Das Recht der Seeversicherung: Band 1 [2. Aufl. von Hans Jürgen Abraham. Reprint 2019] 9783111567655, 9783111196121


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German Pages 811 [816] Year 2019

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsübersicht zum ersten Bande
Schrifttum
Abkürzungen
Vorbemerkungen
ERSTER ABSCHNITT. Allgemeine Bestimmungen
I. Interesse
II. Versicherungswert. Unter-, Uber-, Doppelversicherung
III. Versicherungstreue
IV. Police. Prämie. Ristornogebühr
V. Anzeigepflicht. Gefahränderung
VI. Umfang und Dauer der Haftung des Versicherers
VII. Unfallsanzeige. Schadensabwendung
VIII. Andienung. Auskunfterteilung. Entschädigung
IX. Ubergang von Schadensersatzansprüchen
X. Zahlungsunfähigkeit des Versicherers
XI. Verjährung
XII. Veräußerung der versicherten Sache. Verpfändung der Entschädigungsforderung
XIII. Versicherung für fremde Rechnung
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Das Recht der Seeversicherung: Band 1 [2. Aufl. von Hans Jürgen Abraham. Reprint 2019]
 9783111567655, 9783111196121

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RITTER-ABRAHAM • DAS RECHT DER

SEEVERSICHERUNG

DAS RECHT DER SEEVERSICHERUNG Ein Kommentar zu den Allgemeinen Deutschen Seeversicherungs-Bedingungen Im Jahre 1919 herausgegeben von den deutschen Seeversicherern nach Beratungen mit deutschen Handelskammern und Fachverbänden unter Vorsitz der Handelskammer Hamburg

Senatspräsident am Hanseatischen Oberlandesgericht

2. Auflage von Dr. jur. Hans Jürgen Abraham, o. Professor an der Universität Frankfurt a. Main

ERSTER BAND

C R A M , DE G R U Y T E R & CO. / H A M B U R G 1967

© 1966 by Cram, de Gruyter Sc Co., Hamburg (Printcd in Germany) Alle Rechte, insbesondere das der Ubersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege Mikrokopie) zu vervielfältigen. Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin 30

(Photokopie,

Vorwort Seit dem Erscheinen der ersten Auflage dieses Kommentars (Bd. I 1922, Bd. I I 1924) sind über vierzig J a h r e vergangen. Ein unveränderter Neudruck wurde 1953 herausgegeben, wäre indessen wegen gewisser Veränderungen in den Klauseln und der Notwendigkeit, neuere Rechtsprechung und Literatur zu berücksichtigen, erneut nicht mehr zu verantworten gewesen. Für eine Neuauflage war davon auszugehen, daß die erste Auflage zur klassischen Kommentierung der A D S geworden war. Von den seeversicherungsrechtlichen Erläuterungen Ritters ist die Rechtsprechung nur selten abgewichen und auch das Schrifttum hat ihnen im Grundsätzlichen nur verhältnismäßig wenig hinzugefügt. Meine Aufgabe konnte deshalb nur in einer vorsichtigen und zurückhaltenden Modernisierung der ersten Auflage bestehen. Die überaus wertvolle Gesamtmasse ihrer Erläuterungen mußte nach Möglichkeit erhalten bleiben, nicht nur aus Pietät gegenüber Ritter, sondern vornehmlich auch u m der A D S willen. Die zweite Auflage gibt die Situation in Rechtsprechung und Schrifttum etwa um die Jahreswende 1965/66 wieder. Frankfurt a. M . , März 1966 Hans J ü r g e n Abraham

Inhaltsübersicht zum ersten Bande

Vorbemerkungen Seite

I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. IX. X. XI. XII. XIII. XIV. XV.

Geschichte und Vorgeschichte der ADS Auslegung und Anwendung der ADS Begriff des Seeversicherungs-Vertrags Abschluß des Seeversicherungs-Vertrags Mitversicherung Gemeinschafts-Versicherung Erfüllungsort bei der Seeversicherung Verantwortlichkeit des Versicherers für dritte Vorteilsausgleichung bei der Seeversicherung Zwingendes und nachgiebiges Seeversicherungs-Recht Versicherung gegen Prämie und auf Gegenseitigkeit . Der Versicherer als Kaufmann Der Versicherungsvertrag als Handelsgeschäft Seeversicherungssachen als Handelssachen öffentliches Seeversicherungs-Recht

i 5 14 20 26 31 33 34 45 49 49 50 50 50 50

E r s t e r A b s c h n i t t . Allgemeine Bestimmungen I. Interesse § § § § §

1. 2. 3. 4. 5.

Versicherbares Interesse Fehlendes Interesse Prämienzahlung bei fehlendem Interesse Wegfall des Interesses. Künftiges Interesse Versicherungsbeginn vor Vertragsschließung

53 168 176 185 191

II. Versicherungswert. Unter-, Uber-, Doppelversicherung § 6. § 7. § 8. § 9. § 10. §11. § 12.

Versicherungswert Besondere Taxe Unterversicherung Uberversicherung Haftung der Versicherer bei Doppelversicherung Beseitigung der Doppelversicherung Mitteilung von Doppelversicherungen

§ 13. III. Versicherungstreue

215 234 239 242 246 261 268 270

Inhaltsübersicht

VII Seite

I V . Police. Prämie. Ristornogebühr § 14. § 15. §16. § 17. §18.

Police Inhalt der Police Fälligkeit der Prämie und der Nebenkosten. Sicherheitsleistung Nichtzahlung der Prämie. Nichtleistung der Sicherheit Ristornogebühr

278 291 297 311 320

V . Anzeigepflicht. Gefahränderung § ig. § 20. §21. § 22. § 23. § 24. § 25. § 26. § 27.

Anzeigepflicht 321 Verletzung der Anzeigepflicht 357 Gefahrerhebliche Umstände 376 Anzeigepflicht bei Vertragsschließung durch Vertreter 380 Gefahränderung 383 Rechtsfolgen der Gefahränderung 427 Zuschlagsprämie bei Gefahränderungen 439 Anzeige von Gefahrerhöhungen 442 Anzeigepflichtverletzung und Gefahränderung hinsichtlich eines Teiles der versicherten Gegenstände 447 V I . U m f a n g und Dauer der Haftung des Versicherers

§ 28. § 29. §30. §31. § 32. § 33. §34. § 35. § 36. § 37. § 38. § 39.

Umfang der Haftung im allgemeinen Große oder gemeinschaftliche Haverei Beiträge Aufopferungen Aufwendungen Verschulden des Versicherungsnehmers Schaden von weniger als 3 % Frei von Kriegsgefahr Haftung für Arrestgefahr Grenzen der Haftung Befreiung von der Haftung nach dem Versicherungsfall Zeitversicherung

450 492 511 523 526 545 573 578 613 617 622 627

V I I . Unfallsanzeige. Schadensabwendung § 40. Unfallsanzeige § 4 1 . Abwendung und Minderung des Schadens

629 634

V I I I . Andienung. Auskunfterteilung. Entschädigung § 42. Andienung des Schadens § 43. Auskunfterteilung § 44. Schadensrechnung. Fälligkeit des Entschädigungsanspruchs

650 655 670

I X . Übergang von Schadensersatzansprüchen § 4 5 . Ubergang

676

§ 46. Schadenminderung nach Ubergang

68g

§ 4 7 . X . Zahlungsunfähigkeit des Versicherers

6g 1

§48. X I . Verjährung

699

VIII

Inhaltsübersicht Seite

X I I . Veräußerung der versicherten Sache. Verpfändung der Entschädigungsforderung § 49. Veräußerung im allgemeinen § 50. Veräußerung versicherter Schiffe und Schiffsparten § 5 1 . Verpfändung der Entschädigungsforderung

702 732 736

Anhang zu § 5 1 : Schiffshypothek und Versicherungsforderung

738

X I I I . Versicherung für fremde Rechnung §52. Versicherung für eigene Rechnung, für fremde Rechnung, für Rechnung wen es angeht 745 § 53. Rechtsstellung des Versicherten 758 § 54. Rechtsstellung des Versicherungsnehmers 765 §55. Verhältnis des Versicherungsnehmers zum Versicherten 770 § 56. Aufrechnung 775 § 57. Kennen, Kennenmüssen, Verschulden 778

Schrifttum In diesem Verzeichnis sind nur Bücher und Beiträge zu Gesamtwerken aufgeführt. Wenn abweichende Angaben fehlen, sind sie in den Erläuterungen nur mit dem Namen des Verfassers zitiert. Weitere Schrifttumsangaben, insbesondere Aufsätze und im allgemeinen Dissertationen, finden sich zu Beginn der Erläuterungen der einzelnen Paragraphen. Die hier genannten Bücher sind dort durchweg nicht genannt. Des besseren Uberblicks wegen sind indessen bei einigen neueren umfassenden Werken und wesentlichen Monographien hiervon hier und da Ausnahmen gemacht. A b e g g , Pflichten des Versicherers in der Seeversicherung, Diss. 1908 A b r a h a m , Das Seerecht, 2. Aufl. i960 (Grundriß) = Abraham G R A b r a h a m , Die Schiffshypothek im deutschen und ausländischen Recht, 1950 (Heft 20 der Überseestudien) = Abraham Schiffshyp A b r a h a m , siehe Schaps-Abraham A h l e r s , York and Antwerp Rules 1890, 1902 A h r e n s , Die Konkurrenz der Ansprüche aus dem Eigenversicherungsvertrag und dem Versicherungsvertrag zugunsten eines Dritten, Diss. 1909 A l a u z e t , Traité général des assurances, 1843 A m s l e r , Gefahranzeigepflicht bei Abschluß eines Versicherungsvertrags und Gefahrerhöhung im Laufe der Versicherung im schweizerischen Bundesgesetz vom 2. 4. 1908, Diss. 1 9 1 5 A n d e r s e n , Die Seeversicherung nach den in den hauptsächlichsten Staaten Europas geltenden gesetzlichen und anderen Bestimmungen, 1888 A r g y r i a d i s , Die Frachtversicherung, 1961 (Heft 28 der Uberseestudien) A r n o u l d , T h e L a w of Marine Insurance and Average, 15. Aufl. 1961 von Lord Chorley of Kendal und Bailhache (British Shipping Laws, Bd. 9 und 10) (Nachtrag 1966) A s c h e n h e i m , Der Abandon des Versicherten, 1893 A u b r u n , De la fixation de l'indemnité en matière d'avaries particulières dans les assurances sur facultés, 1902 A u f f ' m O r d t , Entwurf eines Allgemeinen Plans Hamburgischer Seeversicherungen, 1843 B a b , Das Wesen und die Erfordernisse der Anzeige im Privatrecht, Diss. 1 9 1 1 B a c h e , Uber die Anzeigepflicht des Versicherten, 1903 B ä u m l e r , Die Besonderheiten der Binnentransportversicherung, Diss. 1 9 1 4 B a l d a s s e r o n i , Delle assicurazioni marittime, 2. Aufl. 1 8 0 1 — 1 8 0 5 B a r a u d , L'assurance des personnes transportées à titre gratuit, 1933 B a r k h a u s e n , Voraussetzungen und Wirkungen des Abandon bei der Seeversicherung, Diss. 1895 B a u m b a c h - D u d e n , Handelsgesetzbuch, 17. Aufl. 1966 B e c k e r , Die Seeversicherungspolice, 1965 B e n d i x , Terminologie und Begriffsbildung im Gesetzentwurf über den Versicherungsvertrag, 1904

X

Schrifttum

B e n e , Der Begriff des Versicherungsfalls in der Seeversicherung, 1928 (Hamburger Rechtsstudien Heft 1) B e n e c k e , A treatise on the principles of indemnity in marine insurance, bottomry and respondentia, 1824 = Benecke Treatise B e n e c k e , System des Assekuranz- und Bodmereiwesens, 1 8 1 0 B e n e d i c t , T h e L a w of American admiralty, its Jurisdiction and practical, 6. Aufl. 1957 B e n e k e , Der Ristorno in der Seeversicherung, 1891 B e n s a , Il contratto di assicurazione nel medio evo, 1884 (teilweise französische Übersetzung von Valéry 1897) B e s s é , Assurance maritime sur corps — L a clause „franc s a u f " , 1957 B e s t , Gesetz über den Versicherungsvertrag, 1908 B e u m e , Der Einfluß des Krieges auf den Privatversicherungsvertrag, Diss. 1 9 1 6 B i s c h o f , „ D i e Natur der Sache" als Rechtsquelle im Gebiet des Versicherungswesens, 1895 B l a d , Die Erscheinungsformen der Überversicherung im Gebiet des Privatversicherungsrechts unter besonderer Berücksichtigung des V V G , Diss. 1 9 1 0 B o i z a r d , Défense ou réforme de la structure de l'assurance maritime français, 1958 B o u l a y - P a t y , Traité des assurances usw. von Émérigon, 1827 B o y e n s , Das deutsche Seerecht, Bd. I 1897, Bd. I I 1901 B r a e m e r , Das Versicherungswesen, 1894 B r a n d i s , Das deutsche Seerecht, 1908 B r a n d t , Uber Seeversicherung. Aus dem Norwegischen, 1878 B r o d m a n n , Die Seegesetzgebung des Deutschen Reiches, mit Erläuterungen, 2. Aufl. 1905 B r o m , Engelske Standaardclauses voor Zee-Casco-Verzekering, 1932 B r u c k , Das Privatversicherungsrecht, 1930 = Bruck P V R B r u c k , Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag, 7. Aufl. 1932 = Bruck V V G B r u c k - M ö l l e r , Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz und zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen unter Einschluß des Versicherungsvermittlerrechts, 8. Aufl. von Möller, Bd. I 1961 = Bruck-Möller B r ü d e r s , Transportversicherung und Krieg, 1 9 1 4 , Veröffentl. des D V f V W 26 B r ü d e r s , Zusammenstellung der wichtigsten Policebestimmungen und gesetzlichen Vorschriften über die Versicherung gegen Kriegsgefahr, 1 9 1 1 = Brüders Zusammenstellung B r u m m , Beiträge zur Rückversicherung, Diss. 1 9 1 1 B r u m m e r , Risikenbemessung und Prämienbildung in der Seeversicherung, Diss. Zürich 1950 B r u n e t t i , Diritto Marittimo Privato Italiano, 1929—1938, Bd. I I I , Teil 2, Dei sinistri marittimi e dell' Assecurazione B u e r s c h a p e r , Einfluß des Konkurses auf schwebende Versicherungsverhältnisse usw., Diss. 1 9 1 0 B u g e r , Der Versicherungsvertrag und seine Bedeutung, 1921 B y k , Die Versicherung für fremde Rechnung, verglichen mit der Kommission, Diss. 1 9 1 1 C a h n , Der Wechsel des Interessenten im Rechte der Schadensversicherung, C a m m , A Shipmaster's guide to marine insurance, 1954 C h a u v e a u , Des Assurances Maritimes, 1949 C h a u v e t , E., Traité des assurances maritimes, 1879—1881 C h a u v e t , J . V., Traité sur les assurances maritimes, 1862 C h a l m e r s , T h e Marine Insurance Act 1906, 5. Aufl. 1956

1914

Schrifttum

XI

C l a u s s , Der Versicherungswert, Diss. 1 9 1 3 C o h n , Der Versicherungsvertrag nach allgemeinen Rechtsprinzipien, 1873 C o h n f e l d , Die Lehre vom Interesse, 1865 C o u l o n et H o u a r d , Code pratique des assurances maritimes, 1887 d e C o u r c y , Les deux sortes de réassurance, 1885 d e C o u r c y , Questions de droit maritime, 1877—1888 = de Courcy, Questions d e C o u r c y , Commentaires des polices françaises d'assurances maritimes, 2. Aufl. 1888 C r a m e r , Die Versicherung der Havariegroßschäden, Diss. 1932 C r u y s m a n s , Des risques de guerre usw., 1862 D a n j o n , Traité de Droit Maritime, 2. Aufl. 1926—1929 D e s j a r d i n s , Traité des assurances maritimes, 1887. Bd. 6 des Traité de droit commercial maritime v. D ö h r e n , Rechte und Pflichten des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer in der Seeversicherung, Diss. 1 9 1 3 D o e r n b e r g e r , Die Besonderheiten der Seeversicherung, Diss. 1 9 1 1 D o h m , Unwirksamkeit und mangelhafte Wirksamkeit des Versicherungsvertrags, Diss. 1900 D o m i z l a f f - L i e b i g - B e r l i n e r , Die Allgemeinen Feuerversicherungsbedingungen, 9. Aufl. 1930 D o v e r , Analysis of Marine and other Insurance Clauses, 8. Aufl. i960 = Dover Analysis D o v e r , A Handbook to Marine Insurance, 6. Aufl. Neudruck 1964 D r o z , Traité des assurances maritimes, du délaissement et des avaries, 1881 D u b r u e l , Des polices flottantes ou d'abonnement en matière d'assurances maritimes, 1911 D u e r , The law and practice of marine insurance, 1845, 1846 v. D ü r i n g , Rechtliche Beziehungen der Sachversicherung zum ehelichen Güterrechte, Diss. 1 9 1 3 E b e r h a r d , Der Schadensnachweis in der Versicherung, Diss. 1 9 1 7 E b e r l e , Die Auskunftspflicht des Versicherungsnehmers, 1 9 1 3 E b e r l i , Die englische Kaskopolice, 1891 E c k e r , Feuerversicherungswert und Interesse, 1 9 1 4 E h r e n b e r g , Die Rückversicherung, 1885 = Ehrenberg R V E h r e n b e r g , Versicherungsrecht, 1893 = Ehrenberg E h r e n b e r g , Das künftige Rückversicherungsrecht, 1908, Veröffentl. des D V f V W 1 5 = Ehrenberg R V R E h r e n b e r g , Das „Interesse" im Versicherungsrecht (Festgabe für Sohm), 1 9 1 5 = Ehrenberg Interesse E h r e n b e r g , Verantwortlichkeit der Versicherungs-Gesellschaften für ihre Agenten (Festgabe für Jhering), 1892 = Ehrenberg Agenten E h r e n s b e r g e r , Der laufende Versicherungsvertrag in der Seetransportversicherung, besonders seine Rechtsnatur, Diss. Zürich 1944 E h r e n z w e i g , Deutsches (österreichisches) Versicherungsvertragsrecht, 1952 = Ehrenzweig V V E h r e n z w e i g , Die Rechtslehre des Versicherungsvertrags und die klassische Logik, 1952 E l s t e r , Die Anzeigepflicht bei der Seeversicherung, Diss. Leipzig 1931 E m b d e n , Versicherung für Rechnung wen es angeht, 1930 É m é r i g o n , Traité des assurances et des contrats à la grosse, 1782, 1783 E m m i n g h a u s , Das Versicherungswesen, 3. Aufl. 1 9 1 2

XII

Schrifttum

E n g e , Transportversicherung, Versicherungswirtschaftliches Studienwerk 1960/64, Studienplan F V I = Enge Transportvers E s t r a n g i n , Traité du contrat d'assurance (von Pothier), 1 8 1 0 E u l e , Die Pflicht zur Anzeige vom Eintritt des Versicherungsfalls, Diss. 1 9 1 2 E u l e r t , Die Ansprüche des Versicherers, abgesehen von dem Anspruch auf Prämie, Diss. 1908 F a l k , Rechtsgrundsätze im Versicherungswesen, 1885 F a l k , Die Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers beim Vertragsschluß, Diss. 1 9 1 1 F i c k , Die bei der Auslegung des Versicherungsvertragsrechts maßgebenden Grundsätze, 1 9 1 7 = Fick Auslegung F i c k , Einige Grundbegriffe der Schadensversicherung usw., 1 9 1 8 = Fick Grundbegriffe F i c k , Der Ersatz wert in der Feuerversicherung, 1 9 1 8 = Fick Ersatzwert F i s c h e r , Die Versicherung für fremde Rechnung in der Schadensversicherung, Diss. 1913 F l o c k t o n , T h e Insurance of Ships, 1955 F l ü c k i n g e r , Das Rücktrittsrecht im Teilschadensfall nach schweizerischem Recht, 1961 F ö r s t e r , Die Gefahrerhöhung in der Privatversicherung, Diss. 1 9 1 6 F r a m h e i m , Die Herbeiführung des Versicherungsfalls, Diss. Hamburg 1927 F u n k , Das Mitversicherungs-System des Londoner Lloyds, 1935 G a l l u s , Die Grundlagen des gesamten Versicherungswesens, 1874 G a u n t , The Carriage and Insurance of Cargoes, 1954 G e o r g i i , Die Haftpflichtversicherung des Entwurfs eines V V G , 1904 G e r h a r d , Kommentar zum Deutschen Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag (verf. von Gerhard, Hagen, v. Knebel-Döberitz, Broecker, Manes), 1908 G i b b , Lloyd's of London, 1957 J . v o n G i e r k e , Die Versicherungsforderung bei der Veräußerung der versicherten Sache, 1899 = Gierke Versicherungsforderung J . v o n G i e r k e , Der Begriff der Transportversicherung im deutschen Recht (Festgabe f ü r Güterbock) = Gierke Transportversicherung J . v o n G i e r k e , Versicherungsrecht, Bd. I 1937, Bd. I I 1947 = Gierke V S R G i e s e , Die Ansprüche des Verkäufers aus dem Versicherungs- und Kaufvertrag nach dem Ubergang der Gefahr auf den Käufer, Diss. 1898 G i r t a n n e r , Die Centralisation vom Standpunkt des Seeversicherers aus betrachtet, 1875 G l as h o f f , Sammlung einiger bei der Schiffahrt und dem Assekuranz-Geschäfte vorkommenden Fälle, 1792, 1795, 1799, 1802 G o l d s c h m i d t , System des Handelsrechts usw., 4. Aufl. 1892, = Goldschmidt System G o l d s c h m i d t , Universalgeschichte des Handelsrechts, 1891, = Goldschmidt Universalgeschichte G o l d s c h m i d t , Zur Geschichte der Seeversicherung (Festgabe für Beseler), 1885, = Goldschmidt Seeversicherung G o n z a l e s , E l seguro marítimo, 1940 G o v a r e , L'assurance Maritime Française, 2. Aufl. i960 G o w , Marine Insurance, 5. Aufl. 1931 G r a m m , Das neue deutsche Seefrachtrecht nach den Haager Regeln, 1938 G r a s m e y e r , Materialien zu einem allgemeinen Plan für die Assekuradeurs in Hamburg, 1809 G r a s m e y e r , Geschichtliche Wahrnehmungen beim Seeassekuranzwesen usw., 1824, = Grasmeyer Wahrnehmungen

Schrifttum

XIII

G r e v e l , H a t der K ä u f e r einer Sache das Recht, die Zession des Anspruchs auf die Versicherungssumme zu fordern usw., Diss. 1895 G r i e s h a b e r , Das Synallagma des Versicherungsvertrags, 1 9 1 4 G r u n w a l d , Einrichtung und Betrieb einer großen deutschen Versicherungsgesellschaft, 1 9 1 2 G ü t s c h o w , Vergleichende Zusammenstellung der wichtigsten Seeversicherungsrechte, 1908 G ü t s c h o w , Bemerkungen zu dem Entwurf der A D S , 1 9 1 0 = Gütschow Bemerkungen G u g e l , Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag, 1909 H a g e n , Das Versicherungsrecht (in Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, 8. Band, 2 Abteilungen), ig22 = Hagen Hdb. I oder I I , auch 1 oder 2 H a g e n , Grundzüge des Versicherungsrechts, 1923 = Hagen Grundzüge H a g e n , Seeversicherungsrecht (Veröffentlichungen des Deutschen Vereins für Versicherungswissenschaft, Heft 62), 1938 = Hagen S V R H a g h e et C r u y s m a n s , Commentaire sur la police d'assurance maritime d'Anvers, 1883 H a l l e r , Entwurf einer neuen Assecuranz- und Havarieordnung, 1 8 1 9 H a m a n n , Die Anzeigepflicht des privaten Versicherungsrechts, Diss. 1920 H a n z l i k , Die juristische Natur der Rückversicherung, Diss. 1 9 1 1 H a s s e l m a n n , Seekriegsversicherung, 1 9 1 8 H e c k , Das Recht der großen Haverei, 1889 H e c k e r , Z u r Lehre von der rechtlichen Natur der Versicherungsverträge, 1894 H e l b e r g , Der Abandon in der Seeversicherung auf rechtsvergleichender Grundlage, 1925 H e l l a u e r , Transportversicherung, 1953 H e l l w i g , Die Verträge auf Leistung an Dritte, 1899 H e n l e , Unterstellung und Versicherung, 1922 H e n s e l , Kritische Sichtung der Theorien über die juristische Natur des Versicherungsvertrags, Diss. 1905 H e r e h e r , Die Anwendung des § 278 B G B auf das Verhältnis des Versicherungsnehmers zum Versicherer nach dem V V G , Diss. 1 9 1 2 H e r r m a n n , Theorie der Versicherung, 3. Aufl. 1897 v. H e r r m a n n - O t a v s k y , Zur Konkludenz des Schweigens bei der Abschließung des Versicherungsvertrags (Festgabe für Cohn), 1 9 1 5 H e r r m a n n s d o r f e r , Wesen und Behandlung der Rückversicherung, 2. Aufl. 1924 H e r z o g , Die Praxis der Transportversicherung, 190g H e y e r s , Beiträge zur Lehre von der Doppelversicherung, Diss. 1 9 1 0 H e y n e , Zur Praxis der Versicherungswertvermittlung an beweglichen Gegenständen usw., Diss. 1 9 1 0 H i e s t a n d , Der Schadensersatzanspruch des Versicherers usw., 1896 H i l l e b r e c h t , Die Verletzung der Anzeigepflicht nach dem V V G , Diss. 1 9 1 0 H i m e r , Kostfrachtgeschäft und laufende Versicherung, 1923 H i n n e b e r g , Binnentransportversicherung, Diss. 1920 H o c h g r ä b e r , Die Hauptkapitel des Transportversicherungsrechts, 1937 = Hochgräber Hauptkap H o m a n n , Die Ausschließungsklauseln zweier zusammentreffender Versicherungsverträge für fremde Rechnung, Diss. 191 o H o r s t , Leitfaden zum Studium der Grundsätze und Einrichtungen des Versicherungswesens, 1905

XIV

Schrifttum

H u b e r , Die Versicherung für fremde Rechnung, Diss. 1914 H ü b en e r , Die Führungsklausel in der Mitversicherung, 1954 H u e t t n e r , Das Recht der Feuerversicherung, 1908 H u e t t n e r , Das Recht der Haftpflichtversicherung usw., 1908 H u p k a , Die Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht, 1903 H u r d , The Law and Practise of Marine Insurance relating to Collision Damages and other Liabilities to Third Parties, 1952 H y l l i a , Die Anzeigepflicht bei Binnen Versicherungen, Diss. 1901 I n s t i t u t e of L o n d o n U n d e r w r i t e r s , Reference Book on Marine Insurance Clauses, 1956 I n s t i t u t e of L o n d o n U n d e r w r i t e r s , Papers on Marine Insurance Matters, 1949/55 J a c o b i , Der Versicherungsschein, Diss. 1911 J a c o b s , Les assurances maritimes et les avaries, 1885 J a h n , Studien über Rückversicherung und deren Statistik, 1912 v. J o h n , Die Seeversicherungspolicen der wichtigsten Plätze der Erde, 1874 J o s e f , Das Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag, igo8 J u n k e r , Die Verpfändung des Versicherungsanspruchs, Diss. 1919 K e a t e , Guide to Marine Insurance, 12. Aufl. 1958 K e n t , Commentaries on American law, 12. Aufl. 1873 K i e s s e l b a c h , Die wirtschafts- und rechtsgeschichtliche Entwicklung der Seeversicherung in Hamburg, 1901 K i r c h m a n n , Fusion von Versicherungsunternehmungen nach dem geltenden deutschen Rechte, Diss. 1911 K i r s t e i n , Anzeigepflicht beim Abschluß des Versicherungsvertrags, Diss. 1914 K i s c h , Handbuch des Privatversicherungsrechts, Bd. 2, 3, 1920, 1922 = Kisch 2 bzw. 3 K i s c h , Das Recht des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, 1951 = Kisch Gegenseitigkeitsverein K i t a d a , Der Abandon in der Seeversicherung unter besonderer Berücksichtigung des japanischen Rechts, 1908 K l e f e c k e r , Hamburgisches Assecuranzwesen (Sammlung der Hamb. Ges. u. Verfass. 7. 287), 1769 K l e i n , Anzeigepflicht im Schuldrecht, 1908 K l e i n s c h m i d t , Die Anwendbarkeit des § 278 BGB im Versicherungsrecht, Diss. 1914 K n i t t e l , Alte Assecuradeure und alte Gefahren (Veröffentl. des hamb. Seminars für Versicherungswissenschaft), 1918 K n i t s c h k y - R u d o r f f , Die Seegesetzgebung des Deutschen Reiches, 5. Aufl. 1913 K ö h l e r , Die Seekriegsversicherung, Diss. 1913 K ö n i g , Uber die Behandlung der falschen Angaben und der Verschweigung usw., Diss. 1889 K ö n i g , Die Versicherungsgeschäfte, 1885, EndemannsHdbch. Bd. 3 K o e n i g , Schweizerisches Privatversicherungsrecht, 2. Aufl. i960 K o e r n e r , Der Kriegsschaden und seine Versicherung, 1867 K ö r n e r , Rechtliche Stellung des Erwerbers bei Veräußerung der versicherten Sache nach dem V V G (§§ 69—73), Diss. 1913 K ö r t e , Die Voraussetzungen des Schadensversicherungsvertrags usw., Diss. 1908 K o h l e r , Versicherungsrecht, 191 o, D e r n b u r g , Das bürgerliche Recht Bd. 6 K r a c h t , Die Rotterdamer Seeversicherungs-Börse, ihre Entwicklung, Bedeutung und Bedingungen, 1922

Schrifttum

XV

K r a u s e , Die Uberversicherung im Privatversicherungsrecht, 1908 K r ö m e r , Veräußerung der versicherten Sache bei der Schadensversicherung, Diss. 1 9 1 4 K r o s t a , Über den Begriff" Versicherung, Diss. 1 9 1 1 K ü n n e t h , Die Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers bei der Schließung des Vertrags nach dem V V G , Diss. 1 9 1 2 K u f a h l und S a u e r , Gesetz über den Versicherungsvertrag, 1908 K u l i n i c k , Der Maximalkontrolleur bei der Seeversicherung, 1 9 1 8 L a b r a q u e - B o r d e n a v e , Traité des assurances maritimes, 1876 L ä g e t d e P o d i o , Traité des questions sur l'assurance maritime, 1847 L a n g e , Die Gefahrerhöhung bei Versicherungsverhältnissen nach den Bestimmungen des V V G , Diss. 1 9 1 1 L a n g e n b e c k , Anmerkungen über das Hamburgische Schiff- und Seerecht, 1727. 2. Aufl. 1740, zitiert nach der 1. Aufl. L a z a r u s , Uber das Seeversicherungsrecht, 1861 = Lazarus über Seeversicherungsrecht L a z a r u s , Bedenken gegen den Entwurf der Hamburgischen Seeversicherungspolice, 1862 = Lazarus Bedenken L e h s t e n , Der mittelbare Kollisionsschaden in der See- und Transportversicherung, Diss. Hamburg 1930 L e m c k e , Versicherungswesen, 2. Aufl. 1888 L e m o n n i e r , Commentaire sur les principales polices d'assurances maritimes usitées en France, 1843 L e n n é , Das Versicherungsgeschäft für fremde Rechnung, 1 9 1 1 L e o , Deutsches Seehandelsrecht, 1902 L e o n h a r d , Verschulden beim Vertragsschluß, 1 9 1 0 L e w i s , Das deutsche Seerecht, 2. Aufl. 1884 L e w i s , Lehrbuch des Versicherungsrechts, 1889 = Lewis Lehrbuch v. L i c h t e n f e l s , Uber einige Fragen des Binnenversicherungsrechts, 1870 v. L i e b i g , Die Seeversicherung, 1 9 1 4 L ö t s c h , Die Risikobeschränkung, Diss. Hamburg 1935 L i n d n e r und F e l l , Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag, 1909 L o w n d e s , A practical treatise on the law of marine insurance, 2. Aufl. 1885 L u r e a u et O l i v e , Commentaire de la Police française d'Assurances maritimes sur Facultés, 2. Aufl. 1952 L u z a t t i , II contratto di assicurazione marittima usw., 1 9 1 2 M a c k e n t h u n , Die Ausbesserungspflicht in der See-Kaskoversicherung, ungedr. Diss. Hamburg 1953 M a c l o u , L e délaissement dans l'assurance maritime, 1954 M a g e n s , On Insurance, 1755 M a i e r , Das Versicherungsvertrags-Recht, 1 9 1 1 M a l s s , Betrachtungen über einige Fragen des Versicherungsrechts usw., 1862 = Malss Betrachtungen M a l s s , Studien über Versicherungsrecht, 1884 M a n e s , Einführung in die Praxis der Privat-Versicherung, 1908 = Manes Einführung M a n e s , Versicherungswesen, 3. Aufl. 1922 = Manes Versicherungswesen M a n e s , Grundzüge des Versicherungswesens, 3. Aufl. 1 9 1 8 = Manes Grundzüge M a n e l e s , Verjährung und Schadenandienung in Seeversicherungssachen, 1888 M a n f r e d i , II contratto di assicurazione, 1909

XVI

Schrifttum

M a r c u s , Das Recht der Privatversicherung nach den allgemeinen Lehren des Entwurfs eines V V G , 1907 M a r s h a l l , On Insurances, 3. Aufl. 1823 M a r t i n , Die Haftung des Versicherers für Güter aus deutschen Schiffen in italienischen und portugiesischen Häfen, 1 9 1 8 M a r t i n , History of Lloyds and of Marine insurance, 1876 M a s i u s , Systematische Darstellung des gesamten Versicherungswesens, 1857 M a t a j a , Das Recht des Schadenersatzes, 1888 M a t t e r , Der Umfang der Gefahr in der Seeversicherung von Gütern nach schweizerischem Recht, 1923 M a y , T h e law of insurance, 2. Aufl. 1882 M c A r t h u r , On the contract of marine insurance, 2. Aufl. 1890 M e y e r , Die Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers beim Abschluß des Versicherungsvertrags, 1897 = Meyer Anzeigepflicht M e y e r , Die rechtliche Stellung des Versicherungsnehmers nach dem V V G , Diss. 1 9 1 0 M e y e r , Die Uber- und Doppelversicherung im Gebiet des Privatversicherungsrechts, Diss. 1 9 1 3 M i c h a e l s , Die Bedeutung der Orderklausel für die Seeversicherungspolice, Diss. 1905 M ö l l e r , Summen- und Einzelschade (Hamburger Rechtsstudien, Heft 30), 1939 M ö l l e r , Cifgeschäft und Versicherung, 1932 M ö l l e r , Die Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für das Verhalten Dritter, 1939 = Möller Verantwortlichkeit M ö l l e r , Seeversicherung, Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, 1952, S. 240 M ö l l e r , s. auch Bruck-Möller M o h r , Die Frachtversicherung, 1927 M o l d e n h a u e r , Das Versicherungswesen (1. Teil, 3. Aufl. 1 9 1 8 ; 2. Teil, 2. Aufl. 1923) = Moldenhauer Versicherungswesen M o l d e n h a u e r , Die laufende Versicherung, Diss. 1899 = Moldenhauer Laufende Versicherung M o l d e n h a u e r , Die Grenzgebiete zwischen Feuer- und Transportversicherung, 1921 = Moldenhauer Grenzgebiete M o l t , Der Kreditversicherungsvertrag, 1 9 1 3 M o n t e l l a , De Seguros Maritimos, 1 9 1 5 M o n a r d , Du contrat d'assurance, 1883 M ü l l e r , Die innere Verwaltung einer modernen Versicherungsgesellschaft, 1 9 1 4 M ü l l e r - E r z b a c h , Die Grundsätze der mittelbaren Stellvertretung usw., 1905 M ü r l , Die laufende Versicherung, Diss. Nürnberg 1928 M u l l i n s , Marine Insurance Digest, 1951 N a g e l , Die Kriegstransportversicherung, ihre Entwicklung und staatliche Regelung unter besonderer Berücksichtigung der Schweizer Lösung, Diss. Zürich 1946 N a j a r , El suguro de flota (Schiffsfrachtversicherung), Madrid i960 N o l s t Trenite, Nederlandisch assurantierecht, 1907 N o l t e , System des See-, Assekuranz- und Bodmereiwesens (von B e n e c k e ) , 1851 N o r d , Die Entwicklung des deutschen Versicherungswesens in seiner Beziehung zum Weltkrieg und dessen wirtschaftlichen Wirkungen, 1922 N o t h m a n n , Das Versicherungszertifikat, 1932 N o u r n e y , Das Recht des Abandons, Diss. 1905 O b e r b a c h , Allgemeine Versicherungsbedingungen für Haftpflichtversicherung, Teil I 1938, Teil I I 1947

Schrifttum

XVII

O b e r m a y e r , Die Rückversicherung, Diss. 1912 O b e r s t , Rechtliche Natur der Versicherungspolice, 1909 v. O e r t z e n , Der Versicherungsschein, Diss. 1 9 1 1 O h l i g m a c h e r , Die Verpflichtung der Versicherten zur Abwendung des Schadens vor und nach dem Versicherungsfall, Diss. 1918 O s t e r t a g , Das (schweizerische) Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag, 1915 P ä h l , Die Landtransportversicherung in Deutschland, ig22 P a l a n d t — (Name des Verfassers), Bürgerliches Gesetzbuch, 25. Aufl. 1966 P a p p e n h e i m , Handbuch des Seerechts, Bd. 2 1906, Bd. 3 1918 (Fortsetzung des Werkes von Wagner) P a p p e n h e i m , Zwangsversicherung der Seeschiffspassagiere und Haftung der Reeder für Personenschäden, 1928 P a r d e s s u s , Cours de droit commercial, 6. Aufl. 1856, 1857 P a r k , A system of the law of marine insurances, 8. Aufl. 1842 P a u l y , Abänderungsvorschläge zum Seeversicherer-Entwurf der ADS, 1910 P a u l y , Eine Kritik des E 1910, 1910 P a u l y , Zur Entwicklung der allgemeinen Seeversicherungsbedingungen, igio P a u l y , Die englische Kriegsgefahr-Versicherung in der Seeversicherung, 1918 = Pauly Kriegsgefahr P a u l y , Die Hamburger Kriegsklausel in der Seeversicherung (Veröffentl. des hamb. Seminars für VersicherungsWissenschaft), 1918 = Pauly Kriegsklausel P e e f , Der Versicherungsfall überhaupt und insbesondere bei der Haftpflichtversicherung, 1914 P e r r e a u , Assurances terrestres et maritimes, 1929 P h i l i p p s , A treatise on the law of insurance, 5. Aufl. 1867 P l a s s , Geschichte der Assekuranz und der Hanseatischen Seeversicherungsbörsen, 1902 P l a s s , Die Besonderheiten der Rückversicherung in den einzelnen Versicherungszweigen, Diss. 191 o = Plass Rückversicherung P o h l s , Darstellung des gemeinen deutschen und des hamburgischen Handelsrechts, Bd. 4, 1934 P o t h i e r , Traité du contrat d'assurance et du contrat de prêt à la grosse, 1767 P r a n g e , Die Theorie des Versicherungswertes usw., 1895, 1902, 1907 P r a n g e , Kritische Betrachtungen zu dem Entwurf eines V V G , 1904 P r a u s e , Das Recht des SchifFskredits, 1954 P r i e n , Die sogenannte Strandungsklausel im Weltverkehr, 1890 P r ö l ß , Versicherungsvertragsgesetz, 15. Aufl. 1965 = Prölß V V G P r ö l ß , Versicherungsaufsichtsgesetz, 3. Aufl. 1965 R a i s e r , Kommentar der Allgemeinen Feuerversicherungs-Bedingungen, 2. Aufl. 1937 R a m s h o r n , Voraussetzungen und juristische Natur des Vertrags bei der Versicherung für fremde Rechnung, Diss. 1910 R a s c h , Zur Frage des Versicherungswerts in der Feuerversicherung, Diss. 1892 R a u , Die Rückversicherung der Gegenwart, Diss. 1901 R a y n e s , A History of British Insurance, 2. Aufl. 1964 R e a t z , Die Seeversicherung, 1884. EndemannsHdbch. Bd. 4 R e a t z , Geschichte des Europäischen Seeversicherungsrechts, 1870 = Reatz Geschichte R e n t z e l l , Entwurf einer neuen Assecuranz- und Havarieordnung, 1826 R i c h t e r , Die Versicherung der in einem Betriebe zur Bearbeitung befindlichen fremden Waren gegen Feuersgefahr, 1913

XVIII

Schrifttum

R i p e r t , Droit Maritime, 4. Aufl. 1 9 5 1 — 1 9 5 3 = Ripert R i p e r t , Précis de Droit Maritime, 7. Aufl. 1956 = Ripert Précis R o e l l i , Kommentar zum schweizerischen V V G Bd. I 1 9 1 1 ff., Bd. I I / I I I 1932/33 v. J a e g e r , Bd. I V 2. Aufl. 1962 v. K e l l e r R o e l l i , Entwurf zu einem schweizerischen V V G , 1896 = Roelli Entwurf R ö p l i n g , Die Geschichte der englischen Seeversicherung, 1956 R ö p l i n g , Die Struktur der englischen Seeversicherung und ihr Einfluß auf die Zahlungsbilanz Großbritaniens, i960 R o h r b e c k - D u r s t - B r o n i s c h , Das Recht des Versicherungsagenten, 3. Aufl. 1950 R o s e , Insurance Notes for Shipbrokers, 1955 R o t h b a r t h , Die Seeversicherungspolice, Diss. 1 9 1 5 R ü e g e r , Die Causa-Proxima-Regel im Seeversicherungsrecht, Diss. Zürich 1956 R y n e r t , Über die Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers beim Abschlüsse des Vertrags, 1908 S a c e r d o t i , II contratto di assicurazione, 1874 S a n t e r n a , De assecurationibus, 1599 S a s s e , Deutsches Seeversicherungsrecht 1 9 2 3 — 1 9 5 7 , 1958, mit Nachtrag 1964 S c h a f f h a u s e n , De assecurationibus, vulgo von Assecuranzien oder Versicherungen, 1638 S c h a p s - A b r a h a m , Das deutsche Seerecht, 3. Aufl., Bd. I 1959, Bd. I I 1960/62, Bd. I I I 1964 S c h e e l , Die Einwirkung des Weltkrieges auf die rechtliche Gestaltung der Seeversicherung, Diss. Leipzig 1925 S c h e r z b e r g , Die Kriegsklausel in der Seeversicherung unter Mitberücksichtigung des englischen und französischen Rechts, 1954 (Uberseestudien Heft 23) S c h l e g e l b e r g e r , Seeversicherungsrecht, i960 = Schlegelberger S V R S c h l e g e l b e r g e r - L i e s e c k e , Seehandelsrecht, 2. Aufl. 1964 S c h l i n k , Die Natur der Versicherung, Diss. 1887 S c h m i d t , R e i m e r , Die Obliegenheiten, 1953 S c h m i d t , Das Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag, 1908 S c h n e i d e r , Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag, igo8 S c h n e i d e r , Treu und Glauben im Schuldrecht, 1902 S c h n e i d e r , Von Havereien und Seeversicherungen, 1875 S c h o n f e l d , Le risque de guerre en matière d'assurances maritimes, 1 9 1 6 S c h u d d e b e u r s , Transportverzekering (Beurskonditien), 1923 S c h w e i g h ä u s e r , Kommentar zum V V G , 1922 v. S e l l e , Das Recht des Pfandgläubigers auf die Versicherungssumme, Diss. 1896 S i e b e c k , Die Schadenabwendungs- und Minderungspflicht des Versicherungsnehmers, ^63 J . S i e v e k i n g , De assecuratione maritima nomine alterius contracta, 1790 J . S i e v e k i n g , Von der Assekuranz für Rechnung eines ungenannten Versicherten. 1791 = J . Sieveking G. S i e v e k i n g , Das deutsche Seeversicherungsrecht, 1 9 1 2 = Sieveking d e S m e t , Les Assurances maritimes, 1934 d e S m e t , Traité théorique et pratique des Assurances Maritime, 3 Bd. 1959 S o m m e r , Die Haftung des Versicherungsnehmers für fremdes Verschulden, Diss. 1 9 1 3 S o e r g e l - S i e b e r t -— (Name des Bearbeiters), Bürgerliches Gesetzbuch, 9. Aufl. 1959—1964 S p o h n , Die Transportversicherung, 1 9 1 8

Schrifttum

XIX

S t a u d i n g e r — (Name des Bearbeiters), Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, io. u. i i . , teilweise 9. Aufl. S t e l z e r , Die Gefahrerhöhung und ihre Rechtsfolgen nach dem V V G , Diss. 1921 S t e p h i n g e r , Versicherung und Gesellschaft, ig 13 S t o l l e , Die Versicherung für fremde Rechnung nach dem Entwurf eines V V G , Diss. 1906 S t r a c c h a , De mercatura et assecurationibus, 1669 S t r a u s s , Das Institut der Fremdversicherung lege de ferenda, Diss. 1917 S t u t z , Die Rückversicherung im Transportversicherungs-Geschäft, 1893 T e c k l e n b o r g , Allgemeine Seeversicherungs-Bedingungen, 1867, 1868 T e c k l e n b o r g , System des Seeversicherungswesens, 1862 = Tecklenborg System T e m p l e m a n - G r e e n a c r e , On Marine Insurance, 5. Aufl. 1950 T h i l o , Zur Geschichte und zur Reform der Seeversicherung, 1884 T o n n i e s , Chronik des hamburgischen See-Assecuranz-Geschäfts usw., 1823—1827 T o o p , Die rechtliche Bedeutung der Ubergabe der Versicherungsbedingungen vor Abschluß des Versicherungsvertrags, 1905 T s i r i n t a n i s , Die Orderpolice, Hamburger Rechtsstudien Heft 6, 1930 T u r n e s , The Principles of Marine Insurance, 5. Aufl. 1964 U l r i c h , Allgemeine Deutsche Seeversicherungs-Bedingungen, 1921 U l r i c h , Die Bestrebungen der International Law Association, betr. Ausgleich der wesentlichsten Verschiedenheiten im Seeversicherungsrecht der einzelnen Länder 1901 = Ulrich Bestrebungen U l r i c h , Stellung der Transportversicherer zu dem Vorschlag, die Haftung des Seeverfrachters zu regeln, 1906 U l r i c h , Der Rückversicherungsvertrag in der Seeversicherung nach Deutschem, Englischem und Französischem Recht, 1884 = Ulrich Rückversicherung U l r i c h - B ü d e r s - H o c h g r ä b e r , Große Haverei, 3. Aufl., Bd. I 1927, Bd. I I 1930 V a l i n , Nouveau commentaire sur l'Ordonnance de la marine, 1760, 1766. Mit Anm. von Bécane, 1829 V a l l e b o n a , Delle assicurazione marittima, 1906 de V a i r o g a r , Droit maritime, 1883—1886 V a t k e , Das Verschulden im V V G , Diss. 1 9 1 1 V a u c h e r , A guide to marine insurance, containing the policies of the principal commercial towns of the world, 1834 V i c t o r , Wirkungen der Gefahrerhöhung bei schwebenden Versicherungen, Diss. 1904 V i t t o r e l l i , L'Assicurazione Trasporti, 1962 V i v a n t e , II contratto di assicurazione, 1885fr. V o i g t , Das Deutsche Seeversicherungs-Recht, 1887 V o i g t , Zum See- und Versicherungsrecht, 1880 V o i g t , Die Haftung des Versicherungsnehmers für seine Hülfspersonen in Erledigung der Anzeige- und Auskunftspflicht nach dem V V G , Diss. 1914 = Voigt Haftung V o r w e r k , Die Rechtsnachfolge in das versicherte Interesse, Diss. 1913 W a g e n m a n n , Grund und rechtliche Struktur der Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers beim Abschluß des Versicherungsvertrags nach dem V V G , Diss. 1914 W e i l , Des assurances maritimes et des avaries, 1879 W e i m a r , Schiffahrtsrecht und Transportversicherungsrecht, 1959 W e i n b e r g e r , Die ADS von 1919, 1920

XX

Schrifttum

W e i s s , Die Veräußerung der versicherten Sache, Diss. 1 9 1 6 W e r n e b u r g , Zeitfragen aus der Schadensversicherung, 1920 W e s k e t t , Theorie und Praxis der Assekuranzen (Ubersetzung von Engelbrecht), 1782—1787 W e y g a n d , Die Grundzüge der Kundenversicherung, 1 9 1 4 W h i t e , The Marine Insurance Act 1906, 1907 W i e c h m a n n , Die Über- und Doppelversicherung nach dem V V G , Diss. 1908 W i n k l e r , Die den Umfang der Gefahr beschränkenden Klauseln des Seeversicherungsvertrags, Diss. 1 9 1 6 W ö r n e r , Allgemeine Versicherungslehre, 3. Aufl. 1920 W o l f f , Das Privatversicherungsrecht 1 9 1 4 , Holtzendorff's Enzyklopädie der Rechtswissenschaft, 7. Aufl. Bd. 2 W ü s t e n d ö r f e r , Seeschiffahrtsrecht, in Ehrenbergs Hdb., Bd. V I I 2, 1923 = Wüstendörfer H B W ü s t e n d ö r f e r , Neuzeitliches Seehandelsrecht, 2. Aufl. 1950 = Wüstendörfer S H R Y t i e r et R o c o f f o r t , Polices d'assurances maritimes sur facultés en usage sur la place de Marseille, 1886 Z a l u d , Das Storno, 1902 Z e h n t e r , Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag, 1908

Abkürzungen AbändVorschl. z. E 1 9 1 4 AComp ADHGB ADS ÄndVorschl. Hamburg ÄndVorschl. Stettin AfcP AfHR AfVW AG A H O 1731

= = = =

Abänderungsvorschläge zum E 1 9 1 4 , 1 9 1 8 Assecuranz-Compaß Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch Allgemeine Deutsche Seeversicherungsbedingungen, 1 9 1 9

=

Hamburgische Anderungsvorschläge zum E 1864

= = = = = =

AllgPlan 1847

=

AllgVP AlteGP AlteKRP AlteKZP Anhang Anm. AnmVHA Ann Vers Anträge V H K APV

= = = = = = = = = =

APV II ArchBürgR Ashers Rechtsfälle

= = =

AssJB ASVB

=

Anderungsvorschläge der Stettiner Seeversicherer zum E 1863 Archiv für die Civilistische Praxis Archiv für das Handelsrecht Archiv für Versicherungswirtschaft Amtsgericht. Oder = Ausführungsgesetz Der Stadt Hamburg Assecuranz- und Haveryordnung vom 10. 9. 1 7 3 1 Revidierter allgemeiner Plan Hamburgischer Seeversicherungen von 1847 Allgemeine Versicherungs-Presse Bis 1920 verwendete Güterpolice des V H A (Mat. 29g) Bis 1920 verwendete Kasko-Reisepolice des V H A (Mat. 2. 106) Bis 1920 verwendete Kasko-Zeitpolice des V H A (Mat. 2. 102) Anhang zu diesem Werke Anmerkung Anmerkungen des V H A zum E 1864 Annalen des gesamten Versicherungswesens Anträge der vereinigten Handelskammern usw. z u m E 1 9 1 0 , 1 9 1 1 Veröffentlichungen des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherung, ab 1947: . . . des Zonenamtes des Reichsaufsichtsamtes für das Versicherungswesen; ab 1952: . . . d e s Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen Anhang zu A P V Archiv für das Bürgerliche Recht Rechtsfälle aus dem Gebiete des Handelsrechts. Hsggbn. von Asher Assecuranz-Jahrbuch

=

Allgemeine Seeversicherungs-Bedingungen von 1867 (Mat. 2. 15)

= =

Bundesanzeiger Badische Rechtspraxis und Annalen der Badischen Gerichte

=

Gerichtspraxis in Versicherungsachen. gartner

BAnz BadRspr Baumgartners Gerichtspraxis

Hsggbn. von

Baum-

XXII

Abkürzungen

BaumgartnersHdwbuch

=

BaumgartnersZ

=

BayZ BB Begr. Bek. Bemerk. Bemerk. Bemerk. Bemerk. Bemerk.

= = = =

1866 Bremen Lübeck I Lübeck II VHK

Betrieb BG BGB BGBl BGH BGHZ BOSA BOSAE

= = = = =

= = = = = = = =

Bolze Bremer Tarif

=

BremSamml

=

BSchG

=

BSVB

=

BuschA

=

C. de comm.

=

DJT DJZ DÖV Dor DorT DorSup DR Dt. Just DRZ DTV DTVMitt DVflntSR DVersZ

=

= = =

= = = = = = = = =

Handwörterbuch des gesamten Versicherungswesens. Hsggbn. von Baumgartner Zeitschrift für Versicherungs-Recht und Wissenschaft. Hsggbn. von Baumgartner Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern Betriebsberater Begründung Bekanntmachung Bemerkungen zu den Monitis zum E 1864, 1866 Bemerkungen der Vereinigten Commission zum E 1864, 1865 Bemerkungen der Lübecker H K zum E 1863, 1864 Bemerkungen der Lübecker H K zum E 1864, 1865 Bemerkungen der vereinigten Handelskammern usw. über die Äußerung der Assekuradeure zu den Anträgen V H K Der Betrieb Bundesgericht Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt (Teil I oder II) Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundesoberseeamt Entscheidungen des Bundesoberseeamts und der Seeämter der Bundesrepublik Deutschland Die Praxis des R G in Zivilsachen. Hsggbn. von Bolze Waren-Tarife des Vereins Bremer Seeversicherungs-Gesellschaften Sammlung der Entscheidungen des OAG Lübeck in bremischen Civil-Rechtssachen G, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt Versicherungs-Bedingungen der Bremischen See-VersicherungsGesellschaften. Revidiert 1875 (Mat. 2. 117) Archiv für Theorie und Praxis des Allgemeinen Deutschen Handels- und Wechselrechts. Hsggbn. von Busch Code de commerce Verhandlungen des Deutschen Juristentages Deutsche Juristenzeitung Deutsche öffentlich-rechtliche Versicherung Revue de Droit Maritime comparé, 1923 bis 1939 Revue de Droit Maritime Revue de Droit Maritime suplm. Deutsches Recht Deutsche Justiz Deutsche Rechts-Zeitschrift Deutscher Transport-Versicherungs-Verband Die Transportversicherung, Mitteilungen des D T V Deutscher Verein für internationales Seerecht Deutsche Versicherungszeitschrift

Abkürzungen

XXIII

DVfVW DVfVWVeröff DVPresse DVZ DVZtg

Deutscher Verein für Versicherungswissenschaft Veröffentlichungen des D V f V W Deutsche Versicherungs-Presse Deutsche Versicherten-Zeitung Deutsche Versicherungs-Zeitung

E 1863

Entwurf eines Neu revidierten Allgemeinen Plans hamburgischer See-Versicherungen, 1863 Entwurf Allgemeiner Versicherungs-Bedingungen der Norddeutschen Versicherungs-Gesellschaften Entwurf Allgemeiner Versicherungs-Bedingungen der Norddeutschen See-Versicherungs-Gesellschaften, 1866 Entwurf der ADS von 1910 (Mat. 2. 165) Entwurf der ADS von 1914 (Mat. 2. 225) Einführungsgesetz Handbuch des gesamten Handelsrechts. Hsggbn. von Ehrenberg Eisenbahn- und Verkehrsrechtliche Entscheidungen und Abhandlungen, Zeitschrift für Eisenbahn- und Verkehrsrecht Handbuch des gesamten Handelsrechts. Hsggbn. von Endemann Erläuterungen zum E 1863 Eisenbahn-Verkehrsordnung

E 1864 E 1866 E 1910 E 1914 EG EhrenbergsHdbch EisenbE EndemannsHdbch • Erläuterungen 1863 EVO F. C. & S. clause FGG

Free of capture and seizure clause Reichsgesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Gesetz über das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Binnenschiffe

FlaggRG Fuchsberger

Die Entscheidungen des R G usw. Hsggbn. von Fuchsberger

G (oder Ges.) Gerhards Praxis GewO GmbHG Gruchot GrünhutsZ GVG HA Hacke

= =

HAG HambS

= =

Hamburger Tarif

=

Handelul Hansa

= =

Gesetz Praxis des Privat-Versicherungsrechts. Hsggbn. von Gerhard Gewerbeordnung für das Deutsche Reich G, betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts. Hsggbn. von Gruchot Zeitschrift für das Privat- und öffentliche Recht der Gegenwart. Hsggbn. von Grünhut Gerichtsverfassungsgesetz Herrschende Ansicht Die Rechtsprechung des R G , des R O H G usw. auf dem Gebiete des Versicherungsrechts. Hsggbn. von Hacke Handelsappellationsgericht Sammlung der Erkenntnisse und Erkenntnisgründe des OAG zu Lübeck in Hamburgischen Rechtssachen Obligatorische Vereinbarung (des VHA) über Bedingungen und Prämien Handel und Industrie Hansa, fr. Untertitel: Deutsche nautische Zeitschrift, dann: Zeitschrift für Schiffahrt, Schiffbau und Hafen, dann: Zentralorgan für Schiffahrt, Schiffbau, Hafen

XXIV HansOLG HansRGZ Hdbch Heise u. Cropp HessRspr HG HGB H G B a. F. HGB-Novelle von 1908

Abkürzungen = Hanseatisches Oberlandesgericht = Hanseatische Rechts- und Gerichtszeitschrift (1928 bis 1943) = Handbuch des gesamten Handelsrechts. Hsggbn. von Endemann = Juristische Abhandlungen von Heise und Cropp = Hessische Rechtsprechung = Handelsgericht = Handelsgesetzbuch = H G B vor der HGB-Novelle von 1908

HK HRR HRZ

G, betreffend Änderungen der Vorschriften des H G B über die Seeversicherung, vom 30. 5. 1908 = Hamburgische Gerichtszeitung ( 1 8 6 1 — 1 8 6 8 ) = Hamburgische Handelsgerichtszeitung (1868—1879) = Hanseatische Gerichtszeitung (1880—1927) (Wenn ohne Zusatz: Entscheidung des O L G Hamburg) = Sammlung seerechtlicher Erkenntnisse. Hsggbn. von Hermann und Hirsch = Annalen des Deutschen Reichs für Gesetzgebung, Verwaltung und Statistik. Hsggbn. von Hirth = Handelskammer = Höchstrichterliche Rechtsprechung = Hanseatische Rechts-Zeitschrift ( 1 9 1 9 — 1 9 2 7 )

ICC IFC IMIR

= = =

ITC ITV ITVMitt IGK IVC

= = = = =

Institute Cargo Clauses Institute Freight Clauses International Marine Insurance Rules (International Association 1900/1901) Institute Time Clauses Internationaler Transport-Versicherungs-Verband Mitteilungen des I T V Internationales Konnossementsabkommen Institute Voyage Clauses

JheJ JR JRPV JfNatSt JuS JW JZ

= = = — = = =

Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts Juristische Rundschau Juristische Rundschau für Privatversicherung Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung

KassH KG Kierulff

= = =

Kassationshof Kammergericht Sammlung der Entscheidungen des O A G Lübeck. Hsggbn. von Kierulff

KO

=

Konkursordnung

LG LM

= =

Lloyd's Police

=

Landgericht Lindenmaier-Möhring, Das Nachschlagewerk gerichtshofes Lloyd's S. G. policy, M I A Schedule 1

HGZ

HH HirthsAnn

=

des

Law

Bundes-

Abkürzungen

Sammlung der Entscheidungen des O A G zu Lübeck in Lübecker Rechtssachen. Hsggbn. von Bruhn Leipziger Zeitschrift f ü r Deutsches Recht

LübSamml LZ

Masius Rundschau, Blätter für Versicherungswissenschaft, Versicherungsrecht und bemerkenswerte Vorgänge im Versicherungswesen Materialien zu den A D S 1 9 1 9 Monatsschrift für Deutsches Recht Allgemeine Seeversicherungs-Bedingungen von 1910. Entwurf der Hamburger Assekuranzmakler Mecklenburgische Zeitschrift für Rechtspflege und Rechtswissenschaft The Marine Insurance Act 1906 (6 Edward 7. C. 4 1 ) Mitteilungen für die öffentlichen Feuerversicherungsanstalten Motive zum PreußE 1857

MasiusRundschau

Mat. MDR ME MecklZ MIA MittöffFVA Mot. z. PreußE. NAfHR NeumannsZ NJW

= = =

Neues Archiv für Handelsrecht Zeitschrift für Versicherungswesen. Hsggbn. Neue Juristische Wochenschrift

OAG Oblig. Beschl. des V H A

=

Oberappellationsgericht

OestRev OestVZ OestZ OG OGH (auch O G H Z ) OLG Ord. de la mar. OSA OT Plan 1800 PreußAHO PreußALR PreußE PreußSeerecht Prot RA RCP Recht

XXV

von

Neumann

Obligatorische Beschlüsse des V H A (insbesondere für Kaskound Reederei-Interesse-Versicherungen) Oesterreichische Revue. Organ für Assekuranz und Volkswirtschaft Oesterreichische Versicherungs-Zeitung Oesterreichische Zeitschrift für öffentliche und private Versicherung Obergericht Oberster Gerichtshof für die britische Zone Oberlandesgericht Ordonnance de la marine 1681 Oberseeamt Obertribunal Bedingungen, nach welchen die Assekuradeurs . . . vom 1. J a n u a r 1800 an Versicherungen übernehmen Assecuranz- und Havarey-Ordnung vor sämtliche Königliche Preußische Staaten vom 18. 2. 1766 Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten Entwurf eines H G B für die Preußischen Staaten 1857 Königlich-Preußisches Seerecht vom 1. 12. 1727 Protokolle der Kommission zur Beratung eines A D H G B . Hsggbn. von Lutz Revue de Droit Internationale Maritime. Hsggbn. von Autran Rules for Construction of Policy ( M I A , Schedule 1) Das Recht

XXVI RG

Abkürzungen = =

RGSt RheinZfZuPR RJA ROHG RPAssAvAdj Rspr Rüdiger RWG s SA

= = =

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SächsA

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SammelVB

=

SaskiZ SchiffJB SchlHolstAnz SchRG SchRO SE Seebohm SeemG SeemO SeuffBl SSV SVJB

=

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=

Thöls Entscheidungsgründe

=

Ullrich

=

UVV

=

VAG

=

VersPrax VersArch VersN VersR VerWissArch

= = =

=

=

Reichsgericht Entscheidungen des R G in Zivilsachen Entscheidungen des R G in Strafsachen Rheinische Zeitschrift für Zivil- und Prozeßrecht Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchwesens Reichsoberhandelsgericht Rules of Practice of the Association of Average Adjusters Die Rechtsprechung der O L G auf dem Gebiete des Zivilrechts Die Rechtsprechung des R G in Versicherungssachen. Hsggbn. von Rüdiger Reichswirtschaftsgericht section J . A. Seuffert's Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte usw. Sächsisches Archiv für Bürgerliches Recht u n d Prozeß (später: für Rechtspflege) Sammlung von Versicherungsbedingungen deutscher Versicherungsanstalten Saskische Zeitschrift für das Versicherungswesen Schiffahrt-Jahrbuch Schleswig-Holsteinische Anzeigen Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken Schiffsregisterordnung Entscheidungen des Oberseeamts und der Seeämter des Deutschen Reichs Sammlung seerechtlicher Erkenntnisse. Hsggbn. von Seebohm Seemannsgesetz Seemannsordnung Dr. J . A. Seuffert's Blätter für Rechtsanwendung Schiffssicherheitsverordnung Seeversicherungs-Jahrbuch

Ausgewählte Entscheidungsgründe des O A G Lübeck. Hsggbn. von Thöl Sammlung von seerechtlichen Erkenntnissen. Hsggbn. von Ullrich Unfallverhütungsvorschriften der See-Berufsgenossenschaft G über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen Die Versicherungspraxis. Organ der Versicherungsnehmer Versicherungsarchiv Der Versicherungsnehmer Versicherungsrecht. Juristische Rundschau für die Tndividualversicherung Versicherungswissenschaftliches Archiv

Abkürzungen

XXVII

Vfreund VHA ViertelJR VO Vorb. (auch Vorbem.) VVG VW

= = = =

Der Versicherungsfreund Verein Hamburger Assecuradeure Vierteljahresrundschau über das Versicherungswesen Verordnung

= = =

Vorbemerkung G über den Versicherungsvertrag Versicherungswirtschaft. Halbmonatsschrift der deutschen Individualversicherung

WallmannsZ WG Withorby Wunderlich

= = = =

WuRVers

=

Wallmann's Versicherungs-Zeitschrift Wechselgesetz Marine Insurance Clauses, by Withorby & Co., London 1 9 1 9 Die Jurisprudenz des O A G Lübeck in bürgerlichen Rechtssachen aus Lübeck. Hsggbn. von Wunderlich Wirtschaft und Recht der Versicherung

YAR

=

T h e York-Antwerp-Rules

ZfHW ZfSuWG ZfVR (auch Z V e r s R ) ZfV ZfVW ZHR

= =

Zeitschrift für Handelswissenschaft und Handelspraxis Zeitschrift für Social- und Wirtschaftsgeschichte

ZPO ZVG

= = = =

Zeitschrift für Versicherungsrecht Zeitschrift für Versicherungswesen Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Konkursrecht, jetzt: . . . für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht = Zivilprozeßordnung = G über die Zwangsversteigerun g und die Zwangsverwaltung

Vorbemerkungen Inhalt I. Geschichte und Vorgeschichte der ADS II. Auslegung und Anwendung der ADS I I I . Begriff des Seeversicherungs-Vertrags I V . Abschluß des Seeversicherungs-Vertrags V. Mitversicherung V I . Gemeinschafts-Versicherung V I I . Erfüllungsort bei der Seeversicherung VIII. IX. X. XI.

Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für dritte Vorteilsausgleichung bei der Seeversicherung Zwingendes und nachgiebiges Seeversicherungs-Recht Versicherung gegen Prämie und auf Gegenseitigkeit

X I I . Der Versicherer als Kaufmann X I I I . Der Versicherungsvertrag als Handelsgeschäft X I V . Seeversicherungssachen als Handelssachen X V . Öffentliches Seeversicherungs-Recht

I. Geschichte und Vorgeschichte der ADS i. Materialien. Grasmeyer's Materialien zu einem allgemeinen Plan für die Asse- Anm. i kuradeurs in Hamburg, 1809. — Entwurf eines allgemeinen Plans hamburgischer SeeVersicherungen, 1843. — Entwurf eines Neurevidirten allgemeinen Plans hamburgischer See-Versicherungen, 1863. Erläuterungen zum E 1863, 1863. Anmerkungen des V H A zum E 1863. Bemerkungen der H K Lübeck zum E 1863. — Entwurf Allgemeiner Versicherungs-Bedingungen der Norddeutschen VersicherungsGesellschaften auf der Grundlage des A D H G B , 1864. Bemerkungen der H K Lübeck zum E 1864. Bemerkungen der bremischen Kommission für die Abänderung der Assekuranz-Bedingungen zum E 1864. Hamburgische Anderungsvorschläge zum E 1864. Änderungsvorschläge der Stettiner Seeversicherer zum E 1864 mit Erläuterungen. — Entwurf Allgemeiner Versicherungsbedingungen der Norddeutschen See-Versicherungs-Gesellschaften, 1866. Anträge der Stettiner Seeversicherer zum E 1866. Bemerkungen der Hamburger Assecuradeure zum E 1866. Bemerkungen (Voigt's) zu den Monitis zum E 1866. — Entwurf Allgemeiner deutscher Seeversicherungsbedingungen, 1910 (Mat. 2. 165). Zusammenstellung der Neuerungen im E 1910. Anträge der vereinigten Handelskammern und des Allgemeinen Versicherungsschutzverbandes zum E 1910. Bemerkungen der Assecuradeure zu den Anträgen der vereinigten Handelskammern usw. zum E 1910. Bemerkungen der vereinigten Handelskammern usw. über die Äußerung der Assecuradeure zu den 1

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

2

Geschichtliches

I Anträgen zum E 1910. Kritische Bemerkungen des Deutschen Haftpflicht- und Versicherungs-Schutzverbandes, 1 9 1 1 . Ubersicht der Abänderungen des E 1910 ( H K Hamburg, 1913). Verhandlungen zwischen den deutschen Handelskammern und den Versicherern 1 9 1 0 — 1 9 1 4 ( H K Hamburg, 1918). — Entwurf Allgemeiner Deutscher Seeversicherungs-Bedingungen, 1914 (Mat. 2. 225). Abänderungsvorschläge zum E 1914 ( H K Hamburg, 1918). Niederschriften über Beratungen des E 1914 vom 22. und 23. August 1918, 17. und 18. September 1918, 10.—12. Oktober 1918. — Materialien zu den ADS, hsggbn. von Bruck, 1919. — Allgemeine Seeversicherungs-Bedingungen von 1910, Entwurf der Hamburger Assekuranzmakler, !909Anm. 2 2. Literatur. B r u c k H R Z 1919. 549 (Zur Entstehungsgeschichte der ADS), H R Z 1920. 1 (Zur Einführung in die ADS), J W 1920. 16 (Die ADS). G ü t s c h o w , Vergleichende Zusammenstellung der wichtigsten Seeversicherungsrechte, 1908, Bemerkungen zu dem E 1910, 1910. H a s s e l m a n n H R Z 1918. 44g (Seeversicherungsbedingungen in alter und neuer Zeit), Schiffahrtsjahrbuch 1920. 237 (Entwicklung der deutschen Seeversicherungsbedingungen). K i e ß e l b a c h , Die wirtschafts- und rechtsgeschichtliche Entwicklung der Seeversicherung, 1901. K n i t t e l , Alte Assecuradeure und alte Gefahren, 1918. L a z a r u s , Bedenken gegen den Entwurf der Hamburgischen See-Versicherungs-Police, 1862. M i t t e l s t e i n , Schiffahrtsjahrbuch 1920. 245 (Unterschied der neuen Seeversicherungsbedingungen gegen die 67er). P a u l y , Abänderungsvorschläge zum Seeversicherer-Entwurf der ADS 1910, Eine Kritik des E 191 o, 191 o. P l a s s , Geschichte der Assecuranz und der Hanseatischen Seeversicherungsbörsen, 1902. R i t t e r , Schiffahrtsjahrbuch 1921. 289 (Die ADS von 1919). U l r i c h Z f V W 1 9 1 1 . 42 (Der Entwurf der ADS), Z f V W 1920. 14 (Die ADS von 1919). V o i g t N A f H R 3. 464 (Der AllgPlan 1847 im Verhältnisse zum ADHGB), N A f H R 4. 137 (Vergleichende Zusammenstellung der Bestimmungen des AllgPlans 1847 mit dem ADHGB). W e i n b e r g e r OestZ 1920. 484 (Die ADS von 1919). Vgl. auch die Begründung des Urteils des BGH vom 1 1 . 12. 1951 L M 2 zu den ADS. — Englische Ubersetzung der ADS von A. Sieveking, 1920. — De lege ferenda siehe De S m e t , L'Uniformisation des Couvertures d'assurances Maritimes; ses possibilités — les limites, Extrait du Bulletin des Assurances, März/April 1964. Anm. 3

3. Die ersten Allgemeinen Seeversicherungs-Bedingungen bildete in Deutschland wohl der sogenannte „Vergleich der Assecuratoren in Hamburg" vom 29. Dezember 1677 ( L a n g e n b e c k 425), ein, wie man sich später ausdrückte, „obligatorischer Beschluß" der Hamburger Assekuradeure, veranlaßt dadurch, daß „nicht allein die Premien müh- und langsahm mit Verdruß eingebracht werden müssen, und zu Zeiten gar zurücke bleiben, sondern auch die beschwerliche Averien dergestalt anwachsen, daß endlich dadurch eine gäntzliche Erstickung der Versicherung, und consequenter ein Ruin der Commercien und See-Trafiquen zu besorgen" waren. Der Vergleich wurde später (1679, 1683, 1687, 1693, 1697, 1704) erneuert und erweitert ( L a n g e n b e c k 426). 1707 scheiterten Erneuerungsverhandlungen. — 1785 wurden „Bedingungen, unter welchen die hamburgischen Assekuradöre Assekuranzen auf Frachtgelder zeichnen" aufgestellt (vgl. „Verzeichniß der Pläne hiesiger Assecuranz-Compagnien", Bd. 1 bis 1800, Hamb. Commerz-Bibl., unter dem 15. J a n u a r 1787). Ob sie allgemein angewendet worden sind, ist nicht bekannt. — Im übrigen versicherten die „Assecuranz-Compagnien" der Hansestädte nach ihren „Artikeln" oder „Plänen", d. h. ihren Satzungen, die zugleich Versicherungsbedingungen enthielten (vgl. „Verzeichniß" a. a. O.). Die Pläne wurden (ähnlich wie heute Klauseln und Sonderbedingungen) zu Konkurrenzzwecken mißbraucht. „Vollständige Verwilderung" des Versicherungsgeschäfts war die Folge ( K n i t t e l 13).

Geschichtliches

3

4. Am Ausgang des 18. Jahrhunderts entstanden, von 13 (oder 14) Hamburger Privatassekuradeuren und 10 (oder 1 1 ) Bevollmächtigten Hamburger und in Hamburg vertretener Assekuranzgesellschaften unterzeichnet, „Bedingungen, nach welchen diejenigen Hamburgischen Assekuradeurs, welche sich bey ihren Unterschriften darauf beziehen, vom 1. Januar Anno 1800 an, Versicherungen übernehmen" (sog. B e d i n g u n g e n v o n 1800, vgl. „Verzeichniß der Pläne hiesiger Assecuranz-Compagnien", Bd. 2 von 1800 bis 1814, Hamb. Commerz-Bibl., und dazu K r, Einige Bemerkungen zu den jüngst erschienenen Bedingungen, 1800). „Allein sie haben nicht das Glück und den Erfolg gehabt, welche man hoffte und voraussetzte" ( G r a s m e y e r VI). Die Kaufmannschaft glaubte bei ungezügelter Konkurrenz der Assekuradeure besser zu fahren. Das Commerz-Collegium in Hamburg erhob Widerspruch. Auf seine Veranlassung ermahnte der Senat die Assekuradeure, von ihrem Vorhaben abzustehen; die Bedingungen seien „teils sehr dunkel und ständen mit der hiesigen Assekuranzordnung in Widerspruch, teils seien sie gar zu nachteilig für die Versicherten" ( K i e ß e l b a c h 136; vgl. auch B e n e c k e 1. 15). Die Ermahnung hatte Erfolg. Die Bedingungen schliefen ein ( G r a s m e y e r VI). — Noch geringeren Erfolg hatte der Grasmeyersche Entwurf „eines allgemeinen Planes für die Assekuradeurs in Hamburg" vom Jahre 1809. Er konnte mit seinen 401 Paragraphen nur abschreckend wirken. — Nach A u f f ' m O r d t (Vorwort zum Entwurf eines allgemeinen Planes von 1843) hat Grasmeyer 1819 noch einmal einen Entwurf zu allgemeinen SeeversicherungsBedingungen erscheinen lassen, „eine wenig veränderte Umarbeitung der Bedingungen von 1800", die nicht erhalten zu sein scheint und jedenfalls auch keinen Erfolg gehabt hat. 5. 1842 nahm sich die hamburgische Commerz-Deputation der Angelegenheit an. Sie veranlaßte den Assekuradeur A u f f ' m O r d t , den Entwurf eines „Allgemeinen Plans" herzustellen. Auff'm Ordt legte 1843 den „Entwurf eines allgemeinen Plans hamburgischer See-Versicherungen" vor. Der Entwurf wurde mit jener „bedächtigen Sorgfalt" behandelt, welche auch die Verhandlungen über die späteren Entwürfe von Allgemeinen Seeversicherungs-Bedingungen gekennzeichnet haben (Vorb. zum AllgPlan 1846). Der „ A l l g e m e i n e P l a n hamburgischer See-Versicherungen" konnte immerhin schon Ende 1846 von der Commerz-Deputation bekanntgemacht werden. Er wurde von 1847 an angewendet und machte damit „einem Tohuwabohu von über 30 Versicherungsplänen ein Ende" ( K n i t t e l 14). Er wurde 1852 in unwesentlichen Punkten „revidiert" und seitdem als „Revidierter Plan hamburgischer See-Versicherungen" nicht nur in Hamburg, sondern auch in den Ostseeplätzen den Seeversicherungen zugrunde gelegt. 6. Die Einführung des A D H G B gab den Anstoß zu erneuter Revision des „Allgemeinen Plans" (vgl. V o i g t N A f H R 3. 464, 4. 137). Zunächst glaubte man neben dem A D H G B mit wenigen Policenbestimmungen auskommen zu können (vgl. „Entwurf der Hamburgischen See-Versicherungs-Police" und dagegen L a z a r u s Bedenken, 1862). Dann nahm die hamburgische Commerz-Deputation die Angelegenheit wieder in die Hand. Sie veranlaßte 1863 den Lübecker OAGRat V o i g t , den Entwurf eines revidierten Plans herzustellen. V o i g t legte im selben Jahre den Entwurf eines „Neu revidierten allgemeinen Plans hamburgischer See - Versicherungen" mit Erläuterungen vor. Bei den Verhandlungen hierüber (vgl. die Materialien oben Anm. 1) beschloß man, das System des Allgemeinen Plans zu verlassen und an das A D H G B Anschluß zu suchen. Dabei war der Wunsch maßgebend, die Bedingungen an allen deutschen Seeplätzen einzuführen. Insbesondere auch in Bremen. Bremen hatte keine Assekuranzordnung. Man hatte in Bremen früher auf holländische Policen gezeichnet, sich aber schon 1818 auf einen allgemeinen Plan geeinigt, diesen 1»

I Anm. 4

Anm. 5

Anm. 6

4

Geschichtliches

I

1836 geändert und 1853 „Versicherungs-Bedingungen der Bremischen See-Versicherungs-Gesellschaften, gültig vom 1. J a n u a r 1854" veröffentlicht ( K i e ß e l b a c h 138, T e c k l e n b o r g System 7). Bremen, Emden, Leer, Lübeck, Rostock, Stettin, Stralsund wurden daher an den Verhandlungen beteiligt. 1864 legte V o i g t den Entwurf „Allgemeiner Versicherungs-Bedingungen der Norddeutschen VersicherungsGesellschaften" vor (vgl. dazu die Materialien oben Anm. 1). Auf Grund neuer Verhandlungen legte er 1866 den Entwurf „Allgemeiner Bedingungen der Norddeutschen Seeversicherungs-Gesellschaften" mit Anmerkungen vor (vgl. dazu die Materialien oben Anm. 1). Die Bedingungen wurden nunmehr angenommen, als „Allgemeine Seeversicherungs-Bedingungen von 1 8 6 7 " „auf den Wunsch der Beteiligten von der Handelskammer in Hamburg" veröffentlicht und vom 1. Januar 1868 an angewendet. Nur Bremen hatte sich ausgeschlossen, blieb „ i m unbeneideten Besitz" ( V o i g t X X X I I ) seiner Bedingungen von 1854 und revidierte sie 1875. — Die A S V B sind später von den Assekuradeuren mehrfach geändert worden (vgl. „Zusätze und Abänderungen" auf den Policen: Mat. 2. 100, 103, 107). — Die binnenländischen Assekuradeure übernahmen nach eigenen Sonderbedingungen Seeversicherung. Die vom I T V veröffentlichten „Allgemeinen Bedingungen für die Versicherung von GüterTransporten zur See" hatten sich nicht eingebürgert.

Anm. 7

7. Das Gesetz, betreffend Änderung der Vorschriften des H G B über die Seeversicherung, und das V V G von 1908 veranlaßten den V H A , in Verbindung mit dem I T V eine Kommission einzusetzen, die unter Berücksichtigung der Gesetzesänderungen, aber auch der inzwischen gemachten Erfahrungen und der in Handel und Schiffahrt entstandenen Veränderungen den Entwurf „Allgemeiner Deutscher Seeversicherungs-Bedingungen" herstellen sollte, also den Entwurf von Bedingungen, die tunlichst für das ganze deutsche Seeversicherungs-Geschäft gelten sollten. Die aus Assekuradeuren der Seeplätze und des Binnenlandes, dem Generalsekretär des I T V und hamburgischen Juristen zusammengesetzte Kommission veröffentlichte im Juli 1910 den Entwurf von ADS (E 1910). Die H K Hamburg leitete darauf Verhandlungen ein, an denen eine Anzahl anderer Handelskammern, der Allgemeine Versicherungs-Schutzverband und eine Reihe von Interessenten-Vertretungen (VHA, Verein Bremer Seeversicherungs-Gesellschaften, Verein der am Futtermittelhandel beteiligten Firmen, Verein der Getreidehändler der Hamburger Börse, Verein Hamburger Exporteure, Verein Hamburger Reeder, Bremer Reedereiverein, Verband des Hamburger Einfuhrhandels, Ostasiatischer Verein, Zentralverband des deutschen Großhandels, Deutscher Wirtschaftsverband für Süd- und Mittelamerika) beteiligt wurden. Über diese Verhandlungen vgl. die Materialien oben Anm. 1. Im J u n i 1914 „konstatierte die Handelskammer (Hamburg) mit Befriedigung, daß nunmehr über alle noch verbliebenen Meinungsverschiedenheiten eine für alle Beteiligten annehmbare Verständigung erzielt worden sei". Der Entwurf wurde im J u l i 1914 gemäß dieser Verständigung geändert (E 1914). Die A D S sollten vom 1. Januar 1915 an angewendet werden, — da kam der Ausbruch des ersten Weltkrieges dazwischen. Die Einführung der ADS in den Verkehr unterblieb. — Ende 1916 erklärte die H K Hamburg, mit Rücksicht auf die Erfahrungen des Krieges den Entwurf der A D S nachprüfen zu wollen. Im Dezember 1917 fand in Hamburg eine Massenversammlungen der Interessenten statt, in der die Versicherungsnehmer und Assekuranzmakler die Nachprüfung der gesamten Bestimmungen des Entwurfs durchsetzten. Das Spiel begann von neuem; vgl. die Materialien oben Anm. 1. Mit Mühe einigte man sich. Eine Redaktionskommission beseitigte so gut wie möglich die durch die Änderungen verursachten Unebenheiten. Am 1. Januar 1920 sollten die ADS in Verkehr gebracht werden. Das scheiterte in den Hansestädten am Widerstande der Assekuranzmakler,

Auslegung

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im Binnenlande a m Widerstreben der an ihre früheren Bedingungen gewöhnten und H mit ihnen zufriedeneren Assekuradeure. N u r allmählich b r a c h e n sich die A D S Bahn, um dann allerdings eine Geltung zu erringen, die die gesetzliche R e g e l u n g der Seeversicherung im Zehnten Abschnitt des H G B (§§ 7 7 8 — g o o ) nahezu in den Schatten stellte. Die A D S selbst sind seither unverändert geblieben. D o c h bilden die Zusatzbestimmungen zu den A D S für die Güterversicherung (1947) eine regelmäßig zu vereinbarende E r g ä n z u n g und enthalten auch Abweichungen von den A D S .

IL Auslegung und Anwendung der ADS 1. Literatur. B r u c k P V R 2 9 — 3 1 . B r u c k - M ö l l e r Einl. A n m . 5 1 — 7 2 . E h r e n - A n m . 8 z w e i g V V 1 6 — 1 7 . F i c k , Die bei der A u s l e g u n g des Versicherungsvertragsrechts m a ß g e b e n d e n Grundsätze, 1917. F l u m e , Juristentag-Festschrift I i960. 166 (Rechtsgeschäft und Privatautonomie). J . v. G i e r k e V R S I 3of., 60—67, 72. G r i e s e VersWissA r c h 1959. 1 2 9 — 1 7 0 (Internationales Seeversicherungsrecht). H a g e n H d b I 42—48, Z f V W 1923. 120 (Die neuen Seeversicherungsbedingungen und ihre Bedeutung für das gesamte Versicherungsrecht), AssJB 1928. 9 (Zur Auslegung von Versicherungsbeding u n g e n ) , Z f V W 1937. 199 (See-und Binnenversicherung). H a u p t , Allgemeine Geschäftsbedingungen der Banken, 1937. H e l m J u S 1965. 1 2 1 — 1 2 9 (Private N o r m und staatliches R e c h t beim Massenvertrag). L e w N e u m Z 1930. 738 (Die Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen und die Tankschiffahrt). L u k e s Hueck-Festschrift 1959. 459 (Gedanken zur Begrenzung des Inhalts allgemeiner Geschäftsbedingungen), J u S 1961. 301 (Grundprobleme der Allgemeinen Geschäftsbedingungen). M i l l e r , Hansa 1952. 397 (Protection und Indemnity-Versicherung). M ö l l e r , Seeversicherung, Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, 1952. 214, I T V M i t t 1936. 97 (Die gesetzlichen Rechtsquellen der Seeversicherung in den wichtigsten Ländern). P r ö l ß V V G V o r b e m . I I I und Z f V W 1935. 218 (Über die Auslegung allgemeiner Versicherungsbedingungen). R a i s e r , Das R e c h t der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1935. 2 5 1 — 2 7 1 (Neudruck 1961). S c h l e g e l b e r g e r S V R i f . R e i m e r S c h m i d t VersRsch 1961. 337 (Aktuelle Probleme um die Allgemeinen Versicherungsbedingungen). S c h w e i g h ä u s e r V e r s R 1952. 50 (Zur Auslegung der Bedingungen des Seeversicherungsrechts). W e b e r V e r s R 1950. 108 (Zur A b g r e n z u n g von Zusatzbedingungen, Klauseln und Sicherheitsvorschriften). 2. D i e A D S sind nicht objektive, allgemein verbindliche Rechtsnormen (so a u c h A n m . 9 für die A l l g e m e i n e n Deutschen Spediteurbedingungen B G H Z 17. 2), insbesondere a u c h nicht Gewohnheitsrecht ( K G H a n s R G Z 1936 B 25 = Sasse N r . 440). Sie sind Bestandteil des V e r s i c h e r u n g s v e r t r a g s , der sie z u seiner G r u n d l a g e g e m a c h t hat (s. d a z u a u c h B r u c k - M ö l l e r Einl. A n m . 21). A b e r dieser Bestandteil ist kein gewöhnlicher, und z w a r sowohl seinem I n h a l t wie seinem U r s p r u n g nach. a) der I n h a l t der A D S besteht aus verschiedenartigen Elementen. Die überw i e g e n d e Masse bilden Bestimmungen, die G e g e n s t a n d freier V e r e i n b a r u n g sein können und gegebenenfalls sind. A n d e r e Bestimmungen sind aber solche, die nicht G e g e n s t a n d freier V e r e i n b a r u n g sein können. Diese Bestimmungen sind w i e d e r u m v o n verschiedener A r t . Es sind zunächst die Bestimmungen, die sich ü b e r die G ü l t i g keit des Versicherungsvertrags aussprechen. W a s gültig, was ungültig, was teilweise gültig, teilweise ungültig sein soll, bestimmt das Gesetz so, d a ß es, z w i n g e n d , unnachgiebig, der freien V e r e i n b a r u n g sich entzieht. D i e Bestimmungen insbesondere, d a ß Interessen versichert w e r d e n „ k ö n n e n " (§ 1), ein V e r t r a g , d e m kein versicherbares Interesse z u g r u n d e liegt, unwirksam ist (§ 2), Uberversicherungen teilweise unwirksam, betrügerische Ü b e r - oder Doppelversicherungen ganz u n w i r k s a m sind (§§ 9

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Auslegung

II A b s . 2, 10 A b s . 3), die T a x e nicht erheblich höher sein darf als der wirkliche V e r sicherungswert (§ 6 A b s . 2), sind Bestimmungen, die z w a r Gegenstand der V e r e i n b a r u n g sein könnten, wenn das Gesetz den Parteien a u c h insoweit freie H a n d ließe, die aber, da das Gesetz dies eben nicht tut, sondern u n n a c h g i e b i g ist, bloße Wiederholungen der gesetzlichen Vorschriften, nur z u r V e r v o l l s t ä n d i g u n g des Gesamtbildes in die A D S mit a u f g e n o m m e n sind. — Es sind demnächst die Bestimmungen, die sich über gewisse Rechtsgestaltungen verhalten, die a n z u o r d n e n d e m Gesetz w o h l ansteht, die aber im W e g e der V e r e i n b a r u n g nicht oder doch nur in weniger vollk o m m e n e r Weise herbeigeführt w e r d e n könnten. D a ß z. B. der E r w e r b e r einer versicherten S a c h e in das Versicherungsverhältnis eintritt (§ 49 A b s . 1), der Versicherungsnehmer für fremde R e c h n u n g die R e c h t e aus d e m Versicherungsvertrag ausü b e n kann (§ 54), die R e c h t e an der versicherten S a c h e mit der Z a h l u n g der V e r sicherungssumme auf den Versicherer ü b e r g e h e n (§ 71 A b s . 3 usw.), sind Bestimmungen, die jedenfalls so, wie sie getroffen sind, nur v o m Gesetz getroffen werden können. A u c h insoweit bilden die Bestimmungen der A D S nur W i e d e r h o l u n g e n der gesetzlichen Vorschriften. —• A b e r a u c h unter denjenigen Bestimmungen, die G e g e n s t a n d freier V e r e i n b a r u n g sein können, sind viele, die entweder die Vorschriften des Gesetzes (und z w a r teilweise d e s V V G , teilweise d e s H G B ) wiederholen oder doch sich eng an sie anschließen. — Alles in allem bilden die A D S „ e i n e vollständige Zusammenstellung der für den Inhalt, das Verständnis und die Wirksamkeit der zu schließenden Versicherungsverträge m a ß g e b e n d e n R e g e l n " ( R O H G 3. 88, 7. 400; vgl. a u c h R O H G H G Z 1873. 183; „ e i n die Gesamtheit des assekuranzkontraktlichen Rechtsverhältnisses umfassendes R e g u l a t i v " ) . Als solche sind sie z u werten, —• w o b e i freilich z u berücksichtigen ist, d a ß die Vorstellung von der Vollständigkeit, der Einheit des Rechts mit j e n e r Z u r ü c k h a l t u n g verstanden werden m u ß , die allen gesetzgeberischen E r z e u g nissen gegenüber a m Platze ist (vgl. unten A n m . 11, § 126 A n m . ) . b) U b e r den U r s p r u n g der A D S : V o r b . I. Die A D S sind nach fast zehn J a h r e langen V e r h a n d l u n g e n zwischen den Assekuradeuren und der beteiligten K a u f m a n n schaft, „ n a c h Beratungen mit deutschen H a n d e l s k a m m e r n und F a c h v e r b ä n d e n unter Vorsitz (d. h. Leitung) der H a n d e l s k a m m e r H a m b u r g " zustande g e k o m m e n . Ein nur oberflächlicher V e r g l e i c h der A D S mit d e m E 1910, ein nur kurzer Einblick in die, übrigens der N a t u r der S a c h e n a c h unvollständigen, „ M a t e r i a l i e n " ergeben bereits, welchen gewaltigen E i n f l u ß die Kreise der Versicherten unter der F ü h r u n g der bedeutendsten O r g a n e des Handelsstandes und der geschäftsklugen, alterfahrenen, hansestädtischen Assekuranzmaklerschaft auf die G e s t a l t u n g der A D S ausgeübt haben. Es w ä r e daher nichts verkehrter, als w e n n m a n die A D S wie solche „ A l l gemeinen Geschäftsbedingungen" betrachten und behandeln wollte, in welchen sich die wirtschaftliche Ü b e r l e g e n h e i t des einen Vertragsteils (insbesondere desjenigen, der sie aufgestellt hat) ausdrückt (vgl. a u c h H e l m J u S 1965. 123). D e r Seeversicherung steht, wie keinem anderen Z w e i g e des Handels, der W e l t m a r k t offen. Ihr tritt aber eben deshalb a u c h in g a n z besonderem M a ß e der W e t t b e w e r b der W e l t auf die Füße. W i r d der H a m b u r g e r K a u f m a n n von seinem Assekuradeur nicht „ k u l a n t " bedient, geht er n a c h L o n d o n . D e r K a u f m a n n hat das entschiedene U b e r g e w i c h t . W i e er selbst unter U m s t ä n d e n vor d e m geschlossenen W i l l e n einer selbst kleinen Wirtschaftsgruppe kapitulieren m u ß , z w i n g t er die Assekuradeure, i h m zu W i l l e n z u sein. Als die H a m b u r g - A l t o n a e r Ewerführer-Baase nicht mehr h a f t e n wollten, g a b der K a u f m a n n das so vergrößerte Risiko an die Assekuranz weiter, u n d diese m u ß t e „ i n b e z u g auf die der hamburgischen K a u f m a n n s c h a f t seitens der Baase geschaffenen augenblicklichen N o t l a g e ihrer Versicherten erklären, . . . die aus d e m Einlassen auf j e n e F r a c h t b e d i n g u n g e n im Schadensfalle für den Versicherten . . . erwachsenden

Auslegung

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Präjudize nicht geltendmachen zu wollen" (Hamb. Börs. Hdbuch 8. Aufl. 293). H R O H G 3. 89 sagt von den ASVB, daß ihren „autonomischen Teil die Versicherer als einen von ihnen ausgehenden Contracts-Vorschlag (oder, nach H G Hamburg H G Z 1872. 85, als „das Programm, welches die Versicherer ihrerseits für die von ihnen zu schließenden Verträge aufgestellt haben,") gelten lassen müßten; sei darin etwas mangelhaft oder dunkel und ergebe sich nicht etwa mit Sicherheit aus dem Zusammenhang mit anderen Bestimmungen, in welchem Sinne der zweifelhafte Punkt aufzufassen sei, so müsse in Betreff desselben zu Ungunsten der Versicherer, als der Proponenten und Derer, qui clarius loqui debuissent, entschieden werden" (ähnlich R G 9. 124, OAG Lübeck Kierulff I. 1148, H G Hamburg H G Z 1872. 38, 1874. 103> i 8 79100 u. a.). Eine solche Auffassung war schon gegenüber den ASVB unangebracht und nur möglich, indem man die Entstehungsgeschichte der ASVB mißachtete. Sie wäre vollends unzulässig gegenüber einer kodifikationsähnlichen Regelung gleich derjenigen der ADS, die im engsten Einvernehmen mit den Kreisen der Versicherten und unter ihrem entscheidenden Einfluß zustande gekommen ist ( B r u c k J W 1920. 17). 3. Die ADS sind „Bedingungen", Vertragsbestimmungen. Sie gelten nur, wenn Anm. 10 und weil die Parteien sie, ausdrücklich oder stillschweigend, zum Bestandteil des Vertrags gemacht haben (vgl. allgemein für „Allgemeine Geschäftsbedingungen" R G 81. 119, BGHZ 1. 85, 3. 200, 17. 1, 41. 151, R a i s er 76 fr., H a u p t 25 fr., H e l m 124 mit weiteren Angaben; speziell für die ADS K G J R P V 1925. 134 = Sasse Nr. 333, H a n s O L G H a n s R G Z 1935 B 31 = Sasse Nr. 435). Regelmäßig wird dies ausdrücklich geschehen. Denn über den Vertrag wird regelmäßig eine Police ausgestellt und das Policemuster nimmt auf die ADS Bezug. Haben die Parteien versäumt, sich über Allgemeine Bedingungen zu einigen, so werden die ADS gleichwohl als ( s t i l l s c h w e i g e n d ) v e r e i n b a r t anzusehen sein. Zwar sind sie nicht d i e Geschäftsbedingungen des einen Versicherungsvertrag abschließenden Assekuradeurs, wie etwa die (gehörig bekanntgemachten) Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Verkehrsunternehmung, die nach allgemeinen Grundsätzen ohne weiteres als Bestandteil der von ihr geschlossenen Verkehrsverträge gelten. Aber es sind doch G e s c h ä f t s b e d i n g u n g e n , auf deren Grundlage Versicherungen zu übernehmen die deutschen Assekuradeure sich allgemein, der breitesten Öffentlichkeit gegenüber, bereit erklärt haben. Nur wenn sich im einzelnen Falle ergeben würde (vgl. z. B. K G HansRGZ 1936 B 215 = Sasse Nr. 440; HansOLG HansRGZ 1935 B 31 = Sasse Nr. 435), daß die ADS oder daß jedenfalls die ADS nicht die allgemeine Grundlage des Vertrags bilden sollen, würde anzunehmen sein, daß die §§ 779ff. HGB oder daß andere Bedingungen anzuwenden sind (vgl. R G H G Z 1892. 193, H G Z 1892.9; ähnlich schon P o h l s 4. 520; siehe auch O L G H a m b u r g H a n s R G Z 1935 B 31 = J R P V 1935 Ziff. 22 = Sasse Nr. 435: Keine stillschweigende Unterwerfung unter die ADS, namentlich unter § 74, bei einer in Istambul von einer türkischen Firma mit dem Sitz in Trapezunt für einen Transport nach H a m b u r g genommenen Versicherung). Nicht entscheidend ist es, ob der Versicherungsnehmer die einzelnen Bestimmungen der ADS kannte ( B r u c k - M ö l l e r Einl. Anm. 25, P r ö l ß V V G Vorbem. I 6, S c h l e g e l b e r g e r SVR 13 Ziff. 6, O L G Königsberg HansRGZ 1935 B 227 = J R P V 1935. 304 = Sasse Nr. 437). Kümmert sich der Versicherungsnehmer bei Vertragsschluß nicht um Einzelheiten der ADS, so geht das zu seinen Lasten ( S i e g e l AfcP i n . 92, BGHZ 1. 83, 9. 1, 12. 131, 17. 2, HansOLG M D R 53. 301). — Sind, umgekehrt, die ADS vereinbart, so kann sich natürlich niemand darauf berufen, daß das Gegenteil ihres Inhalts V e r k e h r s s i t t e , Handelsgebrauch (BGB § 157, HGB § 346) geworden sei, und daß deshalb nicht sowohl die vereinbarten ADS, als vielmehr die Verkehrssitte gelte (HG u. OG Hamburg, OAG Lübeck Ullrich Nr. 347, 350,

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Auslegung

II Seebohm 122, L G Hamburg H G Z 1901. 166; s. auch R G 109. 363 = H G Z 1925 Nr. 43 = J R P V 1925. 25). Z. B. darauf, daß die Versicherer sich üblicherweise, statt auf Schadensfeststellung gemäß §§ 91, 93 zu bestehen, mit „Attesten einseitig von ihnen bezeichneter Sachverständigen" begnügten ( H G Z 1893. 188: „ D u r c h den Abschluß der Versicherung nach den A S V B habe auch deren § 133 ( = § 93 ADS) als von den Vertragschließenden vereinbarte Bestimmung zu gelten; unter den Sonderbestimmungen der Police befinde sich keine die Geltung des § 133 beseitigende; daneben könne eine für den Versicherer verbindliche Usance nicht bestehen, wie sie der Versicherte unter Verkennung der Bedeutung der A S V B für die im einzelnen Falle auf Grund derselben geschlossene Versicherung behaupte"). Oder darauf, daß zwar nach § 42 A D S schriftliche Andienung nötig sei, nach der Verkehrssitte aber mündliche Andienung als ausreichend angesehen werde ( V o i g t 764; H G Z 1886. 302: Habe der Versicherungsnehmer den Schaden trotz § 143 A S V B [ = § 42 A D S ] nur mündlich angedient, so könne er nicht behaupten, daß „die in § 143 A S V B vorgeschriebene schriftliche Andienung für Partialschäden durch Usance beseitigt und durch mündliche Andienung ersetzt sei . . . Die Berufung auf jene angebliche Usance verkenne die Bedeutung der A S V B für die im einzelnen Falle geschlossene Versicherung; ihre Bedeutung sei die einer lex inter partes. . . ; ob regelmäßig die Versicherer, welche sich den § 143 A S V B als Vertragsbestimmung ausbedängen, von den dadurch ihnen gewährten Rechten überhaupt nicht oder nur in beschränktem M a ß e Gebrauch zu machen pflegten, sei für den vorliegenden Fall, wo sie ihr Recht geltend machten, ohne alle Bedeutung"). — A u f bestehende Versicherungsverhältnisse hat das „ I n krafttreten" der A D S natürlich keinen Einfluß gehabt (vgl. einerseits J W 1900. 895, andererseits R G 25. 174). Anm. 11

4- Auslegung und Anwendung der A D S müssen sich also nach den für A u s legung und Anwendung von Gesetzen maßgebenden Grundsätzen richten ( R G 170. 233, 171. 43; B G H Z 6. 376, 7. 368, 8. 56, 13. 3, 33. 216; B r u c k - M ö l l e r Einl. Anm. 66, 69). Die A D S in solche Bestimmungen, die dem Gesetz entnommen sind, und solche „autonomischer" Art aufzuteilen und auf jene die für die Auslegung von Gesetzen, auf diese die für die Auslegung von Verträgen geltenden Grundsätze anzuwenden (so z. B. R O H G 3. 89, 7. 401, R G 4. 17, H G Z 1883. 294, H G Hamburg H G Z 1872. 38) hieße das Wesen der A D S verkennen und die tatsächlichen Verhältnisse auf den K o p f stellen (richtig dagegen, wenn auch nur in dem hier gemeinten Sinne zu verstehen, O L G Hamburg L Z 1920. 182: Die Bedingungen seien „das Gesetzbuch der Seeversicherung"). Andererseits versteht sich von selbst, daß die dem Gesetz entnommenen Bestimmungen, wenn sich nicht aus dem Zusammenhang der A D S etwas anderes ergibt, ebenso verstanden werden müssen, wie die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften selbst (vgl. auch R G 7. 28, 10. 16). M a n muß also, vom W o r t l a u t der Bestimmung ausgehend, die B e d e u t u n g ermitteln, die ihre Urheber oder, wenn es sich um eine dem Gesetz entnommene Bestimmung handelt, die Urheber des Gesetzes nach den für sie gegebenen Voraussetzungen, nach den allgemeinen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Anschauungen, die ihre Zeit erfüllten, und nach der besonderen Betrachtung, die den Ausgleich fordernden Interessen zuteil wurde, mit ihr haben verbinden wollen (s. dazu auch B G H VersR 1952. 117). Ergibt sich hierbei, daß es an Bestimmungen fehlt, die auf das Rechtsverhältnis angewendet sein wollen, so mag man aus einem oberen, den Bestimmungen zugrunde liegenden Leitsatz abzuleiten suchen, welche Ordnung des Verhältnisses imSinne der Urheber der A D S gelegen haben kann ( A n a l o g i e s c h l u ß ) . Der Richter wird sich dabei nur von der Auffassung freimachen müssen, daß er damit noch das Gesetz oder die A D S anwende, sondern sich in diesem wie in jenem

Auslegung

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Falle, w o sich ein O b e r s a t z nicht finden lassen will u n d u n v e r k e n n b a r eine „ L ü c k e i m R e c h t " sich auftut, d a r ü b e r klar sein müssen, d a ß es an einer N o r m fehlt, w e l c h e die widerstreitenden Interessen ausgleicht, u n d d a ß es seine A u f g a b e ist, dem Gesetzgeber gleich, diese Interessen gegeneinander a b z u w ä g e n und n e u e m R e c h t e den Boden zu bereiten. Das darf freilich nicht z u der oberflächlichen A u f f a s s u n g verleiten, d a ß L ü c k e n im Versicherungsrecht ohne weiteres schon d a n n a n z u n e h m e n sind, w e n n es a n einer ausdrücklichen R e g e l u n g des Gegenstandes fehlt, d a ß insbesondere der Versicherer ohne weiteres dann entschädigen m u ß , w e n n nicht das Gegenteil ausdrücklich bestimmt ist, d a ß mithin jedes L o c h in der Versicherungsdecke a u c h eine L ü c k e im Versicherungsrecht und mit der H a f t u n g des Versicherers z u stopfen ist (näheres: § 28 A n m . ; vgl. a u c h L G H a m b u r g H G Z 1916. 86: „ D a s Versicherungsg e w e r b e ist g e n a u wie jedes andere kaufmännische Geschäft auf genauer K a l k u l a t i o n a u f g e b a u t , und ebensowenig wie bei sonstigen V e r t r ä g e n es A u f g a b e der Gerichte ist oder sein darf, etwas in dieselben durch A u s l e g u n g z u Lasten der einen oder anderen Partei hineinzutragen, kann der S t a n d p u n k t des Versicherten geteilt werden, d a ß bei den vorliegenden Verhältnissen die V e r p f l i c h t u n g e n der Versicherer n a c h den G r u n d s ä t z e n der A n a l o g i e weiter ausgedehnt werden m ü ß t e n , als es den Bestimmungen des Versicherungsvertrags entspricht"). —

H

5. D i e Ü b e r s c h r i f t e n der A b s c h n i t t e und Einzelbestimmungen insbesondere. Sie sind Bestandteile der A D S und als solche bei der A u s l e g u n g der A D S v o n Bedeutung. A b e r sie h a b e n nicht den Z w e c k , als Hilfsmittel bei der A u s l e g u n g , sondern den Z w e c k , als Hilfsmittel bei der Übersicht ü b e r den in den A D S geordneten Rechtsstoff z u dienen. Bei der A u s w a h l solcher Stichworte m u ß überdies oft mehr R ü c k s i c h t auf die K ü r z e als auf den Inhalt der Bestimmung usw. g e n o m m e n w e r d e n (vgl. z. B. § 36 A n m . ) . Die Überschriften dürfen d a h e r bei der A u s l e g u n g nur mit größter V o r s i c h t v e r w e n d e t w e r d e n . Insbesondere darf ihnen selbstverständlich gegenüber d e m i m übrigen klaren Inhalt der Bestimmungen keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden ( R G 70. 146).

Anm

6. D i e A u s l e g u n g der besonderen B e s t i m m u n g e n des Versicherungsvertrags, insbesondere (nicht sowohl die der K l a u s e l n der §§ 1 1 3 — 1 2 4 , sondern) die der besonderen K l a u s e l n m u ß sich natürlich n a c h den allgemeinen, für die A u s l e g u n g v o n V e r t r ä g e n geltenden R e g e l n richten, zu denen j e d o c h n o c h die besondere R e g e l des § 13 k o m m t (§ 13 A n m . ) . Es entscheidet also der „ w i r k l i c h e W i l l e " der Parteien, nicht der „ b u c h s t ä b l i c h e Sinn des A u s d r u c k s " ( B G B § 133) und, w e n n der wirkliche Wille nicht z u ermitteln ist, „ T r e u und G l a u b e n mit R ü c k s i c h t auf die V e r kehrssitte" ( B G B § 157), im kaufmännischen V e r k e h r der „ H a n d e l s g e b r a u c h " , die „ U s a n c e " ( H G B § 346), und z w a r r e g e l m ä ß i g die a m Erfüllungsort bestehende V e r kehrssitte, insbesondere nicht die Verkehrssitte, die a m O r t e der Bestimmung des versicherten Schiffes oder der versicherten G ü t e r gilt ( H G u. O G H a m b u r g , O A G L ü b e c k U l l r i c h N r . 347). Siehe über die G e l t u n g des Handelsbrauchs neben den A D S a u c h R G 109. 363 = H G Z 1925 N r . 43 = J R P V 1925. 25 = A P V 1924. 149 = Sasse Nr. 8 u n d die V o r e n t s c h e i d u n g H a n s O L G H G Z 1924 Nr. 17 = Sasse N r . 3 1 1 : v o n der K l ä g e r i n für die H a m b u r g e r Assekuranzbörse behaupteter H a n d e l s b r a u c h , die A n w e i s u n g , die bei A n d i e n u n g des ersten Schadensfalls auf G r u n d einer laufenden Police v o n d e m Versicherer d e m Versicherungsmakler d a r ü b e r erteilt werde, d u r c h w e n der S c h a d e n festgestellt werden soll, sei ohne weiteres für alle späteren, d u r c h dieselbe laufende Police gedeckten Schadensfälle verbindlich. V e r k e h r s ü b l i c h sei der in der angegebenen Weise für die Schadensermittlung zuständige Sachverständige a u c h den Versicherern gegenüber berechtigt, ohne weitere A n z e i g e an diese z u r öffentlichen V e r s t e i g e r u n g der beschädigten W a r e z u schreiten, w e n n seiner Ansicht

Anm

10

Auslegung

II nach nur auf diesem Wege eine ordnungsgemäße Schadensermittlung möglich oder aus einem anderen Grunde die öffentliche Versteigerung sachdienlich war. — Besondere Versicherungsbedingungen g e h e n den a l l g e m e i n e n B e d i n g u n g e n v o r ( R G 169. 1 = H a n s R G Z 1942 B 73), insbesondere handgeschriebene den maschinengeschriebenen Vereinbarungen, die hektographierten oder gestempelten den gedruckten Klauseln ( R G 59. 160, L Z 1910. 786, J R P V 1928. 370 = J W 1929. 931 = Sasse Nr. 33 und 1929. 1 1 8 = H a n s R G Z 1929 A Sp. 288, L G u. O L G Hamburg H G Z 1881. I i , 1892. 1 1 , 1904. 1 7 1 , O L G Hamburg HansRGZ 1929 A Sp. 158, B r u c k - M ö l l e r Einl. Anm. 32, R a i s e r 23off.). Siehe über die Bedingung „Frei von Beschädigung, außer im Strandungsfall, gemäß § 1 1 4 ADS einschließlich Diebstahl, Teildiebstahl und/oder Abhandenkommen" O L G Düsseldorf VersR 1958. 285 = Sasse Nr. 480: Der Begriff des Abhandenkommens in der Seeversicherung ist identisch mit dem in § 935 BGB verwendeten Begriff. Der Versicherungsnehmer genügt seiner Nachweispflicht hinsichtlich des Abhandenkommens, wenn er beweist, daß die versicherten Gewichtsmengen zeitlich und örtlich in den Schutzbereich der Versicherung gelangten, daß sie am Ablieferungsort nicht angelangt sind und daß der Grund ihres Verlusts nicht aufzuklären ist. Dem Versicherer liegt dann ob, zu versuchen, den Verlustgrund zu ermitteln und damit zu beweisen, daß ein Versicherungsfall nicht vorliegt. Anm. 14

7. Besonders hervorzuheben ist: a) Der besondere Teil des Versicherungsvertrags, insbesondere der besondere Inhalt der Police, wird vielfach, namentlich im hansestädtischen Versicherungsverkehr, nicht sowohl vom Versicherer, als vielmehr vom Versicherungsnehmer, meist nach seiner allgemeinen Anweisung vom Assekuranzmakler, bestimmt (vgl. z. B. H G Z 1908. 271, wo freilich die Parteirollen mehrfach sinnentstellend verwechselt sind). Insoweit würde also „der alte Satz, daß L ü c k e n und D u n k e l h e i t e n zuungunsten des Versicherers zu entscheiden sind" (so z. B. G e r h a r d 223; vgl. auch O G H VersR 1950. 100, R G 120. 20, 145. 20) vielmehr umzukehren sein und überdies zugunsten des Versicherers der ältere Satz zu seinem Rechte kommen müssen, daß Vertragsbestimmungen über die Leistungspflicht des Schuldners im Zweifel zugunsten des Schuldners auszulegen sind (fr. 26 de reb. dub. 34. 5: ambiguitas contra stipulatorem; nach L G Hamburg H G Z 1881. 11 sollen dagegen Klauseln sogar dann „gegen den Versicherer als den Proponenten" ausgelegt werden, wenn gar nicht er, sondern der Makler des Versicherten die Klauseln „proponiert" hat. Siehe auch B r u c k - M ö l l e r Einl. Anm. 74, R G 1 7 1 . 50 und J W 1927. 1589, J R P V 1928. 60, O G H VersR 1950. 100). In Wirklichkeit hat keiner dieser beiden „alten Sätze" gegenüber den Auslegungsregeln des gemeinbürgerlichen Rechts, die, zumal im Lichte des § 13, auch für den Versicherungsverkehr ausreichen, Daseinsberechtigung.

Anm. 15

b) Versicherer und Versicherungsnehmer stehen regelmäßig in dauernder Geschäftsverbindung. Im Laufe einer solchen Verbindung können gemeinschaftliche Anschauungen über die Auslegung sowohl der allgemeinen wie der sonst üblichen besonderen Versicherungsbedingungen zutage treten. Sie sind natürlich zu beachten. Wenn die Policen regelmäßig die Klausel enthalten, daß „etwaige Abweichungen von obigen Reisen oder gänzliche Veränderungen derselben nicht präjudizieren sollen, die Versicherung vielmehr vorkommendenfalls in Kraft bleiben soll gegen Prämienregulierung nach Billigkeit, sobald definitive Nachrichten eingehen", und der Versicherer trotz monatelanger Verzögerung nicht den Standpunkt einnimmt, daß er von der Leistungspflicht befreit sei, sondern die Prämienzulage einzieht, muß er in künftigen Fällen sich gefallen lassen, daß die Klausel so ausgelegt wird, wie die Parteien sie in jenem Falle angewendet haben ( R G 3. 148). Wenn der Versicherer, der „Frei von

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Beschädigung außer im Strandungsfall" ist, in Fällen, in denen zweifelhaft ist, ob der II Fall ein Strandungsfall ist, Beschädigungsschaden vorbehaltlos ersetzt, kann er sich in späteren gleichliegenden Fällen nicht darauf berufen, d a ß seine Auffassung v o m Begriffe des Strandungsfalls unrichtig war, und Entschädigung verweigern, weil nach richtiger Auslegung der Fall nicht als Strandungsfall anzusehen sei (vgl. L G Berlin L Z 1911. 167 über den Begriff des Brandes und d a z u § 114 A n m . , § 124 A n m . ) . Anders, wenn von solchen Zweifeln über die Bedeutung einer Vertragsbestimmung keine R e d e sein kann, der Versicherer vielmehr offenbar — aus Kulanz — zahlt, obwohl er zu zahlen nicht verpflichtet ist. W e n n der Versicherer zahlt, obgleich der Schaden nicht nach § 74 oder § 93 festgestellt ist, kann der Versicherungsnehmer darin natürlich nicht eine Auffassung des Versicherers über die „ A u s l e g u n g " dieser Bestimmung erblicken und a u c h in künftigen Fällen von der gehörigen Schadensfeststellung Abstand nehmen. A u c h d a n n nicht, wenn solche „ k u l a n t e " Behandlung sich wiederholt, zumal die „ k u l a n t e " A b w i c k l u n g des Versicherungsverhältnisses im Seeversicherungsverkehr durchaus gewöhnlich ist ( R i t t e r A r c h B ü r g R 37. 201; vgl. auch H G Z 1892. 222 für das Verhältnis des Vor- und des Rückversicherers). Anders H G Z 1909.80: Der Versicherer „müsse sich darüber klar sein, daß, wenn er die Schäden reguliere, ohne sich irgendwie über die Nichtbeobachtung der Vorschriften des § 133 A S V B ( = § 93 A D S ) zu äußern, der Versicherte angesichts des Umstandes, daß durch die Nichtbeobachtung des § 133 A S V B Kosten erspart würden, sich in die Vorstellung einleben müsse, daß der Versicherer mit dem wiederholt eingeschlagenen Verfahren einverstanden sei. U n t e r solchen U m ständen sei es nach T r e u und G l a u b e n Sache des Versicherers gewesen, wenn er der Regulierung von Schäden trotz Nichtbefolgung des § 133 A S V B den Charakter eines ausnahmsweisen Entgegenkommens habe bewahren wollen, den Versicherten darauf aufmerksam zu machen. H a b e er fortgefahren, die Schäden ohne solchen Hinweis zu regulieren, so sei in seinem Verhalten eine stillschweigende Willenserklärung zu finden, d a ß er das v o m Versicherten geübte, von § 133 A S V B abweichende Verfahren bis auf Widerruf zulasse". Damit ist das Wesen der „ K u l a n z " , des „ausnahmsweisen Entgegenkommens" bedenklich verkannt. I h m ist weder eigentümlich, d a ß das Entgegenkommen mit Vorbehalten verbrämt wird, noch daß es der entgegenkommenden Partei in künftigen Fällen z u m Fallstrick werden kann. W e r wiederholt seine Obliegenheiten nicht erfüllt und die K u l a n z seines Vertragsfreundes mißbraucht, kann nicht damit rechnen, d a ß sein vertragswidriges Verfahren damit sanktioniert ist, sondern vielmehr nur damit, daß, wenn er gewohnheitsmäßig fortfährt, seine Obliegenheiten z u mißachten, der Gegenpartei schließlich einmal der Geduldsfaden reißt. V g l . auch B r u c k M ö l l e r A n m . 37 Einl. — Richtig insbesondere H G Z 1893. 188: „ H ä t t e n die V e r sicherer auch in dieser Beziehung (in bezug auf die Schadensfeststellung g e m ä ß § 133 A S V B = § 93 A D S ) in früheren Fällen K u l a n z gezeigt, so könne das nicht wohl auf G r u n d der Klausel (daß Schäden durch Experten abgeschätzt werden könnten und kein V e r k a u f der versicherten Güter in Auktion stattfinden solle) geschehen sein", sei deshalb die K u l a n z auch ohne Bedeutung. Ebenso R G H G Z 1892. 195: „ D i e ohne Rechtsverwahrung auf die ältere Police geleisteten Zahlungen . . . würden eine G e n e h m i g u n g zur Vernachlässigung der Vorschriften des § 133 A S V B bei der Feststellung der Schäden aus der jüngeren Police nicht in sich schließen". Richtig auch H G Z 1919. 64: W e n n der Versicherer gelegentlich kleinere, durch Havariegrosse-Beiträge untertaxierter Schiffe entstandene „ U b e r s c h ä d e n " (die Versicherungssumme übersteigende Schäden) vergütet hat, kann der Versicherungsnehmer nicht erwarten, d a ß diese „ K u l a n z r e g u l i e r u n g " so fortgesetzt werde (bestätigt H G Z 1919. 184). Richtig a u c h H G H a v r e I T V M i t t 1914. 27: W e n n die Versicherer auch im allgemeinen die V e r jährungseinrede nicht erhöben und der Versicherer auch in früheren Fällen die V e r -

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Auslegung

II jährungseinrede nicht erhoben habe, könne der Versicherungsnehmer nicht damit rechnen, daß der Versicherer auch in späteren Fällen sich auf die Verjährung nicht berufe. Richtig auch H G Z 1886. 303, eine Entscheidung, die gleichzeitig zeigt, wie verschieden sich in verschiedenen Köpfen der Begriff von Treu und Glauben malt. Der Makler des Güterversicherten hatte den Versicherungsschaden mündlich angemeldet, der Versicherer eingewendet, daß § 143 A S V B ( = § 42 ADS) verletzt, der Schaden nicht schriftlich angedient sei. L G Hamburg ( H G Z 1886. 301) erwägt, ob nicht sogar „in der Entgegennahme der Anmeldung des Schadens eine Anerkennung des Versicherers, daß er den Schaden zu tragen habe, liege", gelangt zur Verneinung und urteilt: jedenfalls müsse „darin doch, falls nicht seitens des Versicherers ein Vorbehalt gemacht werde, die Anerkennung gefunden werden, daß den Vorschriften der Bedingungen bezüglich der Andienungspflicht Genüge geschehen sei, und es würde den Versicherer, der die mündliche Andienung ohne Vorbehalt entgegennehme, der Geltendmachung des Versicherungsanspruchs aber nach Ablauf der Andienungsfrist opponiere, daß die Andienung innerhalb solcher Frist nicht ordnungsmäßig schriftlich erfolgt sei, der Vorwurf des Dolus treffen". Dagegen H G Z 1886. 303 (zustimmend H G Z 1902. 55) mit Recht: Freilich könne der Versicherer eine mündliche Andienung genehmigen, „selbstverständlich brauche diese Genehmigung . . . nicht mit ausdrücklichen Worten erklärt zu sein, . . . sich nur aus den Umständen . . . zu ergeben; einen zu diesem Schlüsse berechtigenden Vorgang habe aber der Versicherte die Verpflichtung darzulegen und unter Beweis zu stellen . . . Der Versicherte habe aber offen erklärt, nicht mehr behaupten zu können, als eine mündliche Anzeige seines reklamierten Schadens, also eine für die Konservierung seiner Ersatzansprüche an und für sich wirkungslose Handlung, solange nicht eine Willensäußerung des Versicherers, sich jene Anzeige als Andienung gefallen zu lassen, hinzugekommen sei. Irgendeinen dahin zu deutenden Vorgang aber sei der Versicherte außerstande zu behaupten." Anm. 16

c) Hin und wieder werden in Versicherungsverträge, die nach deutschem Recht, insbesondere nach deutschen Bedingungen, zu beurteilen sind (vgl. R G 112. 310 = J R P V 1926. 49 = J W 1926. 1329 mit Anm. L e o : ein zwischen zwei in Deutschland ansässigen Vertragsteilen geschlossener Versicherungsvertrag ist nach deutschem Recht, zu beurteilen; siehe auch R G 122. 233 = HansRGZ 1929 B 324 = H R R 1929 Nr.325 = J R P V 1929. 7 = J W 1929. 927 und die Vorentscheidung K G HansRGZ 1928 A 347 = J R P V 1928. 140 = Sasse Nr. 383, K G J R P V 1925. 134 = Sasse Nr. 333; vgl. anderseits H a n s O L G H R Z 1923.495 = Sasse Nr. 303: Londoner Nitrate-Clauses), ausländische insbesondere englische Klauseln aufgenommen (vgl. z. B. die Fälle H G Z 1916. 113: englische Kriegsklausel H G Z 1906. 11,228: englische Strandungsklausel). Handelt es sich um sog. typische Klauseln, d. h. Klauseln, mit denen der ausländische Rechtsverkehr eine bestimmte Bedeutung verbindet, so ist diese Bedeutung maßgebend (abw. ohne Begründung H G Z 1916. 114; vgl. insbesondere auch die im deutschen Frachtverkehr häufigen Fälle, in denen typische englische Klauseln in Frachtverträge und Konnossemente aufgenommen werden, und dazu: R G ig. 34, 25. 107, 39. 67, 5 9 . 1 1 3 , 68.203, H G Z 1871.226,246,382, 1899.69,72, 1904.134, 1908.231, 1911. 139, H a n s O L G Hansa 1955. 348; vgl. S c h a p s - A b r a h a m Anm. 6 zu § 557 H G B = Bd. II 290). Deshalb muß aber auch natürlich im umgekehrten Falle, wenn nämlich in einen nach ausländischem Recht oder nach ausländischen Bedingungen zu beurteilenden Versicherungsvertrag eine typisch deutsch-rechtliche Klausel aufgenommen ist, dieser Klausel die Bedeutung beigemessen werden, die sie im deutschen Rechtsverkehr hat (deshalb unrichtig: H G u. O G Hamburg H G Z 1869. 232, 240: Enthalte die Police einerseits die Bestimmung „Diese Versicherung valediert mit englischen Conditionen", andererseits die Klausel „Frei von Beschädigung außer im Strandungsfall", so dürfe

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dieser letzteren Klausel nicht die ihr in Deutschland maßgebende Bedeutung, müsse H ihr vielmehr die Bedeutung beigemessen werden, welche die ihr entsprechende englische Klausel „free of average, unless general, or the ship be stranded" habe). d) Auch während der Dauer des Versicherungsverhältnisses ergeben sich Anm. 17 oft Lagen, zu denen die Parteien in einer Weise Stellung nehmen oder nehmen müssen, die für die Auslegung des Vertrags von Bedeutung ist, insbesondere Lagen, die von der einen oder der anderen Partei nicht stillschweigend hingenommen werden dürfen, wenn nicht ihr Schweigen als Z u s t i m m u n g aufgefaßt werden soll (s. dazu auch R G 169. 1). Z w a r gilt auch im Versicherungsverhältnis keineswegs allgemein Stillschweigen auf Willenserklärungen der anderen Partei als Zustimmung. Aber nach § 157 B G B muß Schweigen dann als Zustimmung angesehen werden, w e n n n a c h T r e u u n d G l a u b e n z u r e d e n P f l i c h t ist. Insbesondere darf man auf Mitteilungen über die Auslegung des Vertrags nicht schweigen, wenn der Vertrag der mitgeteilten Auslegung fähig ist (vgl. auch R G H G Z 1892. 195). Dies ist namentlich dann von Bedeutung, wenn der Versicherungsnehmer auf eine laufende Police deklariert, zweifelhaft ist, ob die Police die Deklaration deckt und dieser Zweifel dem Versicherer bei der Entgegennahme der Deklaration erkennbar war oder erkennbar sein mußte (näheres: § 97 Anm.). Wenn die Reise des reiseversicherten Schiffes verzögert wird und der Versicherungsnehmer die Reiseverzögerung in Erklärungen gegenüber dem Versicherer als unerheblich im Sinne des Versicherungsvertrags bezeichnet, darf der Versicherer, der die Sachlage kennt oder kennen muß, nicht schweigen, widrigenfalls es so angesehen wird, wie wenn er die Auffassung des Versicherungsnehmers teilte ( R G 3. 147). Vgl. ferner § 13 Anm. 5. e) Der Versicherungsvertrag kann während der Dauer der Versicherung — auch Anm. 18 stillschweigend — geändert werden. Auch insoweit wird oft nach Treu und Glauben zu reden, zu widersprechen, Pflicht der einen oder der anderen Partei sein, ihr Schweigen also Zustimmung bedeuten. So insbesondere das Schweigen auf Mitteilungen über die Abwicklung des Versicherungsverhältnisses oder das Schweigen in Fällen, in denen es erkennbar als Zustimmung aufgefaßt wird und zur Grundlage geschäftlicher Maßnahmen gemacht werden soll. Dies kann insbesondere im Schadensfeststellungsverfahren der §§ 74, 91, 93 von Bedeutung werden (§ 74 Anm.). Ebenso bei Gelegenheit von Schadenabwendungs-Maßnahmen. Aber gerade bei solchen Maßnahmen kommt es in erster Linie darauf an, den Schaden abzuwenden oder zu mindern, darf deshalb den Parteien aus ihren Maßnahmen kein Strick gedreht werden. Nach der waiver clause der Lloyd's Police gilt vorsichtigerweise als especially declared and agreed that no acts of the insurers or insured in recovering, saving, or preserving the property insured shall be considered as a waiver, or acceptance of abandonment. Dasselbe muß nach deutscher Rechtsauffassung ohne weiteres gelten („Verzichte werden nicht vermutet"). . . . Insbesondere über das Schweigen des Versicherers auf vertragswidrige Deklarationen: § 97 Anm. — Uber einen besonderen Fall (den der stillschweigenden Stundung der Prämie): § 16 Abs. 1. — Offenbare Kulanz darf dem Versicherer nicht zum Fallstrick werden (oben Anm. 15). Wenn die Haftung des Versicherers für Regenschäden durch den Vertrag ausgeschlossen ist, kann der Versicherungsnehmer sich nicht darauf berufen, daß der Versicherer regelmäßig kulanterweise Regenschäden ersetzt hat: „Wenn der Versicherer in früheren Fällen . . . von seinem vertragsmäßigen Rechte, die Entschädigung für Regenschäden abzulehnen, keinen Gebrauch gemacht haben sollte, so kann hierin noch kein dauernder Verzicht auf ein derartiges Vertragsrecht gefunden werden" ( K G Z f V W 1 9 1 4 . 263). — Vgl. ferner § 13 Anm. 5.

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Iii

Begriff der Seeversicherung

III. Begriff des Seeversicherungs-Vertrags

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1. Literatur. B r o d m a n n L Z 1907. 123, 193 (Zur Theorie des Versicherungsvertrags). B r u c k P V R 4 9 — 5 8 , H R Z 1921. 241, 523 und 1922. 1 ( Z u m Begriff der Transportversicherung). B r u c k - M ö l l e r § 1 A n m . 3 4 — 5 1 . E h r e n b e r g L Z 1907. 177 (Der Begriff des Versicherungsvertrags). E h r e n z w e i g V V i f . und 3 4 1 — 3 4 3 . E n d e m a n n Z H R 9. 284, 511 und 10. 242 (Das Wesen des Versicherungsgeschäfts). F i n g e r L Z 1908. 148 (Rücktritt von Versicherungsverträgen bei geänderten Umständen). J . v. G i e r k e , Der Begriff der Transport-Versicherung im deutschen R e c h t , 1910, V S R I 9 — 2 3 I I 240 fr., Festschrift für Herbert Kraus, 1954. 4 7 — 5 6 (Die Eigenart der Transportversicherung). G o t t s c h a l k N e u m Z 1912. 645 (Die Befreiung des Versicherers von der Verpflichtung zur Leistung usw.). G r i e s h a b e r , Das Synallagma des Versicherungsvertrags, 1914. H a g e n H d b I 9 — 2 5 , S V R 97. H a y m a n n , Leistung und Gegenleistung im Versicherungsvertrag, 1933. H e c k e r , Z u r Lehre von der rechtlichen N a t u r der Versicherungsverträge, 1894. H e r r m a n n , Theorie der Versicherung, 3. Aufl. 1897. H u p k a Z H R 66. 546 (Der Begriff des Versicherungsvertrags). K ü b e l Z f V R 1. 342 (Wesen des Versicherungsvertrags). M a h r , Einführung in die Versicherungswirtschaft, 1951, 6 6 — 7 6 . M ö l l e r , H a n d w ö r t e r b u c h der Sozialwissenschaften 1952. 214 (Seeversicherung), Festschrift für Ehrenzweig, 1955. 1 6 9 — 1 8 3 (Rechtsbegriff der Transportversicherung), Z f V W 1963. 269 (Moderne Theorien zum Begriff des Versicherers und des Versicherungsvertrages). P r o l ß V V G A n m . 2 zu § 1 . R e i m e r S c h m i d t , Art. Versicherungsvertrag, in Handwörterbuch des Versicherungswesens, 2. Bd. 1958. 2365—2372. S c h l e g e l b e r g e r S V R 2 fF.

A n m . 20

2. Der Seeversicherungs-Vertrag ist ein T r a n s p o r t v e r s i c h e r u n g s - V e r t r a g (vgl. V V G §§ 1 2 9 — 1 4 8 , 186; so auch M ö l l e r , Rechtsbegriff der Transportversicherung 169; a. M . E h r e n z w e i g V V 34, der See- und Transportversicherung gegenüberstellt), der Transportversicherungs-Vertrag, wenigstens der Hauptsache nach, ein S a c h v e r s i c h e r u n g s - V e r t r a g , der Sachversicherungs-Vertrag ein S c h a d e n s v e r s i c h e r u n g s v e r t r a g . — Der Seeversicherungs-Vertrag kann sich freilich a u c h a u f P e r s o n e n beziehen. So im Falle der Versicherung von Uberfahrtsgeldern (§ 1 A n m . 101) oder im Falle der Versicherung des Interesses an der wohlbehaltenen Ankunft eines Schiffes, wenn das Interesse sich an eine auf dem Schiffe befindliche Person knüpft (§ 1 A n m . 28, 119). A b e r im übrigen gelten heute Versicherungsverträge, die sich auf Personen beziehen, nicht als Seeversicherungs-Verträge (anders früher, insbesondere unter dem Einfluß der Türken- und Barbareskengefahr, vgl. z. B. A H O 1731 I I I . 1: „ A l l e s , was über See . . . versandt oder erwartet wird, es betreffe Schiffe oder W a a r e n . . ., wie auch der Menschen L e b e n und Freyheit, See- und Türkengefahr, und dergleichen, kann ein ieder andern versichern, oder durch andere sich versichern lassen", a u c h A H O 1731 X , Anl. V : „Police, auf das L e b e n einer Person", Anl. V I : „ P o l i c e f ü r Türkengefahr, auf die Ranzions-Gelder", ebenso Preuß. A H O § 23, teilweise anders noch Preuß. Seerecht V I . 10; K i e ß e l b a c h 39, 82, 124, K n i t t e l 14; wie hier M ö l l e r a. a. O . ) . Insbesondere gelten Versicherungsverträge, die sich auf Personen beziehen, i m allgemeinen nicht als Seeversicherungs-Verträge im Sinne des §778 H G B , des § 186 V V G . A u c h ein V e r t r a g , durch den der Versicherer sich verpflichtet, im Falle eines d e m Reisenden oder dem K a p i t ä n zustoßenden Seeunfalls nur die wirklich entstehenden Heilungs- oder Beerdigungskosten zu ersetzen ( E h r e n b e r g L Z 1907. 168: „ w i r k l i c h e Schadensversicherung") wäre kein Seeversicherungs-Vertrag im Sinne des § 778 H G B , § 186 V V G . Ebensowenig die Versicherung des Gewinninteresses, das j e m a n d daran hat, d a ß ein anderer, etwa ein Angestellter, a m Bestimmungsort ankommt oder mit einem

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bestimmten Schiffe ankommt (vgl. jedoch auch oben und § i Anm. 28). Auf solche H I Versicherungsverträge finden insbesondere die zwingenden Vorschriften des V V G Anwendung. Zwar sind sie, wenn auch nicht Seeversicherungs-, so doch Transportversicherungsverträge. Zwar nahm der erste Entwurf des V V G (§ 184) die Transportversicherung ohne Einschränkung von den zwingenden Vorschriften aus. Zwar hat die Reichstagskommission dies nur insofern ändern wollen, als die Kaskoversicherung den zwingenden Vorschriften des Gesetzes unterworfen werden sollte (Komm.Bericht 132). Aber das V V G (§ 187 Abs. 1) nimmt nur die „Transportversicherung von Gütern" aus. 3. Schadens versicherungs - Verträge sind Verträge, durch die der eine Teil (der Anm. 21 Versicherer) sich in der Form der Übernahme einer bestimmten fremden Gefahr verpflichtet, den dem anderen Teile (dem Versicherungsnehmer) oder einem dritten (dem Versicherten) durch die Verwirklichung der Gefahr entstehenden Schaden zu ersetzen, der andere Teil sich dagegen verpflichtet, hierfür eine Vergütung zu entrichten. Diese Begriffsbestimmung ist im einzelnen umstritten. Die sog. „Gefahrtragungstheorie" (vgl. B r u c k - M ö l l e r Anm. 43 und 51 zu § 1 V V G mit der Aufführung ihrer Anhänger in Anm. 44 zu § 1 V V G ) nimmt an, die Prämie werde um der Gefahrtragung willen versprochen und gewährt. Siehe auch G r i e ß h a b e r 16 im Anschluß an K o h l er 363: im Gegenseitigkeitsverhältnis ständen nur Gefahrtragung und Prämie, die Entschädigung sei nur eine „Realisierung" oder „Konkretisierung" der Gefahrtragung. Die Gefahrtragungstheorie ist lebhaft umkämpft. Siehe die Aufführung ihrer Gegner bei B r u c k - M ö l l e r Anm. 45 zu § 1 V V G . Insbesondere wird die Ansicht vertreten (vgl. P r ö l ß V V G Anm. 2 B zu § 1 und die dort genannte Literatur und Rechtsprechung), der Versicherer verspreche nur eine durch den Eintritt des Versicherungsfalles bedingte Hauptleistung, die „Gefahrtragung" des Versicherers sei nicht Leistung, sog. „Geldleistungstheorie". Die Begriffsbestimmung und die mit ihr verbundene Streitfrage ist für die Auslegung und Anwendung der ADS insofern ohne Bedeutung, als die ADS nur gelten, wenn sie vereinbart sind, und, wenn sie vereinbart sind, kein Zweifel daran bestehen kann, daß die Beteiligten einen Schadensversicherungs-Vertrag haben schließen wollen. Die Begriffsbestimmung ist aber nötig, weil sich nur mit ihr das Wesen des Versicherungsvertrags und damit sein Zusammenhang mit dem System des Vertragsrechts im allgemeinen und seine Verwandtschaft mit anderen Wirtschafts- und Rechtsformen, insbesondere auch erkennen läßt, inwieweit die für andere Vertragsarten bestehenden und auf der Interessenlage, nicht auf positiver Auswahl aus mehreren Regelungsmöglichkeiten beruhenden Grundsätze wegen Gleichheit der Interessenlage anzuwenden sind (vgl. M o l t 18). Der Versicherer verpflichtet sich, S c h ä d e n zu e r s e t z e n (vgl. V V G § 1 Abs. 1), sei es positive Schäden, sei es Gewinnausfälle. „Wettassekuranzen" sind also keine Versicherungsverträge, sondern Spiel oder Wette (wenigstens, wenn der Versicherer den Sachverhalt kennt: § 2 Anm. n ) . Daß der Versicherer oft weniger, oft mehr leistet, als zur Ausgleichung des Schadens nötig ist, daß er insbesondere den Taxwert der versicherten Sache auch dann zu ersetzen hat, wenn die Taxe übersetzt ist (§ 6 Anm.), hat hiermit nichts zu tun, sondern beruht auf Erwägungen, die vielmehr den Grundsatz bestätigen (deshalb unrichtig S i e v e k i n g 7, H G Z 1900. 245: Der Versicherungsvertrag gewähre „keinen Anspruch auf Schadensersatz im eigentlichen Sinne, sondern enthalte ein bedingtes Zahlungsversprechen des Versicherers", denn der Versicherte erhalte meist „mehr oder weniger als den wirklich erlittenen Schaden"; vgl. auch unten Vorb. I X ) . Nur für den Fall der Verwirklichung der Gefahr, nur b e d i n g t , soll der Versicherer ersetzen. Dadurch unterscheidet sich der Versicherungsvertrag von Verträgen,

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Begriff der Seeversicherung

I I I durch die jemand übernimmt, schon entstandene und bekannte Schäden zu ersetzen (vgl. § 5 Anm. 9). I n d e r F o r m d e r Ü b e r n a h m e e i n e r bestimmten fremden G e f a h r verpflichtet sich der Versicherer, Schäden zu ersetzen. Der Versicherer leistet durch Übernahme, nicht durch Abnahme der Gefahr. E r nimmt dem Versicherungsnehmer die Gefahr nicht derart ab, daß die Gefahr ihn träfe, nicht den Versicherungsnehmer, daß er etwa dritten (z. B. dem Verkäufer) zu leisten hätte, was der Versicherungsnehmer (z. B. der Käufer) den dritten zu leisten hat, oder daß er gar hierauf unmittelbar dem dritten verpflichtet würde. Sondern er verspricht nur, zu zahlen, zu ersetzen, einen Ersatzwert zu leisten, wenn die Gefahr beim Versicherungsnehmer einschlägt. Deshalb übernimmt auch der Rückversicherer weder die Gefahr, die der Vorversicherte, noch die Gefahr, die der Vorversicherer trägt, als eine eigene Gefahr. Die Gefahrübernahme ist also nicht der Inhalt, sondern nur die Form, in welcher der Versicherer zu leisten verspricht und durch die der Versicherungsvertrag sich von anderen Verträgen ähnlicher Art unterscheidet ( E h r e n b e r g Z H R 32. 429, insbesondere M o l t 2 1 ; vgl. auch C a h n 27, H e c k e r 1 0 1 ) . Hierdurch unterscheidet sich das Versicherungsverhältnis insbesondere von Vertragsverhältnissen, bei denen die Gefahr kraft Gesetzes (vgl. z. B. B G B §§ 446, 447) vom einen auf den anderen übergeht oder kraft besonderer Nebenabrede eine gegenüber der gesetzlichen erweiterte Haftung übernommen wird (vgl. R G 28.140, 88.32, A P V 1902. 15, 1904. 19, 1905 I 68, 1907 I 8 1 , 1909 I 179, auch B r u s c h e t t i n i AssJB 2 1 . 125 über die frachtrechtliche Wertdeklaration). Aber es folgt daraus nicht, daß ein Versicherungsvertrag nur „selbständig", nicht auch in der Form einer Nebenvereinbarung geschlossen werden kann (so M o l t 2 1 , B r u c k - M ö l l e r § 1 Anm. 10, M ö l l e r Cifgeschäft und Versicherung 44, P r ö l ß V V G Anm. 3 zu § 1, R G 88. 3 2 ; s. aber E h r e n z w e i g V V 62f.). Würde z. B. in einem Cif-Kaufvertrage vereinbart werden, daß der Verkäufer nicht Versicherung nehmen, sondern nach den üblichen Bedingungen wie ein Versicherer haften solle, so würde insoweit ein Versicherungsvertrag vorliegen. Anm. 22

Dagegen, gegen das Versprechen, die Verpflichtung, die Übernahme des Risikos hat der Versicherungsnehmer eine Vergütung (Prämie) zu entrichten. Der Versicherungsvertrag ist deshalb ein g e g e n s e i t i g e r Vertrag im Sinne der §§ 3 2 0 f f . BGB, (vgl. auch S c h l e g e l b e r g e r S V R 2, H a g e n S V R 97). Auch P r ö l ß , Anm. 6 zu § 1 V V G , der der Geldleistungstheorie anhängt, nimmt an, der Versicherungsvertrag sei ein entgeltlicher Vertrag und zumindest analog dem gegenseitigen Vertrag zu behandeln. Die Frage ist nicht von besonders großer Bedeutung, weil sicher ist, daß die gegenseitige Abhängigkeit der Leistungspflichten beim Versicherungsvertrag derart ist, daß für die Anwendung der §§ 320 fr. B G B (direkt oder analog) wenig R a u m bleibt. —• Das Recht des Schuldners, seine Leistung bis zur Gegenleistung zu verweigern (BGB §§ 320, 322), kommt nicht in Betracht. Denn nach der Eigenart der Versicherung müssen beide, Versicherer und Versicherungsnehmer, vorleisten, der Versicherungsnehmer die Prämie zahlen, bevor ihm der Versicherungsschutz vollständig gewährt ist, der Versicherer das Risiko übernehmen, bevor die Prämie gezahlt ist. — Ebendeshalb ist § 321 B G B , wonach der vorleistungspflichtige Schuldner bei wesentlicher Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des anderen Teiles die Leistung bis zur Gegenleistung oder Sicherstellung verweigern darf, an und für sich anwendbar ( G r i e s h a b e r 38, W e i l Z f V W 1 9 1 1 . 1 1 5 ; abw. ohne Grund B i e d e r m a n n M i t t ö f f F V A 1 9 1 1 . 7 1 g ) . Gleichwohl kann der Versicherer sich nicht auf § 321 B G B berufen. Denn der Fall der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Versicherungsnehmers ist in den §§ 16, 17 besonders geregelt ( § 1 6 Anm.). Dagegen kann sich der Versicherungsnehmer auf § 321 B G B berufen (§ 47 Anm.). Denn die Leistung des Versicherers erschöpft sich nicht in der Übernahme des Risikos; der Versicherer hat dauernd Versicherungsschutz zu

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g e w ä h r e n u n d die P r ä m i e n z a h l u n g ist insoweit Vorleistung. —• U n a n w e n d b a r sind die III §§ 3 2 3 — 3 2 5 BGB (nachträgliche Unmöglichkeit d e r Leistung). Sowohl die Z a h l u n g d e r P r ä m i e wie die der E n t s c h ä d i g u n g sind (von unerheblichen Ausnahmefällen abgesehen) i m Rechtssinne stets möglich. Der Wegfall des Interesses ist kein Fall der Unmöglichkeit, ebensowenig die Nichtentstehung eines künftigen Interesses. A u ß e r d e m sind die Fälle i m § 4 besonders geregelt. Ansch. a b w . F i n g e r L Z 1908. 154, A G u n d L G S t r a ß b u r g L Z 1908. 153, O L G Dresden R s p r 14. 395; abw. auch G r i e s h a b e r 45 f ü r den Fall, d a ß der Versicherungsnehmer die E n t s t e h u n g des Interesses ausschließlich deshalb verhindert, u m v o m Versicherungsvertrag frei zu werden. — Die §§ 326, 327 BGB (Verzugsfolgen) sind bestenfalls n u r beschränkt a n w e n d b a r . F ü r d e n Fall, d a ß d e r Versicherungsnehmer mit der Z a h l u n g der P r ä m i e in V e r z u g ist, bestimmt § 17 besonderes, weil die §§ 326, 327 BGB „ f ü r die Verhältnisse des Versicherungsvertrags nicht ausreichen" (Begr. z. V V G §§ 38, 39). Ist der Versicherer mit der Z a h l u n g d e r E n t schädigung i m Verzug, so ist die A n w e n d u n g möglich, aber k a u m j e praktisch. — N a c h ständiger R e c h t s p r e c h u n g sind die §§ 326, 327 BGB a u c h in Fällen „positiver Vertragsverletzung" a n z u w e n d e n , w e n n nämlich infolge der positiven Vertragsverletzung des a n d e r e n Teils „die E r r e i c h u n g des Vertragszwecks gefährdet w i r d " , w e n n z. B. der a n d e r e Teil sich vertragswidrig v o m V e r t r a g lossagt, ihn unberechtigt f ü r nicht a b geschlossen oder nichtig erklärt (vgl. z. B. R G 57. 1 1 2 , 67. 3 1 7 , 93. 285, 104. 15, 152. 1 1 9 , B G H Betrieb 1959. 82; s. f ü r das Versicherungsrecht a u c h R G J W 1937. 218, K G J R P V 1926. 6 = Sasse Nr. 346, O L G Düsseldorf V e r s R 1954. 587), w e n n etwa der Versicherer unberechtigt erklärt, wegen Anzeigepflichtverletzung oder G e f a h r ä n d e r u n g frei zu sein. Die analoge A n w e n d u n g der §§ 326, 327 BGB ist aber jedenfalls u n s t a t t h a f t , w e n n das Gesetz oder der V e r t r a g (hier die ADS) das Verhältnis anders geregelt wissen will, insbesondere, die A u f h e b u n g (fristlose K ü n d i g u n g ) des Verhältnisses wegen wichtigen G r u n d e s f ü r zulässig erklärt (wie z. B. in den §§ 626, 723, 749 BGB) oder w e n n die Ü b e r t r a g u n g dieser gesetzlichen Regelungen wegen Gleichheit der Interessenlagen geboten ist. Letzteres ist hier der Fall. W e n n die Interessen der an einem Vertragsverhältnis Beteiligten f ü r längere Zeit v e r b u n d e n sind u n d die Entwicklung des Verhältnisses gegenseitiges V e r t r a u e n voraussetzt, müssen die Beteiligten in der Lage sein, das Verhältnis a u f z u h e b e n , w e n n die Dinge sich so ä n d e r n , d a ß i h n e n nicht zuz u m u t e n ist, darin auszuharren, z u m a l wenn erhebliche Risiken auf d e m Spiele stehen. Auf dieser E r w ä g u n g b e r u h t das A u f h e b u n g s r e c h t f ü r Dienst-, Miete- u n d Gemeinschaftsverhältnisse. Auf ihr u n d auf der Notwendigkeit der A n n a h m e gleicher Rechtsfolgen bei gleichen Interessenlagen b e r u h t die Zulassung d e r A u f h e b u n g bei a n d e r e n länger d a u e r n d e n Interessenverbindungen aus wichtigem G r u n d e . Das ist wohl h e u t e einhellige M e i n u n g (vgl. z. B. R G 50. 258, 54. 99, 57. 1 1 3 , 62. 832, B G H BB 53. 691, P a l a n d t - G r a m m A n m . 1 zu § 626 BGB). O h n e ein solches A u f h e b u n g s r e c h t ist a u c h i m Versicherungswesen nicht a u s z u k o m m e n (z. B. G e r h a r d 7 1 , H a g e n Z f V W 1920. 150, K i s c h 1 9 2 1 . 190, M o l d e n h a u e r D V f V W V e r ö f f 2. 285, O b e r m a y e r 66, T h i e s i n g M i t t ö f f F V A 1911. 716, 750, H G u. O G H a m b u r g R O H G H G Z 1873. 3 7 1 , R G 60. 59, J W 1919. 309, H G Z 1919. 176). Wichtige G r ü n d e k ö n n e n Vertragsverletzungen des a n d e r e n Teils, aber a u c h a n d e r e U m s t ä n d e bilden ( K i s c h Z f V W 1921. 188: katastrophale U m w ä l z u n g von Währungsverhältnissen bei der Haftpflichtversicherung; ü b e r das K ü n d i g u n g s r e c h t des bei einem feindlichen Versicherer Versicherten vgl. Zitate A n m . ig u n d R e c h t s p r e c h u n g bei P e t e r s e n Z f V W 1919. 154; vgl. a u c h H G Z 1919. 176: kein wichtiger G r u n d , w e n n der Versicherer — mit a n n e h m b a r e r Beg r ü n d u n g — b e h a u p t e t , der Versicherungsnehmer bestreitet, d a ß die Versicherung „ o h n e A b a n d o n " geschlossen sei). Liquidation und Fusion (auch liquidationslose Fusion) beendigen das Versicherungsverhältnis nicht ohne weiteres u n d bilden auch f ü r sich 2

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

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Begriff der Seeversicherung

I I I allein keinen wichtigen G r u n d z u r A u f h e b u n g (vgl. die A n m . 19 angef. Lit., z. B. B e h r e n d Z f V W 1907.321, D r u m m L Z 1916.855, E h r e n b e r g Z f V W 1904.24, 1916. 376, R V R 50, E m m i n g h a u s L Z 1908. 24, H a g e n Z f V W 1920. 151, v. M i l t n e r L Z 1916.442, R e h m L Z 1916.584, Z f V W 1916. 23, S c h e l l w i e n Z f V W 1911.269, W e i l Z f V W 1911. 115, W i e n e r Z H R 27. 348, R G 56. 292, 60. 56). N u r w e n n das Interesse des Versicherungsnehmers d u r c h die Verschmelzung so beeinträchtigt wird, d a ß i h m nicht z u z u m u t e n ist, i m Versicherungsverhältnis zu bleiben, k a n n er dieses a u f h e b e n . Das wird insbesondere bei der Ü b e r n a h m e des Versicherungsbestandes d u r c h eine ausländische Gesellschaft u n d bei l a u f e n d e n Versicherungen leicht d e r Fall sein. Die verschmelzende Gesellschaft wird jedenfalls regelmäßig nicht berechtigt sein, wegen der Verschmelzung zu kündigen (abw. H a g e n Z f V W 1920. 151; übrigens a u c h sonst u n g e n a u : „ e i n triftigerer G r u n d z u m R ü c k t r i t t . . . als die Verschmelzung . . . d ü r f t e sich k a u m vorstellen lassen"). I n einigen Fällen wird j e d o c h der allgemeine G r u n d s a t z von besonderen versicherungsrechtlichen G r u n d s ä t z e n d u r c h k r e u z t . Die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht (§§ 19, 20) oder der Gefahrstandspflicht (§ 23) k ö n n t e an sich einen „wichtigen G r u n d " z u r A u f h e b u n g des Versicherungsverhältnisses bilden. Aber der Gegenstand ist in anderer, d e r Interessenlage besser entsprechender Weise geregelt (§§ 19—27). Die Verletzung der Schadensverhütungs-Pflicht (§ 33) oder d e r Schadenabwendungs-Pflicht ( § 4 1 ) ist z w a r a u c h besonders behandelt, a b e r derart, d a ß das R e c h t des Versicherers z u r A u f h e b u n g wegen wichtigen G r u n d e s dabei bestehen bleibt; i m m e r h i n wird bei der T a t s a c h e n w ü r d i g u n g zu berücksichtigen sein, d a ß das Interesse des Versicherers d u r c h die §§ 33, 41 bereits bis zu einem bestimmten G r a d e geschützt ist. Die Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Versicherers w ü r d e an sich einen wichtigen G r u n d bilden können, weil mit der Zahlungsfähigkeit des Versicherers der Versicherungsschutz steht u n d fällt ( R G 60. 60, BuschA 18. 166). A b e r dieser Fall ist, deutlich e r k e n n b a r , abschließend in § 47 geregelt, w o d u r c h a u c h die A n w e n d u n g der G r u n d s ä t z e ü b e r die E r s c h ü t t e r u n g der Geschäftsgrundlage ausgeschlossen wird ( S c h l e g e l b e r g e r S V R 10, E w a l d H a n s R G Z 1928 A 4 4 9 f r . ; anders H a g e n S V R 103), die an sich a u c h auf das Versicherungsverhältnis A n w e n d u n g finden, soweit nicht Gesetz oder V e r t r a g den T a t b e s t a n d abschließend geregelt h a b e n ( B G H 1. 334). Dasselbe gilt f ü r den Fall der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Versicherungsnehmers (§§ 16, 17). — W i r d die A u f h e b u n g des Versicherungsverhältnisses d u r c h vertragswidriges V e r h a l t e n des a n d e r e n Teils veranlaßt, so ist dieser z u m Ersatz des d u r c h die A u f h e b u n g entstehenden Schadens verpflichtet. Das ergibt sich, wiewohl oft besonders vorgeschrieben (z. B. BGB § 628 Abs. 2), aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen. A n m . 23

Z u m Wesen des Versicherungsvertrags gehört nicht, d a ß er i m „ p l a n m ä ß i g e n B e t r i e b e " des Versicherers abgeschlossen ist, d a ß der Versicherer die Versicherung als G e w e r b e betreibt. So streitig dies i m allgemeinen ist (vgl. z. B. B r u c k - M ö l l e r A n m . 50 zu § 1, E h r e n b e r g Z H R 32. 443, L Z 1907. 171, G e r h a r d 8, G i e r k e T r a n s p o r t versicherung 501, Versicherungsforderung 3, L e h m a n n Z H R 37. 557, L e w i s Versicherungsrecht 20, M o l t 21. 27, a u c h O L G H a m m H a n s R G Z 1938 A 319), so unstreitig ist, d a ß d e r Seeversicherungs-Vertrag a u c h vereinzelt geschlossen werden k a n n ( E h r e n b e r g L Z 1907. 172). Ü b r i g e n s ist die Frage o h n e praktische Bedeutung. Die Versicherung wird n u r noch gewerbsmäßig betrieben ( R a u Z f V W 1901. 301). A n m . 24 V o n k a u m geringerer Bedeutung ist die Frage, o b der Versicherungsvertrag ein K o n s e n s u a l v e r t r a g (z. B. G e r h a r d 17, G o l d s c h m i d t System 250, G r i e s h a b e r 26, 45, L e w i s Versicherungsrecht 187), ein „ u n b e d i n g t e r K o n s e n s u a l v e r t r a g " ( R O H G 5. 118, R G 3. 106, O L G F r a n k f u r t L Z 1908. 149) oder kein Konsensualvertrag, sondern ein V e r t r a g sui generis ist (AG S t r a ß b u r g L Z 1908. 152). D e m geltenden R e c h t

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ist eine besondere Kategorie der Konsensualkontrakte unbekannt. Lehrmethodisch III an ihr festzuhalten und den Versicherungsvertrag mit Rücksicht auf die ihm vom Gesetz gegebene Ausstattung als Konsensualvertrag zu betrachten, steht zwar nichts im Wege, nützt aber auch nicht. Ahnlich steht es um die Behauptung, daß der Versicherungsvertrag zu den sog. Anm. 25 a l e a t o r i s c h e n , den gewagten, den Glücksverträgen zu rechnen sei, d. h. zu den Verträgen, bei denen es von wesentlich zufälligen Umständen abhängt, ob die eine oder die andere Partei von ihnen Vorteil oder Nachteil hat (vgl. z. B. G i e r k e Versicherungsforderung 7, H u p k a Z H R 66. 58a, N o l t e 2. 1, S c h n e i d e r 31, S t e p h i n g e r 3, V o i g t 181. 186, R O H G 16.61, 20.131, H G Z 1901.167; auch S i e v e k i n g 28, freilich nur, weil man sich auch gegen schon entstandenen, aber noch unbekannten Schaden versichern könne). Das gemeine Recht kannte keine Kategorie der aleatorischen Verträge. Das geltende Recht kennt sie ebensowenig. Das gemeine Recht enthielt keine besonderen, gemeinsamen Rechtsgrundsätze für aleatorische Verträge. Das geltende Recht hat es ausdrücklich abgelehnt, solche Grundsätze aufzustellen. Denn sie wären „schon wegen der Unbestimmtheit des Begriffes eines gewagten Vertrages im Gegensatze zu dem nicht gewagten Vertrage nicht am Platze" (MotzBGB 2. 635). Insbesondere ist es nicht die aleatorische Natur des Versicherungsvertrags, aus der sich der Grundsatz der sog. Assekuranztreue ergibt (so H G Z 1901. 167), oder aus dem das Wesen der vorvertraglichen Anzeigepflicht zu erklären wäre ( M e y e r Anzeigepflicht 46; anders MotzPreußE 334), oder aus der besondere Regeln für die Auslegung des Versicherungsvertrags abzuleiten wären. Nach R O H G 20. 131 zwar „verlangt die aleatorische Natur des Versicherungsvertrags strengstes Festhalten an den Grenzen, innerhalb welcher dem Versicherten Schadloshaltung zugesagt worden ist". Indessen besteht ein Auslegungsgrundsatz dieser oder ähnlicher Art weder für aleatorische Verträge im allgemeinen noch für Versicherungsverträge im besonderen. — Übrigens ist der Versicherungsvertrag „(nicht minder, aber auch) nicht mehr als jedes andere von der Konjunktur abhängige Massengeschäft" aleatorisch ( K i s c h Z f V W 1921. 195). Und jedenfalls kann beim planmäßigen Betriebe von Versicherungsgeschäften von der aleatorischen Natur des Versicherungsvertrags keine Rede sein ( G o l d s c h m i d t System 249). 4. Der Seeversicherungs-Vertrag ist Sachversicherungs-"Vertrag. An sich steht Anm. 26 nichts im Wege, ohne Rücksicht auf die Beziehung zu einer bestimmten Sache (oder zu einer sonstigen bestimmten wirtschaftlichen Situation) zu versichern, also sich durch Versicherung gegen irgendwelchen Vermögensschaden zu schützen. Aber diese Möglichkeit kommt assekuranztechnisch und deshalb versicherungsrechtlich nicht in Betracht. Denn im Falle einer Versicherung ohne eine Beziehung der bezeichneten Art ist die Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung, Risiko und Prämie, nicht erreichbar; der Betrieb der Versicherung auf solcher Grundlage wäre also unmöglich. — Bei der Sachversicherung wird durch die Beziehung der Person zur Sache die notwendige Begrenzung hergestellt. Sachversicherung ist die Versicherung gegen Schäden, die mir wegen meiner Beziehung zu einer bestimmten Sache erwachsen. 5. Der Seeversicherungs-Vertrag ist Transportversicherungs -Vertrag. Trans- Anm. 27 portversicherung ist die Versicherung gegen (alle oder einzelne) Sachgefahren, die von der Bewegung der Sache drohen (vgl. z. B. B r u c k H R Z 1921. 243, R G 72.422, J. v. G i e r k e V S R II. 241, P r ö l ß V V G Anm. 1 zu § 129: Transportversicherung ist die Versicherung von Gütern oder Transportmitteln gegen die Gefahren des Transports oder der Transportbereitschaft). Die §§ 129fr. V V G behandeln unter der Uberschrift „Transportversicherung" nur die Versicherung von Schiffen gegen alle Gefahren der Binnenschiffahrt und die Versicherung von Gütern gegen alle Gefahren der Beförderung zu Lande oder auf Binnengewässern. Damit sind aber nur die Hauptfälle der Transport2*

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Abschluß des Seeversicherungs-Vertrags

IV Versicherung gekennzeichnet. W e d e r ist entscheidend, d a ß die Versicherung gegen die Gefahren der Bewegung z u L a n d e oder z u Wasser genommen ist; auch die Versicherung gegen die Gefahren der Beförderung durch die L u f t ist Transportversicherung (vgl. D ö r i n g 77). N o c h ist entscheidend, d a ß sich die Versicherung auf Schiff oder G ü t e r bezieht; auch die Versicherung von Land-, insbesondere v o n Kraftfahrzeugen ist Transportversicherung ( R G 72. 422). N o c h ist entscheidend, d a ß die Versicherung gegen alle oder die M e h r z a h l der Gefahren genommen ist; auch die Versicherung nur für Kriegsgefahr oder nur für Feuersgefahr kann Transportversicherung sein (ansch. abw. B r u c k H R Z 1921. 246, R G 72. 423). Schließlich ist nicht nur die Versicherung gegen Sachgefahren, die von der Bewegung der Sache drohen, Transportversicherung, sondern ebensowohl die Versicherung gegen Sachgefahren, welche von Unternehmungen drohen, die mit einem Transport im nächsten örtlichen und wirtschaftlichen Zusammenh a n g stehen (näheres: § 1 A n m . 37f.; s. a u c h P r ö l ß a. a. O . ) . A n m . 28

A n m . 29 A n m . 30

6. Seeversicherung ist die (Transport-) Versicherung gegen Sachgefahren, die von der Seeschiffahrt drohen. Hierüber näheres: § 1 A n m . 2 i f f . V g l . auch M I A § 1: A contract of marine insurance is a contract whereby the insurer undertakes to indemnify the assured, in manner and to the extent thereby agreed, against marine losses, that is to say, the losses incident to marine adventure, und den Bericht über definitions of marine insurance aus der englischen Rechtslehre und Rechtsprechung bei C h a l m e r s 161. 7. U b e r den Begriff der l a u f e n d e n Versicherung: § 97 A n m . 8. U b e r den Begriff der R ü c k v e r s i c h e r u n g : § 1 A n m . 126fr.

IV. Abschluß des Seeversicherungs-Vertrags A n m . 31

1. Literatur. B a s l e r , Abschluß, Beurkundung und Wirkungsbeginn des V e r sicherungsvertrages, 1913. B i s c h o f s b e r g e r , Die vorläufige Deckungszusage im V e r sicherungsrecht, Diss. Zürich 1946. B l u m h a r d t O e s t R e v 1913. 18 (Die Willenserklärung i m Versicherungsvertrage). B r u c k P V R 161 — 1 7 8 und J W 1927. 1 6 9 — 1 7 1 . B r u c k - M ö l l e r § 1 A n m . 5 2 — 1 3 0 . B u g e r , D e r Versicherungsantrag und seine Bedeutung, 1921. B u r g e r , Der Beginn des Versicherungsschutzes, Diss. Heidelberg 1938. B ö s e , Die vorläufige Deckungszusage, Diss. K ö l n 1935. C a m p e l l , Besondere Arten des Versicherungsvertrags-Abschlusses, Diss. Zürich 1931. D i t t m a n n , Vorvertragliche A b ä n d e r u n g von Versicherungsverhältnissen, ungedr. Diss. H a m b u r g 1952. E h r e n z w e i g V V 63—68, 106—108. F ö r s t e r , Die Versicherungsumgestaltung durch Nachvertrag bei demselben Versicherer, Diss. K ö l n 1939. J . v. G i e r k e V S R I I 1 2 9 — 1 4 5 . G o t t s c h a l k O e s t Z 1920. 93 (Einheitliche Versicherungsverhältnisse trotz V o r h a n d e n seins mehrerer Versicherungsscheine) und J R P V 1926. 3 2 1 — 3 2 3 . G r ä b e r , Erstprämienzahlung und Haftungsbeginn nach d e m V V G und den üblichen Vertragsklauseln, Diss. K ö l n 1938. H a g e m a n n , Das Zustandekommen des Versicherungsvertrages, 1934 (Hamburger Rechtsstudien H e f t 21). H a g e n H d b I 309—336. H a y m a n n J W 1932. 2500—2503 (Haftung des Versicherers für schuldhaft verzögerte Erledigung von Versicherungsanträgen). H e r r m a n n , Z u r K o n k l u d e n z des Schweigens bei der Abschließung des Versicherungsvertrages, 1915 (in Festgabe für Cohn). H e r r m a n n , Die vorläufige Deckungszusage, Diss. Erlangen 1931. J a a x , C u l p a in contrahendo im Versicherungsrecht, Diss. K ö l n 1935. J o h l e n , Die Deckungszusage im Versicherungsrecht, Diss. K ö l n 1938. J o s e f Z f V W 1922. 8 (Vorläufige Deckungszusage des Versicherers). K e u p W u R V e r s 1913. 38 (Inwiefern ist die Seeschadensversicherung wegen Irrtums usw. anfechtbar?). K ü b e l Z f V R I. 350 (Form des Versicherungs-

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Vertrages). N i e d e g g e n , Die vorläufige Deckungszusage im Privatversicherungsrecht, IV Diss. Köln 1938. O b e r b a c h I 158—162. P r ö l ß VVG Anm. 1—4 zu § 3 VVG und Zusatz zu § 1. R a i s e r Anm. 55—64 zu § 9. S c h l e g e l b e r g e r SVR Vorbem. IV. S c h u m a c h e r , Die Deckungspflicht im Versicherungsrecht, Diss. Rostock 1936. S c h u m a n n HansRGZ 1938 A 81—88 (Ein Beitrag zur culpa in contrahendo im Versicherungsvertragsrecht). W i e s e m a n n , Der Versicherungsschutz bei der vorläufigen Deckungszusage, Diss. Berlin 1940. Vgl. ferner über Abschluß des Versicherungsvertrags und rechtliche Natur des Antrags auch noch: Basler ZfVW 1914. 623, Dem e l i u s ZfVW 1907.436, 1909. 128, DVPresse 1911.295, 329> 337> 3^55 4°6> 427, DVZtg 1911. 193,315, AssJB 33. 133, G o t t s c h a l k NeumannsZ 1912. 199, H e r r m a n n AssJB 23.3, J o s e f ZfVW 1908.688, DVPresse 1911.321, AssJB 31.37, K. DVPresse 1911. 274, K. II Ashers Rechtsfälle 1834 III. 80, Preuss DVPresse 1911. 347, 387, DVZtg 1911. 305, 315. Ferner über das Wirksamwerden von Willenserklärungen im Versicherungsverkehr: B i e d e r m a n n WuRVers 1912. 241, J o s e f MittöffFVA 1914. 56, W e r n e b u r g AnnVers 1914. 501. Siehe auch Kisch ZfW 1951. 361 (Verantwortung für das richtige Zustandekommen des Versicherungsvertrages). W e i m a r Deutsche Versicherungs-Zeitschrift 1961. 182 (Der Abschluß eines Versicherungsvertrages nach den allgemeinen Vorschriften des BGB und den Sondervorschriften des VVG). 2. Der Abschluß des Versicherungsvertrags richtet sich nach allgemeinen Grund- Anm. Sätzen (s. unten Anm. 80 den Hinweis auf § 21 des Außenwirtschaftsgesetzes mit seiner Möglichkeit der Beschränkung des Abschlusses gewisser Seeversicherungsgeschäfte mit ausländischen Versicherungsunternehmen). Der Vertrag kommt durch Antrag und Annahme zustande. Antrag und Annahme sind Willenserklärungen. a) Was zwar g e w o l l t , aber n i c h t als g e w o l l t e r k l ä r t ist, gilt nicht. Aber unter Umständen ist schon bloßes Stillschweigen eine „Erklärung" (vgl. unten Anm. 35). b) Was zwar n i c h t g e w o l l t , aber als g e w o l l t e r k l ä r t ist, gilt (BGB § 116 Satz 1). Aber: 1. Wenn der andere den Mangel des Willens k e n n t , gilt die Erklärung nicht (BGB § 116 Satz 2). 2. Wenn der andere damit einverstanden ist, daß nur zum S c h e i n erklärt wird, gilt die Erklärung nicht (BGB § 117 Abs. 1). 3. Wenn man e r w a r t e t , der a n d e r e w e r d e den Mangel des Willens e r k e n n e n , gilt die Erklärung nicht (BGB § 118). Aber man muß den andern, der auf die Gültigkeit vertraut hat und vertrauen durfte, schadlos halten (BGB § 122). 4. Wenn man sich des W i l l e n s m a n g e l s n i c h t b e w u ß t ist, wenn man i r r t , gilt die Erklärung. So etwa, wenn infolge eines Schreibfehlers der Versicherer zu 8°/oo statt zu 8% Prämie offeriert, oder der Versicherungsnehmer statt Versicherung nur für Kriegsgefahr, vielmehr Versicherung auch für Kriegsgefahr beantragt. Oder wenn der Versicherungsnehmer glaubt, die Versicherung schlösse die Kriegsgefahr ein, während sie in Wirklichkeit die Kriegsgefahr ausschließt. Oder wenn der Agent zweier Mitversicherer die Firmenstempel verwechselt und auf der Police die Versicherungssumme des einen als die des anderen bezeichnet, der Versicherungsnehmer sich hiermit auch, stillschweigend, einverstanden erklärt (HG Hamburg HGZ 1875. 152). Die Erklärung gilt; aber man kann sie a n f e c h t e n , wenn man sie bei Kenntnis der Sachlage und verständiger Überlegung nicht abgegeben haben würde (BGB § 119). Dann gilt die Erklärung von Anfang an nicht (BGB § 142). Aber man irrt nicht ungestraft. Man muß dem andern den Vertrauensschaden ersetzen (BGB § 122; anders, wenn man arglistig getäuscht ist: BGB § 123). — Bloßer Irrtum im Beweggrunde berechtigt also

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nicht zur Anfechtung. Der Versicherungsnehmer kann also z. B. nicht anfechten, weil er die Gefahr für größer, der Versicherer nicht, weil er sie für kleiner gehalten hat, als sie wirklich war (§ 20 Anm.). Ebendeshalb kann der Versicherungsnehmer nicht anfechten, weil er irrtümlich glaubt, daß das Interesse noch nicht anderweit versichert ist, der Versicherer nicht anfechten, weil er die Prämie auf Grund eines versehentlich zugrunde gelegten unrichtigen Tarifs unrichtig berechnet hat, usw. — Dem rechtserheblichen Irrtum steht die unr i c h t i g e Ü b e r m i t t l u n g (durch Boten, Post usw.) gleich (BGB § 120). — Über Anfechtung wegen arglistiger Täuschung: BGB § 123, ADS § 5 Anm. 24, § 20 Anm. c) Was gewollt und als gewollt erklärt ist, gilt ausnahmsweise nicht, wenn die Parteien sich ü b e r einen a n d e r e n P u n k t des Vertrages (z. B. über die Mitübernahme der Kriegsgefahr) noch einigen wollten, aber n i c h t g e e i n i g t haben. „ I m Zweifel" wenigstens; anders, wenn der Vertrag auch ohnedies bestehen sollte. BGB § 154 Abs. 1. d) Was gewollt und als gewollt erklärt ist, gilt ausnahmsweise auch dann nicht, wenn die Parteien über einen Punkt des Vertrags z w a r e i n i g zu sein g l a u b t e n , in Wirklichkeit aber n i c h t e i n i g w a r e n . Anders, wenn sie den Vertrag auch ohne diesen Punkt geschlossen hätten. BGB § 155. Anm. 33 3. Die Willenserklärungen (Antrag und Annahme) sind empfangsbedürftig. a) U n t e r A n w e s e n d e n muß die Erklärung so abgegeben werden, daß der andere sie vernimmt (oder vernehmen muß, wenn er nur will). b) U n t e r A b w e s e n d e n muß die Erklärung dem anderen zugehen (BGB § 130). — Schriftliche Erklärungen müssen in verkehrsüblicher Art in die Verfügungsgewalt des anderen oder eines annahmeberechtigten Dritten gelangt sein. Sie gelten als „zugegangen", wenn der andere von ihnen Kenntnis genommen hat oder unter gewöhnlichen Verhältnissen nehmen konnte ( R G 50. 194, BGH L M zu § 130: Vorlegung des Versicherungsscheins an die Ehefrau). — Mündliche Erklärungen können durch Boten übermittelt werden. Werden sie unrichtig übermittelt, so sind sie anfechtbar (oben Anm. 32). Mündliche Erklärungen können aber auch an solche Angestellte oder Angehörige des anderen gemacht werden, die verkehrsüblicherweise zur Bestellung solcher Erklärungen als ermächtigt gelten. Dahin gehören insbesondere die mit der Bedienung des Telephons betrauten Personen. Ob die Bestellung richtig oder unrichtig ausgeführt wird, gilt gleich. — Entzieht der andere sich der Erklärung, so muß diese zugestellt werden (BGB § 132). Aber oft handelt er seiner aus Treu und Glauben sich ergebenden Verpflichtung zuwider, wenn er sich dem Zugang entzieht (BGB § 242). So insbesondere, wenn er einen Versicherungsantrag gemacht hat und von der rechtzeitigen Annahme der Vertragsschluß abhängt. Die schuldhafte Verletzung solcher Verpflichtung bewirkt, daß der andere den Schaden ersetzen, also den Zustand herstellen muß, der bestände, wenn er sich dem Zugang nicht entzogen hätte, der Vertrag also zustande gekommen wäre (BGB § 249). — Der eine kann den Antrag, der andere die Annahme widerrufen. Aber der Widerruf muß, um wirksam zu sein, spätestens gleichzeitig mit der Erklärung zugehen (BGB § 130 Abs. 1). Anm. 34

4. Der Versicherungsantrag muß so sein, daß er angenommen werden und damit zur vollständigen (vgl. BGB § 154; B r u c k - M ö l l e r Anm. 73 zu § 1) Einigung führen kann. Bloße Anfragen oder Erkundigungen sind keine Versicherungsanträge. •— Der Versicherungsantrag muß erkennen lassen, daß man gebunden sein will. Das ist nach der Verkehrssitte z. B. nicht der Fall, wenn der Versicherer sich in Zeitungen oder Prospekten zur Übernahme von Versicherungen erbietet; anders, wenn er darin etwa erklärt, daß der Vertrag als geschlossen gelten soll, wenn man ihm gegenüber eine ent-

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sprechende Erklärung abgibt (OLG München A P V 1906 I I 86). — Der Versicherungsantrag bindet (BGB § 145). Schon er begründet also ein Rechtsverhältnis. Der andere hat das Recht, den Antrag anzunehmen, man selbst die Pflicht, sich so zu verhalten, daß der andere in der Ausübung dieses Rechtes nicht beschränkt wird (oben Anm. 33). — Die Gebundenheit erlischt, wenn der andere ablehnt (BGB § 146). 5. Die Annahme des Vertragsantrags kann ausdrücklich oder stillschweigend sein. Unter Umständen genügt sogar bloßes S c h w e i g e n auf den Vertragsantrag; dann nämlich, wenn nach Treu und Glauben zu reden Pflicht ist. Das ist namentlich im Rückversicherungsgeschäft von Bedeutung. Hier tut oft Eile besonders not. Der Vorversicherer pflegt dem Geschäftsfreunde beim Angebot zu erklären, daß er das Angebot als angenommen betrachte, wenn es nicht binnen bestimmter kurzer Frist abgelehnt sei. In solchen Fällen bedeutet nach der Verkehrssitte Schweigen Annahme. — Nach § 362 HGB, § 663 BGB muß derjenige, dem ein Antrag auf „Besorgung von Geschäften" zugeht, unverzüglich antworten, wenn die Beteiligten in Geschäftsverbindung stehen usw.; sein bloßes Schweigen gilt nach § 362 H G B als Annahme des Antrags. Versicherungen sind aber keine Geschäftsbesorgungen ( B r u c k - M ö l l e r Anm. 80 zu § 1 V V G ; anders S c h l e g e l b e r g e r S V R Vorbemerkung I V 6 für § 663 BGB). Der Versicherer braucht auf einen Versicherungsantrag nicht zu antworten. 6. Versicherungsanträge müssen rechtzeitig angenommen werden, d. h. a) u n t e r A n w e s e n d e n sofort (BGB § 147 Abs. 1 Satz 1 : darunter fällt nach § 147 Abs. 1 Satz 2 auch der mittels Fernsprecher von Person zu Person gemachte Antrag); b) u n t e r A b w e s e n d e n baldmöglichst, d. h. nicht später als der Antragsteller die Antwort unter regelmäßigen Umständen (als objektiv) erwarten darf (BGB § 147 Abs. 2). Telegraphische Versicherungsanträge müssen regelmäßig auch telegraphisch angenommen werden. c) Ist im Versicherungsantrag eine F r i s t bestimmt, so muß die Annahmeerklärung in der Frist zugehen (BGB § 148). Auch geringfügige Fristüberschreitungen sind Ablehnung. Die Annahmefrist kann grundsätzlich voll ausgeschöpft werden. Nur unter besonderen Umständen kann darin ein Verstoß gegen Treu und Glauben gesehen werden (Prölß Anm. 5 § 3 V V G , S c h l e g e l b e r g e r S V R Vorbem. I V 6). Eine gesetzliche Frist für die Annahme, wie sie etwa für die Feuerversicherung nach §81 V V G besteht, gibt es in der Seeversicherung nicht. Die Richtlinien der Hamburger Versicherungsbörse sehen vor, daß mangels abweichender Vereinbarung der Versicherer bei nur auf „Approbation" gegebener Versicherungsofferte an ein Angebot nur auf 48 Stunden gebunden ist. Bei Änderung der gefahrerheblichen Umstände nach Abgabe der Offerte bis zur endgültigen Annahme soll das Angebot erlöschen. Siehe wegen schuldhafter Verzögerung der Erledigung von Anträgen mit Schadensersatzpflicht wegen culpa in contrahendo R G 104. 103. d) V e r s p ä t e t e A n n a h m e ist nicht ganz wirkungslos. Ist sie erkennbar rechtzeitig abgeschickt, so muß der Antragsteller die Verspätung unverzüglich anzeigen; sonst gilt die Annahme als rechtzeitig (BGB § 148). — Die verspätete Annahme gilt auch als neuer Vertragsantrag (BGB § 150 Abs. 1). 7. Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen ist keine Annahme. Da ist kein Konsens, sondern (offener) Dissens. Noch mehr: Solche unreine Annahme gilt als Ablehnung und überdies als neuer Vertragsantrag (BGB § 150 Abs. 2). — Trotz reiner Annahme kommt der Vertrag nicht zustande, wenn die Parteien zwar einig zu sein scheinen, in Wirklichkeit aber nicht einig sind ( v e r s t e c k t e r Dissens). Keine Partei befindet «ich im Irrtum über ihre eigene Erklärung. Aber jede Partei hat die Erklärung der anderen mißverstanden und mißverstehen dürfen. Z. B. bei einem durch Kabel geschlossenen Versicherungsvertrag hat

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unter dem K a b e l w o r t der Versicherungsnehmer Versicherung mit Einschluß, der V e r sicherer mit Ausschluß der Kriegsgefahr verstanden und verstehen dürfen. U b e r einen besonderen Fall des versteckten Dissenses: B G B § 155 und oben A n m . 32.

