuerwerk beim Kaisereinzug in Nürnberg 1570 (kolorierter Kupferstich)
5 Ehrenpforte beim Kaisereinzug in Nürnberg 1612 (kolorierter Kupferstich)
5.1 Festons beim Kaisereinzug in Nürnberg 1612 (Aquarell)
5.2 Livree der Junker beim Kaisereinzug in Nürnberg 1612 (Aquarell)
5.3 Fuhrknechte und Schenkwagen beim Kaisereinzug in Nürnberg 1612 (Aquarell)
5.4 Feuerwerksentwurf für den geplanten Kaisereinzug in Nürnberg 1580 (Aquarell)
5.5 Feuerwerk beim Kaisereinzug in Nürnberg 1570 (kolorierter Holzschnitt)
5.6 Der Kaiser im Kreis der Kurfürsten (kolorierter Holzschnitt)
6 Feuerwerk beim Kaiserbesuch in Dresden 1575 (Aquarelle)
7 Kaiser und Römischer König beim Wahltag von 1575 (Aquarelle)
7.1 Einzug der Türkischen Gesandtschaft in Frankfurt am Main 1562 (Aquarell)
7.2 Einzug der moskowitischen Gesandtschaft in Regensburg 1576 (Aquarell)
8 Winter, Jahreszeiten-Zyklus von Giuseppe Arcimboldo (Öl auf Leinwand)
9 Schreibsekretär der Reichsstadt Nürnberg für Kaiserin Anna 1612 (Aquarell)
10 Prunkkassette der Reichsstadt Nürnberg als Geschenk für Kaiserin Maria 1570
11 Ochsenbraten beim Wahltag von 1562 (Aquarell)
12 Session von Kaiser und Kurfürsten auf Reichsversammlungen (Aquarell)
13 August von Sachsen und Maximilian II. beim Reichstagseinzug (kolorierte Holzschnitte)
14 Huldigung der Nürnberger Bürgerschaft von 1612 (Aquarell)
15 Belehnung Augusts von Sachsen auf dem Reichstag von 1566 (teilkolorierter Holzschnitt)
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2. Die Ordnung der Texte a) „Verzaychnuß aller Potentaten“. Ordnung als Auflistung Für eine Vielzahl von Reichsversammlungen sind gedruckte Personenverzeichnisse überliefert, deren Text zumeist in Form einer einfachen Auflistung ohne jede narrative Struktur angeordnet war.86 Die frühesten Beispiele dieser Textgattung stellen die Präsenzlisten auf dem Reichstag anwesender Reichsstände dar.87 Anders als die von der Reichskanzlei und vom Reichserbmarschall handschriftlich erstellten Präsenzlisten verzeichneten die gedruckten Personenverzeichnisse die Reichsstände nicht in der Reihenfolge ihrer Meldung bei diesen Behörden vor Ort, sondern geordnet nach ihrem sozialen Rang in absteigender Reihenfolge.88 Deshalb entsprach die Ordnung eines Textes immer zugleich einer Ordnung von Personen, die sich als Entwurf der sozialen Rangfolge im Heiligen Römischen Reich verstehen ließ. Dabei weisen die für die Reichsversammlungen des Untersuchungszeitraumes erhaltenen Verzeichnisse deutliche formale Differenzen auf, die aufgrund der Bedeutungszuschreibung, welche gerade durch die Form erfolgte, auch inhaltliche Differenzen implizierte. Das erste Personenverzeichnis, das für einen Reichstag im Untersuchungszeitraum veröffentlicht wurde, unterschied sich grundlegend von jenen früherer Reichstage. Das „Kurtze vnd eigentliche verzeychnus“ von Nikolaus Mameranus führte nicht alle auf dem Augsburger Reichstag 1566 vertretenen Reichsstände auf, obwohl der Autor in seiner Widmung an Albrecht V. von Bayern behauptet hatte, „des Gantzen Reichßtags versamblung“ wiedergegeben zu haben, sondern beschränkte sich auf Kaiser, Kurfürsten und Reichsfürsten sowie die Gesandten auswärtiger Herrschaftsträger und damit auf die wichtigsten Akteure.89 Das Verzeichnis begann mit dem Kaiser und seinem 86 Jedoch nicht für den Wahltag von 1575 oder die Reichstage mit kaiserlicher Anwesenheit von 1559, 1570, 1576 und 1613. 87 Zum Beispiel sind für die Reichstage in Konstanz 1507, Augsburg 1510 und 1518, Worms 1521, Speyer 1526, Augsburg 1530, Regensburg 1541 und Speyer 1544 gedruckte Präsenzlisten überliefert. Vgl. Uff dem Rychstag in Anno domini XDC.XXI. zu worms (1521); Cornachinius, Beschreibung der Stende. 88 Dabei unterschieden die Verfasser eher grobrastrig weltliche Fürsten sowie Grafen und Herren, aber auch wesentlich differenzierter Fürsten, Markgrafen, Landgrafen, gefürstete Grafen und Burggrafen, Grafen, Freiherren, Bannerherren und Landherren. Haselberg, Stende des heiligen Römischen Reichs; Des Heyligen Roemischen Reichs Stendt (1526). 89 Mameranus, Kurtze vnd eigentliche verzeychnus. Einzige Ausnahme ist Graf Günther von Schwarzburg als kaiserlicher Feldherr, der am Ende mit einem Gefolge von 50 Pferden aufgeführt wird. Vgl. dazu auch Rübsam, Nikolaus Mameranus.
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Hofstaat, da dieser an der Spitze der Rangpyramide stand, sowie den von ihm nach Augsburg beorderten österreichischen und böhmischen Landständen.90 Für jeden Herrschaftsträger gab der Autor das Ankunftsdatum, die Gefolgsleute sowie die Anzahl der von ihnen mitgeführten Pferde an, wenn ihm diese vorgelegen hatte. Es handelt sich somit um eine Aneinanderreihung von Furierlisten der in Augsburg vertretenen politischen Elite des Reiches, die über die Menge und den Rang ihres Gefolges ihre soziale Vorrangstellung eindrücklich zur Schau stellte. Deutlich wird auf diese Weise der glanzvolle Charakter dieses Reichstags, der nicht in der Menge aller anwesenden Reichsstände, sondern in der Zahl der angereisten Fürsten zum Ausdruck kam, weshalb Mameranus die Beschreibungen der beiden Belehnungen „unter dem Himmel“ von Johann von Francolin anhängte, die zum Glanz des Ereignisses nicht unwesentlich beigetragen hatten.91 Peter Fleischmann verknüpfte in seinen Beschreibungen der Reichstage in Augsburg 1582 und Regensburg 1594, die überwiegend aus Namenslisten bestanden, gleich drei der zeitgenössisch üblichen Formen von Personenverzeichnissen: das Hofstaatsverzeichnis, die Präsenzliste der Reichsstände und ein Titulaturverzeichnis, wobei die Kopplung dieser Verzeichnistypen ganz offensichtlich dazu gedacht war, den Absatz des Werkes zu erhöhen.92 So druckte Fleischmann für die persönlich anwesenden Fürsten zunächst die Hofstaatsverzeichnisse ab, welche ihm von Hofbeamten zur Verfügung gestellt worden waren, und danach alle anderen anwesenden Reichsstände mit ihrem Gefolge, wobei er innerhalb jeder Rangstufe zunächst die persönlich anwesenden Herrschaftsträger, danach die Gesandten abwesender Reichsstände verzeichnete.93 Am Schluss wurden 90 Undenkbar wäre es 1566 gewesen, als erste Person nicht den Kaiser, sondern den päpstlichen Legaten aufzuführen, wie dies Johannes Haselberg 1518 noch getan hatte. Haselberg, Stende des heiligen Römischen Reichs. Die weltlichen Reichsfürsten erschienen hier erst hinter den Pröbsten. 91 Francolin, Wahrhafftige Beschreibung; ders., Kurtze Beschreibung. Enthalten war außerdem die Policeyordnung für diesen Reichstag. Ein in Dillingen erschienener Nachdruck enthielt eine Tabelle, die das Abschneiden der Teilnehmer bei einem Turnier am 12.05.1566 dokumentierte. Mameranus, Thail des Catalogi. Für die Kopplung von Präsenzverzeichnissen mit Belehnungsberichten gibt es Vorbilder. Dazu Schubert, Reichstage, S. 235. 92 Fleischmann, Description; ders., geenderte vnd verbesserte Description; ders., Kurtze und aigentliche Beschreibung. 93 Für die Präsenzliste lag ihm offenbar das Verzeichnis des Reichserbmarschalls als Quelle vor. Zusätzliche Informationen wurden in der Regel nicht gegeben. Nur bei der moskowitischen Gesandtschaft auf dem Reichstag von 1594 erfährt man, dass die Audienz am 07.07.1594 stattfand und dem Kaiser dabei Zobel- sowie Marderpelze als Geschenk überreicht wurden. Fleischmann, Description, S. 114f. Beim kaiserlichen Hofprediger
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die zum Reichstag gereisten Gelehrten und die Hofhandelsleute aufgeführt, die „mit allerhande köstlichen wahren dem Kayserlichen Hof stettigs nachraisen“, wodurch der Reichstag nicht allein als Ort der politischen, sondern auch der akademischen Kommunikation und zudem als Handelsplatz erscheint.94 Darüber hinaus gibt der Autor die Titulaturen der wichtigsten Amtsträger an Kaiser- und Fürstenhöfen wieder – auch jener, die gar nicht nach Augsburg gekommen waren, weil die Reichsstände und ihre Kanzleibeamten diese Personengruppen oft „in gebür nit zu Tittuliern“ wüssten, wenn sie ein Anliegen vorbringen wollten.95 Das Werk besaß damit die Funktion eines Handbuches, das sich über den Ereigniskontext Reichstag hinaus als nützlich erweisen sollte. Allerdings barg die Titulaturfrage großes Konfliktpotential, da die hier erhobenen Herrschaftsansprüche mitunter umstritten waren. Sicher auch vor dem Hintergrund des Magdeburger Sessionsstreits erachtete es der Autor deshalb für notwendig, gleich mehrere salvatorische Klauseln gegen die Ableitung eventueller Rechtsansprüche aus seinem Werk einzufügen. So solle seine Schrift „einen jeden an seine Stand/ Hocheit/ Session Würden/ vn Gerechtigkeiten gar nit Preiudiciern noch nachtailig sein“ und sich „keiner, (da er etwa der Session oder anderer ursach halb/ mit yemandt andn strittig) auß diser meiner Description/ gar nit sein Recht probieren/ od sich darauß an Geistlichen un Weltlichen Rechten behelffen“.96 Dies zeigt, dass solchen Drucken, zumal wenn kaiserliche Amtsträger sie verfasst hatten, eine gewisse Autorität oder sogar ein beweisrechtlicher Status zugemessen werden konnte. Was Fleischmann hier entwarf, war die Vision einer gesamteuropäischen Rangordnung aus der Perspektive des Kaiserhofes, denn es wurden ja nicht nur die Herrschaftsträger innerhalb des Reiches durch ihre Anordnung im Text und ihre jeweiligen Titel in ein Verhältnis gesetzt, sondern es wurde auch eine Rangfolge für die Vielzahl auswärtiger Monarchen abgebildet, die ihre Vertreter nach Augsburg gesandt hatten. Die Repräsentation der sozialen Stellung einer Person erfolgte dabei nicht nur über die Positionierung im Text und die Darstellung Lambert Gruter erwähnt Fleischmann das Todesdatum 13.08.1582 und das Grab im Predigerkloster in Augsburg. Fleischmann, Description, S. 58. 94 Fleischmann, Description, S. 114; darunter 1582 der Bibliothekar der Palatina Paul Melissus Schede, der kaiserliche Hofhistoriker Johannes Sambucus, der kaiserliche Hofbibliothekar Hugo Blotius, der Arzt Joachim Camerarius d.J., der Mathematiker Konrad Dasypodius oder der Jurist Petrus a Rotis. 95 Zitat in Fleischmann, Description, Vorrede. Die Titulaturen besorgt sich Fleischmann offenbar aus der Reichskanzlei. Dabei ging es dem Autor auch um die eigene soziale Stellung. So vertrat er die Ansicht, dass den Herolden der Adelstitel gegeben werden sollte. Fleischmann, Description, S. 53. 96 Fleischmann, Description, Vorrede.
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ihres Gefolges, vielmehr gab Fleischmann zugleich eine ganze Reihe von schematisierten Sitzordnungen bei Festbanketten (Tab. 6.4) wieder, die während der Reichstage veranstaltet worden waren.97 Mit einem Blick konnte der Betrachter hier den Rang und die Zahl der bewirteten Gäste erfassen, er sah sofort, wer die ehrenvolle rechte Position neben dem Gastgeber innegehabt hatte oder wer am wenig schmeichelhaften unteren Ende der Tafel platziert worden war.98 Auf diese Weise bestand die Quintessenz des fürstlichen Banketts für den Leser allein in der verwendeten Sessionsordnung in ihrer Funktion als sozialer Ordnungsentwurf. Fleischmann schilderte in seinen Verzeichnissen auch die „offentliche Actus“, die während der Reichstage abgehalten worden waren. Darunter verstand er 1582 den Kaisereinzug am 27. Juni 1582, die Eröffnung des Reichstags am 3. Juli 158299, die Huldigung der Reichsstadt Augsburg am 28. Juli 1582 und die Belehnung des auf dem Reichstag geweihten Trierer Erzbischofs Johann VII. von Schönenberg am 20. August 1582. Zwar war auch bereits das Personenverzeichnis des Nikolaus Mameranus in Kombination mit Beschreibungen von Belehnungen erschienen, dennoch besaßen die Reichstagsbeschreibungen Peter Fleischmanns eine neue Qualität. Sie markieren den Versuch, alle öffentlichen Aufführungen als Höhepunkte der Herrschaftsinszenierung von Kaiser und Reichsständen auf dem Reichstag in einer gedruckten Gesamtdarstellung zu fixieren.100 Dieses Verfahren setzte sich allerdings langfristig nicht durch, denn die Beschreibung des Reichstags von 1594 von demselben Autor ist auch das letzte Beispiel dieser Art. Während für die Reichstage jeweils höchstens ein Anwesenheitsverzeichnis überliefert ist, existieren für die Wahl- und Krönungstage in der Regel gleich 97 Auch die Schriftgröße richtete sich mitunter nach dem sozialen Rang der Person, häufig wurde sie aber auch ohne erkennbaren Grund gewählt. So ist die Gesandtschaft des Großherzogs von der Toskana im Verzeichnis von 1582 stärker hervorgehoben als die vor ihr aufgeführte des spanischen Königs. Fleischmann, Description, S. 109f. 98 Bei manchen Fürsten wurden sogar mehrere Sessionsordnungen abgedruckt, so für 1582 bei Kurmainz und Kursachsen jeweils zwei. 99 Fleischmann, Description, S. 14–18. Dazu zählt das Hochamt im Dom, bei dem die nichtkatholischen Reichsstände zeitweise den Ort verließen, die Eröffnung des Reichstags durch den Bischof von Würzburg und der Vortrag der Proposition durch Andreas Erstenberger sowie die durch den Kaiser vorgebrachte Ermahnung an die Reichsstände, die Inhalte der Proposition zu beraten und ihren Entschluss dem Kaiser mitzuteilen. 100 Informationen zum Ablauf der Reichstagssitzungen, zu den verhandelten politischen Materien, zu Konflikten zwischen den Reichstagsbesuchern und Einheimischen finden sich dagegen nicht. Lediglich zu Beginn werden der ‚türkische Erbfeind‘ oder die ‚niederländische Empörung’ als Anlass für den Reichstag angegeben. Ebd., S. 1.
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mehrere Personenverzeichnisse, die allerdings in der Regel eine andere Struktur aufwiesen. Ein 1562 durch Rab und Feyerabend in Frankfurt am Main publiziertes Verzeichnis ordnete zunächst die anwesenden Personen nach ihrem sozialen Rang vier verschiedenen Kategorien zu: Kaiser, kaiserliche Familie, Kurund Reichsfürsten samt Gemahlinnen, wobei jeweils deren königliche Herkunft vermerkt wurde; geistliche Reichsfürsten; Gesandte auswärtiger Monarchen und des Kurfürsten von Köln sowie einige hochrangige Fürsten, die auf eigene Verantwortung erschienen waren; und schließlich die fürstlichen Gesandten.101 Erläuterungen zu einer Person finden sich nur bei Maximilian, der „dißmal“ gewählt und gekrönt worden sei. Entscheidend für die Reihenfolge der Gesandten war der Rang des Auftraggebers, nicht der des Gesandten. So stand der Dolmetscher Süleymans des Prächtigen, Ibrahim Strotsch, vor dem Herzog von Aarschot als Gesandter des Königs von Spanien, vor beiden wiederum der kaiserliche Gesandte an der Hohen Pforte, Ogier Ghiselin de Busbecq und als erster der päpstliche Legat Zaccaria Delfino.102 Danach wurden für alle Personen der ersten drei Rubriken die adligen Begleiter geordnet nach Grafen und Herren verzeichnet, nicht aber deren gesamter Hofstaat.103 Erst jetzt folgten weitere Rubriken, wie jene der in eigener Verantwortung erschienenen Grafen und Herren oder die der anwesenden Mitglieder des Ritterordens vom Goldenen Vlies, wobei hier die Funktion Philipps II. von Spanien als Oberhaupt dieses Ordens vermerkt wurde. Die nächsten beiden Rubriken verzeichneten militärische Befehlshaber und zwar ausschließlich solche, die beim Einzug des Kaisers ins Feld entgegengeritten waren, womit in sehr rudimentärer Form auch der Adventus in seiner spezifisch militärischen Dimension im Text fixiert wurde. Aufgeführt wurden zudem die Reichserbämter und ihre Inhaber, da diese bei der Herrscherinvestitur eine wichtige Rolle spielten, dar-
101 Verzeichnis aller Potentaten (1562), o.S. Das Verzeichnis erschien u.a. in Augsburg bei Matthäus Franck, bei Philipp Ulhart d.Ä. und bei Valentin Ottmar, in Innsbruck bei Ruprecht Höller, in Straßburg bei Christian Müller, in Nürnberg bei Valentin Geyßler sowie in Form von anonymen Nachdrucken. 102 Eine Neuauflage von 1610 verändert allerdings die Reihenfolge dieser Amtsträger: Nach dem päpstlichen Legaten kam zunächst der französische, dann der spanische und erst dann der türkische Gesandte, was das veränderte machtpolitische Kräftespiel in Europa sowohl im Hinblick auf die Rolle des Osmanischen Reiches als auch die Spaniens widerspiegelt. Wahl und Crönungshandlung (1610), o.S. 103 Diese Angaben sind unvollständig und weisen Fehler auf: Beim Gefolge Wilhelms von Oranien ist die Verzeichnung nach dem bloßen Hörensagen überdeutlich. Außerdem sind viele Vornamen durch „N.“ ersetzt.
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unter gleich vier Pappenheimer.104 Eine kurze Liste gab anschließend die Pferdezahlen für alle Fürsten an, wodurch der Druck zugleich deutlich machte, dass sich die Mehrzahl der Kurfürsten nicht an die Goldene Bulle gehalten hatte.105 Ganz am Ende standen die Gelehrten und Räte im fürstlichen Dienst, gefolgt von den Gelehrten „so Bücher geschrieben“ als schöne Umschreibung für den brotlosen Gelehrten ohne höfische Anstellung, geordnet nach den von ihnen vertretenen Disziplinen.106 Was auf diese Weise den Lesern implizit vermittelt wurde, waren im Grunde drei verschiedene Rangordnungen mit unterschiedlichem Geltungsanspruch: jene der Stände des Heiligen Römischen Reiches, jene der europäischen Monarchen und schließlich jene der sich herausbildenden Fachdisziplinen.107 Die zahlreichen, an unterschiedlichen Orten des Reiches erschienenen Nachdrucke dieses Verzeichnisses belegen das hohe und auch überregionale Käuferinteresse und zugleich die standardisierende Wirkung bestimmter Publikationen, die von ihren Produzenten frühzeitig und massiv im Markt platziert worden waren und denen es deshalb gelang, die Formen der Wissensorganisation in anderen Druckwerken zu bestimmen. Beim Wahltag von 1612 erschien geradezu eine Flut von Hofstaatsverzeichnissen der in Frankfurt anwesenden Fürsten (Tab. 9.1).108 Neu war 1612, dass zahlreiche Hofstaatsverzeichnisse der Kurfürsten sowie des zukünftigen Kaisers auch einzeln auf den Markt gebracht wurden. Damit wurde einem Käuferinteresse Rechnung getragen, dass sich nicht mehr auf die Gesamtheit der zum Wahltag erschienenen Personen richtete, sondern auf einzelne Fürsten und ih104 Das Amt wurde durch den ältesten Vertreter der Familie ausgeübt. Aufgeführt waren außerdem drei Frauenberger, welche den Titel eines Reichserbritters trugen. 105 Die Gesamtzahl betrug 14.562 Pferde. Verzeichnis aller Potentaten (1562), o.S. 106 Zuerst kamen die Theologen, dann Juristen, Historiker, Literaten, Mathematiker und Musiker. Darunter finden sich auch Gelehrte, die als Medienproduzenten bei Kaiserauftritten auftraten: Simon Schard, Michael Beuther, Johann Voerthusius, Lorenz Schrader, Andrea Rapicio, Johann von Francolin oder Johann Lauterbach. Verzeichnis aller Potentaten (1562), o.S. 107 Im Dresdner Exemplar dieses Verzeichnisses notierte der Besitzer auf dem Titelblatt „Sic transit gloria mundi“ nebst einem Verweis auf Psalm 36, wodurch er auf die Vergänglichkeit dieser Rangordnungen hinwies. SLUB Hist. Germ.B.185.15. 108 Am umfangreichsten war das Verzeichnis der Frankfurter Verleger Johann Bringer und Heinrich Kröner, welche auch die Abgeordneten der Reichsstädte auflisteten. Auch integriert in Wahl- und Crönungshandlung, Das ist: Kurtze und warhafftige Beschreibung (1612). Das Verzeichnis wurde in unterschiedlichen Versionen vielfach nachgedruckt, so mit abweichenden Titeln von Sigismund Latomus in Frankfurt am Main, Thomas Schürer, Abraham Lamberg und Lorenz Kober in Leipzig, Nikolaus Schmuck und Martin Spangenberg in Erfurt, sowie mehrfach auch anonym.
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ren Hofstaat. Dabei zierten die Titelblätter der durch Sigismund Latomus 1612 herausgebrachten „Furier- vnd Futterzettel“ die Wappenschilde der betreffenden Herrschaftsträger, so dass sich aus der optisch hervorgehobenen Titelzeile in Verbindung mit dem Wappen auf den Inhalt der Druckwerke schließen ließ, ohne die barocken Gesamttitel lesen zu müssen.109 Die Einzelverzeichnisse kommunizierten zwar eine Rangordnung innerhalb der jeweiligen Fürstenhöfe, sie entwarfen aber keine Gesamtordnung für das Reich als übergeordnetem Herrschaftsverband mehr. Diese Entwicklung spiegelt in gewisser Weise die Fragmentierung der politischen Kultur, die bereits in den Wahltagseinzügen der Kurfürsten deutlich wurde, aber auch das Bemühen der Medienproduzenten, ihre Produkte spezifischen Käufergruppen anzupassen. Wie diese Beispiele zeigen, variierte die formale Gestaltung solcher Verzeichnisse im Untersuchungszeitraum noch stark. Die mangelnde inhaltliche Systematik der meisten Werke spricht dafür, dass die Verfasser ihre Informationen aus ganz unterschiedlichen Quellen erhielten und diese meist ohne Überarbeitung einfach aneinanderreihten. Auf diese Weise konnte jeder einzelne Herrschaftsträger de facto selbst bestimmen, in welcher Form er sich in Werken dieser Art präsentieren wollte. Dass daran offenbar nicht allen politischen Akteuren gleichermaßen gelegen war, belegen die Schwierigkeiten, die viele Autoren bei der Informationsbeschaffung bewältigen mussten, aber auch die in solchen Werken nicht seltenen inhaltlichen Fehler.110 So werden Personen aufgeführt, die überhaupt nicht anwesend gewesen waren, weil ein überholtes Furierverzeichnis als Grundlage verwendet worden war, oder es werden Personen nicht angeführt, deren Anwesenheit sich aufgrund anderer Quellen eindeutig nachweisen lässt. Allerdings liegt der primäre Quellenwert solcher Werke auch nicht im Nachweis einer ‚realen’ Präsenz von Personen am Ereignisort, sondern in den hier vorgenommenen Präsenzbehauptungen, in der Art und Weise, wie die Texte als auf Dauer angelegte Zeugnisse der Vergemeinschaftung von Kaiser und Reich bei Reichsversammlungen organisiert waren und welche Rangordnungen sie für den Herrschaftsraum des Reiches entwarfen. 109 Chur Pfaltz Furier und Futterzettel (1612). Die Titelvignette eines Verzeichnisses jener Reichsfürsten, die erst nach der Wahl zur Krönung in Frankfurt am Main eingezogen waren, zeigte einen über der Reichsstadt schwebenden Verkündigungsengel mit dem Sinnspruch „Gaudium Magnum Ecce Anuncio Vobis“, der sich nicht auf den Einzug der Fürsten, sondern auf die vollzogene Herrscherwahl bezog. Furir Zettul, Das ist Gründtlicher, vollkommener, warhaffter Bericht (1612). 110 Dieser Fehler waren sich auch die Verfasser bewusst gewesen, so hatten sowohl Mameranus als auch Fleischmann ihre Leser am Beginn bzw. am Ende ihres Werkes um Korrekturen gebeten.
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b) „Newe Mehrn“. Der Adventus als Zeitungsnachricht Der Untersuchungszeitraum verkörperte die Hochphase eines spezifischen Mediums unter den „neuen Medien“, das im Reich seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts nachweisbar ist, aber gerade in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts das zentrale Format zur Verbreitung von Nachrichten darstellte: die „neue Zeitung“.111 Sie informierte ihre Leser in zumeist deutscher Sprache über aktuelle Ereignisse, die als „wahr“ im Sinne von tatsächlich geschehen apostrophiert wurden. Von der Zeitung im modernen Sinn, zu deren Merkmalen allgemeine Zugänglichkeit, Aktualität, Universalität und Periodizität zählen, unterschied die „Neue Zeitung“ ihr unregelmäßiges Erscheinen, ihre thematische Beschränkung und ihre große formale Vielfalt.112 Ihre Produzenten waren die Novellanten, eine sehr heterogene Klientel, welche bereits gewerbliche Nachrichtenproduzenten, aber auch Postmeister, Druckerverleger sowie Lohnschreiber aller Art umfasste. Dabei ist gerade für dieses Medium von hohen Verlusten auszugehen, denn der Wert einer Zeitung bestand in der Aktualität ihrer Nachrichten: eine alte „neue Zeitung“ war ein Widerspruch in sich. Sie wurde deshalb seltener aufbewahrt als andere Drucke, wenngleich ihre Inhalte in einem weiteren „neuen Medium“, den Messrelationen, erneut abgedruckt, kompiliert und damit weitertradiert wurden.113 Fast von Beginn an zählten Berichte über Kaiserauftritte im Reich zum Themenspektrum der „Neuen Zeitungen“.114 Eine Reihe dieser Publikationen widmete sich ausschließlich spezifischen Ereignissen innerhalb des Großer111 Vgl. zum Begriff Schröder, Zeitungen, S. 14f.; Dresler, Anfänge der gedruckten
Zeitungen, hier S. IX; Schottenloher, Flugblatt und Zeitung, S. 157; Lang, Neue Zeitung, hier S. 681. Dazu gehören auch Drucke, die als „Relatio“, „Abcontrafactur“ oder „Anzaygung“ betitelt waren. Da die periodische Zeitung im Untersuchungszeitraum für die hier betrachteten Ereignisse noch keine nennenswerte Rolle spielte, bleibt sie außen vor. Vgl. im Folgenden auch schon Rudolph, Evidenz.
112 Zu den Inhalten der „Neuen Zeitungen“ Stoll, Kölner Presse; Pfarr, Neue Zeitung, hier S. 94; Wilke, Nachrichtenauswahl und Medienrealität. 113 Zu den Messrelationen, die eine Zusammenschau der wichtigen Ereignisse für einen definierten Zeitraum (meist zwischen zwei Buchmessen) boten, Stieve, Zeitungen; Bender, Relationes historicae; Rosseaux, Meßrelationen. Berichte über Kaiserauftritte finden sich in Memmius, Appendix zu der historischen Relation Jacobi Franci; Lautenbach, Jacobi Franci Relatio Historica Quinquennalis; Lautenbach, Jacobi Franci Relationis Historicae Continuatio. 114 Frühe Höhepunkte stellten das Herrschertreffen zwischen Kaiser Maximilian I., Wladislaw von Böhmen und Sigismund von Polen 1515 in Wien sowie die Einzüge Karls V. zur Krönung in Aachen 1520 und zum Reichstag von Augsburg 1530 dar. Schubert, Reichstage, S. 200–211, 234f.
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eignisses Kaiserauftritt wie Einzügen, fremden Gesandtschaften, Hochzeiten, Belehnungen oder Leichenbegängnissen, die Kulminationspunkte der Herrschaftsinszenierung von Kaisertum und Reichsständen darstellten.115 Daneben gab es jedoch zunehmend Zeitungen, die Nachrichten über mehrere Ereignisse ganz unterschiedlicher Art beinhalteten, welche entweder auf dem Titelblatt in Kurzform untereinander angekündigt oder lediglich im Text dem Herkunftsort der Nachricht zugeordnet wurden, wie dies ab dem 17. Jahrhundert bei den oft als „Aviso“ oder „Continuatio“ bezeichneten seriellen Zeitungen der Fall war.116 Berichte über Kaiserauftritte standen hier neben solchen über Kriege, Hofnachrichten, Wunderzeichen, Naturkatastrophen oder Gewaltverbrechen. Dabei überwog die Darstellung militärischer Konflikte und anderer politischer Ereignisse auf europäischer Ebene zumeist die auf das Reich bezogenen Berichte mit Sensationscharakter.117 Allerdings wurde der Wahltag von 1612 für so wichtig erachtet, dass er auf dem Titelblatt extra erwähnt und gleich zu Beginn der Zeitung detailliert abgehandelt wurde. Da an dieser Stelle nicht die gesamte Zeitungsproduktion im Kontext von Kaiserauftritten mit ihren formalen und inhaltlichen Spezifika umrissen werden kann, konzentriert sich die Darstellung auf jene Gruppe von „Neuen Zeitungen“, welche sich der Beschreibung von kaiserlichen Einzügen widmeten, um am Beispiel dieser Thematik einige Grundprinzipien zu demonstrieren, auf welche Weise ephemere politische Aufführungen im Medium des Druckes fixiert wurden. Die Kaisereinzüge auf Reichstagen wurden von den Zeitungsproduzenten häufig als so wichtig erachtet, dass sie ihnen den gesamten Druck widmeten.118 115 Zum Beispiel Newe Zeitung, Welcher gestalt Röm. Kai. May. Tochter Isabella (1570); Warhaffte newe Zeitung, auff dem Reichstag zu Regenspurg (1576). Auf diese zahlenmäßig eher geringe Quellengruppe kann hier nicht näher eingegangen werden. 116 Diese Zeitungen erschienen noch nicht regelmäßig. Am häufigsten tauchten hier naturgemäß die Hauptumschlagplätze für Nachrichten wie Wien, Prag, Köln, Rom, Venedig, Paris und Antwerpen auf. Vgl. dazu Continuatio (1612). 117 Schwerpunkte waren die Auseinandersetzungen mit den Osmanen, die Religionskonflikte in Frankreich und der niederländische Befreiungskampf. Eine aus drei Nachrichten bestehende Zeitung widmete zum Beispiel zwei Texte der Wahl und Krönung, während der dritte über die Situation an der ungarisch-osmanischen Grenze berichtete. Drey Warhafftige newe Zeitung (1612). Manche Zeitungen informierten über die Reisevorbereitungen sowie über Reiserouten des Kaisers. Fernere Newe Zeitung (1612). Der Autor erwähnte zudem ein Wunderzeichen, nach dem am Himmel ein feuerroter Adler erschienen war, der seinen Kopf nach Ungarn – und damit in Richtung des Erzfeindes – gewendet habe, was man für ein gutes Omen für die kommende Kaiserwahl halte. 118 Warhaffte/ auch gantz glaubwirdige Newe Zeytung (1559); Verzeichnus wie dj Eömisch Kays. May. (1541).
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Für den Kaisereinzug auf den Regensburger Reichstag von 1594 sind gleich sechs „Neue Zeitungen“ erhalten, welche zugleich das breite inhaltliche und formale Spektrum solcher Druckwerke dokumentieren.119 Nur gelegentlich wurde die Darstellung eines Herrschereinzugs mit anderen Ereignissen gekoppelt. So enthält eine Zeitung darüber hinaus ein Verzeichnis anwesender Reichsfürsten, eine Zusammenfassung der kaiserlichen Proposition und die Zugordnung bei der Reichstagseröffnung im Rathaus.120 Gleich welche Form der Bericht im konkreten Fall annahm, immer musste es darum gehen, das komplexe und multisensuale Ereignis eines Kaisereinzugs, das aus einer Vielzahl sich über mehrere Stunden hinziehender Handlungssequenzen bestand, in die zweidimensionale Ebene eines narrativ strukturierten Textes mit seinem linear organisierten Erzählfluss zu übersetzen.121 Die Eingangspassagen umrissen zunächst Ort und Zeit des Ereignisses sowie seinen unmittelbaren Anlass, um auf diese Weise den Anschein der Authentizität und Überprüfbarkeit der folgenden Inhalte zu erwecken.122 Danach folgte der streng chronologisch organisierte und in der Vergangenheitsform abgefasste Ereignisbericht. Im Vordergrund der Darstellung stand dabei eindeutig die Anordnung von politischen Akteuren und Herrschaftszeichen innerhalb des Zugs. Einzelne Teilakte des Herrscherempfangs wie die Begrüßung im Feld oder die Präsentation der Stadtschlüssel, die in der spätmittelalterlichen Chronistik ausführlich ausgebreitet worden waren, spielten nur eine untergeordnete Rolle. Dabei gingen die Novellanten in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts dazu über, ihren Text in nummerierte Absätze zu gliedern, welche die Ordnung des Zugs in einzelne Glieder abbildeten (Abb. 43). Auf diese Weise entsprach der Blick des Lesers auf die im Text untereinander angeordneten Zugglieder dem eines imaginierten Zuschauers, welcher die reale Inszenierung aus der Vogelperspektive betrachtete. Durch die visuelle Strukturierung des Textes konnte er den Umfang und die soziale Hierarchie der Zugordnung viel schneller erfassen, als wenn er selbst am Straßenrand zugeschaut oder versucht hätte, diese aus einem 119 Beschreibung des glueckseligen Einzugs (1594); Avvisi di Giaverino (1594); Kurtze Beschreibung des Einritts (1594); Dhineus, Kurtzer einfältiger Bericht; Dilbaum, Kaiserlicher Einritt; Kurtze Beschreibung (1594): hiervon mehrere inhaltlich fast deckungsgleiche Ausgaben; Abcontrafeytung unnd ware ordentliche Beschreibung, außerdem die Meßrelation: Francus, Historicae Relationis Continvatio; die Drucke waren mit einer Ausnahme protestantischer Provenienz. 120 Vorzeichnuß (1594). 121 Vgl. dazu Giesecke, Sinnenwandel, S. 78, 85. 122 Die Schlusspassage bildet mitunter eine Anrufung Gottes, nicht selten bricht die Darstellung aber auch unvermittelt ab. Die bei „Neuen Zeitungen“ zu anderen Themen häufige moralische Belehrung des Lesers am Schluss spielt hier keine wesentliche Rolle.
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Fließtext zu extrahieren.123 Die Beschreibungen der Einzüge konzentrierten sich stark auf die äußere Handlung, auf das unmittelbar Anschauliche, wobei diese Phänomene derart plastisch beschrieben wurden, dass die Rezipienten innere Bilder zu den verbal vermittelten Sachverhalten entwickeln konnten und gleichsam vermeinten, dem Ereignis lesend beizuwohnen.124 So schreibt der Augsburger Verleger Samuel Dilbaum in seiner Zeitung über die kaiserlichen Trompeter und Edelknaben beim Kaisereinzug von 1594: „Von schwartzem Samat war jr tracht Auch von eim gelben Atlaß gmacht/ In ihrem Fahnen so Damast Der Adler des Reichs ware vast/ Mit Gold und Silber rein gestickt [...] Auff welche mänigklich erblickt/ Höfflicher zehen Edler Knaben Spanische Pferd sie bsessen haben/ Die Röck von schwartzem Samat rein Italianisch gmachet fein“.125
Der Autor differenziert nicht nur die verwendeten Farben und Stoffe, sondern auch die Schnitte der Kleidung, welche die Teilnehmer trugen. Die Beschreibung der prächtigen Ausstattung nimmt schon deshalb einen breiten Raum ein, da es ja gerade der „unerhörte“ Glanz war, der diese Ereignisse für das Medium der „Neuen Zeitung“ qualifizierte. Dieser Glanz war nicht selten ganz wörtlich gemeint: das Glänzen der Edelsteine, Perlen und Ketten, der Seiden- und Brokatstoffe oder der versilberten Waffen, welche als unabdingbare Zeichen der Dignität und Magnifizenz ihrer Träger fungierten. In solchen Textpassagen zeigt sich die Beharrungskraft eines mittelalterlichen Prinzips der Erzählung, bei dem Erzählen vor allem Zählen meinte: das Aneinanderreihen von durch Zusatzinformationen ausgeschmückten Zahlenangaben. Dabei lag die besondere Fas123 So unterscheidet ein Bericht über den Kaisereinzug zum Regensburger Reichstag von 1613 vierzig Zugglieder, wobei die mangelnde Prominenz der Teilnehmer durch ausführliche Schilderungen ihrer prächtigen Aufmachung wett gemacht werden sollte. Verzeichnuß des Einzug zu Regenspurg (1613). 124 Die visuelle Qualität von Texten und die hier nachweisbaren Visualisierungsstrategien bilden aktuell einen Schwerpunkt in der Literaturwissenschaft. Vgl. dazu stellvertretend den Forschungsbericht von Müller, Visualität; sowie Wenzel / Jaeger, Visualisierungsstrategien. 125 Dilbaum, Kaiserlicher Einritt. Dieser Text stimmt mit einer anderen Zeitung in wichtigen Punkten überein. Kurtze und einfeltige Beschreibung Mit was Solennitet (1594). Dilbaum war der Verfasser des ältesten bekannten Periodikums, der „Rorschacher Monatsschrift“. Vgl. dazu Wilke, Grundzüge, 34f.
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zination des Numerischen weniger in der Herstellung von Bezügen zur christlichen oder heidnischen Zahlensymbolik, sondern primär in möglichst hohen Quantitäten.126 Je höher die Zahl der Akteure insgesamt, der beteiligten Fürsten oder auch nur der Edelknaben des Kaisers bei einem Einzug, desto bedeutender musste das Ereignis letztlich erscheinen, weshalb die Zahlen der Einzugsteilnehmer gern aufgerundet wurden. Der Verfasser einer anderen Zeitung in Prosaform stellte seinem Bericht extra eine gereimte Vorrede voran, in der er den Herrschereinzug und den dabei von Kaiser und Fürsten betriebenen Aufwand als gottgewollt legitimierte (Abb. 43).127 Solche Äußerungen als Belege für eine propagandistische Absicht ihrer Autoren zu betrachten, hieße jedoch, sie gründlich misszuverstehen. Die Bewertung des repräsentativen Aufwandes der politischen Eliten als notwendig und gottgewollt war im Untersuchungszeitraum ein Allgemeinplatz.128 Mit Argumentationen dieser Art bedienten die Autoren die Erwartungen ihrer Leserschaft, die sich an der ungeheuren Prachtentfaltung irdischer Machthaber ergötzen wollte, auch wenn diese vergänglich war. Aufwandskritik gleich welcher Art war in diesem Kontext weder gesellschaftlich erwünscht, noch von den Medienproduzenten intendiert, zumal die „neue Zeitung“ generell kein Medium der Obrigkeitskritik verkörperte.129 Deshalb finden sich auch keine satirischen Passagen oder andere Argumentationsformen, mit denen sich die Autoren wertend vom Geschehen distanziert hätten. Da die im Einzug beschworene Idee der Eintracht von Kaiser und Reich als gesellschaftliche Wunschvorstellung abgebildet werden sollte, wiesen die meisten Berichte einen überkonfessionellen Charakter auf.130 Aus diesem Grund wurden auch inszenatorische Pannen nur selten geschildert, denn es war ja gerade die erhabene Würde der öffentlichen Aufführungen, welche fixiert werden sollte. Dennoch brachten die Zeitungsschreiber keineswegs nur bereinigte Sollvorstellungen der Kaisereinzüge zu Papier. So erwähnte der bereits zitierte Samuel Dilbaum, dass sich der Kaisereinzug um einen Tag verzögert habe, „weil sich von der einhollung wegen/ Was strits vnd zwey-
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Kühnel, Festkultur, S. 71; allgemein Wenzel / Seipel / Wunberg, Verschriftlichung. Kurtze Beschreibung (1594). Zu der beigefügten Radierung vgl. Kap. V.3.b. Vgl. dazu Strong, Art and Power, S. 42; DaCosta Kaufmann, Court, S. 192. Vgl. dazu allgemein Luttenberger, Miseria vitae aulicae; Bok, Hofkritik. So berichtet der Protestant Dilbaum ohne jede negative Wertung über den katholischen Empfangsritus der Regensburger Geistlichkeit für den Kaiser, gipfelnd in der begeisterten Schilderung des Altars, „auff dem vil Liechter angebrandt/ Ein herrlich Crucifix sich fandt/ Besetzet so mit Edlem gstein/ Vil Heylgthumb war gefasset ein“. Dilbaum, Kaiserlicher Einritt, o.S.
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ung thet erregen“.131 Ein anderer Autor erwähnt, dass die kaiserliche Kutsche den Zug nur durch einen kurzen Galopp einholen konnte, bei dem der Staub schon von weitem sichtbar aufwirbelte, was der gemessenen Würde des Ereignisses offenbar einigen Abbruch tat. Der Verfasser einer Zeitung zum Augsburger Einzug Kaiser Ferdinands I. 1558 gibt zu, dass er die Ordnung der Einziehenden durch deren Trauerkleidung nicht erkennen konnte: „Doch das ich euch auch sag von weyttn, Wie man in Ordnung ein thet reyttn/ Das hab ich bschriben ohngefähr, Ich wust nit wer ein yeder wär Dann man ist eingzogen in klag, In eytel schwarz klaid ich euch sag/ Drumb ichs nit Ordlich kann nennen, Ich kundts an der Farb nit kennen/ Wem ein yegklicher zu thet kern, Wellichem Fürsten oder Herrn. 132
Diese Beispiele zeigen, dass die Berichterstatter nicht nur regelmäßig vorgaben, eine „gründtliche“ und „gewisse“ Version der Ereignisse abliefern zu wollen, für deren Wahrheitsgehalt sie mitunter den eigenen „Augenschein“ als Kronzeugen anführten, sondern dies zumindest in einigen Fällen tatsächlich versuchten.133 Der Autor dieser Zeitung hatte offenbar keine durch den kaiserlichen Obersthofmarschall entworfene Zugordnung vorliegen gehabt, die ihm als Grundlage seines Einzugsberichtes hätte dienen können. Die visuelle Phänomene fokussierende Beschreibung öffentlicher Akte, die hohe Bedeutung von Zahlen sowie der weitgehende Verzicht auf eine innere Handlung im Sinne von Gefühlen und Gedanken der Akteure erinnern an literarische Muster in Heldensagen und Spielmannsdichtungen des Mittelalters, die sich „in einer Kultur der Sichtbarkeit behaupten“ mussten, weshalb sie durch eine Poetik charakterisiert waren, „in welcher der Leser oder Zuhörer zum Beobachter wird, in der sprachlich stimulierte Bilder die Memorierbarkeit 131 Dilbaum, Kaiserlicher Einritt, o.S. 132 „Warhaffte/ auch gantz glaubwirdige Newe Zeytung (1559), o.S. Der Einzug fand aufgrund des Todes Kaiser Karls V. „in der Trauer“ statt. Selbst den Baldachin, unter dem der Augsburger Rat den Kaiser in die Stadt einholte, wie auch die in der Kirche für den Kaiser errichtete Session hatte man aus schwarzer Seide anfertigen lassen. StadtA Augsburg, Schätze 63, fol. 151. Die Zeitung bringt zugleich einen Bericht über die hier noch unmittelbar an den Einzug anschließende Huldigung der Reichsstadt. 133 Zu den Beglaubigungsstrategien Rudolph, Evidenz, mit weiterführender Literatur, vgl. auch im Folgenden Kap. V.3.a.
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der Texte oder wesentlicher Handlungszüge unterstützen.“134 Durch stilistische Mittel dieser Art sollte die imaginative Kraft der Texte gesteigert werden, um die visuelle Qualität der in den Aufführungen zum Ausdruck gebrachten Herrschaftsordnung sprachlich adäquat fixieren zu können. Schließlich bot sich die formale Anlehnung an diese Textgattungen inhaltlich an, wurde doch auch der Kaiser als „Heros novus“ besungen, wobei der Katalog der ihm zugeschriebenen Tugenden weitgehend dem mythischer Helden entsprach.135 Solche Ähnlichkeiten bedeuten zwar nicht notwendig, dass die Zeitungsberichte direkt von mittelalterlicher Heldenliteratur beeinflusst worden sein müssen, diese ebenfalls gedruckt vorliegende Literatur dürfte jedoch einen wichtigen Bestandteil des ideellen Bezugshorizontes gebildet haben, vor dem die Einzugsberichte von zeitgenössischen Lesern rezipiert werden konnten.136 Allerdings war die sprachliche Varianz der Begriffe, welche die Kaisereinzüge charakterisieren sollten, in den Zeitungsberichten deutlich begrenzter: Die Novellanten beschrieben die Ereignisse als „herrlich“, „zierlich“ oder „stattlich“, wobei sich solche Charakterisierungen in diesem Kontext auch schon in der mittelalterlichen Chronistik finden lassen. Regelmäßig taucht der Begriff „solenniter“ als Kurzformel für die Verbindung von Feierlichkeit, Förmlichkeit und Rechtmäßigkeit bei der Ausgestaltung solcher Akte auf, wodurch diesen sowohl Legitimität als auch soziale Verbindlichkeit zugeschrieben wurde. Dabei zeigte sich in der Nutzung solcher Topoi allerdings nicht deren Bedeutungslosigkeit, sondern gerade ihre „sinnreiche Bedeutung“.137 Das zentrale Ergebnis der Beschreibung von Kaisereinzügen im Medium der „Neuen Zeitung“ bestand keineswegs nur in der Verbreitung solcher Akte über den Ort ihres Vollzugs hinaus oder in der zumindest partiellen Fixierung einer ephemeren politischen Aufführung im Medium des Textes, sondern vor allem darin, deren historische Bedeutsamkeit aufzuwerten. Denn die Zuschreibung von Bedeutung lag in der Logik dieses Mediums, das ja oft ganz explizit vorgab, seine Leser über zuvor gänzlich „Unerhörtes“ im Sinne von unerhört neu, aber auch unerhört wichtig unterrichten zu wollen. Schon die Tatsache, dass zu einem Kaisereinzug „Neue Zeitungen“ auf den Markt gebracht wurden, verstärkte 134 Wenzel, Visualität, S. 550. Vgl. dazu auch Röcke, Macht des Wortes; Wenzel, Repräsentation und schöner Schein. 135 Vgl. dazu Kap. V.2.d. 136 Eine wichtige Funktion bei der Übernahme solcher Elemente in die Einzugspublizistik könnten die Meistersinger übernommen haben, die nachweislich im Rahmen von Kaisereinzügen als Novellanten auftraten. Vgl. schon oben Kap. V.1. 137 Vgl. dazu Straub, Herrscherideal, S. 219f.: „Der Typos ruft den Topos hervor und solange der Typos als verpflichtendes Ideal lebendig ist, behalten die Topoi ihren Sinn.“
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dessen Ereignishaftigkeit, denn anders als die sich entwickelnde periodische Zeitung, die auch erschien, wenn im Grunde ‚nichts‘ passiert war, bedeutete die Existenz einer „neuen Zeitung“ in der Wahrnehmung der Zeitgenossen per se, dass etwas passiert sein musste. Dabei schrieb dieses Medium dem Adventus innerhalb des Gesamtereignisses Reichstag eine besondere Relevanz für die Medienöffentlichkeit zu, indem es sich auf dessen Darstellung beschränkte oder ihm den meisten Raum im Text einräumte.138 c) „Ausführlicher Bericht“. Die Entstehung der Wahl- und Krönungsdiarien Anders als die „Neuen Zeitungen“ mit ihren eher kurz gehaltenen Berichten versuchten die ausführlichen Wahl- und Krönungsbeschreibungen das Ereignis der Herrschererhebung mit all seinen Teilakten und begleitenden Rahmenhandlungen insgesamt zu erfassen. Als erstes Beispiel für diese Textgattung, die bis zum Ende des Alten Reiches die Wahlen und Krönungen des Römischen Königs oder Kaisers begleiten sollte, kann der gedruckte Bericht betrachtet werden, den der Reichsherold Paul Pesel über die Königserhebung Ferdinands I. 1531 verfasste.139 Während dieser Druck noch von einem Amtsträger in kaiserlichen Diensten erstellt worden war, traf dies für die Wahlen und Krönungen des Untersuchungszeitraumes, für die mit Ausnahme jener von 1575 gleich mehrere und deutlich umfänglichere gedruckte Beschreibungen überliefert sind, nicht mehr zu. So stammte der ausführliche Bericht über die Wahl und Krönung Maximilians II., der 1563 bei David Zöpfel in Frankfurt am Main erschien, aus der Fe-
138 Allerdings galt dies nicht für den Handlungskontext der Herrschererhebung, bei der die zeremoniellen und rituellen Abläufe der Investiturakte, besonders der Krönung, die Berichterstattung dominierten. 139 Pesel, Warhafftyge und aigentliche Verzaichnüs. Pesel schilderte alle im Zeitraum zwischen dem Aufbruch Karls V. und Ferdinands I. aus Augsburg am 23.11.1530 und der Ankunft Ferdinands I. in Regensburg auf der Rückreise von der Krönung am 04.02.1531 öffentlich durch Kaiser und König vollzogenen Akte. Das Werk des kurkölnischen Rates Hartmann Moer über die Krönung Karls V. beschränkt sich dagegen auf diese und erschien auch erst drei Jahre danach. Maurus, Coronatio Invictissimi Caroli. Das erst wesentlich später publizierte Werk „De Electione & Coronatione Caroli V.“ von Melanchthon stellt eine Abhandlung über die Frage dar, warum Karl V. sich gegen die übrigen Wahlkandidaten durchsetzen konnte, weshalb die Beschreibung der Krönung nur eine halbe Seite einnimmt. Vgl. dazu Fromm, Zeitgenössische Berichte; Schubert, Reichstage, S. 188f., 211.
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der des gerade anstellungslosen Historikers Michael Beuther (1522–1587).140 Wie Pesel verfasste auch Beuther eine streng chronologische Darstellung aller bedeutsamen Vorkommnisse bei diesem Ereignis, jedoch war sein Werk im Hinblick auf seinen Informationsgehalt und den Stil der Darstellung dem Pesels deutlich überlegen. Am Beginn stand zunächst die Rechtfertigung des Autors, weshalb das Buch derart spät erschienen war, so habe er „allerley berichte in vilen dingen / so ich selbs augenscheinlich nicht gesehen / oder darbei gewesen war / nicht gäntzlich mochte vertrawen / bin ich dardurch verursacht worden / solch mein vorhaben / damit ich etlichen bei mir zweiuenlichen dingen / deß besser möchte nachforschen“.141 Beuther erhob damit explizit den Anspruch, eine durch eigene Forschungen abgesicherte Darstellung der Ereignisse liefern zu wollen, weshalb er auch mehrfach auf den ungesicherten Kenntnisstand zu bestimmten Einzelheiten hinwies. Anders als Pesel begründete Beuther zunächst die Rechtmäßigkeit der Wahl vivente imperatore, indem er historische Exempla für diese Form der Sukzession anführte. Der Nachweis einer bis in die Antike reichenden Tradition sollte die aktuelle Herrschererhebung legitimieren, schließlich sei das Römische Reich durch die Translatio Imperii Karls des Großen auf die „deutsche Nation“ übertragen worden.142 Dieser Abschnitt, der offenbar als Baustein zu einer Abhandlung über die Herrschererhebung im Reich gedacht gewesen war, die Beuther anlässlich des Wahltags hatte veröffentlichen wollen, aber nicht rechtzeitig fertig stellen konnte, schließt mit dem Verweis auf die Erhebung Ferdinands I. zum Kaiser 1558, weil dieser Akt die Voraussetzung der aktuellen Wahl vivente imperatore darstellte.143 Als Gründe für deren Notwendigkeit betonte der Autor jene Punkte, die schon Karl V. für die Wahl Ferdinands ins Feld geführt hatte: das Regiment bei Abwesenheit des Kaisers, dessen Beratung und Unterstützung 140 Beuther, Ordentliche Verzeychniß. Das Werk ist Georg Helfferich, Ratsherr in Leipzig und Schwager Beuthers, gewidmet. Zu Beuther vgl. ADB, Bd. 2, S. 589–93; NDB, Bd. 2, S. 202; Schubert, Reichstage, S. 240, 277. 141 Beuther, Ordentliche Verzeychniß, o.S. 142 Während die Antike und das Mittelalter vor Antritt der habsburgischen Herrschaft auf dem Kaiserthron nur summarisch abgehandelt werden, schilderte Beuther ausführlich, wie die habsburgischen Kaiser seit Friedrich III. ihre Nachfolge regelten. Dabei geht er bei der Wahl von 1531 auf das Problem des Erbkaisertums und den Protest des sächsischen Kurfürsten gegen die Wahl ein, der allerdings folgenlos geblieben sei. 143 Beuther berichtet außerdem von seinem Plan, anlässlich des Wahltags von 1562 eine deutsche Übersetzung der Wahl und Krönung Kaiser Karls V. von Hartmann Moer herauszubringen, entweder war ihm die bereits 1560 erschienene Übersetzung des Werkes entgangen oder er betrachtete diese als dem Original nicht angemessen. Schoene und lustige beschrybung (1561).
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sowie die Vermeidung von Sukzessionsstreitigkeiten. Außerdem sprach er den schlechten Gesundheitszustand Kaiser Ferdinands I. an, den dieser selbst gegenüber den Kurfürsten als zentralen Grund für die Regelung der Nachfolge im Reich angegeben hatte. Lediglich zwischen den Zeilen war der zunächst vorhandene Widerstand der weltlichen Kurfürsten gegen die Wahl herauszulesen.144 Erst danach begann die Beschreibung dieses Wahltags in Form eines Diariums, das mit Marginalien versehen ist, um dem Leser die Orientierung im Text zu erleichtern. Geschildert wurden zunächst die feierlichen Einzüge von Fürsten auf den Wahltag.145 Während es für diesen Teil der Darstellung offenbar keine gedruckten Vorlagen gab – Beuthers Werk überliefert als einziger Druck Details zum Ablauf der Herrschereinzüge – entsprach seine Schilderung der Wahl, die nur halb so lang ausfiel wie jene der Krönung, weitgehend einem 1562 durch Rab, Feyerabend und Han veröffentlichten Druck.146 Allerdings gab Beuther den gegenüber 1531 veränderten Wahleid im Wortlaut wieder und betonte, dass bei der Wahl „die siben Churfürsten allesamm persönlich bei eynander“ gewesen, wodurch er die Eintracht der Kurfürsten bei der Wahl von 1562 betonte, an der es 1531 bekanntlich gefehlt hatte.147 Auch auf die kaiserliche Approbation der Wahl ging er ein, weil dieser Akt eine Besonderheit der Wahl vivente imperatore darstellte. Die Wahlverhandlungen wurden dagegen nicht thematisiert, denn ein wesentliches Element der kurfürstlichen „Präeminenz“ bei der Königswahl bestand ja gerade darin, weder die eigenen Interessen offen zu legen, noch die getroffene Entscheidung öffentlich zu rechtfertigen. Die Verhandlungen sollten nicht „gemein“ gemacht werden, sondern „geheim“ bleiben in dem Sinn, dass nur ausgewählte Adressaten davon Kenntnis erhielten.148
144 Beuther vermerkt, dass die Kurfürsten die Wahl Maximilians „mehrern theyls hierinn vnbeschwert“ akzeptiert hätten. Beuther, Ordentliche Verzeychniß, o.S. 145 Dabei behauptet Beuther beim Kaisereinzug fälschlicherweise, dass Maximilian mit den Kurfürsten dem Kaiser entgegengezogen sei, obwohl diese gerade Wert darauf gelegt hatten, dass dieser beim Einzug nicht erschien. Vgl. dazu Kap. II.3.b. 146 Kurtze und gründtliche Beschreibung (1562). 147 Dass Beuther berichtet, Maximilian II. habe beim Zug zur Wahl die böhmische Krone getragen „in massen ihrer Königlichen W. bei solcher unnd dergleichen gelegenheyt / nach vermöge der Guldinen Bullen / zuthun gebürt“, zeigt, dass er die normativen Vorgaben der Goldenen Bulle offenbar nur bedingt kennt, denn diese legt nichts Derartiges fest. 148 Allerdings erschienen die Wahlkapitulationen oft vollständig oder in Kurzfassung im Druck, vgl. schon Verschrybung (1519); Extract (1613). Die Wahlkapitulationen von 1562 und 1575 scheinen nicht in nennenswertem Ausmaß durch den Druck verbreitet worden zu sein. Ab 1619 geschah dies jedoch regelmäßig.
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Bei der anschließenden Beschreibung der Krönung begründete Beuther zunächst, weshalb diese in Frankfurt am Main stattgefunden habe, weil dies eine Abweichung vom gängigen Verfahren darstellte, während er sich bei der Schilderung der Krönungsmesse wiederum eng an den Druck von Rab, Feyerabend und Han hielt.149 Dass dieses Verfahren aus einem Mangel an eigener Anschauung resultierte, wird deutlich, wenn man die in beiden Texten enthaltenen Beschreibungen des Tumultes bei Münzwurf und Preisgabe im Anschluss an die Krönungsmesse vergleicht. Während der als Quelle verwendete Druck von 1562 die Vorgänge mit einem Satz umrissen hatte, schilderte Beuther das Geschehen so ausführlich und zugleich plastisch, wie dies nur durch eigene Beobachtung möglich war: „Dem einen wurden die Schuhe außgetretten/ dem andern der Hut vom Kopffe/ Mantel vom Leibe/ Dolch von der scheyde/ sonderlich woh eine silberin war/ villeicht auch Seckel auß dem Busen /vnd Tasche vom Gürtel verzuckt/ so hatte mannicher eine Hand nach dem Gelde außgereckt/ vnnd konte sie in eyner guten weile nit wider zu sich bringen/ zu geschweigen/ daß etwas einer im getränge/ von der Erde gehaben/ vnd beinahe in einem viertheyl einer stunde nicht widerumb fussen konte/ vnd kame neben etlichen vil Hüten/ Schuhen/ vnnd dergleichen Haußrathe/ so in der luffte vmbher floge/ endlich ein Korb/ meines erachtens/ einem Weibe vom Arm gerissen/ auff die Bahn/ wurde in die höhe/ vnd denn von einem zum andern hin vnnd wider geworffen/ daß er wol in einer halben stunde/ keyne bleibende statt finden mochte“.150
Der Bericht endete mit einer Darstellung der sich an die Krönung anschließenden Festlichkeiten sowie der Abreise von Kaiser, König und Fürsten aus Frankfurt. Außerdem übernahm Beuther die ersten zwei Rubriken des Personenverzeichnisses von Rab und Feyerabend und hob auf diese Weise die anwesenden Fürsten als Hauptakteure noch einmal besonders hervor.151 Beuthers Werk, das ein historisches Problembewusstsein auszeichnete, welches deutlich über 149 Dabei entsprachen die angeführten Argumente – die Ersparung von Zeit, Kosten und Aufwand sowie die fehlende Weihe des Kölner Erzbischofs – durchaus den Tatsachen. Vgl. dazu Kap. I.1. 150 Beuther, Ordentliche Verzeychniß, o.S. In der Darstellung des Krönungsbankettes, bei dem Wein „von den berhümtesten gewächsen in Teutscher Nation“ ausgeschenkt worden sei, wird ein gewisser „Reichspatriotismus“ deutlich, der sich auch in anderen Berichten finden lässt. Vgl. allgemein Schmidt, Teutsche Kriege, sowie unten in diesem Abschnitt. 151 Dabei erstaunt, dass Beuther nicht weiß, ob die Gemahlin Maximilians nun Maria oder Johanna heißt. Als einziger Verfasser führte er die Mitglieder des Frankfurter Rates auf, da diese soziale Gruppe eine wichtige Zielgruppe verkörperte, die er mit seiner Darstellung erreichen wollte.
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das anderer Publizisten in diesem Kontext hinausging, weil es auf einer intensiven Auseinandersetzung mit der Reichsgeschichte basierte, nahm formal und inhaltlich die Wahl- und Krönungsdiarien des 17. Jahrhunderts vorweg und gewann deshalb eine hohe Prägekraft für die Entwicklung dieser anlassspezifischen Textgattung. Dies gilt in noch stärkerem Maße für die publizistische Großoffensive, welche die Frankfurter Verleger Georg Rab, Sigismund Feyerabend und Weygand Han (Erben) anlässlich dieser Herrschererhebung starteten. Am Beginn stand die „Kurtze und gründtliche Beschreibung“, welche noch 1562 auf den Markt gebracht worden war.152 Das Hauptgewicht dieser Darstellung lag auf den Zugfolgen innerhalb und außerhalb des Kirchenraumes, auf der Session von Kaiser, König, Kur- und Reichsfürsten in der Kirche sowie auf der Ausstattung des Kirchenraumes mit prachtvollem Gestühl, Bühnenbauten und Wandteppichen. Im Gegensatz zu anderen Publizisten berichtete der unbekannte Autor, dass sich nicht nur die weltlichen Kurfürsten, sondern auch protestantische Reichsfürsten während eines Teils der Messe zurückgezogen hätten, weil sie „bey solchen Ceremonien nicht pflegen zu seyn“, wobei er auch erwähnte, dass Friedrich III. von der Pfalz vor den beiden anderen Kurfürsten abgetreten sei. Bei der Krönung schilderte er zwar die Befragung des Königs, die Salbung153 und die Insignienübergabe samt den damit verbundenen Sprechakten, die als weniger wichtig erachtete Allerheiligenlitanei oder die Akklamation durch das Volk ließ er jedoch weg. Auch der Verzicht Maximilians auf die Kommunion bleibt außen vor.154 Da dieser Druck offenbar den Geschmack der Käufer getroffen hatte, brachte das geschäftstüchtige Verlegergespann dasselbe Werk 1563 unter verändertem Titel erneut heraus, nun kombiniert mit dem einzeln veröffentlichten Personenverzeichnis und einem ebenfalls schon publizierten Bericht über die
152 Kurtze und gründtliche Beschreibung (1562), o.S. Vgl. auch das bereits besprochene Verzeichnis aller Potentaten (1562) von Rab und Feyerabend. 153 Hier wird fälschlich behauptet, der Kurfürst von der Pfalz habe dem Gesalbten das Öl im Konklave abgewaschen. Es war jedoch der Kurfürst von Brandenburg als Reichserzkämmerer gewesen. 154 Dafür werden alle vom König zum Ritter geschlagenen Personen sowie auch die Himmelträger namentlich aufgeführt. Der Text schildert darüber hinaus die Anwesenheit der Fürstinnen in der Krönungskirche und ihre Fahrt zur kursächsischen Herberge, wobei der Autor diesem Sachverhalt eine untergeordnete Bedeutung zuweist, indem er diese Passage mit der Formulierung enden lässt, „damit ich wider zu der Narration kom“. Kurtze und gründtliche Beschreibung (1562).
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böhmische Krönung Maximilians II.155 Die große Zahl der erhaltenen Exemplare dieser Kompilation aus mehreren Druckwerken spricht nicht nur für eine hohe Auflage, sondern auch dafür, dass diese Schilderung von vielen Käufern als verbindliche und deshalb aufbewahrungswürdige Version des Ereignisses betrachtet wurde. Dabei hatten diese Verleger anders als Beuther gar nicht versucht, eine umfassende Schilderung des Wahltages zu liefern, sondern sich auf die Erhebungsakte konzentriert, wobei die Krönung als inszenatorischer Höhepunkt im Zentrum der Darstellung stand.156 Das konzertierte Agieren dieser drei Verleger führte zu einer inhaltlichen und formalen Standardisierung der Wahltagsberichterstattung von 1562, denn der Inhalt ihrer Drucke wurde von anderen Werken in der Folge vielfach übernommen.157 Dies gilt für die 1563 bei Johann Birckmann und Werner Richwin in Köln erschienenen „Acta et gesta celeberrimi conventus electoralis“. In dieser lateinischen Version finden sich selbst die inhaltlichen Fehler des Vorbildes wieder.158 Die gewählte Sprache und die formale Gestaltung des Werkes sprechen dafür, dass es primär für die gehobenen Ansprüche einer sozialen und kulturellen Oberschicht bestimmt war. So war der Text sehr raumgreifend gedruckt und mit aufwendig gestalteten Initialen versehen. Das Titelblatt zierte eine ovale Holzschnittvignette, die das Opfer Abrahams zeigte, wodurch die sakrale 155 Warhafftige Beschreibung, welcher gestalt die Königkliche wirde (1563). Integriert wurden die Kurtze und gründtliche Beschreibung (1562); Warhafftige Beschreibung vnd verzeichnuß (1562); Verzeichnis aller Potentaten (1562). Die Texte der Vorlagen wurden punktuell verändert. So wurden falsche Personennamen korrigiert und bei der Königskrönung zusätzlich einzelne Sprechakte abgedruckt, zum Beispiel jene im Rahmen von Salbung und Insignienübergabe. 156 Der einzige Akt, der ausführlicher gewürdigt wurde, war die kaiserliche Audienz
der osmanischen Gesandtschaft am 27.11.1562. Auch dazu hatten diese Verleger bereits einen Druck veröffentlicht: Anbringen Türckischer Botschafft (1562).
157 Gelegentlich lassen sich konfessionell motivierte Änderungen feststellen. So fragt in den von Protestanten verfassten Darstellungen der Koronator den König nicht, ob dieser den katholischen Glauben erhalten wolle, sondern spricht vom christlichen Glauben. Im Exemplar der Stadtbibliothek Trier hat der Vorbesitzer diese Passage handschriftlich korrigiert, weil für ihn der Begriff „katholisch“ von zentraler Bedeutung war. Kurtze und gründtliche Beschreibung (1562), Stadtbibliothek Trier, Ak 1221 8‘, o.S. Andere Berichte ließen jenen Passus weg, in dem der König versprach, dem Papst Gehorsam zu leisten. Wahl- und Crönungshandlung, Das ist: Kurtze und warhafftige Beschreibung (1612), Nachdruck von Lorenz Kober in Leipzig. Vgl. dazu Kap. IV.1.c. 158 Acta et gesta (1563). So erwähnt die Krönungsbeschreibung zunächst vier Ratsherren unter dem Himmel, es werden aber dann sechs genannt. Das Potentatenverzeichnis enthält dieselben Druckfehler wie sein deutsches Vorbild. Einige Inhalte wurden auch ergänzt. Zum Beispiel wurde der Habit von Kurfürsten und böhmischem König ausführlicher beschrieben als im Original.
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Dimension des Erhebungsaktes evoziert wurde. Auch ein zweiter Wahl- und Krönungsbericht in lateinischer Sprache aus der Feder von Adam und Nikolaus Heyden übernahm weitgehend die Beschreibung von Rab, Feyerabend und Han, obwohl die Autoren in ihrer Vorrede behaupteten, ihrer Schilderung lägen eigene Eindrücke des Geschehens zu Grunde.159 Eine ähnlich dominante Rolle kam 1612 der „Wahl und Crönungshandlung“ der Frankfurter Verleger Johann Bringer und Heinrich Kröner zu, die vielfach vollständig oder auszugsweise und in unterschiedlichen Sprachen nachgedruckt wurde.160 Dieser Druck verband die Darstellungsprinzipien der 1610 und 1612 durch Bringer erneut herausgebrachten Wahltagsbeschreibung von Rab, Feyerabend und Han mit jener von Michael Beuther.161 Anders als diesen waren ihm jedoch mitunter großformatige Kupferstiche beigefügt, was bei den Wahl- und Krönungsdiarien der Folgezeit regelmäßig beobachtet werden kann.162 Einige der überlieferten Versionen erhalten darüber hinaus die durch Matthias erlassene Wahltagsordnung, Casualcarmina sowie Beschreibungen der zuvor vollzogenen ungarischen und böhmischen Krönung von Matthias und seiner Einzüge in Breslau 1611 und Nürnberg 1612.163 Diese Ereignisse wurden offenbar als zum Erhebungsakt zugehörig betrachtet, weil sie stellvertretend für den in der Neuzeit außer Gebrauch gekommenen Königsumritt stehen konnten. Allerdings ist oft unklar, ob derartige Sammelwerke bereits in dieser Form vertrieben worden waren oder nicht vielmehr erst im Nachhinein durch ihre Besitzer zusammengebunden wurden. Wie Beuther verwies der unbekannte Autor zunächst auf die Tradition der Wahl vivente imperatore und führte Beispiele für dieses Verfahren an. Zwar 159 Heyden, De Electione. Zu diesen beiden Autoren vgl. schon Kap. V.1. 160 Wahl- und Crönungshandlung, Das ist: Kurtze und warhafftige Beschreibung (1612). Der Text erschien u.a. in englischer, französischer und lateinischer Sprache. 161 Wahl und Crönungs Handlung (1610). Wie Beuther versuchte der Autor eine Gesamtdarstellung des Wahl- und Krönungstages, er übernahm aber die Kapitelgliederung von Rab, Feyerabend und Han und trennte die Ereignisbeschreibung vom Anwesenheitsverzeichnis. 162 Da die Mehrzahl dieser Illustrationen auch eigenständig erschien, werden diese in Kap. V.3.c besprochen. Als spätere Diarien vgl. Merian, Beschreibung und Abbildung; Ordentliches Diarium (1711); Vollständiges Diarium (1742). 163 Wahl- und Crönungshandlung, Das ist: Kurtze und warhafftige Beschreibung (1612). Verwendet wurden die folgenden Drucke: Jessen, Regis Ungariae, Matthiae II., Coronatio; Reuter, Klare und eigentliche Beschreibung; Zawieta von Zawietitz, Crönung der König. Mayt. Matthiae; Lascarinus, Warhaffte Beschreibung; teilweise auch Röslin, Tabella des Welt Spiegels (Horoskop anlässlich der Kaisererhebung) sowie Discurs oder Politische Erzehlung (1612).
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fand die Wahl von 1612 gar nicht zu Lebzeiten Rudolfs II. statt, dennoch sei sie bereits auf dem Nürnberger Kurfürstentag 1611 „wegen der Gefahr/ darinnen das H. Römische Reich jetziger Zeit begriffen gewesen/ vnd dann zu Verhütung allerhand Ungelegenheiten vnd Weitläufftigkeiten/ so bey den Interregnis gemeyniglich zu enstehen pflegen“164 beschlossen worden. Dass dies gegen den Willen Rudolfs II. geschah, wurde verschwiegen. Dafür wurden nun auch die Session der Kurfürsten bei den Wahlverhandlungen und der städtische Sicherheitseid dargestellt, möglicherweise deshalb, weil sich bereits hier jene sozialen Konflikte angedeutet hatten, die in den Fettmilchaufstand mündeten.165 Bei der Schilderung der Wahl differenzierte der Autor genau zwischen den zeremoniellen Handlungen der persönlich anwesenden Kurfürsten und jenen des brandenburgischen Gesandten.166 Zum einen waren 1562 alle Kurfürsten anwesend gewesen, die Frage, in welchem Umfang ein Gesandter eines Kurfürsten stellvertretend für diesen handeln darf, hatte sich deshalb gar nicht gestellt. Zum anderen kam es 1612 zum Streit zwischen dem brandenburgischen Gesandten und dem Reichserbkämmerer um die Ausübung des Erzkämmereramtes, so dass es nahe lag, den ausgehandelten Kompromiss zu dokumentieren.167 Die Beschreibung der Krönung begann mit dem Hinweis, dass diese in Frankfurt und nicht in Aachen stattgefunden habe, was aber nun lediglich mit den ebenfalls nicht dort vollzogenen Krönungen von 1562 und 1575 begründet wurde.168 Der Zug zur Krönung verlief wegen des regnerischen Wetters wenig „zierlich“, denn der Autor vermerkt kritisch, dass das Gefolge von König und Kurfürsten „einander nit so ordentlich nachgefolgt/ sondern zertheilet/ vnd
164 Wahl- und Crönungshandlung, Das ist: Kurtze und warhafftige Beschreibung (1612), o.S. 165 Außerdem wurde die Proklamation teilweise wortwörtlich wiedergegeben. 166 Auch beim Krönungsbankett wurde mit Verweis auf die Goldene Bulle begründet, dass der Tisch des Kurfürsten von Brandenburg leer bleiben musste, weil der Gesandte „was Würden oder Standts der seye [...] zwar an statt deß jenigen/so jhne geschickt/ Inhalt habenden Gewalts zu zulassen/ doch an dem Tisch vnd Sitz/ welcher dem/ so ihne geschickt/ verordnet/ nicht sitzen soll.“ Wahl- und Crönungshandlung, Das ist: Kurtze und warhafftige Beschreibung (1612), o.S. 167 Vgl. vorn Kap. IV.1.a. Auch andere Besonderheiten wurden hervorgehoben, so die mit goldenem Tuch geschmückte Session auf dem Lettner für Friedrich V. von der Pfalz während der Wahl. 168 Dass die Gesandten der Stadt Aachen „dißmal gar abgewiesen“ worden seien, wurde recht allgemein mit „Enderung vnd Strittigkeiten im Regiment daselbsten“ begründet.
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von einander gangen.“169 Die Teilakte der Krönungsmesse wurden samt dem Vollzug der Kommunion sub una specie durch den König ausführlich dargestellt, ohne dass die Anwesenheit weltlicher Kurfürsten während der gesamten Krönungsmesse als wesentliche Änderung gegenüber 1562 und 1575 kommentiert worden wäre. Auch die Krönung Annas von Tirol schilderte der Autor, da es sich hier aus der Perspektive der Zeitgenossen um ein Novum handelte. Was diesen Akt von dem der männlichen Krönung unterschied und welche Rolle diese Unterschiede für die symbolische Deutung und rechtliche Relevanz beider Investiturakte spielten, musste sich der Leser jedoch selbst zusammenreimen.170 Außerdem erschien 1612 eine Vielzahl weiterer Drucke, wobei sich kürzere Darstellungen oft auf jene Handlungssequenzen beschränkten, die außerhalb der Kirche stattfanden, was den Schluss nahelegt, dass die Autoren über die Abläufe im Inneren nicht genau informiert waren und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch nicht auf andere Drucke zurückgreifen konnten. So standen bei der Krönung die feierlichen Aufzüge durch die Stadt und der Vollzug der Erzämter im Vordergrund. Der Sensationscharakter vieler Publikationen zeigt sich in der Konzentration auf den mit der Preisgabe verbundenen Ausbruch von Gewalt beim Krönungsbankett.171 Besonderen Wert legten die Autoren auf die Darstellung von Körperverletzungen und Todesfällen, wobei das tatsächliche Ausmaß der Gewalt nicht selten übertrieben wurde, um das Interesse der Leser an „erschröcklichen“ Nachrichten zu bedienen.172 Dabei betonte man gern, wie planlos und unsinnig das Volk gehandelt habe. Auf diese Weise bedienten die Drucke die Vorurteile der politischen Elite gegenüber dem ‚Pöbel‘, der zu sinnvollem Handeln ohne obrigkeitliche Anleitung angeblich nicht in der Lage war. Mit solchen Argumentationen legitimierte die Publizistik indirekt die bestehende Herrschaftsordnung, ohne dass dies jedoch ihr Ziel gewesen sein muss. Als Grundtenor der gedruckten Wahl- und Krönungsbeschreibungen kann die Betonung von Einigkeit und Harmonie zwischen Kaiser, Kur- und Reichs169 Wahl- und Crönungshandlung, Das ist: Kurtze und warhafftige Beschreibung (1612), o.S. 170 Im Anschluss wurden außerdem einige Bankette, Ritterspiele, das wegen Regenwetters verschobene Feuerwerk sowie die auf Wunsch des Kaisers durchgeführte Fronleichnamsprozession beschrieben. 171 Vgl. dazu schon Kap. III.1.b. 172 Der Autor einer Zeitung berichtete sogar über „viele“ Todesfälle bei der Preisgabe, was nicht den Tatsachen entsprach. Ein anderer behauptete, beim Streit um den Ochsen seien einigen Untertanen etliche Finger abgeschnitten und einer Dienstmagd durch die linke Brust gestochen worden. Neudorff, Gründtliche Beschreibung, o.S. Newe Zeitung. Warhafftiger bericht von den Einzuge (1612).
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fürsten herausgestellt werden. Diese zeigte sich nach Auffassung der Autoren in der großen Zahl der persönlich anwesenden Herrschaftsträger und im geordneten Ablauf des Investiturverfahrens. So hieß es etwa: „Und ist solcher Tag in aller libe vnd freundtschafft bey so mechtigen Fürsten vnd so grosser anzal deren vom Adel / dergleichen sitt dem Concilio zu Costnitz nicht bey einander gewesen/gehalten vnd zugangen / das man nicht kan sagen das jemandt mit dem andern in zerwürffnuß kommen sey.“173 Auch Beuther hatte darauf hingewiesen, dass Kaiser und König nicht nur die Kur- und Reichsfürsten einige Male zum Bankett geladen hätten, sondern auch, dass der Kaiser auf Einladung mehrfach „selbs persönlich kommen/ vnnd sich dermassen mit allen gnaden gegen ihnen erzeygt“, dass man Gott für dieses gute Einvernehmen zwischen Kaiser und Reichsfürsten danken müsse.174 Dies galt selbst für die Herrschererhebung von 1612, obwohl sich zu diesem Zeitpunkt die Konflikte im Reich beträchtlich verschärft hatten. Nachdem der Autor der „Wahl- und Crönungshandlung“ die im Vorfeld der Wahl auftretenden Konflikte weitgehend ausgespart hatte, beschloss er seinen Wahlbericht mit der Behauptung: „Und ist also die Königliche Wahl/ mit Verleihung göttlicher Gnaden/ allerdings glücklich vnd wol abgangen/ vnd die zu Hungern vnd Böheim König. Majest. MATTHIAS der Ander/ etc. mit einhelligem Consens der sämptlichen Churfürst. auch jedermännigliches Frolocken vnd Gratulation zum Römischen König/ vnd Haupt deß Heyligen Röm. Reichs erwöhlet worden.“175 Dass diese Bewertung einen topischen Charakter besaß, zeigt der Vergleich mit der Publizistik von 1562, in der es bereits geheißen hatte: „Und ist obbemeldte Election vnd Wahl also einig/ und mit also einhelliger stimme aller Churfürste/ zugange/ deßgleichen in etlich hundert jaren nie geschehen/ Derwegen sich umb so viel desto mehr lieb und gehorsam zwischen allen theilen/ un dadurch desto bessern Regiments zuversehen.“176 Ein offenbar durch einen hessischen Geistlichen verfasster Bericht von 1612 schließt mit der an Pathos nicht mehr zu überbietenden Aufforderung: Jubiliert/ Triumphiert/ O ir ReichsStände/ Es frewt sich Chur- und Fürsten/ Grafen und Herren/ Ritter unnd Knecht/ Edel und Unedel/ Burger und Bawer/ Städte und Gemaindte/ es frewe sich im Römischen Reich alles was Athem hat. O ihr Churfürs173 Kurtze und gründtliche Beschreibung (1562), o.S. 174 Beuther, Ordentliche Verzeychniß, o.S. 175 Wahl- und Crönungshandlung, Das ist: Kurtze und warhafftige Beschreibung (1612), o.S. 176 Kurtze und gründtliche Beschreibung (1562). Ähnliche Formulierungen finden sich in den Wahltagsprotokollen, die bei umfangreicheren Darstellungen als Quelle gedient haben dürften. Vgl. zum Beispiel HHStA Wien, MEA WaKr 5, fol. 105’.
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ten und helle Stern der Welt/ der H. Geist hat ohnzweiffel in euch gewürcket/ mit dieser Wahl gebt ir an hellen Tag/ wie hoch euch deß Heyl: Röm: Reichs wolfahrt/ Fried und Ruhe gelegen sey/ in dem ihr den Allerdurchleuchtigisten/ Großmächtigisten/ Allerweisesten/ Christlichsten und Friedliebensten König MATTHIAM/ zum Röm: Keyser erwöhlet/ und ime das Regiment heimgestellt habt/ ohn zweiffel/ dieweil der Keyser und Ir Leben werdet/ So werden wir in gutem Friden im Röm: Reich unverhinderlich leben/ Dann ewer Ansehen bey allen Potentaten uber Groß und Mechtig/ unnd ewer Einigkeit demselben Schröcklich / darwider sie nichts tun dörffen noch können/ das Röm: Keyserthumb werden sie wol auff den Teutschen verbleiben müssen lassen/ Dann Gott ist mit euch/ unnd der H. Geist würcket in euch/ der führt euch auff rechtem Wege/ und gibt euch Weißheit und Verstandt/ was ihr thun unnd lassen sollet.“177
Bis zu einem gewissen Grad spiegeln derartige Aussagen sicher die beim Herrschaftsantritt eines Kaisers von der Bevölkerung des Reiches tatsächlich gehegten Wünsche und Hoffnungen auf das unbeschadete Fortbestehen dieses Herrschaftsverbandes, auf Frieden und Eintracht zwischen Kaiser und Reichsständen, aber auch innerhalb der Reichsstädte und Reichsterritorien wider – wie wenig berechtigt diese Hoffnungen im aktuellen Fall auch sein mochten. Daneben können sie als Beleg eines schichtenübergreifenden Reichsbewusstseins gedeutet werden, das bei Herrschererhebungen als Kulminationspunkte der performativen Vergegenwärtigung des Reiches im kollektiven Handeln von Kaiser, Reichsständen und Reichsuntertanen vielfach zu beobachten ist. Topischen Charakter besitzt die in diesem und anderen Texten transportierte ideelle Verknüpfung des Heiligen Römischen Reiches mit der deutschen ‚Nation‘ – die Vorstellung, dass das Reich ein „teutsches“ sei und „teutsch“ bleiben müsse, wobei dieser Begriff inhaltlich nicht gefüllt wird. Derartige Topoi wurden durch die Wahl- und Krönungspublizistik tradiert, popularisiert und auf diese Weise in ihrer gesellschaftlichen Wirkmächtigkeit verstärkt. d) „Plausus Adventorius“. Poetisches Herrscherlob Der affirmative Tenor der Publizistik im Kontext von Kaiserauftritten kulminierte in einer Textgattung, deren Inhalt einzig und allein in der Huldigung des Herrschers bestand: den Casualcarmina.178 Casualcarmina, die sich durch ihre 177 Neudorff, Gründtliche Beschreibung, o.S. 178 Zu dieser Textgattung allgemein Rudolf Drux: Art. Gelegenheitsgedicht, in: HWRh, Bd. 3, Tübingen 1992, S. 653–668; Björn Hambsch, Art. „Herrscherlob“, in: ebd., S. 1377–1392. Bislang stand die Panegyrik am Hof Maximilians I. im Zentrum der Forschung. Müller, Deutsch-lateinische Panegyrik; Füssel, Dichtung und Politik; Heldt,
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poetische Form sowie die Merkmale der Okkasionalität, Repräsentativität und Funktionalität auszeichneten, verkörpern eine Ausdrucksform des Panegyricus, zu dem auch jene Lobreden zu rechnen sind, die bei Kaiserauftritten zwar ebenfalls gehalten, aber seltener veröffentlicht wurden.179 Die Zahl der publizierten Casualcarmina war dann besonders hoch, wenn der Kaisereinzug direkt in Verbindung mit einer Herrscherinvestitur stand oder in geringem zeitlichen Abstand auf diese folgte.180 Eine besonders enge Beziehung zwischen Lobgedicht und Einzugsinszenierung bestand, wenn dieses beim Adventus rezitiert, intoniert oder an der Einzugsroute aufgehängt worden war.181 Dabei wurde diese Textgattung einzeln als Flugschrift oder Einblattdruck, angehängt an andere Textgattungen oder in Sammelbänden veröffentlicht, die Carmina mehrerer Autoren enthielten.182 Im vorliegenden Kontext lassen sich zwei Formen von Gelegenheitsgedichten unterscheiden: jene, die allgemein Tugenden und Ruhmestaten des einziehenden Herrschers besangen, und jene, die das Herrscherlob mit einer Einzugsbeschreibung verbanden. Die meisten Carmina lassen sich der ersten Form zurechnen. So veröffentlichte der Poet und Arzt Johannes Posth 1562 ein Casualcarmen, in dem er die allgemeine Freude im Reich ob der Wahl beschreibt und den neuen König als Förderer der Musen, als Beschützer der Religion und als Verteidiger gegen die Türken preist.183 Der qualitätvolle Druck ist mit einer Titelvignette versehen, deren emblematisches Motiv auf die Tugenden des Herrschers und zugleich auf
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Regent; Römer, Panegyrik. Bereits in der Antike trat das poetische Herrscherlob im Kontext von Herrschereinzügen auf. McCormick, Eternal Victory. Vgl. die Predigten von Glaser, Arbor Imperialis; Wesemann, Geistliche Freudenpaucke. Bei den Wahltagspredigten fällt der weitgehend überkonfessionelle Charakter der Predigttexte auf, im Gegensatz zum Tenor der veröffentlichten Reichstagspredigten. Zudem ist eine Vielzahl handschriftlicher Casualcarmina erhalten. Dazu Römer / Klecker, Poetische Habsburg-Panegyrik. Für vertonte Lobgedichte siehe Panagl, Lateinische Huldigungsmotetten. Casualcarmina wurden auch im Anhang von Wahltagsbeschreibungen veröffentlicht. So enthält die Relatio Von der Wahl und Kroenung (1612) zwei Sonette an Matthias und eines an Anna. Besonders viele Casualcarmina sind bei erbländischen Einzügen überliefert, da der Kaiser hier als Landesherr einzog. So erschien zum Einzug Kaiser Ferdinands I. 1558 in Prag ein Sammelband mit Gedichten von Mitgliedern der Prager Akademie, darunter des späteren Rektors Petrus Codicillus de Tulechova (1533– 1589), der auch 1562 beim Einzug Maximilians zur böhmischen Krönung ein Casualcarmen publizierte. Ders., De triumphali adventu; ders., Chorus Musarum. Posth, Carmen gratulatorium; vgl. dazu Strein, Lehrdichtungen des Johannes Posthius. Posth veröffentlichte auch ein Trauergedicht auf den Tod Maximilians II. in Regensburg 1576 gemeinsam mit einem Lobgedicht auf dessen Nachfolger Rudolf II.
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jene des Dichters verweist.184 Enthalten ist darüber hinaus ein Gedicht des Baseler Gelehrten Johann Martin Huber, der Posth als Poeten rühmt, dessen Lobgesang auf den Herrscher weithin im Reich erschalle. Herrscherlob und Lob der eigenen Gelehrsamkeit gingen hier eine Symbiose ein, die beide Seiten im Glanz des jeweils Anderen erstrahlen lassen sollte. Dies gilt auch für den umfangreichen Sammelband, den der Historiker Johann Voerthusius 1563 veröffentlichte. Dieser enthielt Werke von mehreren auf dem Wahltag anwesenden Gelehrten, darunter der kaiserliche Rat und spätere Bischof von Triest, Andrea Rapicio, oder der in Heilbronn als Rektor wirkende Johann Lauterbach. Am Schluss listet Voerthusius nach Disziplinen geordnet alle Verfasser auf, wodurch der Band zu einem ‚Who is Who‘ humanistischer Gelehrsamkeit im Reich wird, das nicht zuletzt der Eigenwerbung diente.185 Dies gilt in noch stärkerem Maße für den Sammelband „Corona imperialis“, den der Nürnberger Jurist und Ratssyndikus Bernhard Prätorius Kaiser Matthias und Anna von Tirol 1612 widmete.186 Dieser ausgesprochen repräsentativ gestaltete Band enthält über 180 Werke, die anlässlich der Herrschererhebung sowie der anschließenden Kaisereinzüge in Nürnberg, Rothenburg ob der Tauber, Würzburg, Wien und Prag entstanden waren. Auf dem Titelblatt sind als Blickfang die Rückseiten einer Auswurfmünze sowie einer Medaille zur Krönung Matthias’ mit dessen Herrscherdevisen „CONCORDI LUMINE MAJOR“ sowie „FIRMATUM COELITVS OMEN“ abgebildet (Abb. 45). Das Umschlagblatt zeigt das von der Kaiserkrone überfangene Monogramm des Kaisers und seinen Wahlspruch „AMAT VICTORIA CURAM“.187 Auf diese Weise wird der Leser vor der Lektüre auf den Inhalt des Werkes eingestimmt,
184 Die Vignette zeigt einen Lorbeerkranz, einen Lorbeer tragenden Adler und eine nimbierte männliche Büste, aus der Flammen schlagen. Vgl. dazu Camerarius, Symbolorum & emblematum, Nr. 1. 185 Voerthusius, Academiae Veteris Et Novae. Einige dieser Gedichte finden sich auch im Anhang von Heyden, De Electione. 186 Prätorius, Corona Imperialis. Zur Rolle von Prätorius beim Einzug von 1612 in Nürnberg vgl. Kap. II.1.b. Der Band enthält außerdem eine gekürzte Fassung der Wahl- und Krönungsbeschreibung von Bringer und Kröner und eine Beschreibung des Nürnberger Einzugs, die offenbar von Prätorius stammt. Für die Wahl und Krönung Rudolfs II. sind deutlich weniger publizierte Casualcarmina überliefert. Vgl. etwa Rotmar, Carmen syncharisticum. 187 Die Erklärungen zu diesen Abbildungen folgen nach der Widmung. Prätorius, Corona Imperialis, S. 7f. Zur Auswurfmünze und zu der von Paulus van Vianen geschaffenen Medaille vgl. Kap. VI.1.b.
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denn die Interpretation und die Variation dieser Symbole und Devisen ziehen sich durch den gesamten Band.188 An der „Corona imperialis“ beteiligten sich knapp 50 Autoren (Tab. 9.4), die ihre Gedichte teilweise schon einzeln publiziert hatten.189 Darunter befand sich mit Elizabeth Jane Weston auch eine Frau, die sich am Prager Kaiserhof durch ihre geschliffenen Verse bereits einen Namen gemacht hatte.190 Die Beiträger kamen aus unterschiedlichen Teilen des Reiches sowie teilweise auch aus anderen Regionen Europas, wobei es sich in diesem Fall meist um Personen aus dem Umfeld des Kaiserhofes gehandelt haben dürfte. Vertreten waren offenbar überwiegend Protestanten, aber auch Katholiken, darunter mehrheitlich solche nichtadliger Herkunft. Dabei lassen sich vier soziale Gruppen unterscheiden: Räte und untergeordnete Amtsträger in fürstlichen Diensten mit oft juristischer Ausbildung; an Bildungseinrichtungen wie Universitäten und Schulen angestellte Gelehrte; geistliche Würdenträger meist katholischer Konfession; sowie Autoren ohne feste Anstellung, die offenbar gerade auf der Suche nach einem Gelderwerb waren.191 Damit verkörpert dieser Band ein repräsentatives Spiegelbild der res publica literaria in ihrer Konfessionen, Berufsgruppen, Stände und Territorien überwindenden Qualität, wobei sich hier die Concordia der Gelehrten und jene zwischen Kaiser und Reich symbolisch die Hände reichten. Das Werk bietet einen hervorragenden Überblick über die Formen, welche die Huldigungslyrik in dieser Phase annahm. So finden sich zum Beispiel Figurengeschichte, Chronogramme, Epigramme, Anagramme und Tautogramme in gereimter oder ungereimter Form, mit und ohne einheitliches Versmaß. Fast alle Carmina sind in lateinischer Sprache abgefasst, was verdeutlicht, dass sie sich primär an eine schmale, humanistisch gebildete Elite im Reich und in Europa richteten.192 Die Topik der in ihnen beschworenen Herrschertugenden orientiert sich an der zeitgenössischen Fürstenspiegelliteratur und wird mithilfe der 188 In der Abbildung dieser Artefakte zeigt sich der intermediale Charakter solcher Publikationen, zumal die hier publizierten Gedichte häufig aus Versatzstücken anderer Werke bestanden und wiederum selbst als Steinbruch für spätere Generationen von Huldigungsdichtern dienten. 189 So Piccart, Epos geminum; Marstaller, Gratiarvm actio. 190 Vestonie, Ad Serenissimum; dazu weiterführend Bassnett, Hidden Roots; Hosington, Weston and Men’s Discourse. 191 Ein schönes Beispiel ist der mit über 30 Werken vertretene Melchior Agricola, der 1611 wegen sittlicher Verstöße als Lehrer entlassen worden war und dringend eine neue Anstellung brauchte. Vgl. dazu auch die Angaben für Johann Steinmetz (II:) in Tab. 9.4. 192 Darunter befinden sich außerdem jeweils zwei Gedichte in griechischer, italienischer und spanischer Sprache. Die beiden italienischen Werke stammen von Pirro Carnevalli, die spanischen von Antonio Vitoria und einem weiteren Autor, für den nur die Initia-
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im Späthumanismus stark verbreiteten rhetorischen Techniken der Amplificatio, Comparatio und Allegorese argumentativ ausformuliert.193 Die zwischen Matthias und historischen oder mythologischen Personen hergestellten Analogien zeichnen sich allerdings kaum durch besondere Originalität aus. Werden die ausgetretenen Pfade des Herrscherlobs wie die Charakterisierung des Kaisers als „Hercules austriacus“, „Caesar invictus“ oder „Mars insomnis“ überhaupt verlassen, so wirken die hergestellten Bezüge häufig bemüht und inhaltlich wenig passend, was allerdings auch an der nicht sonderlich inspirierenden Person des Besungenen gelegen haben könnte.194 Die umfangreichsten Casualcarmina in diesem Band verfasste der Historiker Johann Gryphiander, der im selben Jahr eine Geschichte der Reichsverfassung von der Antike bis zur Gegenwart veröffentlichte und einen großen Teil seines dafür angesammelten Wissens hier poetisch ‚zweitverwertete‘.195 Seine Werke zählen deshalb auch zu den wenigen, die Einzelheiten zum Ablauf der Herrschererhebung übermitteln: So geht Gryphiander auf den benutzten Krönungsordo ein und würdigt als Einziger die Rolle der Kurfürsten bei der Königswahl.196 Der Nürnberger Patrizier Karl Nützel von Sündersbühl formulierte dagegen sein Gedicht auf Matthias als fünfspaltiges Akrostichon, wobei die Anfangsbuchstaben jeder Zeile abwärts gelesen den Namen des Kaisers ergeben. Johannes Kepler beteiligte sich mit einer poetisch verbrämten Deutung der Himmelszeichen, die dem neuen Kaiser Matthias natürlich eine glorreiche Zukunft voraussagten. Der Poesieprofessor Daniel Haller besingt in 25 Tetrasticha den Adler als glorreiches Wappentier des Reiches und der Dynastie Habsburg. Jacob von Grelle lässt schließlich die vier Kardinaltugenden sowie Pax, Clementia und die neun Musen dem Kaiserpaar huldigen.197 Mehrfach wird auch Anna von Tirol als zweifache Königin und als Kaiserin besungen. So rühmt der Jurist Otto Melander Anna als „Matthiae cara consors
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lien „C.T.“ angegeben sind, die griechischen von Zacharias Palthenius sowie Heinrich Abermann, welcher vorsichtshalber gleich die lateinische Übersetzung mitliefert. Hambsch, Art. Herrscherlob, S. 1387; Barbara Bauer, Art. Amplificatio, in: HWRh, Bd. 1, S. 445–471. Deshalb ist dem harschen Verdikt, diese Textgattung sei voll von „kindischen Allegorien und verzogenen Schnörkeln“ im vorliegenden Kontext gelegentlich zuzustimmen. Kink, Geschichte der kaiserlichen Universität, S. 267. Gryphiander, Disputatio Historico-Politico-Iuridica. Vgl. dazu ADB, Bd. 10, S. 73. Praetorius, Corona Imperialis, S. 104–106, 119f., im Folgenden 111, 12, 23f. Diese Form des Herrscherlobes wurde bei Einzugsinszenierungen mitunter als lebende Bilder szenisch aufgeführt, so beim Dresdner Einzug von Matthias 1617. Vgl. schon Kap. II.4.b.
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[...], quâ nil in orbe pulchrius“ sowie als „regina praestantissima“.198 Die Lobeshymne auf die Kaiserin beim Einzug in Prag nach der Kaiserkrönung von Melchior Agricola, der Anna gleich die Eigenschaften mehrerer antiker Göttinnen zuschreibt, spiegelt deutlich die Vortragssituation, für die der Text offenbar geschaffen worden war: INGREDITUR REGINA potens, speciosa Heróis, ANNA, cor Augusti CAESARIS, ingreditur: Nec sola Charites, ingrediturq[ue] Venus: Sed nec sola Venus; coelesti pectore Pallas Ingreditur, cumq[ue] hac Pallade diva Themis: Ingreditur nec sola Themis cum Pallade solâ, His Diana comes juncta sedingreditur. Sed neq[ue], tot Diva ingrediuntur protenus: ANNA Ingreditur tot habens unita Diva Deas: Cuius in aure Themis, oculis Diana pudicis, Ore Charis, Pallas pectore, fronte Venus.199
Einheimische Gelehrte feierten in ihren Gedichten darüber hinaus die gastgebende Stadt als Ausrichterin des Wahltags oder des Herrschereinzugs. So besingt der Historiker und Philologe Michael Piccart in seinem auch einzeln veröffentlichten Carmen die Reichsstadt Nürnberg nicht nur als „inclyta gemma“ des Reiches, sondern ganz Europas und den Nürnberger Rat als „tutela, salus, non ultima nostri Pars etiam Imperij“.200 Die Texte spiegeln die multiplen Loyalitäten der Autoren wider, die sich nicht nur dem Reichsoberhaupt, sondern auch der jeweiligen territorialen Obrigkeit oder der Institution verpflichtet fühlten, an der sie selbst tätig waren. Der Band schließt mit zwei großformatigen Schemata der weltlichen und geistlichen Reichsstände, womit der Eindruck erweckt wird, alle Reichsstände seien gemeinsam angetreten, um dem neuen Kaiser zu huldigen (Abb. 46); zugleich aber wird dem Leser auf diese Weise die soziale und politische Ordnung des Reiches in Form einer Pyramide visuell vergegenwärtigt. An der Spitze stehen jeweils die weltlichen oder geistlichen Kurfürsten, wobei im ersten Fall darüber das bekrönte Monogramm des Kaisers, im zweiten aber die Papsttiara mit den Schlüsseln Petri erscheint. Jeder Reichsstand wird mit einem panegyrischen 198 Praetorius, Corona Imperialis, S. 18f. Vgl. auch das Sonett auf die Kaiserin von Ernst Schwabe von der Heyde, angehängt an die Relatio Von der Wahl und Kroenung (1612). Dazu Aurnhammer, Ernst Schwabe von der Heyde, S. 287, 297. 199 Agricola, Ad Ingressum Serenissimae Augustae, in: Praetorius, Corona Imperialis, S. 164. 200 Piccart, Ad inclyt. Vrbem Norimbergam, in: Praetorius, Corona Imperialis, S. 100.
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Motto bedacht, so der Kurfürst von der Pfalz mit ‚felicißimus‘, jener von Sachsen mit ‚bellicosißimus’ oder jener von Brandenburg mit ‚victoriocißimus‘ Der Kurfürst von Mainz wird aufgrund seiner Funktion als Erzkanzler des Reiches als ‚augustißimus‘ charakterisiert, seine Mitkurfürsten als ‚christianißimus‘ und ‚catholicißimus‘. Universitäten und Akademien sind als Bildungsinstitutionen den geistlichen Ständen zugeordnet, obwohl dadurch auch die protestantischen Einrichtungen unter der Oberhoheit des Papstes zu stehen scheinen. Diese Darstellungen tradieren offenbar vorreformatorische Vorbilder, weshalb auch 1612 nicht mehr zum Reich gehörige Stände aufgeführt werden. Auch im Kontext von Reichstagen wurden Casualcarmina publiziert, die in der Regel von hier anwesenden Gelehrten verfasst worden waren. Anders als bei Wahl- und Krönungstagen wurden im Rahmen von Reichstagen nicht nur das Reichsoberhaupt, sondern auch andere hochrangige Herrschaftsträger besungen – je nachdem, wer dem Poeten möglicherweise eine Stellung anbieten konnte oder für besonders lukrative Gegenleistungen bekannt war. So sind für den Augsburger Reichstag von 1566 Casualcarmina des Juristen Nikolaus Reusner, des protestantischen Theologen Johann Matsberger und ein Tautogramm des Tübinger Gelehrten Christian Pierius erhalten.201 Für spätere Reichstage sind allerdings deutlich weniger Casualcarmina überliefert. Obwohl die Hochzeit der Gelegenheitslyrik noch lange nicht vorbei war, erschienen die Reichstage offenbar nicht mehr als lohnendes Forum, vor dem sich die Poeten zu profilieren hofften. Dies dürfte nicht zuletzt daran gelegen haben, dass die Mehrzahl der Verfasser von Casualcarmina Protestanten waren, protestantische Fürsten jedoch kaum noch auf dem Reichstag erschienen. Für die Kaiserbesuche in fürstlichen Residenzen sind ebenfalls gedruckte Carmina überliefert. So ist schon für den Einzug König Maximilians II. in Dresden 1564 ein Gelegenheitsgedicht des Wittenberger Poesieprofessors Johannes Major (1533–1600) erhalten.202 Der 1558 zum Poeta laureatus gekrönte Theologe besingt in mehr als 200 lateinischen Hexametern den zukünftigen Kaiser als Beschützer des wahren christlichen Glaubens, wobei der wahre Glaube für
201 Zu Reusner schon Kap. V.1; außerdem Mattsperger, Gratulatio de adventu D. Maximiliani II.; Pierius, Maximilianis minor. Auf dieses Werk bezieht sich Bernhard Praetorius in seiner Adresse an den Leser am Ende seines Werkes. Praetorius, Corona Imperialis, S. 197. Zu Pierius siehe Adelung, Fortsetzung, Bd. 6, S. 159. Ein vom Hofhistoriker Maximilians II., Johannes Sambucus, bei dieser Gelegenheit verfasstes Gedicht scheint nicht veröffentlicht worden zu sein. 202 Major, Carmen; vgl. dazu Kühlmann, Kryptocalvinismus; Rachel, Fürstenbesuche, Tl. 2, S. 231f.