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8. Der Vertragsantrag wird nicht annahmeunfähig, die A n n a h m e nicht wirkungslos, w e n n der Erklärende nach A b g a b e (insbesondere nach Absendung) der Erklärung (des Antrags, der Annahme) stirbt oder geschäftsunfähig wird ( B G B §§ 130 Abs. 2, 153). Dasselbe wird gelten müssen, w e n n der A d r e s s a t der Erklärung nach ihrer A b g a b e stirbt oder geschäftsunfähig wird.

A n m . 39

9. Zwischen Versicherungsantrag und A n n a h m e kann sich viel ereignen: das Versicherungsinteresse wegfallen, im Falle einer Vergangenheitsversicherung der Versicherungsfall eintreten oder der Eintritt des Versicherungsfalls unmöglich werden, der U m f a n g der Gefahr sich ändern, die versicherte Sache veräußert werden usw. In allen solchen Fällen kommt es darauf an, ob der A b s c h l u ß d e s V e r t r a g s noch verhindert werden kann oder nicht. K a n n e r n i c h t m e h r v e r h i n d e r t w e r d e n , so ist es so anzusehen, wie wenn das Ereignis nach dem Vertragsschluß eingetreten wäre. K a n n er n o c h v e r h i n d e r t w e r d e n , so entstehen die Rechtsfolgen, die für den Fall bestimmt sind, daß das Ereignis vor dem A b s c h l u ß des Vertrags eintritt. Näheres insbesondere § 5 A n m . 22, 38, § 19 A n m . 16—19.

A n m . 40

10. Vorläufige Deckungszusage. Literatur: B r u c k - M ö l l e r A n m . 9 1 — 1 0 7 zu § 1. B ö s e , Die vorläufige Deckungszusage, Diss. K ö l n 1935. B ü h r i n g H R Z 1925. 8 7 7 — 8 8 0 (Zur vorläufigen Deckungszusage). D u r s t J W 1921. 1 0 7 5 f r . (Die vorläufige Deckungszusage des Versicherers). E h r e n z w e i g V V 106—108. J . v. G i e r k e V S R I I i44f. H e r r m a n n , Die vorläufige Deckungszusage, Diss. Erlangen 1931. J o h l e n , Die Deckungszusage im Versicherungsrecht, Diss. K ö l n 1929. J o h n , Handwörterbuch des Versicherungswesens 1. Bd. 1 9 5 8 . 468 (Art. Deckungszusage). N i e d e g g e n , Die vorläufige Deckungszusage im Privatversicherungsrecht, Diss. K ö l n 1 9 3 8 . P r ö l ß , Zusatz zu § 1 V V G . R a i s e r 2 5 6 f r . S c h l e g e l b e r g e r S V R V o r b e m . I V 7. S c h u h m a c h e r , Die Deckungszusage im Versicherungsrecht, Diss. Rostock 1 9 3 6 . W i e s e m a n n , D e r Versicherungsschutz bei der vorläufigen Deckungszusage, Diss. Berlin 1940. Bei der vorläufigen Deckungszusage handelt es sich u m einen rechtlich von dem eigentlichen Versicherungsvertrag losgelösten selbständigen Vertrag, der dem V e r sicherungsnehmer vorläufigen Versicherungsschutz vor der endgültigen Risikoprüfung, vor der völligen Einigung und vor der Erledigung der Verwaltungsarbeit im V e r sicherungsbetrieb gewährt ( B r u c k - M ö l l e r A n m . 192 z u § 1 V V G ) . Sie wird also erteilt, wenn zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer über den A b schluß eines Versicherungsvertrages oder die A b ä n d e r u n g eines bestehenden V e r sicherungsvertrages soweit Einigung erzielt ist, daß der künftige A b s c h l u ß in Aussicht genommen werden kann, während der endgültige Abschluß, namentlich die Ausfertigung der Versicherungspapiere, vielleicht auch die Besprechung minder wesentlicher Einzelheiten mutmaßlich noch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen werden ( R G 107. 198). Der Versicherungsnehmer erhält also mit der vorläufigen Deckungszusage Versicherungsschutz bis z u m A b s c h l u ß oder bis zur A b l e h n u n g des endgültigen Vertrages. Damit ist auch z u m Ausdruck gebracht, daß die vorläufige Deckungszusage den Versicherer nicht hindert, den A b s c h l u ß des endgültigen Vertrages zu verweigern ( R G 107. 198, 113. 152, 140. 318, B G H 2. 88, 21. 122). Beides sind auch bei Einbezug der Prämie und der Zeit der vorläufigen Deckungszusage in den endgültigen V e r t r a g selbständige Verträge, so daß, w e n n es nicht z u m A b s c h l u ß des endgültigen Vertrages kommt, aus der Deckungszusage gehaftet wird ( B G H 21. 122). W i r d nicht endgültig abgeschlossen, so findet die vorläufige Deckungszusage ihr E n d e erst mit dem endgültigen Scheitern der Verhandlungen, was mit dem Erlöschen des Antrags nach § 1 4 6 B G B nicht

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identisch zu sein braucht (BGH VersR 1955. 339 = A P V 1955. 260). An eine Form ist I V die vorläufige Deckungszusage ebensowenig wie der endgültige Versicherungsvertrag gebunden (BGH 21. 122). Doch richtet sich die Form der vorläufigen Deckungszusage, ebenso wie ihr Beginn, ihre Dauer und ihr Inhalt nach den jeweiligen Vereinbarungen der Parteien (BGH VersR 1955. 339), soweit nicht für den Inhalt zwingende gesetzliche Bestimmungen oder Allgemeine Versicherungsbedingungen in Betracht kommen, die für das endgültige Versicherungsverhältnis gelten würden ( O L G Düsseldorf VersR 1961. 1009, O L G Karlsruhe VersR 1957. 797, P r ö l ß Zusatz zu § 1 V V G Anm. 3 mit weiteren Angaben). Vgl. über den Inhalt der Deckungszusage auch BGH 21. 122, insbesondere wenn nach den Versicherungsbedingungen die Entschädigungspflicht durch die Einlösung der Police bedingt ist. Die vorläufige Deckungszusage wird nicht durch Bedingungen berührt, die nach ihrer Zusage in den endgültigen Versicherungsvertrag aufgenommen werden (HansOLG H R Z 1926. 417 = Sasse Nr. 351). Die Prämie für die vorläufige Deckungszusage wird entweder in die endgültige Versicherung einbezogen oder bestimmt sich nach § 315 BGB ( P r ö l ß a. a. O.). Von der vorläufigen Deckungszusage ist der Fall zu unterscheiden, daß die Versicherung so genommen wird, daß gewisse Einzelheiten nachträglich mitgete'lt werden sollen und erst alsdann eine „definitive" Police ausgestellt werden soll. In diesem Fall besteht nur ein einziger Versicherungsvertrag ( R G 19. 217). Eine vorläufige Deckungszusage ist auch nicht gegeben, wenn die Beteiligten in dem Versicherungsvertrag den Beginn des Versicherungsschutzes auf einen Zeitpunkt vor Vertragsschließung vorverlegt haben (Fall der Rückwärtsversicherung: vgl. § 5 ADS). 11. Der Versicherungsvertrag bedarf keiner besonderen Form, insbesondere nicht Anm. 41 der Schriftform. Der Versicherungsnehmer kann die Aushändigung einer Police verlangen (§ 14 Abs. 1). Aber die Gültigkeit des Versicherungsvertrags hängt von der Aushändigung nicht ab. Anders aus stempelsteuerlichen Gründen das e n g l i s c h e Recht. A contract of marine insurance is inadmissible in evidence, unless is it embodied in a marine policy ( M I A § 22). Tatsächlich spielt im englischen Rechtsverkehr die Seeversicherungs-Police keine andere Rolle als bei uns. Der Makler gibt den (regelmäßig mehreren) Versicherern einen kurzen, das wesentlichste des Versicherungsantrags enthaltenden Zettel, slip. Der Versicherer zeichnet (regelmäßig mit dem Anfangsbuchstaben seiner Firma) die Summe, die er übernehmen will, oder gibt dem Makler oder dem Versicherungsnehmer eine cover-note (oder covering note oder insurance note) über seine Beteiligung. Der durch Ausstellung einer Police (vgl. A r n o u l d 44 s. 47 darüber, unter welchen Voraussetzungen ein slip oder eine cover-note in stempelrechtlichem Sinne bereits als Police anzusehen ist) gültig gewordene Vertrag gilt mit der (formlosen) Annahme des Vertragsantrags als geschlossen und reference may be made to the slip or covering note or other customary memorandum of the contract although it may be unstamped ( M I A § 21). Und where there is a duly stamped policy, reference may be made, as heretofore, to the slip or covering note, in any legal proceeding ( M I A § 89). — Der S l i p (oder Börsenslip) hat sich auch im hansestädtischen Versicherungsverkehr eingebürgert. Der übliche Vordruck enthält außer dem Datum die Horizontalspalten: Name des Maklers: Name des Versicherten: Versicherungssumme: Prämie: Transportmittel: Reise/Zeit: . . .

26 V

Mitversicherung Gegenstand: Bedingungen: Bemerkungen:

Für Rückversicherungen ist ein besonderer Slip im Gebrauch. Vgl. auch oben Anm. 40, § 5 Anm. 43 über „provisorische" Versicherungen. Nach Art. 11 EGzBGB bestimmt sich die Form des Versicherungsvertrags nach den Gesetzen, die für das Versicherungsverhältnis maßgebend sind. Doch genügt die Beobachtung der Gesetze des Ortes, an dem der Versicherungsvertrag geschlossen wird. Anm. 42 12. Im hansestädtischen Versicherungsverkehr werden die Seeversicherungsverträge in der Regel durch M a k l e r vermittelt. Die Stellung des Assekuranzmaklers weicht von derjenigen anderer Handelsmakler (vgl. die gesetzliche Regelung in §§ 93 fr. HGB) nach der Verkehrssitte erheblich ab. Der Assekuranzmakler erhält vom Versicherer die (ganze) Provision (KG J R P V 1934.280, LG Hamburg VersR 1951.261 und M D R 1961. 945; B r u c k - M ö l l e r 570 Anm. 78, LG Hamburg VersR 1951. 261 nehmen ein diesbezügliches Gewohnheitsrecht an, während andere, so J . v. G i e r k e V S R II 125, KG J R P V 1934. 281, OLG Frankfurt HansRGZ 1936 B 199, LG Hamburg HansRGZ 1936 B 513 noch von einem Handelsbrauch ausgehen). Die Provision wird nach der Prämie bestimmt und teilt deren rechtliches Schicksal im Guten wie im Bösen. Im Falle des Ristornos wird sie also nach der Ristornogebühr bestimmt (abw. LG Greifswald OestRev 1917. 30). Der Assekuranzmakler ist beiden Parteien gegenüber zur Sorgfalt verpflichtet (§ g8 HGB), vertritt im übrigen jedoch vorwiegend dem Versicherer gegenüber das Interesse des Versicherungsnehmers, für den er in der Regel auch Abschlußvollmacht hat. Ohne besondere Vollmacht ist der Assekuranzmakler zum Inkasso der Entschädigung nicht befugt (RG 109. 230 = J R P V 1925. 132 = J W 1925. 616). Uber die Verzögerung der Aufgabe der unter eine laufende Versicherung fallenden Güter durch den bevollmächtigten Makler vgl. LG Hamburg HansRGZ 1934 B 483 = Sasse Nr. 718. Siehe eingehend über das Recht des Versicherungsmaklers B r u c k - M ö l l e r 551—587. Siehe ferner M ö l l e r , Recht und Wirklichkeit der Versicherungsvermittlung, °J- (1943)» P r ö l ß V V G A n h . zu §§43—48, C l a s e n J R P V 1929. 133—137. 160—165, T r i n k h a u s , Handbuch der Versicherungsvermittlung I 1955, J . von G i e r k e V S R II 123—125, W a l d s t e i n , Der Versicherungsmakler, 1928 (Heft 8 der Uberseestudien), H e u n J R P V 1928. 342—345, H e y m a n n , in Ehrenbergs Hdb des gesamten Handelsrechts, 5. Bd. 1. Abt. 1. Hälfte 321—476, P f e i f f e r , Der Versicherungsmakler, Diss. Köln 1932.

V. Mitversicherung Anm. 43

1. L i t e r a t u r . H ü b e n e r , Die Führungsklausel in der Mitversicherung, 1954. K i s c h , Die mehrfache Versicherung desselben Interesses, 1935, 17ff. P l a ß OestRev 1911. 59 (Rückversicherung und Mitversicherung). P r ö l ß Anhang zu § 58 VVG. R a i s e r § 10 Anm. 9—24. S c h l e g e l b e r g e r S V R Anhang zu § 12 ADS. S m e d a l ITVMitt. 1921. 85 (Anspruch des Rück- und Mitversicherers auf Prämie usw.). W e g e r , Handwörterbuch des Versicherungswesens 2. Bd. 1958. 1448 (Art. Mitversicherung) . 2. Zu große Risiken werden gewöhnlich durch Rückversicherung zerkleinert (§ 1 Anm. 126). Sie können aber auch von vorneherein zerschlagen werden. Jeder Versicherer übernimmt von dem Risiko nur so viel, wie er nach assekuranztechnischen Grundsätzen (insbesondere mit Rücksicht auf sein „ M a x i m u m " und seine Rückversicherungs-Verbindungen: § 1 Anm. 127) ohne Gefährdung seiner eigenen Sicherheit

Mitversicherung

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und derjenigen seiner Versicherten übernehmen kann (sog. M i t v e r s i c h e r u n g ) . Der V Nachteil für den Versicherungsnehmer liegt auf der Hand. Der Versicherungsnehmer muß sich zunächst so viele Versicherer suchen, wie zur vollständigen Deckung des Risikos nötig sind. Die damit verbundene Mühe nimmt ihm in den Hansestädten der Versicherungsmakler ab. Der Makler sammelt (regelmäßig mittels Börsenslips, der den wesentlichen Inhalt des ihm vom Versicherungsnehmer erteilten Versicherungsauftrags enthält: oben Anm. 41) die Offerten der Versicherer und vermittelt so den Abschluß. — Es kann aber auch so liegen, daß der Versicherer, dem das Risiko zuerst angeboten ist, mit Einverständnis des Versicherungsnehmers andere Versicherer beteiligt (RG J R P V 25. 215 = H G Z 25 H Nr. 82 = Sasse Nr. 10; HansOLG H G Z 1926 B Nr. 57 = Sasse Nr. 349; vgl. wegen einer solchen Anschlußklausel die Zusatzbedingungen zu den ADS für die Güterversicherung Nr. 30). Weiß der Versicherungsnehmer, daß Mitversicherer beteiligt werden sollen, so ist der Versicherer zwecks Abwälzung eines Teils des Risikos nicht auf Rückversicherer beschränkt (HansOLG H G Z 1926 B Nr. 57 = Sasse Nr. 349). Hat der Versicherer zunächst für sich allein das volle Risiko durch eine Deckungszusage übernommen, so kann dem Versicherungsnehmer nicht entgegengehalten werden, daß, wie diesem bekannt gewesen sei, ein Teil des Risikos von noch namhaft zu machenden Mitversicherern getragen werden sollte; anders nur, wenn der Versicherer nachweist, daß die beabsichtigte Abwälzung des Risikos tatsächlich erfolgt und der Versicherungsnehmer rechtzeitig davon benachrichtigt ist (HansOLG H G Z 1926 H Nr. 57 = Sasse Nr. 349). Über die mehreren Versicherungen wird gewöhnlich nur eine Police ausgestellt, die auf der Außenseite die an der Mitversicherung beteiligten Versicherer mit ihren Beteiligungen bezeichnet. Z. B.: A-Gesellschaft in Hamburg B-Gesellschaft in Hamburg C-Gesellschaft in Bremen D-Gesellschaft in Berlin E-Gesellschaft in Mannheim

30% 25% 20% 15% 10%

3. Die Mitversicherung begründet weder ein besonderes Innen- noch ein be- Anm. 44 sonderes Außenverhältnis. Die Mitversicherer sind durch kein Rechtsverhältnis, insbesondere nicht durch ein Gesellschaftsverhältnis, verbunden (vgl. auch P r ö l ß , Anhang zu § 58 V V G Anm. 1, O L G Dresden J R P V 1929. 303, L G Berlin J R P V 1929. 190). Keiner von ihnen hat Vollmacht, für die anderen zu handeln, zu erklären oder Erklärungen entgegenzunehmen. So viele Versicherer beteiligt sind, so viele besondere Versicherungsverträge sind geschlossen. Daß über die mehreren selbständigen Versicherungsverträge nur eine Police ausgestellt ist, dient nur verkehrsmäßiger Bequemlichkeit. Insbesondere ist der Versicherungsnehmer jedem einzelnen Versicherer gegenüber besonders berechtigt und verpflichtet. Die Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber einem Versicherer gilt nicht auch als Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber den anderen. Die Ausübung seiner Rechte gegenüber einem Versicherer wirkt nicht auch gegenüber den anderen. Andererseits wirkt Erfüllung oder Ausübung durch einen Versicherer nicht auch für den anderen Versicherer. Der Versicherungsnehmer hat also insbesondere bei der Abwicklung der Versicherungsverhältnisse immer mit allen Versicherern zu tun (vgl. auch die Einzelhaftungsklausel in Nr. 29 der Zusatzbestimmungen zu den ADS für die Güterversicherung, 1947). 4. Der Versicherungsnehmer hat es also stets mit jedem einzelnen Versicherer Anm. 45 zu tun. Das bedeutet für ihn nicht nur eine Belästigung, sondern auch eine Gefahr (Rau Z f V W 1901. 315). Dieser Gefahr begegnet auf dem Gebiete der Schadensabwendung § 41 Abs. 1 Satz 3. Die Gefahr besteht aber auch sonst noch, so insbesondere

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Mitversicherung

V im Falle der Schadensliquidation. Wenn der Versicherungsnehmer z. B. wegen Totalverlustes die Versicherungssumme verlangt, mag der eine Versicherer das Recht auf die Versicherungssumme anerkennen, der andere es, mit Recht, bestreiten; der Mangel an Einheitlichkeit der Schadensliquidation, bei welcher der eine Versicherer den auf ihn entfallenden Teil der Gesamtversicherungssumme zahlt und dafür die Rechte am versicherten Schiff erlangt, der andere Versicherer Ausbesserung des Schiffes verlangt, bringt den Versicherungsnehmer in eine bedenkliche Lage. Deshalb wird oft eine führende Versicherung, ein führender Versicherer bestimmt (s. dazu insbesondere auch H ü b e n e r , Die Führungsklausel in der Mitversicherung, 1954, K i s c h , Mehrfache Versicherung 28). Etwa mit der Klausel: „Laut Ubereinkommen schließen sich die unterzeichneten Versicherer im Schadensfalle sowie in allen anderen Fällen den Maßnahmen der Assecurantia, Allgemeine Versicherungs-Aktiengesellschaft, in Hamburg und den mit derselben getroffenen Vereinbarungen stillschweigend an und akzeptieren solche Maßnahmen resp. Vereinbarungen auch ohne vorherige Anfrage seitens des Herrn Versicherten; demgemäß verpflichten sich die Unterzeichneten bezüglich etwaiger Schäden auch, für ihren Prorata-Anteil ebenso zu bezahlen, wie die Assecurantia bezahlt hat, gleichviel ob laut Dispache oder durch Regulierung ä l'amiable". Die Führungsklausel kann mit einer Anschlußklausel verbunden sein, wie etwa in Nr. 30 der Zusatzbestimmungen zu den ADS für die Güterversicherung, 1947. „Die von dem Anfänger der Police mit dem Versicherungsnehmer oder dem Versicherten getroffenen Vereinbarungen sind für die Mitversicherer verbindlich, insbesondere gilt dies zugunsten des Versicherten für die Schadensregulierung, jedoch ist der Anfänger der Police ohne Zustimmung der Mitversicherer, von denen jeder einzeln zu entscheiden hat, n i c h t berechtigt a) zur Erhöhung des Policen-Höchstbetrages, b) zum Einschluß der Kriegsgefahr, c) zum Einschluß der Beschlagnahmegefahr, d) zur Änderung der Policen-Währung, e) zur Änderung der Kündigungsbestimmungen." Bei Nichtigkeit der Führungsklausel hängt es von den Umständen ab, ob dies zur Nichtigkeit des ganzen Versicherungsvertrags führt (§ 139 BGB; HansOLG H G Z 1927. 527 = Sasse Nr. 70). — Ist ein führender Versicherer bestimmt, so ist zu unterscheiden: Anm. 46 a) Das Verhältnis zwischen den mehreren Versicherern und dem Versicherungsnehmer oder dritten (Außenverhältnis). Der führende Versicherer ist B e v o l l m ä c h t i g t e r der übrigen Mitversicherer. Die Vollmacht erstreckt sich auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, welche die Abwicklung der Versicherungsverhältnisse gewöhnlich mit sich bringt (vgl. H G B § 54 Abs. 1). Doch hängt der Umfang der Vollmacht jeweils von der einzelnen Klausel ab. So kann die Klausel auch nur eine passive Vollmacht für den führenden Versicherer enthalten, etwa „Der führende Versicherer ist bevollmächtigt, Anzeigen und Willenserklärungen des Versicherungsnehmers für alle beteiligten Versicherer in Empfang zu nehmen (in einem solchen Falle wäre der führende Versicherer bei der Abgabe von Erklärungen der Versicherer nur Bote: P r o l ß Anhang zu § 58 V V G Anm. 3, L G Stettin J R P V 1933. 179). Die Vollmacht gilt nicht nur gegenüber dem Versicherungsnehmer, sondern auch gegenüber dritten, z. B. schadensersatzpflichtigen dritten. Sie berechtigt im allgemeinen nicht zur Prozeßführung (vgl. H G B § 54 Abs. 2); wohl aber zur Vertretung im schiedsrichterlichen Verfahren des § 75 Abs. 6, das zur Abwicklung des Versicherungsverhältnisses gehört. Sie berechtigt regelmäßig, verkehrsgemäß, auch nicht zur Einziehung der Prämie oder zur Zahlung der Entschädigung (anders ansch. nach S m e d a l ITVMitt 1 9 2 1 . 8 6 im Ausland). Der führende Versicherer ist berechtigt zur Prüfung aller Beanstandungen der Schadensrechnung des Versicherungsnehmers und ihrer Unterlagen. Er hat mit Wirkung für die Mitversicherer zu entscheiden, ob das versicherte Schiff seetüchtig, gehörig bemannt, beladen und ausgerüstet gewesen ist, seine Größe nicht richtig oder der Schaden zu

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hoch angegeben ist (HansOLG H R Z 1925. 50 = Sasse Nr. 334). Die übrigen Versicherer V sind grundsätzlich nicht befugt, in die Abwicklung einzugreifen, weil es der Sinn der Führungsklausel ist, daß es der Versicherungsnehmer bei der Abwicklung nicht mit einer Vielzahl, sondern nur mit einem Versicherer zu tun haben soll. Doch schließt die Führungsklausel die mit d e r F ü h r u n g n i c h t b e t r a u t e n V e r s i c h e r e r von der Abwicklung ihrer Versicherungsverhältnisse n i c h t v ö l l i g aus. Insbesondere kann jeder einzelne Versicherer im Versicherungsfall gemäß § 38 abandonnieren, gemäß § 41 Weisungen erteilen, gemäß § 71 Abs. 1 Versteigerung des Geretteten, gemäß § 93 Abs. 3 Versteigerung des Beschädigten, gemäß § 96 Abs. 1 den Verkauf der Güter verlangen. Vgl. auch HansOLG H G Z 1925 Nr. 56 = H R Z 1925. 516 = Sasse Nr. 337. Gegenüber dem Versicherungsnehmer ist die Vollmacht nicht widerruflich, weil sie zu seinen Gunsten erteilt ist (vgl. BGB § 168). Soweit dem führenden Versicherer im Innenverhältnis Beschränkungen auferlegt sind, sind sie dem dritten, insbesondere dem Versicherungsnehmer gegenüber nur wirksam, wenn der führende Versicherer die Vollmacht absichtlich zum Nachteil der übrigen Versicherer mißbraucht und der dritte hierbei bewußt mitwirkt. — Die Vollmacht bezieht sich aber nur auf die Abwicklung, nicht auf die Begründung der Versicherungsverhältnisse. Erst im Versicherungsvertrag und durch den Versicherungsvertrag wird die Vollmacht erteilt. Soweit daher die Wirksamkeit des Versicherungsvertrags durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder die fahrlässige Unkenntnis gewisser Umstände beeinflußt wird, kommt die Person des führenden Versicherers nur für sein eigenes Versicherungsverhältnis, nicht auch für die Versicherungsverhältnisse der übrigen Mitversicherer in Betracht (§ 5 Anm. 19, § 19 Anm.). — Das Verhältnis zwischen den Versicherern einerseits und den Versicherern und dem Versicherungsnehmer andererseits ist aber mehr als ein bloßes Vertretungsverhältnis. Nicht nur der Versicherungsnehmer hat ein Recht auf den Fortbestand des Vollmachtverhältnisses, das deshalb nicht widerrufen werden kann. Auch die ü b r i g e n V e r s i c h e r e r k ö n n e n v e r l a n g e n , daß der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r bei der Abwicklung ihrer Versicherungsverhältnisse den in den Verträgen mit der F ü h r u n g und Abwicklung b e t r a u t e n V e r s i c h e r e r b e t e i l i g t (zustimmend K i s c h , Mehrfache Versicherung 28). Es genügt nicht, daß der Versicherungsnehmer (nur) von ihnen Schadensabwendungs-Weisungen einholt, nur ihnen den Schaden andient usw. Sie dürfen erwarten, daß (auch) ihr Führer, dem sie vertrauen und dem die Verhältnisse vertrauter sind als ihnen, beteiligt, daß die Versicherung nicht führerlos wird. Über den führenden Versicherer und den Schiffshypothekar vgl. § 35 SchRG: Ist danach das Schiff bei mehreren Versicherern gleichzeitig versichert, so genügt die Anmeldung der Hypothek nach § 34 SchRG bei dem Versicherer, den der Schiffseigentümer dem Hypothekengläubiger als den führenden bezeichnet hat. Dieser ist verpflichtet, die Anmeldung den Mitversicherern mitzuteilen. b) Das Verhältnis zwischen dem führenden Versicherer (ein solcher kann nur ein Anm Versicherer, nicht ein Versicherungsvertreter oder Makler sein, L G Bremen HansRGZ 1938 B379) und den übrigen Mitversicherern (Innenverhältnis). Es ähnelt in manchen Beziehungen dem besonderen Verhältnis zwischen Rückversicherer und abwicklungsberechtigtem Vorversicherer ( H o u g e n ITVMitt 1921. m ; vgl. § 1 Anm. 154). Es ist, wie dieses, gewöhnlich kein Gesellschaftsverhältnis. Der führende Versicherer erhält gewöhnlich für die Abwicklung keine Vergütung. Das Innenverhältnis ist dann gewöhnlich ein (ausdrücklich oder stillschweigend vereinbartes) A u f t r a g s v e r h ä l t n i s eigentümlicher Art. Der führende Versicherer darf und muß (ähnlich dem abwicklungsberechtigten Vorversicherer und nach der Verkehrsanschauung) die Versicherungsverhältnisse so abwickeln, wie ein verständiger, billig denkender Versicherer, wenn er selbst zu handeln hätte, verfahren würde (vgl. § 1 Anm. 154). Dem führenden Versicherer

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V wird also großes Vertrauen entgegengebracht. Das Vertrauen ist nur gerechtfertigt, wenn der führende Versicherer den von ihm übernommenen T e i l des R i s i k o s behält. Im anderen Falle verliert der führende Versicherer (zwar nicht seine Vollmacht, wohl aber) gegenüber den übrigen Versicherern das Recht zur Führung, und das Verhältnis wird hinfort als eine auftraglose, mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch stehende Geschäftsführung anzusehen sein (vgl. insbesondere BGB §§ 677, 678). — Der führende Versicherer muß im Zweifel die mit der Führung verbundenen Geschäfte in P e r s o n besorgen (BGB § 664). Er kann sich aber, der Verkehrsauffassung nach, durch seine Handlungsangestellten unterstützen lassen. Für deren Verschulden haftet er den übrigen Versicherern nach § 278 BGB. — A n w e i s u n g e n der übrigen Versicherer (vgl. BGB § 665) ist er nicht gebunden. Doch muß er den übrigen Versicherern die erforderlichen N a c h r i c h t e n geben, auf Verlangen über den Stand der mit der Führung verbundenen Geschäfte A u s k u n f t erteilen und nach der Abwicklung R e c h e n s c h a f t ablegen (BGB § 666). Dem Versicherungsnehmer werden die übrigen Versicherer Weisungen zur Schadensabwendung oder -minderung nur dann erteilen dürfen, wenn Gefahr im Verzug ist. — Der führende Versicherer muß h e r a u s g e b e n , was er zur Abwicklung erhält und was er aus der Abwicklung erlangt, und unerlaubt verwendete Gelder v e r z i n s e n (BGB §§ 667, 668). — Für die erforderlichen Aufwendungen kann er V o r s c h u ß verlangen und für Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte, E r s a t z (BGB §§ 669, 670). — Die übrigen Mitversicherer können den ihm erteilten Auftrag jederzeit w i d e r r u f e n (BGB § 671). Doch erlischt damit nicht auch die ihm erteilte Vollmacht gegenüber dem Versicherungsnehmer (vgl. BGB § 168 Satz 1); die Vollmacht kann ohne Zustimmung des Versicherungsnehmers nicht widerrufen werden (vgl. BGB § 168 Satz 2, auch HansO L G HansRGZ 1928 B 3 = Sasse Nr. 376). — Der führende Versicherer kann das Auftragsverhältnis nicht ohne weiteres k ü n d i g e n , sondern nur, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (vgl. BGB §§ 157, 671). Uber Erlöschen des Auftrags durch T o d usw.: BGB §§ 672—674. — Die übrigen Versicherer können vom führenden Versicherer Vorl e g u n g der U r k u n d e n verlangen, die sich auf die Abwicklung beziehen (BGB § 810), dagegen regelmäßig nicht Vorlegung der Handelsbücher des führenden Versicherers (BGB § 810; allgemeine Pflicht zur Vorlegung der Handelsbücher vor Gericht: H G B § 45 Abs. 1). Anm. 48

5. Natürlich k ö n n e n die Mitversicherer auch eine Gesellschaft bilden. Vgl. z. B. den Fall H G Z 1888. 46: die Kaskoversicherer und außerdem die Frachtversicherer hatten (übrigens erst nach Eintritt des Versicherungsfalls) eine Gesellschaft zur Hebung des gesunkenen Schiffes gebildet und hafteten einander im Zweifel (nicht gemäß § 706 BGB nach Kopfteilen, sondern der Verkehrsanschauung gemäß) im Verhältnis ihrer Anteile an der Versicherungssumme für die Hebungskosten. Anm. 49 6. Auch k a n n ein Innenverhältnis, ein Verhältnis der zur führenden Versicherung verbundenen Mitversicherer, ganz fehlen. So, wenn zunächst ein Teil des Kaskos bei Lloyd's versichert und demnächst der Rest in Hamburg versichert und in die Hamburger Police die Klausel aufgenommen wird: „Diese Versicherung valediert zu denselben Bedingungen, zu denen ein Teil des Kaskos bei Lloyd's in London gedeckt ist, und verpflichten sich demgemäß die Versicherer, etwaige Havarien in gleicher Weise zu regulieren, wie Lloyd's in London den dort gedeckten Teil des Kaskos reguliert haben" (HGZ 1904. 50, 1905. 132). — Und schließlich kommt die Führungs- und Anschlußklausel sogar in Versicherungsverträgen vor, die ein anderes Interesse decken, als dasjenige, das durch die führende Versicherung gedeckt wird. Der Gewinn- oder Mehrwertversicherer schließt sich z. B. an die Abwicklung des Güterversicherers an ( R G 77. 306, H G Z 1902. 160, 1910. 281) oder der Frachtversicherer oder der „Interessen-

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Versicherer" an die Abwicklung durch den Kaskoversicherer (HGZ 1905. 160, 1 9 1 1 . 233, V I R G H G Z 1912. 213). — Ein bedenkliches Verfahren (so auch K i s c h , Mehrfache Versicherung 16). Denn in solchen Fällen, in denen es an einem Verhältnis der Versicherer untereinander fehlt oder gar die Interessen und demgemäß die Voraussetzungen der Entschädigung verschieden sind, hat der sich anschließende Versicherer keine Gewähr, daß er nur in Fällen zu entschädigen hat, in denen auch ein verständiger, billig denkender Versicherer entschädigen würde (vgl. H G Z 1 9 1 1 . 234: Die Klausel sei „ungebräuchlich", „sinnlos in die Police hineingeschrieben", „ohne Überlegung gezeichnet"; abw. H G Z 1904. 52). Der maßgebende Versicherer ist in solchen Fällen kein dritter, „dem die Bestimmung der Leistung überlassen ist", der diese Bestimmung „nach billigem Ermessen zu treffen" hat (BGB § 3 1 7 ) , dessen Bestimmung wegen Irrtums angefochten werden kann (BGB § 318) und dessen „Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich ist, wenn sie offenbar unbillig ist" (BGB § 3 1 9 ; R G H G Z 1905. 132, 1912. 213). Das Verhalten des maßgebenden Versicherers entscheidet schlechthin über das Schicksal der angeschlossenen Versicherungen. Anders nur, wenn es auf vorsätzliche Schädigung des angeschlossenen Versicherers oder des Versicherungsnehmers gerichtet ist, wenn insbesondere der maßgebende Versicherer mit dem einen oder dem anderen kolludieren würde (dahingestellt R G H G Z 1905. 132; ungenau S i e v e k i n g 194, der die gewöhnliche und die ungewöhnliche Anschlußversicherung auf eine Stufe stellt; wie hier K i s c h , Mehrfache Versicherung 22). 7. Die Mitversicherung kann auch anders gestaltet sein. Valoren werden z. B. Anm. 50 zwar bei einem Versicherer versichert, aber „unter solidarischer Mithaftung" der im Valoren-Versicherungs-Verbände zusammengeschlossenen mehreren Versicherer (§ 80 Anm.). In diesem Fall handelt es sich um nur eine Vollversicherung mit mehreren Gesamtschuldnern (BGB §§ 421fr.). Der Abschlußversicherer ist der natürliche Führer, an den sich deshalb auch z. B. der Versicherungsnehmer bei Einholung von Weisungen oder bei Rechtsgestaltungs-Erklärungen zu wenden hat. Die Versicherer sind untereinander durch den „Verband", eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, verbunden.

VI. Gemeinschafts-Versicherung 1. Literatur. D ü r i n g , Rechtliche Beziehungen der Sachversicherung zum Anm. 51 ehelichen Güterrecht Diss. 1913. D u r s t H R Z 1919. 329 (Versicherung des Gesellschaftsvermögens trotz Widerspruch eines Gesellschafters). J o s e f WuRVers. i g i 2 . 177 (Einwirkung des ehelichen Güterrechts auf die Feuerversicherung). M ö l l e r HansRGZ 1938 A 229—234 (Herbeiführung des Versicherungsfalles und Obliegenheitsverletzungen bei der Versicherung mehrerer Personen). B r u c k - M ö l l e r Anm. 63—67 zu § 6 V V G . P r ö l ß V V G Anm. 6 zu § 6. 2. An einem Interesse können mehrere gleichartig beteiligt sein. Bringt in solchem Anm. 52 Falle der Beteiligte nur sein eigenes Teilinteresse unter Versicherung, z. B. ein Mitreeder nur seine Schiffspart, so entstehen keine Schwierigkeiten. Die aus dem Vertrag sich ergebenden Verbindlichkeiten (insbesondere die Anzeigepflichten, die Gefahrstandspflicht, die Schadensverhütungs-Pflicht, die Schadensabwendungs-Pflicht) treffen nur den Beteiligten. Anders, wenn das Gesamtinteresse unter Versicherung gebracht wird, der Korrespondentreeder z. B. kraft besonders erteilter Vollmacht (HGB § 493) für das Schiff Versicherung nimmt. In solchen Fällen ist zu unterscheiden: a) Die mehreren Versicherungsnehmer können durch ein Gesamthandverhältnis Anm. 53 verbunden sein. Dies Verhältnis kann von verschiedener Art sein (z. B. allgemeine Gütergemeinschaft, fortgesetzte Gütergemeinschaft, Miterbenverhältnis, Gesellschaft,

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V I offene Handelsgesellschaft mit einem von der Vertretung ausgeschlossenen Gesellschafter, Kommanditgesellschaft). Die Versicherung kann dann von einem an dem Verhältnis Beteiligten im eigenen Namen und im Namen der übrigen Beteiligten genommen werden. Sie kann von ihm auch im eigenen Namen und für eigene Rechnung sowie für Rechnung der übrigen Beteiligten genommen werden. Und sie kann von ihm unter Umständen auch im eigenen Namen und für eigene Rechnung genommen werden; dann nämlich, wenn nach den für die Verwaltung des Gesamtvermögens geltenden Grundsätzen der Abschluß im eigenen Namen und für eigene Rechnung unmittelbar für das Gesamthandvermögen wirkt ( K i s c h 3. 86). In allen diesen Fällen treten die Rechtsfolgen gegen alle Beteiligten ein, wenn nur einer von ihnen eine Verpflichtung zum Handeln oder Unterlassen nicht erfüllt ( B r u c k - M ö l l e r Anm. 65 zu § 6 V V G , P r ö l ß V V G Anm. 6 zu § 6, S c h l e g e l b e r g e r S V R i3f., O L G Hamburg L Z 1912. 870, O L G Breslau J R P V 1931. 270, O L G Jena L Z 1914. 790, O L G Stuttgart J R P V 1932. 79). Anm. 54

b) Die mehreren Versicherungsnehmer können durch ein Bruchteilsgemeinschafts-Verhältnis (z. B. in einer Reederei; s. zu der umstrittenen Frage, ob die Reederei eine Bruchteilsgemeinschaft ist, S c h a p s - A b r a h a m I I Anm. 4 zu § 489 HGB) verbunden sein. Dann kann jeder im eigenen Namen und für eigene Rechnung nur sein Teilinteresse versichern. Es kann aber natürlich auch von allen Beteiligten zusammen oder von einem Beteiligten teils im eigenen Namen teils im fremden Namen oder teils im eigenen Namen teils für fremde Rechnung Versicherung für das Ganze genommen werden. J e nachdem in der einen oder in der anderen Weise Versicherung genommen ist, sind die Rechtsfolgen natürlich verschieden. Für die aus dem gemeinschaftlich geschlossenen Vertrag (wenn also die Versicherung von allen Beteiligten z u s a m m e n oder von einem Beteiligten im e i g e n e n und im N a m e n d e r ü b r i g e n Beteiligten genommen ist) entspringenden Verbindlichkeiten haften die Versicherungsnehmer als Gesamtschuldner. Wenigstens, soweit es sich um Verbindlichkeiten handelt, die auf eine teilbare oder unteilbare Leistung gerichtet sind (BGB §§ 427, 431). Bei den auf Unterlassung (Unterlassung von Gefahränderungen oder der Herbeiführung des Versicherungsfalls) gerichteten Verbindlichkeiten des Versicherungsnehmers handelt es sich nicht um Verbindlichkeiten, die auf eine teilbare oder unteilbare Leistung gerichtet sind. In solchen Fällen wird die Leistung von jedem Verpflichteten ganz geschuldet, so daß vielmehr eine Vervielfältigung der Verbindlichkeit eintritt. Aber der Fall ist dem auf eine unteilbare Leistung gerichteten Gesamtschuldverhältnis verwandt und würde daher an sich in dem hier fraglichen Punkte grundsätzlich ebenso zu beurteilen sein, wie wenn es sich um ein wirkliches Gesamtschuldverhältnis handelte. Nach den für das Gesamtschuldverhältnis geltenden Grundsätzen würde die Erfüllung der auf eine Unterlassung gerichteten Verbindlichkeit durch einen der mehreren Versicherungsnehmer auch für die übrigen wirken (BGB § 422). Davon kann nun schon der Natur der Sache nach nicht die Rede sein, da j a eben eine Vervielfältigung der Verbindlichkeit beabsichtigt ist. Andererseits würde die Nichterfüllung oder die nicht gehörige Erfüllung der dem Versicherungsnehmer obliegenden Unterlassungspflicht nach § 425 Abs. 1 BGB nur für und gegen denjenigen Versicherungsnehmer wirken, der sich der Vertragsverletzung schuldig macht. Dieser Grundsatz ist auch für das Versicherungsrecht verwendbar. „Aus dem Schuldverhältnis ergibt sich" nicht „ein anderes" (BGB § 425 Abs. 1). Es besteht kein Grund, das Verhältnis anders zu betrachten und zu behandeln, als wenn jeder einzelne Versicherungsnehmer sein Teilinteresse besonders unter Versicherung gebracht hätte (vgl. R O H G 4. 84, H G Z 1897. 67, H G Hamburg H G Z 1870. 3 4 1 ; ebenso ObGH Wien AssJB 30. 130; anders die h. M., die das Verhalten eines der Beteiligten auch den übrigen zurechnet, so insbesondere B r u c k - M ö l l e r Anm. 66 zu § 6 V V G , P r ö l ß V V G Anm. 6 zu § 6, S c h l e g e l b e r g e r

Erfüllungsort

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S V R 14; O L G Marienwerder A P V 1928. 11, K G J R P V 1937. 43). Tritt nur ein VII Beteiligter als Versicherungsnehmer auf, so müssen die übrigen Versicherten dessen V e r halten gegen sich gelten lassen ( B r u c k - M ö l l e r a. a. O . ) . Dagegen wirkt das Verhalten eines Bruchteilsbeteiligten, der nicht Versicherungsnehmer, sondern nur Versicherter ist, nur gegen ihn selbst ( R G 157. 314, B r u c k - M ö l l e r , P r ö l ß , S c h l e g e l b e r g e r a. a. O . , K i s c h Z f V W 1939. 6f.).

VII. Erfüllungsort bei der Seeversicherung 1. Der Schuldner m u ß an seinem Wohnsitz ( B G B §§ 7, 24) leisten; ist die V e r - A n m . 55 bindlichkeit in seinem Gewerbebetriebe entstanden, a m O r t e seiner Niederlassung ( B G B § 269 A b s . 1). M a ß g e b e n d sind Wohnsitz und Niederlassung zur Zeit des V e r tragsschlusses ( B G B § 26g Abs. 1 ; anders V V G § 36); bei mehreren Niederlassungen diejenige, in deren Betrieb der V e r t r a g geschlossen ist. — Die Niederlassung kann Haupt- oder Zweigniederlassung sein. Agenturen oder „ G e n e r a l a g e n t u r e n " des V e r sicherers sind an und für sich nicht Niederlassungen des Versicherers, sondern Niederlassungen des Agenten. Tatsächlich aber kann die „ A g e n t u r " usw. bloße Zweigniederlassung des Versicherers sein. — Nebenverbindlichkeiten oder Verbindlichkeiten, die an die Stelle der Hauptverbindlichkeit getreten sind (insbesondere Schadensersatzpflichten wegen Nichterfüllung), sind dort zu erfüllen, wo die Hauptverbindlichkeit zu erfüllen ist oder war. — Alles dies gilt auch bei zweiseitigen Schuldverhältnissen, und selbst bei solchen, die Z u g u m Z u g abzuwickeln sind. 2. Diese Grundsätze gelten aber natürlich nur, wenn nicht im V e r t r a g etwas anderes A n m . 56 „ b e s t i m m t " oder „ a u s den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses" etwas anderes sich ergibt ( B G B § 269 Abs. 1; vgl. auch B G B §§ 133, 157, 242). A u s der N a t u r des Versicherungsverhältnisses ergibt sich z. B., d a ß die Gefahrstandspflicht (§ 23), die Schadenverhütungs-Pflicht (§ 33), die Schadenabwendungs-Pflicht (§ 4 1 ; — soweit sie nicht bloße Unterlassungspflichten sind) regelm ä ß i g dort zu erfüllen sind, w o die Sache, auf welche die Versicherung sich bezieht, sich befindet. 3. Der Erfüllungsort ist a u c h von Bedeutung für die Frage, welche Rechtsordnung A n m . 57 (räumlich) gilt (vgl. j e d o c h § 126), für die Berücksichtigung von Handelsgebräuchen (doch werden regelmäßig nur Handelsgebräuche in Betracht kommen können, die a m O r t e der Hauptleistung gelten) und für den Gerichtsstand ( Z P O § 29; vgl. j e d o c h § 127). 4. V o m Erfüllungsort z u unterscheiden ist der B e s t i m m u n g s o r t , d. h. der Ort, A n m . 58 n a c h dem der Schuldner g e m ä ß dem Gesetz oder g e m ä ß dem V e r t r a g (insbesondere nach den Umständen, nach der N a t u r des Schuldverhältnisses) seine Leistung auf den W e g zu bringen hat. — N a c h § 270 Abs. 1 B G B m u ß der Schuldner G e l d auf eigene Kosten und Gefahr übersenden. Der Versicherungsnehmer m u ß also Prämie und Nebenkosten d e m Versicherer übersenden. So auch dann, w e n n der Versicherer die Prämie beim Versicherungsnehmer abholen zu lassen pflegt (aber er braucht sie dann erst zu übersenden, w e n n der Versicherer es verlangt; vgl. R O H G 9. 370, R G 22. 53, Bolze 5 Nr. 709, O L G C o l m a r A P V 1903. 138, auch V V G § 37). Der Versicherer m u ß die Entschädigungssumme übersenden. Anders, wenn eine Police ausgestellt ist und der V e r sicherer, wie nach § 14 Abs. 2, „ n u r gegen V o r l e g u n g der Police zu z a h l e n " braucht. In Präsentationsurkunden verbriefte Schulden gelten im Verkehr als Holschulden. W a s von Geldschulden gilt, m u ß aber nach der N a t u r des Schuldverhältnisses auch v o n gewissen anderen Schulden gelten. Aus der N a t u r des Schuldverhältnisses ergibt 3

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

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Haftung für dritte

VIII sich von selbst, daß der Versicherungsnehmer Gefahränderungs-, Doppelversicherungs-, U n f a l l a n z e i g e n oder A u s k ü n f t e usw. (§§ 12, 26, 40, 43 usw.) dem Versicherer auf eigene Kosten und Gefahr zu übermitteln hat. Der Erfüllungsort bleibt unberührt (vgl. BGB § 270 Abs. 4). Die Anzeige- oder Auskunftpflicht ist nicht ohne weiteres deshalb schuldhaft verletzt, weil die mit der Übermittlung betraute Person die Anzeigen oder Auskünfte zu spät oder gar nicht übermittelt. Treffen sie nicht ein, so m u ß der Versicherungsnehmer nur noch einmal erfüllen. Vgl. auch unten Anm. 62.

VIII. Verantwortlichkeit des Versicherers für dritte Anm. 59

1. Literatur. A h r e n s , Z u m Wesen der Obliegenheiten im Versicherungsrecht, Diss. Münster 1940. A u e r , Die Haftung für Hilfspersonen mit besonderer Berücksichtigung des Versicherungsrechts, Bern 1933. B r o d m a n n , JehJ 58. 187. B r u c k - M ö l l e r Anm. 54—109 zu § 6 VVG. C r u s i u s OestRev 1917. 161. v. D ö h r e n , Rechte und Pflichten des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer in der Seeversicherung, Diss. 1913. E n g e VersR 1965. 308 (Die Behandlung von Verschuldenstatbeständen in der deutschen und englischen Seekaskoversicherung). F u l d AssJB 30. 12. J . v. G i e r k e LZ 1909. 721, VersR II 153—155. G o t t s c h a l k Z f V W 1917. 191. H a g e n SVR 104fr. H e i n e LZ 1912. 305. H e r c h e r , Die Anwendung des § 278 BGB auf das Verhältnis des Versicherungsnehmers zum Versicherer nach dem VVG, Diss. 1912. J o s e f Z f V W 1911.201, LZ 1907.483, Gruchot 52. 268, J e h J 55.260, NeumannZ 1914.393 und 407, MittöffFVA 1913. 634 und 1920. 68. K l e i n s c h m i d t , Anwendbarkeit des § 278 BGB im Versicherungsrecht, Diss. 1914. K o e n i g , Schweizerisches Privatversicherungsrecht, 2. Aufl. i960. 105—118. M ö l l e r , Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für das Verhalten Dritter, 1939. P r ö l ß Anm. 7 und 8 zu § 6 V V G . R i t t e r Z f V W 1914. 44, LZ 1914. 354, ArchBürgR 35. 211. S c h l e g e l b e r g e r SVR 4ff. R e i m e r S c h m i d t , Die Obliegenheiten, Studien auf dem Gebiete des Rechtszwanges im Zivilrecht unter besonderer Berücksichtigung des Privatversicherungsrechts, 1953. S c h m i t t , Die Rechtsnatur der Obliegenheiten im Privatversicherungsrecht, Diss. J e n a 1939. S c h n e i d e r Z f V W 1909. 796, 1914.289, 1917.459, LZ 1907.259, 1909. 902, 1910. 97, 198, 732, J e h J 53. 1, ArchBürgR 40. 167. S o m m e r , Haftung des Versicherungsnehmers für fremdes Verschulden, Diss. 1913. U l r i c h Z f V W 1901. 287. V a t k e , Das Verschulden im VVG, Diss. 1913. V o i g t , Haftung des Versicherungsnehmers für seine Hilfspersonen, Diss. 1914. W e r n e b u r g AssJB 39/40. 44. Anm. 60 2. Die Lösung der Frage versuchte bereits unvollkommen § 41 BSVB: „Der Versicherte muß für das T h u n und Unterlassen derjenigen haften, in deren Auftrage er handelt, sowie derjenigen Personen und deren Beauftragten, deren Handlungen er zu vertreten h a t " . U n d weiter: „Als Versicherter gilt nicht bloss der Versicherungsnehmer, das heißt derjenige, welcher das Versicherungsgeschäft hier abschließt, sondern auch der ursprünglich Beteiligte, sowie jede Mittelsperson, durch welche der Auftrag zur Versicherung direct oder indirect hierher gelangt. Alle diese Personen sind collectiv verpflichtet, weshalb in Fällen, wo die Handlungen oder Unterlassungen, oder die Wissenschaft einer derselben, in Frage kommt, diese auf Verlangen des Versicherers zur eidlichen Bestärkung ihrer Angaben oder zur eidlichen Entkräftung der ihr gemachten Vorwürfe verbunden ist". Anm. 61

3. I. Zur T r a g w e i t e des § 278 B G B i m a l l g e m e i n e n . a) H a f t u n g des S c h u l d n e r s für g e s e t z l i c h e Vertreter. Man haftet n i c h t s c h l e c h t h i n für jedes Verschulden seines gesetzlichen Vertreters. Begeht der Vormund, sei es auch bei der Verwaltung des Mündelvermögens, einem dritten gegenüber eine

Haftung für dritte

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unerlaubte H a n d l u n g , so treffen die Rechtsfolgen ihn, nicht das M ü n d e l . W e n n er VIII z. B. ein dem M ü n d e l gehörendes versichertes Schiff in betrügerischer Absicht stranden macht (vgl. S t G B § 265), die Versicherungssumme einzieht und damit entweicht, so kann der Versicherer nicht g e m ä ß § 823 B G B v o m Versicherungsnehmer, dem M ü n d e l , Schadensersatz verlangen. — N u r der S c h u l d n e r a l s s o l c h e r m u ß das Verschulden seines gesetzlichen Vertreters wie eigenes vertreten. D e r Vertretene braucht nur dasjenige Verschulden seines gesetzlichen Vertreters z u vertreten, das sich an der Erfüllung einer S c h u l d betätigt ( R G 121.118, B G H Z 1. 248). W e n n der V a t e r für seinen minderjährigen Sohn ein Handelsgeschäft führt und für das Geschäft einen L a d e n mietet, m u ß der Sohn das Verschulden, das sein V a t e r bei Erfüllung der Obhutspflicht betätigt, wie eigenes Verschulden vertreten, also so, wie er eigenes Verschulden zu vertreten haben würde, wenn er für sein T u n und Lassen unbeschränkt verantwortlich wäre. Bei gesetzlicher Gesamtvertretung m u ß der Schuldner auch das Verschulden jedes einzelnen Gesamtvertreters wie eigenes vertreten (vgl. R G 110. 45, 134. 375; P a l a n d t D a n c k e l m a n n , Bern. 2 zu § 278 BGB). — Der Schuldner hat aber nicht nur das V e r schulden seines gesetzlichen Vertreters, sondern a u c h s e i n e i g e n e s zu vertreten ( B G B §§ 276 Abs. 1 Satz 3, 827, 828), und z w a r auch insoweit, als er aus anderen Gründen als aus dem der „ Z u f ü g u n g eines Schadens" ( B G B §§ 827, 828) Schuldner ist. Unbeschränkt, wenn er unbeschränkt verantwortlich (deliktsfähig) ist. I m übrigen in den Grenzen, die für seine Verantwortlichkeit durch die §§ 827, 828 B G B bestimmt sind. — G e s e t z l i c h e V e r t r e t e r im Sinne des § 278 B G B sind auch Konkursverwalter, Zwangsverwalter, Nachlaßverwalter, Testamentsvollstrecker, nicht dagegen Mitglieder des Vorstands j u ristischer Personen, denn diese sind O r g a n e , ihr Verschulden ist also ein eigenes der j u ristischen Person, kein Fall des in § 2 7 8 B G B behandelten Fremdverschuldens. Der Gemeinschuldner insbesondere m u ß nicht nur das Verschulden des Konkursverwalters vertreten, sondern auch eigenes Verschulden. A b e r sein eigenes Verschulden berührt nicht die Konkursmasse, weil der Gemeinschuldner über sie nicht verfügen, sie also auch durch eigenes Verschulden nicht mehr beeinflussen kann ( K O §§ 6, 7; anders natürlich, w e n n der Konkursverwalter sich des Gemeinschuldners zur Erfüllung der Verbindlichkeiten aus dem Versicherungsverhältnis bedient; ähnlich, wenngleich mit schiefer Begründung, O L G C o l m a r Z f V W 1906. 173). Entsprechendes gilt in anderen Fällen, z. B. für das eigene Verschulden von Erben eines v o m Testamentsvollstrecker verwalteten Nachlasses. Der Ausgleich m u ß hier in einer entsprechenden Schadensersatzpflicht des Schuldigen gesucht werden. — Die H a f t u n g der juristischen Personen (und was ihnen gleichsteht) für ihre gesetzlichen Vertreter geht über die G r e n z e n des § 278 B G B noch hinaus ( B G B § 31). b) H a f t u n g des Schuldners für Personen, deren er sich zur Erfüllung A n m . 62 seiner Verbindlichkeiten bedient. — N u r der S c h u l d n e r a l s s o l c h e r hat das Verschulden solcher „Erfüllungsgehilfen" zu vertreten. Er hat nur dasjenige Verschulden des Gehilfen zu vertreten, das sich an der Erfüllung der S c h u l d , der „ V e r b i n d l i c h k e i t " betätigt, wobei indessen z u beachten ist, d a ß d a z u auch die zahlreichen aus § 242 B G B sich ergebenden Nebenpflichten auf O b h u t gehören, insbesondere auch auf Unterlassung von Schädigungen. Z u r Erfüllung der Schuld, der „ V e r b i n d l i c h k e i t " m u ß der Schuldner der anderen sich bedienen, w e n n er für ihr Verschulden einstehen soll. W e l c h e n Ursprungs und welcher A r t die Verbindlichkeit ist, ist grundsätzlich ohne Bedeutung. Das Gesetz wechselt freilich im Ausdruck. Es spricht von „ V e r p f l i c h t u n g e n " und von „ V e r b i n d l i c h k e i t e n " (das V V G auch von „ O b l i e g e n h e i t e n " ) . A b e r m a n hat keine Ursache, dahinter etwas zu suchen. N u ß b a u m 52 will zwischen „ e c h t e n " und „ u n e c h t e n " Verbindlichkeiten unterscheiden, d. h. zwischen Verbindlichkeiten, die zu einer bestimmten Leistung verpflichten, und Verbindlichkeiten, die j e m a n d e n bei Aus3*

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VIII Übung von Befugnissen zur Sorgfalt verpflichten; nur auf jene soll § 278 BGB, auf diese dagegen § 831 BGB anzuwenden sein. Aber die Unterscheidung ist willkürlich, widerspricht der Interessenlage und hat keinen Anklang gefunden (über ihre Neubelebung als Unterscheidung zwischen Verbindlichkeiten und Obliegenheiten: unten Anm. 63). Freilich ist damit noch nicht der Begriff der Verpflichtung oder Verbindlichkeit erklärt. Dem Begriff und Ausdruck „Verbindlichkeit" entsprechenden Begriff und Ausdruck „ A n s p r u c h " (wenigstens schuldrechtlicher Anspruch, Forderung). Ohne Anspruch keine Verbindlichkeit, ohne Verbindlichkeit kein Anspruch (freilich bestr.; vgl. z. B. L a n g h e i n e k e n , Anspruch und Einrede 1903, 183). Anspruch ist rechtlich gesichertes Verlangenkönnen, Verbindlichkeit rechtlich gebotenes Leistenmüssen. O b ein Anspruch, eine Verbindlichkeit in diesem Sinne besteht, ist nach dem Willen des Gesetzes und derjenigen zu beurteilen, die das Rechtsverhältnis ins Leben gerufen haben, um dessen Wirkungen es sich handelt, hängt also von den Umständen des einzelnen Falles ab. Dabei sind es z w e i F e h l s c h l ü s s e , die, oft gezogen, besonders zu vermeiden sind. Der eine ist der, daß die rechtliche Sicherung des Verlangenkönnens, die rechtliche Gebundenheit des Leistenmüssens sich notwendig im Rechte auf staatlichen Rechtsschutz, und zwar gerade in der Z u l ä s s i g k e i t d e r L e i s t u n g s k l a g e ausdrücke. Der Fehlschluß beruht auf der Erfahrung, daß in der Regel mit den Ansprüchen das Klagerecht verbunden ist. Unbewiesen und unbeweisbar ist dagegen, daß Anspruch und Klagerecht miteinander verbunden sein m ü s s e n (vgl. für das Versicherungsrecht z. B. F u l d AssJB 30. 12, G o t t s c h a l k Z f V W 1917. 202). Man kann daher allerdings auch heute noch von klaglosen („natürlichen", „unvollkommenen") Ansprüchen und Verbindlichkeiten reden. Das ist besonders deutlich an den Verhältnissen zu erkennen, bei denen zwischen Schuld und Haftung zu unterscheiden ist. Die Schiffsgläubigerforderung mit reiner Sachhaftung ist deshalb nicht weniger eine Forderung, weil dem Gläubiger die Leistungsklage fehlt. Die Leistungsklage erscheint „leicht als ein Ausfluß der Schuld, während sie ein solcher der Haftung ist" ( P a p p e n h e i m 1. 307), während sie mithin nur dann zulässig ist, wenn der Gläubiger auf das Vermögen des Schuldners als solches zugreifen kann. Die Zulässigkeit der Leistungsklage ist für den Begriff des Anspruchs oder der Verbindlichkeit also nicht wesentlich. — Der zweite, ebenso oft gemachte Fehlschluß ist der, daß Ansprüche und Verbindlichkeiten nur diejenigen sind, die im Falle der Nichtleistung in S c h a d e n s e r s a t z a n s p r ü c h e o d e r - V e r b i n d l i c h k e i t e n ü b e r g e h e n können. Daß diese Ansprüche und Verbindlichkeiten die überwiegende Mehrheit bilden, ist die Erklärung, aber keine Entschuldigung des Irrtums. Die rechtliche Sicherung des Anspruchs kann auch auf andere Weise herbeigeführt werden, insbesondere derart, daß als Folge der Nichterfüllung ein Rechtsverlust bestimmt wird. Der Absender von Bahngut hat die „Vertragspflicht, die Verladung unter Beobachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt so auszuführen, daß dabei einer . . . Entzündung des leicht Feuer fangenden Frachtguts soweit möglich vorgebeugt wird", und verliert (nur) sein Recht auf Schadensersatz, wenn er diese „Vertragspflicht" verletzt (RG 66. 405). Verletzt sein Spediteur diese Verbindlichkeit, so muß er das Verhalten des Spediteurs nach § 278 BGB wie eigenes vertreten ( R G 66. 405). Der Käufer hat nach § 377 H G B die Rügepflicht, die Pflicht, ohne schuldhaftes Zögern die Ware zu untersuchen und ihre Mängel anzuzeigen. Verletzt er die Pflicht, so verliert er (nur) die Mängelrechte des Käufers. Verletzt sie sein Angestellter, dem er die Erfüllung der Rügepflicht aufgetragen hat, so muß er dessen Verhalten gegen sich gelten lassen (ZHR 26.571). Endlich ist auch der Bankier, der gleichzeitig dem Kunden raten und kaufen oder verkaufen soll, verpflichtet, den Kunden sorgfältig zu beraten. Zwar besteht diese Verbindlichkeit nur unter der Voraussetzung des erwarteten Vertragsschlusses. Aber sie ist darum nicht weniger eine aus dem Kauf- und Kommissionsvertrag

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entsprungene und deshalb bei der Schließung des Vertrags zu erfüllende Verbindlichkeit, V I I I und der Bankier muß das Verschulden derjenigen, deren er sich bei der Raterteilung bedient, wie eigenes vertreten (vgl. auch R G 66. 405). Freilich ist in solchem Falle der Bankier auch schadensersatzpflichtig. Aber das ist nicht das wesentliche. Die Verbindlichkeit zu sorgfältiger Raterteilung wäre natürlich nicht weniger eine Verbindlichkeit, wenn ihre Verletzung etwa zur Rechtsfolge hätte, daß der Bankier aus dem auf Grund des Rates zustandegekommenen Vertrag keine Rechte herleiten dürfte. — Als Anzeichen (wenn auch nicht mehr) dafür, daß ein Anspruch, eine Verbindlichkeit besteht, kann folgendes dienen. Nach § 276 B G B ist es der S c h u l d n e r , der Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten hat. Darf jemand auf Grund eines schuldrechtlichen Verhältnisses nicht vorsätzlich oder fahrlässig etwas tun oder unterlassen, muß er insbesondere auf Grund eines solchen Verhältnisses die im Verkehr erforderliche Sorgfalt anwenden, so wird er regelmäßig auch als „Schuldner" angesprochen werden dürfen, eine Schuld, eine Verbindlichkeit (und nicht eine Anspruchsvoraussetzung, eine Bedingung oder dergl.) anzunehmen sein. I m einzelnen Falle kann natürlich zweifelhaft sein, ob die Person, die ein Verschulden trifft, eine P e r s o n ist, d e r e n d e r S c h u l d n e r „ s i c h z u r E r f ü l l u n g s e i n e r V e r b i n d l i c h k e i t b e d i e n t " hat. So insbesondere bei der Miete (und, wie noch zu zeigen ist, bei der Versicherung). Hier ist die Beschädigung der Mietsache von besonderer Bedeutung (vgl. insbesondere B r o d m a n n J e h J 58. 240; B r u c k ArchBürgR 27. 110). Der Mieter einer Wohnung bedient sich regelmäßig seiner Angehörigen und seiner Gäste nicht zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit, die Wohnung vor Schaden zu bewahren (seiner Ehefrau nur, soweit sie den Haushalt leitet). Auch seiner Dienstboten bedient er sich regelmäßig nicht (deshalb z. B. unrichtig L G Hamburg Z f V W 1 9 1 4 . 277). Er bedient sich ihrer vielmehr und läßt sich von ihnen bedienen zur Befriedigung gewisser Lebensbedürfnisse. Natürlich können die Verhältnisse auch anders liegen (siehe dazu im einzelnen die bei S o e r g e l - S i e b e r t Anm. ig zu § 278 B G B gemachten Angaben). Es kann sein, daß der Mieter die ihm obliegende Obhut der Wohnung nicht ausüben kann oder will und sie deshalb einem anderen überläßt. Das wird selten vorkommen. Denn wenn ich die Obhut nicht ausüben kann oder will, werde ich die Wohnung unbenutzt lassen und sie so regelmäßig am besten vor Schaden bewahren. Auch wenn der Mieter einen Einhüter in die Wohnung legt, wird es regelmäßig nicht geschehen, um mittelst dieser Person eine Verbindlichkeit gegenüber dem Vermieter zu erfüllen, sondern aus ganz anderen Gründen. Aber wenn z. B. ein Schutenmieter die Schute einem anderen anvertraut, geschieht es regelmäßig nicht nur, damit der andere mit der Schute Transporte ausführe, sondern auch, damit er die Schute bewache, in Obhut nehme, da es einer solchen Behandlung der Schute, sei es durch den Mieter selbst, sei es durch einen Beauftragten zur Erfüllung der auf dem Mietevertrag beruhenden Obhutspflicht bedarf und der Mieter selbst sich der Behandlung nicht unterziehen kann oder will (vgl. über die Verpflichtung des Mieters, auch leere Schuten bewachen zu lassen, O L G Hamburg M D R 1948. 82). — Wenn ein anderer die Verbindlichkeit erfüllt, die der Schuldner zu erfüllen hat (vgl. B G B § 267), so „bedient" dieser sich noch nicht des anderen zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit. Andererseits „bedient" sich der Schuldner eines anderen nicht nur dann zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit, wenn er sich den anderen durch Dienstvertrag verpflichtet hat, zu tun, was zur Erfüllung der Verbindlichkeit nötig ist, und der andere dies tut. Noch weniger kommt es darauf an, ob der andere dem Schuldner selbständig oder unselbständig verbunden ist, zu tun, was zur Erfüllung der Verbindlichkeit nötig ist (insoweit abw. B r od m a n n J e h J 58. 2 1 5 , der auf den Gegensatz zwischen selbständiger und unselbständiger Arbeit abstellt; ebenso ansch. R G H G Z 1905. 160). Z w a r kann keine Rede davon sein, daß der Verkäufer, der

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V I I I zum Zwecke der Erfüllung seiner Lieferungspflicht sich eindeckt, sich seines Lieferanten zur Erfüllung seiner eigenen Lieferungspflicht bedient ( R G 1 0 1 . 158, B r o d m a n n a , a. O. 238). Aber ebensowenig wird man zweifeln dürfen, daß, wenn er seinem K ä u f e r unmittelbar durch den Lieferanten liefern läßt, er sich insoweit dieses letzteren zur Erfüllung seiner eigenen Lieferungspflicht bedient ( L Z 1907. 429, R G H G Z 1909. 23, H G Z 1907. 307, R G 108. 223). Anm. 63

4. II. T r a g w e i t e d e s § 2 7 8 B G B i m V e r s i c h e r u n g s r e c h t . Das V V G spricht an einigen Stellen von den „ O b l i e g e n h e i t e n " des Versicherungsnehmers. Von den Obliegenheiten, die der Versicherungsnehmer „übernimmt", die er „ d e m Versicherer gegenüber zu erfüllen" hat, die er nicht „verletzen" darf, deren „Verletzung" jedenfalls nicht „verschuldet" sein darf. Das V V G spricht also von Obliegenheiten wie von Verbindlichkeiten. Warum der Urheber des Gesetzes sich des neuen Ausdrucks bedient hat statt des alten, ist schwer zu erkennen. Jedenfalls hat er sich dabei nach der Begründung des V V G - E n t w u r f s nichts besonderes vorgestellt. Ihm sind Obliegenheiten die „von dem Versicherungsnehmer w a h r z u n e h m e n d e n P f l i c h t e n " , die „ i h m o b l i e g e n d e n P f l i c h t e n " , ihm „auferlegte V e r p f l i c h t u n g e n " , und als „die wichtigsten Obliegenheiten" des Versicherungsnehmers erscheinen ihm diejenigen, die sich „auf die A n z e i g e der Gefahrumstände, auf die V e r p f l i c h t u n g b e i G e f a h r e r h ö h u n g e n und auf die P r ä m i e n z a h l u n g " beziehen. Es ist also gewiß, daß der Urheber des Gesetzes sich nur eines anderen Ausdrucks für denselben Begriff, eines anderen Bildes für dieselbe Rechtserscheinung bedient hat. Dem Schuldner sind in der „Verbindlichkeit" die Hände gebunden, in der „Obliegenheit" Lasten auferlegt. Daß man das Bild der Belastung statt des Bildes der Gebundenheit gewählt hat, erklärt sich ungezwungen aus der Art der meisten Obliegenheiten und der geschichtlichen Entwicklung ihrer rechtlichen Behandlung. Die vorvertragliche Anzeigepflicht, die Gefahrstandspflicht, die Schadenverhütungs-Pflicht, die Schadensabwendungs-Pflicht usw. hätten auch lediglich als solche bestimmt werden können. Dann würde niemand bezweifelt haben, daß es sich um gewöhnliche Verbindlichkeiten gehandelt haben würde, auf deren Erfüllung vielleicht nicht hätte geklagt werden können, deren Verletzung aber, der Regel gemäß, den Schadensersatzanspruch des Versicherers zur Folge gehabt haben würde. M a n hat nun von Anfang an diese Rechtsfolge für die meisten Fälle als n i c h t a u s r e i c h e n d angesehen und geglaubt, den Versicherer in h ö h e r e m Grade schützen zu müssen. Man hat deshalb für diese Fälle in den Versicherungsbedingungen und demnächst im Gesetz s c h w e r e r e Rechtsfolgen, insbesondere den Verlust des Entschädigungsanspruchs, bestimmt. Dadurch haben viele Verbindlichkeiten des Versicherungsnehmers ein eigenartiges versicherungsrechtliches Gepräge erhalten. U n d dies hat den Urheber des Gesetzes verleitet, für die ganz verschiedenartigen Verbindlichkeiten des Versicherungsnehmers, von der Prämienzahlungspflicht bis zur SchadenminderungsPflicht, einen neuen Ausdruck zu gebrauchen, der als solcher eben die Verschiedenartigkeit der in ihm zusammengefaßten Verbindlichkeiten erkennen lassen sollte, den Ausdruck „Obliegenheiten". Verleitet: Denn die Folge ist gewesen, daß man ihn mißverstanden, daß man ihm Absichten untergeschoben hat, von denen er, wie die Begründung zum V V G - E n t w u r f urkundlich beweist, weit entfernt gewesen ist. M a n hat hinter dem Ausdruck „Obliegenheiten" etwas besonderes suchen zu müssen geglaubt. Das Wesen einer Obliegenheit wird dahin bestimmt, daß ihre Erfüllung „nicht Gegenstand einer Pflicht, sondern Voraussetzung für den Erwerb oder vielmehr für die Fortdauer der vertraglichen R e c h t e " sein soll ( K i s c h 2. 178, 583 usw.). Als wenn nicht auch die Prämienzahlung, die doch gewiß Gegenstand einer Pflicht ist, Voraussetzung für den Erwerb oder vielmehr für die Fortdauer der vertraglichen Rechte wäre oder doch sein könnte! Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts sind Obliegenheiten keine in

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irgendeiner Art erzwingbare, bei Nichterfüllung in eine Schadensersatzpflicht über- V I I I gehende Verbindlichkeiten, sondern lediglich Voraussetzungen für die Erhaltung des Anspruchs aus dem Versicherungsvertrag ( R G 56. 346, 62. 192, 95. 354, 97. 281, 102. 2 1 5 , 1 3 3 . 3 1 7 , B G H 1. 159, 24. 378). Bei B r u c k - M ö l l e r Anm. 6 zu § 6 V V G heißt es: „Während die Erfüllung einer Rechtspflicht durch Klageerhebung, Verurteilung und Vollstreckung erzwungen werden kann, entfällt solcher Erfüllungszwang bei einer Obliegenheit, was sich schon daraus ergibt, daß jede Klage ein Rechtsschutzinteresse voraussetzt. Der Versicherer aber hat — angesichts der vorgesehenen Verletzungsfolgen — kein Interesse an der Erfüllung einer Obliegenheit." Ebendort heißt es in Anm. 5 : „Rechtspflichten und Obliegenheiten ist gemeinsam, daß sie von dem Versicherungsnehmer ein bestimmtes Verhalten, also ein T u n oder Unterlassen fordern. In beiden Fällen wird das Verhalten auch zunächst auferlegt im Interesse des Versicherers, welcher der Verwalter der Gefahrengemeinschaft ist. Der Unterschied zwischen Rechtspflichten und Obliegenheiten besteht nur darin, daß (nach der Auferlegung der Verhaltensvorschrift) die Beobachtung des Verhaltens bei einer Rechtspflicht nach wie vor im (fremden) Interesse des Versicherers liegt, bei einer Obliegenheit dagegen nur noch im (eigenen) Interesse des Versicherungsnehmers: An der Erlangung der Prämienzahlung (Rechtspflicht) ist der Versicherer stark interessiert, während der Versicherungsnehmer, der grobfahrlässig einen Schaden nicht anzeigt, sich (infolge der vorgesehenen Folgen einer Verletzung der Obliegenheit) nur ins eigene Fleisch schneidet''. Außer B r u c k M ö l l e r (Anm. 2ff. zu §6 V V G ) sind Hauptvertreter dieser sog. „Obliegenheitstheorie" H a g e n H d b I 524fr., K i s c h 2. 178fr., 5 1 1 , 5 i 5 f . , R a i s e r Anm. 1 zu §5 und Anm. 32 zu § 1 4 , ferner die ständige Rechtsprechung des Reichsgerichts und auch die des Bundesgerichtshofs (siehe die oben angeführten Entscheidungen). Die Obliegenheitstheorie wird auch als „Voraussetzungstheorie" bezeichnet (so P r o l ß Anm. 4 zu § 6 V V G ) . Doch ist die Terminologie nicht einheitlich. Nach B r u c k - M ö l l e r Anm. 10 zu § 6 V V G handelt es sich bei der Voraussetzungstheorie um eine besondere Ausgestaltung der Obliegenheitstheorie. R e i m e r S c h m i d t hat es unternommen, den Begriff der Obliegenheit auf allgemeiner zivilrechtlicher Basis darzustellen, ihn also aus einer alleinigen versicherungsrechtlichen Betrachtung herauszulösen, und sieht in ihr eine Rechtspflicht minderer Zwangsintensität, ohne Anspruch auf Erfüllung und gegebenenfalls Schadensersatz (vgl. S c h m i d t Obliegenheiten, insbesondere S. 3 1 4 ff.). Die hier vertretene Ansicht, die den Unterschied zwischen Rechtspflichten und Obliegenheiten grundsätzlich (s. dazu unten) leugnet, wird als Verbindlichkeitstheorie bezeichnet. Ihr hängen für das allgemeine Versicherungsrecht an E h r e n z w e i g V V 1 4 7 — 1 5 5 , J . v. G i e r k e V S R i5of., P r ö l ß Anm. 4 zu § 6 V V G . Bei S c h l e g e l b e r g e r S V R S. 4f. heißt es: „ I n vielen wichtigen Fällen, in denen die für das Versicherungsrecht im allgemeinen herrschende Meinung eine Obliegenheit annehmen würde, handelt es sich im See-Versicherungsrecht um wirkliche Verbindlichkeiten im Sinne des § 2 7 8 " . Für das Seeversicherungsrecht bejaht auch E n g e V e r s R 1965. 308, daß sich die Pflichten des Versicherungsnehmers als echte Rechtspflichten darstellen und nicht nur Voraussetzungen für die Erhaltung des Versicherungsschutzes sind. Vgl. auch § 20 Anm. 3. Die wichtigste Konsequenz der Obliegenheitstheorie besteht darin, daß nach ihr § 2 7 8 Abs. 1 B G B nicht unmittelbar zur Anwendung kommen kann, ebenfalls nicht analog (vgl. B r u c k - M ö l l e r Anm. 1 1 und 74 zu § 6, R G 58. 346, 62. 190, 8 3 . 4 3 , 97. 279, 1 1 7 . 3 2 7 , B G H 1 1 . 120, B G H V e r s R 1 9 6 4 . 4 7 5 ; anders teilweise die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und Landgerichte bezüglich der analogen Anwendung, z. B. O L G München A P V 18 Nr. 1049 und J R P V 1927. 294, L G Köln V e r s R i960. 1 1 0 ; siehe weitere Angaben bei P r ö l ß Anm. zu § 6 V V G ) . U m die so entstehende Lücke auszufüllen, hat das Reichsgericht die Lehre von der Repräsentanten-

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VIII haftung entwickelt (s. über die Entwicklung dieser Lehre B r u c k - M ö l l e r Anm. 92fr. zu § 6). Die Lehre ist in entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB entwickelt worden und besagt, daß der Versicherungsnehmer für einen sog. Repräsentanten zu haften hat, d. h. für jemanden, dem er in Bezug auf das Versicherungsverhältnis die Befugnis übertragen hat, innerhalb eines Geschäftskreises für ihn selbständig rechtsgeschäftlich zu handeln (RG 51. 20, 83. 43, 1 1 7 . 327, 135. 370, BGH 24. 478). Doch soll das nur gelten in Fällen, in denen ein Geschäftsbetrieb, mindestens ein Geschäftsbereich von einiger Bedeutung, auf den sich das Versicherungsverhältnis bezieht, vorliegt. Es müssen also Verhältnisse gegeben sein, die den klaren Schluß gestatten, daß der Versicherungsnehmer nicht selbst jene Geschäfte wahrnehmen wollte oder konnte, in denen ihm das nach Lage der Dinge auch billigerweise nicht zugemutet werden konnte. Es muß sich also um Fälle handeln, in denen ein gewisses Bedürfnis nach jener Repräsentation bestand und die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse auch jenem Bedürfnis entsprechend sich gestaltet haben (RG 149. 69). Nach B r u c k - M ö l l e r Anm. 101 zu § 6 ist Repräsentant derjenige, den der Versicherungsnehmer dazu eingesetzt hat, an seiner Stelle die notwendige laufende Betreuung der versicherten Sachen wahrzunehmen. Nach der hier vertretenen Auffassung unterscheidet sich das Versicherungsverhältnis in dem hier fraglichen Punkte nicht von anderen Schuldverhältnissen. Nach ihr sind die Obliegenheiten in der Regel nichts anderes als Verbindlichkeiten von besonderer Art und besonderer Kraft. In jedem einzelnen Falle ist daher zu untersuchen, ob wir es mit einem Anspruch des Versicherers und einer entsprechenden Verbindlichkeit des Versicherungsnehmers zu tun haben. Bejahendenfalls ist § 278 BGB anzuwenden; sonst nicht. Doch ist darauf hinzuweisen, daß Obliegenheitstheorie und Verbindlichkeitstheorie sich im praktischen Ergebnis vielfach nähern, weil auch die Obliegenheitstheorie in nicht geringem Umfange die Haftung des Versicherungsnehmers für Dritte anerkennt. R e i m e r S c h m i d t a.a. O. 283 ff., 319 kommt sogar zu einer grundsätzlichen Anwendung des § 278 BGB. Für die Verbindlichkeitstheorie kommt es nur darauf an (vgl. auch oben Anm. 62), den Begriff des Erfüllungsgehilfen entsprechend eng zu begrenzen und nur diejenigen als Erfüllungsgehilfen anzusehen, die speziell oder in ihrer Stellung zum Versicherungsnehmer auch damit betraut sind, alle oder einzelne Pflichten aus dem Versicherungsvertrag zu erfüllen (vgl. auch P r ö l ß Anm. 7 zu § 6 V V G ) . — Insbesondere Anm. 64 a) Haftung des Versicherungsnehmers für gesetzliche Vertreter. Hierüber ist wenig mehr zu sagen. Denn auch diejenigen, die § 278 BGB für unanwendbar halten, können doch nicht umhin, den Versicherungsnehmer für seine gesetzlichen Vertreter haften zu lassen (vgl. aus der Rechtsprechung für juristische Personen R G 66. 181, BGH VersR 53. 316, für physische Personen K G A P V 12 Nr. 708, O L G Königsberg A P V 30 Nr. 2210). Die Begründung freilich, schwierig wie sie ist, fehlt entweder ganz oder fällt ganz verschieden aus. Nach K i s c h 2. 492 (und anderen) haftet der Versicherungsnehmer, weil „der gesetzliche Vertreter im Rechtsverkehr die Stelle des vertretenen Willensunfähigen einnimmt", — danach hätte es freilich des § 278 BGB insoweit überhaupt nicht bedurft. Nach S o m m e r 53 haften wenigstens juristische Personen als Versicherungsnehmer „auf Grund analoger Anwendung" des § 31 BGB oder „auf Grund allgemeiner Erwägungen und verständiger Auslegung des Versicherungsvertrags". Im übrigen soll freilich nach S o m m e r 52 der Versicherungsnehmer für seinen gesetzlichen Vertreter nicht haften; denn es sei gerade der Zweck der Versicherung, den Versicherungsnehmer gegen das Verhalten seines gesetzlichen Vertreters zu schützen (eine bloße petitio principii). Der Urheber dieser letzteren, für die Behandlung des Problems bezeichnenden Ansicht ( S c h n e i d e r J e h J 53. 24) hatte sie bereits wieder aufgegeben (LZ 1910. 732). Die Ansicht H e i n e ' s (LZ 1 9 1 2 . 3 0 5 ; ähnlich R o e l l i 2 1 1 ; dagegen K i s c h 2. 492), der Versicherungsnehmer brauche das Verhalten seines gesetzlichen

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Vertreters nicht gegen sich gelten zu lassen, w e n n es eine unerlaubte H a n d l u n g darstelle, VIII der gesetzliche Vertreter also z. B. die versicherte Sache vorsätzlich in Brand stecke, ist nur durch eine verhängnisvolle Verkettung richtiger und unrichtiger Vorstellungen möglich. A b z u l e h n e n ist auch die Ansicht J o s e f ' s ( Z f V W 1911. 221, L Z 1907. 493), der Versicherer sei frei, wenn der Gemeinschuldner schuldhaft den Versicherungsfall herbeiführe (vgl. oben A n m . 6 1 ; anders, wenn der Konkursverwaltersich des Gemeinschuldners zur Erfüllung der Schadenverhütungs-Pflicht bedient). N a c h dem der Obliegenheitstheorie anhängenden B r u c k - M ö l l e r (Anm. 69 zu § 6 V V G ) haben natürliche Personen mit gesetzlichem Vertreter die Obliegenheiten selbst zu erfüllen, soweit sie im natürlichen Sinne handlungsfähig sind (vgl. auch O L G O l d e n b u r g 1961. 75). Neben dem Versicherungsnehmer oder statt seiner soll der gesetzliche Vertreter mit den O b liegenheiten belastet sein ( B r u c k - M ö l l e r a a O ) . N e b e n den Versicherungsnehmern selbst sollen auch die gesetzlichen Verwalter die Obliegenheiten zu erfüllen haben, soweit ihre Befugnisse und Pflichten die Betreuung der Versicherungsverhältnisse umfassen. b) H a f t u n g des Versicherungsnehmers für Personen, deren er sich zur A n m . Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient. Hier kann die grundsätzliche Meinungsverschiedenheit von praktischer Bedeutung werden. Für die A D S kommen insbesondere in Betracht: § 3 Abs. 1. Der Versicherungsnehmer m u ß offenbaren, d a ß d e m V e r t r a g kein versicherbares Interesse zugrundeliegt. § 278 B G B ist anwendbar (anders S c h l e g e l b e r g e r S V R 5). § 3 Abs. 2 Satz 1. Der Versicherungsnehmer m u ß unverzüglich mitteilen, d a ß d e m V e r t r a g kein versicherbares Interesse zugrundeliegt. § 278 B G B ist anwendbar (anders S c h l e g e l b e r g e r S V R 5). § 3 Abs. 2 Satz 2. Der Versicherungsnehmer m u ß binnen Jahresfrist mitteilen, d a ß d e m V e r t r a g kein versicherbares Interesse zugrundeliegt, widrigenfalls er die Prämie zahlen m u ß . § 278 B G B ist u n a n w e n d b a r (anders S c h l e g e l b e r g e r S V R 5). § 4 Abs. 1 Satz 2. Der Versicherungsnehmer m u ß unverzüglich mitteilen, daß das versicherte Interesse weggefallen oder nicht entstanden ist. § 278 B G B ist anwendbar (anders S c h l e g e l b e r g e r S V R 5). § 5 Abs. 1 Satz 3. Die Beteiligten müssen offenbaren, d a ß der Versicherungsfall schon eingetreten oder ausgeschlossen ist. § 278 B G B ist anwendbar. § 7 A b s . 3. Bei Löschungsserien ist die Löschungsfolge sofort festzustellen. § 278 B G B ist unanwendbar. § 11 A b s . 1. Der doppeltversicherte Versicherungsnehmer m u ß unverzüglich Herabsetzung der Versicherungssumme und der Prämie verlangen. § 278 B G B ist unmittelbar nicht a n w e n d b a r (vgl. aber unten A n m . 67). § 12. Der Versicherungsnehmer m u ß dem Versicherer von der Doppelversicherung unverzüglich Mitteilung machen. § 278 ist anwendbar. § 15. Der Versicherungsnehmer m u ß d e m Inhalt einer unrichtigen oder unvollständigen Police unverzüglich widersprechen. § 278 B G B ist unmittelbar nicht anwendbar (vgl. aber a u c h unten A n m . 67). §§ 19, 20. Der Versicherungsnehmer m u ß bei der Schließung des Vertrags gefahrerhebliche Umstände (richtig) anzeigen. § 278 B G B ist anwendbar. § 23. D e r Versicherungsnehmer darf die Gefahr nicht ändern oder ändern lassen. § 278 B G B ist anwendbar. § 26. Der Versicherungsnehmer m u ß gewisse Gefahränderungen anzeigen. § 278 B G B ist anwendbar. § 30 Abs. 5. Der Versicherungsnehmer m u ß bei der A u f m a c h u n g der HavariegrosseDispache das Interesse des Versicherers wahrnehmen. § 278 B G B ist anwendbar.

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§ 33. Der Versicherungsnehmer darf den Versicherungsfall nicht herbeiführen. § 278 B G B ist anwendbar. § 35 Abs. 2, 3. Der Versicherungsnehmer muß, wenn Kriegsgefahr in gewisser Weise auf die versicherte U n t e r n e h m u n g Einfluß gewinnt, dem Versicherer unverzüglich erklären, daß die Versicherung fortdauern soll. § 278 B G B ist unmittelbar nicht anwendbar (vgl. aber unten A n m . 67). § 40. Der Versicherungsnehmer m u ß erhebliche Unfälle unverzüglich anzeigen. § 278 B G B ist anwendbar. § 41. Der Versicherungsnehmer m u ß im Versicherungsfall den Schaden abzuwenden und z u mindern suchen. § 278 B G B ist anwendbar. § 42. Der Versicherungsnehmer m u ß den Schaden binnen Jahresfrist andienen. § 278 B G B ist unanwendbar. § 43. Der Versicherungsnehmer m u ß im Versicherungsfall auf V e r l a n g e n Auskunft erteilen und Belege vorlegen. § 278 B G B ist anwendbar. § 44. Der Versicherungsnehmer m u ß d e m Versicherer eine Schadensrechnung mitteilen, kann aber auch ohne solche Mitteilung nach einem M o n a t ®/4 der Mindestentschädigung verlangen, wenn er die Unterlassung nicht zu vertreten hat. § 278 B G B ist anwendbar. §§ 45, 46. Der Versicherungsnehmer m u ß d e m Versicherer bei der G e l t e n d m a c h u n g von Ersatzansprüchen helfen. § 278 B G B ist anwendbar. § 57 A b s . 4. Der Versicherungsnehmer m u ß im Falle einer Versicherung für fremde R e c h n u n g den M a n g e l des Versicherungsauftrags anzeigen. § 278 B G B ist unanwendbar. § 58. Das Schiff m u ß seetüchtig sein. § 278 B G B ist unanwendbar. § 60. Das Schiff darf keine gefährlichen G ü t e r fahren. § 278 B G B ist anwendbar. § 61. Das Schiff darf kein Eis forcieren. § 278 B G B ist unanwendbar. § 62. Das Schiff darf keine Decksgüter fahren. § 278 B G B ist unanwendbar. § 66 Abs. 1 Satz 3. Der Versicherungsnehmer darf die Entlöschung des Schiffes nicht ungebührlich verzögern. § 278 B G B ist anwendbar. § 67 Abs. 1. Der Versicherungsnehmer darf die Ausbesserung des Schiffes nicht ungebührlich verzögern. § 278 B G B ist anwendbar. — Der Versicherungsnehmer m u ß , wenn er die V e r l ä n g e r u n g der Versicherung des beschädigten Schiffes ausschließen will, dies unverzüglich erklären. § 278 B G B ist unmittelbar nicht anwendbar (vgl. aber unten A n m . 67). § 68. Der Versicherungsnehmer m u ß , wenn er die V e r l ä n g e r u n g der Zeitversicherung des unterwegs befindlichen Schiffes ausschließen will, dies erklären. § 278 B G B ist unanwendbar. § 71. Der Versicherungsnehmer m u ß auf Verlangen des Versicherers beim Totalverlust Gerettetes öffentlich versteigern lassen und nach Befriedigung dem Versicherer Hilfe leisten. § 278 B G B ist anwendbar. § 74. Der Versicherungsnehmer m u ß bei der Feststellung eines Teilschadens mitwirken. § 278 B G B ist anwendbar. § 75. D e r Versicherungsnehmer m u ß das Schiff unverzüglich ausbessern usw. § 278 B G B ist anwendbar (anders S c h l e g e l b e r g e r S V R 5, M ö l l e r M D R 1950. 393, E w a l d H a n s R G Z 1930. 347, P f e i f f e r J R P V 1929. 137). — D e r Versicherungsnehmer m u ß , wenn er das Schiff aus wichtigem G r u n d e nicht ausbessern will, dies dem V e r sicherer unverzüglich erklären. § 278 B G B ist unmittelbar nicht anwendbar (vgl. aber unten A n m . 67). § 77. Der Versicherungsnehmer m u ß das reparaturunfähige oder -unwürdige Schiff gegebenenfalls unverzüglich versteigern lassen. § 278 B G B ist unmittelbar nicht anwendbar (vgl. aber unten A n m . 67).

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§ 80. Der Versicherungsnehmer darf nicht zustimmen, daß das Schiff mit gewissen V I I I Gütern zu stark beladen wird. § 278 BGB ist anwendbar. §§ 83, 84. Dem Versicherer muß bei der Schließung des Vertrags mitgeteilt werden, ob die Güter Vorreisegüter usw. sind. Der Versicherungsnehmer ist nicht verpflichtet. Das Risiko ist durch den Vertrag objektiv beschränkt. § 278 BGB ist unanwendbar. § 85. Der Versicherungsnehmer darf nicht zustimmen, daß die Güter auf Deck geladen werden. § 278 BGB ist anwendbar. § 88. Abs. 3 Satz 2. Der Versicherungsnehmer darf die Löschung der Güter nicht ungebührlich verzögern. § 278 BGB ist anwendbar. § 93. Der Versicherungsnehmer muß bei der Feststellung von Beschädigungen mitwirken (ebenso nach § 91 Abs. 1 bei der Feststellung, ob die Güter in ihrer ursprünglichen Beschaffenheit zerstört sind) und auf Verlangen des Versicherers die beschädigten Güter versteigern lassen. § 278 BGB ist anwendbar. § 95. Der Versicherungsnehmer darf nicht zustimmen, daß die Beförderung der Güter geändert oder die Reise des Schiffes aufgegeben wird. § 278 BGB ist anwendbar. § 96 Abs. 1. Der Versicherungsnehmer muß die Güter bei gewissen Reisehindernissen auf Verlangen des Versicherers unverzüglich verkaufen. § 278 BGB ist anwendbar. § 97. Der Versicherungsnehmer muß rechtzeitig deklarieren. § 278 BGB ist anwendbar. — Der Versicherungsnehmer darf nicht über den Maximalwert zuladen lassen. § 278 BGB ist anwendbar. — Der Versicherungsnehmer darf nicht zustimmen, daß in minderwertigen Schiffen verladen wird. § 278 BGB ist anwendbar. § 102 Satz 2. Der Versicherungsnehmer muß offenbaren, daß die Reise der gewinnversicherten Güter einen ungünstigen Verlaufgenommen hat. § 278 BGB ist anwendbar. § 121 Abs. 5. Das kriegsversicherte Schiff darf keine Bannware fahren. § 278 BGB ist anwendbar. Im einzelnen vgl. die Anm. zu den Paragraphen, insbesondere zu den §§ 5, 19, 23, 33, 41. Die Ausführungen zu diesen Bestimmungen ergeben übrigens, daß die Auffassung, nach der die Nebenverbindlichkeiten des Versicherungsnehmers, auf deren Erfüllung nicht geklagt werden kann und deren Nichterfüllung nicht zum Schadensersatz berechtigt, sondern „nur" den Verlust des Entschädigungsanspruchs zur Folge hat, in gewissen Fällen vor der unbestreitbaren Notwendigkeit kapituliert. So z. B. im Falle der Deklarationspflicht des laufend Versicherten, die allgemein nicht als „bloße Obliegenheit", sondern als „förmliche Rechtspflicht" angesehen wird (§97 Anm.; siehe dazu auch B r u c k - M ö l l e r Anm. 5 zu § 35 V V G , P r ö l ß V V G Anm. 2 zu § 187, L G Hildesheim VersR 1953. 393). 5. Für die Anwendbarkeit des § 278 BGB im Gebiete der ADS kommt noch folgendes Anm. 66 in Betracht. § 46 des Entwurfs der ADS von 1914 bestimmte unter der Uberschrift des Unterabschnitts X : „Haftung des Versicherungsnehmers für das Verhalten dritter" folgendes: „Der Versicherungsnehmer hat in Ansehung der Erfüllung seiner Obliegenheiten das Verhalten der Personen, deren er sich hierbei bedient, in gleichem Umfange zu vertreten, wie eigenes Verhalten". Diese Bestimmung ist von der ungenügend vorbereiteten und unterrichteten Oktober-Versammlung (Mat. 1. 200) g e s t r i c h e n . Die Assekuradeure haben dabei folgende Erklärung zu Protokoll gegeben: „Die Streichung soll n i c h t b e d e u t e n , d a ß der im § 46 ausgesprochene G r u n d s a t z n i c h t gilt. Der Versicherte muß das Verhalten derjenigen gegen sich gelten lassen, die Obliegenheiten wahrnehmen, welche im allgemeinen vom Versicherten selbst wahrgenommen werden. Die Versammlung ist hierüber e i n i g und erwartet, daß die Rechtsprechung sich dieser Auffassung anschließen wird. Sollte diese Erwartung getäuscht werden, so würden die Assekuradeure die Bestimmung des § 46 in ihre Bedingungen wieder aufnehmen". Hierauf ließen die Bremer Reeder einen Zusatzantrag („Auf Er-

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VIII füllungsgehilfen im Auslande findet diese Bestimmung keine Anwendung, wenn der Versicherungsnehmer bei der Auswahl der Erfüllungsgehilfen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat") fallen. Dann wurde beschlossen, den § 46 zu streichen. „Ein Vertreter der Kaufmannschaft ließ seinen Antrag, die Versicherungsnehmer möchten eine ähnliche Erklärung zu Protokoll geben, auf den Hinweis des juristischen Beirats der Hamburger Reeder, daß man in der Sache ganz einig wäre, fallen" (Mat. 1. 200). Worüber man „ganz einig" war, ob über die Auffassung der Assekuradeure oder über die im Bremer Antrag zum Ausdruck kommende Auffassung, ist nicht ganz klar. Klar ist nur: Man war einig, daß der Versicherungsnehmer das Verhalten von Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Obliegenheiten bedient, zu vertreten hat, — in welchem Umfange, das ist die Frage. Sie kann nur von den Grundsätzen aus beantwortet werden, nach denen man im allgemeinen bei seinen Obliegenheiten das Verhalten dritter vertreten muß (anders bezüglich der Obliegenheiten die Lehre von der Repräsentantenhaftung; s. dazu oben Anm. 63). Jedenfalls aber muß das, worüber man einig war, nach den allgemeinen Grundsätzen der Vertragsauslegung maßgebend sein (über einen ähnlichen Fall: § 93 Anm.). Anm. 67

6. Man wird aber noch einen Schritt weitergehen müssen. Die RechtsgestaltungsRechte (z. B. das Recht zur Anfechtung wegen Irrtums) sind vielfach Rechte, die unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern: BGB § 121) ausgeübt werden müssen, wenn sie nicht verlorengehen sollen (vgl. ADS §§ 11 Abs. 1, 35 Abs. 2 u. 3, 67 Abs. 1, 75 Abs. 5, 77 Abs. 4). Die Unverzüglichkeitsfrist ist im Interesse der Gegenpartei, im Interesse des Verkehrs bestimmt. Die Gegenpartei hat (im weiteren Sinne) ein Recht auf Einhaltung der Frist. Der Berechtigte muß die Frist einhalten, wenn er nicht einen Nachteil erleiden, sein Recht verlieren will. Die Interessenlage ist also dieselbe wie in dem Falle, wo es sich um die Erfüllung einer Verbindlichkeit handelt. In beiden Fällen soll innerhalb gewisser Zeit etwas geschehen, was für das Interesse der Gegenpartei von, oft größter, Bedeutung ist. Der beiden Fällen übergeordnete Grundsatz ist der, daß die eine Vertragspartei nicht durch unangemessene Zeitnutzung der anderen Partei zu Schaden kommen soll. Die Analogie verlangt daher, daß man den Rechtssatz des § 278 BGB insbesondere auch dann anwendet, wenn die Ausübung von Rechtsgestaltungs-Rechten von der Einhaltung der Unverzüglichkeitsfrist abhängt. Ahnlich etwa, wie sie verlangt, daß der Geschädigte nicht nur eigenes Verschulden, sondern auch dasjenige von Personen, deren er sich bei der Abwicklung des Schuldverhältnisses bedient, vertreten muß. Daß in diesem Falle die analoge Anwendung des § 278 BGB vom Gesetz (BGB § 254 Abs. 2 Satz 2) besonders bedacht und angeordnet ist, ist natürlich ohne Bedeutung. Hat doch auch der Umstand, daß die analoge Anwendung des § 278 BGB vom Gesetz nur für den Fall des § 254 Abs. 2 BGB bedacht und angeordnet ist, nicht hindern können, den § 278 BGB auch im Falle des § 254 Abs. 1 BGB anzuwenden (h. M., vgl. z. B. S o e r g e l - S c h m i d t Bern. 53 zu § 254 BGB; vgl. BGH 3. 46, wonach bei einem Vertragsverhältnis sich der Geschädigte die schuldhafte Mitverursachung des Schadens durch eine Hilfsperson gemäß § 254 auch dann anrechnen lassen muß, wenn er sich dieser Hilfsperson nicht zur Erfüllung einer vertraglichen Leistungspflicht, sondern zur Wahrung seiner eigenen Belange in Ansehung des Vertragsgegenstandes bedient hat und das schädigende Verhalten in unmittelbarem Zusammenhang mit dem ihr im Rahmen des Vertrages anvertrauten Pflichtenkreis steht). Es wäre im Verkehr unerträglich, wenn die Anfechtung oder eine Kündigung zwar unverzüglich erklärt werden müßte, der Berechtigte sich aber hinter das schuldhafte Zögern derjenigen verstecken dürfte, denen er die Besorgung seiner Geschäfte anvertraut hat. Auch in solchen Fällen muß in einem weiteren Sinne der Satz „Hand muß Hand wahren" gelten, muß man den Berechtigten darauf verweisen dürfen, daß er seinen

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Glauben dort wieder hole, wo er ihn gelassen, und nicht die unschuldige Gegenpartei I X unter dem Verschulden seines Vertrauensmannes leiden lasse. Noch unerträglicher wäre natürlich, wenn der Berechtigte das schuldhafte Zögern seines gesetzlichen Vertreters nicht zu vertreten brauchte. — Demgemäß hat denn auch z. B. die Rechtsprechung anerkennen müssen, daß der Versicherungsnehmer, dessen Rechtsanwalt die vereinbarte Klagefrist versäumt, sich nicht darauf berufen kann, daß ihn selbst kein Verschulden trifft ( L Z 1 9 1 2 . 8 7 , O L G Stuttgart L Z 1 9 1 2 . 9 4 7 ; auch R G A P V 1 9 1 8 I I 49: Die entgegengesetzte Annahme sei mit der Rechtssicherheit unvereinbar; abw. K G A P V 1 9 1 8 I I 76). Dieser Rechtsprechung muß auch beipflichten, wer die Anwendbarkeit des § 278 B G B leugnet. Ihm bleibt freilich nur übrig, zu einem ebenso beliebten, wie „sehr bedenklichen Hilfsmittel der juristischen Konstruktion" seine Zuflucht zu nehmen, nämlich auf dem „Flugsand des konkreten Parteiwillens" ( R e g e l s b e r g e r J e h J 44. 418) zu bauen, unterzulegen, Versicherer und Versicherungsnehmer hätten „stillschweigend vereinbart, daß, wenn der Versicherungsnehmer behufs Erfüllung der Bedingung (nämlich der rechtzeitigen Klagerhebung) sich der Hilfe eines anderen bediene und dieser den Ausfall der Bedingung herbeiführe, dieser Erfolg den Versicherungsnehmer treffen müsse" (so J o s e f OestZ 1 9 1 3 . 108, 1920. 527, Z f V W 1 9 1 1 . 2 1 3 , NeumannsZ 1914. 408; vgl. auch S c h n e i d e r L Z 1909. 903 über die „verschämte Berufung auf den allmächtigen Parteiwillen, der wie ein Quell im Verborgenen strömt"). 7. Hiermit hängt eine andere Frage eng zusammen. Wenn Gesetz und A D S die Anm. 68 Ausübung von Rechtsgestaltungs-Rechten von der Einhaltung der Unverzüglichkeitsfrist abhängig machen, so beginnt diese Frist der Natur der Sache nach meist erst, wenn der Berechtigte von dem das Rechtsgestaltungs-Recht auslösenden Sachverhältnis Kenntnis erlangt. Wenn jemand sich verpflichtet, eine Leistung zu bewirken, sobald er von einem bestimmten Sachverhalt Kenntnis erlangt, muß er natürlich auch gegen sich gelten lassen, daß diejenigen die Kenntnis erlangt haben, denen er aufgetragen hat, im gegebenen Falle die Leistung zu bewirken. Auch insoweit ist das Verhältnis das gleiche, wenn es sich darum handelt, daß ein Recht unverzüglich, nachdem man von einem bestimmten Sachverhalt Kenntnis erlangt hat, ausgeübt werden muß, widrigenfalls es verlorengeht. Der Berechtigte wird also in solchen Fällen auch die Kenntnis derjenigen Personen gegen sich gelten lassen müssen, die das Recht für ihn auszuüben von ihm berufen sind, und erst recht die Kenntnis der Personen, die ihn gesetzlich vertreten.

IX. Vorteilsausgleichung bei der Seeversicherung 1. Ein oberstes Grundgesetz des Versicherungsrechts, daß die Schadensver- Anm. 69 Sicherung nicht zu einem Gewinn führen darf (so G e r h a r d 229, 255, 536, ähnlich schon H e l l w i g 542: „oberster versicherungsrechtlicher Grundsatz", ferner F i c k , Grundbegriffe 55, M a l s s Z H R 13. 4 1 8 , Begr. zum E 1 9 1 0 §§ 72, 104, R G 15. 93, 35. 62, 77. 309, H G Z 1891. 163, 1893. 15, 1894. 103, 1902. 183, 1903. 15, O L G Hamburg H R Z 1919. 483 usw.), oder „daß der Versicherte durch die Assekuranz nicht besser gestellt werden darf, als er bei glücklichem Ausgang der Reise stehen würde" (so z. B. H G Z 1889. 264, 1890. 302; vgl. hierzu insbesondere § 59 Anm.), oder daß die Versicherung „nicht zur Bereicherung des Versicherten führen d a r f " (so z. B. R G 97.48, O L G Hamburg H R Z 1 9 1 9 . 4 8 3 ; das sog. Bereicherungsverbot, nach welchem neben die Versicherungssumme die Höhe des eingetretenen Schadens als leistungsbegrenzender Faktor tritt: M ö l l e r J W 1938. 916—920 (s. auch Summen- und Einzelschaden, 1937, 79—83, Z f V W 1937. 1 2 8 — 1 3 7 ) und in B r u c k - M ö l l e r Anm. 24, 26 zu § 1, H a g e n

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S V R 154; vgl. auch S a m w e r , Das sog. Bereicherungsverbot, 1937) gibt es nicht (anders H a n s O L G H a n s R G Z 1942 B 169 = J R P V 1942. 57 = Sasse Nr. 459; wie hier L G H a m b u r g H a n s R G Z 1942 B 393 = J R P V 1941. 217 — Sasse Nr. 725, B e n e , Der Begriff des Schadensfalls in der Seeversicherung 71, P r ö l ß V V G A n m . 1 zu § 5 5 ; die Frage blieb in R G 16g. 368 dahingestellt). Aus dem Begriff der Schadensversicherung folgt vielmehr ohne weiteres, aber auch nur, d a ß Vermögensschaden, positiver Schaden und entgangener Gewinn, z u ersetzen ist und nichts anderes (oben A n m . 21, § 1 A n m . 3 ; vgl. die Gegenüberstellung im Preuß. A L R I I 8. 1983: „ d u r c h Versicherungen m u ß der Versicherte sich nur gegen Schaden decken, nicht aber Bereicherung dadurch suchen"). U n d selbst diese Folge läßt sich nicht rein durchführen, w e n n der Versicherungsverkehr sich glatt abwickeln soll. Deshalb ist der nach den Verhältnissen z u Beginn der V e r sicherung bemessene Wert der versicherten Sache für die Entschädigung auch dann maßgebend, w e n n die Verhältnisse sich geändert haben, der W e r t der Sache insbesondere bis z u m Eintritt des Versicherungsfalls gesunken ist (§§ 70 Abs. 2, 90 Abs. 2). Deshalb ist die T a x e maßgebend, auch wenn sie übersetzt ist (oder wenigstens, w e n n sie nur unerheblich übersetzt ist; § 6 Abs. 2). Deshalb erhält der Gewinnversicherte im Schadensfall Ersatz von G e w i n n auch dann, wenn die K o n j u n k t u r umgeschlagen ist und er im Falle glücklicher Ankunft Schaden statt G e w i n n gehabt haben würde (§ 100 Abs. 2; R G H G Z 1893. 194, H G Z 1891. 164, 1893. 174, L G H a m b u r g H G Z 1893. 170). Deshalb erhält der Versicherungsnehmer, w e n n er das Hauptrisiko selbst gelaufen und nur M e h r w e r t versichert hat, das ganze, nach Z a h l u n g der MehrwertversicherungsS u m m e gerettete „ P r o v e n ü " , selbst wenn es den gewöhnlichen Versicherungswert übersteigt ( § 7 1 A n m . ) . Deshalb kommen bei der Bemessung der Entschädigung Vorteile nicht in Anschlag, die z w a r ohne den Versicherungsfall nicht entstanden wären, aber doch nur lose mit i h m zusammenhängen (unten A n m . 71). Die A u f w e n d u n g e n , die der Kaskoversicherte zur R e t t u n g des Schiffes macht und der Kaskoversicherer ersetzen m u ß , kommen auch dem unversicherten Frachtinteresse, die A u f w e n d u n g e n , die der Güterversicherte zur R e t t u n g der Güter macht und der Güterversicherer ersetzen m u ß , kommen auch dem unversicherten G e w i n n - oder Mehrwertinteresse zugute usw. Der Versicherungsfall „ k a n n in seinen tatsächlichen Konsequenzen zu einem Glücksfalle für den Versicherten u m s c h l a g e n " ( R G 36. 132, R G H G Z 1893. 194, H G Z 1895. 259, 1898. 293, 1903. 292).

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2. A b e r grundsätzlich ist freilich daran festzuhalten, d a ß nur der wirklich entstandene Schaden zu ersetzen ist, d a ß l'assurance est essentiellement un contrat d'indemnité ( D r o z 1. 4; anders H G Z 1890.302, eine bedenkliche, v o m R G mit R e c h t aufgehobene Entscheidung). Deshalb ist z. B., wenn einerseits bestimmt ist, d a ß der Versicherungsnehmer ohne Rücksicht auf gerettetes die Versicherungssumme verlangen kann, andererseits auch bestimmt, daß er sich den W e r t des geretteten und ferner auch das anderweit zur Schadensausgleichung erhaltene abziehen lassen m u ß (§§ 71, 91). Deshalb enthalten die A D S nicht mehr eine Bestimmung gleich der des § 23 A S V B ( = H G B § 800) ; es versteht sich von selbst, d a ß , wenn der Reeder Ausrüstungskosten oder Heuer versichert, der Versicherer nicht ersetzt, was davon erspart wird (also nicht verlorengeht), von selbst, daß, wenn der Reeder sie „mittelbar durch Versicherung der Bruttofracht oder in der auf das Schiff genommenen Versicherung" versichert (so der T e x t des § 23 A S V B bei V o i g t 153, anders der T e x t der H K - A u s g a b e in M a t . 2. 28), der Versicherer Erspartes nicht ersetzt, und von selbst, d a ß , w e n n der Güterversicherte mit den Gütern auch Fracht und Kosten während der Reise und a m Bestimmungsort versichert, der Versicherer ersparte Fracht und Kosten nicht ersetzt (Begr. z u m E 1910 § 69, R G H G Z 1918. 176, H G Z 1917. 243, H G H a m b u r g H G Z 1864. 220). Deshalb m u ß , wenn die G ü t e r unterwegs über den Versicherungswert verkauft werden oder der

Vorteilsausgleichung

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Verfrachter über den Versicherungswert der Güter Ersatz leistet, der Gewinnversicherte IX sich den Uberschuß auf die Versicherungssumme anrechnen lassen (§ 103 Abs. 2; vgl. dazu V o i g t 645). Deshalb muß der Kaskoversicherte, der das beschädigte Schiff ausbessert und nach der Ausbesserung ein regelmäßig besseres Schiff hat als vor dem Versicherungsfall, sich von den Ausbesserungskosten den Mehrwertbetrag abziehen lassen (§ 75 Abs. 3 Nr. 1). Deshalb muß er sich auch den Wert der bei der Ausbesserung durch neue ersetzten alten Sachen anrechnen lassen (§ 75 Abs. 3 Nr. 2). Deshalb gehen im Totalverlustfall die Rechte an den verlorenen Sachen auf den entschädigenden Versicherer über (§§ 71, 91) und in jedem Versicherungsfall die Ersatzansprüche gegen dritte (§§ 45, 46; vgl. dazu H G Z 1902. 183). 3. Uberall schaut der allgemeine Grundsatz über Vorteilsausgleichung beim Anm. 71 Schadenersatz heraus ( M o l t 135). Anzurechnen sind danach nicht allein die Vorteile, welche die unmittelbare Folge des Versicherungsfalls sind, sondern alle Vorteile, die nach den allgemeinen Kausalitätsregeln den Versicherungsfall zur Ursache haben (im Rückversicherungsgeschäft sogenannte Sauvetagen); dagegen nicht solche Vorteile, für die der Versicherungsfall nur die entferntere Bedingung ist, insbesondere nicht solche Vorteile, die aus einer durch den Versicherungsfall nicht verursachten, sondern nur veranlaßten oder nur ermöglichten neuen Unternehmung erwachsen, und ebensowenig natürlich Vorteile, die zwar durch das den Versicherungsfall bildende Ereignis herbeigeführt sind, aber mit diesem Ereignis in seiner Eigenschaft als Versicherungsfall nichts zu tun haben. — Wenn der Kaskoversicherte das reparaturunfähige oder -unwürdige Schiff (§ 77) oder der Güterversicherte die beschädigten oder unterwegs liegengebliebenen Güter (§§ 93, 96) unter Wert ersteigert und mit Vorteil weiterverkauft, so braucht er sich den so erzielten Gewinn nicht anrechnen zu lassen (vgl. den von der Rechtsprechung viel behandelten Fall, daß jemand, durch falsche Angaben bewogen, eine Hypothek gegeben hat, geschädigt ist und später das Grundstück unter Wert ersteigert und vorteilhaft wieder abstößt: R G 65. 57; APV 1906 II. 23). Ebensowenig, wenn das Schiff beschädigt ist, die versicherte Fracht verlorengeht und früher, als sonst möglich gewesen wäre, neue Fracht besegelt werden kann, einen Teil dieser Fracht (Voigt 144, OAG Lübeck HambS 4. 90, H G Hamburg H G Z 1865. 276 u. Ullrich Nr. 214; vgl. auch § 105 Anm.). Ebensowenig, wenn das beschädigte Schiff nicht ausgebessert, sondern verkauft, und zwar so günstig verkauft wird, daß Kaufpreis und Entschädigung den Versicherungswert übersteigen, den Mehrwert (HGZ 1903. 180). Ebensowenig der Güterversicherte, wenn die ohne Aussicht auf Wiedererlangung gesunkenen Güter doch noch gehoben werden und der entschädigte Versicherte sie zu besonders billigem Preise ersteht, einen Teil des Nutzens (RG 77. 308, HGZ 1910. 283). — Wenn kriegsversicherte Güter vom Feinde beschlagnahmt werden und der Versicherungsnehmer den Kaufpreis für die Güter noch nicht gezahlt hat, auch wegen Verbots des Handels mit dem Feinde nicht zu zahlen braucht und nicht einmal zahlen darf, kann der Versicherungsnehmer gleichwohl die volle Versicherungssumme verlangen und braucht sich nicht den Vorteil anrechnen zu lassen, der ihm aus der Hemmung der Zahlungspflicht erwächst und mit dem Versicherungsfall nichts zu tun hat (vgl. R G 97. 321, wo mit Recht die unhaltbare Auffassung von RG 88. 243 zurückgewiesen wird, daß in solchen Fällen der Versicherer zur Sicherheitsleistung zu verurteilen sei). — Wenn ein Schiffsmakler Provision versichert hat, das Schiff total verlorengeht, von der Reederei dafür ein anderes Schiff abgefertigt wird und der Schiffsmakler für die Besorgung der Geschäfte des Ersatzschiffes Provision verdient, braucht er sich diesen Verdienst auf die Entschädigung nicht anrechnen zu lassen (LG Hamburg H G Z 1896. 311). — Ist imaginärer Gewinn versichert und infolge des Totalverlustes der Güter die Fracht erspart, so braucht der Versicherungsnehmer sich das Ersparte auf die Entschädigung nicht anrechnen zu lassen (HGZ 1917.

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Vorteilsausgleichung

IX

241). Der Unfall, d e r den Totalverlust z u r Folge g e h a b t h a t , h a t zwar a u c h die Ersparnis z u r Folge g e h a b t ; aber es w a r nicht der Versicherungsfall, der die Ersparnis verursacht hat. O d e r : Die Versicherung i m a g i n ä r e n Gewinns deckt keinen Frachtkostenverlust; Frachtersparnisse können d a h e r n u r d e m Versicherer der Frachtkosten oder des „ M e h r werts d r ü b e n " , nicht d e m Gewinnversicherer zugute k o m m e n . — Ist „ M e h r w e r t d r ü b e n " , sind also a u c h die Kosten a m Bestimmungsort, insbesondere der Zoll, versichert, so m u ß der Versicherungsnehmer, wenn er wegen der Beschädigung d e r G ü t e r weniger Zoll zu zahlen h a t , sich den Unterschied abziehen lassen ( R G 44. 26, H R Z 1918. 6, H G Z 1888. 293). Selbstverständlich; der G r u n d s a t z ü b e r die Vorteilsausgleichung b r a u c h t gar nicht zur H a n d g e n o m m e n zu werden. G e h e n in solchem Falle die G ü t e r unterwegs total verloren, so ist regelmäßig ü b e r h a u p t kein S c h a d e n entstanden ( H R Z 1918. 6). — W e n n f ü r „38000 M auf die behaltene A n k u n f t d e r L a d u n g Salpeter m i t d e m Schiffe Luise" Versicherung g e n o m m e n ist, das Schiff einen N o t h a f e n a n l ä u f t u n d verkauft wird u n d die G ü t e r d a r a u f mit a n d e r e n Schiffen z u m Bestimmungshafen befördert u n d hier mit einem Gewinn verkauft werden, der größer ist als der Gewinn, den der Versicherungsnehmer auf G r u n d f r ü h e r e n Verkaufs mit der Klausel should vessel be lost contract to be void erzielt h a b e n w ü r d e , so ist z w a r die Erzielung des größeren Gewinns n u r infolge des Versicherungsfalls möglich gewesen; aber der Gewinnversicherte b r a u c h t sich gleichwohl von der E n t s c h ä d i g u n g nichts abziehen zu lassen, weil der Versicherungsfall die entferntere Bedingung, die d u r c h die W e i t e r b e f ö r d e r u n g eingeleitete, n e u e U n t e r n e h m u n g die kausalrechtlich m a ß g e b e n d e U r s a c h e der Gewinnerzielung ist ( R G H G Z 1893. ! 9 2 ) H G Z 1893. 14; vgl. a u c h R G 36. 133 u n d d a z u § 120 A n m . ) . Anders, w e n n der Versicherungsnehmer nicht mit der Klausel should vessel be lost contract to be void verkauft u n d das d u r c h diesen Verkauf bestimmte Interesse versichert h a b e n w ü r d e ; d a n n w ü r d e es an einem Interesse d a r a n , d a ß die G ü t e r gerade mit d e m Schiffe Luise a n k o m m e n , gefehlt h a b e n u n d die Versicherung mithin n a c h § 2 unwirksam gewesen sein ( V o i g t 154, R G 36. 130, R G H G Z 1893. 194, H G u. O G H a m b u r g H G Z 1873. 258). — W e n n der Versicherungsnehmer n u r „ J u n i - J u l i V e r s c h i f f u n g " verkauft hat, der erste D a m p f e r strandet u n d a b a n d o n n i e r t wird, die G ü t e r aber weiterbefördert werden u n d der K a u f v e r t r a g erfüllt wird, h a t der Gewinnversicherte ü b e r h a u p t keinen Schaden erlitten u n d k a n n also a u c h keine E n t s c h ä d i g u n g verlangen ( R G 36. 1 3 3 ; a b w . H G Z 1895. 258). — W e n n die versicherten G ü t e r z u m Teil verlorengehen u n d infolge hiervon u n d der d a d u r c h gesteigerten N a c h f r a g e a m Bestimmungsort die Preise steigen u n d der übrige Teil der G ü t e r wertvoller wird, m u ß der Versicherungsnehmer sich den Unterschied a n r e c h n e n lassen. W e n n kriegsversicherte G ü t e r vom Feinde w e g g e n o m m e n u n d feindlichen Banken z u r A b d e c k u n g ihrer P f a n d f o r d e r u n g e n überwiesen werden, m u ß der Versicherungsnehmer sich die A n r e c h n u n g der gedeckten Pfandschuld gefallen lassen ( R G 97. 322, H R Z 1918. 734). — W e n n der U n t e r v e r f r a c h t e r die (ganze) U n t e r f r a c h t versichert h a t u n d infolge des Versicherungsfalls die O b e r f r a c h t nicht zu entrichten b r a u c h t , m u ß er sich diesen Vorteil auf die E n t schädigungssumme a n r e c h n e n lassen (§ 1 A n m . 83). W e n n dagegen der U n t e r v e r f r a c h t e r einen Frachtvorschuß, den er d e m O b e r v e r f r a c h t e r endgültig bezahlt h a t , versichert h a t , das Schiff verlorengeht, die G ü t e r aber vom U n t e r v e r f r a c h t e r mit a n d e r e n Schiffen a n den Bestimmungsort befördert werden u n d infolgedessen die U n t e r f r a c h t (Konnossementsfracht) gezahlt wird, b r a u c h t der U n t e r v e r f r a c h t e r sich diese F r a c h t auf die E n t schädigung nicht a n r e c h n e n zu lassen ( L G u. O L G H a m b u r g H G Z 1908. 75).

A n m . 72

4- B e w e i s p f l i c h t i g ist der Versicherer ( R G H G Z 1893. '9 2 > H G Z 1893. 14). E r m a c h t freilich keinen G e g e n a n s p r u c h geltend, sondern leugnet den Entschädigungsa n s p r u c h ( L e o H R Z 1919. 483). Aber der gesetzliche T a t b e s t a n d setzt sich aus rechtsb e g r ü n d e n d e n u n d gleichzeitig oder gar erst später entstehenden rechtshindernden T a t -

Prämie und Gegenseitigkeit

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Sachen zusammen, und in solchen Fällen genügt regelmäßig der Nachweis der ersteren, X, XI ist der Nachweis der letzteren Sache des Gegners. 5. A n und für sich gehört a u c h der Fall hierher, d a ß der Versicherungsnehmer A n m . 73 durch den Versicherungsfall einen Ersatzanspruch gegen einen Dritten erlangt. A n und für sich m ü ß t e der Versicherungsnehmer sich den Wert dieses Ersatzsanspruchs auf die Entschädigung anrechnen lassen. Das Gesetz bestimmt es anders: „ D i e V e r pflichtung des Versicherers z u m Ersatz eines Schadens tritt auch dann ein, wenn dem Versicherten ein Anspruch auf dessen V e r g ü t u n g gegen den Schiffer oder eine andere Person zusteht. Der Versicherte kann sich wegen des Ersatzes zunächst an den V e r sicherer h a l t e n " ( H G B § 822). V V G und A D S bestimmen dies nicht besonders. Das V V G aus dem (unzureichenden) Grunde, weil „ d i e Verbindlichkeit des Versicherers zur Leistung dadurch nicht ausgeschlossen werde, d a ß ein dritter dem Versicherungsnehmer ersatzpflichtig sei" (Begr. z u m V V G § 67). Die A D S , weil es „sich um einen seit alters fest begründeten Satz des Versicherungsrechts h a n d l e " (Begr. z u m E 1910 § 49), und weil den §§ 45, 46 (auch den §§ 71, 96), deutlich erkennbar, die Auffassung zugrundeliegt, d a ß „ d e r Versicherte sich wegen des Ersatzes des Schadens zunächst an den Versicherer halten k a n n " (vgl. auch B G B § 255). Anders natürlich, w e n n der V e r sicherungsnehmer von dem Dritten bereits etwas auf G r u n d des Ersatzanspruchs erhalten hat (vgl. R G 35. 63, auch § 45 A n m . , auch H G H a m b u r g H G Z 1872. 375, 1873. 4 0 1 : A n r e c h n u n g einer öffentlichen Entschädigung). 6. Das englische Recht betrachtet die Vorteilsausgleichung unter dem allgemeinen A n m . 74 Gesichtspunkt der Subrogation (§ 45 A n m . ) . T h e general rule of L a w is that where there is a contract of indemnity . . . and a loss happens, anything w h i c h reduces or diminishes that loss reduces or diminishes the amount which the indemnifier is bound to p a y (Lord Blackburn bei A r n o u l d 1192 s. 1214). D a ß der Versicherte sich wegen des Ersatzes nicht an den ersatzpflichtigen Dritten zu halten braucht, sondern sich sofort an den Versicherer halten kann, bringt a u c h der M I A z u m Ausdruck. A b e r anders als das H G B . Ist ein Dritter ersatzpflichtig, so hat und behält der Versicherte gleichw o h l das versicherbare Interesse: T h e owner of insurable property has an insurable interest in respect of the full value thereof", notwithstanding that some third person m a y have agreed, or be liable, to indemnify him in case of loss ( M I A § 14 Abs. 3).

X. Zwingendes und nachgiebiges Seeversicherungs-Recht Das gesetzliche Seeversicherungs-Recht ist nachgiebig; es kann durch V e r t r a g A n m . 75 geändert werden (vgl. auch V V G § 186). Eine A u s n a h m e macht § 780 H G B : Heuerforderungen können nicht versichert werden (hierüber: § 1 A n m . 17). I m übrigen beruht die Unversicherbarkeit von nicht bestehenden Interessen oder Gefahren (vgl. § 2) oder von gewissen Interessen oder Gefahren (§ 1 A n m . 16ff.) a u f z w i n g e n d e n Vorschriften nicht so sehr des Seeversicherungs-Rechts, als vielmehr des gemeinbürgerlichen Rechts.

XI. Versicherung gegen Prämie und auf Gegenseitigkeit Gewerbebetriebe, die Versicherung gegen Prämie geben, sind Handelsgewerbe- A n m . 76 Betriebe im Sinne des § 1 Abs. 1 H G B . — Für Seeversicherungs-Vereine auf Gegenseitigkeit gilt das Gesetz über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen ( V A G ) v. 6. Juni 1931 ( R G B l . I 315,750). Sie bedürfen insbesondere behördlicher Zulassung und werden behördlich beaufsichtigt (§ 148 I V A G ) . 4

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

50 XD— X V

Öffentliches Recht

Das ist für ihre Allgemeinen Seeversicherungs-Bedingungen von Bedeutung (§§5,10 V A G ) . Siehe wegen der Aufsichtsbehörde § 2 Abs. 1 und § 3 des Gesetzes über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen v. 3 1 . J u l i 1951 (BGBl. I 480), die sachlich an die Stelle des förmlich nicht aufgehobenen § 4 V V G getreten sind. Größere Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit dürfen auch Versicherung gegen Prämie geben, wenn es ihre Satzung ausdrücklich gestattet (§ 21 Abs. 2 V A G ) ; kleineren Vereinen ist untersagt, Versicherung gegen Prämie zu geben (§ 53 Abs. 1 Satz 2 V A G ) . Das Versicherungsverhältnis zwischen Versicherungsverein und Mitglied richtet sich nach den für das Versicherungsvertrags-Verhältnis geltenden Grundsätzen (vgl. V V G § 1 ) . Seeversicherungs-Vereine auf Gegenseitigkeit kommen nur noch bei der Kleinkasko-Versicherung vor. •— Auch nach M I A § 85 Abs. 4 findet auf die Versicherungsverhältnisse der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (mutual insurance companies) Versicherungsvertrags-Recht Anwendung. Ausgenommen sind die Vorschriften über Prämienzahlung, sofern nicht etwa gegen Prämie oder ähnliche Gegenleistung versichert wird ( M I A § 85 Abs. 2). In den Satzungen und Regulativen der Gegenseitigkeitsvereine kann, soweit die Vorschriften des M I A durch Vertrag geändert werden können, besonders bestimmt werden ( M I A § 85 Abs. 3).

XII. Der Versicherer als Kaufmann Anm. 77

Wer gewerbsmäßig Versicherung gegen Prämie gibt, ist K a u f m a n n im Rechtssinne (§ 1 Abs. 2 Ziff. 3 H G B ) . Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit sind also regelmäßig keine Kaufleute. Aber die für Kaufleute geltenden Vorschriften finden nach §§ 16, 53 V A G auf größere Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit entsprechende Anwendung.

XIII. Der Versicherungsvertrag als Handelsgeschäft Anm. 78

Der Versicherungsvertrag ist Handelsgeschäft im Sinne des Gesetzes ( H G B Buch 3, vgl. B G B §§ 196 Nr. 1, 269 Abs. 2 usw.), wenn auch nur ein Beteiligter K a u f m a n n ist ( H G B § 345). Der Vertrag ist beiderseitiges Handelsgeschäft im Sinne des Gesetzes (vgl. H G B § 346 usw.), wenn beide Beteiligte Kaufleute sind, und der Vertrag zum Betriebe des Handelsgewerbes gehört ( H G B §§ 343, 344). Bei der Versicherung für fremde Rechnung ist die Kaufmannseigenschaft des Versicherungsnehmers (nicht des Versicherten) erforderlich und genügend.

XIV. Seeversicherungssachen als Handelssachen Anm. 79

Seeversicherungssachen § 1 o 1 Nr. 3f.).

gehören vor die K a m m e r n für Handelssachen

(GVG

X V . öffentliches Seeversicherungs-Recht Anm. 80

Die Gewerbeordnung findet auf den Gewerbebetrieb der Seeversicherer keine Anwendung (GewO § 6 Abs. 1). Seeversicherungs-Unternehmungen bedürfen auch mit Ausnahme der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit keiner behördlichen Zulassung zum Geschäftsbetriebe ( V A G § 148 Abs. 1 Satz 1). Sie werden auch nicht beaufsichtigt; der Bundesminister für Wirtschaft kann jedoch anordnen, daß auch solche Unternehmungen der Aufsicht unterliegen oder bestimmte Vorschriften des V A G auf sie An-

öffentliches Recht

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wendung finden ( V A G § 148 Abs. 1 Satz 2). Indessen ist von dieser Möglichkeit für die Transportversicherung und damit auch für die Seeversicherung kein Gebrauch gemacht worden (vgl. P r ö l ß § 148 V A G Anm. 5b). Unternehmen, die die Seeversicherung oder eine sonstige Transportversicherung betreiben und daneben direkt aufsichtspflichtige Zweige der Versicherung, unterliegen der Aufsicht nach dem V A G ohne Rücksicht auf die Größe des Geschäftsbetriebs in den aufsichtspflichtigen Zweigen, und zwar wegen der Rückwirkungen auf den Geschäftsbetrieb in den aufsichtspflichtigen Versicherungszweigen auch, soweit die Transportversicherung (Seeversicherung) in Betracht kommt, also in vollem Umfange ( P r ö l ß § 148 V A G Anm. 5 d ; A P V 04. 120, 05. 89, 22. 66, 24. 6 1 , 28. 132). Hinzuweisen ist auf § 21 des Außenwirtschaftsgesetzes vom 28. April 1961 (BGBl. I 486), nach welchem Rechtsgeschäfte über Schiffskasko-, Schiffshaftpflicht-, Transportund Luftfahrtversicherungen zwischen Gebietsansässigen und Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem fremden Wirtschaftsgebiet, in dem gebietsansässige Unternehmen dieser Versicherungszweige in der Ausübung ihrer Tätigkeit behindert werden, beschränkt werden können, um erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage der betroffenen Versicherungszweige entgegenzuwirken. Siehe wegen dieser Beschränkungen zu § 21 des Außenwirtschaftsgesetzes § 49 der V O zur Durchführung des Außenwirtschaftsgesetzes (Außenwirtschaftsverordnung — A W V ) vom 22. August 1961 (BGBl. I 1 3 8 1 ) .

ERSTER ABSCHNITT

Allgemeine Bestimmungen I. Interesse

§1 Versicherbares Interesse (1) Jedes in Geld schätzbare Interesse, welches j e m a n d daran hat, d a ß Schiff oder L a d u n g die Gefahren der Seeschiffahrt besteht, kann versichert werden. (2) Insbesondere können versichert werden: das Schiff; die G ü t e r ; von der A n k u n f t der Güter am Bestimmungsort erwarteter G e w i n n (imaginärer G e w i n n ) ; im Falle der A n k u n f t des Schiffes oder der Güter am Bestimmungsorte zu verdienende Provision; Fracht; Schiffsmiete; Uberfahrtsgelder; Bodmereigelder; Havereigelder; sonstige Forderungen, zu deren Deckung der Seegefahr ausgesetzte Gegenstände dienen; die v o m Versicherer übernommene Gefahr (Rückversicherung). In der einen dieser Versicherungen ist die andere nicht enthalten; insbesondere gilt eine Versicherung nur dann als Rückversicherung, wenn sie bei der Schließung des Vertrags ausdrücklich als solche bezeichnet wird. (3) Soweit das Interesse unrichtig bezeichnet wird, ist die Versicherung für den Versicherer nicht verbindlich. Der Versicherer kann sich j e d o c h nicht darauf berufen, d a ß Schiffsmiete als für bestimmte Zeit geschlossene Fracht oder d a ß solche Fracht als Schiffsmiete bezeichnet ist. 1. Vgl. H G B §§ 778, 779, 801 Abs. 1, V V G §§ 1, 53, A S V B §§ 1, 2, 24 Abs. 1, Anm. 1 58, BSVB §§ 34, 49. 2. Literatur. A r g y r i a d i s , Die Frachtversicherung, 1961 (Überseestudien Heft Anm. 2 28). A x e n f e l d J R P V 1926. 17 (Die Versicherungslage des Käufers beim Cif-Geschäft). B a c h e OestRev 1920. 189 (Beseitigung des Interessebegriffs). B i s c h o f f J R P V 1925. 116 u. 173 (Ersatzpflicht der Versicherungsgesellschaft bei Übernahme des Beschlag-

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Interesse

§ 1 nahmerisikos). B o l z e Z H R 42. 36 (Versicherung imaginären Gewinns auf behaltene Ankunft einer Ware mit einem bestimmten Schiff"). C h r i s t o p h H G Z 1917. 135 (Zur Seeversichnung für Rechnung, wen es angeht, cif verkaufter Güter). D a h n s J R P V 1925. 157 (Ersatzpflicht der Versicherungsgesellschaft bei Übernahme des Beschlagnahmerisikos). E h r e n b e r g AssJB 22. 3 (Das Interesse bei der Seeversicherung). E r n s t VersR 1963. 1004 (Nochmals der imaginäre Gewinn in der Transportversicherung). H a g e n S V R 59—66, 77—78. H a g e n s H R Z 1919. 49 (Das Eigentumsinteresse in der Seeversicherung). H e l b e r g J R P V 1925. 145 (Ersatzpflicht der Versicherungsgesellschaft bei Übernahme des Beschlagnahmeverbots). H e s s e VersR 1963. 215 (Der imaginäre Gewinn in der Transport-Versicherung unter besonderer Berücksichtigung des Exportes). H o c h g r ä b e r J R P V 1925. 193 (Zur Lehre von Mehrwert und imaginärem Gewinn), I T V M i t t 1937. 5 (Eigentümerinteresse und Haftpflichtinteresse), NeumannsZ 1938. 39 (Totalverlust und Frachtversicherung), I T V M i t t 1928. 22 (Die Versicherung von Schmuggelrisiken). K i s c h 3. 1—264. K r e u t z i g e r , Die Kommandobrücke 1965. 151 (Der imaginäre Gewinn). J o s e f WallmannsZ 55. 465 (Schleichhandels-Versicherung und die Schutzfähigkeit des Versicherungsinteresses). K i s c h JehJ 63. 361 (Subjektives Interesse und Versicherung „ w e n es angeht"). K o e n i g , Gegenstand der Versicherung, 1931. K u h n NeumannZ 1928. 362 (Der imaginäre Gewinn in der Transportversicherung). L a d i g e s J R P V 1925. 171 (Wegfall des versicherten Interesses). M a r t i n H R Z 1926. 921 (Das Konnossement und die Police beim „Cif"-Geschäft). M ö l l e r I T V M i t t 1935. 50 (Interessebegriff und § 1 ADS), I T V M i t t 1936. 129 (Totalverlust und Frachtversicherung), I T V M i t t 1937. 81—87 (Arten und Rechtsnatur der Frachtversicherung), WuRVers 1931. 33 (Gefahrenund Interessenadhäsion im Privatversicherungsrecht), Cif-Geschäft und Versicherung, 1932, I T V M i t t 1938. 37—40 (Cif-Geschäft und Kriegsversicherung), HansRGZ 1934 A 1 1 7 — 1 2 4 (Gefahrtragung und Seeversicherung beim Cif-Kauf), Hansa 1937. 1028 (Die versicherten Gefahren in der Seeschiffahrt), I T V M i t t 1939. 65 (Totalität der Gefahren). M o h r , Die Frachtversicherung, 1927. P r ö l ß , Vorbem. vor § 51 V V G . S c h l e g e l b e r g e r S V R Anm. I 1 zu § 1 ADS. T j u t s c h e w J R P V 1925. 102 (Die versicherungsrechtliche Seite des Cif-Vertrags), J R P V 1925. 322 (Die Versicherung von Schmuggelrisiken). W e i m a r VersPrax 1953. 70 (Das Versicherungsinteresse in der Seeversicherung). W i n k l e r , Die Gewinnversicherung, Hamburger Rechtsstudien, Heft 4, 1930. W i l d e g a n s NeumannsZ 1938. 1120 (Das Recht des Cif-Käufers aus der Transportversicherung). Weitere Literatur: Vorb. vor § 1 Anm. ig. — Literatur zur Rückversicherung unten Anm. 125. Anm. 3

3. A b s . 1. Der Versicherer verpflichtet sich, S c h a d e n zu ersetzen. Nicht einen irgendeinem entstandenen Schaden. Dann wären Wettassekuranzen zulässig. Sondern einer bestimmten Person den ihr entstandenen Schaden (Vorb. vor § 1 Anm. 21). Schaden kann mir durch die mannigfaltigsten Beziehungen zur Umwelt entstehen. Insbesondere d u r c h m e i n e B e z i e h u n g e n z u S a c h e n . Dadurch daß diese Sachen beschädigt werden oder abhandenkommen, Aufwendungen verursachen, anderen (und hierdurch auch mir) Schaden zufügen, ihren Zweck verfehlen. Die Beziehung einer Person zu einer Sache ist daher der Angelpunkt der Sachversicherung und insofern der „ G e g e n s t a n d " des S a c h v e r s i c h e r u n g s - V e r t r a g s . Ähnlich H o c h g r ä b e r Hauptkap 25; etwas abweichend H a g e n S V R 18, der von der Beziehung spricht, auf Grund deren jemand durch eine gewisse Tatsache einen Vermögensschaden erleidet. Vgl. auch P r ö l ß Vorbem. vor § 51 V V G Anm. 1 A : eine solche Beziehung des Versicherungsnehmers oder Versicherten zu dem versicherten Gegenstand, daß er den Verlust oder eine Beschädigung des Gegenstands als eigenen Verlust oder Schaden empfindet; s. auch S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 1 zu § 1 A D S , M ö l l e r I T V M i t t 1935. 50.

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Die Beziehung zur Sache wird kurz das Interesse an der Sache, kürzer das Inter- § 1 esse genannt ( B r u c k P V R 4 7 5 f r . ; J. v. G i e r k e V S R II 1 7 5 ; B r u c k - M ö l l e r A n m . 2 8 Anm. 4 zu § 1; R G 1 4 5 . 3 8 4 . Anders P r ö l ß V V G , vor § 51 A n m . 1: Das Interesse ist nichts anderes als der subjektive Bestandteil des Schadens, den der Versicherer nach § 1 Abs. 1 V V G zu ersetzen hat). Denn Interesse bedeutet Anteil haben an, beteiligt sein bei etwas, und in dieser Bedeutung wird das Wort „Interesse" im Verkehr noch heute gebraucht. Diese Bedeutung liegt auch, deutlich erkennbar, den Versicherungsgesetzen und den A D S zugrunde. So, wenn man von dem Interesse als dem „Gegenstand der Versicherung" ( H G B § 7 7 8 ) spricht, von den Interessen, „ d i e versichert werden können" ( A D S § 1), vom „versicherbaren Interesse" ( A D S § 2 , insurable interest: M I A § 4 ) , vom „versicherten Interesse" ( H G B § 8 9 5 , A D S § 6 ) oder vom „Interesse, für das die Versicherung genommen ist" ( A D S § 4 ) , vom „ W e r t des Interesses" ( A D S § 6 ) , davon, daß every person has an insurable interest who is interested in a marine adventure ( M I A § 5) und daß the assured must be interested in the subject-matter insured ( M I A § 6) usw. Siehe auch R G 1 0 4 . 4 0 9 = H R Z 1 9 2 3 . 2 1 : Gegenstand der Seeversicherung sind nicht Schiff und Ladung, sondern das Interesse daran, daß diese die Gefahren der Seeschifffahrt bestehen. Deshalb z. B. unbegründet K i s c h 3 . 15: Eine Beziehung lasse sich „ n u r gezwungen als Gegenstand des Schutzes denken"; geschützt sei nicht sowohl die Beziehung als vielmehr „ d e r in der Sache verkörperte Vermögenswert, zu welchem ich in Beziehung stehe". Der Versicherungsschutz ist nicht ohne eine geschützte Person denkbar, und eben dies kommt in den Worten „Beziehung", „Anteil h a b e n " , „beteiligtsein", „Interesse" z u m Ausdruck. Unbegründet ist auch der Einwand, daß in der Erklärung des Interessebegriffs als der Beziehung einer Person zu einer Sache das darin „liegende Merkmal der Vorteilhaftigkeit nicht zum Ausdruck k o m m e " ( K i s c h 3 . 1 6 ) . Im Begriff des Interesses liegt das Merkmal der Vorteilhaftigkeit nicht. Erst daraus, daß der Schadensversicherer Schaden ersetzen soll, ergibt sich, daß das Interesse „vorteilhaft" sein muß, u m des Versicherungsschutzes teilhaftig werden zu können. 4 . In der Rechtslehre ist zwischen subjektivem und objektivem Interesse unter- Anm. 5 schieden worden. Die Unterscheidung ist unrichtig und verleitlich und hat sich als verhängnisvoll erwiesen (s. dazu auch J. v. G i e r k e V S R II 1 7 9 ) . Jedes Interesse muß, dem Begriffe nach, einem Subjekt zugehören und deshalb „subjektiv" sein. M a n versteht daher auch unter objektivem Interesse etwas, was diese Bezeichnung nicht verdient, nämlich ein Interesse ohne Rücksicht auf den jeweiligen Inhaber, und unter der Versicherung eines objektiven Interesses die Versicherung eines Interesses ohne Rücksicht darauf, wer jeweils der Interessent ist. Oder man versteht unter objektivem Interesse etwas, was diese Bezeichnung ebensowenig verdient, nämlich jedes jeweils an der Sache bestehende Interesse, also das durch das Eigentum nicht nur, sondern zugleich auch das etwa durch ein Pfandrecht oder durch obligatorische Beziehungen vermittelte Interesse. V g l . ferner M o l t 1 0 8 , der unter dem objektiven Interesse das „ V o l l - oder Eigentümerinteresse" versteht, F i c k , Grundbegriffe 3 5 , der gar von „ h a l b subjektiven, halb objektiven Interessen" spricht, und schließlich H o p p e Z f V W 1 9 0 7 . 5 6 9 , der, mit gewiß richtigem Gefühl, als objektives Interesse den Sachwert bezeichnet. Das S e e v e r s i c h e r u n g s - R e c h t hat immer auf dem Standpunkt gestanden, daß Anm. 6 grundsätzlich das tautologisch sogenannte s u b j e k t i v e Interesse den Gegenstand der Versicherung bilde. So z. B. schon A H O 1731 II 3: „ W e r bey einem Schiffe oder Ladung weder directe noch indirecte Antheil hat, kann auch darauf keine Versicherung thun lassen, es wäre dann, daß er von einem dabey Interessirten dazu Ordre erhalten hätte", X I I I 2: „ . . . ein Assecurirter . . . soll . . . nicht nur die Verunglückung des Schiffs, sondern auch, daß er wirklich Interesse darinn gehabt . . . zu beweisen gehalten seyn" (vgl. dazu O A G Lübeck Thöls Entscheidungsgründe 354; daher auch z. B. un-

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§ 1 richtig K i s c h 3. 27, H G Z 1887. 127). W i e hier S c h l e g e l b e r g e r A n m . 2 zu § 1 A D S , H a g e n S V R 62. Anders das frühere Binnenversicherungsrecht. Hier vertrat wenigstens die Rechtsprechung einen Standpunkt, der im wesentlichen demjenigen entspricht, den die Vertreter der Lehre v o m objektiven Interesse einnehmen. D a n a c h galt nicht das Interesse als Gegenstand der Versicherung, sondern „ d i e versicherte Sache selbst" (z. B. R G 35. 54, L Z 1909. 877, Gruchot 51. 1028, A P V 1903. 150, H G Z 1887. 126, 1889. 279, 1890. 95, 240, 1894. 101, vgl. auch H G Z 1897.279, O A G K i e l S A 6 Nr. 180). Dies entspreche besser „ d e r natürlichen A n s c h a u u n g des L e b e n s " ( R G 35. 55, H G Z 1887. 127, 1889. 280; dagegen schon die frühere Rechtslehre, z. B. C o h n Versicherungsvertrag 4, D e r n b u r g P r e u ß P r i v R 5. A u f l . 2. 716, F ö r s t e r - E c c i u s P r e u ß P r i v R 7. A u f l . 2. 422, J . v. G i e r k e Versicherungsforderung 30, H e c k e r 94, L a b a n d Z H R 19. 644, L e w i s Versicherungsrecht 35, M a l s s Z H R 8. 369, 13. 418). M a n rechtfertigte damit die Auffassung, d a ß die Person des Interessenten und die A r t des Interesses beim V e r tragsschluß nicht offenbart zu werden brauchten, daher insbesondere Pfandgläubiger, Kommissionäre, Lagerhalter usw. ohne weiteres die Sache selbst versichern könnten ( L Z 1907. 440, 1909. 877, S A 22 Nr. 290, A P V 1903. 150, 1907 II 99, H G Z 1887. 127, 1889. 279), und d a ß „ d i e Versicherung ein Akzessorium des Eigentums an der versicherten Sache sei und mit letzterem auf jeden Erwerber übergehe" ( R G 5. 319). Dieser Standpunkt ist im V V G verlassen (vgl. z. B. B u r c h a r d L Z 1911. 329, C a h n 31, E h r e n b e r g Z f V W 1903.323, F i c k Grundbegriffe 21, H a g e n Z f V W 1 9 0 7 . 2 1 , K i s c h 3. 29, J. v. G i e r k e V S R I I 179). M a n hat erkannt und anerkannt, d a ß die sog. „ O b j e k t i v i e r u n g d e s I n t e r e s s e s " im G r u n d e nichts anderes ist als die B e g r e n z u n g d e r H a f t u n g d e s V e r s i c h e r e r s (wie etwa derjenigen des Frachtführers, V e r frachters usw.) n a c h o b j e k t i v e n M e r k m a l e n . D a m i t sollten a u c h die aus j e n e m Standpunkt abgeleiteten Schlußfolgerungen aufgegeben werden (vgl. unten A n m . 14). Anm. 7

5. Übrigens gebraucht der Rechtsverkehr sonst den Ausdruck Interesse auch in anderer Bedeutung, in der Bedeutung der rechtlichen Bestimmung eines Gutes für menschliche Bedürfnisse, also in der Bedeutung eines subjektiven Rechts im privatrechtlichen, eines Rechtsguts im strafrechtlichen Sinne, oder auch in der Bedeutung von Schaden (vgl. z. B. B G B §§ 122, 307, D e g e n k o l b A f c P r 76. 1) oder in der Bedeutung von Vorteil, Wert, G r u n d oder A n l a ß (vgl. z. B. B G B §§ 280, 286, 343, 486, 542, 634, 683, 745, 809, 810, 824 usw.). Diese Bedeutungen kommen für das V e r sicherungsrecht nicht in Betracht (vgl. auch oben A n m . 4).

Anm. 8

6. Die Beziehung zur Sache, das Interesse, kann von jeder beliebigen A r t sein. Das Interesse kann durch das Eigentum an der Sache vermittelt sein oder durch sonstige dingliche Rechte an der Sache (z. B. Pfandrecht, Nutzungsrecht) oder durch obligatorische Ansprüche auf die Sache (z. B. K a u f , Miete) oder durch obligatorische Ansprüche wegen der Sache (z. B. auf Fracht oder Schiffsmiete, auf Provision für die Vermittlung der Geschäfte des erwarteten Schiffes, auf Lagergeld für die Einlagerung der erwarteten Güter) oder a u c h nur durch die bloß wirtschaftlich sicher begründete Erwartung von Vorteilen aus der Sache (z. B. durch die auf Erfahrung und Ü b u n g gegründete E r w a r t u n g vorteilhafter V e r w e r t u n g oder Ausnutzung oder Behandlung des Schiffes oder der G ü t e r ) ; vgl. K i s c h 3. 6 1 ; anscheinend e n g e r A r n o u l d 281 s. 311 : the expectation of benefit to arise from some subject in w h i c h the party insuring is not actually interested, but only expects to be interested, is the mere expectation of an expectation, and is not an insurable interest (vgl. aber a u c h unten A n m . 57). Es genügt, d a ß der Versicherte stands in any legal or equitable relation to the adventure or to any insurable property at risk therein, in consequence of which he may benefit by the safety or due arrival of insurable property, or may be prejudiced by its loss, or by damage thereto, or by the detention thereof, or m a y incur liability in respect

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thereof (MIA § 5 Abs. 2). Vgl. z. B. die Fälle K i e r u l f f 3. 387 (Versicherung des von § 1 der Ankunft des Schiffes erwarteten Ewerführerlohns), H G Z 1883. 312, 1891. 24, 1892. 180, 1893. 59, 1894. 283 (Versicherung imaginären Schiffsgewinns), H G Z 1896. 309 (Versicherung des Schiffsmaklers bei begründeter Aussicht auf Kommission für Besorgung der Schiffsgeschäfte, Ausklarierungsgebühr und Provision für Frachtvermittlung), R O H G 15. 1 1 5 , H G Z 1897. 66 (Versicherung der vom Korrespondentreeder gezahlten Vorschüsse), H G B § 500 Abs. 2, R G 25. 79, H G Z 1897. 66 (Versicherung von Vorschüssen eines Mitreeders), R O H G 15. 119, HansOLG HansRGZ 1928 A 345 (Versicherung der Banken für Vorschußleistung), R G 25. 84, H G Z 1889. 263 (Versicherung von Vorschüssen durch den Vorschußempfänger, von „Vorschußlorderungen nach ihrer passiven Seite", wenn die Vorschüsse im Hinblick auf die versicherte Reise und zur Deckung regelmäßiger Schiffsausgaben aufgenommen sind; richtiger: Versicherung des aus dem Schiffsbetrieb erwarteten, zur Deckung von Ausgaben bestimmten Gewinns), H G Z 1890. 302, 1891. 252 (Versicherung der vom Reeder selbst aufgewendeten Havariegelder; gegen V o i g t 14, 496; vgl. A r n o u l d 263 s. 297 über die Versicherung von sog. disbursements), J W 1889. 257, H G Z 1889. 244 (Versicherung von Vorschüssen dritter, die in der Erwartung der Befriedigung aus den nach Ankunft des Schiffes einzunehmenden Frachten gegeben sind), R G 47. 173, H G Z 1900. 176 (Versicherung des Interesses einer Werft an der glücklichen Ankunft des Schiffes wegen ihrer Reparaturforderung), ITVMitt 1919. 48 (Versicherung des von der Ankunft der Güter erwarteten Lagerverdienstes), R G 100. 92 (Versicherung des Gewinns, den man davon erwartet, daß neue Briefmarken für Liberia ankommen und der Versicherte dadurch berechtigt wird, solche Briefmarken abstempeln zu lassen und in den Verkehr zu bringen), HansOLG Hamburg Hansa 1964. 848 (Gewinnanwartschafts- und Sacherwerbsinteresse durch Weitertransport der Waren in dritte Hand). Insbesondere sind, soweit das Interesse durch eine Forderung vermittelt wird, „nur solche Forderungen versicherbar, zu deren Deckung nach den Anschauungen des Verkehrs ein den Gefahren der See anvertrauter Gegenstand ausschließlich oder doch zunächst bestimmt ist, welche also mit diesem Gegenstand in einem besonderen Zusammenhang (als Schiffsschulden, Pfandforderungen usw.) stehen und bei welchen eine persönliche Haftung des Schuldners entweder gar nicht eintritt oder doch erst in zweiter Linie in Betracht kommt, weil der Gläubiger seine Befriedigung zunächst aus der sog. fortune de mer des Schuldners erwarten darf und nicht so sehr mit Rücksicht auf die Zahlungsfähigkeit des Schuldners im allgemeinen, als auf die ihm durch den, den Seegefahren anvertrauten, speziellen Vermögensstand gewährte Sicherheit kreditiert hat. Die Gefahr, um deren Übernahme es sich bei der Versicherung handelt, besteht mithin nicht in der Zahlungsfähigkeit des Schuldners überhaupt, sondern vielmehr in dem Verluste eines bestimmten, den Seegefahren ausgesetzten Deckungsmittels gerade für die konkrete Forderung" ( R O H G 15. 1 1 5 , H G Hamburg H H 615, H G Z 1889. 245, E h r e n b e r g 303, V o i g t 168). 7. Die Interessen sind nicht von gleicher wirtschaftlicher Bedeutung. Sie Anm. 9 sind aber von gleicher rechtlicher Bedeutung. Es ist daher unrichtig und irreführend, von einem Haupt- oder primären Interesse (Eigentümerinteresse) und anderen, sekundären Interessen zu sprechen (so z. B. M o l t 107, W e y g a n d 23). Man kann höchstens sagen, daß das Eigentümerinteresse regelmäßig wirtschaftlich das bedeutsamste Interesse (so auch J . v . G i e r k e V S R I I 182), das schutzbedürftigste Interesse und demgemäß am häufigsten versicherte Interesse ist, daß man es deshalb als Hauptinteresse bezeichnen mag und daß deshalb auch im Verkehr unter der Versicherung der „Sache" die Versicherung des Eigentümerinteresses verstanden wird (unten Anm. 33). Vgl. auch K i s c h 3. 83, der zwischen Inhaber-, Erwerbs-, Verwertungs-, Gebrauchs-, Gewinn- und Ersatzinteressen unterscheidet, eine Unterscheidung, die jedenfalls insofern

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§ 1 bedenklich ist, als sie für den im Rechtsverkehr althergebrachten und mit einem bestimmten Begriff verbundenen Ausdruck „Eigentümerinteresse" die farbloseren und deshalb verleitlichen Ausdrücke „Inhaberinteresse" usw. verwendet. Siehe dazu kritisch auch P r ö l ß Vorbem. vor § 51 V V G Anm. 1. Anm. 10 8. Alle Interessen sind, ihrem Wesen nach, selbständig (vgl. z. B. G i e r k e Versicherungsforderung 7, 30, ders. V S R I I 182, H a g e n Z f V W 1907. 24, L e n n e 68). Im übrigen verhalten sie sich zueinander verschieden. Teils sind sie einander gleichgültig (neutrale Interessen). Teils reagieren sie aufeinander (feindliche Interessen). Eigentümer und Pfandgläubiger können z. B. unbekümmert umeinander ihre Interessen versichern. (Uber Erlöschen der Versicherung des Pfandgläubigerinteresses beim Wegfall des Pfandrechts vgl. R G 104. 409 = H R Z 1923. 21). Insbesondere hat der Eigentümer dasselbe Interesse, wenn die Sache pfandbelastet ist, wie wenn sie es nicht ist (Prot. 3019, G e r h a r d 348, H a g e n Z f V W 1907. 24, Lenne 67, P r ö l ß Vorbem. 1 B vor § 51 V V G , J . v. G i e r k e V S R I I 182 und Z H R 79. 374, M o l t 10, W e y g a n d 21, R G 8 3 . 169, R G H G Z 1891.255; OAG Lübeck W u n d e r l i c h i . 3 3 5 ; a b w . E h r e n b e r g 312, Weiß 20; unrichtig auch H a g e n s H R Z 1919. 55: Das Eigentümerinteresse werde durch das Bestehen eines Pfandrechts beeinträchtigt, — daß das Eigentumsrecht durch das Pfandrecht beschränkt wird, ist für das Wesen und den Umfang des Interesses ebenso bedeutungslos wie die Tatsache, daß es regelmäßig unzweckmäßig, Prämienverschwendung ist, wenn Eigentümer sowohl wie Pfandgläubiger versichern). Anders schon, wenn hinter dem Pfandrecht keine persönliche Haftung steht (vgl. R G 83. 166, P r ö l ß Anm. 1 B vor § 51 V V G , anders J . v. G i e r k e V S R II 180). Soweit das Schiff für eine Bodmereiforderung haftet, hat der Reeder kein Eigentümerinteresse. Verläuft die Unternehmung glücklich, muß er die Bodmereischuld bezahlen. Verläuft sie unglücklich, ist er frei. Die Interessen des Eigentümers und des Bodmereigläubigers sind einander feindlich. Das erstere wird um das letztere geschmälert ( R G 7. 13, R G H G Z 1891. 254) oder doch verändert, nämlich in einen Schwebezustand gebracht. Der einfachste Beispielfall der Interessenschmälerung ist der Fall nur teilweiser Rechtszuständigkeit. Steht die versicherte Sache mehreren nach Bruchteilen zu, so steht ihnen auch das Interesse nach Bruchteilen zu, schmälern sich die mehreren Interessen gegenseitig bruchteilweise. Das Interesse kann aber auch in anderer Weise geteilt sein. So in dem oben angeführten Falle der Belastung des Schiffes mit einer Bodmereischuld. Stößt das versicherte Schiff mit einem anderen Schiffe zusammen, so fällt, soweit die Schadenshaftung reicht, das versicherte Interesse weg (so richtig die im übrigen bedenkliche Entscheidung R G 83. 168, vgl. § 28 Anm.). Das Interesse des Eigentümers und dasjenige des Kollisionsgläubigers sind einander feindlich. Das Interesse des Eigentümers wird durch dasjenige des Kollisionsgläubigers geschmälert oder doch verändert, nämlich in einen Schwebezustand gebracht, durch den Wegfall der Haftung bedingt. Zahlt der Eigentümer die Kollisionsschuld (im Falle der Verbodmung die Bodmereischuld), so fällt die Haftung, fällt die Bedingung weg. Das volle Eigentümerinteresse tritt wieder hervor. Geht das Schiff nunmehr total verloren, so kann der Versicherungsnehmer nach Totalverlust-Grundsätzen die Versicherungssumme verlangen. — Wenn Verkäufer und Käufer eines Schiffes vereinbaren, daß ein Teil des Kaufpreises nicht bezahlt zu werden braucht, falls das Schiff binnen drei Monaten nach dem Verkauf verlorengeht, hat der Verkäufer insoweit noch ein Interesse am Schiff; das Interesse des Käufers ist um ebensoviel geschmälert (Reed v. C o l e 1764 bei A r n o u l d 309 s. 339; vgl. jedoch auch Hobbs v. Hannam bei A r n o u l d 328s. 361). — Wenn der Eigentümer die Sache v e r k a u f t und ü b e r g e b e n hat, hat der Käufer ein Eigentümerinteresse. Aber der Kauf kann gegebenenfalls rückgängig gemacht werden oder sich als nichtig herausstellen. Dann würde ein Schaden den Verkäufer treffen. Deshalb hat auch der

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Verkäufer noch eine Beziehung zur Sache, ein Interesse, das dasjenige des Käufers § 1 schmälert (wenn auch in anderer Weise, als im Falle der Verbodmung usw.). Nach englisch-amerikanischen und romanischen Rechten (Sale of Goods Act 1893 §§ 20, 32, C. civil Art. 1 1 3 8 , 1583, 1585, C. de com. Art. 100, niederländ. B G B Art. 95—97 usw.) geht das Eigentum an der gekauften Sache regelmäßig mit dem Vertragsschluß, beim K a u f einer Gattungssache spätestens mit der Ubergabe, insbesondere der Übergabe an den Beförderer über. Der K ä u f e r hat von diesem Zeitpunkt an das Eigentümerinteresse. Aber der Verkäufer hat nach diesem Zeitpunkt auch noch eine Beziehung zur Sache, ein Interesse. Denn ehe der Kaufpreis nicht gezahlt und Rückgängigmachung des Kaufs nicht mehr zu besorgen ist, hat er keine Ruhe. Wäre dieses, sein Interesse unversichert, so würde er, wenn die Sache von einem Unfall betroffen würde und der Käufer den K a u f rückgängigmachen dürfte und rückgängigmachen würde, oder der Verkäufer von seinem right of stoppage in transitu Gebrauch zu machen Anlaß hätte, den Schaden selbst tragen müssen. Nach §§ 446, 447 B G B geht mit der Übergabe der Kaufsache an den Käufer oder den Beförderer (noch nicht das Eigentum, wohl aber) die Gefahr über. Der K ä u f e r hat von diesem Zeitpunkt an das E i g e n t ü m e r i n t e r e s s e (Prot. 3058, 3 1 1 8 , 3564, 3637, 3640, H a g e n s H R Z 1919. 52, 54, L e o H R Z 1918. 379, M ö l l e r Cif-Geschäft und Versicherung, 1932. 1 8 1 , S c h l e g e l b e r g e r S V R Anm. 3 zu § 1 A D S , H a n s O L G H a n s R G Z 1930 B 435 = Sasse Nr. 406, K G J R P V 1933. 172 = Sasse Nr. 428, R O H G 14. 130, R G 74. 126, R G H G Z 1891. 1 1 9 , H G Z 1890. 267, O L G Dresden S A 22 Nr. 290). Denn das Eigentümerinteresse ist nur eine kurze Bezeichnung für das gewöhnliche Interesse eines Eigentümers und für die Interessen, die ihm gleichen, für das Interesse, wie es unter gewöhnlichen Umständen ein Eigentümer hat. Allerdings muß der Käufer die Gefahr auch wirklich tragen ( M ö l l e r a. a. O., S c h l e g e l b e r g e r a. a. O.) Der V e r k ä u f e r hat aber a u c h n o c h eine Beziehung zur Sache, ein I n t e r e s s e (insoweit ungenau R O H G 14. 1 3 0 ; auch sonst, z. B. von C a h n nicht genügend berücksichtigt; vgl. R G 1 1 8 . 254 = J R P V 1928. 1 1 9 ) , denn der K a u f kann sich vielleicht als nichtig herausstellen oder rückgängig gemacht werden (s. auch H a n s O L G H a n s R G Z 1939 B 89 = Sasse Nr. 4 5 1 ; vgl. kritisch M ö l l e r , Cif-Geschäft und Versicherung i58f.). Dann fällt der Schaden dem Verkäufer zur Last. O b das Gesetz (wie in England usw.) das Eigentum (und damit zugleich die Gefahr) mit der Abladung auf den Käufer übergehen läßt, oder ob es (wie in Deutschland) nur die Gefahr mit der Abladung übergehen läßt, muß natürlich für die Frage nach dem Interesse ohne Bedeutung sein (unrichtig also R G 23. 86: das Interesse des Verkäufers bleibe trotz Gefahrübergangs „qualitativ dasselbe"; richtig dagegen: R O H G 14. 132). Man mag in solchen Fällen schwebender Interessen von einem „aktuellen", „prinzipalen", „zweifellosen", „unbedingten" oder „gewissen" Interesse des Käufers, von einem eventuellen, zweifelhaften, bedingten oder ungewissen des Verkäufers sprechen (so mit Recht R O H G 14. 132 u. R G 13. 99, H a g e n s H R Z 1919. 49, S i e v e k i n g 7, 1 5 ; vgl. auch R G 23. 85, H G Z 1888. 244, 1893. 257, L G Hamburg H G Z 1898. 122). Viel ist mit solchen Kunstausdrücken nicht gewonnen, viel dagegen verloren, wenn sie zum Angelpunkt gewagter Konstruktionen gemacht werden. Es bleibt lediglich bei dem, was M I A § 7 Abs. 1 ausdrücklich ausspricht: Auch schwebende Interessen sind versicherbar, a defeasible interest is unsurable, as also is a contingent interest. M a n denke dabei insbesondere an die Fälle einer Veräußerung der Sache unter aufschiebender oder auflösender Bedingung, mit Rücktritts-, Rückkaufs- oder Vorkaufsrecht oder ähnliches und den dadurch herbeigeführten Schwebezustand (vgl. auch K i s c h 3. 90, der jedoch infolge der Einführung der ungeläufigen Ausdrücke und Begriffe „Inhaberinteresse" und„Sacherwerbsinteresse" zu Mißverständnissen Anlaß gibt, aucha. a. O. 3. 99).