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den überzeugten Calvinisten Major zweifellos die calvinistische Lehre war.203 Dies wird mit Rücksicht auf die beiden Hauptadressaten August von Sachsen und Maximilian II. allerdings nicht explizit vertreten. Am Schluss fordert Major den König in guter humanistischer Tradition auf, neue Schulen zu gründen und an diese in der Heiligen Schrift gelehrte Männer zu berufen, um so Bildung und Wissenschaft im Reich zu fördern. Vor allem sollten die „heiligen“ Sprachen Latein und Hebräisch, in den beide Reformkonfessionen eine zentrale Voraussetzung für Glaubensbildung und Glaubenspraxis sahen, gelehrt werden.204 Zum Kaisereinzug von 1617 erschienen sogar zwei Sammelbände, die zum Teil öffentlich rezitierte oder an der Einzugroute ausgehängte Gelegenheitsgedichte enthalten, darunter Werke des sächsischen Hofkapellmeisters Heinrich Schütz und des sächsischen Rates Johann Seusse, der schon beim Wahltag von 1612 als Verfasser von Casualcarmina in Erscheinung getreten war.205 Die zweite Form des Gelegenheitsgedichtes, welche das Herrscherlob mit einem Einzugsbericht verband, wurde meist in deutscher Sprache veröffentlicht, denn sie richtete sich an breitere Bevölkerungsschichten.206 Johann Lascarinus stellte seinem Bericht über den Herrschereinzug Matthias’ in Nürnberg 1612 (Abb. 44) einen Lobspruch an den Kaiser voran, der nach einem allgemeinen Exkurs über das göttliche Fundament aller weltlichen Herrschaft diesen als demütig, gütig und freigiebig preist.207 Für die als fromm und keusch beschriebene Kaiserin erbittet der Autor die baldige Geburt eines Erben, was verdeutlicht, 203 So stellt Major dem König vor Augen, dass dieser als Verteidiger des Christentums ewigen Ruhm erwerben und sich auf eine Stufe mit den antiken Kaisern Konstantin und Theodosius stellen könne. 204 Beim Besuch von 1575 saß Major aufgrund seiner Glaubensüberzeugungen im Gefängnis, so dass er kaum die Möglichkeit hatte, dieselben Adressaten erneut zu besingen. 205 Panegyrici Caesario-Regio-Archiducales (1617). Kleppis, Proteus Poeticus. Seusse nahm auch den Einzug Friedrichs V. von der Pfalz und Johann Sigismunds von Brandenburg wenige Monate später zum Anlass für die Publikation von Casualcarmina. 206 Als Beispiel für einen poetischen Einzugsbericht in lateinischer Sprache vgl. Luder, Descriptio Ingressus, publiziert anlässlich des Nürnberger Kaisereinzugs von 1570. Die erhaltenen Beispiele lassen sich bisweilen schwer vom Zeitungslied abgrenzen. So beinhaltet das im Gewand einer Neuen Zeitung auftretende Gedicht von Matthias Dhineus über den Einzug Rudolfs II. 1594 in Regensburg mehrere Passagen, die dem Lob des Herrschers und des Hauses Österreich gewidmet sind. Unüblich ist zudem die Widmung an den Administrator Friedrich Wilhelm von Sachsen-Weimar und Johann Casimir von Sachsen-Coburg. Deren lutherische Konfession hielt Dhineus nicht davon ab, am Ende inständig Gott um die Erhaltung des katholischen Glaubens zu bitten. Dhineus, Kurtzer einfältiger Bericht. 207 Lascarinus, Warhaffte Beschreibung, S. 1–3, hier 2. Das Titelblatt zeigt die Ehrenpforte, allerdings in stark vereinfachter Form, oder die Säulen des Herkules.
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dass das Reich von den Zeitgenossen zwar nicht rechtlich, doch de facto als Erbmonarchie betrachtet werden konnte. Indem sich der Bericht auf die Beschreibung der Ehrenpforte mit ihren zahlreichen Verweisen auf die Tugenden des neuen Herrschers konzentriert, wird dieser Text zu einer poetischen Huldigung des neuen Kaisers, aber auch der Reichsstadt Nürnberg, welche die Pforte aufgestellt hatte. Durch die kommentierende Wiedergabe der an dieser angebrachten Inschriften besitzt er zudem einen intermedialen Charakter.208 Dabei ist die Schilderung der prachtvollen Ausstattung der Einziehenden nicht nur Ereignisbericht, sondern als Ausweis der herrscherlichen Magnificentia zugleich ein wesentliches Argument des Herrscherlobs. Das Werk „Panegyris Caesarea. Das ist: Eigentliche und klare beschreibung der ... Ankunfft und Einzugs Des ... Herrn Matthiae“ des sächsischen Kapellmeisters Thomas Avenarius, das den Aufenthalt von Kaiser Matthias 1617 in Dresden beschreibt, macht schon im Titel seinen Zwitterstatus als Herrscherlob und Festbeschreibung deutlich.209 Das mit Ledereinband und Goldschnitt versehene Buch ist Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen gewidmet. Der Autor huldigt dem Kaiser als „Haupt der Christenheit“, aber auch dem eigenen Landesherrn als Hüter der evangelischen Lehre. Er deutet den Kaiserbesuch als besondere Ehrbezeugung gegenüber Johann Georg I. und vergleicht ihn mit dem von Herkules beim Bauern Molorchos. Ob der Kurfürst diese Analogie goutierte, ist fraglich. Zwar lässt sich auch hier ein kurfürstlicher Auftrag nicht belegen, jedoch dürfte das Werk ansonsten ganz im Sinne Johann Georgs gewesen sein, zielte es doch explizit darauf ab, den prächtigen Empfang dieser hochrangigen Gäste in Dresden „andern Nationen und Völckern zu notificiren, publicè kundbar zu machen und zu divulgiren.“210 So heißt es denn auch: „Kein grösser Pomp / kein grösser Pracht/ Hat je frembde Nation betracht/ Als diesr Einzug der da geschach/ Mit verwundrung man solch ansach. Qui decus est regni, qui decus imperij.“211
Die jede sinnliche Wahrnehmungsfähigkeit übersteigende Pracht, die im Medium des Textes nicht angemessen wiedergegeben werden könne, wie der Autor 208 Vgl. Kap. II.1.a. 209 Avenarius, Panegyris Caesarea. Enthalten sind außerdem gedruckte Verzeichnisse der Zugfolge sowie zum Abschneiden der Teilnehmer eines Schießens und die Furierlisten aller Fürsten. 210 Ebd., Vorrede, o.S. 211 Ebd., Haupttext, o.S.
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selbst mehrfach betont, bildet ein Grundmotiv der gesamten Darstellung.212 Als Musiker hebt Avenarius besonders die musikalischen Darbietungen hervor. Nicht zuletzt werden die Schönheit der Stadt Dresden mit ihren großen und prachtvollen Gebäuden und die furchtlosen sächsischen Untertanen besungen.213 Bei aller poetischen Verbrämung und weitschweifigen Ausschmückung – die mehr als 20 Seiten umfassende Schilderung einer Bärenhatz auf dem Dresdner Altmarkt stellt den heutigen Leser auf eine harte Probe – enthält dieser Text eine Vielzahl präziser, durch andere Quellen bestätigter Angaben, die es wahrscheinlich machen, dass der Autor tatsächlich ein Augenzeuge des Ereignisses war, wie er vorgibt. So schildert er auch den Tod des kaiserlichen Obersthofmeisters, Graf Friedrich von Fürstenberg, sowie das Eintreffen einer Siegesnachricht am sächsischen Hof.214 Das Werk belegt, dass solche Texte trotz des formalen Zwanges zum Reim, der Verwendung von dramaturgischen Elementen und ihres affirmativen Tenors keineswegs per se einen fiktiven Charakter besaßen. Die überlieferten Casualcarmina weisen insgesamt sowohl quantitativ als auch qualitativ eine hohe Spannweite auf. Die Mehrzahl war eher kurz gehalten; jene Texte, die Herrscherlob und Einzugsbeschreibung verbinden, erreichten dagegen bisweilen eine Länge von mehr als 100 Seiten. Auch der Grad an Gelehrsamkeit, welcher die Autoren auszeichnete, differierte: So standen geschliffene lateinische Hexameter neben holprigen deutschen Versen ohne jede sprachliche Eleganz. Die begrenzte literarische Qualität tat der medialen Präsenz der besungenen Ereignisse und Personen allerdings keinerlei Abbruch. Auch wäre es verfehlt, solche Werke als „politisch irrelevante Schmeicheleien“ abzutun, die primär mit dem Ziel verfasst worden wären, die Rezipienten über die wahren Eigenschaften des Herrschers zu täuschen.215 Vielmehr versuchten sie einen existierenden Wertekanon politischer Herrschaft argumentativ zu untermauern und 212 So heißt es: „Wenn einr der Augn zehn mahl so viel/ Sollte haben nach seinem will/ Als Argus ghabt/so hette man/ Ja nimmermehr alls sehen könn/ Was da geschach und zusehn war/ Er hett müssn sehn ein gantzes Jahr.“ Avenarius, Panegyris Caesarea, Haupttext, o.S. 213 Die Passagen über den Mut jenes Mannes, der beim Einzug des Kaisers eine Fahne von der Spitze des Turmes der Kreuzkirche schwenkte, sowie einer Frau, die während der Bärenhatz auf dem Altmarkt auf ein Hausdach kletterte, zeigen einen gewissen Lokalpatriotismus, wobei sie gleichzeitig zur Dramatisierung der Handlung dienen. 214 Die Ereignisse fanden am 10.08. und 22.08.1617 statt. Avenarius betont entgegen anders lautenden Gerüchten, dass Friedrich von Fürstenberg in nüchternem Zustand zusammengebrochen sei. Die unpräzisen Angaben zu Banketten zeigen hingegen, dass der Autor hier offenbar nicht anwesend war. 215 So schon Hambsch, Art. Herrscherlob, S. 1383.
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zu tradieren. Zudem besaß das Herrscherlob eine persuasiv-pädagogische Stoßrichtung: Positive Charakterzüge und ruhmreiche Taten wurden dem Herrscher nicht nur zugeschrieben, sondern von ihm eingefordert.216 Viel stärker als andere Textgattungen versahen die Casualcarmina die Ereignisse mit positiv konnotierten Deutungen, welche darauf zielten, die in diesen zum Ausdruck kommende historische Größe von Kaisertum und Reich im gesellschaftlichen Bewusstsein zu verankern.
3. Die Ordnung der Bilder a) „Warhafftig anzeygung“. Bild und Evidenz Der Umfang und die formale wie inhaltliche Vielfalt der Bildpublizistik im Kontext von Kaisereinzügen nahmen im Verlauf des Untersuchungszeitraumes stark zu.217 Im Wesentlichen traten drei Publikationsformen auf: die unselbstständige Publikation als Illustration einer gedruckten Beschreibung, der illustrierte Einblattdruck mit seiner typischen Kombination aus Bild und Text und schließlich die graphische Folge, bei welcher zwischen Bildfolgen mit jeweils unterschiedlichen Bildthemen gewidmeten Einzelblättern und solchen, die aneinandergelegt eine monumentale Darstellung eines Bildthemas ergaben, unterschieden werden muss. Bildlich dargestellt wurde zum einen der Kaisereinzug selbst, zum anderen aber auch in seinem Kontext stattfindende Investiturakte, Audienzen oder Festereignisse.218 Während jede politische Aufführung im Augenblick ihres Vollzugs einen Visualisierungsvorgang erster Ordnung verkörperte, kann ihre bildliche Fixierung im Nachhinein als Visualisierung zweiter Ordnung verstanden werden. Dabei waren die bildlichen Darstellungen in der Lage, im Hinblick auf die besonders wichtige Frage der Positionierung von Personen im Raum deutlich präzisere Informationen zu vermitteln als die Texte, da sie durch die Anordnung eines Akteurs im Bildraum immer auch seine Position im Verhältnis zu 216 Nass, Staatsberedsamkeit, S. 103. 217 Auch wenn das starke Übergewicht von Drucken, die ab dem 17. Jahrhundert entstanden sind, auch durch die Überlieferungssituation bedingt sein dürfte. Zur frühneuzeitlichen Bildpublizistik allgemein Coupe, German Illustrated Broadsheet; Brednich / Hartmann, Populäre Bildmedien; Brückner, Populäre Druckgraphik; Harms, Text und Bild; Schilling, Bildpublizistik, Harms / Schilling, Das illustrierte Flugblatt; Harms / Messerli, Wahrnehmungsgeschichte. 218 Huldigungsdarstellungen im Medium der Druckgraphik sind dagegen für den Untersuchungszeitraum nicht überliefert.
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anderen Akteuren definieren mussten. Anders als der Text entwickelte jedes Bild notwendigerweise eine Gesamtvorstellung des Handlungsraumes, in dem die einzelnen Handlungsträger zu verorten waren. Auf diese Weise wurde nicht nur das Davor und Dahinter, sondern auch das Darüber und Darunter, das Nah und Fern oder das Draußen und Drinnen der Mitwirkenden im Bezug auf die politische Elite oder soziale Korporationen für den Betrachter sofort sichtbar. In dieser Hinsicht versprach der dreidimensionale Raum der Bilder im Vergleich zur linearen Ordnung der Texte einen deutlichen Mehrwert an Informationen.219 Allerdings wies jede Abbildung notgedrungen einen hohen Grad an Invention auf, denn nur wenige Künstler dürften einen der von ihnen dargestellten Akte selbst gesehen haben. Die Bilder stellen deshalb das Ergebnis von individuellen Imaginationsprozessen durch die Bildproduzenten dar, die den mündlich oder schriftlich über das Ereignis übermittelten Informationen eingeführte Bildzeichen aus dem Repertoire der Bildtradition ähnlicher Akte zuwiesen.220 Diese lösten bei den Betrachtern sowohl einzeln als auch in ihrer Gesamtheit neue Imaginationsprozesse aus, in deren Verlauf die bereits vorhandenen inneren Bilder mit den betrachteten äußeren Bildern eine Symbiose eingingen.221 Als „Medien, die im Zwischenfeld von sinnlicher Erfahrung und mentalen Vorstellungsbildern stehen“, waren die Bilder Hervorbringungen und zugleich Quellen gesellschaftlicher Einbildungskraft.222 Sie zielten auf die Fixierung von Praktiken der politischen Soziokultur, bedienten sich dafür jedoch gleichzeitig des Zeichenvorrats der politischen Deutungskultur. Dabei verdankten sich die Entstehung des illustrierten Einblattdruckes im 15. Jahrhundert und seine starke Verbreitung im 16. Jahrhundert gleichermaßen einer schichtenübergreifend vorhandenen Lust am Schauen, wie sie dieses gesellschaftliche Bedürfnis auch wiederum förderten: Denn wer gesehen hatte, wollte meist noch mehr sehen. Dabei wurde der Vorgang des Sehens und Sichtbarmachens auch bild219 Dies galt auch für das zweidimensionale Raumschema, welches sich im Untersuchungszeitraum zur Visualisierung von Sitzordnungen oder der räumlichen Verortung von Handlungssequenzen immer mehr einbürgerte. Ein Beispiel dafür sind die zahlreichen Bankettsessionen in den Reichstagsbeschreibungen von Fleischmann (Tab. 6.4). 220 Nach Wolfgang Harms war die „europäische Gemeinsamkeit an verstehbaren graphischen auch literarisch fortsetzbaren Bildformeln […] erheblich und kann mit der mittelalterlichen topos- und Metapherngesellschaft verglichen werden.“ Harms, Deutsche illustrierte Einblattdrucke, Bd. 7, S. XII. 221 Zum performativen Charakter des Bildes sowie zum performativen Akt des Wahrnehmens von Bildern vgl. Belting, Bildanthropologie, S. 11–14, 19–22. 222 Krüger, Geschichtlichkeit, S. 72.
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immanent durch bestimmte Bildzeichen und Visualisierungsstrategien vergegenwärtigt. Exemplarisch kann dieser in der Forschung als „Deixis“ bezeichnete Sachverhalt an einem Einblattdruck verdeutlicht werden, der die Belehnung Kurfürst Augusts von Sachsen auf dem Augsburger Reichstag von 1566 (Abb. 15) abbildet.223 Der Holzschnitt, der den Weinmarkt mit Fuggerpalais und Tanzhaus zeigt, stammt von dem ehemaligen Ehrenhold Kaiser Ferdinands I., Hans Tirol.224 Dargestellt ist genau jener Moment, in dem ein sächsischer Reiter die groß ins Bild gesetzte Lehnsfahne des Herzogtums Sachsen auffängt, um sie anschließend dem Kurfürsten wiederzugeben. Das Motiv wurde sehr wahrscheinlich deshalb ausgewählt, weil die Tatsache, dass die Fahne unversehrt blieb, als gutes Omen für die Herrschaft Augusts gedeutet wurde.225 Innerhalb des Bildes weist der Fahnenträger den Betrachter darauf hin, dass es hier um ein zentrales Ereignis der sächsischen Geschichte geht, denn die Fahne ist das heraldische Zeichen, das aufgrund ihrer Größe sofort ins Auge fällt, ehe andere Herrschaftszeichen wahrgenommen werden. Die gesamte Bildkomposition dieses Blattes ist bühnenartig auf den Betrachter ausgerichtet.226 Sie korrespondiert mit der im geometrischen Mittelpunkt des Blattes dargestellten Holztribüne, auf welcher gerade die Lehnsvergabe per Fahneninvestitur stattfindet. Auf diese Szene wird der Blick des Betrachters zusätzlich durch die Häuserfronten an beiden Seiten des Platzes gelenkt. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie stark der imaginierte Betrachter die Wahl der Darstellungsformen bestimmte. Dabei resultiert die Eindringlichkeit der Bildsprache nicht zuletzt aus der Vielzahl von Zeigegesten, mit denen sich die Zuschauer gegenseitig, aber auch den Betrachter des Bildes auf die zentrale Szene im Bild hinweisen. Solche Zeigeelemente, welche Visualität thematisieren und zugleich 223 Tirol, Belehnung Augusts von Sachsen. Vgl. dazu Steinberg, Bilder; Aulinger, Bild des Reichstags, S. 84, 384. Zum Problem der „Deixis“ allgemein Kemp, Kunstwerk und Betrachter, S. 209; Wenzel, Wahrnehmung und Deixis. 224 Hans Tirol war Ehrenhold und oberster Baumeister des Königreiches Böhmen unter Ferdinand I. gewesen. Er wurde aufgrund von Schulden 1565 in Prag verhaftet und kehrte danach nach Augsburg zurück, wo er bereits 1535 seinen Schwiegervater Jörg Breu d.Ä. dazu veranlasst hatte, die Belehnung Ferdinands mit den österreichischen Lehen von 1530 in einem Riesenholzschnitt festzuhalten. Vgl. dazu Thieme / Becker, Bd. 33, S. 203f.; Aulinger, Bild des Reichstags, S. 388. 225 Vgl. dazu vorn Kap. IV.3. 226 Die Bildräume illustrierter Einblattdrucke erscheinen häufig als Bühnen, auf denen Objekte und Zeichen wie Theaterkulissen angeordnet sind, um die für das Verständnis der Handlung notwendigen Inhalte zu evozieren. Körperhaltung und Bewegungen der Akteure sind auf Frontalansicht konzipiert.
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verstärken, finden sich auch auf anderen Drucken.227 Die Blickrichtung des Bildbetrachters entspricht genau jener, die auch die Mehrzahl der im Bild dargestellten Zuschauer auszeichnet, denn das abgebildete Auditorium wird in der Imagination durch jenes der außerhalb des Bildes befindlichen Betrachter des Einblattdruckes ergänzt. Auf diese Weise wird nicht nur die Bühne im Bild, sondern das Medium des Einblattdruckes zur Schaubühne der Welt, zum theatrum mundi. Der in die Darstellung integrierte lateinische Text des Reichsheroldes Johann Francolin thematisiert explizit das Konkurrenzverhältnis zwischen visuellen und verbalen Darstellungsformen.228 Francolin spricht den Betrachter direkt an und liefert diesem eine kurze, wenngleich wenig informative Erklärung des seiner Ansicht nach sonst unverständlichen Bildes.229 Auf den hier formulierten Überlegenheitsanspruch des Textes antwortet der Künstler mit den ihm eigenen Mitteln: Gegen die Dominanz des technisch versierten Holzschnittes, der mit seiner feinen Linienführung den als hochwertiger betrachteten Kupferstich nachahmt, und der souveränen Anwendung von künstlerischen Gestaltungsmitteln kommt der Text nicht an.230 Auch im Hinblick auf die Symbolisierungsleistung ist das Bild deutlich überlegen. So verweist die pyramidale Anordnung der Hauptakteure mit dem vom Giebel des Tanzhauses hinterfangenen Kaiser an ihrer Spitze implizit auf die Lehnspyramide als eine „Grundsäule“ des Heiligen Römischen Reiches. Auch darin liegt die Wahrheit des Bildes, dessen Schöpfer von vornherein nicht nur darauf aus war, ein historisches Ereignis abzubilden. Denn das Thema des Holzschnittes ist weniger die Lehnsvergabe, die als solche kaum zu erkennen ist, als vielmehr deren Sichtbarkeit im öffentlichen Raum: Es ist die Evidenz des Aktes, die über die Abbildung der großen Menge an Zuschauern, die ganz unterschiedlichen sozialen Schichten und „Nationes“ angehören, demonstrativ ins Bild gesetzt wird.231 Der Betrachter des Einblattdruckes wird nicht nur Zeuge 227 So etwa auch bei Amman, Eigentliche und ware Abcontrafactur. 228 Vgl. zum Bild-Textverhältnis allgemein Mitchell, Bild; Harms, Text und Bild; Bätschmann, Bild-Text; Signori / Schreiner, Bilder, Texte, Rituale; Wenzel / Seipel / Wunberg, Verschriftlichung; neuerdings Harms, Bildlichkeit, Burke, Augenzeugenschaft. 229 Möglicherweise bezieht sich die zweifache Aufforderung, erst den Text zu lesen und dann das Bild anzuschauen, nicht auf den Text des Einblattdruckes, sondern auf die von Johann Francolin verfasste Beschreibung, um so deren Absatz zu erhöhen. Vgl. Steinberg, Bilder, S. 261. 230 Dabei vermag die erhaltene, teilkolorierte Version nur eine ungefähre Vorstellung der dekorativ-prächtigen Wirkung eines vollständig kolorierten Blattes zu geben. 231 Mit der differenzierten Darstellung von Kleidung, Waffen und Pferden verdeutlicht Hans Tirol, dass dem Ereignis Angehörige unterschiedlicher Stände beigewohnt ha-
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der Szene im Bild, sondern das Bild demonstriert zugleich, dass bei diesem Akt zahlreiche Zeugen anwesend waren, die dessen ordnungsgemäßen Vollzug bestätigen könnten. Das Problem der Sichtbarkeit von Phänomenen sprachen die Bildproduzenten vielfach direkt an, indem sie den Betrachter explizit zur Schau, zum selbst Sehen aufforderten. Eine zentrale Rolle spielte das Sehen und Gesehenhaben im Rahmen des Wahrheitsanspruchs, den die Medienproduzenten erhoben. Gerade die Rhetorik der illustrierten Einblattdrucke hob darauf ab, dass der Betrachter sich anhand der Illustration mit eigenen Augen von der Wahrheit der Aussagen im Text überzeugen könne. Als Fixierung des Sichtbaren wurde dem Bild eine Evidenzfunktion zugesprochen.232 Titel wie „ware Abconterfactur“, „eigentliche Fürbildung“ oder „gewisse Figur“ sollten die Rezipienten von der Authentizität der übermittelten Inhalte überzeugen.233 So betonte der Druckerverleger Wilhelm Peter Zimmermann, dass er die von ihm dargestellten Szenen der Kaisererhebung von 1612 „selbs in Person augenscheinlich“ gesehen habe.234 Dabei wurde dem „Augenschein“ in dieser Phase in unterschiedlichen sozialen Teilsystemen eine Beweiskraft zugesprochen.235 Seine Ableitungen wie „augenscheinlich“, „offenbar“ und „evident“ wurden regelmäßig mit dem Anspruch auf die Unwiderlegbarkeit einer Behauptung verknüpft. Was offen vor allen Augen lag, war auch wahr. Das galt nicht minder für die Visualisierung historischer Ereignisse in der Bildpublizistik in ihrer im Text thematisierten Funktion als „Contrafactur“ der Realität.
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ben. Zwei links im Vordergrund gezeigte Figuren in osteuropäischen Trachten stehen stellvertretend für die anwesenden Vertreter anderer „Nationes“ (Polen, Böhmen oder Ungarn). Für Hinweise danke ich Klaus Gerteis. Die rechte Figur scheint eine Papierrolle in der Hand zu halten, was als Hinweis auf ihre Funktion als Teilnehmer einer Gesandtschaft verstanden werden könnte. Vgl. stellvertretend Wimböck / Leonhard / Friedrich, Evidentia; zum Evidenzanspruch der Texte Solbach, Evidentia. Die aufgeführten Adjektive besaßen in diesem Kontext einen weitgehend synonymen Inhalt, wie der Blick in zeitgenössische Wörterbücher zeigt. Haß-Zumkehr, Leonhard Schwartzenbachs Synonyma, S. XCV. Amman, Eigentliche und ware Abcontrafactur; Weigel d.Ä., Eigentliche Contrafactur und abmahlung der zweier Schlösser. Zimmermann, Abriß unnd Fürbildung; ders., Wahrhaffter vnd eigentlicher Abriß. Vgl. zu dieser Serie auch im Folgenden Kap. V.3.c. Dies lässt sich im Recht, in der Religion und in der Wissenschaft feststellen. Der „Augenschein“ war ein Schlagwort, das aufgrund der Häufigkeit seiner Benutzung, der Variabilität der Kontexte, in denen es verwendet wurde, und der Bedeutung, die ihm von den historischen Akteuren zugesprochen wurde, einen wesentlichen Zugang zu dieser historischen Phase bietet. Vgl. dazu den Art. Augenschein, in: Grimms Wörterbuch, Bd. 1, Sp. 810f.
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So gibt sich auch der Verfasser des Textes auf einem illustrierten Einblattdruck, der eine Audienz Kaiser Maximilians II. auf dem Reichstag zu Speyer 1570 (Abb. 32) darstellt, als Augenzeuge aus und verbürgt sich für den Wahrheitsgehalt von Text und Bild.236 Im Text heißt es: „[H]ie ir Mayestet ich gesehen hab/ [eine Audienz] Eim jeden Arm und Reichen gab. Red ich zu Speyr in diesem Jar/ Kann ich bekennen es ist war.“ Der mit Bibelzitaten gespickte, gereimte Text des Pritschenmeisters Heinrich Wirri verherrlicht den Kaiser als tugendreichen und gerechten Herrscher, der alle Untertanen unabhängig von ihrer sozialen Stellung empfange: „Arm und Reich die wurden gehört/ Ir [!] keinem ward die Thür versperrt.“ Wirri ruft die übrigen Fürsten im Heiligen Römischen Reich auf, dem Beispiel dieses Kaisers zu folgen und zugleich diesem als Reichsoberhaupt die gebührende Ehre zu erweisen. In topischer Form beschwört er die Einheit zwischen Kaiser und Reichsständen als zentrale Voraussetzung für das Überdauern des durch innere und äußere Gefahren bedrohten Reiches in der Zukunft: „Ein Reich das sich zu samen halt/ Mag wider stahn eim grossen gwalt. Ist es vnter jms selbs zerstrent/ So wert nit lang sein Regiment.“237
Der Holzschnitt von Tobias Stimmer, der die obere Hälfte des Blattes einnimmt, dient als visueller Beleg der im Text aufgestellten Behauptungen.238 Rechts im Hintergrund sieht man unter einem Baldachin und um eine Stufe erhöht den Kaiser an einem Tisch sitzend. Er wendet sich gerade einem in gebeugter Haltung auf ihn zutretenden Mann zu, um eine Supplik entgegenzunehmen. Als Ausdruck seines hohen Ranges ist das Haupt des Kaisers bedeckt – im Gegensatz zu denen der kaiserlichen Räte, Hartschiere und der Bittsteller, darunter auch Frauen, die unterschiedlichen sozialen Schichten entstammen und den 236 Stimmer, Audientz, alle Zitate im Folgenden ebd. Von Stimmer stammt auch eine in der Albertina in Wien befindliche Holzschnittfolge mit dem Kaiser und den Ständen des Reiches, die ebenfalls in dieser Phase entstanden sein dürfte. Stimmer, Kaiser, dazu Aulinger, Bild des Reichstags, S. 73. Zu Wirri, der u.a. auch eine Beschreibung der Hochzeit von Wilhelm V. von Bayern mit Renata von Lothringen 1568 in München verfasste (ders., Ordenliche Beschreybung), vgl. den Art. Wirri, Heinrich, in: ADB, Bd. 55, 385–387. 237 Stimmer, Audientz. 238 So heißt es: „Wie diß Figur die kuntschafft gibt.“ Die Darstellung dürfte auf einen Auftrag seines Verlegers Bernhard Jobin zurückgehen, für den Stimmer in seiner Straßburger Zeit (1570–1577) mehrfach als Buchillustrator arbeitete. Zu Stimmer vgl. Fritz Schulz: Art. „Stimmer, Tobias“, in: Thieme/Becker, Bd. 32, S. 57–62.
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Raum des Audienzzimmers fast gänzlich ausfüllen. Die Wände des Raumes sind mit Tapisserien dekoriert, deren Bildthemen teilweise erkennbar sind. So zeigt ein direkt hinter dem Kaiser hängender Teppich als Bild im Bild ebenfalls eine Herrscheraudienz: das Urteil König Salomos. Diese Szene fungierte in der Frühen Neuzeit als visueller Topos des weisen und gerechten Herrschers. Als visualisiertes Bibelzitat setzt es die mythische Person dieses alttestamentarischen Idealherrschers mit der historischen Person des amtierenden Kaisers gleich. Die Aussagen von Text und Bild verstärken sich somit gegenseitig.239 Den durch die Medienproduzenten immer wieder erhobenen Wahrheitsanspruch allein als Marketingstrategie frühneuzeitlicher ‚Unternehmer’ zu entlarven, überzeugt allerdings nicht.240 Vielmehr ist danach zu fragen, unter welchen Bedingungen ein Bild in der hier untersuchten Phase eigentlich als wahr klassifiziert werden konnte. Denn die Begriffe „warhafftig“, „eigentlich“ und „gewiss“ versprachen den Zeitgenossen nicht unbedingt eine exakte Widerspiegelung dessen, was heute vorwissenschaftlich als Realität verstanden wird.241 Wahr konnten Bilder vielmehr auch dann sein, wenn sie wesentliche Merkmale eines Sachverhaltes angemessen und in der richtigen Relation zueinander ins Bild setzten. Sie konnten auch dann als authentisch verstanden werden, wenn sie sich eingeführter, durch die Gewohnheit autorisierter Darstellungsformen bedienten oder wenn sie Botschaften transportierten, die auf einem gesellschaftlichen Konsens beruhten. Dieser Sachverhalt soll am Beispiel der Ikonographie des Herrschereinzugs ausformuliert werden, an deren relativem Endpunkt die Entwicklung einer spezifischen Bildlösung stand, die im Hinblick auf die ‚realen‘ Abläufe zumindest teilweise als falsch, im Hinblick auf die durch sie kommunizierten politischen Aussagen hingegen durchaus als wahr erscheinen konnte. An ausgewählten Exempla dieses Bildthemas werden im Folgenden die „Nuancen einer Typenreihe“242 analysiert, um sowohl die Konstruktionsprinzipien solcher Darstellungen als auch ihre spezifischen Ordnungsleistungen und die hinter diesen stehenden gesellschaftlichen Bedürfnislagen aufzuzeigen. 239 Es muss offen bleiben, ob ein Teppich mit diesem Bildthema während der kaiserlichen Audienzen in Speyer tatsächlich aufgehängt worden ist, auf jeden Fall eignete es sich hervorragend als Ausstattung eines Audienzsaales. 240 Vgl. im Folgenden ausführlich Rudolph, Evidenz. 241 Die klare Trennung zwischen Wahrheit und Fiktion kann als neuzeitlich betrachtet werden. Dies gilt auch für die Differenzierung zwischen inneren und äußeren Bildern, die im Mittelalter nicht in dieser Weise vollzogen wurde. Giesecke, Sinnenwandel, S. 263; Wenzel / Jaeger, Visualisierungsstrategien, S. 9. 242 Wuttke, Warburgs Methode, S. 76.
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b) „Triumph und aigentliche Conterfactur“. Der Kaisereinzug als Schlagbild Für die Ikonographie des Herrschereinzugs bildete sich im Untersuchungszeitraum ein spezifisches Bildschema heraus, dem sich spätestens ab dem Ende des 16. Jahrhunderts fast alle bildlichen Darstellungen solcher Ereignisse zuordnen lassen.243 Zwar gibt es für den Untersuchungszeitraum und darüber hinaus auch vereinzelt druckgraphische Darstellungen von Kaisereinzügen, die einzelne Teilakte eines Kaiseradventus ins Bild setzen; diese Form der visuellen Repräsentation setzte sich jedoch langfristig nicht durch.244 Denn nicht ein einzelner, zeitlich wie räumlich definierbarer Teilakt verkörperte in der Wahrnehmung der Zeitgenossen das entscheidende Moment eines Adventus, der im Bild als immer nur einer Momentaufnahme des Ereignisses festgehalten werden sollte, sondern vielmehr die gewählte Zugordnung als eingängiges Spiegelbild der bestehenden Herrschaftsordnung. Jene Bildlösung, die sich am Ende dieser Entwicklung durchsetzen sollte, entstand innerhalb weniger Jahrzehnte im Verlauf des 16. Jahrhunderts und behielt ihren universellen Geltungsanspruch bis zum Ende des Alten Reiches bei. Den ideellen Ausgangspunkt der druckgraphischen Darstellungen von Kaisereinzügen im Reich bildete nicht die Visualisierung eines realen Kaisereinzugs, sondern vielmehr der allegorische „Triumph Kaiser Maximilians I.“, der 1516–1518 durch Albrecht Altdorfer, Hans Burgkmair, Albrecht Dürer und andere auf kaiserliche Initiative hin entstanden war.245 Dieser aus 147 Einzelblättern bestehende Riesenholzschnitt übernahm aufgrund seiner technischkünstlerischen Qualität und der Übertragbarkeit des Triumphmotivs auf reale Herrschereinzüge eine Vorbildfunktion für die sich als eigenständiges Bildthema der Druckgraphik in der Folge etablierenden Herrschereinzüge. Übernommen wurde die Anordnung der von rechts nach links ziehenden Einzugsteilnehmer bei weitgehend leerem Hintergrund, wobei der Betrachter die Rolle des beim 243 Zur Entwicklung der Ikonographie des Kaisereinzugs, die hier nicht ausgebreitet werden kann, vgl. Roy / Kobler, Festaufzug, Festeinzug; Mersiowsky / Widder, Adventus in mittelalterlichen Abbildungen; Rudolph, visuelle Kultur. 244 Die Darstellung von Teilakten des Einzugs wie des Empfangs im Feld oder der Schlüsselübergabe ist typisch für die spätmittelalterliche Chronistik. Vgl. auch Beham, Ankummen vnd Einreyten Kaiserlicher Maiestat (Abb. 26). 245 Vgl. dazu Müller, Gedechtnus; Schauerte, Ehrenpforte; sowie die graphischen Folgen von Robert Peril und Nikolaus Hogenberg zum Krönungszug Karls V. 1530 in Bologna. Dazu Matsche, Frühneuzeitliche Kaiserkrönungen, S. 244–246. Zu oberitalienischen Triumphzugsdarstellungen wie Mantegnas „Triumph Caesars“ (1486–1492), die direkt oder vermittelt über graphische Folgen nordeuropäische allegorische Triumphzüge beeinflussten, Martindale, Triumphs of Caesar.
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Ereignis anwesenden Zuschauers übernimmt und von der Seite mit leichter Untersicht auf die an ihm vorüber ziehende Prozession von Menschen, Wagen und Tieren schaut. Die Leserichtung von links nach rechts folgt dem tatsächlichen Wahrnehmungsablauf, bei dem der Betrachter ebenfalls zuerst der Zugspitze ansichtig wird. Dieses Bildschema übertrug Jörg Breu d.Ä. in einer zehnblättrigen Holzschnittfolge auf den Einzug Karls V. 1530 in Augsburg, wobei naturgemäß alle allegorischen Elemente des maximilianischen Triumphes wegfielen.246 Auch Breu beschränkt sich auf die Abbildung der Zugteilnehmer, da allerdings die Reihenfolge der Blätter unklar ist, lässt sich aus diesem Werk keine Zugfolge ablesen.247 Der Künstler zeigt auch nicht den gesamten Zug, sondern er wählt für jedes Blatt eine Personengruppe aus, deren Mitglieder stellvertretend für die am Einzug beteiligten sozialen Gruppen stehen können. Im Vordergrund der Darstellung steht die prächtig verzierte Ausstattung der Einziehenden, während die Reichsstadt völlig ausgeblendet wird.248 Ein Blatt, das den Kaiser im Kreis hochrangiger Würdenträger zeigt, entspricht noch nicht einmal für sich genommen der tatsächlichen Zugordnung.249 So reitet rechts neben dem Kaiser nicht König Ferdinand, sondern vielmehr Pfalzgraf Friedrich. Ferdinand ist links vom Kaiser zu sehen, wodurch der päpstliche Legat nach links außen verbannt wird. Dabei war die Ordnung des Einzugs vielfach schriftlich festgehalten worden.250 Die veränderte Position Campeggios scheint ein durch den Protestanten Breu bewusst gewähltes Mittel gewesen zu sein, das Papsttum und seine Vertreter im Reich zu diffamieren. Auf diese Weise wird zugleich der 1530 vom Kaiser gegen den Widerstand der Kurfürsten durchgesetzte Ordnungsanspruch visuell ausgehebelt. Offenbar in Anlehnung an dieses Vorbild schuf Johann Melchior Bocksberger d.J. 1573 eine Holzschnittfolge (Abb. 13), die den Kaiser und die Fürsten des Reiches beim Einzug „auff den Reichstagen / vnd andern Fürstlichen ver246 Einzug Kaiser Karls. V. auf den Reichstag in Augsburg 1530. Zu Breu vgl. Cuneo, Art and Politics; zu dieser Folge schon Aulinger, Bild, S. 86, 194–197, 329–339. 247 Die bei Geisberg hergestellte Blattordnung entspricht nicht der tatsächlichen Zugfolge. Es wäre denkbar, dass einige Blätter nicht erhalten sind, denn zwei Drucke zeigen angeschnittene Motive, während die übrigen formal in sich zwar geschlossen sind, aber dennoch nicht aneinander passen. 248 Stärker individualisiert und deshalb eindeutig identifizierbar sind nur die wichtigsten Personen wie Kaiser Karl V., sein Bruder Ferdinand I. oder der päpstliche Legat Kardinal Campeggio. 249 Vgl. dazu vorn Kap. II.2.b. 250 Vgl. zum Beispiel Sturm, Ain kurtze anzaygung.
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samlungen“ zeigt.251 Anders als Breu setzt Bocksberger jedoch keinen realen Kaisereinzug ins Bild, sondern er nutzt dieses Motiv, um die soziale Hierarchie der politischen Elite im Reich zu visualisieren.252 Das Werk entstand möglicherweise aus demselben Geist heraus wie das bekannte „Traktat über den Reichstag“ und wäre somit als Versuch zu verstehen, das übliche Verfahren bei öffentlichen Aufzügen als Anleitung für zukünftige Anlässe visuell zu dokumentieren.253 Durch den Verzicht auf eine räumliche und zeitliche Verortung dieses Zuges erhebt die dargestellte Ordnung einen überzeitlichen Geltungsanspruch. Der Titel des Werkes verbindet das Motiv des Herrschereinzugs mit dem des Triumphzugs. Während die Darstellung von Reichsfürstenstand und Kaiserhaus bei Breu nur zwei Blätter umfasst, widmet Bocksberger dieser Personengruppe 17 seiner 22 Blätter, wobei er auf jedem seiner mit Wasserfarben kolorierten und mit Bildüberschrift versehenen Holzschnitte nur einen Reichsfürsten mit seinem Gefolge zeigt, so dass im Wesentlichen die Fürstengesellschaft des Alten Reiches abgebildet wird.254 Allerdings war die Hochzeit der seriellen Druckgraphiken, bei denen die Zugfolge in ihrer Gesamtheit erst durch die Aneinanderreihung mehrerer Blätter entstand, schon zum Zeitpunkt der Entstehung dieser Folge vorbei.255 An ihre Stelle trat nun der illustrierte Einblattdruck, der das Geschehen nicht nur 251 Bocksberger, Triumph vnd aigentliche Conterfactur. Die Folge muss nach dem 25.09.1572 und vor dem 19.06.1575 entstanden sein, da Rudolf II. bereits ungarischer, nicht aber böhmischer König ist. Zu Bocksberger vgl. Kaeppele, Malerfamilie Bocksberger; Art. „Bocksberger, Johann Melchior“ in: Thieme / Becker, Bd. 4, S. 160f.; Goering, Malerfamilie Bocksberger, S. 185–280, besonders 188, 209–11, 267. 252 Es ist unklar, ob Bocksberger hier seine eigene Vorstellung einer Rangfolge im Reich oder die eines möglichen Auftraggebers im Umfeld der Habsburger oder des bayrischen Hofes ins Bild setzte. 253 Ausführlicher Bericht (1612); vgl. dazu Rauch, Traktat über den Reichstag. 254 Außer den weltlichen Kurfürsten und den männlichen Mitgliedern der Dynastie Habsburg sind dargestellt: Herzog Christoph von Württemberg, Landgraf Wilhelm von Hessen, Herzog Philipp von Pommern, Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg, Herzog Wilhelm zu Jülich-Kleve-Berg, Herzog Julius von Braunschweig-Lüneburg, Markgraf Georg Friedrich von Brandenburg, Herzog Johann Wilhelm von Sachsen und Herzog Albrecht V. von Bayern. Die Gesichtszüge der Reichsfürsten sind im Gegensatz zu denen ihres Gefolges feiner ausgearbeitet und zeigen mitunter Portraitähnlichkeit. Da geistliche Reichsfürsten nicht vertreten sind, worauf schon der Titel des Werkes hinweist, ist der Bayernherzog der einzige Katholik im Zug. Vgl. dazu Kap. V.4. 255 Für die Herrschereinzüge ab dem 17. Jahrhundert sind nur noch wenige Beispiele für diese aufwendige und kostenintensive Darstellungsform überliefert. Ein sehr spätes Beispiel stellt ein aus sechs Platten zusammengesetzter Kupferstich von Wilhelm Christian Rücker mit dem Einzug Josephs II. 1764 in Frankfurt am Main dar, der eine Länge von ca. drei Metern aufweist. HM Frankfurt am Main, GS, C 1209.
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auf einem Blatt bildlich darstellte, sondern auch mit einem mehr oder weniger umfangreichen Begleittext versah, der zusätzliche Informationen zum Ablauf des Einzugs enthielt. Sowohl durch die Reduzierung der Formate als auch durch die erläuternden Texte wurden Einzugsdarstellungen in dieser Mediengattung auch für breitere Bevölkerungsschichten interessant. Ein frühes Beispiel für diese Darstellungsform ist ein großformatiger, aus acht Platten zusammengesetzter Einblattdruck von Jost Amman (Abb. 21), der den Einzug der osmanischen Gesandtschaft in Frankfurt am Main kurz nach der Wahl Maximilians II. zeigt und offenbar eine Vorbildfunktion für die folgenden Einzugsdarstellungen im Medium des illustrierten Einblattdruckes besaß.256 Der Holzschnitt zeigt, wie sich der Zug der Türken durch das städtische Umland dem im Mittelgrund abgebildeten Sachsenhausen nähert, während im Hintergrund die Reichsstadt Frankfurt mit der Mainbrücke zu erkennen ist. Der Künstler erfindet extra Erhebungen in der minutiös ausgearbeiteten Landschaft, um die gewundene Darstellung der auf diese Weise schier endlos wirkenden Gesandtschaft, die weit mehr Teilnehmer umfasst, als es tatsächlich waren, legitimieren zu können. Durch die Fackeln, die einige Zugteilnehmer mitführen, lässt sich das Ereignis sogar zeitlich fixieren, denn der Einzug fand am Abend statt. Die über den Stadtwällen dargestellten Rauchwolken verdeutlichen dem Betrachter, dass ein Herrschereinzug immer auch ein akustisches Ereignis war.257 Wer die einzelnen Teilnehmer sind, ist aus dem Bild nicht zu entnehmen, denn Amman ging es vor allem um die pittoreske Ausstattung und die kostbaren Geschenke, die in der Stadt großes Aufsehen erregt hatten und deshalb einen hohen Absatz des Druckes versprachen. Philipp Uffenbach verfolgte mit seiner Abbildung des Kaisereinzugs in Regensburg 1594 hingegen das Ziel, die Einzugsordnung als Entwurf einer sozi-
256 Amman, Verzeichniß; zu Amman vgl. Art. Amman, Jobst, in: Thieme / Becker, Bd. 1, S. 410–413. Der mit einem eigenen Druckstock gedruckte Titel nennt lediglich das Ereignis, wobei die Behauptung, der türkische Sultan habe die Gesandtschaft anlässlich der Wahl und Krönung Maximilians II. nach Frankfurt geschickt, nicht den Tatsachen entsprach. Ein Text zu diesem Einblattdruck ist nicht erhalten. Vgl. auch Pallmann, Sigmund Feyerabend, S. 189. Zum Folgenden ausführlich Rudolph, Türkische Gesandtschaften, S. 312f. 257 Die in verschiedene Richtungen zeigenden Spieße der Janitscharen wie auch die stark bewegten Pferde, die von ihren Reitern zum Teil mühsam gebändigt werden, lassen den Zug vergleichsweise ungeordnet wirken. Möglicherweise bedient Amman auf diese Weise die in der Publizistik dieser Zeit verbreiteten Stereotype über den barbarischen Türken.
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alen Ordnung visuell zu fixieren (Abb. 18).258 Bei dieser Radierung handelt es sich um die Illustration einer Neuen Zeitung. Während der beigefügte Text auch über die einzelnen Teilakte des Einzugs berichtet, zeigt das Bild lediglich den Zug, der sich der Stadt Regensburg nähert. Stärker als bei Amman blickt der Betrachter von einem erhöhten Standort auf die fünf Reihen des perspektivisch angelegten Zugs herab. Im Gegensatz zu den graphischen Folgen vermag er mit einem Blick die hierarchische Ordnung der Einziehenden zu erfassen, weil der Künstler nicht die tatsächliche Zugfolge mit ihren zumeist aus drei Personen bestehenden Gliedern wiedergibt, sondern die Teilnehmer entsprechend ihrem sozialen Rang in mehreren Gruppen im Bildraum arrangiert. Indem er das Ordnungsprinzip Vielzahl – Einzahl anwendet, kompensiert er den Aussageverlust, der durch die Anordnung fast aller Akteure in einer gleichförmigen Gliedordnung entstanden war.259 Die angeschnittene Darstellung im Vordergrund rechts suggeriert dem Betrachter, dass er nur einen Raumausschnitt und damit auch nur einen Zugausschnitt sehen kann. Die abgebildete Szene hatte in dieser Form allerdings nie stattgefunden. So ritt der Kaiser erst ab dem Stadttor unter dem Himmel. Außerdem traten die Zugteilnehmer auch nicht in dieser schlangenlinienartigen Ordnung an. Die Graphik ist nicht als Abbild, sondern als Sinnbild der dargestellten Ordnung zu verstehen. Sie ist auf den Betrachter hin konzipiert, der den Kaiser nur dann sofort im Bild zu identifizieren vermag, wenn dieser durch den Baldachin hervorgehoben wird. Da der soziale Rang der Teilnehmer von der Zugspitze bis zum Kaiser ansteigt, stimmen Raum- und Bedeutungsperspektive im Bild weitgehend überein. Dieses Prinzip der Anordnung behalten alle Beispiele dieses Bildtypus bei, weshalb der Kaiser regelmäßig im vorderen Mittelgrund erscheint.260 Die im Hintergrund angedeutete Stadt wird zur Projektionsfläche einer sozialen Topographie, die in ihrer Komplexität erst in der geordneten Form einer visuellen Darstellung durch die Rezipienten nachvollzogen werden konnte. Waren die 258 Uffenbach, Einritt des Key. Mt. Rudolphi 2; zum Künstler vgl. Art. Uffenbach (Offenbach), Philipp, in: Thieme / Becker, Bd. 33, S. 538f. 259 Besonders leicht ist der Kaiser zu identifizieren, da er unter dem mit einem Doppeladler verzierten Baldachin (Nr. 20) dargestellt wird. Vor ihm reiten die Herolde in ihren Wappenröcken (Nr. 18) und der Reichserbmarschall von Pappenheim (Nr. 19) mit dem Schwert, während im vorderen Zugteil der auf einer offenen Kutsche transportierte Leibjagdhund des Kaisers zu erkennen ist. Vgl. dazu Kap. II.2.b. 260 Dies gilt allerdings nicht für die zweite graphische Darstellung dieses Reichstagseinzugs, bei welcher der Zug links unten beginnt und rechts oben endet. Wahrhaffte Abcontrafactur (1594). Dieser Riesendruck (26,5 x 127 cm) aus vier Teilen war offenbar für eine Kolorierung gedacht und gehört zu: Kurtze und einfeltige Beschreibung (1594). Vgl. dazu auch Joist / Kamp, Einzug, S. 150.
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Zugteilnehmer zuvor durch Herrschaftszeichen und gelegentlich auch durch individuelle Merkmale identifizierbar gewesen, übernehmen diese Funktion nun im Bild eingefügte Ziffern, deren Bedeutung der Text auflöst. Sie verknüpfen Bild und Text eng miteinander und steuern den Wahrnehmungsvorgang des Rezipienten, dessen Blick vom Bild auf den Text und von diesem erneut auf das Bild gelenkt wird. Dagegen bildet Wilhelm Peter Zimmermann in seinem Einblattdruck über den Kaisereinzug in Regensburg 1613 (Abb. 19) die Teilnehmer dieser Aufführung entsprechend dem tatsächlich angewandten Verfahren in Gliedern mit jeweils ein bis drei Personen ab.261 Hatte Uffenbach durch die perspektivische Wiedergabe des Zugs noch einen konsistenten Tiefenraum geschaffen, zerfällt die Darstellung Zimmermanns in zwei Teile: das Weichbild der Stadt Regensburg am oberen Bildrand und den in acht Zeilen angeordneten Zug, bei dem die im Vordergrund dargestellten Teilnehmer nur unwesentlich größer sind als diejenigen, die sich eigentlich in weiter Ferne an der Spitze des Zuges befinden.262 Durch die gleichförmige Anordnung der Reiter lässt sich auf den ersten Blick nur der Kaiser unter dem von Trabanten umgebenen Himmel sofort identifizieren, weil hier die gleichförmige Schematik der Darstellung durchbrochen wird. Das Arrangement der Einzelelemente zu einer Gesamtdarstellung im Bild kopiert die narrative Organisation des unter dem Druck befindlichen Textes. Vom Titel gleitet der Blick zuerst über das Weichbild der Stadt Regensburg als Ort der Handlung, bevor er dann die Spitze des Zuges erfasst und nun Zeile für Zeile dessen Ordnung bis zum Ende rechts vorn nachvollzieht. Damit war das Bildschema, das die Darstellung von Kaisereinzügen bis zum Ende des Reiches prägen sollte, im Zeichenvorrat der politischen Deutungskultur verankert. Die Zeichenhaftigkeit der Zugordnung in ihrer Gesamtheit korrespondierte nun mit der Zeichenhaftigkeit der sie visuell fixierenden Bildform. Lediglich das Ausmaß an Standardisierung und Schematisierung nahm in der Folge noch zu.263 Dieser Bildtypus übernahm die Funktion eines Schlagbildes, das den zentralen Bedeutungsgehalt der Inszenierung evozierte und dabei eine 261 Zimmermann, Wahrhaffter vnd eigentlicher Abriß; siehe die Abb. in Ausstellungskatalog Münster (1998), S. 326. Zu Zimmermann, der zum Beispiel auch eine neunblättrige Folge zur Hochzeit zwischen Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg und Magdalena von Bayern 1613 schuf, siehe Art. Zimmermann, Wilhelm Peter, in: Thieme / Becker, Bd. 36, S. 517. 262 Im Weichbild ist der Dom das raumgreifendste Gebäude, was den informierten Betrachter daran erinnerte, dass die protestantische Reichsstadt auch Sitz eines katholischen Bischofs war. 263 Dazu ausführlich Rudolph, visuelle Kultur.
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im Bezug auf das Ereignis ordnende wie im Bezug auf den Betrachter orientierende Funktion erfüllte.264 Jedes Bildzeichen stand nicht mehr für sich selbst, sondern verwies nur noch auf die dargestellte Ordnung insgesamt. Auf diese Weise wurde die sonst womöglich auftretende, für die beabsichtigte Bildaussage prekäre „ikonische Differenz“ als kaum vermeidbare Diskrepanz zwischen den Binnenereignissen im Bild und dem Gesamtereignis des Bildes aufgelöst.265 Das einmal eingeführte Schlagbild – alternativ kann man von einem Schlüsselbild oder einem visuellen Topos sprechen – ließ sich aufgrund seines universellen Geltungsanspruchs auf andere öffentliche Aufzüge wie Leichenzüge oder Fassnachtszüge übertragen und schließlich sogar ironisieren, um ganz andere Botschaften zu transportieren.266 Die kollektive Praxis feierlicher Aufzüge endete zwar mit dem Ende des Alten Reiches nicht, aber sie wurde im 19. Jahrhundert historisiert und in ihrer gesellschaftlichen Geltungsmacht eingeschränkt. Was jedoch mit dem Ende des Heiligen Römischen Reiches sofort obsolet wurde, war ihre Symbolisierung im Medium der Druckgraphik in der hier als Schlagbild bezeichneten standardisierten Form. Dieses Schlagbild fungierte damit tatsächlich als eine „Signatur der Epoche“ (Walter Benjamin), denn es war die Epoche der Frühen Neuzeit, in welcher öffentlichen Aufzügen eine besonders hohe Bedeutung für die Herstellung und Abbildung von sozialen Hierarchien zukam.267 Dieser Bildtyp fasste ein zentrales Ordnungsmuster der ständischen Gesellschaft in einer prägnanten Kurzformel zusammen und verschaffte ihm auf diese Weise in einem Zeitraum von 200 Jahren zusätzliche Wirkmächtigkeit. In dieser Leistung – und nicht in einer realistischen Abbildung tatsächlich vollzogener Aufführungen – bestand die spezifische Wahrheit dieser Bilder. 264 Der Begriff des Schlagbildes wurde von Aby Warburg im Rahmen seiner Analyse von illustrierten Einblattdrucken in seinem Aufsatz „Heidnisch-antike Weissagung in Wort und Bild zu Luthers Zeit“ geprägt und von einer der politischen Ikonographie verpflichteten Kunstgeschichte jüngst reaktiviert und definitorisch gefüllt. Diers, Schlagbilder; Warnke, Vier Stichworte. 265 Zum Begriff der „ikonischen Differenz“ Boehm, Jenseits der Sprache, S. 32. Ikonische Differenzen entstanden auch innerhalb der realen Aufführungen, weil jeder Teilnehmer eigene Repräsentationsinteressen verfolgte. 266 So illustriert ein Einblattdruck aus dem Dreißigjährigen Krieg die finanziellen Verluste der kaiserlichen Kriegspartei durch die ausbleibende Kontribution in Form eines Leichenzugs nach demselben Bildschema. Mit dem unter einem Baldachin reitenden Nuntius taucht hier ein Element des Herrscheradventus auf, wobei der Zug geradewegs in die Hölle führt, womit in satirischer Verkehrung ebenfalls ein Adventus evoziert wird. Abb. in Harms, Deutsche illustrierte Flugblätter, Bd. 2, S. 427. 267 Vgl. dazu allgemein Diers, Schlagbilder, S. 13.
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c) „In schönen Kupferstuken abgebildet“. Die Herrschererhebung als Bildgeschichte Bei der Visualisierung der Herrschererhebung standen die zeitgenössischen Künstler in viel stärkerem Maße als beim Kaisereinzug vor dem Problem, aus einer Vielzahl von Handlungssequenzen eine bestimmte Szene oder einige wenige Szenen auswählen zu müssen, welche den Erhebungsakt in seiner Gesamtheit symbolisch vergegenwärtigen sollten. Während ein narrativ strukturierter Text einen prozesshaften Ablauf in chronologischer Ordnung beschreiben konnte, beschränkte sich eine bildliche Darstellung auf die Momentaufnahme einer bestimmten Handlungssequenz. Ihr Grad an Selektivität war damit deutlich höher als der eines Textes. Indem der Künstler abbildete, wie die Erzbischöfe bei der Krönungsmesse dem König die Krone aufsetzten, konnte er zwar versuchen, die Königserhebung insgesamt zu evozieren, jedoch war dieses Verfahren unsicher, denn die evokative Kraft der ausgewählten Schlüsselszene hing nicht nur von den verwendeten Bildzeichen ab, sondern auch von dem Wissen, das die Betrachter des Bildes über das Ereignis besaßen.268 Gerade bei einem Akt, für dessen Legitimität die Einhaltung eines tradierten Verfahrens von zentraler Bedeutung war, musste die Reduktion der komplexen Handlungsabläufe auf eine Szene als wenig befriedigend erscheinen. Während für die Herrschererhebung von 1562 lediglich zwei illustrierte Einblattdrucke überliefert sind, welche mit der Darstellung des beim Krönungsbankett preisgegebenen Ochsen (vgl. Abb. 11)269 nun ausgerechnet ein Motiv abbilden, das nach rechtspositivistischer Lesart scheinbar keinerlei verfassungsrechtliche Relevanz besaß, und für jene von 1575 überhaupt keine bildlichen Darstellungen überliefert sind, wurde die Wahl und Krönung von Kaiser Matthias 1612 vielfach im Druck visualisiert, weshalb sich in diesem Rahmen sehr gut die unterschiedlichen Darstellungsprinzipien aufzeigen lassen, nach denen derartige Kulminationspunkte rituell-zeremoniellen Handelns in der Druck-
268 Dieses Verfahren war in der spätmittelalterlichen Kunst gängig. Während die Darstellung einer Szene aus dem Leben Jesu in den Köpfen der Zeitgenossen eine Bilderflut von dieser inhaltlich vorausgehenden oder folgenden Szenen ausgelöst haben dürfte, war das bei der Herrschererhebung nicht unbedingt der Fall, denn deren Abläufe waren deutlich weniger allgemein bekannt. 269 Descriptio Bovis (1562), Abb. in Harms, Deutsche illustrierte Flugblätter, Bd. 3, S. 311; Vgl. im Folgenden ebd., S. 310, dort auch eine deutsche Übersetzung des Textes; Warhafftige Contrafactur (1563); dazu Harms, Deutsche illustrierte Flugblätter, Bd. 6, S. 248f. Abb. 11 entstand nach dem Vorbild dieser Drucke.
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graphik vergegenwärtigt wurden.270 Dabei versuchten die Bildproduzenten, das ausgesprochen komplexe Verfahren der Herrschererhebung im Reich wenigstens teilweise im Bild zu fixieren. Drei Formen der Visualisierung dieses Ereignisses lassen sich unterscheiden: das simultane Ereignisbild und die Mehrfelddarstellung, die beide in illustrierten Einblattdrucken verwendet wurden, sowie die graphische Serie, die aus mehreren Blättern bestand. Das im Spätmittelalter gängige simultane Ereignisbild, in dem der Künstler mehrere zeitlich und räumlich disparate Szenen innerhalb eines Bildraumes anordnet, hatte sich im Untersuchungszeitraum allerdings bereits überlebt. Es lässt sich in der Regel nur noch im Zusammenhang mit den auf die breite Masse der Bevölkerung ausgerichteten illustrierten Einblattdrucken oder auch in Votivdarstellungen finden, die sich generell stärker als andere Bildmedien dieser Zeit an tradierten Seh- und Darstellungsgewohnheiten orientierten. Als Beispiel für diese Form der Visualisierung kann der illustrierte Einblattdruck des Augsburger Briefmalers Georg Kress dienen (Abb. 33).271 In seinem querformatigen, schablonenkolorierten Holzschnitt, dessen Darstellungsformen insgesamt antiquiert und unbeholfen wirken, stellt Kress simultan mehrere Szenen des Krönungsaktes dar, die entweder im Bildraum ineinander übergehen oder durch architektonische Elemente optisch voneinander getrennt werden. Die Krönung der Kaiserin wird zum Beispiel in einer Seitenkapelle der Kirche untergebracht, obwohl sie vor dem Kreuzaltar stattgefunden hatte.272 Das Gebäude der Kirche, das keinerlei Ähnlichkeiten zu St. Bartholomäus zeigt, dient hier nicht allein als Ort der Handlung, sondern vielmehr als Gedächtnisgebäude, in dem einzelne Szenen der Handlung angeordnet werden, um auf diese Weise besser memorierbar zu sein. Gleichzeitig wird damit auch 270 Die Menge, Qualität und inhaltliche Vielfalt der Bildmedien, die anlässlich der Wahl und Krönung von 1612 erschienen, übertraf die folgenden Wahlen und Krönungen des 17. Jahrhunderts. Dies dürfte selbst für die stark ‚vermarktete’ Wahl und Krönung Leopolds I. 1658 gelten, deren Bildmedien sich auf das Motiv Herrschereinzug konzentrierten. 271 Kayserliche Crönung (1612), Vgl. allgemein Paas, Georg Kress. Die Orte der Handlung lassen sich aufgrund der Phantasiebauten nicht identifizieren; für den Ablauf des Krönungsrituals wichtige Details sind falsch dargestellt, was jedoch der Mehrzahl der im Umfeld der Reichsstadt Augsburg zu vermutenden Käufer des Blattes ohnehin sicher nicht auffiel. 272 Dieses Darstellungsprinzip findet sich im Zusammenhang mit einem Krönungsakt zum Beispiel bei einem Kupferstich zur Krönung Jakobs I. 1603 in London, der von Franz Hogenberg stammt. Vgl. auch den von Samuel Dilbaum herausgebrachten Einblattdruck zur ungarischen Krönung von 1608, Abb. in Harms, Deutsche illustrierte Einblattdrucke, Bd. 2, S. 139.
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eine Bewertung verbunden: Die Krönung der Kaiserin wurde offenbar als weniger wichtig betrachtet. In starkem formalen Gegensatz zur gemessenen Würde der Krönungsszene steht die Prügelei der Preisgabe, die im Vordergrund links dargestellt wird. Dabei wird die im Zentrum des Bildes befindliche Krönung ausschließlich von Akten umrahmt, die sich im öffentlichen Raum der Stadt abgespielt hatten.273 Im Druck sichtbar gemacht wurde damit primär das, was ohnehin für alle Anwesenden sichtbar gewesen war. Einen ähnlichen Aufbau weist ein Einblattdruck zum selben Thema auf, den der ebenfalls in Augsburg tätige Druckerverleger Andreas Gentzsch auf den Markt gebracht hatte.274 Im Unterschied zu Kress veröffentlichte Gentzsch noch einen zweiten Druck, der sich ausschließlich mit dem Wahlgeschehen beschäftigte.275 Die als Radierung ausgeführte Illustration zeigt in simultaner Darstellung unterschiedliche Teilakte der Wahl, die allerdings nicht in jedem Fall eindeutig identifizierbar sind. Wahrscheinlich handelt es sich bei den in der Kirche dargestellten Akten um den Wahleid und die Proklamation des gewählten Königs. Das abgebildete Altarbild des Hochaltars von St. Bartholomäus entspricht zwar nicht den Tatsachen, aber dafür jenem auf dem Druck von Kress: Wer hier letztlich von wem ‚abgekupfert‘ hat, lässt sich nicht mehr feststellen, dennoch wird auf diese Weise deutlich, aus welchen Quellen viele Bildproduzenten ihre visuellen Inspirationen bezogen. Dass die Simultandarstellung im Zusammenhang mit dem stark auf die Tradition verweisenden Akt der Herrschererhebung noch zu einem Zeitpunkt auftritt, an dem sie historisch schon überholt war, dürfte kein Zufall sein. Die Traditionalität der Bildlösung korrespondiert hier mit der Traditionalität des visualisierten Ereignisses. Dies scheint auch der Grund dafür sein, dass die Herrschererhebung noch am Ende des 18. Jahrhunderts in den Kupferstichen der Wahl- und Krönungsdiarien auf diese Weise dargestellt wurde. So sieht der Betrachter die Figur des Königs gleich mehrfach und in unterschiedlichen Handlungskontexten in ein- und demselben Kirchenraum.276 Auf diese Weise wird 273 Oben rechts ist im Inneren des Römers offenbar das Krönungsbankett zu sehen. Die hier im Vordergrund gezeigte Preisgabe war ein häufiges Bildthema der sensationsverliebten Bildpublizistik. Vgl. Warhafftige Contrafactur deß Ochsen (1612); Eigentliche Contrafactur (1612). 274 Erzehlung (1612), Abb. in Wanger, Kaiserwahl, S. 325, vgl. auch die Beschreibung dieses und des folgenden Druckes ebd., S. 195f. 275 Kurtzer Bericht von der Erwöhlung (1612). Dieser Druck ist das einzige erhaltene Beispiel eines illustrierten Einblattdruckes, der sich ausschließlich mit dem Ablauf des Wahlaktes beschäftigt. 276 Ordentliches Diarium (1711); Vollständiges Diarium (1742), Schulin, Diarium.
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der Anspruch, das tradierte Verfahren der Herrschererhebung im aktuellen Fall ordnungsgemäß vollzogen zu haben, auch durch die Wahl traditioneller Darstellungsformen unterstrichen. Abgelöst wurde dieses Darstellungsprinzip durch eine im 16. Jahrhundert aufkommende Form der Ereignisvisualisierung, die mehrere in sich geschlossene Bildfelder neben- und untereinander reihte. Im Kontext der Herrschererhebung im Reich taucht diese Form erstmalig 1612 auf einem Einblattdruck des Frankfurter Verlegers und Stechers Eberhard Kieser (Abb. 34) auf.277 Seine Radierung besteht aus acht Bildfeldern in drei Spalten, wobei die räumlichen und zeitlichen Differenzen zwischen den hier dargestellten Teilakten nun durch die klare optische Trennung der Bildfelder verdeutlicht werden.278 Mit einer Ausnahme beziehen sich alle Szenen auf den Krönungsakt und die anschließenden Festivitäten. Die aufgrund ihrer inhaltlichen Bedeutung größte und in der Blattmitte angeordnete Szene zeigt die Krönung von Kaiser Matthias.279 Die übrigen, kleinformatigen Szenen visualisieren Wahl- und Krönungszug, die Krönung Annas, das Turnier, den Römer mit Weinbrunnen und Ochsenküche, das Krönungsbankett und das Feuerwerk. Wie in einer Bildgeschichte reiht der Künstler die einzelnen Handlungssequenzen aneinander, wobei direkt unter die Bildszenen jeweils ein erklärender Text in die Kupferplatte radiert wurde. Diese Form der visuellen Fixierung, welche dem Betrachter einen analytischselektiven Sehvorgang anbot, kam bei den Käufern offenbar sehr gut an, so dass von nun an bei jeder Herrschererhebung derartige Drucke auf den Markt gebracht wurden.280 Die Offenheit für unterschiedliche Rezeptionsabläufe, welche simultane Darstellungen ausgezeichnet hatte, wurde zugunsten einer Steuerung 277 Contrafactur vnderschiedlicher acten (1612). Ein ursprünglich sicher vorhandener Text ist offenbar nicht erhalten. Zu Kieser vgl. Art. Kieser, Eberhard, in: Thieme / Becker, Bd. 20, S. 274. Von Kieser stammt außerdem der Einblattdruck mit einer Darstellung des Feuerwerksschlosses. Hinsperg, Contrafactur des Feuerwercks. Er verlegte auch den großformatigen Einzug Friedrichs V. zur Krönung in Prag (1619), was zeigt, dass er mitnichten auf die Habsburger fixiert war. 278 Kieser übernahm diese Darstellungsform möglicherweise von einem Einblattdruck zur böhmischen Krönung von 1611, dessen Illustration von dem Frankfurter Maler Georg Keller stammte. Aigentliche Contrafactur aller underschidlichen Acten (1611). 279 Für diese Szene hat offenbar ein Stich der graphischen Folge von de Bry als Vorbild gedient und nicht die entsprechende Szene aus Kiesers eigener Serie, wie dies für die unter der Krönung positionierte Darstellung des Ringelrennens zutrifft. Electio et coronatio (1612) Bl. 5 (eigene Zählung). 280 Vgl. Kieser, Kurtzer doch eigentlicher Bericht (1619). Abb. bei Wanger, Kaiserwahl, S. 331f. Hier ist der Wahlakt gegenüber 1612 aufgewertet, denn er nimmt die zweite großformatige Bildszene in der Mitte des Blattes ein. Zur Rezeptionsweise solcher Drucke Giesecke, Sinnenwandel, S. 94.
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der Wahrnehmung überwunden, obwohl es theoretisch jedem Betrachter selbst überlassen blieb, in welcher Reihenfolge er die einzelnen Szenen betrachten wollte. Trotz der Tatsache, dass man bei den kleineren Bildszenen im Grunde kaum etwas erkennen konnte, war offenbar die Mehrheit der Zeitgenossen davon überzeugt, auf diese Weise eine „ware Abcontrafactur“ aller wesentlichen Akte vor Augen zu haben. Für diejenigen, welche der Herrschererhebung selbst beigewohnt hatten, dürften die formelhaften Bildzeichen ohnehin primär als visuelle Fixpunkte gedient haben, an welche ihre eigenen, inneren Gedächtnisbilder angelagert werden konnten. Eine deutlich aufwendigere Form der Bildfolge verkörperten die graphischen Serien, von denen anlässlich der Wahl und Krönung von 1612 mit den Werken von Eberhard Kieser, Johann Theodor de Bry und Wilhelm Peter Zimmermann gleich drei erschienen.281 Die aus 10 Kupferstichen bestehende Serie von Kieser war von vornherein als Illustration der „Wahl- und Crönungshandlung“ von Bringer und Kröner bestimmt, da die einzelnen Szenen mit Buchstaben bezeichnet sind, die auf bestimmte Abschnitte des Textes verweisen und Text und Bild eindeutig aufeinander beziehen. 282 Zwei Blätter visualisieren Szenen der Wahl: den Zug der Kurfürsten zur Wahlkirche, die Altarsetzung des neugewählten Herrschers und die Proklamation. Alle anderen waren dem Krönungsakt gewidmet. Besonders wichtig erschien dem Künstler die Wiedergabe der Raumsituation bei den Investiturszenen. So zeigt er die Krönung aus der Perspektive des südlichen Querhauses, wodurch der Handlungsort Vierung genau lokalisiert werden kann. Außerdem bildet er einen Grundriss der Kirche (Abb. 38) ab, in dem die Teilakte des Rituals und die Position bestimmter sozialer Gruppen eingezeichnet sind. Dieses Motiv mit seiner räumlichen Ordnungsleistung übernahmen spätere Wahl- und Krönungsdiarien, was zeigt, dass es von den Rezipienten offenbar goutiert wurde. Im Gegensatz dazu wurden die 14 Kupferstiche, die Johann Theodor de Bry (1561–1623) auf den Markt brachte, offenbar auch einzeln als graphischer Zy281 Vgl. zum Folgenden die detaillierte, allerdings nicht immer treffende Beschreibung dieser Folgen bei Wanger, Kaiserwahl, S. 184–194. Auch die Bewertungen sind öfter nicht angemessen. So ging durch die Vervielfältigung der Herrschererhebung nicht die „Aura der Einmaligkeit“ verloren, vielmehr bestand die besondere Aura dieses Aktes in seiner Verankerung in der Tradition zuvor angeblich genauso vollzogener Akte. Genauso wenig lässt sich aus der Gleichförmigkeit der Bildquellen auf einen gleichförmigen Vollzug von Wahlen und Krönungen schließen. Wanger, Kaiserwahl, S. 190. 282 Wahl- und Crönungshandlung (1612). Das Werk wurde auch ohne Kupferstiche, nur mit einem Teil der Kupferstiche bzw. mit jenen von de Bry verkauft. Vgl. auch Wanger, Kaiserwahl, S. 186f.
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klus verkauft. 283 13 Blätter enthalten im unteren Teil jeweils ein Tetrastichon in deutscher und lateinischer Sprache, das den Bildinhalt erläutert.284 Dabei sind die deutschen Verse meist weniger informativ: So erfährt man nur im lateinischen Text, dass beim Feuerwerk auf dem Main zunächst eine Jupiterfigur und erst danach ein Reichsadler erstrahlte.285 Das repräsentativ gestaltete Titelblatt verkörpert eine symbolische Evokation von Kaiser und Reich. Es zeigt im oberen Teil den thronenden Kaiser zwischen den Säulen des Herkules, dem Reichswappen und dem ungarisch-böhmischem Wappen. Darunter stehen die Kurfürsten im Kurhabit: links die geistlichen mit Schriftrollen als Zeichen ihrer Funktion als Erzkanzler, rechts die weltlichen mit den Insignien ihrer Erzämter. Zwar sind die Kurfürsten dem Kaiser optisch untergeordnet, dennoch wird ihre politische Bedeutung durch ihre Wappen unterstrichen, die sich auf gleicher Höhe mit den kaiserlichen befinden. Zu Füßen von Kaiser und Kurfürsten sitzen die Kardinaltugenden Justitia und Prudentia und die Siegesgöttin Victoria. Sie stehen für die siegreiche, gerechte und weise Herrschaft der Habsburger wie für die Wehrhaftigkeit des Reiches insgesamt. Da Kieser und de Bry eine Reihe von Szenen, darunter etwa das Feuerwerk und den Fackeltanz des Kaiserpaares nach dem Krönungsbankett für Anna von Tirol, sehr ähnlich darstellen, ist davon auszugehen, dass auch hier ‚abgekupfert‘ wurde.286 Dabei weisen die Darstellungen von de Bry meist eine höhere Präzision auf, so dass ein eigener „Augenschein“ der Ausgestaltung der Kirche bei Wahl- und Krönungsakt durch den Zeichner der Vorlagen vorstellbar erscheint. Anhand der Abbildungen zum Wahlkonklave (Abb. 35) wie zu den beiden Krönungsakten (Abb. 36) lässt sich möglicherweise sogar die Ikonographie der ephemeren Bildausstattung im Kirchenraum rekonstruieren.287 Die besondere Dignität dieser Ereignisse vermittelt die im Gegensatz zu Kieser gewählte Zen283 Electio et coronatio (1612), ediert in Meinert, Wahl und Krönung. An dem Werk arbeiteten neben de Bry auch die Kupferstecher Johann Gelle (tätig 1612–1625) und Jakob de Zetter (tätig 1609–1625) mit. Vgl. Art. Gelle, Johann, in: Thieme/Becker, Bd. 13, S. 366; Art. Zetter, Jakob de, in: Thieme/Becker, Bd. 36, S. 468. 284 Die kurzen Texte bieten kaum einen inhaltlichen Mehrwert und besitzen offenbar eine eher dekorative Funktion. Sie stammen von dem seit 1595 in Frankfurt am Main als Lehrer an der Stadtschule nachweisbaren Historiker Gotthard Arthus (1570–1630). Dieser gab besonders historische Werke anderer Autoren heraus bzw. setzte diese fort. Vgl. dazu ADB, Bd. 1, S. 613f. 285 Eigentlich handelte es sich nicht um Jupiter, sondern um Neptun, denn auf einem Einblattdruck zum Feuerwerksschloss ist deutlich ein Dreizack zu erkennen. Contrafactur des Feurwercks (1612). 286 Electio et coronatio (1612), Bl. 13, Kieser, Bl. 10. 287 Vgl. dazu schon vorn Kap. IV.1.b und c.
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tralperspektive, wodurch die statische Formensprache dieser Kupferstiche, die ohne künstlerischen Anspruch angefertigt wurden, noch betont wird. Anders als Kieser und de Bry versuchte Wilhelm Peter Zimmermann in seiner 15 Blätter umfassenden Serie mit den von ihm gewählten künstlerischen Darstellungsformen gerade die festlich-erregte Atmosphäre in der Wahlstadt einzufangen, die er „mit höchster Verwunderung gesehen“ (Abb. 41, 42).288 Seine Radierungen verkörpern völlig eigenständige Leistungen; schon das erste Blatt der Serie ist in diesem Kontext singulär: Es zeigt die Stadt Frankfurt am Main aus der Vogelperspektive, wobei alle für die in den folgenden Blättern visualisierten Ereignisse wichtigen Bauten und Plätze in der Darstellung bezeichnet sind. Integriert ist zudem der von keinem anderen Künstler visualisierte Einzug von König Matthias in Frankfurt am Main, allerdings nicht in der in dieser Phase bereits üblichen, sich auf die Zugfolge konzentrierenden Form. Vielmehr sieht man auf der Einzugsroute Sachsenhausen-Römerbrücke-Fahrgasse lediglich eine Vielzahl an kaiserlichem Reiter- und Fußvolk, ohne konkrete Personen ausmachen zu können. Auch die folgenden Blätter unterscheiden sich stark von Kieser und de Bry, obwohl die für die Visualisierung ausgewählten Szenen weitgehend mit deren Folgen übereinstimmen.289 Denn nur bei Zimmermann werden die sinnliche Komplexität der Herrschererhebung sowie ihr atmosphärischer und affektiver Gehalt durch den gezielten Einsatz künstlerischer Ausdrucksmittel tatsächlich widergespiegelt. So visualisiert er den Tumult bei der Preisgabe (Abb. 42) anders als de Bry und Kieser nicht durch erkennbare Einzelszenen, sondern vielmehr durch die insgesamt bewegt-chaotische Linienführung in diesem Teil des Blattes. Hier korrespondiert das Chaos der gewählten Formensprache direkt mit dem Chaos der abgebildeten Szene. Nur Zimmermann gelingt es, die faszinierende Lichtwirkung des hell erstrahlenden Feuerwerks im abendlichen Dunkel der Stadt überzeugend wiederzugeben. Während de Bry und Kieser die Zahl der Akteure deutlich reduzierten, um die Übersichtlichkeit der Blätter zu erhöhen, hat der Betrachter bei Zimmermann vielfach Mühe, die entscheidenden Szenen 288 Zimmermann, Abriß unnd Fürbildung. Im Marburger Index werden Zimmermann auch zwei Blätter einer weiteren Wahl- und Krönungsfolge zu 1612 zugeschrieben, die sich im Germanischen Nationalmuseum befinden (GNM, HB 17570/1255 und 129/1255). Mehrere Indizien sprechen jedoch dafür, dass es sich hier eher um die Krönung Kaiserin Eleonores 1630 in Regensburg handelt. 289 Zimmermann, Abriß unnd Fürbildung, Tafel 1–15. Drei der 15 Blätter weisen eine Übergröße auf: Neben der Vogelschauansicht Frankfurts (Tafel 1), der Zug zum Krönungsbankett (Tafel 8) und das Heimgeleit des Kaiserpaars nach dem Bankett im Anschluss an die Krönung der Kaiserin (Tafel 13).
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in dem Gedränge wogender Menschenmassen, welche den Bildraum ausfüllen, auszumachen, was durchaus der zeitgenössischen Wahrnehmung entsprochen haben dürfte. Zimmermanns Radierungen vermitteln zudem eine Vielzahl von Details, die offenbar aus eigener Anschauung gewonnen sind. So stellt er als erster die Krönung mit der klar erkennbaren Reichskrone dar, die er auch auf dem Titelblatt des Werkes (Abb. 40) abbildet.290 Als einziger Künstler zeigt er das weibliche Krönungsbankett und das Heimgeleit des Kaiserpaares, wodurch die in dieser Serie mit drei Szenen visualisierte Königinnenkrönung deutlich aufgewertet wird. Seine Radierungen hängte Zimmermann einfach dem Text einer zuvor publizierten Wahltagsbeschreibung an, was dazu führt, dass zwischen Bild und Text keinerlei Beziehung besteht und sich beide völlig unabhängig voneinander rezipieren lassen. In die Graphiken sind nicht nur Buchstaben und Ziffern eingefügt, die in einer vorangestellten Legende aufgelöst werden, sondern ganze Textzeilen, welche als Titel fungieren oder zusätzliche Informationen zum Bildinhalt übermitteln (Abb. 41, 42). Dieser Künstler verwendete somit mehrere Verweissysteme nebeneinander, durch welche die Legende und die Radierungen, aber auch die Intexte in diesen Radierungen auf im Bild befindliche Zeichen bezogen wurden.291 Was sich langfristig historisch durchsetzte, war jedoch die schematische, reduktionistische Darstellungsweise, welche die Zyklen von Kieser und de Bry ausgezeichnet hatte. Der dokumentarische Charakter der Bildlösungen verkörperte offenbar ein Erfolgsmodell, das von der frühneuzeitlichen ‚Mediengesellschaft’ nachgefragt wurde: Denn visuell fixiert werden sollte vor allem die Ordnungsleistung der politischen Inszenierungen und nicht das womöglich bei ihrem Vollzug entstandene Chaos. Visuell fixiert werden sollte die affektzügelnde Wirkung zeremonieller und ritueller Verfahren und nicht der Überschwang der Gefühle angesichts einer erfolgreich vollzogenen Investitur. Nicht emotionsgeladene ‚Kunst‘ wie bei Zimmermann, sondern visuelle Narration wie bei Kieser und de Bry war gefragt. Jedoch ging es nicht nur um Information und Unterhaltung, sondern auch um Erbauung angesichts der in den Druckmedien zur Schau gestellten sozialen und politischen Ordnung. Diese Wirkung wurde 290 Manche Blätter dokumentieren auch sein mangelndes Verständnis der Akte. Die Radierung mit der Krönung von Matthias (Tafel 6) ist etwa mit „Ihrer Mayt: Krönung/vnd Keyserliche Wahl“ bezeichnet. Allerdings kann es sich auch um einen Flüchtigkeitsfehler handeln, da die Serie in großer Eile entstand, vgl. dazu schon Kap. V.1. 291 Zum „Intext“ Wenzel / Jaeger, Visualisierungsstrategien, S. 9. Allerdings sind die Intexte bei Zimmermann durch ihre wenig sorgfältige Ausführung mitunter derart schlecht lesbar, dass sie mehr verunklaren als erklären.
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durch die Gleichförmigkeit der Bildlösungen und die im vorliegenden Kontext dominante zentralperspektivische Darstellung noch verstärkt. Schließlich fungierte auch die Geometrie im Untersuchungszeitraum als Wahrheitskriterium.292 Evidenzfunktion und Ordnungsleistung scheinen deshalb die langfristig erfolgreichen Hauptmerkmale der Bildpublizistik zu Wahlen und Krönungen im Alten Reich gewesen zu sein.
4. Reichweite und Rezeption der Publizistik Im Hinblick auf die Reichweite müssen drei Dimensionen unterschieden werden: die soziale, die geographische und die zeitliche Reichweite. Während auf die zeitliche Reichweite der Publizistik im Zusammenhang mit der Erinnerungskultur der Kaiserauftritte eingegangen werden wird, geht es an dieser Stelle zunächst um die soziale und geographische Reichweite solcher Drucke. Welche Zielgruppen die Produzenten bedienten, lässt sich aus der formalen und inhaltlichen Gestaltung der Drucke sowie aus der expliziten Erwähnung von Adressaten entnehmen, die entweder im Text selbst oder in der vorangestellten Widmung angesprochen wurden. Anwesenheitsverzeichnisse dürften zunächst für die Funktionsträger der gastgebenden Stadt und der beteiligten Fürstenhöfe gedacht gewesen sein, die mit der Organisation des kaiserlichen Einzugs und Aufenthaltes betraut waren.293 So konnten die Verzeichnisse der anwesenden Reichsstände für die Vorbereitung späterer Reichstage erneut herangezogen werden. Außerdem boten Zahl und Rang des Gefolges, mit dem der Kaiser oder Reichsfürsten vor Ort erschienen waren, anderen Reichsständen eine wichtige Orientierung, welches Gefolge für die eigene Person bei einem ähnlichen Ereignis in der Zukunft angemessen sein würde.294 „Neue Zeitungen“ richteten sich hingegen an deutlich breitere Rezipientengruppen, weshalb sie in der Regel nicht mit einer Widmung versehen waren.295 292 Dazu ausführlich Giesecke, Buchdruck, S. 636–640. 293 So erleichterten gedruckte Furierlisten die Planung und Verteilung der Unterkünfte vor Ort. Dies war bei Reichs- und Wahltagen wichtig, denn hier war nicht nur die Anzahl, sondern auch die soziale Differenzierung der Teilnehmer, die bei der Entscheidung über die Verteilung der Quartiere berücksichtigt werden musste, besonders hoch. Vgl. dazu Kap. V.2.a. 294 Aus diesem Grund wurden die Furierlisten anderer Fürsten bzw. des Kaisers von den dem Hofstaat des betreffenden Reichsfürsten vorausgeeilten Furieren an den eigenen Hof geschickt, bevor dieser selbst abreiste. Dazu bereits Kap. I.3.a. 295 In einigen Fällen schnitten die Novellanten die Nachrichteninhalte auf die Interessenlagen eindeutig identifizierbarer Zielgruppen zu. Der Autor einer in Prag erschienenen
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Die geringe Schichtspezifik dieses Mediums thematisierten die Autoren selbst. So benennt ein Einblattdruck zum Wahltag von 1562 explizit seine Adressaten, die alle sozialen Schichten im Sinne einer übergreifenden Medienöffentlichkeit vertreten sollen: „Merckt auff ir Herren groß und klein/ Was diß Figur zeigt ins gemein/ Ir Bürger vnd Bauwrn herzů euch findt/ Mit euwrem gantzen Haußgesindt.“296
Indem dieser Verfasser seine Rezipienten direkt ansprach, simulierte er einen Dialog, der die unilaterale Kommunikation dieses Mediums auf der Vorstellungsebene konterkariert. Im Hinblick auf die soziale Reichweite verkörperte die „Neue Zeitung“ im Untersuchungszeitraum deshalb sicher das wichtigste gedruckte Informationsmedium.297 Mit dem Vertrieb dieses nun gesellschaftlich etablierten Kommunikationsmittels reagierten die Autoren, Drucker und Verleger einerseits auf den gestiegenen Informationsbedarf der frühneuzeitlichen Gesellschaft, andererseits regte die Rezeption solcher Drucke das Bedürfnis nach Information wiederum an, denn erst das Wissen darum, dass ein Ereignis stattgefunden hatte, ließ den Wunsch nach mehr und umfassenderen Informationen darüber entstehen.298 Ausführliche Reichstags- oder Wahltagsbeschreibungen sowie graphische Serien zielten dagegen auf eine politische und kulturelle Oberschicht, die bereit war, für derartige Drucke deutlich höhere Summen als für andere Medien auszugeben. Dazu zählten auf städtischer Seite die Mitglieder des Rates sowie andere wohlhabende Patrizier, auf kaiserlicher Seite die Mitglieder der Herrscherfamilie und Amtsträger am Kaiserhof, darüber hinaus all jene Akteure, die selbst am Einzug mitgewirkt hatten, wie Reichsfürsten und deren ranghohes Gefolge Zeitung zum Kaisereinzug in Regensburg 1594 berichtet besonders jene Begebenheiten, die für die böhmischen Untertanen relevant waren. In einem Postskriptum, das in der Ich-Form verfasst ist und den Text eines Briefes wiedergibt, wird die Reise des Kaisers durch Böhmen geschildert, so die Geleitsstreitigkeiten an der bayrisch-böhmischen Grenze. Beschreibung des glueckseligen Einzugs (1594). 296 Warhafftige Contrafactur (1563). 297 So schon Dresler, Anfänge; Faulstich, Medien, S. 52–54. 298 Dieser zunehmende Informationsbedarf kommt nicht zuletzt in der Kritik Ahasver Fritschs über die Zeitungskonsumenten zum Ausdruck: „Sie lechzen danach täglich nach Neuem zu fragen, Neues zu hören, Neues zu erzählen. Und tatsächlich sehen wir, daß Menschen jedes Standes und jeder Stellung an diesem Fehler leiden. Ja sogar selbst auch schlichte Landleute kann man bisweilen sehen, wie sie entweder Neue Zeitungen lesen oder denen, die solche lesen, aufmerksam zuhören.“ Fritsch, Diskurs, S. 37. Vgl. dazu Arndt, Mediensystem, S. 83f.
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oder auch die Teilnehmer von Gesandtschaften europäischer Monarchen. Da die Texte eine humanistisch gebildete Oberschicht in und außerhalb des Reiches ansprechen sollten, waren sie anfangs noch gelegentlich in lateinischer Sprache abgefasst. Allerdings wurde auch hier zunehmend die deutsche Sprache verwendet, was daraufhin deutet, dass zwar immer noch ein gebildetes, aber nicht mehr im klassischen Sinne gelehrtes Publikum angesprochen werden sollte.299 Damit entfiel eine Rezeption solcher Werke durch gebildete Schichten in anderen europäischen Ländern, welche die Verwendung der lateinischen Sprache gefördert hatte. In dieser Entwicklung spiegelt sich letztlich auch die Entwicklung des einst viele „Zungen“ umfassenden Heiligen Römischen Reiches zu einem ‚deutschen‘ Reich wider. Allerdings wurden ab dem 17. Jahrhundert besonders absatzträchtige Drucke gelegentlich in unterschiedlichen Sprachen veröffentlicht. So brachten die Frankfurter Verleger Johann Bringer und Heinrich Kröner ihre „Wahl- und Crönungshandlung“ 1612 in deutscher, lateinischer und französischer Sprache heraus.300 Von diesem von allen Beschreibungen des Wahltags von 1612 am häufigsten publizierten Werk haben sich mindestens 16 Auflagen erhalten.301 Würde man eine durchschnittliche Auflage von 1.000 Exemplaren ansetzen, ergäbe das allein schon 16.000 Druckwerke, was für die damalige Zeit eine sehr hohe Auflage darstellt, wenn man nicht ‚Bestseller‘ wie die Goldene Bulle oder gar die Bibel zum Vergleich heranzieht. Besonders im Vergleich zu einem nur einmal oder in wenigen Exemplaren angefertigten handschriftlichen Einzugsbericht war die multiplikative Wirkung dieser Publikationen erheblich. Allerdings können Auflagenhöhen und Verkaufszahlen bei Werken dieser Art im Untersuchungszeitraum immer nur geschätzt werden. So werden für „Neue Zeitungen“ in der Forschungsliteratur etwa 1.000 bis 1.500 Exemplare
299 War der erste ausführliche Bericht über den Einzug König Maximilians II. in Wien 1563 zunächst nur in lateinischer Sprache erschienen, veröffentlichte Caspar Stainhofer seine illustrierte Einzugsbeschreibung von 1566 gleich in deutscher Sprache. Epitome Solenniorum (1563); Gründliche und khürtze beschreibung des Alten unnd jungen Zugs (1566). 300 Wahl- und Crönungshandlung, Das ist: Kurtze und warhafftige Beschreibung (1612); Election & Couronnement (1612); Actus Electionis & Coronationis (1612). 301 Darunter drei der Erstherausgeber (davon eine Ausgabe in französischer und eine in lateinischer Sprache) sowie zwei durch Johann Bringer in Verbindung mit Wilhelm Hoffmann, drei durch Christoph Lochner, jeweils eine durch Abraham Lamberg, Thomas Schürer und Lorenz Kober in Leipzig, jeweils eine durch Joachim Mechler, Martin Spangenberg und Nikolaus Schmuck in Erfurt, eine in Magdeburg ohne Herausgeber.
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angegeben.302 Michael Schilling differenziert bei illustrierten Einblattdrucken zwischen den graphischen Techniken Holzschnitt und Kupferstich, wobei er für Holzschnitte sogar von einer Auflage von 2.000 bis 2.500 Stück ausgeht.303 Die Auflagen von umfangreichen Textdrucken oder graphischen Folgen lagen sicher durchschnittlich deutlich darunter, aber in jedem Fall bei mehreren 100 Exemplaren, schließlich musste sich die Herstellung auch amortisieren.304 Rechnet man die Darstellungen der Wahl und Krönung von 1612 in Einblattdrucken, Flugschriften oder graphischen Folgen mit einer durchschnittlichen Auflage von 1.000 Stück hinzu, kommt man schon ohne Furierlisten und Hofstaatsverzeichnisse auf mehr als 50.000 Druckwerke, für die Abnehmer gesucht und – geht man von der wahrscheinlichen Annahme aus, dass Drucker und Verleger nicht völlig am Markt vorbei produzierten – bis zu einem gewissen Grad auch gefunden wurden. Da ein Druckwerk zu Beginn der Frühen Neuzeit einen ganz anderen Wert besaß als an ihrem Ende oder gar in der Gegenwart, dürften die Nutzung solcher Medien viel intensiver und ihre Verbreitung durch die Weitergabe an andere Leser viel häufiger als in späteren Zeiten gewesen sein. In der Forschung wird deshalb in der Regel von einer durchschnittlichen Rezipientenzahl von mindestens zehn Personen pro Druck gerechnet, womit man bei der Herrschererhebung auch ohne Personenverzeichnisse von ca. 500.000 Rezipienten ausgehen müsste. Zwar erlauben diese notwendigerweise groben Schätzungen lediglich eine Annäherung an das tatsächliche Aufkommen und die Verbreitung solcher ereignisspezifischen Druckmedien, dennoch wird auf diese Weise deutlich, dass es sich bei dem Medienereignis der Herrschererhebung ab 1612 keinesfalls um ein marginales Phänomen gehandelt hat, das nur eine sehr schmale Oberschicht erreichte. Mit gleich drei graphischen Zyklen blieb diese Herrschererhebung allerdings eine Ausnahme, die als typisch für jene Entwicklungsphase des Drucks betrachtet werden kann, in welcher der technische Entwicklungsstand, die Professionalisierung des Gewerbes und die Begeisterung für das neue Medium möglicherweise doch eine gewisse Überproduktion auslösten, die sich erst in der Folge normalisierte. Nach 1612 setzte eine Marktbereinigung ein, denn 302 Febvre / Martin, Coming of the Book, S. 219; vgl. auch Giesecke, Buchdruck, S. 403. Denn erst dann amortisierten sich die Herstellungs- und Vertriebskosten solcher Druckmedien. 303 Schilling, Bildpublizistik, S. 25. 304 Casualcarmina und Huldigungspredigten dürften in geringeren Auflagen gedruckt worden sein, gerade dann, wenn der Autor den Druck selbst finanzierte und auch dessen Verbreitung übernahm.
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bei späteren Erhebungsakten ist meist nur noch eine ausführliche illustrierte Krönungsbeschreibung auf den Markt gebracht worden.305 Bei den folgenden Wahltagen nahm das Medienaufkommen wieder ab, allerdings fanden diese im Dreißigjährigen Krieg statt, so dass auch andere Gründe für den feststellbaren Produktionsrückgang angeführt werden können, darunter der schlechte Besuch des glanzlosen Wahltages von 1619 oder die Verlagerung in andere Reichsstädte. Außerdem lässt sich ein Prozess der Monopolisierung beobachten, denn die Produktion und der Vertrieb der sich nun als eigene Gattung etablierenden Wahl- und Krönungsdiarien lagen zumeist ausschließlich in der Hand einer am Ereignisort ansässigen Offizin, die so gut etabliert war, dass sie die meisten Interessenten im Reich und nicht selten auch darüber hinaus bedienen konnte.306 Zwar ist auch Huldigungslyrik in deutscher Sprache überliefert, die weitaus meisten Casualcarmina wurden jedoch in lateinischer, seltener griechischer und hebräischer Sprache verfasst. In dieser Textgattung wurden die alten Sprachen auch nicht zunehmend durch die deutsche Sprache verdrängt, wie dies bei anderen Textgattungen zu beobachten ist.307 Denn Werke dieser Art waren in der Regel ausschließlich für die Rezeption durch eine humanistisch gebildete Schicht gedacht. Diese umfasste die in ihnen besungenen Herrscher, deren Familie und die Angehörigen des Hofstaates, darüber hinaus aber die Mitglieder einer Herrschafts- und Sprachgrenzen überschreitenden ‚humanistic community‘, in der die Kenntnis alter Sprachen eine konstitutive Funktion für die Vergemeinschaftung besaß.308 Das Casualcarmen verkörperte somit unter den besprochenen Textgattungen das elitärste Medium, da es nur von einer sehr schmalen Ober305 Für 1619 siehe die Wahl und Crönungs Handlung. Oder Kurtze und Warhaffte Beschreibung (1619). 1690 erschienen allerdings erneut mehrere illustrierte Wahl- und Krönungsbeschreibungen, was möglicherweise dem Ereignisort Augsburg zuzuschreiben ist, der bereits zum zweiten Mal als Wahl-, aber zum ersten Mal als Krönungsort fungierte und gleichzeitig ein Zentrum der technisierten Bildproduktion war. M.J.F.W., Das hochbeehrte Augspurg. 306 Dabei gelang es manchen Produzenten durch den Aufbau von Vertriebsnetzen sowie durch Heiratsallianzen mit anderen Verlegern eine marktbeherrschende Position aufzubauen. Dies gilt für die Offizin Johann Theodor de Brys, der nach 1612 eine Allianz mit der Verlegerdynastie Merian einging. Vgl. dazu Wüthrich, Merian; allgemein Giesecke, Buchdruck, S. 372–376. 307 Allerdings ging die Zahl griechischer und hebräischer Gedichte zurück, was auf eine sinkende Vertrautheit mit diesen beiden Sprachen schließen lässt. 308 Unter humanistischen Gelehrten wurden solche Texte gesammelt, weil sie als Inspirationsquelle für eigene poetische Werke dienen konnten. Tatsächlich finden sich anlässlich von Kaisereinzügen veröffentlichte Casualcarmina nicht nur in Fürstenbibliotheken, sondern auch in den Privatbibliotheken von Gelehrten.
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schicht rezipiert und selbst innerhalb dieser nur von ausgewählten Personen in seiner tatsächlichen Qualität gewürdigt werden konnte. In ihrer Gesamtheit konstruierten die im Kontext der Kaiserauftritte publizierten adressatenspezifischen oder auf die Allgemeinheit ausgerichteten Medien eine schichtenübergreifende Medienöffentlichkeit, in der die bereits vergangenen, lokal beschränkten Ereignisse überregional publik gemacht werden sollten und bis zu einem gewissen Grad tatsächlich auch wurden. Die Drucke wandten sich in der Regel expressis verbis an den „Leser“ im Sinne einer interessierten Öffentlichkeit.309 Um diesen abstrakten Adressaten warben Autoren und Verleger in den Vorreden ihrer Drucke ganz explizit, in dem sie ihn als „lieber“, „günstiger“ oder „geneigter“ Leser ansprachen und ihm den potentiellen Gewinn der Lektüre eindrücklich beschrieben.310 So wies man auf den „gemein Nutz“ oder den Unterhaltungswert des Werkes hin.311 Der Autor einer Beschreibung des Kaiserbesuches von 1617 in Dresden kündete im Titel an, „von allerhand lustigen und kurtzweiligen dingen“ zu berichten, die „billich ein jeder zu wissen begeren solte“, womit er alle sozialen Schichten zum Kauf aufforderte.312 Hier handelt es sich um Topoi, die als Legitimationsversuche von Publikationen in dieser Phase gängig sind und sowohl auf die informierende als auch unterhaltende Funktion von Druckwerken verweisen. Welche Reichweite diese Öffentlichkeit in sozialer und auch geographischer Hinsicht annahm, hing nicht zuletzt von den Vertriebsformen und der Preisgestaltung ab. Im Hinblick auf die regionale Verbreitung lassen sich nur Tendenzen formulieren. Da sich Ereignisorte und Druckzentren auf den südund mitteldeutschen Raum konzentrierten, wurde auch die überwiegende Zahl der Druckwerke in diesem Raum produziert und sehr wahrscheinlich auch verkauft.313 Der Vertrieb geschah durch Drucker, Buchbinder, Buchhändler und 309 Der Druck wurde explizit als Medium betrachtet, über das bestimmte Inhalte „in die gemein“ im Sinne einer Allgemeinheit gebracht werden konnten. Giesecke, Sinnenwandel, S. 48. 310 Vgl. zum Beispiel Wahl und Crönungs Handlung (1610); Fleischmann, Description. Damit wurden zwei Defizite derartiger Kommunikationsabläufe – Anonymität und Einseitigkeit – auf der imaginativen Ebene konterkariert. Dies geschah auch durch Aufforderungen zum Feedback. Mameranus, Kurtze vnd eigentliche verzeychnus, Vorrede. 311 Acta et gesta (1563), Titelblatt. Vgl. dazu auch Giesecke, Sinnenwandel, S. 101–107. 312 Vera descriptio (1617), Titelblatt. Auch der Verfasser eines Zeitungsberichtes über die per procuratorem vollzogene Hochzeit Karls IX. von Frankreich mit Elisabeth von Österreich auf dem Reichstag von Speyer 1570 schrieb, sein Bericht sei „gantz lustig zu hören“. Newe Zeitung, Welcher gestalt Röm. Kai. May. Tochter Isabella (1570). 313 Dazu ausführlich Schilling, Bildpublizistik, S. 26–53. Gelegentlich finden sich in den Drucken handschriftliche Anmerkungen ihrer Besitzer, aus denen hervorgeht, dass das
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deren Agenten, die ihre Produkte entweder direkt möglichen Käufern anboten oder sie auf Buchmessen offerierten, wo sie von anderen Buchhändlern erworben werden konnten.314 So bot Sigismund Feyerabend Jost Ammans Türkeneinzug von 1562 noch 1579 und 1597 auf der Frankfurter Buchmesse feil.315 Über Messen und den Druckversand konnte auch der norddeutsche Raum zum Verbreitungsgebiet werden. Dort dürfte sich die Rezeption allerdings auf politische, soziale und kulturelle Eliten konzentriert haben, da nur diese Schichten derartige Vertriebswege nutzten. Während im 18. Jahrhundert bei Wahl- und Krönungsdiarien ein Mindestabsatz durch Subskription und Pränumeration vor der Produktion sichergestellt wurde, lässt sich diese Strategie für den Untersuchungszeitraum noch nicht belegen, so dass auf diese Weise keine Angaben über Abnehmergruppen zu gewinnen sind.316 Illustrierte Einblattdrucke und Flugschriften wurden von fliegenden Händlern auf Wochenmärkten und in Gasthäusern feilgeboten, wo ihre Texte laut vorgelesen oder gesungen wurden. Aus diesem Grund waren die Holzschnitte illustrierter Einblattdrucke meist auf Fernsicht ausgelegt. Die oben zitierte Eingangspassage eines Einblattdruckes spiegelt die spezifische Verkaufssituation: Mit dem Ausruf „Merkt auf “ wurden die Rezipienten aufgefordert, dem Verkäufer zuzuhören oder zuzusehen.317 Besonders die Reimform der Zeitungslieder eignete sich gut für den mündlichen Vortrag durch Zeitungsverkäufer.318 Bei Zeitungsliedern findet sich mitunter auch die erste Textzeile eines bekannten
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Werk direkt vor Ort erworben wurde. Vgl. das Exemplar von Francolin, Wahrhafftige Beschreibung, in HAB Wolfenbüttel, Sign. 32.22. Pol (25). Dazu Widmann, Geschichte des Buchhandels, S. 85–89; Wittmann, Bücherkataloge. Dies könnte zum einen darauf hinweisen, dass es sich bei diesem qualitativ hochwertigen Druck aufgrund des Preises um einen Ladenhüter handelte, zum anderen könnte er aufgrund seines beliebten Themas und seiner Qualität aber auch mehrfach aufgelegt und lange nach dem Ereignis noch verkauft worden sein. Richter, Sammlung, S. 357. Die Subskriptionslisten beinhalten im Wesentlichen drei Personengruppen: hochrangige Teilnehmer des Ereignisses, Buchhändler, sowie eine heterogene Gruppe von Privatpersonen, die Gelehrte, vor allem Historiker und Juristen, Büchersammler und Lokal- oder Reichspatrioten unterschiedlicher Professionen umfasste. Schulin, Vollständiges Diarium, S. 6–8. Vgl. auch Dilbaum, Kaiserlicher Einritt: „Mit welchem pomp/ vnd welcher zier [der Einzug ablief ] Werdt klärlich jr vernemmen hier.“ Der Augsburger Meistersinger Daniel Holzmann, Verfasser zweier Zeitungslieder zur Wahl und Krönung von 1575 (nicht erhalten) und zum Tod Maximilians II. auf dem Reichstag von 1576, begründet die von ihm gewählte Form damit, „das des jenig/ so recht gereimbt vnd gebunden/ gar lieblich vnnd annemblich zu Lesen ist / auch besser vnd lenger zu sinn vnd Memori bleibet“, was auch von anderen Autoren so gesehen wurde. Holzmann, Klag-Lied, o.S.
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Liedes, nach dessen Melodie der gesamte Text gesungen werden sollte. So heißt es in einer Zeitung über die Krönung Maximilians II., der Text solle „im thon wie man singt vom Kayser Carolo Quinto, [et]c. Frisch auff inn Gottes Namen, du werde Teutsche Natzion“ vorgetragen werden, wodurch sich der Allusionshorizont dieser Zeitung um jenen des zitierten Liedes erweiterte.319 Die Texte und Bilder wurden somit während des Verkaufes zum Sprechen und Zeigen gebracht, wobei jeder Verkäufer sein Medium auf eigene Weise präsentierte, um die Aufmerksamkeit seines Publikums zu fesseln. Dabei konnten die eingesetzten Ausdrucksmittel wie Mimik, Gestik und Intonation die jeweilige Aussage ganz wesentlich beeinflussen. Diese performativen Aufführungsbedingungen von Druckmedien sind in der Regel nicht rekonstruierbar, sie müssen aber bei der Bewertung der Medienwirkung mitgedacht werden. Außerdem sorgten Autoren und Künstler selbst für den Absatz, indem sie ihre Werke an potentielle Interessenten schickten und dabei um eine Verehrung baten. Meist erhielten die Autoren eine Gegenleistung in Form einer geringen Geldsumme, mitunter auch einen Trinkbecher oder Ring. Nikolaus Mameranus erhielt 1566 für mehrere gedruckte Casualcarmina zwei Gulden von den Gesandten der Reichsstadt Nürnberg, die gleichzeitig auch eine Darstellung des Leichenbegängnisses Kaiser Ferdinands I. sowie etliche gedruckte Traktate und bildliche Darstellungen von den Ehrenholden erwarben.320 Allerdings barg dieses Verfahren ein gewisses Risiko, da der Empfänger das Werk auch ablehnen oder gar ohne Gegenleistung behalten konnte. So hatte Peter Fleischmann seine Reichstagsbeschreibung von 1582 an Herzog Ulrich von Mecklenburg geschickt, jedoch trotz seiner Bitte kein Gnadengeld bekommen. Auch die Übersendung einer zweiten, nunmehr veränderten Auflage blieb erfolglos, da der Herzog der Ansicht war, er käme auch in dieser Version zu schlecht weg, weil Fleischmann nur den geringsten Teil seiner in Augsburg anwesenden Hofjunker, Offiziere und Diener aufgeführt habe.321 Ulrich von Mecklenburg fühlte sich offenbar in diesem Werk nicht angemessen repräsentiert. 319 Linck, Ein schön newes liede. 320 StA Nürnberg, Rst. N., SIL Nr. 150, fol. 1. Der Jurist Petrus a Rotis erhielt 1558 für seine u.a. dem Wiener Bürgermeister Georg Braunstetter gewidmete, 26 Blatt umfassende Beschreibung des Wiener Einzuges Ferdinands I. von 1558 20 Reichstaler als Belohnung aus der Stadtkasse. Aufgrund der hohen Summe dürfte es sich um mehrere Exemplare gehandelt haben. Rotis, Ferdinandus I.; Feil, Einzug, S. 15. 321 In der Tat widmete Fleischmann dem Gefolge des Herzogs, der mit Frau und seinen Brüdern in Augsburg erschienen war, nur eine Seite, während das Ludwigs von Württemberg drei Seiten einnahm. Besonders wenig goutierte der Herzog, dass die „Description“ käuflich zu erwerben sei, weil seiner Meinung „doch nicht viell gutts dardurch gestiftet wird“. Offenbar passte es ihm nicht, dass die von ihm als wenig
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Die den Werken vorangestellten Widmungen dienten im Wesentlichen ebenfalls dem Ziel, den Widmungsempfänger zu einer materiellen oder anderen Gegenleistung zu bewegen. Allerdings kam es in der Praxis darauf an, die richtigen Personen auszuwählen. Hatte Fleischmann seine Beschreibungen des Augsburger Reichstages von 1582 noch dem Kaiser und allen Reichsständen gewidmet gehabt, setzte er für jene von 1594 nur auf den Mainzer Kurfürsten und den Administrator Kursachsens.322 Offenbar hatte sich die Kollektivwidmung, die jeden Reichsfürsten nur als einen unter vielen anderen erscheinen ließ, nicht ausgezahlt. Die weitaus meisten Werke wurden dem Kaiser oder diesem nahe stehenden Personen gewidmet, die Publizistik bei Herrschererhebungen sehr oft dem Kaiser und den Kurfürsten gemeinsam, was auf die zentrale Bedeutung der Kurfürsten im Rahmen dieses Aktes verweist.323 Einzugspublizistik außerhalb dieser Anlässe wies dagegen zumeist Dedikationen an Vertreter des Rates der Stadt oder den Territorialherrn auf, der den Kaiser empfangen hatte, weil hier lokale Rezipienten im Vordergrund standen.324 Die Preise der Druckwerke sind in der Regel nicht überliefert. Sie dürften sich je nach Ausstattung zwischen wenigen Kreutzern und einigen Gulden bewegt haben.325 Besonders kostenintensiv waren illustrierte Werke, die selbst von den literaten und tatsächlich lesenden Teilen der Bevölkerung gegenüber reinen Textausgaben bevorzugt wurden. Die Ausstattung von Texten mit „künstlichen Figuren“ oder „eigentlichen Abcontrafacturen“ diente vor allem dazu, den Absatz der Druckwerke zu steigern. Sie ging deshalb häufig auf den Verleger zurück.326 Dieser sorgte auch dafür, dass die Ausstattung der Werke unterschiedlich stark gefüllten Geldbörsen angepasst wurde. So verehrte man
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schmeichelhaft empfundene Darstellung seiner Person im Druck verbreitet wurde. Fleischmann, geenderte vnd verbesserte Description, S. 72–74, 76. StA Schwerin, Altes Archiv Internum 1/7, Nr. 46. Vgl. dazu auch Gloeckler, Reichstags-Fahrt. Fleischmann, Description; Fleischmann, geenderte vnd verbesserte Description; Fleischmann, Kurtze und aigentliche Beschreibung. Berger, Trinubium Europaeum. Siehe aber auch Wahl- und Crönungshandlung, Das ist: Kurtze und warhafftige Beschreibung (1612), welche dem Frankfurter Rat gewidmet ist. Avenarius, Panegyris Caesarea. Die vergleichsweise niedrigen Preise von zwei bis vier Kreuzern für Einblattdrucke oder mehrblättrige Neue Zeitungen ermöglichten es auch einkommensschwächeren Bevölkerungsgruppen, gelegentlich derartige Drucke zu erwerben, zumal diese gegen andere getauscht werden konnten. Dazu Schilling, Bildpublizistik, S. 39–41; vgl. auch Widmann, Buchhandel, S. 141. So wurde die Neuauflage der 1563 von Feyerabend, Rab und Han veröffentlichten Wahl- und Krönungsbeschreibung durch Bringer und Hoffmann 1610 mit Kupferstichen versehen, um den Absatz zu erhöhen. Wahl und Crönungs Handlung (1610).
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Der Kaiserauftritt als Medienereignis
prachtvoll gestaltete Exemplare mit geprägten, goldverzierten Bucheinbänden den Widmungsempfängern, während einfachere Versionen desselben Werkes anderweitig vertrieben wurden.327 Bei graphischen Serien gestaltete man die Einzelblätter so, dass sie auch einzeln verkauft werden konnten, wie dies für die Reichstagseinzüge von Jörg Breu d.Ä. und Johann Melchior Bocksberger d.J. gilt.328 Die „Wahl und Crönungshandlung“ von Bringer und Kröner wurde ohne oder je nach Bedarf mit unterschiedlich vielen Illustrationen vertrieben. Die Kupferplatten der graphischen Serie von de Bry wurden für die folgende Erhebung von Ferdinand II. 1619 nur geringfügig überarbeitet, um Kosten zu sparen.329 Lässt sich die Reichweite der Drucke in ihrer Gesamtheit eher auf der Basis von Indizien abschätzen als tatsächlich anhand eindeutiger Quellenaussagen belegen, so erweist sich die Frage ihrer Rezeption und ihrer möglichen Auswirkungen als noch deutlich schwieriger. Da die Forschung bereits mehrfach herausgestellt hat, dass die Inhalte dieser Medienarten nicht nur gelesen, sondern auch betrachtet und akustisch aufgenommen wurden, können an dieser Stelle detaillierte Betrachtungen zum Grad der Literalität unterschiedlicher Bevölkerungsschichten unterbleiben, zumal diese Rahmenbedingung ohnehin wenig über die tatsächliche Rezeptionspraxis aussagt. Gerade für den Untersuchungszeitraum kann davon ausgegangen werden, dass in jeder Stadt oder Gemeinde mit Lehrer, Pfarrer oder anderen Amtspersonen in jedem Fall mehrere Personen vorhanden waren, welche die gedruckten Texte vorlasen und somit eine Katalysatorenfunktion übernahmen. Dieser Sachverhalt sagt allerdings noch nicht viel über die tatsächliche Praxis der Mediennutzung und ihre Folgen aus. Die Rezeption von Druckmedien dürfte im Untersuchungszeitraum vielfach ein sozialer Vorgang gewesen zu sein, gelesen wurde in ungelehrten Schichten in der Regel kollektiv und unterbrochen von Kommentaren oder nichtverbalen Äußerungen, welche die Rezeptionsvorgänge aller Anwesenden beeinflussten.
327 Siehe das offenbar für Albrecht V. von Bayern bestimmte Exemplar des Druckes der BSB München: Gründliche und khürtze beschreibung des Alten unnd jungen Zugs (1566), das einen repräsentativ gestalteten Ledereinband aufweist und zusätzlich einen kolorierten Einblattdruck zur ungarischen Krönung Maximilians II. 1563 mit einem Text von Johannes Sambucus enthält. Coronatio Maximiliani II. facta Posonii (1563). 328 Im Kupferstichkabinett Dresden befindet sich dementsprechend auch nur ein Blatt aus der Folge von Bocksberger, das Kurfürst August von Sachsen zeigt. 329 Dazu schon Wanger, Kaiserwahl, S. 190.
Reichweite und Rezeption der Publizistik
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Generell kann man zwischen drei methodischen Zugängen der Rezeptionsforschung unterscheiden.330 Informationen über Rezeptionsabläufe können erstens aus Egodokumenten und ähnlichen Quellen gewonnen werden, die über die von den zeitgenössischen Rezipienten angewandten Praktiken berichten. Zweitens kann die Auswertung von Quellen, die auf der Basis dieser Druckwerke als Ergebnis eines Rezeptionsprozesses entstanden sind, Aufschlüsse über die Art und Weise der Wahrnehmung geben. Drittens lassen sich die Printmedien selbst daraufhin befragen, wie in ihnen spezifische Rezeptionsweisen durch die Produzenten angelegt worden sind.331 Aus den für den Untersuchungszeitraum überlieferten autobiographischen Aufzeichnungen lässt sich zwar durchaus die Tatsache der Rezeption von Kaisereinzugspublizistik, aber kaum die spezifische Art und Weise des jeweiligen Rezeptionsprozesses extrahieren, da die Verfasser diesen Vorgang nicht schriftlich reflektierten.332 Der zweite Zugang ist Gegenstand des folgenden Kapitels über die Medien und Praktiken der Erinnerungskultur, in dem in der Tat gezeigt werden wird, auf welch unterschiedliche Weise derartige Drucke rezipiert werden konnten und welcher Geltungsanspruch ihnen im Vergleich zur eigenen Wahrnehmung zugemessen wurde. Die Gestaltung der Druckwerke im Hinblick auf spezifische Rezeptionsweisen wurde bereits im Rahmen der Analyse ausgewählter Quellen angesprochen. Einige Stichworte müssen deshalb genügen. Generell lässt sich ein zunehmendes Bemühen um Ordnung und Gliederung der verbal und visuell dargestellten Inhalte feststellen, um den Rezipienten die Orientierung in Text und Bild zu erleichtern.333 So wurden Seitenzahlen, Zwischenüberschriften und Marginalien eingefügt, um auch sequenzielles Lesen anstelle einer Lektüre des ganzen Werkes zu ermöglichen. Auch die Beschreibung von Zugfolgen in Form untereinander gesetzter Glieder verdeutlicht das Bedürfnis, durch diese visuelle Dimension von Texten die dargestellte Ordnung leichter erfassbar zu machen. Die spezifische Anordnung eines Text- oder Bildelementes sowie seine Größe oder sein Umfang im Vergleich zum Gesamtwerk erlaubten den Rezipienten eine Differenzierung in wichtige und weniger wichtige Sachverhalte. Außerdem bedeu330 Vgl. dazu allgemein Schneider, Rezeptionsforschung; Charlton / Schneider, Rezeptionsforschung. 331 Außerdem mit weiterführender Literatur Wenzel, Hören und Sehen; Boehm, Repräsentation – Präsentation – Präsenz; Kemp, Kunstwerk und Betrachter. 332 Die wenigen punktuellen Aussagen, die sich hierzu finden lassen, erlauben im Grunde keine über das Einzelbeispiel hinausweisenden Aussagen. Gedruckte Berichte wurden des Öfteren in Egodokumente eingeklebt, vgl. dazu im Folgenden Kap. VI.2.a. 333 Dazu ausführlicher Burke, Gutenberg bewältigen, S. 240–245.
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Der Kaiserauftritt als Medienereignis
tete schon die Tatsache, dass ein bestimmter Akt überhaupt im Bild dargestellt wurde, eine Hervorhebung, denn für die Bilder galt in der Frühen Neuzeit noch stärker als für die Texte: Visualisiert wurde, was als wichtig erschien. Bei den Bildmedien konnte gezeigt werden, wie stark diese auf einen imaginierten Betrachter und dessen Sehgewohnheiten hin konstruiert worden sind. Dass sich im Untersuchungszeitraum Bildfolgen durchsetzten, deren Rezeption auf einen Lesefluss von links oben nach rechts unten angelegt war, zeigt, wie die Bildrezeption der Textrezeption angepasst und dadurch medienübergreifend vereinheitlicht wurde.334 Bild und Text wurden nicht nur formal, sondern auch in ihrer narrativen Struktur immer stärker aufeinander bezogen. Dabei erwiesen sich die Bilder im Hinblick auf die räumliche Verortung von Objekten und Akteuren, auf Farben oder Herrschaftszeichen und auf die Imagination eines Ereignisses in seiner Gesamtheit oft als die dichtere Form der Beschreibung. Zudem war die meist einfache Bildsprache, die sich eines eingeführten Zeichenkanons bediente, schichtenübergreifend ohne vermittelnde Instanzen verständlich. Die Bilder dürften deshalb die Imaginationsprozesse der Mehrheit aller Betrachter sowohl im Verlauf der Medienrezeption als auch danach dominiert haben.335 Schon die Zeitgenossen sprachen dem Bild vielfach eine höhere Wirkungsmacht als dem Text zu, da es einen Sachverhalt unmittelbarer wiedergäbe, leichter und schneller rezipierbar sei und sinnliche Eindrücke besser speichere.336
Zusammenfassung Dass politische Aufführungen zu Medienereignissen in dem eingangs beschriebenen Sinn werden konnten, setzt einen gewissen Grad an gesellschaftlicher Akzeptanz der Druckmedien und das Vorhandensein von Produktionsstätten für Druckwerke voraus. Diese Voraussetzungen waren im Untersuchungszeitraum in der Regel gegeben, denn hier hatte sich die Nutzung des Drucks als Kommunikationsmittel auf breiter Basis durchgesetzt. Betrachtet man den Grad, in dem 334 Vgl. dazu Giesecke, Sinnenwandel, S. 94. 335 Dies gilt unabhängig davon, ob die bildliche Version nun im Detail dem „tatsächlichen“ Ablauf eher entsprach oder nicht, ob sie „richtiger“ oder „falscher“ als ein Text war, der ja auch immer nur eine Form der Rekonstruktion darstellte. Beweisbar ist diese Aussage letztlich allerdings nicht, da die Entstehung innerer Bilder zu wenig erforscht ist, und selbst wenn es Forschungsergebnisse für die Gegenwart gäbe, diese nicht ohne weiteres auf die Frühe Neuzeit übertragen werden könnten. Allgemein dazu Sachs-Hombach, Bilder im Geiste; Breidbach, Innere Welten. 336 Dazu mit zahlreichen Nachweisen Giesecke, Buchdruck, S. 568–590.
Zusammenfassung
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die Aufführung von Kaisertum und Reich zum Medienereignis wurde, so lässt sich feststellen, dass die Herrschererhebung aufgrund ihrer hohen Bedeutung am stärksten medial aufbereitet wurde. Allerdings verdeutlicht der in Regensburg 1575 vollzogene Akt, dass es selbst hier nur dann zu einem Medienereignis kam, wenn der Ereignisort ein Zentrum der Medienproduktion darstellte. Hinter den Wahl- und Krönungstagen rangierte die Medienproduktion zu politischen Aufführungen auf Reichstagen, die sich stark auf den Herrschereinzug konzentrierte. Bei Einzügen in Reichsstädte außerhalb von Reichsversammlungen lässt sich nur für Nürnberg und Augsburg als besonders kaisernahe Reichsstädte und wichtige Zentren des Buchdruckes ein nennenswertes Medienaufkommen feststellen. Die schwächste Medienresonanz erfuhren die Kaiserbesuche in fürstlichen Residenzen, wobei allerdings der Einzug von Kaiser Matthias in Dresden 1617 ebenfalls mehrfach medialisiert wurde. Die Analyse des Medienaufkommens und der Produktionsbedingungen hat gezeigt, dass die Medienproduktion in starkem Maße durch das Druckgewerbe mit seinen sich ausdifferenzierenden Geschäftsfeldern und durch die Eigendynamik eines sich herausbildenden Druckmarktes bestimmt wurde. Zwar boten Buchdruck und Druckgraphik den Herrschaftsträgern die Möglichkeit, das eigene Bild in der Öffentlichkeit zu beeinflussen, dennoch lässt sich diese Intention im vorliegenden Kontext nur sehr selten belegen, so dass hier kaum von Herrschaftspropaganda gesprochen werden kann. Die Initiative zur Medialisierung politischer Aufführungen ging immer seltener von herrschaftsnahen Akteuren wie den Herolden aus, wobei selbst in diesen Fällen nicht von Auftragswerken im klassischen Sinne ausgegangen werden kann. Vielmehr waren für das publizistische Engagement ganz unterschiedliche Akteursgruppen mit jeweils eigenen Motiven verantwortlich: unternehmerischer Profit, die Beförderung der eigenen Karriere, persönliche Eitelkeit, die Verbundenheit mit dem Kaiser oder der eigenen Obrigkeit sowie mit den entsprechenden Herrschaftsräumen Reich, Territorium, Reichsstadt. Der Gewinn ökonomischen Kapitals spielte besonders bei den „Neuen Zeitungen“, die auf den Absatz in breiten Bevölkerungsschichten zielten, als dem gedruckten Informationsmedium in dieser Phase eine Rolle, aber auch bei den ausführlichen Wahl- und Krönungsbeschreibungen, die sich im Untersuchungszeitraum als neue ereignisspezifische Textgattung etablierten. Man kann hier von einer Kommerzialisierung der Informationsübermittlung sprechen, wie dies auch schon bei handschriftlichen Zeitungen belegbar ist. Die Drucker und Verleger versuchten ihre Druckmedien den steigenden und sich verändernden Informationsbedürfnissen ihrer Rezipienten anzupassen. So führte der Übergang vom vollständigen zum sequenziellen Lesen zur
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Der Kaiserauftritt als Medienereignis
Einfügung von Marginalien und Kapitelüberschriften oder zur Auflösung des Fließtextes in nummerierte Listen von Personen und Zuggliedern. Auch die vermehrte Verwendung von Illustrationen diente der Absatzsteigerung, wobei die Ästhetisierung der Texte offenbar schichtenübergreifend goutiert wurde. Im Hinblick auf jene Formen der Text- und Bildorganisation, die sich bei der medialen Dokumentation solcher Ereignisse bis zum Ende des Alten Reiches behaupten sollten, kann der hier betrachtete Zeitraum als entscheidende Inkubationsphase betrachtet werden. Darüber hinaus zielte die Medienproduktion auf die Akkumulation von symbolischem und sozialem Kapital. Dies gilt in besonderem Maße für gedruckte Casualcarmina, die einzeln oder in Form von Sammelwerken vertrieben wurden. Hier ging es zum einen darum, die eigene akademische Gelehrsamkeit zur Schau zu stellen, denn die Publikation solcher Werke gehörte im Untersuchungszeitraum in Gelehrtenkreisen fachübergreifend zum guten Ton, so dass man mit ‚Sonderdrucken‘ gern auch Kollegen beglückte. Zum anderen zielten die Gelegenheitsgedichte darauf, die in ihnen besungenen Adressaten mit demonstrativ zur Schau gestellter Loyalität zu einer Gegenleistung, ob nun durch ein Gnadengeld, ein einträgliches Hofamt oder eine Stelle an einer Universität oder Schule, zu bewegen. An einigen Beispielen konnte gezeigt werden, dass derartige Praktiken gelegentlich tatsächlich durch Erfolg gekrönt wurden. Im Rahmen eines Kaiserauftritts ließ sich das Werk dem Empfänger womöglich sogar persönlich überreichen, was die Chance auf eine lukrative Entgeltung sicher nicht unwesentlich verstärkte. Welche Folgen zeitigte die Medialisierung politischer Aufführungen aber nun für die Wirkmächtigkeit solcher Ereignisse? Durch ihre multiplizierende Wirkung verstärkten die frühneuzeitlichen Massenmedien erstens die Öffentlichkeit politischer Aufführungen. Es war nun nicht mehr nur die Präsenzöffentlichkeit vor Ort, die an einer Inszenierung teilhaben konnte, sondern eine Öffentlichkeit, die in regionaler und sozialer Hinsicht über das Ereignis selbst deutlich hinausreichte. Damit wurde die repräsentative Öffentlichkeit des politischen Aktes um die Medienöffentlichkeit ergänzt, die sich aufgrund der hohen sozialen Diversifikation von Medienproduzenten und Medienrezipienten nicht als repräsentativ charakterisieren lässt, denn potentiell konnte jeder zum Autor werden, der einen Drucker fand; jeder konnte Druckwerke erwerben, der das nötige Geld dafür besaß. Diese war auch weit weniger an bestimmte soziale Räume gebunden wie die institutionelle Öffentlichkeit eines Reichstags. Vor allem aber ließen sich das Ausmaß an Öffentlichkeit und die Zirkulation von Informationen innerhalb dieser Öffentlichkeit nur gering durch Herrschaftsträger von vornherein steuern oder auch im Nachhinein kontrollieren.
Zusammenfassung
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In welchem Ausmaß die Medien die Wahrnehmungsräume politischer Aufführungen erweiterten, lässt sich im Einzelnen schwer festmachen. Die Mehrzahl der Drucke dürfte aufgrund der Konzentration von Produktionsstätten und Buchhändlern im südlichen Teil des Reiches vor allem dort verbreitet worden sein. Dabei wurden Druckmedien in der Frühen Neuzeit generell in stärkerem Maße in städtischen als in ländlichen Gesellschaften rezipiert. Dennoch ermöglichten die gedruckten Beschreibungen und die Bildmedien von Kaiserauftritten zumindest theoretisch auch Rezipienten in jenen Regionen des Reiches, in denen der Kaiser persönlich nicht mehr auftrat, nun wenigstens die medialisierte Version solcher Akte zu betrachten. Dabei erscheint der Untersuchungszeitraum als eine Umbruchphase, in welcher die Kaiser den Radius ihrer persönlichen Präsenz im Reich stark einschränkten, wobei zugleich die Vermarktung solcher Ereignisse durch den Druck entscheidend forciert wurde. Dabei dürfte die mediale Präsenz des Kaisers seine physische Abwesenheit im Reich zumindest bis zu einem gewissen Grad kompensiert haben, zumal durch die Seltenheit der Auftritte auch ihre Bedeutung in der Wahrnehmung der Zeitgenossen stieg, was wiederum das Ausmaß der Medialisierung verstärkte. Die Vervielfältigung deckungsgleicher Inhalte innerhalb einer Auflage sowie weitgehend deckungsgleicher Inhalte durch inhaltlich voneinander abhängige Drucke führte zweitens zu einer Standardisierung der Formen, in denen solche Ereignisse in den Medien aufbereitet wurden. Es bildeten sich Normen heraus, wie ein bestimmter Ereignistyp in den Medien abgebildet werden sollte. Besonders deutlich wurde dies beim Schlagbild des Kaisereinzugs, aber auch bei den Bildserien der Herrschererhebungen. Man kann deshalb von einer zunehmenden Institutionalisierung der Medialisierung sprechen. Die Modi der Zeichenverwendung, welche die Medienproduzenten entworfen oder aus anderen Kontexten in den vorliegenden Zusammenhang übertragen hatten, stießen offenbar weitgehend auf Akzeptanz bei den Rezipienten, denn sonst wären diese Drucke nicht gekauft worden. Infolge der multiplizierenden Wirkung der Medien entstanden dominante Versionen einer Erzählung, wie dies für einzelne „Neue Zeitungen“ oder auch die „Wahl und Crönungshandlung“ von Bringer und Kröner gezeigt werden konnte. Der Druck tradierte und standardisierte zeremonielles und rituelles Wissen, wobei der Zugang zu diesem nicht mehr allein über soziale Beziehungen, sondern auch über den Markt geregelt wurde. Bis zu einem gewissen Grad wurde dadurch zuvor arkanes Herrschaftswissen allgemein zugänglich gemacht. Dabei gaben die Texte und Bilder durch ihre spezifische Form, in der sie eine Aufführung darstellten, den Rezipienten Denkstrukturen und Wahrnehmungsmuster vor, mit denen vergangene Ereignisse memoriert, aber auch künftige Er-
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eignisse rezipiert werden konnten. Wer die soziale Logik einer Zugfolge anhand eines Druckes hatte nachvollziehen können, konnte beim nächsten feierlichen Aufzug sehr wahrscheinlich das angewandte Ordnungsprinzip schneller durchschauen und deshalb nun gezielter auf bestimmte Arten der Zeichenverwendung achten als zuvor. Die Druckmedien dürften damit auf lange Sicht zu einer Standardisierung der Wahrnehmung solcher Ereignisse geführt haben. Dass sie auch die Aufführungspraxis immer stärker vereinheitlichten, lässt sich dagegen für den Untersuchungszeitraum noch nicht belegen, zumal die Hauptakteure in dieser Phase primär die handschriftliche Überlieferung als Handlungsanleitung heranzogen, wenn es um die Ausgestaltung von zeremoniellen oder rituellen Verfahren ging. Die Druckmedien untermauerten drittens die Evidenz der in ihnen fixierten Ereignisse. Dass eine „Neue Zeitung“ erschienen war, bedeutete per se, dass ein Ereignis stattgefunden hatte. Durch die Medien wurde somit die Ereignishaftigkeit von politischen Aufführungen verstärkt. Bei der Wahl und Krönung von 1612 hat man den Eindruck, dass hier sogar ein Medienereignis gemacht – im Sinne von durch das konzertierte Agieren von Druckern und Verlegern gezielt hergestellt – wurde. Indem die Medien zahlreiche Zuschauer abbildeten, wie dies auf den vorgestellten Bildmedien fast regelmäßig der Fall ist, oder deren Anwesenheit beim Ereignis zumindest verbal behaupteten, fungierten diese zugleich als Zeugen der geschilderten Vorkommnisse. Dabei erhoben die Medienproduzenten für verbale und visuelle Darstellungen einen universellen Wahrheitsanspruch, welcher die Autorität des gedruckten Mediums als Quelle der Wahrnehmung sichern sollte. Vor allem den Bildmedien kam als Dokumentationen des „Augenscheins“ eine Beweisfunktion für die übermittelten Informationen zu. Dabei bestand der Wahrheitsgehalt der Medien weniger in einer möglichst realistischen Wiedergabe bestimmter Akte, als vielmehr in der Abbildung ihres zugrunde liegenden historischen Sinns. Dieser bestand primär in der besonderen Solennität im Sinne ihres feierlichen, förmlichen und rechtmäßigen Vollzugs als Ausweis ihrer Legitimität. Dabei versuchten Autoren und Künstler besonders den überwältigenden Glanz der Ereignisse, die prächtige Ausstattung der Teilnehmer oder ihr „zierliches“ Auftreten darzustellen, ob nun mithilfe von visuellen Ausdrucksformen oder mithilfe von Visualität vorspiegelnden Textelementen, wie sie in mittelalterlichen Spielmannsdichtungen und Heldensagen zu finden sind. Allerdings war die literarische Qualität der Kaisereinzugspublizistik schon aufgrund ihrer Entstehungsbedingungen deutlich geringer. Indem die Medienproduzenten die überwältigende Pracht und den Glanz solcher Ereignisse hervorhoben, verdeutlichten sie zugleich den symbolischen Profit, den die politischen Akteure aus ihrer Mitwirkung an diesen ziehen konnten.
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Die Produktion von Bildern und Texten über symbolisches Handeln verkörperte viertens selbst einen Vorgang der Symbolisierung. Dabei substituierten die Drucke keineswegs die politischen Aufführungen als Ganzes, sondern reduzierten diese zumeist auf das, was ihre Produzenten als deren Kern betrachteten: die Augenscheinlichkeit der hergestellten Herrschaftsordnung. Für diese wurden bisweilen sogar als eine Art visueller Deskriptor fungierende Schlagbilder entwickelt, die sich aufgrund ihres allgemeinen Geltungsanspruches als sehr beständig erwiesen. Durch die formale Reduktion des dargestellten Sachverhaltes wurde der zeichenhafte Charakter der gefundenen Bildlösung noch verstärkt. Die Bilder wiesen einen stark synthetisierenden Charakter auf: So wurde die aus vielen Handlungssequenzen bestehende Krönungsmesse auf den Vorgang des Kroneaufsetzens reduziert, der symbolisch alle anderen rituellen und zeremoniellen Handlungen dieses Teilaktes oder gar der gesamten Herrschererhebung evozieren sollte. Auch die Texte nahmen durch die Auswahl bestimmter Inhalte und Formen für die Darstellung regelmäßig eine Wertung hinsichtlich der Bedeutung bestimmter Akte vor, wie dies die verbale Charakterisierung des Herrschereinzugs als „Triumph“ zeigt. Die Wirkungsmacht dieser Symbolisierungsleistung wurde dadurch gefördert, dass die Text- und Bildrhetorik zu einem ganz erheblichen Teil schichtenübergreifend und überregional verständlich war. Ähnliche Formen der visuellen Fixierung von öffentlichen Aufzügen finden sich auch in Frankreich, England, den Niederlanden und nicht zuletzt bei öffentlichen Aufzügen des Papstes. Indem die Medien jede in der Realität oft gar nicht zu vermeidende Unordnung weitgehend ausblendeten, wurde die Ordnungsleistung der politischen Inszenierung durch den Ordnungsprozess im Zuge ihrer medialen Fixierung nochmals gesteigert. Auf einer abstrakten Ebene fungierte diese Ordnung zugleich als Spiegelbild eines wohlgeordneten Regiments, das im Untersuchungszeitraum schichtenübergreifend als erstrebenswert galt. Anders als bei einem Kunstwerk untergrub die massenhafte Reproduktion einer solchen Inszenierung die „Autorität der Sache“ (Walter Benjamin) keineswegs; sie löste diese auch nicht aus der Tradition, sondern ordnete sie durch den Verweis auf vorhergehende Akte vielmehr explizit in diese ein. Dabei verstärkte die gleichförmige und eher traditionelle Formensprache der Medien sogar den Bezug auf die Tradition als ein wesentliches Element der Legitimierung politischer Verfahren. Die Aufführungen selbst, aber noch stärker ihre Repräsentationen in den Printmedien entwarfen die Vorstellung eines auf Konsens beruhenden Verhältnisses zwischen Obrigkeit und Untertanen, da im Rahmen dieser medialen Aufführungen jeder Akteur die ihm zugewiesene Rolle akzeptierte. Die prekäre Spannung zwischen Erfolg und Scheitern, die jede realiter vollzogene Auffüh-
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rung auszeichnete, wurde im Prozess ihrer Medialisierung beseitigt: Konflikte sowie inszenatorische Pannen blendeten die Medienproduzenten weitgehend aus. Dadurch wurde die Illusion einer störungsfreien Inszenierung aufrechterhalten, selbst wenn dies nicht den Tatsachen entsprach, was die Integrationswirkung solcher Darstellungen steigerte. Dies lag weniger an einer Druckzensur, die in der Praxis nur von begrenzter Wirksamkeit sein konnte und sich im vorliegenden Kontext als wesentliches Steuerungselement auch nicht nachweisen lässt, vielmehr entsprach die zur Schau gestellte Ordnung einem verbreiteten gesellschaftlichen Bedürfnis, das aus der alltäglichen Erfahrung von Unordnung in einer Zeit massiver sozialer Umwälzungen resultierte. Die Publikationen dürften zur Popularisierung einer Reichsidee beigetragen haben, welche die Kaiser und Reich verbindenden Elemente bestärkte und die trennenden verschwieg. Dieses virtuelle Reich bildete das ideelle Gegenbild zu einem ‚realen‘ Reich, das durch wachsende soziale und politische Konflikte gekennzeichnet war. Im Rahmen der Medialisierung politischer Aufführungen zeigt sich fünftens die hohe Komplexität von Performanz. Dabei sind fünf verschiedene Ebenen von Performanz zu unterscheiden: im Rahmen der (primären) Aufführung durch die politischen Akteure selbst, im Verlauf ihrer Rezeption durch alle anwesenden Personen, im Rahmen der medialen (sekundären) Aufführung durch die Medienproduzenten im Medium, während der Präsentation dieser Medien durch Verkäufer oder Vorleser und schließlich im Verlauf der Medienrezeption durch die Rezipienten, in deren Köpfen nun wiederum innere Bilder dieser Aufführungen entstanden. Die Aufführungsbedingungen der Medialisierung lassen sich vergleichsweise gut rekonstruieren: Die von den Medienproduzenten genutzten ikonographischen und literarischen Darstellungsmuster können bis zu einem gewissen Grad aus den Quellen extrahiert und mit anderen Bild- und Textmedien abgeglichen werden. Außerdem lässt sich der Produktionsprozess zwar nicht in jedem Einzelfall, aber doch in seiner Gesamtheit durch das Wissen über den Entwicklungsstand des Druckgewerbes in dieser Phase nachvollziehen. Die Aufführungsbedingungen während des Verkaufs der Medien oder bei einer individuellen Medienrezeption sind dagegen kaum rekonstruierbar. Leser und Betrachter dürften die ihnen medial vermittelten Inhalte mit eigenen Vorstellungswelten abgeglichen haben, wodurch in ihren Köpfen wiederum andere Aufführungen als die reale oder die mediale stattfanden. Diese inneren Repräsentationen nahmen sicher sehr unterschiedliche Formen an – je nachdem, welches Vorwissen vorhanden war und wie intensiv der Rezeptionsprozess ablief. Dabei konnten die Augenzeugen einen Abgleich zwischen gedruckter Darstellung und eigener Wahrnehmung vornehmen, was den Grad der Reflektion über
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das Ereignis selbst, aber auch über die Form seiner Medialisierung erhöht haben dürfte. Zwar waren illustrierte Einblattdrucke und Flugschriften primär für den aktuellen Informations- und Unterhaltungsbedarf ihrer Rezipienten bestimmt, jedoch ermöglichte die Aufbewahrung solcher Druckwerke auch späteren Generationen, die hier geschilderten Ereignisse zu erinnern. Der Druck verwandelte damit die Ephemerität der politischen Inszenierungen in Permanenz, wenn auch in stark geronnener Form, wodurch letztlich auch deren zeitliche Reichweite zunahm.
VI. Der Kaiserauftritt als Erinnerungsort
Die Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Erinnerung und seinem Ergebnis, dem Gedächtnis, prägt seit geraumer Zeit die geisteswissenschaftlichen Debatten.1 Ausgehend von den Überlegungen Maurice Halbwachs’ über das kollektive Gedächtnis oder präziser über die kollektiven Dimensionen individueller Gedächtnisleistungen haben zunächst Jan und Aleida Assmann den Gedächtnisbegriff neu konzeptionalisiert und dabei zwischen unterschiedlichen Gedächtnisformen differenziert.2 So unterscheidet Jan Assmann zwischen dem kommunikativen Gedächtnis, das sich durch einen auf sozialer Interaktion beruhenden Formierungsprozess, eine starke Bindung an bestimmte Akteursgruppen und eine begrenzte zeitliche Reichweite auszeichnet, und dem kulturellen Gedächtnis, das losgelöst von spezifischen Akteursgruppen weniger die Vergangenheitsbestandteile selbst als vielmehr deren historischen Sinn transportiert und auf diese Weise längerfristig überdauern kann.3 Im Unterschied zum kommunikativen Gedächtnis setzt das kulturelle Gedächtnis nach Assmann einen Bruch mit der Vergangenheit voraus. Es zeichnet sich durch ein höheres Ausmaß an Geformtheit durch die Fixierung in auf Dauer angelegten Gedächtnismedien, an Organisiertheit durch die Bindung an Institutionen und deren Erinnerungsexperten und an Verbindlichkeit durch den Anspruch auf normative Geltung aus. Das soziale Gedächtnis umfasst dagegen alle zu einem historischen Zeitpunkt erinnerbaren Bestandteile der Vergangenheit, unabhängig davon, ob diese aktuell tatsächlich aktiviert werden.4 Es verkörpert den übergreifenden Datenspeicher einer Gesellschaft, der alle Formen der Überlieferung von Ver1
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Vgl. stellvertretend für die inzwischen schon unüberschaubare Literatur: Assmann, Medien des Gedächtnisses; Emden / Midgley, Cultural Memory; Welzer, Das kommunikative Gedächtnis; ders., Das soziale Gedächtnis; Oesterle, Erinnerung, Gedächtnis, Wissen; Ricoeur, La mémoire, l’histoire, l’oubli; Erll, Gedächtniskonzepte der Literaturwissenschaft; dies., Kollektives Gedächtnis. Halbwachs, Gedächtnis; Assmann, Das kulturelle Gedächtnis. Assmann, Kollektives Gedächtnis. Die weitere Entwicklung der Begriffsgehalte und der mit ihr verbundenen Analysemodelle kann an dieser Stelle nicht nachvollzogen werden. Aleida Assmann differenziert zwischen dem Funktionsgedächtnis, das die in einer spezifischen Phase durch die Gesellschaft tatsächlich reaktivierten Gedächtnisgehalte umfasst, und dem Speichergedächtnis, das grundsätzlich alle zu einem gegebenen Zeitpunkt abrufbaren Informationen über die Vergangenheit umfasst. Assmann, Speichergedächtnis.
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gangenheiten enthält – auch jene, die nicht zum Zweck der Tradierung angefertigt worden sind. Diesen Speicher, der zum Beispiel Archive und Bibliotheken als Sammelorte von aufgeschriebenem und gedrucktem Wissen über vergangene Zeiten umfasst, können die Akteure der Erinnerungskultur für ihre Auseinandersetzung mit der Vergangenheit nutzbar machen. Diese Institutionen dienen zunächst als Instrumente des kulturellen Gedächtnisses einer Gesellschaft; indem sie jedoch auch Dokumente bewahren, die über Generationen hinweg überhaupt nicht rezipiert werden, sind sie zugleich Instrumente des sozialen Gedächtnisses.5 Die Geschichtswissenschaft hat sich diesem Untersuchungsfeld vergleichsweise spät zugewandt.6 Und dies obwohl – oder vielleicht gerade weil – diese Disziplin selbst eine spezifische Praktik des kulturellen Gedächtnisses verkörpert. Jede Form von Geschichtsschreibung stellt das Ergebnis von Erinnerungsprozessen auf der Basis einer selektiven Auswertung von Gedächtnismedien dar.7 Zugleich fungiert sie als Instrument individueller oder kollektiver Erinnerungsprozesse ihrer Rezipienten und kann so wiederum Bestandteil des kommunikativen Gedächtnisses werden.8 Die Geschichtswissenschaft kann als eine institutionalisierte Form der Erinnerungskultur betrachtet werden, insofern als sie Normen für die Analyse und Präsentation von historischen Wissensbeständen aufstellt und zugleich unter Betonung der Wissenschaftlichkeit ihres Vorgehens die Deutungshoheit über die rekonstruierten Vergangenheitsbestandteile beansprucht. Inzwischen sind Gedächtnis, Memoria und Erinnerungskultur – um nur drei einschlägige Begriffe dieses Forschungsfeldes zu nennen – auch innerhalb der Geschichtswissenschaft zum Modethema avanciert. Während sich zuerst die Zeitgeschichte mit den Erinnerungskulturen im Zuge der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus nach dem Zweiten Weltkrieg befasste, werden inzwischen für das Spätmittelalter und die Frühe Neuzeit vor allem die Formen 5
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Derartige Institutionen, die im Verlauf der Frühen Neuzeit verstärkt gegründet, ausgebaut, geordnet und zugänglich gemacht wurden, steckten den „Horizont des Wissbaren“ gerade auch im Hinblick auf die Vergangenheit ab. Müller, Gedächtnis der Universalbibliothek, S. 90. Für konzeptionelle Überlegungen von geschichtswissenschaftlicher Seite stellvertretend Weber, Das „kulturelle Gedächtnis“; Fried, Schleier; Cornelißen, Erinnerungskultur. Dabei sollen gerade inaktive Gedächtniselemente als Bestandteile des sozialen Gedächtnisses reaktiviert und für das kulturelle Gedächtnis nutzbar gemacht werden. So erscheint es als besonderes Verdienst, „neue“ Quellen für einen Sachverhalt aufgefunden zu haben. Dazu allgemein Burke, Geschichte als soziales Gedächtnis; Kittsteiner, Gedächtniskultur und Geschichtsschreibung; sowie Oesterle, Erinnerung, Gedächtnis, Wissen.
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Der Kaiserauftritt als Erinnerungsort
und Funktionen städtischer sowie höfischer Erinnerungskulturen untersucht.9 Dabei geht es nicht um Erinnerung als Strategie der Vergangenheitsbewältigung, sondern um Erinnerung als Strategie der Selbstverortung und Selbstlegitimierung bestimmter sozialer Gruppen.10 Denn die in der Tradition aufgehobene Vergangenheit besaß in der Frühen Neuzeit als Herkommen per se einen Wert als normative Handlungsorientierung für die Gegenwart. Gerade in dieser Epoche vervielfältigten sich die Medien und Praktiken der Memoria, nahmen das individuelle Bedürfnis nach einer Konservierung von Vergangenheit und Gegenwart und dadurch die gesamtgesellschaftliche Konservierungsleistung stark zu.11 War die im Mittelalter vorherrschende mündliche Tradierung gebunden an das Gedächtnis von Individuen, so boten Verschriftlichung und Verbildlichung die Möglichkeit, Gedächtnisbestandteile mithilfe bestimmter Trägermedien und damit unabhängig von den damit zuvor betrauten Akteuren zu bewahren. Auf der einen Seite wurde das Wissen über die Vergangenheit dadurch selektiert, kompiliert, annotiert oder systematisiert, was mit jeweils individuellen Prozessen der Aneignung und Deutung von Vergangenheitsbestandteilen verbunden war. Auf der anderen Seite konnten die so fixierten Wissensbestände nun aber auch getrost vergessen werden, da ihre Auslagerung aus dem individuellen Gedächtnis in materielle Träger die Notwendigkeit einer permanenten Aktivierung im kommunikativen Gedächtnis beseitigte.12 Die Materialisierung von Erinnerung bewirkte somit einen Verlust an immateriellen Gedächtnispraktiken. Gerade bei den politischen Aufführungen der Kaiserauftritte stellt sich die Frage, was von ihnen nach dem Ende der Performance eigentlich blieb. Deshalb geht es in diesem Kapitel um die Prozesse ihrer Konservierung, um die vielfältigen Versuche, die Memoria solcher Ereignisse durch unterschiedliche Gedächtnispraktiken aufrechtzuerhalten. Der Kaiserauftritt kann in zweifacher 9 So ist das Fach Geschichte entscheidend am Gießener Sonderforschungsbereich „Erinnerungskulturen“ beteiligt. Vgl. dazu Carl, Erinnerungskultur; Rösener, Adelige und bürgerliche Erinnerungskulturen; Brand / Monnet / Staub, Memoria. 10 Bei den für die Frühe Neuzeit untersuchten Erinnerungskulturen geht es meist um aus der Perspektive der Erinnerungsakteure positiv besetzte Vergangenheiten, bei jener des Dritten Reiches primär um eine negativ besetzte Vergangenheit, was sich im Begriff der Erinnerungsarbeit spiegelt. 11 Dies zeigt sich im Feiern von Jubiläen, in der Entstehung eines Souvenirgewerbes, der Etablierung der Hofhistoriographen oder den schichtenübergreifend immer häufiger geführten Tagebüchern oder Schreibkalendern. 12 Zum Zusammenhang zwischen Erinnerungsprozessen und dem Vergessen ausführlich Weinrich, Lethe.
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Hinsicht als „lieu de memoire“ verstanden werden: Als Ereignis verkörperte er in lokaler und zeitlicher Hinsicht einen Ort der Erinnerung für die hierbei anwesenden Akteure, die sich im Rahmen dieses Ereignisses an entweder selbst erlebte oder in anderer Form tradierte Kaiserauftritte in der Vergangenheit erinnerten.13 Als einschneidendes Ereignis innerhalb von Lebensläufen stellte er aber auch im übergreifenden Gedächtnisraum von Individuen und sozialen Gruppen einen spezifischen Ort dar, der die Markierung anderer erinnerter Ereignisse im Sinne eines Davor, Danach oder Währenddessen sowie deren vergleichende Bewertung als noch bedeutsamer oder weniger bedeutsam ermöglichte. Da schon im Zusammenhang mit dem Kaiserauftritt als Medienereignis bestimmte Dokumentationsformen vorgestellt wurden, wird nun untersucht, welche Unterschiede sich im Hinblick auf die spezifischen Dokumentationsleistungen zwischen diesen eher auf Information und Unterhaltung zielenden Druckmedien und jenen Medien finden lassen, die von vornherein auf ein dauerhaftes Gedächtnis der Ereignisse ausgerichtet waren.14 Dabei soll die gängige These, dass die Formen der handschriftlichen Erfahrungsspeicherung und -weitergabe als Verlierer im Wettbewerb der Gedächtnismedien von Beginn an festgestanden hätten, überprüft werden.15 Nicht zuletzt geht es um die Frage, in wie weit die nachweisbaren Praktiken als Elemente einer Erinnerungspolitik im Sinne einer gezielten und bis zu einem gewissen Grad auch koordinierten Erinnerungspraxis bestimmter Akteursgruppen bewertet werden können, welche auf diese Weise die Deutungshoheit über die Ereignisse beanspruchten.16 Erinnerungskulturen werden durch mehr oder minder komplexe Prozesse der Selektion und Deutung von historischem Wissen geprägt, die stark auf die jeweilige Gegenwart bezogen sind und oft mit aktuellen gesellschaftlichen Be-
13 Zum Begriff Nora, Geschichte und Gedächtnis, Bd. 1, S. 9–26, besonders S. 16–18. 14 Da diese zwar hinsichtlich ihrer Nutzungsformen eine gemeinsame Schnittmenge aufwiesen, jedoch keineswegs deckungsgleich waren, müssen sich auch inhaltliche und formale Differenzen finden lassen, so im Hinblick auf das Verhältnis von Öffentlichkeit und Geheimnis. 15 Giesecke, Buchdruck, S. 66. Nach Giesecke sind schon am Ende des 15. Jahrhunderts die „überkommenen Formen der Informationsgewinnung, -speicherung und -weitergabe durch den Buchdruck in weiten Bereichen zerstört und durch neue ersetzt“ worden. Ebd., S. 185. Hier wird jedoch die gesellschaftliche Durchschlagskraft des Buchdrucks in seiner Anfangsphase überschätzt. 16 Erinnerungspolitiken gehören zum Funktionsgedächtnis, wobei dann auch nach möglichen Erinnerungskonkurrenzen zu fragen wäre. Dazu allgemein Aleida Assmann, Erinnerungsräume.
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dürfnissen legitimiert werden.17 Denn zunächst fixiert und später reaktiviert werden primär jene Bestandteile der Vergangenheit, die als eigene Vergangenheit betrachtet werden können und denen Relevanz für die Gegenwart zugeschrieben wird.18 Grundsätzlich können vier Kategorien von Erinnerungspraktiken unterschieden werden: das die Vergangenheit nachahmende Handeln im Sinne eines mimetischen Gedächtnisses, die memorative Aufladung von Alltagsgegenständen im Sinne eines Gedächtnisses der Dinge, der Austausch über die Vergangenheit durch die Mitglieder einer Gesellschaft als kommunikatives Gedächtnis und der Transport des historischen Sinnes durch speziell dazu geschaffene Erinnerungsmedien als kulturelles Gedächtnis.19 Alle vier Kategorien lassen sich im vorliegenden Kontext nachweisen. Jede politische Aufführung verkörperte aufgrund ihrer Herleitung aus sowie ihrer Orientierung an der überlieferten Tradition eine Form mimetischen Handelns. Die bei Kaiserauftritten vollzogenen politischen Rituale bezogen ihre Wirkung ja gerade daraus, dass es sich um mimetische Praktiken handelte. Darüber hinaus konservierten all jene Eingriffe in die städtische Lebenswelt, die dauerhafte Spuren hinterließen, die kaiserliche Anwesenheit vor Ort, auch wenn sie mit einer anderen Zielsetzung erfolgt waren.20 Dazu zählen zum Beispiel bauliche Umgestaltungen, Namensänderungen sowie die Einführung neuer Produkte oder Alltagspraktiken. Diese stellten Fixpunkte im Gedächtnis der Stadt bereit, an die sich Erinnerungen anlagern konnten. Derartige Praktiken sowie die vielfältigen Formen der mündlichen Tradierung sind jedoch nur punktuell fassbar und im Hinblick auf ihr Ausmaß und ihre Wirkungsweise schwer zu beurteilen. Im Zentrum dieser Arbeit steht deshalb die letzte Kategorie: die Produktion, 17 Vgl. die Konzepte der „imagined community“ und „invention of tradition“, die beide trotz ihrer Unterschiede den Gegenwartsbezug der Konstruktion von Vergangenheiten hervorheben. Anderson, Erfindung der Nation; Hobsbawm, Invention of Tradition. 18 Zur sozialen Bedingtheit des Gedächtnisses vgl. Halbwachs: „Es gibt kein mögliches Gedächtnis außerhalb derjenigen Bezugsrahmen, deren sich die in der Gesellschaft lebenden Menschen bedienen, um ihre Erinnerungen zu fixieren und wieder zu finden.“ Ders., Gedächtnis, S. 121. 19 Dazu weiterführend Assmann, Das kulturelle Gedächtnis. 20 Wenn überliefert wurde, dass Ferdinand I. auf dem Augsburger Reichstag 1559 vom Perlachturm das erste Mal die Viertelstunde habe schlagen lassen, was von da ab regelmäßig ausgeführt worden sei, dann tradierte diese Handlung implizit den Kaiserauftritt. SSB Augsburg, 2° Cod. Aug. 130, fol. 88. Kaiser Matthias und Kaiserin Anna legten während des Reichstages von 1613 den Grundstein für ein Kapuzinerkloster in Regensburg, dessen Existenz ebenfalls zum dauerhaften Zeugnis der Anwesenheit des Kaiserpaares wurde. Der Rat versuchte dies zu verhindern, da jedoch die Äbtissin des Niedermünsters Raum dafür zur Verfügung stellte, konnte er nichts gegen diese neue katholische Dependance ausrichten. Gumpelzhaimer, Regensburg’s Geschichte, S. 67.
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Aufbewahrung und Präsentation von Artefakten der Memoria.21 Es geht somit primär um die Erforschung des kulturellen Gedächtnisses. Zwar reicht die Erinnerungskultur der Kaisereinzüge weit über das politisch-administrative Ende des Alten Reiches hinaus, jedoch ist eine derart weit ausgreifende Untersuchung schon im Hinblick auf die schiere Menge des Materials im Rahmen dieser Arbeit nicht zu leisten.22 Die Analyse konzentriert sich deshalb auf die bereits im Untersuchungszeitraum nachweisbaren Erinnerungspraktiken. Dabei wird auch nach den spezifischen Zeitpunkten gefragt, an denen das Gedächtnis aktiviert wurde, sowie nach den jeweils genutzten Erinnerungsfiguren und deren im Hinblick auf das Ereignis selektivem und konstruktivem Potential. Im Vordergrund stehen damit die Praktiken der Fixierung einer rezenten Vergangenheit, die im kommunikativen Gedächtnis noch mehr oder weniger präsent war, dieses nach dem Willen der Akteure aber überdauern und Teil des kulturellen Gedächtnisses werden sollte. Hier ist somit der von Jan Assmann betonte Bruch mit der Vergangenheit als Voraussetzung des kulturellen Gedächtnisses nicht notwendig gegeben. Durch die Beschränkung auf die zeitgenössischen Aktivitäten entfällt der Blick auf die staatsrechtliche und zeremonialwissenschaftliche Literatur des 18. Jahrhunderts, die vielfach das dokumentierte Verfahren als Beleg für eine bestimmte Interpretation heranzog und deshalb die Inhalte von zeitnah entstandenen Gedächtnismedien erneut reaktivierte.23 Im Folgenden werden exemplarisch ausgewählte Praktiken analysiert, die sich jeweils durch unterschiedliche Akteursgruppen, Produktionsbedingungen 21 Grundsätzlich konnten alle im Zusammenhang mit dem Ereignis produzierten Artefakte zu Memorialobjekten werden, auch wenn sie nicht in memorativer Absicht geschaffen worden waren. Das vielfach nur rudimentäre Wissen, in welcher Phase solche Artefakte noch greifbar waren und durch soziale Praktiken zum Leben erweckt wurden, ist ein im Untersuchungsgegenstand begründetes methodisches Problem, das bei der Interpretation immer wieder reflektiert werden muss, aber nicht behoben werden kann. Dies gilt selbst dann, wenn hinter den Erinnerungsakteuren langfristig existierende Institutionen wie der Kaiserhof, Fürstenhöfe oder das Stadtregiment standen. 22 Im 19. Jahrhundert kam es zu einer Intensivierung der auf das Reich bezogenen Erinnerungskulturen und zur Entwicklung neuer Memorialpraktiken wie historische Ausstellungen oder Umzüge, in denen Kaisereinzüge nachgestellt wurden. Die Perspektive dieser Arbeit reicht allerdings insofern bis in die Gegenwart, als dass alle Aussagen aus der Analyse des sozialen Gedächtnisses der Kaiserauftritte beruhen, wie es sich heute darstellt. Denn nur die Gedächtnismedien, die überliefert sind oder deren ehemalige Existenz durch andere Quellen erinnerbar wird, können als solche erinnert und erneut Teil des kulturellen Gedächtnisses werden. 23 Stieve, Europäisches Hof-Ceremoniel; Rohr, Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschaft; Moser, Teutsches Hof=Recht; Lünig, Theatrum ceremoniale.
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und Nutzungsweisen auszeichneten. Dabei werden ganz bewusst sehr unterschiedliche Gedächtnismedien herangezogen, um die Vielfalt an Memorialobjekten und der mit ihren verbundenen Praktiken zu verdeutlichen. Das erste Unterkapitel stellt Erinnerungspraktiken vor, die sich einem institutionellen Kontext zuordnen lassen, so dem städtischen Rat oder den Hofbehörden von Kaiser und an Kaiserauftritten beteiligten Fürsten. Diese Praktiken zielten primär auf die Fixierung der Ereignisse im kollektiven Gedächtnis der betreffenden Institutionen. Das zweite Unterkapitel beschäftigt sich mit individuellen Praktiken, die nicht oder nur in geringem Maße an einen institutionellen Kontext gebunden waren und deshalb andere Ziele verfolgten. Das dritte und letzte Kapitel widmet sich gewerblich hergestellten Memorialartikeln, deren Produktion in dieser historischen Phase ein völlig neues Ausmaß annahm. Ihre zunehmende gesellschaftliche Verfügbarkeit kann sowohl als eine Folge von aktuell gängigen Erinnerungspraktiken als auch als eine zentrale Rahmenbedingung für diese betrachtet werden.
1. Institutionelle Praktiken der Erinnerung a) Aufschreiben, Archivieren, Inventarisieren Im Zuge der Verschriftlichung frühneuzeitlicher Verwaltungsabläufe wurden die im Zusammenhang mit Kaisereinzügen durchgeführten Maßnahmen von den Hauptakteuren Reichsstadt, Territorialfürsten und Kaiserhaus in zunehmendem Maße schriftlich festgehalten. Die Dokumentationsinitiativen folgten zunächst einem ganz praktischen Ziel: Indem die hier gesammelt enthaltenen Informationen das gängige Verfahren dokumentierten, konnten sie bei jedem erneuten Herrschereinzug als Orientierung dienen. Als bewusst ausgelegte Spuren der Gegenwart sollten sie den Weg für die folgenden Amtsträger vorzeichnen. Durch den Blick in die eigene Überlieferung ließ sich der Aufwand bei einem erneuten Ereignis beträchtlich reduzieren; zugleich konnten protokollarische Fehler oder inszenatorische Pannen vermieden werden.24 Vor allem in der Frühen Neuzeit, in der Kaiserauftritte im Reich immer seltener vorkamen, erschien es den Zeitgenossen umso wichtiger, auf die eigene Überlieferung zurückgreifen zu können, da das übliche Verfahren im kommunikativen Gedächtnis der Stadt nun deutlich weniger als zuvor präsent war. 24 Die mit der Organisation eines Herrschereinzugs beauftragten Funktionsträger vor Ort konsultierten im Vorfeld eines solchen Ereignisses regelmäßig in die eigene Überlieferung. Vgl. schon Kap. II.1.a., II.2.a. und II.3.a.
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Die zentrale Intention institutioneller Erinnerungspraktiken richtete sich somit auf die Entstehung oder Anreicherung eines Verfahrensgedächtnisses als einer spezifischen Funktion der zeitgenössisch nachweisbaren Gedächtnispraktiken. Von besonderer Bedeutung war die Fixierung jener Verfahrensbestandteile, aus denen man selbst oder aber ein konkurrierender Herrschaftsträger bestimmte, vielleicht sogar umstrittene Herrschaftsansprüche ableiten konnte. Auf diese Weise konnten im Konfliktfall mit dem Verweis auf die eigene Überlieferung wirkungsvoll fremde Ansprüche zurückgewiesen werden, ob diese nun das feierliche Geleit des Herrschers, den Anspruch auf eine bestimmte Herberge oder die Formulierung des Huldigungseides betrafen.25 Die in diesem Kontext entstandenen Memorialobjekte dokumentierten nicht nur das einmal gewählte Verfahren, dem als Bestandteil des Herkommens eine normative Geltung zukam, sondern sie zielten darauf ab, die Deutungshoheit über bestimmte Traditionsgehalte zu erlangen. Im Vorteil waren dabei die Reichsstädte, die bereits im Spätmittelalter begonnen hatten, Aktenkonvolute über den Ablauf von Herrschereinzügen anzulegen.26 So sind für alle Nürnberger Einzüge ab jenem Friedrichs III. 1442 Aufzeichnungen überliefert.27 Ab dem 16. Jahrhundert wurde in Nürnberg außerdem die Überlieferung zu „Wahl und Crönungsactis, Einzugs- und Huldigungsactis“ in einem besonderen Bestand innerhalb des Ratsarchivs abgelegt.28 Die chronologisch geordneten Faszikel enthalten Korrespondenzen mit dem Kaiserhof, Rechtsgutachten über zeremonielle Fragen, Polizeiordnungen, Instruktionen für Gesandtschaften, Einzugsbeschreibungen, Schenklisten, Rechnungen oder Dekorationsentwürfe. Im Zusammenhang mit den Krönungsakten finden sich auch Beschreibungen von Krönungsmesse und Krönungsbankett, da
25 Vgl. dazu Kap. IV.2. 26 Zu diesem Punkt mehr als ausführlich Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 126–177. Dem Autor geht es hier primär um die Darstellung der Quellenarten und ihres unterschiedlichen Aussagegehaltes sowie um die Frage, ob es sich dabei um „Zeremonialquellen“ handelt. Der Begriff taugt jedoch nur bedingt, da diese Überlieferung auch zahlreiche Quellen umfasste, die sich weder direkt noch indirekt mit Fragen des Zeremoniells beschäftigten. 27 Die älteste Überlieferung zum Ablauf eines Kaisereinzugs in Nürnberg, die „Rubrica de suscepcione regis Romanorum in civitate Nurembergensi“, bezieht sich auf den Einzug Kaiser Sigismunds von 1414. Endres, Carissima civitas, S. 86. 28 Nachweisbar ist diese Bezeichnung erst um 1750. Eine Vielzahl der in diesem Bestand befindlichen Schriftstücke findet sich auch in der Überlieferung des Losungamtes, das mit der Organisation der Kaisereinzüge maßgeblich betraut war, was den dokumentarischen Eifer der Zeitgenossen verdeutlicht.
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die Nürnberger Abgesandten hier spezifische Funktionen zu erfüllen hatten29, Verzeichnisse der Reichskleinodien, Wahltagsordnungen, Wahlkapitulationen oder Ritterschlagslisten. Seit dem 17. Jahrhundert wurde verstärkt Publizistik in diesen Bestand integriert, weil nun offenbar auch dem Druck eine Belegfunktion für Verfahrensfragen zugewiesen wurde.30 Die systematische Zusammenstellung dieser Dokumente in einem Bestand erfolgte ganz offensichtlich aus dem Grund, dass sich die Ereignisse der Wahl und Krönung, der Huldigung, des Kaisereinzugs und des Kaisertodes einem übergeordneten Sachthema zuordnen ließen: Es handelte sich um Akte der Einsetzung, Bestätigung, Aufhebung kaiserlicher Herrschaft, die für das Selbstverständnis der Stadt Nürnberg als Reichsstadt und Aufbewahrungsort der Reichskleinodien eine hohe Relevanz besaßen. In diesem Zusammenhang kommt mit dem Verortungsgedächtnis eine weitere Gedächtnisfunktion ins Spiel. Indem in diesen Schriftstücken über die Stellung dieser Reichsstadt im Verhältnis zum Kaisertum oder zu anderen Reichsstädten sowie Territorialherren reflektiert wurde, zielten diese Praktiken auch auf die Positionierung der Reichsstadt innerhalb des komplexen Herrschaftsgefüges des Alten Reiches. Die zahlreichen Vermerke über die Aufgaben des Rates als Stadtregiment bei solch hochwichtigen Ereignissen dokumentierten die sozial herausragende Rolle dieser Institution gegenüber der eigenen Bürgerschaft sowie allen anderen Einwohnern der Stadt. Es wurden aber nicht nur Dokumente gesammelt oder mit Querverweisen in anderen Verwaltungsakten leichter zugänglich gemacht, sondern es wurde auch versucht, die als wesentlich betrachteten Informationen zum Ablauf eines Kaisereinzugs in systematisierender Form in so genannten Amts- und Standbüchern aufzubereiten.31 So sind für Nürnberg und Augsburg Schenkbücher erhalten, welche die dem Kaiser und anderen Gästen der Stadt vom Rat kurz nach ihrem Einzug überreichten Gaben sowie deren finanziellen Gegenwert verzeichnen.32 Durch ihre Gliederung nach dem Rang der Einziehenden in absteigender Reihenfolge bildeten solche Schenkbücher regelmäßig die sozialen Hierarchien im
29 Vgl. dazu Kap. III.1. und IV.1.a. 30 Darüber hinaus wurden auch solche Schriftstücke in diesen Bestand integriert, die sich auf die von der Stadt im Zusammenhang mit dem Tod eines Kaisers getroffenen Maßnahmen bezogen. 31 Vgl. die Analyse derartiger Quellen bei Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 128–148. 32 Vgl. zum Beispiel StA Nürnberg, Rst. N., A.St.B. 316. Zugleich sind sie mit Indices versehen, um den Zugriff auf bestimmte Informationen zu erleichtern.
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Reich ab.33 Auf diese Weise wurden diese bestätigt und zusätzlich im Gedächtnis der Benutzer verankert. Einige dieser Bücher enthalten lediglich Auszüge aus Amtsbüchern, die aus der Zeit vor dem Untersuchungszeitraum stammen.34 Dabei kann auch das wiederholte Exzerpieren der schriftlichen Überlieferung als eine Form memorativer Praxis betrachtet werden, die darauf abzielt, das bereits früher schriftlich tradierte Verfahren erneut zu fixieren, dabei zu erinnern, gleichzeitig aber auch im Hinblick auf seine Relevanz für gegenwärtige Ereignisse zu bewerten. Seit dem Kaisereinzug von 1570 beauftragte der Nürnberger Rat regelmäßig einen Ratsschreiber mit der Anfertigung einer Gesamtdarstellung, die ausschließlich für den internen Gebrauch gedacht war.35 Diese Texte dokumentierten penibel, wem man wann welche Verantwortlichkeiten und auch mit welchem Erfolg übertragen hatte, wer genau welche Sprechakte vollzogen hatte und nicht zuletzt, welche Probleme entstanden waren.36 Der Text zum Einzug von 1612, der von dem Ratsschreiber Johannes Müllner (1565–1634) stammt, umfasst in der Reinschrift fast 250 Blatt, auf denen neben den Einzügen des Kaisers auch die Wahl und Krönung in Frankfurt am Main geschildert wurden.37 33 So unterschied ein Augsburger Schenkbuch zum Reichstag von 1566 die folgenden Rangstufen: Kaiser, Kurfürsten, Fürsten, kaiserliches Gefolge, Gefolge der Kur- und Fürsten, Grafen sowie Frei- und Landherren, Ritter, Edelleute, Pfleger sowie Vögte und Amtleute, Sekretäre sowie Rent- und Pfennigmeister, Bürgermeister und Ratsverwandte anderer Städte, Marschälle und Hofmeister, Domherren und Pfaffen, Gelehrte, Militärs und zuletzt die Gesandten. StadtA Augsburg, Reichsstadt Schätze 26/X. 34 StA Nürnberg, Rst. N., A.St.B. 318 sowie 321. Die zweite, von Müllner begonnene Schrift setzt bereits mit dem Jahr 1340 ein. 35 Der Ratsbeschluss von 1612 dokumentiert das Ziel solcher Berichte: „Nachdem K. Maximiliani des Andern Einzug allhie Anno 1570 ordentlich beschriben und in ein Buch gebracht worden, welchs zu dem jetzigen Einzug viel gute Nachrichten geben; damit nun der Posterität inskünftig gleichermaßen gedienet werde, ist befohlen, jetzt abermals diesen Einzug, und was dabei fürgangen, ordentlich zu beschreiben und sampt allem dem, was darzu gehört, in ein Buch zu bringen, damit es jeder Zeit zur Notdurft bei der Hand sei“. StA Nürnberg, Rst. N., VHÄ 26, fol. 48’. 36 Vgl. etwa StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5, fol. 29–32. 37 StA Nürnberg, Rst. N., KrA, Nr. 16 (Original), Nr. 15 (Reinschrift, Umfangsangabe inklusive der Bilder), außerdem SIL 135, Nr. 5, Wahl und Krönung ebd. fol. 52–96. Das Vorbild von 1570 hatte nur reichlich 90 Blatt umfasst, obwohl es wie jenes für 1612 den Ablauf von zwei Einzügen des Kaisers auf dem Weg zu und von einer Reichsversammlung festhielt. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 6. Müllner, der zu diesem Zeitpunkt das Amt des jüngeren Stadtschreibers innehatte, war Mitglied des Größeren Rates und seit 1592 in städtischen Diensten tätig. Dazu Müllner, Annalen, Teil 1, S. 8–37, hier besonders S. 14f.; ADB, Bd. 22, S. 704–710; Franz, Bericht. Die konfessionelle Haltung des Autors wird deutlich, wenn er etwa über die „Pfaffen“ spricht.
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Dabei zeichnet sich die Darstellung nicht nur durch ihre große Anschaulichkeit, sondern auch durch ein hohes Maß an Problembewusstsein für die mit solchen Ereignissen verbundenen rechtlichen, sozialen, ökonomischen und kulturellen Konflikte aus. So dokumentierte Müllner genau die unterschiedlichen Strategien des Nürnberger Rates bei der Regelung der strittigen Geleitsfrage.38 Er betonte, dass man den Kaiser bei der Rückreise bewusst nicht eingeladen habe, weil sonst das Hofgesinde freigehalten werden wolle – ein auf Kostenreduzierung ausgerichtetes Verfahren, das der Rat offiziell so nie publik gemacht hätte.39 Damit Pannen in Zukunft vermieden werden konnten, verzeichnete er minutiös auch all das, was während des Einzugs schiefgegangen war: so die Feuerwerkskatastrophe oder auch das Vorbeifahren der kaiserlichen Kutsche an den zur Verabschiedung angetretenen Nürnberger Ratsherren beim Auszug.40 Dennoch war Müllner mit einem unübersehbaren Lokalpatriotismus bemüht, das Stadtregiment und die Nürnberger Bürgerschaft in einem möglichst positiven Licht erscheinen zu lassen. Nicht zuletzt deshalb ließ der Rat den Text, der für die Dokumentation der folgenden Kaisereinzüge eine kanonbildende Funktion übernehmen sollte, mehrfach abschreiben. Ein besonders repräsentativ gestaltetes Exemplar, das in Schweinsleder gebunden und mit einem goldgeprägten Wappen verziert war, enthielt 14 Aquarelle mit Darstellungen der Ehrenpforte, der Festons, der Einzugsteilnehmer sowie der Geschenke an das Kaiserpaar (Abb. 3, 4).41 Die aufwendige Gestaltung belegt die Funktion solcher Werke als Repräsentationsobjekte über ihren praktischen Nutzen hinaus.42 Denn was hier zugleich sichergestellt werden sollte, war das auf die Reputation des Nürnberger Rates ausgerichtete Ehrengedächtnis, der für die Inszenierungen auf der Gastgeberseite verantwortlich war, wie auch das der Reichsstadt Nürnberg und ihrer Bürger, deren erfolgreiche Selbstdarstellung fixiert werden
38 Zum Beispiel StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5, fol. 7f., 12–22. Außerdem widmete Müllner eine seiner 22 Relationen dem Geleitsrecht. StA Nürnberg, Hss. 344. Vgl. vorn Kap. II.1.a/b. 39 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5, fol. 65f. 40 Ebd., fol. 216, 236f. Vgl. dazu vorn Kap. III.3. 41 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5. Die Abschrift stammt nicht von Müllner, wurde aber von ihm unterzeichnet. Müllner, Annalen, Teil 1, S. 15. Die Aquarelle wurden später in die Bildsammlung integriert. StA Nürnberg, Bildsammlung, Nr. 35.23-41. 42 StA Nürnberg, Rst. N., A.St.B. 316. Der Einband zeigt passend zum Inhalt einen goldenen Pokal. Eine besonders aufwendige Gestaltung lässt sich bei den „Memoribüchern“ des Augsburger Ratsdieners Paul Hektor Mair feststellen. Vgl. dazu unten in diesem Abschnitt.
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sollte.43 Dabei richtete sich der betriebene Aufwand nicht an eine städtische Öffentlichkeit, vielmehr sollte das Werk primär späteren Ratsgenerationen verdeutlichen, wie hervorragend dieses Ratsregiment seine Aufgaben zum Wohle der Stadt erfüllt hatte.44 Johannes Müllner verfasste im Auftrag des Nürnberger Rates zwischen 1598 und 1623 auf der Basis der im Ratsarchiv überlieferten Akten, gedruckter Geschichtswerke sowie für die Zeitgeschichte seines eigenen Erlebens die „Annales der Statt Nürnberg“.45 Auch in diesem Rahmen schilderte er – wenngleich in kürzerer Form, weil in dem Wissen, dass ausführliche Beschreibungen vorhanden waren – den Ablauf von Kaisereinzügen. Der hohe Stellenwert, den er solchen Ereignissen zumaß, zeigt sich darin, dass er für das Jahr 1570 fast ausschließlich über den Aufenthalt Maximilians II. in der Stadt berichtete.46 Da diese Stadtchronik in vier Großfoliobänden ebenfalls nur für den ratsinternen Gebrauch als Nachschlagewerk gedacht war, wurde sie nicht nur nicht publiziert, sondern unterlag einer vom Rat festgelegten Geheimhaltungspflicht, so dass sich ihre Rezeption theoretisch auf die soziale Gruppe der Ratsherren und andere Funktionsträger mit Zugriff auf das Ratsarchiv beschränkte. Die zahlreichen Abschriften der Chronik oder auch einzelner Teile, die erhalten sind, belegen allerdings, dass dem Werk doch ein weit höherer Grad an Öffentlichkeit zuteil wurde, als seine Initiatoren zunächst geplant hatten.47 Dennoch zeigt sich hier deutlich der auf die eigene Institution konzentrierte Charakter dieser 43 Der Begriff des Ehrengedächtnisses ist seit dem 16. Jahrhundert in diesem Sinne besonders im Kontext von Leichenpredigten eingeführt. 44 Müllner hebt mehrfach die Umsicht hervor, mit welcher der Nürnberger Rat den Einzug vorbereitete. Er mokiert sich über die „schlechte“ Kleidung des Kaisers und preist die prächtige Ausstattung der Nürnberger. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5, fol. 36. 45 Das auf 4 Bde. angelegte Editionsprojekt dieses 2.500 Blatt füllenden Werkes umfasst bislang 3 Bde. (bis 1544). Nach eigener Aussage bestand Müllners Intention darin, „fidem historicam zu praestiren und mir bei meinem Vaterland eine geringe Gedächtnus zu hinterlassen“. StA Nürnberg, Rst. N., Hss. 32, fol. 2448. Außerdem spricht er von „amor patriae et studium cognoscendae antiquitatis mediae“, die ihn motiviert hätten, die Arbeit trotz zahlreicher anderer Aufgaben zu Ende zu bringen. Müllner, Annalen, Teil 1, S. 18. 46 StA Nürnberg, Hss. 32, fol. 2271. Im Vordergrund stehen die Zugordnung beim Adventus, die Schenkung an den Kaiser und die Unterbringung des Gefolges. Außerdem werden die Formen des bürgerlichen und höfischen Zeitvertreibs geschildert. So hätten die Nürnberger Elefanten aus Schnee gebaut, wozu sie der durch Maximilian II. mitgeführte Elefant inspiriert haben dürfte. Die Fürsten vergnügten sich mit Schlittenfahrten, wobei Müllner mit einer gewissen Schadenfreude verzeichnet, dass der Markgraf von Brandenburg mit seinem Schlitten mehrfach umgekippt sei. 47 Vgl. dazu die Ausführungen von Hirschmann in Müllner, Annalen, Tl. 1, S. 33–36.
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Memorialpraktiken, welcher auf kollektive Erinnerungsprozesse innerhalb einer weitgehend abgeschotteten politischen Elite zielte.48 Ähnliche Praktiken lassen sich, wenngleich in unterschiedlichem Ausmaß, auch für andere Reichsstädte feststellen.49 So ließ auch die Reichsstadt Frankfurt am Main durch ihre Stadtschreiber schon frühzeitig alle Maßnahmen im Zusammenhang mit der Organisation und dem Ablauf von Kaisereinzügen zusammenstellen. 1571 beauftragte der Frankfurter Rat den Stadtschreiber Pancratius Jacob mit der Abfassung der „Annales Reipublicae Francofurtensis“, einem „Zeittbuch“, das die wesentlichen Ereignisse der Stadtgeschichte „ad pptuam reo memoriam“ festhalten sollte. Bei diesem Werk, das den Zeitraum 1552 bis 1694 abdeckt und ebenfalls über Kaiserauftritte in Frankfurt am Main berichtet, handelt es sich weniger um eine Ratschronik, sondern vielmehr um eine Art laufend fortgeführtes Diarium, das auch hier als Nachschlagewerk für den ratsinternen Amtsgebrauch gedacht war.50 Einen Extrabestand des städtischen Archivs bildeten die aufgrund der Verluste des Zweiten Weltkrieges nicht erhaltenen Frankfurter Wahl- und Krönungsakten.51 Spätestens um 1650 scheint wie auch im Falle der Reichstagsakten im Ratsarchiv hierfür ein eigener Bestand angelegt worden zu sein, der chronologisch organisiert war. Besonders intensive dokumentarische Initiativen gingen dabei nicht selten auf das Engagement einzelner Funktionsträger zurück. So ist die dichte Überlieferung der Kaisereinzüge für die Reichsstadt Augsburg zu einem wesentlichen Teil dem Augsburger Ratsdiener und Proviantmeister Paul Hektor Mair zuzuschreiben, der aufgrund seines Amtes an der Organisation der Kaisereinzüge teilhatte und deshalb über entsprechend gute Informationen verfügte.52 Da sich die von Mair angelegten „Memoribücher“ vielfach sachlich und zeitlich überschneiden, kann man hier sogar von einem dokumen48 Zu jenen Memorialpraktiken des Nürnberger Stadtregiments, die sich an eine breitere Öffentlichkeit wandten, vgl. Kap. VI.1.b. 49 Dazu ausführlich für das Spätmittelalter Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 148–155. 50 ISG Frankfurt am Main, BMB 1571, fol. 30. Vgl. dazu Dzeja, Geschichte, S. 51–54. 51 Vgl. dazu Jung, Frankfurter Stadtarchiv, S. 264f. Bereits Mitte des 16. Jahrhunderts gab es eine Lade „Kaiser und Kunigssachen“, deren Inhalt allerdings unklar ist. 52 Mair legte mehrere Memorialbücher an, in denen er auf der Grundlage der im Ratsarchiv vorhandenen Quellen detailliert das jeweilige Verfahren dokumentierte. Einen Schwerpunkt bildeten dabei die miteinander verknüpften Themen Reichstag, Herrscheradventus und Schenkung. Es existieren zudem zeitlich übergreifende Darstellungen der in Augsburg geübten Empfangspraxis sowie ereignisspezifische Zusammenstellungen, wie jene zu den Augsburger Reichstagen von 1559 und 1566. StadtA Augsburg, Reichsstadt Schätze 63 (begonnen durch Mairs Großvater Hans Mair 1501). Vgl. dazu
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tarischen Übereifer sprechen. Dieser war einerseits auf die Anwendung des korrekten Verfahrens im Dienstalltag und damit auf die Sicherstellung des Verfahrensgedächtnisses gerichtet. Andererseits sollte das Material aber auch als Grundlage für eine mehrbändige, bebilderte Chronik zur Geschichte der Reichsstadt Augsburg dienen, mit welcher der Verfasser das Ehrengedächtnis seiner eigenen Person wie auch das seiner Heimatstadt zu tradieren gedachte.53 Schon in seinen „Memoribüchern“ hatte sich der Autor selbst regelmäßig als solcher genannt und betont, wie ungemein umsichtig er seinen Amtspflichten nachgekommen war.54 Der Augsburger Rat wusste den Nutzen dieser Darstellungen durchaus zu würdigen, denn er konfiszierte sie nach dem Tod ihres Verfassers und sorgte für ihre Aufbewahrung. Auf diese Weise avancierte eine individuelle Gedächtnispraktik im Nachhinein durch die Inkorporation der aus ihr hervorgegangenen Memorialobjekte in das Ratsarchiv zu einem wesentlichen Bestandteil des kollektiven Gedächtnisses dieser Institution. Mairs Aufzeichnungen wurden im Vorfeld von Kaiserbesuchen von den damit befassten Funktionsträgern vielfach konsultiert, wodurch sie im kommunikativen Gedächtnis des Stadtregiments reaktiviert wurden. Für Kaiserhof und Fürstenhöfe lässt sich in dieser Phase keine vergleichbare Ordnungs- und Systematisierungsleistung bei der Dokumentation auswärtiger Auftritte feststellen.55 Ist diese in der Gegenwart vorhanden, so stellt sie meist das Ergebnis späterer Ordnungsbemühungen dar, so der von Archivaren des 19. Jahrhunderts, die nach dem Pertinenzprinzip Akten unterschiedlicher Provenienzen zu einem Sachthema zusammenstellten.56 Speziell für die Herrscher-
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CDS, Bd. 32, S. C–CXIII, im Folgenden IL–LI. StadtA Augsburg, Reichsstadt Schätze 99; SSB Augsburg, 2 Cod. H. 14; 2 Cod. S. 141. StadtA Augsburg, Reichsstadt Schätze 26/IX–X; SSB Augsburg, 2 Cod. S. 228, besonders fol. 13, 21, 26f. (mit Aquarellen). Vgl. dazu auch Kap. VI.2.b. Da Mair 1579 trotz seiner Verdienste wegen jahrzehntelanger Unterschlagung von Geldern aus der Stadtkasse hingerichtet wurde, ist zu vermuten, dass er seine Dokumentationen auch im Hinblick auf eine zukünftige Rechtfertigung vor dem Rat angelegt hatte. Vgl. zu Mair allgemein Kramer-Schlette, Augsburger Chronisten; Maurer, Sammeln. Schenk hält die Überlieferungssituation im Kontext kaiserlicher Einzüge in landesherrliche Städte für das Spätmittelalter für gleichermaßen gut wie die für Einzüge in Reichsstädte. Das trifft für das 16. und beginnende 17. Jahrhundert nicht zu und sicher noch weniger für den Zeitraum davor, zumal hier der Landesherr und nicht die Stadt als Hauptakteur fungierte. Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 126. Eine eigene Überlieferung jener Hofbehörden, die an der Organisation der Kaiserauftritte maßgeblich beteiligt waren, wie das Obersthofmarschallamt oder das Obersthofmeisteramt, setzt meist erst im 17. Jahrhundert ein. Dies gilt für die im HStA Dresden überlieferten Akten zu Kaisereinzügen, die entweder innerhalb des „Geheimen Archivs“
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erhebung muss die Dokumentationsleistung des Reichserzkanzleramtes und der Reichskanzlei erwähnt werden. Die hier überlieferten Bestände der „Wahlund Krönungsakten“ setzen mit der Wahl und Krönung Maximilians I. 1486 ein. Sie scheinen bereits im 16. Jahrhundert zusammengestellt worden zu sein, damit bei jedem Erhebungsakt auf die Aufzeichnungen zu den vorausgegangenen Akten zurückgegriffen werden konnte.57 Dabei sind die Akten zumeist chronologisch geordnet und gebunden, um diese Ordnung zu bewahren. Inhalts-, Dokumenten- oder Personenverzeichnisse erleichtern einen selektiven Zugriff auf das Material. Die Inkorporation von Abschriften oder Exzerpten zu vorangegangenen Wahl- und Krönungsakten verdeutlicht auch hier, wie stark die eigene Überlieferung vergangener Akte im Vorfeld jedes neuen Aktes rezipiert wurde.58 Anders als bei den Reichsstädten waren diese Fixierungsformen jedoch primär auf das Verfahrensgedächtnis der Akte und weniger auf das Ehrengedächtnis der beteiligten Akteure oder gar auf das Verortungsgedächtnis ausgerichtet. Denn jene aufwendigen, auf eine repräsentative Wirkung abzielenden Formen der Gestaltung von Text- und Bilddokumenten, wie sie für Nürnberg und Augsburg nachgewiesen werden konnten, finden sich hier kaum. Wenn es darum ging, das Ehrengedächtnis der eigenen Institution, Dynastie oder Person sicherzustellen, bevorzugten Höfe und Herrscher im vorliegenden Zusammenhang ganz offensichtlich andere Erinnerungspraktiken, die im nächsten Abschnitt dargestellt werden.
als „Locate“ (Loc.) oder innerhalb des Oberhofmarschallamtes unter F: Ankunften fremder Herrschaften überliefert sind. Die Mehrfachüberlieferung vieler Schriftstücke belegt zugleich Intensität und mangelnde Systematik der Dokumentation. Parallelüberlieferungen für 1575: HStA Dresden, Loc. 10289/28; Loc. 10735/4; Loc. 10735/6 57 Dies lässt sich für die Wahl- und Krönungsakte von 1562, 1575 und 1612 nachweisen. Schlösser, Wahl- und Krönungsakten, S. 21–34, 53–68. Während sich die Überlieferung für die Erhebungsakte zwischen 1486 und 1531 stark auf diese selbst konzentriert, sind für die späteren Akte meist umfangreiche Materialien gesammelt worden, welche auch die Regelung der Sukzession im Reich allgemein betreffen. 58 Jene Dokumente, die sich mit zeremoniellen und rituellen Fragen befassen, konzentrieren sich auf den Wahl- und Krönungsakt im engeren Sinn, darunter Gutachten kaiserlicher Hofamtsinhaber oder Konzepte von Sprechakten. Darüber hinaus wurde der Ablauf des Kaisereinzugs sowie der am Wahlort durchgeführten Huldigungs- und Belehnungsakte dokumentiert. Die Fixierungen der Zugordnung beim Adventus sind in der Regel nach dem Ereignis entstanden und verkörpern damit Objekte der Erinnerungskultur kaiserlicher Einzüge. Anders Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 93.
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b) In Auftrag geben, Sammeln, Präsentieren Die Formen, in denen ein Kaiserbesuch und die mit ihm verbundenen repräsentativen Akte an Fürstenhöfen erinnert werden konnten, sollen am Beispiel des kursächsischen Hofes dargestellt werden.59 Hier ergriff vor allem der sächsische Kurfürst Johann Georg I. im Anschluss an den Besuch von Kaiser Matthias 1617 zahlreiche Maßnahmen, um den kaiserlichen Aufenthalt in der eigenen Residenz dauerhaft zu konservieren.60 Die Erinnerungsmedien, welche die sächsischen Kurfürsten für diesen Zweck bevorzugten, waren repräsentative Wandmalereien, die spezifische Akte der Herrschaftsinszenierung während des Besuches abbildeten, kostbares Kunsthandwerk, das dem Kurfürsten entweder von seinem Gast geschenkt oder zu dessen Ehren für den Aufenthalt angefertigt worden war, und eher alltägliche Gegenstände, die während des Ereignisses zum Einsatz gekommen waren und nun genau aus diesem Grund aufbewahrt wurden. Nicht zuletzt sorgten die Kurfürsten dafür, dass Mitglieder ihres Hofstaates, wenn diese Besucher durch das Schloss und andere Repräsentationsbauten führten, über den Kaiserbesuch berichteten. An diesem Beispiel lassen sich somit Erinnerungspraktiken illustrieren, die immerhin drei der vier eingangs dieses Kapitels umrissenen Assmannschen Kategorien abdecken. Johann Georg I. gab bereits kurz nach dem Kaiserbesuch von 1617 für die Räume des von ihm ausgebauten Jägerhofes, der gerade erst fertig gestellt worden war, mehrere Wandgemälde in Auftrag. So ließ er in der großen Tafelstube vier Deckengemälde anbringen, welche an den Ablauf des Kaiserbesuchs von 1617 erinnerten.61 Dabei zeigte das erste Gemälde angeblich die Begrüßung des Kaisers durch die Herzöge von Sachsen-Altenburg am 24. Juli 1617 an der kursächsisch-böhmischen Grenze. Der darunter angebrachte Text berichtete allerdings über den Empfang durch den Kurfürsten bei Bad Schandau sowie über die Wasserjagd nahe der Festung Königstein, weshalb das Bild eher eine zu diesen Themen passende Szene visualisiert haben dürfte.62 Das zweite Gemälde stellte simultan die Ankunft des Kaisers auf der Mönchswiese bei Dresden, die danach durchgeführte Wasserjagd auf der Elbe und den feierlichen 59 Vgl. neuerdings mit weiterführender Literatur Fey / Krieb / Rösener, Fürstenhöfe. 60 Dies erstaunt umso mehr, als der Kurfürst den Besuch zunächst zu vermeiden versucht hatte. Vgl. dazu Kap. II.4. 61 Da die Existenz dieser Wandmalereien nur durch eine zeitnahe Reisebeschreibung überliefert ist, lassen sich weder der Künstler, noch Inhalt und die formale Gestaltung dieser Darstellungen klären. Doering, Hainhofer Reisen, S. 197–199. 62 Es sei denn, der Kurfürst wollte durch diese Darstellung gerade dokumentieren lassen, dass er sich persönlich nicht bis zur Grenze begeben hatte.
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Zug über die Elbbrücke dar.63 Die beiden übrigen Gemälde bildeten eine in der Lausitzer Heide durchgeführte Jagd sowie die auf dem Altmarkt veranstaltete Bärenhatz ab.64 Dabei wurden für alle Jagden penibel Zahl und Art der erlegten Tiere aufgelistet, bei den Hirschen sogar die Zahl der Geweihenden und ihr Gewicht. Dieser Zyklus wies durch seine Thematik einen klaren Bezug zur Funktion des Gebäudes auf, in dem er angebracht war und das direkt in die Einzugsinszenierung von 1617 einbezogen gewesen war. In diesen Gemälden, welche die Jagd visualisierten, Jagdtrophäen präsentierten und zugleich den Jagderfolg im Medium des Textes repräsentierten, überschneiden sich mit Kaiserbesuch und höfischer Jagd zwei verschiedene Erinnerungsinhalte.65 Der Kaiserbesuch erscheint als willkommener Anlass für die Verherrlichung des Kurfürsten als erfolgreicher Jäger.66 Dabei kann von einer sächsischen Tradition der Tradierung von Kaiserbesuchen gesprochen werden, hatte doch bereits August von Sachsen im Kaisersaal des Schlosses Augustusburg ein Deckengemälde anbringen lassen, welches eine Reiherbeize beim Besuch Maximilians II. 1575 darstellte.67 Versteht man dieses Schloss als Monument des Sieges Augusts von Sachsen über Johann Friedrich den Mittleren und damit als eine Strategie dieses Kurfürsten, die albertinische Kurwürde durch den Bau und die Ausstattung von Repräsentationsgebäuden abzusichern, dann schließt sich der Kreis zu den großen Jagdbildern der ernestinischen Kurfürsten aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, die sich selbst mehrfach als Teilnehmer von Jagdgesellschaften mit kaiserlicher Beteiligung vor der Kulisse eigener Schlossbauten hatten portraitieren lassen.68 63 Dabei standen „zu beyden seiten die iäger mit den hunden, auf das schönste ausgebuzt, vnd die hund mit hüpschen halsbändern beklaidet, in gar lustiger ordnung“, wie Hainhofer mit der ihm eigenen Vorliebe für derartige Details ausführt. Doering, Hainhofer Reisen, S. 197. 64 Möglicherweise entsprach die Darstellung der Bärenhatz dem überlieferten Aquarell von Daniel Bretschneider (Abb. 27). Vgl. dazu auch Kap. III.2. 65 Die Jagd machte als adliges Standesvorrecht einen wesentlichen Bestandteil fürstlicher Erinnerungskulturen aus. Vgl. dazu Rösener, Adel und Jagd; Rösener, Jagd und höfische Kultur; Graf, Fürstliche Erinnerungskultur; allgemein Martin, Jagd der Eliten. 66 Die bei seiner Regierung durchgeführten ca. 2.000 Jagden, darunter auch jene von 1617, ließ der Kurfürst in einer kostbar illuminierten Handschrift festhalten. SLUB Dresden, Hss. R 7b. 67 Tiller, Räume, S. 116. Auch dieses Deckengemälde ist nicht erhalten. 68 Eine der bekanntesten Darstellungen dieser Art ist das um 1540 entstandene Gemälde von Lucas Cranach d.Ä., das Johann Friedrich den Großmütigen in Begleitung Kaiser Karls V. und anderer Fürsten bei einer Wasserjagd vor Schloss Hartenstein zeigt, die so nie stattgefunden hatte. Unter den Personen ist ganz links Moritz von Sachsen zu sehen, der das Bild offenbar geschenkt bekam und in der Moritzburg aufhängen ließ.
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Tatsächlich waren es besonders Kurfürst Friedrich der Weise und seine Nachfolger gewesen, welche die höfische Jagd als Gegenstand fürstlicher Erinnerungskulturen im Reich etabliert hatten. August von Sachsen und Johann Georg I. stellten sich offenbar ganz bewusst in die Repräsentationstradition der ernestinischen Kurfürsten, um auf diese Weise die Legitimität der nun durch die Albertiner ausgeübten Kurwürde zu untermauern. Die Ausmalung eines anderen Raumes im Jägerhof visualisierte allerdings ein ganz anderes Thema, bei dem eindeutig der Kaiser im Vordergrund stand und bei dem sich keine inhaltliche Beziehung zu seinem Standort herstellen lässt. Dargestellt war ursprünglich „der ganze actus des allerdurchleuchtigsten Käysers Matthiae krönung zu Franckfort A°: 1612“.69 Die Beschreibung lässt darauf schließen, dass offenbar mehrere Handlungssequenzen der Krönung simultan abgebildet waren.70 In unmittelbarer Nähe war ein weiterer Zyklus mit Szenen angebracht, welche die geistige und körperliche Erziehung des Kurfürsten in Kindheit und Jugend verbildlichten. Auf diese Weise erschien die Wahl und Krönung von 1612 als politisches Großereignis und vorläufiger Höhepunkt der Regierung Johann Georgs I.71 Die Darstellung markierte den Beginn der eigenen Herrschaft wie sie auch den Führungsanspruch des sächsischen Kurfürsten im Reich illustrierte, welcher bereits die Vorgänger Johann Georgs I. ausgezeichnet hatte. Dabei bedeutete für den sächsischen Kurfürsten die persönliche Anwesenheit beim Erhebungsakt, in der seine rangmäßige Unterordnung unter die kaiserliche Herrschaft symbolisch vergegenwärtigt wurde, offensichtlich noch kein Problem, denn sonst hätte er sich kaum in dieser Rolle verewigen lassen. Die Tatsache, dass diese Werke ausschließlich durch den Bericht des Augsburger Patriziers und Diplomaten Philipp Hainhofer aus dem ersten Drittel des 17. Jahrhunderts überliefert sind, spricht dafür, dass sie nicht lange überlebt haben. Dies zeigt die Fragilität von Erinnerungsmedien, die fest an Repräsentationsarchitekturen gebunden und damit notwendigerweise dauerhaft präsent waren. In diesem Fall lässt sich nicht einmal mehr feststellen, ob für die Übermalung dieser Darstellungen unter einem der Nachfolger Johann Georgs 69 Doering, Hainhofer Reisen, S. 199. Wo genau diese Darstellung angebracht war, lässt sich durch die ungenaue Angabe „neben hero vnder der deckin […] in ain compartiment“ nicht mehr feststellen. 70 Wahrscheinlich diente als Vorlage ein Einblattdruck oder eine graphische Folge, was auch diesem Werk einen intermedialen Charakter verliehen hätte. Vgl. dazu Kap. V.3.c. 71 Der erst wenige Monate zuvor an die Regierung gekommene Kurfürst hatte bereits den Nürnberger Kurfürstentag von 1611 persönlich besucht, auf den hier aber offenbar nicht angespielt wurde.
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I. ein verändertes Stilempfinden oder aber veränderte politische Rahmenbedingungen verantwortlich gewesen sind. Spätestens unter Friedrich August I. von Sachsen dürfte jedoch eine Darstellung, die zwar auch das kursächsische Electorat, vor allem aber das habsburgische Kaisertum verherrlichte, als obsolet erschienen und durch andere Bildthemen ersetzt worden sein. Damit erwies sich diese Memorialpraktik im Hinblick auf das Ehrengedächtnis Johann Georgs I., das sie hatte sicherstellen sollen, nur als kurzfristig wirksam und deshalb begrenzt erfolgreich. Darüber hinaus wurden am kursächsischen Hof die vom Kaiser erhaltenen wertvollen Geschenke aufbewahrt und einem ausgewählten Publikum präsentiert. Dies geschah zum Beispiel in der fürstlichen Kunstkammer, die als eine zu Beginn des Untersuchungszeitraumes erst gegründete multifunktionale Einrichtung eine wichtige Rolle in der fürstlichen Erinnerungskultur spielte.72 Hier wurden alle Gegenstände von besonderem materiellen oder wissenschaftlichen Wert aufbewahrt, präsentiert und katalogisiert, wobei nicht selten ihre Herkunft und der mit ihr verbundene Erwerbungsanlass erwähnt und auf diese Weise erinnert wurden. So ist im ersten Verzeichnis der Dresdner Kunstkammer von 1587, das ca. 10.000 Objekte auflistet, an erster Stelle genau jener Schreibsekretär verzeichnet, den Maximilian II. bei seinem Besuch 1575 Kurfürstin Anna geschenkt hatte.73 Dies zeigt die besondere Wertschätzung, welche das Kurfürstenpaar diesem Geschenk entgegenbrachte. Auch die Johann Georg I. von Matthias 1617 geschenkte türkische Rüstung war hier zu bewundern.74 Während August von Sachsen die Sammlung für den eigenen Gebrauch angelegt und nur begrenzt für die Repräsentation nach außen geöffnet hatte, wurde sie ab Johann Georg II. als Theatrum fürstlicher Selbstdarstellung genutzt und zahlreichen Besuchern präsentiert. Dadurch verstärkte sich die Reichweite dieser Gedächtnispraxis deutlich. Eigens für den kaiserlichen Aufenthalt beschaffte Ausstattungsstücke wurden eine zeitlang an ihrem ursprünglichen Ort belassen, um das mit ihnen verbundene Ereignis zu erinnern. So war das kurfürstliche Hochzeitsbett, das Johann Georg I. 1617 zusätzlich mit Gold und Perlen verzieren und im kaiserlichen Gemach hatte aufstellen lassen, auch zwanzig Jahre danach noch dort zu sehen. Philipp Hainhofer vermerkt in seinem Bericht über seinen Besuch in 72 Vgl. dazu allgemein DaCosta Kaufmann, Mastery of the World; Schramm, Kunstkammer; zur Kunstkammer der sächsischen Kurfürsten Marx, Kunst und Repräsentation, Watanabe-O‘Kelly, Court Culture, besonders S. 74–79. 73 Dort wurde er 1629 von Philipp Hainhofer bewundert. Doering, Hainhofer Reisen, S. 193; dazu auch Tiller, Räume, S. 46f. 74 Doering, Hainhofer Reisen, S. 193.
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der kursächsischen Residenz 1629, dass das Bett einen Wert von 80.000 Gulden gehabt habe, wobei der Kaiser sein eigenes Bett vorgezogen und „das traubett nur zum brangen vnd zierde“ gedient habe.75 Er notierte außerdem, dass er in den Brandenburgischen Gemächern „die kammer, audienz und retirata zimmer besehen, welche A°: 1617 Kaÿser Matthias lobwürdigster gedächtnus innen hatte.“76 Bei seiner Besichtigung des Lusthauses auf der Jungfernbastei wurde Hainhofer darauf hingewiesen, dass beim Empfang von Kaiser Matthias 1617 auf der Mönchswiese „die pasteÿ vnd Lusthaus voll geschüz, vnd fuochi artificiatj, welche hinvber spilten“, gewesen seien.77 Dass sich die kursächsischen Erinnerungspraktiken zumindest teilweise nachvollziehen lassen, ist ganz wesentlich Philipp Hainhofer zu verdanken, der Dresden zweimal besuchte und in seinen Reiseberichten ausführlich beschrieb. Dabei erwähnt der Autor immer dann den Kaisereinzug von 1617, wenn er bei seiner Besichtigung der Residenz Objekte zu Gesicht bekam, die in engem Bezug zu diesem Ereignis standen. Dadurch wird der Bericht, ohne dass dies von seinem Autor intendiert gewesen wäre, selbst zum Trägermedium der Memoria dieses Kaisereinzugs. Die vielfachen Bezugnahmen dürfte der Autor von den ihn begleitenden Hofbeamten übernommen haben, die solche Informationen sicher auch anderen Besuchern der Residenz übermittelten. Hainhofer kam aufgrund seiner hohen Mobilität und seiner ausgeprägten kommunikativen Fähigkeiten eine Multiplikatorenfunktion zu, zumal er diese Informationen auch in Korrespondenzen und Gesprächen weitergegeben haben dürfte. Hier lässt sich damit auch einmal das kommunikative Gedächtnis solcher Ereignisse fassen. Andere Formen nahm die auf das Sammeln und Präsentieren von Objekten ausgerichtete Erinnerungskultur in den Reichsstädten an. Setzten die sächsischen Kurfürsten auf Gemälde und Architektur als besonders repräsentative Erinnerungsmedien, vertraute der Nürnberger Rat mehr auf die Tradierungsfunktion von bedrucktem oder bemaltem Papier.78 Er initiierte eine ganze Reihe 75 Zu Hainhofer vgl. Doering, Hainhofer Beziehungen; Schmolke, Philipp Hainhofer. 76 Doering, Hainhofer Reisen, S. 207. 77 Doering, Hainhofer Reisen, S. 218. Im Schießhaus wurde Hainhofer schließlich noch eine Schießscheibe gezeigt, die bei dem für Matthias 1617 veranstalteten Schießen eingesetzt worden war, wobei man ihm erklärte, dass der Kurfürst für den Kaiser geschossen „vnd ainen perlinen kranz gewonnen“ habe, was zeigt, dass hier durchaus auch noch Details zum Kaiserbesuch vermittelt wurden. Doering, Hainhofer Reisen, S. 193, 244. 78 Die Aufbewahrung der ephemeren Ausstattung von Kaisereinzügen wie Ehrenpforten, Säulen oder Festons dürfte zwar im Wesentlichen ökonomischen und aufwandsstrategischen Überlegungen zu verdanken sein, dennoch hielt sie auch die Erinnerung an vergangene Kaiserbesuche wach. Dies gilt auch für Bauvorhaben wie die an städtischen Gebäuden vorgenommenen An- und Umbauten oder den 1570 hinter dem Gleisham-
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von Werken, deren Aufgabe darin bestand, die Erinnerung an die kaiserlichen Einzüge von 1570 und 1612 für spätere Generationen zu bewahren, und zwar in diesem Fall nicht nur innerhalb der eigenen Institution, sondern im Gedächtnisraum der Reichsstadt und darüber hinaus. So sorgte der Nürnberger Rat dafür, dass der Einzug von 1570 gleich mehrfach bildlich festgehalten wurde. Das umfangreichste und anspruchvollste Werk stellt eine 16 Meter lange und 37 Zentimeter hohe Darstellung des Kaisereinzugs von Jost Amman (Abb. 17) dar.79 Auf diesem in Gouachefarben mit Goldhöhung auf Papier ausgeführten, durch den Künstler signierten und datierten Werk sind über 450 in Miniaturmalerei ausgeführte Menschen und Tiere zu sehen. Die abgebildete Zugordnung stimmt weitgehend mit zeitgenössischen Berichten überein; dabei wählte der Künstler im Hinblick auf die primären Adressaten seines Werkes allerdings bestimmte Einzugsteilnehmer aus und stellte diese so individuell dar, dass sie als Personen zu erkennen sind. So sind Rat und Bürgerschaft durch ihre bedeutendsten Mitglieder80 prominent vertreten: Ihre farbenprächtige Kleidung, goldene Ketten, verzierte Waffen und geputzte Reitpferde künden vom hohen sozialen Stand wie von der ökonomischen Leistungskraft dieser städtischen Elite. Das kaiserliche Gefolge reduzierte Amman auf die für die kaiserliche Repräsentation wichtigsten Funktionsträger.81 Eine besondere Sorgfalt verwendete er auf mer an der Mögelsdorfer Straße errichteten Stein, der den Ort der Begrüßung des Kaisers markiert hatte und auch 1612 erneut zum Einsatz kam. 79 Amman, Einzug. Das ursprünglich in der Graphischen Sammlung in München befindliche Original verbrannte 1944 und ist deshalb nur teilweise in Reproduktionen überliefert. Ammann, Geschichte, Tafel I–IX. Aus einem Ratsverlass geht eindeutig hervor, dass der Rat über die Entstehung des Werkes informiert war. Nachdem Jost Amman am 26.06.1570 diesem einige Exemplare seines Einblattdruckes zum Feuerwerk präsentiert hatte, beschloss man nämlich, über die Verehrung für Amman erst dann zu beraten, wenn der Einritt fertig gestellt sei. Hampe, Ratsverlässe, Bd. 1, Nr. 4277. 80 Im vorderen Teil kann man den Stadtschultheiß Joachim von Westhausen, die beiden Losunger Endreß Imhoff und Sebald Haller sowie den Kriegshauptmann Gabriel Nützel erkennen. Im hinteren Teil, unmittelbar vor dem kaiserlichen Tross, reiten Thomas Löffelholz sowie Nürnberger Patrizier mit ihren Söhnen. Amtlicher Führer, S. 56f. 81 Im vorderen Zugteil reiten die kaiserlichen Trompeter und Heerpauker, außerdem die Pfalzgrafen Philipp Ludwig und Johann von Pfalz-Neuburg sowie Johann Wilhelm von Sachsen. Auch der kaiserliche Obersthofmarschall Hans Trautson und der kaiserliche Rat Bernhard Proskowski sind identifizierbar. Direkt vor dem Kaiser reiten die vier Herolde sowie der Reichserbmarschall. Hinter dem Kaiser fahren der Wagen der Kaiserin mit ihren Töchtern sowie die vier Erzherzöge in einer Quadriga. Den weiblichen Hofstaat lässt Amman bis auf eine Kutsche weg, wodurch der Einzug im Wesentlichen als männliches Ereignis erscheint, obwohl hier eine unüblich hohe Zahl von Frauen vertreten gewesen war.