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§ 1 9. D e m Wesen des Versicherungsvertrags widerstrebt es nicht, fremde Interessen, A n m . 11 die Interessen eines anderen zu versichern. Dies darf freilich nicht so geschehen, d a ß dem Versicherungsnehmer im Versicherungsfall eine Entschädigung zu zahlen ist, die nicht z u m Ausgleich des Schadens bestimmt ist. Das wäre Wettassekuranz. W o h l aber so, d a ß der Interessent, der versichert sein soll, unmittelbar den Entschädigungsanspruch erhält (gewöhnliche Versicherung für fremde R e c h n u n g ) , oder so, d a ß z w a r der Interessent nicht unmittelbar den Entschädigungsanspruch erhält, der Versicherungsnehmer aber, nach seinem Verhältnis z u m Interessenten diesem die Entschädigung z u r Ausgleichung des Schadens herausgeben m u ß (s. H a n s O L G H a m b u r g Hansa 1964. 848 zu der Frage, ob es möglich ist, durch entsprechende Ausgestaltung des Vertrages d e m Versicherten das R e c h t zu verleihen, seinerseits und an seiner Stelle einen anderen Interesseträger als Versicherten z u bestimmen). A b e r es versteht sich von selbst, d a ß der Versicherer im allgemeinen wissen m u ß , ob eigenes oder fremdes Interesse auf d e m Spiele steht, ob die Beziehung zur Sache v o m Versicherungsnehmer oder (auch) von einem anderen gepflegt wird. Deshalb müssen die Parteien darüber einig sein, ob eigenes oder f r e m d e s Interesse versichert sein soll, und soll, wenn sie sich darüber nicht aussprechen, es ohne weiteres so angesehen werden, wie w e n n sie darüber einig wären, d a ß das Interesse des Versicherungsnehmers versichert sein soll (§ 52 A b s . 1). N i c h t als ob, w e n n ein fremdes Interesse versichert werden soll, g e r a d e a u s d r ü c k l i c h „ f ü r fremde R e c h n u n g " versichert werden müßte. Es genügt, d a ß man „ n a c h dem aus der Berücksichtigung aller vorhandenen und v o m Versicherer gewußten Umstände geschöpften I n h a l t " des Vertrags darüber einig ist, daß ein fremdes Interesse versichert sein soll ( R G H G Z 1891. 251). U n d wiederum nicht, als ob solche Einigkeit z u m Wesen des Versicherungsvertrags gehörte. Der V e r s i c h e r e r k a n n darauf v e r z i c h t e n , z u e r f a h r e n , o b e i g e n e s o d e r f r e m d e s I n t e r e s s e versichert werden soll. Es kann dies „unbestimmt gelassen" werden (§ 52 Abs. 3). A b e r die Parteien müssen eben dann doch wenigstens h i e r ü b e r e i n i g sein. Siehe R G 104. 409 = H R Z 1923. 21 über Unverbindlichkeit der Versicherung für fremde R e c h n u n g , w e n n der Versicherte zur Eingehung der Versicherung keinen A u f t r a g g a b ; eine nachträgliche G e n e h m i g u n g ist bedeutungslos. A n m . 12

A n m . 13

Ebensowenig steht etwas entgegen, d a ß die V e r s i c h e r u n g e i n e s e i g e n e n u n d d i e e i n e s f r e m d e n I n t e r e s s e s durch einen und denselben V e r t r a g gedeckt werden. A b e r natürlich m u ß v e r e i n b a r t werden, d a ß a u c h das fremde Interesse mitversichert sein soll; sonst „ g i l t die Versicherung als für R e c h n u n g des Versicherungsnehmers g e n o m m e n " (§ 52 Abs. 1), also nur als Versicherung des eigenen Interesses.

10. Diese klare, von R O H G 14. 122 und der Vorinstanz richtig erkannte Rechtslage ist v o m R G bedenklich verwirrt worden (vgl. insbesondere R G 13. 99, 23. 81, 89. 34, 68, ferner R G 26. 217, 84. 410, H G Z 1888. 241, 1893. 253, 1916. 147, 269, 1917. 6, L G H a m b u r g H G Z 1898. 121, H a n s O L G H a n s R G Z 1929 B 35 = Sasse Nr. 392, s. a u c h R G 118. 54; richtig dagegen z. B. R G H G Z 1919. 16 und für den Fall der Stundung des Kaufpreises H a n s O L G H a n s R G Z 1939 B 89 = Sasse Nr. 451. W i e hier auch S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. I 3 zu § 1 A D S ) . A n m . 14 Das R G hat dem Verkäufer trotz Gefahrübergangs die Versicherung des gewöhnlichen Eigentümerinteresses für e i g e n e R e c h n u n g gestattet. Es würde damit, trotz aller V e r w a h r u n g gegen die Zulässigkeit der Versicherung des objektiven Interesses ( R G 89. 37), der „objektiven A n s c h a u u n g " und „ d e r Versicherbarkeit des objektiven Interesses Bahn g e b r o c h e n " haben (wie der Verfasser der Entscheidungen R G 89. 34, 68 in H R Z 1919. 55 selbst hervorhebt), — w e n n nur nicht der Begriff des „ o b j e k t i v e n Interesses" ein Widerspruch in sich selbst wäre (oben A n m . 5). Der Verkäufer soll sein eigenes (eventuelles) Interesse und das fremde (aktuelle) Interesse des Käufers durch eine

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Versicherung für eigene Rechnung decken können. Das ist ein Widersinn, dessen sich § 1 keine Rechtsordnung schuldig machen kann und wird, die auf die Unterscheidung der Versicherung für eigene Rechnung von der Versicherung für fremde Rechnung Wert legt (zustimmend M ö l l e r Cifgeschäft und Versicherung 163). Denn die Versicherung für eigene Rechnung ist die Versicherung eigenen Interesses und kann daher begriffsnotwendig keine Versicherung fremder Interessen sein. Deshalb fehlt es auch der „objektiven" Anschauung des R G an nicht weniger als jeder Art von juristischer Begründung. M a n hat dafür nur vorbringen können, daß das Eigentümerinteresse „in mehrfacher Hinsicht als formalisiert und objektiviert erscheine, indem dabei von den besonderen konkreten Beziehungen und Interessen des Versicherten abstrahiert" werde, so z. B. bei der Bestimmung des Versicherungswerts, der Versicherungssumme, der anteiligen Haftung für Beiträge, Aufopferungen und Kosten bei der Teilversicherung, der Haftung im Falle des Totalverlustes, der Zulassung eines Abzugs im Falle einer Rettung, des Ubergangs von Rechten auf den Versicherer, des Abandons usw. ( H a g e n s H R Z 1 9 1 g . 53), — kurz bei der gesamten Regelung des Seeversicherungs-Rechts. Von alledem ist nichts richtig. Die angeführten Vorschriften des Seeversicherungs-Rechts haben mit der „Formalisierung und Objektivierung" des Eigentümerinteresses (das Schlagwort findet sich übrigens schon z. B. bei H e c k e r 55), mit der „Abstrahierung von den konkreten Beziehungen und Interessen des Versicherten" nicht das geringste zu tun, sondern entspringen reineren und klareren Quellen. Richtiger wäre gewesen, das R G hätte sich vergegenwärtigt, daß die Vorschriften des V V G über die Veräußerung der versicherten Sache und über das Verhältnis der Eigenversicherung zur Fremdversicherung vom Standpunkt der „Objektivierung und Formalisierung" des Interesses aus ebenso unbegreiflich sind wie die Vorschriften des B G B über die Wirkungen der Versicherung zugunsten des Hypothekengläubigers und des Nießbrauchers ( K i s c h 3. 50 und J e h J 63. 377, 388, 394). Das R G nimmt in Anspruch, daß seine Lösung „einfach und klar", seine „einfache Konstruktion" in besonderem Maße „praktisch" sei. Daß es nicht einfach und nicht klar ist, wenn man eine Eigenversicherung in eine Fremdversicherung umkonstruiert, bedarf keiner Ausführung. Dem Urheber des V V G (und erst recht dem des H G B ) haben solche Konstruktionen fern gelegen: Bei der Eigenversicherung ist, „wenn der Versicherungsnehmer ein eigenes Interesse nicht nachzuweisen vermag, der Versicherer zur Zahlung nicht verpflichtet" (Begr. z. V V G § 80). Wie praktisch die Lösung ist, hat man sich offenbar nicht klar gemacht. Die Rechte aus dem Vertrag würden nach der „einfachen Konstruktion" das R G dem Verkäufer zustehen, in seine Konkursmasse fallen. E r allein könnte, ob im Besitz der Police oder nicht, über die Rechte verfügen. Der Versicherer könnte, auch nach Übergang der Rechte auf den Käufer, mit allen Forderungen gegen den Versicherungsnehmer aufrechnen. Für die vorvertragliche Anzeigepflicht und für alle sonstigen Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag, insbesondere für die Schadenverhütungs- und die Schadenabwendungs-Pflicht, käme die Person des Käufers, solange dieser nicht die Güter und mit ihnen die Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag erworben hat, nicht in Betracht. Hat auch der Käufer Versicherung genommen, so würde wohl gar angenommen werden müssen, daß keine Doppelversicherung vorliegt, weil doch jede Versicherung eine Versicherung für eigene Rechnung ist und mithin ein eigenes Interesse deckt, — wenn das Reichsgericht nicht die Versicherung des eigenen Interesses zu einer Versicherung (auch) des fremden Interesses umgewendet hätte (vgl. hierzu S i e v e k i n g 7, der annimmt, daß nach dem Eigentumsübergang auf den Käufer „ f ü r den K ä u f e r eine Doppelversicherung entstehe", und der Käufer „alsdann gemäß § 788 H G B berechtigt sei, Herabsetzung der Versicherungssumme zu verlangen", aber auch, kaum damit verein-

62 § 1

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bar, daß „eine der beiden Versicherungen wegen Fehlens eines versicherbaren Interesses sich als ungültig herausstellen müsse"). I m Versicherungsfall würden nur die Rechte und Ersatzansprüche des Verkäufers, nicht auch die des Käufers auf den Versicherer übergehen, unter jenen Ersatzansprüchen aber wohl auch die Kaufpreisforderung gegen den Käufer (was auch R G 23. 86 annimmt: „ A u c h bei einem Verkauf bleibt der Gegenstand der Versicherung für den Verkäufer . . . qualitativ derselbe und tritt durch den Verkauf nur noch der . . . Anspruch an den K ä u f e r diesem Interesse hinzu, was nach Art. 808, 826 A D H G B ( = §§ 804, 822 H G B ) . . . nur zur Folge haben kann, daß der Versicherer nach Vergütung des Schadens in die Rechte des Versicherten eintritt"; ähnlich H G Z 1888. 245; widerspruchsvoll H G Z 1893. 258: Der Verkäufer müsse den Entschädigungsanspruch an den K ä u f e r abtreten, und ebendort 259: Vielleicht sei zuzugestehen, daß der Versicherer Abtretung der Kaufpreisforderung verlangen könne). So sieht die „praktische Lösung" des R G aus. Vgl. ferner insbesondere W e y g a n d 29, 102, 1 1 0 . Das R G war auf seinen Irrtum nachdrücklich hingewiesen (vgl. insbesondere K i s c h J e h J 63. 361). Es hat die schweren rechtlichen und rechtspolitischen Bedenken, die sich gegen seine Auffassung richten, kurz abgetan: Es wolle „einer unzulässigen Versicherung des objektiven Interesses den Weg nicht eröffnen" ( R G 89. 37). Daß sich Wort und Wille des Gesetzes decken, daß man schon 1859 gefürchtet hat, die Rechtsprechung könne noch einmal auf Abwege geraten, und deshalb die Zugänge zu ihnen mühsam verbaut hat, macht keinen Eindruck. Damals schon rangen die Lehre vom sog. objektiven Interesse und die hier vertretene Anschauung um die Oberhand, und — die erstere unterlag. „ M a n könne (heißt es Prot. 3658) von der Voraussetzung ausgehen, daß sich der Versicherer verpflichtet habe, denjenigen zu entschädigen, welcher das versicherte Interesse als das seinige d a r t u n werde, und daß er diese Verpflichtung als eine unbedingte dem Nehmer gegenüber übernommen habe, sodaß er zahlen müsse, sobald jene Person auftrete und . . . die Genehmigung . . . des Nehmers erweise . . . Es stehe ihr aber eine a n d e r e entgegen. Sie beruhe auf der Unterstellung, daß die Versicherung für fremde Rechnung ohne Benennung des Versicherten nur wirksam sei, wenn der Nehmer das Interesse einer bestimmten Person . . . zu sichern bezwecke, daß dagegen ein Vertrag k e i n e r e c h t l i c h e G e l t u n g habe, durch welchen der Nehmer ohne alle Rücksicht auf die Person des Betheiligten n u r d a s o b j e k t i v e I n t e r e s s e unter Versicherung zu bringen beabsichtige, um es d e r Z u k u n f t z u ü b e r l a s s e n , w e r s p ä t e r a l s d e r B e t h e i l i g t e s i c h h e r a u s s t e l l e n w e r d e . Diese zweite Anschauung . . . werde . . . im Norden Deutschlands . . . zur alleinigen Richtschnur genommen. Es erkläre sich dies aus dem Bestreben der Versicherer, die wichtige Anzeigepflicht nicht auf die Person des Nehmers beschränkt zu sehen. Die . . . Beschlüsse der Versammlung beruhten auf der A n e r k e n n u n g d i e s e s z w e i t e n . . . P r i n z i p s . Das letztere führe aber notwendig dahin, daß . . . derjenige, welcher den Ersatz des Schadens beanspruche, den Nachweis führen müsse, daß er der Versicherte oder diejenige Person sei, deren Rechte der Nehmer habe wahrnehmen wollen". Gegenüber dem Versuch der Verwässerung des Interessebegriffs wurde ausgeführt, es dürfe nicht „eine der wichtigsten Fragen des Assekuranzrechts im Gesetze unentschieden bleiben, die Frage nämlich, ob es dem Versicherungsnehmer gestattet sein solle, auch o h n e eine desfallsige a u s d r ü c k l i c h e V e r a b r e d u n g mit dem Assekuradeur V e r s i c h e r u n g f ü r r e i n o b j e k t i v e I n t e r e s s e n zu nehmen. . . . V o r allem sei in Betracht zu ziehen, daß der Versicherungsnehmer, wenn er befugt wäre, ohne nähere desfallsige Abrede f ü r g a n z u n b e s t i m m t e P e r s o n e n und vielleicht auch f ü r u n b e s t i m m t e I n t e r e s s e n Versicherung zu nehmen . . ., eine S p e k u l a t i o n w ü r d e m a c h e n k ö n n e n , welche mit den Grundsätzen des bürgerlichen Rechtes nicht im

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Einklang zu stehen und auch im Verkehre nicht als zu Recht bestehend anerkannt § 1 zu werden scheine, wenn auch vielleicht in vielen Fällen die Versicherung unter der Klausel „ f ü r Rechnung, wen es angeht" schließlich zu einem ähnlichen Resultate führen könnte, wie eine Versicherung der in Rede stehenden Art. Keine Gesetzgebung habe dergleichen Versicherungen bisher ausdrücklich anerkannt, und kein Schriftsteller von Bedeutung sich für dieselben ausgesprochen . . . Eine andere Auffassung erscheine auch p r a k t i s c h ä u ß e r s t b e d e n k l i c h . Eine Versicherung der in Rede stehenden Art würde ein V e r t r a g m i t e i n e r p e r s o n a i n c e r t a , ein Kontrakt ohne Kontrahenten sein, und es wäre nicht abzusehen, wen die A n z e i g e p f l i c h t in solchen Fällen treffen solle; auch würde sie mit den Beschlüssen der Versammlung über den Abschluß der Versicherungen für fremde Rechnung n i c h t i m E i n k l a n g stehen. Ferner würde . . . die Frage, was bezüglich allenfallsiger V e r s c h u l d u n g e n d e s V e r s i c h e r t e n und dgl. Rechtens sein solle, zu großen Verwicklungen führen. Es erscheine auch der Einwand, daß der Versicherer . . . nicht immer darauf rechnen könne, daß ihm nur der ursprüngliche Versicherte gegenüber stehe, nachdem die Übertragung der Versicherung bewilligt worden sei, nicht als begründet, denn bei einer Übertragung der Versicherung müßten die Anzeigepflicht und die aus dem Verschulden des Versicherten usw. herrührenden Rechtsverhältnisse fortwährend nach der Person des ersten Versicherten beurteilt werden. . . . W o l l e der Versicherer sich in der Weise verpflichten . . ., daß derjenige der Versicherte sein solle, welcher den Schaden leiden werde, so sei nichts dagegen zu erinnern . . . " . Aber die „fraglichen Versicherungen seien im Verkehre e n t b e h r l i c h und die Versicherer darauf sich einzulassen bis jetzt gänzlich abgeneigt". Nach Erwiderungen des Vertreters der reichsgerichtlichen Auffassung wurde diese mit 8 gegen 2 Stimmen a b g e l e h n t . Man hat sich endlich auf d a s e n g l i s c h e R e c h t berufen. Z w a r nicht dafür, daß eigene und fremde Interessen durch eine Versicherung für eigene Rechnung gedeckt werden können, sondern nur dafür, daß — der „Verkäufer, solange das Eigentum nicht übergegangen ist, ein insurable interest" hat ( H a g e n s H R Z 1919. 56), was niemand bestreitet; der Verkäufer kann es sogar noch nach dem Eigentumsübergang haben. Der Standpunkt des englischen Rechts ist jedoch in der T a t ein anderer als der des deutschen Rechts (so übrigens z. B. schon N i z z e N A f H R 1. 417). Aber dieser Unterschied kann natürlich nicht darin bestehen, daß das englische Recht schlechtweg die Fremdversicherung unter der Maske der Eigenversicherung zuließe. Das deutsche Recht hat an dem Grundsatz festgehalten, daß „jedes versicherbare Interesse einen besonderen Vertragsgegenstand bildet", „der Versicherer über das Interesse, dessen Sicherstellung beabsichtigt wird, in Gewißheit gebracht werden m u ß " (Prot. 3054, 3 1 1 1 , 3 1 3 1 , 3 6 1 7 , 3630, 4 2 3 1 , L e w i s Versicherungsrecht 45, 47, R O H G 14. 133). D a s I n t e r e s s e m u ß r i c h t i g , d. h. so b e z e i c h n e t w e r d e n , daß der Versicherer erkennen kann, um welche Beziehung zur Sache es sich handelt, sonst ist „die Versicherung für den Versicherer nicht verbindlich" (§ 1 Abs. 3). Daß der Versicherer auch das richtige Interesse gedeckt haben würde, ist ohne Bedeutung ( R O H G 20. 1 3 1 ) . Erst die Einigung über das Interesse setzt die Parteien, insbesondere den Versicherer, in den Stand, die Größe der Gefahr richtig zu schätzen und danach die Prämie zuverlässig zu bemessen. Die P a r t e i e n k ö n n e n zwar auch von einer Einigung über das Interesse absehen und es der Aufhellung im Versicherungsfall überlassen, welches Interesse auf dem Spiele gestanden hat. Aber das bedarf dann eben besonderer V e r e i n b a r u n g (§ 120: Versicherung „ f ü r behaltene Ankunft" oder „ f ü r behaltene F a h r t " , sog. V e r s i c h e r u n g u n b e n a n n t e r I n t e r e s s e n , auch kurz „ I n t e r e s s e n V e r s i c h e r u n g " genannt). Anders das englische Recht, das, überdies mißverstanden, vom R G an die Stelle des deutschen Rechtes gesetzt wird. Allerdings:

64 § 1

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T h e subject-matter insured must be designated in a marine policy with reasonable certainty ( M I A § 26 Abs. 1). Aber nur the subject-matter. The nature and extent of the interest of the assured in the subject-matter insured need not be specified in the policy ( M I A § 26 Abs. 2). Der Pfandgläubiger kann „das S c h i f f " versichern (Irving v. Richardson 1831 bei A r n o u l d 270 s. 302), der Mitreeder „die F r a c h t " (Rising v. Burnett 1798 bei A r n o u l d aaO), der nur zu 7/io a n den Gütern Beteiligte „die Güter" (Carruthers v. Shedden 1 8 1 5 bei A r n o u l d 271 s. 303), der Spediteur „ d i e G ü t e r " (Crowley v. Cohen 1832 bei A r n o u l d 270 s. 302), j a sogar der Versicherer „die G ü t e r " (Mackenzie v. Whitworth 1875 bei A r n o u l d 270 s. 302). Where the policy designates the subject-matter insured in general terms, it shall be construed to apply to the interest intended by the assured to be covered ( M I A § 26 Abs. 3). Den sich daraus ergebenden Bedenken hat man sich nicht verschlossen. Regard shall be had to any usage regulating the designation of the subject-matter insured ( M I A § 26 Abs. 4). Nach solchem Handelsgebrauch müssen z. B. respondentia und bottomry loans besonders angegeben werden ( A r n o u l d 260 s. 294, 3 1 6 s. 346). Auch sonst scheint man es seit längerem mit der Bezeichnung des Interesses ernster zu nehmen. Als eine Lagerhausgesellschaft Güter „gegen Totalverlust, wenn das Schiff, gleichviel aus welchem Grunde, den in der Police genannten Bestimmungsort nicht erreicht", versichert hatte, um gegen den Verlust des von der Ankunft der Güter erwarteten Verdienstes gedeckt zu sein, wurde die Klage auf Entschädigung abgewiesen, weil, „ w e n n der Versicherte ein besonderes und ungewöhnliches Risiko im Sinne hatte, das er kannte, der Versicherer aber nicht, das Risiko nicht dadurch gedeckt wird, daß die Police allgemeine Bestimmungen enthält, die an sich weitreichend genug sind, um j e nach der Auslegung das betreffende Risiko decken zu können" ( I T V M i t t 1919. 48). Aber gleichwohl: I n der Regel genügt die allgemeine Bezeichnung des Gegenstandes, um alle Interessen zu decken, die auf den Gegenstand Bezug haben, und die der Versicherungsnehmer gedeckt wissen wollte. Dazu kommt ein zweites. Lloyd's Police bestimmt seit Alters: BE I T K N O W N , that J o h n Bull as well in his own name as for and in the name and names of all and every other person or persons to whom the same (der versicherte Gegenstand) doth, may, or shall appertain, in part or in all doth make assurance and cause himself and them, and every of them, to be insured . . . ( M I A Schedule 1). M a n hat sich daran gewöhnt, die Versicherung im Zweifel als Versicherung für Rechnung, wen es angeht, anzusehen, und bekennt sich mithin zu einem Grundsatz, der demjenigen des deutschen Rechts (§ 52 Abs. 1) gerade entgegengesetzt ist. Voraussetzung ist nur, daß die Police enthält the name of the assured, or of some person who effects the insurance on his behalf ( M I A § 23). Auch a mortgagee, consignee, or other person having an interest in the subject-matter insured may insure on behalf and for the benefit of other persons interested as well as for his own benefit ( M I A § 14 Abs. 2 ; vgl. auch § 52 Anm.). Das englische Recht (vgl. auch H a n s O L G Hamburg Sasse Nr. 465) steht auf einem ähnlichen Standpunkt wie das frühere deutsche Binnenversicherungsrecht, nach dem („im Gegensatz zum Seeversicherungsrecht") die Sache selbst als versichert angesehen wurde (z. B. R G 3 5 . 4 8 : Die Feuerversicherung des Lagerhalters deckt ohne weiteres das Eigentümerinteresse des Kunden, O L G Hamburg L Z 1909. 877, sehr weitgehend: Einbruchsversicherung deckt auch das Eigentümerinteresse des Hinterlegers), wenngleich man sich nicht verhehlte: there is a distinction between the subject insured and the subject-matter of insurance (Rayner v. Preston 1881 bei C h a l m e r s 6). Diese Grundsätze des englischen Rechts hat das R G auf das deutsche Recht, obwohl dieses sie ausdrücklich ablehnt, aufgepfropft. Es hat auch dabei noch fehlgegriffen. Denn der Gedanke ist natürlich auch dem englischen Rechte unbekannt,

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daß eine ausdrücklich für eigene Rechnung genommene Versicherung, also die ausdrückliche Versicherung eines eigenen Interesses, ein fremdes Interesse deckt. Der Pfandgläubiger kann für eigene Rechnung „die G ü t e r " versichern. Aber gedeckt ist dann nur das durch sein Pfandrecht vermittelte Interesse (Irving v. Richardson 1831 bei A r n o u l d 270 s. 302). A party who has only a special interest in goods may recover on a general insurance, aber nur in respect of that interest (Palmer v. Pratt 1824 bei A r n o u l d 271 s. 303). Eine Versicherung nur des Eigeninteresses deckt kein Fremdinteresse. Die Versicherung des beim Verkäufer gebliebenen, rudimentären Eigentümerinteresses deckt nicht ohne weiteres das Interesse des Käufers. Freilich ist die Frage von keiner großen Bedeutung, weil j a nach Lloyd's Police die Versicherung als für Rechnung, wen es angeht, genommen gilt. Wenn der Verkäufer die Güter versichert, und das ganze, zwischen ihm und dem K ä u f e r geteilte, Eigentümerinteresse gedeckt wissen will, ist auch das Interesse des Käufers versichert. Der Gegenstand wird daher auch im wesentlichen vom Gesichtspunkt der Interessenzuständigkeit behandelt. Dabei ist daran zu erinnern, daß das englische Recht Eigentum und Gefahrübergang an den Kaufabschluß, bei Gattungssachen an die Verschiffung knüpft, wenn nichts anderes vereinbart ist. Therefore, in general, if under a contract of sale the property in sea-borne goods does not vest in the buyer until arrival, he has no insurable interest in them during the transit. If, however, by the contract, the goods are to be at his risk during the voyage, he has an insurable interest in them during the same. Similarly, the parties may agree that the property in goods shall vest in the buyer at the time of shipment; but that the goods shall be at the seller's risk during the transit, or that the price shall not be paid unless they arrive safely. Obviously the seller has an insurable interest in this case ( A r n o u l d 3 1 0 f . S. 340). It would be contrary to the principles on which an insurable interest depends if a seller who had parted with the property and possession could insure the goods ( A r n o u l d 3 1 4 s. 343). Das Gesetz selbst hebt hervor: Where the buyer of goods has insured them, he has an insurable interest, notwithstanding that he might, at his election, have rejected the goods, or have treated them as at the seller's risk, by reason of the latter's delay in making delivery or otherwise ( M I A § 7 Abs. 2). Der Käufer, der die Gefahr trägt, hat ein versicherbares Interesse, obgleich er den K a u f rückgängigmachen kann. He has an actual interest, defeasible only at his own option. Suppose A buys by sample, to be shipped from abroad, and insures them. Goods which are inferior to sample are shipped, and then partially sea-damaged on the voyage. A may accept the goods, and claim on the policy. If A rejects the goods, presumably he could not claim on the policy; but could he assign the policy to the seller, and then reject to goods? Probably not; but various complications may be suggested which still wait decision ( C h a l m e r s 15). M a n hat dem R G vorgeworfen, daß es die Versicherung für Rechnung, wen es angeht, (richtiger: die Versicherung für fremde Rechnung) überflüssig mache ( C h r i s t o p h H G Z 1 9 1 7 . 149). In der Hauptsache mit Recht. H a g e n s ( H R Z 1919. 56) wendet ein, daß doch die laufende Police die Aufgabe sowohl eigener wie fremder Interessen gestatte (die Versicherung für fremde Rechnung also doch noch einen gewissen Nutzen habe). Aber nach seiner Ansicht können j a mit eigenen auch fremde Interessen als eigene deklariert werden, und reine Fremdversicherungen sind selten. H a g e n s glaubt schließlich, daß die Fremdversicherung von Nutzen sei wegen der „Möglichkeit, daß im voraus abzuladende Waren versichert werden, bei denen noch nicht feststeht, ob nicht schon bei der Abladung das Eigentumsinteresse des Verkäufers infolge endgültiger Bezahlung oder Eigentumsübertragung gänzlich erloschen sein w i r d " . Diese „Möglichkeit" ist wenig wahrscheinlich. Jedenfalls aber bedarf es der Fremdversicherung nicht. Der Verkäufer nimmt Eigenversicherung und läßt nach den Vorschriften über 5

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

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Unschätzbare Interessen

§ 1 die Veräußerung versicherter Sachen die Versicherung auf den Käufer übergehen (§ 41 Anm.). Nun wäre es freilich schlimm, wenn der die Gefahr tragende Käufer sein Eigentümerinteresse, der Verkäufer seinen Interessenrest, wenn der Cif-Verkäufer zum Teil eigenes, zum Teil fremdes Interesse besonders unter Versicherung bringen müßte. Das ist j a aber auch nicht der Fall. Der Kaufmann hat, „praktischer" als der Jurist und früher als dieser, die Zwiespältigkeit der Interessen beim Kauf erkannt oder gefühlt und durch die Versicherung für Rechnung, wen es angeht, vorgesorgt ( C h r i s t o p h H G Z 1917. 147). Where different interests are concerned it is common practice, as Blackburn, J . , points out, for the broker to enter into the policy in his own name „but on behalf of and to protect the interests of different constituents" ( C h a l m e r s 34). Demgemäß war auch in allen vom R G behandelten Fällen Versicherung für Rechnung, wen es angeht, genommen. Wenn das R G sich gleichwohl mit der Frage befaßt hat, ob die Versicherung für eigene Rechnung auch ein fremdes Interesse decke, so beruht dies nur darauf, daß nach § 5 Abs. 1 A S V B ( = H G B § 782 Abs. 1) die Versicherung für fremde Rechnung nur verbindlich war, wenn der Versicherungsnehmer Auftrag hatte, Versicherung zu nehmen, oder den Mangel des Auftrags angezeigt hatte, und der Versicherer in jenen Fällen beides bestritt. Nur mittelst der Konstruktion der Versicherung eines fremden Interesses für eigene Rechnung glaubte das R G die Situation retten zu können (übrigens ohne Grund; denn es handelte sich bei den vom Reichsgericht behandelten Fällen nicht nur um Versicherungen für fremde Rechnung, sondern auch um laufende Versicherungen, und bei laufenden Versicherungen kann der Auftragsmangel gar nicht angezeigt werden und braucht er deshalb auch nicht angezeigt zu werden; § 49 Anm.). Diese Rechtsprechung hat zur Folge gehabt, daß die Gültigkeit der Versicherung für fremde Rechnung nicht mehr davon abhängig ist, daß der Versicherte Auftrag erteilt hat oder der Auftragsmangel angezeigt ist. So die ADS in Übereinstimmung mit dem V V G ; § 782 HGB ist durch G. vom 30. Mai 1908 gestrichen. Unschätzbare Interessen Anm. 15

11. Das Interesse muß ,,in Geld schätzbar" sein, um versichert werden zu können (vgl. C. de com. Art. 334: estimable äprix d'argent). Das ergibt sich schon aus dem Begriffe der Schadensversicherung als eines auf Schadensersatz gerichteten Verhältnisses und daraus, daß Ersatz von Schaden, der nicht „Vermögensschaden" ist, nicht verlangt werden kann (BGB § 253). Nicht, als ob man sich nicht den Ersatz eines in Geld nicht schätzbaren („moralischen" oder „idealen") Schadens ausbedingen könnte. Nichts steht im Wege, daß der Frachtführer sich gegen Entgelt verpflichtet, für den Verlust eines Familienbildes, das keinen Geldwert, für die Familienangehörigen aber einen um so größeren „ A f f e k t i o n s w e r t " hat, Geld („Schmerzensgeld") zu zahlen. Deshalb kann sich auch jeder andere so verpflichten. Aber solche Verträge sind keine Versicherungsverträge. Auch nicht, wenn sie sich als solche ausgeben. Sind sich in diesem Falle „Versicherer" und „Versicherungsnehmer" bewußt, daß nicht Vermögensschaden, sondern ein anderer Schaden ersetzt werden soll, so ist der Versicherungsvertrag nur der das wirkliche Geschäft verdeckende Vertrag, und die für das verdeckte Geschäft geltenden Vorschriften sind anzuwenden, nicht versicherungsrechtliche Grundsätze (wenigstens nicht, soweit sie nicht zulässigerweise vereinbart sind). Weiß der Versicherer dagegen nicht, daß nicht Vermögensschaden, sondern ein anderer Schaden ersetzt werden soll, so fehlt der „Versicherung" eine ihrer wesentlichen Voraussetzungen, die Möglichkeit eines Vermögensschadens; die Versicherung ist unwirksam (§ 5 Anm. 5; abw., anscheinend allein, G e r h a r d 230: Auch der bloße Affektionswert, dessen Verlust

Erlaubte Interessen

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kein Vermögensschaden sei, sei, wie § 253 BGB ergebe, der Abschätzung in Geld § 1 zugänglich, — eine petitio principii). Wenn jemand aus Familienrücksichten ein Porträt von Franz Hals, das 100000 wert ist, für 150000 kauft und für 150000 versichert, ist die Versicherung nur für 100000 wirksam; im übrigen ist sie unwirksam, hat sie „keine rechtliche Geltung" (HGB § 786 Abs. 2, vgl. dazu Begr. z. V V G § 55; abw. v. G e y e r Z f V W 1912. 7 1 1 ; schwankend F i c k Grundbegriffe 50: für den Käufer wirksam, für seine Erben unwirksam). Ob Vermögensschaden entstehen kann, das Interesse „in Geld schätzbar" ist, ist T a t f r a g e . Nach Ansicht des Aufsichtsamts für Privatversicherung (APV 1912. 9, 138, auch 1926. 1646b; vgl. auch R G 73. 66, P r ö l ß Anm. 2 zu § 52 V V G ) ist der sog. o b j e k t i v e L i e b h a b e r w e r t versicherbar, d. h. „der Wert, den ein bestimmter, wenn auch enger, Kreis von Personen aus besonderen Gründen beweglichen Sachen — z. B. Briefmarken, Autogrammen, Gegenständen, die früher im Besitz berühmter Personen waren, — beimißt, und deren Wert wegen des, wenn auch engen, Marktes, den diese Sachen immerhin haben, von sachkundigen Personen ermittelt werden kann"). Anders dagegen der sog. s u b j e k t i v e L i e b h a b e r w e r t (reiner Affektionswert), d. h. „die auf rein persönlichen Beziehungen eines Einzelnen beruhende Wertschätzung einer Sache" (APV a. a. O.). Vgl. hierzu insbesondere E h r e n b e r g 297, F i c k Grundbegriffe 49, v. G e y e r Z f V W 1912. 7 1 1 , H e c k e r 8, H o p p e Z f V W 1907.549, P e t e r s e n Z f V W 1914. 283. Dabei ist nicht immer gehörig unterschieden zwischen dem Werte, der v e r s i c h e r b a r , und dem Werte, der im einzelnen Falle v e r s i c h e r t ist. Ein bestimmter Wert kann versicherbar, aber nicht versichert sein. Versicherbar ist insbesondere nicht nur der Wert, den eine Sache gleichmäßig für alle oder gleichmäßig für einen bestimmten Kreis von Personen hat, sondern auch der bloß subjektive Wert, der wirtschaftliche Wert, den die Sache nur für eine einzige Person hat (z. B. ein vom Eigentümer erfundenes, nur für ihn, für ihn aber mit wirtschaftlichem Vorteil, verwendbares Werkzeug). Versichert ist aber dieser besondere Wert im Zweifel nicht; auch dann nicht, wenn der Versicherungswert taxiert ist (wie G e r h a r d 230 meint). Er muß besonders versichert werden ( K i s c h 3. 70). Versicherbar und gegebenenfalls zum subjektiven wirtschaftlichen Wert versichert sind also auch z. B. Stammbäume, Testamente, Vertragsurkunden, Wechsel, Zeugnisse, Manuskripte ( K i s c h 3. 72). Für die V e r s i c h e r u n g v o n „ K u n s t w e r k e n der Malerei, der Bildhauerei, von Zeichnungen, Stichen, Antiquitäten sowie allen sonstigen Gegenständen, die im Gegensatz zu einem wirklichen Handelswert einen vorherrschenden Kunst- oder Liebhaberwert haben", bestehen vielfach b e s o n d e r e B e d i n g u n g e n mit„Versicherungs-Höchstsummen" für den einzelnen Gegenstand, für den Inhalt einer Kiste, für einen Wagen, einen Eisenbahnzug, ein Flußschiff, ein Seeschiff. Erlaubte Interessen 12. Man sagt, das Interesse müsse „rechtlich erlaubt" (z. B. E h r e n b e r g 20, 299, Anm. 16 G e r h a r d 238), „erlaubt" (OLG Rostock L Z 1920. 309), „rechtlich", „berechtigt", „legal" (z. B. Prot. 2979, 3004, H G Z 1896. 310), „versicherungswürdig" sein (Fick Grundbegriffe 42). Damit ist verschiedenes ausgedrückt (vgl. auch K i s c h 2. 96, 3. 53 und ArchBürgR 40. 1, der zwischen Unversicherbarkeit des Interesses und Unversicherbarkeit der Gefahr oder der gefährdeten Unternehmung unterscheidet). a) Versicherungsverträge, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen, sind Anm. 17 nichtig (BGB § 134). Es gibt nur ein eindeutiges gesetzliches Verbot: Die Heuerforderung des Schiffers und der Schiffsmannschaft kann nicht versichert werden (HGB § 780). Die Schiffsbesatzung sollte nicht durch die Versicherung der Heuer veranlaßt werden, 5*

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§ 1 die Verteidigung des Schiffes und der Ladung zu versäumen (Begr. z. PreußE 330, Prot. 3005). Dieser Zweck war begreiflich, solange die Heuerforderung von der Rettung des Schiffes abhing (freight the mother of wages). Der Zweck ist nicht mehr verständlich, seitdem der Reeder für die Heuer unbeschränkt haftet. Das Verbot hat daher auch seine praktische Bedeutung verloren (Begr. z. E 1910 § 1). Es wird sich deshalb auch nicht auf Grund Art. 30 EGzBGB gegenüber dem ausländischen Rechte durchsetzen können, das etwa nach den Vorschriften des internationalen Privatrechts das Versicherungsverhältnis beherrscht und die Versicherung der Heuerforderung gestattet (vgl. auch K i s c h 2. 104, 3. 57, A r n o u l d 261 s. 295, P a r d e s s u s 6 Art. 1492). Aber es besteht darum doch noch. Denn cessante ratione legis non cessât lex ipsa. Die Heuerforderung kann nicht versichert werden, mag sie nach Zeit- oder Reiseabschnitten oder für die ganze Reise bemessen sein (RG H G Z 1891. 154). Ebenso früher in England: A r n o u l d aaO; jetzt gilt M I A § 11 : The master or any member of the crew of a ship has an insurable interest in respect of his wages. — Nicht verboten ist die Versicherung des der Schiffsbesatzung zustehenden Anteils an Fracht oder sonstigem Gewinn (§ 30 Abs. 1 SeemG, Prot. 3005, R G H G Z 1891. 154). Ebensowenig die Versicherung von Seemannseffekten oder sonstigen von der Schiffsbesatzung mitgenommenen Gütern (RG H G Z 1891. 154). Ebensowenig die Versicherung der Heuer durch den Reeder (vgl. § 70 Abs. 1, H G Z 1884. 156; aber natürlich nicht für Rechnung der Besatzung: OAG Lübeck HambS 2. 629). Ebensowenig die Versicherung des Unternehmergewinns derjenigen, die das Schiff nach einem anderen Orte zu überführen übernehmen, mit Einschluß (richtiger: unter Berücksichtigung) der Heuer (RG H G Z 1891. 155). § 134 BGB könnte weiter in Betracht kommen bei der Versicherung von Waren, deren Ausfuhr nach deutschem Recht verboten ist, und des sie befördernden Schiffes (so S c h l e g e l b e r g e r S V R Vorbem. Bern. 2; siehe dazu auch K G J R P V 1930. 208 = Sasse Nr. 408, wo bei Anwendung deutschen Rechts die Anwendung des § 134 BGB auf ein ausländisches Verbot abgelehnt wurde). Doch betrifft das Verbot hier nur die Ausfuhr, nicht die Versicherung. Der versicherungsrechtliche Tatbestand fällt unter § 138 BGB. Vgl. dazu Anm. 18. Siehe wegen § 21 des Außenwirtschaftsgesetzes, nach welchem Rechtsgeschäfte über Schiffskasko-, Schiffshaftpflicht-, Transport- und Luftfahrtversicherungen zwischen Gebietsansässigen und Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem fremden Wirtschaftsgebiet, in dem gebietsansässige Unternehmen dieser Versicherungszweige in der Ausübung ihrer Tätigkeit behindert werden, beschränkt werden können: Vorbem. Anm. 80. — Nicht verboten ist insbesondere die Versicherung der Versicherungskosten (ausdrücklich M I A § 1 3 : The assured has an insurable interest in the charges of any insurance which he may effect, C. de comm. Art. 334: Toute personne intéressée peut faire a s s u r e r . . . le cout de l'assurance, für die Rückversicherung besonders Art. 342). Nach § 26 A S V B „kann" zwar bei der Bodmereigelder-Versicherung die Versicherungsprämie nicht versichert werden. Das ist aber kein Verbot, sondern nur eine Erklärung, die darin ihren Grund hat, daß die Versicherungsprämie bei der Bodmereigelder-Versicherung in jedem Falle verloren und uneinbringlich ist, dem Vertrag also kein Interesse zugrunde liegen würde (Begr. z. E 1910 § 69, vgl. auch Prot. 3 1 1 o). Dasselbe kann bei anderen Versicherungen der Fall sein, ist z. B. bei der Rückversicherung der Fall (§ 2 Anm. 25). Ebenso bei der Gewinn- und der Frachtversicherung (Begr. z. E 1910 § 69). Es ist aber nicht allgemein der Fall. Insbesondere erwartet der Kaskoversicherte, daß die Versicherungskosten im Schiffsbetrieb, der Güterversicherte, daß sie aus der Verwertung der Güter wiedereingebracht werden. Näheres: § 2 Anm. 25, § 70 Anm., § 90 Anm., § 100 Anm., § 107 Anm., § 1 1 0 Anm. — Ein (später außer Kraft getretenes) englisches Gesetz von 1797 (38 Geo. 3 c. 76) erklärte Versicherungen für unwirksam und die Prämie für verfallen, wenn das Schiff nicht unter Convoy fuhr. — Uber

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frühere Verbote der Versicherung von imaginärem Gewinn und Fracht: unten § 1 Anm. 47, 62, 85. b) Versicherungsverträge, die gegen die guten Sitten verstoßen, sind Anm. 18 nichtig (BGB § 138). Ein Verstoß gegen die guten Sitten wird sich aus der A r t des I n t e r e s s e s selten ergeben (Prot. 3004; etwa im Falle der Versicherung von Schmugglergewinn oder der Versicherung von Schmiergeldern, insbesondere sog. Retourkommissionen, d. h. der Provision, die der die Ausrüstung des Schiffes besorgende Schiffsmakler vom Lieferanten erhält: H G Z 1896. 3 1 1 ) . Eher aus der A r t der v e r s i c h e r t e n U n t e r n e h m u n g , mag diese gegen das Gesetz oder gegen die guten Sitten verstoßen. Die Versicherung darf nicht dazu benutzt werden, Unternehmungen, die gegen Gesetz oder gute Sitten verstoßen, zu schützen. Wird sie doch dazu benutzt, so ist es dieser Z w e c k , der den Vertrag in Gegensatz zur allgemeinen Sittenanschauung bringt und deshalb nichtig macht. Die Versicherung von Schiffen oder Gütern, die zum Schmuggel bestimmt sind, wäre danach ungültig (vgl. R G 42. 295, 56. 180: Spedition zum Schmuggel bestimmter Güter, 96. 282). Ebenso die Versicherung von Waren oder Wertpapieren, deren Aus- oder Einfuhr verboten ist, oder von Waren, die zu strafbaren Handlungen benutzt werden sollen oder wegen ihrer Gefährlichkeit nicht befördert werden dürfen. — Ob ein Versicherungsvertrag, der sich auf eine g e g e n a u s w ä r t i g e (insbesondere Zoll-, Steuer-, Ausfuhr- oder Einfuhr-) G e s e t z e v e r s t o ß e n d e U n t e r n e h m u n g bezieht, gegen die guten Sitten verstößt und deshalb nach § 138 BGB nichtig ist, ist Tatfrage. Bei Verstoß gegen ausländische Zollgesetze haben anschließend an R G 42. 297 und 96. 282 Nichtigkeit angenommen HansOLG H G Z 22. 807, 25. 51, 162, 855, L G Berlin J R P V 1929. 207 = Sasse Nr. 714, L G Hamburg Sasse Nr. 704. R G J W 1931. 928 hat Nichtigkeit angenommen, wenn das Einfuhrverbot aus gesundheitlichen Gründen ergangen ist. Gültigkeit ist bejaht worden von HansOLG H G Z 1925 Nr. 14 = H R Z 1925. 193 = J R P V 1925. 1 1 2 = Sasse Nr. 327, HansRGZ 1928 B 5 = Sasse Nr. 375. Vgl. R G 1 1 5 . 97 = H G Z 1927 Nr. 15 = J R P V 1927. 25 = J W 1927. 790 (Anm. H a g e n ) = A P V 1928.44 = Sasse Nr. 21. HansOLG Hamburg VersR 1964. 848 stellt es als zweifelhaft hin, ob bei Verstoß des Umsatzgeschäfts gegen lediglich handelspolitischen Zwecken dienenden Ein- und Ausfuhrbeschränkungen die an dieses Geschäft anknüpfenden Interessen als nicht versicherbar im Sinne des § 2 Abs. 3 ADS bezeichnet werden müssen. Diese Zweifel bestünden schon deswegen, weil Verträge, die nach deutschem Recht zu beurteilen seien, nicht gemäß § 134 BGB für nichtig gehalten würden, wenn sie gegen ausländische Ein- oder Ausfuhrverbote verstießen, sofern es sich dabei nicht um solche der Volkshygiene handle ( R G J W 1927. 2288, S o e r g e l - S i e b e r t Anm. 7 zu § 134, W o l f f , Das internationale Privatrecht Deutschlands, 3. Aufl. 69). Siehe dagegen BGH Hansa 1962. 1805 = VersR 1962. 659 = M D R 1962. 719 u. 888 (Anm. Sieg) = NJW 1962. 1436 = Sasse Nr. 69. In dieser Entscheidung handelt es sich um eine Ausfuhrbeschränkung der U S A aus strategischen Gründen. Verbote derartiger Art haben ein ganz anderes Gewicht als solche, die lediglich aus kommerziellen Erwägungen geschaffen worden sind. Deshalb sind sie bei Kenntnis beider Parteien nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Die Unternehmung kann auch im höchsten Grade den guten Sitten entsprechen, so etwa, wenn es sich um die Einfuhr von Lebens- oder Kriegsmitteln in Zeiten der Not handelt. Im übrigen wird sie regelmäßig gegen die guten Sitten verstoßen. Vgl. R G 42. 297: „Gewerbsmäßiger, gegen einen befreundeten Staat im Grenzbezirk betriebener Schmuggel ist wegen der hiermit verbundenen, in höchstem Grade demoralisierenden Wirkungen für unsittlich zu erachten, und Verträge, die seine Ausführung oder Beförderung unmittelbar zum Gegenstand haben, fallen unter die Bestimmung des § 138 BGB". Ebenso J u r . Fakultät Göttingen und O A G Celle SA 1 Nr. 196. Anders z. T. das Ausland, insbesondere England:

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O n e nation does not take notice of the revenue laws of another (Planché v. Fletcher 1779). K i s c h 2. 105 und V o i g t 7 haben sich der englischen Auffassung angeschlossen; Deutschlands „eigenes Interesse an der Freiheit seines Handels müsse v o r g e h e n " (vgl. auch Prot. 3001, P r e u ß A L R II 8 1955: „ S i n d W a a r e n und Güter, welche wider die Landesgesetze aus-, ein-, oder durchgeführt werden sollen, versichert: so ist der V e r sicherer aller Vortheile aus dem Vertrage verlustig", auch P r e u ß E Art. 603: Die Gefahren „ d ü r f e n nicht durch ein Verbotsgesetz herbeigeführt" sein und d a z u Mot. 330; vgl. ferner O A G L ü b e c k Thöls Entscheidungsgründe 334, A G H a m b u r g H G Z 1884. 147). Ist es der Z w e c k , der das Geschäft unsittlich macht, so m u ß den Parteien natürlich b e w u ß t sein, w o r u m es geht, mögen sie sich auch, auf dem Boden einer anderen Sittenanschauung stehend als die Allgemeinheit, der Sittenwidrigkeit selbst nicht b e w u ß t sein. Der Versicherungsvertrag ist also nur dann unsittlich und nichtig, w e n n beide, Versicherungsnehmer und Versicherer, sich b e w u ß t sind, v o n welcher A r t die versicherte U n t e r n e h m u n g ist, d a ß sie d a n a c h gegen Gesetz oder gute Sitten verstößt. Verstößt die versicherte U n t e r n e h m u n g ê e ê e n Gesetz oder gute Sitten, ohne daß dies beiden Parteien bekannt ist, so ist der V e r t r a g nicht nach § 138 B G B nichtig. A b e r nur every l a w f u l marine adventure m a y be the subject of a contract of marine insurance ( M I A § 3). U n d there is an implied warranty that the adventure insured is a 1 a w f u l one, and that, so far the assured can control the matter, the adventure shall be carried out in a l a w f u l manner ( M I A § 41). Diese Grundsätze haben vor der gesetzlichen R e g e l u n g in England gegolten (näheres unten A n m . 20) und müssen auch, wenigstens ihrem wesentlichen Inhalt nach, neben den deutschen Versicherungsgesetzen gelten (vgl. K G H R Z 1 9 2 1 . 8 1 2 : „ D e r Versicherungsnehmer könne nicht aus einem verbotenen und strafbaren T u n R e c h t e erwarten gegen den Versicherer"). Sie ergeben sich aus der N a t u r der Sache. D e n n m a n kann nicht annehmen, daß der Versicherer eine gesetz- oder sittenwidrige U n t e r n e h m u n g hat schützen und mithin einen nichtigen V e r t r a g hat schließen wollen, und m u ß also annehmen, daß er nur einen gültigen V e r t r a g hat schließen wollen und mithin einen solchen, der sich auf eine U n t e r n e h m u n g bezieht, bei welcher gefahrerhebliche Umstände, wie sie mit jeder gesetz- oder sittenwidrigen U n t e r n e h m u n g verbunden sind, keine Rolle spielen. Hieraus folgt nicht, d a ß der V e r t r a g als nicht geschlossen zu behandeln ist (vgl. a u c h B G B §§ 306, 307). Der Fall gleicht dem, d a ß die versicherte U n t e r n e h m u n g tatsächlich keinem Versicherungsschaden ausgesetzt ist, d a ß „ d i e Möglichkeit des Eintritts des V e r sicherungsfalls ausgeschlossen ist" (vgl. K i s c h 2. 107, 3. 58). W i e dieser Fall (§ 5 A n m . 5), so ist a u c h unser Fall gleich dem dritten Falle zu behandeln, daß das versicherte Interesse fehlt. Das Interesse fehlt nicht. A b e r es ist n i c h t „ v e r s i c h e r b a r " . Der V e r t r a g ist also u n w i r k s a m (§ 2 Abs. 1). A b e r der Versicherer erhält (natürlich nur, wenn nicht auch er den G r u n d der Unwirksamkeit kennt und der V e r t r a g demg e m ä ß nicht nach § 138 B G B nichtig ist) die Prämie oder doch die Ristornogebühr (§ 2 Abs. 2, § 3). N i m m t die versicherte U n t e r n e h m u n g zwischen Vertragsschluß und Versicherungsbeginn den Charakter einer gegen Gesetz oder gute Sitten verstoßenden an, so erhält der Versicherer die Ristornogebühr (§ 4 A b s . 1). N i m m t sie diesen C h a rakter nach d e m Beginn der Versicherung an, so erhält der Versicherer die Prämie (§ 4 Abs. 2). O b der Versicherungsnehmer sich der Gesetz- oder Sittenwidrigkeit seiner U n t e r n e h m u n g bewußt ist, ist ohne Bedeutung (vgl. oben). A b e r natürlich m u ß er den Sachverhalt kennen, der die Gesetz- oder Sittenwidrigkeit begründet; sonst kann von einer gesetz- oder sittenwidrigen U n t e r n e h m u n g nicht gesprochen werden (vgl. auch § 60 A n m . , § 121 A n m . ) . W e n n der Kaskoversicherte gesetzwidrig auf Deck verlädt oder das Schiff ohne Ausklarierungs- oder ohne Passagierzertifikat fahren läßt, ist die Versicherung unwirksam; geschieht es ohne sein Wissen, so ist

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sie wirksam (vgl einerseits Cunard v. Hyde 185g, Dudgeon v. Pembroke 1874, anderer- § 1 seits Wilson v. Rankin 1865 bei A r n o u l d 703 s. 748, W h i t e 22). Es bedarf also keiner besonderen Bestimmung gleich derjenigen des englischen Rechts (vgl. auch M I A § 84) oder derjenigen des PreußALR I I S. 1953 („Jede künftige Gefahr, die nicht mit verbotenen Handlungen verknüpft ist, kann versichert werden", vgl. auch Prot. 2986, 3001; über den Fall nur vorübergehender Unversicherbarkeit: K i s c h 3. 60). 13. Insbesondere im K r i e g e würde jeder Versicherunsgvertrag gegen die guten Anm. Sitten verstoßen und nach § 138 BGB nichtig sein, der unmittelbar oder mittelbar (z. B. durch Rückversicherung) Unternehmungen zugunsten des Feindes schützt (vgl. PreußALR II 8. 1959—1961), z. B. Versicherungsverträge, welche Güter schützen, die der Versichererstaat für Konterbande erklärt hat, oder Schiffe, die eine vom Versichererstaat verhängte Blockade brechen sollen. Ebenso jeder Versicherungsvertrag, der Unternehmungen zu Ungunsten des eigenen Landes schützt, z. B. ein Versicherungsvertrag, der die verbotene Ausfuhr von Nahrungsmitteln deckt. Natürlich nur, wenn der Versicherer um den Charakter der Unternehmung weiß. Im anderen Falle wäre oder würde die Versicherung nach den §§ 2—4 unwirksam. Insbesondere werden also vor Ausbruch des Krieges genommene Versicherungen unwirksam, wenn die Versicherung zur Stärkung der Wehr- oder Wirtschaftskraft des Feindes dienen würde, — auch soweit nicht schon allgemeine Handels-, insbesondere Zahlungsverbote die Wirksamkeit des Versicherungsvertrags beeinträchtigen. Ähnlich, aber auf anderer Grundlage, K i s c h 2. 100: Die Versicherung sei unwirksam, wenn das Unternehmen gegen die Interessen der deutschen Kriegsführung gerichtet sei, oder wenn sie Gefahren decke, die gerade durch Maßregeln der deutschen Kriegsführung herbeigeführt würden, einerlei, ob dies den Beteiligten bewußt oder unbewußt sei, ob das Unternehmen direkt oder indirekt geschützt werde, ob der Krieg schon bei Abschluß des Vertrags bestehe oder erst später ausbreche. Anders V o i g t g: Es sei zu unterscheiden, ob der Handel mit dem Feinde verboten sei oder nicht. Vgl. über die Feindgesetzgebung in Großbritanien und Deutschland während des 2. Weltkrieges B r u c k - M ö l l e r Anm. 47 zu § 22 V V G , S c h w e n n HansRGZ 1940 A Sp. 139fr. (152). Siehe über die Stellung und Behandlung ausländischer Versicherungsunternehmen während des Krieges D a n i e l HansRGZ 1940 A Sp. 1 1 5 fr. — Uber die Folgen der Verletzung von Kriegsgesetzen dritter, mit einander kriegführender Staaten: oben Anm. 18. Solche Kriegsgesetze binden nicht. Ihre Übertretung ist regelmäßig auch kein Verstoß gegen die guten Sitten. Dies gilt insbesondere von Konterbande- und Blockadevorschriften. Unternehmungen Neutraler, die sie verletzen, verstoßen nicht gegen die guten Sitten; der Versicherungsnehmer ist aber zur Anzeige verpflichtet ( E h r e n b e r g 321, A r n o u l d 634 s. 668). — Die Auffassung, daß Versicherungen feindlicher Unternehmungen unwirksam seien, findet sich schon im Libro del consolat del mar (Ende des 14. Jahrh.) und in Le Guidon de la mer (Ende des 16. Jahrh.). Am schärfsten hat das englische Recht sie ausgeprägt. Näheres darüber: unten Anm. 20; vgl. auch die oben Anm. 2 angeführte Literatur, N o l t e 1. 19, A. S i e v e k i n g H R Z 1918 Beih. 109, igig Beih. 1. 14. Der Grundsatz des englischen Rechts, daß die versicherte Unternehmung Anm. legal sein und bleiben muß (oben Anm. 18), hat, natürlich mit Abwandlungen, von jeher gegolten. Where a voyage is illegal, an insurance upon it is invalid; for it would be singular if, the original contract being invalid and incapable to be enforced, a collateral contract founded upon it could be enforced (Tindal, C. J . , in Redmond v. Smith 1844 bei A r n o u l d 6gg s. 742). Daraus entwickelte die Rechtsprechung die Sätze: a) that any illegality in the prior stages or at the outset of an integral voyage vitiates a policy, though effected only to protect some later stage of it on which there is no illegality,

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b) that an illegality in any part of an entire risk, or voyage insured, vitiates the insurance as to the whole of it, c) that the illegality of a wholly distinct and separate voyage can have no effect on the voyage described in the policy ( A r n o u l d 702 s. 746). Die Versicherung ist oder wird u n w i r k s a m . Der Versicherer kann im allgemeinen keine Prämie verlangen, braucht aber auch gezahlte Prämien nicht zurückzuzahlen, außer wenn der Versicherungsnehmer die Natur der Unternehmung zu erkennen außerstande war ( A r n o u l d 702 s. 747). J e d e Versicherung, insbesondere die S c h m u g g e l z u m b r i t i s c h e n N a c h t e i l deckt, ist unwirksam. (Vgl. L G Hamburg H G Z 1923 Nr. 62 = Sasse Nr. 701 zu der Frage, ob sich der deutsche Versicherer auf den englischen Rechtssatz, der den Handel mit dem Feind verbietet, berufen kann). Dagegen this country pays no attention to the revenue laws of another state (Lever v. Fletcher 1780 bei A r n o u l d 697 s. 739, vgl. oben Anm. 1 8 ; ebenso fimerigon ch. 8 s. 5, E s t r a n g i n Nr. 58, P a r d e s s u s 2 Nr. 590, 771, V a l i n K o m m , zur Ord. de la mar. 3 V I 49, dagegen K e n t 3. 263, M a r s h a l l 1. 55, P o t h i e r Nr. 58, S t o r y Confl. of Laws § 256). Aber: Schiff und Güter sind der Gefahr der Beschlagnahme und Einziehung durch den fremden Staat ausgesetzt; der besondere Charakter der Unternehmung muß daher bei der Schließung des Vertrags a n g e z e i g t werden, und die Versicherung ist ohne solche Anzeige unwirksam. Der Umstand allein, daß im Laufe der versicherten Unternehmung Gesetzwidrigkeiten vorkommen, macht die Versicherung nur dann unwirksam, wenn der Versicherungsnehmer beim Vertragschluß darum wußte oder an den Gesetzwidrigkeiten teilnimmt ( M I A § 4 1 , A r n o u l d 703 s. 748); Gesetzwidrigkeiten der Schiffsbesatzungen sind barratry (Australasian Ins. Co. v. Jackson 1875 bei A r n o u l d 704 s. 748). Staatsverträge sind englische Gesetze, Unternehmungen, die dagegen verstoßen, nicht versicherbar ( A r n o u l d 704 s. 749). •— Im Kriege ist das Ziel, dem Feinde jeden Nachteil zuzufügen und ihn jeden Vorteils zu berauben, insbesondere seinen Handel zu vernichten ( A r n o u l d 706 s. 7 5 1 ) . J e d e r H a n d e l m i t d e m F e i n d e (genauer: mit den Bewohnern des feindlichen Landes) ist (übrigens ebenso nach amerikanischer Auffassung) v e r b o t e n . Versicherungen durch und zugunsten von alien enemies sind wholly illegal and void. Alien enemies können nicht klagen. Auch vor Ausbruch des Krieges genommene Versicherungen von alien enemies sind unwirksam. Ist die Versicherung vor Ausbruch des Krieges genommen und der Versicherungsfall vor Ausbruch des Krieges eingetreten, so kann nach Kriegsende Entschädigung verlangt werden ( A r n o u l d 122 s. 139). Uber den Begriff des alien enemy A r n o u l d 122 s. 144. Über die zielbewußte Weiterbildung dieses Begriffs im Ersten Weltkrieg: A. S i e v e k i n g H R Z 1 9 1 8 Beih. 1 1 2 , 1 9 1 9 Beih. 8. Über die Versicherung von Unternehmungen, die gegen das Verbot des Handelns mit dem Feinde verstoßen, vgl. insbesondere A r n o u l d 706 s. 752. Zusammenfassend erklärt Lord Davey im Falle Janson v. Driefontein Cons. Mines 1901 (bei C h a l m e r s 1 3 7 ) : There are three rules, which are established in our common law. The first is that the King's subjects cannot trade with an alien enemy, i. e. a person owing allegiance to a Government at war with the king, without the king's license. Every contract made in violation of this principle is void, and goods which are the subject of such a contract are liable to confiscation. T h e second principle is a corollary from the first, but is also rested on distinct grounds of public policy. It is that no action can be maintained against an insurer of an enemy's goods or ships against capture by the British Government. One of the most effectual instruments of war ist the crippling of the enemy's commerce, and to permit such an insurance would be to relieve enemies from the loss they incur by the action of British arms, and would, therefore, be detrimental to the interests of the insurer's own country.

Interessen an Schiff oder Ladung

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T h e principle equally applies where the insurance is m a d e previously to the commen- § 1 cement of hostilities, and was therefore legal in its inception, and whether the person claiming on the policy be a neutral or even a British subject, if the insurance be effected on behalf of an alien enemy. T h e third rule is that, if a loss has taken place before the commencement of hostilities, the right of action on a policy of insurance by which the goods lost were insured is suspended during the continuance of w a r and revives on the restoration of peace. Interessen an Schiff oder Ladung 15. Die Versicherung ist nach § 778 H G B Seeversicherung nur, w e n n die Beziehung zur Sache, das Interesse, eine Beziehung zu Schiff oder L a d u n g ist, die Versicherung sich auf S c h i f f o d e r L a d u n g bezieht. Das ist auch für die A D S nicht ohne Bedeutung. Z w a r sind die A D S immer anzuwenden, w e n n sie vereinbart, d e m V e r t r a g zugrunde gelegt sind oder ihm, als allgemeine Geschäftsbedingungen der Versicherer, als zugrunde gelegt gelten müssen (Vorb. vor § 1 A n m . 9, 10), m a g die Versicherung sich auf Schiff oder L a d u n g oder etwas anderes beziehen, m a g die Versicherung Seeversicherung im Sinne des Gesetzes sein oder nicht. A b e r die A n w e n d b a r k e i t der A D S ist beschränkt, w e n n die Versicherung keine Seeversicherung im Sinne des Gesetzes ist. Denn nur auf die S e e v e r s i c h e r u n g sollen die Vorschriften des V V G keine A n w e n d u n g finden ( V V G § 186). Ist die Versicherung keine Seeversicherung, weil sie sich n i c h t auf Schiff oder L a d u n g bezieht, so können die A D S nur insoweit angewendet werden, als nicht z w i n g e n d e Vorschriften des V V G entgegenstehen.

Anm

16. Schiff. D e n Begriff des Schiffes festzustellen, ist nicht nur deshalb nötig, weil nur Versicherungen, die sich auf „ S c h i f f e " (oder L a d u n g e n ) beziehen, Seeversicherungen und als solche nach § 186 V V G den zwingenden Vorschriften des V V G nicht unterworfen sind. Es ist auch deshalb nötig, weil im einzelnen Falle zweifelhaft sein kann, ob die versicherte Sache ein Schiff ist und d e m n a c h Schiffsversicherungs-Grundsätze a n z u w e n d e n sind, oder ob sie z u den „ G ü t e r n " gehört und demnach Güterversicherungs-Grundsätze anzuwenden sind (für die Praxis freilich nicht erheblich, weil

Anm

die Police k a u m j e einen Zweifel darüber lassen wird, ob die Parteien die Versicherung, z. B. die Versicherung einer Docksektion, als Kasko- oder als Güterversicherung behandelt wissen wollen). U n d es ist schließlich auch deshalb nötig, weil der Versicherer nach § 78 für den Schaden haftet, den der Versicherungsnehmer infolge des Zusammenstoßes des Schiffes mit einem anderen „ S c h i f f e " ersetzen m u ß (für die Praxis freilich a u c h nicht erheblich, weil die sog. Kollisionsklausel üblich geworden ist, die den anderen „ S c h i f f e n " sonstige „ s c h w i m m e n d e G e g e n s t ä n d e " gleichstellt; näheres hierüber: § 78 A n m . ) . Schiffe sind nach dem Sprachgebrauch s c h w i m m f ä h i g e H o h l k ö r p e r v o n nicht u n b e d e u t e n d e r Größe, die fähig und bestimmt sind, auf oder unter dem Wasser fortbewegt zu werden und dabei Personen oder S a c h e n z u t r a g e n ( S c h a p s - A b r a h a m I. 227 A n m . 1, W ü s t e n d ö r f e r S H R 38, B G H N J W 1952. 1135 = Hansa 1952. 1502), also z. B. a u c h Bagger, Baggerschuten, zur Flußkorrektion verwendete Dampfschuten ( R G 34. 38, 51. 334, R G S t 20. 374, Bolze 23 Nr. 272, H G Z 1887. 19, 1893. 312, 1914. 295, O L G H a m b u r g S A 63 Nr. 187 u. H R Z 1921. 321, O P r G L Z 1917. 1191), Leichter ( R G 78. 178) oder andere Schleppschiffe, größere Fähren, zur Bewegung auf dem Wasser bestimmte Getreideheber ( H G Z 1914. 295), in einen Steven auslaufende Fischheger ( H G Z 1886. 10), aus Schiffskörpern gebildete Hebeeinrichtungen ( H G Z igo6. 190), H e b e p r ä h m e ( R G 55. 320, H G Z 1914. 295). K e i n e Schiffe sind z. B. Boote und kleine Verbindungsfahrzeuge

Anm

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Interessen a n Schiff oder L a d u n g

§ 1 ( J W 1896. 705, K G R e c h t 1910 N r . 277, O P r G L Z 1916. 1259, 1917. 1191), schwimm e n d e Badeanstalten ( H G Z 1878. 247), Caissons ( H G Z 1893. 312, 1914. 295), s c h w i m m e n d e L e u c h t t ü r m e (Wells v. Gas Float bei P a p p e n h e i m H a n d b . 2. 4), Flöße u n d ähnliche u n f ö r m i g e K ö r p e r ( R G S t 20. 373), Schwimmdocks u n d Docksektionen ( R G 86. 430, H G Z 1914. 295, H a n s R G Z 1942 B Nr. 36), Gasbojen, Pontons, Schießscheiben, Taucherglocken, Schiffbrücken, Wohnschiffe, Schiffe i m Bau ( B o y e n s Z H R 50. 98, S c h a p s - A b r a h a m l . 230 A n m . 9, P a p p e n h e i m H d b 2 . 4 ; a. A.: Schiffseigenschaft n a c h d e m Stapellauf W ü s t e n d ö r f e r H B 7gf. u. S H R 39, a u c h T a t s a c h e n u n d N o r m e n des Seeschiffbaues, 1920. 6if. u n d H R Z 1919.418, B e n j a m i n H R Z 1 1 9 9 - 333 5 siehe aber auch u n t e n A n m . 30), Wracks, die nicht m e h r bergungsfähig sind (vgl. S c h a p s - A b r a h a m I. 229 A n m . 8 mit weiteren A n g a b e n ) , Wasserflugzeuge u n d auf d e m Wasser b e w e g b a r e Luftschiffe ( S c h a p s - A b r a h a m I. 229 A n m . 6). Dagegen ist die Schiffseigenschaft der Feuerschiffe w i e d e r u m zu b e j a h e n (so S c h a p s A b r a h a m I. 228 A n m . 4, W ü s t e n d ö r f e r H B 78, R G 38. 86, 47. 193; a. A. die Vorauflage dieses K o m m e n t a r s ) . — Die Versicherung eines Schiffsneubaus ist also keine Seeversicherung i m Sinne des Gesetzes (abw. S i e v e k i n g 4 ; vgl. a b e r a u c h u n t e n A n m . 30). A n m . 24

Buch 4 H G B u n d d a m i t insbesondere die §§ 778 ff. H G B finden nicht auf alle Schiffe A n w e n d u n g , sondern n u r auf S e e - E r w e r b s s c h i f f e . Das Gesetz bestimmt es nicht ausdrücklich ( ü b e r d i e Entstehungsgeschichte des Gesetzes: P a p p e n h e i m H d b 1,8). M a n m u ß es aus der Uberschrift des vierten Buches ( „ S e e h a n d e l " ) u n d aus d e m U m s t a n d ableiten, d a ß das Gesetz in d e m § 484 von d e m „ z u m E r w e r b e d u r c h die Seefahrt dienenden S c h i f f " , in allen folgenden Vorschriften n u r vom „ S c h i f f e " spricht (vgl. a u c h H G B § 1 Abs. 2 N r . 5, E G z H G B Art. 7, F l a g g R G § 1, R G 47. 193). — Die A D S unterscheiden nicht. Sie sind i m m e r a n z u w e n d e n , w e n n sie d e m Versicherungsvertrag z u g r u n d e gelegt sind oder i h m , als allgemeine Geschäftsbedingungen der Versicherer, als z u g r u n d e gelegt gelten müssen (Vorb. vor § 1 A n m . 9, 10). A b e r es ist a u c h f ü r ihre A n w e n d u n g n i c h t bedeutungslos, o b ein Schiff ein See-Erwerbsschiff ist, also ein Schiff, f ü r das die Vorschriften des H G B ü b e r Seeversicherung gelten. D e n n n u r auf die S e e v e r s i c h e r u n g , also d i e i m H G B geordnete Versicherung von S e e - E r w e r b s s c h i f f e n (und ihren L a d u n g e n ) sollen die Vorschriften des V V G keine A n w e n d u n g finden ( V V G § 186), u n d n u r die T r a n s p o r t v e r s i c h e r u n g von G ü t e r n , n i c h t die S c h i f f s V e r s i c h e r u n g , ist v o n d e n i m V V G bestimmten B e s c h r ä n k u n g e n d e r V e r t r a g s f r e i h e i t v e r s c h o n t ( V V G §§ 187 Abs. 1, 188). Auf die Versicherung seegehender L u s t y a c h t e n z. B. w ü r d e n d a h e r die zwingenden Vorschriften des V V G a n z u w e n d e n sein. Aber das entspricht nicht der aus d e n §§ 129, 188 V V G erkennb a r e n u n d deshalb beachtlichen Auffassung des Gesetzurhebers. W e n n insbesondere § 188 V V G gestattet, die d u r c h das V V G bestimmten Beschränkungen der Vertragsfreiheit f ü r die „ V e r s i c h e r u n g von Schiffen gegen die G e f a h r e n der Binnenschiffahrt" i m V e r o r d n u n g s w e g e a u ß e r A n w e n d u n g zu setzen, so k o m m t darin die Auffassung z u m Ausdruck, d a ß es solcher Freistellung f ü r die Versicherung von Schiffen gegen die G e f a h r e n der Seeschiffahrt nicht bedarf. § 186 V V G b e d e u t e t also: Die Vorschriften des V V G finden auf die V e r s i c h e r u n g von Schiffen ( i r g e n d w e l c h e n S c h i f f e n , See- oder Binnenschiffen, See-Erwerbsschiffen oder a n d e r e n Seeschiffen) g e g e n d i e G e f a h r e n d e r S e e s c h i f f a h r t keine A n w e n d u n g (vgl. a u c h V V G § 147 = A D S § 125, B o y e n s Seerecht 1. 86, E h r e n b e r g AssJB 22. 6, G i e r k e Transportversicher u n g 475, S c h l e g e l b e r g e r S V R § 1 A D S I I 1, H a g e n S V R 72, H a n s O L G H a n s R G Z B 515 = Sasse Nr. 412). — L ü c k e n bleiben i m Gesetz gleichwohl. N u r auf die Versicherung v o n See-Erwerbsschiffen gegen die G e f a h r e n der Seeschiffahrt finden die Vorschriften des H G B A n w e n d u n g . N u r auf die Versicherung von Schiffen (irgend-

Interessen an Schiff oder L a d u n g

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welchen Schiffen) gegen die Gefahren der Binnenschiffahrt finden die Vorschriften § 1 der §§ 129 ff. V V G A n w e n d u n g . A u f die Versicherung von nicht z u m E r w e r b bestimmten Seeschiffen (z. B. seegehenden Lustyachten) und auf die Versicherung von Flußschiffen gegen die Gefahren der Seeschiffahrt (vgl. die Fälle R G 43. 1, R G H G Z 1913. 180, H G Z 1912. 235; siehe a u c h H a n s O L G H a n s R G Z 1930 B 515 = Sasse Nr. 412) finden weder die Vorschriften des H G B noch die TransportversicherungsVorschriften des V V G A n w e n d u n g . Die Vorschriften des H G B finden auf Nichterwerbsschiffe nur im R a h m e n des Art. 7 E G z H G B A n w e n d u n g (siehe d a z u S c h a p s A b r a h a m I. 235 A n m . 16). Somit ist die analoge A n w e n d u n g des H G B auf die V e r sicherung anderer als See-Erwerbsschiffe ausgeschlossen. See-Erwerbsschiffe sind Schiffe, die „ z u m E r w e r b e d u r c h d i e S e e f a h r t b e - A n m . 25 s t i m m t " sind ( H G B § 4 7 4 ) . Seefahrt ist Fahrt auf See (Gegensatz: Binnenschiffahrt, vgl. V V G § § 1 2 9 , 188, B S c h G § 2 , „ S c h i f f a h r t auf Flüssen oder sonstigen Binnengewässern ' : BSschG § 1 ) . Ü b e r den B e g r i f f d e r „ S e e " entscheidet seemännische Auffassung ( R G 13. 72: M a ß g e b e n d seien „ d i e Gefahren einer eigentlichen Seereise und die Schwierigkeiten, welche aus einer solchen hinsichtlich der Aufsicht über das Schiff und der Einwirkung auf dasselbe für den Eigentümer e r w a c h s e n " ; vgl. auch H G Z 1894. 124). Der Begriff der Seefahrt ist für das F l a g g R G durch § 1 der 3. D V O F l a g g R G = S c h a p s - A b r a h a m I. 348 besonders bestimmt. Diese Bestimmungen entsprechen in der Hauptsache der seemännischen Auffassung und können daher für diese als Anhaltspunkt dienen (vgl. S c h a p s - A b r a h a m I. 195 A n m . 4). — O b das Schiff u n m i t t e l b a r (durch seine bloße Fortbewegung) e r w e r b e n soll (z. B. Frachtschiff, Schlepper), oder ob die F o r t b e w e g u n g n u r M i t t e l z u m Z w e c k ist (Fischerfahrzeuge: R G 32. 105, Lotsenfahrzeuge: R G H G Z 1894. 2 5°> Bergungsdampfer und Hebefahrzeuge: R G 55. 320, Bagger: oben A n m . 23, Kabelfahrzeuge, Eisbrecher: v. B a u m e r H R Z 1919. 446), gilt gleich ( S c h a p s - A b r a h a m I. 235 A n m . 16). — Das Schiff m u ß z u m E r w e r b durch Seefahrt dienen. Hierunter ist indessen nicht nur eine tatsächliche V e r w e n d u n g im Einzelfall zu verstehen. V i e l m e h r beginnt das „ D i e n e n " bereits mit der Bestimmung z u m Dienen, sofern nur die V e r wendungsabsicht durch H a n d l u n g e n äußerlich dargetan ist, z. B. durch A b s c h l u ß von Transportverträgen, H e u e r u n g von Mannschaft, Bestellung von alsbald an Bord zu nehmenden Ausrüstungsgegenständen. Fehlt es an solchen äußeren Merkmalen, so genügt die bloße Absicht, das Schiff z u m Erwerb durch Seefahrt zu verwenden, nicht ( S c h a p s - A b r a h a m II A n m . 3 zu § 484 H G B ) . A u c h Schiffe des Staates oder öffentlich-rechtlicher K o r p o r a t i o n e n können natürlich z u m Erwerb durch Seefahrt dienen ( S c h a p s - A b r a h a m I. 235 A n m . 16; Lotsenfahrzeuge: R G H G Z 1894. 250, H G Z 1894.9, v gl- R G 39. 185, H G Z 1894. 123; K a n a l f a h r z e u g e : R G 45. 163; Bugsierd a m p f e r : L G H a m b u r g H G Z 1905. 15; nicht: Zollkreuzer: Bolze 17 Nr. 214, Staatsbagger: A p p G K i e l SchlHolstA 1876. 195, Marinetransport-Schiffe: O L G K i e l S A 38 Nr. 50). — Ist das Schiff sowohl z u m E r w e r b durch die Seefahrt wie z u m E r w e r b durch die Binnenschiffahrt bestimmt, so gilt es als See-Erwerbsschiff, es sei denn, daß der E r w e r b durch die Seefahrt den Ausnahmefall bildet ( R G H G Z 1894. 251, H G Z 1914. 2 5 1 ; abw. H G Z 1902. 116, L G H a m b u r g H G Z 1903. 272; siehe z u der Frage kritisch S c h a p s - A b r a h a m I. 231 A n m . 11). 17. L a d u n g . D e n Begriff der L a d u n g festzustellen ist nötig, weil nur Versiehe- A n m . 26 rungen, die sich auf „ S c h i f f oder L a d u n g " beziehen, Seeversicherungen und als solche nach § 186 V V G den zwingenden Vorschriften des V V G nicht unterworfen sind (oben A n m . 29). Sie ist nötig, weil zweifelhaft sein kann, ob eine Sache z u m Schiffe gehört und deshalb Schiffsversicherungs-Grundsätze anzuwenden, oder ob sie zur L a d u n g gehört und deshalb Güterversicherungs-Grundsätze anzuwenden sind (oben A n m . 21).

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Interessen an Schiff oder Ladung

§ 1

Und sie ist auch deshalb nötig, weil die Versicherung für Güter aller Art genommen sein kann (§§ 80, 97) und in solchen Fällen festgestellt werden muß, welche Gegenstände die Versicherung umfaßt (vgl. jedoch auch § 97 Anm.). Anm. 27 Der gesetzliche Begriff der Ladung ist kein einheitlicher. Jedenfalls hat der Ausdruck in der heutigen Handelsgesetz- und Handelsverkehrs-Sprache seine Bedeutung als Tätigkeitswort eingebüßt und an andere Ausdrücke (Beladung, Einladung, Verladung, Abladung, Laden) abgegeben (vgl. jedoch auch z. B. Z P O § 2 1 4 ) . Im Sinne des Buch 4 H G B ist der Ausdruck g l e i c h b e d e u t e n d m i t G ü t e r n , die zur See, und zwar mit einem See-Erwerbsschiff (oben Anm. 24), befördert werden sollen (oder befördert werden sollten und befördert sind). Näheres G i e r k e Transportversicherung 476, P a p p e n h e i m Handb. 2. 322, S c h a p s - A b r a h a m II. 235 Anm. 1 zu § 535 H G B , Schiedsspruch L Z 1910. 7 1 3 und unten Anm. 38. Immerhin denkt man auch heute noch bei dem Ausdruck zunächst an Güter im S c h i f f e (vgl. R G 9. 1 6 1 , H G Z 1883. 10, L G Hamburg H G Z 1882. 180). — Zur Ladung gehören natürlich auch Postsendungen ( R i t t e r L Z 1 9 1 1 . 8 9 , S c h a p s - A b r a h a m I I . 235 Anm. 1 zu § 5 3 5 H G B , H G Z 1 9 1 1 . 2 3 1 ) . — Zur Ladung gehört dagegen z. B. nicht das Reisegut (unten Anm. 38). Noch weniger Ballast, Mundvorräte, Feuerungsmaterialien, Schiffsgelder, Seemannseffekten ( P a p p e n h e i m Handb. 2. 324, S c h a p s - A b r a h a m a . a . O . , Schiedsspruch L Z 1 9 1 0 . 7 1 3 ; abw. B o y e n s Seerecht 2. 546; vgl. R C P 1 7 : The term „goods" mean goods in the nature of merchandise, and does not include personal effects or provisions and stores for use on board). Andererseits bilden diese Gegenstände aber auch kein Zubehör des Schiffes (unten Anm. 36). Die Versicherung solcher Gegenstände wäre also, streng genommen, keine Seeversicherung und den zwingenden Vorschriften des V V G unterworfen. Aber schon hieraus ergibt sich, daß das Gesetz hier nicht streng genommen sein will. Es läßt im § 796 H G B selbst erkennen, daß die Schiffsausrüstung seeversichert werden kann. Anm. 28

18. M a n wird also, zusammenfassend, unter „Schiff oder L a d u n g " das S c h i f f selbst u n d a l l e S a c h e n verstehen dürfen, d i e s i c h a u f d e m S c h i f f e b e f i n d e n u n d d e n G e f a h r e n d e r S e e s c h i f f a h r t a u s g e s e t z t w e r d e n sollen oder sind (vgl. Prot. 3 1 3 1 : Ablehnung eines Antrags, anstelle von „Schiff oder L a d u n g " die Worte „eine Sache" zu setzen, weil „als die Sache, an welcher das versicherbare Interesse bestehen müsse, nichts anderes als Schiff oder Ladung denkbar sei"). Das Gesetz ist hier j a auch sonst ungenau. Die Seeversicherung kann sich auch auf beides, Schiff u n d Ladung, beziehen und bezieht sich z. B. bei der Frachtversicherung begrifflich auf beides. Sie kann sich auch nur m i t t e l b a r auf Schiff oder Ladung beziehen, so etwa bei der Versicherung von Forderungen, die durch Fracht- oder Uberfahrtsgelder gedeckt sind. U n d sie kann sich überhaupt nicht nur auf Schiff oder Ladung, sondern auch auf P e r s o n e n beziehen. So z. B. bei der Uberfahrtsgelder-Versicherung. Stirbt der Reisende vor Antritt der Reise, aber nach Beginn der Versicherung infolge eines dem Versicherer an sich zur Last fallenden Unfalls, so verliert der Reeder die Hälfte des Uberfahrtsgeldes ( H G B § 667 Abs. 1) und kann vom Versicherer Ersatz verlangen. Ist im Überfahrtsvertrag vereinbart, daß, wenn der Reisende stirbt, das Uberfahrtsgeld ganz oder teilweise nicht zu entrichten oder zurückzuerstatten ist, so verliert, wenn der Reisende nach Antritt der Reise infolge eines dem Versicherer an sich zur Last fallenden Unfalls stirbt, der Reeder gleichfalls das Überfahrtsgeld ganz oder teilweise und kann vom Versicherer Ersatz verlangen (vgl. aber auch § 87 Anm., § 109 Anm.). Deshalb ist auch die Versicherung des Interesses, das jemand an der Ankunft einer Person mit einem bestimmten Schiffe hat, Seeversicherung (wenigstens, wenn der Versicherungsnehmer sich darauf beschränkt, für behaltene Ankunft des Schiffes mit der Person Versicherung zu nehmen; § 120, V o i g t 590).

Gefahren der Seeschiffahrt

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Dagegen wäre freilich die Versicherung des Interesses, das jemand daran hat, daß eine § 1 andere Person überhaupt die Gefahren der Seeschiffahrt besteht, oder gar daran, daß er selbst sie besteht, keine Seeversicherung ( S i e v e k i n g 3). Gefahren der Seeschiffahrt 19. Die Versicherung ist nach § 778 H G B Seeversicherung nur, wenn das Interesse Anm. 29 an der Überwindung von G e f a h r e n d e r S e e s c h i f f a h r t gedeckt ist. Das ist auch für die A D S nicht ohne Bedeutung. Freilich sind die A D S immer anzuwenden, wenn sie vereinbart, dem Versicherungsvertrag zugrunde gelegt sind oder ihm, als allgemeine Geschäftsbedingungen der Versicherer, als zugrunde gelegt gelten müssen (Vorb. vor § 1 Anm. 9, 10), mag ein Interesse an der Überwindung von Gefahren der Seeschifffahrt oder ein Interesse an der Uberwindung anderer Gefahren gedeckt sein. A b e r die Anwendbarkeit der A D S ist beschränkt, wenn die Versicherung keine Seeversicherung im Sinne des Gesetzes ist. Denn nur auf die Seeversicherung sollen die Vorschriften des V V G keine Anwendung finden ( V V G § 186), und nur die Güterversicherung, nicht auch die Schiffsversicherung kann sich von den zwingenden Vorschriften des V V G freimachen ( V V G §§ 187 Abs. 1, 188). 20. Gefahren der Seeschiffahrt sind nach dem Wortsinn G e f a h r e n , d i e m i t Anm. 30 d e r S c h i f f a h r t z u r S e e v e r b u n d e n sind (Gegensatz: Gefahren der Binnenschifffahrt, der Luftfahrt, der Landfahrt). Schiffahrt zur See ist dasselbe wie „ S e e f a h r t " (vgl. oben A n m . 25). Die Seefahrt muß die Fahrt eines See-Erwerbsschiffes (oder eines ihm gleichstehenden Schiffes) sein (vgl. oben Anm. 24, 25). Gefahren der Seeschiffahrt sind also die Gefahren, die m i t d e r S e e f a h r t des See-Erwerbsschiffes (oder seiner Ladung) v e r b u n d e n sind (vgl. auch R G 1 1 6 . 2 2 4 = H G Z 1927. Nr. 73 = J P R V 1927. 108 = J W 1927. 1359, 2306 (Anm. P a p p e n h e i m ) = A P V 1927. 268). Die Übernahme dieser Gefahren (und nur sie) ist Seeversicherung. Nicht als ob die Versicherung den Charakter einer Seeversicherung verlöre, wenn zusammen mit den Gefahren der Seefahrt des See-Erwerbsschiffes noch a n d e r e Gefahren übernommen werden. Das H G B (§§ 816, 827, 828) setzt sogar als selbstverständlich voraus, daß der Seeversicherer gewisse Gefahren der Binnenschiffahrt und selbst der Landbeförderung trägt. Die mit der Abfahrt und Ankunft, mit dem Aufenthalt im Zwischenhafen verbundenen Gefahren sind regelmäßig Gefahren nicht der Seefahrt, sondern der Binnenfahrt. Die Versicherung ist auch, soweit sie diese Gefahren mit deckt, reine Seeversicherung, keine kombinierte Versicherung im Sinne des § 147 V V G , § 1 2 5 A D S (um dies kenntlich zu machen, sind die Worte „Gefahren der See" durch die Worte „Gefahren der Seeschiffahrt" ersetzt: Prot. 2976, 4230; vgl. H G Z 1920. 28g; schon die P r e u ß A H O 1766 bestimmte ausdrücklich, daß der Versicherer bei der Versicherung „ a u f Hin- und Herreise . . . auch vor die Gefahr des Stilliegens" hafte). Es genügt, daß die G e f a h r e n d e r S e e s c h i f f a h r t die H a u p t m a s s e bilden ( L Z 1909. 938, H G Z 1904. 261). Demnach könnte man nicht von einer Seeversicherung im Sinne des Gesetzes sprechen, wenn Güter für die Reise des Seeschiffs von H a m b u r g nach Cuxhaven versichert werden, oder wenn ein See-Erwerbsschiff für die Dauer seines Aufenthalts im Hafen versichert wird ( R G 89. 279, H G Z 1916. 247; vgl. auch A r n o u l d 506 s. 535 über port und harbour policies, Versicherung at port or ports, place or places in N e w Caledonia, Versicherung while at Leith), oder wenn Güter „lagernd in dem D. Mombassa im Londoner Hafen gegen Feuer-, Hafen- und Reviergefahr inklusive Kriegsrisiko" versichert werden ( R G H G Z 1918. 125, H G Z 1917. 205), oder wenn ein See-ErwerbsschifF für die Zeit seines Umbaus ( L Z 1909. 308) oder für die Dauer seiner Ausbesserung ( H a n s O L G H G Z 1927 Hbl. Nr. 125 = H R Z 1927. 778 =

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Gefahren der Seeschiffahrt

§ 1

Sasse Nr. 374) oder für die Dauer seines Stapellaufs versichert wird. Die Rechtsprechung hat gleichwohl in den angeführten Entscheidungen keinen Anstand genommen, Versicherungen der bezeichneten Art als Seeversicherungen im Sinne des Gesetzes zu behandeln. M a n wird darin eine, verständiger Interessenabwägung Rechnung tragende, Ausdehnung des Gebiets der Seeversicherung erblicken müssen und als Grundsatz aufstellen dürfen, daß die Versicherung von U n t e r n e h m u n g e n , d i e m i t d e n j e n i g e n der S e e s c h i f f a h r t im engsten örtlichen und w i r t s c h a f t l i c h e n Z u s a m m e n h a n g s t e h e n , nach den Regeln der Seeversicherung zu beurteilen ist. (Siehe in diesem Sinne auch H a n s O L G H a n s R G Z 1939 B 243 = Sasse Nr. 394: Laufende Versicherung von Schiffsbauten; Anmeldung der Bauten bei Kielstreckung oder Stapellauf; Begriff der Kielstreckung). Dem entspricht auch die Entwicklung im Ausland. Where a ship in course of building, or the launch of a ship, or any adventure analogous to a marine adventure, is covered by a policy in the form of a marine policy, the provisions of this Act, in so far as applicable, shall apply thereto ( M I A § 2 Abs. 2, wenn auch mit der Einschränkung: but, except as by this section provided, nothing in this Act shall alter or affect any rule of law applicable to any contract of insurance other than a contract of marine insurance as by this Act defined). Ähnlich das französische Recht: R i p e r t Nr. 2612. Siehe über das Auslandsrecht auch v. d. T h ü s e n Versicherungspraxis 1954. 145 u. 162. Vgl. auch S i e v e k i n g 4, ferner B r u c k H R Z 1 9 2 1 . 241, der, teils zu eng, teils zu weit, definiert: Transportversicherung sei die Versicherung gegen alle Gefahren, die dem versicherten Interesse nicht nur während der Bewegung, sondern auch während der „Bewegungsbereitschaft" drohten. Zu eng jedenfalls G i e r k e Transportversicherung 500 (und ihm folgend K G A P V 1920 I I 34): Die Transportversicherung decke außer dem eigentlichen Transport nur „die Ruhezustände, wenn sie sich als vorübergehende kennzeichneten".

Anm. 31

2 1 . Daß Seeversicherung die Versicherung ist, die gegen die Gefahren der Seeschiffahrt schützt, ist auch noch in anderer Beziehung von Bedeutung. Der Versicherer trägt nach §820 H G B , § 2 8 A D S a l l e G e f a h r e n . Vgl. wegen dieses Totalitätsprinzips in der allgemeinen Transportversicherung auch M ö l l e r , Totalität der Gefahren?, I T V M i t t 1 9 3 9 . 6 5 , d e r s . Hansa 1 9 3 7 . 1 0 2 8 , ders., Rechtsbegriff der Transportversicherung, in „Internationales Versicherungsrecht", Festschrift für Ehrenzweig, 1955. 174, R G 1 1 0 . 3 3 0 , H a n s O L G H R Z 1 9 2 6 . 3 7 5 = J R P V 1926. 108 = Sasse Nr. 352, R i t t e r Z f V W 1 9 1 4 . 35, A r g y r i a d i s 107. 129fr. Die deutsche Binnenschiffsversicherung hat das Prinzip der Totalität der versicherten Transportgefahren verlassen, indem nach § 1 der „Versicherungspolice auf Kasko für die Schiffahrt auf Binnengewässern" der Versicherer für jeden Schaden haftet, den der versicherte Gegenstand während der Dauer der Versicherung durch einen Schiffsunfall, Brand, Explosion oder höhere Gewalt erleidet. Vgl. auch A r g y r i a d i s V e r s R 1963. 605fr. Der Grundsatz der Totalität der versicherten Gefahren findet sich in der Seeversicherung auch in den romanischen Rechten (vgl. z. B. Art. 350 franz. c. com., Art. 521 italienischer code nav., Art. 755 Abs. 1 span. c. com.), im anglo-amerikanischen und im sowjetischen Recht (vgl. dazu A r g y r i a d i s i3of.). § 820 H G B ist jedoch aus § 778 H G B , § 28 A D S aus § 1 A D S auszulegen: Der Versicherer trägt zwar alle Gefahren, aber n u r alle Gefahren der S e e s c h i f f a h r t . Oder auf § 1 hingesehen: Seeversicherung ist nicht schlechthin die Versicherung gegen die Gefahren, die mit der Seefahrt des See-Erwerbsschiffes verbunden sind, sondern die Versicherung gegen die Gefahren, die mit der Seefahrt des See-Erwerbsschiffes a l s s o l c h e r verbunden sind (näheres hierüber und über den Begriff der Gefahr: § 28 Anm.). Zweifel, ob eine Gefahr unter die Seeversicherung fällt, müssen auf Grund der Verkehrsanschauung gelöst werden ( R G 105. 323 = H G Z 1923 Nr. 74 = H R Z 1923. 139 = J W 1924. 179 mit Anm.

Interesse am Schiff

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P a p p e n h e i m ) . Vgl. auch R G 109. 230 = J R P V 1925. 132 = J W 1925. 616: Trans- § 1 portversicherung verderblicher Ware und durch Streik hervorgerufener innerer Verderb. — Andererseits ist Seeversicherung nicht nur die Versicherung gegen alle Gefahren der Seeschiffahrt, sondern natürlich auch die Versicherung gegen nur eine oder einzelne dieser Gefahren, z. B. die Versicherung nur gegen Kriegsgefahr (§ 121) oder nur gegen Strandungsgefahr, die Rückversicherung nur gegen Feuersgefahr (unten Anm. 148) usw. 22. A b s . 2 Satz 1 enthält ein Verzeichnis von Interessen, die besonders häufig Anm. 32 seeversichert werden. Ein V e r z e i c h n i s von B e i s p i e l f ä l l e n (verb. „insbesondere"). Es können auch alle nur möglichen Interessen anderer Art seeversichert werden (oben Anm. 8 und folgende Anm.). — Es handelt sich aber nicht nur um ein Verzeichnis von Beispielfällen. Durch den im § 1 Abs. 2 Satz 2 enthaltenen Grundsatz, daß ,,in der einen dieser Versicherungen die andere nicht enthalten ist", erhält das Verzeichnis noch eine z w e i t e , besondere B e d e u t u n g (unten Anm. 179). Das Schiff 23. Nicht die Sache, das Schiff, die Güter, werden versichert, sondern das Interesse Anm. 33 an ihnen (oben Anm. 3 ff.). Man kann daher, genau genommen, nicht von der Versicherung „des Schiffes" sprechen. Aber diese Ausdrucksweise trifft nach der Verkehrsanschauung um so genauer das richtige: die Versicherung des sog. E i g e n t ü m e r interesses (oben Anm. 9). Der bestimmte Artikel („das" Schiff, „die" Güter) will darauf hinweisen, daß „im Zweifel dasjenige Interesse als versichert gilt, das ein Eigentümer der Sache an deren Erhaltung hat". Hin und wieder wird übrigens auch ausdrücklich „das Interesse am Kasko" versichert (z. B. H G Z 1908. 222). 34. Das Eigentümerinteresse ist nicht das Interesse des Eigentümers, sondern das Anm. 34 Interesse, w i e es unter gewöhnlichen U m s t ä n d e n ein E i g e n t ü m e r hat (oben Anm. 10). Der Eigentümer kann es haben und nicht haben. — Das Interesse kann, wie das Eigentum, b r u c h t e i l s w e i s e zustehen. Das Eigentum kann auch mehreren zur g e s a m t e n H a n d zustehen, der einzelne zwar Vollberechtigter, aber nicht Alleinberechtigter, sondern durch die Konkurrenz der anderen Teilhaber beschränkter Berechtigter sein; dann ist auch das Eigentümerinteresse des einzelnen in gleicher Weise beschränkt (vgl. auch Vorb. V I vor § 1 ) . Das Eigentümerinteresse kann aber auch in der Weise geteilt sein, daß der eine es nur u n t e r einer B e d i n g u n g hat, unter welcher der andere es nicht hat, und umgekehrt. In dieser Weise ist das Interesse des Käufers, der die Gefahr der Beförderung trägt, dadurch bedingt, daß die Gefahr nicht wieder auf den Verkäufer zurückgeht, das Interesse des Verkäufers dadurch, daß die Gefahr auf ihn zurückkommt, oder beim Kauf unter aufschiebender Bedingung das Interesse des Käufers dadurch bedingt, daß die Bedingung eintritt, das Interesse des Verkäufers dadurch, daß sie nicht eintritt (oben Anm. 10). —• Das Eigentümerinteresse kann auch dadurch berührt werden, daß die Sache mit fremden Rechten, insbesondere mit Pfandrechten b e l a s t e t wird. Bildet die Sache das ganze Vermögen des Eigentümers, so mag, wenn sie zum vollen Werte verpfändet ist, der Eigentümer tatsächlich kein Interesse mehr haben, mag tatsächlich nur noch der Pfandgläubiger ein Interesse an ihrer Erhaltung haben. Aber auf Tatsächlichkeiten dieser Art kann sich eine Rechtsordnung nicht aufbauen. Sie muß auf die Rechtsfolgen und darf nicht auf die tatsächlichen Folgen sehen, die entstehen, wenn die Sache nicht erhalten bleibt. Geht das verpfändete Schiff unter, so bleibt der Eigentümer persönlich verpflichtet, wenn es sich bei dem Pfandrecht um eine Schiffshypothek handelt, bei einem Schiffsgläubigerrecht, wenn der Eigentümer auch unbeschränkt persönlich (so namentlich

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Interesse a m Schiff

§ 1 i m Falle des § 487 H G B ) oder beschränkt persönlich (wie insbesondere i m Falle des § 774 H G B ) h a f t e t . E r m u ß d a n n z u r Befriedigung des Pfandgläubigers a n d e r e Mittel v e r w e n d e n , als er i m Falle der E r h a l t u n g des Schiffes nötig g e h a b t h ä t t e . E r ist deshalb der Eigentümerinteressent (Prot. 3019; oben A n m . 10), u n d die Versicherung geht deshalb a u c h nicht, a u c h nicht teilweise oder beschränkt, auf den P f a n d g l ä u b i g e r über, w e n n die versicherte Sache n a c h Abschluß des Versicherungsvertrags v e r p f ä n d e t wird (§ 49 A n m . 8). Eine hiervon zu unterscheidende F r a g e ist die, d a ß die Schiffshypothek sich n a c h § 32 S c h R G a u c h auf die v o m E i g e n t ü m e r oder von einem a n d e r e n f ü r seine R e c h n u n g f ü r das Schiff g e n o m m e n e Versicherung erstreckt. A b e r insofern trägt die R e c h t s o r d n u n g den tatsächlichen Verhältnissen R e c h n u n g , als sie a n e r k e n n t , d a ß der Pfandgläubiger a u c h ein Interesse (wenn a u c h eben kein Eigentümerinteresse) an der E r h a l t u n g der Sache h a t . Der Pfandgläubiger k a n n dieses Interesse versichern. A b e r solche besondere Versicherung des Schiffshypothekars ist regelmäßig P r ä m i e n verschwendung. E r täte d a n n besser, w e n n er mit Z u s t i m m u n g u n d f ü r R e c h n u n g des Eigentümers Kaskoversicherung n ä h m e (vgl. §§ 54, 55, O A G Lübeck W u n d e r l i c h 335)- Anders, w e n n d e m P f a n d r e c h t keine persönliche H a f t u n g z u g r u n d e liegt (oben A n m . 10). G e h t das Schiff unter, ist der R e e d e r der Bodmereischuld ledig. K o m m t es glücklich an, m u ß er die Bodmereischuld zahlen. I h m (als Eigentümer) ist es insoweit gleichgültig, ob das Schiff a n k o m m t oder nicht a n k o m m t . E r h a t also in H ö h e der Belastung nicht das Eigentümerinteresse. Er k a n n es also a u c h nicht versichern (Prot. 3018, N o l t e 1. 75, R G H G Z 1891. 255, A r n o u l d 260 u. 3 1 6 s. 294 u. 346; vgl. a u c h H G H a m b u r g H G Z 1871. 225: „ D e r Bodmereibrief greife den Gegenstand d e r Assekuranz a n " ) . Der Bodmereigläubiger h a t das Eigentümerinteresse u n d k a n n es versichern. E r k ö n n t e also „ d a s S c h i f f " versichern. A b e r hier versagt die V e r k e h r s a n s c h a u u n g die Gefolgschaft. Bodmereigelder-Interesse u n d Eigentümerinteresse sind n a c h der V e r k e h r s a n s c h a u u n g nicht dasselbe. I n der Versicherung des Schiffes ist die Versicherung der Bodmereigelder, in der Versicherung der Bodmereigelder die Versicherung des Schiffes „ n i c h t e n t h a l t e n " (§ 1 Abs. 2 Satz 2). U n d die Verkehrsa n s c h a u u n g h a t R e c h t . D e r Bodmereigläubiger ist Eigentümerinteressent, aber ein Eigentümerinteressent v o n besonderer Art. E r steht der versicherten U n t e r n e h m u n g anders gegenüber als d e r gewöhnliche Eigentümerinteressent, d e r R e e d e r . Seine Schadenverhütungs-Pflicht, seine Schadenabwendungs-Pflicht, seine Gefahrstandspflicht, seine Anzeigepflicht usw. h a b e n n u r rechtsgrundsätzlich dieselbe Bedeutung wie diejenige des Reeders, tatsächlich aber einen ganz a n d e r e n Gehalt. Es läßt sich sogar sagen, d a ß sein Eigentümerinteresse ein n u r bedingtes Interesse ist, u n d d a ß b e i m R e e d e r ein entsprechend bedingtes Eigentümerinteresse zurückgeblieben ist, ähnlich wie der K ä u f e r , auf den die T r a n s p o r t g e f a h r übergegangen ist, ein bedingtes Eigentümerinteresse h a t u n d b e i m Verkäufer ein entsprechend bedingtes Eigentümerinteresse zurückgeblieben ist (oben A n m . 10). D e n n neben die P f a n d h a f t u n g k a n n eine persönliche H a f t u n g des Reeders treten, sei es auf G r u n d besonderer Vereinb a r u n g , sei es aus a n d e r e n G r ü n d e n (vgl. H G B §§ 692, 774, A r n o u l d a. a. O . ) . D a n n w a c h t das Eigentümerinteresse des Reeders wieder auf, s c h r u m p f t das Bodmereigläubiger-Interesse zu einem bloßen Pfandgläubiger-Interesse z u s a m m e n . Deshalb fällt a u c h , w e n n d e r R e e d e r n a c h Abschluß des Versicherungsvertrags Bodmereigelder a u f n i m m t , sein Eigentümerinteresse nicht vollständig weg, sondern bleibt als bedingtes Eigentümerinteresse bestehen, fähig, sich beim Eintritt der Bedingung wieder z u m vollen Eigentümerinteresse zu entwickeln (deshalb zwar grundsätzlich richtig, aber nicht ganz g e n a u R G H G Z 1891. 255: „ W e n n der R e e d e r das Schiff v e r b o d m e t h a b e , k ö n n e er f ü r sich als Schiffswert n u r den n a c h A b z u g der Pfandschuld verbleibenden W e r t desselben v e r s i c h e r n " ; a u c h von S i e v e k i n g 16 v e r k a n n t ) . Andererseits m ü ß t e

Interesse a m Schiff"

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in diesem Falle die Versicherung des Eigentümerinteresses nach § 49 in den Grenzen, § 1 die durch die Beschränkung des auf den Bodmereigläubiger übergegangenen Eigentümerinteresses gezogen sind, auf den Bodmereigläubiger übergehen. Dies ist aber auch durch die positive Vorschrift ausgeschlossen, daß in der Versicherung „des Schiffes" die Versicherung von „ B o d m e r e i g e l d e r n " nicht enthalten ist, das Eigentümerinteresse und das Bodmereigläubiger-Interesse als (auch im Sinne des § 49) verschiedenartige Interessen anzusehen sind. A n alledem wird auch dadurch nichts geändert, d a ß etwa die A u f w e n d u n g e n , die zur V e r b o d m u n g A n l a ß gegeben haben, dem Kaskoversicherer zur Last fallen (abw. R G H G Z 1891. 255). Der Reeder erhält v o m Kaskoversicherer Ersatz der A u f w e n d u n g e n und im neuen Versicherungsfall Entschädigung für den ihm nach der V e r b o d m u n g verbliebenen T e i l des Versicherungswerts (§ 37). — Das Eigentümerinteresse wird nicht dadurch geschmälert, daß der Interessent E r s a t z a n s p r ü c h e g e g e n d r i t t e hat (§ 45). H a b e n Reeder und Charterer vereinbart, d a ß der letztere d e m ersteren im Verlustfall den vollen Schadenswert ersetzen soll, so kann d a r u m doch der R e e d e r den vollen Schiffswert versichern, wie der Güterversicherte den vollen Güterwert, obgleich der Verfrachter Ersatz zu leisten hat (Hobbs v. H a n n a m 1811 bei A r n o u l d 285 s. 317). Natürlich hat in solchem Falle auch der Charterer (wie der Verfrachter im Falle der Güterversicherung) ein versicherbares (Haftpflicht-) Interesse (Oliver v. Greene bei P h i l l i p s 1 s. 325). Deshalb unrichtig O L G H a m b u r g H R Z 1922. 63: Verspreche der Mieter eines Baggers d e m Vermieter Ersatz auch zufälligen Schadens, so könne er „ d e n Bagger" versichern. 24. U b e r den Begriff des „ S c h i f f e s " : oben A n m . 23. In und mit dem Schiffe sind A n m . 35 natürlich alle wesentlichen Bestandteile des Schiffes, R u m p f , Mast, Segel, R u d e r , Maschine (mit S c h r a u b e ; unrichtig H G Z 1891.264, 1892. m , 1 8 9 4 . 3 7 : Z u b e h ö r ) , notwendiges T a u w e r k usw. versichert. W e r d e n solche Teile (z. B. der R u m p f ) während der D a u e r der Versicherung d u r c h a n d e r e e r s e t z t , so kann aus dem alten versicherten Schiff ein neues unversichertes Schiff werden. R e g e l m ä ß i g hat die Ersetzung einzelner Teile (z. B. des Mastes, der Schraube) auf den Bestand der Versicherung keinen Einfluß. Das versicherte Schiff" ist „ e t w a s anderes als die S u m m e seiner T e i l e " ( P a p p e n h e i m H a n d b . 2. 35). Die Ersetzung nicht wesentlicher Bestandteile (z. B. einer Bugverzierung) hat natürlich erst recht keinen Einfluß auf den Bestand der V e r sicherung. V g l . auch unten A n m . 36. M i t d e m Schiffe gilt auch sein Zubehör als versichert. Gesetz und A D S sprechen A n m . 36 sich darüber nicht besonders aus (anders z. B. H G B §§ 70g, 710, 7 1 7 , 754, 755; vgl. auch B G B § § 3 1 4 , 926, 1031, 1062, 1096, 1 1 2 0 — 1 1 2 2 , 2164, 2165, Z P O §§865, 931, Z V G § 169, F G G § 54, auch A S V B § 18 in V e r b i n d u n g mit A D H G B A r t . 443). Das H G B hält es aber für selbstverständlich; vgl. H G B § 821 Nr. 2: Der Versicherer haftet nicht für den „ S c h a d e n an Schiff und Z u b e h ö r , welche nur eine Folge der A b n u t z u n g des S c h i f f e s im gewöhnlichen G e b r a u c h ist", und nicht für Altersschäden an „ S c h i f f und Z u b e h ö r " (vgl. a u c h A D S § 76 Abs. 4 Satz 3). Schiffszubehör sind alle beweglichen Sachen, die d e m wirtschaftlichen Z w e c k e d e s S c h i f f e s z u d i e n e n b e s t i m m t sind und z u m Schiffe i n e i n e m dieser Bestimmung e n t s p r e c h e n d e n r ä u m l i c h e n V e r h ä l t n i s stehen, es sei'denn, d a ß sie i m V e r k e h r nicht als Z u b e h ö r angesehen werden ( B G B § g7 Abs. 1). Die bloß vorübergehende Benutzung einer Sache für den wirtschaftlichen Z w e c k des Schiffes begründet die Zubehöreigenschaft nicht ( B G B § 97 Abs. 2 Satz 1). — Die See-Kaskoversicherung hat es regelmäßig mit See-Erwerbsschiffen zu tun (oben A n m . 24). M a ß gebend ist also regelmäßig für die Zubehöreigenschaft, ob die Sache z u m E r w e r b d u r c h d i e S e e f a h r t des Schiffes z u dienen bestimmt ist. Beispiele: T a u e , Anker, Ankerketten (vgl. §§ 59, 76, H G B §§ 706, 710,872), Lot, L o g , K o m p a ß , Signalapparate, 6

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

82 § 1

Interesse am Schiff

Abdrücke schiffsrechtlicher Verordnungen, Karten, Schiffspapiere ( P a p p e n h e i m H B i. 38, S c h a p s - A b r a h a m I I . 10 Anm. 4), Schiffsapotheke, Kajütsinventar (§ 65 Anm.). Auch die Fang- usw. Gerätschaften der Fischerfahrzeuge und die Schlepp- und Bergungsgerätschaften der Schlepp-, Bugsier- und Bergungsdampfer sind Zubehörstücke ( P a p p e n h e i m und S c h a p s - A b r a h a m a . a . O . ; abw. B o y e n s Seerecht I 149; vgl. M I A § 16 Abs. 1 : The insurable value . . . includes, in a case of a ship engaged in a special trade, the ordinary fittings requisite for that trade). Anders, wenn die Gerätschaften nicht zum dauernden Gebrauch des Schiffes, sondern etwa nur für eine einzelne Reise, z. B. für eine Walfischfahrt, bestimmt sind. Nicht Zubehör sind Sachen, die nicht sowohl dauernd Schiffszwecken dienen, als vielmehr Ladungszwecken, z. B. Stau- und Garnierungsmaterial, das von der Ladung gestellt wird (anders, wenn es dem Schiffe gehört, mag es auch nicht gerade auf der versicherten Reise verwendet sein), oder persönlichen Zwecken der Schiffsbesatzung, z. B. die Effekten der Schiffsbesatzung, den Schiffsoffizieren gehörende nautische Instrumente, dem Schiffsarzt gehörende ärztliche Instrumente oder Heilmittel (auch nicht ohne weiteres durch eine „Güter"-Police gedeckt: Anm. 38; vgl. insbesondere R C P 1 7 : T h e term „ g o o d s " does not include personal effects or provisions and stores for use on board; A r n o u l d 240 s. 272). — Die „Benutzung" darf nach §97 Abs. 2 B G B n i c h t eine b l o ß v o r ü b e r g e h e n d e sein. Gemeint ist: „ D i e Bestimmung" darf nicht nur vorübergehend sein ( P a p p e n h e i m Handb. 1. 40, Schiedsspruch L Z 1910. 712). Z u m „bleibenden Gebrauch des Schiffes" sind z. B. nicht bestimmt: Ballast, Mundvorräte, Bunkerkohlen, Maschinenbedürfnisse, Schiffskasse ( H e c k 3 8 4 , 3 9 2 , Schiedsspruch L Z 1910. 7 1 2 , S c h a p s - A b r a h a m II. 1 1 Anm. 6, W ü s t e n d ö r f e r S H R 39; vgl. K G Rspr 13. 3 1 2 : Kohlen für Ziegeleibetrieb, abw. R G 7 7 . 3 7 , O L G Königsberg Rspr 14. 1 0 ; B a y O b L G Recht 1904. 1 9 1 : Biervorräte einer Brauerei; arg. e contr.: B G B §98). Dies folgt auch aus § 70 ( = H G B § 796)) wonach der Versicherungswert des Schiffes im Zweifel „Ausrüstungskosten" nicht umfaßt (vgl. Prot. 3073). Aber natürlich können auch diese Sachen seeversichert werden, und zwar nicht nur nach schiffsversicherungs-rechtlichen, sondern auch nach güterversicherungs-rechtlichen Grundsätzen. Das e n g l i s c h e Recht weicht übrigens teilweise vom deutschen ab: Nach Lloyd's Police ist versichert the body, tackle, apparel, ordnance, munition, artillery, boat, and other furniture, nach M I A § 16 the insurable value, in a case of a steamship, includes also the machinery, boilers, and coals and engine stores, if owned by the assured, und nach R C P 15 the term „ s h i p " includes the hull, materials and outfit, stores and provisions for the officers and crew and, in the case of vessels engaged in a special trade, the ordinary fittings, requisite for the trade, and also, in the case of a steamship, the machinery, boilers, and coals and engine stores, if owned by the assured. If owned by the assured: Das Gesetz bestimmt nicht, v o n w e m die Sache zum bleibenden Gebrauch des Schiffes b e s t i m m t sein muß, um Zubehör zu sein. An und für sich kann jeder, der tatsächlich über beide Sachen verfügen kann, die eine zum bleibenden Gebrauch der anderen, des Schiffes, bestimmen ( P a p p e n h e i m H B 1. 42). Aber nicht jeder, der über beide Sachen verfügen kann, kann sie versichern. Das kann nur, wer das Eigentümerinteresse hat (wenigstens für eigene Rechnung). — Das „entsprechende r ä u m l i c h e V e r h ä l t n i s " , in dem beide Sachen stehen müssen, ist „nach den tatsächlichen Verhältnissen des einzelnen Falles zu bestimmen" ( R G 5 1 . 274). Zubehör sind also z. B. auch Anker, die „auf dem Fuhrwerk vor dem Schiffe angelangt sind und wegen vorgerückter Zeit nicht mehr abgeladen und auf das Schiff geschafft werden können" ( R G 5 1 . 275) oder zur Anbordschaffung am K a i niedergelegt sind ( P a p p e n h e i m H B 1. 44; vgl. auch O L G Breslau Rspr 5. 79, O L G Kassel Rspr 15. 326: es genüge, daß die Sache „ i n ein solches räumliches Verhältnis zur Hauptsache gebracht werde,

Interesse am Schiff

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welches die bestimmungsmäßige Verwendung der Sache ermögliche"). Aber hieraus § 1 folgt freilich nicht ohne weiteres, daß solche Zubehörstücke auch von der Versicherung des Schiffes umfaßt werden (unten Anm. 37). — Nach § 478 Abs. 1 H G B sind S c h i f f s b o o t e Zubehör des Schiffes. Diese Vorschrift hat indessen neben § g7 BGB keine selbständige Bedeutung mehr ( P a p p e n h e i m HB 1. 45, S c h a p s - A b r a h a m II. 11 Anm. 8 zu §478 HGB). Schiffsboote sind nur unter denselben Voraussetzungen Zubehör des Schiffes wie andere Sachen. Uber die Haftung des Versicherers für ausgeschwungene Boote: A r n o u l d 240 s. 271. — Nach § 478 Abs. 2 H G B gelten Sachen, die in das S c h i f f s i n v e n t a r eingetragen sind, im Zweifel als Zubehör. Der Versicherer, der die Zubehöreigenschaft einer in das Schiffsinventar eingetragenen Sache bestreitet, ist also beweispflichtig. — Nur S a c h e n können Zubehör sein. N i c h t R e c h t e , insbesondere nicht die Fracht (vgl. Prot. 1490, 1604, 2847, 2914; unrichtig H G Z 1894. 95: Zwar nicht Zubehör des Schiffes, „aber angesehen und behandelt, als ob sie dies sei"). — Die E r s e t z u n g von Zubehörstücken d u r c h a n d e r e hat auf den Bestand der Versicherung als solcher keinen Einfluß. Aber die alten Stücke scheiden aus der Versicherung aus, die neuen treten ein. Der für die Inbegriffs-Versicherung maßgebende, auf den „mutmaßlichen Willen der Beteiligten" abstellende Gedanke (Begr. z. V V G § 54) trifft auch hier zu. Dadurch wird freilich die Entschädigungspflicht des Versicherers unter Umständen verändert. Versicherungswert (§ 70 Abs. 2) und Versicherungssumme bleiben zwar unberührt. Aber die Ausbesserungskosten werden nach §§ 75, 76 ersetzt. Wird z. B. auf der versicherten Reise ein altes Boot durch ein neues ersetzt, so ist, wenn das Boot verlorengeht, von den Ersatzkosten nichts abzuziehen (§ 76 Abs. 4 Satz 3). Nach den für die Inbegriffs-Versicherung geltenden Grundsätzen treten auch n e u e Z u b e h ö r s t ü c k e , die nicht dazu bestimmt sind, alte zu ersetzen, in die Versicherung ein (so etwa, wenn die Zahl der Schiffsboote um eines vermehrt wird). In dieser Beziehung stehen übrigens Bestandteile den Zubehörstücken gleich. Auch sie scheiden aus der Versicherung aus, wenn sie die Eigenschaft eines Schiffsbestandteils verlieren, und treten ein, wenn sie Bestandteil werden. Anscheinend abw. R G H G Z 1891. 253: die vom Reeder aufgewendeten Havereigelder seien insoweit versicherbar, als die durch die Aufwendung geschaffenen Neuwerte wegen der Neuheit die bisherigen alten überstiegen; denn für diese Differenz gewähre die Kaskoversicherung keine Deckung, — richtig höchstens für den Fall des Totalverlustes, für den der durch die Aufwendung herbeigeführte Mehrwert zu decken wäre. Die bloß v o r ü b e r g e h e n d e T r e n n u n g eines Zubehörstücks oder eines Bestandteils (z. B. die Trennung zum Zwecke der Ausbesserung) hebt die Zubehör- und Bestandteil-Eigenschaft nicht auf (BGB § 97 Abs. 2 Satz 1, Prot. 1487). Aber nur mit dem Schiffe sind Bestandteile und Zubehörstücke versichert. Nur soweit das Schiff versichert ist oder versichert sein würde. Wenn das zeitversicherte Schiff, etwa zur Ausbesserung, über Land oder auf Binnengewässern befördert wird, ruht die Versicherung. Denn die Seeversicherung hat es nur mit den Gefahren der Seeschiffahrt und den mit ihr zusammenhängenden Gefahren zu tun. Die Haftung des Seeversicherers ist insoweit durch den Vertrag objektiv beschränkt. Die Beförderung zu Lande usw. fällt aus den so bestimmten Grenzen heraus (abw. S i e v e k i n g 118). Deshalb ruht auch die Versicherung in Ansehung eines Maschinenteils, der zur Ausbesserung von Hamburg nach Augsburg geschickt wird, und ebenso die Versicherung in Ansehung von Bestandteilen oder Zubehörstücken, die bei einem Umbau von der Werft aus dem Schiffe genommen und an Land gebracht werden (LZ 1909. 937 ungenau: „versicherungstechnisch sei ein Brand am Lande etwas anderes als der gewöhnliche Gegenstand der Seeversicherung"). Deshalb sind auch Anker usw., die auf das Schiff gebracht werden 6*

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Interesse an den Gütern

§ 1 sollen, aber einstweilen vor dem Schiffe auf d e m K a i abgeladen sind, z w a r schon Z u behör des Schiffes (oben A n m . 36), aber noch nicht in die Versicherung eingetreten (a. A . S c h l e g e l b e r g e r S V R I I I 1 z u § 1 A D S ) . Die Grenze, welche die Gefahren der Seeschiffahrt v o n den anderen Gefahren trennt, ist flüssig (vgl. auch oben A n m . 30 und § 28 A n m . ) . Reise- oder zeitversicherte Schiffe, die sich zur Ausbesserung im Dock befinden, sind z w a r nicht den Gefahren der Seeschiffahrt im engsten Sinne ausgesetzt, aber gleichwohl gedeckt (oben A n m . 30, § 2 8 A n m . , Prot. 3275; vgl. a u c h § 66 A n m . ) . Die Güter A n m . 37

25. Gemeint ist: Das Eigentümerinteresse an den Gütern. Näheres: oben A n m . 10 und 34. Siehe auch M ö l l e r , Cifgeschäft und Versicherung 68, 139. A n m . 38 26. D e r Ausdruck „ G ü t e r " bedeutet im wesentlichen dasselbe, wie der Ausdruck „ L a d u n g " (oben A n m . 26). Güter sind körperliche Gegenstände, im Hinblick auf die Seetransport-Versicherung: körperliche Gegenstände, die zur See befördert werden sollen. Also nicht Ballast, Mundvorräte, Feuerungsmaterialien, Schiffspapiere, Seemannseffekten, Gerätschaften z u m Fischfang, die sämtlich anderen Z w e c k e n dienen als dem, befördert zu werden (oben A n m . 36; anders die Produkte des Fischfangs, insbesondere a u c h des W a l f a n g s : A r n o u l d 245 s. 277, R i p e r t Nr. 2503). Enger das e n g l i s c h e Recht, das zwischen dem allgemeinen Begriff der moveables und d e m besonderen Begriff der goods unterscheidet ( M I A § 3 A b s . 2) und unter „ m o v e a b l e s " means any moveable tangible property, other than the ship, and includes money, valuable securities, and other documents ( M I A § go), während the term „ g o o d s " means goods in the nature of merchandise, and does not include personal effects or provisions and stores for use on board ( R C P 1 7 ; vgl. auch H G Z 1895. 38: Reisewagen Gegenstände des Handelsverkehrs?). — A u c h das an Bord gebrachte R e i s e g u t ( H G B § 673) gehört nicht zu den „ G ü t e r n " ( P a p p e n h e i m H B 2. 325; abw. G i e r k e Transportversicherung 477). Z w a r soll auch das Reisegut befördert werden. A b e r das ist nicht sein H a u p t z w e c k , sondern nur Mittel z u m Z w e c k e der Beförderung des Reisenden. D a ß Reisegut im Sinne des Versicherungsrechts nicht z u den G ü t e r n zählt, ist a u c h wirtschaftlich begründet. D e n n die Gefahr ist beim gewöhnlichen Reisegut anders als beim Frachtgut ( H G B § 6 7 3 A b s . 1), und zwischen gewöhnlichem und aufgegebenem Reisegut ( H G B § 673 Abs. 2) z u unterscheiden, hat m a n im Großverkehr keine Zeit. A u f eine laufende Police kann also z. B. Reisegut nicht deklariert w e r d e n ; anders natürlich, w e n n es als Frachtgut befördert wird. Die „Reiseeffekten-Versicherung" und die „Musterkoffer- und Reiselager-Versicherung" bildet daher auch einen besonderen Z w e i g der Transportversicherung mit eigenen Bedingungen (vgl. z. B. H G Z 1911. 129). — Hiermit ist natürlich weder gesagt, daß solche Sachen, die nicht „ G ü t e r " sind, nicht versichert werden können, noch auch, daß, w e n n sie versichert werden, die Versicherung keine Seeversicherung ist. Das Gesetz will nicht in's Prokrustesbett gelegt werden. Näheres: oben A n m . 27. M i t den Gütern ist auch das Zubehör versichert. Solches Zubehör kann insbesondere die V e r p a c k u n g bilden, w e n n die V e r p a c k u n g einen selbständigen W e r t hat oder doch z u r E r h ö h u n g des Wertes der Güter beiträgt (vgl. § 86 Abs. 2, § 90 A n m . , § 93 A n m . ) . So etwa, w e n n die Güter z u m Weiterverkauf in der V e r p a c k u n g bestimmt sind, oder w e n n die V e r p a c k u n g zur längeren V e r w a h r u n g und Erhaltung der G ü t e r dient (z. B. Fässer, Flaschen, Säcke, Zigarrenkästen, Etuis für Schmuckstücke, sog. Originalverpackungen), oder w e n n die G ü t e r „ s e e m ä ß i g " verpackt sind; vgl. R O H G 11. 106, R G 59. 120, J W 1911. 158, Bolze 21 Nr. 482, J R P V 1928. 370 = J W 1929. 931

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= A P V 192g. 258 = Sasse Nr. 33, O L G H a m b u r g Rspr 8. 98, 19. 400, R e c h t 1918 § 1 Nr. 1048, H G Z 1895. 179. W e n n der Versicherungsnehmer die G ü t e r für eigene R e c h n u n g versichert, aber in Ansehung der V e r p a c k u n g die Gefahr nicht trägt, so ist die Versicherung (als Versicherung f ü r fremde R e c h n u n g ) doch auch für die V e r packung wirksam. Denn nach der Verkehrssitte kommt es nicht darauf an, wer die Gefahr für die V e r p a c k u n g trägt, und die Versicherung für fremde R e c h n u n g setzt nur voraus, d a ß der Versicherer mit der Versicherung eines fremden Interesses rechnen m u ß (oben A n m . 1 1 , § 5 2 A n m . ; vgl. a u c h V V G § 8 5 ) . — V g l . a u c h H G Z 1893. 38: Pferdegeschirre als Z u b e h ö r z u R e i s e w a g e n ; dahingestellt und wohl, mit Recht, nicht gebilligt von R G H G Z 1898. 39. Imaginärer Gewinn 27. Imaginärer G e w i n n ist der „ v o n der A n k u n f t der Güter a m B e s t i m m u n g s - A n m . 39 ort erwartete G e w i n n " . Die Versicherung imaginären Gewinns ( B e n e c k e 1. 133: „eingebildeter N u t z e n " , 1. 137: „imaginirter G e w i n n " , P o h l s 4 . 9 2 : ,,gehoffter G e w i n n " ) w a r f r ü h e r v i e l f a c h v e r b o t e n . M a n glaubte nicht zulassen zu dürfen, d a ß der Versicherte Ersatz für etwas erhielte, was er nicht gehabt habe ( R i p e r t N r . 2501). So bestimmte z. B. PreußSeerecht von 1727 V I 10: „ D i e Versicherungen über verhoffte Gewinne, allerley Wetten und dergleichen Erfindungen, z u verdienende Schiffsfrachten, Heuer der Schiffsleute und L e b e n der Menschen sollen durchgehends unerlaubet und ohne K r a f f t seyn". Ebenso O r d . de la mar. I I I 6. 15, C . de comm. Art. 347; weitere Nachweise bei P o h l s 4. 93. Die Versicherung imaginären Gewinns hat sich dafür gerächt. Sie hat sich, im L a u f e der Zeit, a m weitesten v o m Wesen der Schadensversicherung als einer auf Ersatz von Schaden mit Einschluß des entgangenen Gewinns gerichteten Versicherung entfernt. 28. N a c h § 53 V V G u m f a ß t die Versicherung ,,den durch den Eintritt des V e r - A n m . 40 sicherungsfalls entgehenden G e w i n n " nur, soweit dies besonders vereinbart ist. Ist G e w i n n versichert, so nur „ d e r d u r c h d e n E i n t r i t t d e s V e r s i c h e r u n g s f a l l s e n t g e h e n d e G e w i n n " . Das B i n n e n v e r s i c h e r u n g s - R e c h t s c h l i e ß t s i c h damit d e m Wortlaut und, wie sich ergeben wird, im wesentlichen auch d e m Sinne nach a n d a s g e m e i n b ü r g e r l i c h e S c h a d e n s e r s a t z - R e c h t a n . N a c h § 252 B G B m u ß der Schadensersatz-Verpflichtete auch den entgangenen G e w i n n ersetzen, den Gewinn, „ w e l c h e r n a c h d e m g e w ö h n l i c h e n L a u f e d e r D i n g e oder n a c h d e n b e s o n d e r e n U m s t ä n d e n , insbesondere nach den getroffenen Anstalten und V o r kehrungen m i t W a h r s c h e i n l i c h k e i t e r w a r t e t werden konnte". Er m u ß den G e w i n n ersetzen, der zur Zeit der Entstehung des Schadens, genauer z u r Z e i t d e r E r s t a t t u n g d e s S c h a d e n s oder, im Falle gerichtlicher Feststellung, zur Zeit des Urteils (genauer der letzten mündlichen V e r h a n d l u n g ) mit Wahrscheinlichkeit z u erwarten war. Der mit der Lieferung säumige V e r k ä u f e r m u ß d e m K ä u f e r den G e w i n n erstatten, den dieser zur Zeit der Erstattung des Schadens mit Wahrscheinlichkeit erwarten kann. Es k o m m t nicht darauf an, welchen G e w i n n der K ä u f e r zur Zeit des Kaufabschlusses mit Wahrscheinlichkeit erwarten konnte. U n d der K ä u f e r kann nicht einmal den zur Zeit der Erstattung des Schadens mit Wahrscheinlichkeit zu erwartenden G e w i n n verlangen, wenn feststeht, d a ß dieser mit Wahrscheinlichkeit z u erwartende G e w i n n aus irgendwelchen G r ü n d e n in W i r k l i c h k e i t n i c h t e r z i e l t sein würde, die Wahrscheinlichkeit getrogen hat ( O L G Bamberg S A 62 Nr. 54). W a r der G e w i n n nicht mit Wahrscheinlichkeit, sondern nur m ö g l i c h e r w e i s e z u erwarten, so k o m m t er überhaupt nicht in Betracht. Alles dies gilt, nur mit einer Einschränkung, a u c h für die Binnenversicherung entgangenen Gewinns. Die Gewinnversicherung ist,

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§ 1 wie jede andere Schadensversicherung, Interessenversicherung (Hesse VersR 1963. 215). Der Versicherer ersetzt, auch wenn die Versicherungssumme höher ist als der Wert dieses Interesses zur Zeit des Versicherungsfalls, nicht mehr als den Betrag des Schadens ( V V G § 55). Maßgebend ist also (zwar nicht der Gewinn, der zur Zeit der Entschädigung oder des Urteils mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten war, wohl aber) der Gewinn, d e r z u r Z e i t des V e r s i c h e r u n g s f a l l s m i t W a h r s c h e i n l i c h k e i t zu e r w a r t e n war, und auch dieser nicht, wenn der Versicherer beweist, daß der Gewinn, obgleich er mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, doch in W i r k l i c h k e i t n i c h t e r z i e l t worden wäre. Anm. 41 29. Dieser, an und für sich folgerichtige, Standpunkt wurde früher auch für die Seeversicherung vertreten. „Der Zweck der Versicherung auf eingebildeten Nutzen (meint B e n e c k e 1. 134) kann kein anderer als dieser seyn: daß der Versicherer dem Versicherten, bei Verunglückung oder Beschädigung seiner Waare, denjenigen Gewinn bis zum Belauf der versicherten Summe ersetzt, den er bei glücklicher Ankunft derselben gehabt haben würde". „Danach ist die Versicherung auf imaginairen Gewinn so einzurichten, daß der Versicherer den Versicherten für das schadlos hält, was er nach dem wirklichen Preise der gesunden Ware im Bestimmungsorte mehr für dieselbe erhalten haben würde, als ihm dieselbe im Abgangsorte mit allen Kosten bis an Bord zu stehen kommt" (so noch P o h l s 4. 94). Dieser Standpunkt war zwar folgerichtig, aber mit der notwendigen „größeren Leichtigkeit in den Geschäften" nicht recht vereinbar. Aus England und den Niederlanden soll „die Methode gekommen sein, bei welcher der wahre Zweck dieser Versicherung in vielen Fällen ganz verfehlt wird" ( B e n e c k e 1. 137), eine Methode, die gleichwohl auf dem Gebiet der Seeversicherung gesiegt hat. Zwar gerade nicht in England (unten Anm. 53). Und auch in Deutschland nicht auf dem Gebiet der Binnenversicherung, wie oben nachgewiesen ist. Die Auffassung, daß die seeversicherungs-rechtlichen Vorschriften „nicht auf seeversicherungsrechtlichen Eigentümlichkeiten und Besonderheiten beruhten und deshalb auf die Binnenversicherung zu übertragen seien" (so G e r h a r d 245, 335; vgl. H a g e n S V R 74), ist offenbar irrig. Ebenso irrig, wie die Ansicht, daß § 53 V V G von der Begr z. V V G „anstandslos als gleichbedeutend mit den seeversicherungsrechtlichen Vorschriften behandelt" werde; denn die Begr z. V V G § 53 vermerkt lediglich die unbestreitbare Tatsache, daß § 53 V V G „mit den Vorschriften des HGB über die Seeversicherung (zu vgl. § 779 Abs. 2) im Einklang stehe", also mit der Vorschrift (übrigens nicht so sehr des § 779 Abs. 2 HGB = ADS § 1 Abs. 2, als vielmehr) des § 801 Abs. 1 HGB, wonach „bei der Versicherung von Gütern der imaginäre Gewinn . . . als mitversichert nur anzusehen ist, sofern es im Vertrage bestimmt ist" (vgl. auch M o l t 53). Für das Seeversicherungs-Recht kommt es nicht darauf an, welcher Gewinn zur Zeit des Versicherungsfalls zu erwarten ist. Nach den sonst das Seeversicherungs-Recht beherrschenden Grundsätzen müßte vielmehr der Zeitpunkt des Versicherungsbeginns maßgebend sein. Denn überall, wo das Seeversicherungs-Recht den Versicherungswert bestimmt hat, hat es ihn auf den Zeitpunkt des Versicherungsbeginns bestimmt (vgl. §§ 7°; 9°) 79> 99> ro 7> I 0 8 , 110). Hier ist das Seeversicherungs-Recht, um die letzte Quelle von Streitigkeiten zu verstopfen, über sich selbst hinausgegangen. Zwar bezeichnender Weise nicht in einer ausdrücklichen Vorschrift, sondern in der des § 793 Abs. 2 HGB, durch die es den Versicherer berechtigt, die Herabsetzung der Gewinntaxe zu verlangen, wenn die Taxe den Gewinn übersteigt, der zur Zeit des Vertragsschlusses zu erwarten war ( = ADS § 100 Abs. 2). V e r s i c h e r b a r ist hiernach der Gewinn, der beim Abschluß des V e r s i c h e r u n g s v e r t r a g s von der Ankunft der G ü t e r am Bestimmungsort zu e r w a r t e n war, — ohne Rücksicht darauf, ob er noch zur Zeit des Versicherungsbeginns oder des Versicherungsfalls zu erwarten war, ohne

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Rücksicht a u c h d a r a u f , d a ß er in Wirklichkeit nie erzielt worden wäre. E b e n dieser § 1 G e w i n n gilt im Zweifel a u c h tatsächlich als v e r s i c h e r t . Vgl. z. B. B o l z e Z H R 42. 42, B r o d m a n n 180, S i e v e k i n g 17, R G 4. 38, 15. 91, R G H G Z 1893. 194, 1898. 38, H G Z 1880. 341, 1885. 126, 1893. 17°> *74> I Ö95- 2 5Ö (wobei freilich zu berücksichtigen ist, d a ß untaxierte Gewinnpolicen nicht v o r k o m m e n , u n d d a ß d a h e r a u c h alle diese Entscheidungen Gewinnversicherungen mit taxierter Police b e h a n d e l n ) . Die Versicherung i m a g i n ä r e n Gewinns ist also, in noch g r ö ß e r e m U m f a n g als die G ü t e r versicherung, K o n j u n k t u r v e r s i c h e r u n g (über diese vgl. L e w i s Versicherungsrecht 60, auch P r e u ß A L R I I 8 1992—1994; u n g e n a u H G Z 1880. 3 4 1 : Die K o n j u n k t u r sei n u r die Veranlassung z u r Gewinnversicherung). Wie die Güterversicherung v o m Zeitp u n k t des Versicherungsbeginns an, so schützt die Gewinnversicherung v o m Z e i t p u n k t des Vertragsschlusses an gegen K o n j u n k t u r v e r l u s t , — w e n n a u c h eben n u r f ü r den Versicherungsfall. G e r a d e deshalb ist aber das Interesse des Gewinnversicherten a n d e r E r h a l t u n g der G ü t e r d u r c h die Versicherung noch m e h r geschwächt als das des Güterversicherten u n d , w e n n die K o n j u n k t u r fällt, so d a ß der b e i m Abschluß des Versicherungsvertrags erwartete G e w i n n nicht m e h r zu erwarten ist, geradezu in das Gegenteil verkehrt. D e r Gewinnversicherte wird n u n m e h r d a r a n interessiert, d a ß der Versicherungsfall eintritt. •— Die d u r c h solche Interessenkehrung b e g r ü n d e t e G e f a h r wird d a d u r c h noch größer, d a ß das Seeversicherungs-Recht a u c h in einem zweiten P u n k t e v o m Binnenversicherungs-Recht abweicht (siehe d a z u j e d o c h H a g e n S V R 74 A n m . 5). N a c h § 55 V V G , § 252 BGB k a n n m a n den Gewinn versichern, d e r mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden k a n n . N a c h Seeversicherungs-Recht k a n n m a n d e n G e w i n n versichern, d e r „ m ö g l i c h e r w e i s e " z u e r w a r t e n , ist (übrigens eine M i ß b i l d u n g der S p r a c h e ; d e n n nicht d a r a u f k o m m t es an, d a ß m a n „möglicherweise e r w a r t e t " , sondern d a r a u f , d a ß der G e w i n n möglicherweise erzielt wird). A u c h dieser G r u n d s a t z ist nicht ausdrücklich ausgesprochen. E r ist in dieselbe F o r m gekleidet, in welcher der G r u n d s a t z ausgesprochen ist, d a ß schon b e i m Abschluß des Vertrags zu e r w a r t e n d e r G e w i n n versichert werden k a n n : N a c h § 793 Abs. 2 k a n n d e r Versicherer H e r a b s e t z u n g der T a x e verlangen, w e n n diese den G e w i n n übersteigt, d e r „ n a c h kaufmännischer Berechnung möglicherweise zu erwarten w a r " ( = A D S § 100 Abs. 2; vgl. B r o d m a n n 180, S i e v e k i n g 17, R G H G Z 1893. 194, H G Z 1893. 174). D a n a c h ist als versicherbar u n d i m Zweifel versichert zwar nicht d e r „ d e n k b a r höchste" G e w i n n anzusehen, „ s o n d e r n derjenige, welchen ein K a u f m a n n bei einer verständigen Gewinnspekulation in seine R e c h n u n g a u f n e h m e n d a r f " ; aber „ d e r Preis, auf welchen gerechnet w e r d e n kann, fällt keineswegs mit d e m Preise z u s a m m e n , dessen Erzielung n a c h k a u f m ä n n i s c h e r Berechnung möglicherweise erwartet werden k a n n , auf welchen (eventuell viel höheren) Preis der K a u f m a n n gar nicht rechnet, f ü r dessen C h a n c e er sich aber rechtswirksam decken k a n n " ( R G H G Z 1893. 128). Die Gerichte h a b e n in diesem Falle a n g e n o m m e n , d a ß , w e n n d e r Versicherungsnehmer auf einen Verkaufspreis von 16 bis 17 D M f ü r die Einheit r e c h n e n könne, die mit Einschluß i m a g i n ä r e n Gewinns (gleichviel, wie hoch) auf 30 D M bestimmte T a x e nicht übersetzt sei, weil es d a r a u f nicht a n k o m m e , womit der Versicherungsnehmer gerechnet h a b e , sondern d a r a u f , was möglicherweise h a b e erwartet w e r d e n k ö n n e n . Bei solcher Auffassung wird freilich die A n f e c h t u n g übersetzter G e w i n n t a x e n praktisch nicht m e h r in Betracht k o m m e n , wenigstens d a n n nicht, w e n n G e w i n n „gleichviel wie h o c h " versichert ist (eine abschließende Beurteilung des Falles H G Z 1893. 127 ist i m m e r h i n nicht möglich, weil es an ausreichender Mitteilung des Sachverhalts fehlt, n a c h d e m „ i n concreto allerdings besondere Verhältnisse vorlagen, welche n a c h k a u f m ä n n i s c h e r Berechnung die Erzielung des versicherten h o h e n Preises als möglich erscheinen l i e ß e n " ; richtiger jedenfalls, w e n n auch selbstverständlich, H G Z 1893. 174: Es k o m m e auf eine „ver-

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§ 1 ständige Möglichkeit" an, und R G H G Z 1898. 39: „Ein versicherbares Interesse sei vorhanden, wenn und insoweit nach vernünftiger kaufmännischer Berechnung beim glücklichen Verlaufe der Reise auf einen Gewinn aus den Gütern gerechnet werden könne"; jedenfalls unrichtig S i e v e k i n g 39: „Es komme nicht darauf an, daß der Versicherte auf den Gewinn nicht habe rechnen können"). — Dagegen gilt natürlich für die Seeversicherung wie für die Binnenversicherung gleichmäßig der Satz, daß Gewinn, der nur v o n u n s i t t l i c h e n o d e r r e c h t s w i d r i g e n V e r a n s t a l t u n g e n e r w a r t e t werden kann, nicht versicherbar ist (vgl. oben Anm. i6ff.). — Uber die Berechnung des imaginären Gewinnis bei der laufenden Versicherung: 97 Anm. Versicherbar (und im Zweifel versichert) ist also der Gewinn, der zur Zeit des Vertragsschlusses nach kaufmännischer Berechnung möglicherweise zu erwarten und durch den Versicherungsfall entgangen ist oder doch, weil die Möglichkeit als Gewißheit angenommen wird, als entgangen zu betrachten ist. Anm. 42 30. Gewinn (lucrum cessans) ist das Gegenstück zum positiven Schaden (damnum emergens). Positiver Schaden ist nicht als Gewinn versicherbar. Positiven Schaden erleidet der Güterversicherte nicht nur durch Verlust oder Beschädigung der Güter als solcher, sondern unter Umständen auch dadurch, daß er Versendungskosten, insbesondere Fracht, ausgegeben hat, ohne in den, verlorenen oder beschädigten, Gütern einen Gegenwert zu besitzen. E n d g ü l t i g b e z a h l t e F r a c h t ist also z. B. nicht als imaginärer Gewinn versicherbar. Auch dann nicht, wenn der Versicherungsnehmer von der Ankunft der Güter am Bestimmungsort Gewinn und im Gewinn Deckung für die Fracht erwartet (§ 99 Satz 2). Endgültig bezahlte Fracht muß besonders versichert werden, wenn sie nicht in den Versicherungswert der Güter eingeschlossen ist (§ 90 Abs. 1). Dasselbe gilt von g e w ö h n l i c h e r B e f r a c h t e r s f r a c h t und sonstigen Versendungskosten ( R G 44. 20). Sie können und müssen besonders versichert werden und werden auch tatsächlich besonders versichert (vgl. z. B. R G 94. 300, H G Z 1917. 225: Versicherung „auf imaginären Gewinn, Mehrwert u/o. andere Interessen", H G Z 1917. 241: „inklusive Fracht u/o. Spesen u/o. imaginären Gewinn"). Bei der Feststellung, ob die Gewinntaxe übersetzt ist, kommt Fracht nicht in Betracht. Auf die Entschädigung für imaginären Gewinn braucht der Versicherungsnehmer sich ersparte Fracht nicht anrechnen zu lassen. — Aus demselben Grunde kommt „ M e h r w e r t d r ü b e n " für die Gewinnversicherung nicht in Betracht (näheres § 90 Anm.). Die Gewinnversicherung deckt keinen „Mehrwert drüben", die Versicherung von „Mehrwert drüben" keinen imaginären Gewinn ( H R Z 1918. 6). — Aus anderen Gründen kommt auch g e w ö h n l i c h e r M e h r w e r t für die Gewinnversicherung nicht in Betracht (§ 90 Anm.). Mehrwert ist in einer Wertsteigerung sich ausdrückender Gewinn, der beim Abschluß des Versicherungsvertrags nicht „nach kaufmännischer Berechnung möglicherweise zu erwarten war". Das wird oft verkannt (z. B. H G Z igio. 282, 1917. 225, Mat. 1. 344). Deshalb auch unrichtig H G Z 1885. 126: „Der prinzipale, gewöhnlichste und zunächst liegende Gegenstand, für den eine Versicherung von imaginärem Gewinn valediere, sei die aus günstiger Konjunktur sich ergebende Steigerung des Werts der Ware am Bestimmungsort". Hiergegen mit Recht R G 15. 91, das aber (mit R G 4. 38) auch noch zu weit gehend erklärt: „Die steigende Konjunktur könne die Veranlassung zum Abschluß des Vertrags über Versicherung auf imaginären Gewinn bilden . . . und werde sogar, wie sich aus § 860 H G B ( = ADS § 103 Abs. 2) ergebe, tatsächlich als die regelmäßige Veranlassung desselben angesehen". Dagegen wieder richtig R G 15. 92: Der Versicherer „garantiere" nicht den Gewinn, den der Versicherungsnehmer „im Falle der Ankunft der Güter wirklich gehabt hätte, er garantiere ihm vielmehr etwas ganz anderes, nämlich . . . ein in der Versicherungssumme ein für allemal fixiertes Äquivalent für die infolge der vom Versicherer über-

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nommenen Gefahr der Seereise dem Versicherten entgangenen Möglichkeit eines zu § 1 machenden Gewinns" (vgl. auch oben Anm. 41). Anders S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. I I I zu § 1 ADS. Vgl. auch die Aufsätze von H o c h g r ä b e r , Zur Lehre vom Mehrwert und imaginären Gewinn, J R P V 1925. 153 und 185, und von K u h n , Der imaginäre Gewinn in der Transportversicherung, NeumannsZ 1928. 362. Näheres § 90 Anm. 31. Der Gewinn muß „nach kaufmännischer Berechnung" zu erwarten sein. Anm. 43 Dabei ist nur an den Hauptfall gedacht, an den Fall einer Gewinnversicherung, die sich auf „Kaufmannschaften", zur Weiterveräußerung bestimmte Handelsgüter bezieht. Die E r g ä n z u n g bietet § 252 BGB: Der Gewinn muß „nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen" zu erwarten sein. Der Fabrikant kann imaginären Gewinn für die Maschinen versichern, die er im Fabrikbetriebe verwenden, für das Quebrachoholz, das er zu Gerbmitteln (HGZ 1893. 169), oder für das Holzöl, das er zu Lacken oder Farben verarbeiten (HGZ 1903. 153, 1904. 64), oder für die Baumwolle, die er verspinnen will (RG 15. 94). Aber wenn ich mir für privatwirtschaftliche Zwecke ein Lesebuch, eine Polstergarnitur oder einen Luxuswagen kommen lasse, kann ich in der Regel keinen imaginären Gewinn versichern. Ebensowenig, wie ich vom Verkäufer des Buches, der Garnitur oder des Wagens, wenn er nicht liefert, Ersatz „entgangenen Gewinns" verlangen kann. Ich kann mich eindecken und Ersatz des positiven Schadens verlangen. Ich habe auch insoweit ein versicherbares Interesse und kann den „Mehrwert drüben" versichern oder als Versicherungswert den Wert am Bestimmungsort vereinbaren (§ 90 Anm.). Aber ein Gewinninteresse habe ich natürlich nicht. Anders R G H G Z 1898.38, H G Z 1 8 9 5 . 3 7 : Das Interesse „bestehe in der Mehrausgabe, die der Käufer durch den Bezug von auswärts vermeiden wolle". Die gequälte Begründung verkennt, daß eine Ausgabe niemals entgangener Gewinn sein kann, und versagt ganz, wenn der Gegenstand überhaupt nur von auswärts bezogen werden kann. Anders auch S i e v e k i n g 18: „Unter Gewinn sei allgemein die von dem Transport der Güter zu erwartende Wertsteigerung zu verstehen", — was erst zu beweisen wäre und auf der Verwechselung der Versicherung imaginären Gewinns und der Versicherung des „Mehrwerts drüben" beruht. Anders ferner S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. I I I 3 zu § 1 A D S : „ M a n nimmt das Ergebnis vorweg, wenn man den Mehrwert als den in einer Wertsteigerung sich ausdrückenden Gewinn bezeichnet, der beim Abschluß des Versicherungsvertrags nicht nach kaufmännischer Berechnung möglicherweise zu erwarten war . . . Wenn die Konjunkturänderung sich so deutlich abzeichnet, daß der Versicherungsnehmer einen Konjunkturgewinn nach kaufmännischer Berechnung möglicherweise erwarten konnte, so vermag ich nicht einzusehen, weshalb nicht die Grundsätze der Versicherung des imaginären Gewinns anwendbar seien." — Ebensowenig kann der Verkäufer sich durch eine Versicherung imaginären Gewinns gegen den positiven Schaden schützen, den er davon befürchtet, daß er nicht mit den erwarteten Gütern seine Lieferungspflicht erfüllen kann und sich infolgedessen teurer eindecken muß ( S i e v e k i n g 18: „sehr zweifelhaft"). 32. Der entgehende Gewinn kann abstrakt und konkret berechnet werden. Anm. 44 A b s t r a k t : indem er „nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge" bestimmt wird; der Versicherungsnehmer braucht nicht etwa schon „Anstalten zur tatsächlichen Sicherung des Gewinns getroffen" zu haben (Bolze Z H R 42.42, R G H G Z 1898.39, H G Z 1893. 174). K o n k r e t : Der Versicherungsnehmer kann sich darauf berufen, daß er „nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen" (BGB § 252), „infolge individueller Verhältnisse" (RG 15. 89) einen höheren als den gewöhnlichen Gewinn erwarten konnte, etwa infolge eines besonders günstigen Verkaufs der auf seine Gefahr reisenden Güter oder infolge der besonders

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§ 1 günstigen Produktions- und Absatzverhältnisse der Fabrik, in der die gewinnversicherten Güter verarbeitet werden sollen, oder etwa, wenn der Versicherungsnehmer neue Briefmarken an eine ausländische Regierung verkauft hat und für den Fall der glücklichen Ankunft der Marken berechtigt ist, eine größere Menge solcher Briefmarken abstempeln zu lassen und an Markensammler zu verkaufen (RG 100. 93, wo freilich anscheinend nicht berücksichtigt ist, ob der Versicherungsnehmer im Falle des Verlustes nicht andere Marken hätte liefern können und sollen und auch in diesem Falle berechtigt gewesen wäre, gestempelte Marken in den Verkehr zu bringen). — Aber „nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge" kann wegen der „besonderen Umstände", wegen der „getroffenen Anstalten und Vorkehrungen" auch g e r i n g e r e r G e w i n n z u e r w a r t e n sein, als u n t e r g e w ö h n l i c h e n U m s t ä n d e n . Trägt der Käufer die Gefahr der Reise, so kann er (nicht nur sein Eigentümerinteresse an den Gütern, sondern auch) den Gewinn versichern, der beim Abschluß des Versicherungsvertrags nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge möglicherweise, insbesondere von einem etwa möglichen Weiterverkauf, zu erwarten ist. Wenn aber der Verkäufer, ganz oder teilweise, die Gefahr der Reise trägt, wenn er z. B. mit der Klausel verkauft hat should vessel be lost, contract to be void (oder mit der Klausel verkauft hat vessel prevented delivering cargo contract to be void: H G Z 1892. 73, 1893. 21, oder mit der Klausel verkauft hat „Falls das Schiff verlorengehen oder seinen Bestimmungsort nicht erreichen sollte, ist dieser Abschluß aufgehoben": H G Z 1892. 71, 91) und infolgedessen die Gefahr des Schiffsverlustes trägt, so kann er, falls sein von der Ankunft der Güter tatsächlich erwarteter Gewinn kleiner ist, als der unter gewöhnlichen Verhältnissen möglicherweise zu erwartende Gewinn, nicht schlechthin diesen letzteren versichern, sondern nur den kleineren, durch den Verkaufspreis begrenzten Gewinn (RG H G Z 1893. 195, H G Z 1893. J4)> — wie j a auch der Verkäufer, der die Gefahr der Reise nicht trägt, der Hauptsache nach nicht mehr das Eigentümerinteresse hat und deswegen auch nicht mehr (wenigstens nicht mehr für eigene Rechnung) versichern kann (vgl. oben Anm. 10, unten Anm. 52). H a t der Eigentümer die gewinnversicherten Güter erst nach dem Abschluß des Versicherungsvertrags so verkauft, daß die gesamte Gefahr der Reise auf den Käufer übergegangen ist, so ist (nicht nur die Güterversicherung: § 49, sondern auch) die Gewinnversicherung auf den Käufer übergegangen, der freilich in Höhe des durch den Verkauf realisierten Gewinns nicht Gewinn erwartet, sondern nur erwartet, durch die Verwertung der Güter Ersatz (auch) für den Kaufpreis und damit für den realisierten Gewinn zu erlangen (§ 49 Anm.). H a t der Eigentümer die gewinnversicherten Güter nach dem Abschluß des Versicherungsvertrags mit der Klausel should vessel be lost, contract to be void verkauft, so trägt er, der Verkäufer, die Gefahr des Schiffsverlustes, der Käufer die übrige Gefahr. Wie die Güterversicherung, so geht auch die Gewinnversicherung teilweise auf den Käufer über, — die Gewinnversicherung insbesondere wiederum ganz, soweit der Käufer die Gefahr trägt (also z. B. für den Fall, daß das versicherte Porzellan vollständig zerbrochen im Vertragsschiff den Bestimmungsort erreicht), teilweise (nämlich nur für den Uberschuß des Wertes des Gewinninteresses über den Verkaufsgewinn), soweit der Verkäufer die Gefahr trägt, also für den Fall des Schiffsverlustes (vgl. R G H G Z 1893. 195, wo freilich nur betont ist, daß das Gewinninteresse des Verkäufers, soweit der Verkaufsgewinn hinter dem Werte des Gewinninteresses zurückbleibt, wegfällt). — Die Höhe der Gefahr bleibt natürlich bei der Berechnung der Höhe des Gewinns außer Betracht (RG 94. 303). Anm. 45

33. Ist beim Abschluß des Versicherungsvertrags unmöglich Gewinn zu erwarten, so ist der Vertrag u n w i r k s a m und nach den §§ 2, 3 zu behandeln (§ 5 Anm. 5; Beispielfall: § 103 Anm.). Er wird auch nicht wirksam, wenn vor oder nach

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dem Beginn der Versicherung die Erwartung eines Gewinns möglich wird. Er wird § 1 auch nicht dadurch wirksam, daß tatsächlich Gewinn entgeht. Der Versicherungsnehmer wird zu dem Beweise, daß tatsächlich Gewinn entgangen sei, gar nicht zugelassen. Nach herrschender Ansicht steht § 252 Satz 2 B G B nicht im Wege, daß der Schadensersatz-Berechtigte sich auch auf später entstandene Umstände, die eine Gewinnerwartung rechtfertigen, insbesondere auf eine spätere, bei der Entstehung des Schadens noch nicht zu erwartende Wertsteigerung beruft (z. B. S o e r g e l - S c h m i d t Anm, 4of. zu §§249—253 B G B ) ; § 2 5 2 Satz 2 B G B wird insoweit als eine nur den Beweis erleichternde Vorschrift betrachtet (vgl. auch oben Anm. 40). Die Berechtigung dieser, die Schadensliquidation weiter erschwerenden und die Schadensprozeßführung zum Nachteil aller Beteiligten weiter belastenden, Auffassung kann hier dahingestellt bleiben. Denn die versicherungsrechtliche Vorschrift, daß der ganze Gewinn, der beim Abschluß des Versicherungsvertrags nach kaufmännischer Berechnung möglicherweise zu erwarten war, versicherbar, aber auch nur er zu ersetzen ist, bildet einen selbständigen, von der Vorschrift des § 252 B G B jedenfalls insoweit unabhängigen, materiellen Rechtssatz. Der Versicherungsnehmer kann sich also insbesondere nicht darauf berufen, daß zwar beim Abschluß des Versicherungsvertrags ein so hoher Gewinn, wie der versicherte, nicht zu erwarten war, die Konjunktur aber gestiegen ist und nunmehr, beim Eintritt des Versicherungsfalls, der versicherte Gewinn zu erwarten gewesen wäre, bloße Konjunktursteigerung ist überdies durch Mehrwert-Versicherung zu decken (oben Anm. 42). — Anders natürlich, wenn gerade für den Fall, daß noch nach dem Abschluß des Versicherungsvertrags die Erwartung eines Gewinns möglich wird, Versicherung genommen ist. Dann ist eben für ein künftiges Gewinninteresse Versicherung genommen (§ 4 Abs. 1). Das ist, der Natur der Sache nach, b e i d e r l a u f e n d e n V e r s i c h e r u n g , der verbreitetsten Art von Versicherungen künftiger Interessen, der Fall. Bei der laufenden Versicherung kann natürlich der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht maßgebend sein. An die Stelle des Zeitpunkts des Vertragsschlusses muß hier, der Natur der Sache nach, der Z e i t p u n k t treten, in d e m d e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r „nach kaufmännischen Grundsätzen V e r s i c h e r u n g z u n e h m e n " h ä t t e , wenn er nicht schon durch die laufende Versicherung gedeckt wäre (§97 Abs. 1 ; näheres: § g7 Anm.). Die Parteien können natürlich einen anderen, späteren Zeitpunkt, insbesondere denjenigen der Deklaration, als Stichtag vereinbaren. Eine solche Vereinbarung ist aber nicht schon die, daß der Gewinnversicherte nach Lage des Falles den Gewinn zu deklarieren hat und der Versicherer „verpflichtet ist, stets die erforderliche Summe bis zum Maximalbetrag von 60 000 M für jedes einzelne Schiff versichert zu halten und die Aufgabe anzuerkennen" ( R G 94. 300, H G Z 1 9 1 7 . 225, vgl. hierzu § 97 Anm.). Denn damit ist zwar vereinbart, daß der deklarierte Betrag als Gewinninteresse angesehen werden soll, nicht aber auch, daß für die Berechnung des wirklichen Versicherungswerts ein anderer als der gewöhnliche Zeitpunkt maßgebend sein soll ( R G 94. 303). — War beim Abschluß des Versicherungsvertrags möglicherweise Gewinn zu erwarten, so ist o h n e B e d e u t u n g , daß nach oder auch vor dem Beginn der Versicherung d i e M ö g l i c h k e i t w e g f ä l l t ( H G Z 1885. 126). Die besondere Vorschrift über den für den Versicherungswert maßgebenden Zeitpunkt schließt insoweit die entsprechende Anwendung des § 4 (vgl. dazu § 5 Anm. 5) aus, — gerade so, wie etwa die besonderen Vorschriften der §§ 70, 90 die Anwendung des § 4 für den Fall ausschließen, daß der Wert des versicherten Schiffes oder der versicherten Güter nach dem Beginn der Versicherung fällt. 34. Daß beim Abschluß des Versicherungsvertrags nur möglicherweise zu erwarten- Anm. 46 der Gewinn versicherbar ist, widerstreitet nicht nur dem Zwecke der Versicherung und den allgemeinen Grundsätzen des Versicherungsrechts, sondern auch denjenigen

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§ 1 des Schadensersatz-Rechts überhaupt (oben Anm. 40, 41). Die Zulässigkeit solcher Versicherung konnte daher nur vom Gesetz, nicht von den ADS angeordnet werden, — ähnlich, wie nur das Gesetz zulassen kann, d a ß auch eine übersetzte Taxe des Versicherungswerts wirksam ist ( § 6 Anm. 19), oder daß Versicherungskosten jeder Art versicherbar sind ( M I A § 13). Die Vertragsparteien können selbstverständlich nicht noch weiter gehen und „Gewinn" versichern, obwohl noch weniger von einem Interesse die Rede sein kann ( V o i g t 154). Sie können insbesondere nicht noch „extraimagin ä r e n " Gewinn versichern, wenn damit gemeint ist, d a ß ein höherer als der nach § 793 Abs. 2 H G B ( = ADS § 100 Abs. 2) zulässige Gewinn versichert sein soll. Das wird aber auch regelmäßig nicht gemeint sein. „Extraimaginärer" Gewinn wird gewöhnlich im Hinblick auf eine Gewinnversicherung versichert, die 10% des Versicherungswerts der Güter und damit nicht den ganzen, nach § 793 Abs. 2 H G B versicherbaren inmaginären Gewinn deckt. Die Versicherung „extraimaginären" Gewinns soll nur den Rest des Gewinninteresses decken oder einen Gewinn, der beim Abschluß der früheren Gewinnversicherung noch nicht zu erwarten war und nach dem inzwischen eingetretenen „Laufe der Dinge" oder nach den inzwischen „getroffenen Anstalten oder Vorkehrungen" zu erwarten ist (vgl. auch § 100 Anm.). Deshalb mißverständlich und verleitlich: H G Z 1893. 173: „ I n der Bezeichnung des Gewinns als extraimaginären Gewinn liege eine Andeutung, daß es sich nicht um den gewöhnlichen imaginären Gewinn handle". Tatsächlich handelte es sich in diesem Falle um das „gewöhnliche" Gewinninteresse, und das besondere des Falles bestand nur darin, daß dieses gewöhnliche Gewinninteresse nicht nur f ü r die gewöhnlichen Schadensfälle, sondern auch für den besonderen Schadensfall gedeckt war, daß „die Ladung nicht mit demselben Schiffe ganz oder teilweise ihre Bestimmung erreichen sollte". Unrichtig auch O G H a m b u r g H G Z 1873. 258: „Nach der Bezeichnung des versicherten imaginären Gewinns als eines „extraimaginären" sei anzunehmen, d a ß der Versicherungsnehmer eine Versicherung habe nehmen wollen, welche auch dann als verfallen anzusehen sei, wenn die Ware zwar den Bestimmungsort erreiche, aber in einem anderen Schiffe als in demjenigen, in dem sie im Abladehafen verladen worden sei" (ebenso H G Z 1892. 71; vgl. auch unten Anm. 48). Anm. 47

Aus demselben Grunde kann nicht mit der üblichen Klausel: „Taxiert zu x D M inklusive imaginären Gewinn, gleichviel wie hoch," ein höherer als der nach § 793 Abs. 2 H G B zulässige Gewinn versichert werden. Er soll auch nicht versichert sein. Die Klausel will nur der Auslegungsregel des §801 Abs. 2 H G B ( = ADS § 101) begegnen, nach der 10% des Versicherungswerts der Güter als Versicherungswert des imaginären Gewinns angesehen werden sollen ( V o i g t 154, R G 44. 21, R G H G Z 1899. 262, H G Z 1898. 293, 1917. 244, H G u. O G H a m b u r g H G Z 1878. 151). Es sollen nicht 10% des Versicherungswerts der Güter, sondern es soll der ganze, nach § 793 Abs. 2 H G B ( = ADS § 100 Abs. 2) versicherbare Gewinn als versichert gelten. Würden also Güter „taxiert auf 100 000 D M inklusive imaginären Gewinn, gleichviel wie hoch" versichert sein und der wirkliche Versicherungswert der Güter nur 80 000 D M betragen, so würde der Versicherer gleichwohl Herabsetzung der Taxe nicht verlangen können, wenn von der Ankunft der Güter am Bestimmungsort ein Gewinn von 20 000 DM zu erwarten gewesen ist (vgl. auch § 101 Anm.). Anm. 48 35- Versicherbar ist, als versichert und gegebenenfalls als entgangen gilt der Gewinn, der „von der Ankunft der Güter" zu erwarten ist. Wie sonst im allgemeinen der Schaden das schadenstiftende Ereignis zur nächsten Ursache haben m u ß (§ 28 Anm.), so m u ß hier die Nichtankunft (oder die nicht gehörige Ankunft) der Güter am Bestimmungsort die nächste Ursache des Gewinnentgangs sein, — wenn auch nur in der Vorstellung, in der Erwartung. Als imaginärer Gewinn ist nur der Gewinn

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versicherbar, der von der Ankunft der Güter als seiner nächsten Ursache zu erwarten ist. § 1 In den imaginären Gewinn können nicht in ferner Zukunft liegende Gewinnmöglichkeiten einkalkuliert werden. Dagegen steht nichts im Wege, bei der Berechnung des von der Ankunft der Güter zu erwartenden Gewinns auch die Erwartung der A n k u n f t z u e i n e r b e s t i m m t e n Z e i t zu berücksichtigen. Wenn die Güter sog. S a i s o n w a r e n , z. B. eine Salpeterladung, bilden, so kann bei der Bemessung der Höhe des zu erwartenden Gewinns auch „die bei normaler Reisedauer zu gewärtigende Zeit des Eintreffens mit in Anschlag gebracht werden" ( H G Z 1893. 173). Dies muß natürlich erst recht gelten, wenn nicht nur der „ v o n der Ankunft der Güter" erwartete Gewinn, sondern der „ v o n der Ankunft der Güter m i t d e m S c h i f f e Luise" erwartete Gewinn versichert ist. Der Unterschied zwischen einer solchen Gewinnversicherung und der üblichen Gewinnversicherung ist nur der, daß bei der üblichen Gewinnversicherung die Güter (erst) dann als total verloren gelten, wenn sie den Bestimmungsort nicht erreichen (vgl. § 103 Abs. 1), bei der Versicherung des von der Ankunft mit einem bestimmten Schiffe erwarteten Gewinns dagegen die Güter (schon) dann als total verloren gelten, wenn sie zwar den Bestimmungsort erreichen, aber nicht mit dem im Versicherungsvertrag bestimmten Schiffe (und deswegen, wenn überhaupt, gewöhnlich später) erreichen (richtig: H G Z 1892. 75, 1893. 22: „Schwereres R i s i k o " ; ungenau ebendort: „Anderes Risiko"). Bei der Berechnung des von der Ankunft der Güter mit dem Schiffe Luise erwarteten Gewinns kann auch die Erwartung der Ankunft dieses Schiffes z u e i n e r b e s t i m m t e n Z e i t berücksichtigt werden. Und dies alles ist natürlich nicht anders, wenn die Gewinnversicherung sich unter einer Versicherung für behaltene Ankunft verbirgt, wenn also etwa „ 3 8 0 0 0 M auf die behaltene Ankunft der Ladung Salpeter mit dem Schiffe Luise" versichert werden ( H G Z 1893. 10) und sich ergibt, daß diese „Interessenversicherung" imaginären Gewinn zu decken bestimmt ist. Wenn freilich zunächst der Salpeter mit der Klausel should vessel be lost, contract to be void verkauft wird und nunmehr „ 3 8 0 0 0 M auf die behaltene Ankunft der Ladung Salpeter mit dem Schiffe Luise" versichert werden, kann die Versicherung des Verkäufers imaginären Gewinn nur noch beschränkt decken. Das Gewinninteresse ist durch den Verkauf beschränkt. Die Versicherung deckt nur noch das durch den Verkauf beschränkte Gewinninteresse. Der Wert dieses Interesses ist durch „ d i e besonderen Umstände, insbesondere die getroffenen Anstalten und Vorkehrungen", nämlich durch den Verkauf, auf den durch den Verkauf erzielten Gewinn bestimmt (oben Anm. 44). Nach ihm bemißt sich die Entschädigung (und das Recht des Versicherers auf Herabsetzung der Taxe), mögen die Güter den Bestimmungsort nicht erreichen, mögen sie ihn zwar erreichen, aber nicht mit dem Schiffe Luise. Und wenn zunächst der Salpeter „inklusive imaginären Gewinn, gleichviel wie hoch", versichert wird ( H G Z 1893. 9), dann der Salpeter mit der Klausel should vessel be lost, contract to be void verkauft wird, nunmehr „ 3 8 0 0 0 M auf die behaltene Ankunft der Ladung Salpeter mit dem Schiffe Luise" versichert werden und diese Versicherung nur zur Ergänzung der ersten Gewinnversicherung dienen soll, so ist zwar die Versicherung für behaltene Ankunft auch eine Versicherung imaginären Gewinns, aber eine Gewinnversicherung, die gegenüber der gewöhnlichen Gewinnversicherung insofern erweitert ist, als sie für einen bestimmten, bei der gewöhnlichen Gewinnversicherung nicht wirksamen Fall (nämlich den Fall, daß die Güter zwar den Bestimmungsort erreichen, aber nicht mit dem bestimmten Schiffe) genommen ist, die aber gegenüber der gewöhnlichen Gewinnversicherung insofern beschränkt ist, als sie eben für die gewöhnlichen Fälle nicht genommen ist, z. B. nicht für den Fall, daß Schiff und Güter untergehen, also insofern vielmehr der ersten Gewinnversicherung den Vortritt läßt. Aber ohne zwingenden Grund darf natürlich nicht angenommen werden, daß die unter der Maske einer Ver-

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Sicherung für die behaltene Ankunft der Güter mit einem bestimmten Schiffe sich verbergende Versicherung imaginären Gewinns in diesem beschränkten Umfang gemeint ist. An und für sich ist auch eine solche Versicherung eine gewöhnliche Gewinnversicherung, die nur das besondere hat, daß der Versicherer auch dann haftet, wenn die Güter zwar den Bestimmungsort erreichen, aber nicht mit dem Schiffe. Und dies kann an und für sich auch nicht einmal dann anders sein, wenn zunächst eine gewöhnliche Gewinnversicherung genommen wäre. Es würde dann eben teilweise Doppelversicherung vorliegen; beide Versicherer würden z. B. als Gesamtschuldner haften, wenn Schiff" und Güter untergehen. Verkauft nach Abschluß des Gewinnversicherungs-Vertrags der Versicherungsnehmer die Güter mit der Klausel should vessel be lost, contract to be void, so fällt das versicherte Interesse teilweise weg. Der Versicherer würde nur noch haften, wie er haften würde, wenn die Güter zunächst mit dieser Klausel verkauft wären und nunmehr erst Gewinnversicherung genommen wäre. In Wirklichkeit läßt das Gesetz das Interesse nicht teilweise wegfallen, sondern insoweit auf die Käufer übergehen.