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die Wiedergabe des indischen Elefanten sowie auf die Vertreter unterschiedlicher ‚Nationes‘, was seine Vorliebe für exotische Motive widerspiegelt. Möglicherweise sollte das Werk als Vorstudie für eine graphische Folge dienen. Eine geplante Umsetzung in den Druck erscheint auch deshalb als wahrscheinlich, weil Amman ohnehin zwei illustrierte Einblattdrucke zu diesem Kaisereinzug anfertigt hat.82 Womöglich war die Darstellung für eine anlassbezogene oder dauerhafte Präsentation in den Räumen des Nürnberger Rathauses gedacht.83 In diesem Fall hätte der Ammansche Kaisereinzug als Pendant zu Dürers Triumphzug im großen Ratssaal dienen können, der das Thema Kaiseradventus an prominenter Stelle symbolisch evozierte und ebenfalls im Kontext mit einem aktuellen Kaisereinzug dort angebracht worden war.84 Immerhin ordnete der Nürnberger Rat nach dem Einzug von 1612 an, eine Kopie einer Abbildung des Kaisers im Krönungsornat „zu allerunderthanigsten Ehren, und gedechtnus bey andern Kaiserlichen Bildnussen, In der oberen Regiment stuben auffmachen [zu] lassen“.85 Der im kaiserlichen Gemach auf der Burg anlässlich des Einzugs von 1570 aufgehängte, kolorierte Riesenholzschnitt mit der Ehrenpforte Kaiser Maximilians I. von Albrecht Dürer verblieb an dieser Stelle bis ins 18. Jahrhundert – möglicherweise als Erinnerung an vergangene wie als passende Ausstattung für zukünftige Kaiserbesuche.86 Auch für Jost Ammans Darstellungen der Ehrenpforte und des Feuerwerks von 1570 (Abb. 5) ließ der Rat dem Künstler und dem Druckerverleger Zahlungen zukommen und steuerte darüber hinaus die Distribution dieser Blätter.87 So überreichten die Nürnberger Gesandten auf dem Speyrer Reichstag von 1570 dem Kaiser jeweils acht Exemplare beider Einblattdrucke.88 Dieser behielt die dekorativen Erinnerungsstücke sicher nicht alle für sich, sondern verschenkte sie weiter. Sehr wahrscheinlich übergab der Nürnberger Rat bei dieser Gelegenheit 82 Amman, Abcontrafactur; Amman, Verzeichnus. 83 Als Beispiel für eine solche Nutzung sei auf das Rathaus der Hansestadt Lübeck verwiesen. Vgl. dazu im Folgenden Kap. VI.3. 84 Die Reichsstadt hatte mit dem Einzug Kaiser Karls V. gerechnet, zu dem es allerdings nicht kam. Mende, Rathaus, Bd. 1, S. 67f. 85 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135, Nr. 5, fol. 92’–93, 242’; Hampe, Ratsverlässe, Bd. 2, Nr. 2511. Um welchen Raum des Rathauses es sich hier handelte, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Vgl. Mende, Rathaus, Bd. 1, S. 191. 86 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 6 (I), fol. 25. Für die Existenz dieses Werkes noch im 18. Jahrhundert Mende, Rathaus, Bd. 1, S. 86. 87 Die Drucke der Ehrenpforte waren dem Rat bereits am 15.06.1570 durch den Nürnberger Druckerverleger Joachim Lochner überreicht worden. Diefenbacher / Fischer-Pache, Buchgewerbe, S. 449, Nr. 2845. 88 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 150, Nr. 3, unfol.
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weitere Exemplare hochrangigen Personen am Kaiserhof oder wichtigen Reichsständen. Dabei stellte gerade der öffentliche Akt des Schenkens bei einer Audienz eine gute Werbemaßnahme dar, die auch andere dabei anwesende Interessenten zum Erwerb dieser technisch versierten, anschaulichen Blätter bewegen konnte. Auf diese Weise war sowohl den Produzenten des Druckes als auch dem Nürnberger Rat gedient, dessen prächtiger Empfang des Reichsoberhauptes auf diese Weise reichsweit publik wurde. Im Hinblick auf den Einzug von 1612 kann sogar von einer Repräsentationspolitik im Sinne einer gezielten Steuerung der Printmedien gesprochen werden. So gab das Ratsregiment einen Einblattdruck in Auftrag, der die im Einzug hergestellte, gleichwohl ephemere Nähe des Rates zum Kaiser im Bild fixieren sollte, um auf diese Weise dauerhaft an der Magnifizenz des Herrschers partizipieren zu können.89 Der durch den Nürnberger Künstler Felix Höpfinger geschaffene Kupferstich (Abb. 16) zeigt lediglich einen Zugausschnitt mit dem Kaiser und dem von Ratsherren getragenen Himmel. Es wird aber nicht nur ein Bildausschnitt gezeigt, sondern es werden zugleich alle Bildinformationen im Hintergrund gelöscht, welche den Blick des Betrachters von den Hauptakteuren ablenken und die „ikonische Differenz“ zwischen Bildzeichen und dem gesamten Bild verstärken könnten.90 Der Rat gibt sich nicht nur durch die einheitliche Bekleidung als soziale Gruppe zu erkennen, sondern auch dadurch, dass Körperbau und Gesichtszüge keinerlei individuelle Züge zeigen.91 Die immergleiche Statur der Figuren ist einer höfischen Ästhetik geschuldet, die hier offenbar bewusst imitiert werden sollte. Darauf verweisen schon die bestrumpften, schlanken Beine mit ihren kleinen Füßen in schleifenbesetzten Schuhen. Dabei stehen die Ratsherren stellvertretend für die Geschlechter, denen sie angehören und die durch die zwölf paarweise dargestellten Familienwappen repräsentiert werden.92 89 Aigentliche Appildung (1612). Zu Höpfinger siehe Thieme / Becker, Bd. 17, S. 212. Ein vom Bildaufbau her ähnlicher Druck wurde erneut zum Kaisereinzug Leopolds I. in Nürnberg 1658 veröffentlicht. Somer, Abbildung. 90 Vgl. zur ikonischen Differenz Kap. V.3.b. 91 Allerdings sind die Himmelträger unter dem Stich genannt und somit eindeutig identifizierbar, auch jene, die zum Teil oder völlig vom Kaiser verdeckt werden. 92 Jeweils zweimal vertreten sind die Wappen der Familien Imhoff und Paumgartner, was eindrucksvoll auf deren Machtposition innerhalb der Stadt verweist. Allerdings bedient der Druck nicht nur die Repräsentationsbedürfnisse des Nürnberger Rates. So steht der Kaiser als oberster Repräsentant des Reiches für dieses wie auch für die Dynastie Habsburg, wobei er durch seine erhöhte Position aus der Gruppe der Ratsherren herausgehoben wird. Als einzigen Schmuck trägt er das Goldene Vlies am Band, das ihn als Mitglied dieses burgundisch-habsburgischen Hausordens ausweist.
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Auf den ersten Blick scheint der Künstler die Repräsentationsziele seiner Auftraggeber adäquat umgesetzt zu haben, dennoch verewigte er eine Episode, die das Feierlich-Zeremonielle der Inszenierung ins Lächerlich-Komische wendete und deren Abbildung nicht im Sinne der Auftraggeber gelegen haben kann. Denn während des Einzugs brach das Pferd des Kaisers aus und stürmte unter dem Himmel hervor, während die Ratsherren ganz unfeierlich und mit Mühe den Himmel oben haltend hinterherrannten.93 Deshalb sieht man den Kaiser nicht wie üblich in der Mitte des Himmels, sondern sehr weit vorn.94 Der gebeugte Kopf des Pferdes und die kurzen Zügel zeigen, wie er sein Pferd zu bändigen versucht. Aus einem offiziellen Einzugsbericht hätte der Rat diese inszenatorische Panne herausgestrichen. Das Bild aber gibt die Information nur dem preis, der sie ohnehin kennt. In der Ambivalenz dieser Darstellung zeigt sich somit die entscheidende Differenz zwischen verbalen und visuellen Medien. Diese Tatsache wurde von den Künstlern mitunter instrumentalisiert, denn als Visualisierungsexperten verfolgten diese eigene Ziele, die keineswegs mit jenen ihrer Auftraggeber übereinstimmen mussten. Dennoch tradiert der Druck letztlich genau jenen Inhalt, den die Ratsherren hatten tradieren wollen: den symbolischen Profit ihrer ostentativen Herrschernähe im Einzug. Auch bei dem zweiten großformatigen Einblattdruck von Peter Isselburg mit einer Darstellung der Ehrenpforte von 1612 hatte der Rat nachweislich seine Hände im Spiel (Abb. 4).95 Das in lateinischer und deutscher Sprache veröffentlichte Werk sollte eine möglichst breite Zielgruppe ansprechen. Der Kupferstich dokumentiert minutiös die Vorderseite des Baus, während der Hintergrund völlig frei bleibt. Links über der Pforte zeigt er das Reichswappen mit Mitrakrone und Goldenem Vlies, rechts auf gleicher Höhe mit dem Reichswappen die so genannte Nürnberger Trias, wodurch die enge Beziehung zwischen Kaiser und 93 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 186. Angeblich wurde dieser unfreiwillige Galopp von einigen Augenzeugen zum Vorteil der Stadt so umgedeutet, als ob der Kaiser nur die am Fuß des Burgbergs errichtete Ehrenpforte habe bewundern wollen. Ebd. 94 Ein zeitgenössisches Aquarell zeigt den Kaiser dagegen in der Mitte des Himmels. StA Nürnberg, Rst. N., Bildsammlung, Nr. 35.29. 95 Vera Atque Perspicua Ichnographia Porta Triumphalis (1612). Siehe dazu Hampe, Ratsverlässe, Bd. 2, S. 440, 445. Der Text führt aus, dass die Pforte im Auftrag des Nürnberger Rates von Frederik van Valckenborch errichtet worden sei, der auch den Stich in Auftrag gegeben und dem Rat gewidmet habe, dennoch dürfte dieser der eigentliche Urheber sein. Valckenborch erhielt für seine Zeichnung der Pforte 24 Guldengroschen aus der Stadtkasse. Hampe, Ratsverlässe, Bd. 2, Nr. 2521. Zu Isselburg vgl. den Art. Isselburg, Peter in: Thieme / Becker, Bd. 19, S. 265f. Der Künstler widmete dem Rat in der Folge eine ganze Reihe von Drucken, bevor er 1622 die Stadt verließ, nachdem er mehrfach wegen „pasquilischer Gemäl“ verwarnt worden war.
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Reichsstadt betont wird. Der kurze zweispaltige Text beschränkt sich auf eine Beschreibung der Pforte, wobei die Konstruktion des an der Spitze des Bogens befindlichen Doppeladlers hervorgehoben wird, weil dies dem „Spectatori zur nachrichtung zu wissen / für nötig erachtet worden.“96 Mit dem Druck wollte der Rat sicherstellen, dass das komplexe Bildprogramm nicht nur für die Nachwelt gespeichert, sondern auch richtig verstanden wurde. Er ließ sogar weitere Abbildungen der Ehrenpforte ausdrücklich verbieten, damit nicht andere Künstler „ein solch Gemäl machen und unter die Leut bringen möchten, so meinen Herren schimpflich sein möchte.“97 Auf diese Weise schaltete das Stadtregiment konkurrierende Gedächtnismedien aus und lancierte eine dominante Version der Pforte als Objekt der Erinnerungskultur. Dass dieses Konzept aufging, belegt die Geschichte historischer Darstellungen über diesen Kaisereinzug, die das Design der Ehrenpforte und die Deutung ihrer Symbolik regelmäßig anhand dieses Druckes rekonstruieren.98 Diese Entwicklung wurde durch die Neuauflage des Werkes anlässlich des Einzugs Leopolds I. in Nürnberg durch den Nürnberger Verleger Paul Fürst gefördert.99 Fürst ersetzte den kurzen Text des Originals mit einer gekürzten Version der Beschreibung des Triumphbogens durch Bernhard Prätorius, die nicht nur deutlich mehr Bild- und Textelemente des Bogens aufführte, sondern auch deren Bedeutungsgehalt erklärte.100 Damit verarbeitete er die Inhalte zwei verschiedener Erinnerungsmedien zum Kaisereinzug von 1612 zu einem neuen Gedächtnis96 Vera Atque Perspicua Ichnographia Porta Triumphalis (1612). 97 StA Nürnberg, Rst. N., VHÄ 26, fol. 48’. Dazu schon Kircher, Kaiser, S. 158. Wie der Kupferstich von Höpfinger gibt auch dieser Druck das Datum des Kaisereinzugs falsch mit dem 09.07.1612 wieder, was zu der Annahme verleiten könnte, er sei vor dem Kaisereinzug fertig gestellt worden. Da Valckenborch das Werk jedoch erst am 17.11.1612 dem Rat übergab, ist nicht davon auszugehen. Hampe, Ratsverlässe, Bd. 2, S. 445. 98 Soden, Kaiser Maximilian II.; Kircher, Kaiser. Außerdem nahm Paul Ritter Isselburgs Druck als Vorbild für die Gestaltung der Ehrenpforte auf seinem 1890 angefertigten Ölgemälde zum Einzug von Matthias 1612 (Stadtmuseum Nürnberg). Um die beeindruckende Kulisse der Burg sowie Ehrenpforte und Kaiserpaar von vorn zeigen zu können, zieht der Kaiser bei Ritter allerdings in die falsche Richtung, denn es ging nicht um eine realistische Wiedergabe des Ereignisses, vielmehr sollte die als glorreich empfundene Vergangenheit Nürnbergs als kaiserliche Stadt verherrlicht werden. 99 Das Erscheinungsjahr des Druckes ist unklar. Fürst betrieb seine Offizin in Nürnberg von 1637 bis 1666, damit könnte der Druck theoretisch auch anlässlich der beiden vorhergehenden Erhebungen veröffentlicht worden sein, die aber aufgrund der Ereignisorte Augsburg und Regensburg nicht mit einem Einzug in Nürnberg verbunden waren. Vgl. dazu Harms, Deutsche illustrierte Flugblätter, Bd. 3, S. 365, welcher diesen Druck mit der Erhebung von 1636 in Verbindung bringt. 100 Prätorius, Corona Imperialis, S. 231–238.
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medium. Auch hier war es ein bevorstehender Kaisereinzug, der die Erinnerung an vergangene Kaisereinzüge reaktivierte. Auf diese Weise wurde die Gestaltung des Bogens von 1612 ins Gedächtnis gerufen, wobei dieser nun mit dem für Leopold I. errichteten Bogen verglichen werden konnte. Auch dessen Aufbau wurde durch einen illustrierten Einblattdruck verbreitet, der sich formal eng an jenen von 1612 anlehnte und auf diese Weise zugleich die schon 1612 verwendete Memorialpraktik zitierte.101 Die vielfältigen Initiativen der Reichsstadt Augsburg gegen Ende des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts, sich durch städtebauliche Großprojekte wie das neue, von Elias Holl entworfene Ratshaus oder die Anlage repräsentativer, für feierliche Einzüge geeigneter öffentlicher Plätze als kaiserliche Stadt zu präsentieren, waren zwar primär auf eine möglichst glanzvolle Zukunft der Reichstadt als Ort von Reichsversammlungen ausgerichtet, durch den Verweis auf die Tradition als Reichstagsstadt und die Ausstattung mit Memorialobjekten inkorporierten sie aber auch die Erinnerung an Kaisereinzüge der Vergangenheit.102 So zeigte der in einem der vier Fürstenzimmer des neuen Rathauses aufgehängte, aus drei Gemälden bestehende Zyklus von Matthäus Gundelach (1566–1654) drei Teilakte der Belehnung Moritz’ von Sachsen mit der Kurwürde durch Kaiser Karl V. auf dem Augsburger Reichstag von 1547.103 Er erinnerte implizit aber auch an die zweite albertinische Reichsbelehnung neunzehn Jahre später, die auf demselben Platz mit einer noch größeren Pracht und Feierlichkeit vollzogen worden war. Während der erste Akt die politische Neuordnung im Reich vollzogen hatte, hatte der zweite sie im Bewusstsein der Reichsöffentlichkeit fixiert.104 Anders als der Nürnberger Rat instrumentalisierte der Augsburger Rat jedoch kaum die „neuen Medien“ Buchdruck und Druckgrafik, um die Erinnerung an Kaiserauftritte in der Stadt zu bewahren. Die Versuche des Kaiserhofs, Kaiserauftritte im Reich zu tradieren, scheinen sich dagegen weitgehend auf das Schlüsselereignis der Wahl und Krönung beschränkt zu haben. Nur hier lassen sich nennenswerte Initiativen feststellen, den Ablauf der Ereignisse in Gedächtnismedien fixieren zu lassen.105 Hofbeamte, zu deren Aufgabe es explizit gehörte, das Ehrengedächtnis von Herrscher und Dy101 102 103 104 105
Troschel, Ehrenpforte. Dazu weiterführend Bushart, Augsburg; Merz, Skulptur; Schlee, Reichtagstradition. Vgl. dazu Kießling, Der Goldene Saal, S. 374f. Kießling, Augsburg in der Reformationszeit, S. 37. Dabei sind im Rahmen der vorliegenden Fragestellung nur solche Initiativen relevant, welche die vorübergehende Präsenz des Kaisers im Reich auf einer ideellen Ebene in Permanenz zu verwandeln versuchten. Die Anfertigung von Tafelbildern und Wandgemälden, welche die kaiserliche Residenz in Wien oder Prag schmückten, oder von
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nastie sicherzustellen, waren zunächst die Herolde gewesen. So legitimierte Paul Pesel den Druck seiner Wahl- und Krönungsbeschreibung von 1531 damit, dass „die alten Ernhalden außerhalb anderm ihres Ampts Prauch und Übung aller, so dem Grad des hochlöblichen Adels eingeleibt, fürnemblich der höchsten Heupter, als da sein der Kayser und Kunigen, Solemnitet, Eer und Preuß gar eigentlich und vleißiglich wargenommen und dasselb, als dann nach irer Ableybung nicht unverwesen bleibt, sondern allein der gut Geruch, eerlich und tapfer Handlung und tugendsam Wesen zu ewiger Gedächtniß eingeschrieben“.106
Hier wird die Funktion dieses Werkes als Memorialobjekt explizit angesprochen.107 Allerdings nahm die Bedeutung der Ehrenholde als Erinnerungsexperten und Garanten des Ehrengedächtnisses von Kaisern im Verlauf des 16. Jahrhunderts ab. Ihre Funktion wurde teilweise von anderen Akteuren am Kaiserhof übernommen, so von Hofhistoriographen wie Wolfgang Lazius (1514–1565), der eine Beschreibung der drei Krönungen Maximilians II. von 1562/63 in lateinischer Sprache verfasste.108 Ein ähnliches Werk fertigte der Hofsekretär Hans Habersack (nachweisbar 1554–1574) an. Beide Handschriften waren offenbar von vornherein nicht für eine Publikation gedacht gewesen. Habersack wählte vielleicht sogar bewusst das Medium Handschrift, um den elitären Charakter seines Werkes, das sich an einen engen Kreis sozial hochstehender Adressaten richtete, deutlich zu machen. Denn das große Format, die akkurate Kanzleischrift, die aufwendige Pergamentbindung, Goldschnitt und DoppeladlerGoldprägung hoben diese Krönungsbeschreibung von der Masse schnell und ohne große Sorgfalt produzierter Printmedien ab. Das Überdauern mehrerer Exemplare dürfte nicht zuletzt ihrer repräsentativen Gestaltung als auf Dauer angelegte Memorialobjekte zu verdanken sein.109 Habersacks Werk scheint zwar auf eigene Initiative entstanden zu sein, jedoch wurde die Handschrift nach ihrer Präsentation in den Bestand der kaiserlichen Hofbibliothek aufgenommen, womit der Kaiser die Überlieferung
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Herrschaftsinsignien, welche an bestimmte Herrschererhebungen erinnerten (so etwa die Hauskrone Rudolfs II.), bleibt deshalb hier außen vor. Pesel, Warhafftyge und aigentliche Verzaichnüs, Vorrede. Dies geschieht auch bei Fleischmann, Kurtze und aigentliche Beschreibung, Widmung. Auch Thomas Avenarius verfasste seinen Bericht über den Kaisereinzug in Dresden 1617 für die Nachkommen „zur gentzlichen imitation und nachfolge“ und erinnerte an vergangene Kaisereinzüge in Dresden, die aus Anlass des aktuellen Ereignisses im Gedächtnis seiner Rezipienten reaktiviert werden sollten. Avenarius, Panegyris Caesarea, Vorrede. Lazius, Descriptio coronationum Maximiliani II., ÖNB, Hss. 7995. Vgl. zum Autor Zeman, Österreichische Literatur, S. 650f.; ADB, Bd. 18, S. 89–93. Dazu ausführlicher Vocelka, Beschreibung der Handschriften, S. 87.
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des Werkes für die Nachwelt sicherstellte.110 Die Funktion der Schrift spricht Habersack in seiner Vorrede explizit an, wenn er sie mit alttestamentalischen Krönungsbeschreibungen vergleicht, die dazu gedient hätten, „solche und dergleichen geschichten bey den nachkhommen unvergesslich“ zu halten, wobei die Leser dabei sehen könnten „wie die künigcliche and annderer hohen obrigkhaiten regiment alls ain ordnung Gottes durch diese und anndere dergleichen solennia media angefanngen, stabiliert und becreffitget werden“111, womit der Autor den Zweck dieses Investiturrituals treffend zusammenfasst. Von dem umfangreichen Werk wurden mindestens fünf Exemplare hergestellt, die Kaiser Maximilian II., seinem Sohn Rudolf II., Erzherzog Ferdinand von Tirol und Herzog Albrecht V. von Bayern gewidmet waren.112 Die Handschrift entstand nach dem Herrschaftsantritt Maximilians II., wobei die Krönungsberichte auch zeitnah angefertigt und später nochmals abgeschrieben worden sein könnten. Bei der böhmischen und der ungarischen Krönung war der Autor Augenzeuge gewesen, bei der Römischen Krönung griff er auf mündliche und schriftliche Berichte von Personen zurück, „die iren dazumal gehabten ämbtern und diennsten nach von allem grunndtliches wissen haben khünnden“.113 Dabei nimmt die Schilderung der Frankfurter Wahl und Krönung mit Abstand den meisten Raum ein, was die übergeordnete Bedeutung der Investitur eines Reichsoberhaupts im Vergleich zu den beiden anderen Königserhebungen verdeutlicht.114 Ihre Gliederung entspricht dem 1563 veröffentlichten Wahl- und Krönungsbericht von Michael Beuther, der Habersack offenbar als Quelle diente.115 An vielen Stellen ist der Bericht Habersacks jedoch viel ausführlicher. So umfasst die Beschreibung der am 30. Oktober 1562 110 Edelmayer, Krönungen. Hans Habersack begründete die Anfertigung zwar mit seiner Liebe zum Haus Österreich, dürfte aber vor allem sein eigenes Fortkommen als Hofbeamter und ein Gnadengeld im Sinn gehabt haben. Er diente seit 1560 als Hofsekretär Erzherzog Ferdinands von Tirol, nachdem er zuvor in der böhmischen Kammerkanzlei Kaiser Ferdinands I. gearbeitet hatte. Vgl. dazu Vocelka, Verfasser, S. 39–42. 111 Edelmayer, Krönungen, S. 96. 112 Der Umfang beträgt 154 Blatt. Vgl. im Folgenden Vocelka, Beschreibung der Handschriften, S. 88; Mandlmayr, Beschreibung der Krönungen, S. 43. Edelmayer, Krönungen, S. 61, mit den Nachweisen der erhaltenen Handschriften, drei davon in der ÖNB. Rudolf II. waren zwei Exemplare gewidmet. 113 Edelmayer, Krönungen, S. 97. 114 Die Römische Krönung nimmt 89, die böhmische 58 und die ungarische 53 Seiten ein. Für die Darstellung der böhmischen und ungarischen Krönung, auf die hier nicht eingegangen werden kann, vgl. Mandelmayr, Beschreibung der Krönungen, S. 45–50, 56–59. 115 Beuther, Ordentliche Verzeychniß.
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eröffneten Wahlverhandlungen nicht nur die Sessionsordnung und weitere zeremonielle Elemente, sondern auch den Text der Proposition, Ansprachen des Kaisers und des Mainzer Kurfürsten in indirekter Rede oder sogar als wörtliches Zitat. Sie entspricht weitgehend dem Protokoll der Reichserzkanzlei, das der Autor aufgrund seines Amtes sicher leicht beschaffen konnte. Die Darstellung von Herrschereinzügen, Banketten, Audienzen oder Kirchgängen des Kaiser nimmt einen so großen Raum ein, dass Habersack es für notwendig hält, sein Vorgehen zu rechtfertigen: So dokumentierten diese Akte die „vertreulich- und ainmüettigkhait“ zwischen den in Frankfurt anwesenden Würdenträgern und seien deshalb keineswegs „ain überfluß“.116 Die hohe Bedeutung, die der Autor den Formen der Herrschaftsrepräsentation zuweist, zeigt sich auch darin, dass er das Gutachten der kaiserlichen Hofbeamten über das Zeremoniell von Wahl- und Krönungsakt abschreibt.117 Die konfliktträchtigen Änderungswünsche der nichtkatholischen Kurfürsten übergeht Habersack hingegen, indem er für die Reaktion der Kurfürsten auf seinen Bericht zu Wahl und Krönung verweist, der diese Änderungen enthalte, ohne dass diese dort explizit thematisiert würden. Lediglich in der Passage, in der es heißt, die Räte der Kurfürsten hätten den kaiserlichen Vorschlägen meist zugestimmt, aber im Bezug auf die Messe erst Rücksprache mit ihren Fürsten halten müssen, wird implizit deutlich, dass hier ein Dissens vorlag. Der ständige Verweis auf das „zierliche“, „dapfere“ und gegen jedermann freundliche Verhalten von Kaiser und König ist Bestandteil des Herrscherlobs, dem der Text schließlich dienen soll.118 Dementsprechend lässt Habersack alle Inhalte weg, welche der Reputation des Hauses Habsburg nicht förderlich sein könnten, so zum Beispiel, dass Maximilian II. während der Krönungsmesse auf die Kommunion verzichtete.119 Die in Frankfurt außerhalb der Wahl verhandelten Materien übergeht er mit der Bemerkung: „Der kay Mt., auch kün. W., haben diese zeit herumb irer anwesnhait zu Frannckfurt vast vil zu thuen gehabt und allen genegisten und embsigen fleiß fürgewenndt, vilerlay irrungen und unrhuewige sachen, so sich diese jar hero zwischen etlichen 116 Edelmayer, Krönungen, S. 98. 117 Edelmayer, Krönungen, S. 150–154. 118 So heißt es etwa bei der Schilderung der Wahl am 24.11.1562, der König habe eine „sehr lannge, zierliche und dapffere red gleichermassen aigens mundts“ gehalten. Ebd., S. 159. Das Verhalten des Kaisers gegenüber anderen Akteuren wird mehrfach als „vätterlich“ bezeichnet. Ebd., S. 160. 119 Dass Habersack schreibt, Kursachsen und Kurbrandenburg seien bei der Krönungsmesse geblieben, wie Mandlmayr behauptet, trifft dagegen nicht zu. Ders., Beschreibung der Krönungen, S. 55.
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fürsten, graven, herrn und stetten zuegetragen und erwachsen seind, auf gebürliche mittl hinzulegen und dieselben zur vergleichung und wider in guette ainigkhait und gleichen verstanndt zu bringen, damit allennthalben umb sovil mer gmaine rhue und fridleben gepflanntzt wurde“.
Damit hob Habersack die Frieden und Einheit im Reich stiftende Funktion des Kaisertums hervor.120 Der einseitigen Perspektive des Autors auf das Handeln von Kaiser und König und die Fürstengesellschaft des Reiches ist es zu verdanken, dass die Stadt Frankfurt in der Darstellung keinerlei Rolle spielt. Weder werden die Maßnahmen für Unterkunft, Versorgung und Sicherheit der Wahltagsteilnehmer erwähnt, noch der Sicherheitseid, dessen Ableistung zu Konflikten zwischen der Stadt und den Kurfürsten geführt hatte. Auch die Differenzen zwischen der Stadtobrigkeit und dem Reichserbmarschall um die Verteilung der Unterkünfte sowie bei Zoll und Strafjustiz verschweigt Habersack. Die in der Publizistik plastisch geschilderten Tumulte bei der Preisgabe fasst der Autor in einem Nebensatz zusammen.121 Während er über das auf fürstliche Initiative am 1. Dezember 1562 veranstaltete Turnier berichtet, würdigt er das am selben Tag von der Reichsstadt inszenierte Feuerwerk keiner Zeile.122 Denn sichergestellt werden sollte das Ehrengedächtnis von Kaiser und König sowie weiterer anwesender Fürsten, nicht aber das der gastgebenden Reichsstadt und deren politischer Elite. Gedächtnismedien par excellence waren Auswurfmünzen, Ehrenpfennige und Medaillen.123 Mit der Prägung und Verbreitung von Münzen und Medaillen rückt eine Erinnerungspraktik ins Zentrum der Betrachtung, die sich im Kontext der hier analysierten Ereignisse auch für die Reichsstädte nachweisen lässt. Dabei waren die anlässlich von Erhebungsakten geprägten Medaillen von vornherein als Objekte der Repraesentatio des Kaisers wie der Memoria des mit ihrer Herstellung verbundenen Ereignisses intendiert. Es lässt sich zwar nicht in jedem Fall zweifelsfrei feststellen, auf wessen Initiative ihre Produktion zurückging, bei jenen Medailleuren, die am Kaiserhof angestellt waren wie Alessandro Abondio sowie Paul van Vianen oder die nachweislich für den Kaiserhof
120 Edelmayer, Krönungen, S. 155. 121 Edelmayer, Krönungen, S. 175. 122 Edelmayer, Krönungen, S. 175f. Hatten die Autoren der Wahltagspublizistik zumeist alle Ratsherren namentlich aufgeführt, die den Baldachin trugen, so heißt es bei Habersack lediglich „die von Frannckhfurt“. Ebd., S. 167. 123 Vgl. dazu allgemein Friedensburg, Münze; Herrgott, Nummotheca Principum Austriae; Newald, Münzwesen; Čejnek, Münzprägungen; Szaivert, Münzprägung.
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arbeiteten wie Valentin Maler oder dessen Sohn Christian, erscheint jedoch ein kaiserlicher Auftrag als wahrscheinlich.124 Die erhaltenen Medaillen zeichnen sich durch eine große Varianz der Bildzeichen aus.125 Darüber hinaus lässt sich eine starke Differenzierung im Hinblick auf Material, Größe und darstellerisch-technischen Aufwand feststellen, die dem unterschiedlichen Rang des Empfängers oder auch dessen Wertschätzung durch den Geber Rechnung trug. Im Folgenden können nur einige Exemplare aufgeführt werden, an welchen sich die Entwicklung solcher Erinnerungsmedien im Untersuchungszeitraum besonders gut aufzeigen lässt. So weisen die im Zusammenhang mit der Erhebung Ferdinands I. zum Kaiser 1558 überlieferten Medaillen ein noch vergleichsweise schlichtes Design auf: Auf der Vorderseite zeigen sie ein Brustbild mit Harnisch, Mitrakrone und Goldenem Vlies an der Collane, auf der Rückseite den Doppeladler mit Wappenschild.126 Die Umschriften beschränken sich auf die Titulatur des Kaisers und das Erhebungsdatum. Sehr ähnlich gestaltete Medaillen sind auch anlässlich der beiden folgenden Erhebungsakte geprägt worden.127 Ab 1562 wurde auch das Monogramm des Kaisers umgeben von den Insignien kaiserlicher Herrschaft wie zum Beispiel Mitrakrone, Schwert und Zepter oder der unter einem Baldachin zwischen Pax und Justitia thronende Kaiser dargestellt.128 Mit dem Herrschaftsantritt Kaiser Matthias’ nahmen die formale Vielfalt und die Menge der Krönungsmedaillen stark zu.129 Alessandro Abondio schuf zum Beispiel eine Medaille im seltenen Ovalformat, die auf der Vorderseite ein stark individualisiertes Portrait des Kaisers mit Lorbeerkranz und auf der Rückseite einen einköpfigen Adler zeigt, der von einer strahlenden Sonne be124 Auch das Vorhandensein eines Prägestempels in den Beständen des kaiserlichen Hauptmünzamtes lässt darauf schließen. Vgl. dazu den Katalog der Münzen-, Medaillen- und Stempel-Sammlung des k.k. Hauptmünzamtes (1901–1906), Bd. 4. Dennoch dürften Medailleure auch auf eigene Initiative Medaillen geprägt haben, gerade wenn es sich nicht um Stücke mit hohem Materialwert handelte. 125 Allgemein dazu Duchhardt, Krönungsmedaillen; Bergmann, Medaillen; Domanig, Porträtmedaillen; Habich, Schaumünzen. 126 Abb. in Förschner, Krönungsmedaillen, S. 19; Novac, Korunovace, Tl. 2, S. 78. 127 Vgl. die großformatige, in Silber und Bronze ausgeführte Medaille von Zacharias Kempf zur Wahl und Krönung von Rudolf II. Abb. in Novac, Korunovace, S. 106. 128 In- und Umschriften enthalten nun etwa die Devise „A DOMINO REGNVM VENIT IMPERIIQ[UE] POTESTA[S]“ als Verweis auf das Gottesgnadentum der kaiserlichen Herrschaft sowie oft auch die persönlichen Wahlsprüche der Kaiser. Vgl. die Medaille von Lorenz Rosenbaum in Förschner, Krönungsmedaillen, S. 28f. Zum Künstler Thieme / Becker, Bd. 29, S. 12; Altfahrt, Propaganda Tl. 2, S. 87. 129 Siehe dazu Förschner, Krönungsmedaillen, S. 40–72. Das gilt in noch stärkerem Maße für die späteren Kaiser. Für Leopold I. vgl. Schumann, Sonne, S. 321–339.
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schienen wird.130 Christian Maler prägte gleich mehrere große Medaillen, die in unterschiedlichen Kombinationen den thronenden Kaiser mit Herrschaftsinsignien, Doppelbrustbilder des Kaiserpaares (Abb. 49), die Kurfürsten in der Wahlkapelle, die Kurfürstenwappen oder Allegorien der habsburgischen Herrschaft zeigen.131 Sie wurden sowohl in Gold, Silber, Blei oder Bronze ausgeführt, was zeigt, dass sie für sehr unterschiedliche Empfängerkreise gedacht waren. Da sich diese Medaillen ausschließlich auf die Wahl beziehen, wird dieser Teilakt der Herrschererhebung prominent ins Bild gerückt.132 Grundtenor der medialen Botschaften zur Wahl ist die Idee der Einheit von Kaiser und Reich, die bei Wahltagen regelmäßig eine Konjunktur erlebte und über derartige Memorialobjekte im kulturellen Gedächtnis bewahrt werden sollte.133 Medaillen sind auch im Zusammenhang mit Kaisereinzügen auf Reichstagen geprägt worden. So zeigt eine Medaille aus vergoldetem Silber zum Reichstagseinzug von 1613 ein Doppelportrait des Kaiserpaars im Profil (Abb. 50); Matthias erscheint im Prunkharnisch mit Lorbeerkranz und Goldenem Vlies an der Collane, Anna in einem Kleid, dessen überdimensionaler Spitzenkragen die Prachtliebe dieser Kaiserin wirkungsvoll zur Schau stellt.134 Auf der Rückseite ist der Kaiser unter dem Traghimmel zu sehen. Dass der Künstler sich die Freiheit nimmt, nur vier Baldachinträger abzubilden, hat ästhetische Gründe, denn die mittleren Tragstangen hätte die im Profil dargestellte Reiterfigur des Kaisers zerschnitten. Die deutsche Umschrift der Medaillenrückseite verweist explizit auf die Gedächtnisfunktion dieses Artefaktes. Die Wahl gerade dieses Bildmotivs könnte für ein Auftragswerk des Regensburger Rates sprechen, womit dieser seine Kaisernähe auf genau dieselbe Weise wie der Nürnberger Rat 130 Die Umschrift lautet „FIRMATVM COELITVS OMEN“, womit auch hier die Gottgewolltheit dieser Herrschererhebung postuliert wird. Für weitere Medaillen u.a. von Paulus van Vianen und Lorenz Schilling s. Förschner, Krönungsmedaillen, S. 66, 69. 131 Maler ließ seine Medaillen 1613 durch ein kaiserliches Generalprivileg vor Nachahmung schützen. Förschner, Krönungsmedaillen, S. 40–42; Novac, Korunovace, S. 122–128. Zu Maler vgl. Thieme / Becker, Bd. 23, S. 591. Eine allegorische Darstellung zeigt eine thronende Figur mit drei Gesichtern als Personifikation von Glaube, Gerechtigkeit und Frieden, umgeben von Symbolen, die auf Herrschertugenden wie Herrschaftsansprüche verweisen: Füllhorn, Erdball, Löwe, Pelikan mit Jungen. 132 Maler entwarf auch anlässlich der Krönung eine Medaille, die ein ähnliches Motiv wie die Abondios aufweist. Abb. in Novac, Korunovace, S. 147. 133 Eine zur Wahl geprägte Medaille eines unbekannten Künstlers stellte zum Beispiel vorn den Kaiser zu Pferd und hinten die Kurfürsten mit der Umschrift „CONCORDIA PRINCIPVM SALUS REIP[UBLICA]“ dar. Abb. in Novac, Korunovace, S. 124. 134 Plato, Münzkabinett, Nr. 62; auch Joist / Kamp, Einzug, S. 156. Auch zum Einzug Ferdinands II. in Regensburg 1622 wurde eine Medaille geprägt.
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inszeniert hätte. Allerdings erwies sich das Medium der Medaille für das Ehrengedächtnis der beteiligten Ratsherrn aufgrund der hier völligen Anonymität der abgebildeten Figuren nicht als gleichermaßen tauglich. Medaillen erreichten aufgrund ihrer eher geringeren Stückzahl und ihrer an einen spezifischen Anlass gebundenen Erwerbungsart allerdings nur eine begrenzte Verbreitung, wenn sie nicht, wie die Medaillen auf Maximilian II. und Rudolf II., in emblematischen oder panegyrischen Werken (Abb. 45) abgebildet und dadurch zusätzlich verbreitet wurden.135 Münzen wurden hingegen alltäglich gebraucht.136 Die Reichsstädte ließen regelmäßig bei Ersteinzügen, mitunter auch bei Folgeeinzügen Goldgulden prägen, mit denen der Pokal gefüllt wurde, der dem Kaiser als Geschenk überreicht wurde.137 Die Münzen zeigten in der Regel das Brustbild des Kaisers im Profil, sowie auf der Rückseite den Reichsadler, das Stadtwappen oder ein städtisches Symbol wie die Augsburger Pinie.138 Im Kontext von Wahl und Krönung sind dagegen auch andere Motive überliefert: So ist auf dem von der Reichsstadt Frankfurt am Main 1612 geprägten, von Lorenz Schilling entworfenen Goldgulden auf der Vorderseite der thronende Kaiser zwischen Pax und Justitia und auf der Rückseite ein Posaune blasender Engel mit Palmzweig und Adler zu sehen.139 Dieses Bildprogramm formuliert einerseits die städtischen Erwartungen auf eine friedliche, siegreiche und gerechte Herrschaft durch das neue Reichsoberhaupt, deren Beginn der Engel verkündet, andererseits entspricht es exakt den tradierten Formen der Selbstdarstellung des habsburgischen Kaisertums. Bei den vom Kaiserhof geprägten Auswurfmünzen, die nach der Krönungsmesse unter das Volk gestreut wurden, handelte es sich zumeist um Stücke unterschiedlichen Wertes aus Gold und Silber.140 Während die Aversseite zumeist ein Brustbild des Herrschers, bei Matthias auch den Herrscher zu Pferd, im Kreis der Kurfürsten oder die Kaiserkrone zwischen Sonne und Mond abbildet, nennt 135 So in Prätorius, Corona imperialis, Titelblatt; Typotius, Symbola varia. Zu letzterem Werk vgl. Stocker, Regensburger Medaillen. 136 Allerdings ist auch bei Münzen je nach Wert zu differenzieren, denn in den Börsen unterer Bevölkerungsschichten fanden sich in der Regel keine Goldgulden. 137 Euler, Verzeichniß; Joseph / Fellner, Münzen. Vgl. auch Kap. III.4. 138 Abb. einer solchen Münze für 1570 in StA Nürnberg, Hss. 169, fol. 194, für den geplatzten Kurfürstentag von 1580 hatte der Rat ebenfalls bereits eine Münze entwerfen lassen. Abb. ebd., fol. 220’. 139 Abb. in Förschner, Krönungsmedaillen, S. 40. Vgl. dazu die Medaille von Valentin Maler in Förschner, Krönungsmedaillen, S. 29, im Folgenden 31. 140 Im 17. Jahrhundert wurden auch Münzen aus minderwertigem Metall und so genannte Klippen geprägt. Vgl. dazu für die Kaiser Maximilian II. und Matthias Förschner, Krönungsmedaillen, S. 26–28, 49f., 54; für Rudolf II. Katz, Krönungsmünzen.
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die Reversseite Ereignis und Datum. Die Rückseite der Auswurfmünzen zur Regensburger Wahl und Krönung von 1575 zeigt allerdings ein in diesem Kontext neues Motiv, das den Wahlakt durch die Kurfürsten in symbolischer Form evoziert (Abb. 48), wobei sich der Künstler offenbar vom Verfahren bei der Dogenwahl in Venedig inspirieren ließ.141 Auf einem Tisch liegen sechs Kugeln, die für die sechs an der Wahl beteiligten Kurfürsten stehen sollen. Eine über dem Tisch schwebende siebente Kugel symbolisiert den Kurfürsten von Böhmen, der auf diese Weise als gewählter Römischer König den anderen Kurfürsten optisch übergeordnet wird. Die Umschrift „CONSENTIENTIB. VOTIS“ betont die Einstimmigkeit der Wahl. Sie unterstreicht die Legitimität des neuen Herrschers und die im Wahlakt zum Ausdruck kommende Eintracht der Kurfürsten. Die Auswurfmünzen wurden in den Wahl- und Krönungsberichten detailliert beschrieben und somit auch der Mehrzahl jener Untertanen bekannt gemacht, denen es nicht gelungen war, sich selbst eine Münze zu beschaffen.142 Bei den Erhebungsakten des 17. Jahrhunderts wurde das Design der Auswurfmünzen zudem in illustrierten Einblattdrucken abgebildet. Auf diese Weise wurde das Gedächtnismedium der Auswurfmünze durch das Gedächtnismedium der Druckgraphik vervielfältigt und verbreitet, was den intermedialen Charakter solcher Medien verdeutlicht. Außerdem wurden Auswurfmünzen auch als Ehrenpfennige verwendet, die der Kaiser in Anerkennung besonderer Dienste als Zeichen seiner Gunst bestimmten Personen überreichte.143 Maximilian II. ließ anlässlich der Wahl und Krönung von 1575 zusätzlich 150 Golddukaten prägen, die ausdrücklich „zum verschenkhen und verehren gebraucht worden.“144 141 Abb. in Plato, Münzkabinett, S. 122, auch in Typotius, Symbola varia. Die geringe handwerkliche Qualität dieser Münzen liegt sicher darin begründet, dass sie „in groszer eil gefertigt“ wurden. Von den Goldmünzen wurden durch den Regensburger Münzwerksverwalter Thomas Obermayr 500 Stück geprägt, die Anzahl der Silbermünzen ist nicht bekannt, da sie einem Wert von 400 Silbertalern entsprachen, wird man von einer ähnlichen Größenordnung ausgehen können. 142 Vgl. Wahl und Crönungs Handlung (1610); Prätorius, Corona Imperialis, Titelblatt. Ab 1619 wurde das Design der Auswurfmünzen außerdem in Druckgraphiken verbreitet, vgl. z.B. den Einblattdruck von Kieser, Kurtzer doch eigentlicher Bericht (mit der Abbildung von vier Münzen). 143 Derartige auch als Gnadenpfennige bezeichnete Schaumünzen zeigten meist auf der Vorderseite das Portrait des Herrschers, der sie verliehen hatte. Sie betonten damit die enge soziale Beziehung zwischen Geber und Nehmer. Vgl. für die Reichstage vor 1555 Aulinger, Bild, S. 89f. Ehrenpfennige stellen eine Frühform des Ordens dar, da sie bei festlichen Anlässen an einer Kette als Halsschmuck getragen werden konnten, was nur demjenigen erlaubt war, dem der Ehrenpfennig verliehen worden war. Eine Auswurfmünze konnten dagegen auch andere Personen tragen. 144 Katz, Krönungsmünzen, S. 338.
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Medaillen, Ehrenpfennige und Auswurfmünzen wurden vielfach als Schmuck getragen (Abb. 49).145 Dabei konnte der Träger die Selbstinszenierung des Gebers auf dem Ehrenpfennig für seine eigene Selbstinszenierung instrumentalisieren, denn im Besitz eines solchen Artefaktes manifestierte sich die besondere Gunst des Kaisers, die einen entscheidenden Einfluss auf sein symbolisches Kapital besaß. Die mit Münzen und Medaillen verbundenen Memorialpraktiken beschränkten sich somit nicht auf die Aufbewahrung solcher Objekte, vielmehr wurden diese öffentlich zur Schau gestellt und dadurch zum Gesprächsgegenstand, was die Präsenz der mit ihrem Empfang verbundenen Ereignisse im kommunikativen Gedächtnis aktivierte. Durch die Beständigkeit des verwendeten Materials und seinen materiellen und künstlerischen Wert über die reine Erinnerungsfunktion hinaus erwiesen sich gerade diese Erinnerungsmedien als äußerst beständig und damit als erfolgreiche Erinnerungspraktik, welche die Memoria der Ereignisse in stark geronnener Form dauerhaft im kulturellen Gedächtnis zu bewahren vermochte. Dies geschah nicht zuletzt deshalb, weil sich Münzen und Medaillen per se zu Sammelobjekten entwickelten, die von unterschiedlichen Akteuren aufbewahrt, katalogisiert, restauriert und analysiert wurden, wobei mit jeder dieser Tätigkeiten notwendigerweise ein Erinnerungsprozess verbunden war, der sich auch auf ihre Entstehung und auf den mit dieser verbundenen Anlass richtete.
2. Individuelle Praktiken der Erinnerung Diese lassen sich weit schwieriger als institutionelle Praktiken aufzeigen, da hier keine Institution ihren Vollzug in Auftrag gab, diesen dokumentierte und dafür sorgte, dass die produzierten Memorialobjekte tatsächlich aufbewahrt wurden. Selbst in jenen Fällen, in denen sich Spuren solcher Aktivitäten erhalten haben, stellt sich die Frage, welche Bedeutung ihnen über das Einzelbeispiel hinaus eigentlich zukam. Außerdem sind hier deutlich weniger Informationen über Auftraggeber und Ausführende bekannt, so dass auch die Motive der Akteure oft im Dunkel bleiben. Wenn sich der Nürnberger Patrizier Friedrich Behaim von Schwarzbach die Ehrenpforte des Nürnberger Einzugs von 1612 auf seinem Spinett abbilden ließ, so geschah dies sicher nicht nur, weil er selbst am Kaisereinzug teilgenommen hatte, sondern weil er mit diesem Kaisereinzug besonders 145 Auf diese Nutzung verweisen die mitunter angebrachten Ösen und Fassungen. Siehe das Beispiel in Förschner, Krönungsmedaillen, S. 67.
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positive Erinnerungen verband, schließlich war er im Rahmen der vorausgehenden Krönung des Kaisers zum Ritter geschlagen worden.146 Lassen sich in diesem Fall immerhin fundierte Vermutungen über die Motive für die Anfertigung eines solchen Objektes und über seine Nutzung anstellen, ist dies sonst kaum möglich. So muss offen bleiben, ob es sich bei einer Darstellung der Audienz der moskowitischen Gesandtschaft in der kaiserlichen Herberge während des Regensburger Reichstages von 1576, die ein Regensburger Bürger in seinem Haus anbringen ließ, überhaupt um eine primär auf Memoria gerichtete Praxis handelte oder nicht vielleicht eher um eine Form pittoresken Wandschmucks, denn mit ihrer kostbaren wie exotischen Kleidung bildeten die Gesandtschaftsteilnehmer ein ausgesprochen dekoratives Darstellungsmotiv.147 Aber auch in diesem Fall wäre unabhängig von der Intention des Auftraggebers die Präsenz des Kaisers und die darin begründete Abhaltung von zeremoniell stark durchformten Audienzen, welchen der feierliche Aufzug der Gesandten durch die Stadt vorausging, tradiert worden. Manche Praktiken lassen sich außerdem nur im Kontext spezifischer Ereignisse nachweisen wie die Spoliierung von Gegenständen, die beim Krönungsbankett Verwendung gefunden hatten.148 Am besten überliefert sind die vielfältigen Versuche, solche Ereignisse im Medium der Schrift zu fixieren. In einem ersten Abschnitt werden deshalb zunächst autobiographische Aufzeichnungen, die sich gemeinhin an einen beschränkten Adressatenkreis wandten, auf die Tradierungsintentionen ihrer Verfasser und ihre spezifische Tradierungsleistung befragt. Im zweiten Abschnitt stehen zeitgenössische Werke der Geschichtsschreibung und Reichspublizistik im Blickpunkt, die in der Regel auf deutlich breitere Rezipientengruppen zielten und zumeist einen viel stärkeren Geltungsanspruch hinsichtlich der in ihnen tradierten Inhalte erhoben. Der dritte Abschnitt widmet sich mit dem „Thesaurus Picturarum“ des Marcus zum Lamm (1544–1606) einem Erinnerungsmedium, das sich gängigen Klassifizierungen entzieht, anhand dessen sich jedoch besonders gut unterschiedliche Strategien der Tradierung und ihre Folgen aufzeigen lassen.
146 Pilz, Nürnberg, S. 108, 111f. Ausgeführt wurde das Werk durch Frederik van Valckenborch, der schon die Pforte gestaltet hatte. 147 Ob es sich bei dieser Darstellung um einen illuminierten Druck, eine Zeichnung, ein Tafelbild oder auch ein Wandgemälde gehandelt hat, ist heute nicht mehr feststellbar. Gumpelzhaimer, Regensburg’s Geschichte, S. 958. 148 Vgl. schon vorn Kap. III.4.
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a) Autobiographische Aufzeichnungen Tagebücher, Lebensbeschreibungen oder Reiseberichte, die über den Ablauf von Kaiserauftritten berichten, sind für diese frühe Phase im Vergleich zur Aktenüberlieferung oder zu den Printmedien nur in geringer Zahl überliefert, obwohl ihre Produktion gerade in diesem Zeitraum ein völlig neues Ausmaß annahm. Form und Inhalt solcher Egodokumente variierten im Untersuchungszeitraum zudem sehr stark.149 Dennoch versprechen Texte dieser Art Aufschluss über die Bedeutung, die ihre Verfasser solchen Ereignissen beimaßen, über die Art und Weise, in denen sie diese wahrnahmen, und über ihre spezifischen Strategien, die Memoria solcher Akte zu bewahren. Im Folgenden wird eine Auswahl von Texten danach befragt, auf welche Weise ihre Autoren die Vergegenwärtigung von Kaiser und Reich in politischen Aufführungen zu dokumentieren versuchten.150 Dabei wurden Autoren ausgewählt, die unterschiedlichen sozialen Schichten entstammen und in unterschiedlichem Ausmaß persönlich in die tradierten Ereignisse involviert waren. Als Beispiel für einen Verfasser, welcher der politischen Elite im Reich angehörte und selbst ein wichtiger Akteur im Rahmen des berichteten Ereignisses war, kann das Tagebuch Johann Albrechts I. von Mecklenburg (1525–1576) über den Wahl- und Krönungstag von 1562 herangezogen werden.151 Es handelt sich um eine Art Reisetagebuch, das entweder schon während der Reise oder unmittelbar danach verfasst wurde. Aufgrund des kurzen Berichtszeitraumes finden sich hier deutlich ausführlichere Eintragungen, als dies in Tagebüchern der 149 Zu unterscheiden ist zwischen Texten, die das gesamte Leben oder zumindest längere Zeiträume umfassen, und solchen, die anlässlich als nichtalltäglich bewerteter Ereignisse angefertigt wurden. Manche Texte wurden fortlaufend ergänzt, andere aus der Rückschau geschrieben. Die Abgrenzung zwischen diesen Textarten ist im Untersuchungszeitraum schwierig. Vgl. dazu allgemein Arnold, Das dargestellte Ich; Greyerz / Medick / Veit, Europäische Selbstzeugnisse. 150 Die ausgewählten Texte stammen von männlichen Verfassern, obwohl in dieser Phase durchaus auch Frauen verstärkt derartige Aufzeichnungen verfassten, allerdings konnten in diesen Texten keine einschlägigen Passagen gefunden werden. 151 StA Schwerin, Altes Archiv Internum, Reisen fürstlicher Personen, Nr. 57, unfol., publiziert in Bernhard / Koppe, eigenhändiges Tagebuch. Der Herzog nahm auf Einladung von August von Sachsen am Wahltag teil, verfolgte aber durchaus eigene Interessen, die seine Perspektive auf die Ereignisse prägten und ein wesentliches Motiv für die Abfassung des Textes darstellten. So bemühte er sich darum, dass die 1531 gegen seinen Schwiegervater Albrecht von Brandenburg verhängte Reichsacht aufgehoben und dieser wieder in die Fränkischen Lehen eingesetzt werde. Er verzeichnet sämtliche Treffen mit politischen Entscheidungsträgern und die ausgetauschten Argumente, um sich später darauf berufen zu können. Die Mission blieb allerdings erfolglos.
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Fall ist, die längere Zeiträume abdecken.152 Der informative und durch eine sehr persönliche Sicht auf das Geschehen geprägte Bericht setzt mit dem Aufbruch des Herzogs von Schwerin am 1. Oktober 1562 ein und endet mit seiner Abreise aus Frankfurt am Main am 2. Dezember 1562. Ab seiner Ankunft in Frankfurt am Main am 18. Oktober verzeichnete Johann Albrecht I. für jeden Tag alle von ihm als wichtig erachteten Sachverhalte – bevorzugt solche, in denen sich der Rang und die politische Bedeutung der eigenen Person widerspiegeln. Dieses Thema besaß für den Autor aufgrund des Präzedenzstreites mit dem Herzog von Jülich eine zentrale Bedeutung, weshalb er die eigene Funktion bei öffentlichen Akten zumeist im Verhältnis zu jener Wilhelms von Jülich dokumentiert.153 Mit Genugtuung vermerkt er zum Beispiel, dass das mecklenburgische Gefolge beim Einzug des Königs vor dem des Herzogs von Jülich geritten sei.154 Den Einzug des Kaisers, an dem er selbst teilnahm, schildert der Autor sehr detailliert. So gibt er die Zahl der Teilnehmer, die gewählte Zugordnung und wortwörtlich den Sprechakt des Mainzer Kurfürsten beim Empfang im Feld wieder.155 Diese Passagen sind auf das Verfahrensgedächtnis der Akte ausgerichtet, wobei jene Bestandteile, die den Interessen des Autors zuwider liefen, nicht dokumentiert und somit ihr Tradition stiftender Vollzug negiert werden. Johann Albrecht I. führt außerdem alle Bankette auf, zu denen er selbst geladen war, dabei listet er alle Teilnehmer auf, gelegentlich mit Sitzordnung, Dauer und Speisefolge.156 Ausführlich wird der Wahl- und Krönungsakt dargestellt. Obwohl der Autor bei diesen Akten die meiste Zeit anwesend war, entspricht seine Schilderung weitgehend dem Inhalt gedruckter Berichte. Nur gelegentlich werden Passagen eingefügt, so im Hinblick auf die Auseinandersetzungen über das Zeremoniell 152 Andere Beispiele für umfangreiche Reisetagebücher sind jene Philipp Hainhofers, auf die bereits in Kap. VI.1.b eingegangen wurde. 153 Vgl. dazu schon Kap. II.2.b. 154 Dass ihm dies beim Einzug des Kaisers nicht gelungen war, verschweigt er hingegen. 155 Dass der Herzog diesen als „gar blöde und niedrig“ bewertet, zeigt, dass ihm das Verfahren bei solchen Anlässen nicht vertraut und sein Verhältnis zum Sprecher nicht ungetrübt war. Bernhard / Koppe, eigenhändiges Tagebuch, S. 324. Der Herzog berichtet auch über die Ankünfte anderer Fürsten mit ihrem Gefolge, für das er penibel den Umfang, mitunter auch den Rang der Mitreisenden sowie die Herberge angibt. 156 Bernhard / Koppe, eigenhändiges Tagebuch, S. 322f., 327, 340f. Dass der König ein vom Herzog von Jülich veranstaltetes Bankett besucht hatte, schreibt Johann Albrecht I. der „Anstiftung des Herzogen zu Bayern“ zu, wohingegen er die Tatsache, dass Maximilian II. dabei zuerst ihn und dann dem Herzog von Jülich per Handschlag begrüßte, mit Befriedigung festhält, desgleichen, dass der Kaiser ihn als Begleitung zu seinem Jagdausflug nach Hanau am 13.11.1562 auswählte. Ebd., S. 330.
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zwischen den Kurfürsten im Vorfeld.157 Dieses Verfahren lässt sich auch beim Empfang der türkischen Gesandtschaft am 27. November 1562 in der kaiserlichen Herberge feststellen, bei dem der Herzog ebenfalls anwesend war und über den er deshalb einen unabhängigen Bericht hätte verfassen können.158 Das Tagebuch enthält darüber hinaus eine Vielzahl von pittoresken Details über die Selbstinszenierung der in Frankfurt anwesenden Herrschaftsträger. So ist zu lesen, dass König Maximilian zwei Kamele mit sich geführt habe, auf denen Mohren mit türkischen Hüten gesessen hätten, oder welche hohen Geldsummen der sächsische Kurfürst und der bayrische Herzog beim Spiel einsetzten.159 Johann Albrecht beschreibt auch den Ablauf von Festivitäten, wobei er sich wertender Kommentare nicht enthält. So erschien ihm die am Kaiserhof geübte Art des Tanzes, bei der angeblich weitgehend auf die Inszenierung der Rangfolge verzichtet wurde, als reichlich sonderbar.160 Schon die Existenz dieser Quelle belegt, dass sich der Herzog nicht auf jene Formen verlassen wollte, in denen andere Akteure der Erinnerungskultur dieses für die eigene Selbstinszenierung vor Kaiser und Reich als hochwichtig erachtete Ereignis tradierten. Der Text richtete sich auch an die eigenen Nachkommen, für welche die bedeutsame Rolle, welche der Herzog seiner Ansicht nach bei dieser Herrschererhebung gespielt hatte, bewahrt werden wollte. Damit war er zunächst für eine sehr begrenzte Öffentlichkeit gedacht gewesen; indem er jedoch Bestandteil des eigenen Hausarchivs wurde, erhielten auch andere Personen in der Folge Einblick in dieses Dokument. 1791 wurde das Tagebuch sogar ediert und damit einer Medienöffentlichkeit zugänglich gemacht, die der Autor überhaupt nicht im Blick gehabt hatte. Den Anlass für die Verbreitung 157 Die Wahl wird auf S. 382–385, die Krönung auf S. 390–399 geschildert. Der Herzog war gemeinsam mit Kaiser Ferdinand I. in der Wahlkirche erschienen. Vgl. dazu Kap. IV.1.b. Bernhard / Koppe, eigenhändiges Tagebuch, S. 383. Bei der Krönungsmesse führt Johann Albrecht I. anders als die Zeitungsdrucke alle evangelischen Fürsten namentlich an, welche sich vor der Elevation der Hostie in die Sakristei zurückzogen. Beim Krönungsbankett ergänzt er die Schauessen in Gestalt der habsburgischen Wappentiere Adler und Pfau. Ebd., S. 398. 158 Allerdings erwähnt er, dass der kaiserliche Dolmetscher die Rede des Ibrahim Strotsch falsch ins Deutsche übersetzte, woraufhin dieser ihn berichtigte. Bernhard / Koppe, eigenhändiges Tagebuch, S. 387. 159 Im Folgenden Bernhard / Koppe, eigenhändiges Tagebuch, S. 324, 328. 160 So hielt er verwundert fest: „Mit dem tantzen wird es an Kaisers Hof viel anders als bei andern Fürsten gehalten, man führet nach dem Tantze die Jungfrauen und Frauen nicht, und giebt Ihnen nicht die Hand, sondern wenn der Tantz aus ist, macht man eine Reverentz und läst man sie gehen an ihre Städte, sie tanzen auch nicht vor nach ihrem Stande, sondern durch einander her ein geringer wol vor einem großen Herrn.“ Ebd., S. 347.
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dieser Traditionsquelle bildete die Wahl und Krönung Kaiser Leopolds II. von 1790, die als erneuter Erhebungsakt die Erinnerung an vorangegangene Akte in besonders starkem Maße reaktivierte. Die hohe Sensibilität gegenüber allen Sachverhalten, in denen der soziale Rang zum Ausdruck kam, zeichnet auch die zweite Quelle aus, die hier herangezogen wird. Ihr Verfasser war kein Reichsfürst, sondern Sekretär im Dienst der steiermärkischen Landstände. Das Tagebuch des Stephan Speidl über den Reichstag von 1594 verdankt seine Entstehung dem Bedürfnis seines Autors, sein Handeln im Interesse des eigenen Territoriums zu dokumentieren.161 Der schon in Regensburg verfasste Text war offenbar als Grundlage für den Rechenschaftsbericht der Gesandtschaft gegenüber der Landschaft gedacht und besitzt deshalb einen teilweise offiziösen Charakter.162 Zwar werden die Verdienste des Landeshauptmanns Sigmund Friedrich von Herberstein als Leiter der Gesandtschaft herausgestrichen, dennoch fokussiert der Bericht primär die Aktivitäten seines Autors, der in der Ich-Form schreibt und mitunter sehr plastisch seine Gedanken und Gefühle zu Papier bringt.163 Deutlich wird das hohe Bedürfnis des Autors, sich selbst in dem durch starke soziale Differenzierung geprägten sozialen Raum des Reichstags zu verorten, wobei ihm zu seinem Ärger das Verhalten anderer politischer Akteure vielfach verdeutlichte, dass er aufgrund seines durch nichtadelige Herkunft und untergeordnete Amtsfunktion gekennzeichneten sozialen Standes und der prekären Position dieser in den Augen von Kaiser und diverser Reichsstände nicht ausreichend legitimierten landständischen Gesandtschaft klar am unteren Ende der 161 Der Text umfasst ca. 140 Seiten. Zum Autor Loserth, Tagebuch, S. 5–12. Speidl weilte vom 30.04.–25.08.1594 in Regensburg. Da er aufgrund seiner engen Beziehungen zum kurmainzischen Kanzler Philipp Wolfgang von Rosenbach ausgesprochen gut informiert war, gibt diese Quelle einen sehr guten Einblick in die vielfältigen außerkurialen Kommunikationsabläufe auf einem Reichstag. Zum Auftreten erbländischer Landstände auf dem Reichstag Schulze, Haus Österreich; Luttenberger, Landstände. 162 Vgl. Loserth, Tagebuch, S. 13. Loserth geht davon aus, dass der Text erst nach der Rückkehr verfasst wurde, der Autor spricht aber öfter im Zusammenhang mit Regensburg von „alhie“, was auf eine Abfassung zumindest bestimmter Textteile vor Ort deutet. Nach seiner Rückkehr referierte Speidl seinen Auftraggebern die wesentlichen Abläufe vor Ort. Dennoch enthält der Bericht zahlreiche Angaben rein privater Natur. 163 Bisweilen äußert sich Speidl derart negativ über Entscheidungsträger am Kaiserhof, dass er schon im eigenen Interesse dafür sorgen musste, dass seine Schrift nicht öffentlich wurde. So heißt es über den Obersthofmeister Rumpf: „Es ist bei im nichts dan gspett, gelächter, und die Leut bei der nasen herumzufieren und zu eludiren, bis endlich der almächtig wird aufwachen und im solch sein verdienen belohnen. Gott geb, das es nun bald beschehe …“. Loserth, Tagebuch, S. 87. Solche Passagen dienten offenbar dem Frustrationsabbau und damit der Bewältigung des Erlebten.
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sozialen Hierarchie des Reichstags stand. Indem der Autor viele Inhalte seines Berichtes nach seiner Rückkehr den Vertretern der steiermärkischen Landschaft vortrug, wurden diese im kommunikativen Gedächtnis dieser ständischen Elite verankert; durch die Archivierung avancierte das Dokument darüber hinaus zum Bestandteil des kulturellen Gedächtnisses. Zwar nimmt die Schilderung der politischen Anliegen der Gesandtschaft auf dem Reichstag und die vielfältigen Versuche ihrer Mitglieder, diese gegen die Interessen von rangmäßig höher stehenden und politisch einflussreicheren Akteuren durchzusetzen, den weitaus meisten Raum der Darstellung ein, dennoch beschäftigt sich Speidl ausführlich mit den auf dem Reichstag vollzogenen öffentlichen Aufführungen, weil diese für ihn ein ganz wesentliches Element des Repräsentationsereignisses Reichstag ausmachten. So widmet er allein fünf Blatt der Beschreibung des kaiserlichen Einzugs, dem er von der Unterkunft des kaiserlichen Obersthofmeisters Rumpf persönlich hatte zuschauen können. Dabei übernimmt der Autor weitgehend den Text einer Neuen Zeitung, weil er dieser offenbar einen höheren Geltungsanspruch im Bezug auf die Verlässlichkeit der Informationen zumaß als der eigenen Wahrnehmung.164 Speidl schildert darüber hinaus weitere Herrschereinzüge: so den des bayrischen Herzogs am 9. Mai 1594 mit 300 Pferden, wobei der Herzog und seine Edelknaben „auf welsche manier geputzt, die andern pfärt alle teutsch“ gewesen seien, oder auch den des Mainzer Kurfürsten am 15. Mai 1594, der mit 250 Pferden in der Kutsche eingezogen sei.165 Den meisten Raum nach dem kaiserlichen Einzug nimmt der Herzog Friedrichs von Württemberg am 8. Juli 1594 ein, der Speidl aufgrund des zur Schau gestellten Pomps offensichtlich stark beeindruckt hatte.166 Beim Kirchgang des Kaisers am 28. Mai 1594 hält er penibel die Sitzordnung im Dom fest.167 Auch den Akt der feierlichen Eröffnung des Reichstags am 2. Juni 1594 beschreibt er „ad longum“ mit „fast allen 164 Vgl. dazu schon vorn Kap. V.2.b; auch Loserth, Tagebuch, S. 31. 165 Loserth, Tagebuch, S. 27, 29f. 166 So sei der „Princeps solus“ mit 600 Pferden in die Stadt eingezogen, darunter „50 Französische Muschketiere alle mit fliegenden blausamet röcken“. Verwunderung spiegeln die unspektakulären Einzüge des Administrators Friedrich Wilhelm von Sachsen-Weimar und des Kölner Kurfürsten Ernst von Bayern, der „sine nomine und unbemerkter solle hereingwischt sein“, denn die Zeitgenossen erwarteten bei Reichsfürsten ganz einfach einen glanzvollen Einzug auf den Reichstag. Der Verzicht darauf wurde offenbar als Verstoß gegen die Konvention betrachtet. Loserth, Tagebuch, S. 60, 34. 167 Speidl erwähnt außerdem einige reichsfürstliche Bankette, vorwiegend jene, zu denen er geladen war, wobei er auch Sitzordnungen verzeichnet. So schildert er ein Mittagsmahl Friedrich Wilhelms von Sachsen-Weimar für die steiermärkische Gesandtschaft am 24.06.1594. Loserth, Tagebuch, S. 44.
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seinen Solenniteten“.168 Wie schon beim Kaisereinzug dienten zeitgenössische Drucke als Quelle der eigenen Darstellung, die auf diese Weise einen intermedialen Charakter bekam. Im Hinblick auf das Hauptanliegen der Gesandtschaft, das darin bestand, für die Steiermark einen möglichst hohen Anteil der von den Reichsständen bewilligten Türkenhilfe herauszuschlagen, mussten der Ablauf von feierlichen Einzügen oder das Zeremoniell der Reichstageröffnung von eher untergeordneter Bedeutung erscheinen. Dennoch fixierte Speidl diese Akte – offenbar deshalb, weil sie ihn aufgrund der in ihnen eindrücklich zur Schau gestellten Magnifizenz beeindruckt hatten, aber auch, weil sie die Herrschaftsordnung im Reich vergegenwärtigten, die als politische Rahmenbedingung sehr wohl die Umsetzung der eigenen Ziele auf dem Reichstag tangiert. Tradiert wird das Bild einer stark hierarchisch gegliederten und durch zahlreiche politische und konfessionelle Konflikte geprägten Reichstagsgesellschaft, die aber dennoch in zentralen politischen Aufführungen wie dem Kaisereinzug oder der Reichstagseröffnung wenigstens vorübergehend als soziale und politische Einheit erfassbar wurde. Wurden bislang zwei Quellen analysiert, deren Inhalt sich auf die Fixierung eines bestimmten Ereignisses beschränkte, werden nun autobiographische Texte betrachtet, welche deutlich längere Zeiträume abdecken. Dabei wurden bewusst Texte ausgewählt, deren Verfasser verschiedenen sozialen Schichten angehörten und in unterschiedlichem Ausmaß in die Ereignisse involviert waren. Mit dem Tagebuch des kaiserlichen Diplomaten Hans Khevenhüller (1538– 1606), der seit 1558 unter Maximilian II. und Rudolf II. mehrere Hofämter innehatte, wird ein kaisernaher Autor herangezogen, der im Rahmen der Ereignisse mitunter selbst eine wesentliche Rolle spielte.169 Aufgrund seiner Tätigkeit im kaiserlichen Dienst nehmen Berichte über Ereignisse, die in engem Bezug zum Kaiserhof stehen, einen breiten Raum ein. Da der Text das gesamte Leben des Autors abdeckt, selektierte Khevenhüller die Informationen viel stärker, vor allem bei jenen Geschehnissen, bei welchen er nicht persönlich anwesend war. 168 Dieser Bericht wurde erst später angefertigt, weshalb sich der Vermerk im Tagebuch auf die Intention der Beschreibung beschränkt. Landeshauptarchiv Graz, Cod. 42, fol. 107, 157. 169 Khevenhüller wurde für seine Verdienste in den Grafenstand erhoben und in den Orden vom Goldenen Vlies aufgenommen. Khevenhüller, Tagebuch. Zur Person Czerwenka, Die Khevenhüller, Bd. 1; Strohmeyer, Diplomatenalltag. Khevenhüller begann nach dem Tod seines Vaters 1557 und seinem Eintritt in den Hofdienst mit der Niederschrift des Textes, der danach fortlaufend ergänzt wurde, wobei die Eintragungen ab dem Ende der 1560er Jahre deutlich an Umfang zunehmen. Da er sich mit wenigen Unterbrechungen ab 1574 dauerhaft als Orator des Kaisers am spanischen Hof aufhielt, werden Ereignisse im Reich ab diesem Zeitpunkt nur kurz erwähnt.
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So erwähnt er zur Herrschererhebung von 1562 lediglich die Daten von Wahl und Krönung und stellt fest: „Solche krönung ist in ansehung großer menig volk so glücklich ainig und wol abgangen, das man sich darüber billig verwundern, auch lauter abzunemen und zu sehen, das Gott sondern seegen dazue verlihen.“170 Diese Formulierung weist eine topische Qualität auf, denn sie findet sich auch in einer Vielzahl anderer Berichte. Sie tradiert nicht nur die Herrschererhebung, sondern deren Deutung als Ausdruck der Eintracht von Kaiser und Reich sowie das Gottesgnadentum der habsburgischen Herrschaft. Deutlich mehr Informationen hält Khevenhüller über die Reichstage von 1566 und 1570 fest, an denen er teilgenommen hatte. Dabei stehen Berichte über Akte der Herrschaftsinszenierung eindeutig im Vordergrund.171 So hebt er für den Augsburger Reichstag von 1566 hervor, dass „die maisten chur- und fürsten all persöndlich“ erschienen seien, womit der besondere Rang des Ereignisses betont wird. Außerdem berichtet er über den mehrtägigen Aufenthalt des Kaisers bei Albrecht V. von Bayern, „der Ihr Mt. mit fünfhundert pferden entgegen komen und zu Münichen ansehlich und stattlich tractiert hat.“172 Über den Einzug des Kaisers in Augsburg am 22. Januar 1566 erfährt man dagegen lediglich, er sei „ceremonialiter und stattlich“ sowie gemäß dem üblichen Verfahren geschehen.173 Bei den beiden „cöstlich und schön ring rennen“ am 18. Februar und 12. Mai 1566 erwähnt Khevenhüller neben der Vielzahl der Teilnehmer seine eigene Mitwirkung, die ihn mit Stolz erfüllte.174 Auch an dem durch Maximilian II. veranstalteten „stattlich und schön schießen“ nahm er teil, wobei er die ausgelobten Preise im Wert von 2000 Reichstalern anführt. Am ausführ170 Während des Wahltages musste Khevenhüller sich mit einer Hofintrige auseinandersetzen, weshalb er nicht in Frankfurt am Main anwesend sein konnte. Khevenhüller, Tagebuch, S. 13. Vgl. dazu schon Kap. V.2.b. 171 Im Hinblick auf die Ergebnisse des Reichstags von 1566 bemerkt Khevenhüller lediglich, dass die Türkenhilfe so hoch gewesen sei, weil der Kaiser seine eigene Teilnahme am Feldzug zugesagt habe. Den Inhalt der Proposition beim Reichstag von 1570 spart er als „unnoth und zu lang“ aus, denn den Text hätte er sich bei Bedarf ohnehin besorgen können. Khevenhüller, Tagebuch, S. 55. 172 Khevenhüller hatte offenbar eine Vorliebe für öffentliche Inszenierungen, denn er reiste ein Jahr später extra über Innsbruck, um den Ersteinzug Erzherzog Ferdinands von Tirol sehen zu können. Khevenhüller, Tagebuch, S. 30. Er beobachtete auch die Investitur des Dogen Alvise Mocenigo 1570 in Venedig, berichtete aber nicht darüber, „weil si in historias begriffen“. Ebd., S. 53. 173 Während er für den Kaisereinzug in Speyer keine Details übermittelt, heißt es über die Einzüge der Kurfürsten, dass Maximilian dem Mainzer Kurfürsten entgegengeritten sei, während er diese Ehre den Kurfürsten von Trier, Pfalz und Köln aufgrund eines Podagra-Anfalls nicht erweisen konnte. Ebd. S. 58. 174 Im Folgenden Khevenhüller, Tagebuch, S. 23f.
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lichsten fällt die Beschreibung der Belehnungen „offentlich auf dem plaz“ von 1566 aus.175 Beim Reichstag von 1570 werden dagegen die im Zuge der Heirat Elisabeths von Österreich mit Karl IX. von Frankreich durchgeführten Festivitäten als Höhepunkte der Herrschaftsinszenierung hervorgehoben.176 Die Auswahl der Inhalte verdeutlicht, dass es Khevenhüller vor allem darum ging, über die Beschreibung seiner Rolle bei politischen Großereignissen den eigenen sozialen Rang zu betonen, der ihn zum Beispiel befugte, gemeinsam mit Reichsfürsten und Kaiser an Turnieren teilzunehmen. Im engeren Sinne politische Materien umreißt er nur dann, wenn er selbst direkt damit betraut war, weil dies seine hohe Bedeutung als Diplomat in kaiserlichen Diensten verdeutlicht. Diese autobiographischen Aufzeichnungen zielten damit primär auf das Ehrengedächtnis der eigenen Person, das Khevenhüller innerhalb der eigenen Familie bewahrt wissen wollte, aber auch auf das Ehrengedächtnis des Kaiserhauses, dem sich der Autor eng verbunden fühlte, was seine Aufzeichnungen vielfach spiegeln.177 Während Johann Albrecht I. von Mecklenburg oder Hans Khevenhüller stark in die Ereignisse involviert waren und selbst Einfluss auf bestimmte Abläufe nehmen konnten, trifft das auf die im Folgenden besprochenen Autoren nicht zu. Ihre Dokumentationsinitiativen werden deshalb betrachtet, weil hier Angehörige unterer sozialer Schichten als Akteure des kulturellen Gedächtnisses ins Blickfeld rücken, welchen in der Regel unterstellt wird, dass sie die eigene Person fast ausschließlich in lokalen Beziehungsgefügen verorteten. Dabei sind für Autoren dieser Art weit weniger Texte überliefert. Zwei Dokumente – die 30 Folioblätter umfassende Lebensbeschreibung des sächsischen Hofküchenbediensteten Michael Brunner (1542?–1597) und das Tagebuch des Würzburger 175 Khevenhüller geht auch auf die Ausstattung der Fürsten und ihres Gefolges sowie auf die wesentlichen Teilakte der Belehnungen ein, wobei diese Passagen auf zeitgenössischen Drucken zu basieren scheinen. Zu den beiden Belehnungen vgl. schon Kap. IV.3. 176 Im Folgenden Khevenhüller, Tagebuch, S. 54–59. Für die „gar stattlich und ceremonialiter“ im Speyrer Dom per procuratorem vollzogene Hochzeit zwischen Elisabeth von Österreich und Karl IX. von Frankreich führt Khevenhüller die Namen aller anwesenden Fürsten an. Ebd., S. 55. Auch die Abreise der Königin und das Geleit durch Kaiser und Fürsten bis zum ersten Nachtlager sowie bis nach Mesiers durch den Trierer Kurfürsten, den Bischof von Straßburg und den Markgrafen von Baden wird geschildert, wobei viele Adlige die Reise „zu besehung des lands und der ceremonien“ bis nach Paris fortgesetzt hätten. 177 Da Khevenhüller nicht verheiratet war, hatte er offenbar die Nachkommen seiner Geschwister im Blick. Vielleicht wurden die Aufzeichnungen auch genau deshalb verfasst, weil keine eigenen Kinder vorhanden waren, die über das kommunikative Gedächtnis die bedeutsame Stellung des Vaters hätten tradieren können.
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Botenmeisters Adam Kahl (1539–1594) – verdanken ihre Überlieferung dem Umstand, dass ihre Autoren sie in gedruckte historische Werke integriert hatten, wodurch sich hier zwei verschiedene Medien in einem intermedialen Artefakt verschränkten.178 Die Tatsache, dass beide Autoren Werke zur Reichsgeschichte besaßen, zeigt, dass ihr Reflektionshorizont deutlich über das lokale Umfeld hinausreichte, sicher nicht zuletzt deshalb, weil sie in höfischen bzw. städtischen Diensten standen. Ihre Notizen waren nicht als eigener Entwurf historischer Abläufe gedacht, sondern als persönliche Ergänzung zu einer von anderer Seite tradierten Geschichte des Reiches. Dementsprechend konzentrierte sich die Darstellung auf die Geschichte der eigenen Person, Familie oder Stadt. Kaiserauftritte wurden nur kurz erwähnt. Michael Brunner hielt den Aufenthalt Kaiser Maximilians II. am sächsischen Hof 1575 zwar fest, ohne jedoch Details über die Abläufe zu berichten.179 Über die Reichstage von 1566, 1582 und 1594 notierte der Autor außer seiner Anwesenheit für 1582 die Daten von Kaisereinzug und Reichstagseröffnung.180 Bezeichnenderweise waren es inszenatorische Großereignisse, deren Vollzug dokumentiert wurde. Ähnlich knapp sind die Informationen bei Kahl, der lediglich das Eintreffen von Kaiser, König und Reichsfürsten in Würzburg auf der Durchreise zum Wahltag von 1562 erwähnt.181 Für die Wahl und Krönung führt Kahl die Daten an und vermerkt, dass die Wahl einstimmig 178 Brunners Tagebuch findet sich im Anhang einer Sleidan-Ausgabe von Michael Beuther; Kahl benutzte für seine Aufzeichnungen dessen „Calendarium Historicum“. Beide Texte zeichnen sich durch ihre Knappheit und ihren starken Bezug zum direkten Lebensumfeld des Autors aus, wobei der Schwerpunkt auf Ereignissen wie Geburt, Heirat und Tod von Familienangehörigen, Freunden und Angehörigen der städtischen Oberschicht liegt. Den meisten Raum widmet Brunner der eigenen Hochzeit von 1572, die er offenbar zum Anlass nahm, sein Leben zu dokumentieren. Das Tagebuch von Adam Kahl stellt eher eine Sammlung von kurzen Notizen dar, die noch nicht einmal chronologisch klar geordnet sind und den Zeitraum von 1559 bis 1574 abdecken. Kade, Familienchronik; Endres / Engel, Adam Kahl, zur Person des Autors ebd., S. 3–26. 179 Kade, Familienchronik, S. 90f. Brunner, der in unterschiedlichen Funktionen unter drei sächsischen Kurfürsten diente, erwähnt lediglich, dass vier Söhne des Kaisers diesen begleitet hätten. Außerdem werden die Besuche des sächsischen Kurfürsten bei Maximilian II. 1573 in Wien oder bei Rudolf II. 1577 in Bautzen angeführt. 180 Das Datum des Einzuges ist falsch. 1594 steht der eigene schlechte Gesundheitszustand im Vordergrund. Kade, Familienchronik, S. 93. 181 Die Erwähnung resultiert sicher daraus, weil Kahl in seiner Eigenschaft als Botenmeister an der Organisation beteiligt war. Endres / Engel, Adam Kahl, S. 56. Auch die Ankunft der türkischen Gesandtschaft auf der Durchreise nach Frankfurt am Main am 16.11.1562 wird erwähnt.
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geschehen sei, weil er diesem Faktum offenbar eine zentrale Bedeutung für die Legitimität des Herrschers zuschrieb. Die Art und Weise der Dokumentation verdeutlicht, dass die Angaben ihren Autoren, deren Schriftbild mitunter die Mühe verdeutlicht, die ihnen das Schreiben längerer Passagen bereitete, offenbar lediglich als Fixpunkte dienen sollten, um die im eigenen Gedächtnis gespeicherten, deutlich umfangreicheren Informationen bei Bedarf in der Folge erinnern zu können. Dieses Verfahren barg einerseits die Gefahr, dass gerade diese Gedächtnisinhalte im Verlauf der Zeit verlorengingen, zum anderen war nur der Autor selbst, nicht aber andere Leser in der Lage, diese Verknüpfungsleistung zu erbringen. Beiden Autoren ging es weder um die Fixierung eines zeremoniellen oder rituellen Verfahrens, noch um das eigene Ehrengedächtnis, sondern vielmehr um die Verortung der eigenen Person innerhalb der Bezugsebenen Stadt, Hof, Territorium und Reich. Diese Ebenen überschnitten sich genau dann in starkem Maße, wenn das Heilige Römische Reich in Gestalt seines obersten Repräsentanten vor Ort präsent war. Deutlich mehr Angaben übermittelt hingegen der Schreibkalender des Würzburger Tuchscherers Jakob Röder (?–1621). Dabei verkörpert der Schreibkalender gerade für die soziale Schicht, welcher dieser Autor entstammte, eines der wichtigsten Gedächtnismedien in dieser Phase überhaupt. Hier wurden erstmals gedruckte Exemplare auf den Markt gebracht, welche die Daten und einen bestimmten Freiraum, den der Autor mit eigenen Angaben füllen konnte, vorgaben. Damit wurde die für ein bestimmtes Datum überlieferbare Informationsmenge durch die Gestaltung des Kalenders vorgegeben, wie dies auch für das von Kahl benutzte „Calendarium Historicum“ zutraf, wenngleich in derartige Medien nicht selten auch weitere Seiten eingeklebt wurden. Röder war als Leutnant der Bürgerwehr selbst an der Organisation beteiligt gewesen.182 Er berichtet über das vom Würzburger Bischof angeordnete 40stündige Gebet und die am 15. April 1612 durchgeführte Prozession für eine „glückliche erwelung eins catholischen kaisers“, an der 5.000 Menschen teilgenommen hätten.183 Diese Passage tradiert die starke Präsenz, die das Reich in der fragilen Phase des
182 Kerler, Kalendereinträge. Röder verfügte offenbar nur über eine geringe Schulbildung, was die stichwortartigen und unbeholfen formulierten Einträge deutlich zeigen. Zum Autor ebd., S. 1–9. 183 Kerler, Kalendereinträge, S. 44. Die Zahl der Teilnehmer erscheint allerdings sehr hoch. Die Konfession des Kaisers ist dem katholischen Autor offensichtlich besonders wichtig. Röder hielt auch den Tod Rudolfs II. am 20.01.1612 fest und beschrieb die für den Kaiser im Dom vor mehreren 100 Menschen abgehaltene Seelenmesse. Ebd., S. 43.
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Interregnums in den Köpfen der Untertanen erlangte, wenn diese sich an den Bittgebeten für Kaiser und Reich beteiligten. Die Schilderung der Musterung, bei welcher die Bürger vor Bischof und Domherren in der Schlachtordnung antraten und jeder einen Testschuss abgab, sowie auch jene des Einzugs von Matthias in Würzburg am 19. Mai 1612 zeigen deutlich die auf die eigene Funktion gerichtete Perspektive dieses Autors, der genau festhält, wo die fünf Kompanien Kriegsvolk gestanden hatten und wie viele Geschütze abgeschossen worden waren.184 Für Röder stand die Selbstdarstellung der eigenen Stadt bei diesem Ereignis im Vordergrund, wobei er die in seinen Bereich fallenden Maßnahmen sicher auch im Hinblick auf zukünftige Akte dokumentierte. Außerdem beschrieb dieser Autor zwei zu Ehren des Königs beim Jesuitenkolleg und auf der Mainbrücke errichtete Ehrenpforten, die „der königreich Unger und Behaim und Österreich erbwappen zwen leowen haldent wapen und leoben gcrönt“ sowie den „Römisch atler“ gezeigt hätten.185 Hätte Röder diese Tatsache nicht übermittelt, wäre sie heute verloren. Dies lässt darauf schließen, dass die scheinbar geringe ephemere Ausstattung der Kaisereinzüge in kleineren Residenz- oder Reichsstädten zumindest teilweise auch in der Überlieferungssituation begründet sein könnte. Das letzte Egodokument, auf das hier eingegangen wird, ist die Lebensbeschreibung des Frankfurter Malers Peter Müller (1573–1633).186 Als wenig vermögender Handwerker dürfte der Autor sozial am unteren Ende der städtischen Mittelschicht zu verorten sein; anders als Kahl, Brunner oder Röder war er weder in städtischen, noch in höfischen Diensten tätig und verfügte über einen eher geringen Bildungsstand.187 Müller berichtet ausführlich über die Herrschererhebungen von 1612 und 1619, die in seiner Heimatstadt vollzogen worden 184 Kerler, Kalendereinträge, S. 45. Penibel verzeichnet Röder außerdem die Orte, an denen Garküchen aufgestellt wurden, sowie die Tafeln und Tische, an denen das kaiserliche Gefolge bewirtet werden sollte. In welcher Ordnung der König in Würzburg eingezogen war, erfährt man dagegen nicht. Die Zahl des Gefolges wird jedoch für die Durchzüge hochrangiger Reichsfürsten auf dem Weg zum Reichstag nach Regensburg 1613 angegeben. Kerler, Kalendereinträge, S. 49. 185 Kerler, Kalendereinträge, S. 45. 186 Becker, Chronik, S. 1–166. Der hohe Wert, den dieses Dokument für seinen Verfasser besaß, zeigt sich schon im Eingangsspruch des Textes, in dem Müller vermerkt, dass das Buch ihm gehört und, falls es verloren gehen sollte, ihm unbedingt zurückgegeben werden solle. Mit der Abfassung begann Müller nach eigenen Angaben 1611, wobei jedoch unklar ist, wann die einzelnen Textteile entstanden sind. Einer der ersten Einträge enthält die Durchreise des Trierer Kurfürsten am 26.09.1611 zum Kurfürstentag nach Nürnberg, den Müller mit dem Regensburger Reichstag von 1613 verwechselt. 187 Zur Herkunft des Autors vgl. Becker, Chronik, S. 1f.
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waren. Dabei gibt er sowohl über die Vorbereitungen der Stadt, als auch über die Abläufe während der Erhebungsakte Auskunft.188 Während er für den Einzug von Kurfürsten und König, Wahlberatungen und den Wahlakt nur jeweils das Datum aufführt, gerät die Darstellung der Königskrönung deutlich ausführlicher.189 Dies gilt jedoch nur für jene Handlungssequenzen, die vor den Augen der städtischen Öffentlichkeit stattgefunden hatten: Krönungszug, Münzwurf, Erzämter und Preisgabe beim Krönungsbankett. Tradiert wird die Krönung als ein im öffentlichen Raum vollzogener Akt, an dem die Unterschichten über die Preisgabe und als Publikum feierlicher Aufzüge partizipierten. Dabei entspricht die Darstellung weitgehend der zeitgenössischen Publizistik zu diesen beiden Ereignissen, die der Autor nachweislich rezipiert hat.190 Dies zeigt sich auch in den topischen Formulierungen, mit denen das Geschehen bewertet wird. So heißt es, der Wahltag sei „christlich und wol zugegangen“ und die Zeremonien seien „mit allem Pomp, Pracht, ganz herrlich“ gefeiert worden. Erst das Ende seines Berichtes über die Krönung von 1612 weist eine individuelle Note auf, die gleichzeitig verrät, dass dieser aus der Rückschau geschrieben wurde: „Da war lauter Freud; wer es nur gesehen hat, dem hat’s wohlgefallen. Aber es ist hernach grosses Leid in dieser Stadt daraus entstanden, wie mans hernach erfahren hat, und auch Jedermann davon weiss zu sagen. Alle diejenig, die hie gelacht haben, die haben hernach geweint. Gott wird sichs annehmen und über uns Burger sich erbarmen. Als nun die Freud vollendet gewesen ist, ist Jedermenniglich wieder zu Hause gangen und still worden.“191
An dieser Stelle ist die Darstellung völlig eigenständig. Sie transportiert eine emotionale Anteilnahme, welche die zuvor behandelten Texte im Zusammenhang mit politischen Aufführungen meist vermissen lassen. Geschuldet war diese nicht allein dem Akt der Herrschererhebung, sondern den traumatischen Ereignissen des Fettmilchaufstandes.192 Dabei zeigt der Bericht über die Huldi188 So berichtet der Autor, dass vor Ankunft von Kaiser und Kurfürsten „der Römer oben auf vonn schreiner und Mahlerarbeit schon geziehrt worden“ sei. Becker, Chronik, S. 12. Ob er daran beteiligt war, geht aus dem Text nicht hervor. 189 Im Folgenden ebd., S.13–16. Bei der Kaiserinnenkrönung reicht ihm hingegen das Datum. 190 So berichtet er selbst, dass Wahl und Krönung „in unterschiedlichen Puncten beschrieben“ worden seien. Becker, Chronik, S. 13. Allerdings behauptet Müller, dass beim Krönungszug die geistlichen Kurfürsten dem Kaiser vorangeritten seien, was lediglich für Kurtrier zutraf. 191 Becker, Chronik, S. 15. 192 Zum unmittelbar nach Abreise des Kaisers ausbrechenden Fettmilchaufstand vgl. schon Kap. IV.2.
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gung am 21. Juni 1612 die Parteinahme des Autors für die Aufständischen. So schildert er, die Bürgerschaft habe vor dem kaiserlichen Losament erscheinen müssen „mit höchster Bedrohung, welcher nit erscheinen wird, der verlustiget sich seiner Freyheiten und Privilegien, da doch nicht ein einiger Burger gewusst, was [er] für Freyheiten hat in dieser Stadt. Habens aber hernach erfahren, was Freyheiten seyen, das auch etliche mit Blut und Tod bestätigt haben, und was mehr Freyheiten sind genommen worden, als gegeben.“193 Über den ohne großes Zeremoniell vorgenommenen Auszug des Kaisers am 23. Juni heißt es dagegen lediglich, dass dieser so „früh zum Thor hinaus gezogen, ehe mans gewahr ist worden; hat sich kaum die Burgerschaft in die Rüstung gebracht, ist er hinweg gewest, also geschwind hat er hinweg geeilt.“194 Die vorgestellten Texte zeigen, in welch unterschiedlichen Formen politische Aufführungen in autobiographischen Texten gespeichert wurden. Die Spannweite reichte von ausführlichen Berichten bis hin zur bloßen Erwähnung des Ereignisses. Je länger das Ereignis zurücklag, desto stärker wurden die Informationen durch den Schreiber selektiert und desto knapper fielen seine Einträge aus. Eine wesentliche Rolle für die Dokumentation spielten zum einen der Grad, in dem der Autor in das Ereignis selbst involviert war und die Funktion, die er dabei ausgeübt hatte. Zum anderen wirkten sich seine soziale Stellung sowie seine Vertrautheit mit dem Schreiben auf die Art und Weise der Fixierung aus. Obwohl alle Texte von vornherein für einen begrenzten, in der Regel familiären Kreis von Rezipienten gedacht waren, findet sich nur ein geringes Ausmaß an kritischer Reflektion, die sich nie gegen die politischen Aufführungen oder die Person des Kaisers richtet. Diese vorgestellten Selbstzeugnisse sind für den Untersuchungsraum als genuine Gedächtnismedien zu begreifen; eine auf die Bewältigung der Gegenwart gerichtete Selbstreflexion spielt eine untergeordnete Rolle. Dabei ging es hochrangigen, selbst an den Inszenierungen beteiligten Akteuren vor allem um das Ehrengedächtnis der eigenen Person, während die übrigen Texte das Bedürfnis spiegeln, die eigene Person innerhalb eines komplexen Beziehungsgefüges zu verorten, das durch die Familie, die Stadt, den Hof, das Territorium sowie eben auch das Heilige Römische Reich gebildet wurde. Einen hohen Einfluss auf die Formen der Tradierung übten nachweislich gedruckte Berichte aus, was zu einer zunehmenden Kanonisierung der Erinnerungsinhalte führte und ein wesentli193 Müller schließt allerdings mit der seine eigene Bewertung relativierenden Bemerkung: „Es wird aber Gott dermaleins offenbar machen am jüngsten Tag, welche Parthey recht oder unrecht haben: also können wir noch nit wissen, was wir haben.“ Becker, Chronik, S. 15f. 194 Becker, Chronik, S. 16.
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cher Grund für den hohen Gehalt an Topoi, der sich in diesen Texten finden lässt, sein dürfte. b) Geschichtsschreibung und Reichspublizistik Einen starken Niederschlag fand der Kaiserauftritt in der Geschichtsschreibung. Dies betrifft besonders die städtische Chronistik, Dynastie- sowie Reichsgeschichten.195 Territorial oder regional ausgerichtete Chroniken, auf die hier nicht eingegangen werden kann, berichteten dagegen primär über kaiserliche Auftritte bei Wahl- und Krönungstagen, weil diese aufgrund ihrer hohen politischen Bedeutung von überregionalem Interesse waren. Über den Ablauf von Kaiserauftritten außerhalb solcher Ereignisse informierten nur jene Länderchroniken, die den Herrschaftsraum abdeckten, in dem der Einzugsort gelegen hatte. Da die Autoren solcher Werke nur selten auf Aktenüberlieferung oder andere handschriftliche Quellen zurückgreifen konnten, übernahmen sie regelmäßig den Inhalt zeitgenössischer Drucke.196 Zunächst sollen im Folgenden die Dokumentationsformen der reichsstädtischen Chronistik untersucht werden, bevor in einem zweiten Schritt nach der Tradierungsleistung von Reichsgeschichtsschreibung und Reichspublizistik gefragt wird.197 Es waren vor allem reichsstädtische Chronisten, die den Kaiserauftritt in ihren Werken würdigten, während dieser in den Chroniken der sich entwickeln195 Die Klassifizierung der überlieferten Werke in die genannten Kategorien ist im Untersuchungszeitraum oft schwierig. Sie soll an dieser Stelle eher den unterschiedlichen thematischen Fokus der Darstellungen deutlich machen, als den Eindruck erwecken, die Textsorten ließen sich durch formale Kriterien klar voneinander trennen. 196 So druckte Bernhart Hertzog in seiner elsässischen Chronik für die Herrschererhebung von 1562 die Wahl- und Krönungsbeschreibung von Rab, Feyerabend und Han ab. Hertzog, Chronicon Alsatiae, hier S. 188–203. Gleiches Verfahren für 1612 bei Oertel, Chronologia. Andere Autoren fassten den Inhalt von Druckwerken kurz zusammen. So Beatus, Böheimische Chronica, S. 64. 197 Die städtische Chronistik umfasst im Hinblick auf die Organisation des Materials, den abgedeckten Zeitraum, die Dichte der Überlieferung, die geographische Fokussierung und den Darstellungsstil ausgesprochen heterogenes Material, das jedoch insofern übereinstimmende Merkmale aufweist, als dass explizit die Geschichte der eigenen Stadt geschrieben werden sollte und diese eindeutig im Vordergrund stand. Vgl. die Definition von Dzeja, Geschichte, S. 17f.; Gert Melville, Art. Chronik, in: RLW, Bd. 1, S. 304–307. Sonderformen stellen Zunft- oder Ratschroniken dar. Die frühneuzeitliche Stadtchronistik ist weniger untersucht als jene des Spätmittelalters, was sich auch in der Zahl der Editionen widerspiegelt. Zur Fixierung von Kaisereinzügen in spätmittelalterlichen Chroniken vgl. Schenk, Zeremoniell und Politik, S. 186–198.
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den Residenzstädte Dresden, Heidelberg, München oder Würzburg oft nur am Rande thematisiert wurde, weil hier nicht die Stadt, sondern vielmehr der Territorialfürst als Hauptakteur fungierte. Bei Reichsstädten dienten hingegen die Kaiserauftritte als wichtige Momente der Selbstdarstellung: Die Herrschereinzüge und die in ihrem Kontext öffentlich vollzogenen Rechts- und Festakte stellten nichtalltägliche Begebenheiten dar, weshalb sie schon den spätmittelalterlichen Stadtchronisten regelmäßig als „merkwürdig“ im Sinne von bewahrenswert erschienen waren. Die wesentlichen Charakteristika der Fixierung politischer Aufführungen in der städtischen Chronistik werden im Folgenden am Beispiel von drei bedeutenden Chroniken der Reichsstadt Augsburg herausgearbeitet.198 Zwar gibt es durchaus Unterschiede zwischen den Reichsstädten Augsburg, Nürnberg, Regensburg oder Frankfurt am Main im Hinblick auf Entstehungskontexte, Darstellungsformen oder inhaltliche Schwerpunkte von Stadtchroniken, dennoch lassen sich für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand am Augsburger Beispiel eine Reihe von Mechanismen der Fixierung herausarbeiten, die auch für andere Reichsstädte Geltung beanspruchen können. Mit Augsburg tritt zudem eine Reichsstadt ins Blickfeld, welche im Untersuchungszeitraum ebenfalls mehrere kaiserliche Auftritte innerhalb und außerhalb von Reichsversammlungen erlebte.199 Die Funktion als Austragungsort von Reichsversammlungen und die traditionell enge Beziehung zum Kaisertum machten einen wesentlichen Bestandteil des Selbstverständnisses der politischen Elite dieser Reichsstadt aus, die am Ende des 16. Jahrhundert gezielt damit begann, Repräsentationsbauten zu errichten, die dieser besonderen Bedeutung Augsburgs Rechnung tragen sollten.200 Ausgewählt wurden die Stadtchroniken des Ratsdieners Paul Hektor Mair (1517–1579), des Handelsdieners Georg Kölderer (1550?–1607) und des Arztes und Humanisten Achilles Pirmin Gasser (1505–1577), die sich im Hinblick auf ihren Bildungsstand, ihre Funktion im Rahmen der Ereignisse und ihren nicht zuletzt daraus resultierenden Zugang zu Informationen erheblich unter198 Zur Augsburger Chronistik vgl. Weber, Geschichtsschreibung in Augsburg; Rohmann, Clemens Jäger; Kramer-Schlette, Augsburger Chronisten; CDS, Bd. 32, Einleitung. Recherchen zur Chronistik anderer Kaisereinzugsorte wie etwa Rothenburg o.d.T., Regensburg oder Speyer haben ergeben, dass diese Charakteristika oft auch für kleinere Reichsstädte zutreffen. 199 Vgl. die Aufenthalte von Kaiser Ferdinand I.: 31.12.1558–21.08.1559 (Reichstag); König Maximilian II. 24.12.1562–13.01.1563; derselbe als Kaiser: 20.01.–03.06.1566 (Reichstag); Rudolf II.: 27.06.–01.10.1582 (Reichstag). 200 Vgl. dazu Ausstellungskatalog Augsburg (1980), Boehm, Reichsstadt; Schlee, Reichstagstradition; allgemein Roeck, Eine Stadt in Krieg und Frieden.
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schieden, was sich in der Art und Weise der Überlieferung niederschlug.201 Obwohl auch Mair eine Publikation erwogen haben dürfte, wurden nur Gassers „Annales Augustani“ im Untersuchungszeitraum gedruckt.202 Das Fehlen von gedruckten Stadtchroniken dürfte im Falle von Augsburg in der besonderen Brisanz begründet sein, die der Geschichtsschreibung in dieser bikonfessionellen Stadt zukam. Tatsächlich blockierte der Augsburger Rat mehrfach aus innenpolitischen Gründen die Publikation von Stadtchroniken, auch der von Gasser.203 Allerdings wurden auch die in dieser Phase entstandenen Chroniken anderer Reichsstädte nur selten gedruckt. Paul Hektor Mairs Chronik besteht aus zwei Teilen, die beide ungefähr denselben Zeitraum von der Gründung der Stadt bis zum Jahr 1565 abdecken.204 Als Ratsdiener verfügte Mair über eine tätigkeitsbedingte Nähe zur städtischen Obrigkeit, die ihm ergiebige Informationskanäle eröffnete.205 So konnte er auf das Ratsarchiv sowie auf die Stadtbibliothek als zentrale Speicherräume historischen Wissens zurückgreifen. Mair ließ durch den Schulmeister Abraham Schieß (1535?–1606) und den Ratsdiener Clemens Jäger (1500–1561), die beide selbst Chroniken zur Geschichte Augsburgs verfassten, zahlreiche Originaldokumente sowie ältere Stadtchroniken abschreiben, die er seiner Privatbibliothek einverleibte. Diese Bibliothek, die einen auf die individuellen Bedürfnisse dieses Tradierungsexperten zugeschnittenen Gedächtnisspeicher darstellte, umfasste eine Vielzahl handschriftlicher wie gedruckter historischer Werke, die Mair als Vorlage für sein Werk nutzen konnte. Innerhalb der Chronik kommt Berichten über öffentliche Akte während der kaiserlichen Anwesenheit ein hoher Stellenwert zu. Dabei geht Mair zum einen 201 Der eigenständige Teil der Chroniken von Mair (1547–1565) ist veröffentlicht in CDS, Bd. 32f. Die Chronik von Kölderer findet sich in SSB Augsburg, 2 Cod. S. 39–44, hier 40. Außerdem Gasser, Dritter Theil. 202 Nach Roth verbarg Mair aus diesem Grund bei den Chroniken im Gegensatz zu seinen anderen Memorialschriften seine Autorschaft. Roth, Chroniken der deutschen Städte, Bd. 32, S. LXIXf. Gassers Werk erschien erst 18 Jahre nach seinem Tod 1595 in einer deutschen Übersetzung bei Egenolph in Frankfurt am Main und zwar gemeinsam mit der Augsburger Chronik des Marcus Welser (1548–1614), welche die Frühzeit der Augsburger Geschichte behandelt. Welser, Chronica. 203 Bei Abraham Schieß, der 1589 versuchte, eine Publikationserlaubnis zu bekommen, wurde das Werk sogar konfisziert. Dabei hatte der Autor angeboten, inhaltliche Korrekturen vorzunehmen. CDS, Bd. 33, S. 309. 204 Für die inhaltlichen Differenzen ausführlich CDS, Bd. 32, S. LXIII–C und Bd. 33, S. 264–280. Für den Zeitraum vor 1547 kompilierte Mair im Wesentlichen die Inhalte älterer Stadtchroniken. 205 CDS, Bd. 33, S. 247.