Mit dieser Auffassung stimmen im wesentlichen Rechtslehre ( B o l z e Z H R 42. 42, S i e v e k i n g 144, V o i g t 594, S c h l e g e l b e r g e r S V R § 1 A D S I I I 3c) und Rechtsprechung ( R G 36. 1 3 3 , R G H G Z 1893. 155, H G Z 1893. n , 172, 1895. 95, H G u. O G Hamburg H G Z 1873. 257, 1876. 140, L G Hamburg H G Z 1885. 103) überein. Dabei ist es jedoch nicht ohne Mißverständnisse abgegangen. Anm. 49 a) Nach S i e v e k i n g 144 „wird das Interesse daran, daß . . . Güter in einem bestimmten Schiffe und zu einer bestimmten Zeit, d. h. innerhalb der bei normalem Verlaufe der Fahrt mit annähernder Richtigkeit feststellbaren Zeit ankommen, durch Versicherung auf behaltene Ankunft . . . von Gütern in einem bestimmten Schiffe nicht gedeckt". Das versteht sich von selbst, ist auch unbestritten und insbesondere nicht (wie S i e v e k i n g glaubt) in R G 36. 83, H G Z 1893. 169 bestritten worden. Wenn „ 3 8 0 0 0 M auf die behaltene Ankunft der Ladung Salpeter mit dem Schiffe Luise" versichert werden und die Luise statt, wie vorausgesetzt, am 1. Februar 1922, erst am 1. April 1922 am Bestimmungsort eintrifft, kann der Versicherungsnehmer natürlich keine Entschädigung verlangen ( H G Z 1895. 97). Der Versicherungsfall ist nicht eingetreten. Zwar hätte auch das Interesse des Ladungsbeteiligten an der rechtzeitigen Ankunft der Güter am 1. Februar 1922 versichert werden können (abw. ohne Grund L e w i s 2. 258). Aber das ist eben nicht geschehen. Anm. 50

b) Von dem gleichen unrichtigen Ausgangspunkt aus sind B o l z e Z H R 42. 42 und, ihm folgend, H G Z 1895. 96 zu unrichtigen Ergebnissen gelangt (richtig dagegen L G Hamburg H G Z 1985. 94). Sie stellen die Frage, ob „das Zeitinteresse unter die Versicherung auf behaltene Ankunft einer Ware mit einem bestimmten Schiff fällt, ob also anzunehmen ist, daß die Versicherungsgesellschaft das Risiko dafür hat übernehmen wollen, daß die Ware innerhalb einer relativ bestimmten oder bestimmbaren Zeit ankommt, — oder ob eine derartige Versicherung etwas so Ungewöhnliches ist, daß, wenn der Versicherte kein anderes besonderes Interesse nachweist, beim Eintreffen der Ladung in einem anderen Schiffe der Schadensfall nicht gegeben ist, daß er namentlich nicht schon um deswillen gegeben ist, weil die Ladung später eintrifft, als sie, wenn ein Seeunfall nicht eingetreten wäre, nach Wahrscheinlichkeit mit dem ersten Schiffe eingetroffen sein würde". Diese Ungewöhnlichkeit wird behauptet. Mit Recht. Die Versicherung bloßen Zeitinteresses kommt aus naheliegenden Gründen praktisch nicht vor (würde aber natürlich, wenn sie vorkäme, Seeversicherung sein, — was L e w i s 2. 258 ohne Grund bestreitet). Aber der Schluß, daß deshalb bei der Versicherung imaginären Gewinns die Wahrscheinlichkeit oder Möglichkeit der Ankunft der Güter zu einer bestimmten Zeit nicht in Betracht komme, ist ein offenbarer Trug-

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Schluß. D e n n die „ E r w a r t u n g " eines Gewinns m u ß notwendig stets aus Gegenstand, § 1 R a u m u n d Zeit ihre N a h r u n g schöpfen (oben A n m . 48; richtig insbesondere H G Z 1893. 174). N i c h t d a r u m h a n d e l t es sich, o b die Versicherung i m a g i n ä r e n Gewinns auf die behaltene A n k u n f t d e r G ü t e r mit d e m Schiffe die Versicherung eines Zeitinteresses ist (wie H G Z 1895. 96 g l a u b e n m a c h e n will), sondern n u r d a r u m , o b bei der Berechnung der H ö h e des erwarteten Gewinns a u c h die voraussichtliche Zeit d e r A n k u n f t der G ü t e r zu berücksichtigen ist, o b die E r w a r t u n g sich a u c h an d e r voraussichtlichen Zeit der A n k u n f t der G ü t e r zu bilden hat. Das ist aber begriffsnotwendig. Es ist desh a l b a u c h unerläßlich sowohl im Interesse des Versicherungsnehmers wie in d e m des Versicherers. I m Interesse des Versicherungsnehmers: D e n n , w e n n er den von der A n k u n f t einer S a l p e t e r l a d u n g erwarteten G e w i n n versichert, m u ß er gerade den G e w i n n versichert wissen wollen, d e n er von der A n k u n f t des Salpeters zu der f ü r die deutsche L a n d w i r t s c h a f t u n d d a m i t f ü r den deutschen M a r k t günstigen Zeit erwartet. I m Interesse des Versicherers: W e n n die E r w a r t u n g zeitlos wäre, w ü r d e es i h m eigentlich niemals gelingen können, zu beweisen, d a ß die G e w i n n t a x e erheblich übersetzt ist (worauf w i e d e r u m mit R e c h t H G Z 1893. 174 hingewiesen, woraus die Schlußfolgerung zu ziehen aber H G Z 1895. 95 unterlassen h a t ) . Die Berücksichtigung der voraussichtlichen Ankunftszeit soll n a c h H G Z 1895. 95 „ z u d e m s o n d e r b a r e n E n d e f ü h r e n k ö n n e n , d a ß der Versicherte, obwohl er auf behaltene A n k u n f t m i t d e m Schiffe versichert h a t , sein Interesse d a r i n erblickt, d a ß das bestimmte Schiff die Reise nicht vollendet, das G u t nicht h e r a n b r i n g t , das G u t also nicht mit d e m bestimmten Schiffe a n k o m m t " . A b e r dies E n d e ist nichts weniger als s o n d e r b a r . D e n n die Interessenk e h r u n g ist g e r a d e der Versicherung i m a g i n ä r e n Gewinns in besonderem M a ß e eigentümlich (oben A n m . 41). N i c h t m i n d e r u n b e g r ü n d e t ist d e r E i n w a n d , i m Falle der Berücksichtigung der voraussichtlichen Ankunftszeit fehle j e d e r A n h a l t d a f ü r , „ o b bei A n k u n f t d e r W a r e mit einem Ersatzschiff zu späterer Zeit als der vermutlichen Ankunftszeit des in der Police g e n a n n t e n Schiffes ein Totalverlust vorliege oder n i c h t " ( H G Z 1895. 97)- D e n n , d a bei der gewöhnlichen Gewinnversicherung die G ü t e r als total verloren gelten, w e n n sie den Bestimmungsort nicht erreichen, m u ß n a t ü r l i c h , falls v e r e i n b a r t wird, d a ß der von d e r A n k u n f t d e r G ü t e r m i t einem bestimmten Schiffe erwartete G e w i n n versichert sein soll, a u c h als v e r e i n b a r t angesehen werden, d a ß die G ü t e r als total verloren gelten sollen, w e n n sie n i c h t m i t eben diesem Schiffe den Bestimmungsort erreichen, insbesondere also, w e n n sie zwar d e n Bestimmungsort erreichen, aber mit einem a n d e r e n Schiffe. U n d diese naheliegende E r w ä g u n g leitet zu einer a n d e r e n ü b e r , die das letzte Bedenken gegenüber d e m „ s o n d e r b a r e n E n d e " a u s r ä u m t , zu d e m die hier vertretene Auffassung angeblich f ü h r e n soll. W e n n n ä m l i c h bei der gewöhnlichen G e w i n n v e r s i c h e r u n g als v e r e i n b a r t gilt, d a ß , falls die G ü t e r w ä h r e n d d e r Reise verkauft werden u n d m e h r als den Versicherungswert erzielen, d e r Gewinnversicherte sich den M e h r b e t r a g auf die Gewinnversicherungs-Summe a n r e c h n e n lassen m u ß (§ 103 Abs. 2), so m u ß natürlich, falls v e r e i n b a r t wird, d a ß der von d e r A n k u n f t d e r G ü t e r mit einem b e s t i m m t e n Schiffe erwartete G e w i n n versichert sein soll, a u c h als v e r e i n b a r t angesehen werden, d a ß , falls die G ü t e r mit einem a n d e r e n Schiffe a m Bestimmungsort eintreffen, der Gewinnversicherte sich den entsprechenden M e h r wert ü b e r den Versicherungswert der G ü t e r auf die Gewinnversicherungs-Summe anr e c h n e n lassen m u ß . Das ergeben übrigens a u c h schon die Regeln ü b e r Vorteilsausgleichung (vgl. V o r b . I X vor § 1). Eine Versicherung des v o n der A n k u n f t der G ü t e r mit einem bestimmten Schiffe A n m . 51 erwarteten Gewinns ist es j e d o c h nicht, w e n n etwa n u r vereinbart w i r d : „ 1 2 0 0 0 M als e x t r a i m a g i n ä r e n G e w i n n auf 1530 T o n s loses Phosphat f ü r behaltene A n k u n f t desselben, taxiert zu 12000 M i m Dampfschiff Luise von S o m b r e r o Island n a c h S t e t t i n "

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( R G H G Z 1893. 21, H G Z 1892. 73; vgl. auch die ähnlichen Fälle R G 36. 130, B o l z e 16 Nr. 458, R G H G Z 1884. 139, H G Z 1884. 138, 1895. 256, H G u. O G Hamburg H G Z 1876. 137, 138). In solchen Fällen bedeutet die Angabe des Schiffes nur, daß die Güter mit dem angegebenen Schiffe befördert werden sollen (vgl. § 95 Abs. 1, näheres: § 101 Anm.). — Dagegen ist es allerdings eine (besondere) Versicherung des von der Ankunft der Güter mit einem bestimmten Schiffe erwarteten Gewinns, wenn Gewinn versichert wird auf die behaltene Ankunft des Schiffes am Bestimmungsort mit der Klausel: „Falls infolge Seeschadens oder einer Kondemnation oben bezeichneter Dampfer seinen Bestimmungsort nicht erreicht, ist die versicherte Summe mit 100% als Totalschaden zu zahlen" ( R G 36. 130, H G Z 1895. 256; näheres über die Klausel: § 120 Anm.). Anm. 52 36. Bei alledem ist vorausgesetzt und aus alledem geht bereits hervor, daß als imaginärer Gewinn nicht jede Art von „Gewinn" versichert werden kann, den jemand von der Ankunft der Güter am Bestimmungsort erwartet. Agenten, Makler, Kommissionäre, Spediteure, Lagerhalter, Frachtführer, Leichter-, Schlepper-, Löschungsunternehmer, Getreidekontrolleure usw. können ein Gewinninteresse an der Ankunft der Güter haben und versichern. Selbst der Konsument kann ein Interesse an der Ankunft der Güter haben, da die Preise fallen, wenn große Zufuhren den Bestimmungsort erreichen, steigen, wenn sie ihn nicht erreichen. Aber als „imaginären Gewinn" können sie diese Interessen nicht versichern. Imaginären Gewinn kann nur versichern, wer das Eigentümerinteresse hat (so auch S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. I I I 3c zu § 1 A D S ; zweifelnd Hesse VersR 1963. 2 1 5 : notwendig sei nur ein Substanzinteresse). Wie der Begriff des Schadens den positiven Schaden (damnum emergens) und den entgangenen Gewinn (lucrum cessans) umfaßt, so umfaßt das Eigentümerinteresse im weiteren Sinne das Interesse des Eigentümers als solchen, keinen Schaden an seinem Eigentum zu erleiden und nicht die Möglichkeit eines Gewinns zu verlieren, den er, als Eigentümer, durch Verwertung oder Verwendung der ihm gehörenden Sache erzielen könnte. Das Gesetz bringt diesen Gedanken ebensowenig zu unmittelbarem Ausdruck wie den Gedanken, daß die Versicherung „des Schiffes" oder „der Güter" nur das Eigentümerinteresse im engeren Sinne umfaßt. Es läßt aber jenen Gedanken wie diesen deutlich durchblicken (vgl. insbesondere R G 44. 20, R G H G Z 1893. 190, H G Z 1884. 138, 1893. 12, 1917. 244, auch R G H G Z 1893. 23). So insbesondere, indem es von der Versicherung des „im Falle der Ankunft der Güter erwarteten Gewinns" ausdrücklich die Versicherung „der von der Ankunft der Güter zu verdienenden Provision" unterscheidet (HGB § 779 Abs. 1 = ADS § 1 Abs. 2). Indem es von der „Mitversicherung" imaginären Gewinns zusammen mit der Versicherung der Güter spricht (HGB § 801 Abs. 2) oder von der „gemeinschaftlichen Versicherung der Güter und des Gewinns" (§ 1 0 1 ; freilich auch von der Mitversicherung der Provision, aber nur im Gedanken an die teils für eigene, teils für fremde Rechnung zu nehmende Versicherung der Güter und des Gewinns durch den Kommissionär, vgl. Prot. 4273). Indem es die Versicherung der Güter den Gewinn nur dann „umfassen" läßt, wenn es besonders vereinbart ist ( V V G § 53, H G B § 801 Abs. 1). Indem es bestimmt, daß der Gewinnversicherte sich den Uberschuß des Verkaufserlöses, der Havariegrosse-Vergütung und des vom Verfrachter geleisteten Schadensersatzes auf die Versicherungssumme anrechnen lassen muß (HGB §§ 860, 879 Abs. 3, ADS § 103 Abs. 2). Uber die versicherungstechnische Rätlichkeit solcher Unterscheidung läßt sich streiten. An der versicherungsrechtlichen Unterscheidung ist nicht zu zweifeln. Nur der Eigentümerinteressent kann imaginären Gewinn versichern. A n d e r e G e w i n n i n t e r e s s e n t e n m ü s s e n i h r I n t e r e s s e b e s o n d e r s b e z e i c h n e n (§ 1 Abs. 2 Satz 2) oder für behaltene Ankunft der Güter oder des Schiffes mit den Gütern Versicherung nehmen. Eigentümerinter-

Gütergewinn-Interesse

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essent ist insbesondere auch der Käufer, der die Gefahr der Reise trägt (oben Anm. 10). § 1 Eigentümerinteressent im Sinne der Gewinnversicherung ist der Käufer aber auch dann, wenn er nicht die Gefahr der Reise trägt. Denn das Gewinninteresse des Verkäufers ist zum Teil auf ihn übergegangen, wie das gewöhnliche Eigentümerinteresse dann auf ihn übergeht, wenn er die Gefahr der Reise übernimmt. Der Verkäufer kann nach Abschluß des Kaufvertrags nicht mehr den ganzen Gewinn versichern, der zur Zeit des Abschlusses des Versicherungsvertrags „nach kaufmännischer Berechnung möglicherweise zu erwarten" ist. Die Möglichkeit hat sich durch den K a u f teilweise in Gewißheit verwandelt. Das Gewinninteresse des Verkäufers ist teilweise liquidiert. Der Verkäufer kann nur noch den Gewinn versichern, den er nach dem Kaufvertrag zu erwarten hat (oben Anm. 44). Das restliche Gewinninteresse ist auf den Käufer übergegangen. Der Käufer kann es als imaginären Gewinn versichern ( R G H G Z 1884. 139, 1893. 21, H G Z 1892. 73; vgl. auch H G u. O G Hamburg H G Z 1876. 137, 138). Wenn die Güter nach dem Abschluß des Kaufvertrags im Werte steigen, kann der Käufer j a auch den restlichen Wert, den Mehrwert, als gewöhnliches Eigentümerinteresse versichern, obgleich er die Gefahr der Reise nicht trägt. Geht die Gefahr der Reise nach § 447 BGB auf den Käufer über, so kann dieser, wie das gewöhnliche Eigentümerinteresse, so auch das Gewinninteresse versichern. Maßgebend für den Wert des Gewinninteresses ist der Zeitpunkt, in dem der Käufer Versicherung nimmt. Waren Güter und Gewinn schon vom Verkäufer versichert, so gehen Güter- und Gewinnversicherung auf den Käufer über, natürlich mit dem ursprünglichen Versicherungswert. War beim Abschluß des Kaufvertrags die Ware im Preise gefallen, also der versicherte Gewinn nicht mehr zu erwarten, so kann der Käufer gleichwohl Entschädigung nach Maßgabe des höheren Versicherungswerts verlangen. War beim Abschluß des Kaufvertrags die Ware im Preise gestiegen, so kann er gleichwohl nur Entschädigung nach Maßgabe des niedrigeren Versicherungswerts verlangen. — Auch die F r a c h t ist „ G e winn", und zwar Gewinn, der (nicht nur von der Ankunft des Schiffes, sondern auch) von der Ankunft der Güter erwartet wird und sogar durch „Anstalten und Vorkehrungen", nämlich durch den Abschluß des Frachtvertrags gesichert ist. Aber das Frachtinteresse ist ebensowenig wie das Provisionsinteresse und ähnliche Interessen ein Gütereigentümer-Interesse und kann daher schon aus diesem Grunde nicht als imaginärer Gewinn versichert werden. 37. Auch in England ist Gewinn (profit, expected profit) versicherbar ( M I A § 3 Anm. Abs. 2). Trotz der sonst leichteren Auffassung des englischen Rechts über die Bezeichnung des Interesses (oben Anm. 13) wird Gewinn durch eine gewöhnliche Güterpolice nicht gedeckt. Die Versicherung muß besonders, on profits oder dgl., genommen werden ( A r n o u l d 259 s. 293: anders in den VerSt. von Amerika). Doch darf in die Gütertaxe Gewinn eingeschlossen werden. — Versicherbar ist der Gewinn, den der Versicherungsnehmer erwartet. Aber im Versicherungsfall the assured cannot recover unless he prove that but for the intervention of the périls insured against, some profit would in fact have been realised by the sale of his goods an arrivai ( A r n o u l d 256 s. 290); anders in den U S A : dort it is conclusive presumption that some profit would have accrued had the goods arrived and upon this the valuation in the policy attaches ( A r n o u l d a. a. O . Anm. 18). — Zwischen der Versicherung von profits und von commissions wird nicht so scharf unterschieden, wie nach deutschem Recht zwischen der Versicherung imaginären Gewinns und der Versicherung von Provision (vgl. A r n o u l d 258 s. 291). In Frankreich war die Versicherung von Gewinn (profit espéré) nach Art. 347 C. de com. verboten. M a n umging das Verbot, indem man den Versicherungswert der Güter mit einem Aufschlag von 10% vereinbarte ( R i p e r t Nr. 2504). Das Gesetz vom 12. August 1885 hat die Gewinnversicherung erlaubt. Man hat aber am alten 7

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

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Schiffsgewinn-Interesse

§ 1 V e r f a h r e n in der Praxis im Prinzip festgehalten: N a c h Art. 12 der französischen Güterpolice umfaßt der Versicherungswert der Güter 1 2 % imaginären Gewinn.

Schiffsgewinn A n m . 54

38. V o m imaginären G e w i n n spricht man im Verkehr im allgemeinen nur im Z u s a m m e n h a n g e mit der Güterversicherung. Versicherbar ist aber natürlich auch der d e m imaginären Gewinn entsprechende, von der A n k u n f t des Schiffes a m B e s t i m m u n g s o r t erwartete Gewinn (wenn auch Gesetz und A D S die Versicherung von Schiffsgewinn nicht besonders erwähnen). Versicherbar ist aber nur der G e w i n n , der „ n a c h d e m g e w ö h n l i c h e n L a u f e d e r D i n g e oder n a c h d e n b e s o n d e r e n U m s t ä n d e n , insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, m i t W a h r s c h e i n l i c h k e i t e r w a r t e t werden k o n n t e " ( B G B § 252). Nicht der G e w i n n der nur „möglicherweise zu erwarten" ist. Z w a r gestattet das Gesetz ( H G B § 793 A b s . 2), imaginären G e w i n n auch insoweit zu versichern, als er nur „möglicherweise z u erwarten" ist. A b e r das Gesetz geht damit für einen Sonderfall über die allgemeinen Schadensersatz- und Schadensversicherungs-Grundsätze hinaus (oben A n m . 4 1 , 46). Es kann daher auf andere Fälle nicht übertragen werden. — Aus denselben G r ü n d e n ist a u c h der Schiffsgewinn nicht versicherbar, der „ z u r Zeit des Abschlusses des Vertrags zu erwarten w a r " , sondern nur der Schiffsgewinn, der beim Beginn der Versicherung zu erwarten ist. Ist der versicherte G e w i n n beim Beginn der Versicherung nicht mehr oder nicht mehr ganz zu erwarten, so ist das versicherte Interesse ganz oder teilweise weggefallen, die Gewinnversicherung also nach § 4 Abs. 1 zu behandeln.

A n m . 55

39. I m übrigen wird aber von der Versicherung des von der Ankunft des Schiffes a m Bestimmungsort (oder auch in einem Zwischenhafen) erwarteten Gewinns grundsätzlich dasselbe gelten müssen, wie von der Versicherung des von der A n k u n f t der G ü t e r a m Bestimmungsort erwarteten Gewinns. Insbesondere m u ß angenommen werden, d a ß , wenn solcher Gewinn versichert ist, nur das Gewinninteresse des Eigentümers als versichert gelten kann. Denn für die Versicherung der Provision des Schiffsagenten, des Schiffsmaklers usw. haben Gesetz und A D S die Versicherung der „ i m Falle der A n k u n f t des Schiffes a m Bestimmungsorte zu verdienenden Provision" zur V e r f ü g u n g gestellt.

A n m . 56

Insbesondere kann der erwartete Schiffsgewinn sowohl V e r w e r t u n g s - wie Verwendungsgewinn sein. Die Versicherung von Verwertungsgewinn ist natürlich selten. D e n n Schiffe hat man in der Regel nicht, um sie zu verwerten, sondern u m sie z u verwenden. U b e r einen Fall der Versicherung „ a u f imaginären G e w i n n des Schiffes Christine": H G Z 1891. 24 ( K a u f u n d W e i t e r v e r k a u f e i n e s Schiffes mit einem Nutzen von 11000, beides unter der Bedingung glücklicher A n k u n f t des Schiffes in einem bestimmten Hafen).

A n m . 57

Die Versicherbarkeit des Verwendungsgewinns, des von der A n k u n f t des Schiffes in einem H a f e n erwarteten Betriebs- oder Nutzungsgewinns, ist s t r e i t i g . Die V e r sicherbarkeit eines solchen Interesses, die Zulässigkeit solcher Versicherungen kann indessen keinem begründeten Zweifel begegnen. Die Zeit, w o m a n die C h o m a g e versicherung oder gar die Feuerversicherung von entgangenem G e w i n n für unzulässig hielt, ist vorüber. Die Versicherung von Betriebs- und Mieteausfällen u. ähnl. ist gang und gäbe. D e m Verwertungsinteresse des Ladungsbeteiligten entspricht das Nutzungsinteresse des Reeders. Die Rollen können vertauscht sein. Der Ladungsbeteiligte kann ein Nutzungsinteresse, der Reeder ein Verwertungsinteresse haben. Der Ladungsbeteiligte kann eine für seine Fabrik bestimmte Maschine oder eine zur V e r a r b e i t u n g in seiner Fabrik bestimmte W a r e , der Reeder kann ein von ihm z u m V e r k a u f bestimmtes

Schiffsgewinn-Interesse

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Schiff gewinnversichern (vgl. oben Anm. 43, 65). Gewöhnlich ist es aber umgekehrt, § 1 und das gewöhnliche hat dem Gesetz und den A D S sein Gepräge gegeben. Beide, Ladungsbeteiligter und Reeder, können ihr Verwertungs- wie ihr Nutzungsinteresse, j e nachdem sie jenes oder dieses haben, versichern. „ E i n lebens- und konkurrenzfähiger Import- und Exporthandel hängt von der Aussicht auf einen den Wert der Güter am Abladeplatz übersteigenden Gewinn und die Möglichkeit seiner Sicherung gegen die Seegefahr ebenso wesentlich ab, wie ein lebens- und konkurrenzfähiger Reedereibetrieb" von der Aussicht auf Frachterwerb ( R G H G Z 1893. 59), — vielleicht nicht „ebenso", sonst wäre die Versicherung gegen Betriebsausfälle ebenso häufig wie die Versicherung der Betriebsgegenstände; aber das ist nur ein äußerer, kein innerer Unterschied. So auch die herrschende Ansicht: R G H G Z 1893. 58, H G Z 1892. 180, 1894. 283, L G Hamburg 1883. 3 1 2 , S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. I I I 3 e zu § 1 A D S . Anders S i e v e k i n g 6: Z w a r habe der Reeder ein Interesse daran, daß ihm die Möglichkeit späteren Frachtverdienstes nicht durch den Verlust des Schiffes entzogen werde. Aber dies Interesse sei nicht versicherbar. Es sei nach dem Gesetze nicht dermaßen mit dem Bestehen der Gefahr auf der versicherten Reise verknüpft, daß es versicherbar sei. Denn das Gesetz schreibe vor, daß der Frachtversicherer für einen Unfall, von dem das Schiff betroffen werde, nur hafte, wenn die Frachtverträge bereits abgeschlossen seien, und verneine damit ein versicherbares Interesse an dem Verdienst noch nicht durch Vertrag gesicherter Frachten. Demgemäß erkenne auch das englische Recht ein versicherbares Interesse am Frachtverdienst nur an, wenn there is at the time of loss an inchoate right to the freight ( A r n o u l d s. 322, V o i g t 492). Höchstens könne bei Schiffslinien, die regelmäßige Fahrten unterhielten, gegen die Schäden Versicherung genommen werden, welche unmittelbar aus der durch den Schiffsverlust verursachten Betriebsstörung entständen, wie z. B. Vermögensverluste durch verhinderte oder verzögerte Expedition von Waren oder Passagieren (so anscheinend im Anschluß an L G Hamburg H G Z 1892. 178). Diese Auffassung steht allerdings in unvereinbarem Widerspruch mit dem Anerkenntnis, daß der Fabrikant den von der Verwendung der Maschine erwarteten Nutzen als imaginären Gewinn, und daß sogar der Privatmann für den zu seinem persönlichen Gebrauch bestimmten Divan „imaginären G e w i n n " versichern könne ( S i e v e k i n g 1 8 ; vgl. dazu oben Anm. 43). I m übrigen ist der Irrtum offenbar. Das argumentum e contrario hat sich wieder als Trugschluß erwiesen. § 825 Abs. 3 H G B verbietet nicht die Versicherung der durch Frachtvertrag nicht gesicherten Fracht, sondern bestimmt nur dispositiv über den U m f a n g der Haftung des Versicherers. It would indeed be extraordinary, if (expected) freight could not be made the subject of protection by an instrument which had its origin in commerce, and was introduced for the very purpose of giving security to mercantile transactions; it is a solid substantial interest as ascertained by contract, and arising out of labour and capital employed for the purposes of commerce (Chambre, J . , bei A r n o u l d 249 s. 282; freilich wird in England vorausgesetzt, daß der Gewinn nicht nur zu erwarten gewesen ist, sondern auch tatsächlich erzielt worden wäre, wenn der Versicherungsfall es nicht verhindert hätte, vgl. oben Anm. 53). Trotz § 825 Abs. 3 H G B steht daher auch in Deutschland nichts im Wege, expected freight unter Frachtversicherung zu bringen; es muß nur besonders ausbedungen werden (§ 105 Abs. 2). Aber es kommt hierauf gar nicht an. Denn es handelt sich gar nicht um eine Frachtversicherung. Als Frachtversicherung kann freilich ein Schiffsbetriebsausfall nicht versichert werden. Hierauf haben schon R G H G Z 1893. 59, H G Z 1892. 180, 1894. 283 aufmerksam gemacht. Hierauf bezieht sich auch allein A r n o u l d 249 s. 282, 290 s. 3 2 2 : T h e party who insures freight must have an inchoate right to it. Whether a shipowner can insure the profit which he expects to make by the use of his ship is a question which has not 7»

100

Schiffsgewinn-Interesse

§ 1

been determined (it is clear that he cannot insure such profit as " f r e i g h t " unless he have entered into a binding contract for freight). In a case where the plaintiff contended that the benefit to be derived from the use of a ship is insurable, although there be no actual contract for freight, Walton, J., agreed that a shipowner has an interest in the use of his vessel, and m a y insure against loss through has being deprived of such use by perils of the sea, or other causes ( A r n o u l d 258 s. 291). I m V e r k e h r geht man heute noch darüber hinaus. N a c h den I F C in the event of the total loss, whether absolute or constructive, of the vessel, the amount underwritten by this policy shall be paid in full, whether the vessel be fully or only partly loaded or in ballast, chartered or unchartered. — I m f r a n z ö s i s c h e n Versicherungsverkehr unterschied m a n früher zwischen fret acquis und fret ä faire (C. de com. Art. 347). Fret ä faire w a r nicht versicherbar. Die Unversicherbarkeit wurde aber durch das Gesetz v o m 25. August 1885 beseitigt.

A n m . 58

40. Allerdings hat auch dieses Interesse seine natürlichen, durch die allgemeinen R e g e l n v o m Schadensersatz bestimmten Grenzen (oben A n m . 15). D e r Betriebsgewinn m u ß , u m versicherbar zu sein, „ n a c h d e m gewöhnlichen Laufe der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, m i t Wahrscheinlichkeit erwartet werden k ö n n e n " ( B G B § 252). Es ist nicht nötig, d a ß er schon durch V e r t r a g gesichert ist. Es gnügt nicht, d a ß er nur „ m ö g l i c h e r w e i s e " z u erwarten ist. Anders H G Z 1892. 180, w o v o m Versicherer der Beweis verlangt wird, daß es „ u n m ö g l i c h " gewesen sei, den v o m Versicherungsnehmer behaupteten G e w i n n zu erzielen (noch weiter gehend L G H a m b u r g H G Z 1883. 3 1 2 : nicht nur die Möglichkeit neuen Frachtverdienstes nach Beendigung der versicherten Reise, sondern auch die Möglichkeit „ferneren Frachtverdienstes" k o m m e in Betracht). Hier wird übrigens die Verteilung der Beweislast damit begründet, d a ß die Police die Klausel enthalte: „ I m Falle v o n Totalverlust des Schiffes ist die versicherte S u m m e z u m Vollen z u b e z a h l e n " . Die Klausel bedeutet an sich nur, d a ß der Versicherungsnehmer die Versicherungssumme verlangen k a n n : der Versicherer m u ß nachweisen, d a ß der Schaden kleiner ist als die Versicherungssumme, nicht aber auch, d a ß das Interesse nicht besteht oder den v o m Versicherungsnehmer behaupteten W e r t nicht gehabt hat. Gleichwohl ist die Verteilung der Beweislast richtig. Denn die V e r e i n b a r u n g einer Versicherungssumme ist nicht nur die V e r e i n b a r u n g der Höchstleistung des Versicherers, sondern auch eine V e r e i n b a r u n g über den W e r t des versicherten Interesses; sie befreit daher den Versicherungsnehmer v o m Beweise des Versicherungswerts und bürdet d e m Versicherer den Gegenbeweis auf (§ 6 A n m . n ) . Überdies wird man, w e n n die Police über eine Versicherung des Schiffsgewinns eine Klausel gleich der bezeichneten enthält, wohl annehmen müssen, d a ß die Parteien, w i e es bei der Versicherung von Gütergewinn die R e g e l ist (§ 100 A b s . 1), die Versicherungssumme als T a x e haben behandelt wissen wollen.

A n m . 59

41. A u c h die F r a c h t ist „ G e w i n n " , der (nicht nur von der A n k u n f t der Güter, sondern auch) von der A n k u n f t des Schiffes erwartet wird. A b e r die Fracht m u ß , wie § 1 A b s . 2 ausdrücklich bestimmt, als solche besonders versichert werden. A n m . 60 42. Ist a u c h die Versicherung des Schiffsgewinns das Gegenstück zur Versicherung imaginären Gewinns, so folgt daraus natürlich n i c h t , d a ß die V o r s c h r i f t e n ü b e r die V e r s i c h e r u n g i m a g i n ä r e n G e w i n n s ohne weiteres auf die V e r s i c h e r u n g d e s S c h i f f s g e w i n n s z u ü b e r t r a g e n sind, — so wenig, wie aus d e m Verhältnis der Kaskoversicherung zur Güterversicherung folgt, d a ß die für die eine geltenden Vorschriften auf die andere angewendet werden können. U n a n w e n d b a r ist namentlich die besondere Bestimmung, d a ß gewinnversicherte Güter schon dann als total verloren gelten, wenn sie aus einem anderen Grunde als dem des Totalverlustes den Bestimmungsort nicht erreichen (§ 103 Abs. 1, § 71 A n m . , § 103 A n m . , § 120 A n m . ) . A n w e n d b a r

Provisionsinteresse

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ist dagegen die Bestimmung, daß, wenn der Gewinn nicht besonders taxiert ist, die § 1 Versicherungssumme als Taxe gilt (§ 100 Abs. i). Denn diese Bestimmung beruht auf Erwägungen, die für die Schiffsgewinn -Versicherung dieselbe Bedeutung haben, wie für die Gütergewinn-Versicherung. Provision 43. I m Falle der Ankunft des Schiffes am Bestimmungsort kann Provision Anm. 61 zu verdienen sein, z. B. vom Schiffsmakler für den Abschluß neuer Frachtverträge ( H G Z 1896. 309). Die Provision muß nicht gerade am Bestimmungsort zu verdienen sein. Sie kann Anm. 62 z. B. auch in einem Z w i s c h e n h a f e n zu verdienen sein. § 1 Abs. 2 ist eben nur ein Verzeichnis der gewöhnlichsten Beispielfälle. •— Ebensowenig m u ß gerade „Provision" zu verdienen sein. Es kann auch s o n s t i g e r V e r d i e n s t sein. So etwa die Vergütung des Schiffsmaklers für die Besorgung der Schiffsgeschäfte, für die Ausklarierung des Schiffes usw. ( H G Z 1896. 310; auch Provision im weiteren Sinne genannt, vgl. H G B § 354), oder der Gewinn, den ein Schiffsausrüstungs-Händler von der Ankunft und Ausrüstung des Schiffes erwartet (zweifelnd S c h l e g e l b e r g e r SVR § 1 ADS I I I 4). Vgl. M I A § 3 Abs. 2 b : The earning or acquisition of any . . . commission, profit, or other pecuniary b e n e f i t . . . endangered by the exposure of insurable property to maritime perils. Die Provision muß, um versicherbar zu sein, „ n a c h d e m g e w ö h n l i c h e n L a u f e Anm. 63 d e r D i n g e oder n a c h d e n b e s o n d e r e n U m s t ä n d e n , insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, m i t W a h r s c h e i n l i c h k e i t e r w a r t e t werden können" (BGB § 252, B r o d m a n n 167). Daß sie nur „möglicherweise" zu erwarten ist, genügt nicht. Allerdings kann von der Ankunft der Güter am Bestimmungsort erwarteter Gewinn schon dann versichert werden, wenn er nur „möglicherweise" zu erwarten ist (vgl. H G B § 793 Abs. 2, ADS § 100 Abs. 2, oben Anm. 41). Aber § 793 Abs. 2 H G B weitet die Grenzen der Versicherbarkeit für einen bestimmten Fall über das hinaus, was durch die allgemeinen Regeln über den Schadensersatz sonst bestimmt und deshalb auch für die Schadensversicherung maßgebend ist. § 793 Abs. 2 H G B ist also eine Sondervorschrift, die keine analoge Anwendung verträgt. Noch weniger ist natürlich die bloß „denkbar höchste" Provision versicherbar (so L G H a m burg H G Z 1896. 310). Aber die Provision braucht andererseits nur „wahrscheinlich", ihre Erwartung insbesondere keine sichere, durch fest abgeschlossene Verträge begründete (so B r o d m a n n 167) zu sein (richtig S i e v e k i n g 145: „begründete Aussicht"). — Auch sonst können die B e s t i m m u n g e n ü b e r d i e V e r s i c h e r u n g i m a g i n ä r e n G e w i n n s n i c h t o h n e w e i t e r e s h i e r h e r ü b e r t r a g e n werden. Dies gilt insbesondere von der Vorschrift, daß der Gewinnversicherer Herabsetzung der Taxe verlangen kann, wenn diese den zur Zeit des Vertragsschlusses zu erwartenden Gewinn übersteigt, als wirklicher Versicherungswert also der zur Zeit der Schließung des Versicherungsvertrags zu erwartende Gewinn anzusehen ist (HGB § 793 Abs. 2, ADS §100 Abs. 2). Denn auch diese Vorschrift ist eine (überdies unmotivierte) Ausnahme nicht nur von allgemeinen schadensersatz-rechtlichen, nicht nur von allgemeinen versicherungsrechtlichen, sondern auch von transportversicherungs-rechtlichen Grundsätzen (oben Anm. 41, 46). Wirklicher Versicherungswert ist vielmehr der Wert des versicherten Provisionsinteresses zur Zeit des Beginns der Versicherung (§§ 79, 70). — Ebensowenig ist die Bestimmung übertragbar, d a ß die gewinnversicherten Güter als total verloren auch d a n n gelten, wenn sie aus einem anderen Grunde als dem des Totalverlustes der Güter den Bestimmungsort nicht erreichen (§103 Abs. 1; vgl. § 71 Anm., § 103 Anm., § 120 Anm.).

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Frachtinteresse

§ 1 44. Im Falle der Ankunft der Güter am Bestimmungsort kann Provision zu Anm. 64 verdienen sein, Provision des Kommissionärs, des Spediteurs, des Maklers, des Agenten, Löschungsvergütung, Binnenfracht usw. (oben Anm. 52). — Für die Versicherbarkeit der Güterprovision gilt im allgemeinen d a s s e l b e w i e f ü r d i e V e r s i c h e r b a r k e i t v o n S c h i f f s p r o v i s i o n e n (oben Anm. 62, 63). B e s o n d e r e s : § 104. Aus der hier angeordneten „entsprechenden" Anwendung der für die Versicherung imaginären Gewinns geltenden Vorschriften darf nicht gefolgert werden, daß Güterprovision schon dann versicherbar ist, wenn sie auch nur „ m ö g l i c h e r w e i s e " zu erzielen ist. Denn über die Versicherbarkeit eines Interesses entscheidet nur das Gesetz, und das Gesetz (HGB § 793 Abs. 2) hat zwar die Versicherbarkeit „möglicherweise" zu erzielenden Gewinns, nicht aber die Versicherbarkeit nur „möglicherweise" zu erzielenden Provision zugelassen. Wenn 2000 M Ewerführer- und Arbeitslohn für die Güter des von Bakers Island nach H a m b u r g bestimmten Schiffes versichert sind, und das Schiff nach dem Frachtvertrag nicht ohne weiteres nach Hamburg, sondern „nach Rotterdam, Antwerpen oder Hamburg, in Falmouth Order einzuholen" fahren soll, mag es schon vor dem Beginn der Reise „möglich" sein, d a ß das Schiff nach H a m b u r g kommt und in diesem Falle Ewerführerlohn zu verdienen ist; aber als „wahrscheinlich" kann man es angesichts der möglichen drei Alternativen nicht bezeichnen (OAG Lübeck K i e r u l f f 3. 391). — Ebensowenig ist der V e r s i c h e r u n g s w e r t der Provision nach den für die Versicherung imaginären Gewinns maßgebenden Grundsätzen zu bestimmen. Maßgebend ist nicht der Wert, den das versicherte Provisionsinteresse zur Zeit der Schließung des Versicherungsvertrags hat, sondern der Wert, den es b e i m B e g i n n d e r V e r s i c h e r u n g hat (§§ 99, 90). Hiernach also wäre in dem angeführten Beispielfalle der Versicherung von erwartetem Ewerführerlohn der Versicherungswert zu bestimmen gewesen, wenn das Schiff nicht schon bei Bakers Island total verlorengegangen wäre, sondern Falmouth angelaufen und Order nach H a m b u r g erhalten hätte und auf der Weiterreise nach H a m b u r g untergegangen wäre. Die Versicherung war die Versicherung eines bedingten, eines contingent interest (MIA § 7 Abs. 1; vgl. O A G Lübeck K i e r u l f f 3- 395 : »für den Fall, daß das Schiff . . . nach H a m b u r g destiniert" werden würde), eines Interesses, das nach dem Eintritt der Bedingung nach den Verhältnissen zur Zeit des Beginns einer gewöhnlichen Provisionsversicherung zu bewerten gewesen wäre. Anm. 65

45. In E n g l a n d wird die Versicherung von commissions im wesentlichen ebenso behandelt, wie diejenige von profits: A r n o u l d 259 s. 292. Fracht

Anm. 66

46. Der Verfrachter übernimmt (gegen Vergütung) Beförderung (HGB § 556). Er verspricht nicht Arbeit, sondern Arbeitserfolg. Der Frachtvertrag ist also kein Dienstvertrag. Er ist eine besondere Art von Werkvertrag (BGB §631 1 ; vgl. S c h a p s A b r a h a m I I 260 Anm. 1, P a p p e n h e i m , Handb. 2. 86, 103, W ü s t e n d ö r f e r S H R 229 u n d Studien 97, 187,475; über abweichende Auffassungen S c h a p s A b r a h a m ) . M a g das Schiff auf Stückgüter angelegt (HGB §§ 556 Nr. 2: S t ü c k g ü t e r v e r t r a g ) oder zu einem Teile oder im ganzen verfrachtet sein (HGB §§ 556 Abs. 1, 557: C h a r t e r v e r t r a g ) , mag es für eine bestimmte Reise oder Zeit verfrachtet sein, mag dem Befrachter jede unmittelbare Einwirkung auf die Beförderung versagt, mag er berechtigt sein, der Schiffsbesatzung gewisse Anweisungen (z. B. für Übernahme, Stauung, Verwahrung, Ablieferung des Frachtguts) zu erteilen. Das unterscheidet den Frachtvertrag auch von der S c h i f f s m i e t e . Durch den Schiffsmietevertrag verspricht der Reeder, dem Mieter das Schiff zum Gebrauch zu überlassen (BGB § 535). Solche gewöhnlichen Mietverträge sind z. B. die im Hafenverkehr üblichen Schuten-Mietver-

Frachtinteresse

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träge. Im eigentlichen Seeverkehr kommen solche Mietverträge nur in Gestalt der § 1 bare-boat charter vor (vgl. dazu S c h a p s - A b r a h a m I I 134 Anm. 5 zu § 5 1 0 H G B ) . Sie kommen dort aber in Verbindung mit einem N e b e n v e r t r a g vor, durch den der Reeder sich verpflichtet, dem Mieter außer dem G e b r a u c h des S c h i f f e s auch denjenigen der S c h i f f s b e s a t z u n g zu überlassen, und sich das Recht der (notwendigen) Kontrolle über die vertragsmäßige Benutzung des Schiffes vorbehält (vgl. z. B. P a p p e n h e i m Handb. 2. 88, S c h a p s - A b r a h a m I I 267 Vorbem. vor § 556 H G B Anm. 17, S c h ü t z e H R Z 1919. 568, W ü s t e n d ö r f e r Studien 136). 47. Ob im konkreten Falle ein Raumfrachtvertrag oder ein Mietvertrag mit Dienst- Anm. 67 verschaffungsleistung der Besatzung (im Gegensatz zu der bloßen bare-boat-charter) vorliegt, kann schwierig zu entscheiden sein. Entscheidend dafür ist weder die von den Parteien gewählte Bezeichnung (der Ausdruck „charter" ist als solcher rechtlich farblos) noch der Besitz am Schiff, dessen Übergang auf den Charterer zwar zeigt, daß ein Mietvertrag vorliegt, aus dessen NichtÜbergang aber nicht in allen Fällen zu entnehmen ist, daß ein Frachtvertrag gegeben ist. Denn der Kapitän kann auch bei Mietvertrag die tatsächliche Gewalt für den Reeder als dessen Besitzdiener behalten ( R G 7 1 . 333). Es kommt vielmehr darauf an, ob der Reeder selbst für seinen Gegenkontrahenten Transportleistungen vornehmen oder es ihm nur ermöglichen will, das Schiff und die Dienste der Besatzung seinerseits selbständig auszunutzen. I m ersten Fall handelt es sich um einen Frachtvertrag, im letzten um eine Schiffsmiete. So liegt, vornehmlich bei einer Zeitcharter, Miete vor, wenn ein Schiff mit Besatzung jemandem gegen Entgelt in einer Weise überlassen wird, daß nur er während der Zeit der Überlassung über dessen Verwendung soll bestimmen können, die Befugnisse des Charterers also über diejenigen bei einer Employment-Klausel ("that the captain shall be under the Orders and direction of the charterer as regards employment, ageney or other arrangements"; vgl. S c h a p s A b r a h a m I I 1 3 5 Anm. 5 zu § 5 1 0 H G B ) hinausgehen. Indessen steht der Annahme eines Frachtvertrages nicht entgegen, daß etwa der Charterer das Recht hat, Zahl und Ziel der ausführenden Reisen innerhalb der Grenzen der Charter zu bestimmen, oder daß er den notwendigen Treibstoff zu beschaffen hat (vgl. Schiedsgericht H G Z 1 9 1 5 . 98). Es muß indessen beim Frachtvertrag immer ein jedenfalls doch bestimmbarer Leistungserfolg versprochen sein, der im Zusammenhang mit typischen Reederaufgaben des Vercharterers steht. So wird ein Chartervertrag mit Employmentklausel, wenn der Charterer nicht selbst Seetransportunternehmer, vornehmlich auch in seiner Haupttätigkeit ist, Frachtvertrag sein, denn hier will sich der Charterer gerade auch der Reedererfahrung des Unternehmens des Vercharterers im Sinne eines werkvertraglichen Erfolgversprechens bedienen. Die ölgesellschaft, die auf zehn J a h r e einen Tanker, der Erzgroßhändler, der auf zwei J a h r e einen Frachter chartert, hat im allgemeinen nur geringe eigene Reedererfahrung. Ihm liegt nicht nur an der bloßen Zurverfügungstellung des Schiffes und der Dienste seiner Besatzung. E r erwartet den Transporterfolg. E r wird, wenn sich diesem Hindernisse in den Weg stellen, in den meisten Fällen weder willens noch in der L a g e sein, helfend einzuspringen. Ein Mietvertrag wird dagegen im Zweifel dann anzunehmen sein, wenn eine Linienreederei in Ergänzung ihres Schiffsparks ein Schiff chartert, um es in ihre Linie einzustellen (vgl. W ü s t e n d ö r f e r A f c P 1 1 0 . 261 ff.; s. auch L G Bremen Hansa 1 9 5 1 . 1 1 5 , auch B G H Z 22. 107 = N J W 1957. 828). Eine charternde Reederei verfügt über eigene Seetransporterfahrungen. Sie kann sich mit der bloßen Überlassung von Schiff und den Diensten der Besatzung begnügen. Sie wird sogar in der Regel auch nicht mehr wollen. Soweit in den Vertragsformularen dem Rechtscharakter des Vertrages eine andere Bezeichnung gegeben worden ist, als ihm in Wirklichkeit zukommt, verbleibt es bei der Anwendung derjenigen Rechtsnormen, denen der Vertrag nach seinem Inhalt zuzusprechen ist. Wie hier S c h a p s - A b r a h a m

104 § 1

Frachtinteresse

I I 267 A n m . 17 vor § 556 H G B . D o c h werden die hier angesprochenen Fragen wohl immer bis z u einem gewissen G r a d e zweifelhaft bleiben. Bei einer Überlassung des Schiffes mit den Diensten der Besatzung nehmen stets einen Frachtvertrag an R i e n s b e r g , Die rechtliche N a t u r der Zeitcharter, Hansa 1956. 2294, W ü r d i n g e r , Z u r Rechtsnatur der Zeitcharter, M D R 1957. 257, N e c k e r , Die Rechtsstellung des Zeitcharterers, Hansa 1957. 353, A r g y r i a d i s M D R 1958. 728, d e r s . , Die Frachtversicherung, H e f t 28 der Uberseestudien, 1961. 32, S c h l e g e l b e r g e r - L i e s e c k e § 510 H G B A n m . 2, S c h l e g e l b e r g e r S V R § 1 A D S I I I 6. V g l . dagegen z. B. B G H Hansa 1958. 1709: W e r d e ein Schiff mit Bemannung einem anderen zur V e r f ü g u n g gestellt, so könne es fraglich erscheinen, ob die Vertragsbeziehungen als Gesamtraumfrachtvertrag oder als Sachmiete mit Dienstverschaffungsvertrag zu beurteilen seien. Hiervon werde die in B G H Z 22. 197 = N J W 1957. 828 behandelte Frage des Ausrüstungsverhältnisses nicht berührt. Ein Frachtvertrag liege in der R e g e l vor, w e n n dem anderen der Besitz an d e m SchifF nicht eingeräumt werde und die Obhutspflicht über die Schiffsladung beim Schiffseigner verbleibe. W o aber das Schiff dem Charterer zur V e r f ü g u n g gestellt und ihm die A r t der V e r w e n d u n g überlassen werde, sei die A n n a h m e einer Sachmiete bedenkenfrei. N a c h der Entscheidung des Bundesfinanzhofs, Bundessteuerblatt 1957 I I I 306 = Hansa 1957. 2038 ist die Zeitcharter kein Miet- oder Pachtverhältnis im Sinne des § 8 Ziff. 8 des Gewerbesteuergesetzes. A u c h bei Beantwortung der Frage, ob der Charterer Ausrüster im Sinne des § 510 H G B ist (vgl. d a z u eingehend S c h a p s - A b r a h a m I I 134 A n m . 5 zu § 510 H G B ) , ist davon auszugehen, d a ß sich unter der Bezeichnung „ C h a r t e r v e r t r a g " verschiedenartige Rechtsgestaltungen verbergen. O b e n wurde darauf hingewiesen, d a ß der Chartervertrag Miet- oder Frachtvertrag sein kann. Ist er Mietvertrag, so kann dem Charterer die A n stellung des K a p i t ä n s vorbehalten sein. M a c h t er hiervon G e b r a u c h und vertraut d e m von i h m angestellten K a p i t ä n die Schiffsführung an, so ist er Ausrüster ( H a n s O L G O L G R e c h t s p r 2. 371), ebenso, w e n n er den bisherigen K a p i t ä n unter Eintritt in das Vertragsverhältnis übernimmt ( W ü s t e n d ö r f e r Studien 1. 143 und H a n s G Z 1908 Beil. 7). Praktische Bedeutung hat die Anstellung des K a p i t ä n s durch den Charterer nur im Fall der bare-boat-charter, w e n n also der bloße Schiffsrumpf ohne Besatzung und ohne Ausrüstung überlassen wird. In der R e g e l ist aber beim Chartervertrag (einerlei, ob Reise- oder Zeitchartervertrag und ob es sich dabei u m einen Fracht- oder Mietvertrag handelt) der v o m Eigentümer angestellte K a p i t ä n nur innerhalb gewisser Vertragsgrenzen unter des Charterers Anordnungsbefugnis gestellt. Der Eigentümer verfolgt damit die Absicht, die Aufsicht über das Schiff z u behalten. D a n n ist der Charterer nicht Ausrüster, und z w a r auch nicht, wenn z u der teilweisen Unterstellung des K a p i t ä n s hinzukommt, daß das Schiff die Schornsteinmarke und die K o n t o r f l a g g e des Charterers führt und auch sonst von ihm nach außen als „ s e i n " Schiff bezeichnet wird. Das gilt a u c h für die sog. Employment-Klausel (die oben wiedergegeben wurde) und entspricht der herrschenden M e i n u n g . V g l . B G H Z 26. 152 = Hansa 1958. 197 = N J W 1958. 220, B G H Z 22. 197 = N J W 1957.828 = M D R 1 9 5 7 . 2 8 1 . A u c h die entsprechende A n w e n d u n g des § 510 ist in derartigen Fällen nicht angängig. Anders W ü s t e n d ö r f e r H B 303 und S H R 113, J . v. G i e r k e , Handelsrecht und Schiffahrtsrecht, 8. A u f l . 1958, 593, K a t z e n s t e i n Hansa 1951. 1515, H a n s O L G H a m b u r g Hansa 1955. 538; s. a u c h R G H a n s R G Z 1941 B 237 Nr. 86.

A n m . 68

48. „ F r a c h t kann versichert w e r d e n " . U n d z w a r nur als Fracht (mit einer A u s n a h m e : unten A n m . 95). A b e r zunächst ist daran zu erinnern, d a ß es nicht körperliche oder unkörperliche Gegenstände sind, die versichert werden können, sondern Interessen. Fracht bedeutet also: Frachtinteresse. U n d weiter ist daran z u erinnern, d a ß der Ausdruck „ F r a c h t " (ähnlich, wie etwa der Ausdruck „ H a v a r i e g e l d e r " : unten

Frachtinteresse

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Anm. 109) in verschiedenem Sinne gebraucht wird, im Sinne der für die Güterbe- § 1 förderung zu entrichtenden V e r g ü t u n g und im Sinne der F r a c h t f o r d e r u n g (schließlich auch noch in einem dritten, hier aber nicht in Betracht kommenden Sinne, nämlich im Sinne von L a d u n g ) . a) Grundsätzlich sind nur Frachtforderungen versicherbar (RG 71. 395, R G H G Z 1908. 290; insbesondere über die Klausel: „Einerlei, ob die Fracht gemacht wird oder nicht, und ob dieselbe durch bereits abgeschlossene Verträge gesichert ist oder nicht": R G 71. 395). Der F r a c h t v e r t r a g muß a b g e s c h l o s s e n sein (vgl. auch § 105 Abs. 2). Natürlich; denn ohne Frachtvertrag keine „Fracht". Darum ist aber die Frachtversicherung n i c h t etwa K r e d i t v e r s i c h e r u n g , auch keine Kreditversicherung gegen Sachgefahren, keine Versicherung, die nach kreditversicherungs-rechtlichen Grundsätzen zu beurteilen ist. Hierfür ist nicht entscheidend, daß „erst mit der Abladung der Güter die Fracht verdient, erst jetzt der Unternehmer die Frachtforderung erworben, erst jetzt sie kreditieren kann" (so M o l t 62, wenigstens mißverständlich). Denn erworben wird die Frachtforderung mit dem Abschluß des Frachtvertrags. Bei der Kreditversicherung wird Versicherung gegen die Gefahr genommen, daß der Schuldner nicht leistet, sei es, daß er nicht leisten kann (weil er von vorneherein leistungsunfähig ist, also fehlerhaft Kredit gewährt ist, oder weil er leistungsunfähig geworden ist, die Forderung also wegen des Eintritts der Kreditunfähigkeit des Schuldners entwertet ist), sei es, daß der Schuldner (z. B. der Bodmereischuldner) nicht zu leisten braucht, weil er zwar schuldet, aber nicht haftet, das Haftungsobjekt nämlich verlorengegangen ist, sei es, daß der Schuldner (z. B. der gewöhnliche Schiffspfandschuldner) nicht leistet, weil er zwar schuldet, auch haftet, aber das Haftungsobjekt, das ihn leistungsfähig erhalten sollte, z. B. das schiffspfandbelastete Schiff, verlorengegangen ist. Der Fall, daß die Forderung erlischt, ist bei der Kreditversicherung niemals der Versicherungsfall, sondern ein Fall, in dem „die Kreditgefahr beendigt" wird ( M o l t 88), genauer: nur ein Fall, in dem das versicherte Interesse wegfällt. Anders bei der Versicherung der Frachtforderung. Sie ist keine Versicherung gegen die Gefahr, daß der Schuldner nicht leistet, sondern, umgekehrt, die Versicherung dagegen, daß der Schuldner die Schuldnereigenschaft verliert, daß die Forderung aus bestimmten Gründen erlischt, und das Erlöschen der Forderung aus diesen Gründen ist gerade (nicht nur ein Fall des Interessewegfalls, sondern auch) der Versicherungsfall (so wenigstens in erster Linie; vgl. auch den Fall des Verlustes der Frachtforderung durch Vollstreckung oder sonstige Verfügung von hoher Hand). Deshalb haftet z. B. der Frachtversicherer nicht, wenn die Güter am Bestimmungsort so beschädigt ankommen, daß sie die Fracht nicht mehr decken und das Pfandrecht des Verfrachters und damit etwa auch die Frachtforderung entwertet wird. — Aber eines hat die Versicherung der Frachtforderung mit der Versicherung von Forderungen gegen Sachgefahren, z. B. von Bodmereigeldern, natürlich gemein. Nicht die Forderung ist versichert, sondern das durch die Forderung vermittelte, durch sie erst begründete I n t e r e s s e an der Erhaltung der Sachen, von deren Erhaltung sie abhängig ist, also an der glücklichen Ankunft des Schiffes und der Güter (näheres: § 105 Anm.). Auch die Frachtversicherung ist eine Versicherung des Interesses „daran, daß Schiff oder Ladung die Gefahren der Seeschiffahrt besteht" (§ 1 Abs. 1), eine Versicherung, die „ a u f d a s Schiffsich bezieht" (§ 79), und eine Versicherung, die „auf die Güter sich bezieht" (§ 99). b) Fracht kann aber unter Umständen auch als Fracht versichert werden, wenn Anm. 69 keine Frachtforderung besteht, oder wenn keine Frachtforderung mehr besteht. F ü r Reedersgüter kann Fracht versichert werden, obgleich von einer Frachtforderung keine Rede ist und demgemäß auch von Fracht keine Rede sein könnte (RG SA 79 Nr. 151 = J R P V 1925. 175 = Sasse Nr. 9, H a g e n S V R 77, M ö l l e r ITVMitt 1937.

106 § 1

Frachtinteresse

86, A r g y r i a d i s 62). Die Versicherung von Fracht für Reedersgüter ist an und für sich die V e r s i c h e r u n g e i n e s r e i n e s G ü t e r i n t e r e s s e s , ebenso etwa, wie die V e r sicherung subject to insurance endgültig bezahlter Fracht (unten A n m . 69, § 90 A n m . , M o h r , Frachtversicherung 59, H a g e n S V R 27; anders M ö l l e r I T V M i t t 1937.86, A r g y r i a d i s 9 5 f . : besonders geartete Gewinnversicherung). Nicht die Versicherung des durch eine Frachtforderung vermittelten Interesses, sondern die Versicherung des Interesses, das durch die v o m Gütereigentümer aufgewendeten Beförderungskosten vermittelt und begründet wird. Der Reeder k a n n dieses Interesse natürlich auch als solches versichern. Er kann i n d e n V e r s i c h e r u n g s w e r t d e r G ü t e r die übliche F r a c h t e i n s c h l i e ß e n , wie der gewöhnliche Versicherte nach § 90 die endgültig bezahlte Fracht ohne weiteres in den Versicherungswert der Güter eingeschlossen findet. D a n n gelten lediglich die für die Güterversicherung m a ß g e b e n d e n Grundsätze (§ 99). M i t R e c h t ist allerdings v o m R G a. a. O . — ebenso M ö l l e r I T V 1937. 86, A r g y r i a d i s 62 — d a r a u f h i n g e w i e s e n worden, daß der von der Beförderung der Güter zu erwartende, der Fracht entsprechende G e w i n n dem Versicherungswert der G ü t e r nur zugerechnet werden darf, w e n n endgültige Vorausbezahlung der Fracht im konkreten Fall verkehrsüblich ist. Der Reeder kann aber auch Fracht f ü r Reedersgüter a l s F r a c h t versichern (so auch A r g y r i a d i s Ö2f., 95, zweifelnd M o h r 57fr.). So will es der Verkehr. So will es d a r u m auch das R e c h t (vgl. §§ 105 Abs. 2, 107 Abs. 1, O A G L ü b e c k K i e r u l f f 6. 351). „ F r e i g h t " includes the profit derivable by a shipowner from the employment of his ship to carry his own goods or moveables, as well as freight payable by a third party ( M I A § 90, R C P 16). Das Verhältnis ist dann (soweit möglich, und soweit nicht besonderes bestimmt ist: §§ 105 A b s . 2, 107 Abs. 1) so zu beurteilen, wie w e n n eine Frachtforderung bestände, ein Frachtvertrag zu den üblichen Bedingungen geschlossen w ä r e (vgl. O A G L ü b e c k Kierulff 6. 3 5 1 : „ f i n g i e r t e " Fracht). O b der V e r sicherungsnehmer angezeigt hat, d a ß es sich u m Fracht für Reedersgüter handelt, oder nicht, ist (wenn auch dieser Umstand für das Versicherungsverhältnis keineswegs unerheblich ist) ohne Bedeutung (ansch. abw. O A G Lübeck K i e r u l f f 6. 351), wenn die Anzeige nicht etwa bedeuten soll, daß die Fracht nicht als Fracht, sondern als GüterM e h r w e r t versichert gelten soll. O b der Reeder Fracht für Reedersgüter als Fracht oder aber als Güter-Mehrwert versichert, ist dagegen von erheblicher Bedeutung. Versichert er z. B. die Fracht durch Einrechnung in den Versicherungswert der G ü t e r , so beginnt die Versicherung g e m ä ß § 88 A b s . 2 (§ 88 A n m . ) ; versichert er die Fracht als solche, so beginnt die Versicherung g e m ä ß § 106. — Es kann aber auch sein, d a ß eine Frachtforderung bestanden hat und nicht mehr besteht, aber gleichwohl Fracht versichert werden kann. Das ist der Fall, wenn die Fracht vorausbezahlt, aber zurückzuzahlen ist, falls die Frachtunternehmung mißglückt. V g l . § § 6 1 7 A b s . 1, 634 H G B . Die Frachtforderung ist erloschen. A b e r an ihre Stelle ist die bedingte Verpflichtung zur Zurückzahlung der Fracht entstanden, die das versicherungsrechtliche Surrogat der Frachtforderung bildet und das Interesse als versicherbares (und als versichertes) Frachtinteresse wachhält (abzulehnen ist die von M ö l l e r I T V M i t t I937f. und A r g y r i a d i s 78 vertretene Ansicht, die V e r p f l i c h t u n g des Verfrachters, die Fracht zurückzuerstatten, bedeute eine E r h ö h u n g seiner Passiven; er hafte d e m Befrachter gegenüber in H ö h e der eingezogenen Fracht. Eine Versicherung, die ihn gegen diese Gefahr der E r h ö h u n g seiner Passiven schütze, sei eine Haftpflichtversicherung). Anders, w e n n die Fracht e n d g ü l t i g b e z a h l t ist. Die Frachtforderung ist ohne Rückstand erloschen, das Interesse weggefallen, richtiger: niemals entstanden. Insoweit ist daher a u c h nichts zu versichern. A b e r die Fracht kann d e m Reeder wieder w e g g e n o m m e n werden. Sie kann insbesondere trotz endgültiger Bezahlung in Havariegrosse beitragen müssen oder dritten, namentlich Kollisionsgläubigern, haften. Diese Gefahr, dieses Interesse

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ist nicht erloschen. Ein freilich wiederum nicht durch eine Frachtforderung vermitteltes, § 1 sondern durch die Gefahr des Wiederverlierens bereits eingestrichenen Gewinns begrenztes Interesse (genauer natürlich: das Haftpflichtinteresse). Es müßte eigentlich als solches versichert werden. A b e r auch hier entscheidet die Verkehrsanschauung; sie läßt die Versicherung als Frachtversicherung zu (näheres unten Anm. 78). T h e word freight in insurance law has a more extensive signification than in the general law of shipping and is used comprehensively to denote the benefit derived by the shipowner from the employment of his ship (Lord Tenterden bei A r n o u l d 248 s. 280). Anders A r g y r i a d i s 84: Die Versicherung von festverdienter Fracht komme als Haftpflichtversicherung, nicht aber als Forderungsversicherung vor, wobei er sich auf folgende Maklerldauseln bezieht: „ D i e versicherte Firma hat Freiheit, bei reiseweise versicherter Fracht für Reisen, für welche die Fracht vorausbezahlt ist oder die Fracht am Bestimmungsorte zahlbar ist — ship lost or not lost — die Bruttofracht oder einen Teilbetrag derselben nur für Haftpflicht Dritten gegenüber zu versichern", oder „Ist die Fracht einer Reise endgültig bezahlt oder geschuldet — ship lost or not lost — , so steht dem Versicherungsnehmer das Recht zu, hinsichtlich dieser Reise die Versicherung nur auf den Fall seiner Inanspruchnahme seitens Dritter zu beschränken". Aus diesen Klauseln ist aber nur zu schließen, daß die Versicherung von endgültig verdienter Fracht auch als Haftpflichtversicherung genommen werden kann, aber nicht, daß sie als Forderungsversicherung ausgeschlossen ist. — Schließlich kann selbstverständlich auch eine Frachtforderung versichert werden, die zwar nicht mehr besteht, aber während der Zeit der (Vergangenheits-) Versicherung bestanden hat (§ 5), — ebenso, wie eine Frachtforderung, die zwar noch nicht besteht, aber noch entstehen soll ( § 4 Abs. 1). 49. Die Fracht kann Reisefracht oder Zeitfracht sein. Die Reisefracht kann Anm. Fracht für eine Reise oder für mehrere Reisen sein, insbesondere auch etwa Fracht für alle während einer bestimmten Zeit zu machenden Reisen (Zeitreisefracht, laufende Fracht). — Die Zeitfracht kann eigentliche Zeitfracht (ohne Rücksicht auf eine bestimmte Reise, lediglich für eine bestimmte Zeit bedungene Fracht) oder uneigentliche Zeitfracht sein (für eine bestimmte Reise oder für mehrere Reisen nach Zeit bedungene Fracht; vgl. H G B §§ 622, 637 Abs. 2, 638 Satz 2). — Ist F r a c h t o h n e n ä h e r e A n g a b e v e r s i c h e r t (z. B. zeitversichert), so sind sowohl Reise- wie Zeitfrachtinteressen gedeckt. Freilich hat der Versicherer ein Interesse daran, zu wissen, von welcher Art die Fracht ist. Denn die Umstände sind bei den verschiedenen Frachtarten nicht gleich gefahrerheblich. Insbesondere geht Reisefracht durch bloße Reiseverzögerung im allgemeinen nicht verloren ( H G B § 637 Abs. 1). Ebensowenig freilich auch Zeitfracht ( H G B §622 Abs. 4, P a p p e n h e i m Handb. 2. 522, W ü s t e n d ö r f e r Studien 154, R G 48. 94; S c h a p s - A b r a h a m II 513 A n m . 4 zu § 623 H G B ) . A b e r Zeitfracht ist in zwei für die Frachtversicherung besonders wichtigen Fällen nicht zu entrichten, nämlich dann nicht, wenn das Schiff durch Verfügung von hoher Hand aufgehalten wird ( H G B § 637 Abs. 2), und dann nicht, wenn das Schiff unterwegs ausgebessert werden m u ß und der Befrachter die Wiederherstellung abwartet ( H G B § 638 Satz 2). Diesem Unterschied könnte das Versicherungsrecht dadurch Rechnung tragen, daß es die besondere A n g a b e der Art des Frachtinteresses vorschriebe (§ 1), oder daß es den Abschluß eines Zeitfrachtvertrags als gefahrerheblichen Umstand im Sinne der vorvertraglichen Anzeigepflicht und der Gefahrstandspflicht (§§ 19, 23) behandelte (so der Standpunkt des Versicherers im Falle H G Z 1867. 18). Es ist aber nicht die Aufgabe des Versicherungsrechts, dem Verkehr Fußangeln zu legen, sondern ihm Erleichterungen zu verschaffen und gleichzeitig die Interessen einander anzugleichen und damit die Grundlage für einen Marktpreis der Versicherung zu schaffen. Der Unterschied wird deshalb vom Gesichtspunkt der vertragsmäßigen objektiven Beschränkung des Risikos

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§ 1 aus behandelt, die Zeitfrachtversicherung der Reisefachtversicherung angeglichen. Auch bei der Zeitfrachtversicherung soll der Versicherer für Frachtverlust infolge von Reiseverzögerung ebensowenig haften, wie bei Reisefrachtversicherungen (§ 105 Abs. 5). Anm. 71 50. Die Fracht kann Charterfracht sein, Fracht für die Verfrachtung des Schiffes „im ganzen", oder Fracht für die Verfrachtung eines verhältnismäßigen Teiles oder eines bestimmten Raumes des Schiffes, Fracht für die Verfrachtung en rouche oder en rouge 1 ), affrètement à forfait oder en bloc, Fracht ,,in Bausch und Bogen" (HGB §§ 616, 617), lump chartered freight, oder aber Fracht für Stückgüter (HGB § 556). Ist Fracht o h n e n ä h e r e A n g a b e v e r s i c h e r t , so ist trotz der nicht überall gleichen Rechtsfolgen (vgl. insbesondere H G B § 641) die eine wie die andere Art des Interesses gedeckt. Anm. 72 51. Die Fracht kann Bruttofracht oder Nettofracht sein. Bruttofracht ist die ganze Fracht. Nettofracht ist der Teil der Fracht, der dem Verfrachter nach Abzug der Betriebskosten als Unternehmergewinn bleibt (vgl. H G B §§ 621, 721, 756, 796—798, 800, 868). I m Z w e i f e l gilt die B r u t t o f r a c h t als v e r s i c h e r t (vgl. § 107 Abs. 1; ausdrücklich: H G B §798 Abs. 1; vgl. auch Begr. z. E i g i o § 102). Näheres: § 107 Anm. Anm. 73 52. Die Fracht kann besegelte und unbesegelte Fracht sein. Besegelte Fracht ist die Fracht, die für Bordgüter geschuldet wird (oder geschuldet würde, wenn die Güter nicht Reedersgüter wären), unbesegelte Fracht die Fracht, die für Güter geschuldet wird, die nach dem Frachtvertrag erst noch an Bord gebracht werden sollen. Ist Fracht versichert, so ist grundsätzlich sowohl besegelte wie unbesegelte Fracht gedeckt ( R G 71. 397). Anders, wenn es sich um Reedersgüter handelt. Die Versicherung bezieht sich nur auf besegelte Fracht (§ 105 Abs. 2). Anders auch im Falle einer Zeitversicherung der Fracht. Sie bezieht sich grundsätzlich überhaupt nur auf besegelte Fracht (§105 Abs. 4). Näheres: § 105 Anm. Anm. 74 53. Die Fracht kann der Reeder, der Ausrüster des Schiffes (HGB §510), der Mieter des Schiffes, der Hauptverfrachter, der Unterverfrachter zu fordern haben. Ist Fracht versichert, so ist die Fracht gedeckt, die dem versicherten Interessenten gebührt. Insbesondere über die Versicherung von Haupt- und Unterfracht; unten Anm. 83 fr. Anm. 75 54. Über die Versicherbarkeit der Fracht nach englischem Recht: oben Anm. 67, 69. — Der französische C. de com. (Art. 347) verbot die Versicherung der Fracht. M a n meinte (proceeding rather on scholastic refinements than mercantile considérations : A r n o u l d 249 s. 283), das Interesse des Reeders an der Erhaltung des Schiffes nicht schwächen zu dürfen. Das Verbot wurde ebenso umgangen, wie das Verbot der Versicherung imaginären Gewinns (oben Anm. 53). Der Reeder verlangte endgültige Vorausbezahlung der Fracht und vergütete dem Befrachter die Kosten der (nicht verbotenen) Versicherung des fret acquis à tout événement ( R i p e r t Nr. 2500; über die Nichtbeachtung des Verbots im österreichisch-italienischen Rechtsgebiet: W e i n b e r g e r OestZ 1920. 192, 205). Das Gesetz vom 12. August 1885 hob das Verbot der Frachtversicherung auf (vgl. nunmehr C. de com. Art. 334). Anm. 76 55. Die Fracht kann vom Befrachter im voraus bezahlt, vom Verfrachter im voraus erhalten sein. Das Frachtinteresse wird davon nicht berührt. Auch dann nicht, wenn die Vorauszahlung vereinbart ist. Denn vorausbezahlte Fracht muß an und für sich, wenn die Güter verlorengehen, zurückgezahlt werden (vgl. H G B § 6 1 7 *) Der Ausdruck entstammt nicht der französischen, sondern der niedersächsischen und friesischen Rechtssprache. Nachweise bei P a p p e n h e i m Hdb. 2. 57. Vgl. aber auch AllgPlan 1847 § 20: „Verfrachtung en rouge" bei einheitlicher Fracht für mehrere Reisen, insbesondere einheitlicher Aus- und Rückfracht.

Frachtinteresse

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Abs. i, S c h a p s - A b r a h a m I I 503f.). Allerdings hat auch der Befrachter, der voraus- § 1 bezahlt hat, ein versicherbares Interesse (so auch M ö l l e r Cifgeschäft und Versicherung 69, M o h r 24). Denn der Befrachter muß unter Umständen Fracht zahlen oder vorausbezahlte Fracht dem Verfrachter belassen, obgleich er den erwarteten Gegenwert nicht erhält. So etwa, wenn die Güter beschädigt ankommen. Versichert der Befrachter in solchen Fällen die Fracht, so ist die Versicherung keine Frachtversicherung, sondern eine Versicherung, die sich auf die Güter bezieht (§90 Anm.; vgl. auch den Fall H H 244, in dem noch besonders bedungen war, daß die Versicherung „zur Befriedigung rechtmäßiger Ansprüche des Schiffers pro rata des zurückgelegten Weges auf die gelieferten Waren" dienen sollte). — Der Befrachter, der vorausbezahlt hat, kann auch insofern ein Interesse haben, als er im Falle des Verlustes der Güter zwar die Fracht zurückverlangen, aber, weil der Verfrachter infolge des Verlustes von Schiff und Fracht zahlungsunfähig geworden ist, nicht zurückerlangen kann. Aber die Versicherung dieses Interesses wäre wieder keine Frachtversicherung, sondern die Versicherung einer Vorschußforderung (LG Hamburg H G Z 1891. 52). 56. Die Fracht kann aber auch vom Befrachter, ganz oder teilweise, „endgültig Anm. 77 bezahlt", vom Verfrachter endgültig erhalten sein. Als „endgültig bezahlt" bezeichnet man im Verkehr auch die Fracht, die zwar noch nicht gezahlt, aber nach dem Frachtvertrag auf alle Fälle, ohne Rücksicht auf den Ausgang der Beförderungsunternehmung, zu zahlen ist (so auch M ö l l e r Cifgeschäft und Versicherung 68), „Fracht, welche der Befrachter auf Grund des Frachtvertrages vorauszuzahlen hat, ohne daß eine Rückzahlungspflicht des Verfrachters für den Fall eintritt, wenn keine verdient werden sollte" (ASVB § 20 Abs. 3), „definitiv bezahlte Fracht", freight (to be considered as) earned goods lost or not lost, ship lost or not lost (vgl. R G 1 1 . 1 1 1 ) . In diesem Falle ist die G e f a h r des V e r l u s t e s der Fracht vereinbarungsgemäß und entgegen der gesetzlichen Regel (BGB §644, H G B §617) vom Verfrachter a u f d e n B e f r a c h t e r ü b e r g e g a n g e n , ähnlich wie die Gefahr des Untergangs und der Verschlechterung der Güter nach §§ 446, 447 BGB vom Verkäufer auf den Käufer übergeht (oben Anm. 10). Wie in jenem Falle der Käufer, so hat hier, wenn die Fracht endgültig bezahlt ist, nur der Befrachter ein versicherbares Interesse (und auch er nicht, wenn für die Deckung der Fracht aus den Gütern keine Aussicht besteht, z. B. ein wirtschaftlich wertloses Familienbild befördert wird und die dafür zu entrichtende Fracht endgültig bezahlt ist). In the case of advance freight, the person advancing the freight has an insurable interest, in so far as such freight is not repayable in case of loss (MIA § 12). Die Versicherung dieses Interesses ist k e i n e F r a c h t v e r s i c h e r u n g (Leo 179, S e e b o h m bei Voigt 752, S i e v e k i n g 1 1 , A r g y r i a d i s 88, H e l b e r g , Der Abandon in der Seeversicherung auf rechtsvergleichender Grundlage, 1925, 102, M o h r Frachtversicherung 25 u. 27, F r i e d m a n n , Das versicherungsrechtliche Nebeninteresse, 1933. 29, M ö l l e r I T V 1937. 82, S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. I I I 5d zu § 1 ADS, A r n o u l d 251 s. 285; abw. B r o d m a n 165, V o i g t 133, 138, R G 38. 53, 40. 51, Bolze 23 Nr. 542, H G Z 1880. 280, 1896. 177, 1897. 139, OAG Lübeck Kierulff 3. 352, übrigens im wesentlichen, und wohl mit Recht, mit Rücksicht auf § 137 Abs. 2 Satz 3 ASVB, eine Bestimmung, deren Herkunft ungewiß ist: V o i g t 753). Das Interesse des Versicherungsnehmers ist kein Interesse daran, daß die nach dem Frachtvertrag zu entrichtende Vergütung nicht infolge eines dem Versicherer zur Last fallenden Unfalls verlorengeht (oben Anm. 67 fr.). Diese Vergütung, die Fracht, kann gar nicht mehr „verloren" gehen. Es ist vielmehr das Interesse daran, daß die Deckung nicht leidet, die für die endgültige Einbuße des Frachtbetrags dienen soll. Endgültig bezahlte Fracht erhöht nicht nur den Ankunftswert der Güter (Begr. z. E 1910 § 1), sondern schon den Abgangswert, also den gewöhnlichen Versicherungswert der Güter

110 § 1

Frachtinteresse

(§90 Anm.). Die Versicherung endgültig bezahlter Fracht ist also regelmäßig Versicherung des Gütereigentümer-Interesses, Versicherung „der Güter" (anders M ö l l e r Cifgeschäft und Versicherung 69 f.: Das Interesse liegt in der Beziehung zu einer Anwartschaft; wie hier M o h r 24). Deshalb wird auch endgültig bezahlte Fracht in den Versicherungswert der Güter eingerechnet (§ 90 Abs. 1). Deshalb führte E 1 9 1 0 § 1 als besonderen Gegenstand der Versicherung die „ v o m Befrachter endgültig bezahlte Fracht" neben der „sonstigen F r a c h t " an. Diese Anführung ist nur deshalb weggelassen, weil danach (verb.: „sonstige") endgültig bezahlte Fracht als von dem weiteren Begriff der Fracht doch noch umfaßt erschienen wäre, weil die besondere Versicherung endgültig bezahlter Fracht kaum vorkommt, weil der Versicherungswert der Güter nunmehr nach § go Abs. 1 auch endgültig bezahlte Fracht umfaßt und weil schließlich die vom Unterverfrachter dem Oberverfrachter endgültig bezahlte Fracht als Fracht muß versichert werden können (unten Anm. 82 ff., — weshalb freilich auch im § 99 Satz 2 nicht hätte ausgesprochen werden sollen, daß die Bestimmungen über die Güterversicherung „insbesondere . . . im Falle einer besonderen Versicherung endgültig bezahlter F r a c h t " entsprechende Anwendung finden sollen, — ein Schönheitsfehler, den schon E 1 9 1 0 § 104 Abs. 1 enthält).

Vereinbaren Verfrachter und Befrachter n a c h A b s c h l u ß einer gewöhnlichen Frachtversicherung, aber v o r d e m B e g i n n der Frachtversicherung, daß die Fracht endgültig zu bezahlen ist, so fällt das Interesse des Versicherungsnehmers (des Verfrachters) weg; der Versicherer erhält nur die Ristornogebühr (§4 Abs. 1). Vereinbaren sie n a c h d e m B e g i n n der Frachtversicherung, daß die Fracht endgültig zu bezahlen ist, so fällt wieder das versicherte Interesse weg; dem Versicherer gebührt jedoch die Prämie ( § 4 Abs. 2 ; vgl. H G Hamburg Seebohm 480). Die Frachtversicherung kann nicht etwa als Kreditversicherung aufrechterhalten werden. Denn sie ist nicht als solche genommen. Ebensowenig läßt sich annehmen, daß mit dem Ubergang der Gefahr und des Interesses auch die Versicherung auf den Befrachter übergegangen ist (vgl. § 49 Anm.). Denn in der Frachtversicherung ist die Güterversicherung nicht enthalten (§ 1 Abs. 2 Satz 2). Die Frachtversicherung kann nicht infolge des Interessentenwechsels zur Güterversicherung werden, am wenigsten zu einer Güterversicherung, die nach den für die Güterversicherung, nicht nach den für die Frachtversicherung geltenden Bestimmungen zu beurteilen wäre, so daß etwa der Frachtversicherer auch im Falle der Seeuntüchtigkeit des Schiffes haftete. Anm. 78 Ist Fracht endgültig bezahlt, so hat gleichwohl n i c h t j e d e s I n t e r e s s e f ü r d e n V e r f r a c h t e r a u f g e h ö r t . Von der Gefahr des Verlustes der Fracht ist der Verfrachter freilich befreit. Aber nicht von der Gefahr, daß ihm die Fracht infolge eines Unfalls weggenommen wird. Insbesondere besteht die Gefahr, daß er Schiffsgläubigern mit der Fracht haften muß (Begr. z. E i g i o § 1, B r o d m a n n 165, L e o 1 9 1 , S i e v e k i n g 1 1 , S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. I I I 5 zu § 1 A D S , H a g e n S V R 77, A r g y r i a d i s 83f., R G 33. 70, 38. 65, H G Z 1893. 43; unrichtig V o i g t 126, R G 38. 54, R G H G Z 1891. 189, H G Z 1891. 54, 1894. 282), z. B. Schiffsgläubigern aus einer Kollision ( H G B §§ 754 Nr. 9, 756) oder aus einer nur das Schiff angehenden Hilfeleistung ( H G B §§ 754 Nr. 6, 756). Der Verfrachter kann gegen diese Gefahr Versicherung nehmen. Deshalb führte E 1 9 1 0 § 1 als besonderen Gegenstand der Seeversicherung die „ v o m Verfrachter e n d g ü l t i g e r h a l t e n e F r a c h t " an. Die Anführung ist nur deshalb weggelassen, weil man auch die Versicherung endgültig erhaltener Fracht als echte (wenn auch beschränkte) Frachtversicherung betrachtete und deshalb die schwerfällige und schwer verständliche Bestimmung notwendig geworden wäre, daß „der Versicherer sich nicht darauf berufen kann, daß endgültig erhaltene Fracht als Fracht bezeichnet ist" (E 1 9 1 0 § 1 Abs. 2 ; vgl. jedoch auch oben Anm. 70). Hat

Frachtinteresse

111

der Verfrachter 100 ooo Fracht versichert und davon 20 000 endgültig erhalten, so § 1 muß der Versicherer, wenn im Falle einer Kollision die ganze Fracht dem Gegensegler haftet, 100000 zahlen. Aber die Tatsache, daß gewöhnliche Fracht und endgültig erhaltene Fracht voneinander verschieden sind, das durch die endgültig erhaltene Fracht vermittelte Interesse eigentlich ein Haftpflichtinteresse ist (oben Anm. 70; siehe dort auch die Ansicht von A r g y r i a d i s 83f., die Versicherung von festverdienter Fracht komme nur als Haftpflichtversicherung vor), wird doch auch versicherungsrechtlich wirksam sein müssen. Hat der Verfrachter von den 100000 nur 80000 versichert, so kann der Versicherer, wenn Schiff und Güter und mit ihnen die 80000 verlorengehen, die 20000 aber dem Verfrachter verbleiben, nicht einwenden, daß Unterversicherung vorliege und daß er demnach nur für 4/5 von 80000 hafte. Die endgültig erhaltene Fracht ist „nicht in den Versicherungswert der Fracht einzurechnen" (so ausdrücklich A S V B § 20 Abs. 3). Der B e f r a c h t e r k a n n noch mehr tun. Er kann d e m V e r f r a c h t e r auch noch Anm. 79 das R i s i k o a b n e h m e n , in dem die e n d g ü l t i g e r h a l t e n e F r a c h t steht. Er kann sich verpflichten, die endgültig bezahlte Fracht noch einmal zu zahlen, wenn sie dem Verfrachter weggenommen wird. Solche Verpflichtung erblickt man insbesondere in der Vereinbarung, daß der B e f r a c h t e r d i e F r a c h t v e r s i c h e r n soll (Brodm a n n 165, L e o 190). Übliche Wendungen sind: „Der Kapitän ist verpflichtet, die verausgabten Assekuranzspesen darauf zu ersetzen" (HG Hamburg Ullrich Nr. 239), subject to insurance ( R O H G 15. 60, H G Hamburg H G Z 1870. 89), with insurance (HG u. OG Hamburg H G Z 1869. 70, 157), less cost of insurance (HG u. O G Hamburg H G Z 1879. 34, 39, OAG Lübeck Kierulff 3. 352), subject to 5 % for all charges (HGZ 1880. 280), interest and insurance paid (HGZ 1891. 53, 189), including insurance and interest (HG Hamburg H G Z 1872. 342), against interest and insurance (HGZ 1891. 53, 189), the Charterers are to insure the amount of the advance at Steamers expense (HGZ 1896. 173, Bolze 23 Nr. 542), an advance of £600 on account of the freight, less 6% for interests and insurance ( R G 40. 50, H G Z 1897. 139, AppH Brüssel ITVMitt 1913. 102), L'affréteur fera assurer les avances mit oder ohne den Zusatz: la prime demeurant à la charge du fréteur ( R O H G 15. 60); vgl. ferner OAG Lübeck HambS 2. 392, H G Z 1906. 150, H G Hamburg H G Z 1873. 291. Nach englischer Rechtsauffassung kann überhaupt nur the person advancing the freight die endgültig bezahlte Fracht versichern (vgl. oben Anm. 77). The shipowner therefore has not an insurable interest in it ( C h a l m e r s 19). Die Klauseln subject to insurance und dgl. bedeuten nur to show that it is a payment on account of freight, and not a mere loan ( A r n o u l d 288 f. s. 320). Man wird bei Anwendung solcher dem englischen Rechtsverkehr entlehnten Klauseln die mit ihnen in England verbundene Bedeutung zugrunde legen, also annehmen müssen, daß der Befrachter sich nicht sowohl verpflichtet, die endgültig bezahlte Fracht für Rechnung des Verfrachters zu versichern, als vielmehr sich verpflichtet, im Versicherungsfall noch einmal zu zahlen ( A r n o u l d 289 s. 320: The charterer . . . can insure if he chooses; vgl. auch § 90 Anm. und über die Bedeutung englischer Klauseln: Vorb. vor § 1 Anm. 16). Der V e r f r a c h t e r hat nunmehr j e d e s I n t e r e s s e v e r l o r e n (so auch A r g y r i a d i s 84, S c h l e g e l b e r g e r S V R Anm. I I I 5 a zu § 1 ADS). N u r d e r B e f r a c h t e r kann Versicherung nehmen. Versichert er nur endgültig bezahlte Fracht, so ist er gegen die nochmalige Zahlung der Fracht nicht geschützt. Die Versicherung endgültig bezahlter Fracht deckt nicht auch die Gefahr, daß die Fracht dem Verfrachter von Schiffsgläubigern weggenommen wird (und vom Befrachter zu erstatten ist). Denn die im E 1910 § 1 Abs. 2 ausgesprochene Unterscheidung zwischen endgültig bezahlter und endgültig erhaltener Fracht ist in der Natur der Sache begründet. Die Versicherung

112

Frachtinteresse

§ 1

endgültig bezahlter Fracht ist Güterversicherung (oben A n m . 79, § 90 A n m . ) , die Versicherung endgültig erhaltener Fracht, auch wenn der Befrachter sie nimmt, Frachtversicherung. Jene wird durch die Vorschriften über Güterversicherung, diese durch die Vorschriften über Frachtversicherung geregelt. Der Befrachter m u ß also, wenn er auch gegen nochmalige Z a h l u n g geschützt sein will, es sagen. K o m m t nicht z u m Ausdruck, d a ß der Befrachter auch die Gefahr der W e g n a h m e der endgültig erhaltenen Fracht übernommen hat und versichert wissen will, hat er nur endgültig bezahlte Fracht oder „ F r a c h t v o r s c h u ß " versichert, so ist z w a r das Interesse nicht (ganz) unrichtig bezeichnet, die Versicherung nicht (ganz) unverbindlich; aber der V e r sicherer haftet nicht, wenn die Fracht verdient ist, j e d o c h von dritten in Anspruch genommen wird.

A n m . 80

In England, wo man es mit der Bezeichnung des Interesses nicht so genau nimmt, im allgemeinen nur the subject-matter insured must be designated . . . with reasonable certainty und the nature and the extent of the interest of the assured in the subjectmatter need not be specified in the policy ( M I A § 26 Abs. 1, 2, oben A n m . 14), wird trotz R C P 16 ( T h e term „ f r e i g h t " includes the profit derivable by a shipowner from the employment of his ship to carry his own goods . . ., as well as freight p a y a b l e by a third party usw.) angenommen, d a ß auch endgültig bezahlte F r a c h t a l s F r a c h t versichert werden k a n n : R C P 16 does not profess to be exhaustive and therefore it does not prevent the insurance of advance freight simply as freight ( A r n o u l d 251 s. 285).

A n m . 81

O b Fracht „ e n d g ü l t i g b e z a h l t " , insbesondere ein Frachtvorschuß als endgültig bezahlt anzusehen ist, ist T a t f r a g e ( R G H G Z 1891. 189, H G Z 1891. 53). W e r sich darauf beruft, d a ß Fracht, Frachtvorschuß endgültig bezahlt ist, m u ß es beweisen ( H G Z 1896. 176). A b e r freilich pflegt man heute im Frachtvertrag bedungenen F r a c h t vorschuß im V e r k e h r als endgültig bezahlt z u betrachten, wie in England (oben A n m . 79). A u c h Gelder, die der Befrachter d e m K a p i t ä n für Schiffsbedürfnisse gegeben hat, können als endgültig bezahlter Frachtvorschuß gegeben sein (Bolze 23 Nr. 542, H G Z 1896. 175). Selbst ein als Darlehnsbetrag bezeichneter V o r s c h u ß kann als endgültig bezahlter Frachtvorschuß gemeint sein ( R G H G Z 1891. 191, H G Z 1891. 53). H a t der Befrachter dem K a p i t ä n Frachtvorschuß weniger Zinsen und Versicherungskosten gezahlt, so ist, auch w e n n der K a p i t ä n R ü c k z a h l u n g bei A n k u n f t a m Bestimmungsort versprochen hat, der Frachtvorschuß doch als endgültig bezahlt anzusehen, falls der Befrachter Unterverfrachter ist und der K a p i t ä n die Konnossementsfracht einziehen (und der V o r s c h u ß eben aus ihr „ z u r ü c k g e z a h l t " werden) soll ( H G Z 1891. 49).

A n m . 82

Der Befrachter wird regelmäßig die D e c k u n g der endgültig bezahlten Fracht aus dem M e h r w e r t der G ü t e r a m Bestimmungsort erwarten, also nur Befrachter sein. Er kann aber auch die D e c k u n g aus der Unterfracht erwarten, also a u c h Verfrachter, Unterverfrachter sein. Erwartet er Deckung nicht aus den Gütern, sondern aus den Unter-, insbesondere den Konossementsfrachten, so ist die Versicherung endgültig bezahlter Fracht keine Güterversicherung, sondern F r a c h t v e r s i c h e r u n g besonderer A r t ( O A G L ü b e c k K i e r u l f f 3. 352). Gleichwohl wird man nicht sagen können, d a ß das Interesse unrichtig bezeichnet und die Versicherung mithin unwirksam ist, w e n n der Befrachter endgültig bezahlte Fracht versichert und die D e c k u n g aus der Unterfracht erwartet, die Versicherung also nicht Güterversicherung, sondern Frachtversicherung ist. Denn die besondere Versicherung des durch den Mehrwert der Güter gedeckten Frachtvorschusses ist ebenso selten, wie die Versicherung des durch Unterfrachten gedeckten Frachtvorschusses und im Verkehr wird im Falle der besonderen Versicherung endgültig bezahlten Frachtvorschusses hierunter die Versicherung sowohl des einen wie des anderen verstanden. Es wird also a u c h nach den A D S noch richtig

Frachtinteresse

113

sein, daß „keine Präsumtion für das eine oder das andere besteht und der Versicherer, § 1 der auf vorausbezahlte Fracht zeichnet, deshalb mit beiden Möglichkeiten zu rechnen h a t " ( R G H G Z 1891. 192, H G Z 1891. 54; anders etwa, wenn für die Versicherung der endgültig bezahlten Fracht ein Güterpolicen-Formular oder ein Formular für gewöhnlich Frachtpolicen benutzt wird). Ü b e r einen Fall der Versicherung eines deutlich erkennbaren Oberfracht-Vorschusses: H G Z 1908. 73. 57. Insbesondere O b e r - und Unterfracht. Die Fracht kann O b e r - oder Unter- A n m fracht sein. Der Oberverfrachter kann die Oberfracht, der Unterverfrachter die Unterfracht versichern. Der Unterverfrachter kann die Unterfracht auch insoweit versichern, wie Oberfracht und Unterfracht sich decken ( A r g y r i a d i s 93f., M ö l l e r I T V M i t t 1937. 82f.). Beträgt also die Oberfracht 100000, die Unterfracht (regelmäßig K o n nossementsfracht) 150000, so kann der Oberverfrachter 100000, der Unterverfrachter 150000 versichern. Denn der Oberverfrachter hat dem Unterverfrachter nicht etwa die Gefahr abgenommen. Oberverfrachtung und Unterverfrachtung sind zwei wirtschaftlich zusammenhängende Unternehmungen, insofern die eine erst durch die andere ermöglicht ist, aber im übrigen zwei rechtlich völlig selbständige Unternehmungen. D e r Oberverfrachter trägt die Gefahr der einen, der Unterverfrachter die der anderen U n t e r n e h m u n g . J e d e r von beiden hat deshalb auch das durch seine U n t e r n e h m u n g begründete Interesse und k a n n dieses Interesse v o l l v e r s i c h e r n . Die Anschauung, d a ß der Unterverfrachter, soweit O b e r - und Unterfracht sich decken, i m obigen Beispielfall also für 100000, die Gefahr nicht trage und deshalb kein versicherbares Interesse habe (so R G 38. 54; zustimmend S i e v e k i n g 12), ist offenbar irrig. Eine andere Frage ist, ob es sich wirtschaftlich rechtfertigen läßt und nicht vielmehr Prämienverschwendung ist, w e n n der Oberverfrachter die ganze Oberfracht, der Unterverfrachter die ganze Unterfracht versichert, und ob nicht vielmehr zweckm ä ß i g der Oberverfrachter die Oberfracht, der Unterverfrachter nur den Frachtüberschuß versichert. Diese Frage ist natürlich im Sinne der letzteren Alternative zu beantworten; z w a r nicht für alle Fälle (denn der Unterverfrachter kann ein Interesse daran haben, die Auseinandersetzung mit dem Oberverfrachter dem Versicherer der Unterfracht zu überlassen), wohl aber für die Regel. D e n n im Versicherungsfall geht in der R e g e l nicht nur die Unterfracht, sondern auch die Oberfracht verloren. Ein und derselbe Fall bringt d e m Unterverfrachter Nachteil und Vorteil. N a c h den Regeln über Vorteilsausgleichung m u ß er sich den Vorteil auf den Nachteil anrechnen lassen (Vorb. I X vor § 1). — Hieraus ergibt sich für obigen Beispielfall (Oberfracht: 100000, Unterfracht: 150 000): a) G e h t die Fracht total verloren, so kann der Unterfracht-Versicherte v o m V e r sicherer 150000 verlangen, m u ß sich aber den durch den Versicherungsfall herbeigeführten Vorteil des Verlustes der Oberfracht anrechnen lassen und erhält mithin nur 50000. H a t der Unterverfrachter dem Oberverfrachter auf die Oberfracht vorschußweise 40000 gezahlt, so kann er v o m Oberverfrachter R ü c k z a h l u n g verlangen. Erhält er sie zurück, so m u ß er sie sich auf die Versicherungssumme anrechnen lassen, erhält also v o m Versicherer wieder nur 50000. V e r w e i g e r t der Oberverfrachter die R ü c k z a h l u n g , so kann der Unterfracht-Versicherte v o m Versicherer 150000 — 60000 = 90000 verlangen; der Anspruch auf R ü c k z a h l u n g der 40000 geht nach § 45 (nicht nach § § 7 1 Abs. 3, 79) auf den Versicherer über.

Anm

b) D e r U n t e r Verfrachter hat dem Oberverfrachter 20000 endgültig bezahlt. 1. Der Oberverfrachter kann 100000 Fracht versichern. D o c h gilt die Versicherung in H ö h e von 20000 nur als Versicherung endgültig erhaltener Fracht. — Der Oberverfrachter kann auch 80000 gewöhnliche Fracht und 20000 endgültig erhaltene Fracht versichern. — Er kann auch nur 80000 „ F r a c h t " versichern.

Anm

8

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

114 § 1

Anm. 86

Frachtinteresse

2. Der Unterverfrachter kann 150000 Fracht versichern ( R G 38. 5 1 ) . — E r kann auch 130000 gewöhnliche Fracht und 20000 endgültig bezahlte Fracht versichern. — Er kann auch 150000 Fracht beim einen, 20000 endgültig bezahlte Fracht beim anderen Versicherer versichern; doch wäre das teilweise Doppelversicherung ( R G 38. 5 3 ; vgl. auch H G Z 1908. 73). — E r kann auch — und wird in der Regel zweckmäßig so verfahren — die endgültig bezahlte Fracht von 20000 und den Frachtüberschuß von 50000 versichern. Er kann auch 20000 + 50000 = 70000 als Fracht versichern. Aber er muß dabei angeben, daß 20000 endgültig bezahlte Fracht und 50000 Frachtüberschuß sind ( O A G Lübeck Kierulff 3. 553). Z w a r ist auch die Fracht, die der Unterverfrachter endgültig zu zahlen hat, Fracht und ihre Versicherung Frachtversicherung (oben Anm. 82). Z w a r ist auch der Frachtüberschuß (difference in freight, profit on charter) Fracht und seine Versicherung Frachtversicherung ( V o i g t 134, 138, R G H G Z 1891. 192, H G Z 1891. 55, 1896. 1 1 8 , O A G Lübeck Kierulff 3. 352). Aber der Unterverfrachter ist Frachtversicherungs-Interessentfür 150000, und die Frachtversicherung für nur 70000 wäre mithin Unterversicherung. Vgl. auch Plan 1800 Nr. 34 d: „Assekuranz auf Gewinn auf Frachten . . . muß . . . in der Polize angezeigt werden, wenn sie gültig seyn soll". Ähnlich schon Hamb. FrachtVBed. von 1785 § 7 (Vorb. vor § 1 Anm. 3). c) Der Unterverfrachter hat 20000 subject to insurance endgültig bezahlt. 1. Der Oberverfrachter kann nur 80000 Fracht versichern. 2. Der Unterverfrachter kann 150000 Fracht versichern. — Er kann auch 130000 gewöhnliche Fracht und 20000 subject to insurance endgültig bezahlte Fracht versichern. — Er kann auch 150000 Fracht beim einen, 20000 subject to insurance endgültig bezahlte Fracht beim anderen Versicherer versichern. Doch würde das teilweise Doppelversicherung sein (anders A r g y r i a d i s 92f.). — E r wird in der Regel zweckmäßig nur die endgültig bezahlte Fracht von 20000 und den Frachtüberschuß von 50000 versichern.

Anm. 87

d) Der Unterverfrachter hat 20000 endgültig bezahlt, der Befrachter 40000 endgültig bezahlt. 1. Der Oberverfrachter kann 100000 Fracht versichern. — Er kann auch 80000 gewöhnliche Fracht, 20000 endgültig erhaltene Fracht versichern. Es kann auch nur 80000 als Fracht versichern. 2. Der Unterverfrachter kann 150000 versichern (anders A r g y r i a d i s 93f., der die für endgültig bezahlte Fracht genommene Versicherung als Frachthaftpflichtversicherung ansieht, indessen meint, auch diese komme hier nicht in Betracht, da eine Haftung des Unterverfrachters den Schiffsgläubigern gegenüber nicht gegeben sei und bei endgültig bezahlter Unterfracht im Falle der großen Haverei nicht der Unterverfrachter, sondern der Unterbefrachter beitragspflichtig sei). •— E r kann auch 130000 gewöhnliche Fracht und 20000 endgültig bezahlte Fracht versichern. — E r kann auch 90000 gewöhnliche Fracht, 20000 endgültig bezahlte Fracht und 40 000 endgültig erhaltene Fracht versichern. — Er wird zweckmäßig die von ihm endgültig bezahlte Fracht von 20000, den Frachtüberschuß von (150000—100000—40000 = ) 10000, gegebenenfalls auch noch die endgültig erhaltene Fracht von 40000 versichern. 3. Der Befrachter kann 40000 endgültig bezahlte Fracht versichern.

Anm. 88

e) Der Unterverfrachter hat 20000 endgültig bezahlt, der Befrachter 40000 subject to insurance endgültig bezahlt.

Frachtinteresse

115

1. Der Oberverfrachter kann iooooo Fracht versichern. — Er kann auch 80000 gewöhnliche Fracht, 20000 endgültig erhaltene Fracht versichern. — Er kann auch nur 80000 als Fracht versichern. 2. Der Unterverfrachter kann 110000 Fracht versichern. — Er kann auch (110000 minus 20000 = ) 90000 gewöhnliche Fracht und 20000 endgültig bezahlte Fracht versichern. — Er wird zweckmäßig nur die von ihm endgültig bezahlte Fracht von 20000 und den Frachtüberschuß von 10000 versichern. 3. Der Befrachter kann 40000 subject to insurance endgültig bezahlte Fracht versichern.

§

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f) Der Unterverfrachter hat 20000, der Befrachter 40000 endgültig bezahlt, beide Anm. 89 subject to insurance. 1. Der Oberverfrachter kann nur 80000 Fracht versichern. 2. Der Unterverfrachter kann 110000 Fracht versichern. — Er kann auch 90000 gewöhnliche Fracht und 20000 subject to insurance endgültig bezahlte Fracht versichern. — Er wird zweckmäßig nur die von ihm endgültig bezahlte Fracht von 20000 und den Frachtüberschuß von 10000 versichern. 3. Der Befrachter kann 40000 subject to insurance endgültig bezahlte Fracht versichern. 58. Der Befrachter kann auch nicht endgültig bezahlte, also gewöhnliche Anm. 90 Fracht versichern. Denn er muß unter Umständen Fracht zahlen, ohne in den Gütern den entsprechenden Gegenwert zu haben. So z. B. wenn Tiere unterwegs sterben (HGB § 618 Abs. 1), oder wenn die Güter am Bestimmungsort beschädigt ankommen und deshalb die Fracht nicht decken (Prot. 3035). Der Befrachter hat für solche Fracht, für die Fracht in solchen Beziehungen ein versicherbares Interesse (so auch M ö l l e r Cifgeschäft und Versicherung 69, M o h r 94). Aber das Interesse ist kein Frachtinteresse, sondern ein Güterinteresse (vgl. H G B §§ 799 Abs. 2, 800, A S V B §§ 22 Abs. 2, 23; § 90 A n m . ; so auch M o h r 24; anders M ö l l e r a. a. O . : weder Güter- noch Frachtinteresse, sondern Interesse an Anwartschaft). Nicht die Bestimmungen über Frachtversicherung, sondern diejenigen über G ü t e r v e r s i c h e r u n g sind anzuwenden. 59. Schlepplohn. Der Begriff des Frachtvertrags setzt nicht voraus, daß die zu Anm. 91 befördernden Sachen sich in oder auf dem befördernden Schiff befinden ( P a p p e n h e i m HB 2. 17, R G 6. 99, 67. 11, 86. 429, H G Z 1900. 215). Die Frachtgüter können auch im Seeleichter durch Schlepper befördert werden. Die Fracht ist darum nicht minder Fracht und a l s F r a c h t v e r s i c h e r b a r , wenn und weil die Güter in dieser Weise befördert werden. Aber die Regel bildet diese Art der Beförderung nicht, und die Vorschriften des Seeversicherungs-Rechts haben sie ebensowenig im Auge, wie diejenigen des Seefracht-Rechts ( P a p p e n h e i m HB 2, 17). Sie ist mit erheblich größeren Gefahren verbunden, als die gewöhnliche Beförderung über See, und bildet daher jedenfalls einen g e f a h r e r h e b l i c h e n U m s t a n d im Sinne des § 19. — Dasselbe ist der Fall, wenn die Fracht nicht sowohl für die Beförderung der Güter allein, sondern für die B e f ö r d e r u n g d e s g e s c h l e p p t e n S c h i f f e s mit den Gütern bedungen ist oder auch nur für die Beförderung des geschleppten Schiffes. Auch in Fällen dieser Art handelt es sich, mag das geschleppte Schiff eigene Besatzung haben oder nicht, um Frachtverträge, vorausgesetzt immer, daß die Obhut über das geschleppte Schiff und die Güter beim Schlepper ist ( R O H G 23. 320, R G 6. 100, 67. 11, 86. 429, H G Z 1903, 290, S c h a p s A b r a h a m II 273 Anm. 24 vor § 556 HGB). Aber auch in diesen Fällen ist der Frachtversicherte natürlich a n z e i g e p f l i c h t i g . Von Schleppfrachtverträgen dieser Art ist der eigentliche Schleppvertrag (Schlepp- Anm. 92 vertrag im engeren Sinne) zu unterscheiden, der Vertrag des „Schleppschiffunter8»

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Schiffsmiete-Interesse

§ 1 nehmers" ( H G B § i Abs. 2 Nr. 5), der V e r t r a g , durch den der eine Teil z u schleppen, der andere Teil eine V e r g ü t u n g zu zahlen sich verpflichtet und die O b h u t über das G e schleppte nicht oder n i c h t a u s s c h l i e ß l i c h b e i m S c h l e p p e r ist. Dieser V e r t r a g ist kein F r a c h t v e r t r a g ( P a p p e n h e i m H B 2. 20, S c h a p s - A b r a h a m a. a. O . und hier angef. Lit. u. Rspr.), sondern Werkvertrag gewöhnlicher A r t oder Dienstvertrag, der Schlepplohn nicht Fracht und deshalb n i c h t a l s F r a c h t v e r s i c h e r b a r , sondern gewöhnliche W e r k - oder Dienstvergütung (vgl. insbesondere R O H G 23. 231, R G 10. 167, 67. 11, H G Z 1889. 105, 1894. 5, 1897. 92, 284, 1898. 103, 1902. 99, 1905. 56; vgl. a u c h unten A n m . 97). Schiffsmiete A n m . g3

60. Gemeint ist: Schiffsmietzins, genauer: die Forderung auf Schiffsmietzins (vgl. oben A n m . 66,68). Das Schiff kann vermietet, es kann vereinbart sein, d a ß der V e r mieter den G e b r a u c h des Schiffes während der Mietzeit zu gewähren, der Mieter den vereinbarten Mietzins zu entrichten hat ( B G B § 535). U n d zwar so, d a ß „ d e r bloße K ö r p e r des Schiffes" vermietet ist (Prot. 1656), wie z. B. beim Schuten-Mietvertrag gewöhnlich oder bei der bare-boat charter. O d e r so, d a ß das Schiff mit der Besatzung vermietet wird, und die Besatzung z w a r den Anordnungen des Mieters zu entsprechen, gleichzeitig aber a u c h die vertragsmäßige V e r w e n d u n g des Schiffes z u beaufsichtigen, vertragswidriger V e r w e n d u n g des Schiffes sich z u versagen hat.

A n m . 94

61. Die Versicherung der Schiffsmiete ist, wie die Versicherung der Frachtforderung, keine Versicherung der Forderung und insbesondere keine Kreditversicherung (oben A n m . 66, 68). Sie ist die Versicherung des durch die Mietzins-Forderung vermittelten Interesses an der Erhaltung des Schiffes. Sie ist d e m g e m ä ß auch eine „ a u f das Schiff sich beziehende" Versicherung im Sinne des § 79 (oben A n m . 66, 68).

A n m . 95

62. V e r f r a c h t u n g und V e r m i e t u n g von Schiffen sind in ihren Voraussetzungen und W i r k u n g e n verschiedene Rechtserscheinungen (oben A n m . 67). Deshalb hat m a n mit R e c h t die Versicherung von Fracht für unwirksam gehalten, w e n n nicht Fracht, sondern Schiffsmiete geschuldet wird ( R G 69. 129, H G Z 1908. 289). Die Unterschiede schließen nicht aus, d a ß die beiden Verhältnisse durch Vereinbarung, ohne V e r l e t z u n g ihrer typenabgrenzenden M e r k m a l e , einander angeglichen werden. A u f dem Gebiet der Seeversicherung ist das in den A D S geschehen. V o n den Unterschieden, die Frachtverhältnisse und Mieteverhältnisse trennen, hat sich als der verhängnisvollste der erwiesen, der an den Wirkungen von R e i s e v e r z ö g e r u n g e n zu T a g e tritt. W ä h r e n d die Reisefracht durch solche V e r z ö g e r u n g k a u m beeinträchtigt wird, ist die Zeitfracht schwer, die Schiffsmiete noch schwerer durch sie gefährdet. Deshalb darf an und für sich Zeitfracht nicht als Fracht, Schiffsmiete nicht als Zeitfracht, geschweige denn als Fracht versichert werden. A b e r der Unterschied wird für das Gebiet der Versicherung a u s g e g l i c h e n , w e n n der Versicherer die H a f t u n g für den durch V e r z ö g e r u n g verursachten Verlust überhaupt ablehnt. Dies tut § 105 A b s . 5 für die Zeitfrachtversicherung und § 108 A b s . 1 für die Schiffsmieteversicherung. N u n ist der W e g für eine verkehrsgerechte Behandlung der Schiffsmieteversicherung frei. Die rechtlichen Unterschiede zwischen Schiffsmiete und Zeitfrachtvertrag liegen nicht so zu T a g e , d a ß sie im schnellebigen V e r k e h r ohne weiteres z u erkennen wären. D a kann es insbesondere leicht vorkommen, d a ß Schiffsmiete als Fracht versichert wird, zumal im englischen Rechtsverkehr insoweit kein Unterschied gemacht wird ( A r n o u l d 248 s. 281, — wenngleich a u c h nicht verkannt wird, d a ß the hire of the ship . . . is, strictly speaking, rather to be called charter-money than freight: A r n o u l d 290 s. 322). Unter diesen V e r hältnissen braucht der Versicherungsnehmer nicht mehr z u leiden: Er kann „ S c h i f f s -

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miete als für bestimmte Zeit geschlossene F r a c h t " und „solche Fracht als Schiffs- § 1 miete" versichern (§ i A b s . 3 Satz 2). U n d da er eigentliche sowohl wie uneigentliche Zeitfracht (wenn auch nicht als „ R e i s e f r a c h t " , so doch) a u c h als „ F r a c h t " versichern kann, so kann er auch Schiffsmiete (wenn a u c h nicht als „ R e i s e f r a c h t " , so doch) als „ F r a c h t " versichern. 63. O b das Schiff zur Güterbeförderung oder zur Personenbeförderung v e r - A n m , 96 mietet ist, ist versicherungsrechtlich im allgemeinen ohne Bedeutung (anders natürlich v o m mieterrechtlichen Standpunkt; vgl. H G Z 1901. 160, w o n a c h Schiffe im Zweifel nur als zur Güterbeförderung vermietet gelten). N u r unter besonderen Umständen würde der Vermieter, der Schiffsmiete versichert, anzuzeigen haben, d a ß das Schiff zur Personenbeförderung vermietet ist. Der Versicherungsnehmer kann auch nach § 1 A b s . 3 Satz 2 Schiffsmiete als „ F r a c h t " versichern, wenn das Schiff zur Personenbeförderung vermietet ist. Die darin liegende Unebenheit ist bei den V e r h a n d l u n g e n über den E 1910 erwogen, aber zu leicht befunden, u m eine Unterscheidung und Verkehrserschwerung z u rechtfertigen. 64. Schiffsmiete ist nur Sachmiete. Insbesondere nicht auch Dienstmiete (vgl. A n m . 97 B G B § 6 1 1 ) . Das Schiff kann a u c h Gegenstand einer bloßen Dienstmiete sein. Der Eigentümer des Schiffes kann mittelst des Schiffes zu leistende Dienste, der Dienstberechtigte eine V e r g ü t u n g versprechen. So, z. B., w e n n das Seeschiff einen Hafenschlepper annimmt, nicht, u m sich von ihm in den H a f e n schleppen z u lassen, sondern nur u m die Einfahrt in den Hafen zu sichern, dienstbereit zu sein und die etwa verlangten Dienste zu leisten. Ebenso aber auch, wenn der Schlepper z w a r schleppen soll, aber unter der L e i t u n g und nach den Anweisungen des geschleppten Schiffes ä son service, the c o m m a n d or governing power being with the tow, and the motive power with the tug (vgl. R i t t e r , Denkschrift zu den Entwürfen der C o m . M a r . Int. von Verträgen über Ansegelung usw. 29), wenn der Schlepper „ n u r die fortbewegende K r a f t des geschleppten Schiffes" ist ( H a m b . Schleppbedingungen bei S c h a p s - A b r a h a m I I I 1047; vgl. a u c h H G Z 1902. 43, 1903. 145, 1906. 8). Die für solche Dienstleistung z u entrichtende V e r g ü t u n g ist keine Fracht und keine Schiffsmiete und nicht als solche versicherbar (vgl. auch oben A n m . 92). Überfahrtsgelder 65. Überfahrtsgeld ist die Vergütung, die der Unternehmer nach d e m Uberfahrts- A n m . 98 vertrag für die v o n i h m übernommene Beförderung eines Reisenden von diesem (oder von d e m sonstigen Vertragschließenden) z u verlangen hat, — aber auch die Forderung, deren Gegenstand die V e r g ü t u n g bildet (vgl. oben A n m . 68). 66. D e r Uberfahrtsvertrag ist kein Frachtvertrag (deshalb rechts- und a u c h A n m . 99 sprachmißbräuchlich: H G B Uberschrift vor § 664: „ F r a c h t g e s c h ä f t " , § 676: „ V e r frachtung eines Schiffes zur Beförderung von R e i s e n d e n " , §§ 669, 671, 674: „ V e r frachter"). Das Uberfahrtsgeld ist nicht Fracht. A b e r es ist der Zwilling der Fracht. 67. A u c h der Uberfahrtsvertrag kommt, wie der Frachtvertrag, mit E l e m e n t e n A n m . 100 d e r S a c h m i e t e d u r c h s e t z t vor (z. B. Ausbedingung eines bestimmten Schiffsraums: S c h a p s - A b r a h a m II 813 A n m . 10 vor § 664 H G B ; vgl. j e d o c h auch den Frachtvertrag über einen „bestimmt bezeichneten R a u m " des Schiffes: H G B § 556 Nr. 1), verliert aber, solange die typenabgrenzenden M e r k m a l e des Werkvertrags nicht verwischt sind, nicht seinen juristischen Charakter als Uberfahrtsvertrag (näheres oben A n m . 67). 68. Bei der nahen Verwandtschaft des Uberfahrtsgeldes und der Fracht m u ß die A n m . 101 Versicherung von Uberfahrtsgeld grundsätzlich dasselbe Gepräge tragen, wie die Fracht-

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Uberfahrtsgelder-Interesse

§ 1 Versicherung (vgl. daher oben A n m . 67). A b e r sie unterscheidet sich von der Frachtversicherung in einer wesentlichen Beziehung. Sie ist zwar, wie die Frachtversicherung, eine Versicherung, die „sich auf das S c h i f f bezieht". Die Bestimmungen über Kaskoversicherung finden daher nach § 79 auf die Uberfahrtsgelder-Versicherung entsprechende A n w e n d u n g . A b e r sie ist, anders als die Frachtversicherung, keine V e r sicherung, die sich auch auf die G ü t e r bezieht und sich deshalb g e m ä ß § 99 auch nach den für die Versicherung von Gütern geltenden Bestimmungen richtet. A u c h nicht etwa, w e n n und weil der Unternehmer Reisegut befördert. D e n n diese Beförderung geschieht nur nebenher (vgl. H G B § 672) und macht die Versicherung von Überfahrtsgeldern so wenig z u einer auf G ü t e r sich beziehenden Versicherung, wie den Überfahrtsvertrag z u m Frachtvertrag. Die Überfahrtsgelder-Versicherung bezieht sich statt auf G ü t e r vielmehr auf Personen. Sie müßte daher, soll sie der Frachtversicherung gleichen, als die Versicherung des Unternehmerinteresses an der Erhaltung des Schiffes und der Reisenden gestaltet werden. Gesetz und A D S haben indessen fast ihre ganze Aufmerksamkeit den Arten der Seeversicherung zugewandt, die es mit dem Interesse an der Erhaltung von „ S c h i f f oder L a d u n g " zu tun haben (§ 1 Abs. 1; oben A n m . 21). Allgemeine Vorschriften über Seeversicherungen, die sich auf Personen beziehen und deren entsprechende A n w e n d u n g auf die Uberfahrtsgelder-Versicherung hätte angeordnet werden können, gibt es nicht. Es könnte sich daher nur fragen, ob an ihrer Stelle die für die Güterversicherung geltenden Vorschriften sinngemäß anzuwenden sind. Dies ist angesichts des Standpunkts, den Gesetz und A D S der Überfahrtsgelder-Versicherung gegenüber eingenommen haben, unmöglich, soweit sich nicht aus der besonderen Bestimmung des § 109 Abs. 1 ein anderes ergibt. Es ist aber auch nicht nötig. Vielmehr wird m a n hier, auf einem Sonder- und Nebengebiet der Seeversicherung, m i t d e n a l l g e m e i n e n G r u n d s ä t z e n d e s S e e v e r s i c h e r u n g s R e c h t s , insbesondere mit d e m Grundsatz der allgemeinen Gefahrendeckung (§ 28), a u s k o m m e n können. W ü r d e z. B. ein Reisender an Bord, aber noch vor d e m Antritt der Reise infolge eines Seeunfalls sterben, so würde nach dem Beginn der Uberfahrtsgelder-Versicherung (§§ 109 A b s . 1, 66 Abs. 1 ; § 66 A n m . ) das halbe Uberfahrtsgeld verloren sein ( H G B § 667 Abs. 1), der Versicherer auch haften, weil der Unfall z w a r ein solcher sein würde, von dem der Reisende, kein solcher, von d e m das Schiff betroffen wäre, dies aber mangels einer entsprechenden, die H a f t u n g des Versicherers einschränkenden Bestimmung ohne Bedeutung ist. W ü r d e der Reisende eines natürlichen Todes sterben, so würde der Versicherer nach § 86 nicht haften, weil § 86 nach §§ 109 Abs. 1, 105 Abs. 1 sinngemäß anzuwenden ist (vgl. aber auch H G u. O G H a m b u r g , R O H G H G Z 1875. 202, 1880. 385: Ausbruch der Cholera an Bord eines Auswandererschiffs: nach § 86 würde der Versicherer nur für den Passagier nicht haften, der den Cholerakeim eingeschleppt hat). W ü r d e das Überfahrtsgeld verloren gehen, weil der Reisende mit Rücksicht darauf zurücktritt, d a ß das Schiff infolge Kriegsausbruchs nicht mehr frei und der Aufbringungsgefahr ausgesetzt ist, oder durch V e r f ü g u n g von hoher H a n d zurückgehalten wird ( H G B § 669 Abs. 1), so würde der Versicherer schon deshalb haften, weil das Ereignis, das den für den Versicherungsnehmer nicht vermeidlichen Rücktritt herbeigeführt hat, ein solches ist, von dem das Schiff betroffen ist. — Dieser Unterschied zwischen der Frachtversicherung und der Uberfahrtsgelder-Versicherung wäre groß genug, u m nicht zu gestatten, d a ß (etwa in einem Falle, w o ein Passagierschiff Beiladung fährt) Fracht als „ U b e r f a h r t s g e l d " versichert wird. Er wäre aber vielleicht nicht groß genug, u m zu verbieten, daß Uberfahrtsgeld als „ F r a c h t " versichert wird. Indessen übernimmt auf der anderen Seite der Versicherer von Überfahrtsgeld doch auch die Deckung von Schäden, die der Frachtversicherung fremd sind (vgl. § 190 Abs. 3). Deshalb ist (nicht nur in einer Überfahrtsgelder-Ver-

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Sicherung keine Frachtversicherung, sondern auch) in einer F r a c h t v e r s i c h e r u n g § 1 k e i n e Ü b e r f a h r t s g e l d e r - V e r s i c h e r u n g enthalten (§ i Abs. 2 Satz 2). Freight . . . does not include passage money (MIA § 90, R C P 16). 69. Das Überfahrtsgeld kann, wie die Fracht, brutto oder netto versichert, Anm. 102 besegelt oder unbesegelt, noch zu bezahlen oder im voraus bezahlt sein (oben Anm. 72ff.). Das Uberfahrtsgeld kann auch endgültig bezahlt sein. Die Versicherung endgültig bezahlten Überfahrtsgeldes ist keine Versicherung von Uberfahrtsgeldern, so wenig, wie die Versicherung endgültig bezahlter Fracht Frachtversicherung ist (oben Anm. 77; vgl. A r n o u l d 254 s. 288). Aber während für die Versicherung endgültig bezahlter Fracht die Bestimmungen über die Güterversicherung zur Verfügung stehen, fehlt es hier an Bestimmungen, die anwendbar wären. Indessen dürften doch die B e s t i m m u n g e n ü b e r die G ü t e r v e r s i c h e r u n g s i n n g e m ä ß a n z u w e n d e n sein. Dem mutmaßlichen Parteiwillen wird es entsprechen, daß als versichert das Interesse anzusehen ist, welches der Versicherungsnehmer daran hat, das Überfahrtsgeld, sei es aus Gründen, die im Schiffe, sei es aus Gründen, die in der Person des Reisenden liegen, nicht umsonst aufgewendet zu haben. Diese Person ist regelmäßig, wenigstens vom Standpunkt des Wirtschaftslebens aus betrachtet, um das Uberfahrtsgeld wertvoller geworden. Man kann daher in diesem Falle nicht gar von den Unfällen, welche die Person betreffen, absehen. Der Versicherer würde z. B. haften, wenn der Reisende an Bord, aber noch vor Antritt der Reise infolge eines Seeunfalls ums Leben käme. Denn die Versicherung würde nicht nach §§ 109 Abs. 2, 66 Abs. 1, sondern nach § 88 Abs. 2 schon dann begonnen haben, als der Reisende vom Unternehmer zum Zwecke der Beförderung aufgenommen war. — So wenig, wie endgültig bezahlte Fracht als „Fracht", kann natürlich endgültig bezahltes Überfahrtsgeld als „Uberfahrtsgeld" versichert werden (oben Anm. 77). 70. Der Überfahrtsvertrag kann, gleich dem Ober- und Unterfrachtvertrag, Ober- Anm. 103 und Untervertrag sein (näheres oben Anm. 83fr.). 71. Nur eine besondere Art des Uberfahrtsvertrags bildet, trotz der mißverständ- Anm. 104 liehen Ausdrucksweise des Gesetzes (HGB § 676), der Fall der „ V e r f r a c h t u n g " eines Schiffes zur Beförderung von Reisenden". Der Verfrachter kann die „Fracht" nur als Ü b e r f a h r t s g e l d versichern. Findet auch auf das Verhältnis zwischen,, Verfrachter" und „Befrachter" Frachtrecht Anwendung, so doch nur, „soweit die Natur der Sache seine Anwendung zuläßt" (HGB § 676), und die aus der Natur der Sache sich ergebenden Abweichungen sind groß genug, um die Versicherung des Uberfahrtsgeldes als „Fracht" zu verbieten. 72. Auswandererversicherung. Nach §§ 27—30 des Gesetzes über das Aus- Anm. 105 wanderungswesen vom 9. Juni 1897 muß der Auswanderungsunternehmer den Auswanderern bei Reiseverzögerungen unentgeltlich Unterkunft und Verpflegung gewähren, sie erforderlichenfalls anderweit an den Bestimmungsort befördern und ihnen unter Umständen das Uberfahrtsgeld zurückerstatten. Nach § 32 AuswG kann der Unternehmer verpflichtet werden, „zur Sicherstellung" dieser Verpflichtungen „eine das Überfahrtsgeld um den halben Betrag übersteigende Summe zu versichern". Nach § 1 4 der Bekanntmachung des Bundesrats vom 14. März 1898 (RGBl. 39) kann die Auswanderungsbehörde eine solche Versicherung verlangen. Die Auswahl des Versicherers und der Inhalt des Versicherungsvertrags bedürfen ihrer Genehmigung. Die Police ist ihr einzuliefern. Ist der Unternehmer in der Erfüllung der durch die Versicherung sichergestellten Verpflichtung säumig, so daß die Behörde einschreiten muß, so kann sie die durch die Säumnis entstandenen Kosten aus der Versicherungssumme decken und zu diesem Zwecke die Versicherungssumme erheben; ein entsprechender Vermerk ist in die Police aufzunehmen.

120 § 1

Überfahrtsgelder-Interesse

Wird nur nach diesen Bestimmungen Versicherung genommen, so ist die Versicherung weder eine Überfahrtsgelder-Versicherung noch überhaupt eine Seeversicherung, (ebenso S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 7 zu §1 A D S ) . Die Versicherung ist j a genommen „ z u r Sicherstellung" gewisser dem Unternehmer obliegender Verpflichtungen. Nicht dagegen, daß Überfahrtsgelder verlorengehen. Auch nicht dagegen, daß die Forderung auf Erfüllung jener Verpflichtungen infolge eines dem Versicherer zur Last fallenden Unfalls nicht mehr durch Schiff und Überfahrtsgelder gedeckt wird. Sondern überhaupt gegen die Gefahr der Nichterfüllung oder der nicht gehörigen Erfüllung, aus welchem Grunde immer ( R O H G 17. 344). Die Versicherung ist eine g e w ö h n l i c h e K r e d i t v e r s i c h e r u n g f ü r f r e m d e R e c h n u n g , nämlich für Rechnung der Auswanderer, nur mit der Besonderheit, daß die Auswanderungsbehörde gegenüber dem Unternehmer, dem Auswanderer und dem Versicherer berechtigt ist, die Versicherungssumme zur Deckung ihrer für den Unternehmer gemachten Ausgaben einzuziehen. Der Unternehmer ist der Versicherungsnehmer, die Auswanderer sind die Versicherten ( V o i g t 136, R O H G 7. 402, 17. 343, H G u. O G Hamburg H G Z 1875. I ! 8 ) . Deshalb finden weder die Vorschriften über Überfahrtsgelder-Versicherung noch überhaupt die Vorschriften über Seeversicherung Anwendung, soweit die Parteien nicht etwa ihre Anwendung (z. B. durch Bezugnahme auf die A D S ) vereinbart haben. Der Versicherer kann sich insbesondere nicht auf die Beschränkungen der Haftung des Kaskoversicherers berufen. E r kann sich auch darauf nicht berufen, daß der Unternehmer die Gefahr geändert oder den Versicherungsfall vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt oder die SchadensabwendungsPflicht verletzt hat, obgleich der Unternehmer der Versicherungsnehmer ist ( V o i g t 136, R O H G 7. 4 0 1 , 17. 344). Denn die Versicherung ist j a gerade für die Forderung gegen den Unternehmer genommen. Der Unternehmer kann daher auch selbst, als Versicherungsnehmer, im Besitz der Police, nach § 54 Abs. 2 die Entschädigung verlangen, obgleich er die ihm obliegenden Verbindlichkeiten aus dem Versicherungsverhältnis nicht erfüllt hat; doch würde der Versicherer einwenden können, daß mit der Zahlung der Entschädigung die versicherte Forderung auf ihn übergehen würde und er das soeben gezahlte wieder würde zurückfordern können (exceptio doli, L e w i s 2. 376, S i e v e k i n g 14, wo jedoch mit Unrecht auf § 804 H G B verwiesen wird und, wenn überhaupt, auf § 805 H G B hätte verwiesen werden sollen; mißverständlich auch O G Hamburg H G Z 1875. 1 2 1 ; vgl. ferner M o l t 137, R O H G 17. 345). Übrigens kann es kaum vorkommen, daß der Unternehmer im Besitz der Police ist und demgemäß Entschädigung verlangen kann; denn die Police ist j a der Auswanderungsbehörde zu übergeben. Der Unternehmer kann natürlich neben der Versicherung für Rechnung der Auswanderer auch die U b e r f a h r t s g e l d e r f ü r e i g e n e R e c h n u n g v e r s i c h e r n , was zweckmäßig, zur Vermeidung unnützer Versicherungskosten, in Verbindung mit der Versicherung für Rechnung der Auswanderer geschieht (vgl. R O H G 7. 395, 17. 3 4 1 , O A G Lübeck Kierulff 4. 409, auch R O H G H G Z 1879. 386, H G u. O G Hamburg H G Z 1875. 1 1 8 , 2 0 2 , 1876. 147). In solchem Falle würde der Versicherer gegenüber dem Entschädigungsanspruch des Überfahrtsgelder-Versicherten sich auf die Beschränkungen der Haftung des Überfahrtsgelder-Versicherers berufen können, der Unternehmer dagegen gegenüber der auf den Versicherer übergegangenen Forderung auf die von ihm für eigene Rechnung genommene Versicherung ( V o i g t 137, R O H G 17. 345; vgl. auch H G u. O G Hamburg, O A G Lübeck H G Z 1868. 15, 1 3 3 : Versicherung von „ V e r wendungs- und Passagegeldern für 237 Erwachsene, 66 Kinder und 24 Säuglinge, als Passagiere, um solche im Fall eines Schadens zu landen, zu beköstigen, zu behausen und eventuell zu befördern, Schaden auch über 1 0 0 % zu bezahlen", — eine Versicherung, welche die Gerichte noch als eine gewöhnliche Schadensversicherung des Unternehmers behandelt haben, obgleich nach § 1 1 der hamburg. Auswanderer-Verordnung „ d e r

Bodmereigelder-Interesse

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Expedient verpflichtet war, im Interesse der Auswanderer für 1 5 0 % der Passagegelder § 1 Versicherung zu nehmen, auch die Police darüber bei der Polizeibehörde z u deponieren, u m im Schadensfalle zur Deckung der notwendig werdenden außerordentlichen V e r wendungen für Beköstigung, Behausung und Weiterbeförderung der Passagiere zu dienen"). Bodmereigelder 73. Bodmereigelder (von Boden, Schiffsboden, vgl. z. B. K l e f e c k e r 7. 302, — A n m . 106 daher in England bottomry loan a u f Schiffsdarlehn beschränkt: unten A n m . 107) sind bestimmte Forderungen, zu deren Deckung der Seegefahr ausgesetzte Gegenstände dienen, nämlich Forderungen aus einem „ D a r l e h n s g e s c h ä f t " , welches von dem Schiffer als solchem kraft der in diesem Gesetzbuch (im H G B ) ihm erteilten Befugnisse unter Zusicherung einer P r ä m i e und unter Verpfändung von Schiff, Fracht und L a d u n g oder von einem oder mehreren dieser Gegenstände in der A r t eingegangen wird, daß der Gläubiger wegen seiner Ansprüche nur an die verpfändeten (verbodmeten) Gegenstände nach der Ankunft des Schiffes an dem O r t e sich halten kann, wo die Reise endigen soll, für welche das Geschäft eingegangen ist ( H G B § 679). Die Versicherung von Bodmereigeldern ist also die besondersartige V e r s i c h e r u n g e i n e s E i g e n t ü m e r i n t e r e s s e s (nach älterer und noch heutiger englischer Auffassung eine A r t Rückversicherung, da Bodmereidarlehen themselves a species of insurance: A r n o u l d 260 s. 293). Daraus folgt aber nicht, d a ß der Bodmereigläubiger „ d a s S c h i f f " versichern könnte. Denn § 1 will in der Versicherung des Schiffes die Versicherung des Bodmereigläubiger-Interesses nicht enthalten wissen (oben A n m . 34). Daraus folgt deshalb auch nicht, daß die Kaskoversicherung nach § 49 auf den Bodmereigläubiger übergeht (oben A n m . 34, § 49 A n m . ) . Daraus folgt auch nicht, d a ß der E i g e n t ü m e r in H ö h e der Bodermeigelder überhaupt kein versicherbares Eigentümerinteresse hat. Er hat noch ein durch den Wiederwegfall der Bodmereischuld oder durch die Entstehung einer auch persönlichen H a f t u n g bedingtes Eigentümerinteresse und kann dies versichern und b l e i b t deshalb auch insoweit v e r s i c h e r t (oben A n m . 34). Sein Interesse ist auch in gewissen Beziehungen unbedingt. D e r Eigentümer der G ü t e r hat ein Interesse daran, d a ß die Güter den Bestimmungsort erreichen, a u c h w e n n dies mit dem im Versicherungsvertrag bestimmten Schiffe nicht möglich ist, und dies Interesse ist besonders geschützt. Der Güterversicherte erhält sogar Ersatz der Umladungs-, Lagerungs- und Weiterbeförderungskosten (§ 95). Der Bodmereigläubiger ist an der Weiterbeförderung der Güter nur insoweit interessiert, als die Bodmereiforderung gefährdet wäre, ihre D e c k u n g nicht ausreichte, wenn die G ü t e r nicht weiterbefördert würden. Er ist z w a r während der Weiterbeförderung versichert (§ 95 Abs. 2); aber die Umladungs-, Lagerungs- und Weiterbeförderungskosten würden d e m Versicherer der Bodmereigelder nur nach § 32 A b s . 1 Nr. 1 zur Last fallen, w e n n der Bodmereigläubiger sie zur Schadensabwendung aufgewendet haben würde. W e n n der Güterversicherte sie aufwendet, m u ß der Güterversicherer sie ersetzen. — U b e r einen besonderen Fall der V e r b o d m u n g , in dem der Wegfall des Interesses infolge V e r b o d m u n g als Versicherungsfall behandelt wird, nämlich den Fall der V e r b o d m u n g versicherter Güter zur Fortsetzung der Reise: § 81. — Näheres unten zur Versicherung von Forderungen überhaupt (Anm. 118ff.). 74. In England wird bottomry ( V e r b o d m u n g von Schiff und L a d u n g ) und respon- A n m . 107 dentia ( V e r b o d m u n g der Güter) unterschieden. Der Geldgeber has an insurable interest in respect of the loan ( M I A § 10). O b g l e i c h im allgemeinen, where the policy designates the subject-matter insured in general terms, it shall be construed to the interest intended

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Havereigelder-Interesse

§ 1 by the assured to be covered (MIA § 26 Abs. 3), müssen doch nach Handelsgebrauch (vgl. M I A § 26 Abs. 4) Bodmereigelder bei der Versicherung als solche besonders bezeichnet werden, widrigenfalls die Versicherung unwirksam ist ( A r n o u l d 260 s. 294).

Havereigelder Anm. 108

75. Der Ausdruck ,,Haverei" (engl, average, französ. avarie, ähnlich in vielen anderen Sprachen: H e c k 628) bezeichnet unterwegs durch Seeunfall entstandene Schäden, also insbesondere nicht Abnutzungs-, Alters-, Beschaffenheitsschäden oder die gewöhnlichen Schiffsbetriebskosten (vgl. H G B § 621 Abs. 2), die Nachteile, die früher wohl k l e i n e , ordinäre oder kommune Haverei genannt wurden. — Die Haverei wird eingeteilt in g r o ß e (oder gemeinschaftliche) Haverei (HGB § 700; général average, avarie grosse oder commune) und b e s o n d e r e (oder einfache oder Partikular-) Haverei (HGB §§ 701, 707; particular average, avarie particulière oder simple). Doch bezeichnet man im Verkehr und auch im Versicherungsrecht (vgl. insbesondere M I A § 64) oft nur Teilschaden als besondere Haverei oder auch nur als Haverei (vgl. H G B §§ 845, 893), oft auch nur die Unfälle allein als Haverei (vgl. HGB § 893).

Anm. 109

76. Mit dem Ausdruck „Havareigelder" bezeichnet man also Gelder oder Kosten, die unterwegs infolge eines Seeunfalls zur Beseitigung seiner Folgen aufgewendet werden müssen und aufgewendet werden (Prot. 3271). Mit dieser Bedeutung haben Gesetz (HGB §§ 77g, 826, 840, 857, 880) und ADS (§§ 1, 1 1 0 — 1 1 2 ) den Ausdruck übernommen. Ohne zu berücksichtigen, daß der Ausdruck nur über Ursache und Zweck von Aufwendungen etwas aussagt, nicht aber über die Art des Interesses. Das wäre freilich nicht weiter schlimm, wenn, wie die Ausdrücke „das Schiff" oder „die Güter" das Eigentümerinteresse decken, so auch der Ausdruck „Havereigelder" verkehrsgemäß eine bestimmte Art von Interessen deckte. Das ist aber nicht der Fall (weshalb E h r e n b e r g AssJB 22. 11 den Ausdruck für „verwerflich" hält). Der Ausdruck wird (ähnlich, wie der Ausdruck „Fracht": oben Anm. 68) für verschiedenartige, sich hinter ihm verbergende Interessen gebraucht:

Anm. 1 1 0

a) zunächst im Sinne von Forderungen für gezahlte Havereigelder, denen Schiff und Fracht zur Deckung dienen, sei es zur dinglichen, insbesondere pfandmäßigen Deckung, sei es nur als vorzugsweise Gegenstände der Befriedigung ( S i e v e king 17, R G H G Z 1891. 252, H G Z 1890. 299; abw. V o i g t 15, 371, 496). Das sind die Havereigelder, die nach der Ausdrucksweise des Gesetzes „vorgeschossen" werden (HGB §§ 826, 857, 880), nach der Ausdrucksweise der ADS „gewährt" werden. Sie begründen gewöhnlich ein bloßes F o r d e r u n g s i n t e r e s s e ; ihre Versicherung ist die Versicherung einer Forderung gegen Sachgefahren. Sind sie dem Kapitän unter Beschränkung der Haftung und Fracht gegeben (vgl. H G B §§ 528, 532, 541, 754 Nr. 6), so ist ihre Versicherung, gleich derjenigen von Bodmereigeldern, eine eigenartige Versicherung des Eigentümerinteresses (oben Anm. 10, 41, 1 1 6 ; vgl. auch die nicht überall zutreffenden Ausführungen Prot. 3092 und L e w i s 2. 256). — Die Havereigelder brauchen aber nicht immer „vorgeschossen" oder „gewährt" zu sein. Z. B. kann auch ein Havariegrosse-Beteiligter seine Forderung auf Havariegrosse- Vergütung unter der Bezeichnung „Havereigelder" versichern. — § 779 HGB, § 1 ADS und die Uberschrift des fünften Titels im zweiten Abschnitt der ADS erwecken den Anschein, als ob Gesetz und ADS nur solche Forderungen als „Havereigelder" betrachtet wissen wollen, als ob im Falle einer Versicherung von „Havereigeldern" nur Havereigelder-Forderungen als versichert gelten sollen und das Interesse mithin falsch bezeichnet ist, die Versicherung unwirksam sein soll, wenn in solchem Falle tatsächlich keine Have-

Havereigelder-Interesse

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reigelder-Forderung besteht. Denn § 779 H G B und § 1 ADS sprechen von „Havereigeldern" und „anderen" oder „sonstigen F o r d e r u n g e n " , zu deren Deckung Schiff Fracht usw. dienen. Der Schein trügt ( B r o d m a n n 166, L e o 1 7 1 , S i e v e k i n g 17, R G H G Z 1891. 252, H G Z 1900. 299, 303; abw. V o i g t 14, 496). Der Ausdruck wird, der Verkehrsauffassung gemäß, gebraucht: b) auch im Sinne von Havereigeldern, die der Reeder „verausgabt" hat (vgl. H G B §§ 826, 840, 857, 880), „aufgewendet" hat (§ 1 1 2 ; B r o d m a n n 166 im Anschluß an R G H G Z 1891. 253: „uneigentliche" Havereigelder). Ergibt sich in dem Falle, wo ein dritter die Havereigelder gegeben hat, regelmäßig ohne weiteres, welches Interesse und welcher Interessent versichert ist, so ist dies nicht der Fall, wenn der Reeder Havereigelder aufgewendet hat und versichert. Das kann nicht Wunder nehmen. Gesetz und Verkehr sprechen oft von der Versicherung von Geldern und Kosten, von der Versicherung von Havereigeldern, Ausrüstungskosten, Versicherungskosten, j a sogar von Schulden (unten Anm. 122), und meinen etwas ganz anderes, — eine Unklarheit, die zu vielen Mißverständnissen Anlaß gegeben und z. B. auch V o i g t 14, 371, 496 irregeführt hat. 1. Der Reeder, dessen Schiff unterwegs beschädigt wird, erhält vom Kaskoversicherer nur die Ausbesserungskosten unser Abzug des sog. Drittels wegen des Unterschiedes zwischen neu und alt (§ 75 Abs. 3). Dieses Drittel muß er selbst „verausgaben", „aufwenden". Um dieses Drittel ist das Schiff (theoretisch wenigstens) mehr wert geworden. D i e s e n M e h r w e r t k a n n d e r R e e d e r natürlich, wie jeden anderen Schiffs-Mehrwert (§ 70 Anm.), v e r s i c h e r n ( R G H G Z 1891. 253, H G Z 1890. 302). Regelmäßig versichert er die H a v e r e i g e l d e r . Diese Havereigelder-Versicherung ist also eine Versicherung des SchiffseigentümerInteresses, aber keine K a s k o v e r s i c h e r u n g (§ 70 Anm.). Die Versicherung eine „Nachversicherung auf das Kasko" zu nennen (so R G H G Z 1891. 253, H G Z 1900. 303), wird deshalb besser vermieden. 2. Der Reeder, dessen Schiff unterwegs beschädigt wird, hat oft auch Schaden an Ausrüstungsgegenständen. Die Ausrüstungsgegenstände sind durch die Kaskoversicherung nicht gedeckt (§ 70). Die Bruttofracht und ihre Versicherung decken zwar die Ausrüstungsgegenstände; aber in besonderem Sinne. Die Bruttofracht und ihre Versicherung dienen nur dazu, die Frachtunternehmung davor zu bewahren, daß die Ausrüstungskosten nicht umsonst ausgegeben werden. Ersatz für verlorengegangene Ausrüstungsgegenstände gewähren sie nicht oder doch nicht immer (§ 70 Anm.). Der Reeder muß neue Ausrüstungsgegenstände anschaffen, neue Ausrüstungskosten aufwenden, „Havereigelder verausgaben". Er kann die neuen Gegenstände, die Kosten, natürlich, wie Ausrüstungsgegenstände, Ausrüstungskosten überhaupt, versichern, und zwar, nach der Verkehrsanschauung, auch als „ H a v e r e i g e l d e r " (HGZ 1890. 299). Die Versicherung ist, ebenso wie die Mehrwert-Versicherung, zwar eine Versicherung des Eigentümerinteresses, aber k e i n e K a s k o v e r s i c h e r u n g . 3. Der Reeder, dessen Schiff unterwegs beschädigt wird und ausgebessert werden muß, hat unerwartet Unkosten, z. B. an Heuer und Kosten der Schiffsbesatzung, die der Kaskoversicherer nicht ersetzt. Er hat, wenn das Schiff unterwegs einen Nothafen anläuft, dort oft Kosten, die ihm nicht in Havariegrosse ersetzt werden, weil sie nach dem maßgebenden Havariegrosse-Rechte nicht zur Havariegrosse gehören, z. B. Heuer und Kosten der Schiffsbesatzung, die nach gewissen Rechtsordnungen keine Havariegrosse-Kosten sind (vgl. den Fall H G Z 1890. 297, 1891. 249) und ihm auch außerhalb der Havariegrosse vom Kaskoversicherer nicht ersetzt werden. Er muß also diese Kosten aus eigener Tasche bestreiten.

§ 1

Anm. i n

Anm. 1 1 2

Anm. 1 1 3

Anm. 1 1 4

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Havereigelder-Interesse

§ 1

Auch solche Gelder werden „ H a v e r e i g e l d e r " genannt. Aber hieraus folgt n i c h t , daß sie v e r s i c h e r b a r sind (so mit Recht R G H G Z 1891. 252 gegen H G Z 1890. 302, auch S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 10 zu § 1 ADS). Diese Gelder sind und bleiben verloren und Verlorenes kann man nicht versichern. Es ist nicht, wie beim Kasko-Mehrwert oder bei den Ausrüstungskosten, ein Gegenwert da, der die Grundlage für ein Interesse bildete. „Kommt der Reeder bei einer Frachtreise mit dem lediglich durch die gewöhnliche Abnutzung im Werte verminderten Schiffe an und bezieht die Fracht, so hat er alles, was er von dieser Reise erhoffen durfte. Ebenso ist er für alles zu Erhoffende entschädigt, wenn er durch Versicherungen für den Schiffswert und die entgangene Fracht entschädigt wird. Den Ersatz außergewöhnlicher auf der Reise erlittener Verluste kann er von dem Erfolg dieser Reise nicht erwarten. Sie verschlingen vielleicht seinen Frachtgewinn auf dieser und auf ferneren Reisen. Sie werden kaufmännisch durch Abschreibung dieses Gewinns zu decken sein. Aber die Erstattungsmöglichkeit, nachdem sie einmal entstanden sind, bildet kein Risiko für die Fortsetzung dieser Reise" (RG H G Z 1891. 255).

Anm. 1 1 5

4. Wenn das versicherte Schiff unterwegs beschädigt und ausgebessert wird, kann der Reeder die von ihm aufgewendeten Ausbesserungskosten als „Havereigelder" versichern. Daß er schon versichert ist, daß der Kaskoversicherer nicht nur die Ausbesserungskosten zu ersetzen hat, sondern auch noch für die volle Versicherungssumme haftet (§ 37), ändert daran nichts. Ein an sich versicherbares Interesse wird nicht dadurch unversicherbar, daß es versichert ist (deshalb ungenau: R G H G Z 1891. 253). Die Folge der Versicherung des versicherten Interesses ist nur Doppelversicherung mit Solidarhaftung der Versicherer (§ 10; entgegen dem früheren Prioritätsprinzip). — Anders, wenn der Reeder für fremde Rechnung, f ü r R e c h n u n g des K a s k o V e r s i c h e r e r s diese Havereigelder versichert. Der Kaskoversicherer hat offenbar ein eigenes Interesse an solcher Versicherung. Denn er muß, wenn das Schiff auf der Weiterreise verlorengeht, nicht nur die Ausbesserungskosten, sondern auch noch die ganze Versicherungssumme zahlen (§ 37). Aber diese Versicherung der Havereigelder für den Kaskoversicherer ist keine Versicherung der AusbesserungskostenSchuld des Versicherers. Schulden kann man nicht versichern (oben Anm. 8, unten Anm. 122). Die Versicherung ist also auch keine Versicherung der Ausbesserungskosten, — so wenig, wie die Ausrüstungskosten-Versicherung eine Versicherung der Ausrüstungskosten ist (§70 Anm.). Sondern sie ist eine T e i l - K a s k o v e r s i c h e r u n g , eine Versicherung, die etwa die Kehrseite einer Mehrwert-Versicherung bildet, nämlich die Versicherung dagegen, daß der Kaskoversicherer nicht für mehr als die Differenz zwischen Versicherungssumme und Ausbesserungskosten in Anspruch genommen wird. Und hieraus ergibt sich weiter, daß sie auch nicht einmal eine gewöhnliche Kaskoversicherung, sondern daß sie eine K a s k o - R ü c k v e r s i c h e r u n g ist. Der Kaskoversicherer nimmt, oder der Kaskoversicherte nimmt für ihn, teilweise Rückdeckung. Die direkte Versicherung ist auch nicht etwa so möglich, daß der Kaskoversicherer dem Versicherten einen Vorschuß gewährt, eine Vorschußforderung zu seinen Gunsten begründet und diese als Havereigelder-Forderung versichern läßt. Denn für diese Vorschußforderung würden Schiff und Fracht nicht als Deckung dienen, und auf den Havereigelder-Versicherer soll im Falle der Entschädigung keine Vorschußforderung gegen den Reeder übergehen. Auch hier trifft zu, daß „künstliche Veranstaltungen, um ein versicherbares Interesse zu konstruieren, wo in Wahrheit keines vorhanden ist, keine Rechtswirkungen erzeugen können" (RG H G Z 1891. 256). Nur ein

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Rückversicherungs-Interesse besteht ( R e a t z H d b c h 356). Dieses Interesse, diese § 1 „Havereigelder auf Kosten und Gefahr seines Versicherers versichern zu lassen", w a r der Kaskoversicherte nach § 68 A S V B sogar verpflichtet (§ 79 A n m . ) . — Darüber, d a ß es sich u m ein Rückversicherungs-Interesse handelt, w a r m a n sich offenbar nicht klar. D e m V e r k e h r genügte auch in diesem Falle, d a ß „ d i e Havereigelder" versichert wurden. U n d dies m u ß auch in Z u k u n f t genügen, trotz der R e g e l des § 1 Abs. 2 Satz 2, nach der eine Versicherung nur dann als Rückversicherung gelten soll, w e n n sie ausdrücklich als solche bezeichnet wird. Denn der Verkehr rechnet ohne weiteres damit, d a ß eine Havereigelder-Versicherung, wenn sie „ a u f Kosten und G e f a h r " eines dritten, insbesondere eines Versicherers genommen wird, eine Rückversicherung ist. A b e r freilich: „ A u f Kosten und G e f a h r " des Versicherers, für fremde R e c h n u n g , m u ß diese Havereigelder-Versicherung genommen werden. D e r Reeder darf sie nicht für eigene R e c h n u n g nehmen (oben A n m . 12). A b e r es brauchen a u c h nicht gerade jene Ausdrücke gewählt z u sein (§ 52 A n m . ) . Es genügt, daß sich nach dem „ a u s der Berücksichtigung aller vorhandenen und v o m (Havereigelder-) Versicherer gewußten Umstände geschöpften I n h a l t " des Vertrags ergibt, d a ß die Havereigelder für fremde R e c h n u n g versichert werden sollen ( R G H G Z 1891. 251). — H a t der Versicherer die Havereigelder „vorgeschossen" (vgl. insbesondere § 44 Abs. 1 Satz 2), so wird er natürlich, wenn überhaupt, selbst die Havereigelder (rück-) versichern. In solchem Falle werden die Umstände regelmäßig ohne weiteres den Havereigelder-Versicherer erkennen lassen, d a ß es sich u m eine Versicherung des Kaskoversicherers, also u m eine Rückversicherung handelt. H a t der Reeder Zweifel, ob oder inwieweit der Kaskoversicherer entschädigungspflichtig ist, der Kaskoversicherer Zweifel, ob er nicht zuviel vorgeschossen hat, so mögen sie Versicherung für R e c h n u n g , wen es angeht, nehmen. 77. Havereigelder können auch für die Güter gewährt oder aufgewendet sein. A n m . 116 So etwa, wenn der K a p i t ä n auf Grund seiner gesetzlichen V o l l m a c h t im Havereifall für den Ladungsbeteiligten ein Kreditgeschäft abschließt ( H G B §§ 535, 537) und d a m i t ein gesetzliches Ladungspfandrecht begründet (anal. H G B § 754 Nr. 6, P a p p e n h e i m H B 1. 346). 78. Der Versicherung v o n Havereigeldern entspricht in England bis z u einem A n m . 117 gewissen G r a d e die Versicherung von d i s b u r s e m e n t s . Die Versicherung solcher disbursements gestattet M I A § 3 Abs. 2 b ausdrücklich. Die Bedeutung des Ausdrucks disbursements steht in England freilich ebensowenig fest, wie die Bedeutung des Ausdrucks „ H a v e r e i g e l d e r " in Deutschland. In its ordinary sense, a disbursement means an expenditure of money, versicherbar, w e n n represented by some interest in the tangible property at risk, i. e., in the ship or the property on board ( A r n o u l d 263 s. 297; vgl. auch H G Z 1896. 174, B o l z e 23 Nr. 542). M a n hat aber auch hin und wieder den Ausdruck im weiteren Sinne verstanden, als a compendious term commonly used to describe any interest which is outside the ordinary and wellknown interests of „ h u l l " , „ m a c h i n e r y " , „ c a r g o " and „ f r e i g h t " and that it would cover the commission and brokerage which the m a n a g i n g owners and insurance brokers of a ship expected to earn in the future ( A r n o u l d 263f. s. 297). Insbesondere aber nehmen die Reeder in weitem U m f a n g Zeitversicherung für disbursements, u m irgendeinen Betrag über den W e r t von Schiff und Fracht hinaus (regelmäßig nur für Totalverlust) zu decken ( A r n o u l d 264 s. 298). In solchen Fällen wird es an einem durch den Ausdruck gedeckten Interesse oder doch an dem Nachweis eines solchen Interesses leicht fehlen. Deshalb nearly all disbursement policies are valued, and contain the p. p. i. clause, whereby the underwriter agrees that he will not contend that the assured has no interest

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Forderungs-Interesse

§ 1 in the thing assured ( A r n o u l d 264 s. 298). Deshalb wickeln sich diese Versicherungsverhältnisse auch regelmäßig hinter den Kulissen des Versicherungsverkehrs und, ohne daß die Gerichte mit der Klärung des Begriffs behelligt werden, ab. Sonstige Forderungen Anm. 118

79. Sonstige Forderungen, zu deren Deckung der Seegefahr ausgesetzte Gegenstände dienen, sind z. B. Schiffshypotheken-Forderungen, Kollisionsforderungen usw. — Der Ausdruck „sonstige" Forderungen ist nicht genau. Denn er bezieht sich auch auf das Wort „Havereigelder" zurück. Havereigelder brauchen aber keine Forderungen zu sein (oben Anm. 109ff.). Anm. 1 1 9 80. Die Gegenstände, die zur Deckung der Forderung dienen müssen, können körperliche und unkörperliche sein, insbesondere „Schiff, Fracht, Überfahrtsgelder oder Güter" (HGB § 779), aber auch z. B. Schiffsmiete. Aber auch wenn unkörperliche Gegenstände zur Deckung dienen, sind es doch mittelbar immer „Schiff oder Ladung", welche die Deckung bilden, auf welche die Forderungsversicherung sich bezieht. Die seerechtliche Forderungsversicherung ist allemal Kreditversicherung gegen Sachgefahren ( M o l t 2, 6 usw., R i t t e r L Z 1907. 257). — P e r s o n e n sind keine Gegenstände, können aber auch „zur Deckung dienen". Eine Darlehnsforderung kann für den Fall versichert werden, daß der Darlehnsschuldner die Seereise nicht übersteht. Die Versicherung wäre jedoch keine Seeversicherung oder wäre es doch nur dann, wenn der Gläubiger ein Interesse daran hat, daß der Schuldner mit dem Schiffe ankommt, und auf die behaltene Ankunft des Schiffes mit dem Schuldner Versicherung nimmt (vgl. oben Anm. 28, auch A r n o u l d 260 s. 294). Anm. 120 81. Als Kreditversicherung gegen Sachgefahren ist die seerechtliche Forderungsversicherung teils nach kreditversicherungs-rechtlichen teils nach sachversicherungsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen. Nach kreditversicherungs-rechtlichen Grundsätzen kann der Versicherer z. B. die dem Schuldner zustehenden Einreden geltendmachen ( E h r e n b e r g AssJB 22. 9, M o l t 95, V o i g t 13) oder einwenden, daß der Schuldner das der Forderung zugrunde liegende Geschäft a n f e c h t e n könne (anal. BGB § 770 Abs. 1, OAG Lübeck Thöls Entscheidungsgründe 361). Der Versicherer kann auch einwenden, daß der Versicherungsnehmer a u f r e c h n e n könne (vgl. BGB § 770 Abs. 2). Doch hat die Einwendung hier keine große Bedeutung. Denn der Versicherungsnehmer muß schon nach Schadensabwendungs-Grundsätzen aufrechnen (vgl. M o l t 127, H G Z 1890. 82), und überdies haftet der Schuldner regelmäßig nur beschränkt. — Ist das der „Forderung" zugrunde liegende Geschäft n i c h t i g , so ist natürlich keine Forderung und damit auch kein Interesse entstanden, die Versicherung unwirksam. Ist anstelle der versicherten Forderung eine andere Forderung entstanden, z. B. anstelle der nichtigen Bodmereigelder-Forderung eine Forderung auf Herausgabe des vom Versicherungsnehmer gezahlten Darlehnsbetrags wegen ungerechtfertigter Bereicherung, so tritt die Ersatzforderung anstelle der versicherten Forderung in die Versicherung ein, wenn im übrigen Interesse und Gefahr gleich geblieben sind ( M o l t 89; abw. O A G Lübeck Thöls Entscheidungsgründe 361). Zwar dient in solchem Falle der Deckungsgegenstand nicht im selben Umfang zur Deckung der Forderung, wie er zur Deckung der Bodmereiforderung gedient hätte (worauf M o l t 93 zu großes Gewicht legt). Das Interesse ist deshalb geringer. Aber es ist seiner Art nach gleich geblieben. Zwar war ferner die Bezeichnung der versicherten Interesses als eines Bodmereigläubiger-Interesses unrichtig (worauf S i e v e k i n g 17 zu großes Gewicht legt). Aber diese Unrichtigkeit ist unerheblich, weil Bodmereigeber, Havereigelder und „sonstige Forderungen" in solchem Zusammenhang stehen, daß es wohl gerechtfertigt ist, den

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Grundsatz, daß „in der einen dieser Versicherungen die andere nicht enthalten ist", § 1 hinter Verkehrs- und interessenmäßige Gesichtspunkte zurückzustellen (vgl. H G Z 1891. 253), wie das j a auch sonst noch in geeigneten Fällen möglich und nötig ist (vgl. oben Anm. 109 ff.). 82. Die Forderungen können durch die Deckungsgegenstände dinglich geschützt, Anm. 121 z. B. Schiffshypotheken-Forderungen, Schiffsgläubiger-Forderungen, LadungsgläubigerForderungen sein. Insbesondere liegen auch den Schiffsgläubiger- und Ladungsgläubiger-Rechten, selbst wenn nur der belastete Gegenstand haftet, „Forderungen" zugrunde, wofür eben auch §779 H G B ( = ADS § 1 ) Zeugnis ablegt. Haftet der Schuldner unbeschränkt, so ist dies doch für den Eintritt des Versicherungsfalls ohne Bedeutung. Der Versicherer kann sich nicht darauf berufen, daß der Versicherungsnehmer vom zahlungsfähigen Schuldner Befriedigung erlangen kann. Die persönliche Haftung des Schuldners bildet hier nur eine Rettungsmöglichkeit, die für die Schadensabwendungs-Pflicht des Versicherungsnehmers und für den Ubergang der Forderung auf den entschädigenden Versicherer in Betracht kommt (HGB § 805 Abs. 2, M o l t 61, 108). — Soweit der Schuldner nur mit dem Schiffe oder den Gütern haftet, ist die Versicherung der Forderung eine besondersartige Versicherung des Eigentümerinteresses. Soweit er nur mit der Fracht haftet, ist sie die besondersartige Versicherung eines Frachtinteresses. Näheres hierüber oben Anm. 34, 106. — Die Forderung braucht aber nicht dinglich oder sonstwie geschützt zu sein. Indessen ist dies nun auch „nicht in dem Sinne zu verstehen, daß wegen einer j e d e n Forderung an einen Reeder oder Ladungseigentümer Seeversicherung genommen werden kann, weil j e d e r Gläubiger ein Interesse daran hat, daß kein V e r m ö g e n s b e s t a n d t e i l seines S c h u l d n e r s v e r l o r e n g e h e . Vielmehr sind versicherbar nur solche Forderungen, zu deren Deckung n a c h den A n s c h a u u n g e n des V e r k e h r s ein den Gefahren der See anvertrauter Gegenstand ausschließlich oder doch zunächst b e s t i m m t ist, welche also mit diesem Gegenstande in e i n e m b e s o n d e r e n Z u s a m m e n h a n g e (als Schiffsschulden, Pfandforderungen usw.) stehen und bei welchen eine p e r s ö n l i c h e Haftung des Schuldners entweder g a r n i c h t eintritt oder doch erst in z w e i t e r Linie in Betracht kommt, weil der Gläubiger seine Befriedigung z u n ä c h s t aus der sogenannten fortune de mer des Schuldners erwarten darf und nicht so sehr mit Rücksicht auf die Zahlungsfähigkeit des Schuldners im a l l g e m e i n e n , als auf die ihm durch den der Seegefahr anvertrauten s p e z i e l l e n Vermögensgegenstand gewährte Sicherheit kreditiert hat. Die Gefahr, um deren Übernahme es sich bei der Versicherung handelt, besteht mithin nicht in der Zahlungsfähigkeit des Schuldners ü b e r h a u p t , sondern vielmehr in dem Verluste eines b e s t i m m t e n , den Seegefahren ausgesetzten Deckungsmittels gerade für die konkrete Forderung" ( R O H G 15. 116, ebenso schon früher H G u. OG Hamburg H H 615, Seebohm 478; zustimmend B r o d m a n n 166, E h r e n b e r g 303, L e w i s 2. 257, S i e v e k i n g 5, R e a t z in End. Hdbch 4. 357, V o i g t 168, R G 47. 175, R G H G Z 1889. 244, Bolze 12 Nr. 480, 481, H G Z 1887. 123; vgl. auch H G B § 500 Abs. 2, Prot. 3132, 3721, K i s c h 3. 74, 108, S c h l e g e l b e r g e r S V R Anm. 10 zu § 1 ADS). Dies ergibt sich aus dem Wesen der Sachversicherung von selbst. Ebensowenig, wie das Schiff, die Güter, die Fracht usw. versichert werden, wird hier „die Forderung" versichert. Wie dort das Eigentümerinteresse, das Frachtinteresse usw. versichert werden, das durch das Eigentum, die Frachtforderung usw. vermittelte Interesse an der Erhaltung einer Sache, von „Schiff oder Ladung" versichert ist, so wird hier vielmehr das durch die Forderung vermittelte Interesse an der Erhaltung eines bestimmten Befriedigungsgegenstandes versichert, und dieses Interesse ist mithin immer nur vorhanden, w e n n die F o r d e r u n g i n f o l g e v o n G e f a h r e n d e r S e e s c h i f f a h r t zu e n t w e r t e n d r o h t ( M o l t 4 3 ) . D i e Versicherung nicht nur gegen Sachgefahren, sondern

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Forderungs-Interesse

§ 1 gegen die Gefahr „der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners überhaupt", genauer: die Versicherung gegen alle Gefahren der Forderungsentwertung ist keine Seeversicherung, sondern reine Kreditversicherung (vgl. M o l t 40; R G 47. 175: „allgemeine DelkredereVersicherung' '). Anm. 122 83. Zu den hiernach versicherbaren Forderungen gehört auch die Forderung des Korrespondentreeders für Auslagen (Vorschußgelder), deren Deckung der Korrespondentreeder natürlich zunächst aus den Einnahmen des Schiffsbetriebs erwartet ( R O H G 15. 1 1 5 , H G Z 1889. 242). — Hat der Korrespondentreeder als solcher oder der Einzelreeder oder ein Vertreter im Namen der Reederei „Vorschußgelder in dem Schiffe" versichert, so ist freilich anzunehmen, daß er nicht eine Vorschußforderung hat versichern wollen, sondern die (mit den Vorschußgeldern bestrittenen) Ausrüstungskosten, genauer: die mit diesen Kosten angeschafften A u s r ü s t u n g s g e g e n s t ä n d e (§ 70 Anm.). Zur Versicherung solcher Gegenstände ist der Korrespondentreeder als solcher ermächtigt (HGB § 493 Abs. 2). Würde insbesondere der Korrespondentreeder seine Vorschußforderung versichern, so würde er seinen Zweck nicht erreichen, weil, wenn der Versicherer ihn entschädigen würde, die Vorschußforderung gegen die Reederei auf den Versicherer übergehen würde (§ 1 1 0 Abs. 3; R O H G 15. 119). Der vom R O H G 15. 1 1 9 gebildete, vom R G 25.84 übernommene Kunstausdruck einer „ V e r s i c h e r u n g v o n V o r s c h u ß g e l d e r n n a c h i h r e r p a s s i v e n S e i t e " oder einer „ V e r s i c h e r u n g e i n e r durch die Vorschüsse begründeten S c h u l d der Reederei" sollte vermieden werden. Schulden sucht man loszuwerden, nicht zu versichern. Solche mißlungenen Schlagworte können nur zu Mißverständnissen führen, wie demjenigen, dem H G Z 1889. 264 zum Opfer gefallen ist: „Ein Reeder könne nie etwas anderes versichern, als das Kasko und die Fracht"; dürfte er „auch seine Schuld unter Versicherung bringen, so . . . würde er bei eingetretenem Verlust des Schiffes eventuell außer dem von den Versicherern zu ersetzenden Wert des Kaskos und der Fracht auch noch die für die passive Seite der Vorschußforderung versicherte Summe erhalten, um damit dann die Schuld zu bezahlen, zu deren Bezahlung er sonst das Schiff u/o. die Fracht verwenden müßte" (vgl. dazu über das Verhältnis der Frachtversicherung zur Versicherung der Ausrüstungskosten: § 70 Anm.). Nicht als ob nicht auch eine Schuld ein versicherbares Interesse vermitteln oder, besser, den Anstoß zur Versicherung geben könnte. Der Reeder, der einen Vorschuß erhalten hat und ihn auf alle Fälle zurückzahlen muß, hat ein besonderes Interesse an der glücklichen Ankunft des Schiffes, weil ihm sonst der Gegenstand fehlt, aus dessen Nutzung er den Vorschuß zurückzahlen könnte. Aber man darf sich nicht darüber täuschen, daß ein solches Interesse nur dann besteht und versichert werden kann, wenn wahrscheinlich ist, daß der Vorschuß demnächst durch den in Aussicht stehenden Betriebsgewinn eingebracht wird, daß es sich mithin im Falle einer solchen Versicherung um nichts anderes als Chomageversicherung handelt, die, schon wegen ihrer besonderen Natur, als solche kenntlich gemacht werden muß (vgl. oben Anm. 57, auch K i s c h 3. 1 1 2 : Versicherung eines „Sachverwertungsinteresses"). Anm. 123

84. Nach § 500 Abs. 2 H G B hat der Mitreeder, der für einen anderen, beitragspflichtigen, aber im Zahlungsverzug befindlichen Mitreeder in Vorschuß geht, deswegen „ein versicherbares Interesse hinsichtlich der Schiffspart" dieses anderen Mitreeders. Natürlich; denn in solchem Falle hat der Vorschußgeber regelmäßig nicht aus dem sonstigen Vermögen des zahlungsunwilligen Partners Deckung zu erwarten, sondern nur aus dem, was aus dem Schiffsbetrieb für die Part abfällt (Prot. 3721, R O H G 15. 1 1 6 ; vgl. insbesondere auch H G B §504 Abs. 3). Eine solche Vorschußforderung ist aus denselben Gründen auch dann versicherbar, wenn der Partner nicht im Zahlungsverzug ist ( R O H G 15. 116, H G Z 1897. 67). •— Der Mitreeder hat regel-

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mäßig keinen Anlaß, außer der Part des säumigen Mitreeders auch noch dessen A n t e i l § 1 an der F r a c h t zu versichern. Denn sein Interesse ist durch die Versicherung der Part gedeckt. Die Versicherung des Frachtanteils würde ihm nicht mehr verschaffen (vgl. BGB § 756, HGB § 504 Abs. 3). Sie würde Doppelversicherung sein. Im übrigen besteht an sich gegen die Versicherung des Frachtanteils kein Bedenken ( L e w i s 1. 82; vgl. auch R O H G 15. 162, wo die Versicherung des Frachtanteils nur vom Standpunkt des Reedereiverhältnisses aus betrachtet wird). § 500 H G B verbietet die Versicherung nicht. § 779 HGB gestattet sie sogar ausdrücklich. — Natürlich kann die Vorschußforderung nicht versichert werden, wenn die Part so belastet ist, daß sie keine Deckung gewährt ( S c h a p s - A b r a h a m I I 108 Anm. 6 zu § 500 HGB, S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 10 zu § 1 ADS). — Nicht minder selbstverständlich ist, daß die Versicherung der Vorschußforderung nicht als Kaskoversicherung genommen werden kann (abw. H G Z 1897. 67, — wohl irregeführt durch den Wortlaut des § 500 Abs. 2 HGB). 85. Der Gegenstand, der zur Deckung dient, muß auch zur Deckung geeignet Anm. 124 sein. Das Gesetz bestimmt darüber nichts besonderes. Aber es versteht sich von selbst ( M o l t 60). Denn wenn kein Deckungsgegenstand oder soweit kein Deckungsgegenstand vorhanden ist, kann er keinen Schaden nehmen, kann kein Schaden entstehen, von Entschädigung keine Rede sein. Wenn 100000 Bodmereigelder für ein Schiff gegeben werden, das nur 80000 wert ist, so fehlt für 20000 das Interesse, ist deshalb hierfür auch die Versicherung unwirksam. Ebenso S i e v e k i n g 16, V o i g t 16, 643 und auch R G H G Z 1891. 254, das zwar ausdrücklich die Frage unentschieden, aber doch unter Hinweis auf die Unzulässigkeit erheblich übersetzter Taxen deutlich erkennen läßt, daß es „wesentliche Wertübersetzungen" für unstatthaft hält. Anders nur die auch sonst bedenkliche Entscheidung H G Z 1890. 303, die, im Anschluß an eine vereinzelte und nicht unwidersprochen gebliebene Meinungsäußerung in Prot. 3404, den „Beweis, daß das verbodmete Objekt von Anfang an weniger wert gewesen sei, als die Bodmereiforderung, nicht zulassen will, da sonst Handel und Verkehr nicht würden bestehen können, man solche Beweisführung auch für unstatthaft anzusehen gewohnt sei und namentlich die Assekuradeure gerade deshalb für die Versicherung von Bodmereigeldern größere Prämien zu berechnen pflegten, weil sie sich bewußt seien, daß sie auch die Gefahr mitzutragen hätten, daß die Bodmereiforderung größer als der ursprüngliche Wert des versicherten (rectius verbodmeten) Gegenstandes sei und der Eintritt eines Seeunfalls den Versicherten in eine bessere Lage bringe". § 1 1 0 Abs. 1 läßt hierüber (im Anschluß an A S V B § 28) keinen Zweifel. — Ganz läßt sich freilich auch hier nicht vermeiden, daß der Versicherungsnehmer sich unter Umständen besser steht, wenn die Reise unglücklich, als wenn sie glücklich verläuft (vgl. Vorb. I X vor § 1 ) . Wenn 100000 Bodmereigelder für ein Schiff gegeben werden, das 100000 wert und wegen Alters und Abnutzung nach Beendigung der Reise nur noch 80000 wert ist, kann der Bodmereigläubiger aus dem Schiff nur 80000 erlangen. Geht das Schiff total verloren, so erhält er vom Versicherer 100000. Aber das ist gewollt, liegt am Grundsatz vom fixen Versicherungswert und hat hiermit wiederum darin seinen Grund, daß „die Sätze des Seeversicherungsrechts auf eine praktische, für den Großverkehr geeignete Handhabung gemünzt sind und häufig auf eine glatte Erledigung der Schadensfälle mehr Rücksicht nehmen, als auf absolute Korrektheit" (RG 77. 307). — Deckungsgegenstand kann auch die F r a c h t , die Frachtforderung sein. Ist sie noch zur Deckung geeignet, wenn sie v o r a u s b e z a h l t ist? Wenn auf ein Schiff im Werte von 80000 und vorausbezahlte Fracht im Werte von 20000 ein Vorschuß von 100000 gegeben ist, kann der für 100000 versicherte Vorschußgeber, wenn Schiff und Fracht total verlorengehen, 100000 oder nur 80000 verlangen? Nach R G H G Z 1889. 245 (vgl. zu dieser Entscheidung auch § 107 Anm.) nur 80000. Denn aus 9

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

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Rückversicherung

§ 1 der Fracht habe der Vorschußgeber „niemals Befriedigung erwarten dürfen". Das ist eine Auffassung, die an der Oberfläche haftet. Wie der Verfrachter das Frachtinteresse nicht verloren hat und noch versichern kann (oben Anm. 76), kann der Vorschußgeber versichern. Die Frachtforderung ist zwar durch die Zahlung erloschen. Aber das Interesse des Vorschußgebers daran, daß der Verfrachter die vorauserhaltene Fracht nicht zurückzahlen muß, ist ein gleichwertiger Ersatz für das durch die Frachtforderung vermittelte Interesse und wenigstens ein gleichartiger Ersatz, wenn der Vorschußgeber in der Frachtforderung pfandmäßige Deckung gehabt haben würde. Anders natürlich, wenn die Fracht endgültig vorausbezahlt, insbesondere subject to insurance endgültig vorausbezahlt ist. Sie ist dann nicht mehr den Gefahren der Seeschiffahrt ausgesetzt. Weder Verfrachter noch Vorschußgeber haben Interesse und Anlaß, sie zu versichern (näheres oben Anm. 77). Rückversicherung Anm. 125

86. Literatur. B a c h e OestRev 1906. 17g, 1912. 55 (Voraussetzungen der Haftung des Rückversicherers), Nordisk FörsäkrTidskr 1922. n (Uber moderne Rückversicherung). B r u m m , Beiträge zur Rückversicherung, Diss. 1 9 1 1 . B u s c e m i , La Riassicurazione, 1938. B u c h e l m a n n , Handwörterbuch des Versicherungswesens 2. Bd. 1958. 1761 (Art. Rückversicherung). D e C o u r c y , Les deux sortes de réassurances, 1885, Qestions de droit mar. 4. 260 (La réassurance usw.). C r u c i g e r , Praxis der Rückversicherung, 1926. E h r e n b e r g , Die Rückversicherung, 1885, Das künftige Rückversicherungsrecht, 1908, DVfVWVeröff 15, Z f V W 1918. 75, 292 (Die Provision bei der laufenden Rückversicherung), WallmannsZ 46. 983 (Uber die Rückversicherung). E h r e n z w e i g , AssJB 1. 24 (Aphorismen zur Rückversicherung), AssJB 2. 75 (Der Rückversicherungsvertrag und seine Usancen), AssJB 7 I I 172 (Vertragsrecht und RückversicherungsBetrieb), AssJB 17 II 157 (Die generelle obligatorische Excedenten-Rückversicherung usw.). E m m i n g h a u s HdWB der Staatswiss. 7. 164 (Rückversicherung). G a r o b b i o , Rückversicherung nach schweizerischem Recht, 1929. J . v. G i e r k e V S R I I 370fr. G o l d i n g , The Law and Practice of Reinsurance, 3. Aufl. 1954. H a g e n Z f V W 1920. 137 (Begriff" und Grundlagen der Rückversicherung), Hdb. II 593fr. H a l l , Die deutsche Lebensrückversicherung (auch Z f V W 1914. 144). H a n z l i k , Die juristische Natur der Rückversicherung, Diss. 1911. H e n n e DVfVWVeröff 31. 97 (Selbstbehalt und Rückversicherungsverhältnisse). H e r r m a n n s d o r f e r , Wesen und Behandlung der Rückversicherung, 2. Aufl. 1924, Z f V W 1933. 14 (Rechtsprobleme der Rückversicherung). H o u g e n ITVMitt 1921. 109 (Verpflichtung des Rückversicherers zur Schadenszahlung bei Kulanzregelung durch den Erstversicherer). J a h n , Studien über Rückversicherung und deren Statistik, 1912 (auch Z f V W 1912. 546, 803). J o s e f AssJB 37. 3 (Die Rückversicherung nach deutschem Recht). K i s c h Z f V W 1918. 144 (Die Provision bei der laufenden Rückversicherung). K l e e b e r g AssJB 34 I I 151 (Die wirtschaftliche Natur der Rückversicherung). K u l i n i c k , Der Maximalkontrolleur bei der Seeversicherung, 1918. K ü b e l Z f V R 2. 96 (Rückversicherung). M o l d e n h a u e r DVfVWVeröff 2. 272, 281. De M o r i , Le Contrat de Réassurance, 1936. O b e r m a y e r , Die Rückversicherung, 1912. O. O b e r m a y e r , Haftpflichtversicherung und Rückversicherung, Veröffentlichungen des Vereins für Versicherungswissenschaft, Heft 64, 1939. P e r s i c o , La Riassicurazione, 1926. PI aß, Die Besonderheiten der Rückversicherung in den einzelnen Versicherungszweigen, Diss. 1910, OestRev 1 9 1 1 . 5 9 (Rückversicherung und Mitversicherung). P r ö l ß Anm. 3—5 zu § 186 V V G , Z H R 109. 113 (Rechtsgrundlagen des Rückversicherungsvertrages), Z H R 113. 195 (Tatsachen und Bemerkungen zum Begriff des Rückversicherungsvertrages), HansRGZ 1942 A 49 (Selbstbehalt und

Rückversicherung

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Gefahranzeige in der laufenden Rückversicherung), Zwischenstaatliches Rückver- § 1 sicherungsrecht, 1942 (Uberseestudien Heft 18), J R P V 1941. 1 1 3 (Regreß des Rückversicherers), Grundlagen und Grundfragen des Rückversicherungsrechts, 1952 (Schriftenreihe der Österreichischen Gesellschaft für Versicherungsfachwissen, N.F. 1), Ansichten der Rückversicherung (Ausgewählte Vorträge und Aufsätze), 1964. R a u Z f V W 1901. 298, 399, 1902.42 (Die Rückversicherung der Gegenwart; auch Diss. 1901). R e i l s t a b AssJB 2. 92 (Ein Risiko). R e m é , HansRGZ 1934 A 145 (Konditionsdifferenzen in der See-Rückversicherung). S c h a e f e r , Die Feuerrückversicherung, 1900. S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 11 zu § 1 ADS. R e i m e r S c h m i d t Z f V 1961. 273 (Bemerkungen zur Systematik des Rückversicherungsvertrages). S m e d a l ITVMitt 1921. 85 (Anspruch des Rück- und Mitversicherers auf Prämie im Falle des Nichteingangs beim Erstversicherer). S t i e f e l , Das Rückversicherungsrecht auf Grundlage der internationalen Rechtsprechung (11. Intern. Aktuarkongreß •— 1937 — I. 501fr.) S t u t z , Die Rückversicherung im Transport-Versicherungsgeschäft, 1893, AssJB 18 I I 168 (Anzeigeverpflichtung bei der fakultativen Rückversicherung). T h i e s i n g MittöffFVA 1 9 1 1 . 747 (Die Rückversicherung, ihre rechtliche Natur und ihre Bedeutung usw.). T h o m p s o n , Reinsurance, 3. Aufl. 1951. U l r i c h , Der Rückversicherungsvertrag in der Seeversicherung usw., 1884. V a l l e b o n a AssJB 10 I I 131 (Die Rückversicherung, ihr Wesen usw.). De V a l r o g e r Rev. Int. de droit mar. 8. 169 (Des réassurances d'abonnement). V i l l o t e Nature technique et juridique de la Réassurance (o. J.). W a l t e r AssJB 14. 27 (Beiträge zur Auslegung von Feuerrückversicherungs-Verträgen). W e r n e b u r g AnnVers. 1916. 61, 70 (Juristische Natur der Rückversicherung), OestZ 1919. 136 (Rückversicherung und Fusion). a) Grund und Formen der Rückversicherung 87. Die wirtschaftliche Grundlage der Versicherung ist die Notwendigkeit der Anm. Verteilung großer Risiken über möglichst viele Schultern. Das bei einem Versicherer versicherte Risiko wird durch ihn hindurch über die vielen bei ihm Versicherten verteilt. Alle diese Versicherten sind so am Geschäftsbetrieb des Versicherers beteiligt. Aber der Geschäftsbetrieb kann zu klein, das Risiko zu groß, die aus diesem Mißverhältnis sich für den Versicherer und die bei ihm Versicherten ergebende Last noch zu schwer sein. Das Mißverhältnis wird um so bedenklicher, je gleichartiger das „Aliment" des Versicherers, seine Bezugsquelle ist, die Quelle, aus der er seine Versicherungsgeschäfte schöpft, je gleichartiger deshalb die „versicherten" Reisen und Transportmittel sind, und je größer damit die Gefahr ist, daß die versicherten Interessen sich zusammenballen, zu viele auf einer Karte stehen, die Risiken sich häufen („kumulieren" ; sog. Kumulbildung, die zu verhindern oder unschädlich zu machen, eine der vornehmsten Aufgaben der Assekuranztechnik ist; näheres über den „ K u m u l " : R a u Z f V W 1901.407, S t u t z 1, 58). Der Versicherer müßte also gegebenenfalls das Risiko ablehnen, — dadurch würde sein Geschäftsbetrieb nicht größer. Oder er könnte nur einen Teil des Risikos übernehmen, — damit wäre der versicherungsuchenden Geschäftswelt nicht gedient (vgl. jedoch auch Vorb. V vor § 1 über Mitversicherung). Er könnte sich mit anderen Versicherern zum Zwecke gemeinschaftlicher Tragung des Risikos zu einer Gesellschaft verbinden, — zu solcher Verbindung und Bindung sind die anderen aber selten bereit oder doch nur dann, wenn die gewöhnlichen Mittel der Assekuranztechnik versagen, wie z. B. bei der Valorenversicherung (vgl. unten Anm. 142 u. § 80 Anm.). Er verbindet deshalb die anderen sich und sich den anderen anders. Er schließt einen zweiten V e r s i c h e r u n g s v e r t r a g mit u m g e k e h r t e n R o l l e n . Er nimmt Rückversicherung. — Alteste bekannte Rückversicherung: 1370 (Bensa 200). Über

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§ 1 die geschichtliche Entwicklung der hamburgischen Rückversicherung: K i e ß e l b a c h 73, 88, 90, i n . A n m . 127 88. Die Rückversicherung ist also ihrer wirtschaftlichen Bestimmung nach nicht d a z u da, die Risiken vollständig von einem Versicherer auf den anderen überzuwälzen. Wenigstens ihrer vornehmsten Bestimmung nach nicht. Die Rückversicherung kann natürlich auch d a z u gebraucht werden, das versicherte Risiko v o l l s t ä n d i g auf einen anderen z u übertragen. D e r Versicherer kann ein berechtigtes Interesse daran haben, sich aus der versicherten U n t e r n e h m u n g ganz herauszuziehen und z u diesem Z w e c k e sein ganzes durch die Versicherung begründetes Interesse, wenn nötig selbst zu einer höheren, als der von ihm eingenommenen Prämie, rückzudecken ( R ü c k v e r s i c h e r u n g z u s p e k u l a t i v e r P r ä m i e ) . Die Rückversicherung kann z u solcher vollständigen A b w ä l z u n g a u c h mißbraucht werden. Der Versicherer kann ohne versicherungstechnischen G r u n d seine ganzen Interessen z u billigerer Prämie rückdecken und das Versicherungsgeschäft damit zu einem bloßen P r ä m i e n - D i f f e r e n z g e s c h ä f t machen (vgl. E h r e n b e r g R V 165, R a u Z f V W 1901. 409). In England w a r das PrämienDifferenzgeschäft u m die Mitte des 18. Jahrhunderts so eingerissen, d a ß m a n die R ü c k versicherung 1745 überhaupt verbot ( A r n o u l d 341 s. 374, R a u Z f V W 1901. 409, vgl. auch Z H R 9. 134, 12 Beil. 39, Z f V R 1. 200). Das V e r b o t wurde erst 1864 aufgehoben; vgl. jetzt M I A § 9. — Der R e g e l nach wird, dem Rückversicherungszweck g e m ä ß , nur so viel abgegeben, daß d e m Vorversicherer ein gewisser T e i l des Risikos verbleibt, — das sog. M a x i m u m oder P l e i n , der Höchstbetrag, z u dem nach den in „ M a x i m a l tabellen" (tableaux de plein) niedergelegten Erfahrungsgrundsätzen der Vorversicherer das Risiko zu behalten pflegt (oder a u c h : der Rückversicherer das Risiko zu übernehmen pflegt). A n m . 128

8g. Die Einzel-Rückversicherung (réassurance particulière) ist heute verhältnism ä ß i g selten (vgl. aber a u c h unten A n m . 132). Bei der großen M e n g e der rückversicherungs-bedürftigen Risiken lohnt die Einzel-Rückversicherung nicht. Überdies m u ß der Vorversicherer regelmäßig schon beim A b s c h l u ß des Vorversicherungs-Vertrags der R ü c k d e c k u n g gewiß sein. Schließlich kann er a u c h regelmäßig nicht sofort übersehen, mit welchen S u m m e n er bei einem Unternehmen (z. B. der Reise eines Schiffes mit Stückgütern) beteiligt ist. Die laufende Rückversicherung ist deshalb die Regel. Einzel-Rückversicherung wird insbesondere für die in laufenden RückversicherungsV e r t r ä g e n ausgeschlossenen Risiken genommen (etwa für überfällige Schiffe, die oft auch z u spekulativer Prämie „ r ü c k v e r s i c h e r t " werden). O d e r für den sog. Superexzedenten, d. h. den Exzedenten, der über das M a x i m u m des Vorversicherers und die durch laufende Rückversicherungs-Verträge gedeckten Exzedenten hinausragt.