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innerhalb der chronologischen Darstellung vielfach auf Ereignisse dieser Art ein, zum anderen fügt er aber auch besondere Exkurse an, die zum Beispiel detailliert über den Ablauf von Kaisereinzügen berichten.206 Die hohe Bedeutung, welcher dieser Chronist solchen Akten beimaß, zeigt sich schon darin, dass er den politisch bedeutenden, aber in repräsentativer Hinsicht ereignislosen Reichstag von 1555 fast völlig übergeht, während er dem im Hinblick auf seine Ergebnisse deutlich weniger bedeutenden Reichstag von 1559 immerhin 23 Blatt widmet, wenngleich hier auch Vorkommnisse integriert sind, die ausschließlich die Stadt und nicht den Reichstag oder die kaiserliche Anwesenheit betreffen.207 Den weitaus meisten Raum nehmen die Beschreibungen des Kaisereinzugs, der von Fürsten oder ausländischen Gesandten veranstalteten „große pangket und gastereien“, der Huldigung der Bürgerschaft und der Belehnung Friedrichs III. von der Pfalz in der Kammer ein. In der Tradition spätmittelalterlicher Chronisten schwelgt der Autor in der kostbaren Ausstattung der Hauptakteure, für die jeweils Rang und Menge des Gefolges vermerkt werden. Ausführlich werden auch die Geschenke der Stadt an den Kaiser geschildert; schließlich war Mair für ihre Beschaffung verantwortlich gewesen.208 Dass dieser Autor für den Ablauf der Leichenbegängnisse für Karl V., Maria von Ungarn und Maria von England wie auch für die Fronleichnamsprozession als Höhepunkte fürstlicher Herrschaftsrepräsentation, die den Autor sonst so ungemein faszinierten, lediglich auf Drucke verweist, könnte darin begründet sein, dass er diese öffentlichen Manifestationen des Katholizismus selbst nicht tradieren wollte.209 Dafür erfährt man, dass die beim Leichenbegängnis für 206 Vgl. dazu CDS, Bd. 32, S. 399–402 und 475–482 (Wie mans bei reichstagen gehalten hat; Wie es mit dem einreiten des erwölten kaisers Ferdinandi alhie zu Augsburg gehalten). 207 CDS, Bd. 32, S. 330–379. Der Reichstag von 1555 wird in Chronik A überhaupt nicht erwähnt, während Chronik B einen Druck der Reichstagsordnung enthält, die Dauer des Reichstags verzeichnet und die geringe Zahl von hochrangigen Reichsständen vermerkt, welche den Reichstag besuchten. Allein das für Johanna die Wahnsinnige am 28.05.1555 gehaltene Totengedächtnis wird beschrieben. CDS, Bd. 33, S. 413f. 208 CDS, Bd. 32, S. 331, 334–336, 342–344, 349–351, 355. Mair erwähnt auch, dass bei einem Bankett des Erzbischofs von Salzburg (21.05.1559) „etlich seltzame reden“ zwischen Bischof Otto von Augsburg und Christoph von Württemberg vorgefallen seien. Worum es dabei ging, erfährt der Leser jedoch nicht, weil diese Sache „doch in der still beliben und villeicht von des besten wegen undertruckt worden“. Ebd., S. 352. Dabei wusste der Autor sicher, dass der Herzog dem Bischof unterstellt hatte, ihn während einer Gesandtschaftsreise an den französischen Hof mit Gift aus dem Weg räumen zu wollen. 209 CDS, Bd. 32, S. 342–346, 352, hier 346; Staphylus, Aigentliche unnd warhaffte Beschreibung. Der Druck über die Fronleichnamsprozession scheint nicht erhalten zu sein.
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Karl V. verwendeten, mit dem Reichsadler bestickten goldenen Tücher für einen Choraltar umgearbeitet und die schwarzen Samtdecken der Pferde für die Anfertigung von Messgewändern in Klöster gegeben worden seien.210 Diese Memorialpraktik fällt in die Kategorie eines Gedächtnisses der Dinge, wobei die Nutzung dieser Objekte das mit ihnen verbundene Ereignis im Gedächtnis der Stadt präsent bleiben ließ. Die behandelten politischen Materien würdigt Mair dagegen keines Wortes. Die Ergebnisse des Reichstags fasst er mit der saloppen Formulierung zusammen, dass „nichts sonders fürgangen oder ausgericht worden, wie dann derselb abschied vermag, dann daß etlich fürsten ire regalia oder lehen von der kay. mt. empfangen.“211 Mair verfasste zudem für die Jahre von 1560 bis 1563, die in beiden Chroniken nur rudimentär abgedeckt werden, ein chronikartiges Verzeichnis wichtiger Ereignisse, das ausführliche Angaben zum Einzug König Maximilians II. in Augsburg am 24. Dezember 1562 enthält.212 In einer eigens integrierten Beilage, in der „alle ding nach lengs und ordenlich verzaichnet“ worden seien, schildert der Autor ungemein plastisch Formen, Farben, Materialien des Dekorums der Einzugsteilnehmer, wobei ihm selbst die Ausstattung der kaiserlichen Wagenpferde mehrere Zeilen wert ist.213 Für das Auftreten des Königs bringt er hingegen nur wenig Begeisterung auf, so sei dieser „auf ainem klainen braunen pferd mit gar schlechtem zeug“ geritten, auch über Albrecht V. von Bayern heißt es, dieser sei „gantz schlecht beklaidt“ gewesen.214 Diese die Gäste abwertenden Äußerungen sollen die prächtige Selbstinszenierung der gastgebenden Reichsstadt umso mehr hervorheben. Die starke Fixierung dieses Chronisten auf Zeremoniell und Decorum liegt sicher in seiner beruflichen Tätigkeit begründet, denn die Dekoration von Festund Versammlungsräumen, Turnierplätzen oder Lehnstühlen sowie die Beschaffung von Geschenken gehörten zu jenen Amtspflichten, denen Mair mit besonderem Eifer nachkam.215 Diese aus der Funktion resultierte Dokumentationsdichte wird von anderen Chronisten nicht erreicht, dennoch werden die 210 CDS, Bd. 32, S. 346, StadtA Augsburg, Chroniken 15/II, fol. 876. 211 CDS, Bd. 32, S. 374. 212 Dieses Werk ediert in CDS, Bd. 33, S. 23–235, vgl. dazu die Einleitung, ebd., S. 3–7; im Folgenden 195. 213 CDS, Bd. 33, S. 237–241, im Folgenden 239f. Auch den Bau eines Ganges, durch den die Königin trocken und ungesehen in die Katharinenkirche zum Gebet gelangen konnte, sowie die am 27.12.1562 veranstaltete Schlittenfahrt der Fürsten hielt Mair fest. 214 „Schlecht“ heißt hier lediglich „einfach“, hat aber in diesem Kontext durchaus einen pejorativen Beigeschmack. 215 CDS, Bd. 32, S. XIII.
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Kaiserauftritte auch in anderen Augsburger Chroniken dieser Zeit breit gewürdigt. Dabei bedienten sich deren Autoren in starkem Maße aus den Aufzeichnungen Mairs, von denen eine Vielzahl von Abschriften angefertigt wurde.216 Dadurch wurden dessen Werke erneut tradiert und das hier entworfene Bild einer glanzvollen Selbstinszenierung von Kaiser und Reichsständen im kulturellen Gedächtnis der Stadt bewahrt. Dies zeigt, in welch starkem Ausmaß in einzelnen Fällen auch ungedruckten Traditionsquellen eine formative Wirkung im Hinblick auf die Erinnerungskultur zukommen konnte. Ein einzigartiges Dokument stellt die Chronik des Augsburger Handelsdieners Georg Kölderer dar, die eine so persönliche Sicht auf die berichteten Ereignisse transportiert, dass man ohne Weiteres von einem Egodokument sprechen könnte, obwohl es sich weder um ein Tagebuch noch um eine Lebensbeschreibung handelt, sondern um eine zeitnahe Aufzeichnung all dessen, was der Autor als wesentlich empfand.217 Die Tätigkeit für ein großes Augsburger Handelshaus mit weitreichenden Verbindungen in und außerhalb Augsburgs eröffnete ihm offenbar sehr gute Informationsmöglichkeiten. Sie dürfte auch sein über das unmittelbare soziale Umfeld und die Reichsstadt Augsburg hinausreichendes Interesse am Zeitgeschehen gefördert haben. Der zweite Band seines 2.500 Seiten umfassenden Werkes, das den Zeitraum von 1576 bis 1607 abdeckt, beinhaltet eine 24 Blatt umfassende Schilderung des Augsburger Reichstags von 1582. In seiner Vorrede benennt Kölderer die Ziele seines Unterfangens: Er wolle die Ereignisse „schlecht, vnd gerecht, Ainfellttig, vnnd geradt“ schildern und 216 Roth gibt 16 Abschriften an, die sich u.a. in Augsburg, Dresden, Berlin, München und Wolfenbüttel befinden. CDS, Bd. 32, S. XCII–C. Als Beispiele für Übernahmen können die Chroniken des Augsburger Schulmeisters Abraham Schieß genannt werden, bei dem die Wiedergabe zeremonieller Akte beim Reichstag 1559 stark mit Mairs Chronik A übereinstimmt. StadtA Augsburg, Chroniken, Nr. 15/II, fol. 870–889. Bei jenen Passagen, die den Zeitraum nach 1565 abdecken, übernahm Schieß meist den Text zeitgenössischer Druckwerke, so für den Reichstag 1566 Mameranus, Verzeychnus, für 1582 Fleischmann, Description. Vgl. CDS, Bd. 33, S. 282–311. 217 SSB Augsburg, 2 Cod. S. 39–44, hier 40 (2. Buch). Der Titel lautet: Beschreibunng vnd Kurtze vertzaichnus Furnemer Lob vnd auch gedenckwürdiger Historien, Geschichten, Thatten, Wunndertzaichen, Mercklichem Abganng Hocherleüth, Rathschläg, vnnd Kriegssachen, So bey Regierung des Allerdurchleuchtigisten,Großmechtigisten Fürsten, vnnd herren, herren Ruedolpho Secundo, Erweltem Römischen Kayser, etc. Alhier Inn diser Statt, vnnd an Anndern Ortten vnnd Ennden Fürgangen, verlauffen vnd geschechen sein.“ Für die Einsicht in die Transkription des Textes danke ich Silvia Strodel. Vgl. dazu ausführlich Mauer, Georg Kölderer, zum Autor ebd., S. 19–26. Als Handwerkersohn dürfte Kölderer nur eine geringe Schulbildung erhalten haben; den gewandten Umgang mit der Feder verdankte er seinem Schreiberberuf.
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weder die „Kunst der Rethorica“ gebrauchen, noch persönlichen Ruhm erwerben. Vielmehr schreibe er „Allain, darmit vnnsere Liebe nachkhommen sehen vnd erfaren möchten, wie es vor Irer Zeitt gestannden“.218 Vorgeblich soll das Werk damit dem Verortungsgedächtnis der Nachkommen dienen, während das Ehrengedächtnis des Autors als Motiv für die Abfassung explizit negiert wird. Dennoch dürfte es eine ganz wesentliche Rolle gespielt haben, zumal die Verleugnung des Strebens nach eigenem Ruhm in die Kategorie eines vielfach zu beobachtenden schriftstellerischen Selbstlobs gehört. Die ereignisnah verfasste Darstellung des Reichstags beginnt mit einer Abschrift des kaiserlichen Ausschreibens vom 1. Januar 1582 und einem vom Autor verfassten Gedicht auf den Reichstag, das – offenbar inspiriert von den im Vorfeld öffentlich durchgeführten Gebeten – für den Reichstag die göttliche Unterstützung erbittet und gleichzeitig die ständische Herrschaftsordnung mit dem Kaiser als Reichsoberhaupt als gottgegeben rechtfertigt.219 Dadurch wird die gesamte Darstellung des Reichstags in diesen übergeordneten Sinnzusammenhang gestellt. Deshalb nehmen die Formen der öffentlichen Aufführung dieser göttlich legitimierten Ordnung einen breiten Raum ein. So widmet sich Kölderer zunächst der Ankunft der Reichstagteilnehmer in Augsburg.220 Dabei bewertet er manche Einzüge wie den des päpstlichen Legaten Madruzzo am 17. Juni 1582 durchaus kritisch: „Für war Schlechter Raysiger Zeug vnd Reütterey“.221 Diese Einschätzung gibt einerseits eine verbreitete Bewertung dieses Einzugs wieder, der schon deshalb wenig beeindrucken konnte, weil er unmittelbar nach dem ganzvollen Einritt Augusts von Sachsen mit seinem 500 Mann starken, „mit Scheffellin, Knebellspüuessen, Büchsen, vnnd gulden Ketten Gewaldtig“ herausgeputzten Gefolge erfolgte.222 Auf der anderen Seite dokumentiert sie die Ressentiments gegenüber den „Papisten“, die auch im Bericht über den Kaiser218 SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, Vorrede. 219 Ebd., fol. 18–21’. Eingefügt ist hier ein Kupferstich von Martino Rota mit einem Portrait Rudolfs II. Der Künstler und sein Tod während des Reichstags sind vermerkt. Die Beschreibung endet auch mit einem Gedicht, in dem Gottes Beistand angerufen wird. 220 Während Kölderer bei weniger bedeutenden Reichsständen lediglich die Zahl des Gefolges und die Unterkunft nennt, beschreibt er bei hochrangigen die prächtige Ausstattung des Gefolges, führt die ihnen entgegenreitenden Fürsten sowie die vom Rat überreichten Geschenke auf. 221 SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 31’. Befremden spiegelt die Darstellung des Einzugs der moskowitischen Gesandtschaft am 26.06.1582. Während die Gesandten „wolgebutzt“ gewesen seien, hätten ihre Knechte ausgesehen, „Alls wann mann die Teüffell, Inn die Spill, oder Tragedias Staffiertt“ hat. Ebd., fol. 33. 222 SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 31. Laut Fleischmann zog August von Sachsen mit 1.400 Pferden ein. Fleischmann, Description, S. 4. Vgl. auch Tab. 1.
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einzug am 27. Juni 1582 deutlich zum Ausdruck kommen.223 So vermerkt der Chronist mit Genugtuung, dass der Kaiser die ganze Strecke unter dem Himmel des Augsburger Rates geritten sei und „die Pfaffen mit Irem Hümmell, vnd Clerisey Abgeschafft“ habe.224 Tradiert werden soll somit eine Parteinahme des Kaisers zugunsten der eigenen Konfession, obwohl diese Rudolf II. fern gelegen hatte. Beim Kaisereinzug weist der Autor offenbar aufgrund eigener Erfahrungen auf ein grundlegendes Problem solcher Inszenierungen hin: die Lesbarkeit der zur Schau gestellten Ordnung durch den Betrachter. Denn er bemerkt gleich mehrfach, dass die Zuordnung der Einzugsteilnehmer zu ihrem Herrschaftsträger mitunter schwierig war. So seien der österreichische Adel, die kaiserlichen Hofbeamten und Offiziere „all durcheinander, vnd mit Hauffen geritten, das kainer schier wissen hatt können wem mann sy zusprechen soll.“225 Im Gegensatz zur zeitgenössischen Publizistik schildert Kölderer das Chaos, das durch eine Lücke während des Einzugs entstand: Da der erste Zugteil davon ausging, der Kaiser sei sofort in seine Herberge und nicht erst zum Dom gezogen, kehrte er um und stieß nun auf dem Weinmarkt mit dem eben erst ankommenden zweiten Zugteil zusammen, „welches ein grosse Vnordnung geben, doch baldt wider gericht worden“. Ausführlich geht Kölderer auf die Eröffnung des Reichstags am 3. Juli 1582 ein: So schildert er den Zug von Kaiser und Kurfürsten zur Messe im Dom, wobei er genau aufführt, welche Fürsten bei der Messe anwesend waren und welche eine Teilnahme verweigert hätten.226 Auch die Sessionsordnung im Ratssaal des Augsburger Rathauses und die Sprechakte des Bischofs von Würzburg als Orator des Kaisers sowie des Kurfürsten von Mainz werden festgehalten. Mehr Raum als beim Huldigungsakt der Stadt am 28. Juli 1582 oder bei den Reichsbelehnungen verwendet Kölderer auf die von den Reichsfürsten veranstalteten 223 Vgl. Fleischmann, Description, S. 6–14. Die Angaben weichen im Detail ab, so spricht Kölderer von 6 Ehrenholden. Er behauptet außerdem, viele der kaiserlichen Trompeter seien Adlige gewesen, was nicht zutraf. SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 34’. 224 Kölderer fügt hinzu: „Ob sy solliches nit würdt, verdrossen haben, möcht sy ainer darumb fragen.“ SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 35. Auch nach der Schilderung des Kirchganges, „welcher baldt ein Endt genommen“ betont Kölderer, dass der Kaiser unter dem „Hümmell“ („verstett sich nicht der Pfaffen Hümmell“) zu seiner Unterkunft geritten sei. Fleischmann übergeht diesen Sachverhalt. 225 SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 34. Vgl. dazu Tab. 4.6. 226 Vgl. im Folgenden ebd., fol. 37’–41’. Dabei hebt er hervor, dass der Reichserbmarschall, der während der Messe das Reichsschwert in Verwahrung nehmen musste, aus diesem Grund die „Bäbstisch Celebration“ nicht verlassen konnte. Vgl. auch den Bericht in GLA Karlsruhe, 50: 156.
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Bankette und Turniere.227 Dabei tradiert er verschiedentlich auch Anekdoten: So habe der Kurfürst von Sachsen einen Augsburger Becker zu sich bestellt, weil man ihm erzählt hätte, der Mann sähe Martin Luther ähnlich.228 Nachdem der Becker eingetroffen war, monierte der Kurfürst, dass dieser aber ganz anders als Luther gekleidet sei. Als der Becker, der mit einem Auftrag gerechnet hatte, merkte, worum es ging, fing er an zu fluchen, was den Kurfürsten nur noch mehr erheiterte. Wie schon bei Mair werden die auf dem Reichstag verhandelten politischen Materien entweder völlig unterschlagen oder nur knapp umrissen, was in diesem Fall nicht nur mit einem geringen Interesse des Autors oder Darstellungskonventionen, sondern auch mit fehlenden Informationen begründet werden kann. Lediglich dem Konflikt um die Religionsausübung in den protestantischen Reichsstädten, der ihn und die Reichsstadt Augsburg direkt betraf, widmet sich Kölderer eingehender. So vermerkt er, dass sich dem Bündnis der evangelischen Reichsstädte nur vier „kleine Kott Stettlen“, die „der Bäbstischen Sect anhengig“, nicht angeschlossen hätten.229 Er fixiert den Protest der protestantischen Reichsstädte gegen den Reichsabschied sowie ihre Drohung gegenüber dem Kaiser, keine Türkenhilfe zu leisten, wenn ihren Beschwerden nicht abgeholfen werde. Auch die Zusage der protestantischen Reichsstände, keinen Heller zu zahlen, falls der Kaiser gegen die Reichsstädte vorgehen sollte, hält der Autor mit Genugtuung fest. Der persönlich gefärbte Charakter der Darstellung wird besonders im Rahmen der Streitigkeiten zwischen der Reichsstadt, dem Reichserbmarschall von Pappenheim und dem Reichserzmarschall August von Sachsen über die Herbergsverteilung sowie Zoll- und Justizfragen deutlich. Die drohende militärische Eskalation des Konfliktes versetzte den Autor derart in Angst und Schrecken, dass er mehrere Stoßgebete zum Himmel schickte, „darmit Inn Vnnserm Vatterlanndt aus Aim Fünckhle nit ein grosses feur werdt vnnd Grosser Iammer genedigklich verhüett“.230 Die Entscheidung des Kaisers kurz vor dem Ende des 227 Zu Berichten über Bankette, teilweise mit Sitzordnungen SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 36, 37’, 43f., 53. 228 SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 42. 229 SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 48, 54–55. 230 SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 44–45. Der Rat hatte die Bürgerschaft zeitweise in Bereitschaft versetzt, weil August von Sachsen mit der Besetzung Augsburgs drohte. Der Befehl an die Gassenhauptleute, bei Aufforderung samt ihren Mannschaften auf den vorbestimmten Plätzen zu erscheinen, war zunächst nicht auf Gegenliebe gestoßen, denn diese hatten erwidert, erst „wann man das frembde Gsindt Aus Iren Heüsern schaff “, wollten sie gehorsam erscheinen.
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Reichstages zu Ungunsten der Stadt und deren Protest dagegen werden zwar erwähnt, aber nicht ausgeführt, offenbar weil Kölderer konkrete Informationen darüber fehlten.231 Schuld an der unerquicklichen Situation waren für ihn jedoch weniger Kaiser oder Kurfürst, sondern der Reicherbmarschall, dessen Abreise er mit „Gott sey Lob, das die Vrsach der Vnrueh hinweckh ist“ quittierte.232 Die hier zum Ausdruck kommende Akzeptanz der Obrigkeit, sei es nun der Kaiser oder das eigene Stadtregiment, wird auch in anderen Passagen deutlich. So hebt Kölderer das kluge, auf Deeskalation ausgerichtete Handeln des Rates hervor, der „Inn Allem guette Ordnung“ gäbe und seine Bürgerschaft vor unberechtigten Ansprüchen fremder Herren in Schutz nähme.233 Hier schließt sich der Kreis zu den feierlichen Aufzügen, welche dieser Chronist als Ausdruck „guter Ordnung“ betrachtet und genau aus diesem Grund in geordneter Form fixiert hatte. Zwar erscheint der Reichstag in der Perspektive Kölderers als Ort glanzvoller Akte der Herrschaftsinszenierung, allerdings fixiert er anders als der Reichsherold Peter Fleischmann auch die konfessionellen und sozialen Konflikte, welche dieses Ereignis geprägt hatten. So berichtet er über einen Tumult am 23. September 1582, der offenbar entstanden war, weil einige Italiener aus dem Gefolge des päpstlichen Legaten versucht hatten, Augsburger Bürger am Besuch des protestantischen Gottesdienstes zu hindern.234 Bei einer Prügelei zwischen kaiserlichen Hofschneidern und Augsburger Goldschmieden wurden einige Gesellen derart verletzt, „das sy geblüettett haben wie die Sew“.235 Darauf stellte der Rat eine Wache auf, ließ die „Rummorer“ verhaften und zitierte die Goldschmiedezunft auf das Rathaus, um drastische Strafen für weitere Ruhestörungen anzudrohen.236 Derartige Vorkommnisse konterkarieren das öffentlich aufgeführte Bild der Eintracht von Kaiser und Reich, jedoch erlangte
231 Der Autor bemerkt lediglich, dass aus diesem Konflikt „ein Langkwirige Rechtferttigung“ entstehen könnte, womit er Recht behalten sollte. SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 55. 232 SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 56’. 233 So ließe sich der Rat auch von hohen Herrn „nit bochen“. Ebd., fol. 29, 33. 234 SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 55’–56. 235 Ebd., fol. 26’, auch 42. Kölderer gibt zu, dass die Provokation von den Augsburgern ausging, führt aber deren Niederlage auf die zahlenmäßige Überlegenheit der Kaiserlichen zurück. 236 Ebd., fol. 27’. Das Aufstellen der Wache führte zum Konflikt mit dem Augsburger Bischof, der diesen Akt angeblich auf sich bezog und die Stadt verließ. Zumindest schien es einigen Augsburgern so. Aus dem Bericht Kölderers wird deutlich, wie jede obrigkeitliche Handlung, die man sich nicht sofort erklären konnte, unter der Bevölkerung Anlass zu wilden Spekulationen bot.
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diese Chronik keineswegs die Verbreitung der Beschreibungen Fleischmanns, die Konflikte konsequent ausgeblendet hatten. Dagegen fallen die Informationen, die Achilles Pirminius Gasser in seinen 1576 abgeschlossenen, in guter humanistischer Tradition in lateinischer Sprache verfassten „Annales Augustani“ über derartige Begebenheiten vermittelt, deutlich knapper aus.237 In dem erkennbaren Bemühen, die Ereignisse entsprechend ihrer Relevanz für die Geschichte der Stadt in das Gesamtwerk einzuordnen, selektiert Gasser die ihm zur Verfügung stehenden Informationen viel stärker, zumal er im Kontext von Reichstagen auch auf die politischen Entscheidungen eingeht sowie wertende oder resümierende Passagen einbaut.238 Dennoch beschränkt sich auch Gasser fast ausschließlich auf die Schilderung von mit hohem Öffentlichkeitsgrad vollzogenen Akten der Herrschaftsrepräsentation. Dabei konzentriert er sich auf das Zeremoniell und die dem Herrscher überreichten Gaben, für die er sogar noch mehr Details übermittelt als Mair, und weniger auf die Ausstattung der Akteure.239 Extra kommentiert werden der Geleitsstreit mit Bayern beim Herrscherempfang, der Verzicht des Kaisers auf den Himmel der Geistlichkeit, der „nicht ohne deß Thumbecapituls verweiß vnd vorhehalt jhrer Gerechtigkeit“ geschehen sei, sowie der Konflikt um einen Augsburger, der einen aus dem Turm entflohenen Juden erstochen hatte und nun auf Verlangen der Judenschaft peinlich angeklagt werden sollte. Die Information, dass der Reichserbmarschall dem jüdischen „Gesindel“ die Anwesenheit in der Stadt „nit umb ein gering Gelt“ erlaubt hatte, bleibt anders als bei Kölderer der einzige Hinweis auf die mit dem Pappenheimer während des Reichstags ausgetragenen Streitigkeiten.240 In dieser Passage kommt ein antijüdisches Sentiment zum Ausdruck, dass aufgrund des kaiserlichen Schutzstatus’ dieser Bevölkerungsgruppe bei Kaiserauftritten offenbar eine Konjunktur erlebte, weil unterstellt wurde, Kaiser und Kaiserhof zögen diese 237 Gasser, Dritter Theil. Zu Gasser als Chronist vgl. Bellot, Achilles Pirminus Gasser; CDS, Bd. 33, S. 278–280; NDB, Bd. 6, S. 79f. 238 Manche Passagen zeigen deutlich, dass diesem Chronisten die politische Brisanz bestimmter Akte gegenwärtig war, so wenn er schreibt, dass Maximilian II. 1562 „nach jetzttermeltem seinem Herrn Vattern ohn all andere Wahl und Krönung/ zu eine[m] künftigen Röm. Keyser zu Franckfort ordenlicher weiß erwehlet“ worden sei. Gasser, Dritter Theil, S. 106. 239 So erfährt man im Kontext des Einzugs von 1559 lediglich, dass der Kaiser „mit schwartz bekleydtem Gefährde“ erschienen sei. Hingegen erwähnt Gasser für den Einzug Maximilians II. in Augsburg 1562 auch die Geschenke des Domkapitels an den König. Gasser, Dritter Theil, S. 97, 107. 240 Gasser, Dritter Theil, S. 115.
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den Nichtjuden vor, zumal aus diesem Anlass auch meist noch fremde Juden in die betreffenden Städte reisten.241 Für das Leichenbegängnis Karls V., der „nach so vielen trefflichen Siegen/ gar ein Einsiedler worden/ sein Leben gar schlecht hingebracht und geendet“, verweist Gasser wie schon Mair auf den Dillinger Druck, schildert aber dennoch kurz die Herrichtung der Prozessionsstraße sowie die Ordnung des Trauerzugs, während er das Trauergerüst und die „unzehlichen Messen“ nur kurz erwähnt. In dem Hinweis, dass dieses Begängnis „nicht ohne geringe Unkosten verrichtet“ worden wäre, schwingt ein kritischer Unterton mit, der sich weniger gegen die fürstliche Prachtentfaltung als gegen die aufwendigen katholischen Zeremonien richtete. Die hier ausschließlich betrachteten Chroniken protestantischer Provenienz könnten zu der Vermutung verleiten, die meist knappe Schilderung spezifisch katholischer Elemente läge in der konfessionellen Haltung der jeweiligen Verfasser begründet. Mangels katholischer Gegenbeispiele in nennenswerter Zahl lässt sich dies jedoch nicht eindeutig belegen.242 Gasser tradiert darüber hinaus spezifische Praktiken des kommunikativen Gedächtnisses, etwa wenn er über eine Rede Kaiser Ferdinands I. auf einem während des Reichstags von 1559 veranstalteten Bankett gegen das „Laster der Trunckenheit“ berichtet und von dieser kaiserlichen Initiative wenig beeindruckt ergänzt: „Welches aber beynahe von keinem ist geleystet / sondern nur für ein Gespött ist gehalten / und ein Sprichwort darauß gemacht worden.“243 Auch derartige, von der Bevölkerung alltäglich verwendete Sprichwörter konnten gedankliche Fixpunkte bereitstellen, anhand welcher die kaiserliche Präsenz vor Ort und die während dieser vollzogenen Akte im Gedächtnis der Stadt präsent blieben. 241 Noch stärker ist diese Haltung bei Kölderer, wenn dieser für den Reichstag 1582 die Zwangseinweisung eines Juden in das Haus eines Augsburger Webers schildert. So schreibt er mit unverhohlener Schadenfreude, wie die Stadtknechte „dem vermaledeytten Iuden gedrewet, Inn in ein Hörberg zu Losieren, da Inn die Fleügen nit Leüchtlich bescheyssen, oder stechen werden“, wenn er nicht freiwillig ginge, wodurch der Weber sich „seines Feindtseeligen, Widerwerttigen, vnd aller Christen Abholden Gassts“ habe entledigen können. SSB Augsburg, 2 Cod. S. 40, fol. 29. 242 Dass der Frankfurter Chronist Johann Latomus (1524–1598) in seinen „Antiquitates quaedam civitatis et potissimum ecclesiae Francfordensis“ im Kontext der Erhebungen von 1558 und 1562 besonders auf diese Bestandteile von Herrscherempfang, Wahl und Krönung eingeht, ist sicher vor allem seiner Funktion als Dekan des Bartholomäusstiftes zuzuschreiben. Diese spezifischen Entstehungsbedingungen erlauben keine verallgemeinernden Aussagen darüber, ob die katholische Chronistik für die Fixierung solcher Ereignisse bevorzugt andere Inhalte auswählte. 243 Gasser, Dritter Theil, S. 98.
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Von den zeitgenössischen Werken zur Reichsgeschichte, die als historischer ‚Ansatz‘ erst im 16. Jahrhundert entstand, werden im Folgenden ebenfalls in exemplarischer Form die Arbeiten von drei Akteuren der Erinnerungskultur befragt, denen aufgrund ihrer Verbreitung eine hohe Bedeutung für die Fixierung der hier analysierten Ereignisse zukam. Dabei handelt es sich um ein Werk des Historikers, Juristen und Diplomaten Johann Sleidan (1506– 1556), das „Historicum opus“ des Historikers und Assessors am Reichskammergericht Simon Schard (1535–1573) und die Editionsprojekte des schweizer Späthumanisten, Juristen und Reichspublizisten Melchior Goldast von Haiminsfeld (1578–1635). In all diesen, gleichwohl sehr unterschiedlichen Arbeiten stand explizit die Geschichte des Reiches und seiner Verfassung im Vordergrund. Sleidans Hauptwerk „De Statu Religionis et Rei-Publicae Carolo Quinto, Caesare, Commentarii“ gilt als eines der frühesten Beispiele einer wissenschaftlichen, auf der Auswertung von archivalischen Quellen basierenden Geschichtsschreibung.244 Allerdings ist hier nicht dieses Werk von Interesse, dessen Betrachtungszeitraum nur bis 1555 reicht, sondern seine Fortsetzungen, die schon kurz nach dem Tod des Autors und von da ab in geringen Abständen bis in die 1620er Jahre erschienen, durch unterschiedliche Autoren verfasst und in alle wichtigen europäischen Sprachen übersetzt wurden.245 Schon die pure Menge der Sleidan-Fortsetzungen, von denen mitunter innerhalb eines Jahres gleich mehrere an unterschiedlichen Orten des Reiches erschienen, belegt, dass diese nicht nur von einer gelehrten Oberschicht, sondern zunehmend von breiteren Bevölkerungsschichten erworben und rezipiert wurden. Mehrere solcher Werke brachte zum Beispiel der bereits erwähnte Historiker Michael Beuther heraus, der selbst eine ausführliche Beschreibung der Wahl und Krönung von 1562 verfasst hatte.246 Das Ausmaß und die Formen, in denen hier über den Ablauf von Kaiserauftritten im Reich berichtet wurde, unterschieden sich je nach Interessenlage und Kenntnisstand des Verfassers sowie nach Erscheinungsdatum des Werkes erheb244 Sleidan, De Statu Religionis. Das Werk über die Geschichte der Reformation im Heiligen Römischen Reich zwischen 1517 und 1555 wurde im Auftrag des Schmalkaldischen Bundes verfasst. Vgl. dazu van der Vekene, Johann Sleidan; Kess, Johann Sleidan. 245 Vgl. etwa Sleidan, De statu religionis et reipublicae Carolo V. Caesare (1568); Sleidan, Ordenliche Beschreibung und Verzeychniß aller fürnemer Händel (1593); Sleidan, Ordenliche Beschreibung und Verzeychniß allerley fürnemer Händel (1598); Ernewerter Sleidan, das ist: Historische Beschreibung der fürnemsten Geschichten und Händel (1612) 246 Johannis Sleidani. Warhaftige Beschreibung aller Händel (1558).
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lich. Insgesamt nahm der Grad der Selektion von Informationen umso mehr zu, je länger das Ereignis zurücklag, und zwar nicht weil man die betreffenden Informationen nicht mehr zur Verfügung gehabt hätte, sondern weil die Autoren den Ereignissen mit zunehmendem Zeitabstand eine geringere Relevanz zuschrieben. Michael Beuther handelte zum Beispiel in seiner Sleidan-Fortsetzung von 1581 die Wahl und Krönung von 1562 vergleichsweise kurz ab und verwies vielmehr ausdrücklich auf die in Frankfurt erschienenen Wahl- und Krönungsbeschreibungen, ohne das von ihm selbst verfasste Werk zu zitieren. Über die Erhebungsakte selbst heißt es lediglich, sie seien nach „alt und wolherbrachten Reichßbrauch“ erfolgt, womit die Quintessenz ihres Geltungsanspruches auf den Punkt gebracht wird.247 Allerdings berichten andere Sleidan-Fortsetzungen auch dann noch ausführlich über Wahl- und Krönungstage, wenn diese bereits Jahrzehnte zurücklagen. Grundlage der Darstellung waren hier zeitnah erschienene Zeitungsberichte, die teilweise oder ganz abgedruckt wurden, wodurch ihre Darstellung erneut tradiert wurde und zwar ohne dass auf die Tatsache einer Textübernahme verwiesen worden wäre.248 Bei anderen Akten beschränkten sich die Autoren dagegen weitgehend auf Floskeln wie „mit gewöhnlichen Solennitäten“, wobei die Abläufe lediglich als „herrlich“, „zierlich“ oder „rühmblich“ beschrieben werden.249 Regelmäßig taucht in diesem Zusammenhang der Begriff „solenniter“ als Kurzformel für die Verbindung von Feierlichkeit, Förmlichkeit und Rechtmäßigkeit auf.250 Aussagen dieser Art transportieren in ihrer starken Verknappung einer komplexen politischen Aufführung nur deren historischen Sinn – die aus der Tradition und der solennen Form resultierende Rechtmäßigkeit – auf deren Tradierung es den Autoren ankam. Die Imagination der Ereignisse in ihrer sinnlichen Komplexität blieb der Vorstellungskraft des Rezipienten überlassen. 247 Johannis Sleidani Warhaffte eigentliche und kurtze Beschreibung aller fürnemer Händel (1581), hier S. 25. Ausführlich wird nur auf die osmanische Gesandtschaft eingegangen. Vgl. dazu Beuther, Ordentliche Verzeychniß. 248 Sleidani Continuati Pars Prima: Das ist, Erster Theil der Historischen Continuation (1620), S. 322–327. Hier werden die 1562/63 von Rab, Feyerabend und Han veröffentlichten Texte ohne Hinweis erneut abgedruckt. 249 So ist der ausführliche Bericht über die Wahl und Krönung von 1612, den Nürnberger Kaisereinzug von 1612 sowie über den Reichstageinzug in Regensburg 1613 in einer Sleidan-Ausgabe von 1616 dem zeitnahen Erscheinungsdatum geschuldet. Ernewerter Sleidan, Das ist: Historische Beschreibung der fürnemsten Geschichten vnd Händel (1616), S. 35–57, 59f., 129–131. 250 Dazu Rudolph, Politische Rituale; Stollberg-Rilinger, Solemnis Curia.
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Primär in humanistischen Kreisen – aber dort in erheblichem Ausmaß – rezipiert wurde das vierbändige „Historicum Opus“ des Historikers Simon Schard, das erstmals 1574 in Basel erschien und danach bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts zahlreiche Neuauflagen in unterschiedlichen Sprachen erlebte.251 Es wird hier herangezogen, weil Schard in sein Werk zahlreiche zeitgenössische Druckwerke über Kaisereinzüge und andere feierliche Akte der Herrscherinvestitur übernahm und somit in ganz erheblichem Maße für ihre Verbreitung und Tradierung in einem Zeitraum von mehr als 100 Jahren sorgte. Während der „Sleidan“ in seinen Fortsetzungen als eine Art zeithistorisch ausgerichtete Reichschronik betrachtet werden kann, verknüpfte Schard in seinem Werk explizit die eigene Geschichtsschreibung mit der Edition bereits publizierter Texte anderer Autoren, die aufgrund des demonstrativ wissenschaftlichen Anspruchs dieses Autors regelmäßig als solche gekennzeichnet werden. So enthält der zweite, bis 1558 reichende Band die Texte von Georg Sabinus, Hartmann Moer und Hieronymus Balbus zur Wahl und Krönung von Karl V. 1519/20 sowie jenen über die Belehnung von Moritz von Sachsen auf dem Reichstag von 1547/48 von Nikolaus Mameranus.252 Im Zusammenhang mit der im dritten Band geschilderten Wahl und Krönung Maximilians II. von 1562 druckt Schard mit den „Acta et Gesta“ sowie dem Text von Adam und Nikolaus Heyden gleich zwei ereignisnah erschienene Wahl- und Krönungsbeschreibungen ab.253 Der entscheidende Grund für die Auswahl dieser Texte liegt offenbar nicht in deren Informationsgehalt, sondern darin, dass beide in lateinischer Sprache abgefasst worden waren. Da die Inhalte beider Werke recht ähnlich sind und ihr gemeinsamer Abdruck nur einen geringen Informationsmehrwert bringt, muss es Schard um die Tradierung dieser Texte als solche gegangen sein. Obwohl der Autor, der 1562 selbst in Frankfurt am Main anwesend gewesen war, durchaus einen eigenständigen Bericht über die Herrschererhebung hätte verfassen können, verließ er sich auf publizierte Werke, die er offenbar als adäquate Darstellungen der Ereignisse betrachtete.254 251 Schard, Historicum opus, im Folgenden Bd. 2, Sp. 827–850, 852–871, 872–874, 1667–1684; Zu Schard vgl. ADB, Bd. 30, S. 581–583; Siegel, Crato von Kraftheim. Schard setzte sich in mehreren juristischen Werken mit der Sukzession im Reich, bei der Wahl von 1562 speziell mit der dort besonders relevanten Frage der päpstlichen Bestätigung, auseinander. 252 Sabinus, De Electione & Coronatione Caroli V.; Maurus; Coronatio Invictissimi Caroli Hispaniarum Regis Catholici; Balbus: De coronatione; Mameranus, Kurtzer Bericht. 253 Schard, Historicum opus, Bd. 3, Sp. 2063–2110. 254 Lediglich bei der Schilderung des Einzugs der osmanischen Gesandtschaft übermittelt der Autor an anderer Stelle einige Details, die auf eigener Wahrnehmung beruhen. Vgl. dazu vorn Kap. II.3.c. Im Zusammenhang mit dem im vierten Band geschilderten
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Alle bereits von Schard tradierten Drucke veröffentlichte Melchior Goldast von Haiminsfeld erneut in seinem Werk „Politica Imperialia“, das 1614 in lateinischer und deutscher Sprache erschien.255 Diese systematisch gegliederte Edition von Quellen zur Geschichte der Reichsverfassung enthält darüber hinaus bislang ungedruckte Dokumente, wodurch sie auch handschriftliche Formen der Ereignisfixierung im Druck tradiert. Dabei wurde jeder Rezipient, der das Werk aufschlug, zuerst mit einer Auswahl von Texten zu den „Acta publica et solennia“ des Reiches konfrontiert. Denn die ersten sechs Kapitel sind der Wahl und Krönung des Römischen Königs sowie der Reichsbelehnung gewidmet.256 Die Platzierung dieser politischen Rituale am Beginn des gesamten Werkes zeigt die hohe Bedeutung, die sein Autor ihnen zumaß. Dass Goldast Schards „Historicum opus“ ausschlachtete, wird zum einen durch die Textauswahl deutlich, die Goldast allerdings durch eine Reihe von Stücken ergänzt, welche den Machtanspruch des Kaisertums gegenüber dem Papsttum stützen sollen. Zum anderen belegt dies auch die Tatsache, dass Goldast die bei Schard unter dem Originaltitel abgedruckte, 1563 in Köln erschienene Wahl- und Krönungsbeschreibung unter anderem Titel übernimmt und nun Schard zuschreibt.257 Selbst die im Druck der Gebrüder Heyden enthaltenen Panegyriken, die auch Schard schon ediert hatte, finden sich bei Goldast wieder, der sie sogar eigens im Inhaltsverzeichnis aufführt, obwohl er für keine andere der Herrschererhebungen von 1486 bis 1612 poetisches Herrscherlob abdruckt.258 Indem Goldast den gesamten Inhalt der von ihm ausgewählten Drucke übernahm, tradierte er nicht nur die Investiturakte im engeren Sinn, sondern auch die in ihrem Kontext vollzogenen festlichen Aufzüge, Turniere oder Bankette. Schon in seiner 1609 veröffentlichten „Reichshandlung“ hatte Goldast eine Reihe von Texten abgedruckt, die sich auf Investitur- und Festakte im Kontext von Kaisereinzügen beziehen.259 Die Krönung ist mit vier Akten vertreten, die
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Augsburger Reichstag von 1566 geht Schard vor allem auf die Belehnung Kurfürst Augusts von Sachsen ein, jedoch ohne hier einen entsprechenden Druck wiederzugeben. Schard, Historicum opus, Bd. 4, Sp. 2297. Goldast, Politica Imperialia, dt.: Goldast, Politische ReichsHändel. Zu Goldast mit weiterführender Literatur Caspary, Späthumanismus; zu den Unterschieden zwischen beiden Ausgaben ebd., S. 43f. Die ersten fünf Teile beschäftigen sich mit Wahl und Krönung des Römischen Königs, der sechste Teil „De modis & caeremoniis conferendi Regalia & feuda Imperialia post electionem & coronationem“ mit der Reichsbelehnung. Goldast, Politica Imperialia, S. 141–147. Goldast, Politica Imperialia, S. 151–154. Goldast, Reichshandlung.
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offenbar exemplarischen Charakter besitzen sollen.260 Möglicherweise sollte die Krönung Karls V. von 1520 für die letzte vorreformatorische Krönung stehen, jene Maximilians II. 1562 dagegen für die erste nachreformatorische Krönung, bei der protestantische Kurfürsten anwesend waren, während die beiden übrigen Krönungen die Krönungsbräuche in anderen europäischen Monarchien illustrieren.261 Allerdings werden diese Akte derart kursorisch beschrieben, dass der Informationsgehalt gering bleibt.262 Für 1562 übernimmt Goldast die Beschreibung von Rab, Feyerabend und Han im vollen Wortlaut.263 Die Reichsbelehnung ist mit drei Beispielen vertreten: der Belehnung Ferdinands I. als Erzherzog von Österreich durch Karl V. von 1530 unter dem Himmel sowie den Belehnungen Friedrichs III. von der Pfalz auf dem Augsburger Reichstag 1559 in der Kammer.264 Während der erste Akt weitgehend der Schilderung des Reichsheroldes Kaspar Sturm entspricht, lagen Goldast bei den beiden kurpfälzischen Belehnungen offenbar handschriftliche Dokumente vor. Goldast erstellte seine Editionen zur Geschichte der Reichsverfassung explizit mit dem Ziel, ein Korpus von Quellen zu konservieren und zugänglich zu machen, das als Grundlage für die Erforschung und Deutung der Reichsverfassung durch die Reichspublizistik der Gegenwart wie zukünftiger Generationen dienen sollte.265 Durch die Auswahl und Anordnung der Quellen wird deutlich, dass Goldast als Protestant vor allem Argumentationsmuster protestantischer
260 Der Abschnitt wird lediglich mit der Aussage eingeleitet: „Nach deme der Könglichen Wirden Krönung vnd Salbung / ein Alter vnd herrlicher Brauch ist / hat auch viel schöner deuttung / Vnnd ein jglich Reich seine sonderliche art vnd Ceremonien / in Krönung vnd Salbung der Könige hat / So will ich vier kurtze formen alhier erzelen“. Goldast, Reichshandlung, S. 260. Auf die Deutungen der Akte geht die Darstellung nicht ein. 261 Die Krönung Heinrichs II. von Frankreich konnte für einen katholischen Krönungsakt stehen, die Christians III. von Dänemark für den ersten protestantischen Krönungsakt. 262 Grundlage waren hier offenbar Zeitungen, wobei Goldast jedem Krönungsakt ca. eine Seite widmet. Goldast, Reichshandlung, S. 260–263. 263 Darunter sind auch die Texte über die osmanische Gesandtschaft, obwohl diese im vorliegenden Kontext kaum relevant sind. Goldast, Reichshandlung, S. 263–275. 264 Goldast, Reichshandlung, S. 126–128 (Österreich), S. 190–194 (Kurpfalz). Vgl. Sturm, Geschichts beschreybung. Goldast folgt inhaltlich dem Druck von Sturm, ohne diesen jedoch wortgetreu zu übernehmen. Die Akte von 1559 bezogen sich auf die Reichslehen (11.07.) sowie auf die böhmischen Lehen (31.07.) des Pfälzer Kurfürsten. 265 Vgl. dazu Caspary, Späthumanismus, S. 200–208, welche Goldasts „Monarchia“ als Erinnerungsort begreift und auch auf die unterschiedlichen Nutzungsformen dieses Werkes eingeht.
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Provenienz zu bedienen gedachte.266 Unabhängig von seiner Intention verkörperten die Werke jedoch in der Folge eine Art Handapparat zur Reichsverfassungsgeschichte, der von Vertretern aller Konfessionen für ganz unterschiedliche Zwecke genutzt wurde. Dass diese Quelleneditionen zum Erinnerungsort der Vergegenwärtigung des Reiches in öffentlichen Akten der Herrschaftsinszenierung wurden, dokumentieren die ab dem 17. Jahrhundert verstärkt erschienenen Abhandlungen zur Wahl und Krönung des Römischen Königs, deren Autoren häufig nicht die Originaltexte, sondern vielmehr Goldast als Beleg für ihre Argumentation zitieren. Bei der Geschichtsschreibung ist noch stärker als für autobiographische Texte die hohe Bedeutung der ereignisspezifischen Publizistik für die Art und Weise der Tradierung hervorzuheben. Dabei ist der Kreis an Rezipienten hier deutlich weiter zu fassen. Dies gilt vor allem für gedruckte historische Werke, die offenbar eine kanonbildende Wirkung im Hinblick auf Formen und Inhalte der Fixierung entfalteten. Im Rahmen der städtischen Chronistik diente die Präsenz des Kaisers vielfach als Beleg der reichspolitischen Bedeutung dieser Reichsstadt. Die Berichte inkorporierten deshalb regelmäßig das Lob der eigenen Stadt, das zugleich als Grundmuster der Stadtchronistik betrachtet werden kann. Aus der sozialen Position der Autoren ergab sich eine besondere Loyalität gegenüber der Stadtobrigkeit, die in der Darstellung der jüngeren Geschichte deutlich zum Ausdruck kam. Auch deshalb tradierten die Texte meist Erfolgsgeschichten der öffentlichen Aufführung von Kaisertum und Reich. Aber selbst in reichgeschichtlichen Abhandlungen wird die Faszination spürbar, welche die Zeitgenossen jenen Akten entgegenbrachten, welche die Verfassung des Reiches symbolisch vergegenwärtigten. Dabei dürfte die Rezeption solcher Werke diese Haltung auch auf Seiten der Adressanten gefördert haben. c) Der „Thesaurus Picturarum“ als zeithistorische Bilderchronik Der „Thesaurus Picturarum“ des kurpfälzischen Rates Marcus zum Lamm (1544–1606) zählt neben der „Wickiana“ des Johann Jakob Wick (1522–1588) zu den bedeutendsten Sammlungen von Bildpublizistik, welche zeitgenössische Akteure der Erinnerungskultur für ihren eigenen Gebrauch und ihre Nachkom266 Bei der Krönung Karls V. erwähnt Goldast möglicherweise absichtlich die Kommunion sub una specie und die Prostratio des Königs nicht, wie er auch bei dem Passus über den Schutz des katholischen Glaubens den Begriff „katholisch“ durch „allgemein christlich“ ersetzt, was den Sachverhalt zwar richtig wiedergibt, aber von katholischen Autoren eben nicht so übersetzt wurde. Goldast, Reichshandlung, S. 260.
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men anlegten.267 Das bislang nur in Teilaspekten ausgewertete, ursprünglich 34 Bände umfassende Werk, das ab den 1590er Jahren entstanden sein dürfte, entzieht sich schon aufgrund seines fragmentarischen Charakters jedem Klassifizierungsversuch: Es ist Bilderchronik, Portraitsammlung und enzyklopädischer Wissensspeicher zugleich. Etwa die Hälfte der erhaltenen Bände berichtet über historische Ereignisse der jüngeren Vergangenheit.268 Die Bandbreite reicht von der Stadtgeschichte über die Geschichte ausgewählter Dynastien bis hin zu Reichs- und europäischer Geschichte. Zwei inhaltliche Perspektiven lassen sich hervorheben: die Bedrohung der Christenheit durch das Heidentum und zweitens die Bedrohung des Calvinismus durch Katholiken und Protestanten im Reich.269 Überblickt man das gesammelte Material, so lässt sich jedoch noch ein weiterer Schwerpunkt ausmachen: feierliche Akte der Herrschaftsinszenierung von Kaiser und Reichsständen.270 Seine in Bild und Text gespeicherten Informationen über die Geschichte der eigenen Zeit entnahm Marcus zum Lamm fast immer illustrierten Einblattdrucken, die er in großem Maßstab sammelte. Er beschaffte sich zumeist handoder schablonenkolorierte Drucke, die er entweder im Original in seine Darstellung einklebte oder in aufwendiger Form von Künstlern abzeichnen ließ.271 Im zweiten Fall wurden die Bilder meist kunstvoll illuminiert, womit spezifische Prozesse der Aneignung und Deutung des Originals verbunden waren. Denn dieser Chronist übernahm die Inhalte und Formen der zeitgenössischen Publizistik nicht einfach, sondern ordnete sie systematisch nach bestimmten Themen und nahm dabei auch inhaltliche Verschiebungen vor. Der „Thesaurus Picturarum“ demonstriert deshalb auf einzigartige Weise, in welchen Formen 267 ULB Darmstadt, Hss. 1971. Dazu Hepp, Religion und Herrschaft; Bahns, Heidelberg; Harms, Deutsche illustrierte Flugblätter, Bd. IV, S. VIII–XI. 268 Da die heute bestehende Ordnung und Betitelung dieser Bände (vgl. Hepp, Religion und Herrschaft, S. 25) nach territorialen Gesichtspunkten offenbar auf den Sohn des Autors, Marcus Christian zum Lamm, zurückgeht, muss offen bleiben, welches Ziel Marcus zum Lamm tatsächlich verfolgt hatte. Bahns, Heidelberg, S. 15. 269 Der Schwerpunkt liegt auf den militärischen Auseinandersetzungen mit dem osmanischen Reich sowie auf der Geschichte der Kurpfalz als „Vaterland“ des Autors und Förderer des Calvinismus. Der Türkenproblematik sind fünf Bände gewidmet. ULB Darmstadt, Hss. 1971, Bd. 11–15. 270 Anders als der hofferne Chronist Wick, der diese Thematik in geringerem Ausmaß behandelte, schrieb der am Heidelberger Kurfürstenhof wirkende Marcus zum Lamm solchen Ereignissen eine hohe Bedeutung zu. Vgl. Meise, Repräsentation. 271 Die Bilder wurden durch am Ort tätige Maler hergestellt, von denen drei (Wilhelm Pesser und die Monogrammisten „IW“ und „DC“) identifizierbar sind. Vgl. dazu Hepp, Religion und Herrschaft, S. 26. Die meisten der im Folgenden besprochenen Abbildungen sind nicht signiert.
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zeitgenössische Rezipienten die ereignisspezifische Bildpublizistik rezipierten und zu neuen Erinnerungsmedien mit genuin intermedialer Qualität weiterverarbeiteten. In seinen Palatina-Bänden zur Geschichte der Kurpfalz ist vor allem der Bericht über den Augsburger Reichstag von 1566 aufschlussreich.272 Im Zentrum steht die Selbstinszenierung des vom Autor verehrten Kurfürsten Friedrich III. von der Pfalz, so jener öffentlichkeitswirksame Auftritt vor Kaiser und Reichsständen, bei dem Friedrich III. „mündlich, vnnd Schrifftlich, ganntz getröst, standhafftig, vnnd vnerschrocken“ seine konfessionelle Haltung verteidigt und damit seinen Ausschluss aus dem Augsburger Religionsfrieden und dem Kurfürstenrat verhindert hatte.273 Der Chronist gibt den vollständigen Inhalt der Rede wieder, mit welcher der Kurfürst vor Kaiser und Reich sein theologisches Wissen und sein rhetorisches Können eindrucksvoll zur Schau gestellt hatte. Dabei hatte Friedrich III. im entscheidenden Augenblick der Auseinandersetzung inszenatorisch geschickt eine Bibel unter dem Gewand hervorgezogen, um auch materiell zu demonstrieren, auf welcher unangreifbaren Grundlage sich seine Argumentation bewegte. Daraufhin seien die Anwesenden „dermaßen confundirt, verstürzt, vnnd schamrot wordenn, das einer den andern angesehenn, die Augen nidergeschlagenn, vnd sich allgemach einander nach aus dem gemach verloren, vnd davon gemacht habenn.“274 Der unmittelbare Erfolg dieser Aktion zeigte sich nach Ansicht des Autors darin, dass sich der Kaiser danach „ganntz genedig gegen Ihn erzeigt“ und ihn belehnt habe. Der Belehnungsakt wird dabei nicht nur als Ausdruck einer besonderen Gunst des Kaisers interpretiert, sondern er belegt auch das Scheitern der von den evangelischen Reichsfürsten forcierten Exklusionspolitik.275 Der Bericht, der mit dem triumphalen Auszug des Kurfürsten aus der Stadt endet, dient eindeutig dem Ziel, Friedrich III. als furchtlosen Verteidiger des wahren Glaubens gegen eine überwältigende Übermacht von Kaiser und Reichsständen auf diesem Reichstag zu heroisieren. Darüber hinaus dokumentiert er, 272 ULB Darmstadt, Hss. 1971, Bd. 4, fol. 57–71, Bd. 5, fol. 44–57. Der Chronist verwertete hier Informationen aus zweiter Hand. Im Bericht über den Reichstag von 1570 steht der Fall des antitrinitarischen Theologen Johannes Sylvan, den Friedrich III. von der Pfalz 1572 enthaupten ließ, im Vordergrund. 273 ULB Darmstadt, Hss. 1971, Bd. 4, fol. 59. Friedrich III. von der Pfalz berief Marcus zum Lamm 1576 in den Kirchenrat nach Heidelberg, wenngleich dieser aus konfessionellen Gründen durch den Nachfolger Ludwig VI. schon im selben Jahr wieder entlassen wurde. 274 ULB Darmstadt, Hss. 1971, Bd. 4, fol. 64. 275 Vgl. vorn Kap. II.2.c.
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welch hohe Bedeutung Markus zum Lamm der Inszenierung von Politik als einer zentralen Form politischen Handelns im frühneuzeitlichen Reich zusprach. In dem der kursächsischen Geschichte gewidmeten sechsten Band dieses Werkes findet sich ein fragmentarischer Bericht über den Dresdner Kaisereinzug von 1575.276 Das entscheidende Motiv für die Dokumentation des Ereignisses bildeten die während des Kaiserbesuches eingesetzten Formen der Herrschaftsinszenierung, vor allem das ikonographische Programm des Feuerwerks, das August zu Ehren des Kaisers veranstaltet hatte.277 Vier Handzeichnungen zeigen die „mit große[m] gepreng Zum Zierlichsten“ ausgestatteten Triumphbögen, die in der bildlichen Darstellung allerdings eher schlicht wirken (Abb. 6).278 Auf einer fünften Zeichnung ist eine auf einem Podest stehende brennende Figur zu sehen (Abb. 6). Während zeitgenössische Textquellen tatsächlich vier Feuerwerksaufzüge mit einem ähnlichen ikonographischen Programm überliefern, lässt sich diese Inszenierung durch keine andere Quelle belegen.279 Dargestellt ist offenbar Johannes Calvin als geistiger Ahnherr der sächsischen Kryptocalvinisten, womit die Ankündigung des Kurfürsten, die „calvinistische Sekte“ durch das Feuer auszurotten, wie Herkules die Hydra überwand, eine drastische Konkretisierung erfährt. Warum aber überliefert ein Calvinist diese Invention überhaupt? Marcus zum Lamm hatte die symbolisch verbrämte Kampfansage an die „calvinistische Sekte (wie sie unsere ware in Gothes wort gegründte Reformirte Christliche Religion schmelich nennen)“, wie er empört vermerkt, genau als solche verstanden. Ihm geht es darum, die Bedrohung der eigenen Konfession durch lutherische Reichsfürsten unter Führung Augusts von Sachsen zu dokumentierten. Dem Feuerwerk kommt hier eine Belegfunktion zu, sowohl für den Kampf der Lu276 ULB Darmstadt, Hss. 1971, Bd. 6, fol. 70–76. 277 Die Darstellungen sind nicht signiert, dürften aber von dem mit „IW“ signierenden Künstler stammen. Vgl. dazu vorn Kap. III.3. 278 So ist auf allen vier Zeichnungen derselbe eintorige Triumphbogen zu sehen, der durch Gesimse, Sockel oder Spiegel gegliedert wird. Lediglich die Figurengruppen, die auf einem Sockel auf dem Bogen angebracht sind, variieren: Sie zeigen entweder Herkules, einen Feldherrn im Harnisch oder einen wilden Mann auf einem Tier (Drache und Hirsch, Löwe und Bär) stehend, umgeben von explodierenden Feuerwerkskörpern. 279 Auch die Initialien „F.P.C.“ auf dem Sockel lassen sich nicht mehr zweifelsfrei auflösen. Entweder handelt es sich um die Abkürzung der in weiteren Inschriften sinngemäß variierten Aussage „fieri placuit caesari“ oder um eine Künstlersignatur, wobei das „F.“ für „fecit“ stünde. Für Hinweise danke ich Michael Trauth. Nach Meise, Repräsentation, S. 297, handelt es sich um eine Gegeninszenierung des Chronisten, der Calvin ‚in einem Strahlenkranz als Sieger’ zeige, was formal und inhaltlich nicht überzeugt.
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theraner gegen den Calvinismus, als auch für dessen Scheitern, denn der Autor berichtet mit unverhohlener Schadenfreude, dass die durchnässten Feuerwerkskörper während der Aufführung unkontrolliert gezündet und Hofbedienstete des Kurfürsten verletzt hatten. Dies bedeutete auf der symbolischen Ebene, dass die im Wetter wirkende göttliche Gewalt das wider die Calvinisten eingesetzte Feuer am Ende gegen den Urheber gerichtet hatte.280 Dennoch belegt die Tradierung des ikonographischen Programms im Grunde gegen die Absicht des Autors, dass diese mit politischen Botschaften aufgeladene Feuerwerksinszenierung ganz im Sinne ihres Veranstalters eine Außenwirkung erlangt hatte, die weit über den sächsischen Hof hinausgegangen und auch noch Jahrzehnte später im Gedächtnis der Zeitgenossen präsent gewesen war. Ein als „Imperatores et Electores“ bezeichneter Band ist nicht nur Kaisern und Kurfürsten gewidmet, sondern belegt das Bedürfnis dieses Chronisten, wesentliche Inhalte der Reichsverfassung in Text und vor allem Bild zu fixieren. So enthält er ein Aquarell mit der Session von Kaiser und Kurfürsten bei Belehnungen, das den um drei Stufen erhöht sitzenden Kaiser unter einem Baldachin im Kreis der Kurfürsten in einer offenen Renaissancearchitektur zeigt (Abb. 12).281 Es finden sich ganzfigurige Abbildungen Maximilians II. im kaiserlichen Ornat sowie aller Kurfürsten in ihrem Habit bei der Königswahl (Abb. 7).282 Sie können durch ihre Bezeichnung, ihre Wappen und die weltlichen Kurfürsten auch durch die Attribute ihrer Erzämter identifiziert werden.283 Gezeigt wird zudem ein Römischer König in einem „ornatus coronationis“, der mit dem tatsächlich verwendeten nicht übereinstimmt.284 Allerdings ging es diesem Chronisten offenbar weniger um historische Detailtreue, vielmehr stellte die Visualisierung aufgrund ihrer dekorativen wie imaginativen Qualitäten für ihn per se einen Wert dar. Dies zeigt auch ein Aquarell mit einer Abbildung des Ochsenbratens beim Krönungsbankett 1562 (Abb. 11), bei dem der als Vorlage benutzte Holzschnitt eindeutig identifizierbar ist. Auch hier wurden die Personen nach eige280 Vgl. Kap. III.3; Pierius, Kirchen- und Schulreformation, S. 99. 281 Die Kurfürsten sind mit den Anfangsbuchstaben ihrer Kurfürstentümer bezeichnet. ULB Darmstadt, Hss. 1971, Bd. 17, fol. 122, 125f. 282 Ebd., Bd. 17, fol. 94–102. 283 Vorlagen dürften auch hier Einblattdrucke mit Abbildungen des Kaisers im Kreise der Kurfürsten gewesen sein. Den Holzschnitt eines solchen Druckes hat Marcus zum Lamm im selben Band eingeklebt. ULB Darmstadt, Hss. 1971, Bd. 17, fol. 123. Die Darstellung des böhmischen Königs entspricht vom Typus her älteren druckgraphischen Darstellungen König Ferdinands I. Der sächsische Kurfürst hält als solcher das Kurschwert und als Erzmarschall dazu das Reichsschwert. 284 ULB Darmstadt, Hss. 1971, Bd. 17, fol. 98. Die Physiognomie ist stärker individualisiert und als habsburgisch erkennbar. Wahrscheinlich handelt es sich um Rudolf II.
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nem Geschmack neu eingekleidet, um die Darstellung möglichst dekorativ zu gestalten.285 Der mit dem Titel „Einzüge“ bezeichnete letzte Band des „Thesaurus“ beginnt mit dem Wahltag von 1562, für den der Autor besonders die türkische Gesandtschaft erwähnt, die „sehr herrlich eingeritten“ sei und kostbare Gaben verteilt habe, obwohl dieser Fakt im Vergleich zur Herrscherinvestitur von untergeordneter Bedeutung war.286 Er wird offenbar deshalb überliefert, weil dem Chronisten der Holzschnitt von Jost Amman (Abb. 21) über diesen Einzug vorlag. Nach diesem Vorbild ließ Marcus zum Lamm eine großformatige Darstellung anfertigen, die nur einen Ausschnitt zeigt, der in vielen Einzelheiten vom Original abweicht.287 So stellt das Bild nur einen Teil des Zuges dar, darunter im Zentrum den Gesandten Ibrahim Strotsch, der durch seine prächtige Kleidung hervorgehoben wird.288 Für Marcus zum Lamm waren es vor allem die fremdartig bekleideten Mitglieder der Gesandtschaft und die wertvollen Geschenke, die in visueller Form verewigt werden sollten. Dass es sich hierbei weitgehend um das Ergebnis künstlerischer Imagination handelte, war ohne Belang, denn die Wahrheit des Bildes lag nicht im historisch-korrekten Detail, sondern in einer stimmigen Gesamtdarstellung, die mit den in der zeitgenössischen Publizistik verbreiteten Imaginationsformen des Türken harmonierte. In seiner Beschreibung des Reichstages von 1594, an dem er als kurfürstlicher Rat teilgenommen hatte, geht der Autor ausführlich auf den Einzug Rudolfs II. in Regensburg ein. Die Einzugsbeschreibung nimmt wesentlich mehr Raum ein als die Schilderung des Reichstages.289 Dabei übernimmt der Autor 285 ULB Darmstadt, Hss. 1971, Bd. 17, fol. 87f. Vgl. dazu Harms, Deutsche illustrierte Flugblätter, Bd. 4, S. 88f. Das offenbar stark verbreitete Blatt ließ auch Wick für seine Chronik abzeichnen. Ein weiteres Aquarell findet sich in der Chronik der Frankfurter Schuhmacherzunft, welche auch den Text des Einblattdruckes übernimmt. ISG Frankfurt am Main, Chroniken, Nr. 21, fol. 138’–141. 286 ULB Darmstadt, Hss. 1971, Bd. 24, fol. 2. Außerdem wird die Verlesung der Proposition am 27.10.1562 erwähnt, die eigentlich am 30.10. stattgefunden hatte. Dieser Band bietet tatsächlich Nachrichten über Herrschereinzüge, aber auch zu Unglücksfällen, Criminalia oder Wunderzeichen. 287 ULB Darmstadt, Hss. 1971, Bd. 24, fol. 3. Übernommen wurden die Anordnung der Geschenke am rechten Bildrand sowie die Gangbewegung einzelner Pferde. Die Darstellung war ursprünglich an dieser Stelle eingeklebt, wird aber heute extra gelagert. 288 Bei Amman, der sich weder für das politische Ziel dieser Gesandtschaft, noch für ihre Mitglieder interessiert hatte, ist der Gesandte unter den dargestellten Türken nicht zu identifizieren. Dass die Exotik auch für Marcus zum Lamm ein wesentliches Dokumentationsmotiv war, zeigt die Tatsache, dass er den bei Amman als Kamelreiter abgebildeten Afrikaner – wenngleich an anderer Position im Zug – übernahm. 289 ULB Darmstadt, Hss. 1971, Bd. 24, fol. 82–93’.
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zum Teil wörtlich den Text einer 1594 bei Niklas Knorr in Nürnberg erschienenen Neuen Zeitung; nur gelegentlich hebt er bestimmte Inhalte besonders hervor: So betont er die aus seiner Perspektive wichtige Tatsache, dass die lutherischen Fürsten den Kaiser zur Messe in den Dom begleitet hätten, was ein impliziter Angriff gegen diese ist, da es mit ihren Glaubensüberzeugungen in diesem Fall nicht weit her sein kann.290 Die Angaben zur Reichstagseröffnung beschränken sich auf den Hinweis, dass die Proposition durch Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg gehalten worden sei. Ihren Inhalt gibt Marcus zum Lamm in sechs kurzen Punkten wieder und vermerkt, dass aber nur der erste Punkt, der Beschluss einer Türkenhilfe, zur Sprache gekommen sei.291 Weitere Informationen über die vor und hinter den Kulissen verhandelten politischen Materien fehlen. Vielmehr kulminiert die Bewertung dieses Reichstags in der Aussage: „Sonsten ist uff diesem R.tag mechtige üppigkeitt, mitt übermachtem Pracht, Banketirn, Fressen, Saufen, Unzucht vnndt Hurerei vnnd viler großer anderer Gottlosigkeitt vnnd großer Sünden mher von dem meisten theil, Hohen vnndt Niederen Standts, Ja die größten, von den aller Höchsten Häubtern geleben, vnnd Gott schwerlig erzürnet worden“.292
Mit seiner harschen Kritik an der fürstlichen Prachtentfaltung auf Reichstagen widerspricht Markus zum Lamm allerdings weiten Teilen seiner eigenen Darstellung, in der er genau diese Inhalte ausführlich wiedergegeben und für die Nachwelt fixiert hatte.293 Sein Werk spiegelt deshalb unübersehbar die große 290 Kurtze Beschreibung (1594). Die bei Knorr dargestellten Einzüge des kursächsischen Administrators und des Kölner Kurfürsten werden dagegen gekürzt. ULB Darmstadt, Hss. 1971, Bd. 24, fol. 93’–94. Auch die Beschreibung des Einzugs Friedrichs von Württemberg, der die Einzüge der anderen Fürsten bei weitem übertroffen hatte, ist sehr ausführlich, weil sie auf den Chronisten offenbar einen starken Eindruck hinterließ. Ebd., fol. 94’–97. Dass der Einzug des Württembergers (6 Seiten) ausführlicher als der des Kaisers (22 Seiten) geschildert würde, trifft nicht zu. So aber Meise, Repräsentation, S. 294f. Auch die Bewertung, der Kaiser tauche „nur kurz als Nr. 22“ auf, geht am Kern der Sache vorbei, denn die Position des Kaisers ist im Rahmen der Gesamtinszenierung zu beurteilen, die schon deshalb viel aufwendiger war, weil der Kaiser von vielen Fürsten eingeleitet wurde. 291 Genannt wird auch die verabschiedete Höhe. Ebd., fol. 97’–99’. 292 ULB Darmstadt, Hss. 1971, Bd. 24, fol. 100–100’. Diese Bewertung besitzt eine topische Qualität, denn sie lässt sich auch für frühere Reichstage finden. Vgl. Luttenberger, Pracht und Ehre, S. 296–299. Das Ausmaß der Prachtentfaltung wird am Beispiel eines Krämers illustriert, der angeblich allein durch den Verkauf von Federschmuck 100.000 Gulden verdient habe. Ebd., fol. 102. 293 Meise, Repräsentation, S. 294. So berichtete er ausführlich über höfische Feste wie Hochzeiten, Kindstaufen oder Leichenbegängnisse am Heidelberger Hof und darü-
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Faszination wider, welche das eigene Erleben oder die medienvermittelte Rezeption politischer Aufführungen bei diesem Autor auslösten. Dabei setzte Markus zum Lamm besonders auf visuelle Dokumentationsformen, um solche Ereignisse und deren historischen Sinn dauerhaft festzuhalten. Was diesem Chronisten bei der Abfassung seines Werkes offenbar vor Augen stand, war eine umfassenden Sammlung von Bildern des Reiches im doppelten Sinne dieses Begriffs. Indem der „Thesaurus Picturarum“ des Marcus zum Lamm als eine der bis dato bedeutendsten außerhöfischen Bildsammlungen um 1644 durch Georg II. von Hessen-Darmstadt angekauft und der eigenen Hofbibliothek einverleibt wurde, war seine Erhaltung langfristig gesichert, wodurch auch die in diesem Werk verwendeten Tradierungsstrategien überdauerten.
3. Erinnerungskultur und Kommerz Das individuelle und kollektive Bedürfnis nach der Fixierung feierlich vollzogener, öffentlicher Aufführungen wurde in der Frühen Neuzeit zunehmend durch eine weitere Akteursgruppe bedient, deren Handeln nicht ausschließlich, aber doch in hohem Maße von ökonomischen Erwägungen bestimmt wurde. Geht man von der Menge der erhaltenen Artefakte aus, so kann man spätestens ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Zusammenhang mit den hier analysierten Ereignissen von der Existenz eines Marktes für Memorialobjekte sprechen, der durch Autoren, Unternehmer, Handwerker und Künstler bedient wurde. Da die Abnehmer zunehmend auch aus unteren Bevölkerungsschichten kamen, was einen massenhaften Vertrieb solcher Objekte ermöglichte, entwickelte sich ihre Herstellung zum lukrativen Geschäft – zumindest dann, wenn sie den Geschmack ihrer Zielgruppen trafen und zeitnah angeboten werden konnten. Auf die Entwicklung einer Nachfrage reagierten die Produzenten mit dem Angebot neuer Memorialartikel, die wiederum die gesellschaftliche Nachfrage nach diesen förderten. Da einheimische Produzenten mit auswärtigen Anbietern konkurrierten, die speziell zum Ereignis angereist waren, kam es nicht selten zu Konflikten zwischen beiden Seiten.294 ber hinaus. Auch die mit großem Pomp 1570 begangene Hochzeit zwischen Pfalzgraf Johann Casimir und Elisabeth von Sachsen sowie der Durchzug Heinrichs III. von Frankreich nach Polen werden geschildert, wobei der Empfang des Königs am Heidelberger Hof aufgrund der konfessionellen Differenzen bescheiden ausgefallen sei. ULB Darmstadt, Hss. 1971, Bd. 4, fol. 76–86, 144–156. 294 So berichtet Peter Müller über die Ermordung eines auswärtigen Krämers, der beim Wahltag von 1612 Krüge mit dem Namenszug von Kaiser Matthias hatte verkaufen
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Produziert und verkauft wurden zum Beispiel Kunsthandwerk und Gegenstände des täglichen Bedarfs, die durch ihre Gestaltung an das Ereignis oder an die Hauptakteure erinnerten. Gebrauchsobjekte mit Souvenircharakter, die zum Beispiel Darstellungen des Kaisers, der Kurfürsten oder der Stadt sowie Herrschaftssymbolik wie der Doppeladler oder Wappen zierten, sind sowohl in Privatbesitz als auch vielfach in Museen und Sammlungen überliefert.295 Sie wurden zwar keineswegs nur im Zusammenhang mit Kaiserauftritten hergestellt, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit hier verstärkt abgesetzt, so dass die Erinnerung an das Ereignis schon durch Erwerbsanlass tradiert wurde. Bei solchen Objekten ist generell von hohen Verlusten auszugehen, besonders dann, wenn sie sich nicht durch einen besonderen materiellen oder künstlerischen Wert auszeichneten und das Material, aus dem sie hergestellt waren, keine hohe Haltbarkeit besaß. Oft handelte es sich dabei um Bierhumpen, Krüge oder Teller aus leicht zerbrechlichen Glas oder Steingut sowie Behältnisse aus Holz.296 Die Zahl dieser Gegenstände reicht deshalb nicht ansatzweise an die überlieferter schriftlicher Gedächtnismedien heran. Selbst Aussagen über das potentielle Ausmaß der Produktion sind nur schwer möglich. Dennoch dokumentieren schon die erhaltenen Objekte gleichermaßen die formale Vielfalt und die unterschiedlichen Arten ihrer Nutzung, die sich von denen handschriftlicher und gedruckter Texte und Bilder stark unterschieden. Da sie jedoch das Ereignis nicht explizit benannten, war ihre memorative Wirkung an einzelne Individuen und deren Gedächtnisleistung gebunden. Im Grunde konnte nur der Käufer selbst das einzelne Objekt gedanklich mit einer bestimmten Begebenheit verknüpfen und diesen Sachverhalt anderen Akteuren der Erinnerungskultur kommunizieren. Damit war die Tradierungsleistung solcher Artefakte in der Regel auf den Zeitraum des kommunikativen Gedächtnisses begrenzt. wollen, durch einen Frankfurter Bürger. ISG Frankfurt am Main, Chroniken, Nr. 43, Eintrag von 14.04.1612. Vgl. auch Becker, Chronik, S. 12, der allerdings von Kränzen spricht. Der Totschläger kam daraufhin in den Turm, allerdings wurde er durch Intervention des Kaisers während des Wahltags begnadigt. 295 Während im Bereich der Publizistik und der behördlichen Überlieferung systematisch in den einschlägigen Bibliotheken und Archiven recherchiert werden kann, ist man im Hinblick auf Kunsthandwerk und Alltagsgegenstände auf Verweise in Museums- oder Ausstellungskatalogen sowie mündliche Informationen angewiesen. Nicht selten handelt es sich um Zufallsfunde. 296 Das GNM Nürnberg besitzt z.B. ein koloriertes Wachsrelief mit dem Portrait des Kaisers Matthias, das auf dem Deckel einer Holzspanschachtel angebracht war. Es wird dem Nürnberger Wachsbossierer Georg Holdermann (1585?–1629) zugeschrieben und dürfte um 1612 entstanden sein. GNM Nürnberg, Inventar-Nr. Pl.O. 751.
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Dies gilt zum Beispiel auch für Stadtansichten als Erinnerung an den Ereignisort, die während der eigenen Präsenz als Souvenir erworben werden konnten. Dieses Manko wurde von einigen Künstlern dadurch behoben, dass man das Ereignis auf der Vedute vermerkte. So erwähnte der Kupferstecher Jacob Hoefnagel (1575–1630) auf seiner Stadtansicht von Regensburg (Abb. 20) explizit, dass diese „in Comitijs Ratisbonensis Anno 1594“ angefertigt worden sei.297 Der Druck ist Rudolf II. gewidmet und zeigt im oberen Teil einen gekrönten Doppeladler und den kaiserlichen Wappenschild, der vom Goldenen Vlies an der Collane umrahmt und von der Mitrakrone überfangen wird. Die Wappen des Bischofs von Regensburg und der Reichsstadt Regensburg verweisen nicht nur zeichenhaft auf den Ort der Handlung, sondern auch auf jene beiden Herrschaftsträger, welche diesen Reichstag ausgerichtet hatten.298 Indem die Ansicht die Stadt von Norden aus zeigt, erinnert sie zugleich an den feierlichen Einzug des Kaisers auf diesen Reichstag, der sich Regensburg aus dieser Richtung genähert hatte. In diesem Beispiel ist die Memoria von Reichstag und Kaisereinzug mit der Erinnerungskultur der Reichsstadt Regensburg verwoben, die auf dem Blatt gleich mehrfach thematisiert wird. So zeigt der Künstler im linken Vordergrund das so genannte Brückenmännchen, das sich eigentlich auf der im Hintergrund sichtbaren Donaubrücke befindet und selbst ein Gedächtnisobjekt verkörpert. Denn die daran angebrachte Jahreszahl verweist auf die Bestätigung des Freistadtstatus und der Brückenrechte durch Friedrich III. 1446 und somit auf die kaiserlichen Privilegien dieser Stadt.299 Der Druck dient damit sowohl der Erinnerung an bestimmte Ereignisse, als er auch städtische Erinnerungsprozesse als solche thematisiert – genauso wie er eine Stadtansicht zeigt und zugleich deren Betrachtung evoziert, denn der Betrachter ist mit der Figur rechts im Bild dargestellt. Das Blatt, das dieser in den Händen hält, kann eigentlich nur eine Stadt297 Hoefnagel, Ratisbona, S. 245. Zu Jacob Hoefnagel (1575–1630) vgl. Thieme / Becker, Bd. 17, S. 195f.; Paulus, Regensburg, S. 348. Der zum Zeitpunkt des Reichstages 19jährige Hoefnagel avancierte 1602 zum Kammermaler Rudolfs II., für den bereits sein Vater, der mit dem Kartographen Abraham Ortellius befreundete Miniaturmaler und Kupferstecher Georg Hoefnagel, gearbeitet hatte. 298 Eine im Bild integrierte Legende bezeichnet die wesentlichen Bauten der Stadt sowie Flüsse und Fernstraßen. Die Doppelung von geistlicher und weltlicher Herrschaft wird im Mittelgrund verdeutlicht, wo ein Geistlicher und ein Landsknecht im Gespräch gezeigt werden. Im Vordergrund sind ein Lastpferd mit bayrischer Wappendecke und zwei Landsknechte zu sehen. Das Stadtbild wird durch den Dom dominiert. Vgl. dazu Paulus, Regensburg, S. 349. 299 Angerer, Regensburg im Mittelalter, Katalog, S. 60. Auch die Renovierung des Denkmals als eine Form städtischer Erinnerungspraxis wird erwähnt.
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vedute sein, wobei er in diesem Fall die reale Ansicht mit ihrer Visualisierung im Bild vergleicht. Der auf diese Weise erhobene Realitätsanspruch wird durch die Aussage des Künstlers, dass er seine Ansicht „ad naturalem“ gezeichnet habe, bekräftigt. Somit dient das Blatt auch dem Ehrengedächtnis des Künstlers, der es signierte. Mit dem Angebot unterschiedlicher Erinnerungsgehalte dürfte sich die Zahl der Käufer deutlich vergrößert haben. Die Komplexität der in solchen Medien vermittelten Erinnerungen verdeutlicht auch ein um 1614 entstandener Einblattdruck, der Kaiser Matthias im Kreis der Kurfürsten zeigt und vordergründig an das Ereignis der Wahl und Krönung von 1612 zu erinnern scheint.300 Tatsächlich geht es jedoch primär um die Betonung der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Kurfürsten im Rahmen der Herrschererhebung im Reich, wie der unter der Darstellung befindliche Text eindeutig klarstellt. Dabei wird besonders der Mainzer Kurfürst als „Principalis Elector“ und Konsekrator hervorgehoben. Abgebildet wurde hier nicht die Königswahl als solche, sondern vielmehr ein Motiv, das bei der Wandbemalung der 1612 fertig gestellten Aschaffenburger Residenz des Mainzer Kurfürsten Johann Schweickart von Cronberg Verwendung gefunden hatte. Dabei hebt der Text hervor, dass der Erzbischof „diesen Fürstlichen Pallast dem Ertzstifft und Vatterlandt zu Nutz und Zier / und Ihme zu ewiger Gedächtnuß von Grunde auff zuerbawen angefangen“.301 Der Druck wird somit zum Gedächtnismedium eines anderen Gedächtnismediums; in ihm überlagern sich drei Repräsentationsebenen: die Inszenierung von Herrschaft im Akt selbst, deren Darstellung im Wandgemälde eines Repräsentationsbaues und schließlich dessen Abbildung im Druck. Besonders anlässlich der Herrschererhebung wurden Druckgraphiken produziert, die weniger darauf zielten, die Rezipienten über die Abläufe zu informieren, sondern vielmehr den Vollzug des Aktes an sich zu dokumentieren und zugleich an diesen zu erinnern. Bei Drucken dieser Art stand das Bild als Kommunikationsmittel eindeutig im Vordergrund. Eine zentrale Bedeutung kam dabei Herrscherportraits zu. Stellvertretend sei hier auf einen technisch versierten Kupferstich verwiesen, der zum Bildtypus Reiterportrait gehört und Kaiser Matthias als lorbeerbekränzten Feldherrn in Rüstung mit Kommando-
300 Keller, Matthias I. Imperator. So von Wanger, Kaiserwahl, S. 328, verstanden, Abb. ebd. S. 328. 301 Mit hoher Wahrscheinlichkeit war es auch der Erzbischof, der für die Verbreitung dieses Druckes sorgte, der zu einer ganzen Serie ähnlicher Blätter mit weiteren Ausmalungsmotiven der Residenz gehört.
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stab zu Pferd zeigt (Abb. 59).302 Der Lorbeer steht einerseits für Matthias als siegreichen Feldherrn, andererseits stellt er den Kaiser in die Tradition des antiken römischen Kaisertums und verweist so auf die Translatio Imperii. Der tiefe Horizont symbolisiert die von Gott gewollte Herrschaft des Kaisers und lässt seine vor freiem Himmel postierte, in Untersicht gezeigte Reiterfigur umso beeindruckender erscheinen. Die mitschwingende Deutung des starken Herrschers, der nicht nur sein Pferd, sondern zugleich das Staatswesen lenkt, dürfte den zeitgenössischen Rezipienten vertraut gewesen sein. Das Reiterportrait als Repräsentation des Herrschers und zugleich als Gedächtnismedium seiner Investitur erwies sich offenbar als Erfolgsmodell, denn ähnliche Drucke wurden auch anlässlich der folgenden Herrschererhebungen auf den Markt gebracht.303 Sie waren ganz offensichtlich für ein an Krönungssouvenirs interessiertes Massenpublikum bestimmt. Gedruckte Kaiserportraits scheinen darüber hinaus in großem Stil auch bei Reichstagen vertrieben worden zu sein, da solche Darstellungen nicht selten in handschriftliche Erinnerungsmedien eingeklebt wurden. So findet sich im Zusammenhang mit dem zeitnah entstandenen Bericht über den Reichstag von 1594 des Marcus zum Lamm ein Hinweis, dass zu Beginn der Darstellung ursprünglich eine „Viva Imago“ Kaiser Rudolfs II. eingeklebt gewesen sei. Bei diesem Portrait handelte es sich offenbar um einen Kupferstich, der heute fehlt.304 Im selben Band findet sich zudem ein anderer Kupferstich mit einem Portrait desselben Kaisers, der von dem aus Antwerpen stammenden Kupferstecher und Zeichner Antonie Wierix (ca. 1552–1624) stammt. Durch solche Herrscherportraits wurde die meist kurzzeitige Anwesenheit des Kaisers im Reich medial perpetuiert. 302 Matthias I. D. G. Romanor. Imperat. semper Augustus (1612). Das Werk ist nicht signiert. Über der Darstellung ist das Motto des Kaisers „AMAT VICTORIA CURAM“ angegeben, links das bekrönte Wappen Matthias’, rechts ein einköpfiger Adler als Verkörperung des Reiches. Hinter dem Kaiser sind simultan die Ausübung der Erzämter und der Krönungszug angedeutet. Diese narrativen Elemente und die Jahreszahl 1612 verweisen auf das hier memorierte Ereignis der Herrschererhebung. 303 Zur Wahl und Krönung Ferdinands II. erschienen zwei Einblattdrucke mit diesem Motiv in leicht abgewandelter Form, wobei einmal lediglich der Kopf des Kaisers aktualisiert wurde. Der zweite Druck, der die übliche Dreiteilung eines Einblattdruckes in Titel, Bild und Text aufweist, zeigt das Motiv seitenverkehrt, weil es offenbar auf die Druckplatte durchgezeichnet wurde. Ferdinandus II. D.G. Romanor. Imperat. semper Augustus (1619); Wahre und Eigentliche Abcontrafactur (1619), Abb. bei Wanger, Kaiserwahl, S. 330. Für 1658 vgl. auch GNM Nürnberg, HB 24558/1333 (nicht bei Wanger). 304 ULB Darmstadt, Hss. 1971, Bd. 24, fol. 104; im Folgenden ebd., fol. 163.
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Als spezifisch für Wahl- und Krönungstage kann die weitgehend unveränderte Neuherausgabe älterer Krönungsbeschreibungen aus Anlass einer aktuellen Herrscherinvestitur gelten, die sich erstmals für die Wahl und Krönung von 1562 und verstärkt für jene von 1612 nachweisen lässt (Tab. 9.1). Dabei beziehen sich die im Vorfeld des Erhebungsaktes von 1562 erschienenen Neuherausgaben ausschließlich auf die Herrschererhebung Karls V.305 1612 erschienen sogar sieben Neuauflagen älterer Wahl- und Krönungsberichte in Form von Einzelausgaben oder Sammelwerken. Als mit fast 500 Seiten umfangreichstes Werk kann ein 1613 bei Wechel & Aubry in Hanau erschienener Sammelband betrachtet werden. Die darin enthaltenen Texte decken mit Ausnahme von 1531 alle Wahl- und Krönungsakte von König Maximilian I. 1486 bis zu Kaiser Matthias 1612 ab, wodurch die jüngste Erhebung in der Tradition all jener Wahlen und Krönungen im Heiligen Römischen Reich verortet wurde, die ebenfalls schon durch den Druck tradiert worden waren .306 Schon 1610 legten die geschäftstüchtigen Druckerverleger Johann Bringer und Wilhelm Hoffmann die von Rab, Feyerabend und Han 1563 herausgebrachte Beschreibung der Wahlen und Krönungen Maximilians II. neu auf.307 Die Wahl eines zukünftigen Reichsoberhauptes war zu diesem Zeitpunkt zwar keineswegs beschlossen, aber doch absehbar, zumal die böhmische Krönung von Matthias unmittelbar bevorstand, die im Druck von 1563 schließlich ebenfalls enthalten gewesen war. 1612 erschien anlässlich der aktuellen Herrschererhebung eine neue Auflage dieses Werkes, was zeigt, dass jene von 1610 305 Opvs elegantissimvm (1560); Schoene und lustige beschrybung (1561). Das erste Werk enthält neben dem Text von Melanchthon auch die Wahlkapitulation Karls V. und die Beschreibung des Lebens Karls. V. von Nikolaus Mameranus; das zweite außerdem Moer, Coronatio. 306 Inauguratio, coronatio, electioque aliquot imperatorum (1613). Ebenfalls enthalten waren Texte von Onofrio Panvinio (1530–1568), Michael Beuther und Johann Jessen (1566–1621). Gleichzeitig brachte dieses Verlegergespann einen Band mit Huldigungstexten zu diesem und ähnlichen Ereignissen heraus. Orationes gratulatoriae (1613). 307 Wahl und Crönungs Handlung (1610). Das Werk bietet eine Zusammenschau aller drei Krönungen Maximilians II., wobei die ungarische Krönung durch einen Nürnberger Druck von 1563 abgedeckt wird. Kurtze und Warhaffte beschreybung (1563). Da die Beschreibung des Einzugs Ferdinands I. in Pressburg am 01.09.1563 fast die Hälfte des hinzugefügten Textes einnimmt, fällt es besonders auf, dass Berichte zu den Kaisereinzügen in Prag und Frankfurt fehlen. Zwischenfälle werden nur bei der böhmischen und ungarischen Krönung vermerkt, so etwa dass Maria bei ihrer böhmischen Krönung über einen Teppich stolperte oder dass die ungarischen Stände „zimlich vneins vnnd zänckisch gewesen“ und den Kaiser lange auf ihr Votum warten ließen, obwohl dieser sie ermahnt habe, „alle vergebenliche vnnotwendige Disputationes abzuschneiden“.
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bereits vergriffen war. In seiner Widmung an den Frankfurter Rat begründete Hoffmann die Neuauflage damit, dass das Werk „ruhm vnd Ehre“ der Reichsstadt Frankfurt am Main fördere, denn die Römische Königswahl sei als „sonderbares grosses Regal / Begnadigung und Freyheit zu achten“, das die Stadt vor allen anderen Städten des Reiches auszeichne.308 Schließlich würde in Frankfurt der „höchste Monarch der gantzen Welt vnd Christenheit“ gewählt und die Stadt bei diesem Anlass von Königen, Kurfürsten und anderen hochstehenden Persönlichkeiten „mit grosser Pomp / Apparat vnd Herligkeit“ besucht. Aussagen dieser Art hofieren zum einen den Frankfurter Rat als dem politischen Gremium, das über das Instrument der Bücherzensur den wirtschaftlichen Erfolg des eigenen Unternehmens beeinflussen konnte. Zum anderen rekurrieren sie auf ein diffuses Geflecht von Einstellungen und Haltungen auf Seiten der Rezipienten, die Lokalpatriotismus mit Reichsfaszination verknüpften und im Zuge von Herrschererhebungen regelmäßig eine Konjunktur erlebten. So heißt es auf dem Titelblatt eines von Bringer herausgebrachten Werkes über die Geschichte der Herrscherinvestitur im Reich mit einem gewissen Pathos, dass in diesem Werk „non solvm Dignitas et Majestas Imperij Romani, verum etiam qui ritus siue solennitates in eligendo & coronando Rege Romanorum obseruentur, ob oculos ponitur“.309 Inwiefern solche Argumentationen primär adressatenbezogen waren oder auch genuine Überzeugungen ihrer Verfasser widerspiegeln, ist schwer zu entscheiden, vor allem dann, wenn über den Autor nur wenige Informationen überliefert sind. Die starke Orientierung am Publikumsgeschmack zeigt sich darin, dass die 1563 nicht illustrierte „Wahl und Crönungs Handlung“ nun mit zwölf Kupferstichen versehen wurde, die entweder in die Textseiten integriert oder aufgrund ihrer Übergröße in den Band eingeklebt worden sind.310 Während es sich bei den meisten Illustrationen um reine Phantasieprodukte handelt, sind zwei der 308 Im Folgenden Wahl und Crönungs Handlung (1610), Vorrede. Die Veröffentlichung wurde außerdem mit dem angeblich von vielen Seiten artikulierten Bedarf begründet. 309 Selectum historicum (1612), Titelblatt. 310 Der Künstler ist unbekannt, der Formschnitt könnte durch Wilhelm Hoffmann erfolgt sein, der zugleich als Formschneider arbeitete. Mitunter passen die Abbildungen, die sich auf wenige Akteure beschränken und den Raum der Handlung nur grob andeuten, noch nicht einmal zum nebenstehenden Text. So beginnt die Beschreibung der böhmischen Krönung mit einer Darstellung des thronenden Kaisers im Kreise der Kurfürsten. Außerdem sind für die symbolische Deutung dieser Akte nicht unwesentliche Details falsch wiedergegeben. So reitet der böhmische König anders als im Text dargestellt allein hinter den weltlichen und vor den geistlichen Kurfürsten und nicht neben dem Kurfürsten von Köln zur Wahlkirche, obwohl die optische Einordnung in die soziale Gruppe der Kurfürsten gerade dokumentieren sollte, dass Maximilian vor der Wahl als
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drei großformatigen Kupferstiche nachweislich nach dem Vorbild zeitgenössischer Einblattdrucke entstanden und belegen auf diese Weise deren Rezeption noch 50 Jahre nach dem Ereignis. Für den Kupferstich mit dem Türkeneinzug diente eindeutig der großformatige Holzschnitt Jost Ammans von 1562 als Vorlage (Abb. 20).311 Auch die Darstellung des Ochsenbratens wurde von einem Einblattdruck ‚abgekupfert‘ (Abb. 30), denn sie zeigt dasselbe, im Hintergrund etwas veränderte Motiv, dem Reproduktionsprozess geschuldet allerdings in seitenverkehrter Form.312 Für den dritten Kupferstich (Abb. 60), der das anlässlich der Krönung veranstaltete Feuerwerk zeigt, ließ sich bislang keine Vorlage finden. Dieser Kupferstich illustriert jedoch eine Episode, welche der Text dieses Werkes mit keinem Wort erwähnt, weshalb der Künstler auch hier auf eine Bildquelle zurückgegriffen haben dürfte.313 Rechts im Mittelgrund sieht man das auf dem Main schwimmende Feuerwerkschloss, im Vordergrund die große Menge der Zuschauer am Frankfurter Mainufer, die auch die links im Bild gezeigte Römerbrücke füllen, während sich am Himmel über Sachsenhausen die Rauchwolken der abgefeuerten Geschütze und Feuerwerkskörper ballen. An zentraler Position im Bild – etwas rechts der Mitte im Vordergrund – kann man eine Gruppe gerüsteter Türken erkennen. Die gegenläufige Bewegung ihrer Pferde zu denen anderer Reiter und die erhobene Streitaxt eines türkischen Reiters zeigen, dass hier kein friedliches Zuschauen, sondern eine gewaltsame Konfrontation zwischen Türken und anderen Krönungstagsbesuchern verbildlicht werden soll. Auf diese Weise wird eine zentrale Aussage der Krönungsbeschreibung konterkariert, welche den 1562 zwischen beiden Seiten geschlossenen Frieden preist, während der Künstler vielmehr dessen in der Folge verifizierte Brüchigkeit ins Bild setzt.314
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Kurfürst unter Kurfürsten auftrat und erst danach eine herausgehobene Einzelposition beanspruchen konnte. Amman, Verzeichniß. Von diesem Vorbild übernahm der Künstler zentrale Elemente der Bildkomposition wie den gewählten Landschaftsausschnitt, ohne jedoch den formalen und narrativen Reichtum des Originals annähernd zu erreichen. Vgl. im Folgenden ausführlich Rudolph, Türkische Gesandtschaften, S. 313f. Warhafftige Contrafactur (1563). Da allerdings der Kupferstich von 1612 etwas kleiner ist, kann der Holzschnitt von 1563 nicht einfach auf die Druckplatte durchgezeichnet worden sein, was eigentlich das naheliegende Verfahren gewesen wäre. Zwar könnte der Vorfall auch mündlich tradiert worden sein, vor dem Hintergrund der nachweisbaren Vorlagen der anderen Kupferstiche scheint jedoch ein zeitnah erschienener Einblattdruck als wahrscheinlichste Quelle, zumal die Bildkomposition ohnehin der Jost Ammans zum Nürnberger Feuerwerk von 1570 (Abb. 5) ähnelt. Angesichts der 1566 neu ausbrechenden Kämpfe erwies sich der Vertrag in der Tat als brüchig. Vgl. dazu ausführlich Rudolph, Gesandtschaften, S. 314.
Individuelle Praktiken der Erinnerung
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Aber nicht nur das Druckgewerbe versuchte vom Ereignis eines Kaiserauftritts zu profitieren, vielmehr fertigten Künstler in eigener Regie handgezeichnete oder aufwendige gedruckte Darstellungen von Einzügen, Turnieren oder Feuerwerken an, die sie schon aufgrund des höheren Preises nicht im Straßenverkauf vertrieben, sondern in der Hoffnung auf eine finanzielle Gegenleistung an potentielle Interessenten zur Ansicht schickten. So präsentierte der Dresdner Maler Daniel Richter 1618 dem Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel eine Darstellung des Einzugs von Matthias 1617 in Dresden.315 Nach Auskunft des beigefügten Schreibens zeigte diese die Ankunft des Kaisers auf der Mönchswiese und seinen Einzug über die Elbbrücke in die Stadt. Möglicherweise handelt es sich um jene Ansicht dieses Ereignisses, welche der „Poeta laureatus“ Gregor Kleppis, der 1617 schon einen Sammelband mit Casualcarmina herausgebracht hatte, im Kleinformat in das Titelblatt seiner 1622 und erneut 1623 veröffentlichten „Emblemata varia“ (Abb. 47) integrieren ließ, was in diesem Falle belegen würde, wie solche Motive von einem Medium in ein anderes wanderten und dabei samt der mit ihren verbundenen Ereignisse erneut tradiert wurden.316 Ein herausragendes Beispiel für solche Aktivitäten ist eine Darstellung desselben Einzugs, die an der Wand des Hansesaals im Lübecker Ratshaus befestigt gewesen war. Von dieser ca. 20 Meter langen Deckfarben-Malerei auf Papier, welche die Zugfolge abbildete, haben sich nur drei Fragmente erhalten.317 Die 315 StA Marburg, 4a, fol. 13. Zu Richter vgl. Thieme / Becker, Bd. 28, S. 287. Ob Moritz diesen Druck annahm, ist allerdings nicht bekannt. Richter hatte schon 1612 dem Nürnberger Rat eine Darstellung des Leichenbegräbnisses von Kurfürst August 1586 geschickt, die allerdings nicht akzeptiert wurde, weil man „dergleichen gemäl lengsten gehabt“. Hampe, Ratsverlässe, Bd. 2, Nr. 2831. Im Falle einer Annahme beauftragte der Nürnberger Rat einen einheimischen Künstler mit der Schätzung des Werkes und legte danach die Höhe der Gegenleistung fest. 316 Vgl. dazu vorn Kap. V.2.d. Kleppis, Emblemata varia. 1623 erschien neben einer Neuauflage ein weiteres ähnliches Werk von Kleppis, welches dieselbe Titelvignette aufwies: Theatrum emblematicum (vgl. Abb. 47). 317 Die Fragmente (37 x 550 cm; 37 x 312 cm) befinden sich im St.-Annen-Museum in Lübeck. Sie zeigen vor einem leeren Hintergrund das in Gliedern zu drei Personen reitende sächsische und kaiserliche Gefolge sowie drei sechsspännige Wagen mit Standespersonen, darunter Kardinal Klesl. In der in Gold auf Schwarz ausgeführten Inschrift wird Ferdinand II. fälschlich als Bruder des Kaisers bezeichnet: „Abcontrafactur des Röhmischen Keisers Mathias des 1. Einzugs beneben ihrer Key. Maj. Brüder Maxmelian und Ferdinandus, Ertzherzog zu Osterreich, erwelter König in Böhmen, welche am Tage Jacobi Ao. 1617 nachmittag umb 6 Uhr auff der Elben angekommen und von den Durchleuchtigsten Hochgebohrnen Fürsten und Herrn Churfürst, beneben anderen Fürsten, Graffen, Rittern Herren und Adelspersohnen zu Olden Dresen auff der Münchewiesen in grosen Triumph angekomen und in die Festung Dresen ins Churf.
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übliche Praxis, solche Werke unaufgefordert anzubieten, dürfte erklären, wie diese Arbeit nach Lübeck kam; sie erklärt allerdings nicht, was den Lübecker Rat dazu bewog, das Werk anzunehmen und auch noch öffentlich auszustellen. Denn die Vorstellung, dass die zum Hansetag entsandten Vertreter der Hansestädte unter der Darstellung eines Kaisereinzugs in eine Kurfürstenresidenz tagten, mutet seltsam an. Vielleicht war das Werk als Pendant zum Einzug Karls IV. 1375 in Lübeck gedacht, der im Bürgerschaftssaal des Lübecker Rathauses verewigt worden war. Während dieser jedoch auf die politische und ökonomische Hochzeit Lübecks im Spätmittelalter verwies, dürfte der wohl aus Mangel an eigenen Kaisereinzügen neueren Datums geschehene Rückgriff auf den Dresdner Kaisereinzug von 1617 die gesunkene reichspolitische Bedeutung der Stadt umso deutlicher herausgestellt haben. Dennoch zeigt dieses Beispiel erneut, wie weit die Rezeptionsräume von Kaiserauftritten im Reich reichen konnten. Das Werk wurde 1710 noch einmal restauriert und erst 1817/18, nach dem Ende des Alten Reiches, abgebrochen.318 Nicht zuletzt ist in diesem Kontext nochmals auf die Geschichtsschreibung zu verweisen.319 Denn für die Produktion von Stadtchroniken oder der massenhaft erschienenen Sleidan-Fortsetzungen waren häufig auch oder sogar ausschließlich ökonomische Beweggründe ausschlaggebend. Die Geschichtsschreibung diente ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nicht nur Hofhistoriographen oder anderen Gelehrten als Broterwerb, sondern zunehmend auch Berufsgruppen wie Schreibern, Schulmeistern oder Studenten, die ihr mageres Einkommen aufzubessern gedachten, indem sie auf einen gestiegenen gesellschaftlichen Bedarf an historischen Werken reagierten.320 Die Erinnerungskultur von politischen Aufführungen bei Kaiserauftritten profitierte insgesamt von einem wachsenden und schichtenübergreifenden Bedürfnis, eine als eigene Vergangenheit betrachtete Geschichte in materiellen Gedächtnismedien zu fixieren. Ein seltener und zumal glanzvoller Kaiserbesuch stellte dabei offenbar ein herausragendes Ereignis im individuellen Lebenslauf dar, das erinnert werden Schloß gezogen und eingefüret worden.“ Vgl. Rathgens, Darstellung des Einzugs; Bruns / Rathgens, Bau- und Kunstdenkmäler, Bd. 1.2, S. 189–193, Zitat 192. 318 Rathgens, Darstellung des Einzugs, S. 319. 319 Vgl. schon Kap. VI.2.b. 320 Allerdings erwies sich diese Praxis oft als finanziell weniger lohnend, als ihre Produzenten angenommen hatten. Auch Goldast hatte sich mit seinen Editionen zur Reichsverfassungsgeschichte zunächst ein Geschäft versprochen gehabt, deshalb war er umso enttäuschter, dass ihm dies nicht im erwarteten Ausmaß gelang. Allerdings scheint das Jammern über die ungenügende Wertschätzung seiner Werke auch eine Strategie der Selbstdarstellung dieses späthumanistischen Gelehrten gewesen zu sein. Caspary, Späthumanismus, S. 44f.