A n m . 129

90. Die laufende Rückversicherung zeigt die mannigfachsten Formen und Begrenzungen (näheres: S t u t z 37, P r ö l ß A n m . 3 z u § 186 V V G , auch H e r r m a n n s d o r f e r 4, d e V a l r o g e r R e v . Int. de droit mar. 8. 619). V o n besonderer Bedeutung sind :

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a) Die laufende Exzedenten-Rückversicherung (traité d'excédent oder de trop plein; zuerst in der Feuerversicherung Mitte des 19. Jahrhunderts: K i e ß e l b a c h 74). Zunächst wird für die im Rückversicherungs-Vertrag bezeichneten Versicherungen ein erster Betrag bestimmt, an dem der Rückversicherer nicht beteiligt ist ( P r i o r i t ä t ) , demnächst ein zweiter Betrag, mit dem der Rückversicherer beteiligt wird, ein Betrag, der also die Priorität übersteigt (daher E x z e d e n t ) , und der gleichzeitig in der R e g e l die Höchstgrenze angibt, bis zu welcher der Rückversicherer haftet (vgl. auch R O H G 5. 166 und hierzu E h r e n b e r g R V R 33, R a u Z f V W 1901.404). W i r d bei der einzelnen Versicherung das M a x i m u m nicht überschritten, so ist der Rückversicherer nicht beteiligt. — W i r d das M a x i m u m überschritten, so ist die R ü c k -

Rückversicherung

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Versicherung eine gewöhnliche Unterversicherung. Der Rückversicherer haftet also § 1 verhältnismäßig, nicht etwa nur, wenn, dann aber auch soweit der Schaden das Maximum überschreitet. — Anders bei der sogenannten S c h a d e n s e x z e d e n t e n - R ü c k v e r s i c h e r u n g . Der Rückversicherer trägt nur den Schadensexzedenten, diesen aber ganz. Die Schadensexzedenten-Rückversicherung ist aber in der Transport-Rückversicherung nicht üblich (näheres H e r r m a n n s d o r f e r 12 usw.). Der Rückversicherer kann auch in anderer Weise am Exzedenten beteiligt werden. Er kann (nicht sowohl mit einem bestimmten Exzedentenbetrag, als vielmehr) mit der Q u o t e eines E x z e d e n t e n beteiligt sein. Er erhält an den im RückversicherungsVertrag bestimmten Exzedenten einen verhältnismäßigen Anteil (z. B. 1 0 % ; Beispielfälle bei v. L i e b i g 142, S t u t z 84). Die Exzedenten sind regelmäßig durch die in der Maximaltabelle verzeichneten Maxima begrenzt. Wenn der Vorversicherer z. B. aus den im Rückversicherungs-Vertrag bestimmten Vorversicherungen Versicherungssummen von 1000000 erhält, behält er die ersten 100000 und deklariert auf zehn mit Rückversicherern geschlossene und durch Maxima von 100000 begrenzte Rückversicherungs-Verträge je 1 0 % des Restes, also 90000. Man hat diese Verträge in der Literatur Quotenexzedentenverträge genannt (Plass Besonderheiten 16, R a u Z f V W 1901. 404). In der Praxis wird diese Bezeichnung jedoch für eine Verbindung des Quotenvertrags und des Exzedentenvertrags gebraucht ( H e r r m a n n s d o r f e r 10, vgl. auch P r ö l ß Anm. 3 A zu § 186 V V G ) . Vgl. Anm. 1 3 1 . Als die Risiken immer größer wurden, reichten die Maxima der Rückversicherer oft nicht aus, entstanden immer häufiger die Maxima übersteigende Beträge, Superexzedenten. So kamen die S u p e r e x z e d e n t e n - R ü c k v e r s i c h e r u n g s v e r t r ä g e auf. Wenn der Vorversicherer z. B. aus den in den Rückversicherungs-Verträgen bestimmten Vorversicherungen Versicherungssummen von 2000000 erhält, behält er die ersten 100000, deklariert auf die erste Gruppe von Rückversicherungen je 1 0 % von 1000000, also je 100000 (das Maximum) und deklariert auf die zweite Gruppe von Rückversicherungen je 1 0 % des Restes von 900000, also je 90000. Aber auch die Versicherung des Superexzedenten versagt oft, weil auch dieser Exzedent natürlich begrenzt ist. Überdies erfordert das ExzedentenversicherungsVerhältnis zu umfangreiche und kostspielige Verwaltungskontrollen. Diese Nachteile werden durch den Vorteil nicht aufgewogen, daß der Vorversicherer alle Risiken allein läuft, die noch in sein Geschäft hineinpassen, von dem Gewinn, den diese Risiken ihm lassen, also an den Rückversicherer nichts abzugeben braucht. Deshalb wird die laufende Exzedenten-Rückversicherung mehr und mehr verdrängt durch : b) Die Quoten-Rückversicherung (traité de partage). Der Rückversicherer Anm. 1 3 1 erhält von allen im Rückversicherungs-Vertrag bestimmten Versicherungen einen verhältnismäßigen Anteil, eine Quote. Zwar pflegen auch diese Verträge Maxima zu bestimmen; doch wird gleichzeitig vereinbart, daß bei unvorhersehbaren Überschreitungen des Maximums der Rückversicherer auch über das Maximum hinaus haftet. Die Quotenversicherung kann auch mit der Exzedentenversicherung verbunden werden ( Q u o t e n - E x z e d e n t e n - V e r t r a g ) . Der Rückversicherer erhält, wie beim gewöhnlichen Quotenvertrag, eine Quote und beteiligt sich außerdem an der für den Vorversicherer verbleibenden und für diesen noch zu großen Quote mit einem Exzedenten. 91. Wie die laufende Versicherung überhaupt (§ 97 Anm.), so kann auch die Anm. 132 laufende Rückversicherung fakultativ (freibleibend) genommen werden. Sie kann für den R ü c k v e r s i c h e r t e n f a k u l t a t i v , für den R ü c k v e r s i c h e r e r o b l i g a t o r i s c h sein (sei es so, daß sie für den Rückversicherten unbeschränkt fakultativ ist, sei es so, daß der Rückversicherte zwar frei ist, aber, wenn er rückversichern will, die Ver-

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§ 1 Sicherung dem Vertragsfreunde überweisen muß); sie kommt in dieser Form nicht mehr häufig vor, die Rückversicherer haben ein Haar darin gefunden (vgl. auch das fakultative Angebot bei K u l i n i c k 22). Sie kann für den R ü c k v e r s i c h e r e r f a k u l t a t i v , für den R ü c k v e r s i c h e r t e n o b l i g a t o r i s c h sein; aber das kommt natürlich sehr selten vor, weil dem Rückversicherten dabei gerade die Sicherheit fehlt, die er durch die Rückversicherung erlangen möchte (vgl. hierzu H e r r m a n n s d o r f e r 57, M o l d e n h a u e r Z f V R 1901. 33). Sie kann schließlich f ü r b e i d e , Rückversicherer und Rückversicherten, fakultativ sein. Mit einem solchen beiderseits fakultativen Rückversicherungs-Vertrag hatte es R G 55. 87 zu tun. Mit dem R G kann man solchen Vertrag einen V o r v e r t r a g nennen (abw. H e r r m a n n s d o r f e r 64). Denn er geht dem eigentlichen Rückversicherungs-Vertrag voraus, der erst durch Angebot und Annahme der Vorversicherung geschlossen wird. Und er ist auch ein „Vertrag" (abw. H e r r m a n n s d o r f e r 65), bezeichnet sich mit Recht als solchen und wird als solcher empfunden. Zwar braucht weder der Rückversicherte anzubieten noch der Rückversicherer anzunehmen. Insbesondere wird man nicht annehmen dürfen, daß, da die Parteien doch immerhin einen Vertrag geschlossen haben, sie einander nach Treu und Glauben verpflichtet sind, anzubieten und anzunehmen, soweit nicht berechtigte Interessen sie davon abhalten, also einander verpflichtet sind, den „Vertrag" nicht völlig leer laufen zu lassen. Aber der Rückversicherer ist jedenfalls insofern gebunden, als er auf Angebote des Rückversicherten, die in den Rahmen des Rückversicherungs-Vertrags fallen, innerhalb der regelmäßig besonders vereinbarten Frist oder, mangels einer Vereinbarung hierüber, unverzüglich a n t w o r t e n m u ß , wenn nicht das Angebot als angenommen gelten soll (vgl. auch § 97 Anm., auch H G B § 362). — Der Rückversicherungs-Vertrag, der auf Grund eines solchen beiderseits fakultativen Vertrags geschlossen wird, ist natürlich wie eine gewöhnliche Einzel-Rückversicherung zu behandeln. Anders, wenn der laufende Rückversicherungs-Vertrag zwar für den Rückversicherten fakultativ, für den R ü c k v e r s i c h e r e r dagegen o b l i g a t o r i s c h ist. Dann gelten nach der Verkehrssitte die Grundsätze, denen § 102 für den Fall Ausdruck gibt, daß der laufend Gewinnversicherte einen höheren als den im Vertrage bestimmten Gewinn deklarieren darf: Der Rückversicherer ist frei, wenn der Rückversicherte bei der Deklaration weiß oder wissen muß, daß die Reise einen ungünstigen Verlauf genommen hat (näheres: § 5 Anm. 44). Anm. 133

92. Der Rückversicherer kann seinerseits Rückversicherung, der zweite Rückversicherer weitere Rückversicherung nehmen (Retrozession). Anm. 134 93. Unternehmungen, die ausschließlich Rückversicherung betreiben, bedürfen (mit Ausnahme der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit) k e i n e r Z u l a s s u n g und werden n i c h t b e a u f s i c h t i g t (§ 148 V A G ; vgl. jedoch die auf Grund des § 148 Abs. 1 Satz 2 ergangene V O über die Beaufsichtigung inländischer privater Rückversicherungsunternehmungen vom 2. Dezember 1931 (RGBl. I 636), aus welcher sich ergibt, inwieweit eine RückversicherungsAG, die nach ihrer Satzung und ihrem tatsächlichen Geschäftsgebaren ausschließlich Rückversicherung betreibt und Geschäfte in Zweigen übernimmt, die als Erstversicherung aufsichtspflichtig sind, dem V A G untersteht). Anm. 135 94* Nach § 186 V V G sollen die V o r s c h r i f t e n des V V G auf die Rückversicherung k e i n e A n w e n d u n g finden. Die Vorschrift hat für die See-Rückversicherung keine Bedeutung. Denn die See-Rückversicherung ist „Seeversicherung" (HGB §§ 778, 779, H e r r m a n n s d o r f e r 1, 25, H G Z 1918. 179). Und auf die Seeversicherung finden ohnehin die Vorschriften des V V G keine Anwendung ( V V G § 186; irrig: H a g e n Z f V W 1920. 1 4 1 ; vgl. auch unten Anm. 136).

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b) Begriff der Rückversicherung g5> Rückversicherung ist „Versicherung der von dem Versicherer übernommenen § 1 G e f a h r " ( H G B § 779 Abs. 1). Sie ist die Versicherung des für den Vorversicherer A n m . 136 (auch Hauptversicherer, Erstversicherer, Direktversicherer, Originalversicherer, Zedent genannt, original insurei) 1 ) durch den Abschluß eines Versicherungsvertrags begründeten Interesses. T h e insurer under a contract of marine insurance has an insurable interest in his risk, and m a y re-insure in respect of it ( M I A § g Abs. 1). Insbesondere ist die See-Rückversicherung die Versicherung des durch die Vorversicherung vermittelten Interesses, das der Vorversicherer daran hat, daß Schill oder Ladung die Gefahren der Seeschiffahrt besteht ( H G B § 778, A D S § 1 Abs. 1, H a n s O L G H G Z 1927 Nr. 65 = H R Z 1927. 527 = J R P V 1927. 150 = Sasse Nr. 370). W i e die Bodmereidarlehns-Versicherung die Versicherung des durch die Bodmereiforderung vermittelten Interesses des Bodmereigläubigers an der glücklichen A n k u n f t von Schiff und/oder L a d u n g ist (oben A n m . 106), so ist die See-Rückversicherung die Versicherung des durch die bedingte Versicherungsschuld des Vorversicherers vermittelten Interesses an der glücklichen Ankunft von Schiff oder L a d u n g . Die See-Rückversicherung ist also gleich j e d e r anderen Seeversicherung eine Versicherung, die „sich auf das Schiff oder auf die Güter bezieht" (vgl. §§ 35, 79, gg usw.). T h e thing w h i c h the reassured insures is the thing originally insured. In this thing he has an insurable interest to the extent of the liability which he m a y incur under and by reason of his original contract of insurance ( A r n o u l d 342 s. 375). Die V o r s c h r i f t e n ü b e r Seeversicherung finden daher ohne weiteres auch auf die See-Rückversicherung Anwendung ( E h r e n b e r g 2. ig, R V 49, R V R 39, P r ö l ß Z H R 109. 114 für den 10. A b schnitt des H G B , H e r r m a n n s d o r f e r 25 f., V o i g t 282, D r o z 1. 172, J . v. G i e r k e V S R I I 372, S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 11 zu § 1 A D S , H G Z 1918. 179: „ e i n e besondere A r t des Seeversicherungs-Vertrags"; irrig G e r h a r d 4 und H a g e n Z f V W 1920. 141, 150, die annehmen, daß es an gesetzlichen Vorschriften über die R ü c k v e r sicherung vollständig fehle, und übersehen, d a ß die §§ 778 fr. H G B auch die See-Rückversicherung regeln; vgl. a u c h § 864 A b s . 3 H G B ) . Sie finden unmittelbare oder nur mittelbare, sinngemäße, „entsprechende" A n w e n d u n g (vgl. insbesondere §§ 79, gg). Die A n w e n d u n g dieser Vorschriften m u ß daher a u c h überall zu angemessenen Ergebnissen führen (deshalb unrichtig E h r e n b e r g R V R 3g A n m . 1). Freilich darf m a n dabei nicht vergessen, d a ß die Rückversicherung, gleich vielen anderen Arten der Seeversicherung, ihre Eigenheiten hat, d a ß sie, wie z. B. die Kaskoversicherung im Falle des § 78, Haftpflichtversicherung ist und, wie jene, auch als solche behandelt werden will und m u ß (unten A n m . 145, § 78 A n m . ) , — ähnlich, wie die Versicherung von Forderungen gegen Sachgefahren Kreditversicherung ist und diese N a t u r a u c h im G e w ä n d e der Seeversicherung nicht ganz verleugnen kann (oben A n m . 120). — Übrigens gelten die A D S auch für das Rückversicherungs-Verhältnis n u r , w e n n sie v e r e i n b a r t sind ( V o r b . vor § 1 A n m . 10). W e n n aber der Vorversicherung die A D S zugrunde liegen, liegen sie regelmäßig auch der Rückversicherung zugrunde. D e n n regelmäßig wird vereinbart, d a ß die Rückversicherung „ z u d e n B e d i n g u n g e n d e r O r i g i n a l p o l i c e valedieren" soll (vgl. A n m . 148; kritisch P r ö l ß Z H R 10g. 116, J R P V i g 4 i . 1 1 5 : nur *) Der Ausdruck „ V o r V e r s i c h e r e r " entspricht dem Ausdruck „ R ü c k v e r s i c h e r e r " . Er ist deshalb der faßlichste. Gegen den Ausdruck spricht nur der Umstand, d a ß auch der Rückversicherer im Verhältnis z u m zweiten Rückversicherer (Retrozessionar) V o r versicherer ist. A b e r das Verhältnis der zweiten Rückversicherung spielt in der Lehre eine untergeordnete Rolle. Überdies m u ß man sich bei der Behandlung der zweiten Rückversicherung ohnehin mit besonderen Ausdrücken (Retrozedent, Retrozession; erster, zweiter Rückversicherer usw.) behelfen.

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§ 1 entsprechende Anwendung). Diese Klausel bedeutet nicht nur, daß der Rückversicherer dem laufend Rückversicherten überläßt, zu den gewöhnlichen Bedingungen Versicherung zu geben, sondern auch, daß diese Bedingungen auch für das RückversicherungsVerhältnis maßgebend sein sollen, soweit nicht besonderes vereinbart ist. Und was diese Klausel bestimmt, muß nach der Verkehrssitte auch dann gelten, wenn die Klausel nicht besonders vereinbart, aber auch nichts abweichendes bedungen ist (vgl. E h r e n b e r g R V R 59, OAG Lübeck HambS 4. 190, H G Hamburg Ullrich Nr. 353, PreußALR I I 8. 2019, A r n o u l d 342 s. 375 und unten Anm. 149). Über die Anwendung insbesondere des § 97 auflaufende Rückversicherungs-Verträge: § 97 Anm. Anm. 137 96. Die Rückversicherung ist echte Versicherung (RG 153. 184, 162. 212, S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 11 zu § 1 ADS, P r ö l ß Anm. 2 zu § 186 V V G und Z H R 109. n 8 f . , J . v. G i e r k e V S R II 370), keine Gesellschaft. Auch die laufende Rückversicherung, insbesondere die laufende Exzedentenversicherung und die laufende Quotenversicherung, ist es nicht (s. auch HansOLG H G Z 1927 Nr. 65 = H R Z 1937. 527 = J R P V 1927. 150 = Sasse Nr. 370). Auch dann nicht, wenn der Vorversicherer einen Teil des Risikos behalten muß. Seltsam genug, daß dies ausgesprochen werden muß. In der englischen Literatur und Rechtsprechung z. B. findet sich keine Spur der Auffassung, daß man es hier nicht mit einem Versicherungsverhältnis, sondern mit einem Gesellschaftsverhältnis (oder a u c h mit einem Gesellschaftsverhältnis) zu tun hat. Die französische Auffassung hat freilich geschwankt. Man betrachtete die Rückversicherung zunächst als Mandat, später, vereinzelt, auch wohl als Bürgschaft. Als der Exzedentenvertrag aufkam, glaubte man darin zunächst einen Gesellschaftsvertrag erblicken zu müssen. Man ist aber von dieser Auffassung bald wieder zurückgekommen (näheres: R i p e r t Nr. 2586, 2598, 26oif.; vgl. auch D r o z 1. 169, KassH Paris Z H R 21. 291, 22. 254). In Deutschland hat man zunächst nicht gezweifelt, daß die Rückversicherung ist, was sie sein will: Versicherung ( R O H G 5. 163, R O H G , OG u. H G Hamburg H G Z 1873. 371, 1874. 39, R G 4. 14, H G Z 1880. 203). Bis V o i g t 294 erklärte: „Die Exzedentenverträge seien überhaupt keine Versicherungsverträge und nach den über diese geltenden Prinzipien zu beurteilen; der sogenannte Exzedentenversicherer werde durch den Vertrag Teilhaber seines Mitkontrahenten bei dessen Versicherungsgeschäften, je nach der Verschiedenheit des Verabredeten bei allen oder bei gewissen Teilen derselben; er partizipiere für seinen Anteil unter gewissen, dem anderen Teile gemachten Zugeständnissen an dessen Gewinn und trage zu dessen etwaigem Verlust bei; den Charakter eines Versicherungsvertrags trage der Exzedentenvertrag in keiner Beziehung; wenn in den darüber vollzogenen Urkunden die Benennung „Rückversicherung" und „Rückversicherer" vorkomme, so sei dies eine ungenaue Bezeichnung und selbstverständlich folgenlos; möge man seinen Blick auf die den Versicherungsvertrag betreffenden Bestimmungen des H G B oder auf diejenigen der „Bedingungen" richten, so ergebe sich, daß sie unanwendbar seien auf das zwischen den Exzedentkontrahenten bestehende Rechtsverhältnis" (ähnlich freilich schon H i n r i c h s Z H R 20. 383 unter unzutreffender Berufung auf R O H G 5. 163; bedenklich auch bereits H G Z Beibl. 1881. 95: „Durch die Rückversicherung wolle der Erstversicherer sich einen Gesellschafter erwerben, der die übernommene Gefahr mit ihm teile"). Diese ebenso lebensunwahre wie unwissenschaftliche Betrachtungsweise hatte zunächst vollen Erfolg. R G 20. 42 erklärte die Quoten-Exzedenten-Versicherung „nicht nur für ein sozietätsähnliches Verhältnis, sondern, da es eine auf einem Vertrag beruhende Vermögensgemeinschaft begründe, als eine wahre Sozietät" (ebenso H G Z 1888. 261: „wirkliche Sozietät", H G Z 1896. 280: „Gesellschaftsverhältnis", H G Z 1897.43: „Sozietät"). In der Folge läßt das R G freilich ab. Nach R G 38. 206 soll es sich nur noch um eine „Interessengemeinschaft, also eine Gesellschaft oder ein gesellschaftsähnliches Verhältnis" handeln, nach R G

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39. 199 nur noch u m ein „ d e r Gesellschaft ähnliches V e r h ä l t n i s " (ebenso übrigens auch § 1 schon R G 5. 120, auch H G Z 1894. 263). R G 55. 90 läßt die Frage dahingestellt (ebenso L G H a m b u r g A P V 1907 II 72 und H a n s O L G H G Z 1927 Nr. 65 = H R Z 1927. 527 = J R P V 1927. 110 = Sasse Nr. 370). D e m R G folgend z. B. E h r e n z w e i g AssJB 7 I I 174, H a n z l i k 45, S i e v e k i n g 20. Schwankend E h r e n b e r g ( R V 37, R V R 13, Z f V W 1903. 207) ; er räumt aber wenigstens für die See-Rückversicherung ein, das Gesetz habe „ d a s Prinzip festgehalten, d a ß die Rückversicherung lediglich ein Versicherungsvertrag sei, und d a ß für die Rückversicherung dieselben Grundsätze wie für die betreffende direkte Versicherung gälten" ( R V R 39). Dagegen z. B. B a c h e (Nordisk FörsäkrTidskr 1922. 19: „ n u r graue T h e o r i e " ) , B r u s c h e t t i n i (AssJB 24. 95), H a g e n ( Z f V W 1911. 174, 1920. 143: „ i n unvereinbarem Gegensatz nicht nur mit dem geschichtlichen und geschäftlichen Wesen der Rückversicherung, sondern auch mit den Grundsätzen des Gesellschaftsrechts"), H a l l ( Z f V W 1914. 414), J o s e f (AssJB 37. 7), K o h l e r 504 ( „ V e r z e r r u n g des Gesellschaftsbegriffs"), L e w i s , Versicherungsrecht 112, M o l d e n h a u e r ( Z f V W 1901. 155), O b e r m a y e r 15,22, R a u ( Z f V W 1901.405), W a l t e r (AssJB 14. 53); insbesondere M o l t 30, 73, auch L G H a m b u r g H G Z 1903. 63; sodann namentlich H e r r m a n n s d o r f e r i g , 200 und dazu H j u l e r (Nordisk FörsäkrTidskr 1922. 170): „ E s wäre das vernünftigste, anzunehmen, d a ß die Theorie der Rückversicherung . . . auf eigenen Beinen stehen kann, und einfach festzustellen, d a ß eine R ü c k versicherung eine Rückversicherung und nichts anderes ist, und d a ß infolgedessen zwischen den Parteien alle Rechtsregeln gelten, die man aus dem Charakter des V e r hältnisses als einer Rückversicherung ableiten k a n n " . Siehe ferner R G 135. 184, 162. 244. W e r behauptet, d a ß W o r t und Wille des Gesetzes oder des Vertrags sich nicht decken, m u ß es beweisen. Das ist der Behauptung, die Rückversicherung sei keine V e r sicherung, sondern Gesellschaft, so wenig gelungen, wie etwa der k a u m weniger unbegründeten Behauptung, d a ß das Schiffsgläubigerrecht, das doch das Gesetz selbst ( H G B §§ 755, 756, 759) als Pfandrecht bezeichnet, gleichwohl kein Pfandrecht, sondern etwas anderes, ein selbständiges Aneignungsrecht (so B o y e n s 1. 188) oder ein gegen dritte wirksames Forderungsrecht (so E h r e n b e r g , Beschränkte H a f t u n g 264, 434, Z H R 27. 322) sei (vgl. hierüber im einzelnen S c h a p s - A b r a h a m I I 1269 A n m . 4fr. zu § 754 H G B . ) Insbesondere ist von der Behauptung, d a ß „ d i e den Versicherungsvertrag be- A n m . treffenden Bestimmungen des H G B auf den Exzedentenvertrag u n a n w e n d b a r seien", und d a ß andererseits „ d i e über Gesellschaftsverträge geltenden Prinzipien" sich zur A n w e n d u n g eigneten, eine Behauptung, die z u begründen man nicht einmal für nötig hält, so ziemlich das gerade Gegenteil richtig. Die V o r s c h r i f t e n ü b e r S e e v e r s i c h e r u n g sind ohne A u s n a h m e unentbehrlich und a n w e n d b a r . Sie haben nicht alle für die Exzedentenversicherung dieselbe Bedeutung, wie für die gewöhnliche V e r sicherung. D e n n die Exzedentenversicherung ist Rückversicherung, also Haftpflichtversicherung, und sie ist regelmäßig laufende Versicherung. V o n geringer Bedeutung sind z. B. die Vorschriften über die vorvertragliche Anzeigepflicht. A b e r dies liegt nicht daran, d a ß diese Vorschriften nicht anwendbar sind oder auch nur entbehrt werden können. Es liegt nur daran, d a ß bei der laufenden Exzedentenversicherung regelmäßig weniger anzuzeigen ist, als bei einer gewöhnlichen Einzelversicherung, — ein Schicksal, das die laufende Exzedentenversicherung mit jeder laufenden Versicherung teilt (§ 19 A n m . , § 97 A n m . ) . Il y a dans le traité de réassurance une indétermination fatale de l'objet. Mais, dans toute police flottante, il en est de même ( R i p e r t Nr. 2601). — Die Vorschriften über Seeversicherung sind auch nicht ohne jede A u s n a h m e unmittelbar, sondern in einzelnen Fällen nur sinngemäß anwendbar. So wird z. B. der Vorversicherer dem Rückversicherer den Schaden g e m ä ß § 42 auch dann noch an-

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§ 1

dienen können, wenn die Andienungsfrist zwar verstrichen, aber nur deshalb verstrichen ist, weil der Vorversicherte den Schaden so spät angedient hat, daß der Vorversicherer die Andienungsfrist nicht mehr hat einhalten können (nimmt man übrigens an, daß Rückversicherungs-Schaden erst entsteht, wenn der Vorversicherte den Entschädigungsanspruch geltendmacht, so ist auch § 42 unmittelbar anwendbar; näheres: § 42 Anm.). Aber die Notwendigkeit solcher nur sinngemäßen Anwendung liegt nur daran, daß die Vorschriften über Seeversicherung in erster Linie auf die Direktversicherung und auch insoweit wiederum in erster Linie auf die Direktversicherung des Schiffes und der Ladung zugeschnitten sind, nicht so sehr auf sonstige Versicherungen, die „sich auf Schiff oder Ladung beziehen", und zu denen auch die Rückversicherung gehört (oben Anm. 8, 136, § 79 Anm., § 99 Anm.).

Anm. 139

Andererseits sind die V o r s c h r i f t e n d e s G e s e l l s c h a f t s r e c h t s überwiegend besonders w e n i g zur Anwendung g e e i g n e t . Hier sind schon die Umstände bezeichnend, von denen die Auffassung, daß die Exzedentenversicherung eine Gesellschaft oder etwas „sozietätsähnliches" sei, ihren Ursprung genommen hat. In Frankreich les arrêts qui ont admis l'idée de participation ont voulu simplement écarter la prescription quinquennale de l'article 432 du Code de commerce ( R i p e r t Nr. 2601 ; vgl. auch die franz. Entscheid. Z H R 2 1 . 291, 22. 254). In Deutschland verdankt der Gedanke seine Entstehung dem Bestreben, dem Rückversicherer das Recht auf E i n s i c h t i n d i e G e s c h ä f t s b ü c h e r usw. des Vorversicherers zuzuerkennen ( E h r e n b e r g R V R 3, R G 20. 43). Das Versicherungsrecht schien hierfür keine Handhabe zu bieten. Die allgemeinen Grundsätze über die Gewährung von Einsicht in Urkunden (BGB § 810) schienen sich gleichfalls zu versagen (anders J o s e f AssJB 37. 32, H e r r m a n n s d o r f e r 277: analoge Anwendung des § 810 BGB). Das Gesellschaftsrecht schien willfähriger zu sein. Es versagt aber schon in diesem Punkte. Nach § 716 B G B kann der Gesellschafter sich von den Angelegenheiten der Gesellschaft persönlich unterrichten, die Geschäftsbücher und Papiere der Gesellschaft einsehen und sich aus ihnen eine Ubersicht über den Stand des Gesellschaftsvermögens anfertigen. Ein solches Kontrollrecht kann dem Rückversicherer natürlich nicht eingeräumt werden ( E h r e n b e r g R V R 42, H e r r m a n n s d o r f e r 274, M o l t 78). Deshalb ist auch schon R G 20. 45 an der Sozietätsähnlichkeit der Exzedentenversicherung gescheitert. Der Rückversicherer hatte nämlich mit der „wirklichen Sozietät" Ernst gemacht, die Einsicht in sämtliche Geschäftsbücher usw. des Vorversicherers und die Erlaubnis zur Anfertigung von Auszügen daraus verlangt und damit bei den Instanzgerichten der Hauptsache nach Erfolg gehabt. R G 20. 46 ist aber doch davor zurückgeschreckt, dem Vorversicherer „eine Durchmusterung und Kontrolle seines gesamten Seeversicherungsgeschäfts seitens des Rückversicherers" zuzumuten, hat die Sache zurückverwiesen und das O L G Hamburg vor die nicht leichte Aufgabe gestellt, „das M a ß der Einsichtnahme" zu bestimmen. Näheres über das Kontrollrecht des Rückversicherers: § 43 Anm. 41 ff. Übrigens wird dem Versicherer (im Binnenland wenigstens) bei der laufenden Direktversicherung ein Kontrollrecht eingeräumt, das viel weiter geht, als das dem Rückversicherer zustehende (§ 97 Anm.). Und doch hat noch niemand die laufende Direktversicherung als Gesellschaft angesprochen. — Ahnlich steht es mit den übrigen Vorschriften des Gesellschaftsrechts. Nach § 708 hat der Gesellschafter nur für die S o r g f a l t einzustehen, die er in seinen eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt. Davon kann bei der Rückversicherung keine Rede sein. Auch der abwicklungsberechtigte Vorversicherer haftet für jede Sorgfalt (unten Anm. 156). Ihm kann auch das Abwicklungsrecht nicht nach § 7 1 2 B G B e n t z o g e n werden ( E h r e n b e r g R V R 1 1 , M o l t 77). Der Rückversicherer kann dem Vorversicherer nicht wie ein Gesellschafter nach § 7 1 3 B G B W e i s u n g e n erteilen (unten Anm. 158). Der Vorversicherer hat keine V e r t r e t u n g s m a c h t gemäß §§ 7 1 4 , 7 1 5 BGB.

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Die Ansprüche aus dem Rückversicherungsverhältnis sind nicht gemäß § 7 1 7 B G B § 1 u n ü b e r t r a g b a r . Ein „ G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n " gibt es nicht ( H e r r m a n n s d o r f e r 27), usw. (vgl. auch E h r e n b e r g Z f V W 1916. 385). Insbesondere sind Abwicklungsrecht und -pflicht des Vorversicherers weder aus dem Versicherungsrecht noch aus dem Gesellschaftsrecht zu erklären (abw. E h r e n b e r g R V R 38). Sie ergeben sich entweder ausdrücklich aus dem Inhalt des Rückversicherungs-Vertrags (wie sich Geschäftsführungsrecht und -pflicht des Gesellschafters aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben müssen). Oder sie ergeben sich, soweit sie nicht ohne weiteres eine Folge des Umstandes sind, daß am Vorversicherungs-Vertrag nur der Vorversicherer beteiligt ist, aus der partiarischen Natur des auf Verteilung des Risikos gerichteten Rückversicherungs "Vertrags und aus der Verkehrssitte (unten Anm. 154). Die Rechtsprechung, in der sich die Auffassung von der Sozietäts- oder sozietäts- Anm. ähnlichen Natur des Rückversicherungs-Vertrags niedergeschlagen hat, bestätigt dies. H G Z 1897. 42 folgert aus der „Sozietätsnatur des Exzedentenvertrags", daß der Vorversicherer die Rückversicherungs-Prämie nicht zu zahlen habe, wenn er vom Vorversicherten keine Prämie erhalten habe. Die Entscheidung zeigt gut, zu welchen seltsamen Ergebnissen die Lehre von der „Sozietätsnatur" der Rückversicherung führt. Sie würde übrigens wohl kaum zu jenem Ergebnis gelangt sein, wenn nicht nach dem Rückversicherungs-Vertrag „ d e r Rückversicherer die ursprüngliche Prämie, . . . d. i. die reine Prämie, welche der Vorversicherer erhält", erhalten sollte (vgl. auch § 16 Anm. 30). — Im Falle H G Z 1892. 221 fehlte solche Vertragsbestimmung. I m Rückversicherungs-Vertrag war nur die Prämie bestimmt und ferner, daß „ f ü r die Rückversicherung im übrigen die Klauseln und Bedingungen der Originalversicherung gelten . . . und die auf der Originalversicherung getroffenen und ferner zu treffenden Abmachungen und Vereinbarungen als maßgebend für diese Rückversicherung anerkannt" werden sollten. Die Originalpolice enthielt die Stilliegeklausel, nach welcher der Versicherer im Falle des Stilliegens des versicherten Schiffes nur geringere Prämie erhält (Vorb. vor § 1 1 3 ) . Der Vorversicherer verlangte vom Rückversicherer auf Grund dieser Klausel Minderung der Rückversicherungs-Prämie. Ohne Erfolg! — H G Z 1903. 65 folgert aus der „Sozietätsnatur" des Exzedentenvertrags, daß der Vorversicherer im Versicherungsfall, „solange er nicht selbst gezahlt habe, nur anteilsmäßige Entfreiung von der Schuld von dem Rückversicherer fordern könne", also nicht Zahlung, — eine Auffassung, die im Versicherungsverkehr keine Spuren hinterlassen hat und deshalb auf ihre Richtigkeit oder Unrichtigkeit nicht untersucht zu werden braucht (vgl. auch R G 5. 1 1 6 , 55. 90). — K a m es schon einmal darauf an, so ist die Rechtsprechung auch ohne Bedenken zu den Grundsätzen des Versicherungsrechts zurückgekehrt, — wenngleich unter der falschen Flagge der „Sozietätsnatur" des Vertrags. Als der Rückversicherer eines Exzedenten „ f ü r 6000 M valedierend auf Weizen per Segler Robert Mackenzie" Versicherung nahm, hätte er sein durch den Gesellschaftsvertrag vermitteltes, also sein Gesellschaftsinteresse versichern müssen. E r nahm aber, in den Irrgängen der juristischen Konstruktion nicht zu Hause, nur „Rückversicherung" und hätte nun mit seiner Entschädigungsklage gegen den zweiten Rückversicherer abgewiesen werden müssen. Das ist ihm auch in der ersten Instanz widerfahren. Anders und richtig H G Z 1896. 280 mit der, freilich wenig einleuchtenden, Begründung: Zwar sei das Exzedenten-Versicherungsverhältnis ein Gesellschafts Verhältnis, kein Rückversicherungs-Verhältnis; aber dadurch, „ d a ß das Interesse des Exzedentenversicherers eine Quotenbeteiligung sei, erhielten seine Beziehungen zum zweiten Rückversicherer nichts besonderes". Und als der zweite Rückversicherer sich darauf berief, daß zwar nicht dem Exzedentenversicherer, wohl aber seinem Vorversicherer bei der Schließung des Vertrags bekannt gewesen sei, daß der Versicherungsfall schon eingetreten gewesen

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Anm. 141

Anm. 142

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sei, hätte wiederum die Klage abgewiesen werden müssen, weil die Kenntnis des einen Gesellschafters dem anderen zuzurechnen ist, — was wiederum das L G Hamburg, der höchstrichterlichen Auffassung von der Sozietätsnatur der Exzedentenversicherung folgend, auch getan hat. Aber das O L G Hamburg ( H G Z 1896. 280) verleugnete diese Auffassung abermals, und zwar mit der Begründung: Der zweite Rückversicherer sei zu dem Sozius des Exzedentenversicherers, dem Vorversicherer, „auch nicht einmal in ein Vertragsverhältnis getreten, da der Rückversicherte nicht namens der Gesellschaft, sondern nur für sich, bezüglich seiner eigenen Quote mit ihm kontrahiert h a b e " . Schon auf diesem Wege hat sich ergeben, daß Rückversicherungs-Verträge, insbesondere laufende Exzedenten- und Quotenverträge, auch b e g r i f f l i c h keine Gesellschaftsverträge sein können. Gesellschafter „verpflichten sich gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten" ( B G B § 705). Davon kann nun natürlich überhaupt keine Rede sein, wenn der Vorversicherer durch den Rückversicherungs-Vertrag sein ganzes Risiko auf den Rückversicherer abwälzt. Schon folgegemäß muß dasselbe gelten, wenn der Vorversicherer nur einen Teil des Risikos auf den Rückversicherer abwälzt. Außerdem kann es begrifflich keinen Unterschied machen, ob das ganze Risiko oder nur ein Teil des Risikos vom Rückversicher übernommen wird, und deshalb unmöglich in jenem Falle Versicherungsrecht, in diesem Falle Gesellschaftsrecht gelten ( O b e r m a y e r 1 1 ) . Es kann aber auch in dem (allerdings gewöhnlichen und der wirtschaftlichen Bedeutung der Rückversicherung entsprechenden) Falle der nur teilweisen Abwälzung des Risikos keine Rede davon sein, daß Vorund Rückversicherer einen „gemeinsamen" Zweck erreichen wollen. Gemeinsam ist ein Zweck, wenn der Zweck, den der eine Kontrahent verfolgt, auch der des anderen, der Zweck, den der andere Kontrahent verfolgt, auch der des einen ist (vgl. H e r r m a n n s d o r f e r 19, H o e n i g e r Gemischte Verträge 2 1 5 ) . Daran fehlt es hier vollständig. J e d e r verfolgt einen besonderen Zweck, der Vorversicherer den Zweck, seine Verlustaussichten zu vermindern, der Rückversicherer den Zweck, seine Gewinnaussichten zu vermehren. Insbesondere verfolgen sie nicht den Zweck, das Risiko der Vorversicherung gemeinsam zu tragen (so H a n z l i k 47, dagegen H e r r m a n n s d o r f e r 20). So wenig etwa, wie Vorversicherer und Vorversicherter den Zweck verfolgen, das Risiko gemeinsam zu tragen, wenn der Vorversicherte die Selbstbehaltspflicht hat. J e d e r will und soll seinen Risikoanteil besonders tragen. Vor- und Rückversicherer verpflichten sich demgemäß auch nicht, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zu fördern, insbesondere Beiträge zu leisten. Sonst würde, was sie zu leisten haben, Prämie und Entschädigung, zunächst Gesellschaftsvermögen werden, wovon natürlich keine Rede ist ( H e r r m a n n s d o r f e r 27f.). Die durch einen Rückversicherungs-Vertrag verbundenen Assekuradeure sind demgemäß auch weit davon entfernt, sich als „ S o z i e n " (so H G Z 1896. 280), „socii" (so L G Hamburg H G Z 1888. 278 H G Z 1897.43) z u betrachten. Der Vorversicherer betrachtet den Rückversicherer als „lästigen Nebenbuhler", als „notwendiges Ü b e l " , dem er von seinem Verdienst abgeben muß ( H e r r m a n n s d o r f e r 2 1 , 24, E h r e n z w e i g AssJB 7 I I 172). Natürlich k a n n die Rückversicherung auch in der Form der Gesellschaft betrieben werden. Solche Gesellschaften bilden z. B. die sogenannten Poolverhältnisse; durch die Poolverträge verpflichten die mehreren Direktversicherer sich einander oder einem Rückversicherer gegenüber zur Abgabe ihres ganzen direkten Geschäfts (näheres H e r r m a n n s d o r f e r 29,68,90 usw., v. L i e b i g 155, L u r i e , Begriff, Wesen und Rechtsnatur des Versicherungspools, 1934, F e h l m a n n , Versicherungspool, 1948, K i s c h , Die mehrfache Versicherung 2f., S ä n d i g , Versicherungspool, Diss. Leipzig 1927). Solche Gesellschaften sind auch die V a l o r e n - V e r s i c h e r u n g s - V e r b ä n d e (§ 80 Anm.) und

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die V e r e i n i g u n g e n z u r D e c k u n g d e s K o l l i s i o n s e x z e d e n t e n (§ 78 A n m . ) . § 1 Die G r ü n d e , aus denen in diesen letzteren Fällen die R ü c k d e c k u n g im gesellschaftlichen Zusammenschlüsse gesucht wird, sind ausschließlich assekuranztechnischer A r t ( S t u t z 77). A u c h die Tatsache solchen Zusammenschlusses beweist, daß die Assekuradeure sich des Unterschiedes zwischen der Rechtsfigur der Rückversicherung und derjenigen der Gesellschaft wohl b e w u ß t sind, und d a ß man nicht berechtigt ist, die eine für die andere zu nehmen. 97. Die Rückversicherung ist Schadensversicherung ( E h r e n b e r g R V 9, A n m . 143 H a g e n Z f V W 1920. 159, H e r r m a n n s d o r f e r 33fr., 38, P r ö l ß A n m . 3 B zu § 186 V V G , H G Z Beibl. 1881. 95, R G 153. 184, 164. 244; vgl. V V G §§ 1, 186). Anders G e r h a r d 5 9 1 : „ D i e reine Vertragsleistung, zu der sich ein Versicherungsnehmer verpflichte und die er seiner Verpflichtung g e m ä ß dem Gegenkontrahenten gewähre, sei niemals ein Schaden, der nach § 1 V V G auf G r u n d eines Versicherungsvertrags einem Versicherer zur Last fallen k ö n n e " (wiederholt von H a g e n Gruchot 64. 530; ähnliche G e d a n k e n g ä n g e schon in H G Z igoo. 245). Hiernach würde es auch etwa keine Schadensversicherung sein, wenn der die Reisegefahr tragende K ä u f e r die Güter im Versicherungswert des Kaufpreises für den Kaufpreis versichert. Denn der Versicherer würde die „reine Vertragsleistung" zu ersetzen haben, den Kaufpreis, zu dessen Z a h l u n g auch für den Fall des Untergangs der Güter der K ä u f e r sich „verpflichtet und den er seiner V e r pflichtung g e m ä ß dem Gegenkontrahenten (seinem Verkäufer) g e w ä h r t " . Vermögensschäden sind Nachteile, die, ohne Rücksicht auf ihre Ursache, das V e r m ö g e n treffen (näheres § 28 A n m . ) . Solcher Schaden kann mir auch dadurch entstehen, daß ich einen V e r t r a g erfüllen m u ß . Gegen solchen Schaden kann ich mich freilich im allgemeinen nicht versichern. Z w a r nicht deshalb nicht, weil es kein Schaden ist. Sondern deshalb nicht, weil die Entstehung des Schadens gewiß ist, die Versicherung aber begrifflich nur gegen Gefahren, nur gegen die Möglichkeit der Entstehung von Schäden schützt (näheres: § 5 A n m . 6). Anders, wenn der Schaden nicht gewiß ist. W e n n der Käufer, der z w a r g e w i ß den Kaufpreis zahlen m u ß , nur vielleicht die zum Ausgleich des gewissen Schadens dienende Kaufsache nicht erhält. W e n n der Bürge, dessen H a f t u n g z w a r gew i ß ist, nur vielleicht auch zahlen m u ß (Begr. z. V V G §§ 149, 150). W e n n der V o r versicherer, dessen H a f t u n g z w a r auch gewiß ist, nur vielleicht auch den Vorversicherten entschädigen und dann, in diesem Falle, Hundert v o m Hundert für eine Prämie von eins v o m Hundert zahlen m u ß , also unzweifelhaft einen erheblichen Vermögensschaden erleidet. D a ß der Bürge v o m Hauptschuldner Ersatz verlangen kann, macht seine Z a h l u n g ebensowenig zur „unreinen Vertragserfüllung" (wie G e r h a r d 591 meint), wie der Umstand, d a ß der Vorversicherer etwa v o m schuldigen Gegensegler Ersatz verlangen kann, seine Entschädigung zur „unreinen Vertragserfüllung" macht und irgendetwas daran ändert, d a ß er Schaden erlitten hat. G e w i ß ist freilich e i n Schaden, den der V o r versicherer erleidet. Die RückVersicherungsprämie hat er unwiederbringlich verloren. Deshalb kann er aber auch eben die RückVersicherungsprämie nicht mit versichern (oben A n m . 20, § 2 A n m . 25). V g l . auch Begr. z. V V G § 186. 98. H a b e n V o r - und Rückversicherer auch keinen gemeinsamen Zweck, so haben A n m . 144 sie doch, w e n n das Risiko geteilt ist, dasselbe Interesse und, w e n n das Risiko geteilt bleiben soll, dasselbe, durch den Rückversicherungs-Vertrag gemeinsame Interesse, das Interesse daran, daß kein Versicherungsschaden entsteht. Besteht auch keine Gesellschaft, so besteht doch, w e n n das Risiko geteilt bleiben soll, zwischen V o r - und R ü c k versicherer eine I n t e r e s s e n g e m e i n s c h a f t . Das gemeinschaftliche Interesse besteht a m Schicksal der Vorversicherung. Die Vorversicherung ist ausschließlich ein Geschäft des Vorversicherers. Der Rückversicherer ist also an einem Geschäft des Vorversicherers unterbeteiligt, bei der laufenden Rückversicherung an einer großen A n z a h l von Ge-

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§ 1 Schäften, gegebenenfalls an einem ganzen Geschäftszweig des Vorversicherers. Das Verhältnis ist ein solches partiarischer Art ( H e r r m a n n s d o r f e r 44, S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 11 zu § 1 A D S ; kritisch zu Herrmannsdorfer P r ö l ß Z H R 109. 1 1 9 f f ) , eines der Verhältnisse „rechtlicher Beteiligung eines anderen am Wirtschaftsprodukt, und zwar desjenigen, durch dessen Beihilfe die Herstellung dieses Produkts gelang" ( C r o m e Partiarische Rechtsgeschäfte 27). Nur mit Hilfe des Rückversicherers kann der Vorversicherer Versicherungen geben, die sein Maximum übersteigen. Durch Rückprämie und Rückentschädigung nimmt der Rückversicherer an Einnahmen und Ausgaben und damit am Schicksal der Geschäfte des Vorversicherers teil ( H e r r m a n n s d o r f e r 44). Erst aus der partiarischen Natur der auf Teilung des Risikos angelegten Rückversicherung erklären sich zwanglos Erscheinungen, die sich sonst nicht haben erklären lassen wollen, namentlich das besondere Recht des Rückversicherers auf Einsicht in Bücher und Papiere des Vorversicherers (oben Anm. 139; näheres § 43 Anm.). Diese partiarische Natur fehlt, wie der auf Abwälzung des ganzen Risikos gerichteten Rückversicherung, so auch der Direktversicherung. Aber sie kann, wenngleich in einer etwas anderen Form, sich auch mit der Direktversicherung verbinden; so, wenn der Direktversicherte (was bei der See-Kaskoversicherung vorkommt und bei der BinnenKaskoversicherung üblich ist) zum Selbstbehalt verpflichtet ist (vgl. § 8 Anm. 6). Anm. 145

99. Die Rückversicherung ist eine Spielart der Haftpflichtversicherung (Begr. z. V V G § 186, E h r e n b e r g 70, R V 6, 108, R V R 9, H e r r m a n n s d o r f e r 38, J . v. G i e r k e V R S I I 371, K o h l e r 4 1 1 . 502 u. a. m.; abw. G e o r g i i Haftpflichtvers. 43, G e r h a r d 519, Z f V W 1905. 194, H a g e n Z f V W 1 9 1 1 . 174, 1920. 145). Wer freilich, wie Gerhard 591 (oben Anm. 143), bestreitet, daß die Rückversicherung Schadensversicherung ist, muß auch bestreiten, daß die Rückversicherung Haftpflichtversicherung ist. Anm. 146 Haftpflichtversicherung ist die „Versicherung gegen den Vermögensschaden, welcher dem Versicherungsnehmer dadurch erwächst, daß er kraft gesetzlicher Vorschrift oder auf Grund eines Vertrags einem dritten haftpflichtig wird" (Begr. z. V V G § 149). Der Rückversicherer hat dem Vorversicherer den Vermögensschaden zu ersetzen, welcher dem Vorversicherer dadurch erwächst, daß er auf Grund des VorversicherungsVertrags dem Vorversicherten haftpflichtig wird. Nach § 149 V V G freilich hat der Haftpflichtversicherer dem Versicherungsnehmer die Leistung zu ersetzen, die dieser „auf Grund seiner Verantwortlichkeit" für eine gewisse Tatsache an einen dritten zu bewirken hat. Das Gesetz soll durch den Ausdruck „Verantwortlichkeit" zu erkennen geben, daß die „reine Vertragsleistung" kein Schaden, die Rückversicherung also keine Schadensversicherung und mithin auch keine Haftpflichtversicherung sei (so G e o r g i i Haftpflichtvers. 43, G e r h a r d 591, Z f V W 1905. 194). Das gemeinbürgerliche Recht verbindet allerdings mit dem Ausdruck „Verantwortlichkeit" im allgemeinen den Begriff der Haftbarkeit außerhalb eines Vertragsverhältnisses (vgl. BGB §§ 827fr.). Aber gewiß ist, daß der Ausdruck im § 149 V V G in diesem engeren Sinne nicht zu verstehen ist und von niemandem verstanden wird. Das typenabgrenzende, die Haftpflichtversicherung von anderen Schadensversicherungs-Arten scheidende Merkmal ist nur der eigenartige Inhalt des Leistungsversprechens, des Versprechens, zu ersetzen, was der Versicherte einem dritten ersetzen muß. Ob der Versicherte auf Grund eines Vertrags- oder auf Grund eines anderen Schuldverhältnisses, ob er Schaden ersetzen oder eine andere Leistung bewirken muß, gilt gleich. Gleichgültig ist auch, ob der Haftpflichtversicherer sich verpflichtet, die ganze Leistung zu ersetzen oder nur einen Teil, ob sich in dieser Leistung die ganze Leistungspflicht des Versicherten erschöpft, oder ob der Versicherte daneben noch anderes zu leisten hat, was den Versicherer nicht angeht. Das rührt alles nicht „an den innersten Kern des Versicherungsgedankens" (wie H a g e n Z f V W 1920. 145 meint), nicht an den Inhalt, sondern nur an den für

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die Typenabgrenzung belanglosen Umfang des Leistungsversprechens. Ob der Ver- § 1 sicherer übernimmt, allen Schaden zu ersetzen, den der Anwalt bei Ausübung des Anwaltsberufs erleidet, den der Verfrachter den Befrachtern zu ersetzen hat, oder allen Schaden, den der Tierhalter oder der Kraftwagenbesitzer als solcher ersetzen muß, oder den Schaden, den der Vorversicherer nur auf Grund eines bestimmten Versicherungsverhältnisses ersetzen muß, ist zwar für den Umfang, nicht aber für den Inhalt und das Wesen des Leistungsversprechens und damit des Rechtsverhältnisses von Bedeutung. Die Behauptung, daß „bei der Rückversicherung der Rückversicherer in die reine, grundsätzliche Vertragsverbindlichkeit des Versicherers eintrete", ist ebenso unrichtig, wie die, daß bei der Haftpflichtversicherung „ein zufälliger, entweder von einem Vertragsverhältnis ganz unabhängiger oder aus einem solchen nur nebenbei wider die Absicht der Beteiligten entspringender Schade in Frage stehe" und daß hierin „der grundlegende Unterschied" zwischen der Rückversicherung und der Haftpflichtversicherung zu erblicken sei (so H a g e n Z f V W 1920. 145). Denn der Rückversicherer tritt so wenig, wie irgend ein anderer Versicherer, in eine „Vertragsverbindlichkeit", insbesondere nicht in die Verbindlichkeit aus dem Vorversicherungs-Vertrag ein. „Wider die Absicht der Beteiligten entspringt" der Schaden auch, wenn der Rückversicherungs-Fall eintritt. Und das Wort „nebenher" — so nebenbei und ohne ein Wort der Begründung eingeflochten — entbehrt jeder Daseinsberechtigung. Auch im Falle der Haftpflichtversicherung des Bürgen steht kein „ n u r nebenbei entspringender Schade" in Frage, und doch wird niemand bezweifeln, daß solche Versicherung Haftpflichtversicherung ist (Begr. V V G § 149). Nichtsdestoweniger finden die V o r s c h r i f t e n des V V G ü b e r H a f t p f l i c h t v e r - Anm. 147 S i c h e r u n g k e i n e u n m i t t e l b a r e A n w e n d u n g . Denn die See-Rückversicherung steht sowohl als Seeversicherung wie als Rückversicherung außerhalb des V V G ( V V G § 186; oben Anm. 135). Dagegen ist die analoge Anwendung von Haftpflichtversicherungs-Regeln überall zulässig, wo diese Regeln nicht auf der positiven Auswahl unter mehreren möglichen Regelungen beruhen, sondern sich aus der Interessenlage ergeben, und das Seeversicherungs-Recht Lücken enthält (ähnlich E h r e n b e r g R V R 1 1 , K o h l e r 503). Solche, so ausfüllbare Lücken sind freilich kaum vorhanden. Denn die Seeversicherungs-Regeln eignen sich im allgemeinen auch für die See-Rückversicherung (näheres: Anm. zu den einzelnen Paragraphen der A D S ) . Andererseits bilden die Vorschriften des V V G über die Haftpflichtversicherung meist positive und deshalb unübertragbare oder aber mit den Vorschriften des Seeversicherungs-Rechts in Widerspruch stehende und aus diesem Grunde unanwendbare Rechtssätze. Insbesondere ergibt sich aus der Natur der Rückversicherung als einer Haftpflichtversicherung nicht etwa, daß der Rückversicherer nur zu ersetzen hat, was der Vorversicherer dem Vorversicherten zu ersetzen und tatsächlich ersetzt hat, oder daß er den Vorversicherer nur von der Entschädigungspflicht zu befreien hat ( E h r e n b e r g R V 120, H e r r m a n n s d o r f e r 324, R G 5. 1 1 9 , 55. 90, H G Z Beibl. 1 8 8 1 . 95, H G Z 1903. 65, L G Hamburg H G Z 1903. 62). Auch der gewöhnliche Haftpflichtversicherer hat den Schaden in Geld zu ersetzen ( V V G § 49), wenn der Versicherungsfall (d. h. hier: das die Leistungspflicht des Versicherers auslösende Ereignis: § 5 Anm. 30) eingetreten ist. Der Versicherungsfall (d. h. hier: das die Leistungspflicht des Versicherers auslösende Ereignis) ist aber nicht schon eingetreten, wenn der Schaden des dritten entstanden ist (bestr.; anders die h. M . insbesondere für die Auto- und die allgemeine Haftpflichtversicherung; siehe dazu im einzelnen die Angaben in Anm. 15 zu § 78 und bei A r g y r i a d i s 200). Er ist eingetreten, wenn der Vorversicherte den begründeten Entschädigungsanspruch geltend macht. E r ist nicht eingetreten, wenn der Vorversicherte einen unbegründeten Entschädigungsanspruch geltend macht. Die dies für die Haftpflichtversicherung bestimmende Vorschrift des § 150 Abs. 1

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Satz 2 V V G ist rein positiver A r t und auf die Rückversicherung nicht übertragbar. Die Rückversicherung ist in keinem Sinne Rechtsschutz-Versicherung (vgl. H e r r m a n n s d o r f e r 40, M o l t 36). Der Rückversicherer haftet grundsätzlich nur, wenn der Vorversicherer entschädigen m u ß (vgl. auch § 78 A n m . und über die Besonderheiten des d e m Vorversicherer unter U m s t ä n d e n zustehenden Abwicklungsrechts: unten A n m . 152fr.). — U n a n w e n d b a r ist auch § 152 V V G , weil § 33 hierüber bestimmt. Ebenso die §§ 153, 154 V V G (vgl. §§ 40, 44), § 155 V V G (vgl. § 78 A n m . ) . U n a n w e n d b a r ist auch § 156 Abs. 2 V V G , w o n a c h der Haftpflichtversicherer unmittelbar an den dritten zahlen darf und auf Verlangen des Versicherungsnehmers zahlen muß. U n a n w e n d b a r natürlich die ebenso positive Vorschrift des § 157 V V G , w o n a c h der dritte im Konkurse des Haftpflichtversicherten abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung gegen den Versicherer verlangen kann ( E h r e n b e r g R V R 48, H a g e n Z f V W 1911. 175, H e r r m a n n s d o r f e r 327, J o s e f AssJB 37. 35, O b e r m a y e r 64, R G 55. 91 ; abw. K o h l e r 505; vgl. auch R i p e r t 3. 580 Nr. 2595: Cette solution peut au premier abord paraître injuste. Il n'y a pourtant, si on y réfléchit, nulle injustice à ne pas accorder à l'assuré le bénéfice d ' u n contrat auquel il est étranger, qui dépend uniquement de la libre volonté de l'assureur, et dont cet assureur paye la prime sur des fonds qui étaient le gage c o m m u n de ses créanciers).

c) Verhältnis der Rückversicherung zur Vorversicherung A n m . 148

100. W i e bei der Versicherung von Forderungen gegen Sachgefahren die Forderung das Interesse vermittelt, das die Versicherung ermöglicht, so vermittelt bei der R ü c k versicherung die bedingte Entschädigungsschuld des Vorversicherers das Rückversicherungsinteresse. L'indemnité d'assurance constitue une valeur assurable: c'est en effet une dette eventuelle de l'assureur soumise à une fortune de mer ( R i p e r t Nr. 2586). W i e bei der Forderungsversicherung die Forderung und das ihr zugrunde liegende Verhältnis für die Versicherung von maßgebender Bedeutung ist, so ist bei der Rückversicherung die Entschädigungsschuld und das Vorversicherungs - Verhältnis von maßgebender Bedeutung. Ist die Vorversicherung nichtig, etwa weil eine nach § 780 H G B unversicherbare Heuerforderung versichert ist, so ist a u c h die R ü c k v e r sicherung unwirksam, mag auch nach dem für die Rückversicherung maßgebenden Rechte eine Heuerforderung versicherbar sein; denn w e n n die Vorversicherung nichtig ist, liegt der Rückversicherung kein Interesse zugrunde ( A r n o u l d 343f. s. 375; vgl. aber auch § 2 A n m . 23). Ebenso, wenn die Vorversicherung z w a r gültig, der V o r versicherer aber wegen V e r l e t z u n g der vorvertraglichen Anzeigepflicht oder aus anderen G r ü n d e n von der V e r p f l i c h t u n g zur Leistung frei ist. Fällt das vorversicherte Interesse w e g oder wird der Vorversicherer vor Beendigung der Vorversicherung v o n der V e r pflichtung zur Leistung frei, so fällt das Rückversicherungs-Interesse weg. Ist der Vorversicherungs-Vertrag für den Vorversicherer anfechtbar, so hängt es von den Umständen ab, ob der Vorversicherer nach § 13 oder im Versicherungsfall nach § 4 1 verpflichtet ist, anzufechten ( A r n o u l d a. a. O . ; vgl. aber auch § 2 A n m . 23). M a n sollte deshalb vermeiden, uneingeschränkt hervorzuheben, d a ß „rechtlich der R ü c k v e r sicherungs-Vertrag und die Erstversicherung selbständig nebeneinander stehen" (so H a g e n Z f V W 1920. 148; ähnlich schon früher P o h l s 4. 99, V o i g t 284, O A G L ü b e c k H a m b S 4. 190, H G Z 1868. 169: „ R ü c k v e r s i c h e r u n g . . . ein ganz selbständiger V e r t r a g " ; ungenau auch R G 53. 1 4 1 : „ D a s Risiko des Vorversicherers sei nicht unmittelbarer, sondern höchsten mittelbarer Gegenstand des Rückversicherungsvertrags") oder: Les deux contrats sont absolument indépendant l'un de l'autre ( D r o z 1. 170). W a s damit gemeint ist, ist z w a r an sich richtig, ist aber nichts, was der Rückversicherung

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eigentümlich ist. Wie sich nämlich bei jeder anderen Versicherung aus dem versicherten Interesse, wie sich etwa bei der Forderungsversicherung aus der Forderung und dem ihr zugrunde liegenden Rechtsverhältnis noch keineswegs ohne weiteres ergibt, wofür der Versicherer haftet, dies vielmehr erst dem Versicherungsvertrag entnommen werden muß, so ergibt sich auch im Falle der Rückversicherung keineswegs ohne weiteres aus der Vorversicherung, was der Rückversicherer z u leisten hat, hat der Rückversicherer keineswegs ohne weiteres zu ersetzen, wenn, weil und was der Vorversicherer zu ersetzen hat, ist vielmehr der Rückversicherungs-Vertrag in erster Linie für Voraussetzung, A r t und U m f a n g der H a f t u n g des Rückversicherers m a ß g e b e n d . Deshalb versteht sich z. B. von selbst, d a ß die für die Vorversicherung geltende R e c h t s o r d n u n g nicht ohne weiteres auch für die Rückversicherung maßgebend ist (vgl. V o i g t 284, R G 20. 134, O L G H a m b u r g Rspr 10. 147. V g l . dazu P r ö l ß A n m . 4 zu § 1 8 6 V V G , J . v. G i e r k e V S R I I 374, B r u c k - M ö l l e r , Einl. A n m . 94, w o n a c h indessen mangels sonstiger Anhaltspunkte als Vertragsstatut der Rückversicherung der Hauptsitz des Erstversicherers anzusehen sein wird). Ist etwa die Vorversicherung nach dem für sie maßgebenden R e c h t e gültig, so ist die Rückversicherung nicht deshalb ungültig, weil die Vorversicherung nach dem für die R ü c k versicherung geltenden R e c h t e ungültig sein würde ( E h r e n b e r g R V 47). Ist in England eine Heuerforderung gültig versichert (vgl. hierüber oben A n m . 20), so ist die nach deutschem Rechte z u beurteilende Rückversicherung nicht deshalb ungültig, weil nach § 780 H G B Heuerforderungen nicht versichert werden können. Die R ü c k versicherung w ä r e keine Versicherung der Heuerforderung, sondern nur eine V e r sicherung, die sich auf die Heuerforderung bezieht, keine Versicherung des Heuerforderungs-Interesses, sondern die Versicherung eines anderen, nämlich des durch die Vorversicherung begründeten Interesses. O d e r : Haftet der Vorversicherer, obgleich er nach den für die Rückversicherung maßgebenden Vorschriften über Anzeigepflicht, Gefahränderung, Schadensverhütung, Uberversicherung, Doppelversicherung usw. nicht haften würde, so haftet auch der Rückversicherer ( O A G L ü b e c k K i c r u l f f 3. 350). Der Rückversicherer haftet dagegen natürlich nicht, w e n n er nach den für den R ü c k versicherungs-Vertrag maßgebenden Rechtssätzen, Bedingungen oder besonderen Vereinbarungen nicht zu entschädigen hat. H i n und wieder wird im RückversicherungsV e r t r a g die H a f t u n g d e s R ü c k v e r s i c h e r e r s e n g e r bestimmt, als sie im V o r versicherungs-Vertrag bestimmt ist, etwa weil einzelne Gefahren nicht zu den Risikenklassen des Vorversicherers passen, oder u m dem Nachteil der H ä u f u n g von Risiken auf begrenztem Gebiet die Spitze abzubrechen (sog. Gefahren-Rückversicherung im Gegensatz zur S u m m e n - R ü c k v e r s i c h e r u n g ; vgl. H e r r m a n n s d o r f e r 81, J a h n 15, R a u Z f V W 1901. 317, 415, 418, P r ö l ß , A n m . 3 C zu § 186 V V G , vgl. auch R e m é H a n s R G Z 1934 A 145). So wird z. B. Rückversicherung genommen „ N u r für Kriegsgefahr" (§ 121) oder „ N u r für Feuersgefahr" (vgl. H H 580, insbesondere R O H G 5. 197: Nur gegen „Feuerschaden . . ., sofern die betreffenden Schiffe oder G ü t e r bei Entstehung des Brandes innerhalb der Hafenbassins z u Bremerhaven [oder gewissen anderen Docks] sich befunden haben sollten") oder „ F r e i von Beschädigung" (§ 1 1 3 ; vgl. H G Z 1892. 305), oder „ F r e i von Beschädigung außer im Strandungsfall" (§ 1 1 4 ; vgl. H G u. O G H a m b u r g H H 5) oder „ N u r für Totalverlust" ( § 1 2 3 ; vgl. I T V M i t t 1913. 9g: Against the risk of the total or constructive total loss of the steamer only). O d e r es wird nur für einzelne von mehreren versicherten Reisen oder nur für einen T e i l der versicherten Reise Rückversicherung genommen ( z . B . H G Z 1 8 9 8 . 2 6 1 : „ S ä m t l i c h e Segel- und Dampfschiffe, Kaskos, L a d u n g e n . . ., auf welche der V o r versicherer . . . Versicherung geleistet hat oder leisten wird und welche sich in den H a m b u r g e r Häfen . . . und deren Revier auf dem Elbstrom aufwärts von der M ü n d u n g 10

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

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bis zur . . . Stadtwasserkunst, inklusive der etwaigen Aus- und Einladestellen, gleichviel ob in oder außer Fahrt befinden"; vgl. auch O A G Lübeck Kierulff 3. 5 3 1 : Rückversicherung nur für einen Teil der versicherten Reise: „ V o n Honkong via J a v a nach den Niederlanden", während die Reise von Hongkong nach Europa mit Gestattung von Zwischen- und Nebenreisen vorversichert w a r ; vgl. ferner Bolze 1 1 Nr. 432, A P V 1905 I I 109 und über die englische Rechtsprechung C h a l m e r s i6f.). Die Rückversicherung ist auch in solchen Fällen See-Rückversicherung. Auch dann, wenn sie sich etwa nur auf den Teil der seeversicherten Unternehmung bezieht, der nicht zur See oder etwa gar nur zu Lande zurückgelegt wird ( E h r e n b e r g R V 179, R O H 5. igg, O G Hamburg H H 583; abw. H G Hamburg H H 582; vgl. auch oben Anm. 30). Aber der Rückversicherer haftet natürlich in solchen Fällen beschränkter Rückversicherung nicht, wenn ein Versicherungsfall jenseits der im Rückversicherungs-Vertrag aufgerichteten Schranken eintritt. E r haftet auch nicht, wenn der V o r v e r s i c h e r e r die vorvertragliche A n z e i g e p f l i c h t v e r l e t z t , die Gefahr geändert, die Änderung der Gefahr einem anderen, insbesondere dem Vorversicherten, gestattet hat, — mag auch der Vorversicherer haften ( A r n o u l d 343 s. 375). Er haftet nicht, wenn das versicherte Schiff i n f o l g e d e r K r i e g s g e f a h r d i e R e i s e n i c h t f o r t s e t z t und Schaden nimmt, der Vorversicherer gleichwohl haftet, weil etwa nach den für die Vorversicherung maßgebenden Bedingungen der Grundsatz des § 35 Abs. 2 nicht gilt, dieser Grundsatz aber das Rückversicherungs-Verhältnis beherrscht, dem die A D S zugrunde gelegt sind. E r haftet also auch nicht, wenn der T e i l s c h a d e n am Schiffe nicht nach § 74, die B e s c h ä d i g u n g der Güter n i c h t nach § 93 f e s t g e s t e l l t ist und dem Rückversicherungs-Vertrag die A D S zugrunde liegen. So mit Recht H G u. O G Hamburg H a m b S 4. 183, 185. Anders E h r e n b e r g R V 56, O A G Lübeck HambS 4. 190 (einschränkend O A G Lübeck Kierulff 3. 530), wohl unter dem Einfluß des geschichtlichen Zusammenhangs zwischen der Bodmereigelder- und der Rückversicherung: Zu Handlungen oder Unterlassungen, die nur dem Vorversicherten obliegen könnten, könne der Vorversicherer im Rückversicherungs-Vertrag nicht verpflichtet werden; insoweit müsse „der einmal festgesetzte Inhalt der Hauptpolice maßgebend sein für den Rückversicherungs-Vertrag und das Gegenteil könne von den Parteien nicht gewollt sein". Das ist schwer begreiflich. Wenn der Kasko-Rückversicherer nur haften will, falls der Teilschaden nach § 74 (natürlich im Benehmen des Vorversicherers und des Vorversicherten: §79, § 7 4 Anm.) festgestellt, falls das Schiff nach § 7 5 ausgebessert, falls das Schiff nach § 77 öffentlich versteigert wird, — oder wenn der Güter-Rückversicherer nur haften will, falls der Beschädigungsschaden gemäß § 93 festgestellt wird, — warum sollte er es nicht mit dem Vorversicherer vereinbaren, warum es diesem nicht überlassen können, sich darüber mit dem Vorversicherten auseinanderzusetzen? Und warum sollte er, wenn er (wie in den Fällen H a m b S 4. 1 2 1 , Ullrich Nr. 353) ausdrücklich vereinbart, daß er „nach den Bedingungen des Allgemeinen Plans", daß er nach den A D S Rückversicherung übernehme, sich nicht darauf verlassen dürfen, daß auch der Vorversicherung die A D S zugrunde liegen oder sonstwie vorgesorgt ist, daß der Schaden, wie im Rückversicherungs-Vertrag vereinbart, also nach den A D S festgestellt wird? Wenn der Vorversicherungs-Vertrag die Institute-Klausel enthält: T h e insured value should be taken as the repaired value in ascertaining whether the vessel is a constructive total loss (§ 77 Anm.), in der Rückversicherungs-Police aber diese Klausel im Verzeichnis der Institute-Klauseln ausgestrichen ist, kann der Vorversicherer sich dem Rückversicherer gegenüber auf die Klausel nicht berufen ( W h i t e 5). Nur, wenn etwa der Rückversicherer w e i ß , daß für die Vorversicherung a n d e r e B e d i n g u n g e n maßgebend sind, als im allgemeinen für die Rückversicherung, mag unter Umständen die Annahme gerechtfertigt sein, daß er Schadensfeststellungen nach

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den Bedingungen der Vorversicherung auch für das Rückversicherungs-Verhältnis § 1 gelten lassen will (OG Hamburg HambS 4. 185). Auch wird es regelmäßig gerechtfertigt sein, bei der A u s l e g u n g von Bestimmungen des Rückversicherungs-Vertrags die Bestimmungen des dem Rückversicherer bekannten Vorversicherungs-Vertrags zu berücksichtigen, z. B. aus der Bestimmung des Kasko-Vorversicherungsvertrags: „Geht das Schiff außerhalb dieses Umkreises (der Fangreise), so bleibt die Versicherung in Kraft mit einer Zulageprämie nach billiger Normierung und Bestimmung" auf die Bedeutung folgender Klausel des Rückversicherungs-Vertrags zu schließen: „Abweichungen von der Reise u/o. sonstige Veränderungen des Risikos sind stillschweigend mitgedeckt gegen eventuelle Prämienregulierung nach Billigkeit; eventuelle Rückgaben und Verbesserungen laut Originalpolice" (RG H G Z 1895. 300, H G Z 1895. 167). Hierüber hinaus den erfahrenen Vorversicherer gegen den ebenso erfahrenen Rückversicherer in Schutz zu nehmen, wäre ganz unangebracht. Wer Rückversicherung zu bestimmten Bedingungen nimmt, muß wissen, worauf er sich damit einläßt, und darf nicht auf Grund von Bedingungen Entschädigung verlangen, auf Grund derer der Rückversicherer ausgesprochenermaßen keine Entschädigung gewähren will (HG Hamburg H G Z 1870. 95). Dies um so mehr, als die Assekuradeure sich der Rechtslage durchaus bewußt sind und deshalb durchweg vereinbaren, daß die Rückversicherung „zu den Bedingungen der Originalpolice valedieren", daß „darauf im Schadensfalle pro rata ebenso bezahlt werden soll, wie die rückversicherte Gesellschaft auf ihre Zeichnungen zu zahlen hat" oder ähnl. (vgl. R G 55. 89, H G Z 1868. 161, 1870. 94, 1874. 348, 1875. 342, 1876. 157, 1877. 1 1 7 , 1881. 19, 1892. 221, 1909. 264, H H 8); im englischen Rechtsverkehr: being a re-insurance subject to all clauses and conditions of the original policy or policies and to pay as may be paid thereon ( C h a l m e r s 16; oder ähnlich: A r n o u l d 346 s. 378). Das Problem ist auch der Rückversicherung nicht eigentümlich. Es kann bei jeder anderen Versicherung, die sich auf das Schiff oder die Güter bezieht, entstehen. So etwa, wenn Kasko-Mehrwert nach den ADS versichert wird, das Kasko selbst aber nach anderen Bedingungen. Der Mehrwert-Versicherer kann verlangen, daß der Teilschaden gemäß § 74 festgestellt wird, und braucht sich nicht einwenden zu lassen, daß die Bestimmungen der Hauptpolice, der Kaskopolice, über die Schadensfeststellung andere seien. Deshalb ist es unzweckmäßig, die Nebeninteressen nach anderen Bedingungen zu versichern, als das Hauptinteresse, und üblich, durch Anschlußklauseln eine enge Verbindung zwischen der Versicherung der Nebeninteressen und derjenigen des Hauptinteresses herzustellen (wenn auch aus anderen Gründen bedenklich: Vorb. vor § 1 Anm. 49, § 70 Anm.), — gerade so, wie durch die oben bezeichneten Klauseln der engste Anschluß der Rückversicherung an die Vorversicherung erreicht wird. Sind einem Rückversicherungs-Vertrag allgemeine Versicherungsbedingungen, Anm. 149 seien es eigene, seien es diejenigen der Vorversicherung, nicht besonders zugrunde gelegt, so würde an sich anzunehmen sein, daß für den Rückversicherungs-Vertrag die gesetzlichen Vorschriften maßgebend sein sollen und sind. Da aber der Direktversicherung durchweg allgemeine Bedingungen zugrunde gelegt werden, so muß auch der Rückversicherer damit rechnen und deshalb so behandelt werden, wie wenn die Rückversicherung nach den Bedingungen der Vorversicherung genommen wäre. Deshalb bestimmte auch PreußALR II 8. 2019: Zwischen dem Rückversicherten und dem Rückversicherer „finden eben die Verhältnisse statt, als zwischen denjenigen, welche die erste Versicherung geschlossen haben". Deshalb wird auch im Zweifel anzunehmen sein, daß, wenn der Vorversicherung eine f r e m d e R e c h t s o r d n u n g zugrunde liegt und der Rückversicherer hiermit rechnen muß, die fremde Rechtsordnung auch für das Rückversicherungs-Verhältnis maßgebend sein soll und ist (HG 10*

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§ 1 Hamburg Ullrich Nr. 353). Deshalb wird schließlich im Zweifel auch anzunehmen sein, daß, wenn im Vorversicherungs-Vertrag besonderes bestimmt ist, namentlich besondere Klauseln enthalten sind, und der Rückversicherer hiermit rechnen muß, auch die b e s o n d e r e n B e d i n g u n g e n des V o r v e r s i c h e r u n g s - V e r t r a g s für das Rückversicherungs -Verhältnis maßgebend sein sollen und sind. Werden jedoch die Bedingungen des Vorversicherungs-Vertrags, sei es ausdrücklich, sei es stillschweigend, der Rückversicherung zugrunde gelegt, so muß der Vorversicherer gemäß § 19 a n z e i g e n , w e n n d i e B e d i n g u n g e n d e n V o r v e r s i c h e r e r über das verkehrsübliche Maß hinaus b e l a s t e n ( E h r e n b e r g R V 87, R V R 19, V o i g t 288, R O H G 20. 134, O A G Lübeck HambS 4. 191, H G Z 1880. 208, H G u. OG Hamburg H G Z 1866. 52, 1868. 164, 1870. 94, HG Seine Z H R 12. 540), — gerade so, wie bei der Güterversicherung oder der Frachtversicherung oder der Forderungsversicherung solche besonderen Erschwerungen angezeigt werden müssen (vgl. § 19 Anm., § 87 Anm. usw.). G e f a h r ä n d e r u n g s - K l a u s e l n sind in gewissen Grenzen nicht verkehrsunüblich (vgl. Vorb. vor § 1 1 3 , z. B. H G Z 1868. 163, 1909. 265). Das gleiche wird von der „ V o n H a u s zu H a u s " - K l a u s e l (§ 124) gelten müssen ( A r n o u l d 349 s. 380; vgl. auch R G 39. 195). Das gleiche gilt jetzt auch von der S t i l l i e g e - K l a u s e l in einer ZeitKaskopolice (vgl. Vorb. vor § 1 1 3 ) ; anders früher H G Z 1892.223: Sei eine Rückversicherungs-Prämie von 3 % vereinbart, so brauche der Rückversicherer, der die Vorversicherungs-Police nicht kenne, nicht damit zu rechnen, daß diese eine StilliegeKlausel enthalte, und sich demgemäß im Falle des Stilliegens eine Prämienermäßigung auch dann nicht gefallen zu lassen, wenn die Rückversicherungs-Police die Klausel enthalte, daß „für diese Rückversicherung die Klauseln und Bedingungen der Originalpolice gelten" sollen. Anm. 150

101. Zwischen Rückversicherer und Vorversichertem bestehen zunächst keine Rechtsbeziehungen ( R G 53. 140, 55. 90, H G Z Beibl. 1881. 95, KassH Darmstadt Baumgartner's Gerichtspraxis Nr. 620, L G Köln VersR 1953. 130). Vgl. schon É m é r i g o n ch. V I I I s. 14: La Réassurance est absolument étrangère à l'Assuré primitif, avec le quel le Réassureur ne contracte aucune sorte d'obligation. Insbesondere kann der Vorversicherte vom Rückversicherer nicht Entschädigung verlangen. Der Rückversicherer kann nicht mit befreiender Wirkung an den Vorversicherten zahlen und auch nicht vom Vorversicherer angewiesen werden, an den Vorversicherten zu zahlen (vgl. V V G § 156, oben Anm. 147). Unless the policy otherwise provides, the original assured has no right or interest in respect of such re-insurance (MIA § 9 Abs. 2). Unless the policy otherwise provides: Im Vorversicherungs-Vertrag können natürlich die Entschädigungsansprüche gegen den Rückversicherer abgetreten, kann dem Vorversicherten das Recht auf Abtretung eingeräumt werden. Ebenso kann im Rückversicherungs-Vertrag Zahlung der Entschädigung an den Vorversicherten bedungen, für den Vorversicherten auch ein unmittelbarer Zahlungsanspruch gegen den Rückversicherer ausbedungen werden (vgl. BGB § 328; über entsprechende Klauseln in nordamerik. Policen: E h r e n b e r g R V 51). — Zahlt der Rückversicherer an den Vorversicherer, so gehen Ersatzansprüche des Vorversicherers gegen den Vorversicherten gemäß §45 auf den Rückversicherer über (§45 Anm.).

Anm. 151

102. Die Rechtsbeziehungen zwischen Vorversicherer und Vorversichertem werden durch die Rückversicherung nicht berührt (so ausdrücklich PreußALR II 8. 2020: „Die Rechte und Verbindlichkeiten zwischen dem ersten Versicherer und Versicherten, werden durch die Rückversicherung in nichts geändert"; schon É m é r i g o n ch. 8 s. 14: Le premier contrat subsiste tel qu'il a été conçu, sans novation ni altération, und oben Anm. 150). Der Vorversicherte kann insbesondere vom Vorversicherer nicht die Herstellung von Rechtsbeziehungen zum Rückversicherer verlangen, namentlich

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nicht A b t r e t u n g des Entschädigungsanspruchs gegen den Rückversicherer, und z w a r § 1 a u c h dann nicht, wenn der Vorversicherer zahlungsunfähig und der Entschädigungsanspruch gegen ihn wertlos zu werden droht. A u c h § 281 B G B gibt d e m Vorversicherten keinen solchen Anspruch gegen den Vorversicherer. Der Vorversicherte kann nur nach § 4 7 verfahren (anders früher P r e u ß A L R I I 8. Q015; vgl. a u c h die bedenklichen Ausführungen von B ä h r A r c h B ü r g R 7. 47). Deshalb hat auch der Vorversicherte im Konkurse des Vorversicherers a m Entschädigungsanspruch gegen den Rückversicherer kein Aussonderungsrecht. Er hat auch nicht das Absonderungsrecht des § 157 V V G (oben A n m . 147). d) Die A b w i c k l u n g der Vorversicherung 103. Das V V G läßt (von einigen Besonderheiten abgesehen) das H a f t p f l i c h t - A n m . 152 V e r s i c h e r u n g s - V e r h ä l t n i s nach den allgemeinen für Schadensversicherungen geltenden Grundsätzen sich abwickeln. Der Versicherungsnehmer darf die Gefahr nicht erhöhen und den Versicherungsfall nicht herbeiführen. Er m u ß gewisse A n z e i g e n machen, Schaden abwenden und mindern, dabei die Weisungen des Versicherers befolgen usw. Die Haftpflichtversicherungs-Verträge geben dem Versicherer vielfach hierüber hinausgehende Rechte, so z. B. das Recht, Haftpflichtprozesse allein zu leiten usw. (ohne d a ß die E i n r ä u m u n g solcher R e c h t e mit dem Wesen der Haftpflichtversicherung etwas zu tun hätte, — was H a g e n Z f V W 1920. 145 verkennt). Die S e e - H a f t p f l i c h t v e r s i c h e r u n g steht grundsätzlich auf d e m Boden der A n m . 153 allgemeinen für die Schadens-, d. h. hier für die Seeversicherung, geltenden G r u n d sätze. Sowohl im Falle der Versicherung gegen die Haftpflicht für HavariegrosseBeiträge (§ 29, § 30 A n m . ) , wie im Falle der Versicherung gegen die Haftpflicht für Kollisionsschäden (§ 78) gelten die gewöhnlichen Regeln. A u c h im dritten Falle der See-Haftpflichtversicherung, im Falle der See-Rückversicherung, würden an und für sich die gewöhnlichen R e g e l n anwendbar sein. A b e r hier hat die Entwicklung der Dinge die entgegengesetzte W e n d u n g genommen, wie bei der gewöhnlichen Haftpflichtversicherung (wiederum, ohne d a ß dies mit dem Wesen der Rückversicherung als einer Haftpflichtversicherung etwas zu tun hätte). 104. Die Interessen des Kaskoversicherten werden regelmäßig nicht beeinträchtigt, A n m . 154 w e n n er sich auf V e r l a n g e n des Kaskoversicherers v o m Gegensegler auf Ersatz des Kollisionsschadens verklagen lassen m u ß . D e r Vorversicherer würde seine Geschäftsverbindungen aufs Spiel setzen, wenn er d e m Verlangen seines Rückversicherers, sich v o m Vorversicherten verklagen zu lassen, ohne weiteres entsprechen müßte, w e n n er seine Zustimmung zu Gefahränderungen oder z u Schadenabwendungs-Maßregeln, seine Weisungen, den Versichererabandon, die Entschädigung, die vergleichsweise Erledigung von Meinungsverschiedenheiten, die A u f h e b u n g des Versicherungsverhältnisses, die Anfechtung des Versicherungsvertrags usw. schlechthin von der Z u s t i m m u n g seines Rückversicherers abhängig machen müßte. Deshalb erteilt der Rückversicherer durchw e g schon im Rückversicherungs-Vertrag seine Z u s t i m m u n g zu A b w i c k l u n g s geschäften des Vorversicherers. Die Klauseln haben den verschiedensten Inhalt. Z . B.: „ D e r Rückversicherer . . . genehmigt im voraus j e d e Schadensregulierung . . . und verzichtet auf jede Einrede . . . gegen den Anspruch des Rückversicherten auf Ersatz der von diesem bezahlten S c h ä d e n " . O d e r vorsichtiger: „ I m Schadensfalle ist nur der Beweis der gesetz- und usancemäßigen Z a h l u n g beizubringen" (Seebohm 607). O d e r noch vorsichtiger: Der Rückversicherer hat zu zahlen, was der Vorversicherer „ n a c h den Bedingungen . . . und nach den hiesigen Usancen gesetzmäßig zu bezahlen h a t " (Seebohm 604, 634). O d e r , kürzer: „ D i e ganze Geschäftsführung liegt allein in

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den Händen des Rückversicherten" ( E h r e n b e r g R V R 26), oder: „ I m Schadensfall bedarf es zur Einkassierung der Rückversicherung nur der Quittung über den geleisteten Ersatz" ( E h r e n b e r g R V 109, V o i g t 290, R O H G 24. 393, R G 91. 83, H G Z 1869.292, 1874.348, 1876. 156, 1877. 116, 1878.81, 229, 1881. 19, 1918. 177). Die englische Klausel: To pay as may be paid thereon (unten Anm. 160). Die französische Klausel: Le réassureur s'oblige à rembourser le réassuré sur la vue de la quittance donnée par le premier assuré (Droz 1. 167; D e s j a r d i n s 6 s. 1371, De V a l r o g e r 4 s. 1876, teilw. abw. in der Beurteilung der Bedeutung dieser Klausel: R i p e r t 3. 577 Nr. 251). Solche und ähnliche Klauseln geben dem Vorversicherer natürlich nicht das Recht, zu tun und zu lassen, was ihm gefällt. Beruhen sie schon auf unbeschränktem Vertrauen, so berechtigen sie natürlich nicht, können sie auch den Vorversicherer nicht berechtigen, das Vertrauen zu täuschen. Sie berechtigen den Vorversicherer nur, bei der Abwicklung des Vorversicherungs-Verhältnisses so zu verfahren, wie ein verständiger, billig denkender Versicherer, wenn er nicht rückversichert wäre, verfahren würde (so auch S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. III 11 i zu § 1 A D S ; ähnlich wohl H a g e n Z f V W 1920. 157, R G 55. 89; vgl. auch H G Z 1918. 178: Die Klauseln berechtigen den Vorversicherer, „ohne Anrufung der Gerichte nach Treu und Glauben aus eigener Entschließung nach sorgfältiger Prüfung aller Umstände des Falles sich mit dem Vorversicherten auseinanderzusetzen", — freilich im Widerspruch mit späteren Ausführungen, vgl. unten Anm. 156). Andererseits entsprechen diese Klauseln der Interessenlage (vgl. oben) und der darauf gegründeten Verkehrssitte so sehr, daß im Zweifel anzunehmen ist, daß die Abwicklungsbefugnis in diesen Grenzen dem Vorversicherer a u c h d a n n eingeräumt sein soll, w e n n d e r R ü c k v e r s i c h e r u n g s - V e r t r a g e i n e s o l c h e K l a u s e l n i c h t e n t h ä l t , daß also die Beweisführung aus dem Gegenschluß hier jedenfalls versagen muß (vgl. E h r e n b e r g R V 14, 95, 108, R V R 34, H a g e n Z f V W 1920. 157, O b e r m a y e r 43, R a u Z f V W 1901. 416, R G 53. 1 4 1 , H G Z 1909. 268). Dies Ergebnis ist aus dem G e s e l l s c h a f t s r e c h t nicht zu gewinnen. Denn die Rückversicherung ist keine Gesellschaft (oben Anm. 137). Und wenn sie es wäre, würde sich für die Geschäftsführung etwas anderes ergeben (vgl. BGB §§ 709fr.). — Das Ergebnis ist auch aus dem A u f t r a g s r e c h t nicht zu gewinnen. Denn der Auftrag ist unentgeltlich auszuführen (BGB § 662), und der Vorversicherer besorgt die Abwicklung regelmäßig gegen Entgelt, gegen eine Provision. Auch ist der Beauftragte nur verpflichtet, nicht unwiderruflich berechtigt, den Auftrag auszuführen, der Vorversicherer aber berechtigt wie verpflichtet, abzuwickeln ( H e r r m a n n s d o r f e r 283). Das Ergebnis ist schließlich auch nicht aus § 675 BGB zu gewinnen, wonach Dienstoder Werkverträge, die eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand haben, einem Auftrag gleich behandelt werden sollen. Denn weder von einem Werk- noch von einem Dienstvertragsverhältnis kann hier die Rede sein (näheres: H e r r m a n n s d o r f e r 284). Dagegen bietet die von H e r r m a n n s d o r f e r 214 versuchte Erklärung des Abwicklungsrechts aus d e r p a r t i a r i s c h e n N a t u r d e r auf Teilung des Risikos gerichteten R ü c k v e r s i c h e r u n g eine brauchbare rechtsdogmatische Grundlage. Wie schon hervorgehoben, entspricht das Abwicklungsrecht des Vorversicherers in den angegebenen Grenzen der Interessenlage. Diese ist derjenigen bei anderen partiarischen Geschäften ähnlich. Der Unternehmer hat ein berechtigtes Interesse daran, in seinen geschäftlichen Entschließungen frei zu sein. Der partiarisch Beteiligte hat ein berechtigtes Interesse daran, den Unternehmer an sich gebunden zu wissen. Den Ausgleich bildet der Grundsatz, daß der Unternehmer zwar im allgemeinen nicht gebunden ist, aber nur in den Grenzen, die ein verständiger, billig denkender Unternehmer, der nur sein eigenes Interesse wahrzunehmen hat, nicht überschreiten würde. Hieraus

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folgt auch von selbst, d a ß das Abwicklungsrecht eine der Abwicklungsbefugnis ent- § 1 sprechende A b w i c k l u n g s p f l i c h t u m f a ß t (unten A n m . 156). Hieraus folgt schließlich auch, daß das Abwicklungsrecht nur im Falle der s u m m e n m ä ß i g e n T e i l u n g des Risikos besteht, insbesondere bei der Gefahren-Rückversicherung nur, wenn es besonders bedungen ist. Entsprechendes gilt für den Fall der R e t r o z e s s i o n , die den zweiten R ü c k v e r - A n m . 155 sicherer an der ersten Rückversicherung unterbeteiligt. M i t der M a ß g a b e jedoch, d a ß das Abwicklungsrecht für die Direktversicherung (wenigstens der Hauptsache nach) natürlich nicht dem ersten Rückversicherer, sondern d e m Direktversicherer zusteht, weshalb auch in der Regel bei der Schließung des zweiten Rückversicherungs-Vertrags angezeigt werden muß, daß es sich u m eine zweite Rückversicherung handelt (unten A n m . 181), 105. A u s dem Grundsatz, d a ß der Vorversicherer wie ein verständiger, billig A n m . 156 denkender, nicht rückversicherter Versicherer verfahren darf (und m u ß ) , ergibt sich ohne weiteres nicht nur das M a ß , sondern auch die A r t der Sorgfalt, die er bei der A b w i c k l u n g des Vorversicherungs-Verhältnisses walten lassen muß. N a c h E h r e n b e r g R V 11 o soll der Vorversicherer für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit einstehen (folgend: O b e r m a y e r 54); ebenso R O H G 24. 394, H G Z 1881. 21, 1903. 67, H G u. O G H a m burg H G Z 1869. 292, 1876. 156, 1877. 1 1 7 ; H G H a m b u r g H G Z 1866. 54: H a f t u n g für mala fides, R G 91. 85, H G Z 1918. 179, L G H a m b u r g A P V 1907 I I 73, O L G K ö l n V e r s R 1953. 131, P r ö l ß A n m . 4 zu § 186 V V G : H a f t u n g für Arglist und grobe Fahrlässigkeit. D a m i t ist offenbar zu viel und zu wenig gesagt. Der Vorversicherer kann auch, insbesondere wenn es sich u m kleinere Schäden handelt, e n t s c h ä d i g e n , o b g l e i c h e r o f f e n b a r n i c h t z u e n t s c h ä d i g e n b r a u c h t , obgleich die T a x e offenbar erheblich übersetzt ist, einer Reiseveränderung zustimmen, obgleich sie nach dem Vorversicherungs-Vertrag offenbar unstatthaft ist, usw., — wenn nur ein verständiger, billig denkender, unversicherter Versicherer den Umständen nach ebenso verfahren würde (deshalb auch ungenau J o s e f AssJB 37. 2g: Der Vorversicherer habe nach § 276 B G B „ b e i der Geschäftsführung Vorsatz und jede Fahrlässigkeit zu vertreten"). Andererseits darf der Vorversicherer nicht einer Gefahränderung zustimmen, in die ein verständiger, billig denkender, unversicherter Versicherer nicht einwilligen würde, kann der Vorversicherer sich nicht darauf berufen, d a ß er z w a r f a h r l ä s s i g , aber nicht grobfahrlässig verfahren sei. Die Grundlage, mit der das Abwicklungsrecht des Vorversicherers steht und fällt, das unbedingte Vertrauen in die Redlichkeit und Umsicht des Vorversicherers, würde auf das schwerste erschüttert werden, wenn es d e m Vorversicherer gestattet wäre, auf Kosten des Rückversicherers die im V e r k e h r erforderliche Sorgfalt außer acht zu lassen. V o n einer Verkehrsanschauung solchen Inhalts kann daher auch keine R e d e sein. M i t dem herkömmlichen rechtsdogmatischen M a ß s t a b der Verantwortlichkeit ist hier nicht auszukommen (vgl. auch B a c h e O e s t R e v 1906. 180). D u r c h die hin und wieder kräftigen W e n d u n g e n der Abwicklungsklauseln ( z . B . R G 9 1 . 8 3 : „ D e r Rückversicherer m u ß die von dem Vorversicherer vorgenommenen Schadensregulierungen bedingungslos anerkennen und die ihm zur Last fallenden Schadensanteile innerhalb drei T a g e n remittieren") darf m a n sich nicht irremachen lassen. Sie können im einzelnen Falle die Rechtslage zugunsten des Vorversicherers verändern (vgl. H e r r m a n n s d o r f e r 238), gestatten aber keinen Schluß auf die Verkehrsanschauung. Der richtigen Auffassung näher kommt E h r e n b e r g R V R 40: Der Vorversicherer müsse z w a r auch für nur geringe Fahrlässigkeit einstehen, aber — wie ein Gesellschafter — nur, w e n n er sich ihrer in seinen eigenen Angelegenheiten nicht schuldig mache. Indessen auch diese Auffassung ist abzulehnen, weil sie der Interessenlage nicht entspricht. Sie beweist nur wieder, wohin die Auf-

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§ 1 fassung von der „Sozietätsnatur" der Rückversicherung führt (vgl. oben Anm. 137). Nicht darauf kommt es dem Rückversicherer an, wie gut oder wie schlecht der Vorversicherer seine eigenen Geschäfte besorgt, sondern darauf, daß er sich verkehrsgemäß, wie der Durchschnitt seiner Berufsgenossen, beträgt. Und in den Grenzen des verkehrsgemäßen will er auch vorsätzliche Zuwiderhandlungen gegen das an sich vertragsgemäße in den K a u f nehmen (vgl. H o u g e n I T V M i t t 1 9 2 1 . 109; anders wieder E h r e n b e r g R V R 38 und, ihm folgend, R G 91. 86). Nicht der subjektive, sondern der objektive Maßstab ist anzulegen. Es ist also etwa die englische Auffassung vom prudent uninsured owner, die hier, nur in etwas anderer Form, wirksam wird (vgl. auch É m é r i g o n ch. 1 1 s. 9: Il suffit que le réassuré ait agi de bonne foi). Schon deshalb kann auch keine Rede davon sein, daß etwa die Vorschrift des § 152 V V G auf die Rückversicherung übertragen werden könnte, nach welcher der Haftpflichtversicherer nur dann frei ist, wenn der Haftpflichtversicherte die Tatsache, die ihn dem dritten verantwortlich macht, vorsätzlich herbeigeführt hat (so K o h l e r 503). Ebenso unberechtigt ist es, mit E h r e n b e r g R V 95, R V R 33, zu unterscheiden zwischen a) Änderungen der tatsächlichen Umstände des Risikos, b) Änderungen der besonderen Bedingungen und c) Änderungen der allgemeinen Bedingungen, und für die ersten beiden Fälle dem Vorversicherer „vollste Bewegungsfreiheit" zuzuerkennen, für den dritten Fall dagegen sie ihm abzusprechen. Solche Unterscheidungen sind weder umfassend, noch nötig, noch richtig. Die an sie geknüpften Folgerungen sind willkürlich und nicht zweckgemäß (dagegen auch H a g e n Z f V W 1920. 156). — Insbesondere muß der Rückversicherer die Ergebnisse von R e c h t s s t r e i t i g k e i t e n des V o r v e r s i c h e r e r s gegen sich gelten lassen, die durch das Abwicklungsrecht des Vorversicherers gedeckt werden, mag er auch an dem Rechtsstreit nicht als Nebenintervenient beteiligt gewesen sein (anders bei der gewöhnlichen Haftpflichtversicherung: R G 3. 24). Hat der Vorversicherer sich z. B. in einem Rechtsstreit mit dem Vorversicherten verglichen oder den Vorversicherten mit dem schadensersatzpflichtigen Gegensegler sich vergleichen lassen (vgl. R O H G 24. 396; anders P r e u ß A L R I I 8. 2021) oder gegen ein zu seinen Ungunsten ergangenes Urteil ein Rechtsmittel einzulegen unterlassen, so hat er sich deswegen dem Rückversicherer gegenüber nur dann zu verantworten, wenn ihm bewiesen wird, daß ein nicht rückversicherter Versicherer verständiger- und billigerweise sich nicht verglichen oder ein Rechtsmittel eingelegt haben würde. E h r e n b e r g R V 1 1 9 weicht auch hier ab: Jedes gegen den Vorversicherer ergangene Urteil wirke ohne weiteres auch gegen den Rückversicherer; dieser könne sich seiner Ersatzpflicht nicht unter dem Vorwand entziehen, daß der Vorversicherer nicht die zulässigen Rechtsmittel eingelegt habe. Diese Ansicht ist aber nicht einmal mit der Grundanschauung E h r e n b e r g ' s vereinbar, nach welcher der Vorversicherer für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit haftet. Denn man kann doch auch vorsätzlich oder grobfahrlässig unterlassen, ein Rechtsmittel einzulegen. — Beteiligt sich übrigens der Rückversicherer an dem vom Vorversicherer mit dem Vorversicherten geführten Rechtsstreit, so verzichtet er dadurch nicht auf die aus dem RückversicherungsVerhältnis sich ergebenden Einwendungen (so mit Recht für die Haftpflichtversicherung überhaupt: G e r h a r d 612, R G H G Z 1 9 0 5 . 8 1 ; abw. H G Z 1904. 174). Anm. 157

Auf einem teilweise anderen Wege gelangt H e r r m a n n s d o r f e r 265fr. zum selben Ergebnis. Aus der Interessenlage und aus der partiarischen Natur der Rückversicherung wird nachgewiesen, daß der Vorversicherer jede, auch leichte, Fahrlässigkeit zu vertreten hat. Andererseits sei von leichter Fahrlässigkeit keine Rede, solange der Vorversicherer sich in den Grenzen der Verkehrssitte halte. I m Versicherungsverkehr aber

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werde „der Grundsatz der Kulanz allgemein angewendet" (anscheinend beeinflußt § 1 von L G Hamburg A P V 1907 II 72: „Viel mehr als jedes andere Geschäft ist das Versicherungsgewerbe von einem Geschäftsprinzip beherrscht, welches man gewöhnlich als „Kulanz" zu bezeichnen pflegt"; und weiter: „Kulant sein" bedeute: „in zahlreichen Fällen lieber auf sein Recht verzichten als den Schein der Schikane auf sich laden"; vgl. hierzu auch Vorb. vor § 1 Anm. 15). „Die Kulanz sei also Verkehrssitte". Kulante Abwicklung müsse der Rückversicherer auch dann gegen sich gelten lassen, wenn der Vorversicherer damit wissentlich über seine Entschädigungspflicht usw. hinausgegangen sei. Die Voraussetzung, daß im Versicherungsverkehr „die Kulanz Verkehrssitte" sei, kann jedoch als richtig nicht anerkannt werden. Zutreffend ist dagegen die Bemerkung H e r r m a n n s d o r f e r ' s 265, daß der Vorversicherer nicht nur bei der Abwicklung, sondern auch bei der Erfüllung aller sonstigen Verbindlichkeiten jede Fahrlässigkeit zu vertreten habe. 106. Die sonstigen Verbindlichkeiten des Rückversicherten aus dem Rück- Anm. versicherungs-Vertrag bleiben natürlich neben der Abwicklungspflicht bestehen, werden aber durch das Abwicklungsrecht vielfach beeinflußt. Der Rückversicherte darf z. B. die G e f a h r n i c h t ä n d e r n ; sonst wird der Rückversicherer frei (§§ 23, 24). Aber der Vorversicherer kann in den Grenzen seines Abwicklungsrechts dem Vorversicherten Gefahränderungen gestatten. Er darf es, soweit es ein verständiger, billig denkender Versicherer, wenn er nicht rückversichert wäre, tun würde. — Nach § 26 muß der Rückversicherte G e f a h r e r h ö h u n g e n , welche den Rückversicherer nicht befreien, diesem unverzüglich a n z e i g e n . Diese Verpflichtung bezieht sich aber nicht auf Gefahrerhöhungen, die der Vorversicherte zulässigerweise bewirkt oder der Vorversicherer zulässigerweise gestattet. So auch HG Hamburg H G Z 1868. 161. Anders OAG Lübeck H G Z 1868. 1 7 1 : „Nach der allgemeinen Natur des Versicherungsvertrags" müsse der Vorversicherer den Rückversicherer sofort benachrichtigen. Ebenso E h r e n b e r g R V 101, R V R 35 im Anschluß an H G Hamburg HH 581, aber gegen H G Z 1881. 24: „Von jeder Veränderung des Risikos, auch von einer erlaubten, . . . habe der Vorversicherer . . . seinem Rückversicherer . . . unverzüglich Anzeige zu machen". Die „allgemeine Natur des Versicherungsvertrags" ergibt es nicht. Daß der Rückversicherer „ein lebhaftes Interesse daran hat, sobald wie möglich von derartigen Veränderungen benachrichtigt zu werden" (so E h r e n b e r g a. a. O.), ist nur bedingt richtig, genügt aber jedenfalls ebensowenig, wie es etwa für die Annahme genügen würde, daß der Vorversicherte verpflichtet sei, über die ihm besonders auferlegten Anzeigepflichten hinaus dem Vorversicherer Anzeigen zu machen. Würden alle die Anzeigen gemacht werden, welche die herrschende Ansicht verlangt, so würde der Rückversicherer mit Anzeigen überschwemmt werden, von denen er nichts wissen will, und das Geschäft des Vorversicherers, durch die Rückversicherungs-Kontrollen ohnehin schwer belastet, kaum noch zu betreiben sein. — Auch die S c h a d e n v e r h ü t u n g s - P f l i c h t des Rückversicherten (§ 33) wird durch das Abwicklungsrecht des Vorversicherers beeinflußt. Ebenso die S c h a d e n a b w e n d u n g s - P f l i c h t der §§41, 46, 71 Abs. 4. Denn gerade bei der sogenannten Schadensregulierung wird von besonderer Bedeutung, daß der Vorversicherer sich wie ein verständiger, billig denkender Versicherer, wenn er nicht rückversichert wäre, betragen darf. — Auch die Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur U n f a l l s a n z e i g e (§40) wird vom Abwicklungsrecht des Vorversicherers berührt. Denn diese Anzeigepflicht hat der Versicherungsnehmer, damit der Versicherer den Sachverhalt prüfen, für seine Feststellung sorgen und Maßregeln zur Schadensabwendung oder -minderung treffen oder anordnen kann (Begr. z. V V G § 33). Dies alles liegt hier aber nicht dem Rückversicherer, sondern dem Vorversicherer ob. Deshalb wird in

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§ 1 den Rückversicherungs-Verträgen regelmäßig bestimmt, d a ß in angemessenen Fristen „ A u f g a b e n " zu machen, Schadensbordereaux zu übersenden sind. Allerdings hat der Rückversicherer an Unfallsanzeigen insofern ein Interesse, als sie ihn zur Retrozession veranlassen könnten. A b e r dies Interesse tritt gegen das andere zurück, mit nicht z u vielen Anzeigen belästigt zu werden. — Das R e c h t des Versicherers, im Versicherungsfall A u s k u n f t zu verlangen ( § 4 3 ) , steht auch dem Rückversicherer z u ( § 4 3 A n m . ) . A b e r der Rückversicherer kann natürlich nur v o m Vorversicherer Auskunft verlangen. Andererseits kann er freilich a u c h verlangen, d a ß der Vorversicherer v o m Vorversicherten Auskunft einhole (vgl. § 4 3 A n m . ) . A b e r der Vorversicherer braucht v o m Vorversicherten Auskunft nur zu verlangen, w e n n und soweit ein verständiger, billig denkender, nicht rückversicherter Versicherer sie verlangen würde. — I m Falle einer laufenden Rückversicherung m u ß der Rückversicherte insbesondere unverzüglich d e k l a r i e r e n (vgl. § 97 Abs. 6). Erweist sich die ursprüngliche A u f g a b e als unrichtig, so m u ß er unverzüglich berichtigen ( § 9 7 A n m . ) . Ebenso, wenn sie infolge späterer Änderungen unrichtig wird (vgl. H G u. O G H a m b u r g H H 580; in diesem Falle hatte sich freilich der Rückversicherte „ausdrücklich verpflichtet, von V e r ä n d e r u n g e n in bezug auf die gezeichneten Risikos, w e n n dadurch die ursprüngliche A u f g a b e alteriert wird, dem Rückversicherer in gleicher Weise A u f g a b e zu machen, wie dies mit den neuen Versicherungen geschieht"). I m Falle H G Z 1881. 19 haben L G und O L G H a m b u r g mit R e c h t angenommen, d a ß der Rückversicherte nicht verpflichtet sei, dem Rückversicherer „ d i e Daten der Konnossemente" über die rückversicherten G ü t e r mitzuteilen. R e g e l m ä ß i g werden die Deklarationen durch „ U b e r w e i s u n g e n " oder „ R e g u l i e r u n g s b o r d e r e a u x " bewirkt, die in bestimmten Fristen übersandt werden, oder durch „provisorische A n m e l d e b o r d e r e a u x " . R e g e l m ä ß i g wird auch vereinbart, d a ß „unabsichtlich unterlassene oder verzögerte A u f g a b e n die H a f t u n g des Rückversicherers unter keinen Umständen a u f h e b e n " . In solchem Falle hat der Rückversicherte leichte Fahrlässigkeit nicht zu vertreten, wohl aber grobe (§ 97 A n m . ) . — A u c h im Falle einer E i n z e l - R ü c k v e r s i c h e r u n g können übrigens solche A u f g a b e n erforderlich sein. So, w e n n etwa die A u f g a b e des Versicherungswerts vorbehalten ist ( R G H G Z 1892. 244), oder w e n n sonstige für die Feststellung des Rückversicherungs "Verhältnisses, insbesondere der Rückversicherungs-Prämie, wesentliche Mitteilungen vorbehalten sind (vgl. H G Z 1892. 305: V e r e i n b a r u n g einer „ v o r l ä u f i g e n " Prämie, da noch nicht feststand, ob die Vorversicherung „ F r e i von Beschädigung" oder „ F r e i von Beschädigung außer im Strandungsfall" genommen war). Erweisen sich solche A u f g a b e n oder Mitteilungen später als unrichtig, so kann und m u ß der R ü c k v e r sicherte sie berichtigen ( R G H G Z 1892. 244). — N a c h einem Gutachten der H K Berlin ( I T V M i t t 1914. 9) „ d a r f der Rückversicherer erwarten, d a ß der Rückversicherte ihm alle A n m e l d u n g e n des Vorversicherten rechtzeitig mitteilt, soweit sie für den Rückversicherer von Wichtigkeit sein können, zumal wenn der Rückversicherte sich vertraglich d a z u verpflichtet h a t " . N a c h demselben G u t a c h t e n m u ß der R ü c k v e r sicherer, wenn der Rückversicherungs-Vertrag die K l a u s e l enthält, d a ß der R ü c k versicherte die „fahrlässig unterlassene Weitergabe von A n m e l d u n g e n nicht zu vertreten h a t " oder „vorläufige A n m e l d u n g e n überhaupt nicht zu machen braucht, mit der Möglichkeit rechnen, daß die A n m e l d u n g nicht erfolgen und d a ß deshalb ohne seine Kenntnis eine Überschreitung seines M a x i m u m s eintreten k a n n " (womit natürlich nicht die im Rückversicherungs-Vertrag bestimmte M a x i m a l h a f t u n g s - S u m m e gemeint ist). A n m . 159

107. Die Abwicklungsbefugnis des Vorversicherers hat ihre Grenzen nicht nur in den Grundsätzen, die ein nicht rückversicherter Versicherer verständiger und billiger Weise befolgen würde, sondern in erster Linie natürlich i m Rückversicherungs-

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Vertrag selbst. Enthält der Rückversicherungs-Vertrag keine besonderen Bestimmun- § 1 gen über die Gestattung von Gefahränderungen, z. B. A b w e i c h u n g e n v o m Reisewege, so kann der Vorversicherer wie ein prudent uninsured insurer Ä n d e r u n g e n gestatten. Ist dagegen die Rückversicherung ausdrücklich auf eine bestimmte kürzere Reise beschränkt, so kann der Vorversicherer ohne Zustimmung des Rückversicherers Änderungen dieser so bestimmten Reise dem Vorversicherten nicht gestatten, selbst wenn der Rückversicherer gegen die Ä n d e r u n g verständiger und billiger Weise Einwendungen nicht würde erheben können ( O A G L ü b e c k K i e r u l f f 3. 530). Ist im RückversicherungsV e r t r a g vereinbart, d a ß „ e t w a i g e A b ä n d e r u n g der Reise . . . gegen seiner Zeit nach Billigkeit zu regulierende Prämie eingeschlossen" ist (z. B. H G Z 1909. 265), so kann der Vorversicherer A b ä n d e r u n g e n auch ohne Prämienverbesserung gestatten, wenn die Rückversicherungs-Prämie von der Vorversicherungs-Prämie nicht abhängt. H a t der Rückversicherer jedoch nur Anteil an der Vorversicherungs-Prämie, so darf der V o r versicherer natürlich A b ä n d e r u n g e n der Reise nur gegen Prämienzulage gestatten. — Bei der G e f a h r e n - R ü c k v e r s i c h e r u n g , also der Rückversicherung, die das Risiko nicht nach Summen, sondern nach Gefahren teilt (oben A n m . 148), hat der V o r v e r sicherer, ohne besondere Vereinbarung, das Abwicklungsrecht überhaupt nicht. Ist die Rückversicherung, im Gegensatz zur Vorversicherung, „ N u r für Totalverlust" genommen, so haftet der Rückversicherer auch nur im Falle des Totalverlustes, kann der Vorversicherer sich nicht etwa darauf berufen, daß auch ein Versicherer, der nur für Totalverlust haftet, verständiger und billiger Weise entschädigt haben würde, obwohl der Schaden kein Totalverlust ist. Anders, w e n n beide, Vorversicherung und Rückversicherung, „ N u r für Totalverlust"-Versicherungen sind. Ist die Rückversicherung, im Gegensatz zur Vorversicherung, „ F r e i von Kriegsgefahr", so betrifft alles, was mit der Kriegsgefahr zusammenhängt, ausschließlich den Vorversicherer. Sind aber beide Versicherungen „ F r e i von Kriegsgefahr", so sind auch Einräumungen des V o r versicherers wegen der Kriegsgefahr zu Lasten des Rückversicherers, w e n n sie nur auch ein nicht rückversicherter Versicherer verständiger und billiger Weise gemacht haben würde. Ist die Rückversicherung eine laufende Versicherung, so würde der Vorversicherer sogar die Kriegsgefahr in die Vorversicherungen einschließen können, wenn auch ein nicht rückversicherter Versicherer verständiger und billiger Weise so verfahren würde und die M e h r p r ä m i e nach dem Rückversicherungs-Vertrag a u c h d e m Rückversicherer zugute kommt. 108. Die englische A b w i c k l u n g s k l a u s e l ist: T o p a y as m a y be paid thereon A n m . 160 (nach dem üblichen Gummistempel rubber re-insurance clause genannt). Ihre T r a g weite ist streitig. N a c h einer neueren Entscheidung the re-insurer, when called upon to perform his promise, is entitled to require the re-assured first to show that a loss of the kind re-insured has in fact h a p p e n e d ; and, secondly, that the re-assured has taken all proper and business-like steps to have the amount of it fairly and carefully ascertained. T h a t ist all. He must then pay. T h e r e is nothing in his contract either express or implied which entitles him to have the ship or to deal with it in any w a y : though he is, no doubt, entitled to require that the original underwriter should realise it in such a w a y as to reduce the loss as much as m a y be reasonably possible. N o r is he entitled to rip u p the settlement between the shipowner and the original underwriter, except upon the ground that it is dishonest, or has been arrived at carelessly. So long as liability exists the mere fact of some honest mistake having occurred in fixing the exact amount of it will afford no excuse for not paying. Die Entscheidung klingt an die Entscheidungen deutscher Gerichte an und wird von A r n o u l d 347 s. 378 mit R e c h t als widerspruchsvoll bezeichnet. V g l . auch S c r u t t o n bei Arnould a . a . O . 347 f. Jedenfalls kann trotz der Klausel der Rückversicherer insist upon proper proof

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§ 1 that a loss strictly within the terms of the original policy has taken place ( A r n o u l d 346 s. 378). Uber eine andere englische Abwicklungsklausel, deren Bedeutung streitig ist: ITVMitt 1913. 99: Against the risk of the total or constructive total loss of the steamer only, but to follow hull underwriters in even of a compromised or arranged loss being settled. Anm. 161 109. Beim laufenden Rückversicherungs-Vertrag erstrecken sich Abwicklungsrecht und -pflicht des Vorversicherers auf die Übernahme der Versicherungen, welche die laufende Rückversicherung umfaßt. Man kann hier freilich von einer „ A b w i c k l u n g " eigentlich nicht mehr sprechen ( E h r e n b e r g R V R 25). H e r r m a n n s d o r f e r 280 u. a. vermeiden daher den Ausdruck und ersetzen ihn durch den Ausdruck „Geschäftsführung" (so auch J . v. G i e r k e V S R I I 376, P r ö l ß Anm. 4 zu § 186 V V G ) . Aber das Hauptgebiet der Geschäftsführung bleibt doch die Abwicklung. Es empfiehlt sich deshalb, den eingebürgerten und bezeichnenderen Ausdruck beizubehalten. — Der Vorversicherer muß auch bei der Übernahme rückversicherter Versicherungen wie ein unversicherter, verständiger und billig denkender Versicherer verfahren. Er darf insbesondere nicht Versicherungen zu B e d i n g u n g e n geben, die seine H a f t u n g ü b e r das v e r k e h r s ü b l i c h e M a ß h i n a u s e r w e i t e r n , nicht unter Einsatz seines meist geringeren Selbstbehalts auf Kosten des Rückversicherers seinen Kundenkreis zu erweitern suchen ( E h r e n b e r g R V 89, R V R 20, 30, S t u t z 30, H G Z 1880. 208). Auch dann nicht, wenn vereinbart ist, daß „die Rückversicherung zu Originalprämien und -bedingungen gilt" ( E h r e n z w e i g AssJB 17 II 163; abw. H G Z 1881. 22: durch eine derartige Klausel habe der Rückversicherer „selbst die exorbitantesten Bedingungen der Vorversicherung im voraus genehmigt"). Auch dann nicht, wenn der Rückversicherungs-Vertrag die Bestimmung enthält: „Der Rückversicherer stellt sich bezüglich des ihm aus diesem Vertrag zufließenden Geschäfts ganz und gar an Stelle des Rückversicherten und erkennt rückhaltlos dem Versicherten gegenüber alle Bedingungen der von diesem gezeichneten Policen und Verträge an" (vgl. auch O G Hamburg H G Z 1868. 165; abw. E h r e n b e r g R V 88). Sonst würde sich der Rückversicherer in unverantwortlicher Weise in die Hände seiner Vorversicherer gegeben haben. Der Vorversicherer darf z. B. nicht ohne weiteres die Kriegsgefahr einschließen (Stutz 29; vgl. jedoch auch oben Anm. 159 und weiter unten). Ubernimmt er Versicherung zu unüblich schweren Bedingungen, so fallen die Versicherungen zwar nicht „ganz aus dem Rahmen des laufenden Vertrags heraus" (so E h r e n b e r g R V R 30 und anscheinend H G Z 1880. 208). Denn die laufende Versicherung umfaßt die im Versicherungsvertrag bestimmten Interessen ohne weiteres, und diese Interessen sind nicht danach bestimmt, ob sie zu verkehrsmäßigen oder zu nicht verkehrsmäßigen Bedingungen versichert sind, sondern nach anderen Gesichtspunkten. Dem Vorversicherer kann j a auch nicht erlaubt sein, vertragsmäßige Risiken durch Vereinbarung „ungewöhnlicher" Bedingungen der laufenden Rückversicherung zu entziehen. Und bei der laufenden Direktversicherung ist es j a ebenso: Die laufend versicherten Risiken werden von der laufenden Versicherung umfaßt, mag der Güterversicherte zu verkehrsmäßigen oder zu verkehrswidrigen Bedingungen den Frachtvertrag geschlossen haben. Aber die Gefahr ist, wenn der Vorversicherer zu ungewöhnlich schweren Bedingungen Versicherung gibt, geändert und der Rückversicherer gemäß § 24 frei. — Teilweise anders H e r r m a n n s d o r f e r 204: Wenn vereinbart sei, daß „die Rückversicherung zu Originalprämien und -Bedingungen gelte", müsse der Vorversicherer, der zu Bedingungen, die von den gedruckten abwichen, aber sich noch im Rahmen des üblichen hielten, Versicherung gebe, hiervon dem Rückversicherer Anzeige machen. Schließe dagegen der Vorversicherer zu ganz ungewöhnlichen Bedingungen ab, so fielen die Versicherungen aus dem Kreise der rückversicherten heraus; die Uber-

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Weisung des Vorversicherers sei in solchem Falle nur eine Offerte zum Abschluß einer Spezial-Rückversicherung über dieses einzelne Risiko. Indessen sind in der See-Rückversicherung Anzeigen über Abweichungen von den allgemeinen Bedingungen nicht üblich; die Uberweisungsbordereaux würden die im hansestädtischen Versicherungsverkehr vorkommenden Klauseln nicht fassen können. Daß die zu außergewöhnlichen Bedingungen geschlossene Vorversicherung von der laufenden Rückversicherung überhaupt nicht umfaßt wird, ist zu bestreiten (näheres oben). Was von den Bedingungen der Vorversicherungen gilt, gilt natürlich auch von a n d e r e n mit dem vorversicherten Risiko zusammenhängenden U m s t ä n d e n . Der Vorversicherer darf z. B. keine außergewöhnlich schlechten Risiken nehmen oder, wenn der Rückversicherer an der Vorversicherungs-Prämie beteiligt ist, zu außergewöhnlich niedrigen Prämien Versicherungen geben. Sonst fallen zwar wiederum die Vorversicherungen nicht einfach aus der laufenden und sie umfassenden Rückversicherung heraus. Wohl aber ist der Rückversicherer nach § 24 frei. Der laufend Rückversicherte muß nicht nur beim Abschluß der VorversicherungsVerträge sorgfältig verfahren. Er ist auch v e r p f l i c h t e t , sich um den A b s c h l u ß von Vorversicherungs-Verträgen zu b e m ü h e n . Wohl nicht schon deshalb, weil der Rückversicherer bereits wesentliches geleistet, nämlich dem Vorversicherer die Möglichkeit des Abschlusses von Versicherungsverträgen verschafft, auch vielleicht bereits retrozediert oder sonst Vorkehrungen getroffen oder mit Rücksicht auf den Rückversicherungs-Vertrag sonstige Gewinnaussichten ausgeschlagen hat. Alles dies gilt auch von der laufenden Direktversicherung. Der laufend Direktversicherte ist aber nicht verpflichtet, Geschäfte zu machen, für die er Versicherung zu nehmen hat (§ 97 Anm.). Dagegen ergibt sich aus der partiarischen Natur der auf Teilung des Risikos angelegten Rückversicherung allerdings, daß der Vorversicherer die Hände nicht in den Schoß legen darf. Wer sich partiarisch am Geschäfte eines anderen beteiligt, will und soll Gewinnchancen laufen. Das setzt voraus, daß der andere tätig wird. Der Vorversicherer ist deshalb verpflichtet, den Geschäftszweig, auf den der RückversicherungsVertrag sich bezieht, angemessen zu pflegen und gemäß § 276 BGB Schadensersatz zu leisten, wenn er diese Pflicht vorsätzlich oder fahrlässig verletzt. 110. Wenn der Vorversicherer die Abwicklungspflicht verletzt, entstehen in der Regel lediglich v e r s i c h e r u n g s r e c h t l i c h e F o l g e n . Gestattet er unberechtigt Gefahränderungen, so ist der Rückversicherer nach § 24 frei. Läßt er es bei der Schadensfeststellung an der pflichtmäßigen Sorgfalt fehlen, so haftet der Rückversicherer nach § 41 Abs. 3 nicht. Gibt er unberechtigt Ersatzansprüche gegen dritte auf, so haftet der Rückversicherer nach §§ 41 Abs. 3, 45 Abs. 2 nicht usw. Der Fall, daß der Vorversicherer unberechtigt entschädigt, gehört nicht hierher; der Versicherer ist nicht gemäß § 33 frei (denn der Vorversicherer hat den Rückversicherungs-Fall nicht herbeigeführt), sondern deshalb, weil der Rückversicherungs-Fall überhaupt nicht eingetreten ist (vgl. § 5 Anm. 45). — Die Verletzung der Abwicklungspflicht kann aber auch g e m e i n b ü r g e r l i c h e R e c h t s f o l g e n haben. Fälle, in denen der Vorversicherer wegen Verletzung der Abwicklungspflicht nach § 276 BGB Schadensersatz zu leisten hat, werden allerdings selten vorkommen. So etwa, wenn die Rückversicherungs-Prämie von der Zahlung der Vorversicherungs-Prämie abhängig ist und der Vorversicherer die Einziehung der Vorversicherungs-Prämie schuldhaft versäumt (§ 16 Anm. 30). Oder, wenn der laufend Rückversicherte sich nicht gehörig um den Abschluß von Vorversicherungs-Verträgen bemüht (oben Anm. 163). Die Fälle, in denen der Rückversicherte wegen Verletzung allgemein-versicherungsrechtlicher Pflichten z. B. wegen Verletzung der Verpflichtung, Gefahrerhöhungen oder Unfälle anzuzeigen (§§ 26, 40), Schadensersatz leisten muß, gehören nicht hierher. Dagegen kann der Rückversicherer im Falle

§ 1

Anm. 162

Anm. 163

Anm. 1(54

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§ 1 groben Verstoßes gegen die Abwicklungspflicht und mithin groben Mißbrauchs des dem Anm. 165 Vorversicherer geschenkten, weitgehenden Vertrauens das Rückversicherungs-Verhältnis ohne Einhaltung einer Frist kündigen (Vorb. vor § 1 Anm. 22). i n . Abwicklungsrecht und -pflicht endigen nur mit dem RückversicherungsVerhältnis. Der Rückversicherer kann das Abwicklungsrecht weder nach § 671 BGB, noch nach den §§ 675, 626, 627 BGB, noch nach § 712 BGB kündigen, der Vorversicherer sich der Abwicklungspflicht nicht durch Kündigung oder sonstwie entledigen (oben Anm. 139). e) Der Selbstbehalt Anm. 166

112. Die Rückversicherung ist, der Hauptsache nach, dazu bestimmt, versicherte Risiken über mehrere Versicherer, den Rückversicherer und den Vorversicherer, zu verteilen. Ein auf vollständige Abwälzung der versicherten Risiken ausgehender Versicherer kann ordentlicher Weise auf keinen Verdienst rechnen. Der Vorversicherer muß gewöhnlich einen Teil des Risikos behalten. Das ist sein „Selbstbehalt" (Selbstengagement, Eigenbehalt, Plein, Priorität, Maximum, Netto, Impegno). Anm. 167 1 1 3 . An diesem Selbstbehalt ist aber a u c h d e r R ü c k v e r s i c h e r e r i n t e r e s s i e r t . An solchem Selbstbehalt des Versicherten ist der Versicherer j a schon bei der Direktversicherung oft interessiert. Denn die Vollversicherung, insbesondere die Vollversicherung von Schiffen, die vom Versicherten selbst geführt werden, schwächt das Interesse des Versicherten an der Selbsterhaltung oft so sehr, daß der Versicherer nur einen Teil des Risikos übernimmt und dem Versicherten zur Pflicht macht, einen anderen Teil des Risikos selbst zu laufen, zu solchem Teile Selbstversicherer zu sein und zu bleiben („Pflicht des Selbstbehalts", „obligatorischer Selbstbehalt"; vgl. § 8 Anm. 6). Im Falle der Rückversicherung des ganzen Risikos ist der Selbstbehauptungs-Trieb des Vorversicherers ganz unterbunden. Sein Interesse an der Vermeidung eines Rückversicherungs-Schadens ist nicht nur geschwächt, es ist verlorengegangen und in sein Gegenteil verkehrt. Der Vorversicherer hat nur noch das Interesse, sich seine Kunden zu erhalten, und kann diesem Interesse auf Kosten des Rückversicherers opfern. Dies ist erst recht der Fall, wenn dem Vorversicherer, der Regel gemäß, das Abwicklungsrecht eingeräumt ist. Demgegenüber sind die Assekuranztreue, das besondere Vertrauensverhältnis, das die Rückversicherung mit ihrem Abwicklungsrecht des Vorversicherers kennzeichnet, die Rücksicht auf eine für beide Teile fruchtbare, längere Geschäftsverbindung zwischen Vor- und Rückversicherer keine ausreichenden Hemmungen. Der Interessenkehrung muß hier mit eindrucksvolleren Mitteln entgegengewirkt werden. Deshalb wird regelmäßig vereinbart, daß der Vorversicherer einen Teil des Risikos behalten muß (z. B. „Für 60 000 D M als Exzedenten von 20 000 D M bis 80 000 D M ; in der Priorität von 20000 D M sind Zeichnungen der rückversicherten Gesellschaft auf Kasko, Fracht und Interesse eingeschlossen", d. h.: Die Priorität muß unversichert bleiben, darf aber gleichwohl anderweit rückversichert werden, wenn der Vorversicherer für 20000 D M am Kasko usw. beteiligt bleibt). Wenn es versäumt wird, ausdrücklich zu vereinbaren, daß der Vorversicherer einen Teil des Risikos selbst behalten soll, versteht es sich deshalb auch von selbst, daß der Rückversicherer, der nur einen Teil des Risikos übernimmt, damit rechnet, daß der Vorversicherer einen angemessenen Teil selbst behält (vgl. J . v. G i e r k e V S R I I 378, P r ö l ß Anm. 4 zu § 186 V V G ; anders nur in der Gefahrenrückversicherung, bei der wegen der Abgabe eines sehr beschränkten Teilrisikos ein Selbstbehalt grundsätzlich nicht in Frage kommt; vgl. P r ö l ß HansRGZ 1942. 41 ff., auch J . v. G i e r k e a. a. O.). Deshalb versteht sich ebenso von selbst, daß, wenn der Vorversicherer das ganze Risiko oder den bei ihm verbliebenen Rest

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des Risikos rückversichert, dies einen für die Ü b e r n a h m e der Gefahr durch den § 1 Rückversicherer sehr erheblichen Umstand bildet, d a ß es also g e m ä ß § 19 angezeigt werden m u ß , und d a ß der Vorversicherer, w e n n er nach A b s c h l u ß des Rückversicherungs-Vertrags den Rest des Risikos rückversichert oder sonstwie aufgibt, die G e f a h r ändert, und der Rückversicherer g e m ä ß § 24 frei wird ( E h r e n b e r g R V 72, J o s e f AssJB 37. 27, M o l d e n h a u e r D V f V W V e r ö f f . 2. 282, S t u t z 31, T h i e s i n g M i t t ö f f F V A 1 9 1 1 . 7 4 8 , R O H G 10.380, H G M a i n z Z f V R 2 . 2 2 0 ; ebenso auch L G H a m b u r g H G Z 1897. 19 für den Fall des obligatorischen Selbstbehalts bei der Direktversicherung des Schiffes oder der Güter usw.). Es ist deshalb a u c h unrichtig, zu fragen, ob sich ein Gewohnheitsrechtssatz gebildet hat, nach dem der Vorversicherer verpflichtet ist, einen Teil des Risikos selbst z u behalten (so R G 53. 147 und, folgend, E h r e n b e r g R V R 21, O b e r m a y e r 35, T h i e s i n g M i t t ö f f F V A 1911. 748, R G 7 4 . 4 1 5 ) , oder ob eine solche Verpflichtung „ a l s selbstverständliche Voraussetzung eines j e d e n R ü c k versicherungs-Vertrags, als Gewohnheitsrecht und Grundprinzip der Rückversicherung" anzusehen ist (so H a g e n Z f V W 1920. 154, H a n z l i k 24 im Anschluß an E h r e n b e r g R V 14, R V R 21), — eine Frage, die z u verneinen natürlich leicht ist. U n d ebenso unrichtig, die Frage zu stellen, ob der Vorversicherer die Verpflichtung z u m Selbstbehalt als „vertragsmäßige Gegenleistung" übernommen hat und im Falle der V e r l e t z u n g dieser Verpflichtung den Entschädigungsanspruch verwirkt (so H G Z 1897. i g , 1913. 195 für den Fall der V e r e i n b a r u n g eines obligatorischen Selbstbehalts bei einer Direktversicherung), oder den Rückversicherer „ v o n der Leistung befreit" (so H a g e n Z f V W 1920. 155), oder ob die Anzeigepflicht „ d e m z u vermutenden vernünftigen Willen der Beteiligten entspricht und daher als stillschweigend bedungen und selbstverständlich gelten m u ß " (so J o s e f AssJB 37. 27), oder ob der Rückversicherer, w e n n der V o r versicherer v o n seinem Risiko nichts zurückbehält, den Rückversicherungs-Vertrag wegen „ I r r t u m s über das Wesen des Vertragsgegenstandes" anfechten kann ( R G 53. 142; dagegen E h r e n b e r g R V R 23, H a g e n Z f V W 1920. 155; vgl. a u c h über das Verhältnis der Anzeigepflicht zur Irrtumsanfechtung: § 20 A n m . 38). Sondern es handelt sich lediglich um die nach Gesetz, Bedingungen und Verkehrsanschauung zu beantwortende Frage, ob die R ü c k d e c k u n g eines angemessenen, nach der allgemeinen Ü b u n g und V e r kehrsanschauung oder nach ausdrücklicher V e r e i n b a r u n g zurückzubehaltenden Risikoanteils ein U m s t a n d ist, der für die Ü b e r n a h m e der Gefahr durch den Rückversicherer e r h e b l i c h ist und d e m g e m ä ß auch, wenn die R ü c k d e c k u n g später erfolgt, eine Gefahränderung bedeutet (vgl. auch J . v. G i e r k e V S R I I 378f.). U n d d a ß dies der Fall ist, ist bisher ernstlich von niemand bestritten worden und kann nicht bestritten werden, — es sei denn von den Assekuradeuren selbst (vgl. hierzu insbesondere die sachverständigen Ausführungen des Assekuradeurs S t u t z 31). N a c h R O H G 24. 392 soll der Vorversicherer nicht verpflichtet sein, anzuzeigen, weil § 58 A S V B ihn verpflichte, b e s t i m m t e U m s t ä n d e anzuzeigen, und zu diesen U m s t ä n d e n der hier fragliche n i c h t gehöre. Die Unschlüssigkeit dieser Beweisführung hat schon E h r e n b e r g R V 73 nachgewiesen; gegenüber den A D S k o m m t sie schon deshalb nicht in Betracht, weil die A D S eine d e m § 58 A S V B entsprechende Bestimmung nicht enthalten. — N a c h R O H G 24. 392 soll der Vorversicherer ferner nicht verpflichtet sein, anzuzeigen, weil es n i c h t s u n g e w ö h n l i c h e s sei, d a ß der Vorversicherer sein ganzes Risiko versichere (von H a g e n Z f V W 1920. 155 aufgenommen). Das ist tatsächlich unrichtig und überdies unschlüssig. Tatsächlich behält der Vorversicherer, von verschwindenden A u s n a h m e n abgesehen, einen Teil des Risikos zurück ( E h r e n b e r g R V 74), — wie sich dies auch nach dem wirtschaftlichen Z w e c k e der Rückversicherung von selbst versteht. U n d die verschwindenden Ausnahmefälle sind regelmäßig solche, bei denen Vor- und Rückversicherer über die Ü b e r w ä l z u n g des

Anm.

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§ 1

gesamten Risikos einig sind (weshalb H a g e n Z f V W 1920. 1 5 5 mit Unrecht auf die Fälle der Abtretung des Portefeuilles in der Form der Rückversicherung verweist). Oder es sind Fälle höchst ungewöhnlicher oder gar bedenklicher Art (wie der Fall R G 74. 4 1 3 : Der Agent des Vorversicherers, der zugleich der Agent des Rückversicherers ist, deckt „in sich selbst" das gesamte Risiko des Vorversicherers beim Rückversicherer). Die Beweisführung des R O H G 24. 392 ist aber auch unschlüssig. Denn selbst wenn die Rückversicherung des ganzen Risikos nichts gewöhnliches wäre, könnte es doch etwas ungewöhnliches sein, daß dabei die Tatsache der vollständigen Rückdeckung und des dadurch herbeigeführten Interesseverlustes beim Vorversicherer dem Rückversicherer nicht angezeigt wird, — und daß dies etwas ungewöhnliches ist, ist, wie gesagt, noch nie bestritten worden. — Nach O b e r m a y e r 39 soll der Vorversicherer nicht nach den Grundsätzen über die vorvertragliche Anzeigepflicht (sondern gewohnheitsrechtlich) verpflichtet sein, anzuzeigen, weil der Vorversicherer nach Abgabe des Selbstbehalts es nicht „notwendig" an der erforderlichen Sorgfalt fehlen zu lassen brauche. Die „ N o t wendigkeit" der Entstehung eines Schadens oder auch nur eines bestimmten Gefahrzustandes ist aber keine Voraussetzung der Anzeigepflicht (vgl. unten Anm. 169, § 19 Anm. 23 fr.).

Anm. 169

M a n hat der hier vertretenen Auffassung einen (wie z. B. die Ausführungen von H a g e n Z f V W 1920. 154 zeigen) verhängnisvollen Dienst erwiesen, als man sie von ihrer natürlichen Grundlage entfernte und die Pflicht des Selbstbehalts als eine „ s e l b s t ä n d i g e A s s e k u r a n z V e r p f l i c h t u n g " (deren Voraussetzungen, Rechtsfolgen und Ausnahmen erst nocht festzustellen wären) auf den brüchigen Boden eines G e w o h n h e i t s r e c h t s s a t z e s stellte (so E h r e n b e r g R V R 20). Es geschah, weil man meinte, die Auffassung, daß es sich um eine Angelegenheit des Anzeigepflicht- und des Gefahränderungs-Rechtes handle, habe „etwas Gezwungenes, da die Gefahr des Risikos selber von dem Selbstbehalt des Erstversicherers . . . nicht berührt werde und ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden . . . nicht denkbar sei". Es ist das etwa derselbe Irrtum, der H G Z 1905. 154 geleitet und verleitet hat, anzunehmen, der Versicherungsnehmer brauche nicht anzuzeigen, daß die zu versichernden Güter sogenannte Retourwaren (§ 83 Abs. 2) seien, weil sie mit dieser Eigenschaft Versicherungsschäden nicht in höherem Maße ausgesetzt seien als ohne sie (näheres: § 19 Anm. 25). Oder derselbe Irrtum, der es sein würde, wenn man behauptete, der Vorversicherer brauche nicht anzuzeigen, daß die Vorversicherung zu ungewöhnlichen und den Rückversicherer deshalb nicht bindenden Bedingungen abgeschlossen ist (oben Anm. 149, § 19 Anm. 25). Für die Übernahme der Gefahr, für den Entschluß des Versicherers, sich auf den Versicherungsvertrag einzulassen, sind natürlich nicht nur solche Umstände von Bedeutung, welche die Möglichkeit der Entstehung versicherungsmäßiger Schäden betreffen, sondern auch andere Umstände, insbesondere Umstände, welche die Gefahr nahelegen, daß dem Versicherer auch versicherungsfremde Schäden mit Erfolg zur Last gelegt werden (§ 19 Anm. 25), oder die Gefahr, daß der Versicherer im Entschädigungsfall von dritten nicht den Ersatz erhält, mit dem er rechnen darf (§ 19 Anm. 25, § 87 Anm.). Deshalb hat man z. B. auch in der englischen Rechtsprechung den Umstand als anzeigebedürftig anerkannt, daß die T a x e (wenngleich im allgemeinen nicht anfechtbar: § 6 Anm. 43) übermäßig übersetzt ist, und ebenfalls anerkannt, daß die Verletzung der Selbstbehalts-Pflicht als a breach of warranty gilt. Allerdings haben sich die englische Wissenschaft und Rechtsprechung mit der Verpflichtung zur Anzeige der vollständigen Deckung des Versicherungsrisikos usw. anscheinend bisher nicht beschäftigt. Aber es wäre verfehlt, hieraus den Schluß zu ziehen, daß „ d a s englisch-amerikanische Recht diesem Umstand überhaupt keine große Bedeutung beilegt" (so R G 74. 4 1 5 ) . Denn das englische Rückversicherungs-

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Geschäft ist ein wesentlich anderes, als das deutsche gewesen (vgl. a u c h M a n es V e r - § 1 sicherungswesen 461). Als „ e t w a s G e z w u n g e n e s " könnte m a n es z. B. auch bezeichnen, d a ß unrichtige A n g a b e n über frühere Schäden oder Versicherungen eine V e r l e t z u n g der Anzeigepflicht darstellen, „ d a die Gefahr des Risikos selber" von der Tatsache früherer Schäden oder Versicherungen „nicht herührt wird und ein unmittelbarer Zusammenh a n g zwischen der Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden . . . nicht denkbar ist". U n d doch hat m a n niemals bezweifelt, d a ß in diesen Fällen die Anzeigepflicht verletzt ist ( G e r h a r d 91, K i s c h 2. 198). D e m Vorversicherer mag häufiger, als dem V e r sicherungsnehmer sonst, der Nachweis gelingen, daß die D e c k u n g des Selbstbehalts auf den Eintritt des (Rück-) Versicherungsfalls oder auf den U m f a n g der Leistungspflicht des (Rück-) Versicherers keinen Einfluß hat ( V V G § 21, H G B § 811 Abs. 3, — für die See-Rückversicherung nach den A D S ohne Bedeutung: §§ 19—22) oder hat üben können (§ 24 Abs. 2). A n der Eigenschaft der D e c k u n g als eines gefahrerheblichen Umstandes kann dies natürlich nichts ändern. •— Eine „selbständige Assekuranzverpflichtung", eine besondere „Pflicht des Selbstbehalts" gibt es also nicht (anders J. v. G i e r k e V S R I I 378). Die sogenannte Pflicht des Selbstbehalts geht teils in der vorvertraglichen Anzeigepflicht, teils in der Gefahrstandspflicht auf. W e r also diese beiden Pflichten nicht als Pflichten, sondern als „ b l o ß e " Obliegenheiten des Versicherungsnehmers betrachtet, m u ß a u c h die Pflicht des Selbstbehalts als solche bloße „ O b l i e g e n heit" ansehen (so a u c h H e r r m a n n s d o r f e r 95; näheres hierüber V o r b . vor § 1 A n m . 63, § 19 A n m . 9, § 23 A n m . ) . W e n n der Vorversicherer z w a r einen angemessenen Teil des Risikos zurückbehält, A n m . 170 s p ä t e r a b e r ihn a n d e r w e i t r ü c k v e r s i c h e r t , ist im ersten RückversicherungsVerhältnis die Gefahr erhöht, i m zweiten (gegebenenfalls) die Anzeigepflicht verletzt. •— W e n n der Vorversicherer z w a r einen angemessenen Teil des Risikos zurückbehält, aber schon b e i d e r S c h l i e ß u n g des Rückversicherungs-Vertrags b e a b s i c h t i g t , ihn später anderweit zu decken, m u ß er diese Absicht anzeigen ( E h r e n b e r g R V 72; abw. R O H G 10. 380). Denn auch bloße Absichten sind „ U m s t ä n d e " und nach § i g anzuzeigen, w e n n sie für die Ü b e r n a h m e der Gefahr erheblich sind (§ 19 A n m . 23). Der R ü c k versicherer braucht sich nicht darauf verweisen zu lassen, d a ß die Ausführung der A b sicht, die spätere D e c k u n g des Selbstbehalts, die Gefahr erhöht und ihn g e m ä ß § 24 Abs. 1 befreit, z u m a l er nach § 24 Abs. 2 nicht frei sein würde, wenn die E r h ö h u n g auf den Eintritt des Versicherungsfalls oder auf den U m f a n g der Leistung des Rückversicherers keinen Einfluß hätte üben können. Der z u m Selbstbehalt verpflichtete Vorversicherer darf den Selbstbehalt natürlich A n m . 171 a u c h n i c h t a u f a n d e r e W e i s e als durch Rückversicherung a b s t o ß e n , z. B. nicht durch V e r e i n b a r u n g mit d e m Vorversicherten. 113. A r t und U m f a n g des Selbstbehalts werden meist im Rückversicherungs- A n m . 172 V e r t r a g bestimmt. Ist nichts vereinbart, so m u ß der Vorversicherer im Zweifel einen angemessenen T e i l des Risikos zurückbehalten. D a b e i ist zu berücksichtigen, d a ß der Selbstbehalt das Interesse des Vorversicherers an der umsichtigen A b w i c k l u n g der V o r versicherung wachhalten soll. Der Selbstbehalt müßte daher regelmäßig nach der H ö h e der Versicherungssumme bemessen werden. W ü r d e der Vorversicherer für das Schiff und die G ü t e r Versicherung übernommen haben und das ganze Güterrisiko rückversichern, so würde er sich nicht darauf berufen können, d a ß er das Kaskorisiko behalten habe. Der Behalt des Kaskorisikos würde keine G e w ä h r sein, d a ß der Vorversicherer nicht bei der A b w i c k l u n g der Güterversicherung aus der H a u t des Rückversicherers R i e m e n schneidet. A b e r hier weicht die Verkehrsanschauung (die darüber entscheiden m u ß , was als „ g e f a h r e r h e b l i c h " anzusehen ist), wie so manches M a l , von den R e g e l n der Logik ab. Es genügt dem Rückversicherer durchweg, wenn der Vorversicherer von 11

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

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§ 1 dem überhaupt versicherten, aus Schiff, Fracht, Ladung usw. bestehenden, Gesamtrisiko so viel selbst läuft, daß er an der Gesamtunternehmung in angemessenem Umfang interessiert bleibt. Hat der Vorversicherer Versicherung übernommen für „Stabeisen per St. Andrew von Cardiff nach Galatz zur Taxe von 21 600 D M (nur) gegen Kriegsgefahr zur Prämie von 2 % " , das ganze Risiko „Nur für Kriegsgefahr" rückgedeckt und dabei verschwiegen, daß er kein anderes Risiko als das Kriegsrisiko läuft, so wäre die Anzeigepflicht verletzt (abw. R O H G 24. 392; vgl. oben Anm. 168). Würde der Vorversicherer auch für das übrige Güterrisiko Kriegsversicherung übernommen haben oder würde er durch eine Kasko- oder eine Interessenversicherung, welche die Kriegsgefahr deckt, an der Gesamtunternehmung beteiligt geblieben sein, so würde er nach der Verkehrsanschauung die Anzeigepflicht nicht verletzt haben (im Ergebnis ebenso E h r e n b e r g R V 77, der sich jedoch in der grundsätzlichen Beurteilung von dem gewöhnlichen Inhalt der Rückversicherungs-Verträge hat beeinflussen lassen; vgl. auch P r ö l ß HansRGZ 1942.41fr.). Man könnte freilich aus dem Umstand, daß die Rückversicherungs-Verträge regelmäßig ausdrücklich bestimmen, daß der Selbstbehalt eines andersartigen Teiles des Gesamtrisikos genügt, auch den Gegenschluß ziehen, daß der Verkehr sich ohne solche ausdrückliche Bestimmung an solchem Selbstbehalt nicht genügen läßt. Aber nach den tatsächlich unter den Assekuradeuren herrschenden Anschauungen wäre dieser Schluß nicht gerechtfertigt. Die gewöhnlichen Rückversicherungs-Verträge spiegeln die Verkehrsanschauung richtig wieder. Danach würde es insbesondere auch genügen, wenn der Vorversicherer zwar nicht mehr unmittelbar, wohl aber noch als Rückversicherer für den bei einem anderen Vorversicherer versicherten Teil des Risikos beteiligt bleibt ( E h r e n b e r g R V 78). — Anders bei der heute üblichsten Art der laufenden Rückversicherung, beim Quotenvertrag (oben Anm. 131). Hier wird der Selbstbehalt in einer „Mindestquote" bestimmt, die natürlich von jedem einzelnen Risiko zu berechnen ist. Anm. 173

114. Der Rückversicherer, der weitere Rückversicherung nimmt und nichts zurückbehält, wird hiervon jedenfalls dann Anzeige machen müssen (und, wenn er den zurückbehaltenen Rest des Risikos später deckt, hierzu jedenfalls dann nicht berechtigt erscheinen), wenn der Vorversicherer nicht abwicklungsberechtigt ist und ihm, dem R ückversicherer, deshalb ein Einfluß auf die Abwicklung der Vorversicherung zustehen würde, der mit Rücksicht auf den Mangel eines eigenen Interesses dem zweiten Rückversicherer gefährlich werden könnte. Dasselbe wird aber auch sonst gelten müssen ( E h r e n b e r g R V 79, R V R 22; teilw. abw. O b e r m a y e r 36). Freilich findet sich in Retrozessions -Verträgen hin und wieder die Bestimmung, daß der erste Rückversicherer auch den Rest seines Interesses retrozedieren darf. Aber diese Bestimmung ist nicht gewöhnlich und drückt nicht die Verkehrsanschauung aus. Freilich hat in der Hauptsache nicht der erste Rückversicherer, sondern der Vorversicherer das Abwicklungsrecht. Aber alle anderen Gründe, die für die Pflicht des Selbstbehalts sprechen, gelten auch hier. Und wenn auch der Vorversicherer das Abwicklungsrecht hat, steht doch auch dem ersten Rückversicherer in seinem Verhältnis zum zweiten Rückversicherer grundsätzlich dasselbe Abwicklungsrecht zu. Zwar kann es sich seinem Gehalt nach mit demjenigen des Vorversicherers nicht messen; denn es wird durch eben dieses stark beschränkt. Aber es ist darum nicht bedeutungslos. Denn der erste Rückversicherer hat das Recht, die Abwicklung des Vorversicherers zu beaufsichtigen (oben Anm. 158), mit dem Vorversicherer Vereinbarungen über die Abwicklung zu treffen usw. Tatsächlich holt der Vorversicherer auch nicht selten trotz seines Abwicklungsrechts Weisungen des Rückversicherers ein. — Hat der erste Rückversicherer dem Vorversicherer das ganze Risiko abgenommen, ihm aber das Abwicklungsrecht belassen, so muß er auch diesen Umstand dem zweiten Rückversicherer anzeigen. Denn es ist auch für die Übernahme

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der Gefahr durch den zweiten Rückversicherer erheblich, ob der abwicklungsberechtigte § 1 Vorversicherer noch ein Risiko läuft oder nicht. — H a t der erste Rückversicherer dem Vorversicherer das ganze Risiko abgenommen und ihm damit die Abwicklung der Vorversicherung entzogen, so wird er auch hiervon regelmäßig dem zweiten Rückversicherer Anzeige machen müssen. Denn der zweite Rückversicherer hat regelmäßig ein Interesse daran, zu wissen, in wessen Händen die Abwicklung in erster Linie liegt. 115. R O H G 24.392 hält den abwicklungsberechtigten Vorversicherer nicht für Anm. 174 verpflichtet, anzuzeigen, daß es das ganze Risiko ist, das er rückversichert (oben A n m . 168). Die gefährlichen Folgen einer solchen Auffassung mögen dem Gericht nicht ganz entgangen sein. Denn es stellt, wohl z u m Ausgleich, schließlich noch den Satz auf, der abwicklungsberechtigte Vorversicherer sei, „ w e n n . . . d a s g e s a m t e R i s i k o r ü c k v e r s i c h e r t worden sei, verbunden, d e n K u n d g e b u n g e n d e s R ü c k v e r s i c h e r e r s s o w e i t zu f o l g e n , als dieser n i c h t s R e c h t s w i d r i g e s , U n b i l l i g e s o d e r e i n e r v o n i h m , dem Rückversicherten, g e h e g t e n w o h l b e g r ü n d e t e n Ü b e r z e u g u n g W i d e r s p r e c h e n d e s v e r l a n g e " ( R O H G 24. 394; wörtlich ebenso: H a g e n Z f V W 1920. 157; zustimmend V o i g t 292). O b dieser sogenannte Grundsatz nur für den Fall gelten soll, daß „ d e r Rückversicherte sich mit dem Rückversicherer über das einzuhaltende Verfahren in Beziehung setzt und dessen Ansichten und Willensmeinungen einholt (so unmittelbar vorher R O H G 24. 394), oder ob der Rückversicherer auch unaufgefordert „ K u n d g e b u n g e n " der bezeichneten Art erlassen kann (so H a g e n a a O ) , lassen die Gründe des R O H G nicht erkennen. Ebensowenig, ob dieser Grundsatz nur für den Fall gelten soll, daß das gesamte Risiko rückversichert ist (so anscheinend R O H G a a O : „jedenfalls" in diesem Falle), oder auch in anderen Fällen (so H a g e n a a O ) . Wie dem auch sei, irgendwelche Berechtigung hat der Grundsatz nicht, soweit er überhaupt auf irgendeine selbständige Bedeutung Anspruch machen kann. „ K u n d g e b u n g e n , die nichts Rechtswidriges, Unbilliges oder einer vom Vorversicherer gehegten wohlbegründeten Uberzeugung Widersprechendes verlangen", werden in aller Regel M a ß n a h m e n betreffen, zu denen der Vorversicherer auf Grund seiner durch das Abwicklungsrecht nur in bestimmter Richtung beeinflußten Versicherungspflichten, insbesondere durch seine Schadenabwendungs- und Schadenminderungs-Pflicht, ohnehin verpflichtet ist. Insoweit würde dem Grundsatz also jede selbständige Bedeutung fehlen. Soll er aber bedeuten, daß der abwicklungsberechtigte Vorversicherer bei der Auswahl mehrerer gleich pflichtmäßiger Maßnahmen an das Weisungsrecht des Rückversicherers gebunden ist, so würde er im Gesetzesrecht so wenig, wie in den A D S , eine Stütze haben. Sollte das R O H G dagegen nur haben aussprechen wollen, daß Rückversicherer und Vorversicherer sich über Abwicklungsmaßnahmen einigen können und der Vorversicherer dann an die Einigung gebunden ist, so würde es wieder etwas selbstverständliches ausgesprochen haben. U n d sollte es schließlich in der bloßen „Einholung einer Ansicht" des Rückversicherers eine Willenserklärung des Vorversicherers erblicken, die, wenn der Rückversicherer „nichts Rechtswidriges usw." verlangt, zu einer solchen, den Vorversicherer wie den Rückversicherer bindenden, Einigung führt, so würde es sich mit der Verkehrsanschauung in bedenklichen Widerspruch gesetzt haben, die in der „Einholung von Ansichten" und in der Äußerung von Ansichten keinen Verzicht des einen und keine Falle für den anderen erblickt.

f) Rückversicherungs-Prämie. Provision 116. Die Rückversicherung ist nicht dazu da, dem Vorversicherer Unternehmer- Anm. 175 gewinn zu vermitteln. A b e r sie soll natürlich auch vom Vorversicherer nicht mit Nachteilen erkauft werden. Der Vorversicherer m u ß für die U n k o s t e n E r s a t z n»

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Richtige Bezeichnung des Interesses

§ 1 erhalten, die auf den rückversicherten Risikoanteil entfallen, und eine V e r g ü t u n g f ü r die A b w i c k l u n g des Vorversicherungs-Verhältnisses, soweit die Abwicklung den rückversicherten Risikoanteil angeht. Das folgt schon daraus, daß der Kaufmann nichts umsonst tut (HGB § 354). Insbesondere aber entspricht die Teilung der Unkosten bei der auf Teilung des Risikos gerichteten Rückversicherung der partiarischen Natur dieses Verhältnisses. Denn der partiarisch Beteiligte soll nur am Reingewinn des Geschäfts teilnehmen. Reingewinn ergibt sich aber erst nach Abzug der auf das Geschäft verwendeten Kosten. Anm. 176 Kostenersatz und Vergütung können in dem U n t e r s c h i e d z w i s c h e n Voru n d R ü c k v e r s i c h e r u n g s - P r ä m i e zum Ausdruck kommen. Bei der l a u f e n d e n Rückversicherung verbleibt dem Vorversicherer r e g e l m ä ß i g der U n t e r s c h i e d z w i s c h e n B r u t t o - u n d N e t t o p r ä m i e . Hierüber hinaus erhält er eine „ P r o v i s i o n " („Kommission", „Retourkommission", „Rückvergütung") für allgemeine Geschäftsunkosten (bei Kaskoversicherungen regelmäßig 5%, bei Güterversicherungen regelmäßig 7%% der Nettoprämie), oft auch noch einen Anteil am Nettogewinn (vgl. E h r e n b e r g RV 163, Anon. WallmannsZ 7. 921). Durch diesen Gewinnanteil wird der Vorversicherer noch besonders veranlaßt, bei der Abwicklung sorgfältig zu verfahren. — Über den in der See-Rückversicherung kaum vorkommenden Fall, daß die laufende Rückversicherung endigt und damit auch die Rückdeckung der noch nicht beendigten Vorversicherungen erlischt, sowie über die Berechnung der Provision in solchen Fällen: E h r e n b e r g und K i s c h ZfVW 1918. 75, 144, 292. — Näheres: § 16 Anm. 2gff. Anm. 177 117- Abs. 2 Satz 2. Das Interesse muß richtig bezeichnet werden (§ 1 Abs. 3; oben Anm. 3ff.). Natürlich, — denn das Interesse ist der Gegenstand der Versicherung. Es bestimmt den Versicherungswert und entscheidet damit über Unterversicherung, Uberversicherung, Doppelversicherung, Anfechtbarkeit der Taxe. Es entscheidet über den Einfluß des Versicherungsnehmers auf die versicherte Unternehmung und damit über den Umfang der vorvertraglichen Anzeigepflicht und die Möglichkeit einer den Versicherer befreienden oder nicht befreienden Gefahränderung, über die Voraussetzungen schuldhafter Herbeiführung des Versicherungsfalls, über die Möglichkeit von Schadenabwendungs- oder Schadenminderungs-Maßregeln. Es entscheidet über den Umfang der Haftung des Versicherers und über die Art der Entschädigung. Es beeinflußt auch die Art der Schadensfeststellung. Näheres hierüber bei den einzelnen Bestimmungen der ADS. Anm, 178 Darüber, was eine r i c h t i g e B e z e i c h n u n g des zu versichernden Interesses ist, können im einzelnen Falle Zweifel bestehen (unten Anm. 183fr.). Denn das Wort baut eine Brücke nicht nur zum Verständnis, sondern auch zum Mißverständnis. Die englische Verkehrsanschauung nimmt es in dieser Beziehung im allgemeinen nicht so genau (oben Anm. 13). Nur die Sache, zu der die Beziehung, an der das Interesse besteht, auf welche die Versicherung „sich bezieht", the subject-matter must be designated in a marine police with reasonable certainty (MIA § 26 Abs. 1; OLG Hamburg Sasse Nr. 465). Wird das Interesse genau bezeichnet, z. B. on profits, on freight, on bottomry, on disbursements, on 100 bales cotton marked usw.: A r n o u l d 15 s. 13), so ist natürlich auch nur dieses so bezeichnete Interesse versichert. Aber the nature und extent of the interest of the assured in the subject-matter insured need not be specified in the policy (MIA § 26 Abs. 2). Und: Where the policy designates the subject-matter insured in general terms, it shall be construed to apply to the interest intended by the assured to be covered (MIA § 26 Abs. 3). Nur regard shall be had to any usage regulating the designation of the subject-matter insured (MIA § 26 Abs. 4). Nach der Verkehrssitte können z. B. loans on bottomry and respondentia nur als solche versichert werden ( C h a l m e r s

Richtige Bezeichnung des Interesses

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39; vgl. auch oben Anm. 107). Das deutsche Recht hat es mit der „richtigen" Bezeich- § 1 nung des Interesses von jeher aus den oben angegebenen Gründen ernster genommen (was das R G verkannt hat: Anm. 13ff.). Welche Bezeichnung als „richtig" zu gelten hat, muß natürlich, wenn die Parteien Anm. 179 über die Bedeutung der Bezeichnung nicht einig gewesen sind, die V e r k e h r s a n schauung ergeben. Die Verkehrsanschauung festzustellen, mag aber im einzelnen Falle schwierig sein. Auch mag die Verkehrsanschauung, die für den Versicherer maßgebend ist, von derjenigen abweichen, die für den Versicherungsnehmer maßgebend ist. Nur um in dieser Beziehung Zweifel hintanzuhalten und um die Wichtigkeit richtiger Bezeichnung des Interesses noch einmal hervorzuheben, bestimmen § 779 Abs. 2 H G B und § 1 Abs. 2 Satz 2 ADS für die Beispielfälle des § 1 Abs. 2 Satz 1, daß die eine der hier aufgeführten Interessenbezeichnungen kein anderes der hier bezeichneten Interessen deckt. Denn wenn auch selbstverständlich die Versicherung „des Schiffes" keine Versicherung „der Güter" und keine Versicherung „der Fracht", die Versicherung „der Güter" keine Versicherung „des Schiffes" ist, so möchte man doch vielleicht der Versuchung erliegen, in der Versicherung „des Schiffes" auch die Versicherung von Forderungen gegen Schiffsgefahren oder von Schiffsgewinn, in der Versicherung „der Güter" auch die Versicherung von Forderungen gegen Ladungsgefahren oder von imaginärem Gewinn zu erblicken, zumal es sich doch im einen wie im anderen Falle um die Versicherung von Eigentümerinteressen handelt. Auch wäre zu befürchten, daß man in der Versicherung von Fracht auch die Versicherung von Schiffsmiete sehen, und insbesondere, daß man in der Versicherung „des Schiffes" oder „der Güter" usw. auch eine Rückversicherung erblicken würde. 118. Die englische Rechtsprechung ist auch in bezug auf die Rückversicherung Anm. 180 dem von der deutschen Verkehrsanschauung abweichenden englischen Herkommen treu geblieben. Die Rückversicherung braucht nicht als Rückversicherung bezeichnet zu werden. As it is, apart from usage, never necessary in a contract of insurance to describe the interest of the assured, but it is sufficient to specify simply what is the thing assured, it follows that a contract of re-assurance need only show that the thing intended to be covered is ship, freight, goods, or whatever it may be; it is not as a matter of law necessary that it should appear on the face of it to be a contract of re-assurance ( A r n o u l d 342 s. 375). Die Versicherung on cotton deckt also auch das Interesse des Vorversicherers (z. T. ebenso die französische Rechtsprechung: D r o z 1. 348). Versuche, diesen Grundsatz zu erschüttern (1896: C h a l m e r s 38, und bei Gelegenheit der Verabschiedung des M I A : A r n o u l d 342f. s. 375), schlugen fehl. Der Verkehr hatte sich mit der Auffassung der Gerichte abgefunden. Having regard of the length of time during which this decision has been unquestioned law, it was thought better not to disturb it ( C h a l m e r s 39). Man schätzt eben in England die Beständigkeit von den Vätern überkommener, im allgemeinen Rechtsbewußtsein verankerter, vielleicht minder guter Einrichtungen und Anschauungen höher, als die Unrast des die Grundlagen des Staatswesens bedrohenden Wechsels. Deshalb hat sich auch any usage regulating the designation of the subjectmatter insured (MIA 26 Abs. 4) für die Notwendigkeit der Bezeichnung einer Rückversicherung als solcher bisher nicht gebildet. Immerhin ist es neuerdings üblich geworden, in der Police die Rückversicherung als solche zu bezeichnen, weil dem Vorversicherer wertvoll ist, sich im Rückversicherungs-Vertrag auszubedingen, daß für die Rückversicherung die Bedingungen der Vorversicherung maßgebend sind. Auch nach f r a n z ö s i s c h e m Rechte braucht die Rückversicherung nicht als solche bezeichnet zu werden (vgl. C. de comm. Art. 342). § 1 Abs. 2 Satz 2 hebt hervor, daß „insbesondere" eine Versicherung nur dann Anm. 181 als Rückversicherung gilt, wenn sie bei der Schließung des Vertrags (hierüber: § 2

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Richtige Bezeichnung des Interesses

§ 1 Anm. 20, § 19 Anm. 16) ausdrücklich, d. h. „unzweideutig durch Worte" ( R G 63. 30) als Rückversicherung bezeichnet wird, — wie dies immer gewesen ist (vgl. A H O 1731 X V I I I 1, AllgPlan 1847 § 7, A S V B § 58, PreußALR I I 8. 2027), und wie es der Natur der Rückversicherung als einer Versicherung des nur und gerade durch die Vorversicherung vermittelten Interesses an der glücklichen Ankunft von Schiff oder Ladung entspricht. Von Schiff oder Ladung; d. h. auch das versteht sich von selbst, daß richtig bezeichnet werden muß, ob die Rückversicherung sich auf das Schiff oder auf die Ladung oder auf beides bezieht. — Dagegen braucht die Rückversicherung n i c h t als erste oder z w e i t e usw. Rückversicherung bezeichnet zu werden. Das Interesse ist richtig bezeichnet, wenn man Rückversicherung nimmt, mag man Vor- oder Rückversicherer sein ( M a l s s Z H R 13. 5 1 1 , O G Hamburg H G Z 1876. 19; vgl. auch HG Aix Z f V R 2. 285, aber dazu auch oben Anm. i8o;abw. E h r e n b e r g R V 70, R O H G 20. 129, H G Hamburg H G Z 1875. 342). Der Umstand, daß die Versicherung eine zweite Rückversicherung ist, wird aber oft g e f a h r e r h e b l i c h sein und deshalb gemäß § 19 a n g e z e i g t werden müssen (im wesentlichen Ergebnis ebenso: E h r e n b e r g R V 70, R O H G 20. 120 gegen O G Hamburg Hansa 1876. 19). So insbesondere, wenn der Direktversicherer das Abwicklungsrecht hat (oben Anm. 155), und der zweite Rückversicherer zwar dem ersten Rückversicherer, nicht aber dem Direktversicherer zu vertrauen Anlaß hat ( E h r e n b e r g R V 70, R O H G 20. 133; vgl. auch A r n o u l d 342fr. s. 375). Insbesondere ist der Umstand, daß es sich um eine zweite Rückversicherung handelt, immer dann als gefahrerheblich anzusehen, wenn der erste Rückversicherer zugesichert oder absichtlich unrichtig angezeigt hat, daß die Versicherung eine erste Rückversicherung sei (wie im Falle R O H G 20. 128, H G Z 1875. 342, 1876. 19), oder absichtlich verschwiegen hat, daß es sich um eine zweite Rückversicherung handelt, sowie im Zweifel auch dann, wenn der zweite Rückversicherer ausdrücklich danach gefragt hat (§ 21). Haftet der Direktversicherer nach dem Direktversicherungs-Vertrag in weiterem Umfang, als der erste Rückversicherer, wenn er Direktversicherer wäre, haften würde, so braucht der zweite Rückversicherer die Erweiterung der Haftung nicht gegen sich gelten zu lassen, wenn ihm nicht angezeigt ist, daß es sich um eine zweite Rückversicherung handelt (oben Anm. 148). Insoweit besteht also auch im allgemeinen keine Anzeigepflicht (abw. E h r e n b e r g R V 71, R O H G 20. 134; vgl. jedoch auch über das Verhältnis der Anzeigepflicht zur vertragsmäßigen Beschränkung des Risikos: § 19 Anm. 26). — Anders natürlich, wenn im zweiten RückversicherungsVertrag abweichendes vereinbart ist, wenn der Vertrag z. B. die Klausel enthält: „Es präjudiziert nicht, falls diese Rückversicherung von Rückversicherung erste oder fernere Rückversicherung von Rückversicherung ist" (HGZ 1881. 19). Anm. 182

Ist die Rückversicherung nicht als solche bezeichnet, so ist die Versicherung für den Versicherer unverbindlich (§ 1 Abs. 3 Satz 1; vgl. indessen P r ö l ß Z H R 113. 195 = Beiträge zum Rückversicherungsrecht 1965. 10: Die ausdrückliche Bezeichnung als Rückversicherung soll nur Zweifel ausschalten, ob Erst- oder Rückversicherung vorliegt). Anm. 183 119. Abs 3. Wenn (oder soweit) das Interesse unrichtig bezeichnet wird, ist die Versicherung für den Versicherer unverbindlich. Das Interesse ist eine bestimmte Beziehung einer bestimmten Person zu einer bestimmten Sache. Die unrichtige Bezeichnung des Interesses kann also nicht nur darin bestehen, daß die A r t der Beziehung unrichtig bezeichnet wird, sondern auch darin, daß die P e r s o n , der Interessent, und endlich darin, daß die S a c h e , zu der die Beziehung besteht, unrichtig bezeichnet wird. Anm. 184 120. Ob die Bezeichnung des Interesses richtig oder unrichtig ist, ist nicht etwa nur nach objektiven Merkmalen festzustellen. Es handelt sich ja darum, festzustellen, auf welches Interesse der Vertrag, die Willenserklärung der Parteien sich beziehen,

Richtige Bezeichnung des Interesses

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also um die A u s l e g u n g des Vertrags. Deshalb ist in erster Linie der wirkliche Wille § 1 der Parteien zu erforschen (und nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften) und erst in zweiter Linie festzustellen, was nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte unter der Bezeichnung zu verstehen ist (BGB §§ 1 3 3 , 157, H G B § 346). Wenn jemand „Vorschußgelder in dem Schiffe Helens Bank" versichert, ist nach dem Sprachgebrauch und der Verkehrsanschauung eine durch das Schiff gedeckte Forderung versichert; wenn aber ein Korrespondentreeder solche Vorschußgelder versichert und dem Versicherer die Eigenschaft des Versicherungsnehmers als Korrespondentreeders bekannt ist, ist als „der wirkliche Wille" des Versicherungsnehmers nicht nur, sondern auch des Versicherers anzunehmen, daß das Interesse der Reederei an der Erhaltung des Schiffes und der dadurch bedingten Möglichkeit der Rückzahlung des Vorschusses aus dem zu erwartenden Schiffsgewinn versichert (und die Versicherung demnach auch für die Reederei, im Namen oder für Rechnung der Reederei, genommen) sein soll (und daß mithin auch Erstattungsforderungen des Versicherungsnehmers gegen die Reeder nicht auf den entschädigenden Versicherer übergehen sollen); vgl. R O H G 15. 1 1 9 und oben Anm. 122. Wenn ein bekannter Transportunternehmer „die von ihm in Schuten und sonstigen gebräuchlichen Leichterfahrzeugen verladenen Waren jeglicher Art während des Transports von einem Lager, Speicher oder Ladeplatz zum anderen bis zum Belaufe von 60000 D M " für ein J a h r versichert, muß der Versicherer damit rechnen, daß nicht das Eigentümerinteresse, sondern das Haftpflichtinteresse des Frachtführers gemeint ist ( H G Hamburg H G Z 1879. 279). Wenn ein Werftbesitzer für die auf seiner Werft befindlichen „fertigen und unvollendeten, alten und neuen Fahrzeuge für eigene und/oder fremde R e c h n u n g " Feuerversicherung nimmt, braucht der Versicherer nicht damit zu rechnen, daß auch das Haftpflichtinteresse des Werftbesitzers gedeckt sein soll ( H G Z 1916. 1 2 3 ; abw. L G Hamburg H G Z 1 9 1 6 . 1 2 1 ) . — Daß für die Beurkundung des Versicherungsvertrags ein für gewisse Interessen bestimmtes Policenformular verwendet ist, schließt den Nachweis nicht aus, daß nach dem erkennbaren Willen des Versicherungsnehmers nicht das Eigentümerinteresse, sondern ein anderes Interesse hat versichert werden sollen. Ist z. B. laut „Güterpolice" „das Interesse der Herren Versicherten an der Ladung Blauholz . . . im Segelschiff Sölyst" versichert, so muß der Versicherer den Umständen nach und nach der Verkehrsanschauung darauf gefaßt sein, daß nicht das Eigentümerinteresse, sondern „das Interesse des Verkaufskommissionärs an der Provision" gemeint ist ( H G Z 1895. 79). Was von der Art des Interesses gilt, gilt auch von dem G e g e n s t a n d , auf den Anm. 185 das Interesse sich bezieht, the subject-matter (vgl. oben Anm. 178, 183). Sind „Wollenw a r e n " versichert, so muß der Versicherer auch mit Tuchwaren aus Wolle rechnen ( H G Hamburg Seebohm 4 1 9 ; vgl. aber auch H G Hamburg H G Z 1874. 266). Sind „ K u r z w a r e n " versichert, so muß der Versicherer auch mit Spielwaren und GoldleistenSpiegeln rechnen (HG Hamburg H G Z 1882. 126), sind „ K r a m w a r e n " versichert, sogar mit Gewehren (so, recht bedenklich, O G Hamburg, O A G Lübeck gegen H G Hamburg H H 730). Ist „ W a c h s " versichert, und hierunter nach der Verkehrsanschauung sowohl Bienenwachs wie Baumwachs zu verstehen, so muß der Versicherer mit dem einen wie mit dem anderen rechnen ( H G u. O G Hamburg H G Z 1 8 7 1 . 38, 96); anders, wenn nur Bienenwachs „ F r e i von 3 % Beschädigung", Baumwachs dagegen „frei von Beschädigung außer im Strandungsfall" versichert zu werden pflegt und das Wachs „ F r e i von 3 % Beschädigung" versichert ist (insofern bedenklich: O G Hamburg H G Z 1 8 7 1 . 96). Ist „Passagiergut" versichert, so muß der Versicherer nach H G Hamburg H G Z 1875. 402 auch damit rechnen, daß es als Frachtgut befördert wird (auch damit, daß der Passagier nicht mitreist). Hat jemand „ K o n t a n t e n " versichert, so kann er nicht erwarten, daß

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V e r t r a g ohne Interesse

§ 1

der V e r s i c h e r e r d a r u n t e r G e l d e r versteht, die der K ä u f e r d e r L a d u n g f ü r diese schuldet ( H G H a m b u r g U l l r i c h N r . 249). H a t der R e e d e r F r a c h t f ü r eine „ L a d u n g K a f f e e u s w " . versichert, so b r a u c h t der V e r s i c h e r e r n i c h t d a m i t z u rechnen, d a ß ausschließlich Z e d e r n h o l z g e l a d e n w i r d ( L G u. O L G H a m b u r g H G Z 1885. 159, 1886. 28, 1887. 134 mit freilich teilweise u n z u t r e f f e n d e r B e g r ü n d u n g ; vgl. d a z u § 19 A n m . 24, § 20 A n m . 28).