Zusammenfassung
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sollte. Auf dieses Bedürfnis reagierten jene Erinnerungsakteure, die mit einer zunehmend marktorientierten Herstellung von Memorialartikeln unternehmerischen Erfolg oder auch nur ihr eigenes Überleben sicherstellen wollten.
Zusammenfassung Die Erinnerungskultur der Kaiserauftritte umfasste eine Vielzahl von Praktiken, die auf die Produktion ganz unterschiedlicher Gedächtnismedien ausgerichtet waren. Der Untersuchungszeitraum erscheint dabei als ein Erinnerungslaboratorium, in dem unterschiedliche Medien und Praktiken der Memoria mit unterschiedlichem Erfolg getestet wurden. Anwendung fanden sowohl traditionelle, schon im Spätmittelalter in diesem Kontext nachweisbare Gedächtnismedien wie die Handschrift oder die Zeichnung, als auch die neuen technisierten Medien Buchdruck und Druckgraphik mit ihrer multiplizierenden Wirkung. Das Ausmaß der Konservierungsversuche nahm im Untersuchungszeitraum stark zu, was auch der Tatsache geschuldet sein dürfte, dass Kaiserauftritte aufgrund ihrer abnehmenden Häufigkeit im kommunikativen Gedächtnis der Zeitgenossen weniger präsent waren und deshalb in unabhängig von diesem existierenden materiellen Gedächtnismedien gespeichert werden sollten. Dabei wiesen die analysierten Gedächtnismedien im Hinblick auf ihre Tradierungsleistung in Abhängigkeit von ihrer konkreten Funktion eine hohe Varianz auf. Berichtete ein Amtsträger in städtischen oder höfischen Diensten ausführlich über das durchgeführte zeremonielle Verfahren, beschränkte sich ein Stadtchronist möglicherweise auf den Topos der besonderen Solennität des Ereignisses, während ein Tagebuchschreiber eventuell nur das Datum übermittelte. Visualisierte ein Künstler in einer graphischen Folge mehrere aufeinanderfolgende Akte der Herrschaftsinszenierung und bildete dadurch auch die narrative Struktur eines Ereignisses ab, so zeigte eine Medaille vielleicht nur das Bild des gekrönten Herrschers, das lediglich als Fixpunkt für die Erinnerung an das Ereignis dienen sollte. Je selektiver die Informationen waren, welche die Gedächtnismedien selbst kommunizierten, desto stärker mussten bei der Reaktivierung des Ereignisses die im eigenen Gedächtnis oder in anderen Medien gespeicherten Informationen herangezogen werden. Die Möglichkeit solcher Kopplungsvorgänge beschränkte sich allerdings in der Regel auf eine bis höchstens drei Generationen und damit auf den Zirkulationsradius des kommunikativen Gedächtnisses. Dieser Sachverhalt musste keineswegs kontraproduktiv für die Wirkmächtigkeit von Erinnerungsprozessen sein, denn gerade die Varianz und die Selek-
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tivität von Erinnerungsinhalten förderte die Fähigkeit zur Anverwandlung der erinnerten Traditionen an die aktuellen Erfordernisse der sozialen, politischen oder kulturellen Rahmenbedingungen, denen die Akteure der Erinnerungskultur unterworfen waren. Die Fähigkeit zum Vergessen kann überhaupt als eine zentrale Voraussetzung für die gesellschaftliche Nutzbarkeit des kulturellen Gedächtnisses betrachtet werden. Sie erlaubt einen produktiven, interessengeleiteten Umgang mit der Tradition, durch den diese Orientierung und Legitimation zu spenden vermag, ohne gleichzeitig zu gesellschaftlichem Stillstand zu führen. Denn das Gedächtnis diente nicht als Instrument zur Erkundung der Vergangenheit, sondern als deren Schauplatz (Walter Benjamin), wobei die Kulissen, in denen die Vergangenheit jeweils aufgeführt wurde, vor allem durch die eigene Gegenwart bereitgestellt wurden. Mit der Drucktechnik wurden die auf einen vergleichsweise engen Personenkreis beschränkten und auf dessen Bedürfnisse ausgerichteten Strategien der Tradierung nicht sofort obsolet, aber doch in ihrer Bedeutung beschränkt. Denn die Printmedien waren anderen Medien schon durch ihre schiere Quantität und ihren daraus resultierenden hohen Verbreitungsgrad überlegen. Sie wiesen in der Regel die höchste zeitliche, soziale und geographische Reichweite auf. Zwar gilt für den Untersuchungszeitraum, dass die Produktion handschriftlicher Texte die gedruckter noch bei weitem überstieg, da aber Druckwerke in einer Vielzahl von Exemplaren produziert und darüber hinaus durch Personen oder Institutionen gezielt gesammelt wurden, wurden sie besser überliefert und waren für spätere Generationen in viel höherem Maße greifbar als alle anderen Mediengattungen. So griffen die Verfasser historiographischer Texte in starkem Maße auf die Ereignispublizistik zurück, selbst wenn sie Zugang zu anderen Formen der Überlieferung besaßen. Für gedruckte Texte gilt sogar ausschließlich: Durch den Druck tradiert wurde die gedruckte Tradition. Aber selbst die Verfasser autobiographischer Darstellungen überlieferten bevorzugt die in den Printmedien tradierten Inhalte, auch wenn sie dem Ereignis selbst beigewohnt hatten. Offenbar wurde gedruckten Texten ein höheres Maß an Verbindlichkeit im Hinblick auf jene Inhalte zugesprochen, die als wesentlich betrachtet und für die Tradierung bevorzugt ausgewählt werden sollten. Die Wirkmächtigkeit der gedruckten Überlieferung im Hinblick auf die Formen, in denen Kaiserauftritte und die in ihrem Rahmen vollzogenen politischen Aufführungen in der historischen Forschung ‚erinnert‘ werden, reicht letztlich bis in die Gegenwart. Selbst moderne Studien zu politischen Ritualen und Zeremoniell in der Frühen Neuzeit werten bevorzugt die zeremonialwissenschaftliche Literatur des 18. Jahrhunderts aus, welche die Inhalte zeitnah gedruckter zeitgenössischer Beschreibungen tradiert.
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Diese Entwicklung führte zu einer weitgehenden formalen und inhaltlichen Kanonisierung der Erinnerungsinhalte, die ebenfalls als Prozess der Institutionalisierung begriffen werden kann. Dabei wurden die in den Printmedien fixierten Inhalte entweder wortwörtlich übernommen oder zu Formeln verdichtet, die eine topische Qualität aufweisen. Denn die Aufgabe solcher Gedächtnismedien bestand weniger darin, eine wie auch immer geartete Realität der Inszenierungen zu speichern, vielmehr sollte primär deren historischer Sinn überliefert werden. Deshalb bedeutete der aus der Verdichtung von Erinnerungsinhalten resultierende Verlust an Performance nicht notwendig einen Verlust an Performativität, sondern vielmehr das Gegenteil: Festgehalten wurde ja gerade das durch die Aufführung intendierte Ergebnis, das ihren eigentlichen Sinngehalt ausmachte: allgemein die durch kollektives Handeln hergestellte Herrschaftsordnung, speziell die erfolgreiche Einsetzung eines neuen Reichsoberhauptes. Dies gilt besonders für Herrscherportraits oder Medaillen, welche das jeweilige Ereignis in Herrschaftssymbolen verdichteten. Diese beiden Gedächtnismedien setzten vor allem der Kaiserhof und diesem nahe stehende Akteure ein. Dabei erwies sich die Anfertigung und Verbreitung solcher Artefakte aufgrund ihrer potentiellen Mobilität sowie ihres Status’ als Sammelobjekte auf lange Dauer hin gesehen als vergleichsweise erfolgreiche Erinnerungsstrategie. Dies zeigt schon die Menge der erhaltenen Beispiele, welche den durch sie erinnerten Ereignissen eindeutig zugeordnet werden können. In beiden Medien wurde das Ereignis zumeist durch allegorische Darstellungen zusätzlich mit Bedeutung aufgeladen, in dem es etwa als Beginn eines Goldenen Zeitalters interpretiert wurde. Gerade die Allegorie verkörpert eine Gedächtnistechnik per se, da sowohl ihre Konstruktion durch den Künstler als auch ihre Lesbarkeit für die Rezipienten die Existenz umfangreicher Gedächtnisapparate auf beiden Seiten voraussetzten. Nur dann konnten die verwendeten Personifikationen, Embleme, Symbole, historische und mythologische Bezüge in sinnvoller Weise zu einem Gesamtbild verknüpft werden und nur dann konnte der Betrachter dieses im Verlauf der Rezeption wieder dekonstruieren, um sich den semantischen Gehalt des Bildprogramms zu erschließen. Eine weitere häufig zu beobachtende Gedächtnistechnik stellte die Produktion von Gedächtnisobjekten mit intermedialer Qualität dar. Ein intermediales Verhältnis bestand zum einen zwischen den in der Aufführung verwendeten Kommunikationsmedien und ihrer Wiedergabe im Speichermedium: Sprechakte, Herrschaftssymbole und andere Zeichen wurden in verbalen und visuellen Gedächtnismedien zitiert, paraphrasiert und kommentiert. Zum anderen konnte gezeigt werden, dass auch die Gedächtnismedien häufig andere Gedächt-
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nismedien zitierten, paraphrasierten und kommentierten. So übernahm der Stadtchronist den Text einer Zeitung, die eine Kompilation aus einer gedruckten Ereignisbeschreibung darstellte, die wiederum Inhalte aus handschriftlichen Dokumenten verwendet hatte, die auf mündlichen Aussagen von Augenzeugen beruhten. Visualisierungen solcher Akte basierten zumeist auf eingeführten ikonographischen Gestaltungsmustern, die nicht nur auf deren Darstellungstradition verwiesen, sondern implizit auch auf jene Ereignisse, die zuvor schon in dieser Form veranschaulicht worden waren. Dabei lassen sich intermediale Bezüge selbst zwischen völlig unterschiedlichen Erinnerungsmedien wie Medaillen und emblematischer Literatur nachweisen. Abschreiben, kompilieren, allegorisieren waren die Erinnerungspraktiken, welche die Akteure der Erinnerungskultur im vorliegenden Kontext bevorzugt anwandten. All diese Praktiken sind dem hier vorrangig untersuchten kulturellen Gedächtnis zuzuordnen. Allerdings konnte wenigstens punktuell die Bedeutung des kommunikativen Gedächtnisses herausgearbeitet werden, wenn zum Beispiel die sächsischen Hofbeamten fremden Besuchern bei der Führung durch die Residenz über einen vergangenen Kaisereinzug berichteten oder die Augsburger den Versuch Kaiser Ferdinands I. auf dem Reichstag von 1559, die Trunksucht einzudämmen, in einem Sprichwort konservierten. Auf das Gedächtnis der Dinge verweist die Produktion von Souvenirartikeln, die zugleich stellvertretend für den im Untersuchungszeitraum stark zunehmenden Prozess einer Kommerzialisierung von Erinnerungstechniken stehen kann. Hierunter fallen auch die Spoliierung von Ausstattungsobjekten oder neu eingeführte Produkte mitunter ganz profaner Natur, wie die gedankliche Kopplung der „Frankfurter Würstchen“ mit dem Ereignis der Wahl und Krönung Maximilians II. von 1562 zeigt. Darüber hinaus ist das mimetische Gedächtnis der Kaiserauftritte im Sinne eines erinnernden Nachvollzugs in der Vergangenheit bereits vollzogener Handlungen hervorzuheben, auf den schon in den vorherigen Kapiteln mehrfach hingewiesen wurde, weshalb für die vorliegende Untersuchung das enge Verhältnis zwischen mimetischem und kulturellem Gedächtnis betont werden muss. Da jedes politische Ritual seine Legitimation aus der erinnerten Tradition bezog, setzte sein erneuter Vollzug die gleichzeitige Auseinandersetzung mit dieser notwendig voraus. Dieser Sachverhalt förderte vor allem institutionelle Praktiken des kulturellen Gedächtnisses in starkem Maße. Dabei lässt sich bei den durch reichsstädtische Obrigkeiten initiierten Aktivitäten ein Prozess der zunehmenden Institutionalisierung von Erinnerung feststellen, indem zum Beispiel Normen definiert wurden, nach denen die Dokumentation von Kaiserauftritten erfolgen sollte. Deutlich wurde dies beim Anlegen von Schenkbüchern oder von
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Gesamtdarstellungen solcher Ereignisse, die als Handlungsorientierungen für die Zukunft dienen sollten. Im Hinblick auf die spezifischen Intentionen, Funktionen und Leistungen der nachweisbaren Gedächtnispraktiken können deshalb drei Ebenen unterschieden werden, auch wenn sich diese in der Praxis oft überschnitten: das Verfahrensgedächtnis; das Ehrengedächtnis und das Verortungsgedächtnis. Auf das Verfahrensgedächtnis zielten besonders die institutionellen, kollektiven Erinnerungspraktiken. Aufgrund der hohen Bedeutung des Gewohnheitsrechts musste jeder Akteur in der Lage sein, im Hinblick auf das Verfahren insgesamt oder auf spezifische Sachverhalte Vergangenheiten zu rekonstruieren. Wenn Verfahrensweisen vor allem mit dem Hinweis auf das Herkommen begründet wurden, konnte es sich kein Herrschaftsträger leisten, sich nicht zu erinnern. Selbst die Konstruktion von Traditionen setzte Erinnerungsleistungen voraus, denn nur wenn die erfundene Tradition Gedächtnisbestandteile inkorporierte, die von allen Entscheidungsträgern als verbindlich betrachtet werden konnten, besaß sie auch die notwendige Überzeugungskraft. Es handelt sich hier somit um einen systembedingten Zwang zur Erinnerung. Dabei führte jeder neue Akt nicht nur zu einer Erinnerungskonjunktur vorangegangener Akte, sondern auch zu einer Auseinandersetzung mit den in der Vergangenheit gewählten Erinnerungstechniken. Das Verfahrensgedächtnis wurde darüber hinaus durch ausführliche gedruckte Darstellungen bedient, entweder im Medium der Neuen Zeitung oder auch in umfangreicheren Druckwerken, denen eine wachsende Bedeutung als Beleg für das Herkommen zukam, weshalb sie nicht selten in die Aktenüberlieferung einsortiert wurden. Handschriftliche und gedruckte Quellen tradierte der Reichspublizist Goldast in seinen großen, auf das Verfahrensgedächtnis ausgerichteten Editionen zu Geschichte und Verfassung des Heiligen Römischen Reiches erneut, wodurch er beide Überlieferungsformen miteinander verquickte. Solche Editionsprojekte und die im Untersuchungszeitraum entstehenden Werke zur Reichsgeschichte basierten auf der Vorstellung, dass auch das Reich einen Erinnerungsraum verkörpert, der andere Erinnerungsräume wie die Familie, die Stadt, den Fürstenhof oder das Territorium überwölbte. Dabei wurden Erinnerungsfrequenz und -intensität in diesem übergeordneten Raum durch den Prozess der Konfessionalisierung stark forciert. Trotz ihrer mehr oder weniger konfessionalisierten Perspektive fungierten die Editionen Goldasts oder die Sleidan-Fortsetzungen jedoch in der Folge als Gedächtnisapparate, die von Erinnerungsakteuren aller Konfessionen konsultiert wurden. Im Rahmen des Ehrengedächtnisses wurden nicht nur die Namen und der Rang der jeweiligen Teilnehmer fixiert, sondern auch, in welch hervorragendem
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Maße diese der ihnen im Ereignis zugedachten Funktion angeblich gerecht geworden waren. Je ehrenvoller die im Akt erfüllte Funktion erschien, desto höher war auch der Reputationsprofit, den eine Fixierung des Ereignisses versprach. Es überrascht kaum, dass bei Kaisereinzügen in Reichsstädten die meisten Initiativen in diesem Bereich vom Rat der Stadt ausgingen. Aufgrund seiner privilegierten Stellung konnte dieser in besonderem Maße an der Magnifizenz des Kaisertums partizipieren, während umgekehrt der Kaiser oder anwesende Reichsfürsten von der Präsenz dieser städtischen Funktionselite kaum profitierten. Eingesetzt wurden beim Ehrengedächtnis vorrangig repräsentative, oft visuelle Gedächtnismedien, deren künstlerische Qualität oder materieller Wert das Prestige des Auftraggebers zusätzlich erhöhen sollten. Das Ereignis wurde zumeist in sehr selektiver, konkrete Repräsentationsbedürfnisse des Auftraggebers bedienender Form dokumentiert, wie dies der Nürnberger Einblattdruck mit den den Himmel tragenden Ratsherrn verdeutlicht. Diese Praxis ließ sich auch für die sächsischen Kurfürsten nachweisen, welche jedoch nicht auf den Druck, sondern auf die Wandmalerei als Gedächtnismedium setzten, um ihr Ehrengedächtnis sicherzustellen. Dabei zeigt die weitere Geschichte dieser Gedächtnismedien, dass sich die reichsstädtische Praxis langfristig als erfolgreicher erwies. Das Trägermedium Papier gewährleistete aufgrund seiner Vervielfältigung eine nachhaltigere Tradierungsleistung als das Trägermedium Stein, denn Repräsentationsarchitekturen veralteten und waren meist unbeweglich. Außerdem erreichte der Druck eine deutlich größere Öffentlichkeit, als es die Ausstattung eines Schlosses vermochte, das nur einem ausgewählten Personenkreis zugänglich war. Für die Reichsstadt Nürnberg konnte gezeigt werden, dass der Rat sogar versuchte, Dokumentationsinitiativen anderer Akteure zu unterbinden, um den Prozess der Fixierung zu kontrollieren und die Deutungshoheit über das Ereignis zu erlangen. Dies zeigt, wie bestimmte soziale Gruppen oder Institutionen über gemeinsame Erinnerungspraktiken und Erinnerungsinhalte ihre gesellschaftliche Machtposition zu stabilisieren versuchten. Dem gegenüber standen die individuellen Dokumentationsinitiativen nicht privilegierter Schichten, welche ihre Teilhabe am Akt als Bestandteil eines Ehrengedächtnisses fixierten, dass sich auf den Adressatenkreis der eigenen Familie richtete. Auch hier lässt sich vielfach die hohe Bedeutung gedruckter Berichte für die Art und Weise der Fixierung belegen, wodurch sich individuelle und kollektive Erinnerungspraktiken überschnitten. Im Verortungsgedächtnis wurden primär jene Inhalte fixiert, die Informationen über die gesellschaftliche, räumliche und zeitliche Position eines Akteurs oder einer Institution in unterschiedlichen Bezugshorizonten bereitstellten. Die
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Fixierung von politischen Aufführungen diente dem individuellen Bedürfnis nach Selbstverortung innerhalb einer in soziale Schichten und Gruppen stark segmentierten Gesellschaft, die sich durch stetige In- und Exklusionsvorgänge im Untersuchungszeitraum weiter ausdifferenzierte und dadurch immer neue Standortbestimmungen notwendig machte. Gerade das Bewusstsein eines beschleunigten Wandels scheint die Nachfrage nach einer Fixierung der Tradition als Orientierung für das eigene Handeln in der Gegenwart entscheidend erhöht zu haben. Bei autobiographischen Texten wird zudem das Bedürfnis nach Orientierung innerhalb der eigenen Lebenszeit deutlich. Die nichtalltäglichen Kaiserauftritte dienten dazu, das individuelle Leben in Abschnitte zu gliedern. Je nach dem Ausmaß der eigenen Teilhabe am Kaiserauftritt stellte dieser Identifikationsinhalte bereit, die sich auf eine soziale Gruppe, eine Institution, die eigene Stadt, ein Territorium oder aber das Reich richteten. Dabei führte gerade die kaiserliche Präsenz dazu, dass sich diese Verortungshorizonte in der Wahrnehmung von Individuen und sozialen Gruppen überschnitten. Dem Bedürfnis nach Selbstverortung trug die gewerbliche Produktion von Memorialartikeln Rechnung, die als hoch zu veranschlagen ist und außerdem im Untersuchungszeitraum zunahm. Dabei zeichneten sich die auf den Markt gebrachten Memorialartikel durch einen starken Adressatenbezug aus. Denn der ökonomische Erfolg als zentrales Ziel dieser Aktivitäten war besonders dann zu erreichen, wenn die Objekte existenten kollektiven Deutungsmustern problemlos adaptiert werden konnten oder wenn sie über die Tradierungsleistung hinaus einen praktischen Nutzen besaßen, wie dies für Gebrauchsgegenstände wie Geschirr oder Möbel gilt. Aufgrund ihrer Orientierung am Verkaufserfolg versuchten viele gewerbliche Hersteller mit ihren Produkten mehrere Funktionen abzudecken, indem sie sowohl über das Verfahren berichten, die beteiligten Akteure in ihren Funktionen hervorhoben und ihren Rezipienten unterschiedliche Identifikationsangebote anboten. Das Bild des Heiligen Römischen Reiches, das die Gedächtnismedien überlieferten, wies unterschiedliche Dimensionen auf. Die auf das Verfahrensgedächtnis ausgerichteten Dokumentationen der Ratsschreiber bildeten auch Konflikte zwischen den Teilnehmern politischer Aufführungen ab. Sie entwarfen das Bild eines Reiches, das durch konfessionelle, soziale und ökonomische Antagonismen gekennzeichnet war. Da es diesen Erinnerungsexperten jedoch um die Fixierung von Herrschaftswissen ging, wurden derartige Inhalte nur für den Gebrauch der eigenen Institution gespeichert und gerade nicht durch den Druck „gemein“ gemacht. Zudem ist diese negative Wahrnehmung des Reiches selbst in solchen Medien nicht dominant. Konflikte tradierten auch individuelle Gedächtnismedien wie die Reichstagsbeschreibung des Erinnerungsama-
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teurs Georg Kölderer, dessen Wahrnehmung seiner Heimatstadt Augsburg als einer ‚zerteilten’ Stadt sich auf das 1582 in dieser versammelte Reich übertrug. Allerdings erlangte diese Sichtweise keine hohe Breitenwirkung, da auch Kölderers Chronik nicht für eine Publikation gedacht gewesen war. Für die Mehrzahl der überlieferten Gedächtnismedien und vor allem für solche mit einer hohen sozialen Reichweite gilt deshalb der bereits im Zusammenhang mit dem Kaiserauftritt als Medienereignis herausgearbeitete Befund: Sie tradierten primär die Idealvorstellung einer göttlich sanktionierten Eintracht zwischen Kaiser und Reich sowie zwischen Obrigkeit und Untertanen, die im gemeinsamen Agieren aller Beteiligten öffentlich aufgeführt worden war und nun im kulturellen Gedächtnis bewahrt werden sollte.
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Welche inhaltlichen und methodischen Perspektiven auf das Alte Reich hat die Analyse der zeremoniellen und rituellen Verfahren, der vielfältigen Symbolisierungsvorgänge und ihrer jeweiligen Semantiken, die bei Kaiserauftritten in der Phase zwischen dem Augsburger Religionsfrieden und dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges zu beobachten waren, nun eröffnet? Welche Bilder des Reiches entstehen im Ergebnis einer Untersuchung von Kaisereinzügen und der in diesem Rahmen durchgeführten Festivitäten und Investiturrituale – nicht zuletzt durch deren Veröffentlichung in den zeitgenössischen Massenmedien Buchdruck und Druckgraphik sowie durch die individuellen und kollektiven Erinnerungspraktiken, welche diese ephemeren politischen Aufführungen im kulturellen Gedächtnis bewahren sollten? Diese beiden übergeordneten Fragen sollen an dieser Stelle beantwortet werden, während für die in einzelnen Kapiteln betrachteten Teilfragestellungen auf deren ausführliche Zwischenfazits verwiesen wird. Fünf Ergebnisse dieser Studie, die sich unterschiedlichen Existenzformen des Reiches im symbolischen Handeln von Kaiser, Reichsständen und Untertanen sowie deren Bedeutung für die Stabilität dieses komplexen Herrschaftsverbandes widmet, sollen abschließend hervorgehoben werden. 1. Die vielfältigen Formen, in denen Kaisertum und Reich bei Kaiserauftritten öffentlich aufgeführt wurden, verdeutlichen, dass das Heilige Römische Reich nicht nur als ein durch Rechtsbeziehungen determinierter Herrschaftsraum zu verstehen ist, sondern auch als ein Symbolzusammenhang, als kulturelle Figuration sich aufeinander beziehender Zeichen und Zeichensysteme. Die analysierten politischen Aufführungen stellten zumeist multimediale Großoffensiven dar, bei welchen die eingesetzten Repräsentationsformen als Einzelelemente sowie in Kombination miteinander den jeweiligen Rezipienten präzise Informationen über das Reich als ein hierarchisch organisierter Personenverband übermittelten wie auch das jeweilige Ereignis insgesamt als Chiffre der bestehenden Herrschaftsverhältnisse fungieren sollte. Dabei wurde nicht nur die Verfassung des Reiches, sondern auch die Verfassung der gastgebenden Städte in ihren Dichotomien von Rat und Bürgerschaft, Bürgern und Unterbürgerlichen, Einheimischen und Fremden öffentlich aufgeführt. Denn die Reichsstädte fungierten nicht nur als Bühne des Kaiserauftritts, sie inszenierten sich vor der anwesenden Reichsöffentlichkeit in ihrer Qualität als Schwurverband sowie als aktuelles Zentrum des Reiches.
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Bei Kaisereinzügen in fürstliche Residenzen repräsentierten Landesherr und Landstände, Fürstenhof und Residenzstadt, Stadtbevölkerung und anlässlich des Ereignisses in die Stadt beorderte Landbewohner, wobei in diesem Fall die gesamte Inszenierung meist stark durch den gastgebenden Fürsten bestimmt wurde. Die den Kaiser bei seinem Einzug begleitenden Reichsfürsten erschienen ebenfalls mit ihrem Hofstaat und Vertretern ihrer Landstände am Ort des Ereignisses. Es wurde damit nicht nur auf der Makroebene die Verfassung des Reiches, sondern es wurden auch auf der Mikroebene bestimmte verfassungsrechtliche Strukturen der Reichsglieder bei derartigen Ereignissen performativ zur Geltung gebracht. Die Kaiserauftritte im Reich markierten damit einen Schnittpunkt von reichs-, territorial- und lokalpolitischen Handlungsräumen, an dem die komplexen hierarchischen Herrschaftsstrukturen des Reiches samt der Vielzahl der mit ihnen verbundenen sozialen und politischen Konflikte wie in einem Brennglas aufschienen. Dies zeigten die wiederholten Streitigkeiten unter benachbarten Herrschaftsträgern um die Ausübung des kaiserlichen Geleits oder auch um die Positionierung einzelner Akteure innerhalb einer Zugordnung. Dieses Reich ohne feste Grenzen, ohne souveräne Herrschaftsgewalt, ohne wirklich handlungsfähige Exekutive und ohne einen institutionellen Machtapparat, der bis in die ‚reichsfernen‘ Peripherien dieses Herrschaftsgebildes hineingereicht hätte, bedurfte in besonderem Maße der Vergegenwärtigung in symbolischem Handeln. Der öffentlich zelebrierte Kaiserauftritt diente der Verortung aller Akteure im Gesamtsystem des Reiches. Schon die Aushandlung der Abläufe im Vorfeld förderte diese Selbstverortung, und das auch dann, wenn sie konfliktreich oder sogar gewaltsam ausgetragen worden war. Über symbolische Interaktionen wurde das Verhältnis der Glieder des Reiches zueinander erfahrbar gemacht, bestätigt oder neu interpretiert, ohne dass sich dies auf einer normativen Ebene widerspiegeln musste. An diesem Sachverhalt geht die Frage nach der Rechtsrelevanz solcher Aufführungen, nach ihrem die bestehenden Rechtsverhältnisse verändernden Gehalt vorbei – vor allem dann, wenn sie impliziert, dass die Existenzformen des Reiches in dessen positivrechtlichen Dimensionen aufgegangen seien. Aufgrund der beschränkten instrumentellen Macht des habsburgischen Kaisertums besaßen performative Akte eine zentrale Bedeutung für die Legitimierung und Stabilisierung der kaiserlichen Herrschaft. Im Hinblick auf das Alte Reich lässt sich deshalb von einer performativen Verfassungskultur sprechen, in deren an bestimmte Anlässe gebundenem Vollzug das Reich nicht allein als Struktur, sondern als Ereignis erscheint. Dabei stand die Institution des Kaisertums letztlich für das Reich insgesamt, denn der Kaiser war prinzipiell nur an der Spitze der sozialen Ordnung vor-
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stellbar. In diesem Kontext ergibt die starre Gegenüberstellung von Kaiser und Reich als eine Perspektive, welche die auf den Machtkampf zwischen Kaiser und partikularen Herrschaftsträgern fokussierte Reichsforschung lange Zeit prägte, wenig Sinn. Im Kaiser personifizierte sich das Reich. Die auf den physisch-historischen Körper des Kaisers bezogene personale Dimension des Reiches zeigte sich besonders bei jenen Aufführungsformen, welche mit der Herrschererhebung unmittelbar verbunden waren. Die symbolisch überhöhte Erneuerung der rechtlichen, sozialen und emotionalen Bindungen zwischen Herrscher und Beherrschten wurde bei jedem Herrschaftsantritt eines Kaisers notwendig. Indem sich diese Akte zugleich auf die Tradition aller vorangegangenen wie auf das Reich als Personenverband insgesamt bezogen, rückte in diesem Rahmen immer auch der politisch-institutionelle Körper des Kaisers in den Blick. Die Kaiser und Reich verbindende Funktion, welche diesem Körper des Kaisers zukam, bedurfte allerdings seines natürlichen Körpers und damit eines amtierenden Reichsoberhauptes, um faktisch wirksam zu werden, denn die Inhaber des Reichsvikariats übten bei Thronvakanzen in der Regel keine derart kohäsive Funktion auf den Reichsverband aus. Versteht man das Heilige Römische Reich als Symbolzusammenhang, so erscheinen die wechselnden Orte seiner Inszenierung zugleich als wechselnde Zentren des Reiches. Diese wiesen in diesen Momenten regelmäßig eine besonders hohe Dichte eines auf Reich und Kaisertum bezogenen Zeichenvorrats auf, welcher über lokale Erinnerungspraktiken zumindest teilweise im kulturellen Gedächtnis der Stadt oder einzelner Institutionen bewahrt wurde. Es waren eben nicht nur die kaiserlichen Residenzen in Prag und Wien, sondern vor allem ausgewählte Reichsstädte, welche wiederholt derartige politische Aufführungen im öffentlichen Raum erlebten. Dabei kamen besonders aufwendige Aufführungstypen wie die Belehnung unter dem Himmel, in der die Lehnsbeziehungen als ein zentrales Band zwischen dem Kaiser als Reichsoberhaupt und den Reichsfürsten als Gliedern des Reiches im symbolischen Handeln aller Beteiligten aktualisiert wurden, nur im Rahmen von Reichsversammlungen vor. Der Verzicht auf diesen Akt nach 1566 und die zunehmende Entsendung von Stellvertretern bei Belehnungen in der Kammer führte langfristig zu einem Vorgang der Entsymbolisierung, der die Bindekraft dieser nicht allein in ihrer rechtlichen Qualität bestehenden Beziehung zwischen beiden Seiten schwächte. 2. Im Repräsentationshandeln von Kaiser und Reichsständen zeigt sich trotz aller auch hier ausgetragenen Konflikte ein starkes Bemühen um Konsens. Um einen ordnungsgemäßen Vollzug des Verfahrens zu ermöglichen, suchten die Hauptakteure in der Regel nach Kompromissen, ob diese nun im Verzicht auf umstrittene Handlungssequenzen, in ihrem persönlichen Wegbleiben oder im
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Agieren „unbeschadet der bestehenden Rechte“ bestanden. Denn die zentrale Funktion solcher Aufführungen bestand darin, Einheit zwischen Kaiser und Reichsständen zu stiften, die bestehenden Herrschaftsverhältnisse zu legitimieren, Loyalitäten zu etablieren und auf diese Weise den inneren Frieden im Reich zu sichern. Dabei handelte es sich um die Inszenierung einer Einheit in der Differenz: Indem jede Aufführung dem einzelnen Akteur eine bestimmte Funktion und Position zuwies, entwarf sie ein differenziertes Bild der Herrschaftsstrukturen im Reich vom Reichsoberhaupt an der Spitze bis hin zu den Untertanen, die aktiv in die Inszenierungen einbezogen waren, weil sie als konstitutiver Bestandteil der Herrschaftsordnung mitgedacht wurden und sich ganz offensichtlich auch so empfanden. So wirkten auch einfache Bürger in der Regel bereitwillig am Kaisereinzug mit, um auf diese Weise an der besonderen Magnifizenz des Kaisertums oder auch an der imaginierten Größe des Reiches zu partizipieren und sich selbst in den korporativen Strukturen der eigenen Stadt zu verorten. Unterbürgerlichen Schichten blieb dagegen nur die Rolle eher passiver Zuschauer, auch wenn es dabei durchaus zu spontanen Ergebenheitsbekundungen gegenüber dem Kaiser kam. Öffentliche Aufführungen im Rahmen von Kaiserauftritten können deshalb als eine Strategie der symbolischen Vergemeinschaftung begriffen werden, welche darauf zielte, die existierenden Interessengegensätze zwischen Kaiser und Reichsständen oder auch zwischen einzelnen Reichsständen auf friedlichem Wege beizulegen. Sie boten den Hauptakteuren die Möglichkeit einer glanzvollen Selbstdarstellung vor der am Ereignisort versammelten Reichsöffentlichkeit, deren Vertreter im Hinblick auf ihre geographische Herkunft zugleich einen Rezeptionsraum markierten, der über den unmittelbaren Ereignisort deutlich hinausreichte. Noch erschien es offenbar für viele Reichsfürsten trotz der zeremoniellen Unterordnung unter den Kaiser durchaus als prestigeträchtig, sich im Verbund mit ihren Standesgenossen als Mitglieder der politischen Elite des Reiches zu inszenieren. Die Kaiserauftritte dürften damit eine integrative Wirkung entfaltet haben, welche den zentrifugalen Kräften der nun reichsrechtlich fixierten konfessionellen Spaltung, der erstarkenden Territorialmächte sowie der zunehmenden sozialen Konflikte in den frühneuzeitlichen Städten entgegensteuerten, auch wenn sich Ereignisse dieser Art im Untersuchungszeitraum mit Ausnahme der Herrschererhebung in Frankfurt am Main schon auf den Süden des Reiches beschränkten. Allerdings trifft dies primär für die Regierung Ferdinands I. und Maximilians II. zu. In dieser Perspektive erscheint das Handeln einzelner Personen im Rahmen historischer Prozesse als relevant, ohne dass dies eine Rückkehr zum traditionellen Ansatz von Politikgeschichte als Geschichte des politischen
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Handelns mehr oder weniger großer Männer bedeutet. Denn die in dieser Phase zur Schau gestellte Kultur der Eintracht war nicht allein vermeintlichen politischen Notwendigkeiten, sondern auch einer ganz besonderen personellen Konstellation innerhalb der politischen Elite des Reiches geschuldet. Der kommunikative, konsensuale Herrschaftsstil dieser Kaiser, welche ihre Auftritte als eine Erfolg versprechende Strategie begriffen, durch soziale Vernetzung und die Gewährung eines Prestigegewinns für ihre Gastgeber die Akzeptanz ihrer eigenen Herrschaft zu sichern, führte zu häufigen Kaiserbesuchen im Reich, die aufgrund des Bemühens aller Akteure tatsächlich überwiegend als Manifestationen der Reichseinheit deutbar waren. Sicher besaß die beim Besuch Maximilians II. 1575 in Dresden zur Schau gestellte amicitia principum einen strategischen Charakter – aber durchaus nicht nur: Maximilian II., August von Sachsen oder Albrecht V. von Bayern entstammten einer Generation und sie pflegten über lange Zeiträume einen engen Kontakt, der bei anstehenden politischen Verhandlungen eine soziale Basis bildete, auch wenn diese im Konfliktfall nur begrenzt belastbar war. 3. Unter Rudolf II. wurde die Inszenierung des Kaisertums stärker in den Kaiserresidenzen konzentriert, ohne dass diese symbolische Zentralisierung von einer politischen Zentralisierung begleitet worden wäre. Sein zunehmender Rückzug aus dem Reich, der auch in der Persönlichkeit dieses Kaisers begründet lag, führte dazu, dass jene integrativen Momente der Aufführung des Reiches im kollektiven Auftreten von Kaiser und Reichsständen weitgehend ausblieben. Denn die Anwesenheit des Kaisers stellte zum Beispiel eine zentrale Voraussetzung dafür dar, dass überhaupt eine nennenswerte Zahl von Reichsfürsten am Reichstagsort erschien. Nur dann bildete sich eine reiche, vielgestaltige Inszenierungskultur aus, deren Wirkmächtigkeit ganz wesentlich auf dem hohen Rang und dem repräsentativen Auftreten ihrer fürstlichen Hauptakteure beruhte. Während deren symbolisches Handeln auf dem Reichstag von 1582 noch stark durch den Versuch geprägt war, trotz aller Konflikte die Concordia von Kaiser und Reich zu beschwören, zeigte jenes während des Reichstages von 1594 schon deutliche Desintegrationsanzeichen, wie dies zum Beispiel die weitgehend konfessionalisierte Festkultur dieses Reichstags belegt. Dabei verdeutlicht die Krise der kaiserlichen Herrschaft unter Rudolf II., wie stark die Autorität des Kaisertums einer Zurschaustellung vor dem Reich und eben auch im Reich bedurfte, um ihre integrative Wirkung zu entfalten. Der Versuch von Kaiser Matthias auf dem Reichstag von 1613 mit einer besonders prachtvollen Selbstinszenierung die kaiserliche Autorität wiederherzustellen, scheiterte schon deshalb, weil es ihm nicht gelang, das Reich im Sinne einer großen Zahl von hochrangigen Reichsständen zur Reise nach Regensburg
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Resümee
zu bewegen. Nachdem die glanzlosen Reichstage von 1598, 1603 und 1608 aufgrund der kaiserlichen Abwesenheit den anwesenden Reichsständen keinen Reputationsprofit mehr geboten hatten, blieben die weltlichen Reichsfürsten, die zuvor die Herrschaftsinszenierung bei solchen Ereignissen dominiert hatten, mit ganz wenigen Ausnahmen 1613 völlig fern. Ihren zunehmenden Rückzug begleitete ein steigender Repräsentationsaufwand geistlicher Reichsfürsten bei Reichstagen, der im „Pfaffen“-Reichstag von 1613 kulminierte. Jedoch zeitigte das Auftreten der geistlichen Herrschaftsträger unter den politischen Vorzeichen der doppelten Bündnisbildung im Reich gerade nicht den angestrebten Reputationsgewinn – auch deshalb nicht, weil die symbolisch behauptete politische und ökonomische Macht so offensichtlich nicht den Tatsachen entsprach. Dass weltliche Fürsten die im persönlichen Kontakt demonstrierte Nähe zum Kaisertum nun als Problem empfanden, beweist auch der Kaisereinzug in Dresden 1617, bei dem Johann Georg I. auf symbolische Distanz zu seinen Gästen setzte und die katholische Präsenz anschließend mit einem demonstrativen Empfang zweiter calvinistischer Reichsfürsten in seiner Residenz neutralisierte. Man kann deshalb für die politische Kultur des Reiches am Beginn des 17. Jahrhunderts von einer doppelten Krise der Repräsentation sprechen: Die Krise der Repräsentation im Sinne der politischen Partizipation zeigte sich zum Beispiel in den fehlenden oder nicht von allen Reichsständen unterzeichneten Reichsabschieden von 1608 und 1613. Die Krise der Repräsentation im Sinne einer Selbstinszenierung politischer Eliten dokumentierte die gallige Kritik an den geistlichen Reichsfürsten beim Reichstag von 1613, die nicht nur von protestantischer Seite kam. Sie wurde deutlich in dem negativ konnotierten Huldigungsakt von 1612 in Frankfurt am Main oder im – wenngleich erfolglosen – Versuch Johann Georgs I. von Sachsen, Kaiser Matthias, der sich 1617 selbst in Dresden eingeladen hatte, im Vorfeld wieder auszuladen. Gerade der Vergleich der beiden Kaiserbesuche in Dresden belegt, wie stark sich das politische Klima im Reich zwischenzeitlich gewandelt hatte. Die nur noch gering ausgeprägten sozialen Beziehungen innerhalb dieser Generation der obersten Reichsrepräsentanten verstärkten die Krise der politischen Kommunikation im Reich im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges, welche wiederum einen Verlust an Einheit stiftenden symbolischen Handlungen mit sich brachte. Der weitgehende Verzicht auf die feierliche Aufführung des Reiches bedeutete das vorläufige Ende jener Kultur der Eintracht, welche die vielfältigen sozialen, politischen und konfessionellen Konflikte zuvor wenigstens zeitweise überdeckt und die Idee eines einigen, politisch mächtigen Reiches zu bewahren versucht hatte. 4. Die gängige These, wonach Reformation und Konfessionalisierung zu einer Säkularisierung politischer Inszenierungen geführt hätten, ist im Ergeb-
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nis dieser Untersuchung zu relativieren. Einerseits erweist sich der Begriff der Säkularisierung überhaupt als wenig hilfreich, um die nachweisbaren Veränderungen der symbolischen Praxis präzise zu beschreiben. Was in protestantischen Reichsstädten im Rahmen des Adventuszeremoniells entfiel, waren mit dem geistlichen Empfang und dem Messakt in der Kirche zwei spezifisch katholische Teilakte. Am Beispiel der Reichsstadt Nürnberg wurde deutlich, dass eine Säkularisierung des Kaiseradventus zunächst keineswegs beabsichtigt gewesen war, zumal während der Einzugsinszenierung demonstrativ geistliche Gesänge intoniert wurden. Andererseits lag die Sakralität dieser Inszenierung schon zuvor vor allem in der Behauptung, die hier aufgeführte soziale und politische Ordnung sei gottgewollt, was zwar durch die rituelle Gemeinschaft von Gästen und Gastgebern bei einer katholischen Messe im Rahmen des Kaiseradventus demonstrativ unterstrichen worden war, aber auch ohne dieses nun obsolete Ritual selbstverständlich weiterhin galt. Bei der Herrscherinvestitur einigten sich Kaiser und Kurfürsten auf die Beibehaltung der tradierten Liturgie bei beiden Teilakten, wobei sich die weltlichen Kurfürsten während bestimmter Handlungssequenzen in einen Nebenraum zurückzogen. Dieser Rückzug tangierte die demonstrative Sakralität dieser Akte, die auf die Sakralität von Kaisertum und Reich verwies, kaum, zumal er im Hinblick auf die Krönungsmesse eine vorübergehende Erscheinung blieb. Der gefundene Kompromiss erweist sich vielmehr als ein erfolgreicher Versuch, die nun entstandene konfessionelle Pluralität zu beherrschen, ohne auf die legitimierende Kraft eines über Jahrhunderte tradierten, erst im Zuge der Konfessionalisierung als katholisch verstandenen Verfahrens verzichten zu müssen. Bei der auf den Herrscherkult ausgerichteten Krönungsmesse wurde nach zeitgenössischer Überzeugung die Einsetzung des Herrschers nicht nur von Gottes Gnaden, sondern durch Gott offenbar. Hier lässt sich mit dem semiotisch-sakramentalen Körper ein dritter Körper des Kaisers fassen, der auch in Gestalt des segenspendenden Kaisers begegnete. Als Verteidiger der Christenheit verkörperten die im poetischen Herrscherlob vergöttlichten Kaiser ohnehin eine überkonfessionelle Instanz. Schon mit Blick auf andere europäische Monarchien durfte die religiöse Legitimation ihrer Herrschaft nicht beschnitten werden, zumal nun die Krönung durch den Papst entfiel und die habsburgischen Kaiser im Vergleich zu den thaumaturgischen Königen in England und Frankreich ohnehin ein gewisses Sakralitätsdefizit aufwiesen. Eine sakrale Dimension wurde außerdem dem Heiligen Römischen Reich zugeschrieben und dies nicht nur im Zusammenhang mit seiner zentralen Stellung im göttlichen Heilsplan als Gegenentwurf zu dem über die Idee der Translatio Imperii mit ihm verknüpften antiken Römischen Reich, sondern auch als
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Gegenentwurf zu dem als heidnisch apostrophierten und als ständige Bedrohungskulisse in der Wahrnehmung der Zeitgenossen präsenten Osmanischen Reich. Diese beiden ideellen Kontexte, antikes Kaisertum und Türkenbedrohung, spielten in der Ikonographie der Kaisereinzüge als ideelle Bezugspunkte eine wichtige Rolle, wie die Analyse einzelner Einzugsinszenierungen zeigt. Da die das Reich prägende soziale und politische Ordnung als von Gott gestiftet begriffen wurde, galt dies auch für die zeremoniellen und rituellen Verfahren, welche sie zum Ausdruck bringen sollten. Vor dem Hintergrund der massiven gesellschaftlichen Umbrüche und der akuten Bedrohung des Reiches durch äußere Feinde bot die Rückversicherung in geheiligten Traditionen den Zeitgenossen offenbar eine wichtige Orientierung, an der sie ihr Selbstverständnis und ihr politisches Handeln ausrichten konnten. Diese Lesart bedeutet keinen Versuch der Remystifizierung des Reiches, sondern die Anerkennung des gerade in diesem Zeitraum stark propagierten religiösen Fundaments aller weltlichen Ordnung, das im Zuge der Reformation nicht zuletzt durch die protestantischen Herrschaftsträger noch bekräftigt wurde. Damit ist zugleich die Ansicht obsolet, wonach die Säkularisierung des Kaisereinzugs durch eine zunehmende Prachtentfaltung bei solchen Ereignissen kompensiert worden sei. Sie überzeugt auch deshalb nicht, weil diese Entwicklung bereits am Ende des 15. Jahrhunderts einsetzte und keineswegs als direkte Reaktion auf die Reformation und deren Folgen zu verstehen ist. Sie ist deshalb nicht als Versuch einer Kompensation, sondern vielmehr als Folge der steigenden Ausdifferenzierung des Herrscherhofes als Zeichensystem und einer insgesamt steigenden Tendenz zu höfischem Gepränge in diesem Zeitraum zu bewerten. Die demonstrative Selbstdarstellung im öffentlichen Raum bildete einen wesentlichen Bestandteil des Selbstverständnisses aller politischen Eliten im Heiligen Römischen Reich. Dabei lässt sich im Untersuchungszeitraum noch kaum eine soziale Differenzierung im Hinblick auf die angenommene Wirkungsweise solcher Akte feststellen. Wenn die Zeremonialwissenschaft des 18. Jahrhunderts die zentrale Funktion der Visualisierung von Herrschaft für die Beeinflussung sozialer Unterschichten hervorhob, so gilt diese Wahrnehmung für die erste Hälfte der Frühen Neuzeit kaum. Die unmittelbare Wirkmächtigkeit des Sichtbaren wurde grundsätzlich für alle Bevölkerungsschichten angenommen. Im Kaiserauftritt wurde das Reich nicht nur zum Ereignis, sondern auch zum Eräugnis. 5. Schon die pure Zahl der nachweisbaren Printmedien verdeutlicht, in welchem Ausmaß sich das Reich und die diesen Herrschaftsorganismus prägenden politischen, sozialen und konfessionellen Konflikte im 16. Jahrhundert zu einem Medienereignis ersten Ranges entwickelten. Die im Zuge von Kaiserauftritten
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publizierten Medien speicherten, multiplizierten und verwoben ihre Ereignisberichte mit Aspekten gegenwärtig im Reich existierender Herrschaftsstrukturen sowie mit tradiertem Wissen über die Entstehung und Geschichte dieses Reiches zu Reichsideen, welche nicht nur verbal artikuliert, sondern auch visuell umgesetzt wurden. Sie schufen auf diese Weise ein virtuelles Reich, dessen jeweils individuelle Formen der Integration in das eigene Weltbild das politische Handeln der Akteure stark geprägt haben dürften, und nicht nur die vermeintlichen ‚hard facts‘ sozialer, rechtlicher oder ökonomischer Provenienz. Wie genau diese inneren Repräsentationen des Reiches aussahen und welche Relevanz die mentalen Reichsbilder letztlich für das politische Handeln bestimmter Akteure besaßen, lässt sich aufgrund der Quellenlage allerdings nicht präzise herausarbeiten, zumal es meist komplexe Gemengelagen von Faktoren gewesen sein dürften, welche bestimmte Handlungsalternativen vorgaben und schließlich die Entscheidung für eine bestimmte Handlung bewirkten. Die Formen, in denen Reich und Kaisertum öffentlich aufgeführt wurden, sowie jene Medien und Praktiken, in denen solche Ereignisse im Anschluss veröffentlicht und gespeichert wurden, verweisen auf das Reich und das Kaisertum als Projektionsflächen für gesellschaftliche Erwartungen und Bedürfnislagen. Dabei verstärkten die medialen Repräsentationen der real vollzogenen Repräsentationen die Idee einer Einheit von Kaiser und Reich und der in diesem Rahmen immer wieder postulierten Funktionsfähigkeit der bestehenden Ordnung, weil die Medienproduzenten jedweden Konflikt oder auch gescheiterte Inszenierungen aus ihren Darstellungen ausblendeten. Auf diese Weise blieben diese positiv besetzten Vorstellungen in der gesellschaftlichen Imagination präsent, auch wenn der politische Alltag vielfach das Gegenteil bewies. So interpretierten die Produzenten der Printmedien auch die Kaiserwahl von 1612 mit ganz wenigen Ausnahmen als überzeugende Demonstration der Einheit von Kaiser und Reich, obwohl die zahlreichen Auseinandersetzungen innerhalb der kaiserlichen Familie wie zwischen den Kurfürsten im Vorfeld eine andere Deutung nahe legten. Diese Sichtweise resultierte weniger aus einer obrigkeitlichen Steuerung der Medienproduktion, vielmehr reagierte sie auf besonders im Zuge von Herrscherwechseln verbreitete Wunschvorstellungen jener Bevölkerungsschichten des Alten Reiches, die als Käufer solcher Werke in Frage kamen. Außerdem blieben die Kaiser durch ihre zunehmende Medienpräsenz trotz ihrer abnehmenden physischen Anwesenheit im Reich zumindest virtuell präsent. Da die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern und der Druckgraphik zeitlich mit dem Beginn des habsburgischen Kaisertums zusammenfiel, war dieses virtuelle Reich in starkem Maße mit der Dynastie der Habsburger verknüpft, mochten auch im Vorfeld von bestimmten Erhebungsakten immer
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wieder andere dynastische Optionen imaginiert und diskutiert worden sein. Die Druckmedien schufen nicht nur ein ganz neues Ausmaß an Öffentlichkeit, indem sie den Rezeptionsraum der Kaiserauftritte über die südlichen Regionen des Reiches als bevorzugte Orte von Kaiserauftritten hinaus deutlich erweiterten, vielmehr unterlagen die in ihnen fixierten Inszenierungen auch besonderen Aufführungsbedingungen. Veröffentlicht wurde nicht die politische Aufführung in ihrer Gesamtheit mit ihrer überwältigenden sinnlichen Komplexität, sondern besonders ihre soziale Ordnungsleistung als der ihr innewohnende historische Sinn. Diese zentrale Funktion förderte die zunehmende Standardisierung der gedruckten verbalen und visuellen Ereignisberichte, wie sie im Kaisereinzug als Schlagbild oder in den formal stereotypen, meist ohne künstlerischen Anspruch produzierten Bildfolgen über die Wahl und Krönung der Kaiser zum Ausdruck kam. Dabei reagierten die Medienproduzenten offenbar auf einen steigenden gesellschaftlichen Bedarf an Einblattdrucken und Flugschriften zu dieser Thematik, der hohe Absätze versprach. Auch deshalb können solche Druckwerke nicht primär als Medien der Herrschaftspropaganda verstanden werden. Dies gilt eher für bestimmte Artefakte der Erinnerungskultur kaiserlicher Auftritte, welche einen wesentlichen Bestandteil der Erinnerungskultur des Reiches als Gesamtheit aller auf das Reich und seine Institutionen bezogenen individuellen und kollektiven sowie lokalen und überregionalen memorativen Praktiken bildete. Die Erinnerung an die Präsenz des Kaisers vor Ort bedeutete zugleich die Erinnerung an die Präsenz des Reiches vor Ort. Hier waren es zwar nicht ausschließlich, aber doch in deutlich stärkerem Maße politische Eliten sowie Vertreter von Institutionen, welche die Anfertigung oder die Ausstellung von Memorialobjekten initiierten, um ihr gesellschaftliches Prestige zu steigern. Eine grundlegende Bedeutung für den Erinnerungsraum Altes Reich besaß darüber hinaus die Geltung des Gewohnheitsrechts, das gewissermaßen als verfassungsrechtliche Garantie des Erinnerns fungierte, weil aus der jeweils geübten Praxis ein Rechtsanspruch für das Verfahren in der Zukunft abgeleitet werden konnte. Der alte prauch diente als zentrale, Legitimation stiftende Leitformel der politischen Argumentation – und dies auch im Hinblick auf die Aushandlung des Verfahrens bei Kaiserauftritten im Reich. Schon deshalb musste jeder neue Akt dokumentiert werden. Dabei wurden bestimmte Formen der Herrschaftsinszenierung mitunter sogar in jenen Regionen des Reiches tradiert, welche die Kaiser schon lange nicht mehr bereist hatten, wie die Darstellung des Dresdner Kaisereinzuges von 1617 im Rathaus der Reichsstadt Lübeck belegt. Die Analyse von öffentlichen Aufführungen bei Kaiserauftritten hat gezeigt, dass die mit dem Begriff der Performanz verbundenen Perspektiven auf das Alte Reich zu einer Vielzahl neuer Fragestellungen und Erklärungsmuster führen
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können, so dass sich durchaus von einem geisteswissenschaftlichen Paradigma sprechen lässt. Nicht zuletzt erscheint unter diesem methodischen Blickwinkel der hier gewählte Untersuchungszeitraum als eigentliche Umbruchphase in der Reichsgeschichte, sowohl im Hinblick auf den geographischen Aktionsrahmen der kaiserlichen Herrschaft insgesamt wie auch auf das Ausmaß und die Formen der kaiserlichen Präsenz im Reich. Dies gilt auch für die Entwicklung des Heiligen Römischen Reiches zum Gegenstand einer umfangreichen medienöffentlichen Reflektion oder für die nun dominant werdende Imagination des Reiches als Verband von Herrschaftsträgern einer als deutsch verstandenen Nation im zeitgenössischen Verständnis dieser beiden Begriffe, deren variabler semantischer Gehalt für den Untersuchungszeitraum noch keineswegs als erforscht gelten kann. Besonders die Frage nach der Bedeutung der spezifischen Formen, welche die historischen Akteure für ihr politisches Handeln wählten, sowie jene nach der Rolle von verbalen und nonverbalen Vollzugshandlungen für die Legitimierung und Stabilisierung von Herrschaft in der Vormoderne dürften auch in Zukunft ein hohes Erkenntnispotential für die Geschichtswissenschaft bergen. Die Performanz des Heiligen Römischen Reiches ist nur eine Dimension dieses singulären Herrschaftsgebildes, aber sie ist eine der bislang am wenigsten erforschten.
Abkürzungsverzeichnis
Abb. Abt. ADB AmrhKg Anm. AnzGNM Art. BA BBKL BDLG Bearb., bearb. Bl. Bü. CDS d.Ä./J. Fasz. fl. fol. GNM gr. HAAB HAB hg. HRG Hss. HWRh K. k.A. Kart. kr. LexMA MI MÖSTA NDB o.Hg./O./S.
Abbildung Abteilung Allgemeine deutsche Biographie Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte Anmerkung Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg Artikel Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Bio-bibliographisches Kirchenlexikon Blätter für deutsche Landesgeschichte Bearbeiter, bearbeitet Blatt Büschel Chroniken der deutschen Städte der Jüngere / Ältere Faszikel Gulden Folio Germanisches Nationalmuseum Groschen Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek Herzog-August-Bibliothek herausgegeben Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte Handschriften Handwörterbuch der Rhetorik Kasten keine Angabe Karton Kreutzer Lexikon des Mittelalters Marburger Index Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs Neue deutsche Biographie ohne Herausgeber / Ort / Seite
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RAC RDK RGA RGG RLW Tl., Tle. TRE unfol. VD 16 VD 17
Reallexikon für Antike und Christentum Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte Reallexikon der germanischen Altertumskunde Religion in Geschichte und Gegenwart Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft Teil, Teile Theologische Realenzyklopädie unfoliert Verzeichnis deutscher Drucke des 16. Jahrhunderts Verzeichnis deutscher Drucke des 17. Jahrhunderts
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Verzeichnis der Tabellen, Übersichten und Schemata 1.
Gefolge von Kaiser und Kurfürsten bei Reichsversammlungen (1558–1619) .............................................................................................. 2. Ankunft von Kaiser und Kurfürsten auf Reichsversammlungen (1558–1619) ............................................................................................... 3. Zugfolge der Kurfürsten nach der Goldenen Bulle ............................. 4.1 Zugfolge beim Einzug Kaiser Maximilians II. in Nürnberg 1570 ... 4.2 Zugfolge beim Einzug Kaiser Matthias’ in Nürnberg 1612 .............. 4.3 Zugfolge beim Einzug Kaiser Rudolfs II. in Regensburg 1594......... 4.4 Zugfolge beim Einzug Kaiser Matthias’ in Regensburg 1613 (Plan) .................................................................................................. 4.5 Zugfolge beim Einzug Kaiser Matthias’ in Regensburg 1613 ........... 4.6 Zugfolge beim Einzug Kaiser Rudolfs II. in Augsburg 1582 ........... 4.7 Zugfolge beim Einzug Kurfürst Augusts von Sachsen in Augsburg 1566 ............................................................................................ 4.8 Zugfolge beim Einzug Kaiser Ferdinands I. in Frankfurt am Main 1562 .................................................................................................... 4.9 Zugfolge beim Einzug König Matthias’ in Frankfurt am Main 1612 .................................................................................................... 4.10 Zugfolge beim Einzug König Maximilians in Frankfurt am Main 1562 ............................................................................................. 4.11 Zugfolge beim Einzug Kaiser Maximilians II. in Dresden 1575 ...... 4.12 Zugfolge beim Einzug Kaiser Matthias’ in Dresden 1617 ................ 5.1 Abläufe der Kaiserbesuche in Nürnberg 1570 und 1612 (Auswahl) ..................................................................................................... 5.2 Abläufe auf dem Augsburger Reichstag von 1582 (Auswahl) .......... 5.3 Abläufe auf dem Wahl- und Krönungstag von 1562 (Auswahl) ..... 5.4 Abläufe der Kaiserbesuche in Dresden 1575 und 1617 (Auswahl) ..................................................................................................... 6.1 Session des Bankettes beim Kaiserbesuch in Dresden am 12. April 1575 ............................................................................................. 6.2 Session des Krönungsbankettes für Anna von Tirol in Frankfurt am Main am 26. Juni 1612 ....................................................................... 6.3 Session beim Hochzeitsbankett auf dem Speyrer Reichstag am 22. Oktober 1570.................................................................................
535 538 538 539 540 541 543 544 546 549 550 550 551 552 552 553 554 555 557 560 561 562
534 6.4 7.1 7.2 8. 9.1 9.2 9.3 9.4
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Session bei einem Bankett während des Reichstags in Augsburg 1582 ............................................................................................ Handlungssequenzen der Königswahl im Heiligen Römischen Reich ........................................................................................ Handlungssequenzen der Königskrönung im Heiligen Römischen Reich ....................................................................................... Willkomm der Reichsstadt Nürnberg für Könige und Kaiser (1444–1612) ............................................................................................... Publikationsformen der Wahl- und Krönungspublizistik (1562–1612) ............................................................................................... Druckorte der ereignisspezifischen Publizistik (1558–1618) .......... Druckerverleger der ereignisspezifischen Publizistik (1558–1618) ............................................................................................... Verfasser der Casualcarmina in der „Corona imperialis“ (1613) .....
563 564 564 565 566 567 568 569
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Tabellen, Übersichten und Schemata
1 Gefolge von Kaiser und Kurfürsten bei Reichsversammlungen (1558–1619) Kaiser
Mainz
Köln
Trier
Pfalz
Sachsen
Brandenb.
1558
1.400
250
280
200
418
583
300
1559
1.100
100
–
100
200
–
–
1562
2.362
363
100
150
364
861
452
1566
1.653
286
190
166
450
1.055
–
1570
780
400
250
250
k.A.
–
–
1575
2.000
k.A.
400
263
–
490
k.A.
1582
2.200
262
–
200
–
1.200
–
1594
k.A.
410
474
160
–
600
–
1612
2.091
264
239
203
418
429
–
1613
950
166
393
193
–
–
–
1619
1.400
236
273
171
–
–
–
Angegeben ist für die persönlich anwesenden Fürsten die Zahl der Pferde, da diese häufiger übermittelt wird. Die Personenzahl liegt meist höher, mitunter bis zu einem Drittel. Für alle Zahlenangaben gilt, dass sie nicht den Anspruch mathematischer Exaktheit erheben können, da meist mehrere Quellen (Furierlisten, Hofstaatsverzeichnisse, Korrespondenzen, Zeitungsberichte, etc.) mit unterschiedlichen Angaben überliefert sind. Furierlisten listen alle mitreisenden Personen und Pferde auf. Da zumeist mehrere solche Verzeichnisse erhalten sind, die unterschiedliche Planungsstadien markieren, sind die hier überlieferten Angaben nur bedingt verlässlich. Hofstaatsverzeichnisse konzentrieren sich zumeist auf die oberen und mittleren Ränge und sind deshalb im Hinblick auf die Gesamtzahl ebenfalls begrenzt aussagekräftig. Die stärksten Differenzen finden sich in den Gefolge-Schätzungen von Augenzeugen. Darüber hinaus beziehen sich die Quellenangaben häufig auf unterschiedliche Zeitpunkte: vor und während der Reise, beim Einzug und während des Aufenthaltes vor Ort. Dabei reisten keineswegs alle Personen mit dem kaiserlichen Tross, manche wurden nur zum Einzug bestellt und danach wieder nach Hause geschickt, während einfache Bedienstete, von deren Sozialprestige der Kaiser beim feierlichen Einzug nicht entscheidend profitieren konnte, sofort in ihre Quartiere zogen.
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Nachweise der Zahlenabgaben: 1558: Angabe für das kaiserliche Gefolge StA Würzburg, Miszell 614, unfol.; Leeb, Kurfürstentag zu Frankfurt 1558, S. 158. Vgl. dazu Lersner, Chronico, Bd. 1, S. 164, welcher 2.000 Pferde angibt; Furierliste für Pfalz in: StA Meiningen, GHA II. 53, unfol., für Kursachsen ebd., fol. 2–4, vgl. aber StA Marburg 3: 1266, fol 50–57, wo für August 334 Pferde angegeben werden, für Friedrich von Dänemark 99 Pferde; die Angaben für Brandenburg weichen stark voneinander ab. Vgl. dazu Leeb, Kurfürstentag zu Frankfurt, S. 161, wonach die Gefolgezahl bei allen Kurfürsten außer Pfalz und Sachsen angeblich nicht über 200 lag. 1559: Angabe für den Kaiser, Leeb, Kurfürstentag zu Frankfurt 1558, S. 280. Sie bezieht sich auf das Gefolge auf der Hinreise, erscheint aber dennoch sehr niedrig. Vgl. dazu die Angabe von 1.500–1.600 Pferde in: Stevenson, Calendar of State Papers, Bd. 1, S. 63; Angaben für Mainz in HStA Dresden, Loc 10193, fol. 132f.; Trier ist eine Schätzung, vgl. HStA München, Kasten blau 272/1, fol. 81–83’; für Pfalz in HStA Dresden, Loc 10194, fol. 283–288’. 1562: Angaben in HStA Dresden, Loc 10289/28, fol. 3–41; danach Angaben für Bayern (707 Pferde), Pfalzgraf Wolfgang (255 Pferde), Jülich (316 Pferde), Württemberg (313 Pferde), Mecklenburg (126 Pferde), Oranien (175 Pferde). Köln und Trier fehlen hier, wie auch in: Warhafftige Beschreibung, welcher gestalt die Königkliche wirde (1563). Die Angaben für Trier und Köln sind geschätzt: Trier erschien in der Regel mit dem kleinsten Gefolge (lt. Beuther, Ordentliche Verzeychniß, o.S., 35 Landadlige und 8 Räte, niedrige Chargen sind nicht angegeben). Dem Kölner Kurfürsten hatte der Kaiser 14 Kutschen entgegengeschickt; mehr als einige Reisige zusätzlich scheint dieser nicht mitgebracht zu haben. Hinzu kommen die in Frankfurt am Main anwesenden Räte. Vgl. die Angaben in Stevenson, Calendar of State Papers, Bd. 5, S. 384; sowie Edelmayer, Krönungen, S. 130f. 1566: Angaben nach Mameranus, Verzeychnus, o.S.; vgl. für den Kaiser die Angabe von 2.280 Pferden bei Lanzinner, Reichstag zu Speyer, Bd. 1, S. 152, für Kursachsen die Angabe von 750 Pferden in HStA Dresden, Loc 10195/2 fol. 31 sowie GHA München PNA 2592, unfol. (927 Pferde). Das von Lanzinner erwähnte Schreiben des württembergischen Landküchenmeisters Lorenz Maier an Herzog Christoph von Württemberg vom 23.01.1566 mit Gefolgeangaben für wichtige Reichsstände kennzeichnet lediglich den Planungsstand, was die Angabe von 600 Pferden für Joachim II. Hektor von Brandenburg deutlicht macht, der gar nicht in Augsburg erschien. Lanzinner, Reichstag zu Augsburg, Bd. 2, S. 1484. 1570: Lanzinner, Reichstag zu Speyer, S. 152. Das ebd., Bd. 2, S. 988–995 abgedruckte Hofstaatsverzeichnis ist nur bedingt verlässlich, weil es sich um eine überarbeitete Version handelt, wie die Sollbestimmungen für mehrere Ämter deutlich machen (z.B. S. 994). Aufgrund der schlechten Quellenlage sind Angaben zum Gefolge aller Hauptakteure schwierig. Vgl. ebd., S. 988, Anm. 1; außerdem HHStA Wien, OMeA Sd K183 Nr 48 und 49 (Anna und Elisabeth von Österreich). 1575: Angabe für Köln in HHStA Wien, MEA WaKr 6b, fol. 431; Trier in LHA Koblenz, 1C, Nr. 16330, fol. 188–89, vgl. auch das Konzept ebd., fol. 133–138’; Kursachsen in HStA Dresden, Loc 10289/29, fol. 152–155’ (242 Reisige, 248 Kutschpferde), auch 10675/4, unfol. (474 Pferde). 1582: Angaben aus Fleischmann, Description, 1. Pag.: S. 3–5, 13, II. Pag. S. 10, 44, 49, 67, 76. Das sehr große Gefolge Augusts von Sachsen resultiert aus der Anwesenheit von Kurfürst und Nachfolger und deren Familienangehörigen sowie hochrangiger Vertreter anderer sächsischer Linien, deren Gefolge Fleischmann hineingerechnet hat. Vgl. dazu HStA Dresden, Loc 10289/28, fol. 165f. (603 Pferde), fol. 172 (534 Pferde, davon 187 des
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landständischen Adels). Vgl. auch Bezold, Briefe, S. 499f., wonach August mehr als 300 Pferde gleich nach dem Einzug heimschickte. Für Kurbrandenburg erschien Joachim Friedrich von Brandenburg als Bevollmächtigter mit einem sehr großen Gefolge (427 Pferde). Siehe auch die Angaben für Bayern (602 Pferde), Württemberg (233 Pferde) und Mecklenburg (267 Pferde). 1594: Angaben aus Fleischmann, Kurtze und aigentliche Beschreibung, o.S. Vgl. auch die Angaben für Salzburg (324 Pferde), Würzburg (296), Bayern (400), Philipp Ludwig von PfalzNeuburg (260), Württemberg (673). Die Gesandtschaften der Kurfürsten von der Pfalz und Brandenburgs umfassten nur wenige Pferde. 1612: Angaben errechnet aus den Furierlisten in Wahl und Krönungshandlung, Erster Theil (1612). Vgl. auch HStA München, Fürstensachen, Nr. 121b, fol. 53–59’, hier 51’, wo für das Gefolge des Kaisers auf der Reise 878 Pferde angegeben werden, außerdem HStA Dresden, Loc 10676/2, fol. 103–106 (Köln 204); fol. 107–109 (Trier 206); fol. 110–112 (Mainz 183); für Sachsen auch die Angaben in Loc 10675/7, fol. 160–162’; so auch in StA Marburg 4e: 2f.: hier aber Trier (198), Sachsen (363). Der brandenburgische Kurfürst hatte seinen Sohn Georg Wilhelm als Bevollmächtigen geschickt. Anwesend war auch Joachim Ernst von Brandenburg-Ansbach, dessen Gefolge (187 Pferde) deutlich größer war als das seines Bruders, da er bereits seit 1603 in Brandenburg-Ansbach regierte. Auf dem Rückweg, auf dem der Kaiser vom Kölner Kurfürsten und von Bischof von Bamberg begleitet wurde, soll sein gesamtes Gefolge ca. 2.500 Pferde betragen haben. HStA Dresden, Loc 10676/2, fol. 116, vgl. auch 124–128’. 1613: Angabe für den Kaiser errechnet nach Verzeichnuß des Einzug zu Regenspurg (1613), o.S., dazu gerechnet wurden 100 zahlenmäßig nicht erfasste Hartschiere; Angaben für die geistlichen Kurfürsten in HStA Dresden, Loc 10212/5, fol. 93–95’ und fol. 111–116, für Mainz auch HHStA Wien, MEA RTA 107.b), fol 130. Die Furierzettel wurden auch Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen von seinen in Regensburg anwesenden Räten übersandt. Vgl. auch für die Brandenburgischen Gesandten Chroust, Abraham von Dohna, S. 87, Anm. 1. 1619: Angaben aus: Furier Zettul/ Oder Verzeichnuß Der Churfürsten (1619). Das Werk vereinigt sieben Furierlisten von Kaiser und Kurfürsten, wobei die kurpfälzische nur die Angabe der Personen enthält und die Pferdezahl deshalb geschätzt wurde. Da der kaiserliche Furierzettel mit Rücksicht auf die Goldene Bulle nur die Zahl von 154 Pferden enthält, wurde für den Kaiser auf StA Marburg, 4e: 590, unfol. zurückgegriffen; vgl. auch HHStA Wien, MEA, WaKr 18, fol. 316–324. Die Gesandtschaften der nicht persönlich anwesenden Kurfürsten umfassten deutlich unter 100 Pferden.
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2 Ankunft von Kaiser und Kurfürsten auf Reichsversammlungen (1558–1619)1 1558
1559
1562 1566 1570
1575
1576
1582
1594
1612
1613 1619
Kaiser
19.02. 31.12.2 24.10. 20.01. 18.06. 03.10. 17.06. 27.06. 08.05. 13.05. 04.08. 18.07.
Mainz
21.02. 11.02. 24.10. 26.02. 24.06. 05.10.
Köln
24.02.
Trier
23.02. 02.03. 23.10. 16.03. 09.07. 06.10.
Pfalz
20.02. 22.06. 22.10. 02.04. 12.07. 07.10. 17.06.
Sachsen
21.02.
–
16.10. 13.04.
–
05.10.
Branden21.02. burg
–
28.10.
–
07.10.
–
–
18.06. 05.05. 10.05. 22.06. 10.07.
23.11. 15.03. 06.07. 26.09. 07.07. –
11.05. 10.05. 28.07. 13.07.
16.07. 07.05. 11.05. 27.07. 15.07. 10.05.
–
–
–
17.06. 21.05. 10.05.
–
–
–
19.06.4
–
–
–
3
–
–
3
–
–
11.06.5
2345
1
2 3 4 5 6
3 Zugfolge der Kurfürsten nach der Goldenen Bulle (Art. XXIf.)6 Trier Brandenburg (Szepter)
Sachsen (Schwert)
Pfalz (Apfel)
Kaiser Böhmen Köln (Krone)
Mainz (Siegel)
Die Quellen übermitteln für einzelne Personen mitunter unterschiedliche Ankunftsdaten, in die Tabelle wurden nur die Daten aufgenommen, die als am wahrscheinlichsten gelten können. Verzeichnet wurde auch hier die Ankunft der Nachfolger von Kurfürsten, die ihre Väter vertraten. Alle Angaben entsprechen dem Julianischen Kalender. Am 31.12.1558. Pfalzgraf Ludwig in Stellvertretung seines Vaters, Friedrich III. von der Pfalz. Joachim Friedrich von Brandenburg für seinen Vater, Johann Georg von Brandenburg. Georg Wilhelm von Brandenburg für seinen Vater, Johann Sigismund von Brandenburg. Vgl. dazu ausführlich Kunisch, Formen symbolischen Handelns; Schneidmüller, Aufführung.
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Die nach Beratungen mit den Kurfürsten und mit deren ausdrücklicher Zustimmung erlassene Prozessionsordnung dokumentiert das Bemühen, die repräsentativen Bedürfnisse aller acht Akteure in subtil austarierter Form zur Geltung zu bringen – auch wenn dabei unterschiedliche Rang definierende Prinzipien der Anordnung von Personen im öffentlichen Raum miteinander kollidierten. So wurden der Rangvorzug Kurtriers gegenüber den weltlichen Kurfürsten sowie der des Königs von Böhmen gegenüber den Kurfürsten von Mainz und Köln durch das Prinzip der Präzedenz zum Ausdruck gebracht. Durch die Präzedenz der Reichsinsignienträger vor dem Kaiser wurde möglicherweise auch der Vorrang des in den Insignien präsenten politischen Körpers des Kaisers vor seinem physischen Körper verdeutlicht. Gleichzeitig waren auf diese Weise alle weltlichen Kurfürsten in unmittelbarer Kaisernähe platziert. Diese Position kam Kurböhmen als Königreich und damit ranghöchstem Kurfürstentum zu, nicht aber den anderen. Hier hob die Dienstfunktion der Reichserzämter gegenüber dem Kaiser die Rang anzeigende Wirkung der Herrschernähe auf, denn nach diesem Prinzip hätten ihre Inhaber in größerer Entfernung vom Kaiser positioniert werden müssen als die geistlichen Kurfürsten. Durch diese Anordnung waren aber auch alle geistlichen Kurfürsten gleich weit vom Kaiser entfernt. Offenbar waren es gerade die vielfältigen Deutungsambivalenzen, welche durch die Konkurrenz unterschiedlicher Ordnungsprinzipien entstanden, die allen Akteuren die Akzeptanz dieser Rechtsnorm ermöglichten. 4.1 Zugfolge beim Einzug Kaiser Maximilians II. in Nürnberg 15707 3 Nürnberger Einspännige 3 Glieder sächsische und pfälzische Reiter 3 sächsische Trompeter 32 Glieder markgräflich-brandenburgische Reiter 12 Glieder kaiserlicher Hofadel 3 Glieder ungarische Reiter kaiserlicher Elefant 2 Glieder kaiserliche Reiter 14 kaiserliche Leibpferde ohne Reiter 22 Edelknaben zu Pferd einzeln nacheinander 1 Heerpauker und 12 Trompeter Obersthofmarschall Weikard von Auersperg 7
StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135.6 (I), fol. 57–68.
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23 Glieder österreichisch-böhmische Adlige Trabantenhauptmann Konrad von Pappenheim 12 Trabanten Endres Imhoff, Joachim von Westhausen, Sebald Haller8 3 Herren Ältere: Jobst Tetzel, Balthasar Derrer, Gabriel Nützel von Sündersbühl deren Lakaien 12 Glieder ungarische, spanische und italienische Adlige kaiserlicher Obersthofmeister Hans Trautson 3 weltliche Fürsten: Pfalz-Zweibrücken, Sachsen-Weimar, Pfalz-Neuburg9 4 kaiserliche Herolde Reichserbmarschall Heinrich von Pappenheim mit dem bloßen Schwert Kaiser unter dem Himmel, Trabanten Rat der Stadt sechsspännige Kutsche mit der Kaiserin und zwei Töchtern sechsspännige Kutsche mit vier Erzherzögen und ihrem Hofmeister 5 vierspännige Kutschen mit weiblichem Hofstaat 1 Trompeter kaiserlicher Hartschierhauptmann von Geroltzkowski 100 Hartschiere 4 Einspännige Thomas Löffelholz und Hans Rieter Nürnberger Patrizier, Pfleger und Bürger mit ihren Söhnen 500 Nürnberger Reiter 4.2 Zugfolge beim Einzug Kaiser Matthias’ in Nürnberg 161210 3 Nürnberger Einspännige 3 Kriegsverordnete 15 Bandelierreiter 1 Nürnberger Trompeter Oberster Kriegshauptmann Ernst Haller zu Hallerstein
8 Die beiden Losunger und der Schultheiß Joachim von Westhofen bildeten das „Triumphirat“ der Stadt. Dazu Endres, Verfassung, S. 210. 9 Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg (1547–1614) und Johann I. von Pfalz-Zweibrücken (1550–1604), Johann Wilhelm von Sachsen-Weimar (1530–1573). 10 StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135.5, fol. 169f. Anders Kircher, Kaiser, S. 162f.
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5 Nürnbergische Schwadronen11 4 kaiserliche Trompeter 300 brandenburg-ansbachische Reiter 10 kaiserliche Trompeter 128 markgräfliche, sächsische, kurkölnische und bambergische Adlige Hofnarr Jonas von München auf einem Kamel 8 kaiserliche Trompeter kaiserlicher Obersthofmeister Friedrich von Fürstenberg 100 Adlige und Offiziere des Kaisers 3 weltliche Fürsten: Anhalt-Dessau, Brandenburg-Ansbach, Brandenburg-Bayreuth12 4 kaiserliche Herolde Obersthofmarschall Wolf Sigismund Freiherr von Losenstein mit dem bloßen Schwert Kaiser unter dem Himmel, Trabanten Patrizier des Kleinen Rates Handwerker des Kleinen Rates Bischof von Bamberg, Kurfürst von Köln Oberststallmeister Ottavio Cavriani und Oberstkämmerer Leonhard Helfried Graf von Meggau sechsspännige Kutsche der Kaiserin, daneben zu Pferd deren Obersthof- und Stäbelmeister 3 Kutschen mit Hofdamen 3 kaiserliche Trompeter 99 Hartschiere mit Hartschierhauptmann Adam von Trauttmansdorff 28 sechsspännige Kutschen mit kaiserlichen Räten und Offizieren 19 vierspännige Wagen mit kaiserlichem Hofgesinde 4.3 Zugfolge beim Einzug Kaiser Rudolfs II. in Regensburg 159413 Alexander zu Pappenheim als Reichsprofoß 11 Militärische Einheit mit ca. 150 Berittenen. 12 Herzog Joachim Ernst von Anhalt-Dessau (1592–1615), Markgraf Joachim Ernst von Brandenburg-Ansbach (1583–1625), Markgraf Christian Brandenburg-Bayreuth (1581–1655). 13 AVA Wien, Familienarchiv Harrach, Karton 595, unfol.; vgl. auch HHStA Wien, MEA RTA 90, Fasz. 4, fol. 9; Fleischmann, Kurtze und aigentliche Beschreibung, o.S.; des weiteren Loserth, Tagebuch, S. 31–33.
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5 Glieder sachsen-coburgische Reiter14 4 kurmainzische Trompeter 12 Glieder kurmainzische Reisige 3 kurtrierische Trompeter 14 Glieder kurtrierische Reisige 7 Glieder kurtrierischer Adel 1 bayrischer Trompeter 8 Glieder bayrische Archebusiere 9 Edelknaben Maximilians von Bayern mit ihrem Hofmeister 6 bayrische Trompeter 15 Glieder bayrischer Adel 4 salzburgische Trompeter 10 Glieder salzburgische Reisige mit ihrem Hauptmann 3 würzburgische Trompeter 12 Glieder würzburgische Reisige 127 Glieder kaiserliche Hofoffiziere mit ihrem Hauptmann15 1 vierspännige Kutsche mit dem Leibhund des Kaisers 10 kaiserliche Leibpferde 1 kaiserlicher Heerpauker 20 kaiserliche Trompeter 12 kaiserliche Edelknaben, zwei mit Lanze und kaiserlicher Rüstung kaiserlicher Rossbereiter 32 Glieder deutsche und böhmische Kavallerieoffiziere zu Pferd 32 Glieder kaiserliche Truchsessen, Kämmerer, Offiziere pfalz-neuburgischer und sachsen-coburgischer Adel ungarischer und böhmischer Herold Oberststallmeister Friedrich Graf von Fürstenberg, Obersthofmarschall Paul Sixt Trautson 2 pfalz-neuburgische Prinzen16
14 Ersatz für die sonst an dieser Stelle platzierten kursächsischen Reiter, die erst mit dem kursächsischen Adminstrator Friedrich Wilhelm von Sachsen-Weimar am 21.05.1594 eintrafen. 15 Lt. Loserth, Tagebuch, S. 31, 270 Glieder, unter denen auch Gefolge von Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg sowie Georg Ludwig von Leuchtenberg gewesen sei. Bei einer Gesamtzahl von über 2.000 Einziehenden dürfte eher diese Angabe zutreffen. 16 Wolfgang Wilhelm (1578–1653) und August (1582–1632) von Pfalz-Neuburg.
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Landgraf Georg Ludwig zu Leuchtenberg, Herzog Johann Casimir von Sachsen-Coburg17 Herzog Maximilian von Bayern, Pfalzgraf Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg 2 Reichsherolde Reichserbmarschall Joachim von Pappenheim mit dem bloßen Schwert Kaiser unter dem Himmel Rat der Stadt Kurfürst von Trier, Kurfürst von Mainz Bischof von Würzburg, Erzbischof von Salzburg Oberstkämmerer Christoph Popel von Lobkowitz, Obersthofmeister Wolf Freiherr Rumpf zum Wielroß zwei Edelknaben mit Kammerschwert und Büchse 3 Glieder kaiserliche Spießjungen 100 kaiserliche Hartschiere mit dem Hartschierhauptmann 2 türkische Reitpferde 7 Glieder Knechte 5 Kutschen mit kaiserlichen Räten, darunter die beiden kaiserlichen Leibkutschen 124 Glieder pfalz-neuburgische, salzburgische und würzburgische Knechte und Jungen 4.4 Zugfolge beim Einzug Kaiser Matthias’ in Regensburg 1613 (Plan)18 Reisige des Reichserbmarschalls Mainzischer Reiterhauptmann mit Garde Hessische Reisige mit Leibross und Edelknaben Eichstätter Reisige mit Leibross und Edelknaben Salzburgische Reisige mit Leibross und Edelknaben Kurkölnische Reisige mit Leibross und Edelknaben Kurtrierische Reisige mit Leibross und Edelknaben Kurmainzische Reisige mit Leibross und Edelknaben Hessische Trompeter, Hofmarschall, Adlige Eichstätter Trompeter, Hofmeister, Adlige 17 Georg Ludwig von Leuchtenberg (1550–1613) fungierte auf dem Reichstag als Reichshofratspräsident. Johann Casimir von Sachsen-Coburg (1564–1633) war der Sohn Herzog Johann Friedrichs des Mittleren. 18 HHStA Wien, MEA RTA 107b, Schreiben 141 (Plan der Mainzer Kanzlei); HStA Dresden, Loc 10212/5, fol. 98–102.
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Salzburgische Trompeter, Hofmarschall, Adlige Kurkölnische Trompeter, Hofmarschall, Adlige Kurtrierischer Trompeter, Hofmarschall, Adlige Kurmainzer Trompeter, Hofmarschall, Adlige Stallmeister der anwesenden Fürsten Ritterschaft19 Landgrafen Ludwig und Friedrich von Hessen-Darmstadt Kurfürst von Trier Kaiser Kurfürst von Köln, Kurfürst von Mainz Bischöfe von Speyer, Salzburg, Eichstätt Kaiserin Kaiserliches Gefolge 4.5 Zugfolge beim Einzug Kaiser Matthias’ in Regensburg 161320 2 Trompeter 30 Reiter in gemischter Livree 2 Trompeter 24 Karabiner21 36 Reiter der Stallparteien von Kurfürsten und Bischöfen 9 hessische Edelleute 60 kurtrierische Reiter 100 Reiter in gemischter oder ohne Livree 12 hessische Edelknaben 2 kurkölnische Trompeter und 82 kurkölnische Reiter 60 kurmainzische Reiter (Stallpartei und Edelknaben) 1 salzburgischer Trompeter und 32 salzburgische Karabiner 1 kurkölnischer Trompeter und 27 kurkölnische Karabiner 3 kurtrierische Trompeter und 24 kurtrierische Adlige 3 kurmainzische Trompeter und 30 kurmainzische Adlige 19 Gemeint ist Reichsadel bzw. Adel am Kaiserhof, darunter Graf Johann Georg zu Hohenzollern und Graf Wolf zu Mansfeld. HStA Dresden, Loc 10212/5, fol. 120’. 20 Nach HStA Dresden, Loc. 10212/5, fol. 136–139; Stattlicher Einritt auff dem Reichstag zu Regensburg (1613) und Newe Zeitung von dem Reichstag (1613); HHStA Wien, MEA RTA 107b, Schreiben 141; HStA München, KÄA 3258, fol. 13–15; StA Marburg, 277/3, I. fol. 233. 21 Von frz. carabin: leichte Reiterei. Die Zugehörigkeit ist hier nicht eindeutig festzustellen.
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2 kurmainzische Domherren 3 kurmainzische Trompeter 30 speyrische und eichstättische Adlige 2 kurmainzische Kesselpauker und 6 Trompeter 50 kurmainzische Reiter 6 Trompeter 58 kurfürstliche, fürstliche und bischöfliche Räte 14 kaiserliche Trompeter 3 Einspännige kaiserlicher Quartiermeister Wolgemuth 36 österreichische Adlige 1 Ungar mit einem Leopardenfell, Georg zu Landau zugehörig 55 Leibrosse des böhmischen, schlesischen und mährischen Adels 213 Angehörige des böhmischen, schlesischen und mährischen Adels 9 Edelknaben des Hofkriegsrates Rudolf Freiherr von Tiefenbach 18 Edelknaben des Obersthofmeisters Friedrich Graf von Fürstenberg 20 kaiserliche Räte und Adlige 150 kaiserliche Reiter 24 kaiserliche Stallknechte und 2 Trompeter der Stallpartei 2 Reiter mit einem Affen und einem Leoparden22 48 kaiserliche Leibrosse 26 kaiserliche Edelknaben (davon 2 mit der kaiserlichen Rüstung) Edelknabenpräzeptor 2 Rossbereiter 2 Heerpauker und 18 Trompeter Obersthofmarschall Wolf Sigmund Freiherr von Losenstein 143 österreichische, böhmische, schlesische und mährische Adlige 2 junge Grafen von Fürstenberg Georg Friedrich Graf von Hohenlohe, Trabantenhauptmann Bruno Graf von Mansfeld Ungarischer Kanzler Georg zu Landau und böhmischer Kanzler Zdenko Adalbert Popel von Lobkowitz Böhmischer Oberstlandhofmeister Adam von Wallenstein Oberstkämmerer, Oberststallmeister, Obersthofmeister des Kaisers23
22 Nach anderen Berichten ein Luchs. Newe Zeitung von dem Reichstag (1613). 23 Oberstkämmerer Leonhard Helfried Graf von Meggau, Oberststallmeister Maximilian Graf zu Dietrichstein, Obersthofmeister Friedrich Graf zu Fürstenberg.
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Landgrafen Friedrich und Ludwig von Hessen-Darmstadt, Herzog Carl Friedrich von Münsterberg Kurfürst von Trier Herolde Österreichs, Böhmens und Ungarns 2 Reichsherolde Reichserbmarschall Maximilian von Pappenheim mit dem bloßen Schwert Kaiser, umgeben von Trabanten Rat der Stadt Kurfürst von Köln, Kurfürst von Mainz Bischöfe von Speyer, Salzburg und Eichstätt Kaiserin mit ihrer Obersthofmeisterin Katharina Freiin von Kolowrat in der Kutsche Georg Sigmund Freiherr von Lamberg als Obersthofmeister der Kaiserin 2 Kammerdiener 4 Kutschen mit dem weiblichen Hofstaat 100 kaiserliche Hartschiere 3 kaiserliche Kuriere mit Doppeladlerzeichen 30 kaiserliche Reiter kaiserliche Leibwagen 200 kurfürstliche, fürstliche und bischöfliche Leibwagen 4.6 Zugfolge beim Einzug Kaiser Rudolfs II. in Augsburg 158224 Erstlich ein Glied Knecht, in drey in einem Glied drey Lakheien drauf deß Reichs Marchalkh allein, uff den ein Glied Sächsiche Spießjungen mit gelben Federn, vier Glied Knecht fünff Glied Junkhernn Einundzwanzig Glied Knecht sieben Glied Pferdt, in zwey beieinand, uff deren einem ein Jung, das and. ledig, ein Glied Knecht, 24 StA Meiningen, GHA II. 84: Verzeichnuß, wie die Kay. May. Zu Augspurg uff Mittwoch dem 27. Junii ao. 82 einkhommen. Es wurde hier der Originaltext ediert, um die Art und Weise der zeitgenössischen Dokumentation zu veranschaulichen. Vgl. dazu Vorzeichnis (1582), dessen zusätzliche Angaben mitunter in eckigen Klammern ergänzt sind; sowie Fleischmann, Description, S. 6–14.
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die Kessell Trommer drei Glied Trompeter achtundvierzig Glied Junkhern und Jung in uff ein Glied Junkhern ein Glied Jung mit Federspiessen und Büchsen auch Sturmhauben und gelben Federn darauf wol außgebutzt drey Glied Cammerjungen schon geschmückt, und diese sind alle Sächsische Churfürstliche mit gelben Federn geziert, uff diese volgen zwey Glied Brandenburgische Cammerjungen mit weissen Federn recht hübsch heraußgebutzt ein Glied Cammerjungen mit schwarzen und gelben Federn uff die volgen ein Glied Meckhelnburgische mit rott und weissen Federn, acht Glied Knecht, Ein Glied mit weißen Federn, drei Glied Pferdt in zwey beieinand. zwey Glied Trompeter mit weissen Federn Brandenburgisch Neunzehn Glied Brandenburgische Junkhern Sechzehn Glied mit schwarzen Binden Meinzische ein Glied Trompeter Zehn Glied mit schwarzen Binden Pfalzgreuische Neuburgische ein Glied Trompeter Mekhellnburgische acht Glied Mekhelnburgische Junkhern, vier Wirzburgische Trompeter fünfzehn Glied Würtzburgische Junkhern zwei Glied Jungen. acht Glied aychstättische Junkhern ein Trompeter allein. Fünfzehn Glied Raisige [des Erzherzoges Karl] Eilff Pferdt einzelln nacheinand uf einem jeden ein Knab wol außgebutzt, werden vor Osterreichisch gehaltenn25 darauf der Stallmeister drey Glied Trompeter, ein Silberbott allein zwantzig vier Glied Junkherngemenge durcheinand. sechsundfünfzig Glied Knecht sechs ledige Pferdt der Kay. May. zustendig in uff einem ein Jung 25 Dies zeigt deutlich, dass der Bericht entweder während des Ereignisses oder aus der Rückschau verfasst worden ist und die Zuordnung mancher Zugteile zu bestimmten Herrschaftsträgern für die Zuschauer mitunter schwierig war.
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neun Glied Ungeren hübsch gebutzt mit iren beltzenn [und Krummsäbeln] zweyundvierzig teutsch Pferdt, Knecht und Jungen der Reichsforier allein ein Glied Knechte uff die, fünff Glied im gelben Zeug dem Fuggern zustendig dreissig Glied Knechte und Jungen neunzehn Glied Gemenge durcheinander zehn Glied Pferdt, in zwey beieinand, und eins ledig [Leibpferde] ein Glied mit drey leoparden [kaiserliche Jäger] zwolff einzeln Pferdt der Kay. May. zustendig uf deren einem jeden ein Edelknab, und die beede letzten fuhrten Irer May. Hauptund Leibharnisch. zwey Glied Junkhern die hehre Trommer [kaiserliche Heerpauker] fünff Glied Kayserische Trompeter, sieben Glied Knechte, fünffzig Glied mit gelben und weissen Federn durcheinand Gemenge, d. Chur- und Fürsten Cammerherrn und Junkhern drey Glied Cammerherrnn ein Glied Herrnn der Kay. May. Marschalgk allein. Zwen Heroldenn [böhmischer und ungarischer Herold] uff diese volgen die beede jungen Hertzogenn von Meckhelnburgh26 uff die Pfalzgraf Friedrich und Hertzog Casimir von Coburgh denselben volgen Hertzog Ott Heinrich Pfalzgraf, Hertzog Christian deß Churfürsten von Sachsen Sohn in der Mitte, und Hertzog Friedrich Wilhelm von Weymar uff die ritt Hertzog Ulrich von Mekhellnburg und Hertzog Philipp Ludwig von Neuburgk und Hertzog Ferdinand von Bayern uff die der Herr Administrator von Magdeburgk in der Mitte, und zur rechten Erzherzog Carl Von Österreich, und zur linken Hertzog Wilhelm von Bayern den volgen zwen Heroldt [Reichsherolde] uff die ritt der Churfürst von Sachsen allein, und führt ein blosses Schwerd in der Faust
26 Johann (1558–1592) und Sigismund August (1560–1600) von Mecklenburg-Schwerin, Neffen Herzog Ulrichs von Mecklenburg.
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dem volgen der Kayser unter einem bedekten gelben Himmel, den sechs vom Rhat zur Augspurg trugen. Uff die Kays. May. volgen der Erzbischoff zu Meintz in der Mit, zur rechten Würtzburg, und zur linken Aichstedt uff die volget noch drei Geistliche27 darnach drey Glidt Jungen uff die achtundzwanzig Gliedt Hartschirer, mit iren Harnisch und Bekhelhauben] uff die einhundertfünffzig acht Glied Knecht und gemein Gesindt. lezlich der Profoß mit etzlich Knechten und zu beden Seiten der Kays. May. und der Chur- und Fürsten viel Trabanten 4.7 Zugfolge beim Einzug Kurfürst Augusts von Sachsen in Augsburg 156628 Kursächsisches Gefolge Bayrisches Gefolge Pfalzgräflich-neuburgsches Gefolge Jülichsches Gefolge Württembergisches Gefolge Passauisches und salzburgisches Gefolge Kurmainzisches Gefolge Kurtrierisches Gefolge Kurkölnisches Gefolge Kaiserliches Gefolge Pfalzgraf Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg, Markgraf Joachim Friedrich von Brandenburg-Ansbach, Herzog Eberhart von Württemberg Herzog Karl Christoph von Münsterberg, Herzog Barnim IX. von Pommern, Herzog Wilhelm V. von Bayern Herzog Heinrich XI. von der Liegnitz, Joachim Ernst von Anhalt, Herzog Johann III. von Schleswig-Holstein-Sonderburg Pfalzgraf Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken, Kurfürst August von Sachsen, Herzog Albrecht V. von Bayern 27 Lt. Vorzeichnis (1582) ritten hier hingegen der kaiserliche Oberstkämmerer Wolf Freiherr Rumpf zum Wielroß, der Obersthofmeister Adam von Dietrichstein und der Hartschierhauptmann Wolff Gilleis, Freiherr von Sonnberg, was wahrscheinlicher ist. 28 HStA Hannover, Celle Br. 1, 51, fol. 43–46 (da die Position der Fürsten aus der Perspektive von vorn wiedergegeben wird, sind dort die Seiten vertauscht); vgl. Lanzinner, Reichstag zu Augsburg 1566, S. 1493.
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Kaiser Kurfürst von Trier, Kurfürst von Mainz Bischof von Passau, Kurfürst von Köln, Erzbischof von Salzburg Sächsischer Adel Kurfürstin Anna von Sachsen und Herzogin Sophie von der Liegnitz in der Kutsche Kutschen des weiblichen Hofstaates 100 kaiserliche Hartschiere 4.8 Zugfolge beim Einzug Kaiser Ferdinands I. in Frankfurt am Main 156229 Kursächsisches Gefolge 4 Glieder kurmainzisches Gefolge Kurpfälzisches Gefolge Bayrisches Gefolge Jülich-Clevisches Gefolge Württembergisches Gefolge Mecklenburgisches Gefolge mit dem Herzog Johann Albrecht I. von Mecklenburg Kurmainzisches Gefolge Kaiserliches Gefolge Böhmischer und ungarischer Herold Österreichischer und Reichsherold Reicherbmarschall Heinrich von Pappenheim Herzöge Albrecht V. von Bayern, Wilhelm von Jülich-Cleve-Berg, Christoph von Württemberg Kurfürst August von Sachsen, Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz Kaiser Ferdinand I., Kurfürst von Mainz Kaiserliche Hartschiere 4.9 Zugfolge beim Einzug König Matthias’ in Frankfurt am Main 161230 60 Frankfurter Reiter 29 HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 113–116’; vgl. auch Beuther, Ordentliche Beschreibung, o.S.; Edelmayer, Krönungen, S. 132f. 30 Khevenhüller, Annales Ferdinandei, Bd. 7, Sp. 442f., Wahrhaftige Beschreibung, Wahlund Krönungshandlung, Erster Teil, o.S.
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Obersthofmarschall Wolf Sigmund Freiherr von Losenstein 100 Hofdiener 2 königliche Trompeter 80 erbländische Adlige Hartschierhauptmann Adam von Trauttmannsdorf, Trabantenhauptmann Bruno von Mansfeld Oberststallmeister Ottavio Cavriani, Obersthofmeister Friedrich Graf von Fürstenberg, Oberstkämmerer Leonhard Helfried Graf von Meggau König Matthias zu Pferd mit Trabanten Königin Anna auf der Kutsche deren Oberstsäbelmeister Gilbert von Santhilier, Obersthofmeister Georg Sigmund Freiherr von Lamberg 3 Kutschen mit weiblichem Hofstaat 25 Hartschiere 40 Frankfurter Reiter 4.10 Zugfolge beim Einzug König Maximilians in Frankfurt am Main 156231 12 Trompeter und 1 Heerpauker des Kurfürsten von Sachsen kursächsisches Gefolge 4 Glieder kurmainzisches Gefolge kurpfälzisches Gefolge bayrisches Gefolge mecklenburgisches Gefolge jülich-clevisches Gefolge württembergisches Gefolge königliches Gefolge 4 weltliche Reichsfürsten32 Kurfürst August von Sachsen, König Maximilian, Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz Königin Maria in der Kutsche königliche Familie in der Kutsche weiblicher Hofstaat in Kutschen königliche Hartschiere 31 HHStA Wien, RK WaKr 4, fol. 113–116’; HStA München, KÄA 3089. 32 Die genaue Position der sicher paarweise eingezogenen Herzöge Wilhelm von JülichCleve-Berg, Albrecht V. von Bayern, Christoph von Württemberg und Johann Albrecht von Mecklenburg im Zug ist unklar.
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4.11 Zugfolge beim Einzug Kaiser Maximilians II. in Dresden 157533 sächsische Trompeter sächsischer Adel sächsische Trompeter kaiserliche Heerpauker kaiserliches und königliches Hofgesinde Joachim Ernst zu Anhalt, Administrator zu Magdeburg34, Herzog Heinrich XI. von Liegnitz Erzherzog Matthias, König Rudolf von Böhmen, Erzherzog Ernst Kurfürst Joachim II. Hektor von Brandenburg, Kaiser, Kurfürst August von Sachsen in der Kutsche35 12 der Stadt verwiesene Delinquenten Kutsche der Kaiserin Maria Kutsche des spanischen Gesandten Monteagudo kaiserliche Räte kurfürstliche Garde 4.12 Zugfolge beim Einzug Kaiser Matthias’ in Dresden 161736 6 sächsische Einspännige 12 sächsische Adlige 100 Knechte kurfürstliche Stallpartei mit 24 Leibpferden des Kurfürsten 2 kurfürstliche Narren kaiserlicher Hofnarr Jonas mit seinen Lakaien 9 sächsische Trompeter und Heerpauker 60 niedere sächsische Adlige Grafen Wolf und Philipp von Mansfeld, Graf von Schwarzburg weitere Grafen und Herren
33 HStA München, KÄA 4329, fol. 277‘–278. 34 Joachim III. Friedrich von Brandenburg. 35 Laut dem bayrischen Bericht saß in der kaiserlichen Kutsche rückwärts fahrend der Oberststallmeister des Kaisers Rudolf Khuen von Belasi. 36 Vera descriptio, o.S.
Anhang
553
Herzöge Johann Philipp von Sachsen-Altenburg, Julius Heinrich von Sachsen-Lauenburg, Friedrich von Sachsen-Altenburg 15 Trompeter und Heerpauker 9 Lakaien Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen 12 Spießjungen 3 Edelknaben kursächsische Kämmerer Erzherzog Maximilian, Kaiser Matthias, König Ferdinand II. im kaiserlichen Leibwagen Oberstlandhofmeister Adam von Wallenstein, Oberststallmeister Maximilian Graf von Dietrichstein Kardinal Klesl, Obersthofmeister Friedrich Graf von Fürstenberg, Oberstkämmerer Leonhard Helfried Graf von Meggau in der Kutsche Geheimer Rat Karl von Harrach, Obersthofmarschall Wolf Sigmund Freiherr von Losenstein, Reichshofratspräsident Johann Georg Graf von Hohenzollern-Hechingen kaiserliche und königliche Offiziere und Kämmerer 20 Kutschen mit Hofgesinde 100 Knechte 30 kurfürstliche Jäger mit 200 englischen Jagdhunden 3 Trompeter sächsische Adlige 5.1 Abläufe der Kaiserbesuche in Nürnberg 1570 und 1612 (Auswahl) a) 1570 07.06. Einzug 08.06. Morgenmahl des Kaisers für die Fürsten, Überreichung der Geschenke durch den Rat, Präsentation der Handwerker mit ihren Produkten, Schwerttanz der Messerer, Feuerwerk 09.06. Huldigung der Bürgerschaft, Bankett der Fürsten 10.06. Abreise des Kaisers
554
Anhang
b) 161237 02.07. 03.07. 04.07. 05.07.
Einzug Huldigung, Warenpräsentation der Handwerker, Feuerwerk Überreichung der Geschenke durch den Rat Messbesuch des Kaiserpaares auf der Freiung, Morgenmahl des Kaisers für die Fürsten, Bankett Kurköln und Bamberg auf dem Gleishammer (ohne Kaiser) 06.07. Heiltumsweisung für das Kaiserpaar, Stadtrundfahrt des Kaiserpaars 07.07. Darlehensverhandlungen zwischen Kaiser und Reichsstadt 08.07. Belehnung der Reichsstadt mit den böhmischen Lehen Abreise des Kaisers 5.2 Abläufe auf dem Augsburger Reichstag von 1582 (Auswahl)38 21.06. 22.06. 26.06. 27.06. 28.06. 30.06. 02.07. 03.07. 05.07. 07.07. 08.07. 10.07. 11.07. 12.07. 14.07.