A n m . 186

121. D i e V e r s i c h e r u n g ist f ü r den V e r s i c h e r e r u n v e r b i n d l i c h . N i c h t o h n e weiteres a u c h f ü r d e n V e r s i c h e r u n g s n e h m e r . Ist das Interesse u n r i c h t i g bezeichnet, so besteht es z w a r . A b e r es „ l i e g t d e m V e r t r a g nicht z u g r u n d e " (§ 2 A b s . 1). D e m V e r t r a g liegt ( w e n n nicht e t w a der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r n o c h ein zweites, d e r Bez e i c h n u n g entsprechendes Interesse hat) ü b e r h a u p t kein Interesse z u g r u n d e . D i e R e c h t s f o l g e n w e r d e n also d u r c h die §§ 2, 3 bestimmt ( u n g e n a u O b e r m a y e r 28: W e n n nur eine P a r t e i nicht wisse, „ d a ß es sich u m eine R ü c k v e r s i c h e r u n g h a n d l e , d a n n bestehe e b e n hinsichtlich des V e r t r a g s g e g e n s t a n d s keine E i n i g u n g unter d e n Parteien u n d folgeweise sei ein gültiger V e r t r a g ü b e r h a u p t nicht z u s t a n d e g e k o m m e n " ) . A n d e r s , w e n n das Interesse nicht unrichtig, sondern so u n g e n a u b e z e i c h n e t ist, d a ß m a n d a r unter das wirklich v o r h a n d e n e Interesse sowohl w i e ein anderes n i c h t v o r h a n d e n e s Interesse verstehen k a n n , u n d der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r jenes, der V e r s i c h e r e r dieses g e m e i n t hat. So, w e n n z. B. „ V o r s c h u ß g e l d e r " versichert sind u n d der Versicherungsn e h m e r d a r u n t e r (mit R e c h t ) einen i h m v o m K ä u f e r geschuldeten Kaufpreisrest, der Versicherer d a r u n t e r (mit R e c h t ) einen v o m Befrachter g e z a h l t e n F r a c h t v o r s c h u ß verstehen w ü r d e (vgl. H G Z 1889. 237, 301). D a s ist versteckter Dissens ( V o r b . v o r § 1 A n m . 37). D e r V e r t r a g ist nur scheinbar z u s t a n d e g e k o m m e n , in W i r k l i c h k e i t nicht. D e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r k a n n nicht E n t s c h ä d i g u n g , der V e r s i c h e r e r w e d e r P r ä m i e noch Ristornogebühr vorlangen.

A n m . 187

122. Ist die V e r s i c h e r u n g f ü r d e n V e r s i c h e r e r u n v e r b i n d l i c h , so k a n n der V e r sicherungsnehmer sich nicht e t w a d a r a u f berufen, d a ß der V e r s i c h e r e r a u c h die V e r sicherung des Interesses, das der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r h a t versichern w o l l e n , u n t e r denselben B e d i n g u n g e n ü b e r n o m m e n h a b e n w ü r d e ( R O H G 20. 1 3 1 ) .

A n m . 188

123. A u s n a h m e : S c h i f f s m i e t e k a n n als f ü r b e s t i m m t e Zeit geschlossene F r a c h t (nicht als g e w ö h n l i c h e Zeitfracht) b e z e i c h n e t w e r d e n u n d u m g e k e h r t . N ä h e r e s : o b e n A n m . 94.

A n m . 189

124. D a s I n t e r e s s e b r a u c h t n i c h t r e c h t s n o t w e n d i g b e z e i c h n e t z u w e r d e n . W e d e r die Person des Interessenten (vgl. § 52 A b s . 3 : V e r s i c h e r u n g f ü r R e c h n u n g , w e n es a n g e h t ) n o c h die A r t der B e z i e h u n g (§ 120), n o c h endlich die S a c h e , a u f die sich das Interesse bezieht (§ 120 A n m . ) .

§2 Fehlendes Interesse (1) Ein Vertrag, dem ein versicherbares Interesse nicht zugrunde liegt, ist unwirksam. Dies gilt insbesondere von Wettversicherungen. (2) D e m Versicherer gebührt gleichwohl die Prämie, es sei denn, daß er bei der Schließung des Vertrags den G r u n d der Unwirksamkeit kannte. Anm. 1

1. V g l . H G B §§ 895, 896, A S V B §§ 4 A b s . 4, 155, 156, V V G § 68 A b s . 1

Anm. 2

2. L i t e r a t u r . § 1 A n m . 2.

Anm. 3

3- A b s . 1. E i n V e r s i c h e r u n g s v e r t r a g , d e m kein Interesse z u g r u n d e liegt, ist u n w i r k s a m . N a t ü r l i c h . D e n n nur ein Interesse „ k a n n G e g e n s t a n d d e r Seeversicherung s e i n " , „ k a n n versichert w e r d e n " (näheres: § 1 A n m . 3fF.). —

Interesse

ist

Vertrag ohne Interesse

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eine bestimmte Beziehung einer bestimmten Person zu einer bestimmten Sache (so § 2 auch J . v. G i e r k e V S R I I 175; anders P r ö l ß vor § 5 1 V V G : „ d e r subjektive Bestandteil des Schadens, den der Versicherer zu ersetzen h a t " ) . D a ß d e m V e r t r a g kein Interesse zugrunde liegt, kann also auch daran liegen, d a ß ein Interesse z w a r besteht, aber nicht der bestimmten P e r s o n zusteht, d a ß ein Interesse z w a r an einer Sache besteht, aber nicht an der bestimmten S a c h e , d a ß die bestimmte Person z w a r ein Interesse an der bestimmten Sache hat, aber nicht die bestimmte, also die im V e r t r a g bezeichnete B e z i e h u n g (§ 1 A n m . 3ff., 177ff., H a n s O L G H a m b u r g Hansa 1964. 848, vgl. auch R G 147. 186). 4. „ D e m V e r t r a g zugrunde liegen" bedeutet nicht: „ b e i m Vertragsschluß A n m . 4 bestehen". Die Versicherung kann sowohl für ein gegenwärtiges, wie für ein erst künftiges, wie für ein bereits vergangenes Interesse genommen werden. a) Für ein g e g e n w ä r t i g e s I n t e r e s s e . Der Reeder versichert z. B. sein Schiff. A n m . 5 Er kann es so versichern, d a ß die Versicherung s o f o r t b e g i n n e n soll. O d e r so, d a ß sie erst s p ä t e r beginnen soll (vgl. § 4 Abs. 1). O d e r so, d a ß sie schon f r ü h e r beginnen soll (vgl. § 5). In allen Fällen liegt d e m V e r t r a g ein Interesse zugrunde. Soll die Versicherung erst später beginnen, so kann das Interesse noch vor dem Beginn der Versicherung wegfallen, — der Versicherungsnehmer schuldet dann regelmäßig nur die Ristornogebühr (§ 4 Abs. 1). Soll die Versicherung schon früher beginnen, so kann das versicherte Interesse bereits weggefallen, das versicherte Schiff z. B. zerstört sein, — d a n n liegt d e m V e r t r a g ein gegenwärtiges Interesse nicht zugrunde. b) Für ein k ü n f t i g e s I n t e r e s s e . D e r K ä u f e r z. B., der die Reisegefahr trägt, A n m . 6 versichert die erst noch abzuladenden Güter, bevor die Gefahr v o m Verkäufer auf ihn übergegangen ist. Die Versicherung m u ß „ f ü r e i n k ü n f t i g e s I n t e r e s s e g e n o m m e n " sein (§ 4 A b s . 1), w e n n sie als Versicherung eines künftigen Interesses gelten soll. Sonst ist anzunehmen, d a ß die Versicherung eines gegenwärtigen Interesses gewollt ist, liegt also dem V e r t r a g kein Interesse zugrunde, w e n n es nicht schon beim Vertragsschluß besteht. A b e r es genügt natürlich, w e n n sich aus den Umständen ergibt, d a ß für ein künftiges Interesse Versicherung genommen werden soll. So insbesondere, w e n n ein Importeur Übersee abzuladende Güter versichert. Entsteht das Interesse nicht, so kann der Versicherer regelmäßig nur die Ristornogebühr verlangen (§ 4 A b s . 1). — W e n n das Interesse nicht entstehen kann, where . . . the contract is entered into with no expectation of acquiring such an interest ( M I A § 4 A b s . 2 a), liegt dem V e r t r a g kein Interesse zugrunde. Die §§ 2, 3 sind a n z u w e n d e n : nicht § 4 Abs. 1. c) Für ein v e r g a n g e n e s Interesse. Der R e e d e r versichert z. B. a m 1. Februar A n m . 7 sein Schiff für die Zeit v o m 1. J a n u a r a n ; a m 15. J a n u a r ist das Schiff bereits zerstört worden. — Die Versicherung m u ß „ s o g e n o m m e n " sein, d a ß sie a u c h das schon vergangene Interesse deckt ( § 5 A b s . 1). Sonst ist anzunehmen, daß die Versicherung eines gegenwärtigen Interesses gewollt ist, liegt also d e m V e r t r a g kein Interesse zugrunde, w e n n das Interesse schon vergangen, weggefallen, das „versicherte" Schiff z. B. schon zerstört ist ( H a n s O L G H G Z 1925 Nr. 22 = H R Z 1925. 273 = J R P V 1925. 64 = Sasse N r . 328; H G Z 1925 Nr. 56 = H R Z 1925. 516 = Sasse Nr. 337). — H a t seit dem Beginn der Versicherung das Interesse nicht bestanden, w a r z. B. das „versicherte" Schiff schon vor d e m Versicherungsbeginn zerstört, so liegt d e m V e r t r a g kein Interesse zug r u n d e ; die §§ 2, 3 sind anzuwenden (nicht § 4 A b s . 1). Ist das Interesse inzwischen weggefallen; das versicherte Schiff z. B. zwischen Versicherungsbeginn und Vertragsschluß zerstört, so liegt dem V e r t r a g ein Interesse z u g r u n d e ; dem Versicherer gebührt die Prämie (§ 4 Abs. 2.; w e n n nicht etwa der Versicherer u m den Wegfall des Interesses w u ß t e : § 5). Ist das Interesse infolge eines versicherungsfreien Ereignisses weggefallen, z. B. das „ F r e i von Kriegsgefahr" versicherte Schiff v o m Feinde zerstört, so ist der V e r -

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Vertrag ohne Interesse

§ 2 sicherer frei. Ist das Interesse infolge eines versicherungsmäßigen Ereignisses weggefallen, z. B. das versicherte Schiff im Sturm untergegangen, so muß der Versicherer entschädigen (wenn nicht etwa der Versicherungsnehmer um den Eintritt des Versicherungsfalls wußte oder wissen mußte: § 5). Anm. 8 5. Die interesselose Versicherung ist also unwirksam. Nicht deshalb, weil sie eine Wette wäre (so S i e v e k i n g 2). Sie braucht keine Wette zu sein (HGZ 1887. 14, 15). A policy without interest is not necessarily a wager policy ( C h a l m e r s 9). Der Versicherer ist also auch nicht durch § 762 Abs. 1 Satz 2 BGB gehindert, die auf Grund einer interesselosen Versicherung gezahlte Entschädigung zurückzufordern (abw. S i e v e k i n g 2). Er kann sie nur dann nicht zurückfordern, wenn er wußte, daß er nicht zu zahlen brauchte, und trotzdem zahlte, oder wenn er (was kaum vorkommen wird) mit der Zahlung einer sittlichen Pflicht oder einer Anstandsrücksicht entsprach (BGB § 814), oder wenn die Versicherung nur ein Scheingeschäft ist und eine Wette verdeckt (BGB §§ 117 Abs. 2, 762). — Die interesselose Versicherung ist nur „unwirksam". Sie ist nur teilweise, n i c h t v o l l s t ä n d i g n i c h t i g . Unter Umständen schuldet der Versicherungsnehmer gleichwohl die Prämie oder doch die Ristornogebühr (§§ 2 Abs. 2, 3 Abs. 2 u. 3). Anm. g 6. Dem Falle der interesselosen Versicherung steht ein zweiter gleich: der Fall, daß dem Vertrag zwar ein Interesse zugrunde liegt, aber nur ein Interesse, das nicht ,,versicherbar" ist, nicht versichert werden darf. Es handelt sich hierbei nicht etwa um den Fall, daß die Versicherung des Interesses gesetzlich verboten ist oder gegen die guten Sitten verstößt. Denn in diesem Falle ist der Vertrag schon nach den §§ 134, 138 BGB nichtig (§ 1 Anm. 17, 18). Nicht versicherbar ist das Interesse, das so beschaffen ist, daß der Versicherer, wenn er darum gewußt hätte, den Versicherungsschutz nicht hätte übernehmen können, ohne daß der Vertrag nach § 138 BGB der Nichtigkeit verfallen wäre (BGH VersR 1962. 659 = Hansa 1962. 1805 = M D R 1962. 719 u. 888 [Anm. Sieg] = NJW 1962. 1436). Nicht versicherbar ist das Interesse, wenn die versicherte Unternehmung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt (§ 1 Anm. 17, 18). Aus einem ganz anderen Grunde bezeichnet man auch als nicht versicherbar das Interesse, das nicht „in Geld schätzbar" ist (§ 1 Anm. 15). — Ob ein Interesse versicherbar ist, richtet sich, wenn der Fall von deutschen Gerichten zu entscheiden ist, nach dem Rechte, das nach den deutschen Vorschriften des internationalen Privatrechts maßgebend ist. Gegebenenfalls also nach a u s l ä n d i s c h e m Recht. Aber ob ein Vertrag gemäß § 138 BGB nichtig sein würde, weil die versicherte Unternehmung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt, und wenn dem Versicherer dies bekannt gewesen wäre, kann natürlich nur nach der für die deutschen Gerichte gemäß § 138 BGB maßgebenden Sittenanschauung beantwortet werden (EGzBGB Art. 30). Anm. 10

Anm. 11

7. Anfechtung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung (BGB §§ n g f f . ) . Soweit der Versicherungsvertrag unwirksam ist, kann er natürlich nicht angefochten werden. Was unwirksam ist, kann nicht unwirksam gemacht werden (HansOLG H G Z 1925 Nr. 22 = H R Z 1925. 273 = Sasse Nr. 328). Soweit der Versicherungsvertrag dagegen wirksam ist, insofern also der Versicherungsnehmer Prämie oder Ristornogebühr zahlen muß, kann die Wirksamkeit durch Anfechtung beseitigt werden. Der Versicherungsnehmer kann aber natürlich nicht anfechten, weil er irrtümlich annahm, daß ein Interesse bestehe. Denn für diesen Fall bestimmen gerade die §§ 2, 3 besonderes (vgl. insbesondere § 3 Abs. 1, auch § 5 Anm. 24, § 20 Anm. 38). 8. „Insbesondere" sind Wettversicherungen unwirksam (police d'honneur, police de pari, honour policy, wager policy; a gaming or wagering contract: M I A § 4). — Wettversicherungen sind n i c h t n o t w e n d i g Wetten. Man versteht unter Wettversicherungen solche Versicherungen, bei deren Abschluß dem Versicherungsnehmer

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bekannt ist, d a ß kein Interesse zugrunde liegt ( V o i g t 4 1 ; anders und weitergehend: § 2 M I A § 4 Abs. 2: . . . a g a m i n g or wagering contract — where the assured has not an insurable interest . . . and the contract is entered into with no expectation of acquiring such an interest). W e i ß der Versicherungsnehmer nicht, daß dem V e r t r a g kein Interesse zugrunde liegt, so ist die Versicherung keine Wettversicherung (aber natürlich gleichwohl unwirksam). W e i ß auch der Versicherer, d a ß dem V e r t r a g kein Interesse zugrunde liegt, so ist der Versicherungsvertrag ein verdeckte Wette (oben A n m . 8). W e i ß nur der Versicherer, daß dem V e r t r a g kein Interesse zugrunde liegt, so ist die Versicherung keine Wetl Versicherung (aber gleichwohl ganz unwirksam: § 2 Abs. 2). In England hielt m a n Wettversicherungen bis 1746 allgemein, bis 1906 für aus- A n m . 12 ländische Schiffe und ihre L a d u n g e n für gültig; in Irland waren sie noch bis 1906 allgemein gültig. Wenigstens solche Versicherungen, die ihre Natur als bloße Wettversicherungen dadurch an den T a g legten, d a ß dem Versicherungsnehmer der Beweis des Interesses erlassen, d e m Versicherer der Gegenbeweis des Interessemangels versagt war, sog. p. p. i. (policy proof of interest)-Policen; übliche K l a u s e l n : Interest or no interest, without further proof of interest than the policy itself, without benefit of salvage to the insurer, full interest admitted usw. Die Folge dieses Rechtszustandes waren nicht nur wilde Wettassekuranzen, sondern a u c h fraudulent loss, destruction or capture of great numbers of ships, with their cargoes und encouragement of the exportation of wool, and the carrying on of many prohibited and clandestine trades, which, b y means of such insurances, have been concealed (Begr. des Gesetzes von 1746). Das Gesetz von 1746 (19 Geo. 2 c. 37) verbot deshalb Wettversicherungen dieser A r t für britische Schiffe und ihre L a d u n g e n (ähnlich übrigens schon allgemein die O r d o n n a n z e n Barcelonas aus d e m 15. Jahrh., vgl. G o l d s c h m i d t Universalgeschichte 371, R e a t z Geschichte 104). N a c h M I A § 4 Abs. 2 b gilt jeder Versicherungsvertrag als Wettversicherung, where the policy is made „interest or no interest," (vgl. PreußA L R I I 8. 1995: „Versicherungen auf Interesse oder Nichtinteresse" und die italien. Klauseln des 15. J a h r h . : habeat vel non habeat, participet vel non participet, habeat vel non, die span. Klausel des 15. J a h r h . : haje ö no haje, B e n s a 66, G o l d s c h m i d t Universalgeschichte 370, R e a t z Geschichte 104), or „ w i t h o u t further proof of interest than the policy itself", or „ w i t h o u t benefit of salvage to the insurer", or subject to any other like term. D o c h m a c h t die Klausel without benefit of salvage to the insurer die Versicherung nur dann zur Wettversicherung, wenn der Versicherungsnehmer ohne die Klausel dem Versicherer Gerettetes überlassen m ü ß t e ( M I A § 4 a. E.; so schon früher L u c e n a v. Crauford 1806 bei C h a l m e r s 9, vgl. ebendort 10 Wilson v . J o n e s 1867: Versicherung der glücklichen L e g u n g eines unterseeischen K a b e l s durch einen Aktionär der Kabelgesellschaft). A b e r in spite of this illegality such policies continue to be executed, . . . they are . . . without any legally obliging effect on the underwriter and perhaps on that account are respected with the most studious care ( B r ü d e r s D V f V W V e r ö f f . 26. 64. V g l . C h a l m e r s 7). Die M I ( G a m b l i n g Policies) A 1909 (9 E d w . 7 c. 12) verbietet contracts b y w a y of gambling on loss by maritime perils bei Gefängnisstrafe bis z u 6 M o n a t e n oder Geldstrafe bis zu 100 £ und Verfall aller auf G r u n d der Versicherung erhaltenen Gelder. Bestraft wird jeder, der versichert ohne any bona fide interest, direct or indirect, either in the safe arrival of the ship in relation to w h i c h the contract is made or in the safety or preservation of the subjectmatter insured, or a bona fide expectation of acquiring such an interest. Bestraft werden ferner ebenso Angestellte des Reeders, die, ohne Schiffspartner zu sein, p. p. i. Schiffsversicherung nehmen (selbst w e n n sie tatsächlich ein Interesse haben) sowie M a k l e r oder sonstige Personen, die wissentlich eine nach dem M I A 1909 verbotene Versicherung vermitteln (vgl. auch N e u m a n n s Z 1909. 554, Z f V W 1909. 621). — Das

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§ 2 f r a n z ö s i s c h e Recht beschränkt sich auf den selbstverständlichen Grundsatz, daß interesselose Versicherungen unwirksam sind ( R i p e r t Nr. 2520fr.). — Auch in Deutschland sind Sondervorschriften gleich den englischen unbekannt (anders früher AHO 1731 X I I I 2: „Obgleich in der Police die Clausul enthalten, daß ein Assecurirter im Falle des Schadens weiter nichts als nur die Police zu produciren habe, so soll dennoch derselbe nicht nur die Verunglückung des Schiffs, sondern auch, daß er würklich Interesse darin gehabt, . . . zu beweisen gehalten seyn"). „Leider" ( V o i g t 771). Denn durch Klauseln jener Art („Interesse erwiesen", „Im Schadensfalle dient diese Police als alleiniger Nachweis des Interesses" usw.) wird „unlauteren Manipulationen Tür und Tor geöffnet" (ME 12). Im Gegenteil: §885 HGB läßt sogar ausdrücklich Vereinbarungen zu, durch die der Versicherte vom Nachweis des Interesses (und des Schadens) befreit wird. Der Versuch, die Wirksamkeit der Klauseln wenigstens zu beschränken, den Versicherungsnehmer wenigstens zur Glaubhaftmachung seines Interesses zu verpflichten (E 1910 §47), scheiterte am Widerstand derselben Kreise, welche die Klauseln als Mittel zu „unlauteren Manipulationen" gebrandmarkt hatten (Mat. 1. 188). — Näheres über die deutschen Klauseln: §43 Anm. Anm. 13 9. Abs. 2. Der Vertrag ist unwirksam. Der Versicherer braucht nicht zu entschädigen, der Versicherungsnehmer nicht anzuzeigen, die Gefahr nicht unverändert zu lassen, nicht Schaden zu verhüten, nicht Schaden abzuwenden usw. — Der Vertrag ist aber nicht ganz unwirksam. Der Versicherungsnehmer schuldet die Prämie. Die bedungene Prämie. Wenn keine b e s t i m m t e Prämie bedungen ist, die ü b l i c h e Prämie, insbesondere die in den üblichen Tarifen bestimmte Prämie (BGB §§ 157, 242; vgl. OLG Dresden LZ 1908. 957). Wenn auch keine Üblichkeit besteht, die Prämie, die n a c h b i l l i g e m E r m e s s e n zu bestimmen gewesen wäre, wenn die Versicherung wirksam wäre (BGB §§ 133, 157, 315, 316). Die g a n z e Prämie. Außer der Prämie auch die N e b e n k o s t e n (Stempel usw.). Denn diese stehen der Prämie gleich; es wäre unbillig, sie vom Versicherer tragen zu lassen. Dagegen umfaßt die Prämie natürlich k e i n e Z u s c h l a g s p r ä m i e (wohl aber P r ä m i e n z u l a g e n ) . Ob die Versicherung Reise- oder Zeitversicherung ist, gilt gleich. — Der Vertrag ist also teilweise wirksam. Ihm solche teilweise Wirksamkeit beizulegen, ist nicht etwa verboten (abgesehen von dem Falle, daß der Versicherer den Grund der teilweisen Unwirksamkeit kennt). Es ist sogar ausdrücklich gestattet (HGB § 895). — Ist Prämie zu zahlen, so muß der Versicherer auch dem Makler die P r o v i s i o n zahlen, die er ihm versprochen hat. Anm. 14 10. Der Vertrag ist ganz unwirksam, wenn der Versicherer den Grund der Unwirksamkeit kannte. Der Versicherungsnehmer ist b e w e i s p f l i c h t i g (vgl. die Worte „es sei denn", die eine Ausnahme von der Regel andeuten). — Grund der Unwirksamkeit ist entweder, daß dem Vertrag kein Interesse, oder daß ihm zwar ein Interesse, aber kein versicherbares zugrunde liegt (oben Anm. 9). Der Versicherer muß das eine oder das andere gewußt haben. Ob er auch gewußt hat, daß aus diesem Grunde der Vertrag unwirksam ist, ist ohne Bedeutung (vgl. die Ausdrucksweise in § 122 BGB). Anm. 15 a) Kenntnis eines Umstandes ist die g e g e n w ä r t i g e U b e r z e u g u n g von seinem Bestehen (vgl. R O H G 2. 35; vgl. jedoch auch HansOLG J R P V 1933. 240 = Sasse Nr. 429: zuverlässige Mitteilung, daß das Schiff gestrandet ist). Nicht ein früheres, der Erinnerung vollständig oder für die entscheidende Zeit entschwundenes Wissen. Auch nicht ein f r ü h e r e s , durch spätere Mitteilungen überholtes und deshalb der gegenwärtigen Uberzeugung nicht mehr zugrunde liegendes Wissen. Auch nicht der bloße V e r d a c h t , daß dem Vertrag kein versicherbares Interesse zugrunde liegt. Nur auf die „wirkliche Wissenschaft" kommt es an, „wohingegen es auf dasjenige, was der Versicherer mit geringerer oder größerer Bestimmtheit vermutet oder angenommen haben mag, nicht ankommt" (OAG Lübeck Kierulff 2. 36). Näheres: § 5 Anm. 18,

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§ 20 Anm. 10. — Dagegen genügt nicht, daß der Versicherer k e n n e n m u ß t e , d . h . § 2 infolge von Fahrlässigkeit nicht kannte ( B G B § 1 2 2 ) ; auch nicht, daß er grobfahrlässig nicht kannte (siehe aber auch H a n s O L G J R P V 1933. 240 = Sasse Nr. 429). Der Versicherer hat keine Erkundigungspflicht (vgl. auch § 5 Anm. 18). Doch kann er sich auf seine Unkenntnis nicht berufen, wenn er sich der Kenntnis a r g l i s t i g e n t z o g e n hat (näheres: § 5 Anm. 18). — Sind m e h r e r e V e r s i c h e r e r beteiligt, so kommt es auf die Kenntnis jedes einzelnen an. Insbesondere kann der Versicherungsnehmer die Kenntnis des „ F ü h r e r s " oder des Vorzeichners nicht auch den übrigen Mitversicherern entgegenhalten. Näheres: Vorb. V vor § 1. b) Hat der Versicherer durch einen V e r t r e t e r abgeschlossen, so kommt es nicht Anm. 16 auf die Kenntnis des Versicherers, sondern auf die Kenntnis seines Vertreters an ( B G B § 166 Abs. 1). Hat der Bevollmächtigte des Versicherers jedoch nach dessen bestimmten Weisungen gehandelt, so kommt es auch auf die Kenntnis des Versicherers an (BGB § 166 Abs. 2). — Hat der Versicherer durch einen U n t e r b e v o l l m ä c h t i g t e n abgeschlossen, so kommt es auf dessen Kenntnis an, auch auf die Kenntnis des Bevollmächtigten und des Versicherers, wenn der Unterbevollmächtigte nach deren bestimmten Weisungen gehandelt hat (anal. B G B § 166 Abs. 2). — Auf die Kenntnis von Vertretern des Versicherers, die bei der Schließung des Vertrags n i c h t b e t e i l i g t sind, kommt es nicht an (vgl. hierzu den Fall O L G Naumburg J W 1 9 2 1 . 687 und darüber G e r h a r d J W 1 9 2 1 . 687, J o s e f H R Z 1 9 2 1 . 796). — Hat der Versicherer den Vertrag durch mehrere G e s a m t v e r t r e t e r geschlossen, so genügt die Kenntnis nur eines der mehreren Gesamtvertreter (vgl. R G 5 3 . 2 3 1 , 1 1 0 . 146, 1 3 9 . 3 6 ) . Kenntnis eines nicht beteiligten Gesamtvertreters genügt nicht (vgl. H G Hamburg H G Z 1879. 99); doch kann die Verschweigung den Tatbestand einer unerlaubten Handlung bilden (BGB §§ 823 Abs. 2, 826), der Versicherer gemäß § 31 oder § 831 B G B auch für unerlaubte Handlungen eines Gesamtvertreters haften (vgl. R G 43. 106, 57. 94, J W 1893. 429, 1899. 47, 305 usw.). — § 166 B G B ist im Seeversicherungsrecht regelmäßig auch dann anwendbar, wenn der Vertrag durch einen A g e n t e n des Versicherers nicht abgeschlossen, sondern nur v e r m i t t e l t ist (für den Handelsvertreter bestr.; bejahend B G H BB 1957. 729, weiter z. B. S o e r g e l - S i e b e r t - S c h u l t z e v. L a s a u l x Anm. i b zu § 1 6 6 BGB, S t a u d i n g e r - C o i n g Anm. 2 zu § 1 6 6 B G B ; verneinend S c h m i d t - R i m p l e r Ehrenb. H d b V 231 f.; vgl. zu der Frage B r u c k - M ö l l e r Anm. 3—6 zu §44 mit weiteren Angaben). Denn der Vermittlungsvertreter hat als ständiger Geschäftsvermittler des Versicherers (im Gegensatz zum Gelegenheitsvermittler), wenngleich keine Abschlußvollmacht, so doch eine Handlungsvollmacht beschränkteren Umfangs. E r nimmt im Namen des Versicherers die Versicherungsofferte des Versicherungsnehmers entgegen und bewirkt hierdurch, daß der Versicherungsnehmer gemäß den §§ 145, 146, 147 Abs. 2 B G B gebunden wird. Hieraus folgt, daß der Versicherer das von ihm gebilligte und abgeschlossene Geschäft so, wie der Agent es mit dem Versicherungsnehmer beredet hat, gegen sich gelten lassen muß (vgl. R G 30. 28, 2 1 7 , 36. 247, 5 1 . 150, J W 1898. 360, 1899. 50 usw.), und insbesondere, daß § 166 B G B anwendbar ist (vgl. R G 30. 30, 214, J W 1893. 25, 1898. 360; a. A. S c h l e g e l b e r g e r S V R Ziff. 3 zu § 2 A D S ) . Deshalb bestimmt auch § 44 V V G für die Binnenversicherung ausdrücklich, daß die Kenntnis des Vermittlungsagenten der Kenntnis des Versicherers n i c h t gleichgeachtet werden soll. c) Verlangt der M a k l e r P r o v i s i o n , so kann sich der Versicherer auf seine Anm. 17 Kenntnis und die daraus sich ergebende vollständige Unwirksamkeit des Vertrags berufen (vgl. R G 76. 354, O L G Hamburg Recht 1 9 1 3 Nr. 670; abw. O L G Hamburg Rspr 18. 16). Hat er den Makler arglistig getäuscht, so muß er ihm den dadurch verursachten Schaden ersetzen ( O L G Hamburg Recht 1 9 1 3 Nr. 670).

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§ 2 d) H a t a u c h der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r g e w u ß t , daß dem Vertrag k e i n Anm. 18 I n t e r e s s e zugrunde liegt, so ist der Vertrag eine Wette und § 2 unanwendbar (oben Anm. 8, 10). — H a t auch der M a k l e r d a r u m g e w u ß t , so kann er keine Provision verlangen. Der Wettauftrag ist ebenso unwirksam, wie die „Versicherung". — H a t nur der Makler oder haben Versicherer und Makler oder Versicherungsnehmer und Makler d a r u m gewußt, so kann der Makler ebenfalls keine Provision verlangen (anal. BGB §654). Anm. 19 e) H a t a u c h der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r g e w u ß t , daß das dem Vertrag zugrunde liegende I n t e r e s s e u n v e r s i c h e r b a r ist, daß also die versicherte Unternehmung gesetzlich verboten ist oder gegen die guten Sitten verstößt, so ist der Vertrag nach § 138 BGB nichtig und § 2 unanwendbar. Anm. 20 f) Bei der Schließung des Vertrags muß der Versicherer gekannt haben. Es kommt nicht darauf an, daß der Versicherer gerade beim Abschluß des Vertrags gekannt hat, sondern darauf, daß er b e i d e n V e r h a n d l u n g e n , die zum Abschluß geführt haben, gekannt hat. Andererseits genügt nicht eine Kenntnis, die zwar bei diesen Verhandlungen vorhanden, aber beim Abschluß des Vertrags zerstört war (doch würde solche Zerstörung nach allgemeinen Beweisgrundsätzen vom Versicherer zu beweisen sein). Dagegen genügt die Kenntnis bei den Verhandlungen, auch wenn dem Versicherer der Grund der Unwirksamkeit gerade beim Abschluß des Vertrags nicht gegenwärtig war ( R O H G 12. 171). — H a t der Versicherer zwar noch vor Abschluß des Vertrags Kenntnis erlangt, aber so s p ä t , d a ß d e r A b s c h l u ß n i c h t a u f z u h a l t e n war, so kommt es auf die Kenntnis nicht an. So etwa, wenn der Versicherer nach Absendung, aber noch vor Ankunft des Telegramms, das den Versicherungsantrag des Versicherungsnehmers annimmt, Kenntnis erlangt. — Vgl. insbesondere auch § 5 Anm. 22 und § 19 Anm. 16. Anm. 21 11. H a t der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt, obgleich er sie gemäß § 2 Abs. 2 nicht schuldete, so kann er sie nach den Grundsätzen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (BGB §§ 812 fF.) zurückverlangen. Ebenso, wenn ein dritter in seinem Namen gezahlt hat. Anders, wenn der dritte die Schuld des Versicherungsnehmers im eigenen Namen bezahlt hat (RG 60. 287). I m Falle einer Versicherung für fremde Rechnung kann also, wenn der Versicherungsnehmer oder in seinem Namen der Versicherte gezahlt hat, nur der Versicherungsnehmer Rückzahlung verlangen ( H G Z 1898. 209); hat der Versicherte im eigenen Namen gezahlt, so kann (nur) er Rückzahlung verlangen. Anm. 22

12. Teilweise Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des Vertrags. a) Wenn der Vertrag teilweise g e g e n G e s e t z oder g u t e S i t t e n verstößt, ist er nur teilweise nichtig. Er ist g a n z nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, daß er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen wäre (BGB § 139). b) H a t der Versicherungsnehmer das versicherte I n t e r e s s e nur z u e i n e m T e i l e , so ist die Versicherung zum anderen Teile unwirksam. Wenn ein Mitreeder mit halbem Anteil für eigene Rechnung „das Schiff" versichert, ist die Versicherung zur einen Hälfte wirksam, zur anderen unwirksam. H a t dieser Mitreeder das Schilf im Werte von 100000 zu 50000 versichert, so ist also nicht etwa der Anteil voll gedeckt; der Mitreeder erhält im Falle des Totalverlustes nur 25000, nicht 50000. Der Mitreeder kann sich nicht darauf berufen, daß die Versicherungssumme den Versicherungswert des Anteils nicht übersteigt (vgl. § 9 Abs. 1). Denn es kommt nicht auf den Versicherungswert des nicht versicherten Anteils, sondern auf denjenigen des versicherten Schiffes an. — Würde der Versicherer oder der Versicherungsnehmer den Vertrag ohne den unwirksamen Teil nicht geschlossen haben, so ist die g a n z e Versicherung unwirksam (anal. BGB § 139; vgl. R o e l l i 141). — K e n n t der Versicherer den Grund

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der teilweisen Unwirksamkeit, so kann er den entsprechenden Teil der Prämie nicht § 2 verlangen. Der sogenannte „ G r u n d s a t z der Unteilbarkeit der P r ä m i e " steht nicht entgegen. Z w a r lehrt die herrschende Ansicht einen solchen Grundsatz. Tatsächlich aber gibt es ihn nicht. W e n n die Prämie nicht geteilt werden soll, ist es besonders gesagt (vgl. z.B. § 4 Abs. 2). Näheres hierüber: § 16 A n m . 27. c) W e n n der Versicherungsnehmer z w a r das versicherte Interesse hat, dieses Interesse aber t e i l w e i s e n i c h t v e r s i c h e r b a r ist, die versicherte U n t e r n e h m u n g also teilweise gegen Gesetz oder gute Sitten verstößt, gilt grundsätzlich dasselbe. M a n wird aber in solchen Fällen oft nicht teilen können. So z. B. kann man nicht, wenn eine Schmuggelunternehmung versichert ist, nach Reiseabschnitten teilen; Schmuggelware bleibt Schmuggelware, beim Grenzübertritt nicht nur, sondern auch diesseits und jenseits der Grenze. V g l . auch O L G Rostock L Z 1920. 309: Versicherung zu Schleichhandelspreisen, und d a z u H a g e n J W 1920. 503, J o s e f H R Z 1920. 699. d) Ü b e r den Fall, daß das I n t e r e s s e ü b e r b e w e r t e t und aus diesem G r u n d e teilweise nicht versicherbar ist: § 6 A n m . 19, § 9 A n m . 4. 13. § 2 gilt auch für die Rückversicherung (§ 1 A n m . 136). Der Rückversicherung A n m . 23 liegt insbesondere kein Interesse zugrunde, wenn der V o r v e r s i c h e r e r aus irgendeinem G r u n d e n i c h t h a f t e t (§ 1 A n m . 148). Ist z. B. die Vorversicherung wegen Interessemangels unwirksam, so ist nach § 2 auch die Rückversicherung unwirksam. A b e r nicht unter allen Umständen. Ist der Vorversicherer a b w i c k l u n g s b e r e c h t i g t , so braucht er sich auf die Unwirksamkeit der Vorversicherung d e m Vorversicherten gegenüber nicht zu berufen, w e n n es ein verständiger, billig denkender Versicherer, falls er nicht rückversichert wäre, nicht tun würde (§ 1 A n m . 154). In diesen Grenzen ist die Rückversicherung wirksam ( E h r e n b e r g R V 117). Der Rückversicherte schuldet also a u c h nach § 2 Abs. 2 die Prämie nur dann nicht, w e n n (er beweist, daß) die V o r versicherung wegen Interessemangels unwirksam ist und ein verständiger, billig denkender Versicherer sich hierauf berufen würde. Ist die Vorversicherung wegen nur t e i l w e i s e n Interessemangels nur teilweise unwirksam und die Rückversicherung Unterversicherung, so mindert sich die Wirksamkeit der Rückversicherung im selben Verhältnis (§ 8, § 6 A n m . 13, 33), — gleichgültig, ob der Rückversicherer von der V o r versicherungs-Summe einen bestimmten zahlenmäßigen Teil oder einen Bruchteil übernommen hat. W e n n also die Vorversicherungs-Summe 100000 beträgt und die Vorversicherung nur zur Hälfte wirksam ist, haftet der Rückversicherer nur für 25000, gleichgültig, ob er 50000 oder 5 0 % der Vorversicherungs-Summe übernommen hat. N a c h § 2 A b s . 2 gebührt dem Rückversicherer die P r ä m i e a u c h dann, wenn der A n m . 24 Vorversicherte nach § 3 Abs. 1 deshalb keine Prämie schuldet, weil er den Mangel des Interesses weder kannte noch kennen mußte. Anders, w e n n der Rückversicherer den M a n g e l kannte (und wußte, d a ß der abwicklungsberechtigte Vorversicherer verständiger und billiger Weise sich darauf berufen würde). Anders natürlich auch, w e n n die R ü c k versicherungs-Prämie von der Vorversicherungs-Prämie abhängig gemacht ist. Das Interesse des Vorversicherers reicht bis zur vollen H ö h e der Vorversicherungs- A n m . 25 Summe. Der Rückversicherer kann nicht einwenden, d a ß der Vorversicherer für den Betrag der V o r v e r s i c h e r u n g s - P r ä m i e kein Interesse habe und die VorversicherungsPrämie deshalb von der Vorversicherungs-Summe a b g e z o g e n werden müsse (PreußA L R II 8. 2018, Prot. 3052, E h r e n b e r g R V 142, H e i s e bei Heise u. C r o p p 2. 604, P o h l s 4. 98, A r n o u l d 377 s. 395, B o u l a y - P a t y 2 X s. 10, fimerigon 1 ch. 8 s. 14, P o t h i e r Nr. 35 und E s t r a n g i n Nr. 36, V a l i n I I I 6. 20). Natürlich. Denn, d a ß mit der Ü b e r n a h m e der Vorversicherung eine Einnahme verbunden ist (und noch d a z u eine zur D e c k u n g von Entschädigungen, Geschäftsunkosten und Unterhalt verbundene Einnahme) schließt nicht aus, d a ß die ganze Vorversicherungs-Summe im Risiko ist, —

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§ 2 so wenig, wie etwa der Umstand, d a ß der Bodmereigläubiger sich eine Bodmereiprämie ausbedungen hat, ausschließt, d a ß auch die Bodmereiprämie im Risiko ist (§ 110 A b s . i ; vgl. insbesondere auch § 6 A n m . 41). — A b e r der Vorversicherer kann natürlich n i c h t auch noch die Vorversicherungs-Prämie versichern. Denn sie steht in keiner Beziehung z u m Gelingen oder Mißlingen der versicherten Unternehmung. — Ebensowenig kann der Vorversicherer die R ü c k v e r s i c h e r u n g s - K o s t e n , insbesondere die Rückversicherungs-Prämie, versichern. Denn er hat, auch w e n n die U n t e r n e h m u n g glückt und seine Haftpflicht nicht in Anspruch genommen wird, keine Aussicht, für die R ü c k versicherungs-Kosten Ersatz zu erhalten. Diese Kosten sind endgültig ausgegeben, verloren und mithin nicht im Risiko (§ 1 A n m . 17, E h r e n b e r g R V 143, H e i s e bei Heise u. C r o p p 2. 604; vgl. auch Prot. 3053, 3105; anders M I A §§ 13, 16). A n m . 26

Ist dem abwicklungsberechtigten Vorversicherer eine A b w i c k l u n g s V e r g ü t u n g bewilligt, so bleibt ihm diese trotz Unwirksamkeit der Vorversicherung. Denn auch auf unwirksamen V e r t r ä g e n beruhende Verhältnisse bedürfen der A b w i c k l u n g . A n m . 27 14. Englisches Recht. Interesselose Versicherungen sind unwirksam (oben A n m . 12). W h e r e the consideration for the payment of the premium totally fails, and there has been no fraud or illegality on the part of the assured or his agents, the premium is thereupon returnable to the assured ( M I A § 84 Abs. 1). W h e r e the consideration for the p a y m e n t of the premium is apportionable and there is a total failure of any apportionable part of the consideration, a proportionate part of the premium is, under the like conditions, thereupon returnable to the assured ( M I A §84 Abs. 2). Insbesondere where the policy is void, or is avoided b y the insurer as from the commencement of the risk, the premium is returnable, provided that there has been no fraud or illegality on the part of the assured ( M I A § 84 Abs. 3 a) und where the assured has no insurable interest throughout the currency of the risk, the premium is returnable, provided that this rule does not apply to a policy effected by w a y of gaming and wagering ( M I A § 8 4 Abs. 3 c). F r a n z ö s i s c h e s Recht. V g l . oben A n m . 12 u. R i p e r t Nr. 2520fr.

§ 3 Prämienzahlung bei fehlendem Interesse (1) D e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r ist i m F a l l e des § 2 A b s . 1 v o n d e r V e r p f l i c h t u n g z u r Z a h l u n g d e r P r ä m i e frei, w e n n er b e i d e r S c h l i e ß u n g des V e r t r a g s d e n G r u n d der Unwirksamkeit weder kannte noch kennen mußte. W i r d der V e r t r a g v o n e i n e m V e r t r e t e r geschlossen, so k o m m t i n b e z u g auf die K e n n t n i s u n d d a s K e n n e n m ü s s e n n i c h t n u r d i e P e r s o n des V e r t r e t e r s , s o n d e r n a u c h d i e j e n i g e d e s Versicherungsnehmers in Betracht. (2) D i e V e r p f l i c h t u n g des V e r s i c h e r u n g s n e h m e r s z u r Z a h l u n g d e r

Prämie

b l e i b t b e s t e h e n , w e n n d e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r n i c h t , s o b a l d er v o n d e m G r u n d e d e r U n w i r k s a m k e i t K e n n t n i s e r l a n g t , dies d e m V e r s i c h e r e r u n v e r z ü g l i c h

mit-

teilt. D a s G l e i c h e gilt, w e n n seit d e m A b s c h l ü s s e des V e r t r a g s ein J a h r

ver-

s t r i c h e n ist u n d d e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r d e n G r u n d d e r U n w i r k s a m k e i t

dem

V e r s i c h e r e r n i c h t i n n e r h a l b eines J a h r e s m i t g e t e i l t h a t . (3) Ist d e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r v o n d e r V e r p f l i c h t u n g z u r Z a h l u n g P r ä m i e frei, so k a n n d e r V e r s i c h e r e r die R i s t o r n o g e b ü h r v e r l a n g e n .

der

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1. Vgl. H G B §§ 895, 896, ASVB §§ 155, 156, 159, V V G § 68 Abs. 1. 2. Literatur. § 1 Anm. 2. B e n e k e , Der Ristorno in der Seeversicherung, 1891. D u r s t Z f V W 1919. 223 (Ristorno oder volle Prämie). Kn. Ashers Rechtsfälle 1835 I 75 (Über Ristorno). P o h l s Ashers Rechtsfälle 1834 II 197 (Uber Ristorno). Z a l u d , Das Storno, 1902. 3. Abs. 1 Satz 1. Versicherungsverträge o h n e I n t e r e s s e oder ohne versicherbares Interesse sind unwirksam (§ 2 Abs. 1). G a n z , — wenn der Versicherer den Unwirksamkeitsgrund kennt (§ 2 Abs. 2). Bis a u f d i e Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Zahlung der P r ä m i e , — wenn der Versicherer den Unwirksamkeitsgrund nicht kennt (§ 2 Abs. 2). Bis a u f d i e Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Zahlung einer R i s t o r n o g e b ü h r , — wenn der Versicherer den Unwirksamkeitsgrund nicht kennt und der Versicherungsnehmer ihn weder kennt noch kennen muß (§ 2 Abs. 2, § 3 Abs. 1, 3). — Verlangt der Versicherer die Prämie, so muß der Versicherungsnehmer beweisen nicht nur, daß dem Vertrag kein Interesse (oder kein versicherbares Interesse) zugrunde liegt, sondern auch, daß der Versicherer den Unwirksamkeitsgrund kannte, oder daß der Versicherungsnehmer ihn weder kannte noch zu kennen brauchte. Insbesondere stehen § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 1 im Verhältnis von Regel und Ausnahme. 4. ,, Versicherungsnehmer ' ' ist, wer die Versicherung nimmt, den Versicherungsvertrag (sei es selbst, sei es durch einen Vertreter) mit dem Versicherer schließt. Regelmäßig ist er auch der „ V e r s i c h e r t e " , d. h. derjenige, der durch die Versicherung geschützt wird, dessen Schaden gegebenenfalls gutgemacht werden soll, und dem deshalb die Rechte aus dem Vertrag zustehen. Deshalb spricht man auch im Verkehr regelmäßig nur vom „Versicherten". Deshalb spricht das HGB regelmäßig nur vom „Versicherten". Deshalb sprechen auch die Versicherungsgesetze fast aller anderen Länder regelmäßig nur von dem „Versicherten", the assured, l'assuré usw. Nur ausnahmsweise, im Falle der Veräußerung der versicherten Sache und im Falle der Versicherung f ü r fremde Rechnung, fallen Versicherungsnehmer und Versicherter auseinander (§49 Anm., §52). Deshalb spricht das HGB nur ausnahmsweise (§781 usw.) vom „Versicherungsnehmer". Verkehrsfremde Erwägungen (vgl. K ö n i g e Recht 1903. 379, 448) haben den Urheber des V V G veranlaßt, sich vom allgemeinen Sprachgebrauch abzuwenden, die Vertragspartei als „Versicherungsnehmer" zu bezeichnen und ihm nur bei der Versicherung für fremde Rechnung den „Versicherten" gegenüberzustellen. Die ADS, die sich in weitem Umfang dem V V G angeschlossen haben, haben dem V V G hierin folgen müssen. — Der Begriff des „Versicherungsschließers" (als desjenigen, der — sei es in eigenem, sei es in fremdem Namen — den Vertrag schließt: G i e r k e Versicherungsforderung 37) ist der Rechts- wie der Verkehrssprache fremd geblieben. 5. Der Versicherungsnehmer darf den Unwirksamkeitsgrund nicht gekannt haben. Uber den Begriff des Unwirksamkeitsgrundes: § 2 Anm. 14. Uber den Begriff der Kenntnis: § 2 Anm. 15. Der Versicherungsnehmer darf den Unwirksamheitsgrund aber auch nicht haben kennen müssen. Kennenmüssen ist fahrlässiges Nichtkennen (BGB § 121 Abs. 2). Fahrlässigkeit ist Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (BGB §276 Abs. 1). Ist der Versicherungsvertrag für den Versicherungsnehmer ein Handelsgeschäft, so ist Fahrlässigkeit die Außerachtlassung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (HGB § 347). Näheres: § 5 Anm. 20. — Der Versicherungsnehmer hat also eine Erkundigungspflicht. An der Erfüllung dieser Pflicht ist der Versicherer dringend interessiert. Zwar haftet er nicht und, wenn die Erkundigungspflicht verletzt ist, erhält er sogar die ganze Prämie. Aber Versicherungen ohne (versicherbares) Interesse sind verdächtig; zumal dann, wenn, wie so oft, „Interesse erwiesen", without further proof 12 R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

§ 3 Anm. 2

Anm. 3

Anm. 4

Anm. 5

Anm. 6

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§ 3 of interest than the policy itself oder eine ähnliche Klausel vereinbart ist (§ a Anm. 12). Anm. 7 Der Versicherungsnehmer darf „ b e i d e r S c h l i e ß u n g d e s V e r t r a g s " nicht gekannt haben usw. Uber diesen Begriff: § 2 Anm. 20. Anm. 8 6. Der Versicherungsnehmer, der den Unwirksamkeitsgrund nicht gekannt hat usw., b r a u c h t k e i n e P r ä m i e z u z a h l e n . Wohl aber Nebenkosten (Stempel usw.). Die Ristornogebühr (Abs. 3) ist zur Deckung der Nebenkosten nicht bestimmt ( § 1 8 Anm. 3). — Der Versicherungsnehmer braucht auch dann keine Prämie zu zahlen, wenn der Versicherer, falls ein (versicherbares) Interesse bestände, doch, aus anderen Gründen, frei wäre und gleichwohl Prämie verlangen könnte, wenn z. B. die Anzeigepflicht verletzt ist und der Versicherer deshalb gemäß § 20 Abs. 1 frei wäre (vgl. H G B § 8g6, Prot. 4449) ; selbst wenn der Versicherungsnehmer dabei fahrlässig oder gar arglistig verfahren ist, braucht er keine Prämie zu zahlen ( G e r h a r d 3 2 2 ; anders A S V B § 1 5 6 ; abw. V o i g t 791). Anm. 9 7. A b s . 1 S a t z 2 . Wird der V e r t r a g v o n e i n e m V e r t r e t e r des Versicherungsnehmers g e s c h l o s s e n , so kommt nicht nur die Kenntnis usw. des Vertreters in Betracht (so B G B § 166 Abs. 1), sondern auch die K e n n t n i s u s w . d e s V e r s i c h e r u n g s n e h m e r s . Nach E 1 9 1 0 sollte die Kenntnis des Versicherungsnehmers nur dann von Bedeutung sein, wenn der Vertrag „von einem Bevollmächtigten oder einem Vertreter ohne Vertretungsmacht" geschlossen ist. Eine sachliche Änderung war nicht beabsichtigt (näheres : § 5 Anm. 34). § 3 Abs. 1 Satz 2 ist deshalb im Sinne des E ig 10 zu verstehen: Wird der Vertrag von einem B e v o l l m ä c h t i g t e n des Versicherungsnehmers oder einem V e r t r e t e r o h n e V e r t r e t u n g s m a c h t geschlossen, so kommt es (auch) auf die Kenntnis usw. des Versicherungsnehmers an; wird der Vertrag von einem g e s e t z l i c h e n V e r t r e t e r des Versicherungsnehmers geschlossen, so bewendet es grundsätzlich bei der Regel des § 166 Abs. 1 BGB, wonach es auf die Kenntnis usw. des Vertreters ankommt. Nicht als ob es auf die Kenntnis des gesetzlich vertretenen Versicherungsnehmers überhaupt nicht ankäme. Der Versicherungsnehmer hat eine Erkundigungspflicht (oben Anm. 6) und eine mit ihr verbundene Offenbarungspflicht (näheres: § 5 Anm. 20, 25). E r muß also eigene und fremde Kenntnis usw. hier ebenso vertreten, wie bei der Offenbarungspflicht des § 5 und der Anzeigepflicht des § 19. Ist er gesetzlich vertreten, so muß er mithin die eigene Kenntnis usw. in den Grenzen seiner Verantwortlichkeit gegen sich gelten lassen (Vorb. V I I I vor § 1, § 5 Anm. 34, § 19 Anm. 43). Bedient er sich zur Erfüllung seiner Mitteilungspflicht eines dritten, so muß er dessen Kenntnis usw. wie eigene gegen sich gelten lassen (Vorb. V I I I vor § 1, § 5 Anm. 35, § 19 Anm. 45). Vgl. auch unten Anm. 19. Anm. 10

Hat ein U n t e r v e r t r e t e r des Versicherungsnehmers den Vertrag geschlossen, so kommt es gemäß § 166 Abs. 1 B G B auf die Kenntnis usw. des Untervertreters an. Aber auch die Kenntnis usw. des Hauptbevollmächtigten ist von Bedeutung. Denn nach § 166 Abs. 2 B G B kommt es, wenn der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt hat, auch auf die Kenntnis usw. des Vollmachtgebers, d. h. im Falle der Untervollmacht: des Hauptbevollmächtigten, an, und an die Stelle dieser Vorschrift ist eben hier die Bestimmung getreten, daß es immer, d. h. auch dann, wenn der Vertreter nicht nach bestimmten Weisungen gehandelt hat, auch auf die Kenntnis usw. des Versicherungsnehmers, d. h. im Falle der Untervollmacht: auch des Hauptbevollmächtigten, ankommt. Umsomehr kommt es auch auf die Kenntnis usw. des Hauptvertreters an, wenn dieser gesetzlicher Vertreter ist oder ein Untervertreter ohne Vertretungsmacht den Vertrag abschließt. — Auf die Kenntnis usw. von Vertretern des Versicherungsnehmers, die bei der Schließung des Vertrags n i c h t b e t e i l i g t sind, kommt es nicht an (näheres: § 5 Anm. 40). — Hat der Versicherungsnehmer den

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Vertrag durch mehrere G e s a m t v e r t r e t e r geschlossen, so genügt die Kenntnis usw. nur eines der mehreren Gesamtvertreter. Die Kenntnis eines nicht beteiligten Gesamtvertreters genügt im allgemeinen nicht. Näheres: § 5 Anm. 40. 8. Bei der Versicherung für fremde Rechnung kommt es regelmäßig nicht nur auf die Kenntnis usw. des Versicherungsnehmers, sondern auch auf die Kenntnis usw. des V e r s i c h e r t e n an (§ 57). 9. Hat der Versicherungsnehmer die P r ä m i e g e z a h l t , obgleich er sie gemäß § 3 Abs. 1 (bis auf die Ristornogebühr des § 3 Abs. 3) nicht schuldete, so kann er sie nach den Grundsätzen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung z u r ü c k f o r d e r n (BGB §§ 8i2ff.). Ebenso, wenn ein dritter in seinem Namen gezahlt hat. Anders, wenn d e r d r i t t e in e i g e n e m N a m e n die Prämienschuld des Versicherungsnehmers bezahlt hat (RG 60. 287). Im Falle einer Versicherung für fremde Rechnung kann also, wenn der Versicherungsnehmer oder wenn der Versicherte im Namen des Versicherungsnehmers gezahlt hat, nur der Versicherungsnehmer Rückzahlung verlangen (HGZ 1898. 209). Hat der Versicherte in eigenem Namen gezahlt, so kann (nur) er Rückzahlung verlangen. Teilw. abw. S i e v e k i n g 203, nach dem „der Ristorno ein besonderes versicherungsrechtliches Rücktrittsrecht" ist; hierüber unten Anm. 29. 10. Nach §895 HGB (§ 155 ASVB) ist der Versicherungsnehmer von der Verpflichtung zur Prämie frei, wenn er „ i n g u t e m G l a u b e n " war. In gutem Glauben sein bedeutet in diesem Zusammenhange: den Grund der Unwirksamkeit ohne grobe Fahrlässigkeit nicht kennen. Anders ohne Begründung S i e v e k i n g 203: Der Versicherungsnehmer brauche nur dann die Prämie zu zahlen, wenn „wissentlich das Interesse unrichtig bezeichnet oder wissentlich über den Versicherungswert hinaus versichert sei". — Nach § 84 Abs. 3 M I A the premium is returnable, provided that there has been no fraud or illegality on the part of the assured. 11. A b s . 2. Der Versicherer hat ein dringendes Interesse daran, sobald wie möglich zu erfahren, ob der Vertrag wirksam oder unwirksam, die Prämie zu zahlen oder nicht zu zahlen ist. Deshalb bestimmt Abs. 2 zwei A u s n a h m e n von der Regel des Abs. 1. a) Die Prämienpflicht des Versicherungsnehmers bleibt bestehen (richtiger: entsteht), wenn der Versicherungsnehmer von dem Unwirksamkeitsgrunde Kenntnis erlangt und dies dem Versicherer nicht unverzüglich mitteilt. Der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r m u ß m i t t e i l e n . Über den Begriff des Versicherungsnehmers: oben Anm. 4. Auch im Falle einer Versicherung für fremde Rechnung muß nur der Versicherungsnehmer mitteilen. Aber der Versicherte kann natürlich für den Versicherungsnehmer mitteilen (BGB § 267). Der Versicherungsnehmer ist v e r p f l i c h t e t mitzuteilen (anders S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 3 zu § 3 A D S : Mitteilung ist nur Voraussetzung für die Fortdauer der Befreiung). Wie in den Fällen der Anzeige von Gefahränderungen, Unfällen, insbesondere Versicherungsfällen, Doppelversicherungen. Der Versicherer hat ein Interesse an solcher Mitteilung und kann sie verlangen. Daß er nicht darauf klagen kann, daß er im Falle der Nichterfüllung nicht Schadensersatz verlangen kann, daß die Rechtsfolge der Nichterfüllung in besonderer (den Versicherer regelmäßig besser schützender) Weise bestimmt ist, der Versicherer statt Schadensersatz die (ganze und nur die) Prämie verlangen kann, ändert nichts daran, daß der Versicherungsnehmer verpflichtet ist, mitzuteilen (Vorb. V I I I vor § 1 ) . Deshalb ist auch § 278 BGB anwendbar (anders S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 3 zu § 3 ADS). Bedient sich insbesondere der Versicherungsnehmer bei Erfüllung seiner Mitteilungspflicht eines dritten, so muß er dessen Verschulden vertreten. Er bedient sich des dritten z. B., wenn er ihm den Auf12*

§ 3

Anm. 11

Anm. 12

Anm. 13

Anm. 14

Anm. 15

Anm. 16

Anm. 17

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§ 3 trag gibt, dem Versicherer mitzuteilen. Er bedient sich des dritten auch, wenn er ihn allgemein beauftragt hat, die mit der Versicherung zusammenhängenden Angelegenheiten zu erledigen, und den dritten damit für die Erfüllung der aus der Versicherung sich ergebenden Obliegenheiten an seine Stelle gesetzt hat (§ 5 Anm. 35). Er bedient sich des dritten insbesondere auch dann, wenn ein solcher Auftrag in einem noch allgemeineren enthalten ist, z. B. eine Frau die Führung ihres Handelsgeschäfts und damit auch die Besorgung der damit zusammenhängenden Angelegenheiten ihrem Manne überlassen hat (vgl. R G 51. 21, O L G Rostock SA 54 Nr. 107). Er bedient sich des dritten nicht schon dann, wenn er ihn einzelne der durch seine Beziehung zum versicherten Gegenstande bedingten Geschäfte besorgen läßt. Bedient er sich zur Übersendung der Mitteilung eines dritten, insbesondere der Post, so bedient er sich des dritten nicht zur Erfüllung seiner Mitteilungspflicht. Die Mitteilungspflicht ist nicht am Orte der Hauptniederlassung des Versicherers zu erfüllen. Der Versicherungsnehmer ist nur verpflichtet, dem Versicherer die Mitteilung durch eine vertrauenswürdige Person zu übersenden (Vorb. V I I vor § 1 ) . Täuscht die mit der Übersendung betraute Person das Vertrauen, unterschlägt sie die Mitteilung, so hat der Versicherungsnehmer dies nicht so zu vertreten, wie wenn er selbst die Mitteilung vorsätzlich unterlassen hätte. Zwar ist seine Mitteilungspflicht noch nicht erfüllt, weil die bloße Absendung nicht genügt. Aber sie kann noch mit der Wirkung erfüllt werden, daß der Versicherungsnehmer von der Prämienpflicht frei bleibt; er bleibt frei, wenn er unverzüglich, nachdem er von der Fehlsendung Kenntnis erlangt hat, die Mitteilung erneut durch eine vertrauenswürdige Person zu übersenden versucht. Anm. 18

Dem Versicherer ist mitzuteilen. Ist der Versicherer g e s e t z l i c h v e r t r e t e n , regelmäßig dem gesetzlichen Vertreter. Ist der Versicherer r e c h t s g e s c h ä f t l i c h v e r t r e t e n , so kann auch dem Vertreter mitgeteilt werden. Auch dem A g e n t e n des Versicherers, selbst wenn er nur vermittelt hat (HGB § 86 Abs. 2, vgl. V V G §§ 43 Nr. 2, 47, S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 3 zu § 3 ADS). — Ist der Versicherer durch G e s a m t v e r t r e t e r vertreten, so genügt Mitteilung an nur einen Gesamtvertreter (vgl. R G 53. 231, 110. 146, 134. 36). — Sind an der Versicherung m e h r e r e V e r s i c h e r e r beteiligt, so ist allen mitzuteilen. Auch dann, wenn über die mehreren Versicherungen nur eine Police ausgestellt ist. Ist ein Versicherer „Führer", so ist Mitteilung an ihn genügend, aber auch erforderlich (näheres Vorb. V vor § 1 ) . Anm. 19 Sobald der Versicherungsnehmer von dem Unwirksamkeitsgrunde Kenntnis erlangt, muß er mitteilen. Über den Begriff der Kenntniserlangung: § 2 Anm. 15. — Ist der Versicherungsnehmer g e s e t z l i c h v e r t r e t e n , so wird es regelmäßig nur auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters ankommen. Unter Umständen ist aber auch die Kenntnis des gesetzlich vertretenen Versicherungsnehmers von Bedeutung. Die Frage hängt eng mit der anderen Frage zusammen, inwieweit der gesetzlich vertretene Versicherungsnehmer bei der Erfüllung von Verbindlichkeiten aus dem Versicherungsvertrag eigenes Verhalten gegen sich gelten lassen muß. Denn die Kenntnis vom Unwirksamkeitsgrunde ist die Voraussetzung für die Entstehung der Mitteilungspflicht, einer Verbindlichkeit, bei deren Erfüllung der gesetzlich vertretene Versicherungsnehmer in gewissem Umfang auch eigenes Verhalten vertreten muß (oben Anm. 17, Vorb. V I I I vor § 1). Die Grundsätze, die im allgemeinen für die Haftung des gesetzlich vertretenen Versicherungsnehmers für eigenes Verhalten maßgebend sind, werden daher auch für die Beantwortung der Frage maßgebend sein müssen, inwieweit die Kenntnis des gesetzlich vertretenen Versicherungsnehmers die Mitteilungspflicht erzeugt. Näheres über diese Grundsätze: Vorb. V I I I vor § 1. Kenntniserlangung durch einen von mehreren gesetzlichen Gesamtvertretern genügt (vgl. R G 59. 408, 110. 146, 134. 36). — Auch auf die K e n n t n i s eines s o n s t i g e n d r i t t e n kommt es unter Umständen an.

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Die Frage, inwieweit der Versicherungsnehmer die Kenntnis solcher dritten gegen sich § 3 gelten lassen muß, hängt eng mit der anderen Frage zusammen, inwieweit bei der Erfüllung von Verbindlichkeiten der Geschäftsherr das Verhalten der dritten vertreten muß. Denn die Kenntnis von dem Grunde der Unwirksamkeit ist die Voraussetzung für die Entstehung der Mitteilungspflicht, einer Verbindlichkeit, bei deren Erfüllung der Versicherungsnehmer das Verhalten derjenigen vertreten muß, deren er sich dazu bedient (oben Anm. 17, Vorb. V I I I vor § 1 ) . Die Grundsätze, die im allgemeinen die Haftung des Versicherungsnehmers für das Verhalten dritter bei Erfüllung der Verbindlichkeiten aus dem Versicherungsvertrag beherrschen, werden daher auch für die Beantwortung der Frage maßgebend sein müssen, inwieweit die Kenntnis dritter die Mitteilungspflicht erzeugt. Der Versicherungsnehmer wird demgemäß die Kenntnis dritter nur dann, aber auch immer dann gegen sich gelten lassen müssen, wenn der dritte eine Person ist, die mit der Erfüllung der Mitteilungspflicht, besonders oder allgemein, betraut ist. Vgl. auch § 84 M I A : Where there has been no fraud or illegality on the part of the assured or his a g e n t s , the premium . . . is returnable . . . Näheres hierüber oben Anm. 16, Vorb. V I I I vor § 1. Ähnlich auch R G 101. 402 (zustimmend P r ö l ß Anm. 8c zu § 6 V V G , B r u c k - M ö l l e r Anm. 81 zu § 6 V V G , S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 2 zu § 3 ADS) im Falle einer Haftpflichtversicherung: „Wenn der verantwortliche Leiter eines geschäftlichen Unternehmens dessen Innenbetrieb in der Weise regle, daß Tatsachen, deren Kenntnis von Rechtserheblichkeit sei, nicht von ihm selbst, sondern von einem bestimmten Angestellten zur Kenntnis genommen würden, so müsse er sich im Verhältnis zu einem dritten, der aus der Tatsachenkenntnis Rechte herleite, die Kenntnis wie eine eigene anrechnen lassen. Wenn auch der Angestellte nicht sein Stellvertreter im Willen sei, eine Willenserklärung überhaupt nicht in Betracht komme, so sei er doch zum W i s s e n s v e r t r e t e r bestellt, und der Leiter des Unternehmens würde in einem solchen Falle gegen Treu und Glauben im geschäftlichen Verkehr verstoßen, wenn er aus der inneren Geschäftsverteilung dem dritten gegenüber den Einwand der Unkenntnis herleiten wollte" (so gegen K G ) . — Diese selben Grundsätze sind auch, mangels besonderer Vorschriften, für die Beantwortung der Frage maßgebend, inwieweit bei der Versicherung für fremde Rechnung die Kenntnis des V e r s i c h e r t e n die Mitteilungspflicht erzeugt. Aus diesen Grundsätzen ergibt sich insbesondere, daß es auf die Kenntnis des Versicherten nicht nur dann ankommt, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherten mit der Erfüllung der durch den Vertrag begründeten Verbindlichkeiten besonders betraut hat, sondern schon dann, wenn es dem Versicherten allgemein überlassen ist, die mit der versicherten Unternehmung zusammenhängenden Angelegenheiten zu erledigen, der Versicherte mithin vollständig an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist oder von vornherein die versicherte Unternehmung geleitet hat. Unverzüglich nach Kenntniserlangung ist mitzuteilen. Das bedeutet nicht: „sofort" Anm. 20 (RG 124. 118), bedeutet vielmehr „ohne schuldhaftes Zögern" (BGB § 1 2 1 Abs. 1, Begr. z. E 1910 § 3). — „ Z ö g e r n " , „Verzögerung" ist nicht „Verzug" (vgl. BGB § 285), sondern bezeichnet einen nur objektiven Sachverhalt (vgl. H G B § 601 Abs. 1, BSchG §36 Abs. 4, V V G § 1 1 3 Abs. 3). Verzögerung ist das Nicht-sofort-Handeln, nicht handeln, obwohl zu handeln möglich ist (RG 4g. 395). Vgl. auch Anm. zu §§ 23, 66, 88, 124. — „ S c h u l d h a f t " ist die Verzögerung, wenn der Versicherungsnehmer die Mitteilung vorsätzlich oder fahrlässig hinausschiebt. Vorsätzlich ist die Verzögerung, wenn der Versicherungsnehmer sie will (§ 33 Anm.). Fahrlässig ist sie, wenn der Versicherungsnehmer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht läßt (§ 33 Anm.). Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, daß der Versicherer ein dringendes Interesse daran hat, die Mitteilung sobald wie möglich zu erhalten, da er „für sein Verhalten

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§ 3 wissen muß, ob das Rechtsgeschäft wirksam oder unwirksam ist" ( R G 49. 395, 64. 163, Recht 1908 Nr. 1330). Deshalb ist „so rasch, wie die Umstände es gestatten", mitzuteilen ( R G 49. 395, Recht 1903. 179). Wenn man am Sonnabend Kenntnis erlangt, ist Mitteilung am Montag rechtzeitig ( R G 64. 163). Die Verzögerung, die dadurch entsteht, daß man zunächst einen Anwalt um R a t fragt, ist nicht fahrlässig (Recht 1908 Nr. 3, R G H R R 3 1 . 584). Fahrlässig ist es natürlich stets, wenn sich der Versicherungsnehmer der Mitteilungspflicht als solcher nicht bewußt ist und aus diesem Grunde die Mitteilung hinausgeschoben wird ( R G 95. 255). Nicht fahrlässig wird es sein, wenn der Versicherungsnehmer zögert, weil er weiß oder annimmt und annehmen darf, daß der Versicherer den Unwirksamkeitsgrund kennt. Denn der Zweck der Mitteilung ist, wenn der Versicherer den Unwirksamkeitsgrund erfahren hat, wenngleich auf anderem Wege, erreicht, und gegen die Unsicherheit, ob der Versicherungsnehmer sich auf die Prämienfreiheit berufen wird, ; st der Versicherer durch § 3 Abs. 2 Satz 2 geschützt. Kannte der Versicherer den Unwirksamkeitsgrund schon beim Vertragsschluß, so ist der Vertrag vollständig unwirksam (§ 2 Abs. 2), § 3 Abs. 2 unanwendbar. — Ist der Versicherungsnehmer g e s e t z l i c h v e r t r e t e n , so muß er die schuldhafte Verzögerung seines gesetzlichen Vertreters wie eigene gelten lassen. Im Falle einer Gesamtvertretung genügt das Verschulden eines Gesamtvertreters. Daneben hat der Versicherungsnehmer in den Grenzen seiner Verantwortlichkeit eigenes Verschulden zu vertreten. — Die schuldhafte Verzögerung d e r j e n i g e n , d e r e n s i c h d e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r zur Erfüllung seiner Mitteilungspflicht b e d i e n t , muß er wie eigene vertreten. Nach diesem Grundsatze bestimmt sich auch, inwieweit der Versicherungsnehmer bei der Versicherung für fremde Rechnung das Verschulden des Versicherten zu vertreten hat. Näheres über alles dies: oben Anm. 17 und Vorb. V I I I vor § 1. Anm. 21

Die Mitteilung ist, ihrem natürlichen Begriffe nach, eine e m p f a n g s b e d ü r f t i g e (im übrigen keiner besonderen Form bedürfende) W i s s e n s e r k l ä r u n g . Sie muß also unter Anwesenden dem Versicherer gegenüber so gemacht werden, daß dieser sie vernimmt oder doch, wenn er nur wollte, sie vernehmen müßte. Unter Abwesenden muß sie dem Versicherer zugehen (anal. B G B § 130). Näheres: Vorb. vor § 1 Anm. 33. Anm. 22 I n h a l t der Mitteilung. Der Versicherungsnehmer muß „dies", muß mitteilen, daß er vom Grunde der Unwirksamkeit Kenntnis erlangt hat. Nicht genügt die bloße Mitteilung des Unwirksamkeitsgrundes, also die bloße Mitteilung, daß dem Vertrag kein oder kein versicherbares Interesse zugrunde liegt. Der Versicherer muß wissen, daß der Versicherungsnehmer nicht schon beim Vertragsschluß den Unwirksamkeitsgrund gekannt, daß er erst später „Kenntnis erlangt" hat. Auch, wann der Versicherungsnehmer Kenntnis erlangt hat, und woran es liegt, daß dem Vertrag kein versicherbares Interesse zugrunde liegt. Denn davon hängt der Prämienanspruch des Versicherers ab. — Die Mitteilung braucht nicht auszusprechen, daß der Versicherungsnehmer von der Prämienpflicht frei sein will (vgl. R G 54. 68). Sie ist keine Willenserklärung, sondern eine bloße Wissenserklärung. Die Rechtsfolge der Prämienfreiheit tritt ohne Rücksicht darauf ein, ob sie gewollt ist (vgl. R G 53. 368). Anm. 23 Die Mitteilungspflicht ist, nach der Natur des Schuldverhältnisses, B r i n g s c h u l d . Der Versicherungsnehmer muß dem Versicherer die Mitteilung auf eigene Kosten und Gefahr übermitteln. K o m m t sie, sei es auch aus Gründen, die der Versicherungsnehmer nicht zu vertreten hat, nicht an, so muß der Versicherungsnehmer den Mitteilungsversuch wiederholen. Vgl. oben Anm. 17 und Vorb. V I I vor § 1. Anm. 24 Verlangt der Versicherer die Prämie, so muß der Versicherungsnehmer b e w e i s e n , daß dem Vertrag kein (versicherbares) Interesse zugrunde liegt, der Versicherer, daß die Mitteilung verzögert ist, der Versicherungsnehmer, daß die Verzögerung nicht

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schuldhaft ist. So für den Fall der Anfechtung im Falle des § 121 BGB: R G 49. 395, J W 1904. 196. b) Die Prämienpflicht des Versicherungsnehmers bleibt jedenfalls bestehen, w e n n seit dem Vertragsschluß ein Jahr verstrichen ist und der Versicherungsnehmer den Unwirksamkeitsgrund nicht in dem Jahre dem Versicherer mitgeteilt hat. Ob der Versicherungsnehmer oder ob der Versicherer von dem Unwirksamkeitsgrund Kenntnis erlangt hat oder nicht, gilt gleich. Hat der Versicherer schon beim Vertragsschluß den Unwirksamkeitsgrund gekannt, so ist der Vertrag ganz unwirksam (§ 2 Abs. 2), § 3 Abs. 2 Satz 2 unanwendbar. — Über den Begriff des „Unwirksamkeitsgrundes": § 2 Anm. 14. Uber die Bedeutung der „Mitteilung": oben Anm. 21. Die J a h r e s f r i s t beginnt mit dem Vertragsschluß, mit dem Zustandekommen des Vertrags (Vorb. IV vor § 1). Der Tag des Vertragsschlusses wird nicht mitgerechnet (BGB § 187 Abs. 1). Fällt der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag oder einen am Erklärungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endigt die Frist erst am nächstfolgenden Werktag (BGB § 193). Erklärungsort ist der Ort, an dem die Mitteilung wirksam wird, also, wenn dem abwesenden Versicherer mitzuteilen ist, der Ort, wo die Mitteilung zugehen muß. Die Jahresfrist ist nicht Verjährungsfrist (so, auch für § 159 ASVB, unrichtig: V o i g t 793), sondern A u s s c h l u ß f r i s t . Die Mitteilung muß jedenfalls binnen Jahresfrist gemacht sein. Auch § 278 BGB ist unanwendbar. Es kommt nur darauf an, ob tatsächlich binnen Jahresfrist mitgeteilt wird oder nicht. Wird nicht mitgeteilt, so bleibt die Prämienpflicht des Versicherungsnehmers bestehen, aus welchem Grunde immer die Mitteilung unterblieben sein mag. § 3 Abs. 2 Satz 2 wirkt wie eine Verwirkungsklausel. Für solche Klauseln hat die Rechtsprechung den Grundsatz aufgestellt, daß der Versicherer sich auf sie nicht berufen kann, wenn den Versicherungsnehmer an der Unterlassung, mit der die Verwirkungsfolge verknüpft ist, kein Verschulden trifft. Dieser Grundsatz ist hier natürlich unanwendbar. Vgl. § 42 Anm. 12. A b s . 3. Ristornogebühr. Der Ausdruck „Ristorno" (ristourne, return of premium, aus dem italienischen: Rückbuchung, näheres Benecke 4) ist seit alters in den verschiedensten Wendungen gebraucht, — das Schicksal vieler unverstandener Fremdworte. Der Versicherte „läßt sich die Prämie, gegen Zurücklassung eines halben pro Cents, ristorniren oder wieder geben" (AHO 1731 V I 1). „Das Ristorno soll jederzeit über alle Assecuradeurs . . . . verteilet und . . . . pro rata . . . . reguliret werden" (AHO 1731 V I 2). Der Versicherte kann „die Assecuranz ristorniren oder aufheben" (AHO 1731 V I 3). „Ristorno der Prämie findet nicht statt" (AllgPlan 1847 § 78). Die Versicherung kann „durch Ristorno nicht wieder aufgehoben werden" (AllgPlan 1847 § 78). Der Versicherte hat „die Macht zu ristorniren" (AllgPlan 1847 §80). „Der Ristorno fällt auf die jüngere Police" (AllgPlan 1847 §80). „Die Versicherung ist zu ristorniren" (AllgPlan 1847 § 81). „Der Ristorno oder die Prämienrückgabe" (AllgPlan 1847 § 83). „Die Prämie kann bis auf eine . . . Vergütung zurückgefordert oder einbehalten werden (Ristorno)": HGB § 894 Abs. 1. „Ein Ristorno findet nicht statt" (HGB § 897). „Der Ristorno muß innerhalb Jahresfrist gefordert werden" (ASVB § 159). „Ristorno, Italicum: a Ritornar, ist so viel als die Premie wieder zurück haben, welche an den Ausgeber quasi wieder zurück gehet" ( L a n g e n b e c k 404). Der Ausdruck bezeichnet in der plastischen Art der älteren Gesetze die Folge für die Ursache, die tatsächliche Rückgängigmachung (Rückbuchung) für den Anspruch auf Rückgabe. Dieser Anspruch kann, wie regelmäßig jeder Anspruch, angriffs- oder verteidigungsweise geltendgemacht werden. Ristorno bedeutet also nichts anderes, als was das Gesetz in der terminologischen Vorschrift des § 894 HGB darunter versteht: das A n s p r u c h s -

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Vertrag ohne Interesse

§ 3 oder E i n r e d e r e c h t des V e r s i c h e r u n g s n e h m e r s , die P r ä m i e (teilweise) zur ü c k z u f o r d e r n oder e i n z u b e h a l t e n . Man kann also den Ristorno nicht als ein „besonderes versicherungsrechtliches Rücktrittsrecht" des Versicherungsnehmers bezeichnen (so S i e v e k i n g 203, auch M o l d e n h a u e r VLexikon 1032, wohl verleitet durch Prot. 3606, V o i g t 788 und die Überschrift vor §894 HGB: „Aufhebung der Versicherung und Rückzahlung der Prämie", vgl. dazu: Benecke 4. 260). Der Versicherungsnehmer braucht nicht, um „die Prämie zurückfordern oder einbehalten" zu können, zurückzutreten. Die an den Rücktritt geknüpften Rechtsfolgen (BGB §§ 346fr.) entstehen nicht. Ist die Prämie gezahlt, so muß der Versicherungsnehmer sie kondizieren (oben Anm. 12). Ist sie noch nicht gezahlt, so hat er die Einrede. Wo das Gesetz dem Versicherungsnehmer ein Rücktrittsrecht hat einräumen wollen, hat es sich dieser Absicht gemäß und richtig ausgedrückt; so z. B. im § 898 HGB. Vgl. auch H G Z 1898.209 (obwohl gleichfalls ungenau): Das Recht des Versicherungsnehmers als des Zahlenden sei kein Recht auf „Minderung oder nachträgliche Rückgängigmachung der Prämie", es bestehe „kein Anhalt für die Rechtsansicht des Versicherers, Ristorno sei ein selbständiger Anspruch des Versicherten als solchen". Anm. 30

Anm. 31

Anm. 32

Anm. 33 Anm. 34

13. Ristornogebühr ist zu zahlen, wenn keine Prämie zu zahlen ist. Genauer: w e n n g e m ä ß § 3 A b s . 1 keine P r ä m i e zu zahlen ist. Hat der Versicherer bei der Schließung des Vertrags den Unwirksamkeitsgrund gekannt, so gebührt ihm weder Prämie noch Ristornogebühr; auf den Fall des § 2 Abs. 2 ist § 3 Abs. 3 nicht anzuwenden. Ebensowenig ist § 3 Abs. 3 anwendbar, wenn der Versicherungsnehmer aus anderen Gründen keine Prämie zu zahlen braucht. So etwa, wenn eine dem Vertrag zugrunde liegende Willenserklärung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung mit Recht angefochten ist (vgl. aber auch § 2 Anm. 10). Insbesondere kann der Versicherer, der wegen arglistiger Täuschung mit Recht angefochten hat, keine Ristornogebühr verlangen (wohl aber Schadensersatz: BGB §§ 823, 826). — H ö h e der Ristornogebühr: § 18. 14. Wenn das versicherte Interesse nur zu einem T e i l e besteht oder v e r s i c h e r b a r ist und die Versicherung deswegen zum anderen Teile unwirksam ist, so ist der Versicherungsnehmer gemäß § 3 Abs. 1 von der Prämienpflicht zum verhältnismäßigen Teile frei und muß von diesem Teile gemäß § 3 Abs. 3 die Ristornogebühr zahlen (vgl. HGB §§ 894, 895, ASVB §§ 154, 155, Begr. z. E 1910 §4). Denn es gibt keinen allgemeinen Grundsatz der Unteilbarkeit der Prämie. Näheres: § 2 Anm. 22, § 16 Anm. 27. 15. Die Ristornogebühr soll das Entgelt für vergeblich aufgewendete Zeit, Mühe und Kosten des Versicherers sein. Es ist daher „wirtschaftlich nicht gerechtfertigt" (Voigt 789), sie wegzubedingen. Gleichwohl geschieht es oft. So etwa mit den Klauseln: „Etwaiger Ristorno geschieht franko" oder kürzer „ R i s t o r n o f r a n k o " (Pohls Ashers Rechtsfälle 1834 II 209, R G 23. 88, H G Z 1888. 245, vgl. hierzu auch § 18 Anm. 5; über eine besondere Ristornoklausel für den Fall der Veräußerung des versicherten Schiffes: H G Z 1906. 49 und dazu § 4 Anm. 16). Zur Zahlung der Nebenkosten bleibt der Versicherungsnehmer natürlich verpflichtet (vgl. oben Anm. 8). 16. Gebührt dem Versicherer nur eine Ristornogebühr, so kann der M a k l e r regelmäßig auch nur von der Ristornogebühr Provision verlangen (Vorb. I V vor § 1). 17. § 3 gilt auch für die Rückversicherung (§ 1 Anm. 136). Für die Rückversicherung kommt aber auch in Betracht, ob der Vorversicherer vom Vorversicherten Prämie oder nur Ristornogebühr verlangen kann. Denn die Rückprämie wird in den Rückversicherungs-Verträgen regelmäßig von der Vorprämie abhängig gemacht. Dann kann, wenn der Vorversicherer nur die Ristornogebühr erhält, auch der Rückversicherer nur Anteil an der Ristornogebühr verlangen. Zwar ist die Ristornogebühr

Wegfall des Interesses. Künftiges Interesse

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nicht „ P r ä m i e " . A b e r sie ist doch Ersatz für den Teil der Prämie, der Unkosten und Arbeit des Versicherers decken soll. — Ist die Rückprämie von der Vorprämie nicht abhängig, die Rückversicherung z. B. bloße Gefahren-Rückversicherung gegen besondere Prämie, so ist die Ristornogebühr lediglich nach den §§3, 18 zu bestimmen (abw. H e r r m a n n s d o r f e r 188). Es ist also insbesondere die halbe Rückprämie und höchstens 1 / 8 % der Versicherungssumme zu zahlen. Bei der Berechnung der Ristornogebühr bleibt die dem abwicklungsberechtigten Vorversicherer gebührende Provision außer Betracht. Ist dem abwicklungsberechtigten Vorversicherer keine besondere Vergütung bewilligt, dafür aber die Rückprämie entsprechend niedriger bestimmt, so muß diese zur Berechnung der Ristornogebühr entsprechend erhöht werden. Übrigens hat der Vorversicherer bei der Gefahren-Rückversicherung das Abwicklungsrecht nur, wenn es besonders bedungen ist (§ 1 A n m . 154). — Ü b e r den Fall, daß das vorversicherte Interesse nur z u m Teile besteht oder versicherbar ist: § 2 Anm. 23.

§3

Anm. 35

18. Fremde Rechte: § 2 Anm. 27.

§4 Wegfall des Interesses. Künftiges Interesse (1) F ä l l t d a s Interesse, f ü r das die V e r s i c h e r u n g g e n o m m e n ist, v o r B e g i n n e d e r V e r s i c h e r u n g w e g o d e r g e l a n g t , falls die V e r s i c h e r u n g f ü r

dem ein

k ü n f t i g e s Interesse g e n o m m e n ist, das Interesse n i c h t z u r E n t s t e h u n g , so ist d e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r v o n d e r V e r p f l i c h t u n g z u r Z a h l u n g der P r ä m i e frei. D i e V e r p f l i c h t u n g b l e i b t bestehen, w e n n seit d e m A b s c h l ü s s e des V e r t r a g s ein J a h r verstrichen ist u n d der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r d e m V e r s i c h e r e r n i c h t u n v e r z ü g lich n a c h d e m A b l a u f e des J a h r e s mitteilt, d a ß das Interesse w e g g e f a l l e n o d e r n i c h t e n t s t a n d e n ist. Ist der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r v o n der V e r p f l i c h t u n g z u r Z a h l u n g der P r ä m i e frei, so k a n n der V e r s i c h e r e r die R i s t o r n o g e b ü h r v e r l a n g e n . (2) D i e V e r p f l i c h t u n g des V e r s i c h e r u n g s n e h m e r s z u r Z a h l u n g der P r ä m i e w i r d d a d u r c h , d a ß das Interesse, f ü r das die V e r s i c h e r u n g g e n o m m e n ist, n a c h d e m Beginne der Versicherung wegfällt, nicht berührt. 1. V g l . H G B §§ 894 Abs. 1, 896, 897, A S V B §§ 154 Abs. 1, 156, 157, 159, B S V B §§ 67, 68, V V G § 68. 2. Literatur: § 1 Anm. 2, § 3 A n m . 2. J o s e f L Z 1908. 501 (Auflösend bedingte Versicherungsverträge und der nachträgliche Wegfall des versicherten Interesses). K ü b e l Z f V R 2. 89 (Erlöschung der Versicherung). 3. A b s . 1 setzt voraus, daß dem Vertrag ein versicherbares Interesse zugrunde liegt, der Vertrag also wirksam ist (§ 2). Ist z. B. im Falle einer Vergangenheitsversicherung das versicherte Interesse vor dem Beginn der Versicherung weggefallen, so ist nicht § 4 Abs. 1, sondern sind §§ 2, 3 anzuwenden (§ 2 Anm. 7). 4. Die Transportversicherung wird in der Regel so genommen, daß sie erst später beginnen soll. Fällt das Interesse noch vor Beginn der Versicherung weg, so fällt die Rechtsbedingung aus, von der die, ihrerseits bedingte, Entschädigungspflicht des Versicherers abhängt. Die Interessenlage ist derjenigen ähnlich, die besteht, wenn bei anderen Gegenseitigkeitsverträgen der Schuldner nicht leisten kann. Das Verhältnis müßte daher an sich nach Analogie der Vorschriften über die Rechtsfolgen nachträglicher Unmöglichkeit beurteilt werden. Anders § 4 Abs. 1 nach alter Ü b u n g : Der Versicherungsnehmer ist von der Prämienpflicht frei. — Verlangt der Ver-

Anm. 1 Anm. 2

Anm. 3

Anm. 4

186

Wegfall des Interesses. Künftiges Interesse

§ 4 sicherer die Prämie, so muß der Versicherungsnehmer beweisen, daß das Interesse vor Beginn der Versicherung weggefallen (oder unversicherbar geworden) ist. Anm. 5 5. Das versicherte Interesse kann aus den verschiedensten Gründen wegfallen (oder auch: unversicherbar werden); vgl. § 2 Anm. 3ff. — Die B e z i e h u n g , die Person und Sache verknüpft, kann wegfallen. Das am 1. Dezember 1962 für die Zeit vom i . J a n u a r bis 3 1 . Dezember 1963 versicherte Schiff wird am 15. Dezember 1962 durch Feuer vollständig zerstört. Wird es dem Versicherungsnehmer nur ohne Aussicht auf Wiedererlangung entzogen, so braucht die Beziehung nicht gelöst, das Interesse nicht weggefallen zu sein. Der Versicherungsnehmer verliert z. B. nicht das Eigentum an dem unrettbar gesunkenen oder vom Feinde ohne Aussicht auf Wiedererlangung genommenen versicherten Schiffe, das Interesse ist nicht weggefallen, die Versicherung dauert fort und kann insbesondere, wenn das Schiff, wider Erwarten, geborgen oder vom Feinde zurückgenommen wird, wirksam werden. Aber der Fall wird dem des Interessewegfalls gleichzubehandeln sein (§ 5 Anm. 14). — Oder die P e r s o n , die durch das Interesse mit der Sache verknüpft ist, fällt weg. Das am 1. Dezember 1962 für die Zeit vom 1. J a n u a r 1963 bis 3 1 . Dezember 1963 versicherte Schiff wird am 15. Dezember 1962 veräußert (vgl. jedoch §§ 49, 50 und Anm. dazu). — Vgl. zu dem Fall, daß die versicherte Unternehmung aufgegeben oder der versicherte Gegenstand sonstwie den versicherten Gefahren nicht ausgesetzt wird, §5 Anm. 5, 15. — Fällt das Interesse nur v o r ü b e r g e h e n d weg, so ist § 4 Abs. 1 nicht anwendbar. Das am 1. Dezember 1962 für die Zeit vom 1. J a n u a r bis 3 1 . Dezember 1963 versicherte und auf 500000 taxierte Schiff wird am 3 1 . Dezember 1962 um 50000 beschädigt. Das Schiff soll ausgebessert werden. Die Versicherung beginnt. Der Versicherer erhält die ganze Prämie. Brennt das Schiff am 2. J a n u a r 1963 vollständig aus, so erhält der Versicherungsnehmer 500000 weniger den Beschädigungsschaden. Anders in einem Falle, in dem die Ausbesserung bereits begonnen hatte, Lidgett v. Secretan 1871 bei A r n o u l d 1 0 1 2 s . 1 0 3 5 : T h e assured was entitled to recover . . . the füll amount insured as for a total loss; vgl. auch § 37 Anm. Anm. 6

A u s w e l c h e m G r u n d e das Interesse wegfällt, ist ohne Bedeutung ( K ü b e l Z f V R 2. 90). Der Versicherungsnehmer braucht auch dann keine Prämie zu zahlen, wenn er den Wegfall des Interesses vorsätzlich herbeigeführt hat. Anders nur etwa, wenn er, um den Versicherer um die Prämie zu bringen, also wider Treu und Glauben den Wegfall herbeigeführt haben würde (anal. B G B § 162 Abs. 2 ; abw. G r i e s h a b e r 47: nach § 324 B G B ; vgl. auch § 97 Anm.). Der Fall, daß der Versicherer den Wegfall des Interesses zu vertreten hat, wird kaum vorkommen; wenn doch, könnte der Versicherungsnehmer gegebenenfalls den Anspruch des Versicherers auf Ristornogebühr mit der exceptio doli abwehren (anders wieder G r i e s h a b e r 48: nach B G B 325). Anm. 7 6. V o r d e m „ B e g i n n e der Versicherung" muß das Interesse wegfallen. Da die Versicherung, wenn das Interesse wegfällt, gar nicht beginnen kann, ist hier (wie im § 68 V V G ) gemeint: vor dem Zeitpunkt, in dem die Versicherung beginnen soll. Der Ausdruck ist nur der Kürze wegen gewählt, um den Gegensatz zum Fal'e des § 4 Abs. 2 (Wegfall des Interesses nach dem Beginn der Versicherung) zu kennzeichnen. —• U b e r den Beginn der Versicherung vgl. insbesondere §§ 39, 66, 88, 106, 1 1 2 , 124. Anm. 8 7. Die Versicherung kann für ein künftiges Interesse genommen sein (§ 2 Anm. 6). Den Hauptfall bildet die laufende Versicherung (§ 97 A n m . ; vgl. aber auch unten Anm. 11). Entsteht das Interesse nicht, so ist die Rechtsbedingung, von der die Entschädigungspflicht des Versicherers abhängt, ausgefallen. Der Fall gleicht dem, daß das Interesse vor Beginn der Versicherung wegfällt. E r wird deshalb ebenso behandelt: Der Versicherungsnehmer ist von der Prämienpflicht frei. Ob ein Interesse überhaupt nicht entsteht, z. B. die noch herzustellenden Güter nicht hergestellt werden (Begr.

Wegfall des Interesses. Künftiges Interesse

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z. E 1910 § 4), oder ob es zwar entsteht oder besteht, aber nicht in der Person des Ver- § 4 sicherten entsteht, z. B. die Gefahr der abzuladenden Güter auf den versicherungsnehmenden Käufer nicht übergeht, ob es zwar entsteht, aber nicht versicherbar, ob der Versicherungsnehmer die Nichtentstehung des Interesses zu vertreten hat oder nicht, ist grundsätzlich ohne Bedeutung. Näheres: oben Anm. 6. 8. Der Versicherer hat ein dringendes Interesse daran, sobald wie möglich zu Anm. 9 erfahren, ob das Interesse weggefallen oder das künftige Interesse nicht entstanden, die Prämie zu zahlen oder nicht zu zahlen ist. Deshalb bestimmt A b s . 1 Satz 2 eine Ausnahme von der Regel des Abs. 1 Satz 1: Die Prämienpflicht des Versicherungsnehmers bleibt bestehen (oder lebt wieder auf), w e n n a) ein Jahr seit dem Vertragsschluß verstrichen ist (näheres: § 3 Anm. 26—28), und b) der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r dem Versicherer nicht unverzüglich nach Jahresablauf mitteilt, daß das versicherte Interesse weggefallen oder nicht entstanden (oder unversicherbar geworden oder unversicherbar entstanden) ist. Der Versicherer, der Prämie verlangt, ist beweispflichtig. — Der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r muß mitteilen. Uber den Begriff des Versicherungsnehmers : § 3 Anm. 4. Auch im Falle einer Versicherung für fremde Rechnung muß nur der Versicherungsnehmer mitteilen (§ 3 Anm. 16). Uber den Fall, daß mehrere Versicherungsnehmer beteiligt sind: Vorb. V I vor § 1 . — Der Versicherungsnehmer ist v e r p f l i c h t e t mitzuteilen. Er muß daher das Verschulden seiner gesetzlichen Vertreter und Erfüllungsgehilfen wie eigenes gelten lassen (§ 3 Anm. 17). — Der Versicherungsnehmer muß u n v e r z ü g l i c h mitteilen. Ohne schuldhaftes Zögern (BGB § 121 Abs. 1; näheres: § 3 Anm. 20). Nach einem Jahre soll der Versicherer jedenfalls alsbald Gewißheit haben, ob er mit der Prämie rechnen kann oder nicht. Der Versicherungsnehmer muß also auch dann ohne schuldhaftes Zögern mitteilen, wenn die Versicherung immer noch beginnen, das Interesse immer noch entstehen kann. Sonst kann der Versicherer die Prämie verlangen, auch wenn tatsächlich die Versicherung nicht mehr beginnt, das Interesse nicht mehr entsteht. Der Versicherungsnehmer kann sich nicht darauf berufen, daß sein Zögern nicht schuldhaft gewesen sei, weil nach dem Ablauf des Jahres noch nicht festgestanden habe, daß die Versicherung nicht mehr beginnen, das Interesse nicht mehr entstehen werde. Fällt das Interesse vor Ablauf des Jahres weg oder wird vor Ablauf des Jahres gewiß, daß das Interesse nicht entstehen wird, so braucht der Versicherungsnehmer hiervon dem Versicherer doch nicht sofort, sondern erst unverzüglich nach Ablauf des Jahres Mitteilung zu machen. — Dem V e r s i c h e r e r ist mitzuteilen. Ist der Versicherer gesetzlich vertreten, regelmäßig dem gesetzlichen Vertreter. Ist der Versicherer rechtsgeschäftlich vertreten, so kann auch dem Vertreter mitgeteilt werden. Mitteilung an einen Gesamtvertreter genügt. Sind mehrere Versicherer beteiligt, so ist allen mitzuteilen. Mitteilung an den führenden Versicherer genügt. Näheres: § 3 Anm. 18. — Die M i t t e i l u n g ist, ihrem natürlichen Begriffe nach, eine empfangsbedürftige (im übrigen keiner besonderen Form bedürfende) Tatsachenerklärung (vgl. aber auch unten Anm. 10). Sie muß also unter Anwesenden dem Versicherer gegenüber so abgegeben werden, daß dieser sie vernimmt, oder doch, wenn er nur wollte, sie vernehmen müßte. Unter Abwesenden muß sie dem Versicherer zugehen (anal. BGB § 130). Näheres: Vorb. IV vor § 1 Anm. 33. — Der Versicherungsnehmer muß mitteilen, daß das versicherte Interesse weggefallen oder das künftige Interesse nicht entstanden ist. Auch, woran es liegt, daß das Interesse weggefallen oder nicht ententstanden ist. Denn von dem Wegfall usw. hängt der Prämienanspruch des Versicherers ab und der Versicherer muß nachprüfen können. Die Mitteilung braucht nicht auszusprechen, daß der Versicherungsnehmer von der Prämienpflicht frei sein wolle. Sie ist keine Willenserklärung, sondern bloße Tatsachenerklärung (vgl. aber auch unten Anm. 10). Nicht einmal die Mitteilung selbst braucht gewollt zu sein (vgl. aber

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Wegfall des Interesses. Künftiges Interesse

§ 4 auch unten Anm. 10). Näheres: § 3 Anm. 22. — Die Mitteilungspflicht ist B r i n g s c h u l d . Näheres: § 3 Anm. 23. — Verlangt der Versicherer die Prämie, so muß der Versicherungsnehmer b e w e i s e n , daß das Interesse weggefallen oder nicht entstanden ist, der Versicherer, daß die Jahresfrist verstrichen und die Mitteilung verzögert ist, der Versicherungsnehmer, daß die Verzögerung nicht schuldhaft ist (§ 3 Anm. 24.) Anm. 10 9. Wenn das Interesse wegfällt oder nicht entsteht und der Versicherungsnehmer rechtzeitig mitteilt, braucht der Versicherungsnehmer k e i n e P r ä m i e zu zahlen. Wohl aber Ristornogebühr (§ 3 Abs. 2 Satz 3). Auch Nebenkosten (Stempel usw.); die Ristornogebühr ist zur Deckung der Nebenkosten nicht bestimmt (§18 Anm. 3). — Der Versicherungsnehmer braucht auch dann keine Prämie zu zahlen, wenn der Versicherer, wäre das Interesse nicht weggefallen oder wäre es entstanden, doch aus anderen Gründen frei wäre und gleichwohl Prämie verlangen könnte, wenn z. B. die Anzeigepflicht verletzt ist und der Versicherer deshalb gemäß § 20 Abs. 1 frei wäre (vgl. HGB § 896, Prot. 4449); selbst wenn der Versicherungsnehmer dabei fahrlässig oder gar arglistig verfahren ist, braucht er keine Prämie zu zahlen ( G e r h a r d 322; anders ASVB § 156; abw. V o i g t 791). — Wenn der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aber nach § 4 Abs. 1 frei ist, kann er die Prämie (bis auf die Ristornogebühr) nach den Grundsätzen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückfordern (BGB §§ 8i2ff.). Ebenso, wenn ein dritter in seinem Namen gezahlt hat. Anders, wenn der dritte in eigenem Namen die Prämienschuld des Versicherungsnehmers bezahlt hat. Näheres: § 3 Anm. 12. — Dagegen bleibt die Prämienpflicht trotz Jahresablaufs und rechtzeitiger Mitteilung unberührt, wenn die Versicherung noch beginnen, das Interesse noch entstehen kann. Die Mitteilung des Versicherungsnehmers hebt den Versicherungsvertrag nicht auf. Auch der Versicherer muß trotz der Mitteilung damit rechnen, daß die Versicherung noch beginnt, das Interesse noch entsteht. Anders natürlich, wenn sich aus den Umständen des Falles, insbesondere aus dem Vertrag selbst, eine zeitliche Begrenzung ergibt. Den Umständen nach wird aber in der Mitteilung regelmäßig auch die Erklärung zu finden sein, daß man nicht mehr erwarte, die Versicherung werde noch beginnen, das Interesse noch entstehen, und demgemäß der Antrag auf Aufhebung des Vertrags bis auf die Ristornogebühr. Erklärt sich der Versicherer damit ausdrücklich oder stillschweigend, insbesondere durch Abrechnung auf der Grundlage der Ristornogebühr, einverstanden, so ist der Vertrag aufgehoben. 10. Wenn der Versicherungsnehmer nicht rechtzeitig mitteilt, so ist die Folge nur, daß der Versicherungsnehmer verpflichtet bleibt, die Prämie zu zahlen. Insbesondere bleibt die Entschädigungspflicht des Versicherers unberührt. Die Versicherung kann noch beginnen (vgl. jedoch auch § 23). Das Interesse kann noch unter dem Schutze der Versicherung entstehen. Anders natürlich wiederum, wenn sich aus den Umständen des Falles eine zeitliche Begrenzung ergibt (oben Anm. 10). Anm. 12 11. Nach A b s . 1 Satz 3 ist Ristornogebühr zu zahlen, wenn nach Abs. 1 Satz 1 keine Prämie zu zahlen ist. Näheres: § 3 Anm. 30. — Oft wird abweichendes vereinbart (§ 3 Anm. 32, unten Anm. 16). Oft ergibt sich ohne weiteres aus den Umständen des Falles abweichendes. So für die gewöhnliche l a u f e n d e Versicherung, die üblichste Versicherung künftiger Interessen (§ 97 Anm.). Von welchem Umfang und Werte die Interessen sind, die von der laufenden Versicherung umfaßt werden, ist nicht besonders bestimmt, steht einstweilen ganz dahin. Ebenso mithin, welche Prämien oder Ristornogebühren in Betracht kommen könnten. Von der Zahlung einer Prämie oder Ristornogebühr kann daher, wenn künftige Interessen nicht entstehen, ebensowenig die Rede sein, wie von einer Mitteilung, daß „das" Interesse nicht entstanden ist (Abs. 1 Satz 2). Die Versicherung erscheint insoweit dadurch bedingt, daß Interessen entstehen und zum

Anm. 11

Wegfall des Interesses. Künftiges Interesse

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Versicherungsnehmer in ein solches Verhältnis treten, daß er für sie „nach kaufmännischen Grundsätzen Versicherung zu nehmen hat" (§ 97 Abs. 1 ; vgl. § 97 Anm.). Anders bei der ungewöhnlichen laufenden Versicherung, der Abschreibeversicherung (§ 98). 12. Wenn das versicherte Interesse nur zu e i n e m T e i l e w e g f ä l l t oder n i c h t e n t s t e h t , ist der Versicherungsnehmer von der Verpflichtung zur Zahlung eines verhältnismäßigen Teiles der Prämie frei und muß von diesem Teile Ristornogebühr zahlen (a proportionate part thereof: M I A § 84 Abs. 3; vgl. H G B § 894, A S V B § 154, Begr. z. E 1910 § 4). Der sogenannte Grundsatz der Unteilbarkeit der Prämie steht nicht entgegen. Denn einen solchen Grundsatz gibt es nicht (§ 16 Anm. 27). Wenn die Prämie nicht geteilt werden soll, ist es besonders gesagt (so gerade im § 4 Abs. 2). — Natürlich ist der Vertrag auch im übrigen nur teilweise wirksam. Wird z. B. eine Zukunftsversicherung für Güter im Werte von 100000 zu 50000 genommen und nur die Hälfte der Güter abgeladen, so ist diese Hälfte nicht etwa voll, sondern nur zu 50% gedeckt (vgl. § 2 Anm. 22). — Würde der Versicherer oder der Versicherungsnehmer den Vertrag ohne den unwirksamen Teil nicht geschlossen haben, so ist der ganze Vertrag unwirksam (anal. BGB § 139; vgl. auch K i s c h 3. 60). 13. A b s . 2. Fällt d a s I n t e r e s s e n a c h d e m B e g i n n der V e r s i c h e r u n g w e g (oder wird das Interesse nach dem Beginn der Versicherung unversicherbar), so fällt wiederum die Rechtsbedingung aus, von der die Entschädigungspflicht des Versicherers abhängt. Dem Vertrag liegt ein versicherbares Interesse nicht mehr zugrunde. Der Vertrag wird unwirksam. The assured must be interested in the subject-matter at the time of the loss (MIA § 6). — Über den Wegfall des Interesses: oben Anm. 5. Hat der Käufer imaginären Gewinn versichert, so fällt das Gewinninteresse natürlich nicht schon weg, wenn er die ihm zur Einlösung vorgelegten Warenpapiere nicht einlöst ( R G 94. 302; abw. L G u. O L G Hamburg H G Z 1917. 226). — Beim Cif-Kauf wird regelmäßig die Gefahr vom Verkäufer auf den Käufer im selben Zeitpunkt übergehen, in dem die Versicherung beginnt (vgl. BGB § 447, ADS § 88). Der Verkäufer muß in solchem Falle das künftige (mit dem Gefahrübergang entstehende) Interesse des Käufers versichern, also Versicherung für fremde Rechnung nehmen. Er kann aber auch Versicherung für eigene Rechnung nehmen. Zwar fällt in diesem Falle sein versichertes Interesse (nicht vor dem Beginn der Versicherung, auch nicht nach dem Beginn der Versicherung, sondern) mit dem Beginn der Versicherung weg. Aber dieser Wegfall schadet nicht. Die Versicherung geht gemäß § 49 auf den Käufer über (§ 49 Anm.). Da die Unteilbarkeit der Prämie kein allgemeiner versicherungsrechtlicher Grundsatz ist (§ 16 Anm. 27; vgl. auch § 2 Anm. 22, § 3 Anm. 3, § 4 Anm. 13), würde der Versicherungsnehmer von der Verpflichtung zur Zahlung eines verhältnismäßigen Teiles der Prämie frei sein, wenn das Interesse nach dem Beginn der Versicherung, aber vor dem Zeitpunkt wegfällt, in dem die Versicherung endigen soll. Es ist jedoch „sachgemäß" (Begr. z. V V G § 68) erschienen, die P r ä m i e , wenn das Interesse nach dem Beginn der Versicherung wegfällt (oder unversicherbar wird,) nicht zu teilen (Prot. 3635; Ausnahme: § 50 Abs. 2). Auch bei Zeitversicherungen und bei Versicherungen mehrerer Reisen wird die Prämienpflicht des Versicherungsnehmers durch den nach Beginn der Versicherung eintretenden Wegfall des Interesses nicht berührt ( R G 21. 329, H G Z 1886. 20, 1906. 53). So insbesondere nicht, wenn das „Frei von Kriegsgefahr" zeitversicherte Schiff durch ein Kriegsereignis, z. B. durch den Zusammenstoß mit einer Mine, vor Ablauf, etwa bereits bald nach Beginn, der Versicherungszeit zerstört wird (RG H G Z 1917. 106, 1919. 118, H G Z 1 9 1 7 . 2 0 , 6 5 , 1919.95, Rechtb. Amsterdam ITVMitt 1918, 30; abw. aus hier unbeachtlichen Gründen: G r i e s h a b e r

§ 4

Anm. 13

Anm. 14

Anm. 15

190

Wegfall des Interesses. Künftiges Interesse

§ 4 57). So insbesondere auch dann nicht, wenn vereinbart ist, daß die Zeitprämie in vierteljährlichen Teilbeträgen zu zahlen ist (abw. S i e v e k i n g 66 ohne Begründung unter irrtümlicher Verweisung auf H G Z 1886. 19). Anders, wenn vereinbart ist, daß die Zeitversicherung gekündigt werden kann. In diesem Falle endigt, wenn das versicherte Interesse nach dem Beginn der Vereinbarung wegfällt, z. B. das versicherte Schiff total verlorengeht, die Prämienpflicht auch ohne Kündigung mit dem Zeitpunkt, auf den zur Zeit des Wegfalls hätte gekündigt werden können (BGB § 157, H G Z 1886.20); immerhin wird auch in diesem Falle der Wegfall rechtzeitig angezeigt werden müssen. Anm. 16

14. Abweichende Vereinbarungen sind nicht selten. Näheres oben Anm. 12 und § 3 Anm. 32. — Vgl. auch die H G Z 1906. 49 angeführte Klausel: „Sofern der Dampfer aus irgendeinem Grunde, ausgenommen wegen Totalverlustes, seine Fahrten einstellen sollte, steht es dem Herrn Versicherten frei, diese Versicherung aufzuheben gegen pro rata Prämienrückgabe für die nicht abgelaufene Zeit". Obgleich im Falle des Totalverlustes von der „Aufhebung" der durch Wegfall des Interesses beendigten Versicherung ebensowenig die Rede sein kann, wie von der „Einstellung" der Fahrten, nahmen L G und O L G Hamburg an, daß der Versicherungsnehmer die Versicherung auch im Falle eines dem Versicherer nicht zur Last fallenden Totalverlustes aufheben, sich also von der Prämienpflicht befreien könne. — Vgl. ferner die in Ashers Rechtsfällen 1834 I I 197, 1835 I 75 angeführte Klausel: „Glückliche Ankunft des Schiffes im Abgangshafen vorbehalten". H G Hamburg nahm an, daß der Vertrag durch die glückliche Ankunft des Schiffes im Abgangshafen bedingt war, und versagte dem Versicherer die Ristornogebühr, nachdem das Schiff auf der Reise zum Abgangshafen verunglückt war. Dafür: Kn.Ashers Rechtsfälle 1835 I 75; dagegen P o h l s ebendort 1834 I I 197.

Anm. 17

15. Von § 4 nicht betroffen wird der Fall, daß der Versicherungsvertrag unter einer Bedingung geschlossen ist und die aufschiebende Bedingung ausfällt, die auflösende eintritt, insbesondere Versicherung genommen ist unter der aufschiebenden Bedingung, daß das Interesse entsteht, oder unter der auflösenden Bedingung, daß es bestehen bleibt. Vgl. hierzu J o s e f L Z 1908. 581, R G 21. 329.

Anm. 18

16. § 4 gilt auch für die Rückversicherung (§ 1 Anm. 136). — Fällt das vorversicherte Interesse weg, nachdem die Vorversicherung und bevor die Rückversicherung begonnen hat, so gebührt dem Vorversicherer die Prämie (§ 4 Abs. 2), dem Rückversicherer nur die Ristornogebühr (§ 4 Abs. 1 Satz 3), — wenn nichts anderes vereinbart ist. — Das rückversicherte Interesse fällt insbesondere dann weg, wenn Vorversicherer und Vorversicherter die Aufhebung der Vorversicherung vereinbaren. Vereinbart aber ein abwicklungsberechtigter Vorversicherer die Aufhebung der Vorversicherung in den Grenzen seiner Abwicklungsbefugnis, so entstehen nicht die Rechtsfolgen des § 4; vielmehr gilt nunmehr die Rückversicherung als unter den gleichen Bedingungen aufgehoben, wie die Vorversicherung (vgl. § 1 Anm. 98ff., E h r e n b e r g R V 173).

Anm. 19

17. Fremde Rechte. § 2 Anm. 27. Dazu M I A § 84 Abs. 3 a : if the risk . . . has once attached, the premium is not returnable; und M I A § 84 Abs. 3 d : Where the assured has a defeasible interest which is terminated during the currency of the risk, the premium is not returnable. Über den Begriff des defeasible interest: § 1 Anm. 10, M I A § 7. Der Grundsatz des § 84 Abs. 3d M I A gilt auch für die ADS (§ 4 Abs. 2; vgl. R G 23. 89). — Nach f r a n z ö s i s c h e m Recht wird, wenn die versicherte Unternehmung nicht ins Werk gesetzt wird, die Versicherung ristorniert ( R i p e r t Nr. 2458f.). Hat die Versicherung begonnen, wird die ganze Prämie geschuldet.

191

Vergangenheitsversicherung

§5

§5

Versicherungsbeginn vor Vertragsschließung ( 1 ) D i e V e r s i c h e r u n g k a n n a u c h so g e n o m m e n w e r d e n , d a ß sie in e i n e m v o r d e r S c h l i e ß u n g des V e r t r a g s l i e g e n d e n Z e i t p u n k t e b e g i n n t . D e m V e r s i c h e r e r s t e h t in d i e s e m F a l l e e i n A n s p r u c h auf d i e P r ä m i e n i c h t z u , w e n n er b e i d e r Schließung

des V e r t r a g s w u ß t e ,

daß

die Möglichkeit

des E i n t r i t t s des

Ver-

s i c h e r u n g s f a l l s s c h o n ausgeschlossen w a r . D e r V e r s i c h e r e r ist v o n d e r V e r p f l i c h t u n g z u r L e i s t u n g frei, w e n n d e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r b e i d e r S c h l i e ß u n g d e s V e r t r a g s w u ß t e oder wissen m u ß t e , d a ß der Versicherungsfall schon eingetreten w a r ; d e m V e r s i c h e r e r g e b ü h r t die P r ä m i e , sofern er n i c h t b e i d e r

Schließung

v o n d e m E i n t r i t t e des V e r s i c h e r u n g s f a l l s K e n n t n i s h a t t e . (2) W i r d d e r V e r t r a g v o n e i n e m V e r t r e t e r geschlossen, so k o m m t i n b e z u g auf die K e n n t n i s u n d d a s K e n n e n m ü s s e n n i c h t n u r d i e P e r s o n des V e r t r e t e r s , s o n d e r n a u c h d i e j e n i g e des V e r t r e t e n e n i n B e t r a c h t . 1. V g l . H G B § 785, A S V B § 8, V V G § 2. Anm. 1 2. Literatur. B r u c k - M ö l l e r zu § 2 V V G . E h r e n z w e i g V S R 7 6 — 7 9 . F r i c k e A n m . 2 N e u m Z 1927. 453 (Rückwärtsversicherung und Nachversicherung). G a d o w L Z 1920. 636 (Zur Auslegung des § 2 V V G ) . J. v. G i e r k e V R I I 1 2 9 — 1 4 3 . G o t t s c h a l k H R Z 1921. 865 (Beginn der Versicherung), N e u m a n n s Z 1912. 645 (Die Befreiung des V e r sicherers von der Verpflichtung zur Leistung). G r e i s e r J R P V 1934. 1 4 5 — 1 5 0 . G r o t t e Versicherungsfreund 1913 Nr. 15, 17 (Der Versicherungsfall). H a g e n H B I 386—389. J o s e f Z f V W 1911. 129 (Eintritt des Versicherungsfalls), W a l l m a n n s Z 51. 1349, 1367 ( V o r und nach Beginn der Versicherung). P e e f , Der Versicherungsfall usw., 1914. P r ö l ß zu § 2 V V G . R o e l l i BaumgartnersZ 2. 52 (Eine Streitfrage usw.). S c h n e i d e r L Z 1 9 1 0 . 5 6 (Eintritt des Versicherungsfalls). S c h u l z M D R 1 9 5 9 . 9 7 8 (Probleme u m die Rückwärtsversicherung). S c h w e i g h ä u s e r H R Z 1919. 219 (Beginn der Versicherung und Eintritt des Versicherungsfalls). W e i l Z f V W 1910. 62 (Eintritt oder Ausschluß des Versicherungsfalls bei Beginn der Versicherung), L Z 1909. 845 (Über den Beginn der Versicherung). 3. Die Versicherung kann so genommen werden, d a ß sie sofort beginnen soll A n m . 3 ( G e g e n w a r t s v e r s i c h e r u n g ) , d a ß sie schon in der Vergangenheit beginnen soll ( V e r g a n g e n h e i t s v e r s i c h e r u n g ) , d a ß sie erst in der Z u k u n f t beginnen soll ( Z u k u n f t s v e r s i c h e r u n g ) , — sei es, d a ß das versicherte Interesse bereits beim V e r tragsschluß besteht, sei es, d a ß es selbst erst noch in der Z u k u n f t entstehen soll (wie insbesondere regelmäßig bei der laufenden Versicherung). Die Wirksamkeit des V e r sicherungsvertrags hängt in allen Fällen, der N a t u r des Geschäfts zufolge, davon ab, o b d a s v e r s i c h e r t e I n t e r e s s e besteht, entsteht, wegfällt, und ob die Beteiligten sich bewußt oder nicht b e w u ß t sind, d a ß es besteht oder nicht besteht oder nicht entstehen kann oder wegfallen m u ß . Die Wirksamkeit des Versicherungsvertrags hängt aber a u c h in allen Fällen, der N a t u r des Geschäfts zufolge, davon ab, ob d e r v e r s i c h e r t e S c h a d e n schon entstanden ist oder nicht entstanden ist und nicht entstehen kann oder entstehen oder entstanden sein m u ß , und ob die Beteiligten sich dessen b e w u ß t oder nicht b e w u ß t sind. 4. GegenwartsVersicherung. E r s t e r Fall. D e r S c h a d e n i s t s c h o n e n t s t a n d e n . Das versicherte Schiff ist z. B. schon vor dem Vertragsschluß untergegangen ( H a n s O L G H R Z 1925. 516 =

Anm. 4

192

Vergangenheitsversicherung

§ 5 H G Z 1925 Nr. 56 = Sasse Nr. 3 3 7 : Bei Erneuerung eines Vertrages nach verspäteter Prämienzahlung war der Versicherungsfall bereits eingetreten), die schwimmende versicherte Ware ist schon vor ihrer Seereise durch Feuer zerstört ( H a n s O L G H R Z 1925. 273 = Sasse Nr. 328), sie ist bereits vor Abschluß des Versicherungsvertrags beraubt ( K G J R P V 1 9 2 7 . 195 = Sasse Nr. 3 7 1 ) . — Gefahr ist die Möglichkeit der Entstehung des Schadens (§ 28 Anm.). Hier ist unmöglich, daß der Schaden entsteht, weil er eben schon entstanden ist. Der Versicherungsvertrag ist schon deshalb unwirksam. E r ist aber auch deshalb unwirksam, weil kein Interesse (mehr) besteht. Die Rechtsfolgen bestimmen sich also nach §§ 2, 3. — Der schon entstandene Schaden kann ein bloßer Teilschaden sein. Das versicherte Schiff ist z. B. beschädigt. Der Versicherungsvertrag ist wirksam. Das Schiff kann ausgebessert werden und wird regelmäßig ausgebessert. Das versicherte Interesse kann ergänzt werden und wird ergänzt. Wird es nicht ergänzt (z. B. im Falle der Beschädigung der versicherten Güter), so sind die Grundsätze vom teilweisen Interessenmangel anzuwenden (§ 2 Anm. 22). Anm. 5

Z w e i t e r F a l l . Der S c h a d e n k a n n (aus anderen Gründen ) n i c h t e n t s t e h e n . Das versicherte Schiff geht nicht auf die versicherte Reise. Die versicherten Güter werden nicht verschifft. Die Gefahr eines Krieges zwischen zwei Staaten, gegen die Versicherung genommen wird, ist beseitigt (d. h. mit der erfahrungsmäßigen Gewißheit beseitigt, die bei der Beschränktheit menschlicher Erkenntnis für absolute Gewißheit genommen werden muß). Der Fall ist weder im Gesetz noch in den A D S geregelt (vgl. jedoch H G B §§ 894, 896). E r ist ein Parallelfall zu dem einen der im § 5 behandelten Fälle, nämlich zu dem Falle, daß die Versicherung für die Vergangenheit und Zukunft genommen wird, der Schaden aber nicht mehr entstehen kann. Es liegt deshalb nahe, die Bestimmungen des § 5 sinngemäß anzuwenden. Der Fall ist aber auch ein Parallelfall zum Fall des fehlenden oder weggefallenen Interesses. Auch in diesem letzteren Falle kann j a (wenngleich aus anderem Grunde) kein Schaden entstehen. Unter Umständen (z. B. im Falle der Rückversicherung) werden sich beide Fälle zugleich decken. Schließlich wäre es der Interessenlage zuwider, wollte man den Fall, daß ein Schaden nicht entstehen kann, weil er schon entstanden ist, und den Fall, daß der Schaden aus anderen Gründen nicht entstehen kann, verschieden behandeln. M a n wird deshalb die B e s t i m m u n g e n ü b e r d e n M a n g e l o d e r d e n W e g f a l l d e s v e r s i c h e r t e n I n t e r e s s e s e n t s p r e c h e n d a n w e n d e n müssen (vgl. K i s c h 2. 150, S c h l e g e l b e r g e r S V R Anm. 3 zu § 4 A D S , P r ö l ß Anm. 6 zu § 68 V V G , L G Hamburg V e r s R 1 9 5 1 . 210). Hieraus folgt: a) W i s s e n V e r s i c h e r e r u n d V e r s i c h e r u n g s n e h m e r , daß der Schaden nicht entstehen kann, so ist der Vertrag unwirksam (§ 2 Abs. 1). Der Versicherer ist frei. Der Versicherungsnehmer ebenfalls (§ 2 Abs. 2). Die Grundsätze über die Folgen auf unmögliche Leistungen gerichteter Versprechen sind unanwendbar ( K i s c h 2. 153). b) W e i ß n u r d e r V e r s i c h e r e r , daß der Schaden nicht entstehen kann, so gilt dasselbe (§ 2). c) W e i ß n u r d e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r , daß der Schaden nicht entstehen kann, so ist der Vertrag unwirksam ( § 2 Abs. 1). Gleichwohl muß der Versicherungsnehmer die Prämie zahlen (§ 2 Abs. 2). d) W e i ß k e i n e r von beiden, daß der Schaden nicht entstehen kann, so ist der Vertrag unwirksam (§ 2 Abs. 1). Der Versicherungsnehmer braucht insbesondere keine Prämie zu zahlen (§ 3 Abs. 1, dazu § 3 Abs. 2), wohl aber die Ristornogebühr (§ 3 Abs. 3). Ausnahmsweise muß er die Prämie zahlen, wenn er wissen muß, daß der Schaden nicht entstehen kann (§ 3 Abs. 1). e) Wird n a c h B e g i n n d e r V e r s i c h e r u n g die E n t s t e h u n g d e s S c h a d e n s u n m ö g l i c h , so wird die Versicherung unwirksam. Gleichwohl muß der Versicherungs-

Vergangenheitsversicherung

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n e h m e r die P r ä m i e zahlen (§ 4 Abs. 2). Ü b r i g e n s endigt regelmäßig a u c h im selben § 5 Z e i t p u n k t die Versicherung (vgl. §§ 66 Abs. 3, 88 Abs. 3). — Die G e f a h r fällt insbesondere weg, w e n n die Sache f ü r eine bestimmte Reise, z. B. das Schiff f ü r die Reise von Santos n a c h H a m b u r g versichert ist u n d vor Beginn der Versicherung n a c h Triest bestimmt wird. Solche V e r ä n d e r u n g der versicherten Reise wird aber als G e f a h r ä n d e r u n g b e h a n d e l t (§ 23 Abs. 3). Die Versicherung b e g i n n t ; der Versicherer wird, w e n n das Schiff den versicherten Reiseweg verläßt u n d den W e g n a c h Triest einschlägt, frei u n d erhält g e m ä ß § 4 Abs. 2 die P r ä m i e . — O f t wird besonderes vereinbart. N i c h t n u r f ü r den Fall, d a ß die E n t s t e h u n g des Schadens unmöglich wird, sondern auch f ü r den Fall, d a ß die Möglichkeit der E n t s t e h u n g kleiner, die E n t s t e h u n g des Schadens weniger wahrscheinlich wird, die G e f a h r sich vermindert. D a h i n gehören insbesondere die Liegeoder Stilliege-Klausel u n d die Winterlager-Klausel (Vorb. vor § 113; vgl. a u c h H G H a m b u r g Ullrich Nr. 29: W e n n vereinbart sei, d a ß , solange das versicherte Schiff sich i m Winterlager befinde, „bis zur Ausklarierung aus d e m Zoll" keine P r ä m i e zu zahlen sei, so sei der Versicherungsnehmer a u c h noch ü b e r W i n t e r e n d e hinaus bis z u r üblichen Schiffahrtseröffnung prämienfrei gedeckt). f ) K a n n n u r a n einem T e i l d e r v e r s i c h e r t e n G e g e n s t ä n d e kein S c h a d e n entstehen (werden z. B. die versicherten G ü t e r n u r z u r H ä l f t e verschifft), so sind die G r u n d s ä t z e a n z u w e n d e n , die gelten, w e n n das versicherte Interesse n u r teilweise besteht o d e r teilweise wegfällt (§ 2 A n m . 22; teilweise anders H G B § 894 Abs. 1). g) K a n n i m B e r e i c h e e i n e s T e i l e s d e r v e r s i c h e r t e n G e f a h r e n kein S c h a d e n entstehen (z. B. bei einer die Kriegsgefahr einschließenden Versicherung kein Kriegsschaden), so wird regelmäßig n u r die tatsächliche, nicht die rechtliche Wirksamkeit des Vertrags b e r ü h r t . Anders wohl, w e n n j e n e G e f a h r e n besonders ü b e r n o m m e n sind, insbesondere die P r ä m i e f ü r ihre Ü b e r n a h m e besonders bestimmt ist ( K i s c h 2. 165; vgl. a u c h § 16 A n m . 28). D r i t t e r F a l l . Der S c h a d e n m u ß e n t s t e h e n . D e r Versicherer trägt n u r die A n m . 6 „ G e f a h r " , n u r die Möglichkeit, nicht die Gewißheit der E n t s t e h u n g des Schadens (§ 28 A n m . ) . N i c h t die erfahrungsmäßige G e w i ß h e i t ; von einer absoluten Gewißheit k a n n angesichts der Unzulänglichkeit menschlicher Erkenntnis keine R e d e sein. T h e purpose of the policy is to secure a n idemnity against accidents which m a y h a p p e n , not against events which must h a p p e n ( T h e X a n t h o 1887 bei A r n o u l d 714 s. 758; vgl. d a z u H G Z 1894. Deshalb h a f t e t der Versicherer nicht f ü r Alters- u n d Abnutzungsschäden des versicherten Schiffes u n d nicht f ü r den Schaden, d e r d u r c h die e r f a h r u n g s g e m ä ß notwendige V e r ä n d e r u n g d e r versicherten G ü t e r entsteht. Deshalb haftet der Versicherer grundsätzlich nicht, w e n n das versicherte Schiff n a c h einem H a f e n bestimmt ist, in welchem Schiffe dieser A r t e r f a h r u n g s g e m ä ß n o t w e n d i g auf G r u n d k o m m e n u n d beschädigt werden, oder w e n n die versicherten G ü t e r f ü r einen H a f e n bestimmt sind, in welchem a n k o m m e n d e G ü t e r e r f a h r u n g s g e m ä ß notwendig infolge von U b e r f ü l l u n g der W a r e n l ä g e r u n g e n ü g e n d geschützt lagern u n d b e r a u b t werden. Ist im Falle einer Güterversicherung die Q u a r a n t ä n e k l a u s e l (Vorb. vor § 113), also vereinbart, d a ß d e m Versicherer a u c h die Q u a r a n t ä n e k o s t e n zur Last fallen sollen, die der Verf r a c h t e r v o m Befrachter in F o r m eines Frachtzuschlags einziehen k a n n , so haftet d e r Versicherer grundsätzlich nicht, w e n n Q u a r a n t ä n e k o s t e n entstehen müssen; „ d e n n die Versicherung wird n u r gegen eine G e f a h r ü b e r n o m m e n , also gegen einen S c h a d e n , von welchem der Versicherungsnehmer möglicherweise betroffen w e r d e n kann, nicht gegen einen Schaden, dessen Eintritt sicher ist, w e n n d e r Versicherungsnehmer sich auf das u n t e r die Versicherung fallende U n t e r n e h m e n e i n l ä ß t " ( R G H G Z 1895. 152). a) W i s s e n V e r s i c h e r e r u n d V e r s i c h e r u n g s n e h m e r , d a ß d e r Schaden entstehen m u ß , so ist der V e r t r a g in der Regel kein Versicherungsvertrag (SA 66 N r . 208). E r ist 13 R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. t

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Vergangenheitsversicherung

§ 5 darum nicht notwendig unwirksam. Er kann sogar als Versicherungsvertrag wirksam sein. Die Beteiligten können insbesondere davon ausgehen, daß die erfahrungsmäßige Gewißheit keine absolute Gewißheit ist und es deshalb absolut immer noch möglich ist, daß der Schaden nicht entsteht. Dann ist der Vertrag natürlich als Versicherungsvertrag zu behandeln. Wissen z. B. beide, Versicherer und Versicherungsnehmer, daß das versicherte Schiff nach einem Hafen fährt, in dem Schiffe dieser Art erfahrungsgemäß auf Grund kommen und beschädigt werden, daß die versicherten Güter nach einem Hafen gebracht werden, wo ankommende Güter erfahrungsgemäß notwendig wegen Überfüllung der Warenläger ungenügend geschützt und beraubt werden, so muß man annehmen, daß der Versicherer auch die der erfahrungsmäßigen Gewißheit entsprechende Wahrscheinlichkeit der Entstehung solcher Schäden zu tragen bereit ist. Dagegen würde er für Alters- und Abnutzungsschäden des versicherten Schiffes, für notwendige Veränderungen der versicherten Güter auch dann nicht haften, wenn die §§ 59> nicht wären. b) Weiß n u r d e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r , daß der Schaden entstehen muß, daß z. B. der befürchtete Krieg sicher ausbrechen, das kriegsversicherte Schiff sicher beschlagnahmt werden wird, so ist der Vertrag unwirksam (SA 66 Nr. 208). Die subjektive Gewißheit bei dem insoweit Hauptbeteiligten, dem Versicherungsnehmer, entscheidet. Der Fall ist das Gegenstück zu einem der im § 5 behandelten Fälle, zu dem Falle, daß der Versicherungsnehmer bei der Vergangenheitsversicherung weiß, daß der Schaden schon entstanden ist (unten Anm. 9). Der Fall muß deshalb ebenso behandelt werden ( K i s c h 2. 63). Der Versicherungsnehmer muß deshalb die Prämie zahlen. c) Weiß n u r d e r V e r s i c h e r e r , daß der Schaden entstehen muß, so ist der Vertrag wirksam (abw. K i s c h 2. 61). Die subjektive Ungewißheit bei dem insoweit Hauptbeteiligten, dem Versicherungsnehmer, entscheidet. d) Weiß k e i n e r von beiden, daß der Schaden entstehen muß, so ist der Vertrag wirksam. Haben Arbeiter der herstellenden Fabrik mit den versicherten Gütern eine Höllenmaschine verpackt, die während der Dauer der Versicherung zur Explosion und Vernichtung führen muß, so haftet der Versicherer ( K i s c h 2 . 5 5 ) ; grundsätzlich wenigstens (§ 28 Anm.). Hält man aber im übrigen den § 5 für anwendbar (vgl. oben unter b), so muß man den § 5 auch hier anwenden. Der Versicherer ist also frei, wenn der Versicherungsnehmer wissen m u ß t e , daß der Schaden würde entstehen müssen (§ 5 A b s - 1 S a t z 3)e) Der notwendig entstehende Schaden kann ein bloßer T e i l s c h a d e n sein (z. B. in Quarantänekosten bestehen: oben vor a). Weiß in diesem Falle der Versicherungsnehmer oder muß er wissen, daß der Teilschaden entstehen muß, so ist der Versicherer nur insoweit, nicht auch im übrigen frei. Die Nichtanzeige der Umstände, auf denen die Notwendigkeit der Entstehung des Schadens beruht, wird den Versicherer aber regelmäßig gemäß §§ 19, 20 überhaupt befreien. Dann muß, wenn der Schaden nur einen Teil der versicherten Gegenstände betrifft, auch § 27 angewendet werden, wonach der Versicherer wegen des übrigen Teils nur frei ist, wenn er sich auf die Versicherung dieses übrigen Teiles allein nicht eingelassen hätte. Diese Bestimmung wird aber wegen Gleichheit der Interessenlage immer dann angewendet werden müssen, wenn der Versicherer wegen eines notwendig entstehenden Teilschadens frei ist (vgl. auch unten Am. 17). — Uber den Fall, daß der Schaden im Bereich nur eines Teiles der versicherten Gefahren entstehen muß: Anm. 5g. Anm. 7 5. Vergangenheitsversicherung (auch Rückwärtsversicherung genannt). a) Gefahr ist die Möglichkeit der Entstehung des Schadens. Aber nicht notwendig die objektive Möglichkeit. Auch die bloß s u b j e k t i v e M ö g l i c h k e i t der Entstehung des Schadens wird im Verkehr noch als Gefahr angesehen. Es genügt, daß die Be-

Vergangenheitsversicherung

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teiligten die Entstehung des Schadens für möglich halten (vgl. Mot. z. PreußE 1 9 3 : § 5 „bloß putatives Wagnis"). Bei der Schließung einer Gegenwartsversicherung mag objektiv gewiß sein, daß ein Krieg ausbrechen und infolgedessen der Schaden entstehen wird, oder objektiv gewiß, daß kein Krieg ausbrechen und der Schaden nicht entstehen wird; diese Gewißheit allein ändert nichts daran, daß die Gefahr besteht und der Vertrag, durch den der Versicherer sie übernimmt, ein Versicherungsvertrag ist. Deshalb ist auch die Vergangenheitsversicherung ein Versicherungsvertrag, obgleich objektiv gewiß ist, daß der Schaden schon entstanden oder nicht entstanden ist, — wenn dies nur für die Beteiligten ungewiß ist. Deshalb ist es gesetzestechnisch falsch und nur historisch (mit Rücksicht auf frühere Zweifel an der Wirksamkeit der Vergangenheitsversicherung: Begr. z. V V G § 2) zu erklären, was § 2 V V G (und ebenso § 5 ADS) bestimmt: „Die Versicherung kann in der Weise genommen werden, daß sie in einem vor der Schließung des Vertrags liegenden Zeitpunkte beginnt", oder § 785 HGB: „Auf die G ü l t i g k e i t des Vertrags hat es keinen Einfluß, daß zur Zeit des Abschlusses die Möglichkeit des Eintritts eines zu ersetzenden Schadens schon ausgeschlossen oder der zu ersetzende Schaden bereits eingetreten ist". Deshalb wäre es verkehrt, wollte man aus § 5 ( = V V G § 2), der, deutlich erkennbar, nur den Fall der zusammengesetzten Vergangenheitsversicherung (Beginn der Versicherung in der Vergangenheit, Ende der Versicherung in der Zukunft) behandelt, schließen, daß nur die so zusammengesetzte Vergangenheitsversicherung zulässig und wirksam ist. Auch die reine Vergangenheitsversicherung (Beginn und Ende der Versicherung in der Vergangenheit) ist wirksam (vgl. P r ö l ß Anm. 1 zu § 2 V V G , B r u c k - M ö l l e r Anm. 20 zu § 2 V V G ) . Freilich wird sie in der Seeversicherung selten vorkommen (z. B. der Käufer einer schwimmenden Ware übernimmt die Gefahr erst vom Zeitpunkt des Kaufs, der Verkäufer versichert deshalb nachträglich für die Zeit bis zum Kauf). — Übrigens war die Vergangenheitsversicherung schon dem ältesten Versicherungsrecht geläufig (Bensa 86, 89, genues. Ges. um 1420: Bensa 159). b) Abs. 1. Die Versicherung „ k a n n " so genommen werden, daß sie in Anm. 8 der Vergangenheit beginnen soll (insbesondere auch in einem zwischen Antragstellung und -annahme liegenden Zeitpunkt, denn „Schließung des Vertrages" liegt erst bei Abschluß des Vertrags vor; vgl. Bruck-Möller Anm. 14 zu § 2 V V G , P r ö l ß Anm. 1 zu § 2 V V G , anders Bischoff VersR 1957. 695). Der Ausdruck ist verfehlt (oben Anm. 7). Aber er macht ein richtiges klar: Die Versicherung gilt im Z w e i f e l nicht als Vergangenheitsversicherung. Die Parteien müssen darüber einig sein, daß sie Vergangenheitsversicherung sein soll. Die Einigung kann sich aber aus den Umständen ergeben (HansOLG HansRGZ 1928 A 103, 6 5 1 = H R R 1928 Nr. 1908 = J R P V 1928. 30, 73 = Sasse Nr. 377, R G A P V 1933 Nr. 2536, O L G Köln VersR 1952. 268, O L G Düsseldorf J R P V 1933. 192, P r ö l ß Anm. 1 zu § 2 V V G , B r u c k - M ö l l e r Anm. 16 zu § 2 V V G ) . It is sufficient, if it appears by the description of the risk and the subject matter of the contract that the policy was intended to cover a previous loss (amerik. Supr. Court Insurance Co. v. Folsom 1873 bei A r n o u l d 24 s. 22). Für England ist die Frage übrigens ziemlich bedeutungslos, weil Lloyd's Police die Klausel lost or not lost enthält (unten Anm. 46, mißverständlich: K i s c h 2. 119, L e w i s 2. 278 Anm.). In Deutschland vorkommende Klauseln: „Ohne Präjudiz, falls bereits abgegangen" ( R G 43. 143, H G Z 1898. 296), „Ohne Präjudiz, falls das Schiff schon gesegelt sein sollte" ( H G Z 1877. 49, 1889. 6). •— Die Vergangenheitsversicherung kann Hauptversicherung oder Ergänzungsversicherung sein. Wenn Güter durch eine Gegenwartsversicherung gedeckt sind und nach Beginn dieser Versicherung vereinbart wird, daß der Versicherer für Decksgüter — entgegen dem § 85 — unbeschränkt haften soll, so ist diese Vereinbarung natürlich nach den für die Vergangenheitsversicherung geltenden 13«

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Vergangenheitsversicherung

§ 5 Grundsätzen zu behandeln (HGZ 1884. 212). — Gleichgültig ist, ob der Versicherungsnehmer schon vom Beginn der Versicherung das versicherte Interesse gehabt hat (der Reeder nimmt erst nach Abfahrt des Schiffes Versicherung), oder ob er das Interesse erst nachträglich, aber auf den Beginn der Versicherung zurückbezogen, erworben hat (vgl. M I A § 6). — Nicht hierher gehört der Fall, daß ein im Kriege aufgebrachtes Schiff gegen die Gefahr der Kondemnation versichert wird (unrichtig M E 14, S i e v e k i n g 28). Das ist (im Zweifel wenigstens) eine gewöhnliche Gegenwartsversicherung, keine Versicherung, die v o r der Schließung des Vertrages beginnen soll. — Auch eine vorläufige Deckung kann als Rückwärtsversicherung gewährt werden (Prölß VersR 1952. 1 f., B r u c k - M ö l l e r Anm. 14 zu § 2 V V G ) . Anm. 9 E r s t e r F a l l . Der Schaden ist schon entstanden. 1. Wissen Versicherer und Versicherungsnehmer, daß der Schaden schon entstanden ist, so ist der Vertrag (wenn überhaupt wirksam, jedenfalls) kein V e r s i c h e r u n g s v e r t r a g , mögen auch beide ihr Wissen vor einander verheimlicht haben (so auch B r u c k - M ö l l e r Anm. 23 zu § 2 V V G , P r ö l ß Anm. 2 C zu § 2 V V G ; siehe O L G Düsseldorf J R 1933. 192, O L G Stettin J R 1930.420). Anders nur, wenn Ungewißheit über die Höhe des eingetretenen Schadens besteht ( B r u c k - M ö l l e r Anm. 23 zu § 2 V V G , Anm. 5 zu § 1 V V G ) . — Unrichtig R O H G 2. 34, das von der Annahme ausgeht, die Versicherung sei gültig, wenn dem Versicherer der, anzeigepflichtige, Umstand, daß das Schiff untergegangen sei, bekannt gewesen sei. Unrichtig insbesondere auch R G H G Z 1889. 104 (gegen H G Z 1889. 5): Die vertragsmäßige Ausdehnung einer, Kontanten ausschließenden, laufenden Police auf solche Kontanten sei sogar nach Ankunft der Verlustanzeige noch zulässig, der Versicherer hafte, wenn er im Beibuch irrtümlich den Empfang der Deklaration des Versicherungsnehmers bescheinige (vgl. auch § 97 Anm.). — Ob ein solcher „als Versicherungsvertrag ungültiger" Vertrag (HGB § 785 Abs. 2) als ein Vertrag anderer Art gültig ist, richtet sich danach, ob er ein anderes gültiges Geschäft verdeckt (BGB § 1 1 7 Abs. 2), oder ob er den Erfordernissen eines anderen gültigen Geschäfts entspricht und anzunehmen ist, daß die Beteiligten dessen Geltung bei Kenntnis der Ungültigkeit gewollt haben würden (BGB § 140). Auf diese Weise wird der Vertrag kaum je aufrechtzuerhalten sein. Denn der Gedanke, daß der Versicherer etwa aus „Liberalität" oder „Kulanz" sich auf eine Vergangenheitsversicherung einläßt (so H G Z 1884. 212), ist grotesk (nach L G Hamburg, Kammer für Handelssachen, H G Z 1 8 8 4 . 2 1 2 : „in direktem Widerspruch mit kaufmännischen Prinzipien stehend"); der „liberale", „kulante" Versicherer zahlt, aber schließt keine ungültigen Versicherungsverträge. — Ist der Versicherungsvertrag hiernach als ein anderer Vertrag nicht aufrechtzuerhalten, so sind Versicherer und Versicherungsnehmer frei. § 5 ADS, § 2 V V G sprechen es nur für den Fall der zusammengesetzten Vergangenheitsversicherung ausdrücklich aus. Aber es gilt natürlich auch für die reine Vergangenheitsversicherung. § 5 ADS, § 2 V V G sagen nur, daß der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung, der Versicherungsnehmer von der Verpflichtung zur Prämienzahlung frei ist. Aber sie sind natürlich überhaupt frei, der Versicherungsnehmer z. B. auch von der Verpflichtung zur Zahlung von Nebenkosten, zur Unfallsanzeige, zur Schadensminderung usw. 2. Weiß nur der Versicherer, daß der Schaden schon entstanden ist, so ist der Vertrag wirksam. Die Ungewißheit bei dem insoweit Hauptbeteiligten, dem Versicherungsnehmer, entscheidet. Das spricht sich im § 5 Abs. 1 Satz 2 klar aus ( K i s c h 2. 1 3 1 , 136; vgl. A r n o u l d 22 s. 23). Sind mehrere Versicherer vorhanden, so kommt es bei jedem auf seine Kenntnis an. Daran ändert auch eine Führungsklausel nichts, da diese sich nicht auf die Kenntnis von Umständen bei Vertragsschluß erstreckt ( B r u c k M ö l l e r Anm. 39 zu § 2 V V G ) .

Vergangenheitsversicherung

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3. W e i ß n u r d e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r , daß der Schaden schon entstanden § 5 ist, so ist der Versicherungsvertrag seinem Wesen nach unwirksam ( K a e m m e r e r BaumgartnersZ 2.60, O L G Nürnberg MittöffFVA 1 9 1 4 . 9 3 ; unr. R o e l l i BaumgartnersZ 2. 60), on the plainest general principles . . . void ( A r n o u l d 22 s. 23). Die Gewißheit bei dem insoweit Hauptbeteiligten, dem Versicherungsnehmer, genügt. Der Versicherer ist frei. Ohne weiteres; insbesondere ohne daß es einer entsprechenden Erklärung des Versicherers bedarf. Die Ansicht S i e v e k i n g s 28, der Versicherer sei nur „berechtigt, die Unverbindlichkeit geltendzumachen, sie trete nicht kraft Gesetzes ein", ist auch vom Standpunkt des H G B aus unhaltbar; vgl. auch K i s c h 2. 128. An und für sich müßte auch der Versicherungsnehmerer frei sein. Er ist es im allgemeinen auch. Aber kraft positiver Bestimmung erstreckt sich die Unwirksamkeit des Vertrags nicht auf die Prämienpflicht (§ 5 Abs. 1 Satz 3). Der Versicherungsnehmer schuldet die Prämie. Die bedungene oder die übliche oder die angemessene Prämie. Auch die Nebenkosten. Auch Prämienzulagen. Aber natürlich keine Prämienzuschläge. Näheres: § 2 Anm. 1 3 , § 16 Anm. 6. Sind mehrere Versicherungsnehmer vorhanden, so schadet die Kenntnis des einen allen übrigen ( M ö l l e r , Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für das Verhalten Dritter, 1939, 20—25, B r u c k - M ö l l e r Anm. 39 zu § 2 V V G ) . 4. W e i ß k e i n e r von beiden, daß der Schaden schon entstanden ist, so ist der Vertrag wirksam. In allen seinen Teilen. Es wird so angesehen, wie wenn beim Beginn der Vergangenheitsversicherung eine Gegenwartsversicherung genommen wäre. Insbesondere haftet der Versicherer nicht, wenn der Versicherungsnehmer (oder eine Person, deren Verhalten er wie eigenes gegen sich gelten lassen muß: Vorb. V I I I vor § 1, § 33 Anm.) den Schaden vor dem Abschluß des Vertrags vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt hat ( K i s c h 2. 139). Gefahränderungen, die zwischen Versicherungsbeginn und Vertragsschluß vorkommen, werden wie Gefahränderungen, die nach Vertragsschluß vorkommen, betrachtet (§ 24 Abs. 1 Satz 2; abw. und folgewidrig K i s c h 2. 450). Aufwendungen, die der Versicherungsnehmer (oder ein anderer für seine Rechnung) zur Abwendung oder Minderung des Schadens gemacht hat, muß der Versicherer ersetzen (§ 32), usw. — Der Versicherer ist jedoch (ausnahmsweise: § 5 Abs. 1 Satz 3) auch dann frei, wenn der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r w i s s e n m u ß (fahrlässiges Nichtwissen infolge mangelnder Erkundigung: HansOLG HansRGZ 1928 A 103, B 51 = H R R 1928 Nr. 1908 = J R P V 1928. 30, 73 = Sasse Nr. 377), daß der Schaden schon entstanden ist. Der Fall ist ebenso zu behandeln, wie der Fall, daß der Versicherungsnehmer weiß, daß der Schaden schon entstanden ist. Vgl. daher oben. 5. Bei z u s a m m e n g e s e t z t e n Vergangenheitsversicherungen ist zu unterscheiden, ob infolge des Schadens das Interesse ganz weggefallen ist, gar kein Schaden mehr entstehen kann (das versicherte Schiff ist vernichtet), oder ob noch S c h a d e n entstehen kann (das versicherte Schiff ist beschädigt). Der erste Fall hat nichts besonderes. Zum zweiten Fall: 3 1 ) 33> 35) 38, 39). § 66 M I A begnügt sich seltsamerweise nicht damit, zu bestimmen, daß und wie der Versicherer Havariegrosse-Schäden zu ersetzen hat. Er enthält auch Havariegrosse-Rechtssätze. § 66 M I A lautet: ( 1 ) A general average loss is a loss caused by or directly consequential on a general average act. It includes a general average expenditure as well as a general average sacrifice. (2) There is a general average act where any extraordinary sacrifice or expenditure is voluntarily and reasonably made or incurred in time of peril for the purpose of preserving the property imperilled in the common adventure. (3) Where there is a general average loss, the party on whom it falls is entitled, subject to the conditions imposed by maritime law, to a rateable contribution from the other parties interested, and such contribution is called a general average contribution. (4) Subject to any express provision in the policy, where the assured has incurred a general average expenditure, he may recover from the insurer in respect of the proportion of the loss which falls upon him ; and in the case of a general average sacrifice he may recover from the insurer in respect of the whole loss without having enforced his right of contribution from the other parties liable to contribute. (5) Subject to any express provision in the policy, where the assured has paid, or is liable to pay, a general average contribution in respect of the subject insured, he may recover therefor from the insurer. (6) In the absence of express stipulation, the insurer is not liable for any general average loss or contribution where the loss was not incurred for the purpose of avoiding, or in connection with the avoidance of, a peril insured against. (7) Where ship, freight, and cargo, or any two of those interests, are owned by the same assured, the liability of the insurer in respect of general average losses or contributions is to be determined as if those subjects were owned by different persons. H a t der Versicherer Aufopferungsschaden ersetzt, he is then entitled to stand in the place of the assured for the purpose of obtaining contribution from the other interests ( A r n o u l d 975 s. 1000, M I A § 79). Vgl. auch RPAssAvAdj 8ff. Anm. 45 b) F r a n z ö s i s c h e s Recht. Besondere gesetzliche Vorschriften fehlen. L'avarie commune est une fortune de mer dont répond l'assureur. Il y a . . . deux hypothèses possibles : ou bien la chose assurée est l'objet du sacrifice, ou bien la perte consiste dans le paiement de la contribution due par l'assuré. Quelle que soit d'ailleurs la forme de

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la perte subie par l'assuré, celui-ci doit être indemnisé par l'assureur ( D r o z 2. 393). § 2 9 Der Versicherer, der Aufopferungsschaden ersetzt, est subrogé aux droits de l'assuré contre les débiteurs de l'avarie commune et peut exercer l'action en contribution ( R i p e r t Nr. 2792).

§ 3 0 Beiträge

(1) Der Umfang der Haftung des Versicherers für die Beiträge wird durch die Dispache bestimmt. Dies gilt jedoch nicht im Falle des § 29 Abs. 2 ; in diesem Falle finden auf die Schadensberechnung die York-Antwerp-Rules mit Ausnahme der Regel 18 Anwendung. (2) Die Dispache ist von einer nach dem Gesetz oder nach dem Ortsgebrauche dazu berufenen Person aufzumachen. (3) Die Dispache ist am Bestimmungsort oder, wenn dieser nicht erreicht wird, an dem Orte, wo die Reise endigt, aufzumachen. An die Stelle dieses Ortes tritt, wenn an ihm eine nach Absatz 2 geeignete Person nicht ansässig ist, der nächstliegende Ort, an dem eine solche Person ansässig ist. Haben die Beteiligten im voraus vereinbart, daß die Dispache an einem anderen Orte aufzumachen ist, so ist dieser Ort maßgebend. (4) Die Dispache ist nach den Vorschriften aufzumachen, die an dem Orte, an dem die Dispache aufgemacht wird, für die Aufmachung einer Dispache im Falle einer großen Haverei gelten. An die Stelle dieser Vorschriften treten die Vorschriften, die an dem Orte des Heimathafens des Schiffes für die Aufmachung einer Dispache im Falle einer großen Haverei gelten, oder die York-AntwerpRules, wenn nach den zwischen den Beteiligten im voraus getroffenen Vereinbarungen die Dispache gemäß diesen Bestimmungen aufzumachen ist. Kosten, die dadurch entstanden sind, daß die in einem Nothafen ausgeladenen Güter für Rechnung der an der großen Haverei Beteiligten gegen Feuersgefahr versichert worden sind, fallen dem Versicherer auch dann zur Last, wenn sie nach den für die Aufmachung der Dispache maßgebenden Vorschriften nicht zu berücksichtigen sind. (5) Der Versicherungsnehmer hat bei der Aufmachung der Dispache das Interesse des Versicherers wahrzunehmen. Insbesondere hat der Versicherer Kosten, die dem Versicherungsnehmer durch die Auseinandersetzung der an der großen Haverei Beteiligten entstanden sind, nur insoweit zu ersetzen, als sie erforderlich waren. (6) Die Dispache ist auch dann maßgebend, wenn die für ihre Aufmachung geltenden Vorschriften unrichtig angewendet oder wenn tatsächliche Unrichtigkeiten in ihr enthalten sind, es sei denn, daß der Versicherungsnehmer die Unrichtigkeit zu vertreten hat. (7) Steht dem Versicherungsnehmer wegen der Unrichtigkeit der Dispache ein Anspruch gegen einen an der großen Haverei Beteiligten zu, so geht der Anspruch auf den Versicherer über, soweit dieser den Versicherungsnehmer entschädigt. Auf den Ubergang finden die Bestimmungen der §§ 45 und 46 entsprechende Anwendung.

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§ 30

(8) Übersteigt der Beitragswert den Versicherungswert, so haftet der Versicherer für die Beiträge nur im Verhältnisse des Versicherungswerts zum Beitragswert.

Anm. i

i . V g l . H G B §§ 835, 837, 839, A S V B §§ 52, Satz 2, 85, 86, 88, 89, A l t e K Z P , A l t e K R P Zusatz z u §§ 84 Abs. 2, 130 Abs. 12 ( M a t . 2. 103, 104, 107, 108), B S V B §§8, 11, V V G § 133 A b s . 2.

Anm. 2

2. Literatur: § 29 A n m . 2, V o i g t N A f H R 1. 210, 298 (Auswärtige Dispachen im Verhältnis z u m Versicherer), N A f H R 4. 1 1 4 (Havariegrosse-Schätzung und Assekuranztaxe).

Anm. 3

3. § 30 A b s . 1 — 7 hätte ohne Nachteil fehlen können, — wie in den fremden Rechten (unten A n m . 30, 31). W i e im Falle der Haftpflichtversicherung für Kollisionsschaden hätte man sich auch bei der Haftpflichtversicherung für Havariegrosse-Beiträge mit dem Grundsatz begnügen können, d a ß der Versicherer ersetzen m u ß , was der V e r sicherungsnehmer beizutragen verpflichtet ist. Nicht einmal das hätte ausgesprochen z u werden brauchen, d a ß der Versicherer Vorausvereinbarungen gegen sich gelten lassen m u ß , nach denen die Beiträge g e m ä ß den Y A R zu bestimmen sind. N u r § 30 A b s . 1 Satz 2 wäre nötig und d e m § 29 Abs. 2 anzuschließen gewesen.

Anm. 4

4. A b s . 1 Satz 1. W i e Teilschäden des Schiffes, Beschädigungsschäden der Güter usw. „ d u r c h Sachverständige festzustellen" sind (§§ 74, 93 usw.), so werden Beitragsschäden, die v o m Versicherungsnehmer zu entrichtenden Beiträge, durch den Dispacheur festgestellt. Die Dispache, die Havariegrosse-Dispache (general average adjustment), die urkundliche Feststellung und Verteilung der Havariegrosse-Schäden über die Havariegrosse-Genossen, b e s t i m m t den U m f a n g der H a f t u n g des V e r sicherers für die (vom Versicherungsnehmer z u entrichtenden) Beiträge. Eine Schadensfeststellung, die für ein anderes Verhältnis, das Havariegrosse-Verhältnis, bestimmt und dort nicht maßgebend ist, ist für das Versicherungsverhältnis maßgebend.

Anm. 5

a) Die D i s p a c h e ist die von berufener Seite ausgestellte U r k u n d e über die „Feststellung und Verteilung der S c h ä d e n " ( H G B §§ 727, 728). Sie enthält also die Darstellung des Sachverhalts (diese z w a r nicht notwendig), die Feststellung der Havariegrosse-Schäden und der beitragspflichtigen Werte und die Errechnung der V e r g ü t u n g e n und Beiträge, die sich aus dem Verhältnis der Schäden und der Werte ergeben. Anm. 6 b) Die Dispache ist u n t e r d e n H a v a r i e g r o s s e - G e n o s s e n nicht maßg e b e n d . Sie ist a u c h keine „ f ü r alle Beteiligten vorläufig feststehende Schadensauseinandersetzung" (so O A G L ü b e c k KierulfF 1. 924, folgend B o y e n s 2. 557, O L G H a m b u r g Rspr 6. 357). Sie kann aber durch g e r i c h t l i c h e B e s t ä t i g u n g für maßgebend erklärt werden ( F G G §§ 1 5 3 — 1 5 8 ) . U n d kein Havariegrosse-Genosse kann vor A u f m a c h u n g der Dispache V e r g ü t u n g verlangen ( H G Z 1901. 201). D a sie die Grundlage für das gerichtliche Bestätigungsverfahren bildet, kann der Dispacheur sie (von Schreibfehlern, Rechnungsfehlern und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten abgesehen; vgl. Z P O § 3 1 9 ) nicht berichtigen oder ergänzen ( S c h a p s - A b r a h a m I I A n m . 2 zu § 153 F G G , O A G L ü b e c k K i e r u l f f 1. 924, O L G H a m b u r g Rspr 6. 357). „ S a l v o - i u r e " Dispachen sind keine Dispachen im Sinne des Gesetzes oder der A D S ( S c h a p s A b r a h a m II A n m . 1 z u § 150 F G G , U l r i c h - B r ü d e r s - H o c h g r ä b e r I. 225, H G Z 1905. 118; vgl. a u c h H G Z 1881. 334). Anm. 7

5. Die Dispache ist f ü r d a s V e r s i c h e r u n g s v e r h ä l t n i s m a ß g e b e n d . A b e r nur beschränkt. a) Die Dispache ist nur f ü r d i e B e i t r ä g e des Versicherungsnehmers m a ß g e b e n d (für diejenigen, die er den Havariegenossen z u entrichten, und für diejenigen, die er,

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f ü r Havariegrosse-Kosten, „selbst zu t r a g e n " h a t : § 29 A n m . g). N i c h t f ü r d i e A u f - § 3 0 O p f e r u n g e n des versicherten Gegenstandes; insoweit bestimmt sich die H a f t u n g des Versicherers n a c h den f ü r den Fall der besonderen Haverei geltenden Bestimmungen (§31)b) Die Dispache ist n u r f ü r d e n U m f a n g d e r H a f t u n g des Versicherers A n m . 8 m a ß g e b e n d . Sie ist n i c h t d a f ü r m a ß g e b e n d , o b d e r Versicherer haftet, insbesondere nicht d a f ü r , o b Versicherungsschaden d u r c h die Havariegrosse-Maßregel a b g e w e n d e t w e r d e n sollte (über G e n e h m i g u n g unrichtiger Dispachen d u r c h „ K o r r e s p o n d e n t e n " des Versicherers: H G u. O G H a m b u r g , O A G Lübeck H a m b S 2. 1092, Ullrich N r . 250, S e e b o h m 502). Sie ist a u c h n i c h t d a f ü r m a ß g e b e n d , o b d e r Fall n a c h d e m m a ß g e b e n d e n Havariegrosse-Recht ein Havariegrosse-Fall ist. Sie ist n u r m a ß g e b e n d , w e n n die richtige Person (Abs. 2) sie a m richtigen O r t e (Abs. 3) n a c h d e m richtigen Havariegrosse-Recht (Abs. 4) a u f g e m a c h t hat. Sie ist n u r m a ß g e b e n d f ü r den U m f a n g d e r H a f t u n g des Versicherers, f ü r die H ö h e des Beitrags, d e r i m Havariegrosse-Fall von d e r richtigen Person a m richtigen O r t e n a c h richtigem Havariegrosse-Recht errechnet ist. O b die R e c h n u n g r i c h t i g o d e r f a l s c h ist, o b sie falsch ist, weil das richtige Havariegrosse-Recht unrichtig a n g e w e n d e t ist oder weil tatsächliche Unrichtigkeiten, falsche Wertfeststellungen usw., vorgekommen sind, ist o h n e Bedeutung (über offenbare Unrichtigkeiten oben A n m . 6). § 30 Abs. 6 bestimmt es noch einmal besonders. D a r a u s wird zu folgern sein, d a ß die Dispache a u c h d a n n m a ß g e b e n d ist, w e n n sie g r o b e U n r i c h t i g k e i t e n enthält, w e n n die Feststellung d e r Beiträge „ o f f e n b a r unbillig" (vgl. BGB §§319, 317) oder d u r c h I r r t u m , T ä u s c h u n g usw. beeinflußt ist (vgl. BGB § 318). D e m Versicherer bleibt überlassen, sich mit d e n ü b r i g e n Havariegrosse-Genossen wegen der Unrichtigkeit auseinanderzusetzen u n d insbesondere das i h n e n vom Versicherungsnehmer zuviel Gezahlte wieder herauszuverlangen (Abs. 7; vgl. aber a u c h u n t e n A n m . 25). — O b der Versicherungsnehmer den Beitrag bereits gezahlt h a t oder nicht, ist natürlich ohne Bedeutung ( H G Z 1902. 54). c) Die unrichtige Dispache ist m a ß g e b e n d , m a g der Versicherungsnehmer b e - A n m . 9 n a c h t e i l i g t o d e r b e g ü n s t i g t sein. Insbesondere a u c h , w e n n er begünstigt ist. So etwa, w e n n der versicherte Gegenstand verlorengegangen oder beschädigt u n d u m gelegt ist, der S c h a d e n aber nicht mit zur großen H a v e r e i gehört (vgl. H G B § 837 Abs. 3), oder w e n n der S c h a d e n zwar z u r großen H a v e r e i gehört, aber zu hoch ang e n o m m e n ist (vgl. A S V B § 8 8 Abs. 3 a. E.). Diese Fälle der Begünstigung k o m m e n f ü r die A D S nicht in Betracht. D e n n d e r Versicherungsnehmer wird in j e d e m Falle n a c h den f ü r die besondere Haverei geltenden Bestimmungen entschädigt (§ 31). Der Versicherungsnehmer k a n n aber d a d u r c h begünstigt sein, d a ß von i h m aufgewendete Kosten umgelegt sind, die nicht zur großen Haverei gehören. Die Dispache ist m a ß gebend. Der Versicherer m u ß den Beitrag a u c h insoweit ersetzen, als ein Teil der Kosten d a r i n enthalten ist. D e r Versicherungsnehmer wird es aber wohl stets zu vertreten h a b e n , d a ß seine A u f w e n d u n g e n (z. B. nicht z u r großen H a v e r e i gehörende Hafenkosten) in die Dispache a u f g e n o m m e n sind u n d diese d a d u r c h unrichtig geworden ist (§ 30 Abs. 6 ; V o i g t N A f H R 4. 129). d) Die Dispache ist m a ß g e b e n d . O h n e D i s p a c h e b r a u c h t d e r V e r s i c h e r e r A n m . 10 n i c h t z u e n t s c h ä d i g e n ( R G 8 9 . 4 8 , O A G Lübeck H a m b S 4 . 4 5 4 , H G H a m b u r g H G Z 1872. 295). „ D i e Dispache ist nicht bloß Beweisurkunde, sondern Bedingung f ü r den E r s a t z a n s p r u c h " ( K i s c h W u R V e r s 1916.329). — N a c h § 8 3 9 H G B bedarf es keiner Dispache, „ w e n n die Einleitung des (Dispache-) Verfahrens o h n e Verschulden des Versicherten unterblieben ist" (vgl. E 1910 § 3 4 Abs. 8). Die Vorschrift ist notwendig f ü r das H G B u n d d e n Fall, d a ß der versicherte Gegenstand aufgeopfert ist. Sie ist f ü r die A D S insoweit überflüssig; d e n n der Versicherer ersetzt solche Auf33

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

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§ 3 0 Opferungen gemäß § 31 und der Versicherungsnehmer braucht den Beitrag ohne Dispache nicht zu zahlen ( H G Z 1901. 201). Die Vorschrift des § 839 H G B wäre dagegen nützlich für den Fall, daß der Versicherungsnehmer Havariegrosse-Kosten aufgewendet hat. Sie findet aber nach den A D S keine Anwendung (§ 126 Satz 2). Der Versicherungsnehmer muß die Aufmachung der Dispache betreiben, sowohl um von seinen Havariegrosse-Genossen die Vergütung, als um vom Versicherer den Beitrag zu erhalten (vgl. H G B § 7 2 8 Abs. 2). Anm, n

6. A b s . 1 S a t z 2 . Ausgenommen ist der Fall des § 29 Abs. 2: Sind a u s s c h l i e ß l i c h G ü t e r d e s R e e d e r s g e l a d e n , so wird der Umfang der Haftung des Versicherers für die Beiträge nicht durch die Dispache bestimmt. Die Y A R sind a n z u w e n d e n (und § 30 Abs. 8). Der Versicherungsnehmer muß dem Versicherer eine Schadensrechnung mitteilen, die auf der Grundlage der Y A R aufgestellt ist (§44 Abs. 1). Der Versicherungsnehmer wird die Schadensrechnung regelmäßig nicht selbst aufstellen können und deshalb durch einen Dispacheur aufstellen lassen müssen. Die Dispachekosten muß er allein tragen (§ 32 Abs. 1 Nr. 3). Andererseits kann auch der Versicherer nicht verlangen, daß die Schadensrechnung von einem Dispacheur aufgestellt wird (§§ 29 Abs. 2, 44 Abs. 2). Wenn er es verlangt und der Versicherungsnehmer dem Verlangen entspricht, muß der Versicherer die ganzen Kosten ersetzen. Ist das Schiff beschädigt, so kann der Güterversicherer keine Feststellung gemäß § 74, sind die Güter beschädigt, so kann der Kaskoversicherer keine Feststellung gemäß § 93 verlangen. Hier sind Mängel, die verständiger Weise dadurch überwunden werden müssen, daß die Aufmachung der Dispache auf der Grundlage der A D S und unter Berücksichtigung der Dispachekosten vereinbart wird. — Über die Y A R von 1950: S c h a p s - A b r a h a m I I 959fr. Die sog. Buchstabenregeln A — G der Y A R und deren Regeln 1 — 2 2 wollen den Gegenstand zwar nicht unbedingt erschöpfen, doch sind nach der Rule of Interpretation nationale Rechte oder nationale Gebräuche oder auch solcher internationaler Art nur insoweit zugelassen, als sie mit den Y A R nicht in Widerspruch stehen. Vgl. dazu S c h a p s - A b r a h a m I I 961. Die nach § 30 Abs. 1 Satz 2 nicht zur Anwendung kommende Regel 18 der Y A R ist in den Y A R 1950 gestrichen. Insbesondere für die Aufmachung der Dispache kommen noch die nationalen Rechte in Betracht. Sie ist in den Y A R 1950 nicht geregelt, steht aber auch nicht in Widerspruch zu ihnen, wie sich insbesondere aus Regel G Abs. 2 ergibt, wonach diese Regel nicht die Bestimmung des Ortes berühren soll, an dem die Dispache aufzumachen ist.

Anm. 12

7. A b s . 2 . W e r m u ß d i e D i s p a c h e a u f m a c h e n ? Natürlich eine unbeteiligte Person (OG Hamburg, O A G Lübeck H a m b S 2. 1094). I m übrigen: a) entweder e i n e n a c h d e m G e s e t z d a z u b e r u f e n e P e r s o n H G B § 72g Abs. 1). Gesetzlich berufen sind nach deutschem Rechte:

(„Dispacheur":

1. die e i n f ü r a l l e m a l d a f ü r b e s t e l l t e n Personen ( H G B § 729 Abs. 1). Näheres: S c h a p s - A b r a h a m I I Anm. 2 zu § 729 H G B ; dazu H a m b G über das Dispachewesen v. 12. J u l i 1922 = S c h a p s - A b r a h a m I I 953—955. 2. für den Fall, daß ein für allemal bestellte Personen fehlen: die v o m G e r i c h t b e s o n d e r s e r n a n n t e Person ( H G B § 729 Abs. 1). Zuständig ist das Amtsgericht des Ortes, an dem die Havariegrosse-Schäden zu verteilen sind ( F G G §§ 145, 149). 3. die deutschen K o n s u l n im Ausland auf Antrag des Kapitäns (KonsOG § 36). b) oder e i n e n a c h d e m O r t s g e b r a u c h d a z u b e r u f e n e P e r s o n . Vielfach, insbesondere in den Hansestädten, werden gebräuchlicherweise (namentlich auf Grund allgemeiner Vereinbarungen zwischen Assekuradeuren, Reedern, Exporteuren usw.) bestimmte, als tüchtig allgemein anerkannte Privatdispacheure mit der Aufmachung der Dispache beauftragt. Demgemäß schon AllgPlan 1847 § 86: Die Dispache sei „ v o n

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den durch Gesetz oder Usance dazu autorisierten Personen aufzumachen". DerGebrauch, § 30 die Usance, muß sich gerade auf die Person beziehen, damit diese als berufen erscheint. Vgl. auch H G Hamburg Seebohm 186: Die Dispache müsse von Personen aufgemacht sein, „deren man sich zum Zweck der Dispachirung mit Vertrauen auf eine sachkundige und gerechte Ausübung dieses Geschäfts bedienen könne, und deren sich der Handelsstand des Dispacheplatzes opinione necessitatis regelmäßig bediene, nicht aber . . . von Privatpersonen . . welchen gar keine Autorität innewohne". — Ein Gebrauch, nach dem jede geeignete Person mit der Aufmachung der Dispache beauftragt werden kann, genügt nicht (HG u. OG Hamburg HambS 4. 450). — Eine Dispache, die nicht von einer durch Ortsgebrauch, sondern durch Vereinbarung aller Havariegrosse-Genossen berufenen Person aufgemacht ist, ist (zwar für das Havariegrosse-Verhältnis, aber) nicht für das Versicherungsverhältnis maßgebend; sie ist für das Versicherungsverhältnis nur maßgebend, wenn auch der Versicherer zugestimmt hat ( R G H G Z 1902. 3 1 0 ; unrichtig H G u. OG Hamburg N A f H R 1. 225, anscheinend gebilligt von V o i g t 534: Die Dispache, die von einer durch Vereinbarung der Havariegrosse-Genossen berufenen Person aufgemacht sei, sei maßgebend, weil das am Dispacheort geltende Recht solche Vereinbarungen gestatte, — aber welches Recht gestattet solche Vereinbarungen nicht?). Der K a p i t ä n muß die Aufmachung der Dispache veranlassen (HGB § 728 Anm. 13 Abs. 1). Er hat unter den vom Gesetz und den vom Ortsgebrauch berufenen Personen zu w ä h l e n . Zögert er, so kann jeder Beteiligte die Aufmachung der Dispache betreiben (HGB § 728 Abs. 2) und wählen. Hat der Kapitän oder ein Beteiligter gewählt, eine zuständige Person mit der Aufmachung der Dispache beauftragt, so ist das Wahlrecht „ein für allemal für alle Beteiligten ausgeübt" (HGZ 1890. 15). Der Kapitän oder ein anderer Beteiligter kann nicht mit Wirkung für das Versicherungsverhältnis eine andere Person beauftragen. — Der Versicherer ist als solcher kein „Beteiligter", kann also auch nicht die Aufmachung der Dispache betreiben. Anders, wenn ihm gemäß §31 Abs. 2 der Vergütungsanspruch zusteht, er also an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist. Die D i s p a c h e u r d i s p a c h e ist vor der Dispache des Privatdispacheurs ausge- Anm. 14 zeichnet. Nur der Dispacheur kann von den Beteiligten die Vorlegung der erforderlichen Urkunden verlangen (HGB § 729 Abs. 2; ebenso nur derjenige Privatdispacheur, auf den alle Beteiligten sich geeinigt haben). Nur die Dispacheurdispache kann gerichtlich bestätigt werden (FGG §§ 14g—158). Man darf also die Dispache des Privatdispacheurs nicht als eine der Dispacheurdispache „vollkommen gleichzuachtende" bezeichnen (so H G Z 1902. 53, gebilligt von R G H G Z 1902. 310, O L G Hamburg Rspr 6. 357, wenn hier auch nur gemeint ist, daß die Dispache des durch allgemeine Vereinbarung berufenen Dispacheurs für das Verhältnis der Beteiligten ebenso maßgebend sei, wie die Dispacheurdispache).

8. Abs. 3. Wo ist die Dispache aufzumachen?

a) In erster Linie dort, w o sie n a c h e i n e r i m v o r a u s (d. h. vor der Havariegrosse-Maßregel) von den (sämtlichen) Havariegrosse-Genossen getroffenen V e r e i n -

barung aufzumachen ist.

b) In zweiter Linie a m B e s t i m m u n g s o r t oder, wenn dieser nicht erreicht wird, dort, w o die R e i s e e n d i g t (so auch H G B § 727), und, wenn hier keine für die Aufmachung der Dispache zuständige Person ansässig ist, a m n ä c h s t m ö g l i c h e n O r t e . Ist die Ladung nach mehreren Orten bestimmt, so kann die Dispache auch am letzten Bestimmungsort aufgemacht werden (Heck 439, S c h a p s - A b r a h a m I I Anm. 1 zu § 727 HGB, W ü s t e n d ö r f e r S H R 3 1 7 ) ; der Kapitän muß in diesem Falle jedoch in den Zwischenhäfen für die nötigen Feststellungen und Sicherstellungen sorgen (SchapsAbraham a . a . O . ; anders B r a n d i s Seerecht 2. 110, A. S i e v e k i n g Seerecht 260). 33*

Anm. 15

516 § 30 Anm. 16

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g. Abs. 4. Nach welchem Rechte ist die Dispache aufzumachen? a) In erster Linie nach d e m Rechte des Heimathafens oder nach den YAR, w e n n das eine oder das andere i m v o r a u s (d. h. vor der Havariegrosse-Maßregel) von den (sämtlichen) Havariegrosse-Genossen v e r e i n b a r t ist. — Heimathafen ist der Hafen, von d e m aus die Seefahrt mit d e m Schiffe betrieben wird ( H G B §480). — Eine V e r e i n b a r u n g der Havariegrosse-Genossen, w o n a c h all questions of général average to be settled according to the custom of the L o n d o n Underwriters at Lloyds (vgl. R O H G 25. 3), braucht der Versicherer also nicht gegen sich gelten z u lassen.

b) In zweiter Linie n a c h d e m R e c h t e d e s O r t e s , w o nach § 30 Abs. 3 d i e D i s p a c h e a u f z u m a c h e n ist. Dieses Recht, das R e c h t des Dispacheorts, ist auch nach (deutschem und fremdem) internationalem Privatrecht für die A u f m a c h u n g der Dispache, für die Frage, welche Schäden Havariegrosse-Schäden, wie sie z u verteilen sind, und ob der Fall überhaupt ein Havariegrosse-Fall ist, maßgebend ( H e c k 5 1 7 , S c h a p s A b r a h a m I I A n m . 32 zu § 700 H G B , auch A n m . 6 z u § 727 H G B , R O H G 7. 168, 8. 295, 25. 25, R G 38. 3, H G Z 1882. 76, 1893. 304, O G H a m b u r g H G Z 1872. 335). Verweist das internationale Privatrecht des Dispacheorts auf ein anderes Havariegrosse-Recht, so ist die Dispache nach diesem letzteren R e c h t e aufzumachen ( R O H G 8. 294). — W i r d die Dispache von einem deutschen Konsul im Ausland aufgemacht (vgl. oben A n m . 12), so werden die Havariegrosse-Genossen meist (audrücklich oder stillschweigend) damit einverstanden sein, d a ß nach deutschem R e c h t e dispachiert wird. Der Versicherer ist hieran j e d o c h nur gebunden, w e n n er zugestimmt hat. Das R e c h t , nach d e m die Dispache aufzumachen ist, entscheidet natürlich nicht darüber, o b ein Schaden entstanden, ob z. B. infolge der Havariegrosse-Maßregel Fracht entgangen und deshalb vergütungsberechtigt ist. O b Fracht verloren ist, richtet sich vielmehr nach dem Frachtvertrag und d e m diesen V e r t r a g beherrschenden R e c h t e ( H G Z 1893. 304, H G u. O G H a m b u r g H G Z 1879. 32, 36). Ist die L a d u n g nach mehreren O r t e n bestimmt, so kann z w a r die Dispache a m letzten Bestimmungsort aufgemacht werden (oben A n m . 15). Sie m u ß aber nach dem R e c h t e des Ortes aufgemacht werden, an dem sie eigentlich aufzumachen wäre ( V o i g t 528, H G H a m b u r g Ashers Rechtsfälle 1834, 1. 213). A n m . 17 10. Die nach dem maßgebenden Havariegrosse-Recht aufgemachte Dispache ist m a ß g e b e n d . M a ß g e b e n d f ü r d e n V e r s i c h e r e r : Der Versicherer kann insbesondere nicht einwenden, d a ß in die Dispache Kosten aufgenommen seien, die nach dem R e c h t e des Versicherungsvertrags keine Havariegrosse-Kosten sind (oben A n m . 9). M a ß g e b e n d f ü r d e n V e r s i c h e r u n g s n e h m e r : Der Versicherungsnehmer kann insbesondere nicht einwenden, d a ß in die Dispache Kosten nicht aufgenommen seien, die nach d e m R e c h t e des Versicherungsvertrags Havariegrosse-Kosten sind. N u r das letzte spricht § 835 Abs. 2 H G B besonders aus: Es „ k a n n der Versicherte, wenn der Schaden nach d e m a m O r t e der A u f m a c h u n g geltenden R e c h t e als große Haverei nicht anzusehen ist, den Ersatz des Schadens von dem Versicherer nicht aus dem G r u n d e fordern, weil der Schaden nach einem anderen Rechte, insbesondere nach dem Rechte des V e r sicherungsorts, große Haverei sei", — überflüssigerweise; denn es folgt, wie das erste, ohne weiteres aus § 835 Abs. 1 H G B , aus der maßgebenden Bedeutung der Dispache (Begr. z. E 1910 § § 3 0 — 3 4 , V o i g t 538). A n m . 18

a) S c h ä d e n , insbesondere Kosten, die in die Dispache nicht aufgenommen sind, weil sie n a c h d e m maßgebenden H a v a r i e g r o s s e - R e c h t besondere Haverei sind, und die auch n a c h d e m R e c h t e d e s V e r s i c h e r u n g s v e r t r a g s in die Dispache nicht aufzunehmen gewesen wären, weil sie auch nach diesem Rechte b e s o n d e r e H a v e r e i sind, sind natürlich als besondere Haverei zu ersetzen.

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b) S c h ä d e n , insbesondere Kosten, die in die Dispache nicht a u f g e n o m m e n sind, § 3 0 weil sie n a c h d e m m a ß g e b e n d e n H a v a r i e g r o s s e - R e c h t b e s o n d e r e Haverei (oder A n m . jedenfalls nicht große Haverei) sind, die aber n a c h d e m R e c h t e d e s V e r s i c h e r u n g s v e r t r a g s g r o ß e H a v e r e i sind u n d a u c h n a c h diesem R e c h t e , w e n n sie keine g r o ß e H a v e r e i w ä r e n , z u e r s e t z e n (insbesondere als S c h a d e n a b w e n d u n g s - K o s t e n zu ersetzen) sein w ü r d e n , m u ß der Versicherer ersetzen. Anders V o i g t 541, N A f H R 1. 305: Aus der m a ß g e b e n d e n Bedeutung der Dispache folge, d a ß Schäden, die n a c h d e m R e c h t e des Versicherungsvertrags Havariegrosse-Schäden seien, entweder als solche oder ü b e r h a u p t nicht zu ersetzen seien (ebenso Begr. z. E 1910 §§ 30—34). D a g e g e n mit R e c h t G ü t s c h o w 23, H e c k 502, S i e v e k i n g 128, H G Z 1890. 304, 1891. 256. Die U r h e b e r des Gesetzes h a b e n es nicht aussprechen wollen (Prot. 3527, 3538, 4357). Aus d e m Gesetz ist es nicht abzuleiten. Aus d e m Gesetz ergibt sich n u r , d a ß Schäden, die nicht in die Dispache a u f g e n o m m e n sind, d e m Versicherer nicht als H a v a r i e g r o s s e - S c h ä d e n zur Last g e b r a c h t werden können, — dagegen nicht, d a ß i h m solche S c h ä d e n nicht aus einem a n d e r e n G r u n d e zur Last gebracht werden können ( H G B § 8 3 5 Abs. 2). c) Deshalb bestimmt § 8 6 Abs. 3 Satz 2 A S V B ausdrücklich, d a ß „ H e u e r , K o s t A n m . u n d L o g i s g e l d e r d e r S c h i f f s m a n n s c h a f t " , die in die Dispache nicht aufg e n o m m e n sind, „ d e m Versicherer als Particulair-Haverei nicht zur Last g e b r a c h t w e r d e n k ö n n e n " . So gehören z. B. H e u e r u n d Unterhaltskosten i m N o t h a f e n n a c h englischem R e c h t e ü b e r h a u p t nicht, n a c h französischem R e c h t e n u r ausnahmsweise z u r großen H a v e r e i (unten A n m . 30, § 29 A n m . 32, C. de c o m m . Art. 400 N r . 6). W i r d also die Dispache n a c h englischem oder französischem Havariegrosse-Recht aufg e m a c h t , so w e r d e n H e u e r u n d Unterhaltskosten nicht berücksichtigt. § 86 Abs. 3 A S V B wies besonders d a r a u f h i n , d a ß der Versicherungsnehmer Ersatz dieser (besonders bedeutsamen) Kosten v o m Versicherer nicht etwa deshalb verlangen könne, weil n a c h deutschem R e c h t e H e u e r u n d Unterhaltskosten z u r großen H a v e r e i gehören. Es w a r n ä m l i c h f r ü h e r in H a m b u r g G e b r a u c h gewesen, „ i n der Havarie-particulairDispache Kost- u n d Monatsgelder zu Lasten des Versicherers zu bringen, w e n n solche nicht in die auswärtige Dispache a u f g e n o m m e n worden w a r e n " ( V o i g t 306). Dieser „bisherige G e b r a u c h . . . fällt w e g " , bestimmte § 104 AllgPlan 1847 wegen der üblen E r f a h r u n g e n , die m a n mit i h m g e m a c h t h a t t e (vgl. d a z u a u c h M o t . z. P r e u ß E 344). Diesen „bisherigen G e b r a u c h " nicht wieder einreißen zu lassen, w a r § 86 Abs. 3 Satz 2 A S V B bestimmt. E r hatte, gleich d e m § 104 AllgPlan 1847, i m übrigen „ n u r historische B e d e u t u n g " ( V o i g t N A f H R 4. 255, 298). I h m liegt insbesondere nicht etwa die E r w ä g u n g z u g r u n d e , d a ß H e u e r u n d Unterhaltskosten i m N o t h a f e n d e m Versicherer als S c h a d e n a b w e n d u n g s - K o s t e n zur Last g e b r a c h t w e r d e n können. Diese E r w ä g u n g w ä r e unrichtig (§ 29 A n m . 32). Der Schaden ist abgewendet, w e n n das Schiff i m N o t h a f e n in Sicherheit ist. A u c h zur großen H a v e r e i w e r d e n H e u e r u n d Unterhaltskosten j a nicht sowohl deshalb gerechnet, weil sie zur E r r e t t u n g von Schiff u n d L a d u n g aus gemeinsamer G e f a h r aufgewendet sind, sondern aus „Billigkeitsrücksichten" (Prot. 3539), als Kosten, die im Sinne des § 700 H G B d u r c h eine R e t t u n g s m a ß r e g e l „ f e r n e r v e r u r s a c h t " sind. Deshalb ist § 86 Abs. 3 Satz 2 A S V B in die A D S nicht ü b e r n o m m e n . A u c h deshalb nicht, weil fast d u r c h w e g n a c h den Y A R dispachiert wird u n d n a c h Y A R X I H e u e r u n d Unterhaltskosten i m N o t h a f e n i m allgemeinen z u r großen H a v e r e i gehören (vgl. hierzu a u c h R P A s s A v A d j 44 bei A r n o u l d 1344: T h a t t h e a m o u n t to be allowed . . . for t h e m a i n t e n a n c e of officers a n d crew shall be t h e actual cost of such m a i n t e n a n c e where p r o v e d ; b u t where proof of actual cost is not furnished to t h e adjuster, the allowance shall be d e t e r m i n e d by t h e u n d e r m e n t ioned scale . . .).

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§ 30 d) Für „ L a g e r u n g s - und F e u e r v e r s i c h e r u n g s k o s t e n " im Nothafen nahm Anm. 21 § 86 Abs. 3 Satz 1 ASVB den entgegengesetzten Standpunkt ein. Sie sollten „dem Versicherten ersetzt werden, wenn sie in der ausländischen Dispache nicht in großer Haverei aufgenommen sein sollten". Man hat diese Bestimmung mit Recht als teils überflüssig, teils unbegründet bezeichnet (Begr. z. E 1910 §§ 30—34, G ü t s c h o w 23, V o i g t 543). Sie ist überflüssig, soweit sie Lagerkosten betrifft. Denn Lagerkosten gehören allgemein zur großen Haverei (von geringen Abweichungen der Havariegrosse-Rechte abgesehen; vgl. z. B. RPAssAvAdj 17fr. bei A r n o u l d 1336). Sie ist unbegründet, soweit sie Feuerversicherungs-Kosten betrifft, die zwar nach deutschem Recht (Heck 300, S c h a p s - A b r a h a m II Anm. 54 zu § 706 HGB), nicht aber auch nach allen fremden Rechten zur großen Haverei gehören (Heck 300). Werden Nothafen-Güter feuerversichert, so kann dies (verständiger Weise) nur so geschehen, daß teils das Interesse der durch ein Ladungspfandrecht geschützten HavariegrosseGenossen, teils das gewöhnliche Eigentümerinteresse versichert, die Versicherung also teilweise als Havereigelder-Versicherung, teilweise als Güterversicherung genommen wird. Als Güterversicherung konkurriert sie mit der Seeversicherung (wenn sie nicht etwa als Rückversicherung genommen ist; vgl. §1 Anm. 115); es entsteht Doppelversicherung, die Prämie wäre umsonst ausgegeben. Denn die Seeversicherung deckt die Güter auch im Nothafen. Warum der Seeversicherer die Prämie ersetzen soll, ist nicht einzusehen. Soweit die Feuerversicherung Havereigelder deckt, hat sie freilich wirtschaftliche Bedeutung. Aber diese ist zu gering, als daß es sich ihrethalben verlohnt hätte, den Grundsatz zu brechen, daß die Dispache für die Entschädigung maßgebend ist. E igio hatte deshalb auch den § 86 Abs. 3 Satz 1 ASVB nicht übernommen. Die Kaufmannschaft bestand jedoch auf Aufnahme dieser Bestimmung, deren Bedeutung sie offenbar verkannte. Dem Wunsche ist für die Feuerversicherungs-Kosten entsprochen: Die Kosten für die Feuerversicherung von Nothafen-Gütern sind auch dann zu ersetzen, wenn sie nach dem maßgebenden Havariegrosse-Recht nicht zu berücksichtigen (und nicht berücksichtigt) sind. Anm. 22

11. A b s . 5. Der Versicherungsnehmer hat bei der Aufmachung der Dispache d a s Interesse des Versicherers wahrzunehmen (den Vorteil des Versicherers: § 1 Anm. 7). Natürlich; denn er muß ja „nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens sorgen" (§ 41 Abs. 1, Begr. z. E 1910 §§ 30—34). Diese Verpflichtung zur Schadensabwendung sollte nur für den Fall der großen Haverei besonders hervorgehoben werden. § 30 Abs. 5 ist deshalb auch aus § 41 zu ergänzen. Der Versicherungsnehmer muß insbesondere dafür „sorgen", daß „nach Möglichkeit" die Vergütung nicht zu klein, der Beitrag nicht zu groß berechnet wird, auch wenn sein Interesse dem Interesse des Versicherers zuwiderläuft, er z. B. nur das Schiff, nicht auch die Fracht versichert und deshalb ein Interesse daran hat, daß die dem Schiffe gebührende Vergütung und der von der Fracht zu entrichtende Beitrag möglichst gering ausfällt. „Weisungen" des Versicherers muß er gemäß § 41 Abs. 1 Satz 2, 3, Abs. 2 einholen und befolgen. Wenn er die Pflicht zur Wahrnehmung des Interesses des Versicherers schuldhaft verletzt, haftet der Versicherer für die Beiträge nicht, soweit diese dem Versicherungsnehmer infolge der Pflichtverletzung zur Last gelegt sind (§ 41 Abs. 3). Hat die Pflichtverletzung zur Folge, daß das Havariegrosse-Recht unrichtig angewendet oder die Dispache tatsächlich unrichtig wird, so ist die Dispache überhaupt nicht maßgebend (§ 30 Abs. 6). — Näheres: §41 Anm. Anm. 23 „ I n s b e s o n d e r e " muß der Versicherungsnehmer natürlich dafür sorgen, daß bei der Auseinandersetzung der Havariegrosse-Genossen keine u n n ö t i g e n K o s t e n entstehen. Denn diese Kosten gehören zur großen Haverei, werden also in den Beiträgen auf die Havariegrosse-Genossen mit umgelegt. Dazu gehören z. B. die Kosten der

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Schadensermittlung, Schadensfeststellung und Schadensschätzung (HGZ 1880. 74, 104: § 30 Kosten der Verklarung, L G Hamburg HGZ 1883. 256: Kosten des Journalauszugs, LG Hamburg HGZ 1881. 223: Taucherkosten, HGZ 1900. 282: Dockkosten usw.), die Kosten der Dispache (der Ermittlung der Vergütungs- und Beitragswerte, Gebühren und Auslagen des Dispacheurs: HGZ 1894. 254), insbesondere auch die Kosten, die dem versicherten Havariegrosse-Genossen durch die Wahrnehmung seines Interesses gegenüber dem Havariegrosse-Verband entstehen; vgl. z. B. HGZ 1881. 224: Reiseund Depeschenkosten, HGZ 1880. 104, LG Hamburg HGZ 1880. 76: Vergütung und Auslagen von Havariekommissaren. Insbesondere die zuletzt erwähnten Kosten haben oft Anlaß zu Ärgernis gegeben. Die Kosten des Havariekommissars sind, zumal im Ausland, nicht selten übermäßig hoch (vgl. R G 86.47, HGZ 1880. 104, 1883. 256, OAG Lübeck HambS 2. 1093, LG Hamburg HGZ 1880. 76) oder unnötig (vgl. HGZ 1881. 225, 1890. 272, LG Hamburg HGZ 1881. 223). Und die Havariegrosse-Genossen sind gern auf fremde Kosten freigebig. „Unbedenklich", glaubt V o i g t Erläuterungen 1863. 49 gar behaupten zu können, „daß erfahrungsmäßig ein nicht geringer Teil der kleinen, namentlich der kleinen transatlantischen Generalhavereien nur oder doch wesentlich nur durch das Bestreben, solche Provisionen berechnen zu können, veranlaßt zu werden pflegt, gegen welches Bestreben es an einer kräftigen Gegenwirkung aus dem Grunde meistens fehlt, weil die Beteiligten fast ausnahmslos durch Assekuranz gedeckt sind, so daß diejenigen, welche an den Provisionen nicht selbst partizipieren, doch ihres Rückgriffes sicher sein können" (vgl. auch V o i g t 529). Deshalb bestimmten die Alte K R P und Alte K Z P zum § 130 ASVB (Mat. 2. 104, 108), daß der Versicherer „in Havariegrosse-Fällen den auf ihn entfallenden Anteil (an Provision und Kosten des Vertreters des Versicherten) in Abzug bringen könne, sofern der Versicherte nicht zu beweisen vermöge, daß dieselben ungeachtet gehöriger Sorgfalt weder zu vermeiden noch zu ermäßigen waren". Deshalb bestimmen RPAssAvAdj 2: That, in practice, neither commission (excepting bank comission) nor any charge by way of agency or remuneration for trouble is allowed to the shipowner in average, except in respect of services rendered on behalf of cargo when such services are not involved in the contract of affreightment. Deshalb bestimmt § 30 Abs. 5 Satz 2, daß der Versicherer Auseinandersetzungskosten des Versicherungsnehmers nur insoweit zu ersetzen braucht, als sie erforderlich waren. Der Versicherer braucht den Beitrag nicht zu ersetzen, soweit darin Auseinandersetzungskosten des Versicherungsnehmers enthalten sind, die nicht erforderlich waren. Die Bestimmung beruht also auf derselben Erwägung, auf der die allgemeine (hier durch § 31 Abs. 5 Satz 2 ersetzte) Bestimmung des § 32 Abs. 1 Nr. 3 beruht, wonach der Versicherer die Schadensfeststellungs-Kosten nicht zu ersetzen braucht, die dem Versicherungsnehmer durch die Zuziehung eines Sachverständigen, eines Beistandes oder eines sonstigen Beauftragten entstanden sind. a) Die Kosten müssen, um erstattungsfähig zu sein, in Wahrnehmung des Interesses des Versicherers aufgewendet sein. Das ergibt der Zusammenhang der beiden Sätze des § 30 Abs. 5. b) Die Kosten müssen e r f o r d e r l i c h gewesen sein. Damit ist nicht gesagt, daß sie wirklich erforderlich gewesen sein müssen. Es genügt, daß sie zur Zeit der Aufwendung bei objektiver Beurteilung im Interesse des Versicherers zu liegen schienen (vgl. auch § 24 Anm. 12, 14, § 32 Anm. 19). Natürlich kann der Versicherungsnehmer sich darauf, daß die Kosten bei objektiver Beurteilung erforderlich zu sein schienen, nicht berufen, wenn er wußte, daß sie in Wirklichkeit nicht erforderlich waren. c) Kosten sind „Auslagen und andere Verwendungen" (HGB § 354 Abs. 2). Der Versicherungsnehmer kann für seine eigenen Bemühungen weder dem HavariegrosseVerband noch dem Versicherer „Provision" (remuneration for trouble: oben) be-

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§ 30 rechnen (vgl. HGB § 354 Abs. 1, auch § 32 Anm. 6, 23, § 74 Anm., S c h a p s - A b r a h a m I I Anm. 75 zu § 706 HGB). d) Sind bei der Aufmachung der Dispache Kosten des Versicherungsnehmers berücksichtigt, die n i c h t erforderlich waren, so ist die Dispache überhaupt nicht maßgebend, wenn damit die für die Aufmachung geltenden Vorschriften unrichtig angewendet sind oder die Dispache dadurch tatsächlich unrichtig geworden ist (§ 30 Abs. 6). e) Soweit die Kosten zur Wahrnehmung des Interesses des Versicherers aufgewendet sind, aber nicht zur großen Haverei gehören, muß der Versicherer sie gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 1, 2 ersetzen und gemäß § 32 Abs. 2 vorschießen (vgl. oben Anm. 19 und § 29 Anm. 9). Soweit die Kosten zur großen Haverei gehören, braucht der Versicherer sie nicht vorzuschießen; er haftet nur für den Beitrag (und hat gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 zu bürgen). Anm. 24 12. A b s . 6. Die Dispache ist auch dann m a ß g e b e n d , w e n n das (richtige) Havariegrosse-Recht unrichtig angewendet ist und wenn sie tatsächliche Unrichtigkeiten enthält. Natürlich; das ist j a gerade die Bedeutung ihrer Maßgeblichkeit (oben Anm. 8, 17). Anders, w e n n der Versicherungsnehmer die Unrichtigkeit zu vertreten hat. Aber auch dies versteht sich von selbst. Denn der Versicherungsnehmer muß nach § 41 Versicherungsschaden abwenden und mindern, und der Versicherer haftet nicht, soweit der Versicherungsnehmer diese Pflicht schuldhaft verletzt. — Der Schuldner hat V o r s a t z und F a h r l ä s s i g k e i t zu vertreten (BGB § 276). Der Versicherungsnehmer muß also Unrichtigkeiten der Dispache vertreten, wenn ihm Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last fallen. Anders ohne Grund V o i g t N A f H R 1. 312, R O H G 17. 191, H G Hamburg Seebohm 186: Der Versicherungsnehmer brauche nur „grobe Nachlässigkeit" zu vertreten, S i e v e k i n g 130, R O H G 17. 188: Der Versicherungsnehmer brauche nur „offenbare, ohne Nachlässigkeit nicht zu verkennende Unrichtigkeiten" zu vertreten, R O H G 17. 189: Der Versicherungsnehmer brauche nur Unrichtigkeiten zu vertreten, „welche die Rechte und Interessen der (versicherten) Ladungsinteressenten in erheblicher Weise verletzten". Fahrlässig wird es z. B. regelmäßig sein, wenn der Güterversicherte duldet, daß die Vergütung für das im Nothafen verkaufte Schiff nach dem ganzen Werte berechnet wird, den das Schiff beim Antritt der Reise hatte ( R O H G 17. 191), oder daß vor der großen Haverei erlittene Schäden der Havariegrosse-Genossen mit berücksichtigt werden ( R O H G 17. 191). Anders, wenn der Versicherungsnehmer in zweifelhaften Rechtsfragen irrt, z. B. duldet, daß die Oberfracht statt oder neben der Unterfracht berücksichtigt wird (HGZ 1902. 54, R G H G Z 1902. 310; vgl. auch V o i g t N A f H R 1. 312). Anders auch, wenn er auf die Unrichtigkeit nicht gefaßt sein konnte (z. B. nicht darauf, daß besondere Havarien mit berücksichtigt werden würden; vgl. hierzu auch OAG Lübeck Kicrulff 1. 922: Der Dispacheur „habe, wolle er nicht seine amtliche Stellung beeinträchtigen, ein . . . von der einen oder anderen Seite versuchtes Einwirken zurückzuweisen"). In solchem Falle kann er nur darauf hinwirken, daß offenbare Unrichtigkeiten berichtigt werden (oben Anm. 6); im übrigen ist die Dispache maßgebend und dem Versicherer überlassen, sich mit den übrigen Havariegrosse-Genossen auseinanderzusetzen (oben Anm. 8; vgl. aber auch unten Anm. 25). — Die Auskunftspflicht des Versicherungsnehmers (§43) wird durch die Maßgeblichkeit der Dispache natürlich nicht berührt (vgl. O G H a m burg NAfHR 1. 318, 325). Anm. 25

13. A b s . 7. Die unrichtige Dispache ist maßgebend. Der Versicherer muß zahlen. Soweit der Versicherer zahlt, geht der Anspruch, den der Versicherungsnehmer w e g e n der Unrichtigkeit der Dispache gegen die übrigen Havariegrosse-Genossen hat, auf ihn über. Der Versicherungsnehmer hat aber vielleicht noch gar keinen

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Anspruch. E r hat den Beitrag noch nicht gezahlt, auch keinen Einschuß geleistet, § 30 a u c h keine Sicherheit gestellt. D a n n kann kein Anspruch auf den Versicherer übergehen. A b e r der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, den Versicherungsschaden (hier: den Beitragsschaden) abzuwenden und deswegen die Weisungen des Versicherers einzuholen und z u befolgen ( § 4 1 ) . Er m u ß sich insbesondere verklagen lassen, wenn es sorglos wäre, z u zahlen, oder wenn der Versicherer es verlangt (näheres: § 78 A n m . ; vgl. auch O A G L ü b e c k K i e r u l f f 1. 925, insbesondere auch R O H G 17. 195: Der V e r sicherungsnehmer könne nicht ohne weiteres einwenden, das Rechtsmittel gegen eine ihm ungünstige Havariegrosse-Entscheidung würde keinen Erfolg gehabt haben, „ w e i l da, wo es sich u m die Folgen schuldvoller Unterlassung einer für notwendig zu erachtenden M a ß r e g e l handle, angenommen werden dürfe, die Maßregel, w e n n z u ihr gegriffen worden wäre, hätte den nach den Gesetzen ordentlicher Weise zu erwartenden Effekt gehabt, die Wirkungslosigkeit der M a ß r e g e l in concreto würde von demjenigen . . . z u erweisen sein, welcher sich darauf b e r u f e " ) ; die für die F ü h r u n g des Rechtsstreits erforderlichen Kosten m u ß der Versicherer vorschießen. Jedenfalls darf der Versicherungsnehmer nicht vorbehaltlos zahlen, wenn er die Unrichtigkeit der Dispache kennt. D e n n dann würde er nicht zurückfordern können, den Rückforderungsanspruch „ a u f g e b e n " und den Versicherer g e m ä ß § 45 Abs. 2 befreien. — Die „ M a ß geblichkeit" der unrichtigen Dispache hat also ihre Grenzen. Die unrichtige Dispache ist nicht maßgebend, w e n n der Versicherungsnehmer die Unrichtigkeit zu vertreten hat. U n d die Maßgeblichkeit befreit den V e r s i c h e r u n g s n e h m e r nicht von der P f l i c h t , s i c h g e g e n d e n u n b e g r ü n d e t e n B e i t r a g s a n s p r u c h der übrigen Havariegrosse-Genossen z u w e h r e n . D e r Versicherer m u ß (vorläufig) zahlen. Der Versicherungsnehmer kommt auf diese Weise in den Besitz von Mitteln, auf die er in Wirklichkeit keinen Anspruch hat. Sehr glücklich ist die R e g e l u n g nicht. Unanständiger A u s n u t z u n g der Rechtslage begegnet das Schikaneverbot des § 226 B G B , das im Lichte des § 13 A D S zu betrachten ist (vgl. § 13 A n m . 5 f f ) . a) H a t der Versicherungsnehmer gezahlt oder Einschuß geleistet, so geht sein A n m . 26 Rückforderungs-Anspruch auf den entschädigenden Versicherer über. Natürlich; er würde schon g e m ä ß § 45 auf den Versicherer übergehen. M a n wollte nur dem M i ß verständnis vorbeugen, d a ß der Kondiktionsanspruch nicht übergehe, weil § 45 nur v o m Ü b e r g a n g des Anspruchs auf „Ersatz des Schadens" spricht. Deshalb näheres: A n m . zu §§ 45, 46. — G e m ä ß § 45 Abs. 2 darf der Versicherungsnehmer insbesondere den U b e r g a n g nicht dadurch verhindern, d a ß er die Richtigkeit der Dispache anerkennt oder auf die E i n w e n d u n g der Unrichtigkeit verzichtet oder sich wegen der Unrichtigkeit vergleicht ( V o i g t 556 und N A f H R 1 . 3 1 1 , H G Z 1 9 0 2 . 5 5 ; vgl. auch oben A n m . 25). b) Der Anspruch geht ohne weiteres über, wenn und soweit der Versicherer ent- A n m . 27 schädigt. Z w a r nicht von Gesetzes w e g e n ; denn nach § 837 Abs. 2 H G B ist der V e r sicherungsnehmer nur verpflichtet, „ d i e Ansprüche gegen die zu seinem Nachteile Begünstigten dem Versicherer abzutreten". M a n kann aber auch durch V e r t r a g künftige Forderungen in der durch § 30 Abs. 7 bestimmten Weise abtreten (vgl. R G 22. 145, Gruchot 36. 917, L Z 1911. 4 7 1 , auch H a l l b a u e r L Z 1910. 380). 14. A b s . 8. Beitragswert und Versicherungswert decken sich regelmäßig nicht. A n m . 28 O f t ist der Beitragswert des Schiffes und der L a d u n g größer als der Versicherungswert. Denn der Beitragswert ist der Ankunftswert ( H G B § § 7 1 7 , 718), der Versicherungswert der Abgangswert ( A D S §§ 70, 90). Der W e r t der Güter wird durch die Ortsveränderung regelmäßig größer. Der W e r t des Schiffes wird z w a r regelmäßig nicht größer; aber Schiffe sind oft untertaxiert (§6 A n m . 26, § 29 A n m . 39,40) und ihr V e r sicherungswert (die T a x e ) ist aus diesem Grunde oft kleiner als der Beitragswert. N a c h

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§ 30 Abs. 8 haftet der Versicherer, falls der Beitragswert den Versicherungswert übersteigt, nur im Verhältnis des Versicherungswertes zum Beitragswert. Der Unterschied zwischen dem Beitragswert und dem (kleineren) Versicherungswert ist der sogenannte H a v a r i e g r o s s e - E x z e d e n t , den der Versicherungsnehmer durch eine Exzedentenversicherung decken kann (vgl. hierzu auch HansOLG H R Z 1923. 295 = Sasse Nr. 306). Nach § 835 H G B ist nur die Dispache maßgebend; „der Versicherte . . . ist nicht berechtigt, . . . mehr als den Betrag zu fordern, zu welchem der Schaden in der Dispache berechnet ist; andererseits haftet der Versicherer für diesen ganzen Betrag, ohne daß namentlich der Versicherungswert maßgebend ist" (so schon früher z. B. H G u. OG Hamburg Seebohm 541). Anders nach englischem Recht: Der Versicherer haftet unbeschränkt, if the subject-matter liable to contribution is insured for its füll contributory value; but if such subject-matter be not insured for its füll contributory value, or if only part of it be insured, the indemnity payable by the insurer must be reduced in proportion to the under insurance . . . (MIA § 73 Abs. 1). Ebenso das französische Recht (vgl. französische Kaskopolice Art. 26 § 1 : L a contribution du navire aux avaries communes . . . n'incombe aux assureurs que proportionnellement à la valeur assurée . . ., sowohl auch französische Güterpolice Art. 23 § 1). Ebenso nunmehr die ADS. a) Ist der B e i t r a g s w e r t k l e i n e r als der V e r s i c h e r u n g s w e r t , so erhält der Versicherungsnehmer nach § 835 H G B nur den (zu kleinen) Beitrag und gegebenenfalls die (zu kleine) Vergütung. Beispiel: Beitragswert 8000, Versicherungswert 10000, aufgeopfert 50%, Beitrag 1000; der Versicherer ersetzt 1000 und steht für 3000 ein. Anders nach den ADS ; der Versicherer ersetzt gemäß § 3 1 5000. b) Ist der Beitragswert größer als der Versicherungswert, so haftet der Versicherer nach § 835 HGB für den ganzen Beitrag und steht für die ganze Vergütung ein. Beispiel: Beitragswert 12000, Versicherungswert 10000, aufgeopfert 50%, Beitrag 1500; der Versicherer hat 1500 zu ersetzen und steht für 4500 ein. Hat der Versicherungsnehmer 5 % Nothafen-Kosten beizutragen, so hat der Versicherer 5 % von 12000 = 600 zu ersetzen. Anders nach den A D S : Der Versicherer ersetzt das Aufgeopferte mit 50% des Versicherungswerts, also mit 5000 (§31 Abs. 1), von den 5 % Nothafen-Kosten nur 6/6, also nicht 600, sondern nur 500. — Der Beitragswert kann insbesondere deshalb größer sein als der Versicherungswert, weil der Versicherungswert in gesunkener Währung taxiert ist. Beispiel: Taxe M 1000000; da inzwischen die Mark um die Hälfte gesunken war, beträgt der Beitragswert M 2000000. § 31 Abs. 8 ist natürlich auch in diesem Falle anzuwenden. Ebenso, wenn der Beitragswert in holländischen Gulden bestimmt ist und diese, in Mark umgerechnet, M 2000000 ergeben. Maßgebend für die Umrechnung ist der Zeitpunkt, der für die Ermittlung des Havariegrosse-Beitrags maßgebend ist, also gemäß §§717, 719 H G B der Zeitpunkt, in dem die Reise endigt. Sank die Mark nach diesem Zeitpunkt weiter, so wurde die Entschädigungspflicht des Versicherers hiervon nicht berührt (vgl. hierzu H e u n DTVMitt 1922. 103). c) Wenn und soweit der Versicherer des Havariegrosse-Exzedenten entschädigt, gehen Ansprüche des Versicherungsnehmers wegen der Unrichtigkeit der Dispache gemäß Abs. 7 auf den Versicherer über. d) Oft wird § 31 Abs. 8 gegen Prämienzulage wegbedungen (sog. H a v a r i e g r o s s e - S t a m m p o l i c e n - K l a u s e l ) . Das bedeutet natürlich nicht auch, daß der Versicherer über die Versicherungssumme hinaus haftet (Heun DTVMitt 1922. 104; vgl. auch § 29 Anm. 39). Anm. 29 15. §30 gilt sinngemäß auch für die Rückversicherung (§ 1 Anm. 136, §29 Anm. 43). Insbesondere geht nach § 30 Abs. 7 der auf den Vorversicherer übergegangene

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Anspruch gegen die übrigen Havariegrosse-Genossen auf den Rückversicherer über, § 30 soweit dieser den Vorversicherer entschädigt. Entschädigt er den Vorversicherer, bevor dieser den Vorversicherten entschädigt hat, so kann der Anspruch auf ihn nicht übergehen, weil der Vorversicherer noch nicht Gläubiger ist. Aber wenn später der Vorversicherer dem Vorversicherten zahlt, geht insoweit der Anspruch unmittelbar auf den Rückversicherer über. Der Anspruch ist also nie im Vermögen des Vorversicherers gewesen. Wenn der entschädigte Vorversicherer Konkurs macht und der Konkursverwalter dem Vorversicherten zahlt, fällt der Anspruch nicht in die Konkursmasse, sondern geht ohne weiteres, ganz oder teilweise, auf den Rückversicherer über. Näheres § 45 Anm. — Der abwicklungsberechtigte Vorversicherer muß auch das Havariegrosse-Verhältnis abwickeln (§ 1 Anm. 152fr., §45 Anm.). 16. Fremde Rechte (vgl. auch oben Anm. 8, 28). Anm. 30 a) Englisches Recht. Die Dispache ist unter den Havariegrosse-Genossen nicht maßgebend. Sie ist auch nicht für das Versicherungsverhältnis maßgebend. Der Versicherer hat nur zu ersetzen, was der Versicherungsnehmer beizutragen hat. Die Dispache wird von Privatdispacheuren (adjusters) aufgemacht. Streitig war insbesondere die Frage, ob der englische Versicherer Beiträge ersetzen muß, die der Versicherungsnehmer zwar nach dem maßgebenden fremden Havariegrosse-Recht zahlen muß, aber nicht nach englischem Rechte zu zahlen haben würde (eine Frage, die besonders deshalb von Bedeutung ist, weil das englische Havariegrosse-Recht auf dem, engeren, Common-Safety-System, das kontinentale Havariegrosse-Recht dagegen auf dem Common-Benefit-System beruht). In diesem Sinne sind die beiden Sätze zu verstehen, zu denen die englische Rechtsprechung gelangt ist (Arnould 962 s. 993): 1. That the underwriter is in all cases bound by a foreign adjustment of general average, when it is rightly settled according to the laws and usages of the foreign port. 2. But that, unless it is clearly prooved to have been settled in strict conformity with such laws and usages, he is in no case bound thereby, if it would not be general average in this country. Dieser Zustand war für den Versicherungsnehmer unbefriedigend. Es wurden deshalb Foreign adjustment clauses in die Policen aufgenommen (näheres: A r n o u l d 964 s. ggöf.). Die ITC und die IVC enthalten die Klausel: General average and salvage to be adjusted according to the law and practice obtaining at the place where the adventure ends, as if the contract of affreightment contained no special terms upon the subject; where the contract of affreightment so provides the adjustment shall be according to York-Antwerp-Rules. b) Französisches Recht. Die Dispache wird von Sachverständigen aufgemacht, Anm. 31 die vom Gericht ernannt werden (C. de comm. Art. 414). Die Beteiligten vereinbaren aber regelmäßig die Aufmachung der Dispache durch Privatdispacheure. Der Versicherer hat zu ersetzen, was der Versicherungsnehmer zu ersetzen verpflichtet ist.

§ 3 1 Aufopferungen (1) Der Versicherer haftet für Aufopferungen des versicherten Gegenstandes nach den für seine Haftung im Falle einer besonderen Haverei geltenden Bestimmungen.

524 § 31

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Der Anspruch auf die dem Versicherungsnehmer zustehende Vergütung geht mit seiner Entstehung auf den Versicherer über. Der Versicherer hat jedoch, wenn die Vergütung die Entschädigung mit Einschluß der zur Geltendmachung des Vergütungsanspruchs gemachten Aufwendungen übersteigt, den Uberschuß dem Versicherungsnehmer herauszugeben. Im übrigen finden auf den Ubergang die Bestimmungen der §§ 45 und 46 entsprechende Anwendung.

Anm. 1 Anm. 2 Anm. 3

1. V g l . H G B §§ 838, 839, A S V B §§ 90, 91, V V G § 133 Abs. 2. 2. Literatur. § 29 A n m . 2, § 30 A n m . 2. 3. A b s . 1 . „ D i e Versicherung umfaßt . . . die zur großen Haverei gehörenden Aufopferungen des versicherten Gegenstandes" (§ 29 A b s . 1). Aufopferungen, d. h. bewußte und vorsätzliche Preisgaben ( R G J R P V 1930. 114 = Sasse Nr. 46) des versicherten Gegenstandes sind Aufopferungen von Schiff oder G ü t e r n oder Fracht. Näheres: § 29 A n m . 12ff. Insbesondere:

Anm. 4

a) Für Aufopferungen des versicherten Gegenstandes entschädigt der Versicherer nach §§ 834 Nr. 1, 838 H G B nicht direkt, sondern indirekt, nämlich durch Erstattung der Beiträge, die dem Versicherungsnehmer von den übrigen Havariegrosse-Genossen zu entrichten sind, und die er den übrigen Havariegrosse-Genossen z u entrichten hat (unrichtig H G Z 1908. 290: Der Frachtversicherte könne, w e n n durch A u f o p f e r u n g v o n Gütern Fracht verlorengehe, v o m Versicherer g e m ä ß ,,§ 255 B G B Ersatz verlangen gegen A b t r e t u n g der aus der großen Haverei . . . entstandenen Vergütungsansprüche gegen Schiff und L a d u n g " ) .

Anm. 5

b) Anders nach § 31 A D S : Der Versicherer entschädigt direkt, er haftet für Aufopferungen des versicherten Gegenstandes, wie i m Falle der besonderen Haverei. Ebenso nach fremden Rechten (§ 29 A n m . 44, 45). Gleich den fremden Rechten hätten die A D S es nicht besonders z u bestimmen brauchen. Hätten sie nur bestimmt, d a ß der Versicherer für die Havariegrosse-Beiträge des Versicherungsnehmers haftet, so hätte sich von selbst verstanden, daß der Versicherer für Aufopferungen des versicherten Gegenstandes haftet, — wie es sich j a auch z. B. von selbst versteht, d a ß er für Aufopferungen des versicherten Ballastschiffes haftet. Näheres hierüber § 32 A n m . 8.

Anm. 6

c) In welchem U m f a n g der Versicherer für Aufopferungen des versicherten Gegenstandes haftet, richtet sich also auch nicht nach der Dispache. Ist j e d o c h die Klausel free from average, unless general vereinbart, so wird anzunehmen sein, d a ß die Dispache a u c h dafür m a ß g e b e n d sein soll, ob der Verlust oder die Beschädigung des versicherten Gegenstandes Havariegrosse-Aufopferung ist (vgl. O G H a m b u r g N A f H R 1. 324). So a u c h in England, wenn die Foreign adjustment clause (hierüber: § 30 A n m . 30) vereinbart ist: In M a v r o v. O c e a n M a r . Ins. Co. 1874 there was a partial loss both of ship and cargo under circumstances which constituted a case for general average contribution by foreign, but not b y English law. Der Güterversicherer zahlte den Beitrag für das Schiff, aber nicht in respect of the d a m a g e to the cargo, relying, as regards the latter, on a „free from average, unless general" clause . . . T h e Court, however, held that the plaintiffs were also entitled to recover the loss suffered b y the cargo itself ( A r n o u l d 969 s. 1000). D e r Versicherer kann also insbesondere nicht (wie n a c h § 837 Abs. 3 H G B ) einwenden, daß die Dispache den Aufopferungsschaden als große Haverei behandelt habe, obgleich nach dem maßgebenden Havariegrosse-Recht d e m Versicherungsnehmer keine V e r g ü t u n g gebührt hätte (vgl. aber auch § 30 A b s . 6 a. E. und hierzu § 30 A n m . 24). Die Frage ist ohne Bedeutung, w e n n die Klausel „ F r e i von Beschädigung" (oder „ F r e i von Beschädigung außer im Strandungsfall") vereinbart ist. D e n n nach dieser Klausel haftet der Versicherer nicht nur für Havariegrosse-Aufopferungen, sondern für Aufopferungen jeder A r t (§ 113 A n m . ) .

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d) A u s n a h m e n von d e m Grundsatz, d a ß der Versicherer f ü r Aufopferungen des versicherten Gegenstandes wie (nur wie) f ü r besondere Haverei h a f t e t : §§ 34 Abs. 2, 113 Satz 2. 4. A b s . 2. D e r A n s p r u c h des Versicherungsnehmers auf die V e r g ü t u n g des aufgeopferten Gegenstandes g e h t auf d e n V e r s i c h e r e r ü b e r . Gemeint ist nicht die Vergütung, von der die §§ 710fr. H G B handeln, die Vergütung, die im HavariegrosseVerfahren f ü r den aufgeopferten Gegenstand bestimmt wird und regelmäßig mit d e m Havariegrosse-Beitrag belastet ist, die Bruttovergütung. Gemeint sind die Nettovergütungen, die Vergütungen, die d e m Versicherungsnehmer von den übrigen Havariegrosse-Genossen zu entrichten sind, „die ihm gebührende V e r g ü t u n g " im Sinne des § 838 HGB, die „Beiträge, die d e m Vergütungsberechtigten", d e m „Versicherten zu entrichten" sind (vgl. H G B §§ 725, 838). a) Die Vergütungsansprüche gehen m i t i h r e r E n t s t e h u n g über. Nicht erst, wenn der Versicherer zahlt (so: §§ 30 Abs. 7, 45 Abs. 1, ebenso auch M I A § 79). — Die Vergütungsansprüche gehen ohne weiteres über. Zwar nicht von Gesetzes wegen. M a n kann aber auch d u r c h Vertrag künftige Forderungen in dieser Art abtreten (vgl. R G 22. 145, 74. 416). Von Gesetzes wegen, nämlich gemäß § 804 H G B , würde der Vergütungsanspruch erst übergehen, wenn, u n d nur, soweit der Versicherer zahlt. D e n n (abgesehen davon, d a ß der Vergütungsanspruch schon mit seiner Entstehung u n d ganz übergeht) bestimmt auch § 31 Abs. 2 nichts, was sich nicht ohnehin verstände (§§ 45> 46; § 29 Anm. 4, H G Z 1903. 155). — Der Versicherer ist also von Anfang a n Vergütungsberechtigter u n d kann sein Interesse i m Havariegrosse-Verfahren w a h r n e h m e n . Anders natürlich im Falle einer Vergangenheitsversicherung, wenn der Havariegrosse-Fall vor d e m Vertragsschluß eingetreten ist; der Vergütungsanspruch geht erst mit d e m Vertragsschluß über. b) Der Vergütungsanspruch geht g a n z über. Also auch, soweit die Vergütung größer ist als die Entschädigung. Das kann, zumal bei der Güterversicherung, leicht der Fall sein. W e n n der Beitragswert 200000, der Versicherungswert 100000, der Wert der geworfenen Güter 80000, der darauf ruhende Beitrag 10000 beträgt, zahlt der Versicherer 40 000 u n d erhält Vergütungsansprüche f ü r 70 000. So auch RPAssAvAdj: T h a t an underwriter who has paid for loss by jettison of the thing insured is entitled, in the proportion that the sum insured bears to the policy value, to whatever is recovered in general average in respect of such loss, although the a m o u n t so recovered m a y exceed the a m o u n t paid by him. Das ist unbillig. Deshalb soll der Versicherer die D i f f e r e n z z w i s c h e n E n t s c h ä d i g u n g u n d V e r g ü t u n g plus Inkassokosten h e r a u s g e b e n ( § 3 1 Abs. 2 Satz 2). c) Der Vergütungsanspruch geht auf den Versicherer über, der den Aufopferungsschaden zu ersetzen hat, also auf den Kasko-, Güter- oder Frachtversicherer. Also nicht auf den G e w i n n - oder M e h r w e r t v e r s i c h e r e r . Soweit aber in dem U b e r schuß der V e r g ü t u n g über die Entschädigung imaginärer Gewinn, „ M e h r w e r t d r ü b e n " oder gewöhnlicher Mehrwert enthalten ist, geht der Uberschußanspruch des Versicherungsnehmers gegen Kasko- oder Güterversicherer gemäß § 45 auf den Gewinnoder Mehrwertversicherer über (vgl. H G B §§ 860, 879 u n d dazu H G Z 1903. 155, 1904. 65: Der ganze Uberschuß komme d e m Gewinnversicherer zugute). d) I m ü b r i g e n f i n d e n auf den U b e r g a n g die § § 45, 46 e n t s p r e c h e n d e A n W e n d u n g . Natürlich; denn der Fall des § 31 Abs. 2 ist ein (nur in einzelnen Beziehungen besonders behandelter) Unterfall des § 45 (oben Anm. 9). e) W e n n d e m V e r s i c h e r u n g s n e h m e r auch v e r g ü t u n g s p f l i c h t i g e G e g e g e n s t ä n d e , z. B. d e m Kaskoversicherten auch Güter oder Fracht g e h ö r e n , können Vergütungsansprüche auf den Versicherer nicht übergehen. Zwar hat der Versicherungs-

§ 31 Anm. 7 Anm. 8

Anm. 9

Anm. 10

A n m . 11

A n m . 12

A n m . 13

526

Schadenabwendungs-Kosten usw.

§ 31 nehmer zum Schutze gegen Dritte ein Pfandrecht am eigenen Gegenstand (§ 29 Anm. 27). Aber er hat natürlich keinen Anspruch gegen sich selbst. Indessen sollen die Aufopferungen nach § 29 Abs. 2, selbst wenn ausschließlich Güter des Reeders verladen sind „im Sinne" der ADS als große Haverei angesehen werden; und diesem Sinne entspricht es, daß der Versicherer von der Entschädigung ohne weiteres abziehen kann, was zu vergüten wäre, wenn die vergütungspflichtigen Gegenstände dritten gehörten (so auch Montgomery v. Ind. Mutual Mar. Ins. Co. 1902 bei A r n o u l d 976 s. 1004). Anm. 14 5. § 31 gilt auch für die Rückversicherung. Näheres: § 1 Anm. 136, § 29 Anm. 43. Anm. 15 6. Fremde Rechte: oben Anm. 5, 6, 10, 13, § 29 Anm. 44, 45. § 3 2 Aufwendungen (1) Dem Versicherer fallen zur Last: 1. die Aufwendungen, die der Versicherungsnehmer bei dem Eintritte des Versicherungsfalls zur Abwendung oder Minderung des Schadens macht und den Umständen nach für geboten halten durfte; 2. die Aufwendungen, die der Versicherungsnehmer bei dem Eintritte des Versicherungsfalls gemäß den Weisungen des Versicherers macht; 3. die Kosten, die durch die Ermittlung und Feststellung des dem Versicherer zur Last fallenden Schadens entstehen, soweit ihre Aufwendung den Umständen nach geboten war. Jedoch hat der Versicherer die Kosten nicht zu erstatten, die dem Versicherungsnehmer durch die Zuziehung eines Sachverständigen, eines Beistandes oder eines sonstigen Beauftragten entstehen, es sei denn, daß der Versicherungsnehmer nach dem Vertrage zu der Zuziehung verpflichtet war oder der Versicherer die Zuziehung verlangt hatte. (2) Die im Absatz 1 Nr. 1 und 2 bezeichneten Aufwendungen fallen dem Versicherer auch dann zur Last, wenn sie erfolglos bleiben; der Versicherer hat den für die Aufwendungen erforderlichen Betrag auf Verlangen des Versicherungsnehmers vorzuschießen. Ist ein Teil des Versicherungswerts nicht versichert und ist streitig, ob die Befolgung der Weisungen des Versicherers zur Abwendung oder Minderung des Schadens geboten erscheint, so hat der Versicherer den Betrag der durch die Befolgung entstehenden Aufwendungen auch insoweit vorzuschießen, als die Aufwendungen dem Versicherungsnehmer zur Last fallen; der Versicherer ist verpflichtet, die ganzen gemäß seinen Weisungen gemachten Aufwendungen zu ersetzen, wenn er die Befolgung der Weisungen den Umständen nach nicht für geboten halten durfte und die Aufwendungen erfolglos geblieben sind. Anm. 1 1. Vgl. HGB §§ 834 Nr. 3 und 4, 893, ASVB §§ 66 Abs. 3 und 4, 69 Abs. 3, 84 Nr. 3, 130 Abs. 12 in der Fassung der Alte KRP und Alte KZP (Mat. 2. 104, 108), 153, BSVB § 53, VVG §§ 63, 66. Anm. 2 2. Literatur. E l b e r t z h ä g e n ZfVW 1919. 268 (Die Verteidigungskosten in der Haftpflichtversicherung). G e o r g i i LZ 1907. 538, 777, 883 (Aufopferung für fremde Interessen). J o s e f NeumannsZ 1916.425 (Die Pflicht des Versicherers zum Ersatz von Rettungskosten). K i s c h WuRVers 1916. 268 (Die Pflicht des Versicherers zum

Schadenabwendungs-Kosten usw.

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Ersatz der Rettungskosten). K l e e - G o b e r t H R Z 1 9 2 2 . 4 0 9 (Kursklauseln im Seeversicherungsrecht). K n o r z M i t t ö f f F V A 1904. 281 (Ersatz des Schadens an unversicherten Sachen). K r e u t z i g e r , Die K o m m a n d o b r ü c k e 1964. 7 1 — 7 4 ( A u f w e n d u n gen), V e r s R 1964. 995—1003 ( Z u r Seeuntüchtigkeit i m Seeversicherungsrecht), V e r s R 1965. 407—411 ( Z u r Klassifizierung der Bergungskosten n a c h den A D S , G r o ß e Haverei oder A u f w e n d u n g e n ? ) . P o s s e l t N e u m a n n s Z 1 9 1 7 . 3 1 (Die Pflicht des Versicherers z u m Ersatz der Rettungskosten). P r ö l ß zu § 63 V V G . V o i g t N A f H R 3. 390 (Contributionspflicht des n u r teilweise Versicherten zu den A u f w e n d u n g e n f ü r konservatorische M a ß r e g e l n ) . W e r n e b u r g A n n V e r s 1920. 1, 9 ( Z u r Ersatzpflicht g e m ä ß den §§ 62, 63 V V G ) . W o e s n e r Z f V W i960. 399 (Die Pflicht des Versicherers z u m Ersatz der A u f w e n d u n g e n des Versicherungsnehmers zwecks A b w e n d u n g u n d M i n d e r u n g des Versicherungsschadens). — Weitere L i t e r a t u r : § 5 A n m . 2, § 41 A n m . 2.

§32

3. Der Versicherer trägt allemöglichen Gefahren. A b e r er h a t nicht allemöglichen A n m . 3 S c h ä d e n zu ersetzen. Er h a t n u r die Schäden zu ersetzen, die zu ersetzen V e r t r a g u n d vertragergänzendes Gesetz ihn verpflichten (§ 28 A n m . 10, 34). Z u diesen Schäden gehören die A u f w e n d u n g s s c h ä d e n des § 32. Sie bilden nicht (oder doch nicht n o t w e n d i g : u n t e n A n m . 8) den gewöhnlichen Versicherungsschaden, den Schaden a m versicherten Interesse selbst. Aber sie sind a u c h Schäden (§ 28 A n m . 34, 36) u n d a u c h V e r s i c h e r u n g s s c h ä d e n i m w e i t e r e n S i n n e . F ü r diese Aufwendungsschäden u n d ihre V e r g ü t u n g ist n u r teilweise besonderes bestimmt. Die Feststellung des Schadens ist im allgemeinen n u r f ü r den gewöhnlichen Versicherungsschaden, u n d nicht einmal f ü r j e d e n , sondern n u r f ü r gewisse Versicherungsschäden, vorgeschrieben (§§ 74, 91 Abs. 1, 92, 93). F ü r Versicherungsschaden haftet der Versicherer n u r , w e n n der S c h a d e n 3 % des Versicherungswerts nicht erreicht; f ü r A u f w e n d u n g s s c h a d e n gilt dies nicht (§ 34). F ü r Versicherungsschaden haftet der Versicherer i m allgemeinen n u r bis z u r H ö h e d e r Versicherungssumme; f ü r A u f w e n d u n g s s c h a d e n haftet er d a r ü b e r hinaus (§ 37) usw. Hieraus folgt, d a ß , wo Gesetz, V e r t r a g oder Bedingungen nicht (sei es f ü r den Versicherungsschaden, sei es f ü r den Aufwendungsschaden) besonderes bestimmen, alles, w a s f ü r d e n E n t s c h ä d i g u n g s a n s p r u c h des Versicherungsnehmers u n d die E n t schädigungspflicht des Versicherers g i l t , sowohl f ü r den Ersatz des Versicherungsschadens wie a u c h f ü r d e n E r s a t z d e s A u f w e n d u n g s s c h a d e n s gilt. Deshalb m u ß der Versicherungsnehmer, der Ersatz v o n A u f w e n d u n g e n verlangt, den Aufwendungsschaden g e m ä ß § 42 andienen, g e m ä ß § 43 Auskunft erteilen u n d Belege beibringen, g e m ä ß § 44 eine Schadensrechnung mitteilen, u n d k a n n Ersatz erst n a c h Ablauf der Monatsfrist des § 44 Abs. 1 verlangen (abw. K i s c h W u R V e r s 1916. 291, 322; wie hier S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 11 zu § 32 A D S ) ; z u m U b e r f l u ß bezeichnet § 44 Abs. 2 die Schadensrechnung noch ausdrücklich als eine „ Z u s a m m e n s t e l l u n g der Beträge, die der Versicherer f ü r die einzelnen Schäden u n d A u f w e n d u n g e n zu entrichten h a t " . Deshalb stehen, wie „die R e c h t e aus d e m V e r t r a g e " ü b e r h a u p t , so a u c h der A n s p r u c h auf Ersatz von A u f w e n d u n g e n d e m Versicherten u n d nicht d e m Versicherungsnehmer zu, m a g der eine oder der a n d e r e aufgewendet h a b e n (abw. K i s c h W u R V e r s 1916. 290, 3 1 3 f ü r den Fall, d a ß der Versicherungsnehmer v o m V e r sicherten keinen Ersatz verlangen k a n n ; der Versicherungsnehmer wird aber jedenfalls einen K o n d i k t i o n s a n s p r u c h h a b e n ; vgl. a u c h u n t e n A n m . 11; nach P r ö l ß A n m . 5 zu § 63 V V G h a b e n Versicherungsnehmer u n d Versicherter A n s p r u c h auf Ersatz der Aufw e n d u n g e n , s. f ü r den Versicherten j e d o c h a u c h P r ö l ß A n m . 3 zu § 75 V V G ) . Deshalb geht der A n s p r u c h des Versicherungsnehmers auf Ersatz des Aufwendungsschadens gegen dritte g e m ä ß §§ 4 5 , 4 6 auf den entschädigenden Versicherer ü b e r (wiederum abw. K i s c h W u R V e r s 1916. 292: Der Ersatzanspruch gehe „höchstens n a c h den einschlägigen

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Schadenabwendungs-Kosten usw.

§ 32

Bestimmungen des Bürgerlichen Rechtes über, wobei freilich die Anwendbarkeit des . . . § 426 B G B ebenso zweifelhaft sei, wie diejenige des § 255 B G B " ) . Deshalb haften Doppelversicherer für die A u f w e n d u n g e n als Gesamtschuldner und gleichen untereinander g e m ä ß § 10 A b s . 2 aus (ebenso K i s c h W u R V e r s 1916. 319, 348, der aber § 10 Abs. 2 nur analog angewendet wissen will). Anm. 4 4. A b s . 1 N r . 1. D e m Versicherer fallen die A u f w e n d u n g e n zur Last, die der V e r sicherungsnehmer beim Eintritt des Versicherungsfalls zur A b w e n d u n g oder M i n d e r u n g des Schadens macht und den Umständen nach für erforderlich halten darf. — Die Ersatzpflicht des Versicherers ist die Kehrseite der Schadenabwendungs-Pflicht des Versicherungsnehmers. O h n e die Ersatzpflicht würden die Interessen des Versicherers und des Versicherungsnehmers auseinandergehen. Die Ersatzpflicht verbindet sie. Die Ersatzpflicht reicht aber weiter als die Schadensabwendung-Pflicht. Der Versicherer m u ß auch solche A u f w e n d u n g e n ersetzen, die der Versicherungsnehmer nicht zu machen brauchte, w e n n er sie nur für geboten halten durfte (unten A n m . 19; anders auch wohl nicht § 834 Nr. 3 H G B , § 63 V V G , obwohl diese Vorschriften ausdrücklich auf die Schadenabwendungs-Pflicht des Versicherungsnehmers verweisen). Anm. 5

a) D e m Versicherer fallen die A u f w e n d u n g e n zur Last. I m Falle der M i t v e r s i c h e r u n g j e d e m einzelnen z u m verhältnismäßigen Teile (§ 8). I m Falle der D o p p e l v e r s i c h e r u n g sind die §§ 10, 11 anzuwenden (oben A n m . 3). Anm. 6 b) D e m Versicherer fallen die A u f w e n d u n g e n zur Last. A u f w e n d u n g e n sind V e r m ö g e n s o p f e r jeder A r t (vgl. O L G H a m b u r g H G Z 1924 Nr. 82 = H R Z 1924. 495 = Sasse Nr. 3 1 9 : U n t e r A u f w e n d u n g e n sind alle v o m Beauftragten z u m Besten der aufgetragenen Geschäftsbesorgung gemachten O p f e r an Vermögenswerten zu verstehen, wie nach bürgerlichem R e c h t , so auch nach den A D S , und zwar nicht nur unmittelbare A u f w e n d u n g e n , wie Geldausgaben oder Ü b e r n a h m e von Verbindlichkeiten, sondern a u c h sonstige Einbußen an W e r t e n und Rechten. Dahin gehört auch die Entwertung der Versicherungssumme infolge des Währungsverfalls). Also nicht nur Geldopfer. A u c h O p f e r an anderen Gegenständen oder die Ü b e r n a h m e von Verbindlichkeiten ( R G 151. 99), z. B. die Verpflichtung zur Z a h l u n g von Hilfslohn ( M a t . 1. 179, H a n s O L G HansR G Z 1934 B 395 = Sasse Nr. 431). Siehe aber A n m . 39 z u § 29 und unten A n m . 17, w e n n es sich u m einen Fall der großen Haverei handelt. Ein Opfer ist auch die A r b e i t . A b e r sie ist i m allgemeinen kein Vermögensopfer; die Rechtssprache bezeichnet sie im allgemeinen nicht als A u f w e n d u n g (vgl. B G B § 670). Die Entlohnung des Versicherungsnehmers für persönliche Bemühungen u m die pflichtmäßige A b w e n d u n g oder M i n d e rung des Schadens könnte schon deshalb nicht in Betracht kommen, weil die Erfüllung vertraglicher Pflichten nicht besonders belohnt zu werden verdient ( H G Z 1892. 98). Soweit die persönlichen Bemühungen die Pflichtgrenze überschreiten, kann der V e r sicherungsnehmer nach § 354 H G B „ P r o v i s i o n " verlangen, — freilich nur, w e n n er im A u f t r a g oder als auftragloser Geschäftsführer des Versicherers tätig wird (s. d a z u H a n s O L G H a n s R G Z 1934 B 680 = Sasse Nr. 432; vgl. auch P r ö l ß A n m . 2 z u § 63 V V G ) . I m übrigen wird er V e r g ü t u n g verlangen können, wenn i h m infolge der Bemühungen anderweit Verdienst entgeht; denn die Einbuße von Verdienst ist nicht weniger Vermögensopfer, als die Ü b e r n a h m e einer Verbindlichkeit, und vielmehr deren Gegenstück (vgl. K i s c h W u R V e r s 1916. 277; abw. G e o r g i i L Z 1907. 883; vgl. a u c h P a l a n d t - G r a m m A n m . 2 zu § 670 BGB). a ) Der Versicherungsnehmer kann also auch a n d e r e S a c h e n a l s G e l d zur R e t t u n g „ a u f w e n d e n " . Der Kaskoversicherte z. B. unversicherte Ausrüstungsgegenstände oder auch ein anderes i h m gehörendes, unversichertes (oder bei einem anderen Versicherer versichertes) Schiff zur Bergung oder Hilfeleistung. W e n n das zu Hilfe entsandte Schiff verlorengeht oder beschädigt wird, hat der V e r -

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Sicherungsnehmer „aufgewendet" und kann Ersatz verlangen. Zwar hat der Ver- § 32 Sicherungsnehmer den Schaden des unversicherten Gegenstandes nicht gewollt; aber der Schaden ist die adäquate Folge der Schadenabwendungs-Maßregel. Wenn das zu Hilfe entsandte Schiff unversehrt bleibt, kann der Versicherungsnehmer doch Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er für die Entlohnung der Schiffsbesatzung, für die Verwendung von Schiffsausrüstungs-Gegenständen aufgewendet hat, und ebenso Ersatz des Berge- oder Hilfslohns, den er der Schiffsbesatzung zahlen muß ( H G B §§ 743, 749) ; auch Ersatz des Verdienstentgangs, des Nutzungsverlustes. Dagegen kann er nicht auch Zahlung von Berge- oder Hilfslohn für sich selbst verlangen. Denn er hat insoweit nichts „aufgewendet". Insbesondere ist die bloße Gefährdung einer Sache natürlich noch keine Aufwendung. Daß der Reeder gemäß § 743 H G B Berge- oder Hilfslohn „beanspruchen" kann, ist zwar für das Verhältnis zu dritten von Bedeutung und deshalb vorgeschrieben. Für das Versicherungsverhältnis ist diese (bergungsrechtliche) Vorschrift ohne jede Bedeutung. Für das Versicherungsverhältnis ist nur von Bedeutung, ob der Versicherungsnehmer den ihm zufallenden Teil des Berge- oder Hilfslohns „aufgewendet" hat, und dies ist gewiß nicht der Fall ( H G Z 1892. 96; abw. K i s c h WuRVers 1916. 278, R G 32. 4, weil der Reeder an seinem geretteten Schiff ein Schiffsgläubigerrecht habe). Deshalb wird die Schwesterschiff-Klausel, die sistership clause vereinbart (näheres: § 29 Anm. 35). Übrigens ist der Kaskoversicherte nicht immer verpflichtet, zur Rettung des versicherten Schiffes ein anderes seiner Schiffe zu verwenden ( § 4 1 Anm. 10). Ist er es nicht und tut er es doch, so würde er gemäß § 354 H G B für die Verwendung Vergütung verlangen können (s. dazu H a n s O L G H a n s R G Z 1934 B 680 = Sasse Nr. 432). Aber diese Vergütung ist natürlich nicht gleichbedeutend mit dem auf ihn entfallenden Teil des Berge- oder Hilfslohns. — Ist das versicherte Schiff mit Ladung gerettet, so haftet der Versicherer gemäß §§ 29—31 (§ 29 Anm. 36).

ß) Der Versicherungsnehmer kann auch v o m v e r s i c h e r t e n G e g e n s t a n d Anm. 8 s e l b s t „aufwenden", der Reederkapitän z. B. den Mast oder die Trossen des versicherten Schiffes kappen, um das Schiff vor dem Untergang zu bewahren. So gewiß es sich in solchem Falle um R e t t u n g s a u f w a n d handelt, ebenso gewiß handelt es sich um V e r s i c h e r u n g s s c h a d e n . Und ebenso gewiß ist, daß man im Versicherungsverkehr diesen Schaden nur als Versicherungsschaden, nicht als Aufwendungsschaden behandelt. Würde er als Aufwendungsschaden behandelt, so würde er nicht gemäß § 74 usw. festzustellen sein; der Versicherer würde nicht mit dem wirklichen oder taxierten Versicherungswert, sondern mit dem Wert zur Zeit der Aufwendung haften; der Versicherer würde über die Versicherungssumme hinaus haften; der Versicherer würde z. B., wenn T a x e und Versicherungssumme 100000, der wirkliche Versicherungswert dagegen 200000, der Gegenwartswert 300000 betragen würden, für 300000 haften usw. Von alledem kann keine Rede sein ( H e c k 499). Deshalb bestimmt § 34, daß der Versicherer, der Schäden von weniger als 3 % des Versicherungswerts nicht zu ersetzen hat, gleichwohl (nicht nur für die Aufwendungen des § 32 Abs. 1 Nr. 1, sondern auch) für Aufopferungen haftet, die 3 % des Versicherungswerts nicht erreichen. Deshalb ist nur bestimmt, daß der Versicherer für Havariegrosse-Beiträge im Verhältnis des Versicherungswerts zum (höheren) Beitragswert haftet (§ 30 Abs. 8), — nicht auch, daß der Versicherer für Aufopferungen des versicherten Gegenstandes im Verhältnis des Versicherungswerts zum (höheren) Gegenwartswert haftet. Deshalb bestimmt § 1 1 3 , daß der Versicherer, der nur „Frei von Beschädigung" haftet, gleichwohl für Aufopferungen haftet, die in einer Beschädigung bestehen. Deshalb bestimmt § 3 1 nicht, daß 34

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

530 § 32

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der Versicherer für Aufopferungen des versicherten Gegenstandes gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 1 und 2, sondern daß er dafür wie für besondere Haverei haften soll; daß er hiernach (wie nach englischem Recht: M I A § 66 Abs. 4) für Aufopferungen des versicherten Gegenstandes nicht wie für Rettungsaufwand, sondern wie für gewöhnlichen Versicherungsschaden haften müsse, ist allen Beteiligten selbstverständlich erschienen (Mat. 1. 120). Deshalb bestimmt § 59 Satz 2, daß der Versicherer (ausnahmsweise) nicht für den Schaden haftet, der dadurch entsteht, daß „die Taue oder Segel weggeschnitten oder die Anker, Ankertaue oder Ankerketten geschlippt oder gekappt werden müssen". — Der Versicherer kann auch nicht etwa einwenden, daß der Versicherungsnehmer den V e r s i c h e r u n g s f a l l v o r s ä t z l i c h h e r b e i g e f ü h r t habe (§ 33). Den Versicherungsfall bildet das Ereignis, das die Zufügung des Schadens als geboten erscheinen ließ. Diese Zufügung war die adäquate Folge des vom Versicherungsnehmer nicht herbeigeführten Versicherungsfalls (vgl. § 28 Anm. 21, R i t t e r L Z 1914. 361). Diese Folge war darum nicht weniger adäquat, weil sie erst durch den Vorsatz des Versicherungsnehmers auszulösen war. Oder anders ausgedrückt: „Bei dem Eintritte des Versicherungsfalls" erfüllt oder verletzt der Versicherungsnehmer seine Schadenabwendungs-Pflicht, also nicht seine Schadenverhütungs-Pflicht (vgl. auch § 41 Anm. 11). Wollte man dies nicht gelten lassen, so müßte man anerkennen, daß das Verhalten des Versicherungsnehmers zwar den Kausalzusammenhang zwischen Gefahrereignis und Schaden unterbrochen hat, der Versicherer aber gleichwohl haftet, wenn ohne das Verhalten des Versicherungsnehmers die versicherte Sache denselben Schaden erlitten hätte, insbesondere im Beispielfall das Schiff untergegangen wäre (§ 28 Anm. 23). — Anders K i s c h WuRVers 1916. 3 3 5 : Der Schaden sei lediglich als Rettungsaufwand zu behandeln. Denn er sei „weniger die Folge des Versicherungsfalls, als vielmehr die einer vorsätzlichen Einwirkung des Versicherungsnehmers". Die „vorsätzliche Einwirkung des Versicherungsnehmers" schließt aber nicht aus, daß der Schaden die „Folge des Versicherungsfalls" ist. K i s c h (aaO 336, 343) findet seine Auffassung dadurch bestätigt, daß der Versicherungsnehmer, der versicherte Sachen in großer Haverei aufgeopfert hat und vom Versicherer gemäß § 834 Nr. 1 H G B Ersatz des auf ihn selbst entfallenden Beitrags verlangt, sich „eben darauf berufe, daß er im Interesse seiner versicherten Sachen einen Teil derselben aufgeopfert habe". Mit Unrecht. Der Versicherungsnehmer beruft sich dem Havariegrosse-Verband gegenüber darauf, daß ein Teil seiner Sachen aufgeopfert sei, und erhält dort für diesen „Versicherungs "-Schaden eine Vergütung; dem Versicherer gegenüber beruft er sich darauf, daß er dem Havariegrosse-Verband eine Umlage, einen Havariegrosse-Beitrag hat leisten müssen und der Versicherer diesen Beitrag, diese Kosten ersetzen muß, — weshalb § 834 Nr. 3 HGB, wohl verständlicher Weise, an diese Kosten anschließt „die sonstigen zur Rettung . . . aufgewendeten Kosten". — Einen besonderen Fall der Aufopferung des versicherten Gegenstandes zur Schadensabwendung bildet der Fall des § 96 Abs. 2 ( = H G B § 877), — der Fall, daß die versicherten G ü t e r infolge eines dem Versicherer zur Last fallenden Unfalls v e r k a u f t werden müssen (vgl. dazu R i t t e r L Z 1914. 361, R G 3 1 . 1 3 1 , H G Z 1893. 105). Der Versicherungsnehmer erhält den Unterschied zwischen Versicherungssumme und Erlös. Vom Ersatz nach den für Rettungsaufwendungen geltenden Grundsätzen ist keine Rede. § 96 Abs. 2 ADS, § 877 H G B bestätigen also die Verkehrsauffassung, daß die Aufopferung versicherter Gegenstände als gewöhnlicher Versicherungsschaden zu behandeln ist. •— Über den V e r k a u f des versicherten S c h i f f e s zur Minderung des Schadens: § 33 Anm. 40, § 41 Anm. 16.

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y) Den Aufopferungen des versicherten Gegenstandes stehen die S c h ä d e n § 3 2 des v e r s i c h e r t e n G e g e n s t a n d e s gleich, welche die, zwar ungewollte, aber Anm. 9 adäquate Folge der Aufopferung sind, etwa der Schaden, der am Schiffskörper durch das Kappen des Mastes entsteht. Ebenso K i s c h WuRVers 1916. 338, der aber, folgerichtig, auch diesen Schaden nicht als Versicherungsschaden, sondern als Rettungsaufwand behandelt (vgl. oben Anm. 8). 6) Aufopferungen des versicherten Gegenstandes, die der Versicherungsnehmer Anm. 10 zwar zur Abwendung des Schadens gemacht hat, aber n i c h t für g e b o t e n halten durfte, sind gleichfalls Versicherungsschäden. Aber der Versicherer haftet nicht (§ 41 Abs. 3). So etwa, wenn der Reederkapitän das versicherte Schiff zur Abwendung des Totalverlustes, aber unter grobfahrlässiger Verkennung der Umstände, die eine solche Maßregel nicht erfordern, auf den Strand setzt (vgl. auch oben Anm. 8). c) Dem Versicherer fallen die Aufwendungen des Versicherungsnehmers zur Anm. 11 L a s t . •— Uber den Begriff des Versicherungsnehmers: § 3 Anm. 4. — Sind m e h r e r e Versicherungsnehmer beteiligt, so kommen die Aufwendungen jedes einzelnen in Betracht. Wer Ersatz verlangen kann, richtet sich nach dem Verhältnis der Versicherungsnehmer (vgl. Vorb. V vor § 1). Bei der Bruchteilsgemeinschaft z. B. wird jeder Ersatz seines Anteils verlangen können (vgl. BGB § 748). — Bei der Versicherung für f r e m d e Rechnung kommen auch die Aufwendungen des Versicherten in Betracht. Denn auch der Versicherte ist verpflichtet, den Schaden abzuwenden (§ 41 Anm. 4). Gleich allen anderen Rechten aus dem Versicherungsvertrag steht der Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen dem Versicherten zu (§ 53 Abs. 1), mag der Versicherungsnehmer oder der Versicherte aufgewendet haben. Geltendmachen kann den Anspruch gemäß § 54 der Versichrungsnehmer, gemäß § 53 Abs. 2 der Versicherte. Teilw. abw. K i s c h WuRVers 1916. 3 1 3 : Der Anspruch stehe dem Versicherten zu, der Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen des Versicherungsnehmers aber nur, wenn der Versicherte erstattungspflichtig sei; in der Geltendmachung des Anspruchs auf Ersatz eigener Aufwendungen sei der Versicherte unbeschränkt. — Wird die versicherte Sache v e r ä u ß e r t , so wird der Erwerber „Versicherungsnehmer" (§ 49 Abs. 1, Ausnahme: § 50 Abs. 2). Ist der Versicherungsfall vor der Veräußerung eingetreten, so bleibt (auch) der Veräußerer zur Schadensabwendung verpflichtet; es kommen also (auch) seine Aufwendungen in Betracht. Den Ersatz solcher vom Veräußerer oder Erwerber gemachten Aufwendungen kann der eine oder der andere nach den für die Fremdversicherung geltenden Grundsätzen verlangen (§ 49 Anm.; teilw. abw. wiederum K i s c h WuRVers 1916. 315, vgl. oben). — Aufwendungen des Versicherungsnehmers sind auch die Aufwendungen d r i t t e r , die der Versicherungsnehmer den dritten ersetzen muß ( K i s c h WuRVers 1916. 277, 310, 3 4 1 ; vgl. auch oben Anm. 6). Ob der dritte im Vertragsverhältnis zum Versicherungsnehmer steht, ist ohne Bedeutung. Hierher gehört also insbesondere der Fall der B e r g u n g . Uber den Fall der große Haverei begründenden Bergung: § 29 Anm. 33. Wird das versicherte Ballastschiff geborgen, so ist der Bergelohn Rettungsaufwand (schief HGZ 1910. 23: „Der Bergelohn habe vom Versicherungsnehmer zwecks Wiedererlangung der . . . Barkasse aufgewendet werden müssen, da dem Berger ein gesetzliches Pfandrecht wegen seiner Vergütung an dem geborgenen Fahrzeug zugestanden" habe). Hierher gehört auch der Fall, daß S c h i f f a h r t s b e h ö r d e n aus Verkehrsgründen treibende, gestrandete oder gesunkene Schiffe und/oder Ladungen bergen (vgl. StrO § 25) und vom versicherten Eigentümer Ersatz verlangen können. Zwar setzt § 32 voraus, daß die Aufwendung „zur Abwendung oder Minderung des Schadens" gemacht ist (unten Anm. 13). Aber dieser Zweck braucht nicht der Hauptzweck zu sein ( K i s c h WuRVers 1916. 279). Es genügt, daß die Schiffahrtsbehörde in erster Linie bezweckt, 34*

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§ 32 das Verkehrshindernis zu beseitigen, und erst in zweiter Linie, sich aus ihm bezahlt zu machen und es zu diesem Zwecke zu bergen (RG 1 1 2 . 38g, S i e b e c k 40). Unrichtig L G u. O L G Hamburg H G Z 1920. 14: Die Bergung sei keine SchadenabwendungsMaßregel; denn „die Behörde sei nur im öffentlichen Interesse eingeschritten, ihr Vorgehen habe nur die Freimachung des Fahrwegs bezweckt, . . . hieran werde nichts geändert, wenn . . . die Behörde bei der Ausführung ihrer Maßnahme im Auge habe, möglichst viele Werte zu retten, zu dem Zweck, um sich aus ihnen für die Bergungskosten bezahlt zu machen". Anders auch S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 5 zu § 32 A D S : Nach der Strandungsordnung bestehe reine Sachhaftung, ein Anspruch gegen den Reeder sei nicht gegeben, die Behörde habe auch keinen Anspruch auf Bergelohn. Demgegenüber ist daraufhinzuweisen, daß § 25 Abs. 3 StrO nur ein Recht zum Verkauf gibt, soweit nicht Sicherheit gestellt wird, in erster Linie also doch an Kostendeckung durch den Eigentümer gedacht wird. — Auch der V e r s i c h e r e r kann Aufwendungen machen. Er kann natürlich im allgemeinen nicht vom Versicherungsnehmer Ersatz verlangen. Höchstens etwa dann, wenn er die Aufwendungen im Auftrag des Versicherungsnehmers gemacht hat und dieser sie nicht für geboten halten durfte. Ferner teilweise im Falle der Unterversicherung, wenn er die Aufwendungen als Beauftragter oder auftragloser Geschäftsführer des Versicherungsnehmers gemacht hat. Als auftragloser Geschäftsführer muß er die Aufwendungen (auch) „für einen anderen", hier für den Versicherungsnehmer (oder Versicherten), gemacht haben, um Ersatz verlangen zu können (BGB §677; OAG Lübeck N A f H R 3. 410 und dazu V o i g t N A f H R 3. 430). Er braucht aber nicht gerade beabsichtigt zu haben, sie für den Versicherungsnehmer zu machen. Er braucht nur „sich des mitspielenden Interesses des Versicherungsnehmers bewußt gewesen zu sein" ( K i s c h WuRVers 1916. 344). Als auftraglose Geschäftsführung darf die Aufwendung ferner an und für sich nicht „mit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen" des Versicherungsnehmers in Widerspruch gestanden haben (BGB § 678). Aber der entgegenstehende Wille des Versicherungsnehmers kommt nicht in Betracht, wenn ohne die Aufwendung die Schadenabwendungs-Pflicht des Versicherungsnehmers nicht rechtzeitig erfüllt werden würde (anal. BGB § 679; vgl. K i s c h WuRVers 1916. 345). Diese Rechtslage entspricht also im wesentlichen dem § 66 Abs. 3 und 4 ASVB. — Sind durch die Aufwendungen des Versicherers u n v e r s i c h e r t e Sachen (des Versicherungsnehmers oder dritter) gerettet, so kann der Versicherer (von dem Versicherungsnehmer oder dem dritten) jedenfalls nicht Ersatz verlangen, wenn die Rettung die adäquate Folge der Aufwendungen zur Abwendung des Versicherungsschadens war, wenn der Güterversicherer z. B. Aufwendungen zur Rettung der Güter aus dem gestrandeten Schiffe gemacht hat und das Schiff infolge der Leichterung abgebracht wird (vgl. O L G Hamburg Rspr 22. 64, O G H Wien AssJB 23. 25). Anders, wenn der Versicherer die Aufwendungen nicht nur zur Abwendung des Versicherungsschadens, sondern auch zur Abwendung des unversicherten Schadens macht, der Güterversicherer im Beispielfall Aufwendungen zur Abbringung des Schiffes macht, obgleich er sich auf die Leichterung hätte beschränken können ( K i s c h WuRVers 1916. 347). Anm. 12

d) Die Aufwendungen, die der Versicherungsnehmer beim Eintritt des Versicherungsfalls macht, fallen dem Versicherer zur Last. Versicherungsfall im Sinne des § 32 ist das Gefahrereignis, das den Schaden (oder größeren Schaden) unvermeidlich herbeiführen würde, wenn der Schaden nicht abgewendet wird, oder auch den Schaden herbeiführt (§ 5 Anm. 28). — Bei der großen Haverei, der Gegenseitigkeitsversicherung von Schiff, Fracht und Ladung, ist es ja ebenso. Havariegrosse-Fall und Versicherungsfall sind in diesem Zusammenhang wesensgleiche Begriffe (§ 29 Anm. 20). Freilich spricht das Havariegrosse-Recht vom Havariegrosse-Fall als dem Falle, daß Schiff und Ladung „aus einer gemeinsamen Gefahr" errettet werden. Aber damit ist (verb. „Er-

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r e t t u n g " ) dasselbe gemeint, was mit d e m Ausdruck „Versicherungsfall" gemeint ist: eine § 3 2 bereits „gegenwärtige" Gefahr (Prot. 2687, R G 38. 4, 165. 166, R G H G Z 1885. 167, H a n s O L G H G Z 1901. 281, L G H a m b u r g H a n s a i960. 1798), eine bereits „eingetretene" Gefahr ( R O H G 21. 157, R G H G Z 1885. 167, H G Z 1901. 283), eine „ u n mittelbare" ( R G H G Z 1885. 167, H G Z 1901. 283, 1905. 27, L G H a m b u r g H G Z 1883. 255) oder „ i m m i n e n t e " Gefahr ( R G H G Z 1882. 61, L G H a m b u r g H G Z 1883. 255), nicht bloß eine „ d r o h e n d e " , „entferntere", „erst in Zukunft zu befürchtende" Gefahr (Prot. 2686 u n d angef. Entsch.); vgl. auch K i s c h W u R V e r s 1916. 271 („Schadensereignis, welches das versicherte Interesse unmittelbar bedroht"), auch BGB § 680 f ü r ein ähnliches Verhältnis: „ A b w e n d u n g e i n e r . . . drohenden dringenden G e f a h r " . Die vorher, zur V e r h ü t u n g von Havariegrosse-Fällen, gemachten Aufwendungen fallen dem Havariegrosse-Verband nicht zur Last: „Aufwendungen f ü r den Zweck vorbeugender M a ß regeln gehören nicht in den Bereich der Havariegrosse" ( R O H G 21. 157). Die vorher, zur V e r h ü t u n g von Versicherungsfällen, gemachten Aufwendungen fallen d e m Versicherer nicht zur Last ( K i s c h W u R V e r s 1916. 270, R G 31. 133, 88. 315). Sie gehören zu den gewöhnlichen, also erfahrungsgemäß objektiv u n d subjektiv gewissen, Nachteilen der versicherten U n t e r n e h m u n g , die sich eben d a r u m geschäftlich u n d rechtlich der Versicherung entziehen u n d vielmehr aus d e m von der versicherten U n t e r n e h m u n g erwarteten Gewinn gedeckt werden sollen. Vgl. den Fall O r t e g a l R G 88. 313: Das Schiff mit deutschem f ü r die Reise von Buenos Aires nach London kriegsversicherten Gold lief bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges Teneriffa als Nothafen an. Der Versicherungsnehmer verkaufte das Gold aus Furcht, Spanien möchte sich d e m Feinde anschließen oder England einen Neutralitätsbruch begehen. Der Versicherungsfall war nicht eingetreten, der Verkauf nicht zur A b w e n d u n g von Versicherungsschaden geboten; die §§ 32, 96 Abs. 2 sind nicht a n w e n d b a r . Nicht u m eine zur V e r h ü t u n g des Versicherungsfalls gebotene Maßregel handelte es sich. Die versicherte U n t e r n e h m u n g war aufgegeben, der Versicherer frei. e) Die Aufwendungen, die der Versicherungsnehmer z u r A b w e n d u n g o d e r A n m . 13 M i n d e r u n g d e s S c h a d e n s macht, fallen d e m Versicherer zur Last. — Die Aufwendungen müssen „ z u r " , z u m Zwecke der A b w e n d u n g oder M i n d e r u n g des Schadens gemacht sein. Nicht notwendig n u r zu diesem Zwecke. Es genügt, d a ß sie a u c h zu diesem Z w e c k e gemacht sind (vgl. oben A n m . 11). — A b w e n d u n g des Schadens ist gänzliche oder teilweise V e r h ü t u n g des Schadens (Prot. 3206), z. B. die V e r h ü t u n g der Verurteilung z u m Ersatz indirekten Kollisionsschadens ( G e r h a r d 294, H G Z 1895. 130; abw. S i e v e k i n g 100 im Anschluß an R G 38. 57, H G Z 1896. 161, M E 207: „Die Verpflichtung des Versicherers, die Kosten des zu ungunsten des Versicherten entschiedenen Prozesses zu ersetzen, beruhe nicht etwa auf d e m Versicherungsvertrag, sondern auf d e m ausdrücklich oder stillschweigend erteilten Auftrag zur P r o z e ß f ü h r u n g " , insbesondere „gehörten die Prozeßkosten nicht zu den zur Ermittlung u n d Feststellung des Schadens erforderlichen Kosten", — was übrigens niemand b e h a u p t e t ; näheres: § 78 Anm.). — M i n d e r u n g des Schadens ist Beseitigung des Schadens oder Beschaffung eines Ersatzes, z. B. vom dritten Schadensstifter (Prot. 3206). Näheres: § 41 Anm. 9. — Z u r A b w e n d u n g oder M i n d e r u n g d e s S c h a d e n s m u ß die Aufwendung gemacht sein. Gemeint ist: d e s V e r s i c h e r u n g s s c h a d e n s , des d e m Versicherer zur Last fallenden Schadens. Das ergibt ohne weiteres der Z u s a m m e n h a n g (verb. „bei d e m Eintritte des Versicherungsfalls"; vgl. § 41 Abs. 1, S i e b e c k 39). W e n n der Versicherungsnehmer einen Schaden abwendet oder mindert, der 3 % des Versicherungswerts nicht erreicht hätte oder erreicht, hat der Versicherer die Aufwendungen nicht zu ersetzen ( K i s c h W u R V e r s 1916. 288; ungenau Prot. 3297); wenn etwa die versicherten Güter u m 2 % beschädigt sind, fallen d e m Versicherer die Kosten des Schadensprozesses gegen den

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§ 32 Verfrachter nicht zur Last. Sind Güter „Frei von Beschädigung" versichert, so fallen dem Versicherer die Aufwendungen nicht zur Last, die zur Abwendung eines bloßen Beschädigungsschadens gemacht sind (vgl. HansOLG HansRGZ 1934 B 395 = Sasse Nr. 4 3 1 ; K G J R P V 1926. 6 = Sasse Nr. 346). Ist das Schiff „Nur für Totalverlust" versichert, so fallen dem Versicherer die Aufwendungen nicht zur Last, die zur Abwendung eines bloßen Teilschadens gemacht sind. Dagegen fallen ihm natürlich grundsätzlich die Aufwendungen zur Last, die zur Abwendung des Totalverlustes gemacht sind ( G e r h a r d 295, K i s c h WuRVers 1916. 289, R G 3 1 . 133; ebenso Kidston v. The Empire Mar. Ins. 1866 bei A r n o u l d 983 s. 1009 und im Anschluß hieran M I A § 76 Abs. 2; abw. L G Hamburg H G Z 1896. 290, folgend: B r o d m a n n 201, 210, S i e v e k i n g 83; näheres: § 123 Anm.). Deshalb bestimmt § 123 Satz 2 ausdrücklich, daß der Versicherer für die Aufwendungen des § 32 n i c h t haftet. Wenn versicherter Mais sich unterwegs infolge seiner natürlichen Beschaffenheit erhitzt und bearbeitet werden muß, um Schaden abzuwenden, fallen dem Versicherer die Bearbeitungskosten nicht zur Last; denn auch der abgewendete Schaden wäre ihm gemäß § 86 nicht zur Last gefallen (HGZ 1906. 10). — Gemeint ist aber nicht nur die Abwendung des gewöhnlichen Versicherungsschadens. Die Aufwendungen können auch zur Abwendung oder Minderung v o n A u f w e n d u n g s s c h a d e n gemacht und aus diesem Grunde vom Versicherer zu ersetzen sein. So etwa, wenn ein dritter (z. B. ein Berger) Aufwendungen zur Abwendung des gewöhnlichen Versicherungsschadens gemacht hat, vom Versicherungsnehmer Ersatz verlangt und der Versicherungsnehmer zur Abwehr des Ersatzanspruchs Aufwendungen macht, insbesondere Prozeßkosten aufwendet (vgl. H G Z 1910. 2 1 ; der Versicherungsnehmer würde freilich nur im Falle des Prozeßverlustes Ersatz auch der Prozeßkosten verlangen können, denn im Falle des Prozeßgewinns würde sich j a ergeben, daß der Aufwendungsschaden dem Versicherer nicht zur Last fällt, — vgl. auch § 78 Anm.; s. O L G Hamburg H G Z 1924 H Nr. 82 = H R Z 1924. 495 = APV 1924 = Sasse Nr. 319). — Die Aufwendungen können aber daneben auch zur Abwendung oder Minderung n i c h t v e r s i c h e r t e r S c h ä d e n (des Versicherungsnehmers oder eines dritten) gemacht sein. Die Abwendung oder Minderung des Versicherungsschadens braucht nicht der einzige und nicht einmal der Hauptzweck zu sein (oben Anm. 1 1 ) ; schon V o i g t N A f H R 4. 254 machte auf die daraus entstehenden „Schwierigkeiten" aufmerksam. Im Einzelnen: Anm. 14 aa) Der Fall der Unterversicherung. Es kann sein, daß die Aufwendungen zur Abwendung nur von Versicherungsschaden oder nur von unversichertem Schaden gemacht sind. So etwa, wenn das unterversicherte Schiff mit einem anderen Schiffe zusammenstößt, der Gegensegler Schadenersatz verlangt, der Versicherungsnehmer bis auf die Versicherungssumme ersetzt (oder, umgekehrt, der Versicherer die Versicherungssumme zahlt und der Versicherungsnehmer nur diese ersetzt) und nur wegen des Restes sich verklagen läßt und Prozeßkosten aufwendet. — Regelmäßig werden die Aufwendungen zum Schutze sowohl des versicherten wie des unversicherten (oder bei einem anderen Versicherer versicherten) Interessenteils, zur Abwendung versicherten und unversicherten Schadens gemacht. Folgerichtig wäre, daß der Unterversicherer die ganzen Aufwendungen ersetzte und von den etwaigen Versicherern des anderen Teiles nach den Grundsätzen über Doppelversicherung Ausgleichung verlangte. Denn die Aufwendungen sind ganz zur Abwendung des Versicherungsschadens gemacht; daß sie daneben noch die Abwendung eines anderen Schadens bezwecken, kommt folgegerecht nicht in Betracht. Versicherungsverkehr und Versicherungsrecht haben aber den Unterversicherten von jeher als teilweisen Selbstversicherer betrachtet. Aus dieser Betrachtungsweise ergab sich von selbst der Ausgleich zwischen Versicherer und Selbstversicherer: Der Versicherer haftet für die Aufwendungen nur im Verhältnis der Versicherungssumme zum Versicherungswert (§8). So auch P r ö l ß Anm. 4 zu § 63

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V V G , K i s c h W u R V e r s 1916. 281 f., 294^, R a i s e r § 15 A n m . 10, S c h l e g e l b e r g e r § 3 2 Bern. 9 zu § 32 ADS. bb) D e m Falle der Unterversicherung ist d e r Fall verwandt, d a ß (nicht sowohl A n m . 15 das Interesse, als vielmehr) die G e f a h r g e t e i l t ist, der Versicherer z. B. n u r „ F r e i von Beschädigung" haftet, d e r Versicherungsnehmer im übrigen die G e f a h r selbst trägt. Die A u f w e n d u n g k a n n z u r A b w e n d u n g von versichertem sowohl wie unversichertem Schaden g e m a c h t sein. So etwa, w e n n d e r Versicherungsnehmer die mit der Selbstentzündungsklausel („Die G e f a h r der Selbstentzündung ist eingeschlossen": V o r b . vor § 113) „ F r e i von Beschädigung" versicherte, erhitzte, Baumwolle i m Zwischenhafen löschen u n d bearbeiten läßt, u m sowohl einen Totalverlust wie a u c h eine Beschädigung a b z u w e n d e n . O d e r (aus einem Schiedsfall): Die von der Kriegsmetall-Aktiengesellschaft in R u ß l a n d angekauften Metalle w u r d e n i m D e z e m b e r 1918 von einem Beamten der Gesellschaft in Nicolajew verkauft, sowohl u m sie der d r i n g e n d e n versicherten Diebstahlsgefahr wie auch, u m sie der eben so d r i n g e n d e n unversicherten Beschlagnahmegefahr zu entziehen. § 8 ist nicht (auch nicht sinngemäß) a n w e n d b a r . Der Versicherer m u ß die g a n z e n A u f w e n d u n g e n ersetzen (anders H e c k 508, 424: T e i l u n g n a c h G r ö ß e u n d Wahrscheinlichkeit der Nachteile vom S t a n d p u n k t der nachträglichen Beurteilung aus). Ist d e r unversicherte Schaden (in den Beispielfällen: der Beschädigungsschaden, der Beschlagnahmeschaden) bei einem zweiten Versicherer versichert, so besteht insoweit Doppelversicherung. Die Versicherer h a f t e n f ü r die A u f w e n d u n g e n als Gesamtschuldner u n d gleichen u n t e r e i n a n d e r aus (§ 10). — Ü b e r den entsprechenden Fall der A u f w e n d u n g z u r A b w e n d u n g sowohl einer Havariegrosse-Gefahr wie einer besonderen G e f a h r vgl. H e c k 424, S c h a p s - A b r a h a m I I A n m . 13 zu § 700 H G B . cc) D e m Falle der Unterversicherung ist noch ein a n d e r e r Fall v e r w a n d t , der A n m . 16 Fall nämlich, d a ß zwar das versicherte Interesse vollständig gegen alle G e f a h r e n gedeckt ist, aber a n d e r e Interessen des Versicherungsnehmers unversichert (oder bei einem a n d e r e n Versicherer versichert) sind u n d der Versicherungsnehmer s o w o h l z u m S c h u t z e d e s v e r s i c h e r t e n w i e d e s u n v e r s i c h e r t e n I n t e r e s s e s , sowohl zur A b w e n d u n g von Versicherungsschaden wie zur A b w e n d u n g des d u r c h das unversicherte Interesse vermittelten Schadens aufwendet. Die Kaskoversicherung z. B. deckt nicht Ausrüstungskosten, H e u e r , Versicherungskosten (§ 70 Abs. 1), Schiffsgewinn, M e h r w e r t , F r a c h t ; der Hilfslohn, den der Versicherungsnehmer aufwendet, u m das gestrandete Schiff a b z u b r i n g e n , wird regelmäßig allen diesen Interessen zugute k o m m e n . Die Güterversicherung deckt keinen i m a g i n ä r e n G e w i n n oder M e h r w e r t ; w e n d e t der G ü t e r versicherte zur R e t t u n g der G ü t e r aus d e m gesunkenen Schiffe auf, so w e n d e t er (auch) z u r A b w e n d u n g des Gewinn- u n d des Mehrwertschadens auf. Die V e r w a n d t s c h a f t des Falles mit d e m Falle der Unterversicherung h a t t e V o i g t zu der A n n a h m e verleitet, d a ß A u f w e n d u n g e n zur A b w e n d u n g von Versicherungsschaden an Ballastschiffen ü b e r Schiff u n d Ausrüstungskosten zu verteilen seien (§ 29 A n m . 2g). § 8 ist aber natürlich nicht (auch nicht sinngemäß) a n w e n d b a r (anders insbesondere a u c h P r ö l ß A n m . 4 zu § 63 V V G ) . D e r Kaskoversicherer, der Güterversicherer m u ß die g a n z e n Aufwend u n g e n ersetzen. D a n e b e n w ü r d e n an u n d f ü r sich a u c h Fracht-, Gewinn-, M e h r w e r t usw. Versicherer haften. Es w ü r d e insoweit Doppelversicherung bestehen. Z w a r w ä r e n verschiedene Interessen versichert; aber ein allgemeineres, umfassendes Interesse w ä r e teilweise doppelt versichert. Die Doppelversicherer w ü r d e n f ü r die A u f w e n d u n g e n als Gesamtschuldner h a f t e n u n d u n t e r e i n a n d e r auszugleichen h a b e n (§ 10). I m Versicherungsverkehr sieht m a n das Verhältnis anders an. Die V e r s i c h e r u n g d e r N e b e n i n t e r e s s e n will diese A u f w e n d u n g e n n u r s o w e i t umfassen, w i e s i e n i c h t s c h o n d u r c h die Versicherung des Hauptinteresses g e s c h ü t z t sind (oder geschützt sein könnten). W i e der Versicherer des Hauptinteresses sich gegenüber d e m Versicherungsnehmer

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§ 32 nicht darauf berufen kann, daß die Aufwendungen auch dem Nebeninteresse zugute kommen, so will der Versicherungsnehmer sich hierauf auch nicht gegenüber dem Versicherer des Nebeninteresses berufen. Diese Verkehrsanschauung kommt auch mannigfach zum Ausdruck. Auf ihr beruht die Bestimmung, daß der Versicherer bei der Versicherung „Für behaltene Ankunft" oder „Nur für Totalverlust" nicht „für die im § 32 . . . bezeichneten Kosten" haftet (§§ 120 Abs. 4, 123 Satz 2). Denn diese Art der Versicherung wird regelmäßig gerade für die Versicherung von Nebeninteressen verwendet (§ 120 Anm., § 123 Anm.). Auf ihr beruht es, daß im Falle des Totalverlustes die Rechte an Schiff oder Gütern nur auf den Kasko- oder Güterversicherer übergehen, nicht auch auf die Versicherer von Nebeninteressen (§§ 71 Abs. 3, 91 Abs. 1, § 71 Anm., § 77 Anm. usw.). — Anders, wenn der haupt- und nebenversicherte Gegenstand aufgeopfert wird, wenn etwa ein Teil der haupt- und mehrwertversicherten Güter geworfen wird, um den anderen Teil zu retten. Dann ersetzen Haupt- und Nebenversicherer wie für gewöhnlichen Versicherungsschaden (oben Anm. 8). Anm. 17 dd) Die Aufwendungen können auch z u r A b w e n d u n g des S c h a d e n s d r i t t e r gemacht sein. Hierher gehören insbesondere die Aufwendungen zur Errettung von Schiff und Ladung aus gemeinsamer Gefahr. Das ist regelmäßig der Fall der großen Haverei. In diesem Falle ist § 32 nicht anwendbar (§ 29 Anm. 4, 39; anders K r e u t z i g e r VersR 1965. 407, wenn eine Maßnahme gleichzeitig eine Havariegrosse-Maßnahme und eine Aufwendung nach § 32 sei). Die §§ 29—31 sind anzuwenden. Es ist aber nicht immer der Fall der großen Haverei. Das Schiff kann z. B. gerettet, die Ladung verloren sein oder umgekehrt (HGB § 703). Wird z. B. das versicherte Schiff gerettet, die Ladung nicht, so muß der Versicherer dem Versicherungsnehmer dessen Aufwendungen ersetzen, die Aufwendungen des Ladungsbeteiligten insoweit, als der Versicherungsnehmer sie dem Ladungsbeteiligten ersetzen muß (oben Anm. 11). Kann der Versicherungsnehmer vom Ladungsbeteiligten (z. B. auf Grund Antrags) Ersatz der Aufwendungen verlangen, so geht der Ersatzanspruch gemäß § 45 auf den entschädigenden Kaskoversicherer über. Wird, umgekehrt, die Ladung gerettet, das versicherte Schiff nicht, so muß der Versicherer wiederum dem Versicherungsnehmer die Aufwendungen ersetzen. Kann der Versicherungsnehmer vom Ladungsbeteiligten Ersatz der Aufwendungen verlangen, so geht dieser Ersatzanspruch gemäß § 45 auf den entschädigenden Versicherer über. So etwa, wenn der Ladungsbeteiligte den Kapitän oder den Reeder beauftragt hat, die Aufwendungen zu machen. Fehlt es an solchem Auftrag, so kann der Reeder nicht als Geschäftsführer ohne Auftrag Ersatz verlangen. Denn der Kapitän hat kein Geschäft des Ladungsbeteiligten ohne Auftrag geführt, sondern seine Pflicht erfüllt (vgl. H e c k 536, S c h a p s - A b r a h a m I I Anm. 5 zu § 703 HGB). Der Reeder kann aber vom Ladungsbeteiligten nach den Grundsätzen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung Ersatz verlangen, soweit die Ladung durch die Aufwendung gerettet ist. Freilich nicht Ersatz für das aufgeopferte Schiff (vgl. H e c k 533); denn der Ladungsbeteiligte ist zwar durch die Aufopferung reicher geworden, der Reeder aber nicht ärmer, weil das Schiff auch ohne die Aufopferung verloren gewesen wäre. Wohl aber, wenn etwas anderes, insbesondere Kosten aufgewendet sind. Der Kaskoversicherer muß die Aufwendungen dem Reeder, der Ladungsbeteiligte sie dem Kaskoversicherer, der Güterversicherer sie dem Ladungsbeteiligten ersetzen. Besteht die Ladung aus Gütern mehrerer Eigentümer, so schuldet jeder die ganzen Aufwendungen (wenn auch natürlich nicht über seine Bereicherung hinaus). Ebenso, wie etwa in dem Falle, daß die Güter mehrerer versicherter Eigentümer im Kaischuppen lagern, ein Brand entsteht und Aufwendungen zur Abwendung des Feuerschadens gemacht werden, die allen Gütern gleicherweise zugute kommen; der Aufwendende (sei es ein Beteiligter, sei es ein dritter) würde in diesem Falle auch als Geschäftsführer ohne Auftrag Ersatz verlangen können.

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Für das Verhältnis der mehreren Eigentümer zueinander ist § 426 B G B (Ausgleich zu gleichen Teilen) nicht maßgebend. Denn es ist kein echtes Gesamtschuldverhältnis. Der zufälligen Interessengemeinschaft wird am besten die Lösung gerecht, „daß die Rettungskosten nach Maßgabe des Wertes der Interessen auf die einzelnen Versicherten verteilt gedacht werden, und daß jeder den auf ihn entfallenden Teil von seinem Versicherer ersetzt bekommt" ( K i s c h W u R V e r s 1916. 3 1 2 , 3 2 1 ) . — Die Aufwendungen des Versicherungsnehmers können schließlich auch zur Abwendung des Schadens dritter dienen, die neben dem Versicherungsnehmer ein Interesse am versicherten Gegenstand haben, z. B. die Aufwendungen des Reeders zur Abwendung des Schadens eines in das Schiffsregister eingetragenen Schiffs-Pfandgläubigers. Die Fälle sind ebenso zu behandeln, wie die Fälle, in denen der Versicherungsnehmer selbst der Nebeninteressent ist (oben Anm. 1 6 ; vgl. auch K i s c h W u R V e r s 1916. 3 1 1 ) . Hat der Reeder etwa auf Grund des Pfandvertrags einen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen, so geht der Ersatzanspruch gemäß § 45 auf den Kaskoversicherer über.

§32

ee) Uberall ist vorausgesetzt, daß die Aufwendungen des Versicherungsnehmers Anm. 18 u n t e i l b a r zur Abwendung des versicherten wie des unversicherten (oder anderweit versicherten) Schadens gemacht sind. Sind die Aufwendungen t e i l b a r , so ersetzt der Versicherer nur den auf das versicherte Interesse aufgewendeten Teil (vgl. über den entsprechenden Fall bei der Abwendung einer Havariegrosse-Gefahr und einer besonderen Gefahr: H e c k 424, S c h a p s - A b r a h a m I I Anm. 13 zu § 700 H G B , H a n s O L G H G Z 1882. 6 1 ) . Insbesondere kann auch ein zur Abwendung versicherten und unversicherten Schadens gemachter G e s a m t a u f w a n d t e i l b a r sein. So etwa, wenn der versicherte Reeder auf Ersatz von Kollisionsschaden, und zwar auf mehr verklagt wird, als wofür der Versicherer haftet (z. B. auf einen höheren als den taxierten Schiffswert), oder den Gegensegler auf Ersatz von mehr verklagt (z. B. auch auf Nutzungsverlust), und infolgedessen höhere Prozeßkosten aufwendet, als er aufzuwenden gehabt haben würde, wenn der Rechtsstreit nur den Versicherungsschaden beträfe (vgl. R G 38. 59, H G Z 1896. 164). Oder wenn der Reeder im Nothafen zur Abwendung größeren Versicherungsschadens eine Notreparatur des versicherten Schiffes ausführt, gleichzeitig aber einen versicherungsfreien Schaden beseitigen läßt und für beide Zwecke Hilfskosten (z. B. Dockmiete und Kosten für die Ein- und Ausbringung des Schiffes in das und aus dem Dock) aufwendet. Oder wenn der Güterversicherte Aufwendungen zur Rettung der versicherten Güter und unversicherter (oder bei einem anderen Versicherer versicherter) Güter aus dem gesunkenen und verlorengegangenen Schiffe macht. In solchen Fällen werden die Aufwendungen v e r h ä l t n i s m ä ß i g g e t e i l t werden müssen, und zwar im Verhältnis der Aufwendungen, die entstanden wären, wenn die mit dem Gesamtaufwand getroffenen Maßregeln für jeden einzelnen Zweck besonders getroffen wären, also nicht einfach im Verhältnis der abgewendeten Schäden (so K i s c h W u R V e r s 1916. 281, S i e v e k i n g 100, R G 38. 59, H G Z 1916. 164; vgl. aber H e c k 50g und § 75 Anm.). f ) Dem Versicherer fallen nur solche Aufwendungen zur L a s t , die der V e r - Anm. 19 Sicherungsnehmer (oder wer sie sonst gemacht hat) den U m s t ä n d e n nach für geboten halten durfte. Wie dem Auftraggeber die Aufwendungen zur Last fallen, „die der Beauftragte den Umständen nach für erforderlich halten d a r f " (BGB § 670). Vgl. H G B § 834 Nr. 3 : „notwendig und zweckmäßig", M I A §§ 65 Abs. 2, 78 Abs. 1 : expenses properly incurred, auch H G Hamburg Seebohm 693: „wie ein verständiger Mann in eigenen Angelegenheiten". — § 32 setzt nicht voraus, daß die Aufwendung geboten w a r , — wie § 24 Abs. 2, daß die Gefahränderung „geboten w a r " , oder § 32 Abs. 1 Nr. 3, daß die Schadensfeststellungs-Kosten „geboten w a r e n " , oder § 30 Abs. 5, daß die Auseinandersetzungs-Kosten „erforderlich w a r e n " . Sondern, daß der Ver-

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§ 3 2 Sicherungsnehmer die Aufwendung „den Umständen nach für geboten halten d u r f t e " . Darin liegt offenbar eine Abschwächung. Hier ist nicht entscheidend, wie der objektive, nicht beteiligte Beurteiler die Sachlage angesehen haben würde. Etwas „den U m ständen nach für geboten halten dürfen" kann nur bedeuten: etwas ohne Fahrlässigkeit für geboten halten. Wie etwas nicht „kennen müssen" bedeutet: etwas ohne Fahrlässigkeit nicht kennen (BGB § 122 Abs. 2). Danach muß man freilich auch einen objektiven Standpunkt wählen. Denn Fahrlässigkeit ist Außerachtlassung der „ i m Verkehr erforderlichen" Sorgfalt (BGB § 276 Abs. 1). Aber dabei sind doch die besonderen Umstände des Falles ebenso zu berücksichtigen wie die Eigenschaften der in Betracht kommenden Menschenart. Hieraus folgt weiter, daß der Versicherungsnehmer auch dann Ersatz verlangen kann, wenn zwar nautische Sorgfalt ihn von der Aufwendung hätte zurückhalten sollen, ihm aber doch weder Vorsatz noch g r o b e Fahrlässigkeit zur Last fällt ( § 3 3 Abs. 1, § 4 1 Anm. 29). Und ebenso, daß Aufwendungen des K a p i t ä n s „als solchen" immer zu erstatten sind (§ 33 Abs. 3, § 33 Anm. 44). — Es kommt also nicht darauf an, ob die Aufwendung geboten w a r . Erst recht nicht darauf, daß sie sich nachträglich als n i c h t geboten erweist. Ebensowenig darauf, ob der Versicherungsnehmer gemäß § 4 1 zur Aufwendung v e r p f l i c h t e t war. Auch wenn er (etwa, weil der Versicherer keinen Vorschuß leistet) die Aufwendung nicht hätte zu machen brauchen, kann er Ersatz verlangen, wenn er sie nach den Umständen für geboten halten durfte. Andererseits sind Aufwendungen, die er gemäß § 4 1 machen m u ß , natürlich stets solche, die er den Umständen nach für geboten halten durfte. Dagegen kommt es nicht darauf an, daß der Versicherungsnehmer die Aufwendung für geboten h i e l t ( K i s c h W u R V e r s 1916. 274). Und ebensowenig darauf, daß der V e r s i c h e r e r die Aufwendung nicht für geboten hielt (abw. K i s c h W u R V e r s 1 9 1 6 . 275). Anders, wenn der Versicherer die W e i s u n g erteilt, Rettungsmaßnahmen zu unterlassen, die mit Aufwendungen verknüpft sind. Denn der Versicherungsnehmer muß solche Weisungen befolgen (§ 41 Anm. 20, 2 1 , K i s c h W u R V e r s 1916. 275, 326; H G Hamburg H G Z 1866. 269: Keine Haftung des Kaskoversicherers für Kosten des Rechtsstreits gegen den angeblich schuldigen Gegensegler G u s t a v , wenn der Versicherer die Weisung erteilt hatte: not to proceed against the Gustav). — Durfte der Versicherungsnehmer Aufwendungen für geboten halten, aber nur geringere, so kann er Ersatz verlangen; aber nur, „ s o w e i t " er die Aufwendungen f ü r geboten halten durfte (so ausdrücklich V V G § 6 3 ; ebenso Lee v. Southern Ins. Co. 1870 bei A r n o u l d 836 s. 8 7 1 ) . — Wenn (oder soweit) der Versicherungsnehmer die Aufwendungen n i c h t für geboten halten durfte, kann er n i c h t gemäß § 32 Ersatz verlangen. Auch dann nicht, wenn die Aufwendung E r f o l g hat. Der „ E r f o l g " kann j a auch im Mißverhältnis zu den Aufwendungen stehen. Doch wird der Versicherungsnehmer gegebenenfalls Ersatz nach den Grundsätzen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten B e r e i c h e r u n g verlangen können (BGB § 8 1 2 ) . Auch können g e b o t e n e A u f w e n d u n g e n durch die nicht gebotenen e r s p a r t sein. So etwa, wenn der Reeder das versicherte Ballastschiff, anstatt es einen Nothafen anlaufen und die beim Versicherungsfall verlorengegangenen Kohlen ergänzen zu lassen, nach dem Bestimmungshafen schleppen läßt, hierdurch nicht gebotene und erheblich höhere Kosten verursacht, aber die durch den Besuch des Nothafens entstehenden Kosten spart. Wie in großer Haverei solche „stellvertretenden Kosten" (substituted expenses) zur Höhe des Ersparten zu ersetzen sind, so auch hier (vgl. H e c k 425, 509, S c h a p s - A b r a h a m I I Anm. 29 zu § 700 H G B , H G Z 1 8 8 1 . 221). B e i s p i e l f ä l l e . Nicht geboten sind Aufwendungen (z. B. Berge- oder Hilfslohn), die zusammen mit der übrigen Entschädigung (z. B. Ausbesserung des versicherten Schiffes) die V e r s i c h e r u n g s s u m m e ü b e r s t e i g e n (vgl. M I A § 78 Abs. 2). Erst

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recht nicht die A u f w e n d u n g e n , die schon f ü r sich allein die Versicherungssumme § 3 2 übersteigen. Das k a n n insbesondere bei untertaxierten Schiffen leicht d e r Fall sein. W e n n die T a x e iooooo, der wirkliche Versicherungswert 200000, der Bergelohn 120000 beträgt, so m a g die A u f w e n d u n g zur A b w e n d u n g von S c h a d e n ü b e r h a u p t geboten gewesen sein; sie w a r es aber zu d e m i o o o o o übersteigenden Betrag j e d e n falls nicht z u r A b w e n d u n g von Versicherungsschaden. — Nicht geboten ist es f ü r d e n versicherten R e e d e r im Bergungsfall einen besonderen H a v a r i e k o m m i s s a r zu bestellen u n d i h m eine Provision zu zahlen, w e n n der K a p i t ä n seine Interessen w a h r n e h m e n k a n n , oder w e n n ein sachkundiger Vertreter des Versicherers sie w a h r n i m m t ( H G Z 1890. 2 7 1 ; vgl. a u c h § 3 0 A n m . 23). Ebensowenig, d e m Berger den Bergelohn d u r c h eine Bank zahlen zu lassen u n d B a n k p r o v i s i o n a u f z u w e n d e n , w e n n der Versicherer zur Z a h l u n g bereit ist ( H G Z 1890. 2 7 1 ) . — H a t der Versicherungsnehmer einen dritten mit der R e k l a m a t i o n der als Bannware b e s c h l a g n a h m t e n G ü t e r b e a u f t r a g t , so ist die A u f w e n d u n g d e r d e m dritten an sich g e b ü h r e n d e n V e r g ü t u n g usw. nicht geboten, w e n n der dritte seine Vertragspflichten nicht gehörig erfüllt h a t u n d deshalb keine V e r g ü t u n g verlangen k a n n ( H G Z 1896. 196). H a t d e r dritte V o r s c h u ß erhalten, den er zurückgeben m u ß , so m u ß der Versicherungsnehmer f ü r die R ü c k g a b e (für die M i n d e r u n g des Aufwendungsschadens) sorgen; sonst wird d e r Versicherer g e m ä ß § 4 1 Abs. 3 frei. — Ist das versicherte Schiff wegen einer Kollisionsschuld arrestiert, so sind die A u f w e n d u n g e n , die der Versicherungsnehmer g e m ä ß § 923 Z P O z u r A b w e n d u n g d e s A r r e s t e s m a c h e n m u ß , nicht ohne weiteres a u c h A u f w e n d u n g e n , die zur Abw e n d u n g von Versicherungsschaden geboten u n d deshalb vom Versicherer zu ersetzen (und g e m ä ß Abs. 2 Satz 2 vorzuschießen) sind. Vgl. aber a u c h § 36 A n m . 7, 8. g) M a n k a n n in vielen Fällen E r s t a t t u n g von „ A u f w e n d u n g e n " oder „ V e r - A n m . 20 W e n d u n g e n " von d e m j e n i g e n verlangen, f ü r den die A u f w e n d u n g e n g e m a c h t sind, so z. B. der Beauftragte, der auftraglose Geschäftsführer, der V e r w a h r e r , der Gesellschafter (BGB §§ 670, 683, 693, 713) usw. F ü r diese Fälle bestimmt § 256 BGB, d a ß der Betrag der A u f w e n d u n g e n von der A u f w e n d u n g an zu v e r z i n s e n ist (vgl. a u c h H G B § 354 Abs. 2), § 257 BGB, d a ß m a n , wenn die A u f w e n d u n g in der Ü b e r n a h m e einer Verbindlichkeit besteht, B e f r e i u n g von der Verbindlichkeit verlangen k a n n . — Aufw e n d u n g e n k ö n n e n aber S c h a d e n sein, insbesondere Bestandteil eines Gesamtschadens, dessen Ersatz m a n verlangen k a n n . So die A u f w e n d u n g e n des § 32. Sie bilden z u s a m m e n mit d e m übrigen Schaden, insbesondere d e m gewöhnlichen Versicherungsschaden, den G e s a m t s c h a d e n , ihre E n t s c h ä d i g u n g „ z u s a m m e n mit der übrigen E n t s c h ä d i g u n g " (§ 37 Abs. 2) die G e s a m t e n t s c h ä d i g u n g . Art, U m f a n g u n d Zeit des Ersatzes bestimmen sich also n a c h den f ü r die E n t s c h ä d i g u n g geltenden G r u n d s ä t z e n (nicht n a c h d e n §§ 256, 257 BGB) u n d den allgemeinen f ü r die V e r p f l i c h t u n g z u r Leistung geltenden Vorschriften (abw. M a t . 1. 179, G e r h a r d 295). Der Versicherungsnehmer m u ß a u c h A u f w e n d u n g s s c h a d e n andienen ( § 4 2 ) , Auskunft erteilen u n d Belege beibringen ( § 4 3 ) , eine S c h a d e n s r e c h n u n g mitteilen (§ 44), Z a h l u n g k a n n er erst n a c h Ablauf eines M o n a t s verlangen usw. (§ 44 Abs. 1; vgl. a u c h oben A n m . 3 ; a b w . K i s c h W u R V e r s 1916. 3 2 2 : Der Versicherungsnehmer könne sofort Z a h l u n g verlangen; häufig werde „indessen die Parteiabsicht die sein, d a ß der Einfachheit halber nicht j e d e Ausgabe n a c h ihrer V o r n a h m e gesondert, sondern die Gesamtheit der A u f w e n d u n g e n in einer einheitlichen S u m m e erstattet werden solle, u n d zwar d a n n , w e n n das Rettungswerk zu einem relativen Abschluß gelangt sei", — ü b e r „ P a r t e i a b s i c h t e n " : V o r b . vor § 1 A n m . 67). — Der Versicherer h a t stets zu z a h l e n . A u c h d a n n , w e n n die A u f w e n d u n g in d e r Ü b e r n a h m e einer Verbindlichkeit besteht. Die Versicherung ist nicht etwa insoweit Haftpflichtversicherung. U n d a u c h w e n n sie es wäre, h ä t t e d e r Versicherer zu zahlen (§ 1 A n m . 147, § 29 A n m . 8, § 78 A n m . ) . Anders K i s c h W u R V e r s 1916.

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§ 3 2 323, 328: Der Versicherungsnehmer könne nur verlangen, daß er von der Verpflichtung gegen den dritten befreit werde; ebenso G e r h a r d 295. — K u r s k l a u s e l n für die Versicherung von Reedereiinteressen und für Güterversicherungen: Vorb. vor § 1 1 3 , NeumannsZ 1922. 235; vgl. dazu K l e e - G o b e r t H R Z 1922. 409. — Zur B e w e i s l a s t : K i s c h WuRVers 1916. 329. Anm. 21 5- Abs. 1 Nr. 2. Dem Versicherer fallen auch die Aufwendungen zur Last, die der Versicherungsnehmer beim Eintritt des Versicherungsfalls gemäß den Weisungen des Versicherers macht. So, wenn der Versicherungsnehmer v e r p f l i c h t e t ist, die Weisungen zu befolgen (§41 Anm. 21). Ebenso, wenn er nur b e r e c h t i g t ist, die Weisungen zu befolgen (§41 Anm. 21). Anders, wenn er nicht berechtigt ist, die Weisungen zu befolgen (§ 41 Abs. 3, § 41 Anm. 21). Nach den Ausführungen in Anm. 39 zu § 29 sind Havariegrosseschäden und -kosten jedenfalls keine Aufwendungen, die der Versicherer gemäß § 32 zu ersetzen hat. A. A. K r e u t z i g e r VersR 1965. 407. Vgl. oben Anm. 17. — War der Versicherungsnehmer verpflichtet oder auch nur berechtigt, die Weisungen zu befolgen, so kommt es also nicht darauf an, ob er die Aufwendungen „zur Abwendung oder Minderung des Schadens gemacht" hat; auch nicht darauf, ob er sie „den Umständen nach für geboten halten durfte" (HGZ 1890. 271). — Aufwendungen, die der Versicherungsnehmer zur Schadensabwendung macht und den Umständen nach für geboten halten darf, fallen nur dem Versicherer des Schiffes und der Güter zur Last, nicht dem Versicherer von N e b e n i n t e r e s s e n (Fracht, Gewinn, Mehrwert usw.; vgl. oben Anm. 16). Dasselbe gilt natürlich von Aufwendungen, die der Versicherungsnehmer auf Weisung des Hauptversicherers macht. Der Versicherer von Nebeninteressen wird regelmäßig keine Weisungen erteilen, sondern sich auf den Hauptversicherer verlassen, der ihn gegebenenfalls schon zur Schadensabwendung und zu den Schadenabwendungs-Kosten heranziehen wird (vgl. Vorb. vor § 1 Anm. 48). Aber der Versicherer von Nebeninteressen kann Weisungen erteilen (§41 Anm. 24). Macht er von diesem Rechte Gebrauch, so wird er auch die Aufwendungen ersetzen müssen. Soweit der Versicherungsnehmer diese Aufwendungen den Umständen nach für geboten halten durfte, haftet auch der Hauptversicherer. Insoweit besteht also Doppelversicherung (oben Anm. 16). Die Doppelversicherer haften als Gesamtschuldner und müssen untereinander ausgleichen (§ 10). — Vgl. im übrigen oben Anm. 5 ff. Uber den Begriff der Weisung: § 41 Anm. 19. — Ist die Ursache des Schadens anfängliche Seeuntüchtigkeit des Schiffes, für die der Versicherer nach § 58 nicht haftet, so hat der Versicherungsnehmer dennoch etwaige Anweisungen des Versicherers zu befolgen, denn dieser braucht bei deren Erteilung mit der Seeuntüchtigkeit als Ausnahmefall nicht zu rechnen. Die Aufwendungen, die durch diese Anweisungen entstehen, sind aber nicht zu ersetzen (abgesehen von nach § 13 zu regelnden Härtefällen), weil § 58 Spezialbestimmung gegenüber § 32 Abs. 1 Ziff. 2 ist ( K r e u t z i g e r VersR 1964. 999). Anm. 22

6. Abs. 1 Nr. 3. Dem Versicherer fallen auch die Kosten zur Last, die durch die Ermittlung und Feststellung des dem Versicherer zur Last fallenden Schadens entstehen. a) „Wer Schaden fordert, muß beweisen, daß er Schaden gelitten habe" (AHO 1731 X I I I . 1). Die Sicherung des Beweises ist also an und für sich Sache des Versicherungsnehmers. Ihm fallen also auch an und für sich die Kosten der Ermittlung und Feststellung des Schadens zur Last. Da aber an der Beweissicherung beide, Versicherungsnehmer und Versicherer, ein Interesse haben, ging man dazu über, auch die Schadenfeststellungs-Kosten als Aufwendungsschaden zu betrachten und zu behandeln, der (zunächst teilweise: A S V B §69 Abs. 3, V o i g t 439; vgl. insbesondere auch H G Hamburg Seebohm 124) vom Versicherer zu ersetzen ist.

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b) K o s t e n sind „ A u s l a g e n und andere V e r w e n d u n g e n " ( H G B § 3 5 4 Abs. 2). § 3 2 Z. B. Reise- und Depeschenkosten ( L G H a m b u r g H G Z 1881. 224), Taucherkosten A n m . 23 ( L G H a m b u r g H G Z 1881. 223), Dockkosten ( H G Z 1900. 282), Kosten des Journalauszugs ( L G H a m b u r g H G Z 1883. 256). Verklarungskosten sind regelmäßig nicht durch die Ermittlung usw. des Schadens entstanden; denn der K a p i t ä n m u ß nach § 522 H G B ohnehin V e r k l a r u n g ablegen (anders A S V B § 69 Abs. 2: D e m Kaskoversicherer fielen die halben Verklarungskosten zur Last; abw. L e w i s 2. 405). Dagegen gehören die Kosten für die Ausfertigung der V e r k l a r u n g hierher (anders A S V B § 69 Abs. 3: Güter- und Frachtversicherer trugen die halben Ausfertigungskosten). — V e r g ü t u n g e n für seine eigenen Bemühungen kann der Versicherungsnehmer nicht verlangen (vgl. oben A n m . 6, § 30 A n m . 23). c) N u r Kosten, die d u r c h d i e E r m i t t l u n g u s w . d e s dem Versicherer zur Last A n m . 24 fallenden S c h a d e n s entstehen, werden ersetzt. Nicht auch Kosten, die durch die Ermittlung verursacht sind, ob ein dem Versicherer zur Last fallender Schaden entstanden ist (Prot. 4351, L e w i s 2. 404, M a k o w e r 2. 249, Lysaght v. Coleman 1895 bei A r n o u l d 914 s. 1019), die „erfolglos" aufgewendet sind (vgl. § 32 Abs. 2). W i r d z. B. kein Schaden oder nur ein Schaden unter 3 % des Versicherungswerts ermittelt, so werden die Kosten nicht ersetzt. Anders im Havariegrosse-Verband; vgl. z. B. H G Z 1900.282: Kosten, die dadurch entstehen, d a ß das Schiff zur Untersuchung in das Trockendock gebracht wird, fallen dem Havariegrosse-Verband auch dann zur Last, w e n n die Untersuchung erfolglos verläuft, aber die gemeinsame Gefahr dringend schien. Anders auch für einen Ausnahmefall I T C und I V C ( A r n o u l d 1295 und 1300): . . . the expense of sighting the bottom after stranding shall be paid if reasonably incurred, even if no damage be found. — D e m Versicherer „ z u r Last fallender S c h a d e n " kann nicht nur gewöhnlicher Versicherungsschaden, sondern auch Aufwendungsschaden sein. Der Versicherer hat z. B. a u c h die Kosten z u ersetzen, die durch die Feststellung des Schadens a m unversicherten, bergenden Schwesterschiff entstehen (vgl. oben A n m . 7). d) Die Kosten fallen dem Versicherer aber nur zur Last, wenn und soweit ihre A n m . 25 A u f w e n d u n g g e b o t e n war. Es genügt nicht, daß der Versicherungsnehmer sie „ d e n Umständen nach für geboten halten d u r f t e " . Die A u f w e n d u n g m u ß v o m Standpunkt des objektiven Beurteilers aus geboten erschienen sein. Dies ist sie z. B. überhaupt nicht (nicht mehr), w e n n der Versicherer den Entschädigungsanspruch nach G r u n d und Höhe anerkannt hat. Näheres: oben A n m . 19, a u c h § 30 A n m . 23. e) Geboten können auch die Kosten sein, die dem Versicherungsnehmer durch A n m . 26 Zuziehung eines Sachverständigen, eines Beistandes oder eines sonstigen B e auftragten entstehen ( H G Z 1880. 104, L G H a m b u r g H G Z 1880. 76). A b e r die Kosten solcher Beauftragten, insbesondere der Havariekommissare, sind, zumal im Ausland, nicht selten ü b e r m ä ß i g hoch (vgl. R G 86. 47, H G Z 1880. 76, 104, 1883. 256, H a m b S 2. 1093) oder unnötig (vgl. H G Z 1881. 223, 225, i8go. 272; näheres: § 30 A n m . 23). Deshalb bestimmten A l t e K R P und A l t e K Z P z u m § 130 A S V B , d a ß „Provision und Kosten des Vertreters des Versicherten in Fällen besonderer Havarie z u ersetzen, der Versicherer nicht verpflichtet" sei (Mat. 2. 104, 108). Deshalb bestimmt § 32 ebenfalls, d a ß diese Kosten nicht zu ersetzen sind (ähnlich V V G §66 Abs. 2). A u s g e n o m m e n sind: 1. die Kosten der Personen, die z u z u z i e h e n der Versicherungsnehmer nach d e m V e r t r a g , insbesondere nach den A D S (vgl. §§ 74, 9 1 — 9 3 usw.) v e r p f l i c h t e t w a r (vgl. auch O L G H a m b u r g V e r s R 1963. 449 = Sasse Nr. 482); 2. die Kosten der Personen, die zuzuziehen der Versicherer v e r l a n g t hatte. So etwa die Kosten der Dispache, deren Aufstellung der Versicherer g e m ä ß § 44 A b s . 2 Satz 2 verlangt hatte ( M a t . 1. 132).

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§ 32 7. Abs. 2 Satz 1. Die Aufwendungen des § 32 Abs. 1 Nr. 1 und 2 fallen dem VerAnm. 27 sicherer auch dann zur Last, wenn sie erfolglos bleiben (ebenso H G B § 834 Nr. 3, V V G § 63 Abs. 1). Das versteht sich von selbst (vgl. auch oben Anm. 24). Deshalb ist es auch im § 670 BGB nicht besonders bestimmt. § 834 Nr. 3 H G B erklärt sich aus dem Gegensatz zum § 703 HGB, § 63 Abs. 1 V V G aus § 834 Nr. 3 HGB, § 32 Abs. 2 Satz 1 ADS aus § 834 Nr. 3 HGB, § 63 Abs. 1 V V G ; auch daraus, daß der Versicherer früher vielfach nur bis zum Wert des Geretteten haftete (deshalb schon Preuß. Seerecht 1727 Art. 20. Der Versicherer soll die vom Versicherungsnehmer „vorgeschossenen Unkosten . . ., wann sie gleich den Werth des geborgenen übersteigen, zu erstatten schuldig seyn"). Anm. 28 8. Der Versicherer muß den für die Aufwendungen des Abs. 1 Nr. 1 und 2 erforderlichen Betrag auf Verlangen des Versicherungsnehmers vorschießen. Das versteht sich nicht von selbst (abw. K i s c h WuRVers 1916. 324). a) Der V e r s i c h e r e r muß vorschießen. Bei der Mitversicherung jeder einzelne; auch dann, wenn ein Mitversicherer „ F ü h r e r " ist; jeder natürlich nur zu seinem Teile (§ 8). Näheres: Vorb. V vor § 1, auch oben Anm. 5. b) Der Versicherer muß den B e t r a g vorschießen, der für die Aufwendungen des Abs. 1 Nr. 1 u. 2 erforderlich ist. Und zwar G e l d ; auch dann Geld, wenn etwas anderes als Geld aufzuwenden ist, oder wenn die Aufwendung in der Übernahme einer Verbindlichkeit besteht (oben Anm. 20; abw. K i s c h WuRVers 1916. 325). Deshalb bestimmt § 32 ADS ( = V V G § 63) nicht nur wie § 669 BGB, daß „für die . . . erforderlichen Aufwendungen . . . Vorschuß zu leisten", sondern daß der Versicherer den erforderlichen „Betrag" vorzuschießen hat (ähnlich H G B § 893). — „ E r f o r d e r l i c h " ist der Betrag, der objektiv erforderlich ist für die Aufwendung, die der Versicherungsnehmer ohne Fahrlässigkeit für geboten hält (Abs. 1 Nr. 1), oder für die Aufwendungen, die der Versicherer verlangt (Abs. 1 Nr. 2). Näheres: oben Anm. 19, 21. c) Der Versicherer muß a u f V e r l a n g e n des Versicherungsnehmers vorschießen. Er ist dazu nicht ohne weiteres verpflichtet. Der Vorschußanspruch wird erst fällig, wenn der Versicherungsnehmer den Vorschuß verlangt und eine angemessene Frist verstrichen ist. Der Versicherer kommt erst in Verzug, wenn die Frist fruchtlos verstreicht und der Versicherungsnehmer mahnt (BGB § 284). — Der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r kann verlangen. Gegebenenfalls der Versicherte. Näheres: oben Anm. 11. — Das V e r l a n g e n ist (ähnlich der Mahnung) eine empfangsbedürftige (im übrigen keiner besonderen Form bedürfende), rechtsgestaltende, Willenserklärung. Über empfangsbedürftige Erklärungen: Vorb. IV vor § 1. Uber Erklärungen gegenüber V e r t r e t e r n : §3 Anm. 18. — Das Verlangen muß (gleich allen RechtsgestaltungsErklärungen) b e s t i m m t sein. Der Versicherer muß wissen, woran er ist. Der Versicherungsnehmer muß daher auch regelmäßig einen bestimmten Betrag verlangen. — Der Versicherer kann verlangen, daß die Rettungsmaßregel oder die Aufwendung unterbleibt. Dann fällt die Ersatzpflicht und damit die Vorschußpflicht weg (oben Anm. 19). d) Der Vorschußanspruch kann g e r i c h t l i c h g e l t e n d g e m a c h t werden ( K i s c h WuRVers 1916. 326; vgl. aber auch oben unter c). — Er kann regelmäßig n i c h t a b g e t r e t e n werden. Denn die Zahlung des Vorschusses an einen anderen würde regelmäßig den Inhalt des Anspruchs verändern (BGB § 399). e) Ist der Vorschußanspruch fällig, so kann der Versicherungsnehmer die von ihm geschuldete Leistung (die Abwendung oder Minderung des Schadens, die Befolgung der Weisungen des Versicherers, soweit sie nur mit dem Vorschuß möglich ist) v e r w e i g e r n , bis der Vorschuß geleistet wird ( K i s c h WuRVers 1916. 326; vgl. R G 6. 195, H G Z 1890. 198). Der Versicherer kann das Weigerungsrecht auch nicht gemäß § 273

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Abs. 3 BGB durch Sicherheitsleistung abwenden. Das folgt aus dem Wesen der Vor- § 32 schußpflicht als einer Verpflichtung zur Vorleistung. — Ist der Versicherer im V e r z u g , so kann der Versicherungsnehmer Schadensersatz verlangen (BGB § 286). Der Versicherer ist a b e r nicht im Verzug, wenn ihn kein Verschulden trifft (BGB § 285), wenn er insbesondere irrig, aber entschuldbar glaubt, d a ß er nicht haftet (näheres: § 44 Anm. 2). 9. A b s . 2 S a t z 2. Der Mitversicherer hat die Aufwendungen des § 32 nur ver- Anm. hältnismäßig zu ersetzen und vorzuschießen (§8). Aber: a) Wenn m e h r e r e V e r s i c h e r e r beteiligt sind und e n t g e g e n s t e h e n d e W e i s u n g e n erteilt haben, m u ß der Versicherungsnehmer nach eigenem pflichtmäßigen Ermessen handeln (§ 41 Abs. 1 Satz 3). Er kann also Ersatz der SchadenabwendungsKosten und Vorschuß nur gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 1, nicht gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 2 verlangen. — O b die Weisungen einander entgegenstehen, ist Tatfrage. Näheres: § 41 Anm. 24. b) Wenn nur e i n V e r s i c h e r e r beteiligt und m e h r a l s die H ä l f t e d e s Vers i c h e r u n g s w e r t s v e r s i c h e r t ist, muß der Versicherungsnehmer die Weisungen des Versicherers befolgen (§41 Abs. 2 Satz 1). Er kann teilweisen Ersatz und Vorschuß der Schadenabwendungs-Kosten gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 1 u. 2 verlangen. Anders, wenn s t r e i t i g ist, ob die B e f o l g u n g der W e i s u n g e n (bei objektiver Beurteilung: oben Anm. 19) g e b o t e n erscheint. Dann muß der Versicherer (vorausgesetzt, daß der Versicherungsnehmer berechtigt war, die Weisungen zu befolgen: oben Anm. 21, §41 Anm. 21): 1. die g a n z e n w e i s u n g s m ä ß i g e n A u f w e n d u n g e n v o r s c h i e ß e n (vgl. aber auch oben unter a), 2. die ganzen weisungsmäßigen Aufwendungen e r s e t z e n , w e n n er die B e f o l g u n g den Umständen nach nicht für g e b o t e n halten durfte (also die nicht gebotenen Aufwendungen für nicht geboten oder fahrlässigerweise für geboten hielt: oben Anm. 19) u n d wenn (oder soweit) die A u f w e n d u n g e n e r f o l g l o s geblieben sind. c) Wenn nur e i n V e r s i c h e r e r beteiligt und w e n i g e r als die H ä l f t e d e s Vers i c h e r u n g s w e r t s v e r s i c h e r t ist, braucht der Versicherungsnehmer die Weisungen des Versicherers nicht zu befolgen (§ 41 Abs. 2 Satz 2). Befolgt er sie nicht, so kann er teil weisen Ersatz von Aufwendungen und Vorschuß gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 1 verlangen. Befolgt er sie, so kann er teil weisen Ersatz und Vorschuß gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 2 verlangen. Ersatz und Vorschuß der g a n z e n Aufwendungen kann er n i c h t verlangen (§41 Abs. 2 Satz 2). d) Wenn m e h r e r e V e r s i c h e r e r beteiligt sind und w e n i g e r als die Hälfte des Versicherungswerts versichert ist, so gilt dasselbe, wie wenn nur ein Versicherer beteiligt und weniger als die Hälfte versichert ist (oben unter c). — Ist m e h r als die Hälfte des Versicherungswerts versichert, so muß der Versicherungsnehmer nach pflichtmäßigem Ermessen handeln, wenn entgegenstehende Weisungen erteilt sind (oben unter a). Sonst muß der Versicherungsnehmer Weisungen befolgen und kann vom anweisenden Versicherer Vorschuß und Ersatz der ganzen Aufwendungen verlangen (näheres: oben unter b). M u ß der anweisende Versicherer die ganzen Aufwendungen vorschießen, so kann er von den Mitversicherern, denen die Aufwendungen teilweise zur Last fallen, gemäß § 10 Abs. 2 (vorläufige) Ausgleichung verlangen. M u ß er die ganzen Aufwendungen ersetzen, so wird er regelmäßig Ausgleichung nicht verlangen können, weil in diesem Falle auch der Versicherungsnehmer regelmäßig die Aufwendungen den Umständen nach nicht für geboten halten durfte.

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§ 32 io. § 32 gilt auch für die V e r g a n g e n h e i t s Versicherung. Es wird so angesehen, Anm. 30 wie wenn der Vertrag beim Beginn der Versicherung geschlossen wäre (vgl. § 5 Anm. 9, § 23 Anm. g, § 33 Anm. 46, § 41 Anm. 34 usw.). So etwa, wenn dem versicherten Schiffe zwischen Versicherungsbeginn und Vertragsschluß Hilfe geleistet ist und der Versicherungsnehmer Hilfslohn zahlen muß. Anm. 31 1 1 . § 32 gilt grundsätzlich für die Versicherung des Schiffes oder der Güter nicht nur, sondern auch für die Versicherung des Gewinns, des Mehrwerts, der Fracht usw. Wenn das Schiff verlorengeht, die Güter gerettet werden und der Reeder, um die Fracht zu retten, die Güter anderweit an ihren Bestimmungsort befördern läßt, muß der Frachtversicherer die Beförderungskosten ersetzen (vgl. auch § 95 Anm.). Aber soweit der Hauptversicherer haftet, haftet der Versicherer des Nebeninteresses nicht (oben Anm. 16). 12. §32 gilt auch für die Rückversicherung (§ 1 Anm. 136). Dem RückverAnm. 32 sicherer fallen die Aufwendungen des Vorversicherers zur Last. Die Aufwendungen des Vorversicherten, die der Vorversicherer zu ersetzen hat, fallen dem Rückversicherer ohnehin zur Last, weil dieser j a als Haftpflichtversicherer zu ersetzen hat, was der Vorversicherer dem Vorversicherten zahlen muß (§ 1 Anm. 145, § 6 Anm. 41). — Es kommt vor, daß der Kaskoversicherer bereit ist, das gesunkene Schiff heben zu lassen und so den Schaden abzuwenden, wenn der (rückversicherte) Interessenversicherer, z. B. der Mehrwertversicherer, sich bereit erklärt, zu den Kosten beizutragen (für die der Interessenversicherer an und für sich nicht aufzukommen hat: oben Anm. 16). Der abwicklungsberechtigte Interessenversicherer kann, ohne Weisungen des Rückversicherers einzuholen, zustimmen und vom Rückversicherer Ersatz verlangen, wenn auch ein nicht rückversicherter Interessenversicherer verständigerweise zugestimmt haben würde. Nach den für die gewöhnliche Haftpflichtversicherung geltenden Regeln würde die Rückversicherung die Kosten, die durch die Verteidigung des Vorversicherers gegen den Entschädigungsanspruch des Vorversicherten entstehen, auch dann umfassen, wenn der Entschädigungsanspruch sich als unbegründet erweist. So V V G § 150. Diese Vorschrift ist aber auf die Rückversicherung nicht anzuwenden (§ 1 Anm. 147). Erweist sich der Entschädigungsanspruch des Vorversicherten als unbegründet, so ist damit erwiesen, daß der Rückversicherungs-Fall nicht eingetreten ist. Der Rückversicherer haftet also nicht für die Verteidigungskosten, deren Erstattung etwa vom Vorversicherten nicht zu erlangen ist. Indessen wurde früher regelmäßig in den Rückversicherungs-Verträgen abweichendes bestimmt (z.B.: „Der Rückversicherer genehmigt . . . stillschweigend Abweisung von Ansprüchen und daraus resultierende Prozeßführung; er verpflichtet sich zur Tragung seines pro-rata-Anteils a u f . . . Kosten, welche in Schadensfällen durch Vergleiche, Interventionen und Prozesse etc. entstehen"). In den neueren Verträgen fehlt diese Klausel vielfach, — wohl deshalb, weil ihr Inhalt Verkehrssitte geworden ist. Anm. 33 13. Das englische Recht unterscheidet: a) G e n e r a l a v e r a g e c h a r g e s . Havariegrosse-Kosten: § 29 Anm. 44. b) S a l v a g e c h a r g e s . Das sind charges recoverable under maritime law by a salvor independently of contract. They do not include the expenses of services in the nature of salvage rendered by the assured or his agents, or any person employed for hire by them, for the purpose of averting a peril insured against (MIA § 65 Abs. 2). Salvage charges in preventing a loss by perils insured against may be recovered as a loss by those perils (MIA § 65 Abs. 1). Aber nicht über die Versicherungssumme hinaus; auch dann nicht, wenn die suing and labouring clause vereinbart ist: salvage charges are not recoverable under the suing and labouring clause (MIA § 78 Abs. 2).

Schadensverhütung

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Sind salvage charges nach einem Werte berechnet, der den Versicherungswert über- § 32 steigt, so haftet der Versicherer nur verhältnismäßig, ebenso wie bei der großen Haverei (vgl. ADS § 30 Abs. 8) : the extent of this liability must be determined on the like principle (MIA § 73 Abs. 2). Wenn das Ballastschiff auf eine Million taxiert ist, geborgen wird und der Bergelohn nach einem Werte von zwei Millionen berechnet wird, so hat der Versicherer nur den halben Bergelohn zu ersetzen. •— Where the subject-matter insured is warranted free from particular average, . . . the insurer is nevertheless liable for salvage charges (MIA § 76 Abs. 2). c) P a r t i c u l a r charges. Das sind expenses incurred by or on behalf of the assured for the safety or preservation of the subject-matter insured, other than general average and salvage charges (MIA § 64 Abs. 2). Der Versicherer haftet. Auch wenn warranted free from particular average versichert ist (MIA § 76 Abs. 2). Aber nur bis zur Höhe der Versicherungssumme. Hierüber hinaus nach der suing and l a b o u r i n g clause, die in Lloyd's Police enthalten ist und lautet: in case of any loss and misfortune it shall be lawful to the assured, their factors, servants, and assigns, to sue, labour and travel for, in and about the defence, safeguard, and recovery of the said goods and merchandises, and ship, etc., or any part thereof, without prejudice to this insurance; to the charges whereof we, the assurers, will contribute each one according to the rate and quantity of his sum herein assured. The engagement thereby entered into is deemed to be supplementary to the contract of insurance, and the assured may recover from the insurer any expenses properly incurred pursuant to the clause, notwithstanding that the insurer may have paid for a total loss, or that the subject-matter may have been warranted free from particular average (MIA §§ 76 Abs. 2, 78 Abs. 1). Salvage charges . . . are not recoverable under the suing and labouring clause (MIA § 78 Abs. 2). Wenn Teilschaden und Bergelohn mehr als die Versicherungssumme betragen, haftet der Versicherer nicht über die Versicherungssumme hinaus. Siehe Aitchison v. Lohre 1879 bei Arnould 924f. s. 861, 862. —• Particular charges are not included in particular average (MIA § 64 Abs. 2, RCP 13). 14. Französisches Recht. Der Versicherungsnehmer kann Ersatz von Schaden- Anm. 34 abwendungs-Kosten (avaries frais) verlangen. Ebenso Ersatz von SchadenfeststellungsKosten. Aber nur jusqu'à concurrence de la valeur des effets recouvrés (C. de comm. Art. 381). § 3 3

Verschulden des Versicherungsnehmers (1) Der Versicherer ist von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder fahrlässig herbeiführt. E r hat jedoch den von dem Versicherungsnehmer durch eine fehlerhafte Führung des Schiffes (nautisches Verschulden) verursachten Schaden zu ersetzen, es sei denn, daß dem Versicherungsnehmer eine vorsätzliche oder grobfahrlässige Handlungsweise zur Last fällt; als nautisches Verschulden gilt jedoch nicht ein Verschulden in Ansehung der Übernahme, Stauung, Verwahrung oder Ablieferung der Güter. (2) Bei einer Versicherung, die sich auf die Güter bezieht, haftet der V e r sicherer auch nicht für einen Schaden, der von dem Ablader oder dem Empfänger in dieser Eigenschaft vorsätzlich oder fahrlässig verursacht wird. 35

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

546 § 33 Anm. 1

Schadensverhütung

(g) Der Versicherungsnehmer hat das Verhalten der Schiffsbesatzung als solcher nicht zu vertreten. 1. Vgl. HGB § 821 Nr. 4, 5, ASVB § 70 Nr. 4, BSVB §§ 54, 56, VVG §§ 61, 130,

131 Abs. 1.

Anm. 2

2. Literatur: A h r e n d , Zum Wesen der Obliegenheiten im Versicherungsrecht, Diss. Münster 1940. B a u c h w i t z ZfVW 1912. 661 (Recht zur schuldhaften Herbeiführung des Versicherungsfalls). Beck AssJB 11. 130 (Vergütung der durch ein Verschulden herbeigeführten Schäden). C r u s i u s OestRev 1917. 275 (Gefahrerhöhung und Herbeiführung des Versicherungsfalls). E n g e VersR 1965. 308 = Schriften des Deutschen Vereins für internationales Seerecht, Reihe A, Heft 10, 1965 (Die Behandlung von Verschuldenstatbeständen in der deutschen und englischen Seekaskoversicherung). G e o r g i i LZ 1907. 538, 777, 883 (Vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls). G o t t s c h a l k NeumannsZ 1912. 645 (Befreiung des Versicherers von der Verpflichtung zur Leistung im VVG). H a g e n SVR 34—39. J o s e f ZfVW 1913. 233 (Vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls), LZ 1911. 767 (Irrtum im Beweggrund bei Herbeiführung des Versicherungsfalls). K e r n , Die Rechtsnatur der versicherungsrechtlichen Obliegenheiten, Diss. Freiburg 1949. K i s c h HRZ 1922. 169 (Herbeiführung des Versicherungsfalls durch Unterlassung). K r e u t z i g e r , Die Kommandobrücke 1964. 275 (Die Schadensverhütungspflicht im Seeversicherungsrecht). K ü b e l ZfVR 2. 44 (Herbeiführung des Schadens durch Verschuldung des Versicherten oder des Versicherungsnehmers). M a l s s ZHR 13. 56 (Fahrlässigkeit des Versicherten). P r ö l ß Anm. zu §§ 61, 130 VVG. R i t t e r ZfVW 1914. 44 (Die Gefahr des Verschuldens der Schiffsbesatzung), LZ 1914. 354 (Vorsätzliche Verursachung eines Schadens durch den Versicherungsnehmer). S i e b e c k , Die Schadenabwendungs- und -minderungspflicht des Versicherungsnehmers, 1963. S c h m i d t , Die Obliegenheiten, 1953. 243fr. S c h m i t t , Die Rechtsnatur der Obliegenheiten im Privatversicherungsrecht, Diss. Jena 1939. S c h n e i d e r OestRev 1907. 107 (Herbeiführung des Versicherungsfalls in guter Absicht), OestRev 1912. 218 (Herbeiführung des Versicherungsfalls durch gesetzliche Vertreter). F. S i e v e k i n g ZHR 55. 170 (Verschulden des Versicherten). S ü ß ZAkDR 1942. 88 (Schadensverhütungspflicht). U l r i c h ZfVW 1901. 287 (Verschulden in der Seeversicherung). V o g e l OestZ 1920. 54 (Die Verwirkungsklausel des deutschen VVG im Lichte des § 278 BGB). W e r n e b u r g ZfVW 1919. 343, SächsA 1920. 249 undAnnVers 1917.385,38g (Kausalzusammenhang zwischen Unterlassungen und Versicherungsschaden). W i e d e m a n n BaumgartnersZ 2. 37 (Das Verschulden im Gebiet des Versicherungsrechts). Z i n g g , Die Befreiung des Versicherers von der Leistungspflicht, 1926. Z u m b a c h , Die Exkulpation des Versicherungsnehmers, Diss. Zürich 1946. •— Weitere Literatur: Vorb. vor § 1 Anm. 59.