Armbrustschießen Kursachsen und andere weltliche Fürsten Einzug des Kaisers in München Einzug der moskowitischen Gesandtschaft Einzug des Kaisers in Augsburg, Bankett Kursachsen mit Kaiser und Fürsten Übergabe des Ratsgeschenks an den Kaiser Besuch des Kaisers beim päpstlichen Legaten Lodovico di Madruzzo Ringelrennen Eröffnung des Reichstages Beginn der Kuriensitzungen, Mittagsbankett bei Marx Fugger Publikation der Taxordnung, Audienz der moskowitischen Gesandtschaft Bankett Kurmainz für Fürsten Bankett Mecklenburg mit Fürsten und Frauen Bankett Erzherzog Karl für Fürsten (Kaiser anwesend) Bankett Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg für weltliche Fürsten Bankett Württemberg für weltliche Fürsten
37 Alle Angaben erfolgen nach dem in Nürnberg verwendeten julianischen Kalender. Zum ersten Einzug auf der Hinreise am 05.05.1612 vgl. StA Nürnberg, Rst. N., SIL 135 Nr. 5, fol. 29–36. 38 Vgl. dazu den Bericht von Georg Kölderer in SSB Augsburg 2° Cod. S. 40, fol. 17–56’; Fleischmann, Kurtze und aigentliche Beschreibung.
555
Anhang
15.07. Bankett Magdeburg für weltliche Fürsten im Fuggergarten, Fischstechen der Fischerzunft 16.07. Bankett Kursachsen für Kaiser und Fürsten mit Frauen 18.07. Bankett des Bischofs von Würzburg 19.07. Bankett Mecklenburg für Fürsten 25.07. Bankett Kursachsen für weltliche Fürsten 28.07. Huldigung der Stadt Augsburg 30.07. Morgenbankett Kaiser für Fürsten 31.07. Bankett Kurtrier für Fürsten 05.08. Bankett Bayern für Fürsten 12.08. Hochzeitsbankett Bayern (bayrischer Hofbeamter mit Fuggertochter), Bankett Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg, Bischofsweihe Kurtrier, Bankett Kurtrier für katholische Fürsten 13.08. Bankett Kurmainz für geistliche Fürsten 15.08. Bestattung des kaiserlichen Hofpredigers Lambert Gruter 19.08. Bankett Straßburg für geistliche Fürsten, Ringelrennen 20.08. Belehnung Kurtrier in der Kammer 22.08. Bankett Bischof von Ungarn 24.08. Ringelrennen auf dem Weinmarkt 26.08. Bankett Papstlegat für katholische Fürsten und deren Gesandte 02.09. Quintanrennen 03.09. Katholikentreffen beim Papstlegaten, Feier eines spanischen Sieges in den Niederlanden 20.09. Verlesung des Reichsabschiedes in der kaiserlichen Herberge 28.09. Abschlussgebet für den Reichstag in allen Augsburger Kirchen 01.10. Abreise des Kaisers 5.3 Abläufe auf dem Wahl- und Krönungstag von 1562 (Auswahl)39 20.10. 21.10. 22.10. 23.10.
Mittagsbankett Kursachsen mit weltlichen Fürsten Abendbankett Bayern mit weltlichen Fürsten Bankett Mecklenburg mit weltlichen Fürsten Morgenbankett Württemberg mit weltlichen Fürsten, Einzug König Maximilians II., Abendbankett Jülich mit König und Fürsten
39 Nach HHStA Wien, MEA WaKr 5; HStA Dresden, Loc 10671/2, Fasz. 3; Beuther, Ordentliche Beschreibung; Bernhard / Koppe, eigenhändiges Tagebuch.
556 24.10. 25.10. 26.10. 27.10. 28.10. 29.10. 30.10. 31.10. 01.11. 02.11. 03.11. 04.11. 05.11. 08.11. 09.11. 10.11. 11.11. 12.11. 13.11. 14.11. 15.11. 16.11. 17.11. 19.11. 20.11. 21.11.
Anhang
Einzug des Kaisers Kirchgang des Kaisers, Bankett Jülich mit Fürsten Bankett Kursachsen mit Kaiser, König und Fürsten, Spiel Beginn des Kurfürstenrates Kirchgang des Kaisers Bankett Bayern mit Fürsten, Spiel Verlesung der kaiserlichen Proposition im Rathaus Übergabe der Replik an Kaiser Kirchgang des Kaisers, Mittagsbankett Kurpfalz mit Fürsten Mittagsbankett Jülich mit Fürsten, Tanz Bankett Maximilians II. mit Fürsten Bankett Kurmainz mit König und Fürsten, Besuch der Kurfürsten beim Kaiser, kaiserliche Audienz der Gesandten des Fürsten von Condé Bankett Mecklenburg mit König und Fürsten, Kaiser auf Jagd außerhalb (bis 06.11.) Kirchgang des Kaisers, Mittagsbankett Kaiser mit König und Fürsten Bankett Kurbrandenburg mit Kaiser, König und Fürsten, Abendbankett Bayern mit weltlichen Fürsten Mittagsbankett Kurtrier mit König und Fürsten, abends Martinsessen bei Kurmainz mit Fürsten Protestantentreffen bei Kurpfalz, Mittagsbankett Kurpfalz für weltliche Fürsten, Ringrennen Bankett Pfalz-Zweibrücken mit König und Fürsten, kaiserliche Audienz der englischen Gesandten Kaiser, König, Herzog von Mecklenburg nach Hanau zur Jagd (bis 14.11.) Ladung der Kurfürsten zur Wahl Kirchgang des Kaisers, Mittagsbankett Jülich für Kaiser, König, Fürsten mit Frauen, Tanz Mittagsbankett Württemberg mit König und Fürsten Bankett Kurbrandenburg mit Fürsten Kirchgang des Kaisers, Mittagsmahl Kursachsen für Fürsten und kaiserliche Räte Bankett Oranien für Fürsten Kaiser auf Jagd außerhalb mit Jülich und Oranien, Abendbankett Bayern für ausgewählte Fürsten40
40 Für August von Sachsen, den Herzog von Aarschot und Herzog Wilhelm von Oranien mit ihren Frauen.
Anhang
557
22.11. Kirchgang des Kaisers 23.11. Bankett und Tanz Bayern für Kaiser, König, weltliche Fürsten mit Frauen, Einzug der osmanischen Gesandtschaft, Ankunft Kurköln 23.11. Sicherheitseid der Reichsstadt Frankfurt 24.11. Wahl des Römischen Königs 25.11. Hochzeitsbankett des Hartschierhauptmanns Ott von Eberstein mit König und Fürsten mit Frauen 26.11. Übergabe der Protestschrift gegen das Trienter Konzil durch Protestanten, Mittagsbankett Kursachsen mit Kaiser, König, Fürsten und Frauen, Tanz, Abendbankett Bayern für Fürsten 27.11. Audienz der osmanischen Gesandtschaft in der kaiserlichen Herberge 28.11. Bankett Württemberg mit Fürsten 29.11. Einzug des Herzogs von Lothringen, Bankett des Königs für Ordensritter vom Goldenen Vlies 30.11. Krönung des Römischen Königs 01.12. Bankett Kursachsen für König und Fürsten mit Frauen, Ringrennen, Feuerwerk 02.12. Bankett Kaiser für König und Fürsten mit Frauen 03.12. Bankett König für Kaiser und Fürsten, Audienz der Kurfürsten beim Kaiser 05.12. Belehnung Lothringen in der Kammer, Mittagsbankett Kaiser, König, Lothringen und Vaudémont mit Frauen 06.12. Abreise des Kaisers, Mittagsbankett Kaiser für die Niederländer 08.11. Abreise des Königs 5.4 Abläufe der Kaiserbesuche in Dresden 1575 und 1617 (Auswahl)41 a) 1575 07.04. Ankunft der Fürsten in Dresden 10.04. Aufbruch der Fürsten nach Pirna 11.04. Kaiserempfang an der kursächsischen Grenze, Wasserjagd, Einzug in Pirna 12.04. Schifffahrt nach Dresden, Einzug in die Stadt, großes Bankett
41 HStA Dresden, Loc. 10735/4, fol. 38–69; Loc 10735/6; Loc 10735/26; OMaA F.1.; HStA München, KÄA 4329, fol. 275–283; KÄA 4315, fol. 233.
558
Anhang
13.04. Gottesdienst in der Schlosskapelle, Fechtschule, Bankett und Tanz 14.04. Gottesdienst, Stadtbesichtigung, große Jagd vor der Stadt 15.04. Schifffahrt bis hinter Meißen mit großer Jagd, Bankett im Dresdner Schloss (ohne Kaiser) 16.04. Fürstenrat, Jagd vor der Stadt, Stadtbesichtigung (Erzherzöge und spanischer Gesandter), Bankett 17.04. Geschenkübergabe: Gastgeber an Gast, großes Bankett, Stadtbesichtigung durch den Kaiser, Feuerwerk auf dem Festungswall 18.04. Geschenkübergabe: Gast an Gastgeber, Ritt aller Fürsten nach Pirna, Jagd 19.04. Abreise des Kaisers per Schiff 20.04. Abreise der auswärtigen Fürsten b) 161742 01.08. Ankunft in Leitmeritz, Besteigen der sächsischen Schiffe 02.08. Einzug in Aussig, Nachtlager in Tetschen 03.08. Empfang des Kaisers durch Johann Georg I. bei Schandau, Wasserjagd, Einzug in Pirna 04.08. Wasserjagd bei Pillnitz, Einzug in Dresden 05.08. Ruhetag, Audienz Kurfürst bei Kaiser 06.08. Gottesdienst mit Musik von Heinrich Schütz, Theatervorstellung 07.08. Ruhetag 08.08. Theatervorstellung 09.09. Ruhetag43 10.08. Besichtigung von Stallhof und Zeughaus 11.08. Besichtigung des Löwenhauses 12.08. Große Jagd bei Ottendorf, Tafel in Schloß Hermsdorff 13.08. Englische Komödianten 14.08. Jagd im Friedewald, Bankett und Tanz 15.08. Jagd in der Heide nach der Mittagstafel 16.08. Schießen auf der alten Rennbahn im Zwinger 17.08. Schaujagd auf dem Altmarkt
42 Vgl. dazu: HStA Dresden,. OMaA O: Cap. IV, Bd. 2, Einträge vom 01.-23.08.1617. 43 Unklar, kein Eintrag im Hofkalender.
Anhang
559
18.08. 19.08. 20.08. 21.08. 22.08.
Maskenaufzug44 Hirschjagd bei Wilsdorf45 Ruhetag, Laurentiusfest Hirschjagd an der Klipphäuser Leite (bei Wilsdruff ) Vogeljagd bei Klotzsche, Bankett zur Feier des Sieges über Venedig, Ballett im Riesensaal 23.08. Geschenkübergabe, Auszug und Abreise nach Pirna
44 Nur geplant, fiel aufgrund des schlechten Gesundheitszustandes von Kaiser Matthias aus. 45 Entweder Wilmsdorf südlich von Dresden oder aber Wilsdruff westlich von Dresden; wahrscheinlicher ist letzteres.
560
Anhang
6.1 Session des Banketts beim Kaiserbesuch inin Dresden am 12. 6.1 Session des Banketts beim Kaiserbesuch Dresden amApril 12. 1575 April 157546 1
Kaiser
Kaiserin
Fürschneider
Anna v. Sachsen
Graf Monteagudo (span. Legat)
König Rudolf v. Ungarn
Fürschneider Sabina v. Brandenburg
Administrator von Magdeburg*
Johann Georg v. Brandenburg
August v. Sachsen
Erzherzog Ernst Fürschneider Joachim Ernst v. Anhalt
Erzherzog Matthias
Joachim Friedrich v. Liegnitz
Erzherzog Maximilian
Anna Maria v. Anhalt**
Emilie v. Württemberg
Eleonore v. Anhalt***
* Joachim vonFriedrich Brandenburg, derBrandenburg, spätere Kurfürst der spätere Kurfürst * Friedrich Joachim von ** Tochter Ernsts von Anhalt, heiratete den hier neben ihr1577 sitzenden Friedrich vonsitzenden Liegnitz. ** Joachim Tochter Joachim Ernsts von1577 Anhalt, heiratete denJoachim hier neben ihr *** SchwesterJoachim von EmilieFriedrich von Württemberg von Liegnitz.
*** Schwester von Emilie von Württemberg
S. 570 46 Nach HStA München, KÄA 4404, fol 221; vgl. ebd. 218 sowie KÄA 4329, fol 267 u. [Bitte auch ersetzen mit neuer Version wie folgt]
278’. Als Fürschneider agierten drei sächsische Adlige (Graf Wilhelm von Schwarzburg, Heinrich von Miltitz und Rudolf (?) von Bünau). Der bayrische Agent Haberstock vermerkt kritisch, dass der spanische Gesandte hier die (privilegierte) Sitzposition des Königs von Spanien einnahm, obwohl er eigentlich „propris et privato nomine“ in Dresden erschienen sei. Außerdem habe er angeblich das Missfallen der anwesenden Fürsten erregt, wobei der Autor es für möglich hält, dass diese Behauptung nur den allgemein negativen Gefühlen gegenüber dem Spanier zuzuschreiben ist.
1 Nach HStA München, KÄA 4404, fol 221; vgl. ebd. 218 sowie KÄA 4329, fol 267 u. 278’. Als Fürschneider agierten drei sächsische Adlige (Graf Wilhelm von Schwarzburg, Heinrich von Miltitz und Rudolf (?) von Bünau). Der bayrische Agent Haberstock vermerkt kritisch, dass der spanische Gesandte hier die (privilegierte) Sitzposition des Königs von Spanien einnahm, obwohl er eigentlich „propris et privato nomine“ in Dresden erschienen sei. Außerdem habe er angeblich das Missfallen der anwesenden Fürsten erregt, wobei der Autor es für möglich hält, dass diese Behauptung nur den allgemein negativen Gefühlen gegenüber dem Spanier zuzuschreiben ist.
2
561
Anhang
6.2 Session des Krönungsbankettes für Anna von Tirol in Frankfurt am Main am 26. Juni 161247
Tafelsilber und Kleinodien
Kaiser und Kaiserin unter dem Baldachin
Tafelsilber und Kleinodien
Kurfürsten T
S
Fürsten, Grafen und Herren
K
P
Fürstinnen und Hofdamen der Kaiserin
B
Grafen und Herren (?)
weitere weibliche Teilnehmer
47 Vgl. dazu Zimmermann, Abriß und Fürbildung, Tafel 12, wo allerdings fälschlich anstelle des Kurfürsten von Trier jener von Mainz an der Tafel verzeichnet wird, der krankheitshalber fehlte. Der abwesende Kurfürst von Brandenburg wurde an der Tafel anders als beim Krönungsbankett des Kaisers zwei Tage zuvor durch seinen Gesandten vertreten. Bei Zimmermann scheinen an der untersten Tafel in der Mitte auch Frauen zu sitzen, tatsächlich ist die Sessionsordnung hier unklar.
562
Anhang
6.3 Session beim Hochzeitsbankett auf dem Speyrer Reichstag am 22. Oktober 157048
6.3 Session beim Hochzeitsbankett auf dem Speyrer Reichstag am 22. Oktober 1570 2 Kaiser
Kaiserin
Kurmainz
Erzherzog Ferdinand
Kurköln
Elisabeth von Österreich
französischer Gesandter
Friedrich III. von der Pfalz
Johann Wilhelm von Sachsen
Kurfürstin von der Pfalz
Bischof von Speyer
Georg J. von Pfalz-Veldenz
Bischof von Straßburg
Frau Pfalzgraf Johann Casimir
Pfalzgraf Johann Casimir
Johann Alb. von Mecklenburg
Georg von Hessen-Darmst.
Frau Georg J. Pfalz-Veldenz Karl von BadenDurlach Kunigunde von der Pfalz Herzog von Aarschot
Christoph v. der Pfalz
48 Vgl. dazu Häberlin, Reichs-Geschichte, Bd. 8, S. 438.
2
Vgl. dazu Häberlin, Reichs-Geschichte, Bd. 8, S. 438.
4
Anhang
563
6.4 Session bei einem Bankett während des Reichstags in Augsburg 158249 6.4 Session bei einem Bankett während des Reichstags in Augsburg 1582 3
49 Fleischmann, Description, S. 11. Ungarischer Kanzler war 1582 Georg Draskowitz, Bischof von Raab, mit „Johannser Maister“ ist der Großprior des Johanniterordens, Philipp Flach von Schwarzenberg, gemeint, salzburgischer Gesandter war Bischof Georg IV. (Agricola) von Seckau; außerdem nahmen Mitglieder der päpstlichen Legation teil, so Ludovico Madruzzo selbst sowie der spätere Kardinal Scipione Gonzaga, Franziscus Sparenus, Bischof von Samaria und Propst des Klosters Hugshofen, außerdem Giovanni Francesco Bonomi als Nuntius am Kaiserhof, der Domprobst zu Trier, Arnold II. Graf von Manderscheid-Blankenhein, der kurkölnische Gesandte Eberhard Graf zu Solms, Philipp Christoph Graf von Soetern als Gesandter der Bischöfe von Speyer und Worms und Abt Matthäus von Salmannsweiler. Zum keineswegs ungetrübten Verhältnis unter den Teilnehmern dieser Tafelrunde vgl. Leeb, Reichstag zu Augsburg 1582, Bd. 1, S. 130.
3
Fleischmann, Description, S. 11.
5
564
Anhang
7.1 Handlungssequenzen der Königswahl im Heiligen Römischen Reich50 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.
Zug der Kurfürsten im Kurhabit zur Wahlkirche St. Bartholomäus Heilig-Geist-Messe im Hochchor Wahleid der Kurfürsten im Hochchor Handgelübde zur Mehrheitsentscheidung im Wahlkonklave Stimmabgabe im Wahlkonklave Verkündung, Bezeugung und Fixierung des Wahlergebnisses im Konklave (kaiserliche Approbation im Wahlkonklave)51 Annahme der Wahl durch den Gewählten Eid des Gewählten auf die Wahlkapitulation Altarsetzung (exaltatio) im Hochchor Publikation der Königswahl (proclamatio) vom Lettner im Hauptschiff Te deum und weitere geistliche Gesänge Geleit des Gewählten in seine Herberge durch die Kurfürsten
7.2 Handlungssequenzen der Königskrönung im Heiligen Römischen Reich52 1. Geleit des Gewählten zur Krönungskirche St. Bartholomäus durch die weltlichen Kurfürsten 2. Gebet und Segnung durch den Konsekrator am Kircheneingang 3. Prozession aller Hauptbeteiligten zum Hochaltar (introitus) 4. Schuldbekenntnis („confiteor“) 5. Allerheiligenlitanei ohne Niederwerfung (prostratio) 6. Befragung durch den Konsekrator (scrutinium) 7. Bestätigung durch das „Volk“ (acclamatio) 8. Salbung (unctio) 9. Danksagung (praefatio) 10. Übergabe der Reichsinsignien (coronatio) 11. Krönungseid 12. Thronsetzung mit Verweis auf die Wahlverfassung des Reiches 13. Beglückwünschung durch die Kur- und Reichsfürsten 14. Ritterschlag 50 Auf der Grundlage der Wahlprotokolle im HHStA Wien (1562–1612). 51 Nur bei Wahlen vivente imperatore. 52 Auf der Grundlage der Krönungsakten (Protokolle, Ordines, Gutachten, etc.) im HHStA Wien (1562–1612). Zu den Änderungen bei einzelnen Krönungsakten, z.B. bei Nr. 5 und 16, vgl. Kap. IV.a und c.
565
Anhang
15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22.
Glaubensbekenntnis („credo“) Kommunion Opfer Aufnahme in das Aachener Domkanonikat Te deum laudamus Krönungszug zum Römer mit Münzwurf Krönungsbankett mit Erzamtsausübung und Preisgabe Heimgeleit des Königs / Kaisers durch Kurfürsten und Fürsten
8 Willkomm der Reichsstadt Nürnberg für Könige und Kaiser 1444–161253 Person
Jahr
Amt
Geschenkart
Wert in Gulden
Friedrich III.
1444
König
Doppelpokal
1.000 + 155
Friedrich III.
1471
Kaiser
Doppelpokal
1.000 + 131
Maximilian I.
1489
König
Doppelpokal
1.000 + 80
Maximilian I.
1500
König
Doppelpokal
1.000 + 170
Maximilian I.
1512
Kaiser
Doppelpokal
1.000 + 132
Ferdinand I.
1540
König
Doppelpokal
1.000 + 468
Ferdinand I.
1542
König
Doppelpokal
1.000 + 192
Karl V.
1541
Kaiser
Doppelpokal
2.000 + 493
Maximilian II.
1570
Kaiser
Schreibzeug
1.000 + 2.002
Matthias
1612
Kaiser
Doppelpokal
1.000 + 718
53 StA Nürnberg, Rst. N., A.St.B. 316, fol. 3–9; A.St.B. 318, fol. 26’. Beim Wert wird unterschieden nach dem Wert des inliegenden Geldes und dem Wert des Gefäßes. Bei den inliegenden Gulden handelte es sich ab 1570 um Goldgulden. 1.000 Goldgulden entsprachen 1570 rund 1.250 Stadtgulden, 1612 aber schon rund 1.750 Stadtgulden. StA Nürnberg, SIL 134.26, unfol., 135.3, unfol. Maximilian I. wurde bei seinen Herrschereinzügen in Nürnberg sogar dreimal mit Gaben bedacht, weil es hier zu drei Vorgängen der Statusveränderung kam: aufgrund seiner Herrschererhebung zum Römischen König (1486), aufgrund seines Herrschaftsantrittes im Reich (1493) und aufgrund der Annahme der Kaiserwürde (1508).
566
Anhang
9.1 Publikationsformen der Wahl- und Krönungspublizistik, 1562–161354 Publikationsformen
1562
1575
1612
Hofstaatsverzeichnisse
4
–
30
Neue Zeitungen
13
(1)
22
Wahl- und Krönungsbeschreibungen
4
–
7
Illustrierte Einblattdrucke
3
–
9
Graphische Folgen
–
(1)
4
Casualcarmina
15+2
1+0
14+1
Huldigungspredigten
–
–
9
Wahltagsordnungen
–
1
1
Wahlkapitulationen
–
–
1
1
2
6
–
–
7
–
–
9
Goldene Bulle55 Neuauflagen älterer Krönungsbeschreibungen Politische Streitschriften
56
5556
54 Bei den Hofstaatsverzeichnissen sind auch einzelne Furierzettel gezählt. Für die Unterscheidung zwischen „Neuen Zeitungen“ und „Wahl- und Krönungsbeschreibungen“ wurde die Grenze bei 10 Blatt gesetzt. In Klammern sind nicht erhaltene, aber in den Quellen erwähnte Drucke angeben. Bei Casualcarmina sind Einzelwerke und Sammelbände getrennt angegeben. Besonders aufwendige Druckwerke erschienen auch 1612 erst im Folgejahr, obwohl das Ereignis hier bereits in der ersten Jahreshälfte stattgefunden hatte. 55 Die Goldene Bulle von 1562 ist enthalten in einem zur Herrschererhebung erschienenen Sammelwerk von Reichsgesetzen. Der Erst Theyl. ALler des Heyligen Römischen Reichs Ordnungen. Dies gilt auch für einen Druck der Goldenen Bulle von 1612. Ein weiterer erschien in Panvinio, De comitiis imperatoriis liber. 56 Allerdings waren im Vorfeld der Wahl von 1562 zwei Drucke erschienen: Opvs elegantissimvm (1560); Sabinus, Schöne vnd lustige beschreybung (1561). 1612 sind in andere Werke integrierte Neuauflagen mitgezählt, so Andlo, De Imperio Romano.
567
Anhang
9.2 Druckorte der ereignisspezifischen Publizistik (1558–1618)57 Druckort
Anzahl
Prozent
ohne Ort und Verlag
49
17,4 %
Frankfurt am Main
48
17,1 %
Augsburg
32
11,7 %
Nürnberg
26
8,2 %
Prag
18
6,4 %
Wien
16
5,7 %
Regensburg
15
5,3 %
Leipzig
14
5,0 %
Köln
10
3,5 %
Straßburg
8
2,8 %
Dresden
5
1,8 %
Erfurt
4
1,4 %
Breslau
4
1,4 %
Tübingen
3
1,1 %
Dillingen
3
1,1 %
57 Grundlage der Auswertung sind 280 Drucke, wobei jene, die an unterschiedlichen Orten erschienen, mehrfach gezählt wurden, weil es an dieser Stelle um die regionale Verteilung geht. Verzeichnet sind nur Druckorte, die mindestens dreimal auftauchen. Drucke ohne Ort, aber mit Verlag wurden dessen Heimatort zugerechnet. Fünf Drucke ohne Provenienzangabe konnten aufgrund ihres formalen Erscheinungsbildes einem Verlag und damit Ort zugeordnet werden.
568
Anhang
9.3 Druckerverleger der ereignisspezifischen Publizistik (1558–1618)58 Drucke pro Offizin
Offizin, Ort (Druckanzahl)
3–5
Ruprecht Höller, Innsbruck (3) Gimel Bergen d.J., Dresden (3) Lorenz Kober, Leipzig (3) Sebald Mayer, Dillingen (3) Caspar Stainhofer, Wien (3) Georg Melantrichus ab Aventino, Prag (3) Christian Müller, Straßburg (3) Georg Nigrinus, Prag (3) Hans Schultes d.Ä., Augsburg (3) Hans Zimmermann, Augsburg (3) Ludwig Lucius, Frankfurt am Main (4) Matthäus Franck, Augsburg (4) Raphael Hoffhalter, Wien (4) Abraham Lamberg, Leipzig (4) Michael Peterle, Prag (4) Heinrich Kröner, Frankfurt am Main (4) Weygand Han (Erben), Frankfurt am Main (5)
6–10
Abraham Wagenmann, Nürnberg (6) Georg Rab, Frankfurt am Main (7) Sigismund Feyerabend, Frankfurt am Main (7) Johann Bringer, Frankfurt am Main (8) Johann und Andreas Burger, Regensburg (8) Philipp Ulhart d.Ä./d.J., Augsburg (9) Michael Zimmermann, Wien (9) Sigismund Latomus, Frankfurt am Main (10)
58 Verzeichnet sind nur die Drucker und/oder Verleger, die mehr als zweimal auftauchen. Offizinen, die nacheinander von Verwandten betrieben wurden, sind zusammengefasst. 66 Drucke weisen keine Angabe eines Druckers oder Verlegers auf, davon geben 20 Drucke einen Druckort an, 46 keinerlei Provenienz. Für 19 Offizinen konnten jeweils zwei Drucke nachgewiesen werden.
569
Anhang
9.4 Verfasser der Casualcarmina in der „Corona imperialis“ (1613)59 Name
Lebensdaten
Informationen zur Person
Aberman, Heinrich
1583–1621
Philologe und Historiker aus Tuttlingen, 1610 Professor für Griechisch, 1614 Rektor der Universität Wien, 1620 nobilitiert, prot. → kath.
1
Abt, Wolfgang Erhard
k.A.–1657
Chronist aus Coburg in Franken, prot.
1
Agricola, Melchior
1581–1622
Dichter aus Schlesien, Lehrer am Gymnasium in Schweidnitz, 1611 entlassen, 1613 am Gymnasium in Rosenberg (Böhmen), P.L., prot.
31
Aldringen, Johannes Markus
1592–1664
Theologe, aus Luxemburg, ab 1615 Professor der freien Künste in Köln, 1633 Fürstbischof von Seckau, kath.
13
Campanus, M. Iohannes
1572–1622
Komponist und Dichter aus Vodnany in Böhmen, Professor und Rektor der Universität Prag, kath.
1
Jesuitenkolleg in Prag als Institution (kein Verfasser aufgeführt), kath.
1
Collegium apud S. Clementem
Zahl
Culig, Christoph
k.A.
Arzt und Dichter in Bautzen, prot.
1
Cunradi, Caspar
1571–1633
Dichter, Historiker und Stadtarzt in Breslau, Autor der „Prosopographia melica“, P.L., prot.
1
Ehinger, Elias
1573–1653
Theologe aus Augsburg, Rektor am Gymnasium in Rothenburg o.d.T., 1617 Stadtbibliothekar in Augsburg, prot.
1
Fradelius, Petrus
1580–1621
aus Schemnitz in Mähren, 1610 Professor der Logik an der Universität Prag, 1611–12 in Altdorf, danach wieder in Prag, prot.
7
Gaukema, Gauco
1568–1630 (mind.)
aus Friesland, Kanoniker in Aachen, ab 1625 in päpstlichen Diensten, kath.
2
59 Praetorius, Corona imperialis. Die an dieser Stelle notwendigerweise selektiven Angaben zu Herkunft, Tätigkeiten und Wirkungsorten der einzelnen Autoren sind in der Regel biographischen und anderen Nachschlagewerken entnommen, gelegentlich auch den Selbstbeschreibungen der Autoren in diesem Werk. Sie sollen primär die regionale, soziale und konfessionelle Bandbreite der Autoren illustrieren. Personen, zu denen sich keine Angaben finden ließen, wurden nicht aufgenommen. Gezählt wurden in der Regel nur römisch bezifferte Werke, nicht jedes einzelne Epigramm.
570
Anhang
Name
Lebensdaten
Informationen zur Person
Zahl
Gifthail, Johann
k.A.
aus Württemberg, 1613 im Dienst der Freiherren zu Burgmilchlingen in Wilhermsdorf, prot.
1
Goclenius, Rudolf (d.Ä.)
1547–1628
aus Korbach (Waldeck), ab 1581 Professor in Marburg, ab 1603 für Logik und Ethik, prot.
1
Grelle, Jacobus a
k.A.
aus Görna in Kursachsen, prot.
1
Gryphiander, Johann
1580?–1652
Professor für Geschichte und Poesie in Jena, Jurist, später Rat und Richter in Oldenburg, prot.
2
Haller, Daniel
k.A.
Professor der Poesie am Archigymnasium Wien, kath.
4
Hönnigk, Johannes
k.A.
Professor am Archigymnasium Wien, kath.
1
Hornmold, Sebastian, d.J.
1562–1635/7 Jurist und Dichter aus Tübingen, württemb. Rat, ansässig in Heilbronn, P.L., prot.
1
Kepler, Johannes
1571–1630
Mathematiker, Astronom und Optiker aus Weil der Stadt, ab 1601 kais. Hofmathematiker in Prag, ab 1612 Landesmathematiker in Linz, prot.
1
Knosp , Andreas
k.A.
aus Amberg in der Oberpfalz, als exul christi in Nürnberg ansässig, prot.
1
Majus, Nicolaus
1551/1559– Jurist, Rat am Oberappellationsgericht zu k.A. Prag, 1603 nobilitiert, ab 1606 kais. Rat
2
Meisner, Daniel
1585–1625
Dichter aus Komotau in Böhmen, Verfasser des „Politischen Schatzkästleins“, P.L., prot.
1
Melander, Otto
1571–1640
Jurist aus Hohne (Hessen), Professor in Herborn, Oberappellationsrat in Prag, kais. Rat, nobilitiert, prot. → kath.
8
Metzradt auf Doberschütz, Caspar von
1555–1618
aus Kleinbautzen (Oberlausitz), Oberamtsverwalter, Landeshauptmann der Oberlausitz, kais. Rat, prot.
3
Nützel von Sündersbühl, Karl
1558–1614
Patrizier und Ratsmitglied in Nürnberg, kais. Rat, später Reichshofrat, prot.
1
Palthenius, Zacharias
1570–1615
Jurist aus Friedberg, Buchdrucker in Frankfurt a.M. (Nachfolger von Johann Wechel), 1612 Notar der Aufständischen, prot.
3
571
Anhang Name
Lebensdaten
Informationen zur Person
Zahl
Percalius, Iacobus
k.A.
Professor am Archigymnasium Wien, kath.
1
Piccart, Michael
1574–1620
aus Nürnberg, Professor für Logik, Metaphysik und Poesie an der Akademie Altdorf, prot.
2
Praetorius, Bernhard
1567–1616
Jurist aus Nürnberg, 1612 Stadtsyndikus, später Stadtbibliothekar in Nürnberg, prot.
12
Prenner, Sebastian
k.A.
Jurist aus Deggendorf in Bayern, Notar und Publizist in Frankfurt am Main, Hg. des „Planetenbuches“, kath. → prot (?)
1
Rechberger, Wilhelm
k.A.
Arzt, Mathematiker, Rektor am Archigymnasium Wien, später kais. Rat, Leibarzt und Hofbibliothekar, kath.
1
Remus, Georg
1561/2–1625 Jurist, Historiker, Ratskonsulent in Nürnberg, ab 1624 Prokanzler der Universität Altdorf, prot.
1
Rhode, Theodor
1570?–1626
Theologe und Dichter aus Lupfen in Schwaben, 1612 Pfarrer in Asselheim (Grafschaft Leiningen), P.L., prot.
4
Rhumel, Johann Conrad
1574–1630
Arzt und Dichter aus Neumark in der Oberpfalz, als Glaubensflüchtling in Nürnberg, prot.
2
Schwartz, Paul
k.A.
aus Nürnberg, dort Kanzlist und später Ratsschreiber, prot.
1
Seusse, Johannes
1566–1631
Dichter und Mäzen, kursächs. Rat, Konsistorialrat in Dresden, prot.
1 16
Steinmetz, Johann (II.) k.A.
Leibarzt Heinrich Julius’ von BraunschweigLüneburg († 1613), danach in Leitmeritz, P.L., prot.
Stredele, Johann Georg k.A.
Professor der Physik am Archigymnasium Wien, kath.
1
Vannini, Guido
1571–1654
Jurist aus Lucca, später im Dienst Papst Urbans VIII., nobilitiert, kath.
1
Vitoria, Antonio
k.A.
Spanier, kaiserlicher Hofmusiker, kath.
2
Westendorp, Heinrich
1591–1608 (mind.)
Jurist aus Ossenberg (Westfalen), 1613 Advokat in Regensburg, Lehrer, später in Ostfriesland, prot.
2
572
Anhang
Name
Lebensdaten
Informationen zur Person
Zahl
Westhov, Willich
1577–1643
Dichter aus Bosow (Lübeck), 1613 in Regensburg, nobilitiert, später Hofmeister am dän. Königshof, 1619 Kanoniker in Lunden, P.L., prot.
1
Weston, Elizabeth Jane 1582–1612
englische Dichterin, Stieftochter des Alchemisten Edward Kelley, Frau des Juristen Johann Löwe (Agent Christians I. von Anhalt), prot.
1
Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Ungedruckte Quellen Augsburg, Stadtarchiv (StadtA) – Augsburg und Kaiser 10, 12, 13 – Chroniken 15/II, 20, 23 – GR: Ceremonialia 2, 21 – Schätze 13a, 26/IX-X, 63, 99 – Literalien 1558–1559, 1566–1568, 1580–1584 – Ratsbücher (RB) 34, 35, 42 – Reichstagsakten (RTA) 21, 47, 50 Augsburg, Stadt- und Staatsbibliothek (SSB) – Hss. 2 Cod. Aug. 30, Aug. 32, Aug. 266, H. 14, S. 39–44, S. 141, S. 228 Darmstadt, Universitäts- und Landesbibliothek (ULB) – Hss. 1971 Dresden, Sächsisches Hauptstaatsarchiv (HStA) – Kopiale (Cop.) 518 – Handschreiben III.51a – Locat (Loc.) 1891, 8488/8, 8500, 8501, 8687, 9607, 9936/42, 9936/43, 10193, 10194, 10195/2, 10212/5, 10289/28, 10289/29, 10526/4, 10671/2, 10671/4, 10675/2, 10675/7, 10675/8, 10676/2, 10735/1, 10735/4, 10735/5, 10735/26 – Obersthofmarschallamt (OMaA) F. 1, I. 4, O. IV Dresden, Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek (SLUB) – Hss. J 17, K 346, R 7b Florenz, Archivio di stato (AdS) – Mediceo del Principato 4328, 4330, 4333, 4334 Frankfurt am Main, Stadtarchiv (ISG) – Chroniken 43, S 5/3, S 5/12, SA 230 – Bürgermeisterbücher (BMB) 1562, 1571, 1557, 1611/2, 1612 – Ratsprotokolle (RP) 1557, 1558, 1562, 1611, 1611/2, 1612
574
Quellen- und Literaturverzeichnis
– Ratschlagbücher 1551–1568 – Reichssachen II 1141, 1173 Frankfurt am Main, Historisches Museum (HM) – Graphische Sammlung (GS) C 604, C 1035, C 1039f., C 1053, C 1065, C 1209, C 2905, C 2907, C 3950-54, C 19736, C 19810, N 24089-93, N 33215, N 33239-47, N 42770, N 42758, N 42769f., N 42774f., N 42779 Karlsruhe, Badisches Generallandesarchiv (GLA) – 50 (Reichssachen): 121, 156, 302 Koblenz, Landeshauptarchiv (LHA) – 1C: 16330 Marburg, Staatsarchiv (StA) – 3: 1266, 1351 – 4a: 39 – 4e: 2, 3, 566, 590, 913, 1390, 1393, 3602 – 4f: 3 – 4g: 51 Meiningen, Staatsarchiv (StA) – Geheimes Hausarchiv (GHA) II. 53, 84 München, Bayrisches Hauptstaatsarchiv (HStA) – Fürstensachen (FS) 119e, 125, 548, 772h, 1063 – Geheimes Hausarchiv (GHA) II. 53, 84 – K. blau 97/3, 272/1, 337/20 – K. schwarz 3727, 3731, 4347, 11825 – Kurbayern Äußeres Archiv (KÄA): 3089, 3258, 4310, 4315, 4329, 4349, 4404, 4437, 4459 München, Bayrische Staatsbibliothek (BSB) – Handschriften: cgm 2891 München, Geheimes Hausarchiv der Wittelsbacher (GHA) – Pfalz-Neuburger Akten (PNA) 2592 – Hofhaushaltsakten (HHA) 230, 235 Nürnberg, Staatsarchiv (StA), Reichsstadt Nürnberg (Rst. N.) – Amts- und Standbücher (A.St.B.) 312, 314, 316, 318, 321
Quellen- und Literaturverzeichnis
575
– – – – – – –
Hss. 32, 149, 150, 169, 170, 182, 344 Herrschaft Pappenheim: Reichserbmarschallamt (REMA) 92, 102, 108, 1341 Krönungsakten (KrA) 5, 8, 16 Briefbücher (BB) Nr. 230a Ratsbücher (RB) Nr. 34 Ratsverlässe (RV) 1313, 1317, 1869, 1871 Losungamt: Akten (SIL) 134.17-19, 23, 22-26, 28-30; 135.1,3, 5, 6, 18; 139.13; 150.1, 3 – Verlässe der Herren Älteren (VHÄ) 26 – Bildsammlung 35.1-3, 6f., 8/1, 9, 12/1, 14/1, 20-41, 38, 39, 64 Reichstagsmuseum Regensburg – KN 2000/89 Rothenburg ob der Tauber, Stadtarchiv (StadtA) – B 541 – Chroniken B 25a, B 29 – Stadtrechnungen 527 – Korrespondenzen A. I 17/1, 18/2 Schwerin, Mecklenburgisches Staatsarchiv (StA) – Altes Archiv Internum 1/7: 46, 57 Stuttgart, Württembergisches Hauptstaatsarchiv (HStA) – A 21/592, 82/52, 262/55 Wien, Haus-, Hof- und Staatsarchiv (HHStA) – Mainzer Erzkanzlerarchiv (MEA), Reichstagsakten (RTA) 56, 90, 107; Wahlund Krönungsakten (WaKr) 3, 5–7, 9–11 – Reichskanzlei (RK), RTA 43, 46, 62, 86; WaKr 3–7 – Oberhofmeisteramt (OMeA), SR Kart. 74, 181, 182–184 – Obersthofmarschallamt (OmaA), Kart. 1 – Türkische Urkunden, Reg. 385 – Staatenabteilungen, Türkei I, Kart. 16 Wien, Finanz- und Hofkammerarchiv (HKA) – Hofzahlamtsbücher (HZB) 1558, 1564, 1566, 1570, 1575–76, 1612–14, 1617 – Hss. 189 – Instruktionen 163 – Reichsakten 160a, 198
576
Quellen- und Literaturverzeichnis
Wien, Allgemeines Verwaltungsarchiv (AVA) – Hofkanzlei Kart. 12 – Familienarchiv Harrach, Kart. 595, 795, 796, 797, Hs. 418 Wien, Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB) – Handschriftensammlung, Cod. 7284, 7995, 8358, 14458, Suppl. 2083 Wien, Graphische Sammlung Albertina (Albertina) – Cimelienkasten, Fach I, Nr. 14 Würzburg, Staatsarchiv (StA) – Reichssachen Miszell 614 – Würzburger Reichstagsakten (WRTA) 48 – Archivreste WÜ A’bgAR 345/8 – Mainzer Regierungsarchiv (MRA) L 59, L 60
2. Gedruckte Quellen a) Graphische Folgen und Großdrucke (nach Erscheinungsdatum) Einzug Kaiser Karls. V. auf den Reichstag in Augsburg 1530, o.O.: o. Hg. [1530]. 10 Holzschnitte von Jörg Breu d. Ä., Maße der Einzelblätter: 21,0/31,0 x 37,8/40,9 cm, Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum, GS, Inv.-Nr. 5350 a–k, Bildinhalte: a) Trompeter und Armbrustschützen b) Hauptmann und Armbrustschützen c) zwei Gruppen von Lanzenreitern d) zehn ungarische Lanzenreiter e) Hofmarschall von Rois und Page auf dem Schlachtroß des Kaisers f ) Pagen mit den kaiserlichen Leibpferden g) Reichserbmarschall von Pappenheim und Reichsherold h) vier Fürsten (darunter Georg von Sachsen und Philipp von Hessen) i) Karl V., Ferdinand I., Pfalzgraf Friedrich, Kardinal Campeggio k) neun Ritter und Herren Ankummen vnd Einreyten Kaiserlicher Maiestat/ vnsers aller gnedigsten herrn/ zu München/ vnd irer Kais. Maiest. daselbst erzeigter Triumph vnd herrligkeiten/ mit raisings vnd fuß volcks kriegsordnung vnd vbung/auch geschütz vn[d] fewrwerck/vnd andere kürtzweyle/ gar eygentlich auff gegenwertigen zetel verzeichnet vnd auffgedruckt, [Nürnberg: Meldemann, Niklas 1530]. Riesenholzschnitt von drei Blöcken von Hans Sebald Beham, 35,6 x 133,7 cm, Herzog Anton Ulrich Museum Braunschweig, GS.
Quellen- und Literaturverzeichnis
577
Römischer Kaiserlich Maiestat Caroli des Fürsten belehnung uber das Haus Osterreich, Augsburg: Steiner, Heinrich (Drucker) / Tirol, Hans (Verleger) [1536], Riesenholzschnitt von 23 Druckstöcken von Jörg Breu d.Ä., handkoloriert, GNM Nürnberg, HB 7379/1455. Gründliche und khürtze beschreibung des Alten unnd jungen Zugs [Wien: o. Hg. 1566]. 7 Holzschnitte, Zeichnung von Donat Hübschmann, Formschnitt von L.K. (signiert bei einem Blatt), BSB Rar. 250 (handkoloriert), SLUB Dresden, Hist.urb. Germ. 245.f (unkoloriert), Bildinhalte: 1. Habsburg gewidmeter Triumphbogen (28,7 x 19,3 cm) 2. dem Königreich Böhmen gewidmeter Triumphbogen (28,5 x 19,1 cm) 3. dem Reich gewidmeter Triumphbogen (35,6 x 20,5 cm) 4. Stephansdom mit Adlerkonstruktion (58,2 x 39,9 cm) 5. Weinbrunnen am Lugeck (zwei Fassungen) (28,6 x 14,3 cm) 6. Turnier auf dem Schlossplatz in Wien (41,2 x 30,3 cm) 7. Ankunft auf der Donau (60,0 x 58,0 cm) Triumph vnd aigentliche Conterfactur, wie vnd welcher gestalt, auch in was Ordenung vnd vnderschiedlicher sonderlicher manier der Allerdurchlauchtigste, Großmechtigste, vnd vnüberwindlichste ... Herr Herr Maximilianus der Ander ... mit sampt derselben geliebtisten Söhnen vnd Brüdern, auch der weltlichen Chur vnd Fürsten des heiligen Römischen Reichs auff den Reichstagen vnd andern Fürstlichen versamlungen geritten ist, Prag: Peterle, Michael [1573]. 22 handkolorierte Holzschnitte von Johann Melchior Bocksberger d.J., Albertina, Wien, Cimelienkasten, Fach I, Nr. 14, Bildinhalte laut Beschriftung: 1: Einspenniger und Braunschweiger 2: Edle Knaben oder Spiesjungen 3: Ungerische Hoffleut/ Herren und Ritterstandes 4: Fürsten, Grafen, Herren auch Ritter/ so dem Römischen Kayser zu Hoff reiten 5: Herzog Christoff zu Wirttemberg 6: Wilhelmus Landgraff zu Hessen 7: Philippus Herzog in Pommern 8: Johan Albrecht Herzog zu Mechelburg 9: Wilhelmus Herzog zu Kleve 10: Julius Herzog zu Braunschweig und Lüneburg 11: Georg Friedrich Marggraff zu Brandenburg 12: Herzog Johan Wilhelm zu Sachsen 13: Albertus Pfalzgraff bey Rein/Herzog in Ober und Nieder Bayern 14: Johann Georg Marg[graff von Brandenburg] (beschnitten) 15: Friedericus Pfalzgraff bey Rein/ des heiligen Römischen Reichs (unleserlich) 16: Augustus von Sachsen
578 17: 18: 19: 20: 21: 22:
Quellen- und Literaturverzeichnis
Kaiser Rudolphus König in Hungern/ auch Ernestus Erzherzog zu Österreich Matthias und Maximilian die zwey Mittleren Erzherzoge zu Österreich Albertus auch Wenzeslaus die beide jüngsten Erzherzoge zu Österreich Beyde Erzherzoge zu Österreich/ Ferdinandus und Carolus Reiter und Fußvolk (nicht beschriftet)
Avgvstalis pompa sive introitus gloriosis imp. ac domini dn. Rvdolphi II. &c ad comitia s. ro. Imperii ratisbonae habita ad diem XVI. m. maij, Anno Do MDVIC, [Augsburg: Zimmermann, Wilhelm Peter] 1594, Radierung aus 4 Blättern zusammengesetzt, 26,5 x 127 cm, Bildinhalte: 1. Weichbild der Reichsstadt Regensburg, 2.–4. Zugfolge beim Kaisereinzug Wahl und Crönungs Handlung (1610). 9 in den Text integrierte kleinformatige Kupferstiche, 3 eingeklebte großformatige Kupferstiche, SLUB Dresden, Hist. Germ. B.151 (3), Bildinhalte: 1. böhmische Krönung: thronender Kaiser und Kurfürsten 2. böhmische Krönung: Königskrönung, Inthronisierung 3. böhmische Krönung: Königinnenkrönung, Inthronisierung 4. Römische Krönung: Zug der Kurfürsten zur Wahl 5. Römische Krönung: Krönungszug unter dem Baldachin 6. Römische Krönung: Ochsenbraten und Weinausschank (Übergröße) 7. Römische Krönung: Feuerwerk (Übergröße) 8. Römische Krönung: Ringelrennen 9. Römische Krönung: Türkeneinzug (Übergröße) 10. Römische Krönung: Audienz der türkischen Gesandtschaft beim Kaiser 11. ungarische Krönung: Einzug in die Stadt 12. ungarische Krönung: Krönungszug Electio et coronatio Sereniss. Potentiss. et Invictiss. Principis et. Dn. Dn. Matthiae I. Electi Rom. Imperat. Semper Augusti etc. Eiusq. Sereniss. Coniugis Annae Austriacae etc. tabulis Aeneis Adumbrata. Wahl undt Kroenung des durchleuchtigsten, großmechtigsten undt unuberwindlichsten Fursten und herren, hernn Matthiae I. erwehlten Römischen Kaysers etc. undt Ihrer Kay. May. Gemahlin etc. …, [Frankfurt am Main]: Bry, Johann Theodor de 1612, 13 Kupferstiche mit Titelblatt von Johann Theodor de Bry, Jakob de Zetter und Johann Gelle, je Blatt jeweils ein in die Kupferplatte gestochenes Tetrastichon von Gotthardt Arthus, alle Blätter ca. 28,5 x 20,5/22,5 cm, HAB Wolfenbüttel, 36.11.1 Geom. 2o, Bildinhalte: 1. Titelkupfer 2. Zug der Kurfürsten zur Wahl
Quellen- und Literaturverzeichnis
3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14:
579
Wahlklausur in der Kirche Ritt der Kurfürsten über den Römer nach der Wahl Zug von Kurfürsten und gewähltem König zur Krönung Salbung und Krönung des Königs in der Kirche Königinnenkrönung Krönungszug über den Römer zum Krönungsbankett mit Münzauswurf Verrichtung der Erzämter auf dem Römer Preisgabe auf dem Römer Krönungsbankett Ringelrennen auf dem Roßmarkt Fackeltanz im Römer Feuerwerk auf dem Main
Wahl- und Crönungshandlung, Das ist: Kurtze und warhafftige Beschreibung (1612), 10 Kupferstiche von Eberhard Kieser, ca. 25,5 x 17,5 cm, SLUB Dresden, Hist.Germ. C.75 (1), Bildinhalte: 1. Zug der Kurfürsten zur Wahlkirche (A) 2. Altarsetzung des neugewählten Herrschers und dessen Proklamation (B) 3. Krönung: Aufsetzen der Krone durch die geistlichen Kurfürsten (C) 4. Ritterschlag im Südquerhaus und Grundriss des Kirchenraumes (D) 5. Krönungszug zum Römer mit Erzämtern (E, F) 6. Krönungsbankett (G) 7. Krönung Annas von Tirol (H) 8. Ringelrennen (I) 9. Feuerwerk (K) 10. Fackeltanz (L) Zimmermann, Abriß unnd Fürbildung, 15 Radierungen von Wilhelm Peter Zimmermann, 12 ganzseitige, 3 mit Übergröße, SLUB Dresden, Hist.Germ. C.7, Bildinhalte: 1. Frankfurt am Main aus der Vogelschau (Übergröße) 2. Zug der Kurfürsten zur Wahl in St. Bartholomäus 3. Proklamation des gewählten Königs in der Wahlkirche 4. Heimgeleit des gewählten Königs durch die Kurfürsten nach der Wahl 5. Zug von weltlichen Kurfürsten und König zur Krönung 6. Krönung in der Bartholomäuskirche, Aufsetzen der Kaiserkrone 7. Ritterschlag 8. Zug zum Krönungsbankett über den Römer (Übergröße) 9. Erzämter mit Preisgabe von Wein, Hafer und Ochse 10. Krönungsbankett 11. Krönung Annas von Tirol
580 12. 13. 14. 15.
Quellen- und Literaturverzeichnis
Bankett im Anschluss an die Kaiserinnenkrönung Heimgeleit von Kaiser und Kaiserin durch die Kurfürsten (Übergröße) Ringelrennen Feuerwerk
Electio et coronatio Sereniss. Potentiss. et Invictiss. Principis et Dn. Dn. Ferdinandi II. I. Electi Rom. Imperat. Semper Augusti …, Frankfurt am Main: Kempfer, Erasmus; Bry, Johann Theodor de 1619, überarbeitete Version der gleichnamigen Folge von de Bry von 1612, 10 Kupferstiche mit Titelblatt (es fehlen Nr. 7, 12, 13), ca. 26 x 19 cm, HM Frankfurt am Main, GS, C 1057, C 1075, N 42756-58; C 19538f.
b) Illustrierte Einblattdrucke (nach Erscheinungsdatum) Das freuden ffeuer zu nurmberg, Typendruck, Holzschnitt von Erhard Schön, Nürnberg: Hamer, Steffan [1535], 34,5 x 24,0 cm, Stiftung Schloß Friedenstein Gotha, Kupferstichkabinett. Anzeygung des Freuden Feurs so auff den XVII. Tag des Hornungs zu Nurmberg geschehen im XXXXI., [Nürnberg: o.Hg. 1541], Typendruck, handkolorierter Holzschnitt, 28,5 x 28,1 cm (Blatt), GNM Nürnberg, HB 25858/1219a. Ehrenpforte in der Burgstraße in Nürnberg für den Einzug Kaiser Karls V. 1541, Frankfurt a. M.: Egenolff, Christian 1541, Typendruck, Radierung von Georg Pencz, 31,5 x 44 cm, StA Nürnberg, Bildsammlung, Nr. 35.64 (ohne Text). Descriptio Bovis qui Francoforti ad Menvm in Honorem Maximiliani Electi Regis Romani Pvblice Positvs est, [Frankfurt a.M.: o.Hg. 1562], Typendruck, schablonenkolorierter Holzschnitt, 12,7 x 24,2 cm (Platte), HAB Wolfenbüttel, 85.10 Quod. 2°, fol. 28. Verzeichniß und Beschreibung der gwaltigen Türckischen Botschafft, einrith zu Franckfurt am Main, [Frankfurt a.M.: Feyerabend, Sigismund 1562], Typendruck (Text nicht erhalten), Holzschnitt von Jost Amman, 67 x 49 cm (Blatt), HM Frankfurt am Main, GS, C 2905. Warhafftige Contrafactur deß Ochssen/ so auf Maximilians/ Röm. Kön. Mt. Crönung ... gebrahten worden, Frankfurt a.M.: [Lechler, Hans] 1563, Typendruck, Holzschnitt, 16,1 x 26,4 cm (Platte), GNM Nürnberg, HB 93/1255. Coronatio Maximiliani II. facta Posonii VIII. Septembri MDLXIII: Cum Loci Comitatusque Pictura, [Wien: Stainhofer, Caspar 1565] Typendruck mit Text von Johannes Sambucus, handkolorierter Holzschnitt von Hans Mayer, 63,5 x 39,5 cm (Platte), BSB München, Rar 250, fol. 19f. Die Belehnung Augusts von Sachsen am Reichstag 1566, Augsburg: Tirol, Hans [1566], Typendruck, Text von Johann von Francolin, teilkolorierter Holzschnitt
Quellen- und Literaturverzeichnis
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von Hans Tirol, 53,6 x 35,9 cm, Augsburg, Städtische Kunstsammlungen, Inv. Nr. G 14574. Die Belehnung Augusts von Sachsen am Reichstag 1566, Augsburg: o. Hg. [1566], Radierung, 34,8 x 28 cm, Salzburg, Stadtbibliothek, Nr. G 62. Eigentliche Contrafactur und abmahlung der zweier Schlösser wie die in erster new/ auff der Bastey/ ausserhalb der Vesten so zierlich aufferbaut/ gestanden/ von menigklich ehe sie verbrandt// sein gesehen worden ... , Nürnberg: Weigel, Hans d.Ä. [1570], Typendruck, kolorierter Holzschnitt, 28,1 x 35,7 cm, GNM Nürnberg, HB 13836/1219a. Eigentliche und ware Abconterfactur der zweyer Schlösser und anderm Fewerwerck/ So zu Nürmberg auff der Vesten geworffen und verbrent sint worden/ zu Ehren/ dem ... Kaiser Maximiliano dem anderen diß Namens/ Geschehen im 1570. den 8. Juni, Nürnberg: o. Hg. 1570, Typendruck, handkolorierte Radierung von Jost Amman, 22,8 x 34,2 cm (Platte), StA Nürnberg, Bildsammlung Nr. 35.15. Eigentliche vn[d] gründtliche verzeichnus/ oder Contrafactur der Ehrenporten/ Wie dieselbig mit jhrem Maßwerck vnnd Seulen/auff Corinthische art/dem Großmechtigsten Kayser Maximilian dem andern/seiner kayserlichen Maiest. ankunfft vnd einreitten zu Nürmberg / am 7. Junij/desß 1570. Jars beschehen ..., Nürnberg: Lochner, Joachim [1570], Typendruck, handkolorierter Kupferstich von Jost Amman, 39,6 x 54,4 cm (Blatt), StA Nürnberg, Bildsammlung 35.13. Audientz Des aller Großmechtigsten/ Durchleuchtigsten/ Unuberwindtlichsten/ Römischen Keysers Maximilian/ des andern/ unsers aller gnadigsten Herren/ wie die durch ihr Maiestet zu Speyr auff dem Reichstag ist gehalten worden. im Jar MDLXX, Straßburg: Jobin, Bernhard 1571, Typendruck, Text von Heinrich Wirri, Holzschnitt von Tobias Stimmer, 17,7, x 27,5 cm (Platte), GNM Nürnberg, HB 189/1255. Wahrhafftige Contrafactur/ der Legation oder gesandten/ des Groß Fürsten auß Moscaw an die Römische Kayserliche Mayestat ..., Prag: Peterle, Michael 1576, Typendruck, Holzschnitt von Donat Hübschmann, schablonenkoloriert, 112 x 26 cm (drei Platten), GNM Nürnberg, HB 24834/1056a. Ware und Eigentliche Contrafactur/des ... Herrn Maximiliano dieses Namens der Ander ... Wie Ir Kayserliche Mayestat nach tödtlichem abgang zu Regenspurg/ von menniglichen drey tag nach einander also ist gesehen worden/Im Jhar MDLXXVI, [Regensburg: o.Hg. 1576], Typendruck, schablonenkolorierter Holzschnitt. Der Leichenzug Maximilians II., o.O., o. Hg. 1577, Typendruck, Holzschnitt von Sebastian Kirchmaier, handkoloriert, 32,3 x 335 cm (Blatt), GNM Nürnberg, HB 26595/1361. Einritt des Key. Mt. Rudolphi 2 auff den Reichstag zu Regenspurg. 8. May 1594, Daruon in Relatione Historica Weiter zusehen, enthalten in: Kurtze Beschrei-
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bung (1594), Radierung von Philipp Uffenbach, 22,8 x 29,2 cm (Platte), GNM Nürnberg, HB 27541/1221. Wahrhaffte Abcontrafactur / Mit was Solennitet und Herrligkeit ... Rudolphus der Ander / erwälter Römischer Keyser / uff den Reichstag zu Regensburg / im Jar Christi 1594. den 16. oder 6 Maij ist eingeritten / Zu berathschlagen eine beharrliche stattliche Hülff / wider den allgemeinen Feind der Christheit / den Türcken / Auch abwendung in derer des Heil: Römischen Reichs obligenden hohen Beschwerden, [Augsburg: o. Hg. 1594], + Radierung, 26,5 x 127 cm, Regensburg, Privatsammlung. Ratisbona, in: Civitates Orbis Terrarum, Köln: Braun, Georg 1598, Bd. 5, Kupferstich von Frans Hogenberg nach einer Zeichung von Jacob Hoefnagel, 34 x 48 cm HAB Wolfenbüttel, 7 B Hist. 2o(2). Aigentliche Contrafactur aller underschidlichen Acten, wie Ihre Khönigl. Majestät ihn Hungarn den 23. May Anno 1611 zum Khönig in Behemben khrönt worden, [Köln: Hogenberg, Abraham 1611], Typendruck, Kupferstich von Georg Keller, 27,7 x 44,2 cm (Blatt), GNM Nürnberg, HB 97/1255. Contrafactur vnderschiedlicher acten vnd wie Konig Matthias zum Romischen Kaijser gekrönt worden zu Francfurt am Maijn den 14/24 Junij 1612, [Frankfurt am Main: Kieser, Eberhard 1612]. Typendruck, Radierung von Eberhard Kieser, 33,5 x 23 cm, HM Frankfurt am Main, GS, C 1039. Contrafactur des Feuerwercks so nach denen in A. 1612. zu Franckfurt am Mayn gehaltenen Wahl und Crönung tagen der Röm. Kay. Mtt. zu aller underthenigsten Ehren E.E. Rath daselbsten auff dem Mayn zum Freudenfeur anrichten und den 20 Juni anzunden und abgehen lassen, Frankfurt a.M.: Kröner, Heinrich 1612, Kupferstich von Eberhard Kieser nach einer Zeichnung von Achilles von Hinsperg, 38,8 x 23 cm (Platte), HM Frankfurt am Main, GS, C 1056. Eigentliche Contrafactur, wie ihre Kon: Mtt. in Hung: vnd Böhm, den 14/24. Iun: A: 1612. in Francfort am Mayn zu einem römischen Keiser gekront ist worde[n], [Köln: Hogenberg, Abraham 1612], Kupferstich von Abraham Hogenberg mit in die Kupferplatte gestochenen Tetrasticha in deutscher und lateinischer Sprache, 23,1 x 28,4 cm (Platte), BSB, 4 Mapp. 44 q (394). Nachdem Keiserlich Majestat Die Wahl und Kron empfangen hat, Von eim gebratnen Ochsen gut Ein stuck der Paltzgraf holen thut, Tregt es auffs Keisers Tafel bald, Wie solchs von altz is eingestelt ..., [Köln: Hogenberg, Abraham 1612, mit verändertem Intext erneut 1619], Kupferstich, 22,6 x 28,4 cm (Platte), BSB 4 Mapp. 44 q (395). Erzehlung wie der Durchleuchtigst/ Großmechtigst/ Fürst und Herr/ Herr Mathias ... die Kayserliche Cron empfangen/ und den 24. Junij/ Anno/ 1612, in der weltberühmbten Statt Franckfort an dem Main/ zum Römischen Kayser/ gekrönt worden, Augsburg: Gentzsch, Andreas [1612]. Typendruck, Kupferstich, 17,5 x 29 cm (Platte), HM Frankfurt am Main, GS, N 42775.
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Kayserliche Crönung. Bericht/ welcher gestallt der durchleuchtigst/ Großmächtigst Fürst und Herr/ Herr Matthias/ ... auch zu einem Römischen Kayser/ den 24. tag/ des Monats Juni/ in dem 1612. Jar von den Churfürsten seye Gekrönet worden. Und mit was Cermonien solches seye zugangen/ wie in dieser Figur zusehen, Augsburg: Kress, Georg 1612, Typendruck, schablonenkolorierter Holzschnitt, 39,5 x 23,2 cm, Ungarische Nationalbibliothek Budapest. Kurtzer Bericht von der Erwöhlung zu dem Römischen Kayserthum, des Durchleuchtigisten, Großmächtigisten Fürsten und Herren, Herrn Mathiä ..., Augsburg: Gentzsch, Andreas [1612], Typendruck, Kupferstich, 17,7 x 28,2 cm (Platte), HM Frankfurt am Main, GS, N 42774. Matthias I. D. G. Romanor. Imperat. semper Augustus ..., o.O., o. Hg. [1612], Kupferstich, 18,5 x 24 cm, HM Frankfurt am Main, GS, N 42769. Warhafftige Contrafactur deß Ochsen, so auff Matthiae ... Crönung, den viertzehenden Hewmonats des Tausent sechshundert und zwölfften Jahrs, zu Franckfurt am Meyn, vor dem Römer gebraten worden, Frankfurt am Main: Schimmel, Johann Ludwig 1612, Typendruck, handkolorierter Holzschnitt, 35 x 29 cm, HM Frankfurt am Main, GS, C 1040. Aigentliche Appildung des Himmels, Darunter Kay. May. Mathias der Erste von hierneben benanten herrn E. Raths zu Nurmberg Anno 1612 Den 9 July daselbst Eingeholet worden, o.O. Hg. [1612], Typendruck, Kupferstich von Felix Höpfinger, 24,4 x 23,3 cm, StA Nürnberg, Bildsammlung Nr. 35.30. Vera Atque Perspicua Ichnographia Porta Triumphalis ..., Eigentliche abbildung der ienigen Ehrenpfortten, so dem Allerdurchleuchtigsten Großmächtigsten und Unüberwindlichisten Fürsten und Herrn Mathiae ..., [Nürnberg: o. Hg. 1612], Kupferstich von Peter Isselburg nach einer Zeichnung von Frederik van Valckenborch, 67 x 46 cm, StA Nürnberg, Bildsammlung Nr. 35.23. Wahrhaffter vnd eigentlicher Abriß deß Kaysers Matthie ... wie ihre Kays. Mayt auff den außgeschribnen Reichstag zu Regenspurg ... mit grosser Solennitet einkommen ist, Augsburg: Zimmermann, Wilhelm Peter 1613, Typendruck, Radierung des Druckers, 43,5 x 60 cm, Leutkirch, Fürstlich Waldburg-Zeil’sches Gesamtarchiv Schloß Zeil. Matthias I. Imperator in Consessu Electorum, o.O.: o.Hg. 1614, Radierung von Georg Keller nach einer Darstellung in der Aschaffenburger Residenz der Mainzer Kurfürsten, 22,5 x 31,5 cm, HM Frankfurt am Main, GS, C 19810. Ferdinandus II. D.G. Romanor. Imperat. semper Augustus ... , o.O.: o.Hg. [1619], Kupferstich, 18,5 x 24 cm, HM Frankfurt am Main, GS, C 8866. Kurtze Erklärung der fürnembsten Acten, wie die bey ... Ferdinandi des 2. ... im Monat Augusto und Septembri, Anno 1619. zu Franckfurt am Mayn beschehenen Wahl und Crönung zum Römischen König fürgangen, Frankfurt am Main: Kieser, Eberhard 1619, 45 x 31 cm, Veste Coburg, Kunstsammlungen, XIII, 303, 45.
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Wahre und Eigentliche Abcontrafactur Des ... Herrn Ferdinanden, des Andern ... Frankfurt am Main: Corthois, Conrad 1619, Typendruck, Kupferstich, 54,5 x 36,5 cm, StA Marburg. Eiconismus ... Ferdinandi II ... IV Cal. Septembr. A. D. MDC XIX S. I. R. Urbem Avgvstam. Vindel. Avspicatissime Ingressi …, Zeichnung von Johann Conrad Fischer, Holzschnitt von Daniel Döringk, [Augsburg]: o. Hg. 1619, 27,4 x 69,7 cm, GNM Nürnberg, HB 137/1222. Vera Delineatio Portæ Triumphalis: Quam Invictissim Rom: Imp: Ferdinando III. cum partâ pace in Germania sua Cæs. Majestas primum verbem Ratisp. ad Comitia ingrederetur: Laudatiss: Senatus ibidem. in signum submissæ gratulationis, et summæ devotionis, erigi curavit; Anno 1652. die 12. Decemb., [Regensburg: o.Hg. 1652]. Iconographia Arcus Triumphalis Invictissimo Caesari, Ac Dom: Dom: Leopoldo ... A S.P.Q. Noribergensi, Humillimo Honoris Et Obsequii Cultu Ad Auspicatissimum Eius Maiestat. Ingressum Positi. Die 6/16 Augusti Anno 1658, Nürnberg: Fürst, Paul 1658, Typendruck, Kupferstich von Peter Troschel, 65 x 45,6 cm, GMN Nürnberg, HB 27060/1217. Abbildung, welcher gestalt die Röm. Kais. Maj. Leopoldus etc. zu Nürnberg unter einem Rotsammeten Himmel von den Ratsherren daselbst allerunterthänigst ist eingeholet worden den 6/16 Augusti im J 1658, Kupferstich von Mathias van Somer, Nürnberg: Fürst, Paul 1658, 24,1 x 31,5 cm, GNM Nürnberg, HB 24562/1222a.
c) Flugschriften und Bücher Zuerst sind anonym erschienene Drucke nach ihrem Titel in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt, danach alle übrigen Drucke sowie edierte Quellensammlungen in alphabetischer Reihenfolge nach ihrem Verfasser oder Herausgeber. Bei zeitgenössischen Druckwerken, die im VD 16/17 erfasst sind, wurden sehr lange Titel gelegentlich aus Platzgründen gekürzt. Abcontrafeytung unnd ware ordentliche Beschreibung / Mit was Solennitet der Allerdurchleuchtigste Keyser Rudolphus der Ander / unser all gnedigster Herr / sampt andern Chur und Fürsten / auch Ständen deß heiligen Römischen Reichs / im Jahr Christi 1594. den 8. Maij. Stylo veteri, zu Regensburg auff außgeschriebenen Reichstag eyngezogen. Alles in einem kunstreichen Kupfferstück vorgebildet / und mit Ziffern ordentlich erkläret, Regensburg: o.Hg. [1594]. Actus Electionis & Coronationis, Hoc est, Historica et Vera, omnium, quae circa Electionem et Coronationem Serenissimi, Potentissimi & Invictissimi Principis & Domini, Domini Matthiae I. electi Rom. Imperatoris semper Augustu ...; Se-
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renissimae coniugis Annae Austriacae, &c. Francofurti ad Moenum, Mensibus Maio & Iunio, Anni 1612. memoratu digna acciderunt, descriptio …, Frankfurt am Main: Kröner, Heinrich / Bringer, Johann 1612. Anbringen Türckischer Botschafft Ebrahimi Strotschen, gebornen Polecken, so er auff diesen Waaltag allhie in Franckfurt Anna 1562. den 27. Nouembris Für Keyser, König, Chur vnd Fürsten in Schlauonischer Sprach gethan, item von seinen Herrlichen Geschencken, Keyserlicher May. presentiert, Auch ein kurtze verzeichnuß seiner Diener, Rossen, Gezeug vnnd Camelthieren, Frankfurt am Main: Rab, Georg / Feyerabend, Sigismund 1562. Anno 1562. In Franckfort. Verzeichnis des Actus der jüngst am 24. Nouember erfolgten glückseligen Election der itzigen Römischen Königlichen Maiestet etc. unsers aller Gnedigsten Herrn, wie alle sachen irer ordnung verricht worden, o.O. / o.Hg. 1562. Ausführlicher Bericht/ Von der Röm. Kayserlichen und Königlichen Majestat/ Erwehlung unnd Krönung/ zu Franckfurth am Mayen/ in grosser Versamlung/ geschehen. Auch deroselben Proceß unnd Ceremonien ... Deßgleichen wie die Geistlichen und Weltlichen Churfürsten ihren Ornat getragen ... Sampt einem kurtzen Anhange/ wie es mit dem gantz gebratenen Ochssen ... zugangen, Frankfurt am Main: Saur, Johann 1612. Ausführlicher Bericht/ Wie es uff Reichß Tägen pflegt gehalten zu werden, II. Consultatio, Von der Keyserlichen Wahl wieder deß Pabsts praetensiones uff Keyser Ferdinandi Allergnedigsten Bevelch/ durch Ihr May. ViceCantzlern abgefast. III. Beschreibung der Wahl und krönung mit Keyser Carlen dem Fünfften vorgangen, [Speyer]: Kembach, Elias 1612. Bericht vom Königlichen Wahltag. Welcher von den sieben Churfürsten des Reichs zu Franckfurt am Meyn gehalten worden den 3/13. Junij Im Jahr 1612 ..., Frankfurt am Main: Latomus, Sigismund 1612. Beschreibung der einreittung Auch kroenung des Grossmechtigsten Fuersten vn Roemischen Koenings Caroli des fuenffte, mit sampt aller andern Fuersten und herrn einreitten, jetz Neülich beschehen zu Ach in Niderlandt, im Jar Christi M.vc.xx., [Mainz: Schöffer, Johann 1520]. Beschreibung des glueckseligen Einzugs des aller Durchleuchtigsten, Grosmechtigsten, Unüberwindlichsten Roemischen Keysers, etc. In Hungern und Böhmen, etc. zum Reichstag in die Stad Regenspurg. Auch wie ire Key. May. ist angekommen und empfangen worden, Den 18. Maij, Anno 1594, Prag: Schumann, Johann 1594. Beschreibung des Thourniers und Kampfspiels, so auf Ankunfft Keys. Majestät sampt dem Prinzen auss Hispanien, zu Bintz gehalten des 24. tags Augusti an. 1549, o.O. / o. Hg. [1549]. A brief rehersal & discription, of the coronation of the hye and myghti Prince Maximilian Kyng of Romans, Boheme Hungeri &c: Don at the famus citie of Francford ... 1562. the month of Nouember, etc., Gent: [Manilius, Ghileyn] 1565.
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Chur Pfaltz Furier und Futterzettel, Deß Durchleuchtigsten ... Herrn Johannsen, Pfaltzgraffen bey Rhein, ... gen Franckfurt am Mayn, zu vorstehendem Wahltag, den 10. Maii Anno 1612, Frankfurt am Main: Latomus, Sigismund 1612. Coronatio Caesariana, Das ist Warhafftige und eigentliche Beschreibung der Keyserl. Wahl und Crönung, da Ihre Kgl. May. Ferdinandus II. so an der Zahl der 49. Deutsche Römische Keyser, zu Franckfurd am Mayn ... ist erwehlet und gekrönet worden, Erfurt: Schmuck, Nikolaus 1619. Der Erst Theyl. ALler des Heyligen Römischen Reichs Ordnungen/ gehaltener Reichstäge vnd Abschiedt/ Sampt der Gulden Bullen. Besonderlich auch der Artickel/ Policey/ Constitutionen/ das Keyserlich Regiment/ Chammergericht/ den Landtfrieden/ vnd anders/ diesem allem anhengig/ belangend/ Vom ersten anfang/ bis auffs LIX. Jar auffgericht ..., Mainz: Behem, Franz 1562. Des Heyligen Roemischen Reichs Stendt, mit sampt den Chourfuersten und Fuersten ... Geystlichen und Weltlichen, so auff dem yetz verschinen ... Reichsstag zu Speyr ... in eygner person, mit jrer Ritterschafft des Adels ... erschinen des jars zweyntzigk und sechs, mit jren titteln und namen ... beschrieben, [Mainz: Schoeffer, Johann] 1526. Discours sur ce qui s‘est passe á Francfort sur le Mayn, és mois de May & Iuing 1612, en l’Election & couronnement de L’Archiduc Mathias d’Austriche, Roy de Hongrie, & de Bohême en L’Empire: Comme aussi de l’Impératice, espouse de sa Majesté. Ensemble l‘orde & nomes des Potentates, Electeurs, Princesses, Estats de l’Empire, Comtes, seigneurs, Ambassadeurs tant Estrangers qu’autres qui y ont aßisté, Paris: Breuil, Anthoine du 1612. Discurs oder Politische Erzehlung von der newen Wahl eines Römischen Keysers, durch zehen gewaltige Potentaten angedeutet, Letzlich mit König Matthiasen beschlossen, o.O. / o. Hg. 1612. Drey Warhafftige newe Zeitung: Die Erste: Ist von der Keyserlichen Wahl und Krönung ... Die ander/ Ist von dem gebraten Ochsen/ auch von dem Brunnen/ welcher 3. Stundt mit weiß und rohtem Wein gelauffen ... Die dritte/ Ist von dem Türcken/ wie derselbig mit Raub Mord und Brandt/ in Ungern und Sibenbürgen eingefallen ..., Frankfurt am Main: o.Hg. 1612. Election & Couronnement, c’est a dire Briefve Et Veritable Description Des Principales choses, qui sont faites & passées a Francfort Ville d’Election au mois de May & Iuing 1612 de l‘Election ... Matthias des leu Empereur des Romains, tousiours Auguste, Roy des Allemagnes ... : Comme Avssi Dv Covronnement De l’Imperatrice, la Princesse & Dame, Dame Anne, Roine d’Hongrie & Boheme ... , Frankfurt am Main: Bringer, Johann / Kröner, Heinrich 1612. Epitome solenniorum, quae in auspicatum adventum invictiss. ac sacratiss. Romanorum Caesaris Maximiliani, Bohemiae Regis et Archiducis Austriae etc. una cum quattuor arcuum triumphalium constitutione, eorumque explicatione, respublica Viennensis omnia obsequii ergo supplex f.f., Wien: Zimmermann, Michael 1563.
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Extract Der Fürnemsten Artickell und Puncten so Königliche Mayjästet/ steiff und fest zu halten angenommen bewilliget und zu gesagt hat, o.O. / o. Hg. 1613. Eygentlich Verzeichnuß der gantzen Hoffstatt deß Aller Durchleuchtigsten, Großmächtigsten, Unuberwindlichsten Fürsten und Herrn, Herrn Matthiae deß Ersten von Gottes Gnaden erwehlten Römischen Keysers ..., Frankfurt am Main: Latomus, Sigismund 1612. Eyntzug, Des allerdurchleuchtigsten unnd grossmechtigisten Fursten und herren Herren Karls Roemischen und Hispanischen Koenigs auch kunfftigen Keyssers eyntzug, ytzt zu Ach am XXII. tag Octobris beschehen, gantz lustparlich unnd kurtzweylig zu lesen..., Leipzig: Stöckel, Wolffgang 1520. Fernere Newe Zeitung. Was sich newlicher zeit hin und wieder an mancherley Orten Gedenckwürdiges begeben vnd zu getragen hat. Als nemlich aus Venedig. Praag. Cölln. Wien, o.O. / o. Hg. 1612. Frankfurter ankunfft: oder verzaichnuß aller Potentaten, Chur- und Fürsten ... die auff der Röm. Kün. Waal und Krönung zu Franckfurt am Mayn personlich erschinen ..., Augsburg: Franck, Matthäus 1562. Furier Zettul/ Oder Verzeichnuß Der Hochwürdigsten/ Durchleuchtigsten deß H. Römischen Reichs/ an jetzo zu Franckfurt Anwesenden Herren Churfürsten/ Auch der Abwesenden Hochansehenlichen/ zum Königlichen Wahltag/ Abgesandten Bottschafften/ und was für Personen in dero allerseits Comitat einkommen/ und darinn begrieffen seynd, Frankfurt am Main: Schmidlin, Johann 1619. Furir Zettul, Das ist Gründtlicher, vollkommener, warhaffter Bericht, welcher gestallt, wann unnd wie starck alle und jede Fürsten, Pottschaften, Graven und Herrn, etc. nach gehaltenem Röm. Königl. Wahltag, geschehen den 3/13 Junij zu Franckfurt am Mayn, zu bestimpter Krönung den 14/24 Junij zu Franckfurt am Mayn, im Jahr 1612, daselbsten arrivirt und ankommen seyndt. Hierbey seind auch ettlicher Herrn Churf. Gemahlin, sambt anderer Frawen Hoffstätt zu finden. Alles mit fleis colligirt, und in offenen Truck verfertiget, Frankfurt am Main: Bringer, Johann 1612. Gründliche und khürtze beschreibung des Alten unnd jungen Zugs, welche bede zu Einbeleittung der Röm. Kay. Mt. usw. Kaiser Maximiliani II ... von der Crönung von Franckfurt zu Wienn den 16. Martij im 63. jar ankhommen ..., Wien: Stainhofer, Caspar 1566. Gründtliche vnnd gewisse Verzeichnis aller Potentaten, Chur vnd Fürsten ..., so auff der Röm.Kön.May. Waal vnd Krönung zu Franckfurt am Mayn persönlich gewesen und erschinen sind, Frankfurt am Main: Rab, Georg / Feyerabend, Sigismund 1562. Herzog Johann Albrechts I. zu Meklenburg eigenhändiges Tagebuch von der römischen Königswahl und Krönung K. Maximilians des II. zu Frankfurt am
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Mayn, im Jahre 1562, in: Rostocker Monatsschrift, hg. von D. Bernhard und Dr. Koppe I., II. (1791), S. 321–348, 377–401. Inauguratio, coronatio, electioque aliquot imperatorum nempe à D. Maximiliano Primo, ad D. Matthiam Avstriacum Augustum &c.; Item De Inuestitura Electorum / [à Mameranò Lucemburgo descripta]. Nec non Dissertatio Onvphrii Panvinii ac Michaelis Bevtheri, de Septemuiratu principum Electorum, quando caeperit, &c. quae sequens pag.latius demonstrat, Hanau: Wechel (Erben), Andreas / Aubry (Erben), Johann 1613. Kayserlich maiestat Einreyttung zu München / d. x. tag Junij. Im M.CCCCC. vnd. XXX. Jar. Wie Kayserliche. May. von den Churfürsten vnd Fürsten / in irer Mayestat eynreyttung vor Augspurg den. xv. Junij. entpfangen ist ..., Nürnberg: Gutknecht, Jobst 1530. Kronung. Die kronung des allerdurchleuchtigisten und großmechtigisten Fursten und herren Herren Karls Romischen und Hispanischen Konigs. auch erwelten Romischen Keysers yetzt zu Ach. am XXIII. tag Octobris beschehen. gantz lustparlich und kurtzweylig zu lesen, Leipzig: Stöckel, Wolfgang [1520]. Kurtze Beschreibung des Einritts / welcher gestalt und Solennitet / der aller Durchleuchtigste Keyser / Rudolfus der ander / unser aller Gnädigster Herr / Sampt andern Chur und Fürsten / auch Stenden des Heiligen Römischen REichs / im Jahr 1594. den 8. Maij (stylo veteri) zu Regesnpurg auff außgeschreibenen Reichstag eingezogen sind. Unnd mit was Solennitet hernach / den / 23. Mai / am tag Potentiä / auff gemelter Statt Rahthauß / zur proposition begeben hat ..., [Regensburg]: Burger, Johann 1594. Kurtze Beschreibung Mit was solennitet der aller Durchleuchtigste Keyser Rudolphus der ander, sampt andern Chur und Fuersten, auch Stenden des H. R. Reichs, im Jahr Christi, 1594. den 8. May (Stylo veteri) zu Regenspurg auff aussgeschribenen Reichstag eingezogen. Und mit was Solennitet hernach den 23. May am Tage Potentiae, auff ehegemelter Stadt Rathhause zur Proposition sich begeben hat, Nürnberg: Knorr, Nicklas [1594]. Kurtze Beschreibung Welcher massen ... Matthias ... den 13/23. Junij oder Pfingst Mittwoch, durch die Churfürsten des H. Römischen Reichs zum Römischen König, und volgendts alsbaldt hernach zum Römischen Keyser erhebt, und erwehlt, zu Franckfurt am Mayn des 1612. Jahrs, Köln: o. Hg. 1612. Kurtze und einfeltige Beschreibung Mit was Solennitet der aller Durchleuchtigist, Großmechtigist, unüberwindlichist Fürst und Herr, Herr Rudolphus der Ander ... im Jar Christi, 1594. den 16. (oder 6.) tag May zu Regenspurgk auff außgeschriebnen Reichstag eingezogen. Sampt einer gründlichen und eygentlichen Abcontrafactur, inn was Kleydung, auch was für Farben ein jede Tracht oder Kleydung gehabt hab, damit man sie mahlen oder illuminiren köndt …, o.O. / o. Hg. 1594. Kurtze und gründtliche Beschreibung, wie Maximilian König in Behem, etc. zu Franckfurt am Mayn den 24. Novembris, deß 1562. von den sechß Churfürs-
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ten deß heyligen Römischen Reichs erwehlet, und folgends den letzten dieses Monats allda in der Pfarr Kirchen S. Bartholome gekrönt worden. Sampt einer ordentlichen verzeichnuß deß herrlichen Panckets so auff dem Römer gehalten. Item, Ebrahim Strotschen, deß Türckischen Keysers Bottschaft, für Rö. Key. May. auch andern Chur unnd Fürsten, anbringen, mit sampt seiner herrlichen Geschencken, etc., Frankfurt am Main: Rab, Georg / Feyerabend, Sigismund / Han (Erben), Weygand 1562. Kurtze und Warhaffte beschreybung/ der Röm. Kön. May. Einzug/ sampt der Crönung zu Hungerischem König/ den 8. Septembris des 1563. Jars/ in der Pfarrkirchen zu Preßburg ergangen. Item/ auch mit was Ceremonien Irer Röm. Kön. May. Gemahel gekrönt sey worden, Augsburg: Franck, Matthäus 1563. Newe Zeittung: Kurtzer bericht deß gar Herrlichen, unnd gewaltigen Einzugs der Römischen Kay. May. jetzo zu Prag beschehen, unnd was massen Ir Kay. May daselbst als Römischer Kaiser empfangen worden auff den 12. Nouembris, Anno 58. eruolgt, Augsburg: Zimmermann, Hans [1558]. Newe zeittung: wie Khünig Maximilians vnnsers allergnedigisten Herrn Erwellung zu[m] Römischen Künig zu Franckhfurt am Mayn Den Vierundzwaintzigisten tag des Monats Nouembris beschehen Anno M.D.LXII, Innsbruck: Höller, Ruprecht [1562]. Newe Zeitung von dem Reichstag Anno 1613. Im Augusto zu Regenspurg gehalten: Kurtze Beschreibung/ welcher gestalt Kayserliche Mayestat Matthias ... zu Regenspurg auff den Reichstag ankommen ..., Augsburg: Willer, Georg d.J. 1613. Newe Zeitung, Welcher gestalt Röm. Kai. May. Tochter Isabella oder Elisabeth/ des Königs in Franckreichs Caroli des 9. Ehegemahel/ nach dem Kirchgang zu Speyer/ am 22. Octobris/ 1570. gehalten/ hernach in die Cron Franckreich begleitet/ heimgeführet/ empfangen/ vnd für ein Pomp gehalten/ gantz lustig zu hören, o.O. / o. Hg. 1570. Newe Zeitung. Warhafftiger bericht von den Einzuge Königl. May. Matthiae vnd seinen Gemahl/ Auch der Churfürsten vnnd Herrn / Welchen sie zu Franckfurt an Mayen / Im Monat Majo dieses 1612. Jahrs ansehnlichen gehalten / Und alles was mehr denckwirdiges sich dabey begeben vnd zugetragen. Beneben etlichen Schreiben des Bischoffs zu Wien ..., Frankfurt am Main: o.Hg. [1612]. Newe zeytung, wie und welcher gestalt Kayserliche Mayestat/ mit sambt den Königen von Hungern/ und Polen, Am Sechzehenden tag Julij, Tausend Fünffhundert Fünfzehne. Zu Wienn eingeriten ist. unnd Was sich aldo verlauffen hat, [Augsburg]: Öglin, Erhard 1515. Newer Zeitungen fernere Continuation, Und was zu Franckfurt bey der Wahl des Romischen Königs/ an Ceremonien unnd sonst denckwürdige fürgelauffen ist, o.O. / o. Hg. 1612. Newes from Francfort, Concerning the election of the most mighty Emperor Matthias, the first of that name, Who was elected and crowned in Francfort, in June last, Anno 1612, London: Holland, Henry 1612.
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Opvs elegantissimvm, continens consilia et qvasdam orationes ac disputationes electorum principum in eligendo Caesare : Vti actum cum D. Carolo V. Et luramenta quibus se Caesar imperio obligat per Georgium Sabinum ... Item relatio omnivm gestorum Carol. V. Caes. per Nicolaum Mameranum ... His access. ... pompa celeberrima, quae in coronatione Caesarum apparari solet ..., Köln: Mameranus, Heinrich 1560. Orationes gratulatoriae in electione, coronatione, nativitate, nuptiis, triumphis, &c. pontificum, imperatorum, regum, principum, &c. Habitae à Legatis Virisve suae aetatis doctissimis. Quarum catalogum sequens pagina indicat, Hanau: Aubry, Johann (Erben) / Wechel, Andreas (Erben) 1613. Ordentliches Diarium Oder Kurtze und eigentliche Vorstellung aller hohen Verrichtungen/ Ceremonien und Festivitäten/ Welche nicht nur bey der Crönung der nunmehro verwittibten Allerdurchleuchtigsten/ Großmächtigsten Römischen Kayserin Eleonorae als auch Vor=in und nach der Wahl und Crönung des … Römischen Königs Josephi, anjetzo Glorwürdigster Gedächtnuß/ Zu Augspurg im Jahr 1689. und 1690. von Tag zu Tag sich merckwürdig begeben und zugetragen haben, Frankfurt am Main: Andreä, Daniel 1711. Panegyrici Caesario-Regio-Archiducales, Adventantibvs Ad Inclytam Electoralem Saxonicam Dresdam, Die 25. Iulij Anno 1617 ... Matthia, I. Romanorum Imperatore, S. A. Etc. Dn. Ferdinando, II. Boiohemorum Rege Coronato, Etc. Dn. Maximyliano, Magni Magistratus in Porußia, nec non Teutonici Ordinis per Germaniam Italiamq[ue] Praefecto Supremo …, Humilimâ Mentis Devotione â Poetis aliquot Territorij Elect. Saxon. Celebribus, Decantati & Exhibiti, Dresden: Bergen, Gimel / Krüger, Andreas 1617. Reichstags Abschied zu Regenspurgk, Deß unüberwindlichsten und Großmechtisten Römischen Keysers Matthiae etc. unsers Allergnädigsten Herrn den 22. Octobris, Anno 1613 ... Deßgleichen was sich bey Kay. Abzug zu Regenspurgk begeben ..., o.O. / o.Hg. 1614. Relatio Von der Wahl und Kroenung Deß Allerdurchleuchtigsten, Grossmaechtigsten, und Unueberwindlichsten Fuersten und Herren, Herren Matthiae des Andern, Von Gottes Gnaden, zu Ungern und Böheimb Koenigs ... Gekroenet zum Römischen Koenig und Kayser ..., Frankfurt am Main: Latomus, Sigismund 1612. Relation Deß Franckfurtischen Wahltags. Erzehlung, Der gantzen Handlung, was sich von Tag zu Tag, in dem Churfürstlichen Wahltag zu Franckfurth am Mayn, so sich den 20. Tag deß Monats May, newes Kalenders, im Jar 1612 angefangen, biß Königl. May. in Hungern und Böhaim, Matthias, zu einem Röm. Kön. und Kay. erwöhlt, erklärt, proclamiert, und sampt seiner Gemahlin gekrönet worden ..., Augsburg: Schultes, Hans d.Ä. 1612. Römischer und Hispanischer Künigklicher Maiestat Einreytten/ und Krönung/ zu Ach beschehen, o.O. / o.Hg. 1520. Römischer, Ungarischer, und Behmischer Königlicher Maiestat Einzug zu Dreßden Sonnabents nach Jubilate, Dresden: Stöckel, Wolfgang 1538.
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Schoene und lustige beschrybung etlicher rathschlegen unnd gespraechen in Erwelung eines Keysers, wie soelichs Caroli dess V. saeliger hochloeblicher gedechtnuss halben verhandelt. Sampt dem Eidt, mit welchem sich der Keyser dem Reych verpflicht. Item Nicolai Mamerani Fleyssige erzelung rhoumreycher geschichten unnd thaten jrer Keyserlichen Mayestat ..., Mülhausen im Elsaß: Schmid, Peter 1561. Selectum historicum, hoc est, electionis et coronationis invictissimi quondam Imperatoris Caroli V. illius per Georgium Sabinum, huius per Hartmannum Maurum Imperialis quondam Camerae Assessorem, & Elect. Colon. Consiliarium, accurata descriptio, in qua non solum dignitas et Majestas Imperii Romani, verum etiam qui ritus siue solennitates in eligendo & coronando Rege Romanorum obseruentur, ob oculos ponitur …, Frankfurt am Main: Bringer, Johann 1612. Stattlicher Einritt auff dem Reichstag zu Regenspurg deß Allerdurchleuchtigsten/ Großmächtigsten/ unüberwindlichsten Fürsten und Herren/ Herrn Matthiae, Erwöhlten Römischen Keysers, Augsburg: Schultes, Hans d.Ä. 1613. Summarischer bericht welcher Gestalt Koenig Maximilian zu Behemen, und Ertzhertzog zu Osterreich ... den 24. Novembris Anno 1562. zu Franckfurdt am Mayn zu einem Roemischen Koenig ist erwelet worden; Item verzeichnis der personen und Ross, so mit der Tuerckischen Legation gegen Franckfurdt am Mayn angekomen sein, o.O. / o.Hg. [1562]. Summarischer Innhalt Der Tragicocomoedien vom dem Keyser Theodosio dem Jüngern: Gehalten Von dem Gymnasio der Societet Jesu zu Regenspurg. Im Herbstmonat Anno M.DC.XIII, Ingolstadt: Angermayer, Andreas 1613. Türckischer Botschafft Ebrahim Strotschen, gebornen Polecken anbringen so er auf disen Waaltag allhie in Franckfurt, Anno 1562. den 27. Novembris Für Keyser, König Chur und Fürsten inn Schlauonischer Sprach Gethan. Item, von seinen Herrlichen Geschencken Keys. May. Presentieret, Auch ein kurtze verzeichnuß seiner Diener Rossen Gezeug, vnnd Camelthieren, o.O. / o.Hg. [1562]. Uff dem Rychstag in Anno domini XDC.XXI. zu worms gehalten sind in eygner personen gewesen, [Mainz: Schoeffer, Johann 1521]. Vera descriptio visitationis quorundam Magnatum, Principum, Das ist: Warhafftige und Eygentliche Beschreibung von der Heimsuchung oder Raiß etlicher hoher Magnaten unnd Potentaten, als Ihr Keys. May. und Königl. W. sampt Ertzhertzogen Maximiliani, mit den zugehörigen vornembsten Geheymen Räthen und hohen Officirn, so sie den 31. Jul. von Prag auß nach Dreßden zu ihrer Churf. Gn. von Sachsen nechst Gott zuverrichten vorgenommen und angefangen …, Dresden: o.Hg. 1617. Verschrybung un verwilligung des neuwen erwelten Roemischen Koenigs Karoli gegen dem heyligen Reych, [Straßburg: Beck, Reinhard 1519]. Verzeichnis aller Potentaten, Chur und Fürsten, Geystlich und Weltlich, auch derselben Gesandten, Item Grafen, Freyen, und deren von der Ritterschaft etc., so
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auff der Röm. Kön. May. Waal und Krönung zu Franckfurt am Main persönlich gewesen und erschinen sind, Nürnberg: Geyßler, Valentin 1562. Verzaychnuß aller Potentaten, Chur und Fürsten, Geystlich und Weltlich, auch derselben gesandten, Item Grafen, Freyen und deren von der Ritterschaft etc., So auff der Römischen Kün. May. Waal und Krönung zue Franckfurt am Mayn persönlich gewesen unnd erschinen sind, Innsbruck: Höller, Ruprecht 1562. Verzeichnuß des aller Durchleuchtigsten, Großmächtigsten, unnd Ohnuberwindlichsten Fürsten, unnd Herrn Herrn Matthiae, Erwöhlten Römischen Kayser ... Beschehen Einzug zu Regenspurg, auff dem Reichstag den 4. Augusti, Anno 1613, Augsburg: Schultes, Hans d.Ä. 1613. Verzeichnus wie dj Eömisch Kays. May. vnser aller gnedigster herr Uffn 16. tag Februarij. 1541 jar. zu Nürmberg eingeritten, Regensburg: Kohl, Hans [1541]. Vollständiges Diarium von den merckwürdigsten Begebenheiten, die sich vor, in und nach der ... Wahl und Krönung ... Herrn Carls des VII. ... im gantzen Heil. Röm. Reich, und sonderlich in dieser Freyen Reichs- und Wahl-Stadt Franckfurt am Mayn zugetragen..., Frankfurt am Main: Jung, Johann David 1742. Von den gehalten Triumph, Ritterspilen und feldtscharmützeln, so bey der Lehen verleyhung Kais. Mai. ausserhalb Augspurg gesehen worden, o.O. / o.Hg. [1530]. Vorzeichnis, wie die Röm. Keyserl. Maiestat, unser aller Gnedigster Herr, Mittwoch nach Johannis des Teuffers, den 27. Junii, Anno 1582. zu Augspurg ankommen und von den Chur und Fürsten des Reichs herrlich empfangen worden, Erfurt: Mechler, Joachim [1582]. Vorzeichnuß Was auff dem itzigen Reichstag zu Regenspurg neben des aller Durchleuchtigsten ... Rodolphi II. ... für Chur unnd Fürsten sampt den Reichsstenden alhiero persönlich erschienen sein, den 18. May Anno 1594, Regensburg: Burger, Andreas 1594. W[ahr]haffte Beschreibun[g], welcher gestalt ... Matthias ... den 23/13 Monats Tag Maij, dieses jetzt schwebenden 1612. Jars zu Franckfurt am Mayn zu bestimptem Königlichen Wahltag eingezogen, und erschienen ist, o.O. / o. Hg. 1612. Wahl und Crönungs Handlung, Das ist, Warhafftige Beschreibung, welcher gestalt weyland Maximilian der Ander, Römischer Keyser, etc. Hochlöblichster Gedächtnuß, den 20. Septemb. Anno 1562. zu Prag zum Böhemischen, den 24. Novem. aber ermeltes Jars zu Franckfurt am Mayn zum Römischen König erwehlt, und den letzten desselben Monats allda in der Pfarrkirchen zu S. Bartholome, wie auch den 8. Septemb. An. 1563. zu Preßburg zum Hungerischen König gekrönet worden …, Frankfurt am Main: Bringer, Johann / Hoffmann, Wilhelm 1610. Wahl- und Crönungshandlung, Das ist: Kurtze und warhafftige Beschreibung aller fürnembsten Sachen, so bey Erwehlung unnd Crönung deß Allerdurchleuchtigsten, Großmächtigsten und Unuberwindtlichsten Fürsten und Herrn, Herrn Matthiae Erwehlten Römischen Kaysern ... in der Chur- und Wahlstatt Franck-
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furt im Monat Maio und in Iunio dieses 1612. Jahrs sich begeben und zugetragen. Auch welcher gestalt die Allerdurchleuchtigste, Hochgeborne Fürstin und Fraw, Fraw Anna ... Ihr Kays. Maj. Gemahlin den 26.–16. Junij gedachten Jahrs daselbsten zu Franckfurt zur Römischen Königin gekrönt worden …, Frankfurt am Main: Bringer, Johann / Kröner, Heinrich 1612. Wahl und Kroenungs-Handlung, das ist: Kurtze unnd wahrhaffte Beschreibung, was sich bey dem ... 1619 zu Franckfurt gehaltenen Wahl- und Kroenungstag ... zugetragen ..., Frankfurt am Main: Schönwetter, Johann Theobald 1619. Wahl und Krönungshandlung, Erster Theil, Das ist: Gründliche und gewisse Verzeichniß, aller Potentaten, König, Chur und Fürsten, Geistlichen und Weltlichen, Bischoffen, Praelaten, Graffen, Freyherren, dero von der Ritterschafft und Ständen, soviel deren auff den Königlichen Wahltag zu Franckfurt am Mayn im Jahr 1612. ankommen, und demselben beygewohnt haben, Leipzig: Schürer, Thomas 1612. Warhaffte Beschreibung/ welcher gestalt der unüberwindlichste Fürst und Herr/ Herr Matthias der I. von Gottes Gnaden erwehlter deß H. Röm. Reichs ... König ... den 23./13. Monats Tag Maij/ dieses jetzt schwebenden 1612. Jars zu Franckfurt am Mayn zu bestimpten Königlichen Wahltag eingezogen/ und erschienen ist, o.O. / o. Hg. 1612. Warhaffte newe Zeitung, auff dem Reichstag zu Regenspurg behandelt vnd fürbracht, nemlich wie der Türck in Crabaten widerumb einen einfall gethan, vnd etliche Schlösser vnd Flecken eingenommen. Wie auch des Moscowiters Gesandten alda ankommen, vnd was sie fürbracht, Köln: Ewald, Daniel 1576. Warhaffte/ auch gantz glaubwirdige Newe Zeytung/ wie die Röm. Kay. Maiestat/ jüngst verschinen/ den XXXI. und letsten tag Decembris des 1558. Jars zu Augspurg ankommen: Auch mit was Pomp und herrligkeyt Er empfangen und geehrwürdiget worden sey ..., o.O. / o. Hg. [1559]. Warhafftige Beschreibung vnd verzeichnuß, welcher gestalt die königkliche Wirde Maximilian, vnnd Freuwlin Maria, geborne Königin auß Hispanien, dero Gemahl, zu Behemischen König vnd Königin in Prag, den 20. Septembris dises 1562. jars, gekrönet sind worden, Frankfurt am Main: Rab, Georg / Feyerabend, Sigismund / Han (Erben), Weygand 1562. Warhafftige Beschreibung, welcher gestalt die Königkliche wirde Maximilian und Frewlin Maria, geborene Königin auß Hispanien, dereo Gemahel, zu Böhemischen König und Königin in Prag den 20. Septembris dieses 1562. jars gekrönt worden. Item: Wie hochgedachter Maximilian etc. zu Franckfurt am Mayn, den 24. Nouemb. deß gemelten 1562. Jars, von den sechß Churfürsten zum Römischen König erwehlet, und folgends den letzten dieses Monats allda in der Pfarrkirchen zu S. Bartholome gekrönet worden …, Frankfurt am Main: Rab, Georg / Feyerabend, Sigismund / Han (Erben), Weygand 1563.
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Warhafftige beschreibunge: Der Röm. Kay. Mayt. Einzugs zu Augsburg/ wegen jtzo doselbst gehaltenem Reichstage/ vnd wie jhrer Kay. May. die domals anwesende Chur vnd Fürsten Persönlich/ mit jhren bey sich gehabtem Reysigen Zeuge entgegen gezogen, Dresden: Bergen, Gimel d.Ä. 1582. Warhafftige Newe Zeitung, auß Augspurg, darinnen kürtzlich angezeigt vnd gemelt wirdt, von dem herrlichen Einritt Rudolphi des andern, Augsburg: Wörli, Josias 1582. Warhafftige Relation, wie der Durchleuchtigste, Grossmechtigste und Hochgebornste Fuerst und Herr, Herr Matthias, Koenig in Boehmen und Ungern, Ertzhertzogen in Oesterreich etc. verschiehnen Monats Julij von den semptlichen Churfuersten mit einhelliger Stimme vorerst zum Roemischen Koenige erwehlet, hernacher fuer ein Heupt der Christenheit, als ein Kayser, ist mit grosser solennitet proclamiert und gekroenet worden ..., Frankfurt am Main: o.Hg. 1612. Alexander, Dorothy / Strauss, Walter L. (Hgg.): The German Single-Leaf Woodcut 1600–1700. A Pictorial Catalogue, 2 Bde., New York 1977. Andlo, Petrus de / Freher, Marquard: De Imperio Romano, Regis et Augusti creatione, inauguratione, administratione, officio et potestate electorum, aliisque imperii partibus, iuribus, ritibus et cerimoniis, Straßburg: Rihel, Theodor 1612. Aulinger, Rosemarie: Der Reichstag in Regensburg und die Verhandlungen über einen Friedstand mit den Protestanten in Schweinfurt und Nürnberg 1532 (Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe 10), München 1992. Avenarius, Thomas: Panegyris Caesarea. Das ist: Eigentliche und klare beschreibung der ... Ankunfft und Einzugs Des ... Herrn Matthiae, Erwehlten Römischen Keysers ... Und Des ... Herrn Ferdinandi, gekrönten Königes in Böhmen ... So wol auch Des ... Herrn Maximiliani, Ertzhertzogen zu Osterreich ... In die ChurFürstliche Stadt Dreßden ..., Bautzen: Zipser, Nikolaus 1618. Baader, Joseph: Bericht des Ritters Ludwig von Eyb über des Römischen Königs Maximilian Krönung in Aachen im Jahre 1486, in: Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein, insbesondere die alte Erzdiöcese Köln 15 (1864), S. 1–18. Balbus, Hieronymus: De coronatione liber singularis: ad Carolum V. Imp. in quo de Romani imperii origine, progressu, mutationibus, tum dignitate & praecellentia: deniq[e] quam necessaria sit electo Imperatori coronatio Pontificia apud urbem Romam, eleganter disseritur, Straßburg: Rietschius, Andreas 1603. Beatus, Georg: Böheimische Chronica, Das ist: Ordentliche Vnd gantz nützliche jedoch kurtze Beschreibung aller vnd jeder des weitberühmten Königreichs Böhmen, Fürsten, Hertzogen vnd Königen, ihrer Ankunfft , Geschlecht, Leben vnnd Regierung ..., Leipzig: Grosse, Henning d.J. 1616. Becker, Karl Christian: Peter Müllers handschriftliche Chronik aus den Jahren 1573 bis Juni 1633, in: Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst 2 (1862), S. 1–166.
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Reichs Frey- und Reichsstedt Bottschaften und Gewalthaber. Auch andere der Churfuersten, Fuersten und von Stedten Rethe, so bey der Rhoe. Kay. May. Und Koenig. May. Auff dem yetzigen Reichstag zu Speier gewesen seind: mit sampt der Lehen Entpfahung, so der Hochwirdigst Fuerst und Herr Herr Wolffgang Administrator des Hochmeisterthumbs inn Preussen und Meister Teutsch ordens, inn Teutsch und Welschen Landen Entpfangen hat, Frankfurt am Main: Gülfferich, Hermann 1544. Coupe, William A.: The German Illustrated Broadsheet in the Seventeenth Century. Historical and Iconographical Studies (Bibliotheca Bibliographica Aureliana XVII), Baden-Baden 1966. Cuthaenus, Martinus: Brevis et succincta descriptio pompae in honorem ... Ferdinandi Primi ... ex Austria in Metropolim Boiemiae Pragam aduentantis, exhibitae a ... Ferdinando, Archiduce Austriae etc. et Ordinibus totius Regni Boiemiae, octaua Nouembris, Anno 1558 …, Prag: Melantrichus ab Aventino, Georg 1558. Dengel, Ignaz Philipp (Bearb.): Nuntiaturberichte aus Deutschland 1560–1572. Nuntius Biglia 1570–1571, 2. Abt., Bd. VII, aus d. Nachlasse von Ignaz Philipp Dengel hg. u. eingeleitet von Hans Kramer, Graz 1952. Dhineus, Matthias: Kurtzer einfältiger Bericht, deß kayserlichenn Einzugs, welcher geschehen ist, nach dem Newen Kalender, den 18. May, diß 1594. Jahrs, in der weitberühmbten alten Kayserlichen freyen Reichsstadt Regenspurg, Reymweyß gestellt ..., Regensburg: Burger, Andreas 1594. Dilbaum, Samuel: Kaiserlicher Einritt. Summarische Beschreibung, mit was Solennität und Herrligkeit, der Durchleuchtigste, Großmächtigste, etc., Kaiser Rudolphus der II. unser aller Gnedigster Herr, etc., Neben andern Churfürsten, und Ständen des heiligen Römischen Reichs, auff den außgeschriebenen Reichstag zu Regenspurg, den 18. tag des Monats May, Im Jar 1594. eingeritten …, Augsburg: ders. 1594. Drugulin, Wilhelm: Historischer Bildatlas. Verzeichnis einer Sammlung von Einzelblättern zur Kultur- und Staatengeschichte vom fünfzehnten bis in das neunzehnte Jahrhundert, Bd. I: Vorstudien, Hildesheim 1964. Edelmayer, Friedrich u.a. (Hgg.): Die Krönungen Maximilians II. zum König von Böhmen, Römischen König und König von Ungarn (1562/63) nach der Beschreibung des Hans Habersack, ediert nach CVP 7890 (Fontes Rerum Austriacarum. Österreichische Geschichtsquellen, erste Abt. Scriptores 13), Wien 1990. Eder, Georg: Triumphus D. Ferdinando I. Ro. Imperatori invictiss. P. P. Augustiss. Archigymnasii Viennensis nomine pro foelicibus imperii auspicis renunciatus ad eundem panegyrica aliquot doctissimorum hominum carmina, eiusdem scholae nomine, pro communi congratulatione de imperii fascibus tam foeliciter adeptis, conscripta, Wien: Hoffhalter, Raphael 1558. Eichmann, Eduard: Quellensammlung zur krichlichen Rechtsgeschichte und zum Kirchenrecht: Kirche und Staat, 2 Bde., München 1968.
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Hoffstadts und Corrigirten Tittulars, auff der Kay Mtt. und deren ERb Königreich und Landen, auch auß Steyr, Kärndten, und Crain, hohe und nidere Officier, Regiments Rath und Diener, so wol was auff den Hungerischen, Windischen und Crabatischen Gränitzen für Bischofen, Prelaten, Obristen, Hauptleuth, Rittmaister und andere Beuelchhabere verhanden, und wie sie mit Namen haissen. Zugleich was die Churfürsten und Fürsten, Gaistlich und Weltlich, für statlich Fürsten, Grauen, Herrn, vom Adel und ander, on ihren Höfen auff disem Reichstag bey sich gehabt. Und dann der Abwesenden Chur und Fürsten, auch Stendt des heiligen Röm. Reichs allher gesandte fürneme Räthe und Potschafften, Regensburg: Burger, Andreas 1594. Florian, Gebhard: Chronika der weitberühmten Reichs-, Wahl- und Handel-Statt Franckfurt am Main. Oder Ordentliche Beschreibung der Statt Franckfurt Herkunft und Auffnehmen ...: Wie auch Vieler denckwürdigen offenbahren Geschichten und Reichshandlungen …, Frankfurt: Fickwirth, Georg 1664. Francolin, Johann von: Kurtzer Bericht welcher gestalt von der Römischen Keyserlichen Mayestat, Kayser Maximilian, diß namens dem andern, Der Churfürst Hertzog Augustus zu Sachssen, etc. unser gnedigster Herr, Seiner Churfürstlichen Gnaden Reichs Lehen und Regalien, auff den jetzigen Reichstag, allhier zu Augspurg, den 23. des Monats Aprilis, offentlich unterm Himmel empfangen, Und wie es allenthalben darmit zugangen, Augsburg: Francke, Matthäus 1566. Francolin, Johann von: Thurnier Buech. Warhafftiger Ritterlicher Thaten, so in dem Monat Junij des vergangenen LX. Jars in und ausserhalb der Stadt Wienn zu Roß und zu Fueß / auff Wasser und Lannd gehalten worden, mit schönen figuren contrafeet, und dem Allerdurchleuchtigisten / Großmechtigisten Fürsten und Herrn / Herren Ferdinands / erwelten Römischen Kayser / zu allen zeyten Mehrer der Reichs etc. deren allergeliebsten Khindern / dem ganzen Adel unnd hochberüembter Teutscher Nation / durch Hannsen von Francolin Burgunder / Hochstgedachter Rö. Kay. Mayt. etc Ernholden etc. zu Ehren beschriben, Wien: Hoffhalter, Raphael 1560. Francolin, Johann von: Thurnierbuch: Warhaffte eigentliche und kurtze Beschreibung aller Kurtzweil und Ritterspiel, so der Durchleuchtigst ... Herr Maximilian, König zu Böheim, Ertzhertzog zu Oesterreich ... dem Allerdurchleuchtigsten ... Herrn Ferdinand, erwehlten Römischen Keyser ... zu gehorsamsten wolgefallen, und zu frölicher Ankunfft deß ... Herrn Albrecht Hertzogen in Beyern, auch ihrer K.W. geliebsten Brüdern und Schwestern … in ... Wien ... lassen halten, Frankfurt am Main: Reffeler, Paulus 1578. Francolin, Johann von: Vera descriptio quomodo Sa. Cae. Maiestas Maximilianus secundus etc. In suis primis comitijs. Augustae habitis Illustrissimo Duci Saxoniae Augusto etc. Inuestituram sui Electoratus & Dominiorum nonnulorum concesserit: Die 23. April. An: 1566, Augsburg: Ulhart, Philipp d.Ä. [1566].
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Francolin, Johann von: Vera et genvina descriptio actvo, quo a sacra Caesarea Maiestate, Reverendissimo Princeps ac Dominus Dominus Georgius generalis militiae Hierosolymitiae Ordinis Beatae Mariae Teutonicorum, in Prussia Administrator, ac eiusdem per Germaniam et Italiam Magister etc. 9. die Maij, Anno salutis 1566, hisce primiis eius comitiis August[a]e Vindelicoru[m] habitus sub dio inuestituram, dominiorum suorum est consecutus, Augsburg: Zimmermann, Hanns [1566]. Francolin, Johann von: Wahrhafftige Beschreibung, Wellicher massen, vonn der Röm. Kay. May. vnnserm Allergnedigsten Herrn, der Hochwürdigst Fürst vnd Herr, Herr Görg Administrator, des Hochmaisterthums in Preussen, Maister Teutsch Ordens, in Teutschen vnd Welschen Lannden, auff disem Irer May. ersten zu Augspurg gehaltenen Reichstag, den 9. May. Anno etc. 66, die Lehen offentlich vnder dem Himmel empfangen hat, Augsburg: Zimmermann, Hans 1566. Freher, Marquard: Kurtzer vnd gegruendter Bericht Uber die Frag Ob die Roemische Kayserliche Majestat, Unser Allergnaedigster Herr, In Sachen Fuerstenthumb Hertzogthumb Graffschaffte[n] [et]c. belangend, so vom Reich zu Lehen ruehren, vnd einem theil gaentzlich vnd endlich abgesprochen werden solten: Allein vnd zwar durch dero Reichs Hoffraeth oder mit zuziehung der Chur- vnd Fuersten dess Reichs als Parium Curiae, zuerkennen vnd zusprechen, [Frankfurt am Main]: Kopf, Peter 1613. Frischlin, Nikodemus: Panegyrici tres de laudibus D. D. Maxaemyliani II. et Rodolphi II. Maxaemyliani F. Romanorum impp. .... ac Germaniae, Hungariae, Bohemiae etc. regum ..., Tübingen: Hockius, Alexander 1577. Froning, Richard (Hg.): Frankfurter Chroniken und annalistische Aufzeichnungen des Mittelalters (Quellen zur Frankfurter Geschichte 1), Frankfurt am Main 1884. Gasser, Achill Pirmin: Dritter Theil Der Weitberhümpten Keyserlichen freyen Reichßstatt Augspurg in Schwaben historischer Beschreibung vnd Chronicen, in: Welser, Marcus: Chronica Der Weitberuempten Keyserlichen Freyen und deß H. Reichs Statt Augspurg in Schwaben/ Von derselben altem Ursprung/ Schöne ... Gebäwen unnd ... gedenckwürdigen Geschichten, Frankfurt am Main: Egenolff (Erben) [1596]. Geisberg, Max: The German Single-Leaf Woodcut: 1500–1550, revised and edited by Walter L. Strauss, 4 Bde., New York 1974. Glaser, Friedrich: Arbor Imperialis, Das ist Der Regenten Baum. Von der Hoheit, Würde, Stand unnd Ampt deß Römischen Keysers, und jeder hoher und niedriger Obrigkeit, am 9. Sonntag nach Trinitatis in der StadtKirchen zu Gera, auß empfangenen gnädigen Befehl, in einer sonderbaren Predigt auß dem Propheten Daniel, Cap. 4, erkläret und außgeleget ... Als von dem Keyserlichen Wahl und KrönungsTage ... Herr Heinrich der Jünger Reuß, Herr von Plauen, Herr von Gäitz ... anheim kommen …, Gera: Spieß, Martin 1612.
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Gloeckler, Albrecht F.W.: Die Reichstags-Fahrt des Herzogs Ulrich von Meklenburg im Jahre 1582, in: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde 9 (1844), S. 166–214. Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit, in: Johann Wolfgang Goethe. Sämtliche Werke. Briefe, Tagebücher und Gespräche, 40 Bde., I. Abt., Bd. 14, Frankfurt am Main 1986. Goldast von Haiminßfeldt, Melchior von: Politica Imperialia, sive Discursus Politici, Acta Publica, et Tractatus generales de D. Imperatoribus et Regis Romanorum, Pontificis Romani, Electorum, Principum et Communium Sacri R. G. Imperii Ordinum Juribus, Privilegius, Regalibus, Dignitatibus, Praeeminentiis aliisque rebus generalibus ad Italum Publicum S. Imp. pertinentibus, tam religiosis, quam profanis etc. ..., Frankfurt am Main: Bringer, Johann 1614. Goldast von Haiminßfeldt, Melchior von: Politische ReichsHändel. Das ist, allerhand gemeine Acten, Regimentssachen, und Weltliche Discursen: Das gantze heilige Römische Reich, die Keyserliche und Königliche Majestäten, den Stul zu Rom, die gemeine Stände deß Reichs, insonderheit aber das geliebte Vatterlandt Teutscher Nation betreffendt, Frankfurt am Main: Bringer, Johann 1614. Goldast von Haiminßfeldt, Melchior von: Reichshandlung und andere deß H. Römischen Reichs Acta, Tractaten, Keyserliche, Königliche, und Fürstliche Mandata, beyde Geistlich und Weltlich Regiment betreffendt/Von Macht und Gewalt deß Keysers und Babsts, Keyserlichen und Königlichen Crönungen, Königlicher Wirde, und MagistratAmt, Regalien deß Reichs, auch dero Chur und Fürsten im Reich, Concilien, und derselben Freyheit, Ständen, so zu dem H. Römischen Reich in Teutschen und Wälschen Landen gehören, sampt Processen wieder die, so davon abgetrennt worden ..., Hanau: Halbey, Johann / Kopf, Peter 1609. Gryphiander, Johannes: Disputatio Historico-Politico-Iuridica De Statu Imperii Romano Germanici antiquo-moderno, Jena: Rauchmaul, Heinrich 1612. Häberlin, Franz Dominicus: Neueste teutsche Reichs-Geschichte, vom Anfange des Schmalkaldischen Krieges bis auf unsere Zeiten, 28 Bde., Halle: Gebauer 1774–1781 (1804). Hainhofer, Philipp: Beschreibung Philippi Hainhofers Burgers von Augsburg auf den Reichsstag nach Regensburg Anno 1613 Verrichteter Rayse, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg 8 (1881), S. 172–204. Hainhofer, Philipp: Des Augsburger Patriciers Philipp Hainhofer Reisen nach Innsbruck und Dresden, hg. von Oscar Doering, Wien 1901. Hampe, Theodor: Nürnberger Ratsverlässe über Kunst und Künstler im Zeitalter der Spätgotik und Renaissance, 3 Bde., Wien 1904. Harms, Wolfgang (Hg.): Deutsche illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts, 6 Bde., Tübingen 1985–1997.
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Harsdörffer, Georg Philipp: Vollständig vermehrtes Trincir-Buch: Handlend: I. Von den Tafeldecken ... II. Von Zerschneidung und Vorlegung der Speisen. III. Von rechter Zeitigung aller Mundkoste/ oder von dem Kuchenkalender/ durch das gantze Jahr. IV. Von den Schaugerichten/ und etlichen Denckwürdigen Bancketen ..., Nürnberg: Fürst, Paul 1652 (zuerst 1640). Haselberg, Johannes: Die Stende des heiligen Römischen Reichs, mit samt allen Churfürsten und Fürsten etc. gaistlichen und weltlichen, mit iren Titeln, und geschickten Potschafften, so zu Augspurg in der Kayserlichen Reichstat, auf den yetztuerganngen, loblichen Reichstag erschinen, mitt zierlichen freüden der Fürstlichen hochzeit, so der Durchleüchtig Hochgeborn Fürst Casimirus Marggraue zu Branndenburg etc. gehalten, wo, und an wölchen enden die vollendt worden ist etc., Augsburg: ders. 1518. Haß-Zumkehr, Ulrike: Leonhard Schwartzenbachs Synonyma – Beschreibung und Nachdruck der Ausgabe Frankfurt 1564 (Lexicographica, Series maior 11), Tübingen 1986. Hausenblasová, Jaroslava: Der Hof Kaiser Rudolfs II. Eine Edition der Hofstaatsverzeichnisse 1576–1612, Prag 2002. Hertzog, Bernhart: Chronicon Alsatiae. Edelsasser chronick unnd ausfürliche beschreibung des untern Elsasses am Rheinstrom, auch desselben fürnemmer Stätt ... Darinn ihre her und ankunfften, leben, handlung, thaten, auch darinnen von anfang dessen biß auf gegenwertiges 1592. Jar gedenckwürdigen vorgangene geschichten, gründlich und umbständiglich, auß mancherley bewärten, glaubwürdigen Scribenten, Urbarn, Brieflichen Urkunden, auch anders vermerckungen, und berichten zusamen gezogen …, Straßburg: Jobin, Bernhard 1592. Heyden, Adam und Nikolaus: De electione et inauguratione Maximiliani Austrii II Romanorum regis, Francofurti ad Moenum, Anno 1562, Vna Cvm Catalogo Electorvm, Principum, Comitum, Baronum, Nobilium, necnon aliorum Doctorum clarissimorumq[ue] uirorum, qui huic designationi interfuerunt …, Frankfurt am Main: Rab, Georg / Feyerabend, Sigismund / Han (Erben), Weygand 1563. Heyen, Franz-Joseph: Kaiser Heinrichs Romfahrt. Die Bilderchronik von Kaiser Heinrich VII. und Kurfürst Balduin von Luxemburg (1308–1313), Boppard am Rhein 1965. Hoffmann, Johann Wilhelm: Johann Wilhelm Hoffmanns Sammlung Ungedruckter und zu den Geschichten, auch Staats-, Lehn- und andern Rechten des Heil. Römischen Reichs gehöriger Nachrichten, Documenten und Urkunden, Halle 1737. Hollstein, Friedrich Wilhelm Heinrich: German Engravings, Etchings and Woodcuts: ca. 1400–1700, Bd. 1–8, Amsterdam 1954–1968. Holzmann, Daniel: Klag-Lied, Vber das Absterben. Maximiliani das andere ... : Wie so Römische Kay. May. In Gott Selig verschiden, zu Regenspurg auff den Reichs-
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Kleppis, Gregor: Theatrum Emblematicum, o.O. 1623. Landsperger, Lorenz: Churfürsten, Fürsten, Gaistlich und weltlich, Graffen, Freye, Herrn, Rittern und Edelleut, auch andere der Churfürsten, Fürsten, und von Stetten Raeth, so bey der Roe. Kay. und Kü. Mayestat auff dem Reychstag zu Regenspurg gewesen seind, im Jar 1541. Item des Hertzogen von Pommern Lehens empfahung, under dem fanen, und des Ernholts Privilegium, Augsburg: Steiner, Heinrich [1541]. Languet, Hubert: Arcana Seculi Decimi Sexti ... Epistolae secretae ad principem suum Augustum Sax. ducem & S.R.I. Septemvirum/ Ex Archeiōi Saxonico Descriptas Primus E Museo Edit Jo. Petr. Ludovicus ..., Halle: Zeitler, Johann Friedrich / Muselius, Heinrich Georg 1699. Lanzinner, Maximilian (Hg.): Der Reichstag zu Augsburg 1566, 2 Teilbände (Deutsche Reichstagsakten. Reichsversammlungen 1556–1662), München 2002. Lanzinner, Maximilian: Der Reichstag zu Speyer 1570, 2 Teilbände (Deutsche Reichstagsakten. Reichsversammlungen 1556–1662), Göttingen 1988. Lascarinus, Johann: Warhaffte Beschreibung deß Einzugs Deß Allerdurchleüchtigsten/ Großmächtigsten und Unüberwindtlichsten Fürsten und Herrn/ Herrn Matthiae deß Ersten dises Namens/ Erwehlten Römischen Käysers [et]c.: Welcher in deß H. Römischen Reichstatt Nürmberg/ den 2. Iulii Iuliani Styli geschehen ..., Amberg: Forster, Michael 1612. Latomus, Johann: Antiquitates quaedam civitatis et potissimum ecclesiae Francofordensis; Acta aliquot vetustoria in civitate Francofurtensi, in: Richard Froning (Hg.): Frankfurter Chroniken und annalistische Aufzeichnungen des Mittelalters (Quellen zur Frankfurter Geschichte 1), Frankfurt am Main 1884, S. 67–136. Lautenbach, Conrad: Jacobi Franci Relationis Historicae Continuatio, Oder Warhafftige Beschreibunge aller fürnemen unnd gedenckwürdigen Historien/ so sich hin unnd wider in hoch unnd nider Teutschland/ auch in Franckreich/ Schott- unnd Engelland/ Hispanien/ Hungarn/ Polen/ Siebenbürgen/ Wallachey/ Moldaw/ Türckey/ [et]c. etwas zuvor und hierzwischen nechstverschiener Franckfurter Fastenmessz biß auff diese Herbstmessz dieses 1612. Jahrs/ verlauffen und zugetragen: In sonderheit die Wahl und Krönung der Röm. Keys. May. und deroselben Gemahlin betreffend …, [Frankfurt am Main]: Latomus, Sigismund 1612. Lautenbach, Conrad: Jacobi Franci Relatio Historica Quinquennalis warhafftige Beschreibung aller fürnemmen unnd gedenckwürdigen Geschicht, so sich innerhalb funff Jahren, nemlich von Anno 1590. biß 1595. in hoch und nieder Teutschland, Braband, Holland, Seeland, Dennemarck, Schweden, Polen, Behem, Liffland, Franckreich, Engelland ... Podolia und Türckey verlauffen und zugetragen haben ..., Frankfurt am Main: Brachfeldt, Paul 1595. Leeb, Josef: Der Kurfürstentag zu Frankfurt 1558 und der Reichstag zu Augsburg 1559 (Deutsche Reichstagsakten. Reichsversammlungen 1556–1662), Göttingen 1999.
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Lersner, Achilles August von: Der weit-berühmten freyen Reichs-, Wahl- und Handelsstadt Franckfurt am Mayn Chronica oder ordentliche Beschreibung der Stadt Franckfurt: Herkunft und Auffnehmen wie auch allerley denckwürdige Sachen u. Geschichten, so bey der röm. Königen u. Kayser Wahl u. Crönungen ... vorgegangen nebst denen Veränderungen, die sich in weltl. u. geistl. Sachen nach u. nach zugetragen haben …, 2 Bde., Frankfurt am Main: ders. 1706 (zuerst 1664). Löhneysen, Georg Engelhard: Della Cavalleria: gruendtl. Bericht von allem was zu d. Reutterei gehoerig, Remlingen: ders. 1609. Loserth, Johann (Hg.): Das Tagebuch des steiermärkischen Landschaftssekretärs Stephan Speidl: geführt bei der i.-ö. Reichshilfsgesandtschaft am Regensburger Reichstage 1594 (Forschungen zur Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Steiermark 10,4), Graz 1931. Luder, Wolfgang: Descriptio ingressus, in inclytam Norimbergam, illustrissimi ... D. Maximiliani II. Sacri Romani Imperii Caesaris, qui 7. Iunii, anno à nato Christo 1570. maxima pompa & reuerentia, circiter preces vespertinas ingressus est, [Nürnberg: o.Hg. 1570]. Lünig, Johann Christian: Theatrum ceremoniale historico-politicum, oder Historisch- und politischer Schau=Platz Aller Ceremonien …, 2 Bde., Leipzig: Weidmann, Moritz Georg 1719–1721. M.J.F.W. [ Johann Friedrich Wieland]: Das hochbeehrte Augspurg, wie solches nicht allein mit beeder Kayserl. als auch der Ungaris. Königl. Majest., ingleichem der Höchstlöbl. Churfürsten unnd Churfürstl. Gesandten, samt viler anderer Stände des H. Röm. Reichs, höchsterfreulichster Ankunfft, sondern auch darauf erfolgter Der Allerdurchleuchtigsten und Großmächtigsten Römischen Kayserin und Römischen Königs Eleonorae und Iosephi Krönungs-Festivität beglücket worden …, Augsburg: Koppmayer, Jakob 1690. Machoczek, Ursula: Der Reichstag zu Augsburg 1547/48 (Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe 18), 3 Teilbände, München 2006. Major, Johannes: Ad divum Maximilianum, Imperatorem designatum, Dresdam ingredientem carmen, Wittenberg: Seitz, Peter [1564]. Mameranus, Nikolaus: Der anhängig thail des Catalogi von Röm. Kay. May. unnd dann aller Fürsten unnd Herren des Reichs, so auff dem Reichßtag zu Augspurg gewesen, Rhät und Hofgesind. Mit zusatz des Rennspils, so den 12. Maii auff dem Weinmarckt vor Kay. May Palast gehalten. Unnd Beschluß des Reichßtags, Dillingen: Mayer, Sebald 1566. Mameranus, Nikolaus: Kurtze vnd eigentliche verzeychnus der Römischen Kayserlichen Mayestat vnnd ihrer Mayestat Gemahels Hofstats vnnd aller anwesenden Churfürsten, Fürsten, Gaistlichen vnd Weltlichen, Graffen, Herren vnd Stenden des heyligen Röm. Reichs, vnd der abwesenden Räthe, Bottschafften vnd Gesandten … Auch mit aygentlicher beschreybung, wie der Churfürst Hertzog Augustus zu Sachssen vnnd Herr Georg Teutsch Maister jre Regalien vnnd Lehen
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von jrer Kay. May. empfangen haben. Item Kay. May. sampt der Statt Augspurg Ordnung vnd Satzung, so auff dem Reichßtag daselbst gehalten worden, Augsburg: Franck, Matthäus [1566]. Mameranus, Nikolaus: Kurtzer Bericht welcher Gestalt Kaiser Carl der fünfft &c. Hertzog Moritzen Churfürsten zu Sachsen &c. mit dem Ertz-Marschalch Ampt unnd der Chur zu Sachssen im 1548 Jar, den 24. Februarii auff dem Reichstag Augspurg, offentlich under dem Himmel belehnet hat, Leipzig: Babst, Valentin [1548]. Marstaller, Johann Christoph: Gratiarvm Actio ... Svper Laetvm Divi Matthiae Imperatoris ... Norimbergam adventum, [Nürnberg]: Wagenmann, Abraham 1612. Mattsperger, Johann: Gratulatio de adventu D. Maximiliani II. Rom. Imp. Invictiss. & ad comitia Augustana, anno 1566, quomodo praesentes Christianae religionis controuersiae dirimi, & salutaris fidei ac politiae concordia constitui queat, demonstratur, Augsburg: Franck, Matthäus 1566. Memmius, Conrad: Appendix zu der historischen Relation Jacobi Franci: Erstlichen, Proces wie etliche Chur und Fürsten auff nechst vorschienen Reichstage zu Regenspurg ihre Lehn und Regalien ... von Rudolpho II. empfangen. Fürs Ander. Hungerische Zeitung von der Christen schweren Niederlag in jrem Lager und Schantz (gegen Raab uber an der Tonaw) und was sich seinthero zwischen den Christen und Turcken auch andreswo verlauffen und zugetragen hat ..., o.O. / o. Hg. 1594. Merian, Caspar: Beschreibung und Abbildung Aller Königl. und Churfürstl. EinZüge, Wahl und Crönungs Acta, So geschehen zu Franckfurt am Mayn, im Jahr 1658: Sampt andern darzu gehörigen und beygefügten Sachen ..., Frankfurt am Main: ders. 1658. Mirus, Martin: Sieben christliche Predigten auff dem Reichstage zu Regenspurg gethan, als Anno 1575. unser aller gnedigster Keiser Rudolphus II. zum Reich erwehlet worden ..., Erfurt: Mechler, Joachim 1590. Modius, Franciscus: Pandectae Triumphales, sive Pomparum, et Festorum ac Solennium apparatuum, conviviorum, spectaculorum, simulacrorum, Bellicorum Equestrium, et Pedestrium; naumachiarum, ludorum deniq. omnium nobiliorum; quot hactenus ubiq. gentium re bello bene gesta, itemq. in inaugurationibus, nuptijs, amicis congressibus, aut ingressibus, funeribus postremum Imperatorum, Regum, Principumque edita concelebratique sunt, 2 Bde., Frankfurt am Main: Feyerabend, Sigismund 1586. Moer, Hartmann: Coronatio Invictissimi Caroli Hispaniarum Regis Catholici in Romanorum Regem, Nürnberg: Peypus, Friedrich 1523. Moser, Friedrich Carl von: Kleinere Schriften zur Erläuterung des Staats- und Völkerrechts, 12 Bde., Frankfurt am Main: Andreä 1751–1765. Moser, Friedrich Carl von: Teutsches Hof=Recht, enthaltend eine Systematische Abhandlung Von der Geschichte des teutschen Hof-Wesens. Von den Rechten
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eines Regenten in Ansehung seines Hofes überhaupt, der Hof-Policey und Oeconomie. Von den persönlichen Rechten, Titulaturen, Bedienung, Bewachung des Regenten, dessen Betragen gegen Fremde, Sterben und Begräbniß. Von der Verlobung und Vermählung des Regenten, den Rechten der Gemahlin und Wittwen. Von der Geburt, Taufe, Erziehung, Reisen und Hofstaat dessen Familie …, 2 Bde., Frankfurt am Main: Andreä 1754–1755. Moser, Johann Jacob: Teutsches Staats-Recht, 53 Tle., Tl. 2, Frankfurt am Main / Leipzig: Stein, Johann 1738. Moser, Johann Jacob: Wahl-Capitulation Ihro Römisch Kayserlichen Majestat Frantz des Ersten: mit Beylagen und Anmerkungen versehen: Bd. 1.2, Frankfurt am Main: Möller 1745. Müllner, Johannes: Die Annalen der Reichsstadt Nürnberg von 1623, 2 Bde., hg. von Gerhard Hirschmann (Quellen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg 8 und 11), Nürnberg 1972–1984. Neri, Daniela (Bearb.): Nuntiaturberichte aus Deutschland 1572–1585 nebst ergänzenden Aktenstücken, 3 Abt., Bd. 8: Nuntiatur Giovanni Dolfins (1575– 1576), Tübingen 1997. Neudorff, Philibert Günther von: Gründtliche Beschreibung: Oder Historische Relation, deren zu Franckfurt vorgegangener Keyserlichen Wahl unnd Krönung, Keysers Matthiae, was sich gedenckwürdiges zwischen den Chur Fürsten in Stimmen, auch mit was Ceremonien und Solenniteten, solche angefangen und verbracht, auch was sich sonsten dabey begeben und zugetragen hat. Sampt angeheckter Glückwunschung und Dancksagung, daß GOTT das Römische reich mit einem solchen Allerweysesten und Friedliebenden Haupt Gnedigst widerumb versehen, Darmstadt: Hofmann, Balthasar 1612. Obermeier, Christoph (Hg.): Die erste Regensburger Bauamtschronik. Edition und Kommentar, unveröff. Magisterarbeit Universität Regensburg 1987. Oertel, Hieronymus: Chronologia: Oder Historische beschreibung aller Kriegsempörungen unnd belaegerungen der Staett und Vestungen auch Scharmützeln und Schlachten so in Ober und Under Ungern auch Sibenbürgen mit den Türken von A. 1395. biß auff gegen wertige Zeit denckhwürdig geschehen …, Bd. 2: Appendix Partis Quartae Chronologia Ungaricae, Das ist: Warhafftige, Außführliche, Historische Beschreibung: Was gestallt der Aller Durchleuchtigst Fürst und Herr, Herr Matthias Ertzherzog zu Oesterreich, etc., Montags den 19. Novembris Anno 1608 am Tag Elisabetae, Weiland Königin in Hungern, etc. zu Preßburgk zum Hungerischen, und An. 1611 Montags nach dem H. Pfingsttag zu Prag zum Böhemischen König: Wie in gleichem Anno 1612. den 13. Junii zu Franckfort am Mayn, zum Römischen König erwöhlet, und den 24. ditz am Tage S. Johannis neben irer Mai. Ehegemalin mit grosser Sollennitet daselbst gekrönet, und zum Römischen Kayser erkleret worden …, Nürnberg: Lantzenberger, Katharina 1613.
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Paas, John Roger: Effigies et Poesis: An Illustrated Catalogue of Printed Portraits with Laudatory Verses by German Baroque Poets, Wiesbaden 1988. Panvinio, Onophrio: De comitiis imperatoriis liber, in quo praeter caetera, septemvirorum origo accurate demonstrata, atque communis quae adhuc obtinuit, fama, confutata est. Accessit insuper Caroli IV. aurea bulla, Straßburg: Zetzner, Lazarus 1613 (zuerst 1558). Peckenstein, Lorenz: Theatrum Saxonicum. Beschreibung der fuernembsten Koenige, Chur unnd Fuersten adeliger Geschlechter ... in der Provintz Obersachsen, Jena: Steinmann, Tobias 1608. Pesel, Paul: Warhafftyge und aigentliche verzaichnüs der Allerdurchleichtigisten, großmechtigisten unserer aller gnedigiste herrn Kayser Karls des fünfften sambt seiner Kayser. Maiestat Bruders Künig Ferdinanden etc. Wegnemen oder Raiß nach Enndung jüngst gehaltenen Kayserlichen Reychstags, von Augspurg nach Cölln, zu der fürgenommen Election des Rö. Künigs, wie desselben waal volpracht, Volgend Einzug unnd die Crönung zu Aach, mit der Solemnitet darzu gehörig gehallten, und verricht, Und wie nach dem allen hochgedachte Rö. Kayser und Künig iren Brüderlichen schone abschied von einand genommen haben, alles verloffen, zum tail im. 30. und das maist im 31. Jar, [Wien: Singriener d. Ä., Hanns 1531]. Pfintzing, Melchior: Die geuerlicheiten und eins teils der geschichten des loblichen streytparen vnd hochberümbten helds und Ritters herr Tewrdannckhs, Nürnberg: Schönsperger, Johann d.Ä. 1517. Piccartus, Michael: Epos geminum, alterum ad inclytam Romani Imperii urbem Norimbergam super ingressu festissimo serenissimi Principis Matthiae Austrii Ungariae Bohemiaeque Regis. Alterum ad eumdem invictissimum Principem Matthiam recens ab Imperii Romani septemviris, totius Europae orbisque christiani votis consentientibus, et applausu electum. Imperatorem Romanum iterum Norimbergam faustis auspicijs ingredientem, Nürnberg: Wagenmann, Abraham 1612. Pierius, Christianus: Maximilianis minor, Maximiliano magnipotenti magnanimoque mundi moderatori mancipata modulataque Modvlatore Minimo Maximi Mvndi Monarchae, Mvsarumque Ministro, Christiano Pierio Coloniensi, Tübingen: Morhard, Ulrich 1566. Pontano, Giovanni: I trattati delle virtù sociali. De liberalitate, De beneficentia, De magnificentia, De splendore, De conviventia. Introduzione, testo, traduzione e note a cura di Francesco Tateo, Rom 1965. Pierius, Urban: Geschichte der kursächsischen Kirchen- und Schulreformation (MS germ. quart. 91 der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz), hg. von Thomas Klein, Marburg 1970. Posth, Johannes: Carmen gratulatorium, Invictissimo Et Potentiss. Principi Ac Domino, D. Maximiliano, Rom. Designato, Bohemiaeque coronato Regi, Archiduci Austriae ..., Frankfurt am Main: Lucius, Ludwig 1562.
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Sleidan, Johann: Ordenliche Beschreibung und Verzeychniß allerley fürnemer Händel, so sich in Glaubens- und in anderen weltlichen Sachen bei Regierung der Keyser Carsl V., Ferdinand I., Maximilian und Rudolphi der Andern, in und ausserhalb des Heyligen Römischen Reichs Teutscher Nation biß auf das 1584. Jar zugetragen haben, durch Joannem Sleidarum und Michaelum Beutherum ..., Straßburg: Rihel, Theodosius 1593. Sleidan, Johann: Ordenliche Beschreibung und Verzeychniß allerley fürnemer Händel, so sich in Glaubens- und anderen weltlichen Sachen bei Regierung der großmächtigsten Keyser Carls dieses Namens des Fünfften, Ferdinandi der Andern, inn und ausserhalb des Heyligen Römischen Reichs teutscher Nation, biss auff das 1584. Jar, zugetragen und verlauffen haben, nachmaln mit Summarien eynes jeden Buchs und hienbeigesetzten Erklärungen, den Leser mannigerley Umbstände so vil desto besser zuverständigen, von newen zugericht, Straßburg: Rihel, Theodosius 1598. Sleidan, Johann: Ernewerter Sleidan, Das ist: Historische Beschreibung der fürnemsten Geschichten und Händel, so sich in Religions unnd anderen Politischen Sachen, bey Regierung der Unuberwindlichsten Keyser Caroli deß V. Ferdinandi deß I. Maximiliani und Rudolphi der II. in und ausserhalb deß H. Römischen Reichs verlauffen und zugetragen haben … an jetzo auff das newe ubersehen, gebessert, continuirt und mit Politischen Annotaten, Observationen und Discursen ... gemehret, Frankfurt am Main: Richter, Wolfgang 1612. Sleidan, Johann: Ernewerter Sleidan, Das ist: Historische Beschreibung der fürnemsten Geschichten vnd Händel, so sich in Religions vnnd anderen Politischen Sachen, bey Regierung der ... Keyser, Caroli deß V. Ferdinandi deß I. Maximiliani vnd Rudolphi der II. in vnd ausserhalb deß H. Römischen Reichs verlauffen vnd zugetragen haben …, Continuatio Theil 4: Von Anno 1611. biß auff 1616. continuirt, Frankfurt am Main: Jacobi, Paul 1616. Sleidan, Johann: Sleidani Continvati Pars Prima: Das ist, Erster Theil der Historischen Continuation ... vom Jahr 1555 ... bis auf das Jahr 1564 ..., Straßburg: Rihel, Theodosius / Heyde, Christoph von der 1620. Staphylus, Friedrich: Aigentliche unnd warhaffte Beschreibung weß bey der herrlichen Besingknuß, so die Röm. Kay. May. Kaiser Ferdinand etc. irer May. lieben Bruder unnd Herrn Kayser Carlen dem fünfften Hochlöblichster gedächtnus am 24. und 25. Februarii des 59. Jars ordenlich und zierlich gehalten, sich allenthalben verloffen unnd zugetragen …, Dillingen: Mayer, Sebald 1559. Stieve, Gottfried: Europäisches Hof-Ceremoniel, in welchem Nachricht gegeben wird, Was es für eine Beschaffenheit habe mit der Praerogativ und dem daraus fliessenden Ceremoniel, Welches Zwischen Kayser- und Königl. Majestäten, Churfürsten, Cardinälen, Fürsten und freyen Republiquen, dero Gesandten und Abgesandten beobachtet wird …, Leipzig: Gleditsch 1715. Strauss, Walter L. (Hg.): The German Single-Leaf Woodcut 1550–1600. A Pictorial Catalogue, 3 Bde. (Abaris graphics archive 1), New York 1975.
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4. Abbildungsnachweis © Albertina, Wien, Cimelienkasten, Fach I, Nr. 14 (Abb. 13) GNM Nürnberg, Graphische Sammlung, HB 27541/ 1221 (Abb. 18) HAB Wolfenbüttel, 7 B Hist. 2°(2) (Abb. 20), 218.11 Quod.(39) (Abb. 43), 231 Hist.(23) (Abb. 44) HM Frankfurt (Abb. 13, 21, 23, 29, 30, 34, 35, 36, 37–42) HStA Dresden, 11345 Ingenieurskorps, BIII Dresden, Nr. 3 (Abb. 51) SLUB Dresden (Abb. 27, 28, 42, 44, 45, 46, Tab. 6.4) StA Nürnberg, Rst. Nürnberg, Bildsammlung, 35.12/1 (Abb. 1), 35.14/1 (Abb. 2), 35.26 (Abb. 3), 35.23 (Abb. 4), 35.15 (Abb. 5), 35.21 (Abb. 5.4), 35.25 (Abb. 5.1), 35.32 (Abb. 5.2), 35.35 (Abb. 5.3), 35.17 (Abb. 5.5), 35.39 (Abb. 9), Hss. 150, fol. 142 (Abb. 14), 35.30 (Abb. 16), Hss. 182, fol. 233 (Abb. 24), Hss. 230 (Abb. 54) StA Aachen, Hss 174 (Abb.25) ULB Darmstadt, Hss. 1971 (Abb. 5.6, 6, 7, 7.1, 7.2, 11, 12) Außerdem wurden Abbildungen aus folgenden Publikationen verwendet: Ausstellungskatalog Nürnberg (2002), Abb. 28 (Abb. 10); Ammann, Geschichte, Bd. 1, Abt. II, Tafel II, Vf. (Abb. 17); Kircher, Kaiser, Abb. XXII (Abb. 31); Ausstellungskatalog Venedig (1987), S. 106 (Abb. 8); Ausstellungskatalog Dresden (2004), S. 358 (Abb. 15); Ausstellungskatalog Münster (1998), Bd. 3, S. 929 (Abb. 19); Geisberg, Single-Leaf Woodcut, Bd. 1, S. 277 (Abb. 26); Alexander / Strauss, Single-Leaf Woodcut, Bd. 1, S. 343 (Abb. 33); Strauss, German Single-Leaf Woodcut, Bd. 3, S. 994 (Abb. 32); Förschner, Krönungsmedaillen, S. 40 (Abb. 49), Möseneder, Feste, Abb. 28, 44 (Abb. 48, 50); Matthäus Merian: Topographia Bavariae: Das ist Beschreib: und Aigentliche Abbildung der Vornembsten Stätt und Orth in Ober vnd NiederBeyern, Der ObernPfaltz, und andern Zum Hochlöblichen Bayrischen Craiße gehörigen Landschafften, ND Zwickau 1914 (zuerst Frankfurt am Main 1644), S. 72 (Abb. 52); ders. Topographia Hassiae, et regionum vicinarum: Das ist: Beschreibung und eygentliche Abbildungen der vornehmsten Stätte und Plätze in Hessen und deren benachbarten Landschafften …, ND Kassel 1959 (Ausgabe Frankfurt am Main 21655), S. 51 (Abb. 53).
Index
Aufgenommen wurden historische Personen und Orte sowie Territorien, nicht jedoch solche, welche lediglich im Titel von gedruckten Werken auftauchen. Auf sehr häufig genannte Personen wie die vier Kaiser des Untersuchungszeitraumes wurde verzichtet. Weltliche und geistliche Herrschaftsträger stehen unter ihren Territorien, Kaiser und Kaiserinnen unter ihrem Namen. Erläuterungen zu Personen dienen nur zur Orientierung und beziehen sich auf in dieser Studie relevante Tätigkeiten. Bei Poeten handelt es sich meist um humanistische Gelehrte mit mehreren Tätigkeitsfeldern. Im Hofdienst stehende Personen haben oft eine Vielzahl von Positionen durchlaufen und teilweise mehrere Ämter gleichzeitig innegehabt, die hier nicht alle aufgeführt werden. So waren zum Beispiel die Inhaber der Obersthofämter am Kaiserhof immer auch kaiserliche Räte. Aachen 44, 47f., 85, 155, 181, 205, 246f., 257, 261, 283, 288, 290, 345, 360, 374 Aachen, Krönungen – 1414 288, 290 – 1442 44, 204f. – 1486 44, 442, 492, 506, 565 – 1520 44, 48, 85, 181, 206, 269, 311, 335, 360, 493 – 1531 44, 47, 85, 155, 159, 181, 204, 206, 263, 265, 288, 344, 367, 442, 454, 506 Aarschot, Herzog Philipp III. von 357, 556, 562 Aberman, Heinrich, Poet, Historiker 381, 569 Abondio, Alessandro, Medailleur 457f. Abt, Wolfgang Erhard, Poet 569 Agricola, Melchior, Poet 380, 382, 569 Agricola, Georg IV., Bischof von Seckau 563 Albrecht I., Römischer König 217, 242 Albrecht II., Römischer König 46 Aldringen, Johann Markus, Poet, Theologe 350, 569 Alexander der Große 100 Altdorf 340 Altdorfer, Albrecht, Maler 394 Amberg 340
Amman, Jost, Holzschneider 109, 225f., 348, 352, 390f., 397f., 415, 448f., 499, 508 Anna von Schweidnitz, Gemahlin Kaiser Karls IV., Kaiserin 290 Anhalt, Fürsten und Fürstinnen – Bernhard 156 – Eleonore von Württemberg, Gemahlin von Joachim Ernst 560 – Joachim Ernst 70, 103, 111, 145, 168, 170, 177, 198, 200f., 217f., 242, 313, 350, 549, 552 Anhalt-Bernburg, Christian I. von, pfälzischer Kanzler 52, 124, 134, 163 Anhalt-Dessau, Fürst Joachim Ernst von 103, 111, 308, 541 Anna von Böhmen und Ungarn, Gemahlin Kaiser Ferdinands I. 55, 288 Anna von Tirol, Gemahlin von Kaiser Matthias 52, 65, 70, 108, 111, 118, 130, 136, 139, 159, 208f., 217, 236–8, 277, 288–94, 330, 375, 378f., 381f., 384, 402–4, 406f., 432 Ansbach 50, 113 Antwerpen 73, 83, 117, 361, 505 Arcimboldo, Giuseppe, kaiserlicher Hofkünstler 240f. Arthus, Gotthard, Poet, Historiker 406 Aschaffenburg 50, 157, 178
676 Aubry, Abraham, Druckerverleger 506 Auersperg, Weikard Freiherr von, kaiserlicher Obersthofmarschall 539 Augsburg, Bischöfe – Otto, Truchseß von Waldburg 199, 480 – Heinrich V. von Knöringen 125, 138, 147f. Augsburg, Hof- und Reichstage – 1473 313, 320 – 1500 127 – 1510 353 – 1518 353f. – 1530 133, 220, 234, 310, 313, 319, 353, 360, 389, 395 – 1547/8 44, 87, 111, 164, 310, 323, 453, 491 – 1555 21, 44, 144, 252, 480, 496, 519 – 1559 39, 43, 69, 77, 116, 146, 187, 199f., 225, 251, 311, 365, 432, 440, 478–82, 487f., 493, 514, 535f. – 1566 40, 46, 49, 63f., 72, 74, 77, 88, 97, 116, 120, 124, 132, 139, 144f., 165, 194, 213, 225, 251, 310–2, 315–22, 350, 353–5, 383, 389, 437, 440, 470–2, 478, 482, 492, 496, 535f. – 1582 41, 53, 63f., 69, 116, 120, 123, 129, 132f., 136, 139f., 165, 195, 197, 202, 213–5, 226, 338, 340, 354–6, 416f., 472, 478, 482–8, 518, 535f., 546–50, 554f., 563 Augsburg, Reichsstadt 45f., 49f., 60, 72, 116, 118, 124, 148, 174, 220, 234, 237, 296–8, 301, 303, 339, 343, 347, 357, 367, 389, 395, 402f., 413, 416, 421, 436–8, 440–2, 452f., 470, 478–87, 518, 567–9 Augsburg, Wahl- und Krönungstage – 1636 48, 452 – 1690 48, 275, 293, 413 Augustusburg 444 Aussig 171, 558 Avenarius, Thomas, Poet 217, 385f., 454, 594 Baden-Durlach, Markgrafen
Index – Georg Friedrich 163 – Karl II. 471 Balbus, Hieronymus, Chronist, Bischof von Gurk 491, 494 Bamberg, Bischöfe – Veit von Würzburg 103 – Johann Gottfried von Aschhausen 125, 138, 194, 308, 537, 541, 554 Bamberg, Stadt 298 Barbara von Cilly, Gemahlin Kaiser Sigismunds 288, 290 Barbarossa, Chaireddin 220 Basel 491 Bautzen 472, 569 Bayern, Herzogtum 46, 49, 52–4, 67, 77, 79, 119, 123, 128f., 143, 410, 487, 571 Bayern, Herzöge und Herzoginnen – Albrecht V. 45, 50, 52, 70, 88, 115, 135, 139, 143, 145f., 151f., 155, 157f., 160–2, 171, 178, 194, 196, 211, 220, 229, 240, 263, 277, 349, 353, 396, 410, 418, 455, 465, 470, 481, 503, 523, 536f., 549–51, 555–7 – Albrecht, Sohn Wilhelms V. 52 – Anna, Gemahlin Albrechts V. 103, 115, 196 – Ferdinand, Sohn Albrechts V. 103, 115, 308, 548 – Ferdinand, Sohn Wilhelms V. à Köln, Kurfürsten – Magdalena, Tochter Wilhelms V. 399 – Maximilian I. 42, 50, 52f., 111, 124, 127f., 131f., 149, 214, 274, 315, 335, 449, 537, 542f. – Renata, Gemahlin Wilhelms IV. 392 – Wilhelm IV. 220 – Wilhelm V. 53, 63, 124, 392, 537, 548f., 555 Behaim, Hieronymus, Künstler 97 Behaim von Schwarzbach, Friedrich, Nürnberger Rat 462 Beham, Hans Sebald, Holzschneider 178, 220f., 394, 576 Beheim, Heinrich, Künstler 95
Index Behem, Franz, Drucker 586 Bergen, Gimel d.J., Drucker 342, 568, 590, 594, 610 Berlin 482 Beuther von Carlstadt, Michael, Historiker 65, 156f., 160–2, 196, 204, 208, 212, 224, 246, 284, 286, 313, 358, 368–70, 372f., 376, 455, 472, 489f., 506, 536, 550, 555 Biglia, Melchior, päpstlicher Nuntius 311 Birckmann, Johann, Drucker 372 Blotius, Hugo, kaiserlicher Hofbibliothekar 355 Bocksberger, Johann Melchior, Maler 395f., 418 Böhmen, König Wladislaw von 360 Böhmen, Königreich und Kurfürstentum 21f., 35, 39f., 42, 54f., 57, 63–5, 70–2, 78, 91, 95, 98f., 108, 136, 156–8, 165–7, 171, 175, 177, 205f., 213, 243, 264, 268, 271, 288, 302, 344, 354, 369, 372f., 378, 389, 391, 396, 404, 406, 410, 443, 455, 461, 493, 498, 506f., 509, 538–40, 542, 545f., 548, 550, 554, 569f. Bologna 335, 344, 394 Bonomi, Giovanni Francesco, päpstlicher Nuntius 563 Brandenburg, Kurfürstentum 46, 69, 73, 95, 148, 206–9, 269, 272, 374, 383, 537f., 570 Brandenburg, Kurfürsten und Kurfürstinnen – Georg Wilhelm 69, 537f. – Hedwig, Gemahlin von Joachim II. Hektor 198 – Joachim II. Hektor 161f., 196, 259, 270–2, 281, 287, 319, 371, 456, 536, 552, 556 – Joachim III. Friedrich 149, 168, 170, 194, 198, 350, 537f., 547–9, 552, 560 – Johann Georg 48, 69f., 151, 168, 170, 176, 178, 198, 217, 537f., 560 – Johann Sigismund von 69, 125, 174, 178, 269, 384, 537f., 561 – Sabina, Gemahlin Johann Georgs 560
677 Brandenburg-Ansbach, Markgrafschaft 92f., 541 Brandenburg-Ansbach, Markgrafen – Albrecht 464 – Christian 104, 111, 124, 163, – Georg Friedrich 103, 107, 109, 313, 396, 439 – Joachim Ernst 308, 537, 541 Brandenburg-Bayreuth, Markgraf Christian 111, 308, 541 Braunschweig-Grubenhagen, Herzog Ernst von 156 Braunschweig-Lüneburg, Herzöge – Erich II. 312 – Heinrich Julius 571 – Julius 396 Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzogtum 120 Braunstetter, Georg, Wiener Bürgermeister 416 Brechtel, Bartholomäus, Künstler 97 Brentel, Georg, Zeichner 338 Breslau 41, 98, 373, 567, 569 Bretschneider, Daniel, Maler 219, 444 Breu, Jörg d.Ä., Holzschneider 389, 395f., 418 Bringer, Johann, Drucker 342f., 358, 373, 379, 405, 411, 417f., 423, 506f., 568 Brixen, Bischof Christoph Andreas von Spaur 280 Brügge 83 Brunner, Michael, kursächsischer Hofküchenangestellter 471f., 474 Brüssel 83 Bry, Johann Theodor de, Verleger, Kupferstecher 212, 224, 275, 278, 343, 352, 404–8, 413, 418 Burgau, Karl Markgraf 103 Burger, Andreas, Drucker 568 Burger, Johann, Drucker 568 Burgkmair, Hans, Maler, Holzschneider 394 Burgund, Herzöge, – Philipp der Gute 217
678 –
Maria von Burgund, Gemahlin Maximilians I. 288 Burgund, Herzogtum 109, 450 Busbecq, Ogier Ghiselin de, kaiserlicher Gesandter 163, 357 Caesar, römischer Kaiser 100, 394 Calvin, Johannes, Theologe 497f. Camerarius, Joachim d.Ä., Gelehrter, Poet 379, 595 Camerarius, Joachim d.J., Arzt, Poet 355 Camerarius, Ludwig, kurpfälzischer Rat 52, 127, 134f. Campanus, M. Johannes, Poet 569 Campeggio, Lorenzo, Kardinal, päpstlicher Legat 133, 395 Carnevalli, Pirro 380 Cavriani, Ottavio, kaiserlicher Oberststallmeister 541, 551 Cellini, Benvenuto, Künstler 187 Codicillus á Tulechova, Petrus, Poet 378 Colmar 49, 298 Commendone, Giovanni Francesco, päpstlicher Legat 145, 354 Condé, Louis I. de Bourbon Prince de 556 Cornachinius, Johannes Michael, kaiserlicher Herold 310, 353 Costnitz 376 Cracow, Georg, kursächsischer Kanzler 229 Cranach d.Ä., Lucas 444 Croy, Carl Philipp von, spanischer Gesandter 192, 195 Culig, Christoph, Poet 569 Cunradi, Caspar, Poet 569 Cyrus, alttestamentalischer Herrscher 100 Dänemark, Könige – Friedrich II. 166, 536 – Christian III. von 493 Dasypodius, Konrad, Gelehrter, Poet 355 David, altestamentalischer König 282, 291 Delfino, Giovanni, päpstlicher Nuntius 145, 266 Delfino, Zaccaria, Kardinal, päpstlicher Nuntius 286, 357 Derrer, Balthasar, Nürnberger Rat 540
Index Deutscher Orden, Hochmeister – Georg Hund von Wenckheim 310 – Maximilian von Österreich 71, 125, 165, 175, 177, 198, 509, 540, 553, 558, 560, 563 – Wolfgang Schutzbar gen. Milchling 50, 310 Dhineus, Matthias, Publizist 348, 362, 384 Dietrichstein, Freiherren von – Adam, kaiserlicher Obersthofmeister 70, 549 – Maximilian, kaiserlicher Oberststallmeister 70, 545, 553 Dilbaum, Samuel, Publizist 129f., 348, 362–5, 402, 415 Dillingen 354, 567f. Dinkelsbühl 50, 116, 298 Dohna, Burggrafen von – Abraham, kurbrandenburgischer Rat, Poet 126, 141f., 148f. – Abraham II., kaiserlicher Rat und Gesandter 64, 141 – Achaz, kurpfälzischer Gesandter, Erzieher Friedrichs V. von der Pfalz 128 Donauwörth 50, 298 Drach, Hartmann, kurmainzer Agent 175 Dresden 40, 42, 45, 70f., 74, 77, 85, 164–78, 189, 198, 200, 216–9, 228–30, 232, 239–45, 253, 340, 342, 348, 383, 385f, 414, 421, 443, 447, 454, 478, 482, 509, 523f., 552f., 557–60, 567f., 571 Dürer, Albrecht 117, 301, 394, 449 Eberstein, Graf Ott von, kaiserlicher Rat 557 Eckard, Heinrich, Poet 351 Egmont, Lamoral Graf von 557 Ehinger, Elias, Poet 569 Eferding 49 Eichstätt, Fürstbischöfe – Johann Konrad von Gemmingen 129, 134 – Johann Christoph von Westerstetten 543–6 – Martin von Schaumberg 549
Index Eleonora Gonzaga d.J., Gemahlin Kaiser Ferdinands III. 293 Eleonore von Portugal, Gemahlin Kaiser Friedrichs III. 290, 407 England, Königreich 25, 73, 83, 103, 189, 326, 373, 425, 525, 553, 556, 558, 572 England, Könige und Königinnen – Elisabeth I 25 – Jakob I 402 – Karl I. 25 – Maria 187, 480 Erfurt 358, 411, 567 Erstenberger, Andreas, Reichshofratssekretär 167, 356 Faust von Aschaffenburg, Johann Friedrich, Chronist 395, 597 Ferdinand II., Kaiser 37, 41f., 67, 71, 121, 125, 159f., 165f., 175, 224f., 245, 418, 459, 505, 509, 553 Ferdinand III., Kaiser 48, 120 Ferdinand IV., Kaiser 48, 120, 263 Ferrara 103 Fettmilch, Vinzenz, Frankfurter Bürger 151, 305f., 374, 475 Feyerabend, Sigismund, Druckerverleger 342f., 352, 357, 369–3, 397, 415, 417, 477, 490, 493, 506, 568 Fleischmann von Puntzelwitz, Peter, kaiserlicher Herold 67, 200, 222, 271, 349f., 354–6, 359, 388, 416f., 454, 483f., 486f., 536f., 563 Florenz, Großherzöge der Toskana – Cosimo I. 80 – Ferdinand I. 356 – Francesco I. 80 – Johanna von Österreich, Gemahlin Francescos I. 80 Florenz, Großherzogtum 22, 80, 103, 120, 268 Fortunatus, Venantius, Bischof 114 Fradelius, Petrus, Poet 569 Franck, Matthäus, Drucker 357, 568 Francolin, Johann von, kaiserlicher Herold 354, 358, 390
679 Frankfurt am Main, Kurfürstentag von 1558 39, 47, 72f., 77, 151–4, 209, 223, 251, 259f., 263, 266, 295–7, 310f., 317, 319, 321f., 325, 368, 458, 488, 535–8 Frankfurt am Main, Reichsstadt 39, 42–50, 53, 60, 75, 77, 85, 89, 104, 110, 136, 150–6, 158f., 236, 247, 251, 257, 295–8, 301, 303, 313f., 342–6, 396f., 437, 440, 456f., 478f., 522, 524 Frankfurt, Wahl- und Krönungstage – 1440 44 – 1486 44, 153, 442, 492, 506, 565 – 1519 44, 220, 260, 263, 278, 344, 369, 491 – 1562 30, 39f., 44, 47–9, 65–7, 127, 151–65, 181, 183, 194, 196, 200–9, 212, 223f., 246, 252f., 259–88, 293–5, 305, 324–30, 339, 344–6, 352, 357f., 367–73, 376, 378, 401, 410, 415, 442, 454–8, 464–6, 470, 472, 477, 487–93, 498f., 506–8, 514, 535–8, 550f., 555–7, – 1612 36, 42, 44, 48, 50, 53, 63–7, 69, 73, 77, 87, 89, 128, 134, 151–64, 181, 184, 188f., 201–9, 212, 215, 223f., 253, 259–96, 305f., 311, 324–30, 339, 342, 343–8, 352, 358f., 361, 373–9, 382, 384, 391, 401–9, 411–3, 417, 424, 442, 445, 460f., 473–7, 490, 492, 501f., 504–8, 527, 535–8, 550f. – 1619 67, 159f., 212, 224f., 343, 369, 404, 413, 418, 461, 474f., 505, 535, 537f. – 1658 212, 266f., 402, 505 – 1711 268 – 1764 396 – 1790 467 Frankreich, Könige – Elisabeth von Österreich, Gemahlin Karls IX. 74, 89, 187, 214, 235, 414, 471, 536, 540, 562 – Heinrich II. 210, 284, 493 – Heinrich III. 86, 501 – Karl IX. 89, 187, 414, 471 – Ludwig XIV. 25, 83
680 Frankreich, Königreich 25, 74, 83, 103, 187, 237, 268, 281, 283, 326, 357, 361, 373, 411, 425, 480, 525, 562 Freiburg im Breisgau 49 Freising 49 Freymon, Johann Wolf, Reichsvizekanzler 137 Friedberg 298 Friedrich II., Kaiser 138 Friedrich III., Kaiser 44, 86f., 204, 217, 237, 268, 288, 290, 368, 435, 503, 565 Frischlin, Nikodemus, Poet, Gelehrter 346 Fritsch, Ahasver, Publizist 410 Fugger, Augsburger Patrizierfamilie 60, 124, 194, 214, 317, 389, 548, 554f. Fugger, Marx 133, 554 Fulda, Fürstabt Johann Friedrich von Schwalbach 125, 291 Fürst, Paul, Verleger 452 Fürstenberg, Graf Friedrich von, kaiserlicher Obersthofmeister 63, 70, 136, 386, 541f., 545, 551, 553 Fürstenzell 50 Gans zu Putlitz, Adam Freiherr, kurbrandenburgischer Rat 206f., 269, 374, 561 Gasser, Achilles Pirminius, Historiker 213, 478f., 487f. Gaukema, Gauco, Poet 569 Gelle, Johann, Kupferstecher 406 Genua, Republik 103 Gent 83 Gentzsch, Andreas, Drucker, Holzschneider 403 Geyßler, Valentin, Drucker 357, 392 Gifthail, Johann, Poet 570 Gilleis Freiherr von Sonnberg, Wolff, kaiserlicher Hartschierhauptmann 549 Gmünder, Lucas, Künstler 97 Goldast, Melchior von Haiminsfeld, Historiker, Jurist 489, 492–4, 510, 515 Gonzaga, Scipione 563 Grelle, Jakob von, Poet 381, 570 Große, Henning, d.Ä., Druckerverleger 343
Index Grumbach, Wilhelm von, Reichsritter 165, 312, 316 Gruter, Lambert, Bischof, kaiserlicher Hofprediger 355, 555 Gryphiander, Johann, Poet, Gelehrter 381, 570 Gundelach, Matthäus, Maler 453 Günzburg 50 Habersack, Hans, Chronist 157, 454–7 Haberstock, Ludwig, bayrischer Sekretär 171, 229, 560 Hagenau 49, 298 Hainhofer, Philipp, Chronist 188, 443–7, 465, 600 Haller, Daniel, Poet 381, 570 Haller zu Hallerstein, – Sebald, Ratsherr und Bürgermeister zu Nürnberg 448, 540 – Ernst, Nürnberger Kriegshauptmann 110, 540 Han, Weygand, Drucker 369–73, 417, 477, 490, 493, 506, 568 Hanau 465, 506, 556 Hardeck, Bernhard Graf zu, kaiserlicher Rat 176 Harrach, Karl von, kaiserlicher Rat 70, 553 Haselberg, Johannes, Drucker 353f. Hegenmüller, Johann, kaiserlicher Rat 66, 171 Heidelberg 40, 50, 178, 187, 478, 496 Heilbronn 146, 379, 570 Heilsbronn 92 Heinrich II., Kaiser 284 Heinrich III., Kaiser 86 Heinrich VII., Kaiser 262, 275 Helena, römische Kaisermutter 96 Helfferich, Georg, Ratsherr zu Leipzig 368 Helmstedt 340 Henneberg, Graf Georg Ernst zu 177 Herberstein, Sigmund Friedrich von, Landeshauptmann der Steiermark 467 Herprott, Hanns Jacob, kaiserlicher Hofquartiermeister 58, 135 Hersbruck 103, 113
Index Hertzog, Bernhart, Chronist 477 Hessen, Landgraf Philipp I. von 155 Hessen-Darmstadt, Landgrafen, – Ludwig V. 125, 134f., 139, 142, 160, 277, 544, 546 – Georg I. 562 – Georg II. 501 – Friedrich 134, 544, 546 Hessen-Kassel, Landgrafen – Moritz 139, 163, 169, 509 – Wilhelm IV. 152, 156, 277, 396 Hessen-Marburg, Landgraf Ludwig IV. 152, 277 Heuß, Georg, Schlossermeister 93 Heyde, Ernst Schwabe von der, Poet 382 Heyden, Adam und Nikolaus, Chronisten 351, 373, 491f., 601 Hinsperg, Achilles von, Kupferstecher 223, 404 Hoefnagel, Kupferstecherfamilie – Georg 503 – Jacob 503, 582 Hofmann, Wolf, Ratsschreiber 91 Hoffhalter, Raphael, Druckerverleger 342, 568 Hoffmann, Wilhelm, Druckerverleger 411, 417, 506f. Hogenberg, Kupferstecher und Holzschneider – Abraham 343 – Frans 402 – Nikolaus 394 Hohenlohe, Georg Friedrich Graf von, Hofkriegsrat 136, 545 Hohenzollern-Hechingen, Johann Georg, Graf von, Reichshofratspräsident, Reichserbkämmerer 70, 206, 269, 374, 544 Holdermann, Georg, Wachsbossierer 502 Holl, Elias, Architekt 453 Höller, Ruprecht, Drucker 357 Holzmann, Daniel, Poet 352, 415 Hönnigk, Johannes, Poet 570 Höpfinger, Felix, Kupferstecher 340, 450–2
681 Hornmold, Sebastian d.J., Poet, Gelehrter 570 Hossmann, Abraham, Historiker, Publizist 343, 602 Huber, Johann Martin, Poet 379 Imhoff, Endreß, Nürnberger Ratsherr 448, 540 Ingolstadt 45, 50, 340 Innsbruck 75, 96, 357, 470, 568 Irene von Griechenland, Römische Königin 138 Isabella von Portugal, Gemahlin Kaiser Karls V. 293 Isselburg, Peter, Kupferstecher 451f., 583 Italien, Region 182, 191, 216, 286, 344, 380, 394, 486, 540 Isny 298 Jacob, Pancratius, Frankfurter Stadtschreiber 440 Jäger, Clemens, Chronist 479 Jamnitzer, Wenzel, Goldschmied 235, 352 Jessen, Johann von, Publizist 373, 506 Jobin, Bernhard, Drucker 392 Jonas von München, kaiserlicher Hofnarr 111, 541, 552 Joseph I., Kaiser 48 Joseph II., Kaiser 396 Jülich-Cleve-Berg, Herzöge und Herzoginnen – Wilhelm 48, 67, 155, 157f., 160f., 183, 194, 196, 212, 277, 396, 465, 536, 549–51, 555f. – Maria von Österreich, Gemahlin von Wilhelm 194 Jülich-Cleve-Berg, Herzogtum 46, 121, 300 Justinus II., byzantischer Kaiser 114 Kaaden, Vertrag von 264 Kahl, Adam, Würzburger Bürger 472–4 Karl der Große 181, 283f., 368 Karl IV., Kaiser 41, 86, 93, 312, 510 Karl V., Kaiser 21, 35f., 38f, 43–8, 83f, 87, 95–7, 111f., 114, 117, 119, 133, 139, 143, 151, 153, 168, 178, 181f., 187, 209, 220, 225f., 228, 234, 251, 263, 265, 269,
682 278, 282, 288, 299f., 302, 311–3, 316, 318, 335, 344, 360, 365, 367f., 394f., 416, 444, 449, 453, 480f., 488, 491, 493f., 506, 565 Karl VI., Kaiser 97, 268 Karl VII., Kaiser 284 Keller, Georg, Kupferstecher 404 Kempf, Zacharias, Medailleur 458 Kempten, Fürstäbte – Heinrich VIII. von Ulm-Langenrhein 291 – Rupert I. von Bodmann 291 Kempten, Reichsstadt 298 Kepler, Johannes, kaiserlicher Hofmathematiker 381, 570 Khevenhüller, Grafen von – Franz Christoph, Chronist 199, 602 – Hans, kaiserlicher Gesandter 469–71 Khinsky von Wchinitz und Tettau, Hans Freiherr von 213 Khuen von Belasi, Rudolf Freiherr von, Oberststallmeister 70, 213, 552 Kieser, Eberhard, Drucker, Kupferstecher 212, 276, 278, 352, 404–9 Kleppis, Gregor, Poet, Gelehrter 340, 384, 509 Klesl, Melchior, kaiserlicher Rat, Kardinal 52, 70f., 168, 175f., 182, 198f., 245, 280, 509, 553 Knorr, Nicklas, Drucker 500 Knosp, Andreas, Poet 570 Kober, Lorenz, Drucker 358, 372, 411, 568 Kölderer, Georg, Chronist 53, 133, 195, 214, 478f., 482–8, 518 Köln, Erzbischöfe und Kurfürsten – Ernst von Bayern 133, 143, 194f., 202f., 214, 311, 321–4, 468, 500 – Ferdinand von Bayern 112, 134, 147f., 151, 194, 292, 308, 541, 543–6, 554 – Friedrich IV. von Wied 144, 146, 161, 280, 312, 357, 370, 507, 549f., 557 – Johann Gebhard I. von Mansfeld 47, 155, 162 – Salentin von Isenburg 151, 470, 562
Index Köln, Kurfürstentum 48, 67, 261, 271, 535–9, 563 Köln, Reichsstadt 43f, 67, 153f., 205, 265, 288, 343f., 361, 372, 492, 567, 569 Köln, Wahltag von 1531 43f., 47, 154f., 263, 265, 344, 367–9, 442, 454, 506 Köln, Reichstag von 1512 127 Kolowrat, Katharina Liebsteinsky Freifrau von, Obersthofmeisterin der Kaiserin 546 Konstantin, römischer Kaiser 96, 99, 384 Konstanz, Stadt 49 Konstanz, Reichstag von 1507 220, 353 Kress, Georg, Drucker 402f., 583 Kröner, Heinrich, Drucker 343, 358, 373, 379, 405, 411, 418, 423, 568 Lamberg, Abraham, Drucker 358, 411, 568 Lamberg, Georg Sigmund Freiherr von, Obersthofmeister der Kaiserin 541, 546, 551 Lamm, Marcus zum, Chronist 140, 145, 147, 229, 287, 463, 494–501, 505, 546 Lamm, Marcus Christian zum 495 Landau 49, 298 Landau, Georg zu, ungarischer Kanzler 545 Landshut 49, 53 Languet, Hubert, kursächsischer Gesandter 177 Lantzenberger, Michael, Drucker 343 Lascarinus, Johann, Publizist 340, 384 Lasso, Orlando di, Komponist 114 Latomus, Johann, Theologe 267, 488 Latomus, Sigismund, Drucker 342, 358f., 568 Lauingen 350 Lausitz, Markgrafschaft 40, 63, 165, 570 Lauterbach, Hieronymus, Poet 351 Lauterbach, Johann, Poet 358, 379 Lautern, Johann Engelbert von, kurpfälzischer Gesandter 128 Lazius, Wolfgang, kaiserlicher Hofhistoriograph 454 Leipzig 339f., 343f., 358, 368, 372, 411, 567f.
Index Leitmeritz 171, 558, 571 Leopold I., Kaiser 25, 97, 112, 213, 279, 291, 335, 402, 450, 452f., 458 Leopold II., Kaiser 467 Leuchtenberg, Landgraf Georg Ludwig von, Reichshofratspräsident 192, 542f. Liegnitz, Herzöge und Herzoginnen – Heinrich XI. 145, 313, 350, 552 – Joachim Friedrich (Brieg) 152, 168, 200, 350, 549, 560 – Sophie, Gemahlin Heinrichs XI. 550 Lindenast, Sebastian d.Ä., Kupferschmied 93 Linz 49, 288, 570 Lobkowitz, Popel von – Zdenko Adalbert, Oberstkanzler von Böhmen 64, 545 – Christoph, kaiserlicher Oberstkämmerer 543 Lochner, Christoph, Drucker 411 Lochner, Joachim, Drucker 449 Löffelholz, Thomas, Nürnberger Rat und Gesandter 90f., 103, 448, 540 London 402, 589 Löscher, Abraham, Nürnberger Ratskonsulent 97 Losenstein, Wolf Sigmund Freiherr zu, kaiserlicher Obersthofmarschall 52, 63, 70, 301, 306, 541, 551, 553 Lothringen, Herzog Karl III. 161f., 212, 313, 557 Löwe, Johann, Jurist 572 Lübben 165 Lübeck 449, 509f., 528, 572 Lucca, Republik 103, 571 Lucius, Ludwig, Drucker 568 Ludwig der Bayer, Kaiser 86, 274 Luther, Martin 485 Madrid 236 Madruzzo à Trient, Bischöfe Magdeburg, Administratorenà Kurbrandenburg, Kurfürsten Magdeburg, Erzbistum 129, 198, 355, 411 Magdeburg, Stadt 411, 613
683 Maier, Lorenz, württembergischer Landküchenmeister 536 Mailand, Stadt 80 Mainz, Erzbischöfe und Kurfürsten – Sebastian von Heusenstamm 44 – Daniel Brendel von Homburg 50, 62f., 73, 144, 151, 155–8, 161, 167, 209, 266, 272, 274, 277, 280f., 321f., 456, 465, 470, 549–51, 556, 562 – Johann Schweikart von Cronberg 46, 53, 61, 66f., 88, 121, 125–7, 130, 142f., 159f., 279, 289, 291, 504, 543–6, 561 – Wolfgang von Dalberg 130f., 133–5, 142, 356, 417, 468, 484, 541–3, 549, 554f., 563 Mainz, Erzbistum und Kurfürstentum 48, 67, 99, 178, 248, 262f., 272, 330, 383, 535–9 Mair, Paul Hektor, Chronist 199, 438, 440f, 478–482, 485, 487f. Major, Johannes, Poet 340, 383f. Majus, Nicolaus, Poet 570 Maler, Valentin, Medailleur 458, 460 Maler, Christian, Medailleur 458f. Mameranus, Nikolaus, kaiserlicher Herold 63f., 213, 349f., 353f., 356, 359, 416, 482, 491, 506 Mameranus, Heinrich, Druckerverleger 590 Manderscheid-Blankenhein, Arnold II., Graf von 563 Mansfeld, Grafen von – Bruno, Hauptmann der kaiserlichen Garde 70, 136, 545, 551 – Wolf 544, 552 – Philipp 552 Mantegna, Andrea, Maler 394 Mantua, Herzogtum 103 Marburg 239, 570 Maria von Spanien, Gemahlin Kaiser Maximilians II. 70, 98, 108, 111, 124, 136, 139, 145, 167–9, 196, 198, 205, 235f., 242, 288, 293f., 317, 370, 448, 506, 540, 551f., 560, 562
684 Maria Anna von Spanien, Gemahlin Kaiser Ferdinands III. 293 Marstaller, Johannes Christoph, Poet 348, 380 Matsberger, Johann, Poet 383 Maximilian I., Kaiser 36, 44, 86, 111, 114, 119f., 144, 153, 191, 200, 220, 234, 250, 274, 288, 301, 315, 335, 351, 360, 377, 394, 442, 449, 506, 565 Mayer, Sebald, Drucker 568 Mechler, Joachim, Drucker 411 Mecklenburg, Herzogtum 67 Mecklenburg-Schwerin, Herzöge – Johann Albrecht I. 157f., 160f., 183, 212, 194, 275, 277, 396, 464–6, 471, 536, 550f., 555f., 562 – Johann VII., Sohn von Johann Albrecht I. 548 – Sigismund August, Sohn von Johann Albrecht I. 548 Mecklenburg-Güstrow, Herzöge und Herzoginnen – Ulrich von 149, 168, 416, 536f., 548, 554f. – Elisabeth 168 Meggau, Leonhard Helfried Graf von, kaiserlicher Oberstkämmerer 70, 111, 136, 541, 545, 551, 553 Meisner, Daniel, Poet 570 Melanchthon, Philipp, Theologe 367, 506 Melander, Otto, Poet 381, 570 Melantrichus ab Aventino, Georg, Drucker 568 Mergentheim 50, 73 Merian, Verlegerfamilie – Caspar 343, 413 – Matthäus 150, 343, 413 Metzradt auf Doberschütz, Caspar von, kaiserlicher Rat 570 Micheli, Giovanni, venezianischer Gesandter 272 Mirus, Martin, kursächsischer Hofprediger 229f., 605
Index Moer, Hartmann, Jurist, Chronist 367f., 491, 506, 605 Monteagudo, Diego Hurtado de Mendoza Graf de, spanischer Gesandter 70, 201, 552, 558, 560 Moskau, Großfürstentum 216, 354, 463, 483, 554 Müller, Peter, Frankfurter Bürger, Chronist 353, 474–6, 501 Müllner, Johannes, Ratsschreiber, Chronist 110–2, 188, 202, 227, 232, 437–40 München 49f., 63, 178, 218, 220, 228, 239, 392, 448, 470, 478, 482, 554 Münster, Hochstift 148, 312 Münsterberg, Herzöge von – Carl Friedrich (nur Titularherzog) 546 – Karl Christoph 549 Neapel 80 Nelle, kaiserlicher Hofnarr 238 Neumarkt 115 Niederaltach 54 Niederlande, Region 83, 92f., 96, 117, 150f., 182, 195, 356, 361, 425, 555, 557 Nigrinus, Georg, Drucker 568 Ninus, alttestamentalischer Herrscher 100 Nördlingen, Reichsstadt 50, 298 Nosseni, Gian Maria, kursächsischer Hofkünstler 216 Nürnberg, Kurfürstentage – (1580) 41f., 60, 88, 226, 460 – 1611 86, 88f., 374, 445, 474 Nürnberg, Reichsstadt 41–6, 50f., 72, 76, 82, 85–119, 122, 129, 154, 174, 179, 181, 183, 185, 188, 191, 194, 202, 205, 209, 216, 220, 222, 225–7, 232–9, 249, 283, 286, 294, 297, 299–304, 306–8, 318, 326, 339f., 342f., 347f., 357, 373f., 379–82, 384f., 416, 421, 435–40, 442, 447–53, 459, 462f., 478, 490, 500, 502, 506, 508f., 516, 525, 539–41, 553–5, 565, 567f., 570f. Nürnberg, Reichstage – 1438 46 – 1522 43, 87
Index – 1522/23 87 – 1524 87 – 1542 87, 235, 565 – 1543 87, 188 Nützel von Sündersbühl, Nürnberger Patrizier – Karl, Nürnberger Rat 381, 570 – Gabriel, Nürnberger Rat 448, 540 Obermayr, Thomas, Regensburger Münzwerksverwalter 461 Offenbach 160 Oppeln, Herzogtum 63 Oranien, Herzog Wilhelm von 212, 277, 357, 536, 556 Ortellius, Abraham, Kartograph 503 Osmanisches Reich 30, 39f., 46, 77, 97f., 108, 120f., 131f., 142, 162f., 213f., 216, 220, 225, 242f., 252, 286, 288, 315, 325, 345, 352, 356f., 361, 372, 378, 397, 415, 446, 466, 469f., 472, 485, 490f., 493, 495, 499f., 508, 526, 543, 557 Osmanisches Reich, Sultane – Murad III. 121, 131 – Süleyman der Prächtige 40, 162f., 357, 397 Osterhofen 50 Österreich, Erbländer 21, 35, 39, 41f., 46, 62, 78, 96, 106, 178 Österreich, Erzherzöge – Albrecht VII., Statthalter der Niederlande 134, 540, 558 – Ernst, Statthalter der Niederlande 552, 560 – Ferdinand II. von Tirol 41, 72, 167, 187, 217, 455, 470, 562 – Karl II. von Innerösterreich 197, 229, 547f., 554 – Wenzel 540, 558 Ottmar, Valentin, Drucker 357 Päpste 80, 133, 146, 182, 194, 258, 260, 265–7, 275, 279, 282, 290, 311, 323, 327, 372, 382f., 425, 491f., 525 – Clemens VII. 344, 395 – Pius IV. 146, 267, 273
685 – Pius V. 98 – Paul V. 259 – Urban VIII. 571 Palthenius, Zacharias, Poet 381, 570 Panvinio, Onofrio, Historiker und Hofbibliothekar 506, 566 Pappenheim, Reichserbmarschälle 59f., 105, 136, 206, 248, 353, 357 – Alexander 131, 541 – Heinrich 110, 448, 457, 540, 550 – Joachim 131f., 398, 543 – Konrad, Trabantenhauptmann 540 – Maximilian 53, 61, 126, 545f. – Veit Konrad 485, 487, 354, 484f., 487 Paris 83, 361, 471 Passau, Bischöfe, – Erzherzog Leopold V. von Tirol 103 – Urban von Trennbach 146, 549f. Passau, Hochstift 46, 54 Paumgartner, Nürnberger Patrizierfamilie 450 Peckenstein, Lorenz, Chronist 177 Pencz, Georg, Maler 96 Percalius, Iacobus, Poet 571 Peril, Robert, Holzschneider 394 Pernstein, Wratislaw von, kaiserlicher Oberststallmeister 70 Pesel, Paul, kaiserlicher Herold 85, 367f., 454 Pesser, Wilhelm, Maler 495 Peterle, Michael, Drucker 568 Petrarca, Francesco 80 Peucer, Kaspar, Arzt 229 Pfalz, Kurfürsten und Kurfürstinnen – Amalie, Gemahlin Friedrichs III. 562 – Christoph, Sohn Friedrichs III. 562 – Dorothea von Dänemark, Gemahlin Friedrichs II. 115 – Friedrich II. 115, 395, 576 – Friedrich III. 40, 46f, 50, 144f., 151, 153, 157f., 160f., 194, 266, 270f., 287, 312, 350, 371, 470, 480, 493, 496, 538, 550f., 556, 562 – Friedrich IV. 548
686 –
Friedrich V. 163, 178, 269, 277, 374, 384 – Kunigunde Jakobäa, Tochter Friedrichs III. 562 – Ludwig VI. 496, 538 Pfalz, Kurfürstentum 52, 92, 95, 103, 128, 206, 264, 272, 281, 289, 311, 323, 383, 495f., 535–8, 570f. Pfalz-Neuburg, Pfalzgrafen – August, Sohn Philipp Ludwigs 132, 542 – Philipp Ludwig 51, 109, 124, 126, 128, 131f., 152, 163, 269, 448, 500, 537, 540, 542f., 548–50, 554f. – Wolfgang Wilhelm 128, 132, 399, 542 Pfalz-Neuburg, Pfalzgrafschaft 51, 135 Pfalz-Simmern, Herzöge und Herzoginnen – Johann Casimir, Administrator der Kurpfalz 187, 350, 501, 562 – Elisabeth von Sachsen, Gemahlin Johann Casimirs 187, 501, 562 Pfalz-Sulzbach, Pfalzgraf Ottheinrich von 548 Pfalz-Veldenz, Pfalzgrafen – Wolfgang 162, 536 – Georg Johann 562 – Anna Maria, Gemahlin von Georg Johann 562 Pfalz-Zweibrücken, Pfalzgrafen – Georg 277 – Johann I. 109, 448, 540 – Johann II., Administrator der Kurpfalz 121, 128, 163, 269f., 279, 537–8, 561 – Wolfgang 145, 313, 350, 536, 459 Pfarrkirchen 49 Pfauser, Sebastian, Theologe 50 Philipp von Schwaben, Römischer König 138 Piccart, Michael, Poet 348, 380, 382 Pierius, Christian, Poet 383 Pierius, Urban, Chronist 229f. Pirna 170f., 557–9 Plettenberg, Gertrud von 322 Pockh, Pery Juan, kaiserlicher Goldschmied 242
Index Poitiers 114 Polen, Königreich 103, 391, 501 Polen, König Sigismund von 360 Pommern, Herzöge – Barnim IX. 152, 459 – Philipp I. 396 Portia, Bartolomeo, päpstlicher Nuntius 195 Posth, Johannes, Poet 345, 378f., 607 Praetorius, Bernhard, Nürnberger Ratssyndikus, Poet 90, 379–83, 452, 569–71 Prag 21, 35, 39–42, 45, 49, 54, 70, 87, 89f., 106, 119, 121, 132, 141, 165, 167, 170f., 176f., 180, 211, 361, 378–81, 389, 404, 409, 453, 506, 521, 567–70 Prenner, Sebastian, Poet 571 Pressburg 40, 75, 506 Proskowski auf Proskau, Bernhard, kaiserlicher Rat 448 Raab, Bischöfe, Georg Draskowitz 563 Raab, Festung 40 Rab, Georg, Drucker 342, 357, 369–73, 417, 477, 490, 493, 506, 568 Radegundis, merowingische Königin 114 Ratibor, Herzogtum 63 Ravensburg 49, 116, 298 Rechberger, Wilhelm, Poet 571 Regensburg, Bischof Wolfgang II. von Hausen 280 Regensburg, Deputationstag von 1622/3 120, 459, 535f. Regensburg, Hochstift 119, 503 Regensburg, Kreistag, Fränkischer von 1594 120 Regensburg, Kurfürstentag von 1630 120, 407 Regensburg, Reichsstadt 21, 40–8, 50, 52, 60, 77, 85, 97, 118–52, 188, 234, 263, 295–8, 301, 303, 340, 367, 378, 384, 397–9, 407, 410, 421, 432, 452, 459, 467, 478, 499, 503f., 523, 567f., 572 Regensburg, Reichstage – 1532 84, 120, 188 – 1541 87, 120, 139, 353
Index – – – – –
1546 120 1556/7 120 1567 40, 120 1576 40f., 64, 120, 187, 361, 378, 463 1594 41, 45, 54, 57, 63, 68, 120, 122–50, 165, 192, 194f., 197, 202f., 214, 222, 251, 295, 311, 321, 341, 354, 356, 362–5, 384, 397–9, 410, 467–9, 472, 499f., 503, 505, 523, 535–7, 541–4 – 1597/98 41, 120, 347, 524 – 1603 41, 69, 120, 523 – 1607/08 41, 121, 523 – 1613 42f., 50, 52–4, 61, 65, 69, 74, 77, 88, 120–50, 182, 184, 188, 195, 207, 214, 234, 247, 251, 338, 363, 399, 432, 459f., 474, 490, 523f., 535–7, 544–6 Regensburg, Wahl- und Krönungstage – 1575 40, 43f., 47f., 77, 120, 127, 151f., 176, 223, 243, 253, 345, 352, 421, 461 – 1630 407 – 1636 48, 120, 151, 452 – 1653 48, 97, 120, 151, 263, 452 Regenstauf 129 Remus, Georg, Poet 571 Reusner, Nikolaus, Poet 145, 350f., 383 Rheinfelden 116 Rhode, Theodor, Poet 571 Rhumel, Johann Conrad, Poet 571 Richter, Daniel, Maler 509 Richwin, Werner, Drucker 372 Rieter von Kornburg, Hans, Nürnberger Ratssyndikus 103, 540 Ritter, Paul, Maler 452 Röder, Jakob, Würzburger Tuchscherer 473f. Rom 80, 99, 242, 246, 257, 266, 279, 290, 327, 361 Rosenbach, Philipp Wolfgang von, kurmainzischer Kanzler 467 Rosenbaum, Lorenz, Medailleur 458 Rosenberg 569 Rota, Martino, Kupferstecher 483 Rothenburg ob der Tauber 50, 113f, 116–8, 234, 237, 297–9, 303, 379, 478, 569 Rotis, Petrus a, Poet 355, 416
687 Rücker, Wilhelm Christian, Kupferstecher 396 Rudolf von Habsburg, Kaiser 99 Rumpf zum Wielroß, Wolf Freiherr von, kaiserlicher Obersthofmeister 150, 467f., 543, 549 Russland à Moskau, Großfürstentum Sabinus, Georg, Poet, kurbrandenburgischer Rat und Gesandter 491, 566 Sachs, Hans 215, 220, 352 Sachsen, Kurfürstentum 70, 87, 166, 272, 281, 289, 383, 389, 535–9 Sachsen, Kurfürsten und Kurfürstinnen – Anna von Dänemark, Gemahlin von August 145, 167–9, 194, 196–8, 228, 242, 536, 446, 550, 560 – Anna, Tochter Augusts 242 – August 40, 45f., 48, 67, 69, 71, 124, 143, 145f., 149, 151, 156–8, 160f., 164–78, 180, 194, 196–8, 211–3, 216–9, 228–30, 240–5, 253, 259, 270f., 287, 313, 315–20, 323, 347, 350, 384, 389, 418, 444f., 464, 483, 485, 492, 497, 509, 523, 536, 546–52, 556, 560 – August, Sohn Johann Georgs I. 172 – Christian I. 173, 536, 548 – Dorothea, Tochter Augusts 242 – Friedrich der Weise 445 – Friedrich August I. 446 – Johann der Beständige 265 – Johann Friedrich der Großmütige 310, 444 – Johann Georg I. 66, 69, 71, 125f., 165–78, 195, 219, 242–5, 269, 287, 385, 443, 445f., 524, 537, 552f., 561 – Johann Georg II. 446 – Moritz 164, 172, 310, 313, 316, 323, 349, 444, 453, 491 – Sophie von Brandenburg, Gemahlin Christians I. 536 Sachsen-Altenburg, Herzöge – Friedrich 71, 168, 171, 443, 553 – Johann Philipp 71, 168, 171, 443, 553
688 Sachsen-Coburg, Herzog Johann Casimir 103, 124f., 384, 543, 548 Sachsen-Coburg-Eisenach, Herzog Johann Ernst 103 Sachsen-Lauenburg, Herzöge – Franz 156 – Julius Heinrich 168, 171, 553 Sachsen-Weimar, Herzöge – Friedrich Wilhelm, Administrator von Kursachsen 143, 192, 195, 214, 384, 417, 468, 500, 542, 548 – Johann Friedrich II. der Mittlere 103, 165, 312, 316, 444, 543 – Johann Wilhelm 103, 109, 214, 308, 396, 448, 540, 562 Sachsenhausen 397, 407, 508 Salmansweiler, Abt Matthäus von 563 Salomo, altestamentalischer König 282, 291, 393 Salzburg, Erzbischöfe, – Johann Jakob von Khuen-Belasy 146, 151f., 270, 280, 550 – Markus Sittikus von Hohenems 125, 128, 138, 147, 155, 543f., 546 – Michael von Kuenburg 199, 480 – Wolf Dietrich von Raitenau 68, 129, 537, 543 Salzer, Emanuel, Drucker 350 Sambucus, Johannes, kaiserlicher Hofhistoriker 355, 383, 418 Santhilier, Gilbert von, Oberstäbelmeister der Kaiserin 541, 551 Savoyen, Herzöge, Emanuel Philibert 313 Schandau 170, 443, 558 Schard, Simon, Historiker 316, 358, 489, 491f. Schärding 49 Schede, Paul Melissus, Poet 351, 355 Schieß, Abraham, Chronist 479, 482 Schilling, Lorenz, Medailleur 459f. Schlesien 63, 569 Schleswig-Holstein-Sonderburg, Herzog Johann III. 145, 313, 350 Schlettstadt 298
Index Schmalkalden, Bund von 87, 300, 310, 389 Schmuck, Nikolaus, Drucker 358, 411 Schön, Erhard, Maler 220 Schönach, Georg Freiherr von, schlesischer Kanzler 64 Schönberg, Caspar von, Präsident des Sächsischen Appellationsgerichtes 171 Schrader, Lorenz, Drucker 358 Schultes, Hans d.Ä., Drucker 568 Schürer, Thomas, Drucker 358, 411 Schütz, Heinrich, sächsischer Hofkapellmeister 169, 172f, 218, 384, 558 Schwaben, Herzogtum 98 Schwartz, Paul, Poet 571 Schwarzburg, Graf Wilhelm von, sächsischer Adliger 560 Schwarzburg-Sondershausen, Graf Günther XLII. von, Reichshofrat 353, 552 Schwarzenberg, Philipp Flach von, Großprior des Johanniterordens 563 Schwaz 96 Schweden, Könige, Gustav II. Adolf 236 Schweinau 104 Schwerin 465 Seusse, Johann, Poet 340, 384, 571 Sinsheim 45 Sleidanus, Johannes, Historiker 472, 489–91, 510, 515 Solms, Eberhard Graf zu, kurkölnischer Gesandter 563 Soetern, Christoph Graf von, speyrer und wormser Gesandter 563 Spangenberg, Martin, Drucker 358, 411 Spanien, Könige und Königinnen – Anna von Österreich, Gemahlin Philipps II. 74, 89, 109, 166, 235f., 536, 540 – Johanna von Kastilien, Mutter Karls V. 480 – Philipp II. 41, 74, 89, 98, 109, 198, 225, 268, 356f., 380, 469, 540, 555 Spanien, Königreich 136, 147, 150, 194f., 242
Index Sparenus, Franciscus, Propst des Klosters Hugshofen 563 Speidl, Stephan, innerösterreichischer Gesandtschaftssekretär 467–9 Speyer, Bischöfe – Eberhard von Dienheim 129, 134, 563 – Marquard Freiherr von Hattstein 155, 280, 562 – Philipp Christoph von Sötern 125, 138, 147f., 160, 544, 546 Speyer, Reichsstadt 45f., 49, 87, 148, 187, 298, 392f., 478 Speyer, Reichstage – 1526 46, 353 – 1529 46 – 1544 46, 310, 353 – 1570 40, 45f., 51, 64, 72–4, 77, 87, 114, 146, 178, 187, 199, 392f., 414, 449, 470f., 496, 535f. Stainhofer, Caspar, Drucker 342, 411, 568 Steinmetz, Johann (II.) 380, 571 St. Emmeram, Reichsabtei 119 Stimmer, Tobias, Holzschneider 392f. Straßburg, Bischöfe, – Erzherzog Leopold von Österreich 103, 125, 128 – Johann IV. von Manderscheid 471, 555, 562 Straßburg, Reichsstadt 49, 298, 357, 392, 567f. Straubing 41, 50, 52 Strotsch, Ibrahim, osmanischer Gesandter 162, 346, 357, 466, 499 Sturm, Kaspar, kaiserlicher Herold 310, 319, 493 Stuttgart 50, 239 Sulzbach 51, 103 Sylvan, Johannes, Theologe 496 Tauberbischofsheim 314 Terzio, Francesco, Künstler 102 Tetschen 598 Tetzel, Jobst, Nürnberger Rat 540 Theodosius, römischer Kaiser 384
689 Tiefenbach, Rudolf Freiherr zu, kaiserlicher Hofkriegsrat 345 Tirol, Hans, kaiserlicher Herold 389f. Trajan, römischer Kaiser 99f. Trautson – Paul Sixt, kaiserlicher Oberhofmarschall 542 – Hans, kaiserlicher Obersthofmarschall 153, 168, 448, 540 – Brigitta, Gemahlin von Hans 168f. Trient, Bischöfe – Ludovico di Madruzzo, Kardinal, päpstlicher Legat 133, 195, 202, 486, 554f., 563 – Carlo Gaudenzio di Madruzzo, Kardinal, päpstlicher Legat 52, 125, 133, 138, 147f., 152, 195 Trient, Konzil von 119, 146, 196, 267, 557 Trier, Erzbischöfe und Kurfürsten – Jakob III. von Eltz 151, 280, 470 – Johann VI. von der Leyen 144, 146, 155, 158, 351, 550 – Johann VII. von Schönenberg 125, 202f., 356, 453, 563 – Lothar von Metternich 134, 292, 544, 546, 561 Trier, Kurfürstentum 67, 271, 535–9 Trier, Stadt 372 Triest, Bischöfe, Andrea Rapicio 358, 379 Troppau, Herzogtum 63 Tübingen 567, 570 Türkei à Osmanisches Reich Tunis 220 Überlingen 49, 116, 298 Uffenbach, Philipp, Kupferstecher 397–9 Ulhart, Philipp d.Ä., Drucker 350, 357, 568 Ulhart, Philipp d.J., Drucker 568 Ulm, Hans Ludwig von, Reichsvizekanzler 137, 244 Ungarn, Königreich 21, 35, 39–41, 55, 64, 75, 78, 98, 108f., 135f., 361, 373, 391, 396, 402, 406, 418, 455, 506, 539f., 542, 545–8, 550, 563
690 Ungarn, Königin Maria von, Gemahlin Ludwigs II. 187, 480, 555 Ungnad, Ludwig Freiherr zu Sonnegg, kaiserlicher Obersthofmarschall 59 Valckenborch, Frederik van, Maler 99, 451f., 463 Vannini, Guido, Poet 571 Vaudémont, Nicolas de Lorraine, Graf von 557 Venedig, Republik 103, 137, 271f., 277, 361, 461, 470, 559 Venedig, Doge Alvise Mocenigo 470 Vianen, Paul van, Medailleur 379, 457, 459 Vieheuser, Dr. Sigismund, Reichsvizekanzler 70, 168 Vitoria, Antonio, kaiserlicher Hofmusiker 380, 571 Voerthusius, Johann, Poet, Historiker 358, 379 Vogtland 166, 176 Wagenmann, Abraham, Druckerverleger 342, 568 Wallenstein, Adam von, böhmischer Oberstlandhofmeister 70, 136, 168, 545, 553 Wangen, Reichsstadt 49, 116f, 298 Weber, Dr. Johann Baptist, Reichsvizekanzler 70 Weigel, Hans d.Ä., Holzschneider 391 Weingarten, Kloster 116 Weißenburg 49, 298 Welser, Marcus, Historiker 479 Welser, Philippine, Gemahlin Erzherzog Ferdinands II. von Tirol 167 Wenzel, Römischer König 207 Westendorp, Heinrich, Poet 571 Westhausen, Joachim von, Nürnberger Reichsschultheiß 107, 448, 540 Westhov, Willich, Poet 338, 572 Weston, Elizabeth Jane, Dichterin 380, 572 Wick, Johann Jakob, Chronist 494f., 499 Wien 21, 35, 39–42, 49f., 98, 106, 108, 119, 140, 167, 177, 188, 245, 342, 351, 360f., 379, 392, 411, 416, 453, 472, 521, 567–71
Index Wierix, Antonie, Kupferstecher 505 Willer, Georg, Buchführer 349 Winneberg und Beilstein, Philipp Freiherr zu, kurpfälzischer Gesandter 128 Wirri, Heinrich, Pritschenmeister 392 Wittenberg 340, 383 Wohlgemuth, kaiserlicher Quartiermeister 135f., 544 Worms, Bischöfe – Theodorich II. von Pettendorf 270 – Georg von Schönenburg 1582 563 Worms, Hochstift 46 Worms, Hof- und Reichstage – 1495 118, 147, 315 – 1521 318, 353 – 1545 127 Worms, Reichsstadt 46f. Württemberg, Herzöge und Herzoginnen – Anna Maria von Brandenburg-Ansbach, Gemahlin von Christoph 194 – Christoph 50, 155, 157f., 160, 194, 199, 277, 313, 396, 480, 536, 550f., 555–7 – Eberhard im Bart 147 – Eberhard, Sohn von Christoph 277, 549 – Emilie, Tochter von Christoph 70, 560 – Friedrich 68, 124, 146f., 195, 313, 321, 468, 500, 537 – Johann Friedrich 125, 163, 312 – Ludwig 416f., 537, 554 Württemberg, Herzogtum 46, 67, 98, 147, 239, 570 Würzburg, Fürstbischöfe – Friedrich von Wirsberg 155, 270, 274, 280, 322 – Julius Echter von Mespelbrunn 68, 237, 356, 473, 484, 537, 542f., 549, 555 – Melchior Zobel von Giebelstadt 314 Würzburg, Stadt 50, 97, 113, 178, 237, 379, 471–4, 478 Zasius, Johann Ulrich, Reichsvizekanzler 88, 90f. Zetter, Jakob de, Kupferstecher 406
691
Index Zimmermann, Hans, Drucker 568 Zimmermann, Michael, Drucker 342, 368 Zimmermann, Wilhelm Peter, Drucker 208, 212, 290, 346, 352, 391, 399, 405, 407f., 561
Zöpfel, David, Drucker 367 Zsitvatorok 121
Peter Johanek angelik a l amPen (hg.)
adventus studien zum herrscherlichen einzug in die stadt (städteforschung. reihe a: darstellungen, Band 75)
Die Ausgestaltung des Verhältnisses von Stadtherr und Bürgergemeinde hat die Stadtgeschichtsforschung seit jeher beschäftigt. In den letzten Jahrzehnten geschieht dies zunehmend unter der Perspektive der Begriffe »Konflikt« und »Konsens«. Dabei zeigt sich, dass die Darstellung des erreichten Konsenses, aber auch die Lösung von Konflikten stets durch eine von Ritual und Zeremo niell bestimmte Inszenierung geprägt war. Im herrscherlichen und fürstlichen »Adventus«, dem Einzug des Stadtherrn in die Stadt zur Konstituierung von Herrschaft, verdichtete sich in feierlicher Form das Selbstverständnis beider Parteien, wurden Konsens und Eintracht, aber auch Zwietracht und Konflikt im Ritual zum Ausdruck gebracht. Die hier versammelten Beiträge behandeln aus historischer und kunsthistorischer Perspektive dieses komplexe Ritual geschehen, dessen geistliche wie auch weltliche Bestandteile unterschiedliche Traditionen aufweisen. 2009. XVIII, 272 S. MIt 49 S/w-Abb. Gb. 170 X 240 MM. ISbN 978-3-412-20216-3
„Die durchweg gehaltvollen und weiterführenden Beiträge markieren eindrucksvoll die Variabilität des AdventusZeremoniells.“ Das Historisch-Politische Buch böhlau verlag, ursulaplatz 1, 50668 köln. t : + 49(0)221 913 90-0 [email protected], www.boehlau.de | köln weimar wien
SuSan RichteR, DiRk DiRbach (hg.)
thRonveRzicht Die abDankung in MonaRchien voM Mittel alteR biS in Die neuzeit
In diesem Band werden erstmals der Ablauf und die politischen Hintergründe von Herrscherrücktritten sowie die persönliche Motivation der Abdankenden umfassend untersucht. Ausgehend von einer Bedeutungsgeschichte der »Abdankung« spannen die Beiträge einen Bogen von den Rücktritten mittelalterlicher Kirchenfürsten über den Thronverzicht weltlicher Herrscher des 16. bis 19. Jahrhunderts bis zur Novemberrevolution von 1918/19. Während der erste Teil die juristischen Grundlagen der Abdankung und ihre rechtlichen Folgen analysiert, fragen die Aufsätze des zweiten Teils nach den Motiven und Beweggründen des Herrschers. Der dritte Teil behandelt die Reaktion der Öffentlichkeit auf den Thronverzicht. 2010. 347 S. 10 S/w-Abb. Auf 8 TAf. Gb. 155 x 230 mm. ISbN 978-3-412-20535-5
böhlau verlag, ursulaplatz 1, 50668 köln. t : + 49(0)221 913 90-0 [email protected], www.boehlau.de | köln weimar wien
Norm uNd struktur
Band 27:
Studien zum Sozialen Wandel in mittelalter und Früher neuzeit
Freiräume
Herausgegeben von Gert Melville in Verbindung mit Gerd Althoff, Heinz Duchhardt, Peter Landau und Klaus Schreiner Eine Auswahl.
Band 23:
2007. VI, 416 S. 16 s/w-Abb. auf 16 Taf. Gb. ISBN 978-3-412-00506-1
Peter von Moos (Hg.)
Friederike Neumann
öFFentliche Sünder in der kirche deS SPäten mittel alterS verFahren, Sanktionen, rituale
PerSönliche identität und identiFikation in der vor modernen GeSellSchaFt
2008. 200 S. Gb. ISBN 978-3-412-21706-8
2004. XXVI, 465 S. 9 s/w-Abb. Gb. ISBN 978-3-412-09504-8
Band 29:
Band 24:
Christine Pflüger
kommiSSare und korreSPondenzen PolitiSche kommunikation im alten reich (1552–1558)
2005. 365 S. Gb. ISBN 978-3-412-13404-4
Band 25:
Antje Flüchter
der zölibat zWiSchen devianz und norm kirchenPolitik und GemeindealltaG in den herzoG tümern Jülich und berG im 16. und 17. Jahrhundert
2006. IV, 463 S. Gb. ISBN 978-3-412-34105-3
Band 26:
Klaus Oschema
FreundSchaFt und nähe im SPätmittelalterlichen burGund Studien zum SPannunGSFeld von emotion und inStitution
2006. 697 S. 39 s/w-Abb. u. 4 Tab. auf 24 Taf. Gb. ISBN 978-3-412-36505-9
SG835
unterhaltunG, verGnüGen und erholunG in dreSden (1694–1830)
Band 28:
unverWechSelbarkeit
Ulrich Rosseaux
Brigitte Kasten (Hg.)
herrScher und FürSten teStamente im WeSt euroPäiSchen mittelalter 2008. XI, 864 S. Gb. ISBN 978-3-412-20062-6
Band 30:
Stefan Dicker
landeSbeWuSStSein und zeitGeSchehen Studien zur bayeriSchen chroniStik deS 15. JahrhundertS
2008. 453 S. 4 s/w-Abb. auf 4 Taf. Gb. ISBN 978-3-412-20103-6
Band 31:
Lucas Burkart
daS blut der märtyrer GeneSe, bedeutunG und Funktion mittelalterlicher Schätze
2009. 446 S. 51 s/w-Abb. auf 32 Taf. Gb. ISBN 978-3-412-20104-3
Band 32:
Wolfgang Forster
konkurS alS verFahren FranciSco SalGado de Somoza in der GeSchichte deS inSolvenzrechtS
2009. XIV, 430 S. Gb. ISBN 978-3-412-20187-6
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AndreAs Kosuch
Abbild und stellvertreter Gottes der KöniG in herrschAfts theoretischen schriften des späten Mittel Alters (pAssAuer historische forschunGen, bAnd 17)
Die Einsetzung des weltlichen Herrschers durch Gott und seine Rolle als Abbild und Stellvertreter Gottes gelten als zwei zentrale Elemente der sakralen Herrschaftsauffassung, die während des Investiturstreits in ihren Grundfesten erschüttert wurde. Auch wenn in der Folgezeit von der Wiederentdeckung des Römischen Rechts und der Aristotelesrezeption neue Impulse für herrschaftstheoretische Überlegungen ausgingen, so blieben doch beide Anschauungen weiterhin ein fester Bestandteil des gelehrten Diskurses. Das Buch von Andreas Kosuch verfolgt in einer diachronen Untersuchung deren Entwicklung und Bedeutungswandel von der Spätantike bis in die Neuzeit, wobei der Schwerpunkt auf der Analyse von Traktaten aus der Zeit des späten Mittelalters liegt. 2011. 363 S. Gb. 150 x 230 mm. ISbN 978-3-412-20644-4
böhlau verlag, ursulaplatz 1, 50668 köln. t : + 49(0)221 913 90-0 [email protected], www.boehlau-verlag.com | wien köln weimar