Anm. 3

3. A b s . 1. Unternehmungen auf fremde Kosten bergen die Gefahr der Lässigkeit in sich, die Abwälzung von Schadensmöglichkeiten auf andere, die Gefahr, daß man gegen die Vergrößerung der Schadensmöglichkeit und gegen die Vermeidung oder Verminderung von Schäden gleichgültig wird. Das Interesse des Versicherungsnehmers an der Ausführung der versicherten Unternehmung, insbesondere am Nichteintritt des Versicherungsfalls und an der Verringerung seiner Folgen wird geschwächt. Und zwar so sehr, daß eine gewisse Ausgleichung der Interessenlage erforderlich wird. Der Ausgleich wird insbesondere dadurch herbeigeführt, daß der Versicherungsnehmer durch den Versicherungsvertrag verpflichtet wird, die Gefahr nicht zu ändern, namentlich nicht zu erhöhen (§ 23), den Versicherungsfall nicht herbeizuführen (§ 33), beim Eintritt des Versicherungsfalls den Schaden abzuwenden und zu mindern (§41). „Eine Diligenz in eigenen Angelegenheiten ist ihm zur Pflicht gemacht; die römische Regel:

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nullus videtur dolo facere, qui jure suo utitur (1. 55 D. de R . J . 50. 17) gilt hier nicht" § 3 3 ( M o l t 17). a) Gesetz und A D S haben für jede dieser drei Verbindlichkeiten — die G e f a h r - Anm. 4 s t a n d s p f l i c h t , die S c h a d e n v e r h ü t u n g s - P f l i c h t und die S c h a d e n a b w e n d u n g s P f l i c h t — besondere Voraussetzungen, teilweise auch besondere Verletzungsfolgen angeordnet. M a n kann deshalb nicht annehmen, daß diese Verbindlichkeiten sich teilweise decken, daß die Verletzung der einen Verbindlichkeit auch die Verletzung einer anderen Verbindlichkeit sein kann (abw. K i s c h 2. 561). Noch weniger kann man annehmen, daß die Verletzung der einen Verbindlichkeit stets auch die Verletzung der anderen, daß z. B. die Verletzung der Schadenabwendungs-Pflicht stets auch eine Verletzung der Schadenverhütungs-Pflicht ist (so G e r h a r d 284; dagegen mit Recht R o e l l i 195, 219, 238; vgl. auch R G 88. 315, B G H 43. 88: Die Verpflichtung des Versicherungsnehmers, für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen, beginnt nicht schon mit dem Drohen des Versicherungsfalls — so P r ö l ß § 62 Anm. 1 (unmittelbares Drohen) —, sondern erst mit dessen Eintritt, S i e b e c k 62). Es ist deshalb nötig, die G r e n z e n der drei Verbindlichkeiten festzustellen. b) Der Versicherungsnehmer darf „den Versicherungsfall nicht herbeiführen" Anm. 5 (§ 33) u n d muß „bei dem Eintritte des Versicherungsfalls" den Schaden abwenden und mindern ( § 4 1 ) . Der Versicherungsfall ist im allgemeinen das Gefahrereignis, das die Entschädigungspflicht des Versicherers auslöst ( § 5 Anm. 27). Diese Begriffsbestimmung ist für die §§ 33, 41 nicht verwendbar. Denn wenn der Versicherer entschädigen muß, muß Schaden entstanden sein, kann dieser Schaden also nicht mehr abgewendet werden. M a n muß also den Weg, den das Geschehen bis zur Entstehung des Schadens genommen hat, zurückgehen, u m den Versicherungsfall zu finden. U n d da ist es das Ereignis, das nach dem Versicherungsvertrag dem Versicherer zur Last fällt und adäquat zum Schaden geführt hat oder geführt haben würde, wenn der Schaden nicht abgewendet wäre (näheres: § 5 Anm. 28; vgl. auch BGB § 2 5 4 : Mitwirkung des Geschädigten „bei der Entstehung des Schadens" und Unterlassung, „den Schaden abzuwenden"). Kommen mehrere adäquate Ereignisse in Betracht, dasjenige von ihnen, das die c a u s a p r o x i m a des Schadens ist oder, wenn der Schaden nicht abgewendet wäre, sein würde (vgl. § 28 Anm. 17 fr.). Dies Ereignis bildet die Grenze. Dies Ereignis darf der Versicherungsnehmer n i c h t h e r b e i f ü h r e n (§ 33). Beim Eintritt dieses Ereignisses muß er S c h a d e n a b w e n d e n ( § 4 1 ) . Natürlich darf er auch nach dem Eintritt des Versicherungsfalls nicht einen neuen von der Schadensabwendung unabhängigen Versicherungsfall herbeiführen (vgl. § 3 2 Anm. 12). c) U m die G r e n z e z w i s c h e n der S c h a d e n v e r h ü t u n g s - P f l i c h t des Ver- Anm. 6 Sicherungsnehmers u n d der G e f a h r s t a n d s p f l i c h t zu finden, muß man den Weg, den das Geschehen bis zur Entstehung des Schadens genommen hat, noch weiter zurückgehen. Hier wird die Grenze durch eine Linie gebildet, diesseits deren die Ereignisse liegen, die mit dem Schaden im nächsten ursächlichen Zusammenhang stehen, und jenseits deren die Ereignisse liegen, bei denen dies nicht mehr der Fall ist. Der Versicherungsnehmer darf nicht die Gefahr ändern, insbesondere sie nicht erhöhen, bedeutet also: Er darf nicht causae remotae des Schadens, nicht Ereignisse herbeiführen, die zwar nicht selbst Versicherungsfälle sind, wohl aber die Möglichkeit des Eintritts von Versicherungsfällen ändern, insbesondere erhöhen. Wenn der Reeder das mit eigenen versicherten Gütern beladene Schiff" trotz Vorhalts des Kapitäns ohne ausreichendes Kartenmaterial in See sendet, das Schiff nach Monaten strandet, weil dem K a p i t ä n eine auf den längst veralteten Karten nicht verzeichnete Untiefe nicht bekannt ist, und infolgedessen die Güter total verlorengehen, ist zwar gewiß, daß der Versicherungsfall und der Schaden durch den Mangel des Kartenmaterials verursacht 35»

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§ 3 3 sind, aber ebenso gewiß, d a ß der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall nicht „ h e r b e i g e f ü h r t " hat. D e r Versicherungsnehmer h a t die Möglichkeit des Eintritts von Versicherungsfällen vergrößert; der Versicherer ist aus diesem G r u n d e frei (anders L G H a m b u r g H G Z 1892. 301, das, verleitet d u r c h die Fassung des § 821 N r . 4 H G B , diese Vorschrift a n w e n d e t ) . O d e r : w e n n der R e e d e r das zeitversicherte Schiff u n t e r Eisverhältnissen, die zu ü b e r w i n d e n das Schiff nicht b e s t i m m t ist, die Reise a n t r e t e n läßt, so h a t er w i e d e r u m die G e f a h r erhöht, nicht aber im Falle einer Eisbeschädigung d e n Versicherungsfall „ h e r b e i g e f ü h r t " (so H G Z 1892. 24, wo a b e r gleichwohl die E r w ä g u n g angestellt wird, o b der R e e d e r das Schiff „ e i n e r d e r a r t i g erhöhten G e f a h r h ä t t e aussetzen sollen"). Ebenso, w e n n d e r R e e d e r das zeitversicherte Schiff voll bel a d e n zu einer Zeit f a h r e n läßt, in d e r er d a m i t r e c h n e n m u ß , d a ß das Schiff wegen Niedrigwasser auf G r u n d k o m m t (vgl. R G 38. 5). Ebenso, w e n n der Güterversicherte gestattet, d a ß die geruchempfindlichen G ü t e r in Schiffsräume verladen w e r d e n , in d e n e n sie in h ö h e r e m G r a d e der G e f a h r ausgesetzt sind, G e r u c h a n z u n e h m e n (z. B. in R ä u m e , die Petroleum geladen h a t t e n u n d nicht gehörig gereinigt sind), oder d a ß sie z u s a m m e n mit geruchgefährlichen G ü t e r n verladen w e r d e n (anders L G H a m b u r g H G Z 1896. 300, das H G B § 821 Nr. 4, 5 = A D S § 33 a n w e n d e t ; folgend: S i e v e k i n g 107); oder w e n n er gestattet, d a ß die G ü t e r mit feuergefährlichen G ü t e r n z u s a m m e n verladen w e r d e n (anders Begr. z. V V G § 131, die § 61 V V G = § 33 A D S a n g e w e n d e t wissen will) ; oder w e n n er die G ü t e r in unzulänglicher V e r p a c k u n g verladen läßt, welche die G e f a h r der Beschädigung gegenüber der n a c h d e m V e r t r a g vorauszusetzenden vergrößert (vgl. den Fall H G Z 1898. 150). W i r d kriegsversichertes Gold i m neutralen N o t h a f e n nicht verkauft, obgleich die d r i n g e n d e G e f a h r besteht, d a ß d e r N o t h a f e n - S t a a t in den Krieg eintritt u n d das Gold b e s c h l a g n a h m t , so h a t , w e n n dies geschieht, der Versicherungsnehmer nicht den Versicherungsfall h e r b e i g e f ü h r t (so R G 88. 315), sondern seine Schadenabwendungs-Pflicht verletzt ( § 4 1 A n m . 16). Anm. 7

4. Der Versicherungsnehmer „ d a r f " die G e f a h r nicht ä n d e r n (§ 23). E r ist i m Versicherungsfall „ v e r p f l i c h t e t " , S c h a d e n a b z u w e n d e n u n d zu m i n d e r n (§41). M i t t e n zwischen diesen beiden Pflichtgebieten, an beiden Seiten u n m i t t e l b a r an sie a n g r e n z e n d , liegt das Gebiet d e r S c h a d e n v e r h ü t u n g s - P f l i c h t . Gesetz u n d A D S sagen freilich nicht, wie in d e n §§ 23, 41 : Der Versicherungsnehmer „ d a r f " den Versicherungsfall nicht h e r b e i f ü h r e n ; er ist „ v e r p f l i c h t e t " , S c h a d e n zu v e r h ü t e n . Sie setzen es voraus u n d bestimmen n u r die Folge d e r Pflichtverletzung. Gesetzestechnisch richtiger wäre gewesen, wie in §§ 23 Abs. 1 , 4 1 Abs. 1, die V e r p f l i c h t u n g u n d , wie in §§ 24 Abs. 1 , 4 1 Abs. 3, die Rechtsfolge ihrer Verletzung a n z u o r d n e n . Aus dieser U n g e n a u i g keit Schlüsse zu ziehen, hieße die Entstehungsgeschichte des § 33, d e n inneren Z u s a m m e n h a n g der §§ 23, 33, 41 u n d die Interessenlage m i ß a c h t e n . Anm. 8 a) M a n hielt es f r ü h e r f ü r „eine in d e r N a t u r d e r Sache b e g r ü n d e t e R e g e l " , d a ß d e r Versicherer f ü r Schäden nicht hafte, die v o m Versicherungsnehmer schuldhaft verursacht sind ( B e n e c k e 3. 196). Cette règle dérive de premiers principes ( É m é r i g o n ch. 12 s. 2). M a n leitete sie aus allgemeinen G r u n d s ä t z e n des bürgerlichen Rechtes a b (so É m é r i g o n a a O , der m e i n t : C'est ici u n e règle générale à laquelle il n'est pas permis de déroger p a r u n pacte c o n t r a i r e : nulla pactione effîci potest ne dolus praestetur). O d e r aus d e m angeblichen G r u n d s a t z des Versicherungsrechts, d a ß der Versicherer n u r „alle . . . b e d a c h t e u n d u n b e d a c h t e Zufälle t r ä g t " ( A H O 1731 V 1, § 28 A n m . 8). Die Eierschalen dieser (heute ziemlich allgemein als unrichtig erkannten) Anschauungsweise sind a m Gesetz haften geblieben. So erklärt es sich, d a ß das H G B (zwar die Gefahrstandspflicht u n d die Schadenabwendungs-Pflicht in d e m Titel b e h a n d e l t , der „ V e r p f l i c h t u n g e n des Versicherten aus d e m Versicherungsvertrage" überschrieben ist, aber) die Schadenverhütungs-Pflicht in d e m „ U m f a n g d e r G e f a h r " überschriebenen

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Titel behandelt u n d die Grundsätze über den U m f a n g der Gefahr „ m i t d e m Einwand § 3 3 eigenen Verschuldens verquickt" ( H G Z 1920. 290). So erklärt es sich, d a ß Gesetz u n d A D S die Schadenverhütungs-Pflicht als „eine in der N a t u r der Sache begründete R e g e l " betrachten, sie deshalb nicht besonders aussprechen u n d sich darauf beschränken, n u r die Rechtsfolgen ihrer Verletzung zu bestimmen. Hierauf wird es auch zurückzuführen sein, d a ß V V G und A D S sich bei der Bestimmung dieser Verletzungsfolge eines offenbaren Fehlgriffs schuldig gemacht haben. Sie bestimmen, d a ß „ d e r Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei" sein soll, wenn der Versicherungsnehmer die Schadenverhütungs-Pflicht verletzt. Das ist die Ausdrucksweise, deren Gesetz und A D S sich sonst in der Regel bedienen, wenn der Versicherer ü b e r h a u p t frei sein soll (vgl. z. B. §§ 17, 20, 24 usw.). Gemeint ist etwas anderes, nämlich: d a ß der Versicherer (nur) f ü r den d u r c h den Versicherungsfall verursachten Schaden nicht haften soll (wie gemäß § 41 Abs. 3). U n d hieraus erklärt sich auch wieder, w a r u m der U r h e b e r des H G B geglaubt hat, den Gegenstand unter d e m Titel „ U m f a n g der G e f a h r " behandeln zu sollen (weshalb auch die von R o e l l i 194, S o m m e r 20 aus diesem U m stand gezogenen Schlußfolgerungen irrig sind). b) Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, die Gefahr nicht zu ändern, insbesondere nicht zu erhöhen (§ 23 Anm. 14), u n d verpflichtet, im Versicherungsfall Schaden abzuwenden u n d zu mindern (§41 Anm. 5). Es wäre schwer verständlich, w e n n er nicht auch z w i s c h e n d u r c h v e r p f l i c h t e t , wenn er nicht auch verpflichtet sein sollte, den Eintritt des Versicherungsfalls zu verhindern (wenn er nicht „ z u sorgfältiger Behandlung des Risikos verpflichtet" w ä r e : M o l t 39, R G 123. 320 = H a n s R G Z 192g B 227 = H R R 1929 Nr. 1358 = J R P V 1929. 1 1 9 = J W 1929. 2146). c) Den berechtigten I n t e r e s s e n sowohl des Versicherungsnehmers wie des Versicherers entspricht die Auffassung, d a ß der Versicherungsnehmer verpflichtet ist, die Nebenpflicht hat, den Versicherungsfall nicht herbeizuführen, u n d widerspricht insbesondere die (herrschende) Auffassung, d a ß die gehörige Schadensverhütung „Voraussetzung" des Entschädigungsanspruchs sei. „Voraussetzungen" müssen bewiesen werd e n ; der Versicherungsnehmer, der Entschädigung verlangt, m ü ß t e beweisen, d a ß er alles getan u n d nichts unterlassen hat, was zur Schadensverhütung erforderlich war, — eine f ü r ihn unerträgliche Lage. Andererseits brauchte er das Verhalten dritter ü b e r h a u p t nicht zu vertreten, wohl auch gar das des Versicherten nicht, •— eine f ü r den Versicherer unerträgliche Lage. Mit den „ R e c h t e n u n d Pflichten aus d e m Versicherungsverhältnis" geht die Schadenverhütungs-Pflicht des Versicherungsnehmers auf den Erwerber der versicherten Sache nur über, wenn sie eine „Pflicht", nicht, wenn sie irgendetwas anderes ist ( § 4 9 Abs. 1). d) Gleichwohl hält die h e r r s c h e n d e A n s i c h t in der Binnen Versicherung (insbesondere die Rechtsprechung des R G u n d des BGH, vgl. R G 83. 43, 117. 327, 135. 370, J R 1941. 137 = D R 1941. 1706, B G H Z 11. 120, 42. 295, VersR 1964. 475, 1965. 325 = BB 1965. 307, siehe auch O L G Celle VersR 1955. 169; ferner M ö l l e r , Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers f ü r das Verhalten Dritter 68, u n d in B r u c k - M ö l l e r A n m . 32 zu § 6 V V G , P r ö l ß Anm. 1 zu § 61 V V G [15. Aufl., anders frühere Aufl.]) den Versicherungsnehmer n i c h t f ü r verpflichtet, den Schaden zu verhüten (dagegen z. B. B r o d m a n n J e h J 58. 273, G e r h a r d 287, R i t t e r L Z 1914. 354, S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 1 zu § 33 ADS, J . v. G i e r k e V S R I I i5of., 203, jedenfalls f ü r die Seeversicherung auch E n g e VersR 1965. 308, O L G H a m b u r g J R 1936 Z. 13, H a n s O L G H a n s R G Z 1940 B 266 = J R P V 1940. 127 = Sasse Nr. 452, H a n s O L G H a m b u r g VersR 1955. 501). e) F ü r die A D S beseitigt § 33 Abs. 3 jeden Zweifel, d a ß m a n im Verkehr den Versicherungsnehmer f ü r verpflichtet hält, Schaden zu verhüten, d a ß diese Anschauung

Anm.

Anm.

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§ 33 auch die Interessentenkreise geleitet hat, welche die ADS geschaffen haben, und daß demnach auch der Versicherungsnehmer gemäß § 33 Abs. 1 verpflichtet ist, Schaden zu verhüten (so auch S c h l e g e l b e r g e r SVR Bern. 1 zu § 33 ADS, E n g e VersR 1965. 308). Denn § 33 Abs. 3 will, daß der Versicherungsnehmer das Verschulden der Schiffsbesatzung als solcher nicht zu vertreten braucht, also ein sonstiges Verschulden der Schiffsbesatzung gegebenenfalls vertreten soll, schließt sich damit an § 278 BGB, wonach der „Schuldner" das Verschulden von Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner „Verbindlichkeit" bedient, vertreten muß, an und stellt damit ausdrücklich die ADS auf den Boden der Auffassung, daß die Schadenverhütungs-Pflicht die „Verbindlichkeit" eines „Schuldners" ist (vgl. hierzu auch Vorb. vor § 1 Anm. 66 und unten Anm. 14). — Aber auch § 33 Abs. 2 ADS ( = § 821 Nr. 5 HGB) bestätigt diese Auffassung. Der Güterversicherte muß danach gegen sich gelten lassen, was Ablader und Empfänger „in dieser Eigenschaft" verschulden. Denn Ablader und Empfänger sind „solche Stellvertreter" des Versicherungsnehmers, deren Verhalten dieser gegen sich gelten lassen muß, „Stellvertreter" von solcher Bedeutung, daß man sie, des Beispiels halber (das man als solches freilich hätte kenntlich machen sollen), besonders hervorgehoben hat (Prot. 3230), Personen, deren sich der Güterversicherte bei der Erfüllung der Schadenverhütungs-Pflicht usw. bedient, wenn sie „in ihrer Eigenschaft" als Ablader oder Empfänger tätig werden. Demgegenüber ist ohne Bedeutung, daß § 33 Abs. 2 den Versicherungsnehmer auch bei solchen, auf die Güter sich beziehenden, Versicherungen für Ablader und Empfänger einstehen läßt, bei denen diese keine Erfüllungsgehilfen des Versicherungsnehmers sind. Denn § 33 Abs. 2 ist insoweit folgewidrig und rein positiv; irgendwelche Schlüsse daraus zu ziehen, wäre ebenso unberechtigt, wie wenn man aus dem Umstand Schlüsse ziehen wollte, daß nach § 33 Abs. 3 „der Versicherungsnehmer (in jedem Falle) das Verhalten der Schiffsbesatzung als solcher nicht zu vertreten hat", obgleich doch nach allgemeinen Grundsätzen von solcher Vertretung überhaupt nur in ganz beschränktem Umfang die Rede sein kann. Anm. 13

5. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, den Versicherungsfall nicht herbeizuführen, Schaden zu verhüten. a) Uber den Begriff des Versicherungsnehmers: § 3 Anm. 4. — Uber den Fall, daß m e h r e r e Versicherungsnehmer beteiligt sind: Vorb. VI vor § 1. Haben insbesondere Miteigentümer die Sache gemeinschaftlich versichert, so ist jeder einzelne verpflichtet. Verletzt einer die Schadenverhütungs-Pflicht, so schadet es nicht ohne weiteres auch den anderen (Vorb. vor § 1 Anm. 54, § 23 Anm. 20, § 41 Anm. 4, V o i g t 426, H G Z 1897. 67; für einen Fall der Gefahränderung: R O H G 4. 84; Westport Coal Co. v. McPhail 1898 bei C h a l m e r s 78: where a ship is lost through the barratry of the master, who is a part owner, the co-owners are entitled to recover). Anm. 14 b) Der Versicherungsnehmer muß das Verschulden seines g e s e t z l i c h e n V e r t r e t e r s gegen sich gelten lassen (BGB § 278; oben Anm. 7, Vorb. V I I I vor § 1). Er haftet aber auch in den Grenzen seiner Verantwortlichkeit für sein eigenes Verhalten (Vorb. vor § 1 Anm. 61). — Bedient sich der Versicherungsnehmer zur Erfüllung seiner Schadenverhütungs-Pflicht eines d r i t t e n , so muß er das Verschulden des dritten vertreten (BGB § 278; oben Anm. 7fr., Vorb. V I I I vor § 1). Für die Seeversicherung hat denn auch von jeher als unerschütterter Grundsatz gegolten, daß der Versicherungsnehmer das Verschulden solcher dritten vertreten muß, daß (wie man sich ausdrückte) „der Versicherte für die Handlungen und Unterlassungen desjenigen, welchen er für das vorliegende Rechtsverhältnis zum Vertreter bestellt hat, verantwortlich" ist, daß ihm „selbstverständlich ein Verschulden seines Stellvertreters schadet", daß „es sich von selbst versteht, daß unzweifelhafte Vertreter des Versicherten diesem durch ihr Verschulden präjudizieren" (Prot. 3230, B r o d m a n n 195, L e o 192, S i e v e k i n g 107,

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U l r i c h Z f V W 1 9 0 1 . 290, V o i g t 4 1 3 , 4 6 1 , S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 1 zu § 33 § 3 3 A D S , R O H G 17. 348, 18. 285, R G 9. 1 2 1 , R G H G Z 1893. 190, 1 9 1 0 . 35, H G Z 1893. 14, 1897. 1 1 8 , 1904. 34, H G u. O G Hamburg, O A G Lübeck H H 5 4 1 . 639), daß „ein Schaden, welcher durch eigenes Verschulden des Versicherten oder seiner Vertreter entstanden ist, von dem Versicherer nicht vergütet w i r d " ( B S V B § 56). Eben deshalb änderte man den PreußE, der im Art. 631 den Versicherer nur von dem Schaden befreite, der durch das „eigene" Verschulden des Versicherten entsteht (Prot. 3230). Eben deshalb wurden alle Anträge zum E 1 9 1 0 abgelehnt, die den Versicherer nur befreit wissen wollten, wenn der Versicherungsnehmer „persönlich" oder „selbst" den Versicherungsfall herbeiführt (Mat. 1. 134, 135). Für die Binnenversicherung wurde und wird vielfach dasselbe angenommen ; vgl. P r ö 1 ß Anm. 2 zu § 61 V V G , F u 1 d AssJB 30. 3, G e r h a r d 286, H i n n e b e r g 53, W e r n e b e r g AssJB 37. 77, 39/40. 44, W o l f f 437, R G 37. 149, 5 1 . 20, J W 1903. 2 5 1 , Gruchot 47. 991, R G H G Z 1910, 35, O L G Hamburg Rspr 1 1 . 40 und S A 45 Nr. 269, O L G Rostock SA 54 Nr. 107; auch G i e r k e L Z 1909. 738, der aber § 254 B G B und erst durch ihn § 278 B G B anwenden will (zustimmend U l r i c h 72; R i t t e r hat seine Zustimmung ArchBürgR 35. 2 1 2 in der 1. Aufl. dieses Kommentars zurückgenommen); auch G e r h a r d J W 1919. 740: Der Versicherungsnehmer müsse das Verhalten eines „Bevollmächtigten oder Repräsentanten" vertreten, und, wenn er „gewisse Pflichten" übernommen habe, „ w ä r e es möglich, den § 278 anzuwenden". Anders für das Binnenversicherungsrecht die h. M., insbesondere das Reichsgericht und der Bundesgerichtshof, die bei Herbeiführung des Versicherungsfalles nur für Repräsentanten haften lassen wollen. Siehe im einzelnen Vorbem. vor § 1 Anm. 63. c) P e r s o n e n , d e r e n d e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r s i c h „ z u r Erfüllung seiner Anm. 1 5 Verbindlichkeit", Versicherungsschaden zu verhüten, b e d i e n t , sind Personen, durch die der Versicherungsnehmer tun läßt, was im allgemeinen der Interessent selbst zu tun pflegt, Personen, die m i t d e r E r f ü l l u n g eben d e r S c h a d e n v e r h ü t u n g s P f l i c h t b e t r a u t sind (vgl. auch H a n s O L G H R R 1936 Nr. 886 = J R P V 1936 Ziff. 1 3 = Sasse Nr. 439). Sei es, daß sie a l l g e m e i n beauftragt sind, die (oder a u c h die) mit der Versicherung zusammenhängenden Angelegenheiten oder einzelne von ihnen zu erledigen, und damit für die Erfüllung der aus der Versicherung sich ergebenden Obliegenheiten an die Stelle des Versicherungsnehmers gesetzt sind (als „Repräsentanten", „Ersatzleute", „Platzhalter", „Stellvertreter"), — sei es, daß sie b e s o n d e r s damit beauftragt sind (vgl. Vorb. vor § 1 Anm. 62, § 19 Anm. 1 1 , § 23 Anm. 2 3 ; ähnlich übrigens schon V o i g t N A f H R 4. 1 7 3 : „Selbstverständlich müßten hierbei dem Versicherten dessen allgemeine Vertreter und die von ihm speziell beauftragten Personen gleichgestellt werden"). I m einzelnen hat über den Kreis der Personen, deren der Versicherungsnehmer zur Erfüllung seiner Schadenverhütungs-Pflicht „sich bedient", deren Verhalten er vertreten muß, natürlich immer Zweifel bestanden. Nach dem Guidon de la mer 5. 1 1 les Assureurs ne répondent pas de la négligence du Commissionaire de l'Assuré, mit der bezeichnenden Begründung, parce que le Commissionaire représente le Commettant, lequel doit s'imputer d'avoir fait un mauvaix chaux. Nach Ord. de la mar. 3. V I 27 haftete der Versicherer nicht für Schaden, verursacht par le fait ou la faute des assurés. V a l i n 2. 77 fügt hinzu: ou de leurs préposés, agens, ou facteurs, und hält sogar eine Klausel, die den Versicherer verpflichtet, für ungültig : une telle clause en effet, seroit absurde, illusoire et frauduleuse! Ähnlich P o h l s 4. 3 1 4 : Der Versicherer komme nicht „ f ü r die Versehen solcher Leute auf, die mit dem Versicherten e i n e Person bildeten; dahin gehörten seine Commissionairs, Factoren, und alle, die in seinem Auftrag handelten". Die Versehen der S c h i f f s b e s a t z u n g nahmen die Aufmerksamkeit besonders in Anspruch. Nach Ord. de la mar. 3. V I . 28 waren Schäden, die par la faute des maîtres et

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§ 3 3 mariniers verursacht w a r e n , nicht zu Lasten des Versicherers. Die Entwicklung f ü h r t e in Deutschland schließlich z u m entgegengesetzten Ergebnis: N a c h § 820 Abs. 2 H G B „ t r ä g t der Versicherer insbesondere die G e f a h r d e r Unredlichkeit oder des Verschuldens einer Person der Schiffsbesatzung". — F ü r die A D S m u ß die richtige Auslegung u n d A n w e n d u n g des § 278 BGB in V e r b i n d u n g mit § 33 Abs. 3 A D S überall zu angemessenen Ergebnissen f ü h r e n . Der Versicherungsnehmer h a t nicht das Verschulden aller „seiner L e u t e " oder a u c h n u r (wie d e r F r a c h t f ü h r e r n a c h § 431 H G B ) das Verschulden aller derjenigen zu vertreten, die in seinem A u f t r a g oder mit seiner Z u s t i m m u n g die O b h u t der versicherten Sache h a b e n oder in seinem A u f t r a g oder mit seiner Z u s t i m m u n g sich sonstwie m i t der versicherten Sache zu schaffen m a c h e n . D e r Versicherer haftet natürlich, w e n n der H a u s k n e c h t des Versicherungsnehmers bei d e r Ausladung der versicherten Kiste M a n u f a k t u r w a r e n sorglos v e r f ä h r t u n d die G ü t e r infolgedessen d u r c h Wasser beschädigt w e r d e n ( O G H a m b u r g , O A G Lübeck N A f H R 3. 473), oder w e n n Müllerburschen in d e r feuerversicherten M ü h l e heimlich r a u c h e n u n d d a d u r c h ein Brand entsteht (vgl. V o g e l OestZ 1920. 54), oder w e n n Arbeiter der feuerversicherten Holzbearbeitungs-Fabrik die F e u e r v e r h ü t u n g s -Vorschriften verletzen u n d ein Brand entsteht ( R O H G 10. 208), oder w e n n Dienstboten einen Feuerschaden a m feuerversicherten H a u s r a t h e r b e i f ü h r e n (LG H a m b u r g Z f V W 1914. 277), oder w e n n der Kellner, u m die versicherte, vereiste Glasscheibe a u f z u t a u e n , ihr einen Gasofen zu n a h e b r i n g t u n d die Scheibe „ k n a x t " ( L G Breslau G e r h a r d s Praxis 2. 2 0 1 ; ähnlich O L G Breslau J W 1919. 740), oder w e n n die feuerversicherte Dreschmaschine d u r c h einen Brand zerstört wird, d e r d u r c h das Verschulden d e r die Maschine reinigenden Arbeiter verursacht ist (vgl. R G 37. 149), oder w e n n der Kahnschiffer schuldhaft d e n K a h n sich auf einen P f a h l setzen läßt u n d die versicherte R e i s l a d u n g d a d u r c h beschädigt wird (vgl. R G 83. 43, H G Z 1913, 65), oder w e n n d e r K a p i t ä n des bodmereigelder-versicherten Schiffes d e n U n t e r g a n g des Schiffes h e r b e i f ü h r t (vgl. H G u. O G H a m b u r g , O A G L ü b e c k H H 386), oder w e n n der W ä c h t e r , der n a c h d e m Versicherungsvertrag die einbruchversicherten R ä u m e nachts b e w a c h e n soll, seine Pflicht verletzt ( R G 102. 215), oder w e n n der Bauu n t e r n e h m e r b e i m Bau der K a i m a u e r des Versicherungsnehmers ein Versehen g e m a c h t h a t , der K a h n mit den versicherten G ü t e r n sich auf einen stehengebliebenen Pfahl setzt u n d die G ü t e r beschädigt w e r d e n ( H G Z 1913. 65), oder w e n n der K a p i t ä n die versicherten G ü t e r i m N o t h a f e n ohne N o t verkauft ( H G u. O G H a m b u r g H G Z 1873. 391, 1874. 169, Ullrich N r . 64). Der Gedanke, d a ß der Arbeiter, der H a u s k n e c h t , der Müllerbursche, d e r Dienstbote usw. Personen sind, deren der Versicherungsnehmer sich bei E r f ü l l u n g seiner Schadenverhütungs-Pflicht bedient, ist absurd. U n r i c h t i g ist deshalb d e r in B G H Z 11. 120 (123) e n t h a l t e n e Satz, d a ß die A n w e n d u n g des § 278 BGB i m Falle des § 61 V V G zu einer H a f t u n g des Versicherungsnehmers f ü r j e d e u n t e r g e o r d n e t e Hilfsperson f ü h r e n w ü r d e . Insoweit ist aber a u c h der oft ausgesprochene G e d a n k e richtig (wenngleich juristisch wertlos), d a ß die Versicherung gerade gegen das V e r h a l t e n dritter schützen solle. Vgl. hierzu z.B. R G 83. 44: „ D i e G e f a h r . . . bestehe . . . a u c h darin, d a ß die Angestellten des Versicherungsnehmers, die mit irgendeiner auf die versicherten G ü t e r bezüglichen Tätigkeit b e t r a u t w ü r d e n , schuldhafter Weise ihre Beschädigung verursachen k ö n n t e n ; w ä r e diese G e f a h r in der Versicherung nicht eingeschlossen, so w ü r d e der Versicherungsnehmer allen A n l a ß h a b e n , sich hiergegen n o c h d u r c h eine besondere Versicherung zu decken, was unmöglich die M e i n u n g gewesen sein k ö n n e " (offenbar beeinflußt von B r o d m a n n J e h J 58. 2 7 5 ; folgend: O L G Breslau J W 1919, 740), oder R G 102. 1 1 4 : „ Z u m Wesen einer Kaskoversicherung ( ? ) . . . gehöre, d a ß der Versicherungsnehmer nicht z u m wenigsten a u c h gegen solche Schäden gedeckt sei, die d u r c h Verschulden seiner Schiffsmannschaft verursacht s e i e n " ; vgl. a u c h J o s e f L Z 1907. 485 u n d anderswo, oder a u c h B G H Z 11. 120 (123) „ . . . w ü r d e d a m i t aber d e r

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Versicherungsschutz in einer Weise eingeschränkt werden, der mit d e m Zweck der Ver- § 3 3 Sicherung nicht m e h r verträglich ist". Anders, w e n n d e m dritten obliegt, was i m allgemeinen v o m Versicherungsnehmer selbst erwartet wird (vgl. a u c h S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 2 zu § 33 A D S ) . W e n n der Versicherungsnehmer die feuerversicherte Dreschmaschine einem a n d e r e n zur Benutzung in dessen Betrieb überläßt, sich also d e r eigenen Sorge f ü r die versicherte Sache vollständig entschlägt u n d von einer E r f ü l l u n g der Schadenverhütungs-Pflicht n u r noch auf Seiten des a n d e r e n die R e d e sein kann, m u ß er das Verschulden des a n d e r e n vertreten ( R G 37. 149). W e n n die versicherte Fabrik die M a s c h i n e mit Eigentumsvorbehalt u n d ohne G e f a h r ü b e r g a n g verkauft, m u ß sie das Verschulden des Käufers vertreten ( R G 37. 149). W e n n der Versicherungsnehmer seinen feuerversicherten Betrieb d u r c h einen a n d e r e n (einen Inspektor) verwalten läßt, m u ß er dessen Verschulden vertreten ( J W 1903. 251). Die feuerversicherte E h e f r a u m u ß das Verschulden ihres M a n n e s u n d Verwalters gegen sich gelten lassen ( O L G Rostock Z f V W 1902. 90). W e n n der E h e m a n n der E i g e n t ü m e r i n des versicherten Schiffes das Schiff wegsetzt, m u ß die Versicherungsnehmerin dies vertreten ( H a n s O L G H a n s R G Z 1934 B 707 = Sasse N r . 434, H G Z 1911. 167); das wird (meint H G Z 1911. 167) „ v o n der Klägerin selbst o f f e n b a r nicht bezweifelt". W e n n , u m g e k e h r t , die E h e f r a u die O b h u t d e r versicherten Sachen des M a n n e s h a t , m u ß dieser natürlich a u c h das V e r h a l t e n der F r a u vertreten ( R G 51. 22, wo das V e r h a l t e n der F r a u d e m M a n n e n u r deshalb nicht zugerechnet wird, weil dieser sich seiner F r a u n u r wie einer gewöhnlichen Handlungsgehilfin bedient hatte). W e n n ein Angestellter des haftpflichtversicherten N a c h t w a c h u n t e r n e h m e n s , d e m die L e i t u n g des Wachdienstes obliegt, die W ä c h t e r den Wachdienst v e r s ä u m e n l ä ß t u n d der Versicherungsnehmer infolgedessen haftpflichtig wird, m u ß der Versicherungsnehmer das V e r h a l t e n des Angestellten vertreten ( R G 101. 402; freilich nicht ein Fall des § 33, sondern ein Fall des § 23: § 23 A n m . 21). D a ß der Versicherungsnehmer i m Falle einer Seeversicherung von Musterkoffern es vertreten m u ß , w e n n „ d e r Reisende . . . d u r c h sein V e r h a l t e n . . . d e n S c h a d e n schuldhaft verursacht oder wenigstens mitverursacht h a t " , gilt d e m O L G H a m b u r g (LZ 1911. 324) als selbstverständlich. Deshalb unrichtig R G 83. 4 4 : W e n n der „ V i c e " des G ü t e r versicherten d e m Kahnschiffer schuldhaft eine ungeeignete Liegestelle anweist, b r a u c h e der Güterversicherte dies nicht zu vertreten (zustimmend J o s e f N e u m a n n s Z 1914. 394; anders die Vorentscheidung H G Z 1913. 67, die mit R e c h t untersucht, o b den Vicen ein Verschulden trifft, u n d dies verneint). U n r i c h t i g a u c h O L G Stuttgart A P V 1913 I I 9 2 : Der K ä u f e r eines m i t Eigentumsvorbehalt verkauften K r a f t w a g e n s l ä ß t den W a g e n vorsätzlich oder fahrlässig v e r b r e n n e n ; der Versicherer des Verkäufers h a f t e gleichwohl (vgl. d a z u a u c h § 1 A n m . 10). Bedenklich oder doch mißverständlich a u c h R G 84. 4 1 4 : H a b e der V e r k ä u f e r das versicherte G r u n d s t ü c k d e m K ä u f e r übergeben, aber noch nicht aufgelassen, so „bleibe es seine Sache, d u r c h A b k o m m e n mit d e n u n m i t t e l b a r e n Besitzern oder d u r c h Weisungen an diese d a f ü r Sorge zu tragen, d a ß die betreffenden (Schadenverhütungs-) Verpflichtungen, sei es d u r c h ihn persönlich, sei es d u r c h Beauftragte erfüllt w ü r d e n ; das Versicherungsverhältnis w e r d e d u r c h solche V o r g ä n g e nicht b e e i n f l u ß t " . Richtig dagegen in der einen, wie in der a n d e r e n Beziehung R O H G 10. 208: I n der feuerversicherten Holzbearbeitungs-Fabrik werden von d e n A r b e i t e r n die Feuerverhütungs-Vorschriften nicht beachtet. H i e r d u r c h entsteht ein Brand. Der Versicherer w e n d e t ein, der Versicherte h a b e das Verschulden der Arbeiter zu vertreten. K G verurteilt. Die Nichtigkeitsbeschwerde rügte, das K G h a b e gegen den G r u n d s a t z verstoßen, w o n a c h „ d e r Prinzipal f ü r die verbotswidrigen Gewohnheiten seines Personals hafte . . . Der Angriff sei grundlos. Der Appell-Richter negiere keineswegs, d a ß u n t e r U m s t ä n d e n der Prinzipal wegen Verstoßes seiner Arbeiter wider die Versicherungsbedingungen den Versicherungsanspruch verwirke (vgl. M a l s s

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§ 33 Z H R 13. 56, G o l d s c h m i d t Z H R 16. 380). Nur halte er dafür, daß nicht j e d e r Verstoß i r g e n d e i n e s F a b r i k a r b e i t e r s diese Folge nach sich ziehe, daß unstatthafte Handlungen der Arbeiter n i c h t schon an und f ü r sich als vertretbares Versehen des Prinzipals erschienen". Richtig auch im Ergebnis BGHZ 1 1 . 1 2 1 : Der Versicherer wird nicht frei, wenn der beim Versicherungsnehmer beschäftigte Arbeiter den Lastkraftwagen durch grobe Fahrlässigkeit die Böschung herunterfahren läßt. Vgl. auch unten Anm. 34 fr. Anm. 16 d) Im Falle einer V e r s i c h e r u n g f ü r f r e m d e R e c h n u n g darf weder der Versicherungsnehmer noch der Versicherte den Versicherungsfall herbeiführen (so auch HansOLG H R R 1936 Nr. 886 = J R P V 1936 Ziff. 13 = Sasse Nr. 439, S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 1 zu § 33 ADS). Näheres § 23 Anm. 25, § 52 Anm. e) Wird die versicherte Sache v e r ä u ß e r t , so wird der E r w e r b e r verpflichtet, Anm. 17 den Schaden zu verhüten (HGZ 1904. 262, S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 2 zu § 33 ADS). Denn er tritt nach § 49 Abs. 1 in die „Pflichten" des Versicherungsnehmers ein, und die Schadenverhütungs-Pflicht ist eine „Pflicht", eine Verbindlichkeit des Versicherungsnehmers (oben Anm. 7). Der V e r ä u ß e r er ist nicht mehr verpflichtet ( R o e l l i 208); der Erwerber hat sein Verhalten nur wie dasjenige sonstiger dritter zu vertreten (oben Anm. 14). — Im Falle bloßer A b t r e t u n g der noch bedingten Entschädigungsforderung bleibt nur der Versicherungsnehmer verpflichtet. Der Versicherer kann aber dem Zessionar einwenden, daß dieser wider Treu und Glauben den Versicherungsfall herbeigeführt hat (vgl. BGB § 162 Abs. 2, ADS § 49 Anm.), gegebenenfalls auch, daß er auf Grund des auf ihn übergehenden Schadenersatz -Anspruchs des Versicherungsnehmers Rückerstattung der von ihm gezahlten Entschädigung würde verlangen können (exceptio doli generalis). Anm. 18 6. Der Versicherungsnehmer darf den Versicherungsfall nicht herbeiführen, — den Fall der Versicherung, das Gefahrereignis, das Schaden verursachen und den Versicherer zur Entschädigung verpflichten würde, wenn er nicht gemäß § 33 frei wäre (oben Anm. 5). — Er ist verpflichtet. Die Verpflichtung ist keine bloße Unterlassungspflicht, — so wenig, wie etwa die Gefahrstandspflicht eine bloße Unterlassungspflicht ist (§ 23 Anm. 16). Der Versicherungsnehmer ist auch zu p o s i t i v e n Handlungen verpflichtet, nämlich auch verpflichtet, vorzukehren, was nach dem ausgesprochenen oder unausgesprochenen Willen der Parteien (BGB § 133) oder nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (BGB § 157) oder nach der besonderen Vertragstreue (ADS § 13) vorgekehrt werden muß, damit der Versicherungsfall nicht eintritt. Das versteht sich von selbst, wenn man die Schadenverhütungs-Pflicht des Versicherungsnehmers anerkennt. Anders, wenn man die Schadenverhütungs-Pflicht des Versicherungsnehmers leugnet. „ D a der Versicherungsvertrag . . . keine Verpflichtung begründe, gegenüber dem Versicherungsobjekte ein schuldvolles Verhalten zu vermeiden . . ., bestehe auch keine Pflicht zu präventivem Handeln", —• meint R o e l l i 219. Der Versicherungsnehmer kann die Hände in den Schoß legen und ruhig zusehen, wie ein anderer, vielleicht gar ein Angestellter oder Angehöriger, die versicherte Sache in Brand steckt. Das ist natürlich unmöglich ( E h r e n b e r g 420, K i s c h H R Z 1922. 169, W e r n e b u r g AssJB 37. 74, R G 88. 315, L G Hamburg H G Z 1892. 301). Aber es ist nicht leicht, das unmögliche Ergebnis zu vermeiden, wenn man die Schadenverhütungs-Pflicht des Versicherungsnehmers leugnet (vgl. z. B. die Versuche von K i s c h H R Z 1922. 169). Was der Versicherungsnehmer im e i n z e l n e n zu tun, zu lassen hat, ist Tatfrage. Von dieser Frage ist jedenfalls die der Verantwortlichkeit zu trennen, die Frage, ob den Versicherungsnehmer ein Verschulden trifft oder nicht. Das ist nicht immer geschehen. So insbesondere nicht bei der Aufstellung des angeblichen Grundsatzes, der Versicherungsnehmer müsse und dürfe sich so verhalten, „wie es einem ordentlichen

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(Kaufmann, insbesondere einem ordentlichen) Reeder, auch w e n n er n i c h t v e r - § 3 3 s i c h e r t sei, rätlich erscheinen würde" (HGZ 1902. 302, 304; vgl. ferner R O H G 17. 192, 24. 395, R G 32. 13, 60. 149, 88. 315, H G Z 1892. 97, H G Hamburg Seebohm 693, L e w i s 2. 359, V o i g t 359, 420 und schon P o h l s 4. 280, auch Prot. 4425, teilweise für die Schadenabwendungs-Pflicht; dagegen E h r e n b e r g 437, G e r h a r d 292, H a g e n 1. 641, R e a t z Hdbch. 434, S i e v e k i n g 85, E n g e VersR 1965. 308, M E 1 1 2 , R O H G 18. 285: „Eine Regel, die Versicherer müßten jedes Verhalten der Versicherten und deren Vertreter gelten lassen, wenn dieselben dabei von dem Standpunkt „Nicht-Versicherter" aus richtig gehandelt haben sollten, gebe es nicht"; vorsichtiger BSVB § 53: Der Versicherungsnehmer müsse „unter allen Umständen so handeln, wie er tun würde, wenn er nicht versichert wäre und jede Ermäßigung an Kosten und Schaden ihm selbst gewonnen und erspart würde", aber: „unbeschadet der aus den Bedingungen der Versicherung entspringenden besonderen Rechte und Pflichten"). Der angebliche Grundsatz ist ausländischen Ursprungs. Die englisch-amerikanische Rechtsprechung geht bei der Frage, ob der Versicherungsnehmer den Schadensfall als Fall des constructive total loss behandeln darf, vom Standpunkt des p r u d e n t u n i n s u r e d o w n e r aus (vgl. z. B. C h a l m e r s 83fr.). Allgemeine Bedeutung hat die Prudent-uninsured-owner Theorie nicht. So auch nicht in Deutschland für die Frage, wie sich der Versicherungsnehmer zu verhalten hat, um den Schaden zu verhüten. Ist nur gemeint, daß der Versicherungsnehmer die verkehrsmäßige Sorgfalt nicht außer Acht lassen darf, so versteht sich der angebliche Grundsatz von selbst. Soll damit mehr gesagt sein, so ist er unrichtig. Dem Versicherungsnehmer ist durch den Versicherungsvertrag eine besondere Verbindlichkeit auferlegt, die erfüllt sein will (vgl. oben Anm. 7). Er kann sich nicht darauf berufen, daß die Unterlassung einer zur Schadensverhütung erforderlichen Maßregel in seinem Interesse gelegen habe (vgl. auch §41 Anm. 10). Zu welchen Fehlschlüssen der Prudentuninsured-owner-Grundsatz verleiten kann, lehrt H G Z 1884. 85 (in einem Schadenabwendungs-Falle) : Der Reederkapitän hatte ohne Grund mit der Mannschaft das lecke Schiff" verlassen. Seeamt und Oberseeamt hatten ihm deswegen das Patent entzogen. Der Kaskoversicherer wurde gleichwohl zur Zahlung der Versicherungssumme für das inzwischen total verlorengegangene Schiff verurteilt. „Der Maßstab", den die Seeämter an das Verhalten des Kapitäns anlegen müßten, sei nicht entscheidend. „Die Stellung des Schiffers als Versicherten seinem Versicherer gegenüber sei eine andere; wie der Versicherte seinem Versicherer gegenüber zum Prästieren einer besonderen Diligenz überhaupt nicht verbunden sei, so könne ihm auch vom Versicherer als Verschulden nicht zugerechnet werden, daß er an Einsicht, Mut und Opferwilligkeit hinter dem Durchschnitt seiner Berufsgenossen zurückstehe, wenn nur anzunehmen sei, daß er für sein und damit auch seines Versicherers Interesse so gesorgt habe, als wäre er nicht versichert"! Hiergegen mit Recht V o i g t 420 und R G H G Z 1884. 251, welches das Urteil aufhob; H G Z 1885. 61 sprach aber darauf, revisionssicher, den Kapitän von jedem Verschulden los. 7. Die bloße Verletzung der Schadenverhütungs-Pflicht, die bloße Herbeiführung Anm. 19 des Versicherungsfalls durch den Versicherungsnehmer hat keine besonderen privatrechtlichen Folgen. Anders, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder fahrlässig herbeiführt. a) V o r s a t z erfordert nach der einen Ansicht die Vorstellung vom notwendigen oder doch wahrscheinlichen Eintritt des Erfolgs, nach der anderen Ansicht den Willen zum Erfolg, also hier zum Gefahrereignis (vgl. Komm. z. BGB § 276). Die Willenstheorie verdient den Vorzug. Was man sich „vorsetzt", will man, stellt man sich nicht nur als möglich oder wahrscheinlich vor. Der Wille braucht aber nicht nur oder in erster Linie auf den Erfolg gerichtet zu sein; es genügt, daß er in erster Linie auf einen

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§ 33 anderen Erfolg gerichtet ist, aber das Bewußtsein besteht, daß auch dieser Erfolg eintreten wird (vgl. RG 57. 241, 58. 216). Insbesondere ist ohne Bedeutung, daß in erster Linie ein sittlich gebilligter oder gar gebotener Erfolg gewollt ist; namentlich wird ein menschlich gebotenes Verhalten dem Versicherungsnehmer nur gemäß § 24 Abs. 2, nicht auch hier nachgesehen ( G e o r g i i LZ 1907. 538, 777, 883, J o s e f ZfVW 1913.237, R i t t e r LZ 1914.360, R o e l l i 218; abw. B a u c h w i t z ZfVW 1912. 663, H a g e n 1. 635, S c h n e i d e r OestRev 1907. 107). Der Wille braucht nur auf den Erfolg, hier das Gefahrereignis, nicht auf den Schaden gerichtet zu sein. Der Versicherungsnehmer braucht den Erfolg nicht als rechtsverletzenden gewollt, sich seiner Eigenschaft als eines rechtsverletzenden, der Eigenschaft des Falles als eines Versicherungsfalles, der Sache als einer versicherten nicht bewußt gewesen zu sein ( G e r h a r d 369, J o e s e f LZ 1911. 767, L e n n e 133, S t o l l e 56; abw. S c h n e i d e r ZfVW 1905. 260). Mag sonst der Begriff des Vorsatzes voraussetzen, daß der Täter sich wenigstens der Tatbestandsmerkmale der Rechtswidrigkeit seines Verhaltens bewußt ist, so kann doch hiervon im Zweifel keine Rede sein, wenn Gesetz oder Vertrag an die an und für sich nicht rechtswidrige Selbstbeschädigung Rechtsfolgen knüpfen (vgl. insbesondere den Fall des § 254 BGB). Deshalb ist auch ohne Bedeutung, daß der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall etwa im Notstand herbeigeführt hat (vgl. BGB § 228). Einen Fall vorsätzlicher Versenkung behandelt OLG Hamburg APV 1935. 36 = HansRGZ 1934 B 707: Haftung für den Ehemann und Vertreter, Beweis des ersten Anscheins. F a h r l ä s s i g k e i t ist Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (BGB § 276 Abs. 1 Satz 2), insbesondere Außerachtlassung kaufmännischer Sorgfalt, wenn das Geschäft für den Versicherungsnehmer ein Handelsgeschäft ist (HGB § 347 Abs. 1). Die Verkehrssitte, wie sie für diese Verhältnisse und diese Personenkreise besteht, ist maßgebend (vgl. HGZ 1892.301: § 23 Anm. 11). Auf die besonderen Verhältnisse, Anlagen, Fähigkeiten gerade dieses Versicherungsnehmers kommt es nicht an (näheres: Komm. z. BGB § 276). Wohl aber ist zu berücksichtigen, daß der Versicherungsnehmer „Treu und Glauben im höchsten Maße zu betätigen hat" ( § 1 3 ; vgl. LZ 1907. 599, § 13 Anm. 6). — Erfüllt das Verhalten des Versicherungsnehmers eine sittliche Pflicht, so kann es nicht fahrlässig sein (LZ 1907. 914), wohl aber vorsätzlich (vgl. oben). — Vgl. wegen einzelner Fahrlässigkeitsfälle OLG Kiel HansRGZ 1936 B 290: Reiseantritt von Stralsund nach Holstein mit nicht gehörig ausgerüstetem Fischkutter (Fehlen von Kompaßlampen und vermindert gebrauchsfähigem Ruderdraht), OLG Hamburg HansRGZ 1932 B 433: unzureichende Sorge für Schwimmfähigkeit durch Nichtbeseitigung eingedrungenen Wassers aus einer vertäuten und eingefrorenen Schwimm-Ramme im Hafen. Siehe auch KG J R P V 1928. 141: Betrauung eines mehrfach wegen Diebstahls, Unterschlagung, Körperverletzung, Betteins usw. Bestraften mit der Bewachung eines Fischkutters in Abwesenheit der Eigentümer, wenn der Beauftragte den Kutter vorsätzlich in Brand steckt (s. dazu H a g e n SVR 37f.). Anm. 20 b) Der Versicherungsnehmer darf den Versicherungsfall nicht schuldhaft herbeiführen. Sonst „ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung f r e i " . Das ist ungenau (oben Anm. 8). Der Versicherer ist nicht frei (wie in den Fällen der §§ 17, 20, 24 usw.). Er haftet, wenn ein anderer Versicherungsfall eintritt, den der Versicherer nicht schuldhaft herbeigeführt hat. Gemeint ist, was § 130 VVG bestimmt: „Der Versicherer h a f t e t n i c h t für den Schaden, der von dem Versicherungsnehmer vorsätzlich oder fahrlässig verursacht wird" (so auch § 33 Abs. 2). Übrigens ist auch diese Bestimmung ungenau; sie müßte lauten: „Der Versicherer haftet nicht für den Schaden, der durch den vom Versicherungsnehmer vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführten Versicherungsfall verursacht wird" (vgl. oben Anm. 5, auch § 41

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Abs. 3). — Über den ursächlichen Zusammenhang: § 28 Anm. 17 fr., oben Anm. 5, 6. —• § 3 3 Hat der Versicherer gezahlt, obgleich er nicht haftet, so kann er kondizieren (BGB §§ 8 1 2 f f . ; näheres: § 20 Anm. 5). — Die Herbeiführung des Versicherungsfalls kann natürlich auch eine Änderung der Gefahr bilden. Dann findet neben § 33 auch § 24 Anwendung. c) Schuldhafte Verletzung einer Vertragspflicht verpflichtet im allgemeinen den Anm. Schuldner zum S c h a d e n s e r s a t z (BGB § 276). Das gilt auch für den Versicherungsnehmer, der schuldhaft die Schadenverhütungs-Pflicht verletzt. Hat z. B. der Auswanderungsunternehmer für Rechnung der Auswanderer Versicherung genommen, und zwar derart, daß die versicherten Auswanderer sich Einwendungen aus der Person des Versicherungsnehmers, insbesondere die Einwendung der verletzten Schadenverhütungs-Pflicht, nicht gefallen zu lassen brauchen, so kann der Versicherer, der den Auswanderern zahlen muß, vom Versicherungsnehmer Schadensersatz verlangen, wenn dieser schuldhaft den Versicherungsfall herbeigeführt hat (näheres: § 1 Anm. 105). Ebenso etwa, wenn der Gemeinschuldner den Versicherungsfall herbeigeführt hat und der Konkursverwalter das Verhalten des Gemeinschuldners nicht zu vertreten braucht (Vorb. vor § 1 Anm. 61). Ist aber der Versicherer gemäß § 33 Abs. 1 frei, so hat es dabei sein Bewenden (vgl. auch § 20 Anm. 40, § 24 Anm. 10, § 41 Anm. 32). D i e b e s o n d e r e R e g e l des § 33 g e h t nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen der allgemeinen Regel des § 276 B G B v o r . Der Versicherer kann also z. B. nicht Ersatz des Schadens verlangen, der dadurch entstanden ist, daß er erfolglos erhebliche Aufwendungen zur Abbringung des infolge grober Fahrlässigkeit des versicherten Reederkapitäns gestrandeten Schiffes gemacht hat. Nur Schadenersatz-Pflicht aus unerlaubter Handlung könnte in Betracht kommen. Ferner Schadenersatz-Pflicht wegen verletzter Benachrichtigungspflicht (§ 40) oder verletzter Auskunftspflicht (§ 43). I m Falle erfolgreicher Aufwendung auch ein Kondiktionsanspruch (vgl. auch § 32 Anm. 1 1 ) . d) B e w e i s l a s t . Der Versicherer muß beweisen, daß die Schadenverhütungs-Pflicht Anm. v e r l e t z t , der Versicherungsfall durch das Verhalten des Versicherungsnehmers herbeigeführt ist, und daß und wieweit der S c h a d e n durch diesen Versicherungsfall v e r u r s a c h t ist (z. B. H G Z 1899. 14, H a n s O L G H a n s R G Z 1932 B 19 = Sasse Nr. 419, H a g e n S V R 35). Denn die gehörigen Schadenverhütungs-Maßregeln bilden keine „Voraussetzung" oder „Bedingung" des Entschädigungsanspruchs (oben Anm. 4ff.). Allerdings muß der Schuldner im allgemeinen beweisen, daß er erfüllt hat. Aber nur, wenn er aus der Erfüllung Ansprüche oder Einwendungen herleitet. Davon ist hier nicht die Rede. Der Versicherer kann insbesondere nicht die Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrags erheben und deswegen und gemäß § 320 B G B die Entschädigung verweigern. Ist die Schadenverhütungs-Pflicht verletzt und dadurch der Versicherungsfall und der Schaden herbeigeführt, so ist die Schadenverhütungs-Pflicht nicht mehr zu erfüllen. Vgl. auch § 20 Anm. 4, § 24 Anm. 32, § 41 Anm. 30. — Hat der Versicherer bewiesen, daß die Schadenverhütungs-Pflicht verletzt ist, so muß der Versicherungsnehmer beweisen, daß ihn k e i n V e r s c h u l d e n trifft (vgl. B G B § 282, auch § 3 Anm. 24, § 1 5 Anm. 15). — Diese Verteilung der Beweislast ist nicht immer deutlich erkannt. Aber sie entspricht (nicht nur allgemeinen Rechtsgrundsätzen, sondern auch) der Interessenlage. Man nimmt deshalb zwar an, daß der Versicherer nicht nur die Verletzung der Schadenverhütungs-Pflicht, sondern auch das Verschulden des Versicherungsnehmers beweisen müsse ( É m é r i g o n eh. 12 s. 2 § 4, B e n e c k e 3. 200). Aber man fügt hinzu, daß der Beweis als geführt anzusehen sei, wenn „ n u r die Möglichkeit bestehen bleibe, daß der Schaden im Fall der Erfüllung" der Schadenverhütungs-Pflicht nicht entstanden wäre (vgl. H G Z 1898. 268 für einen Schadenabwendungs-Fall). So auch schon É m é r i g o n eh. 12 s. 2 § 3. Dagegen mit Recht P o h l s 4. 314. Für solche

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§ 3 3 Verteilung der Beweislast fehlt jede Rechtsgrundlage. Vgl. auch § 41 Anm. 30; ungenau: § 23 Anm. 19 Zeile 9. Anm. 23 8. A b s . 1 Satz 2. Ausnahme: Nautisches Verschulden hat der Versicherungsn e h m e r nur dann zu vertreten, w e n n i h m Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Und zwar in jedem Falle einer Seeversicherung; insbesondere auch im Falle der Güterversicherung. Und nicht nur bei Erfüllung der SchadenverhütungsPflicht, sondern auch bei Erfüllung der Gefahrstandspflicht (§ 23 Anm. 19) und der Schadenabwendungs-Pflicht (§ 41 Anm. 29). a) N a u t i s c h e s V e r s c h u l d e n ist, nach der Begriffsbestimmung der ADS, fehlerhafte Führung des Schiffes. Dieser Ausdruck entstammt dem § 4 Abs. 2 Satz 2 BSchG. Diese Vorschrift wiederum verdankt ihre Entstehung der R T K z. BSchG. Nach dem Entwurf des BSchG sollte der Schiffseigner für Schiffsschulden nicht unbeschränkt, sondern nur mit Schiff und Fracht haften, — unbeschränkt nur im Falle eigenen Verschuldens (vgl. BSchG § 4 Abs. 1 u. 2 Satz 1). Hiernach würde der Schiffseigner insbesondere dann nur beschränkt gehaftet haben, wenn sein Schiffsführer in A u s f ü h r u n g s e i n e r D i e n s t v e r r i c h t u n g e n schuldhaft einem Dritten Schaden zugefügt haben würde (vgl. BSchG §§ 3, 4 Abs. 1 Nr. 3), — dagegen unbeschränkt, wenn er selbst das Schiff geführt und durch sein eigenes schuldhaftes Verhalten Schaden verursacht haben würde. D i e s erschien unbillig. In d i e s e r Beziehung meinte man den Schiffseigner, der sein Schiff selbst führt, mit dem Schiffsführer, der es führen läßt, gleichstellen zu sollen (vgl. auch HansOLG H R R 1936 Nr. 886 = J R P V 1936 Ziff. 13 = Sasse Nr. 439). D e s h a l b ist auf Anregung der R T K im § 4 Abs. 2 Satz 2 BSchG bestimmt, daß der Schiffseigner, der das Schiff selbst führt, f ü r d e n d u r c h f e h l e r h a f t e F ü h r u n g des S c h i f f e s e n t s t a n d e n e n S c h a d e n nur beschränkt haftet, es sei denn, daß ihm bösliche Handlungsweise zur Last fällt. Der vom Schiffseigner verursachte Schaden ist also durch fehlerhafte Führung des Schiffes entstanden, wenn er, durch einen Schiffer verursacht, in A u s f ü h r u n g d e r d e m S c h i f f e r o b l i e g e n d e n D i e n s t v e r r i c h t u n g e n zugefügt sein würde. Zu diesen Dienstverrichtungen gehört insbesondere die Sorge des Schiffers für die Fahrtüchtigkeit, die gehörige E i n r i c h t u n g und A u s r ü s t u n g , B e m a n n u n g und V e r p r o v i a n t i e r u n g des Schiffes, für die Tüchtigkeit der L a d e - u n d L ö s c h g e r ä t s c h a f t e n und für die gehörige S t a u u n g (BSchG § 8; vgl. HGB §§ 513, 514; doch ist Übernahme, Stauung, Verwahrung und Ablieferung der Güter in § 33 Abs. 1 Satz 2 2. Teil ausgenommen). Verletzt der Schiffseigner, der sein Schiff selbst führt, diese so umgrenzte Sorgepflicht, so haftet er nur beschränkt. Nur wenn damit auch eine dem Schiffseigner als solchem obliegende Pflicht (z. B. die gewissen Personen gegenüber bestehende Gewährpflicht zur Stellung eines fahrtüchtigen Schiffes) verletzt sein würde, würde er, gleich dem Schiffseigner, der sein Schiff führen läßt, unbeschränkt haften. Hieran haben § 130 VVG und § 821 Nr. 4 HGB angeknüpft. Nach diesen Vorschriften soll der Versicherer den vom Versicherungsnehmer oder Versicherten durch f e h l e r h a f t e F ü h r u n g des S c h i f f e s verursachten Schaden ersetzen, es sei denn, daß dem Versicherungsnehmer oder dem Versicherten bösliche Handlungsweise zur Last fällt. Hieraus folgt, daß d e r v o m V e r s i c h e r u n g s n e h m e r in s e i n e r E i g e n s c h a f t als S c h i f f s f ü h r e r (und lediglich in dieser Eigenschaft) v e r u r s a c h t e S c h a d e n n a c h § 130 VVG, § 821 Nr. 4 HGB vom Versicherer nur dann nicht zu ersetzen ist, wenn dem Versicherungsnehmer bösliche Handlungsweise zur Last fällt ( R i t t e r ZfVW 1914. 56). Der Begriff des nautischen Verschuldens und der fehlerhaften Führung des Schiffes oder (um die in diesem Zusammenhang unwesentlichen Merkmale des Schuld- und Fehlerhaften wegzulassen) des nautischen Verhaltens oder der Schiffsführung wurde von der herrschenden Ansicht im Zeitpunkt des Erscheinens der 1. Aufl. dieses Kommentars

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anders bestimmt. Sie stellte dem nautischen Verhalten das a d m i n i s t r a t i v e gegenüber § 3 3 und bestimmt diese beiden „Funktionen" des Schiffsführers im Anschluß an V o i g t 4 1 2 so: „ D e r eine ( n a u t i s c h e ) Teil der Funktionen des Schiffers umfasse die Funktionen, welche sich auf die auszuführende Seefahrt beziehen. Inbetreff desjenigen, was während derselben an nautischen Maßregeln zu beschließen und zum Teil von dem Schiffsführer selbst, zum Teil von den unter seiner Oberleitung stehenden Schiffsangestellten auszurichten sei, habe derselbe eine selbständige Stellung, in welcher alles seinem sachkundigen Ermessen und seiner Gewissenhaftigkeit deshalb überlassen sei und bleiben müsse, weil sein Prinzipal, der Reeder, weder befähigt noch in der Lage sei, eine Einwirkung auf des Schiffers Verfügungen ausüben zu können. Den anderen ( a d m i n i s t r a t i v e n ) Teil der Funktionen des Schiffers bildeten alle Leistungen, welche außer der Seefahrt für den Zweck der Seeunternehmung zu erfüllen seien. Dahin gehöre sowohl alles, was auf die V o r b e r e i t u n g d e r R e i s e und Erledigung der S c h i f f s a n g e l e g e n h e i t e n a m B e s t i m m u n g s o r t e sich beziehe, als auch dasjenige, was in Fällen einer U n t e r b r e c h u n g oder S t ö r u n g d e r R e i s e f ü r den Zweck der F o r t s e t z u n g derselben, unter außerordentlichen Umständen sogar für deren vorzeitige Beendigung, zur Ausführung zu bringen sei. Die Unterscheidung der beiden Funktionen bestimme sich n a c h d e m O r t , der Z e i t und den s o n s t i g e n U m s t ä n d e n der von dem Schiffsführer zu leistenden Tätigkeit, n i c h t danach, ob er allgemeinen Z w e c k m ä ß i g k e i t s erwägungen zu folgen oder t e c h n i s c h e Kenntnisse zur Anwendung zu bringen habe, wie dies letztere z. B. bei der A u s r ü s t u n g des Schiffes, der S t a u u n g , der Schätzung der Tragfähigkeit des Schiffes u. dgl. erforderlich sei." Diese Begriffsbestimmung, durch keinerlei Gründe oder auch nur Scheingründe gestützt, lediglich auf dem Ansehen eines einzelnen Schriftstellers beruhend, war unverändert in Rechtslehre und Rechtsprechung übergegangen, aber unhaltbar. Vgl. R i t t e r Z f V W 1 9 1 4 . 44. Siehe auch unten Anm. 3 7 ff Seit dem Erscheinen der 1. Aufl. dieses Kommentars ist die Übernahme des Brüsseler Konnossementsabkommens von 1924 (sog. Haager Regeln) in das deutsche Seehandelsrecht erfolgt. Sie hat ihren Niederschlag insbesondere auch in der jetzigen Fassung des § 607 Abs. 2 H G B gefunden, wo es heißt: „Ist der Schaden durch ein Verhalten bei der Führung oder der sonstigen Bedienung des Schiffes (oder durch Feuer) entstanden, so hat der Verfrachter nur sein eigenes Verschulden zu vertreten. Zur Bedienung gehören nicht solche Maßnahmen, die überwiegend im Interesse der Ladung getroffen werden." Danach ist zu unterscheiden zwischen dem sog. nautischen Verschulden im engeren Sinne ( E n g e V e r s R 1965. 3 1 1 = Schriften des Deutschen Vereins für internationales Seerecht, Reihe A Heft 10 S. 10 schlägt dafür die Bezeichnung „navigatorisches Verschulden" vor), dem technischen Verschulden und dem sog. kommerziellen Verschulden. Zur „Führung des Schiffes", dem sog. „nautischen Verschulden" (im engeren Sinne) gehört allein (vgl. S c h a p s - A b r a h a m I I Anm. 10 zu § 607 H G B , W ü s t e n d ö r f e r S H R 2 7 1 , G r a m m Seefrachtrecht Anm. B i 1 zu § 607) das navigatorische Verhalten bezüglich der Fortbewegung des Schiffes, z. B. Steuern eines unrichtigen Kurses infolge fahrlässiger Verwechselung zweier Leuchtfeuer und infolgedessen ein Stranden des Schiffes, fahrlässige Nichthinzuziehung eines Lotsen, Nichtbeachtung der äußersten Vorsicht bei Ungewißheit über den eigenen Standort, Verstöße gegen das Seestraßenrecht überhaupt, fehlerhafte Navigation oder andere Maßnahmen, die ausschließlich im Interesse der Schiffsführung erfolgen. Die „sonstige Bedienung des Schiffes" (management of the ship) ist die technische Handhabung des Schiffes, soweit sie außerhalb der nautischen Führung im engeren Sinne, der Ladungsfürsorge und der anfänglichen Seeuntüchtigkeit des Schiffes (vgl. dazu § 559 H G B ) liegt. In Betracht kommen insbesondere die Bedienung der Schiffsmaschinen, der sonstigen (nicht vorwiegend für die Ladung)

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§ 3 3 bestimmten Geräte und Apparate, auch die Füllung der Ballasttanks oder von Bunkern, die Treibstoffe für die Schiffsmaschinen aufnehmen sollen. Die Abgrenzung macht Schwierigkeiten in bezug auf den Begriff des sog. kommerziellen Verschuldens, d. h. M a ß n a h m e n im überwiegenden oder ausschließlichen Interesse der Ladung. Die in § 606 H G B genannten, auf die Ladung bezüglichen Vorbereitungs- und Durchführungshandlungen der Ein- und Ausladung, Stauung, Behandlung unterwegs sind in aller Regel M a ß n a h m e n im überwiegenden Interesse der Ladung (vgl. S c h a p s - A b r a h a m I I Anm. 15 zu § 607 HGB). Die mangelhafte Stauung insbesondere gehört auch dann hierher, wenn sie mittelbar dem Interesse des Schiffes durch Verringerung seiner Stabilität abträglich ist, sogar dann, wenn sie das Schiff nachträglich seeuntüchtig macht und sein Kentern zur Folge hat ( W ü s t e n d ö r f e r Studien I 503 und S H R 273). Siehe die weiteren Angaben bei S c h a p s - A b r a h a m II Anm. 15—-19 zu § 607 HGB. Die Begriffsbestimmung des § 607 Abs. 2 H G B ist insoweit für § 33 verwertbar, als der in § 33 gebrauchte Ausdruck „fehlerhafte Führung (nautisches Verschulden)" nicht nur i m Sinne eines nautischen Verschuldens (im engeren Sinne) des § 607 Abs. 2 H G B zu verstehen ist. Es ist auch die technische H a n d h a b u n g des Schiffes einzubeziehen (so auch S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern 4 zu § 33 ADS; anders E n g e VersR 1965. 3 1 1 = Schriften des Deutschen Vereins für internationales Seerecht, Reihe A Heft 10 S. 12, dem allerdings bezüglich der engeren Auslegung für die D T V - Kollisionsklausel für die Hochseefischerei „§ 78 Abs. 1 ADS findet entsprechende Anwendung auf jeden Schaden, den der Versicherte erleidet, daß er außer im Falle des Zusammenstoßes von Schiffen den einem Dritten infolge nautischen Verschuldens irgendwelcher Art entstandenen Schaden zu ersetzen h a t " zuzustimmen ist. Vgl. dazu auch Anm. 4 zu § 78). Der Unterschied zu § 607 Abs. 2 H G B liegt aber darin, daß diese Vorschrift das Verhalten der Schiffsbesatzung betrifft (ohne Rücksicht darauf, ob auch der Verfrachter etwa als Eigenschiffer zu ihr gehört, während § 33 sich nur auf den Fall bezieht, daß der Versicherungsnehmer oder Versicherte das Schiff selbst führt (so auch H a n s O L G H R R 1936 Nr. 886 = J R P V 1936 Ziff. 13 = Sasse Nr. 439). Abgesehen von der in § 58 besonders geregelten anfänglichen Seeuntüchtigkeit und dem in § 33 Abs. 1 Satz 2 2. Teil aufgenommenen Verschulden in Ansehung der Übernahme, Stauung, Verwahrung oder Ablieferung des Gutes (dem sog. „kommerziellen Verschulden" i. S. des § 607 Abs. 2 HGB) umfaßt deshalb die „fehlerhafte F ü h r u n g " in § 33 alles, was in den Tätigkeitsbereich des Schiffers (wenn es nicht der Reederschiffer wäre) während der Reise fällt. S c h l e g e l b e r g e r Bern. 4 zu § 33 ADS meint, § 33 Abs. 1 Satz 2 gelte auch für selbständige Anordnungen eines Seelotsen. Das trifft nur zu, soweit der Reederschiffer solche ohne eigene grobe Fahrlässigkeit zulassen durfte. Der Lotse selbst fällt unter Abs. 3 oder ist doch in seinem Sinne der Schiffsbesatzung gleich zu behandeln (anders S c h l e g e l b e r g e r SVR Bern.8 zu § 3 3 ADS). Anm. 24

b) Nach § 130 V V G , § 821 Nr. 4 H G B haftet der Versicherer bei nautischem Verschulden des Versicherungsnehmers nur dann nicht, wenn diesem (Vorsatz oder) B ö s w i l l i g k e i t zur Last fällt. Der Begriff der Böswilligkeit wird u. a. auch im BSchG §§ 4> 74> 75) FlößG § 4 verwendet. Böswilligkeit ist der Frevelmut, der sich der möglichen Folgen seines rechts- oder pflichtwidrigen Verhaltens bewußt ist, mithin eine Disposition, die zwischen (bösem) Vorsatz und grober Fahrlässigkeit etwa die Mitte hält. — Nach § 33 ADS haftet der Versicherer bei nautischem Verschulden des Versicherungsnehmers auch dann nicht, wenn diesem g r o b e F a h r l ä s s i g k e i t zur Last fällt. Grobe Fahrlässigkeit ist besonders schwere Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, ganz besondere Sorglosigkeit, ein Verstoß gegen das Sorgfaltsgebot, das für einen Durchschnittsangehörigen des einschlägigen Verkehrskreises auf der H a n d liegt ( O L G Karlsruhe VersR 1958. 226). Für die ADS kommt die besondere Treupflicht

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des § 13 hinzu. Denn sie bestimmt mit, was als „ganz besonders sorglos" anzusehen ist (§ 13 Anm. 5; LZ 1907. 599). c) B e w e i s l a s t . Der Versicherer hat zu beweisen, daß der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall herbeigeführt hat, der Versicherungsnehmer, daß es sich um nautisches Verschulden handelt und daß ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nicht zur Last fällt (oben Anm. 22). d) A u s n a h m e von Abs. 1 Satz 2: Ü b e r n a h m e , Stauung, Verwahrung und Ablieferung der Güter gehören regelmäßig nicht zu den nautischen Aufgaben des Schiffsführers, also zur Führung des Schiffes (oben Anm. 23, unten Anm. 39, 41). Das Verschulden des Versicherungsnehmers „in Ansehung der Übernahme, Stauung, Verwahrung oder Ablieferung der Güter" soll also in Übereinstimmung mit § 607 Abs. 2 HGB weder als nautisches noch als technisches Verschulden angesehen werden. Ü b e r n a h m e . Das Gesetz gebraucht für die Änderung des Gewahrsams der Güter verschiedene Ausdrücke mit teilweise verschiedener Bedeutung: Einladung, Verladung, Einnahme, Annahme, Übernahme (vgl. insbesondere HGB §§ 556 fr.). Übernahme ist die der körperlichen Übergabe entsprechende körperliche Entgegennahme für die Seeunternehmung, insbesondere die Übernahme von Frachtgütern zur Beförderung, entsprechend der Annahme des § 606 HGB (vgl. dazu S c h a p s - A b r a h a m II Anm. 19 zu § 606 HGB). S t a u u n g . Sie ist recht eigentlich Sache des Kapitäns als solchen (HGB § 514 Abs. 1), dem die letzte Verantwortung zukommt, auch wenn sie heute regelmäßig von berufsmäßigen Stauern besorgt wird. Auch die Stauung von Ballast gehört hierher. Die Stauung fällt zwar regelmäßig unter das kommerzielle Verhalten des Schiffsführers. Geht sie in mangelhafte Beladung über, so gehört sie auch zur technischen Handhabung des Schiffes und fällt insoweit nicht unter die Ausnahme, unter die auch die Einnahme von zu wenig Ballast (HGB § 514 Abs. 2) nicht fällt. Die Garnierung gehört zur Stauung (vgl. auch § 58 Anm.). Siehe R G 120. 39 = H R R 1928 Nr. 1136 = J R P V 1928. 72 = J W 1928. 1731 und O L G Kiel H R Z 1927. 263 = APV 1927. 280, daß ein Schaden, der dadurch verursacht ist, daß das Schiff infolge nicht gehöriger Beladung nicht seetüchtig war, zu Lasten des Versicherungsnehmers geht, weil er unter § 58 fällt. Vgl. auch unten Anm. 38. V e r w a h r u n g . Die gehörige Verwahrung der Güter während der Reise ist gleichfalls recht eigentlich Sache des Kapitäns als solchen (so HGB § 535 im Interesse der Ladungsbeteiligten). A b l i e f e r u n g ist die körperliche Übergabe nach Beendigung der Beförderung mit Zustimmung des Empfangsberechtigten (vgl. dazu S c h a p s - A b r a h a m I I Anm. 20 zu § 606 HGB). Aber auch jede andere Übergabe mit Zustimmung des Berechtigten, z. B. Rückgabe in den Fällen der §§ 634, 638 HGB. Das Gesetz verwendet auch für die Aufgabe des Gewahrsams verschiedene Ausdrücke mit teilweise verschiedener Bedeutung (vgl. dazu S c h a p s - A b r a h a m a . a . O . ) . Aus Abs. 1 a.E. (auch aus §66 Abs. 1 Satz 2) ist auch die Folgerung zu ziehen, daß die bei der Löschung des Schiffes diesem drohenden Gefahren mitversichert sind (Verletzung des SchifFsrumpfs durch Greiferschaden: O L G Stettin H R Z 1927. 14 = J R P V 1927. 293 = Sasse Nr. 362). Ebenso S i e v e k i n g Anm. 5 zu § 778 HGB, L i e b i g 42 Anm. 2. 9. A b s . 2. Der Versicherungsnehmer muß für das Verschulden derjenigen, deren er sich zur Erfüllung seiner Schadenverhütungs-Pflicht bedient, einstehen (oben Anm. 7). Also bei der Güterversicherung auch für das Verschulden des Abladers und des E m p f ä n g e r s (die auch wohl nach der Repräsentantentheorie als Repräsentanten anzusehen wären: H a g e n SVR 38. Siehe über den Repräsentantenbegriff in der Seeversicherung und sein Verhältnis zu der Regelung der Rechtsstellung von Ablader und Empfänger H o c h g r ä b e r , Deutsche Versicherungswirtschaft Bd. V S. 195). Denn Ab36

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

§ 33 Anm. 25

Anm. 26

Anm. 27

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§ 3 3 lader und Empfänger sind hierbei, wenn nicht der Versicherungsnehmer selbst, notwendig Personen, deren dieser sich zur Erfüllung seiner auf dem Versicherungsvertrag beruhenden Verbindlichkeiten bedient, soweit diese mit der Abladung und Empfangnahme oder sonstigen dem Ablader oder Empfänger überlassenen Angelegenheiten zusammenhängen ( G e r h a r d 288, eingeschränkt 5 1 9 ; abw. V o i g t 462). Anm. 28 a) A b l a d e r ist, wer die Güter dem Schiffe übergibt. I m Sinne des Frachtrechts: wer die Güter dem Schiffe für den Befrachter übergibt (vgl. S c h a p s - A b r a h a m I I Anm. 7 vor § 556 H G B ) . I m Sinne des § 33 Abs. 2: wer die Güter dem Schiffe für den Versicherungsnehmer übergibt, z. B. auch der Verkäufer, der die Güter dem Reeder verkauft hat und sie für diesen dem Schiffe übergibt. Der Ablader ist also eine Person, welcher der Versicherungsnehmer die Ausführung eines Teiles der versicherten Unternehmung allgemein unter mehr oder minder vollständigem Verzicht auf eigene Einwirkung überlassen hat, zumal dann, wenn die Versicherung schon beginnt, bevor die Güter „ v o m Lande scheiden" (§§ 88, 124). Der Güterversicherte muß also das Verschulden des Abladers schon nach § 278 B G B vertreten (oben Anm. 12, 27). Was für den Ablader gilt, gilt auch für den Zwischenablader (Schiedsspruch H R Z 1927. 861 = Sasse Nr. 902). — Andererseits ist § 33 Abs. 2 nicht vollständig. Der Versicherungsnehmer muß es insbesondere auch gegen sich gelten lassen, wenn der Ablader die G e f a h r ä n d e r t oder erhöht (§23 Anm. 24) oder die S c h a d e n a b w e n d u n g s - P f l i c h t schuldhaft v e r l e t z t (§ 41 Anm. 7). So etwa, wenn der Ablader die versicherten Güter in unsaubere Schiffsräume verladen, oder wenn er sie in ungenügender Verpackung verladen, oder wenn er sie mit feuer- oder geruchgefährlichen Gütern zusammen verladen läßt und hierdurch die Gefahr erhöht (vgl. H G Z 1898. 150, L G Hamburg H G Z 1896. 300), oder wenn der Ablader dem Kapitän, der nach einem Unfall mit dem versicherten Reis zum Abladehafen zurückkehrt, ohne Grund gestattet, den Reis zu verkaufen, und hierdurch die Schadenabwendungs-Pflicht des § 41 verletzt ( H G Hamburg H H 122). — Uber Nichthaftung des Versicherers für den Schaden, den versicherten gefährlichen Gegenständen (Brom) dadurch entsteht, daß der Ablader die für den Hamburger Hafen geltenden Verpackungsvorschriften sowie die Verladebedingungen der Reederei nicht beachtet, vgl. K G J R P V 1925. 162 = Sasse Nr. 334. Verschulden des Abladers ist angenommen worden bei Versendung von Palmkernschrot ohne Hinweis auf die Möglichkeit einer Ansammlung entzündbarer Benzingase ( R G H a n s R G Z 1937 B 143). Anm. 29

b) E m p f ä n g e r (dem ein Zwischenempfänger gleichzustellen ist: Schiedsspruch H R Z 1927. 861 = Sasse Nr. 902) ist derjenige, an den das Schiff die Güter abzuliefern hat ( H G B § 592), mag seine Empfangsberechtigungsich auf einen Frachtvertrag, auf eine Anweisung des Befrachters, auf ein Konnossement oder auf ein sonstiges Verhältnis stützen. Der Empfänger ist, gleich dem Ablader, eine Person, deren der Güterversicherte sich zur Erfüllung seiner Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag in den durch den Empfang der Güter bestimmten Grenzen bedient, deren Verschulden er mithin vertreten muß ( H G Z 1883. 76, H a n s O L G H a n s R G Z 1928 B 483 = H R R 1928 Nr. 2 1 2 5 = Sasse Nr. 386) Der Güterversicherte muß es also auch gegen sich gelten lassen, wenn der Empfänger die G e f a h r ä n d e r t , insbesondere erhöht ( § 2 3 Anm. 24) oder die S c h a d e n a b w e n d u n g s - P f l i c h t schuldhaft v e r l e t z t (§ 41 Anm. 7; R G J W 1926. 1969 (Anm. R i t t e r ) = Sasse Nr. 13). So etwa, wenn der Empfänger dem Leichterschiffer dem Ortsgebrauch zuwider Freizeichnungen zugesteht und der Rückgriff gegen den Leichterschiffer im Schadensfall deshalb unmöglich wird ( E h r e n b e r g 4 0 1 ; unrichtig R G 9. 120, H G Z 1883. 76 und, folgend, S i e v e k i n g 1 0 7 : § 821 H G B = § 33 A D S sei anwendbar; gleichwohl hat R G 9. 1 2 1 das richtige empfunden, denn es erwägt: es sei „anzunehmen, daß der Versicherer bei Übernahme der Gefahr der Ein-

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l a d u n g u n d A u s l a d u n g . . . ein o r d n u n g s m ä ß i g e s , ortsgebräuchliches V e r f a h r e n des § 3 3 A b l a d e r s u n d E m p f ä n g e r s nicht allein hinsichtlich ihrer technischen Dienste bei Einl a d u n g u n d A u s l a d u n g , sondern a u c h hinsichtlich der v o n i h n e n z u diesem Behufe a b z u s c h l i e ß e n d e n V e r t r ä g e unterstelle u n d diejenige V e r g r ö ß e r u n g seiner G e f a h r , die sich aus u n g e w ö h n l i c h e n K l a u s e l n bei solchen V e r t r ä g e n ergebe, n i c h t ü b e r n e h m e " ; vgl. a u c h § 19 A n m . 25 u n d 33 unter cc). O d e r w e n n i m Falle einer „ V o n - H a u s - z u H a u s " - V e r s i c h e r u n g der E m p f ä n g e r die B e e n d i g u n g der Reise d a d u r c h verzögert, d a ß er die versicherten G ü t e r z u m Z w e c k e d e r W e i t e r v e r s e n d u n g v o m E n d p u n k t der V e r sicherung aus bereits a m K a i b e a r b e i t e n l ä ß t ( R G H G Z 1905. 159 g e g e n H G Z 1904. 262, w o § 821 H G B = § 33 A D S a n g e w e n d e t w i r d ) . — N a c h herrschender A n s i c h t geb r a u c h t das Gesetz d e n A u s d r u c k „ E m p f ä n g e r " n o c h in einer z w e i t e n „ t e c h n i s c h e n " Beziehung. E m p f ä n g e r in diesem Sinne soll sein, w e r die G ü t e r , selbst oder d u r c h Stellvertreter, i m eigenen N a m e n kraft seiner L e g i t i m a t i o n e n t g e g e n n i m m t oder entgegeng e n o m m e n h a t ( B r a n d i s Seerecht 1. 56, 2. 43, B r o d m a n n 76, E h r e n b e r g Beschränkte H a f t u n g i i 5 , S c h a p s - A b r a h a m I I A n m . 2 z u § 6 1 4 H G B , W ü s t e n d ö r f e r S t u d i e n 320). Diese zweite Begriffsbestimmung ist f ü r § 33 A b s . 2 nicht m a ß g e b e n d . — D o c h m u ß der E m p f ä n g e r „ i n dieser E i g e n s c h a f t " h a n d e l n . D a s ist nicht der Fall, w e n n er a u ß e r h a l b der i h m a m F r a c h t g u t zustehenden R e c h t e V e r u n t r e u u n g e n b e g e h t ( R G 118. 254 u n d d a z u H a g e n S V R 3g). — Siehe ü b e r ein V e r s c h u l d e n des E m p f ä n g e r s deshalb, weil er sich m o n a t e l a n g u m nichts g e k ü m m e r t hatte, K G J R P V 1926. 25. c) D e m V e r s c h u l d e n des A b l a d e r s u n d des E m p f ä n g e r s steht n a t ü r l i c h das V e r - A n m . 30 h a l t e n d e r j e n i g e n gleich, d e r e n sie sich z u r E r f ü l l u n g der S c h a d e n v e r h ü t u n g s - P f l i c h t bedienen, — w i e der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r j a a u c h das V e r s c h u l d e n desjenigen vertreten m u ß , dessen sich e t w a ein Prokurist z u r E r f ü l l u n g der S c h a d e n v e r h ü t u n g s - P f l i c h t bedient. H a t z. B. bei einer , , V o n - H a u s - z u - H a u s " - V e r s i c h e r u n g der E m p f ä n g e r die versicherten G ü t e r zulässigerweise (etwa weil sie sonst v e r d e r b e n w ü r d e n u n d der V e r d e r b d e m V e r s i c h e r e r z u r L a s t fallen w ü r d e ) d u r c h einen U n t e r n e h m e r b e a r b e i t e n lassen, so m u ß der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r das V e r s c h u l d e n des U n t e r n e h m e r s v e r t r e t e n ; f ü h r t der U n t e r n e h m e r vorsätzlich oder fahrlässig d e n Versicherungsfall herbei, so ist der Versicherer frei (unten A n m . 45). d) A b l a d e r u n d E m p f ä n g e r müssen „ i n dieser E i g e n s c h a f t " d e n Versicherungs- A n m . 31 fall h e r b e i g e f ü h r t h a b e n , w e n n der V e r s i c h e r e r frei sein soll. D a s versteht sich v o n selbst. H e r r M ü l l e r k a n n die E i g e n s c h a f t eines A b l a d e r s oder E m p f ä n g e r s u n d a n d e r e E i g e n s c h a f t e n h a b e n . D e r „ A b l a d e r " k a n n a b e r nur eine Eigenschaft, e b e n die des A b l a d e r s , h a b e n . W e n n H e r r M ü l l e r „ z u g l e i c h L i e f e r a n t des Proviants ist u n d schlechten P r o v i a n t liefert" (Prot. 4335), so ist es der Proviantlieferant M ü l l e r , nicht der A b l a d e r M ü l l e r , der die G e f a h r erhöht. ( V g l . a u c h § 41 A n m . 7). e) N u r bei V e r s i c h e r u n g e n , die s i c h auf die G ü t e r beziehen, h a t der V e r - A n m . 32 Sicherungsnehmer das V e r h a l t e n des A b l a d e r s u n d des E m p f ä n g e r s z u vertreten. Bei V e r s i c h e r u n g e n , die sich a u f das S c h i f f beziehen, k a n n j a keine R e d e d a v o n sein, d a ß A b l a d e r u n d E m p f ä n g e r Personen sind, deren sich der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r z u r Erf ü l l u n g seiner V e r b i n d l i c h k e i t e n aus d e m V e r s i c h e r u n g s v e r t r a g bedient. A b e r a u c h bei V e r s i c h e r u n g e n , die sich auf die G ü t e r beziehen, b r a u c h t dies nicht i m m e r der Fall z u sein. Bei d e r V e r s i c h e r u n g v o n Provision, die i m Falle d e r A n k u n f t der G ü t e r a m Bestimmungsort z u v e r d i e n e n ist, w e r d e n A b l a d e r u n d E m p f ä n g e r z. B. vielleicht n i c h t Erfüllungsgehilfen des V e r s i c h e r u n g s n e h m e r s sein. A b e r sie k ö n n e n es sein. D e s h a l b b e s t i m m t § 33 A b s . 2 (über das Z i e l hinausschießend, a b e r absichtlich: Begr. z. E 1910 § 36), d a ß d e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r bei a l l e n V e r s i c h e r u n g e n , die sich a u f die G ü t e r beziehen, das V e r s c h u l d e n des A b l a d e r s u n d des E m p f ä n g e r s vertreten m u ß (anders, 36*

564 § 33

Schadensverhütung

aber auch wiederum zu eng, § 821 Nr. 5 : nur bei Versicherungen der Güter und imaginären Gewinns). Eine Versicherung, die „sich auf die Güter bezieht", ist jede Versicherung, die ein I n t e r e s s e a n d e n G ü t e r n (das Eigentümerinteresse oder ein anderes Interesse) deckt, — wie eine Versicherung, die „sich auf das Schiff bezieht", jede Versicherung ist, die ein Interesse am Schiff deckt. Das kann für die A D S nicht zweifelhaft sein. Denn die A D S zerfallen in „Allgemeine Bestimmungen" (§ 1—57) und in „Besondere Bestimmungen" über Versicherungen, die „sich auf das Schiff beziehen" (§§58—79: §79), und Versicherungen, die „sich auf die Güter beziehen" (§§80—99: §99), und unterscheiden in den „Allgemeinen Bestimmungen" wieder zwischen Versicherungen jeder Art und Versicherungen, die „sich auf das Schiff beziehen" (§§ 34, 35, 3 7 ; vgl. ferner §§ 120, 1 2 1 , 123), Versicherungen, die „sich auf die Güter beziehen" (§§33, 3 5 ; vgl. ferner §§ 1 1 3 , 1 1 4 , 120, 123) und Versicherungen „des Schiffes" und „ d e r Güter" (§§ 1, 49, 50). Es ist aber auch für das H G B „zweifellos" ( H G Z 1888. 256). Das H G B spricht gewöhnlich von der „Versicherung des Schiffes", der „Versicherung der Güter", der „versicherten Sache", dem „versicherten Schiffe", den „versicherten Gütern" ( H G B §§ 779, 816, 8 1 7 , 8 2 1 , 823—825, 8 3 1 , 849, 850, 884, 899, 900), — nur an drei Stellen von Versicherungen, die „sich beziehen": 1. Nach § 8 2 1 Nr. 2 H G B fallen dem Versicherer „bei einer auf das Schiff sich beziehenden Versicherung" Alters- und Gebrauchsschäden nicht zur Last. 2. Nach § 821 Nr. 3 H G B fallen dem Versicherer „bei einer auf Güter oder Fracht sich beziehenden Versicherung" Beschaffenheitsschäden nicht zur Last. 3. Nach § 850 H G B und der Klausel „ F ü r behaltene Ankunft" hat der Versicherer „bei der auf das Schiff sich beziehenden Versicherung" und „bei der auf die Güter sich beziehenden Versicherung" nur in gewissen, näher bestimmten, Fällen zu entschädigen. Der Unterschied der Ausdrucksform beruht natürlich nicht auf der Freude am Wechsel. Wortlaut und Bedeutung der Vorschriften decken sich überall. Das ist auch im allgemeinen unstreitig. Nur für den ersten Fall (des § 8 2 1 Nr. 2 H G B ) gehen die Ansichten auseinander. Nach der einen Ansicht gilt § 821 Nr. 2 H G B nur für die Kaskoversicherung ( B r o d m a n n 195, S i e v e k i n g 105, H G Z 1886. 30, 1887. 142, 1889. 303). Nach der zweiten Ansicht gilt § 8 2 1 Nr. 2 H G B für j e d e Versicherung, die sich auf das Schiff bezieht ( V o i g t 458, H G Z 1888. 255, offenbar auch R G H G Z 1889. 247). Für die zweite Ansicht spricht alles: der klare Wortlaut des Gesetzes, der im Wesen der Versicherung begründete Grundsatz, daß kein Versicherer für objektiv und subjektiv gewisse Schäden haftet, die Interessenlage, der Umstand, daß kein Versicherer jemals und irgendwo für sog. „Fehler der versicherten Sache" gehaftet hat und haftet. Für die erste Ansicht spricht nichts. Näheres: § 59 Anm.

Anm. 33

f ) Nach § 8 2 1 Nr. 5 H G B soll der Güter- und Gewinnversicherer auch nicht für den Schaden haften, den der K a r g a d e u r schuldhaft verursacht hat. Auch das versteht sich von selbst. Denn der Kargadeur, „welchen der Versicherte mit dem Schiffe sendet um für den vorteilhaften Verkauf der Ladung, den Einkauf der Rückladung usw. zu sorgen, ist ohne Zweifel eine Person, welche die Stelle des Versicherten vertritt und dessen Fehler die Versicherer nicht verantworten" (so schon B e n e c k e 3. 198; ähnlich Prot. 3230). Überdies gibt es solche Kargadeure nicht mehr. Früher wurde wohl auch der Kapitän besonders zum Kargadeur bestellt (vgl. Prot. 3230, R i t t e r Z f V W 1 9 1 4 . 4 7 , 6 1 , H G u. O G Hamburg Ullrich Nr. 286, Seebohm 466, H H 4 4 1 , § 23 Anm. 24).

Schadensverhütung

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10. A b s . 3. Für den Ausgang von Unternehmungen zur See ist das Verhalten § 3 3 der Schiffsbesatzung von entscheidender Bedeutung. Für den Umfang der Haftung. Anm. 34 des Seeversicherers ist deshalb von entscheidender Bedeutung, ob oder wieweit er oder der Versicherungsnehmer für das Verhalten der Schiffsbesatzung einstehen muß. K e i n Wunder also, daß die Rechtsentwicklung hier keine gerade Linie zeigt, die Rechtsordnungen der seefahrenden Völker voneinander stark abweichen, Zufall und Interesse größeren Einfluß ausgeübt haben als Folgerichtigkeit. Folgegerecht war nur, daß man das Verhalten der Schiffsbesatzung bei der Erfüllung der Gefahrstandspflicht und der Schadenabwendungs-Pflicht im allgemeinen ebenso behandelte, wie bei der Erfüllung der Schadenverhütungs-Pflicht. a) Ursprünglich scheint der Versicherer für das Verhalten der Schiffsbesatzung Anm. 35 schlechthin gehaftet zu haben (§ 28 Anm. 3), — einen Fall ausgenommen: ex communi consuetudine patriae non scripta et ex communi tacito intellectu hos contractus ineuntium, excipitur unus casus tantum quo periculum pertineat ad facientes se assecurari, scilicet quando probatur res amissas f r a u d e et m a c h i n a t i o n e p a t r o n i ad hoc excogitata ( B o s c o Consilia 391 S. 6 1 2 , auch bei Bensa 74). Das war auch zeitweilig der Standpunkt, den man in Hamburg einnahm: Der Versicherer haftete nach der von L a n g e n b e c k 378 erläuterten Police für den Schaden, der entstanden war door fauten ofte versuymnisse van den Schipper off syn Volk; „also nehmen sie nur die Unachtsamkeit über sich, wären also nach dieser Restriction wegen Vorsatz und Schelmerey des Schiffers nicht gehalten" ( L a n g e n b e c k 384). Sollte der Versicherer darüber hinaus haften, so war es „nöthig, daß das Wort Schelmerey mit ausgedrücket werde, wie es denn auch in Praxi, daß der Assecuradeur dafür gehalten, also obtiniret" ( L a n g e n b e c k 384). Dieser Praxis entsprach A H O 1 7 3 1 V I I 1 : „Aller Schade, der den Schiffen oder Gütern, durch des Schiffers, Steuer-Leute und Schiffs-Volks Schuld, Versehen, Versäumniss und Misshandlung, es sey auf was Weise es wolle, widerfähret, bleibet zu der Assecurirenden Lasten . . . " (ebenso schon vorher Preuß. Seerecht Art. 28: „ D a entweder durch Versehen und Nachlässigkeit, oder durch Bossheit, Arglist und Betrügerey des Schiffers oder seiner Schiffs-Leute und Rehder . . . Schaden an dem versicherten Schiffe oder Gute verursachet worden, ohne dass der Assurirte daran auf einigerley Weise Theil hätte; So sind die Assuradeurs solchen Schaden . . . zu vergüten schuldig . . . " ) . Diese Entwicklung mündet aus im § 820 Nr. 6 H G B : Der V e r s i c h e r e r „ t r ä g t insbesondere d i e G e f a h r d e r U n r e d l i c h k e i t o d e r d e s V e r s c h u l d e n s einer Person d e r S c h i f f s b e s a t z u n g . . . " . „Unredlichkeit" ist die Ubersetzung des assekuranztechnischen Ausdrucks B a r a t t e r i e (baraterie, barratry; über Herkunft und Bedeutung dieses Wortes vgl. z. B. A r n o u l d 795 s. 835, B o y e n s Seerecht 2. 224, C h a l m e r s 154, i L m e r i g o n ch. 12 s. 3, L a n g e n b e c k 394, P a p p e n h e i m Seerecht 2. 487, R i p e r t Nr. 2699, A. S i e v e k i n g Seerecht 300, H a n s O L G H G Z 1908. 233, 274, 1910. 60, A G u. L G Hamburg H G Z 1885. 7 1 , 1899. 69, 1903. 78, 1908. 230; vgl. auch Guidon de la mer 9. 1 : changement de patron, und dazu Policen von 1590, 1591 bei K i e ß e l b a c h 167, 169: „Veränderungh oder anderssins von Meisters, S c h i f f e r . . . " , Antwerpener Police bei K i e ß e l b a c h 162: „bedroch van den Patronn Schippern ende Boetsuolgk"). „Unredlichkeit" ist natürlich auch „Verschulden". Die Konjunktion (statt der Subsumtion) erklärt sich nur aus der historischen Entwicklung. b) „ I n s b e s o n d e r e " trägt der Versicherer nach § 820 Nr. 6 H G B die Gefahr der Anm. 36 Unredlichkeit oder des Verschuldens der Schiffsbesatzung. Es scheint sich also nur um die b e i s p i e l s w e i s e Anführung einer Gefahr, um die beispielsweise Bestimmung eines Teiles der Gefahrereignisse zu handeln, um die beispielsweise Bezeichnung gewisser Fälle, für deren unmittelbare oder unvermeidliche Folgen der Versicherer haftet, gewisser Versicherungsfälle. Das ist aber nur teilweise richtig. — Zunächst trägt der

566

Schadensverhütung

§33

Versicherer die G e f a h r des Verschuldens d e r Schiffsbesatzung nicht, w e n n das Verh a l t e n der Schiffsbesatzung sich als ein Ereignis darstellt, das n a c h d e r Art seines Auftretens v o n der Versicherung a u s g e s c h l o s s e n ist, w e n n etwa der K a p i t ä n das versicherte Schiff an den Feind verrät u n d die Kriegsgefahr ausgeschlossen ist (näheres: § 28 A n m . 33). — F e r n e r haftet der Versicherer nicht n u r , w e n n d u r c h das Verschulden der Schiffsbesatzung der Versicherungsfall herbeigeführt wird, sondern (unstreitig) a u c h d a n n , w e n n d u r c h das Verschulden der Schiffsbesatzung d e r S c h a d e n n i c h t a b g e w e n d e t oder g e m i n d e r t wird (§ 4 1 A n m . 7, oben A n m . 28, 29, 34), u n d er ist nicht frei, w e n n d u r c h das V e r h a l t e n der Schiffsbesatzung die G e f a h r g e ä n d e r t , insbesondere erhöht wird ( G e r h a r d 533, S i e v e k i n g 68, V o i g t 318, R O H G 4. 84, R G 19. 2, H G Z 1898. 254, H G H a m b u r g H G Z 1870. 341, 1871. 334, vgl. a u c h O A G L ü b e c k Kierulff 1. 401, § 23 A n m . 24). — Schließlich: § 820 N r . 6 H G B verläßt die G r e n z e n bloß beispielsweiser A n f ü h r u n g , enthält vielmehr einen selbständigen A u s n a h m e - R e c h t s s a t z , soweit er d e m Versicherer das V e r s c h u l d e n a u c h s o l c h e r Personen z u r Last legt, die „unzweifelhafte Stellvertreter" des Versicherungsnehmers, d. h. P e r s o n e n sind, d e r e n s i c h d e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r bei Erfüllung seiner Schadenverhütungs-Pflicht b e d i e n t (vgl. oben A n m . 15, u n t e n A n m . 42). Ü b e r die Grenzen dieses Ausnahme-Rechtssatzes besteht Streit. Dieser Streit bezieht sich n u r auf die K a s k o v e r s i c h e r u n g ( u n d ihr gleichstehende Versicherungen, insbesondere die gewöhnliche Frachtversicherung) u n d n u r auf den K a p i t ä n . D e n n a n d e r e Personen der Schiffsbesatzung sind natürlich nicht „unzweifelhafte Stellvertreter" des Versicherungsnehmers, u n d bei a n d e r e n Versicherungen, insbesondere d e r Güterversicher u n g , ist a u c h d e r K a p i t ä n unzweifelhaft kein „unzweifelhafter Stellvertreter" des Versicherungsnehmers (vgl. oben A n m . 15). § 33 Abs. 3 bezieht sich nicht auf ein solches V e r h a l t e n der Schiffsbesatzung, d a ß die Seeuntüchtigkeit des Schiffes z u r Folge h a t , eine Beschaffenheit, welche die H a f t p f l i c h t des Versicherers objektiv, also ohne R ü c k sicht auf ein Verschulden des Versicherten oder der Schiffsbesatzung ausschließt (vgl. § 5 8 u n d die dort. A n m . ; R G 118. 13 = H a n s R G Z 1928 B 35 = J R P V 1928. 1 1 8 = J W 1927. 2305, R G 120. 39 = H R R 1928 Nr. 1 1 3 6 = J R P V 1928. 72 = J W 1928. 1 7 3 1 ( A n m . R i t t e r ) u n d O L G Kiel H R Z 1927. 673 = J R P V 1927. 263 = A P V 1927. 280: Seeuntüchtigkeit infolge nicht gehöriger Beladung).

A n m . 37

c) N a c h d e m W o r t l a u t des § 820 N r . 6 H G B k ö n n t e m a n (vielleicht) meinen, d a ß d e r Kaskoversicherer f ü r a l l e s einzustehen hat, w a s d e r K a p i t ä n s i c h z u s c h u l d e n k o m m e n l ä ß t . E r w ü r d e sich etwa nicht d a r a u f berufen k ö n n e n , d a ß die im Versicherungsvertrag b e d u n g e n e n Schotten nicht eingebaut sind, w e n n der R e e d e r den K a p i t ä n b e a u f t r a g t h a b e n w ü r d e , f ü r den E i n b a u zu sorgen, u n d der K a p i t ä n den A u f t r a g schuldhaft nicht ausgeführt h a b e n w ü r d e , oder d a r a u f , d a ß die Unfallsanzeige des § 40 nicht erstattet ist, w e n n der R e e d e r den K a p i t ä n d a m i t beauftragt u n d dieser den A u f t r a g schuldhaft nicht ausgeführt h a b e n w ü r d e . Das ist n a t ü r lich n i c h t die M e i n u n g des Gesetzes. M a n h a t deshalb die „ F u n k t i o n e n " des K a p i t ä n s in zwei Teile geteilt: den „ n a u t i s c h e n " u n d den „ a d m i n i s t r a t i v e n " . D i e n a u t i s c h e n F u n k t i o n e n sind diejenigen, „welche sich auf die a u s z u f ü h r e n d e Seefahrt b e z i e h e n " , u n d umfassen alles, „was w ä h r e n d derselben a n nautischen M a ß r e g e l n zu beschließen u n d z u m Teil von d e m Schiffer selbst, z u m Teil von den (übrigen) Schiffsangestellten auszurichten ist". Die a d m i n i s t r a t i v e n Funktionen dagegen sind diejenigen, „welche a u ß e r der Seefahrt f ü r den Zweck der S e e u n t e r n e h m u n g zu erfüllen sind; d a h i n gehört sowohl alles, was auf die V o r b e r e i t u n g der Reise u n d die Erledigung der Schiffsangelegenheiten a m Bestimmungsort sich bezieht, als a u c h dasjenige, was in Fällen einer U n t e r b r e c h u n g oder Störung der Reise f ü r den Zweck der Fortsetzung derselben, u n t e r außerordentlichen U m s t ä n d e n sogar f ü r deren vorzeitige Beendigung, zur Aus-

Schadensverhütung

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f ü h r u n g zu bringen ist." „ D i e U n t e r s c h e i d u n g der beiden F u n k t i o n e n bestimmt sich § 3 3 n a c h d e m O r t , d e r Zeit u n d den sonstigen U m s t ä n d e n d e r von d e m Schiffer zu leistend e n Tätigkeit, nicht d a n a c h , ob er allgemeinen Zweckmäßigkeitserwägungen zu folgen oder technische Kenntnisse z u r A n w e n d u n g zu bringen h a t , wie dies letztere z. B. bei d e r Ausrüstung des Schiffes, der Stauung, d e r S c h ä t z u n g d e r Tragfähigkeit des Schiffes u. dgl. erforderlich ist". So i m Anschluß an O A G L ü b e c k BremS 3. 429 V o i g t 4 1 2 (vgl. a u c h oben A n m . 23) u n d i m Anschluß an i h n : G e r h a r d 5 1 7 , S i e v e k i n g 94, R G 19. 2, 43. 3, R G H G Z 1903. 227, 1910. 35, H G Z 1897. 120, 1898. 254, 1903. 290, L G Bremen H G Z 1904. 34; bereits f r ü h e r R O H G 17. 348, 18. 285, O A G Lübeck Kierulff 3. 356, H a m b S 2. 1029, 4. 90, H G Z 1868. 6, O G H a m b u r g H G Z 1879. 7 3 ; Ansätze bei N o l t e 2. 328; vgl. a u c h die Frachtklauseln, die den V e r f r a c h t e r von der H a f t u n g f ü r errors in navigation befreien, u n d d a z u R G 74. 336, R G H G Z 1913. 44: Verletzung der „ a d m i n i s t r a t i v e n O b l i e g e n h e i t e n " des Schiffers, w e n n dieser nicht f ü r genügende Bekohlung des Schiffes sorgt; dagegen R i t t e r Z f V W 1914. 48. d) I m allgemeinen ist es der R e c h t s p r e c h u n g geglückt, das Verhalten, insbesondere A n m . 38 das schuldvolle V e r h a l t e n , des K a p i t ä n s bei seinen „ n a u t i s c h e n " Funktionen unterzubringen. W e n n der K a p i t ä n gegen S e e m a n n s b r a u c h o h n e Lotsen f ä h r t , h a t er als „nautischer D i r i g e n t " die G e f a h r erhöht ( R G 19. 2). Ebenso, w e n n er i m Zwischenh a f e n das R u d e r b l a t t vergrößert u n d h i e r d u r c h die G e f a h r erhöht ( R G 43. 3, H G Z 1898. 256). Ebenso, w e n n er das seeversicherte Flußschiff, statt, wie vereinbart, bei günstiger W i t t e r u n g , bei ungünstigem W e t t e r die Reise a n t r e t e n l ä ß t ( H G Z 1898. 256, vgl. § 23 A n m . 9 u n t e r gg). Ebenso, w e n n er d e n R a d d a m p f e r trotz gefährlichen Treibeises die Reise antreten läßt ( L G H a m b u r g H G Z 1892. 24). Ebenso, w e n n er das Schiff an eine besonders gefährliche Stelle des Hafens legt oder u n g e n ü g e n d befestigt ( R G 102. 1 1 2 ) . W e n n er u n t e r l ä ß t , n a c h der Kollision d e m Gegensegler zu helfen u n d so indirekten Kollisionsschaden a b z u w e n d e n , h a t er als „nautischer D i r i g e n t " die Schadenabwendungs-Pflicht des Versicherungsnehmers verletzt ( O L G gegen L G H a m b u r g H G Z 1897. 119). Ebenso, w e n n er u n t e r l ä ß t , die Stelle, an der das versicherte Schiff gesunken ist, kenntlich zu m a c h e n , u n d das Schiff infolgedessen nicht geborgen w e r d e n k a n n ( H G Z 1897. 120, H G u. O G H a m b u r g H G Z 1879. 73). — Zwei Fälle h a b e n besondere Schwierigkeiten g e m a c h t : 1. Der Fall der A u s r ü s t u n g d e s S c h i f f e s mit K o h l e n , Proviant u n d Wasser, A n m . 39 sowie der S t a u u n g d e r L a d u n g . — Der versicherte K a h n w a r so schlecht beladen, d a ß er d u r c h b r a c h . O L G H a m b u r g ( H G Z 1908. 283) rechnete die S t a u u n g zu den nautischen Funktionen, R G 72. 173 zu den „ A d m i n i s t r a t i o n s h a n d l u n g e n " des Schiffers; t r o t z d e m gelang es d e m R G , die S t a u u n g in diesem Falle bei den n a u tischen F u n k t i o n e n u n t e r z u b r i n g e n : „ D i e V e r s t a u u n g des K a h n s i m Abgangshafen werde nicht b e a n s t a n d e t ; es h a n d l e sich n u r d a r u m , ob der Schiffer b e i m Anlaufen der verschiedenen Liegeplätze i m H a m b u r g e r H a f e n . . . richtig gehandelt h a b e , o b er insbesondere ohne U m s t a u u n g der R e s t l a d u n g h a b e weiterfahren d ü r f e n " . — W e n n der K a p i t ä n das Schiff nicht genügend mit K o h l e n oder Proviant oder Wasser ausrüstet, h a t er d u r c h eine „ A d m i n i s t r a t i o n s h a n d l u n g " die G e f a h r erhöht ( R O H G 17. 348, R G H G Z 1910. 36), u n d zwar „ u m so m e h r " , w e n n es sich u m die Ausrüstung i m Abgangshafen h a n d e l t ( O G H a m b u r g H H 409). — Die Fälle sind o h n e große Bedeutung. D e n n der Versicherer haftet im Falle u n g e n ü g e n d e r Ausrüstung oder Beladung ohnehin nicht (§ 58; siehe d a z u R G 120. 39 = J R P V 1928. 1 7 3 1 = H R R 1928 N r . 1 1 3 6 = A P V 1928. 255: ein Schaden, der d a d u r c h verursacht w o r d e n ist, d a ß das Schiff infolge nicht gehöriger Beladung nicht seetüchtig war, geht zu Lasten des Versicherten, d e n n die in § 58 geregelte H a f t u n g s b e s c h r ä n k u n g ist objektiver N a t u r u n d wird von der Sondervorschrift in § 33 Abs. 3

568 § 33

Anm. 40

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nicht berührt; vgl. aber auch § 23 Anm. 35, § 58 Anm.). Es kann aber auch nicht zweifelhaft sein, daß ungenügende Ausrüstung oder Beladung des Schiffes ein „nautisches" Versehen bildet (HansOLG HansRGZ 1930 B 131). Denn das Gesetz rechnet die Ausrüstung usw. ausdrücklich zu den Dienstverrichtungen des Kapitäns (oben Anm. 23; näheres: R i t t e r Z f V W 1914. 56). — Vgl. auch LG Bremen HGZ 1904. 34: Wenn der Kapitän des Fischdampfers zu lange ausbleibe, so daß die Kohlen ausgingen und Aufwendungen nötig würden, so handle er „nicht als nautischer Dirigent, sondern als geschäftlicher Vertreter des Reeders"! — Über den Fall, daß der Kapitän pflichtwidrig die Güter ausliefert und hierdurch den Verlust der Fracht herbeiführt: § 105 Anm. 2. Der Fall, daß der Kapitän „sein durch Seeunfall betroffenes Schiff, ohne durch die Art oder den Umfang der Beschädigung desselben dazu berechtigt zu sein, oder unter Verletzung der versicherungsrechtlich für solche Fälle bestehenden Vorschriften, z u m V e r k a u f b r i n g t oder bringen läßt" (so V o i g t 416). In diesen Fällen soll er „nicht als nautischer Dirigent, sondern als administrativer Vertreter" des Reeders gehandelt haben, der Versicherer also frei sein (OAG Lübeck BremS 3. 423, HG u. OG Seebohm 206, S i e v e k i n g 95; vgl. auch R O H G 18. 285). •— Unterscheide: a ) Der Kapitän ist g e g e n ü b e r d e m R e e d e r b e r e c h t i g t , zu verkaufen. Die Berechtigung kann auf besonderem Auftrag oder auf dem Gesetz (vgl. HGB §530: Verkauf „im Falle dringender Notwendigkeit") beruhen. In solchem Falle ist der Verkauf natürlich nicht anders zu beurteilen, als wenn der Versicherungsnehmer selbst verkauft hätte (ROHG 18. 284, HG u. OG Hamburg HGZ 1875. 43)Nur in diesem Sinne richtig L e w i s 2. 371, OAG Lübeck Kierulff 3. 358; vgl. auch S i e v e k i n g 95, OAG Lübeck Kierulff 1. 1186: Den Kapitän treffe kein Verschulden, insbesondere sei es kein Verschulden, wenn er das Schiff" verkauft und dabei nicht die Bestimmungen des Versicherungsvertrags über den Verkauf im Falle der Reparaturunfähigkeit oder Reparaturunwürdigkeit befolgt habe. — Der Versicherungsnehmer (und deshalb auch der Kapitän) kann in solchen Fällen aber auch d e m V e r s i c h e r e r g e g e n ü b e r zum Verkauf b e r e c h t i g t sein. Dann nämlich, wenn er den Verkauf zur Minderung des Versicherungsschadens den Umständen nach für geboten halten durfte (§§ 32, 41). Dann haftet der Versicherer natürlich (vgl. ROHG 18. 281, HG u. OG Hamburg HGZ 1872. 182, 366). Näheres: § 32 Anm. 8, § 4 1 Anm. 16. ß ) Der Kapitän ist w e d e r g e g e n ü b e r d e m R e e d e r n o c h g e g e n ü b e r d e m V e r s i c h e r e r b e r e c h t i g t zu verkaufen. — Der Verkauf ist entweder eine unerlaubte Handlung, eine „ U n r e d l i c h k e i t " , eine Handlung, die „ohne Beziehung auf die eine oder andere der dem Schiffer obliegenden Funktionen" (die nautische oder die administrative) ist (so V o i g t 414). Dann haftet der Versicherer, — wie § 820 Nr. 6 HGB es ausdrücklich bestimmt. — Oder der Verkauf ist keine „Unredlichkeit", ist nur sonstwie u n b e f u g t . Das Schiff kann verkauft sein, weil der Kapitän irrtümlich den Fall als einen Fall dringender Notwendigkeit im Sinne des § 530 HGB angesehen hat; dann haftet der Versicherer, weil der Verkauf nach § 530 HGB zu den Dienstverrichtungen des Kapitäns gehört und ein dabei untergelaufenes „Verschulden" dem Versicherer nach § 820 Nr. 6 HGB zur Last fällt. Das Schiff kann aus anderen Gründen verkauft sein, weil der Kapitän die Marktlage für günstig hielt, oder weil ihm ein hoher Preis geboten wurde, oder weil er irrtümlich das Schiff für reparaturunfähig oder reparaturunwürdig hielt (vgl. die Fälle HGZ 1903. 41, 227, HG Hamburg HGZ 1863. 25, 1865. 161, HG u. OG Hamburg, OAG Lübeck HGZ 1868.3, auch HH 180); der Versicherer

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haftet im allgemeinen nicht, weil der K a p i t ä n nicht in Ausführung seiner Dienst- § 3 3 Verrichtungen verkauft hat u n d d e m Versicherer nach § 820 Nr. 6 H G B zwar das Verschulden des Kapitäns zur Last fällt, aber nur das Verschulden, das „ d e r K a p i t ä n " , das der K a p i t ä n als solcher in Ausführung der ihm gesetzlich obliegenden Dienstverrichtungen a n den T a g legt (insoweit unrichtig R i t t e r Z f V W 1914. 54). Das Schiff kann insbesondere zur M i n d e r u n g des Versicherungsschadens verkauft sein; d a n n haftet der Versicherer, wenn der K a p i t ä n als solcher, (auch) in Ausf ü h r u n g seiner Dienstverrichtungen verkauft hat u n d weil auch das Verschulden der Schiffsbesatzung bei der Erfüllung der Schadenabwendungs-Pflicht des Versicherungsnehmers zu seinen Lasten ist; im anderen Falle haftet er gemäß § 41 Abs. 3 nicht, weil der Reeder das Verschulden des Kapitäns nach § 278 BGB vertreten m u ß . e) D e n n das ist freilich gewiß, d a ß der Wortlaut des § 820 N r . 6 H G B nicht ent- Anm. 41 scheiden kann, d a ß der Versicherer (von „Unredlichkeiten" des Kapitäns abgesehen) nicht f ü r alles einzustehen hat, was der K a p i t ä n sich zuschulden kommen läßt. Er will nur f ü r das einstehen, was der K a p i t ä n als solcher, „ i n dieser seiner Eigenschaft" sich zuschulden kommen läßt, was ihm i n A u s f ü h r u n g d e r i h m g e s e t z l i c h o b l i e g e n d e n D i e n s t v e r r i c h t u n g e n unterläuft. Die W o r t e „in dieser seiner Eigenschaft" fehlen freilich im § 820 Nr. 6 H G B , — im Gegensatz z u m § 821 Nr. 5 H G B , wonach der Güter- oder Gewinnversicherte zu vertreten hat, was Ablader, E m p f ä n g e r u n d K a r g a d e u r „ i n dieser Eigenschaft" (früher: „in dieser ihrer Eigenschaft") versehen. Aber der erläuternde Zusatz „ i n dieser Eigenschaft" soll n u r einem immerhin möglichen „Mißverständnis" vorbeugen (Prot. 4335) u n d hätte ebensogut fehlen können u n d besser gefehlt (oben A n m . 31). Hier, im §820 Nr. 6 H G B , m u ß t e m a n auf ihn verzichten. Denn m a n kann nicht wohl von „Unredlichkeiten", begangen v o m K a p i t ä n „in dieser Eigenschaft", sprechen. — Wie hier übrigens, außer H G Z 1908. 283 (oben Anm. 39), auch bereits R G H G Z 1905. i g i („Nautisches Verschulden des Schiffers" sei „ein Verschulden des Schiffers in Ausführung seiner Dienstverrichtungen") u n d H G Z 1897. 119 ( „ D e m Wortsinne nach sei nautisch alles dasjenige, was d e m Schiffer als solchem kraft Gesetzes zu t u n obliege, u n d ein nautisches Versehen somit ein Versehen, welches er bei W a h r n e h m u n g dieser Obliegenheiten sich zuschulden kommen lasse"). f) Teilweise anders § 33 Abs. 3: Der Versicherungsnehmer hat das Verhalten Anm. 42 der Schiffsbesatzung als solcher nicht zu vertreten. Abs. 3 lehnt sich an § 278 BGB an u n d enthält eine w i r k l i c h e u n d eine nur s c h e i n b a r e A u s n a h m e von der Regel, d a ß der Versicherungsnehmer das Verschulden derjenigen, deren er sich bei der Erfüllung seiner Schadenverhütungs-Pflicht bedient, vertreten m u ß . Die Schiffsbesatzung bilden K a p i t ä n u n d Mannschaft. Die M a n n s c h a f t besteht aus Personen, deren der Versicherungsnehmer sich zur Erfüllung seiner Schadenverhütungs-Pflicht im allgemeinen nicht bedient (oben A n m . 15). Für das Verschulden der Mannschaft steht der Versicherungsnehmer also ohnehin nicht ein. Die Ausnahme ist also insoweit nur scheinbar. Dabei ist es auch ohne Bedeutung, ob m a n den Begriff der Schiffsmannschaft analog der Rechtsprechung zu §§481, 485 H G B erweitert (vgl. dazu S c h a p s - A b r a h a m I I Anm. 9—18 zu §484 HGB) und z . B . den Seelotsen, selbständigen Stauereiunternehmer, selbständigen Festmacher, Hafenlotsen zur Schiffsmannschaft im Sinne des § 33 Abs. 3 rechnet (so S c h l e g e l b e r g e r S V R 118), denn auch f ü r diese Personen hätte der Versicherungsnehmer sonst nicht einzustehen. — Auch der K a p i t ä n ist nicht allgemein eine Person, deren der Versicherungsnehmer sich zur Erfüllung seiner Schadenverhütungs-Pflicht bedient. Insbesondere regelmäßig

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§ 3 3 nicht bei der Güterversicherung ( R i t t e r Z f V W 1914. 46; vgl. auch H G Hamburg Ullrich Nr. 64, H H 59, auch H G u. O G Hamburg H G Z 1873. 3 9 1 , 1874. 169 mit freilich unzutreffender Begründung). Aber auch nicht bei jeder auf das S c h i f f sich beziehenden Versicherung. So z. B. nicht bei der Versicherung der Provision, die der Schiffsmakler von der Ankunft des Schiffes im Bestimmungshafen erwartet ( R i t t e r Z f V W 1 9 1 4 . 46). Auch nicht bei der Versicherung einer Forderung, zu deren Deckung das Schiff dient (vgl. engl. Entscheid. I T V M i t t 1922. 126). Auch nicht bei der Versicherung von Frachtvorschuß oder Frachtüberschuß durch den Unterverfrachter ( H G Hamburg H G Z 1868. 3 : „ D e r Kapitän könne von dem Versicherer nicht auch als Vertreter des Befrachters angesehen werden, demnach könne von einer Verletzung der von dem Befrachter seinem Versicherer gegenüber übernommenen Verbindlichkeit durch den Kapitän nicht die Rede sein, und alle Handlungen des Kapitäns, welche Verletzungen der vertraglichen Rechte des Befrachters involvierten, müßten als Versehen des Kapitäns betrachtet werden, für welche der Versicherer dem Befrachter h a f t e " ; abw. O G Hamburg, O A G Lübeck H G Z 1868. 7, wenig überzeugend: Dem AllgPlan 1847 sei es „auf durchgreifende Regeln angekommen", die „ r a t i o " komme deshalb nicht in Betracht, der Kapitän habe den Frachtschaden durch den unbefugten Verkauf des Schiffes verursacht, dieser Verkauf sei eine „administrative" Handlung, der Versicherer des Frachtvorschusses und -Überschusses hafte also nicht). Wohl aber bei der gewöhnlichen F r a c h t v e r s i c h e r u n g und der Kaskoversicherung. Denn dem Kapitän hat der Reeder die Verwaltung der versicherten Unternehmung unter weitgehendem Verzicht auf eigene Einwirkung anvertrauen müssen und anvertraut. Für das Verhalten des Kapitäns würde er also gemäß § 278 B G B einstehen müssen. Insoweit enthält also § 33 Abs. 3 eine wirkliche Ausnahme von der Regel des § 278 B G B . — Wird die versicherte Schute geschleppt, so ist der Kapitän des Schleppers natürlich als Kapitän im Sinne des § 33 Abs. 3 anzusehen (vgl. H G Z 1887. 300, H a n s O L G H R R 1936 Nr. 886 = J R P V 1936 Ziff. 13 = Sasse Nr. 439; auch § 1 Anm. 9 1 , 92). Anm. 43

g) Der Versicherungsnehmer hat das Verhalten des Kapitäns „ a l s s o l c h e n " nicht zu vertreten, das Verhalten des Kapitäns „in dieser Eigenschaft" (vgl. oben Anm. 3 1 , 4 1 , Prot. 4335), das Verhalten also, das der Kapitän in Ausführung seiner gesetzlichen Dienstverrichtungen an den T a g legt, insbesondere auch sein Verhalten bei der „Übernahme, Stauung, Verwahrung oder Ablieferung der Güter" (vgl. oben Anm. 26). Siehe dazu auch H a n s O L G H a n s R G Z 1934 B 707 = Sasse Nr. 434. Der Versicherungsnehmer muß es also vertreten, wenn er den Kapitän beauftragt, dem Versicherer Unfälle anzuzeigen, und der Kapitän die Anzeige schuldhaft unterläßt (oben Anm. 37). Ebenso, wenn der Kapitän das versicherte Schiff außerhalb seiner Dienstverrichtungen unbefugt verkauft (oben Anm. 40). Ebenso insbesondere, wenn der Kapitän das versicherte Schiff „unredlicher" Weise verkauft; er würde es nicht als Kapitän, nicht in seiner Eigenschaft als Kapitän, sondern in seiner Eigenschaft als Delinquent verkaufen (anders H a g e n S V R 37: Die negative Seite, die Pflicht zur Unterlassung des unredlichen Verhaltens, gehöre doch in den Rahmen der Dienstverpflichtungen). Insoweit weichen also die A D S vom H G B ab. Vgl. K G J R P V 1928. 1 4 1 : Der versicherte Fischkutter war durch eine Person der Schiffsbesatzung, nämlich durch den zusammen mit der übrigen Besatzung mit Fischfang und in Abwesenheit des Eigentümers auch mit der Bewachung des Kutters beauftragten W vorsätzlich in Brand gesteckt worden. Das Gericht ließ es dahingestellt, ob hierauf § 33 Abs. 3 zur Anwendung kommen könne. Anm. 44 h) § 33 bezieht sich nur auf das Verhalten des Kapitäns bei der S c h a d e n s v e r h ü t u n g . Die Bestimmung ist aber auch auf das Verhalten des Kapitäns bei G e f a h r ä n d e r u n g e n anzuwenden (oben Anm. 36, § 23 Anm. 24); eben deshalb ist vom „ V e r h a l t e n " , nicht bloß vom „Verschulden" (ADS § 33 Abs. 1, B G B 278) die Rede.

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Die Bestimmung bezieht sich schließlich auch auf das Verhalten des Kapitäns bei der § 3 3 S c h a d e n s a b w e n d u n g (oben Anm. 36, § 41 Anm. 7). i) Der G ü t e r v e r s i c h e r t e hat das Verschulden des Kapitäns nicht zu vertreten Anm. 45 (oben Anm. 42). — Wenn der Kapitän rechtswidrig verkauft, sind die Güter verloren, muß der Versicherer entschädigen. — Wenn der Kapitän rechtmäßig verkauft, weil „ein erheblicher Verlust . . . anders nicht abzuwenden ist" (HGB § 535 Abs. 3), und der Verkauf die Folge „eines dem Versicherer zur Last fallenden Unfalls" ist, muß der Versicherer entschädigen (§ 96 Abs. 2). •—• Wenn der Kapitän rechtmäßig „zum Zwecke der Fortsetzung der Reise" verkauft, muß der Versicherer entschädigen (§ 81). — Wenn der Kapitän aus anderen Gründen rechtmäßig verkauft (etwa, weil „er dem Bedürfnis auf anderem Wege nicht abhelfen kann oder" weil „die Wahl eines anderen Mittels einen unverhältnismäßigen Schaden für den Reeder zur Folge haben würde": HGB § 540), so haftet der Versicherer nicht. Zwar ist Schaden entstanden. Aber kein Verlust. Denn die Verfügung des Verfügungsberechtigten bewirkt keinen Verlust (§ 28 Anm. 36, 38). Nur in diesem Sinne richtig S i e v e k i n g 95, OAG Lübeck KierulfT 1. 1186: Den Kapitän treffe kein Verschulden, insbesondere sei es kein Verschulden, daß er die Güter verkauft habe, obgleich versicherungsrechtlich kein Grund für den Verkauf bestanden habe (vgl. auch oben Anm. 40). Der Güterversicherte hat aber das V e r s c h u l d e n seines Verfrachters, also regelmäßig des R e e d e r s , zu vertreten. Denn dem Reeder hat er die versicherte Unternehmung anvertraut. Seiner „bedient" ersieh auch zur Erfüllung der SchadenverhütungsPflicht. Führt der Reeder vorsätzlich oder fahrlässig den Versicherungsfall herbei, so muß der Güterversicherte sich an den Reeder halten. So wohl auch HGZ 1895. gg. Anders HGZ igo4. 262: „Gerade gegen die Gefahr, welche dem Versicherten aus der Fahrlässigkeit der Verfrachter . . . drohe, wolle sich der Versicherte durch die Versicherung schützen", — dieselbe petitio prineipii, mit der sich auch beweisen läßt und bewiesen ist, daß der Versicherungsnehmer nur eigenes Verschulden und weder das Verschulden von ihm bestellter Hilfspersonen noch auch nur dasjenige seiner gesetzlichen Vertreter zu vertreten braucht (oben Anm. 15, Vorb. vor § 1 Anm. 64). Gegen diese Gefahr schützt ihn ausreichend die unbeschränktere Haftung des Verfrachters. Für die Versicherung gegen diese Gefahr würde er keine Prämie ausgeben. — Hat der Versicherer auch die Leichtergefahr übernommen (vgl. HGB § 824, ADS § 89), so hat der Güterversicherte zwar nicht das Verschulden des Leichterschiffers, wohl, aber das Verschulden des Frachtführers zu vertreten (abw. R G HGZ 1905. 160, HGZ 1904. 262). Liefert der Güterversicherte die Güter an eine Kaianstalt ab, so hat er zwar nicht das Verschulden der Kaiangestellten (das vielmehr dem der Schiffsbesatzung gleichsteht) zu vertreten, wohl aber das Verschulden der Kaiverwaltung. Hat er (zulässiger Weise) einem Unternehmer die Bearbeitung der Ware am Kai übertragen, so hat er zwar nicht das Verschulden der Angestellten des Unternehmers, die der Schiffsbesatzung entsprechen, zu vertreten, wohl aber das Verschulden des Unternehmers (abw. R G HGZ 1905. 160, HGZ 1904. 262; vgl. dazu § 23 Anm. 39, auch oben Anm. 30). 1 1 - § 33 gilt auch für die Vergangenheitsversicherung. Es wird so angesehen, Anm. 46 wie wenn der Versicherungsvertrag beim Beginn der Versicherung geschlossen wäre (vgl. § 5 A n m - 9, § 23 Anm. 9, § 32 Anm. 30, § 41 Anm. 34). 1 2 - § 33 gilt auch für die Rückversicherung (§ 1 Anm. 136). — Ist der Vor- Anm. 47 Versicherer gemäß § 33 frei, so haftet auch der Rückversicherer nicht. Ist der Vorversicherer (wie gewöhnlich) abwicklungsberechtigt, so haftet der Rückversicherer gleichwohl, wenn der Vorversicherer dem Vorversicherten gegenüber sich nicht auf § 33 beruft und auch ein nicht rückversicherter Versicherer sich verständiger und billiger

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Schadensverhütung

§ 3 3 Weise auf § 33 nicht berufen würde (§ 1 A n m . 154; vgl. auch § 20 A n m . 14, § 24 A n m . 33).

Anm. 48

13. Fremde Rechte vgl. (auch oben Anm. 15, 16, 21, 35). a) E n g l i s c h e s Recht. T h e insurer is not liable for any loss attributable to the wilful misconduct of the insured ( M I A § 55 Abs. 2 a). Der Versicherer haftet auch nicht f ü r den Schaden, der unmittelbar d u r c h Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers (or his agents) verursacht ist ( A r n o u l d 7 4 i s. 787). Aber if the subject-matter insured is lost or d a m a g e d immediately by a peril of the sea, he will be responsible, a n d . . . it matters not if the loss or d a m a g e is remotely caused by the negligent navigation of the . . . assured . . ., always assuming that the loss is not occasioned by the wilful act of the assured (Trinder & Co. v. T h a m e s & Mersey Co. 1898 bei A r n o u l d 741 s. 786). — Insbesondere das Verschulden der Schiffsbesatzung. T h e insurer . . . is liable for any loss proximately caused by a peril insured against, even though the loss would not have happened but for the misconduct or negligence of the master and crew ( M I A § 55 Abs. 2 a). Der Versicherer haftet also nicht f ü r wilful misconduct der Schiffsbesatzung. Er haftet insbesondere nicht, wenn der K a p i t ä n das versicherte Schiff unbefugt verkauft. I t has often been observed, that a sale by the master is not one of the underwriter's perils, a n d is only material as showing that there is no longer anything which can be done to save the thing sold for w h o m it m a y concern (Rankin v. Potter 1873 bei C h a l m e r s 79). Aber der Versicherer haftet nach Lloyd's Police f ü r den d u r c h pirates, rovers, thieves, . . . b a r r a t r y of the master and mariners verursachten Schaden. Indessen u m f a ß t der Ausdruck piracy n u r H a n d l u n g e n , die auf den gewaltsamen Erwerb der Herrschaft über das Schiff gerichtet sind ( C h a l m e r s 150). N u r robbery, accompanied by violence, a n d committed by strangers, not by the crew, is a loss for which the underwriters on the ship or goods are liable ( A r n o u l d 794 s. 834). U n d the term „thieves" does not cover clandestine theft or a theft committed by any one of the ship's company, whether crew or passengers ( R C P 9). Bleibt also n u r die H a f t u n g f ü r barratry. T h e term „ b a r r a t r y " includes every wrongful act wilfully committed by the master or crew to the prejudice of the owner, or, as the case m a y be, the charterer ( R C P 11). Die letzten Worte bedeuten: in cases where the charterers of the ship are considered owners pro tempore ( A r n o u l d 796 s. 836). Barratry sind also nicht n u r H a n d l u n g e n , welche die Schiffsbesatzung begeht, u m sich gerade auf Kosten des Reeders einen Vermögensvorteil zu verschaffen, oder auch n u r u m gerade d e m Reeder Schaden zuzufügen, but every wilful act on his part of known illegality, gross malversation, or criminal negligence, by whatever motive induced, whereby the owners . . . are, in fact, damnified ( A r n o u l d 796 s. 836). U n d b a r r a t r y sind nicht n u r H a n d l u n g e n , die sich unmittelbar gegen Sachen des Reeders richten, sondern auch H a n d l u n g e n , die gegen andere Sachen gerichtet sind, aber mittelbar a u c h f ü r den Reeder von Nachteil sind, insbesondere V e r u n t r e u u n g von Frachtgut, f ü r die der Reeder dem Ladungsbeteiligten haftet ( H G Z 1908. 233, 1910. 60, L G H a m b u r g H G Z 1885. 7 1 ; vgl. auch R G H G Z 1908. 274; abw. B o y e n s Seerecht 2. 224, S i e v e k i n g Seerecht 300, A G u. L G H a m b u r g H G Z 1899. 69, 1903. 78, 1908. 230). Von b a r r a t r y ist also keine Rede, wenn der Reeder mit d e m Verhalten der Schiffsbesatzung einverstanden ist; weder der Kaskoversicherte noch auch der Güterversicherte kann Entschädigung verlangen, — was j a auch d e m deutschen Rechte entspricht, (oben A n m . 40, 45). Aber der Güterversicherer haftet auch d a n n nicht, wenn der Reeder (wie regelmäßig) sich nur im Frachtvertrag von der H a f t u n g f ü r barratry freigezeichnet hat u n d die Schiffsbesatzung die Güter veruntreut (vgl. H G Z 1908. 235). — N a c h den I T C und I V C deckt die Versicherung auch neglience of Master, Officers, Crew or

Schäden unter 3 %

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Pilote, provided such Ioss or d a m a g e has not resulted f r o m want of d u e diligence by the § 3 3 assured, owners or managers (vgl. A r n o u l d 1294). b) F r a n z ö s i s c h e s Recht. Toutes pertes et dommages provenant d u fait de A n m . 49 l'assuré, ne sont point à la charge de l'assureur (C. de comm. Art. 351). Aber der Versicherungsnehmer ne répond pas seulement de ses fautes personelles; sa responsabilité est encore engagé p a r toutes les fautes commises p a r ses préposés ( R i p e r t Nr. 2696, Güterpolice Art. 5). Les dommages causés p a r le fait et faute des propriétaires, affréteurs ou chargeurs, ne sont point à la charge des assureurs (C. de comm. Art. 352). Der Versicherer, insbesondere auch der Güterversicherer, n'est point tenu des prévarications et fautes d u capitaine et de l'équipage, connues sous le n o m de baraterie de p a t r o n (C. de comm. Art. 353). L a doctrine moderne . . . qualifie baraterie toutes les fautes d u capitaine (im Anschluß a n O r d . de la mar. : oben A n m . 15, R i p e r t Nr. 2700; vgl. auch L e w i s 2. 370). Dieser Standpunkt war auf die D a u e r nicht zu halten. I m Art. 1 der franz Policen ü b e r n e h m e n die Versicherer auch die durch baraterie entstehenden Schäden. Die Kaskopolice schränkt aber im Art. 4 die H a f t u n g wieder ein: Der Versicherer haftet nicht f ü r faits de dol et de f r a u d e d u capitaine usw. L'assureur de la baraterie répond donc simplement de la perte ou de l'avarie d u navire causée p a r une faute involontaire d u capitaine, p a r exemple de l'échouement ou de l'abordage d û à une fausse manoeuvre d u capitaine ( R i p e r t Nr. 2706). c) Ü b e r Versuche der I n t e r n a t i o n a l i s i e r u n g des Schadenverhütungs-Rechts: Anm. 50 I n t . M a r . Ins. Rules der I n t . L a w Association, R o u e n Conf. 1900, Glasgow Conf. 1901. § 3 4 Schaden von weniger als 3 % (1) Der Versicherer haftet nicht für einen Schaden, wenn dieser 3 % des Versicherungswerts nicht erreicht. (2) Der Versicherer haftet für Beiträge zur großen Haverei und Aufopferungen auch dann, wenn diese 3 % des Versicherungswerts nicht erreichen. Das Gleiche gilt von der Haftung für den durch einen SchifFszusammenstoß entstandenen mittelbaren Schaden und für die im § 3 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und im § 95 Abs. 3 bezeichneten Aufwendungen. Schäden und Aufwendungen, für die der Versicherer hiernach unbeschränkt haftet, sowie die im § 3 2 Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Kosten kommen für die Berechnung der nach Abs. 1 maßgebenden Haftungsgrenze nicht in Betracht. (3) Bei einer Versicherung, die sich auf das Schiff bezieht, ist für jede Reise besonders zu ermitteln, ob der Schaden in dem im Absatz 1 bezeichneten V e r hältnisse zum Versicherungswerte steht. Als Reise im Sinne dieser Bestimmung gilt jede Fahrt, zu der das Schiff von neuem ausgerüstet oder die auf Grund eines neuen Frachtvertrags oder nach vollständiger Löschung der Ladung angetreten wird, sowie jede Zureise in Ballast. Die zwischen zwei Reisen liegende Zwischenzeit wird der vorhergehenden Reise zugerechnet. 1. Vgl. H G B §§ 845, 846, ASVB §§ 83, 97, 98, A l t e K Z P , A l t e K R P , AlteGP Zusatz Anm. 1 zu § 84 Abs. 1 ( M a t . 2. 100, 103, 107), A l t e K Z P , A l t e K R P Zusatz zu § 97 ( M a t . 2. 103, 108), BSVB §§ 10, 11.

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Schäden unter 3%

§ 34 2. Literatur. C r u z i g e r AssJB 32 II 31 (Franchise in der Seeversicherung). Anm. 2 H o u g e n I T V M i t t 1912. 34 (Zweckmäßige Franchise in der Kaskoversicherung). W i n k l e r , Die den Umfang der Gefahr beschränkenden Klauseln des Seeversicherungsvertrags, Diss. 1916. Anm. 3 3. A b s . 1. Zeit ist Geld. Mit Bagatellschäden sich abzugeben, lohnt die Mühe und Kosten nicht, die mit der Ermittlung und Feststellung des Schadens verbunden sind (Prot. 3294). Außerdem sind kleine Alters-, Abnutzungs- und Beschaffenheitsschäden von wirklichen Schäden oft schwer zu unterscheiden und dem Versicherer daher leicht zur Last zu legen (Prot. 3294; vgl. auch § 1 1 3 Anm.). Die Versicherer machten sich deshalb schon früh von kleinen Schäden frei. Zuerst von Schäden, die 1 % des Versicherungswerts nicht überstiegen (Guidon de la mer 5. 12, Ord. de la mar. 6 I I I 30, K i e ß e l b a c h 119}. Später von Schäden, die 3 % nicht überstiegen („Vergleich" von 1677: Vorb. vor § 1 Anm. 3, A H O 1731 X X I 7 , 1 1 ) . Dabei mag zunächst die Absicht gewesen sein, den Versicherer von den ersten 1 oder 3 % unter allen Umständen freizuhalten (sog. erste Franchise, Exzedentenfranchise, Decortfranchise, in romanischen Ländern üblich: franchise toujours deduite: unten Anm. 14). Jedenfalls hat sich dies nicht eingebürgert (vgl. schon l i m e r i g o n ch. 12 s. 44; de lege ferenda für die Decortfranchise und gegen den Abzug wegen des Unterschiedes zwischen neu und alt: H o u g e n ITVMitt 1912. 34): Der V e r s i c h e r e r h a f t e t nicht, w e n n der S c h a d e n 3% des V e r s i c h e r u n g s w e r t s (die sog. Franchise) n i c h t erreicht. Dann aber ganz (sog. Integralzahlung). — Der Ausdruck „Franchise" ist also, wenn nicht ungenau, so doch mißverständlich. Der Versicherer ist nicht unbedingt, sondern nur bedingt frei. — Übrigens wird heute die Franchise vielfach (wenigstens bei der Kaskoversicherung) besonders gedeckt, und zwar bei einem anderen als dem Hauptversicherer. Anm. 4

a) D e r V e r s i c h e r e r h a f t e t nicht. Die Haftung ist durch den Versicherungsvertrag objektiv beschränkt (vgl. § 19 Anm. 26). Der Versicherungsnehmer kann nicht einwenden, daß 2 % der versicherten Güter unstreitig gestohlen seien, und daß deshalb die dem § 34 zugrunde liegende Erwägung versage. Anm. 5 b) Der Versicherer haftet f ü r einen S c h a d e n nicht. Er haftet grundsätzlich für keinerlei Schäden unter 3 % . So z. B nicht für einen indirektenKleinschaden des § 109 Abs. 3. Eben deshalb macht § 34 Abs. 2 von der Regel Ausnahmen (vgl. § 32 Anm. 3). c) Der Versicherer haftet für keinen Schaden, der 3 % des V e r s i c h e r u n g s Anm. 6 w e r t s n i c h t e r r e i c h t . — Über den Begriff des Versicherungswerts: § 6 Anm. 3. Ist der Versicherungswert taxiert, so ist die Taxe maßgebend (§ 6 Abs. 2, Herabsetzung der Taxe: § 6 Abs. 2 Satz 2). Auch, wenn die Taxe untersetzt ist; der Versicherer kann nicht Heraufsetzung verlangen (§ 6 Anm. 28; anders E 1910 § 37 Abs. 1 Satz 2 für den Fall erheblicher Untersetzung). Wenn die Taxe 100000, der wirkliche Versicherungswert 200000 und der Schaden 4000, also nur 2 % des wirklichen Versicherungswerts, beträgt, haftet der Versicherer. Hieran ändert auch die Kasko-Teilschaden-Klausel (§ 70 Anm., Vorb. vor § 1 1 3 ) nichts; der Versicherer würde im Beispielfall haften (wenn auch natürlich nur für 2000). — Maßgebend ist der Versicherungswert des G a n z e n . Auch wenn einzelne Güter oder Teile besonders verpackt sind, insbesondere wenn das Ganze (z. B. Hausrat) aus selbständigen Stücken besteht. Anders, wenn einzelne Gegenstände oder Teile besonders taxiert sind (§ 7, § 7 Anm. 9; vgl. auch die Teilungsklausel Vorb. vor § 1 1 3 und die Leichterklausel in Ziff. 16 der Zusatzbestimmungen für die Güterversicherung). Maßgebend ist natürlich nur der Versicherungswert dessen, was schon oder was noch versichert ist. Ist die versicherte Holzladung in zwei Häfen einzunehmen, der Schaden auf der Reise vom ersten zum zweiten Hafen entstanden und 4 % der an Bord befindlichen Ladung groß, so haftet der Versicherer, obgleich der Schaden nur 2 % des Wertes der gesamten Ladung erreicht. — Sind auf eine laufende

Schäden unter 3 %

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Police Güter b e s o n d e r s d e k l a r i e r t , so müssen sie auch als besonders versichert gelten. § 3 4 Anders im Falle eines Mißbrauchs; so, wenn der Versicherungsnehmer etwa von einer geschlossenen Partie Baumwolle jeden einzelnen Ballen besonders aufgibt. Maßgebend wird regelmäßig die Einzelpolice sein. — 3 % des Versicherungswerts müssen e r r e i c h t sein (ebenso B S V B § 10). Der Schaden braucht die 3 % nicht zu übersteigen (anders H G B § 845). Warum die 3 % nicht erreicht sind, ist ohne Bedeutung; wenn der Schaden infolge der Abwehrmaßregeln des Versicherungsnehmers nur 2 % beträgt und ohne die Abwehrmaßregeln 1 0 % betragen haben würde, haftet der Versicherer für den gewöhnlichen Versicherungsschaden nicht (wohl aber gemäß § 34 Abs. 2 für den Aufwendungsschaden). — Bei der Berechnung der Franchise werden a l l e S c h ä d e n , die während der Versicherung entstanden sind, z u s a m m e n g e r e c h n e t (Ausnahmen: § 34 Abs. 2, 3). Der Versicherer haftet also, wenn 2 % gestohlen und 2 % durch Seewasser beschädigt sind ( V o i g t 575). — Schäden, für die der Versichererer n i c h t haftet, werden natürlich nicht mitgerechnet. So z. B. nicht Alters- oder Abnutzungsschäden (§ 59) oder Beschaffenheitsschäden (§ 86; O A G Lübeck H a m b S 3. 4 3 1 , H G u. O G Hamburg Ullrich Nr. 3 1 0 , Seebohm 4 1 ; so ausdrücklich für den Fall der Leckage: B S V B § 19 Abs. 3). Wenn von den „ F r e i von Beschädigung" versicherten Gütern 2 % gestohlen, 2 % (oder 2 0 % ) infolge von Beschädigung in ihrer natürlichen Beschaffenheit zerstört werden, haftet der Versicherer nicht. Insbesondere haftet der Kaskoversicherer für Teilschäden nur, wenn sich nach dem Abzug des Unterschiedes zwischen neu und alt (§ 75 Abs. 3) ein Schaden ergibt, der 3 % erreicht. — Was der Versicherungsnehmer a n d e r w e i t zur Ausgleichung des Schadens e r l a n g t , kommt nicht in Betracht ( L e w i s 2. 382). d) Bei der G e w i n n Versicherung ist natürlich nur der am Gewinn entstandene Anm. 7 Schaden zum Versicherungswert ins Verhältnis zu setzen, bei der (gewöhnlichen) M e h r w e r t Versicherung nur der am Mehrwert entstandene Schaden zum Versicherungswert des Mehrwerts. Sind Güter und Gewinn „gemeinschaftlich" versichert, so müssen ihre Versicherungswerte für die Berechnung der Franchise auseinandergerechnet werden (vgl. § 1 0 1 ) . Beträgt der Gesamtwert 99000, der Sachschaden 2800, so haftet der Versicherer; denn die Franchise ist nur vom Güterwert (90000) zu berechnen und beträgt mithin nur 2700 (nicht 3 % von 99000 = 2970). Sind Güter und Mehrwert gemeinschaftlich versichert, also der Mehrwert in den Versicherungswert der Güter eingerechnet, z. B. schwimmende Güter nicht zum Abgangswert, sondern zu dem inzwischen gestiegenen Werte (für Vergangenheit und Zukunft) versichert, so wird nicht auseinander gerechnet, — so wenig, wie, wenn sonstwie der Versicherungswert abweichend von den A D S vereinbart wird, die Güter etwa vor ihrem Abgang nicht zum Abgangs-, sondern zum Ankunftswert versichert werden. e) Hin und wieder werden Güterversicherungen mit der Klausel „Einschließlich Anm. 8 jeden Mankos" genommen. Die Bedeutung dieser Klausel ist zweifelhaft, die Verkehrsauffassung nicht sicher. Der Versicherer wird jedenfalls für Verlust auch dann haften, wenn dieser 3 % nicht erreicht. Und auch für Verlust, der durch die natürliche Beschaffenheit der Güter entstanden ist; aber natürlich nicht für den Verlust, der aus der erfahrungsgemäß notwendigen Veränderung der Güter entstanden, also objektiv und subjektiv gewiß ist (vgl. § 86 Anm.). 4. A b s . 2 . In gewissen Fällen versagt der Grund der Franchise. D e r V e r s i c h e r e r Anm. 9 h a f t e t in diesen Fällen u n b e s c h r ä n k t , also auch dann, wenn der Schaden 3 % des Versicherungswerts nicht erreicht; nämlich:

1. f ü r Havariegrosse-Beiträge; 2. f ü r A u f o p f e r u n g e n . Und zwar nicht nur für Havariegrosse-Aufopferungen, sondern auch für Aufopferungen, die keine Havariegrosse-Aufopferung sind, weil

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Schäden unter 3%

nicht beide, Schiff sowohl wie Ladung, ganz oder teilweise gerettet sind (vgl. HGB § 703), oder weil das Schiff keine Ladung fährt (näheres: § 29 Anm. 12, 29 ff.). Überdies sind Aufopferungen, die keine Havariegrosse-Aufopferungen sind, Aufwendungen zur Abwendung von Schaden (§ 32 Anm. 6). — Nach § 84 A S V B haftete der Versicherer für Havariegrosse-Beiträge und Aufopferungen, wenn sie 1 % des Beitragswerts überstiegen. Doch verzichteten die Assekuradeure später auf diese Haftungsbeschränkung (Zusatz zu A S V B § 84, Mat. 2. 100, 103, 107), nachdem es üblich geworden war, die Haftungsbeschränkung durch Policenklausel (z. B. „Jede Havariegrosse ist zu vergüten": H G Z 1882. 76) zu beseitigen. 3. f ü r i n d i r e k t e n K o l l i s i o n s s c h a d e n (§ 78; vgl. Zusatz zu A S V B § 97: Mat. 2. 103, 108); 4. f ü r A u f w e n d u n g e n z u r A b w e n d u n g oder Minderung d e s S c h a d e n s (§ 32 Abs. 1 Nr. 1); 5. f ü r w e i s u n g s g e m ä ß g e m a c h t e A u f w e n d u n g e n (§ 32 Abs. 1 Nr. 2); 6. für die K o s t e n d e r U m l a d u n g , L a g e r u n g und W e i t e r b e f ö r d e r u n g der versicherten Güter, wenn die Beförderung geändert wird, der Versicherer aber gleichwohl haftet (§ 95 Abs. 3).

Alle d i e s e S c h ä d e n k o m m e n aber andererseits auch b e i der B e r e c h n u n g d e r F r a n c h i s e n i c h t i n B e t r a c h t . Beträgt z. B. der direkte Kollisionsschaden 1 % , der indirekte 50%, so haftet der Versicherer nur für 50%. Sind Güter versichert, durch Seewasser beschädigt und durch Trocknung vor weiterem Schaden bewahrt, so hat der Versicherer die 1 % betragenden Trocknungskosten, nicht den 2 % betragenden Substanzschaden zu ersetzen (vgl. oben Anm. 6). A u c h d i e S c h a d e n f e s t s t e l l u n g s - K o s t e n kommen bei der Berechnung der Franchise n i c h t in Betracht. Das ergibt schon § 32 Abs. 1 Nr. 3. Der Versicherer ersetzt diese Kosten nur, wenn sie „durch die Ermittlung und Feststellung des dem Versicherer zur Last fallenden Schadens entstehen". Er ersetzt sie also insbesondere nicht, wenn sie einen Schaden betreffen, der 3 % des Versicherungswerts nicht erreicht. Anm. 10 5. A b s . 3. Alle Schäden, die während der Versicherung entstehen, werden zusammengerechnet (oben Anm. 6). Die Umstände des Falles und die Verkehrsanschauung können etwas anderes ergeben. Werden Güter zum Ausstellungsort und zurück versichert, so werden Hin- und Rückreise als besonders versichert gelten müssen. Auch bei der Zeit-Kaskoversicherung hat man zunächst den Grundsatz anwenden wollen, daß alles, was während der Zeit passiert, zusammenzurechnen sei ( A r n o u l d 854 s. 890). Da dies praktisch unerträglich war, ist man davon in view of a long established maritime practice abgekommen. Es wird each voyage as if separately insured behandelt (ITC bei A r n o u l d 1300), „die Havarie einer jeden Reise separat. . . und nie Eine in die Andere gerechnet" (AllgPlan 1847 § 53). So auch § 34 Abs. 3; aber nicht nur für Kaskoversicherungen, sondern f ü r alle V e r s i c h e r u n g e n , die , , s i c h auf d a s Schiff b e z i e h e n " (vgl. § 33 Abs. 32), insbesondere auch für Frachtversicherungen, da diese sich auch auf das Schiff beziehen; und nicht nur für Zeitversicherungen, sondern auch für Versicherungen mehrerer Reisen (vgl. H G B § 845 Abs. 2) und sogar für die Versicherung einer einzelnen (zusammengesetzten) Reise. Für die Berechnung der Franchise werden besondere Versicherungsabschnitte, Versicherungsperioden, besondere F r a n c h i s e - R e i s e n gebildet. Und zwar gilt als Franchise-Reise: 1. jede Fahrt, zu der das S c h i f f v o n n e u e m a u s g e r ü s t e t ist (vgl. H G B § 757). Maßgebend ist die Neuausrüstung für die Erreichung des Zieles bei Zielreisen, für die Erreichung des Zweckes bei Zweckreisen (über Ziel- und Zweckreisen: § 23 Anm. 51). Ergänzung der Schiffsvorräte und nach dem Antritt der Fahrt

Schäden unter 3%

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notwendig gewordene Ausbesserung des Schiffes sind an und für sich noch keine § 34 Neuausrüstung (Prot. 2935; s. aber auch BGHZ 3. 321). Unter die Bestimmung fällt auch die Fahrt eines gemieteten Schiffes, wenn es nach Beendigung des Mietverhältnisses dem Vermieter zurückgegeben wird (BGHZ 3. 34). 2. jede Fahrt, die auf G r u n d eines n e u e n F r a c h t v e r t r a g s a n g e t r e t e n wird (vgl. H G B § 757). Wird in mehreren Häfen nacheinander, sei es auch auf Grund neuer Frachtverträge, Ladung eingenommen, so beginnt doch nicht in jedem neuen Hafen eine neue Reise; denn die Fahrt wird im zweiten, dritten usw. Hafen nicht „angetreten", sondern fortgesetzt. Dagegen ist es eine neue Reise, wenn das Frachtgut auf Grund neuen Frachtvertrags vom Bestimmungsort weiter- oder zurückbefördert wird (vgl. H G Z 1891. 30). — Dies gilt sinngemäß für Schiffe, die keine Frachtschiffe sind, z. B. Passagierschiffe (vgl. HGB § 677), Schlepper, Bergungsdampfer usw. 3. jede Fahrt, die n a c h v o l l s t ä n d i g e r (und endgültiger) L ö s c h u n g der Ladung a n g e t r e t e n wird (vgl. H G B § 757). 4. jede Z u r e i s e in B a l l a s t , — d. h. „eine solche Reise, welche das Schiff in Ballast zu dem Zweck unternommen hat, um an dem Bestimmungsorte Ladung für eine fernere Reise nach einem anderen Platz einzunehmen" (ASVB § 83 a. E). So, wenn das Schiff, neu ausgerüstet, auf Grund eines neuen Frachtvertrags, in Ballast nach einem anderen Orte fährt, um von hier aus, ohne neu ausgerüstet zu werden, eine Frachtreise anzutreten (vgl. E 1866 § 82 Anm., auch H G B §§ 622 Abs. 1, 640 Abs. 1 : „Zureise in Ballast nach dem Abladungshafen"). Die Franchise-Reisen sind so bestimmt, daß sie ineinander übergehen können. Das Schiff kann, ohne von neuem ausgerüstet zu sein, auf Grund eines neuen Frachtvertrags oder nach vollständiger Löschung der Ladung eine Reise antreten oder auf Grund eines neuen Frachtvertrags eine Zureise in Ballast machen. Der Versicherungsnehmer kann sich nicht die günstigste Reise aussuchen. Die k l e i n e r e R e i s e ist m a ß g e b e n d . Ist insbesondere der Schaden auf der Ballast-Zureise entstanden, so kann der Versicherungsnehmer nicht einen späteren Schaden hinzurechnen, mögen auch beide Schäden auf einer Reise entstanden sein, die auf Grund eines neuen Frachtvertrags angetreten ist. Anders ausdrücklich I T C : Der Versicherungsnehmer kann wählen. Die englische Klausel sieht aber auch nur zwei Franchise-Reisen vor, nämlich wenn the Vessel (1) begins to load cargo or (2) sails in ballast to a loading port. § 34 Abs. 3 bestimmt weder, wann die Franchise-Reise beginnt, noch wann sie endigt. Da aber die Versicherung in Einzelreise-Versicherungen aufgelöst werden soll, muß angenommen werden, daß die F r a n c h i s e - R e i s e n ebenso b e g i n n e n und e n d i g e n sollen, w i e w e n n die Franchise-Reisen b e s o n d e r s v e r s i c h e r t wären. Ist z. B. das Schiff zu einer Fahrt von neuem ausgerüstet, so beginnt die FranchiseReise, wenn mit der Einnahme der Ladung oder des Ballastes angefangen wird, oder, wenn Ladung oder Ballast nicht einzunehmen ist, mit der Abfahrt (§ 66 Abs. 1). Die eine Franchise-Reise braucht sich aber nicht unmittelbar an die andere anzuschließen (vgl. auch § 69). Deshalb bestimmt § 34 Abs. 3 Satz 3, daß die Zwischenzeit zur vorhergehenden Franchise-Reise gerechnet werden soll. — Eingehendere Bestimmungen in den I T C . § 34 Abs. 3 ist unter Umständen auch bei Versicherungen, die sich auf die Güter beziehen, sinngemäß anzuwenden. So etwa auf die Zeitversicherung von Seemannseffekten (vgl. auch § 37 Anm. 7). 6. B e w e i s l a s t . Der Versicherungsnehmer muß beweisen, daß der Schaden 3 % Anm. 11 des Versicherungswerts erreicht, da er j a überhaupt die Höhe des Schadens zu beweisen 37

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

578

Kriegsgefahr

§34

hat ( O A G Lübeck H a m b S 3 . 4 3 1 , 5. 55). — Ist streitig, ob der Schaden auf einer Franchise-Reise oder auf mehreren entstanden ist, so muß der Versicherungsnehmer beweisen, auf welcher Franchise-Reise er entstanden ist, und zwar aus demselben Grunde, aus dem er beweisen muß, daß der Schaden während der Dauer der Versicherung entstanden ist (§28 Anm. 31). Wie aber unter Umständen dem Versicherer auch ein Schaden zur Last fällt, der erst nach Ablauf der Versicherung entsteht, so kann auch ein Schaden, der erst nach Beginn einer neuen Franchise-Reise entsteht, noch der früheren Franchise-Reise zuzurechnen sein (§ 28 Anm. 28).

Anm. 12

7. § 34 gilt auch für die R ü c k v e r s i c h e r u n g (§ 1 Anm. 136). — Der abwicklungsberechtigte Vorversicherer braucht sich dem Vorversicherten gegenüber auf § 34 nicht zu berufen, wenn auch ein nicht rückversicherter Versicherer sich verständiger und billiger Weise darauf nicht berufen würde (§ 1 Anm. 154).

Anm. 13

Anm. 14

8. F r e m d e Rechte (vgl. auch oben Anm. 3, 6, 9, 10).

a) E n g l i s c h e s Recht. M I A bestimmt keine Franchise. Aber Lloyd's Police enthält das common memorandum : Corn, fish, salt, fruit, flour, and seed are warranted free from average, unless general, or the ship be stranded — sugar, tobacco, hemp, flax, hides, and skins are warranted free from average, under five pounds per cent, and all other goods, also the ship and freight, are warranted free from average, under three pounds per cent., unless general, or the ship be stranded. Außerdem gilt die Kaskoversicherung warranted free from particular average under 3 per cent., but nevertheless, when the Vessel shall have been stranded, sunk, on fire, or in collision with any other Ship or Vessel, Underwriters shall pay the d a m a g e occasioned thereby ( I T C , I V C bei A r n o u l d 8, 1300; über die F. P. A. clause der I C C § 1 1 4 Anm.). — Der Versicherer haftet also unbeschränkt in Strandungs- und ähnlichen Fällen (vgl. auch Mat. 1. 140, 365, 366). Er haftet ferner unbeschränkt für Havariegrosse-Schäden, für salvage charges, für particular charges und für andere expenses properly incurred pursuant to the provisions of the suing and labouring clause in order to avert a loss insured against ( M I A § 76 Abs. 1 , 2 ; vgl. § 32 Anm. 33). — Bei Berechnung der Franchise kommt nur the actual loss suffered by the subject matter insured in Betracht. Particular charges and the expenses of and incidental to ascertaining and proving the loss werden nicht berücksichtigt ( M I A § 76 Abs. 4) ; ebensowenig Havariegrosse-Aufopferungen ( M I A § 76 Abs. 3). — Uber die Auflösung der Zeitversicherung in Franchise-Reisen vgl. oben Anm. 10. b) F r a n z ö s i s c h e s Recht. Nach Art. 408 C. de comm. haftet der Versicherer nicht, si l'avarie commune n'excède pas un pour cent de la valeur cumulée du navire et des marchandises, et si l'avarie particulière n'excède pas aussi un pour cent de la valeur de la chose endommagée. Die Vorschrift schloß sich an Ord. de la mar. 3 V I 47 an, geriet aber bald außer Gebrauch. N a c h Art. 23 Ziff. 7 der Kaskopolice les avaries particulières ne seront rembourssées que sous la retenue des franchises ci-après usw. Dans les assurances à terme ou à prime liée, chaque voyage est l'objet d'un règlement distinct et séparé (näheres Kaskopolice Art. 21).

§ 3 5 Frei von Kriegsgefahr

(1) Der Versicherer trägt nicht die Gefahr eines Krieges. Er haftet insbesondere nicht für einen Schaden, der durch eine durch den Krieg veranlaßte Maßnahme einer, sei es anerkannten, sei es nicht anerkannten, kriegführenden Macht, namentlich nicht für einen Schaden, der dadurch verursacht wird, daß

Kriegsgefahr

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die versicherte Sache angehalten, aufgebracht, genommen, zurückgehalten, § angefordert, beschlagnahmt oder durch die in Anlaß des Krieges gelegten Minen oder infolge anderer Maßnahmen beschädigt oder vernichtet wird; den M a ß nahmen einer kriegführenden Macht stehen diejenigen einer anderen Macht gleich, wenn diese binnen sechs Monaten nach der Maßnahme in den Krieg eintritt. (2) Bei einer Versicherung, die sich auf das Schiff bezieht, ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn das Schiff infolge der Kriegsgefahr die Reise nicht antritt oder nicht fortsetzt oder einen Hafen anläuft, es sei denn, daß der Versicherungsnehmer, sobald er hiervon Kenntnis erlangt, unverzüglich dem Versicherer erklärt, daß die Verpflichtung bestehen bleiben soll. (3) Bei einer Versicherung, die sich auf die Güter bezieht, ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn die Güter infolge der Kriegsgefahr ausgeladen werden, es sei denn, daß der Versicherungsnehmer, sobald er von der bevorstehenden oder bewirkten Ausladung Kenntnis erlangt, unverzüglich dem Versicherer erklärt, daß die Verpflichtung bestehen bleiben soll. Dauert in diesem Falle der Aufenthalt länger als zwei Monate, so haftet der Versicherer für eine später entstehende Beschädigung oder Leckage nur im Falle einer Strandung, auch wenn er sonst noch in anderen Fällen haftet; die Bestimmungen des § 1 1 4 Abs. 1 und 3 über die Haftung des Versicherers im Strandungsfalle finden entsprechende Anwendung. (4) Wird die Gefahr, die der Versicherer trägt, infolge der Kriegsgefahr geändert und der Versicherer durch die Änderung von der Verpflichtung zur Leistung nicht befreit, so gebührt dem Versicherer eine Zuschlagsprämie. Dies gilt insbesondere, wenn das Schiff infolge der Kriegsgefahr die Reise nicht antritt oder nicht fortsetzt oder einen Hafen anläuft.

3 5

1. V g l . H G B § 849, A S V B § 101, A l t e G P Zusatz zu § 101 (Mat. 2. 100), B S V B § 21. A n m . 1 2. Literatur. A n o n . I T V M i t t 1916. 115 (Auslegung der Klausel free from cap- A n m . 2 ture), I T V M i t t 1919. 14 (Die Gefahren des Wracks), W a l l m a n n s Z 54. 80 (Das Repressalien-Risiko). A u d o u i n Journ. de droit int. priv. 1904. 1025 (De quelques questions relatives à l'assurance des risques de guerre), ebendort 1905. 146 (Des principales clauses d'assurances contre les risques de guerre). B r u c k H R Z 1918. 19 (Schiffsladungen in italienischen und portugiesischen Häfen). B r ü d e r s , Zusammenstellung der wichtigsten Policenbedingungen und gesetzlichen Vorschriften über die Versicherung gegen Kriegsgefahr, 1911. C r u y s m a n s , Des risques de guerre usw. 1862. D u r s t L Z 1921 Nr. 16/17 R u w N a c h r 5 (Haftung des Kriegsversicherers für Requisitionsschäden), N e u m a n n s Z 1921. 173 (Repressaliengefahr). H a g e n S V R 4 6 — 5 3 . H a g e n s H R Z 1918. 1, 52 (Seeversicherung im Kriege), H R Z 1918. 679, 732 (Seeversicherung der Güter im Kriege). H a s s e l m a n n , Seekriegsversicherung, 1918. H e y n e n , Die Kriegsseeversicherung, Diss. H a m b u r g 1927. K a e m m e r e r I T V M i t t 1916. 20 ( H a f t u n g des Versicherers für Requisitionsschäden). K e r s t e n , Die politischen Gefahren im Versicherungsrecht, Diss. H a m b u r g 1950. K l e i n w o r t A f H R 1.499 (Kosten der Zurückweisung des Schiffes v o m blockierten Bestimmungshafen). K ö h l e r , Die Seekriegsversicherung, Diss. 1913. L i e b i s c h H R Z 1 9 2 1 . 3 2 1 (Seekriegsversicherung nach den A D S ) . L i t t m a n n O e s t R e v 1912. 120 (Seeversicherung und Dardanellensperre). L u r e a u , L'Assurance des Risques Maritimes de guerre et les Polices Françaises, 1941. L u r i a 37*

580

Kriegsgefahr

§ 3 5 Z f V W 1919. 271 (Ausfuhrversicherung). M a r q u e t , Assurances Maritimes contre les Risques de G u e r r e , 1949. M a r t i n , H a f t u n g des Versicherers f ü r G ü t e r aus deutschen Schiffen in italienischen u n d portugiesischen H ä f e n , 1918. M ö h r i n g H R Z 1927. 801 bis 810 (Ansprüche deutscher RückVersicherter aus Vorkriegs-Seerückversicherungsverträgen mit englischen Rückversicherern; das Ausgleichsverfahren u n d die Beschlagn a h m e im Friedensvertrag von Versailles). M ö l l e r D J Z 1936. 166—172 (Krieg u n d Versicherung), Die Bank 35. J h g . H e f t 2 i (Seekrieg und Kriegsversicherung). M ö n c k e b e r g I T V M i t t 1916. 34 ( H a f t u n g des Versicherers f ü r Requisitionsschäden). P a u l y , Die H a m b u r g e r Kriegsklausel in der Seeversicherung, 1918, Die englische KriegsgefahrVersicherung in der Seeversicherung, 1918. P l a a s , Kriegsgüterversicherung, Diss. H a m b u r g 1942. P l a s s Z f V W 1916.416 ( E i n f l u ß des Krieges auf die Transportversicherung), AssJB 37 I I 120 (Kriegsversicherungsrecht f ü r See- u n d T r a n s p o r t g e f a h r e n in E u r o p a . P r ö l ß D R Z 1946. 49 (Kriegsereignisse i m Versicherungsrecht). R a u s n i t z I T V M i t t 1916. 22, 84 ( H a f t u n g des Versicherers f ü r Requisitionsschäden), N e u m a n n Z 1916. 111 ( H a f t u n g des Nur-für-Seegefahr-Versicherers f ü r die G e f a h r der V e r f ü g u n g von H o h e r H a n d ) . R e h d a n s , Prisenordnung u n d Prisengerichtsordnung, erläuterte T e x t a u s g a b e , 1942. R e u t t i AssJB 8 I I 183 ( Ü b e r Kriegsgefahr). S a d é e OestRev 1912. 118 (Kriegsversicherungen). S a l z m a n n , Die Kriegsgefahr in der See- u n d L a n d t r a n s p o r t v e r sicherung, Diss. Bern (ohne J a h r e s a n g a b e ) . S c h a p s Z f V W 1908. 474 (Seeversicherung gegen M i n e n g e f a h r ) . S c h e e l , Die Einwirkung des Weltkrieges auf die rechtliche Gestaltung der Seeversicherung, Diss. Leipzig 1925. S c h e r z b e r g , Die Kriegsklausel in d e r Seeversicherung, 1954 (Übersee-Studien H e f t 23). S c h o n f e l d , L e risque de g u e r r e en matière d'assurances maritimes, 1916. S c h j e l d e r u p H R Z 1920. 57 ( Ü b e r die H a f t u n g f ü r Kriegsgefahr n a c h norwegischem R e c h t ) . S i e v e k i n g Z f V W 1908. 8, L Z 1908. 200 (Seeversicherung gegen M i n e n g e f a h r ) . V e r n e a u x J o u r n . de droit int. priv. 1908. 467 (L'assurance des risques de guerre en matière maritime). V r a n c k e n I T V M i t t 1916. 86 ( H a f t u n g des Versicherers f ü r Requisitionsschäden). W e h b e r g Z f V W 1915. 25 (Die seekriegsrechtlichen Ereignisse des gegenwärtigen Krieges), N e u m a n n s Z 1912. 491 (Die Seekriegsversicherung u n d die M i n e n g e f a h r ) . W e r n e b u r g O e s t R e v 1917. 118 (Klauseln i m Seeversicherungsrecht). W i n k l e r , Die den U m f a n g d e r Gefahr beschränkenden Klauseln des Seeversicherungsvertrags, Diss. 1916. W i t t m a a c k Z H R 76. 337 ( W a n n tritt der Totalverlust des Schiffes ein?). Z i m m e r m a n n , Kriegsschäden u n d Versicherung, Diss. H a m b u r g 1946. — Weitere L i t e r a t u r : V o r b . vor § 1 A n m . 19 u n d A n m . 1 zu § 121. Anm. 3

3. A u c h die Kriegsgefahr gehört zu d e n „ G e f a h r e n der Seeschiffahrt" (§ 28 A n m . 4, 11). Sie gehörte a u c h bis z u m Ausgang des 17. J a h r h u n d e r t s zu den gewöhnlichen G e f a h r e n der Seeschiffahrt, — ebenso, wie die G e f a h r des Seeraubs. K e i n W u n d e r , d a ß die Versicherungen allgemein die Kriegsgefahr einschlössen. M i t Zun a h m e der W a f f e n r u h e setzte m a n die P r ä m i e n h e r a b u n d vereinbarte Klauseln, n a c h d e n e n bei A u s b r u c h eines Krieges P r ä m i e n z u l a g e n zu zahlen w a r e n ( É m é r i g o n ch. 3 s. 5). Z u r Zeit des ersten Napoleon w a r der Seekrieg wieder auf d e r T a g e s o r d n u n g . 1815 b e g a n n von n e u e m eine längere Zeit des Friedens. 1830, mit der E i n n a h m e Algiers, w a r a u c h die „ T ü r k e n g e f a h r " beseitigt (vgl. insbesondere K n i t t e l , Alte Assecuradeure usw.). Seit 1840 b e g a n n m a n in F r a n k r e i c h die Kriegsgefahr auszuschließen ( R i p e r t Nr. 2667). I n E n g l a n d hatte, u m g e k e h r t , schon vorher gerade der napoleonische K r i e g den A n l a ß d a z u gegeben. I n Deutschland w a r e n schon f r ü h e r Ausschlußklauseln üblich ( B e n e c k e 3. 67, 333, K i e ß e l b a c h 148). I m Anschluß a n diese Entwicklung stellt das H G B zwei Klauseln zur V e r f ü g u n g :

Anm. 4

a) Die Klausel „ N u r f ü r S e e g e f a h r " ( f r ü h e r : „Bloß f ü r Seegefahr", „Bloß gegen Seegefahr"). Sie w a r i m hansestädtischen Versicherungsverkehr üblich u n d den

Kriegsgefahr

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Policen aufgedruckt; vgl. HGB § 849, ASVB § 101, Mat. 2. 99 (teilweise anders BSVB § 3 5 § 2 1 ; vgl. dazu R G 90. 142). Danach haftet der Versicherer (der „Seeversicherer" im engeren Sinne) nicht „für die zunächst durch Kriegsgefahr verursachten Schäden", trägt aber „alle übrigen Gefahren auch nach dem Eintritt einer Kriegsbelästigung"; „die Gefahr endet für den Versicherer erst mit der Kondemnation der versicherten Sache oder sobald sie geendet hätte, wenn die Kriegsgefahr nicht ausgenommen worden wäre". Der Wortlaut der Klausel („Nur für Seegefahr") ist mißverständlich (vgl. E h r e n b e r g R V 177, R G 25. 94, 47. 179, 89. 140, HGZ 1896. 244; bereits von B e n e c k e 3. 339 erkannt). Allerdings schließt der Wortlaut der Klausel die Kriegsgefahr aus. Denn die Kriegsgefahr gehört zwar zu den „Gefahren der Seeschiffahrt", aber nicht zu den „Gefahren der See". Aber zu den Gefahren der See gehören auch andere Gefahren nicht, die der „Seeversicherer" gleichwohl trägt, z. B. die Diebstahlsgefahr. Auch könnte aus dem Wortlaut der Klausel geschlossen werden, daß der Versicherer die Kriegsgefahr zwar nicht zur See, wohl aber zu Lande trägt, soweit die Seeversicherung (insbesondere die durchgehende Versicherung: § 125) auch Landgefahren deckt, — was natürlich nicht die Meinung ist ( R G HGZ 1888. 170, HGZ 1888. 26, L G Hamburg HGZ 1887. 294). Aus d i e s e m Grunde lautet die Uberschrift des § 35 (nicht, wie noch die des § 38 E 1 9 1 0 : „Haftung nur für Seegefahr", sondern:) „Frei von Kriegsgefahr" (welche Bezeichnung freilich früher als gleichbedeutend mit mit der Bezeichnung „Frei von Kriegsmolest" aufgefaßt wurde: P o h l s 4. 333, V o i g t 584). b) Die Klausel „ F r e i von K r i e g s m o l e s t " , die im binnenländischen, nieder- Anm. 5 ländischen und schweizerischen Seeversicherungs-Verkehr üblich ist (HGB § 848, ASVB § 100, BSVB § 20). Näheres: ADS § 120. 4. A b s . 1. Anders die ADS (im Anschluß an zahlreiche ausländische Rechts- Anm. 6 Ordnungen: unten Anm. 49, und an das deutsche Feuer- und Viehversicherungs-Recht: V V G §§ 84, 117): Der Versicherer t r ä g t alle Gefahren (§28), — a u s g e n o m m e n die Kriegsgefahr. Denn die Kriegsgefahr läßt sich nicht nach der Erfahrung schätzen und deshalb nicht zu Tarifprämien decken. Abs. 1 ist für die Güterversicherung in den Zusatzbestimmungen zu den ADS für die Güterversicherung (1947) durch folgende Bestimmung ersetzt: „Die Versicherung deckt nicht die Gefahren des Krieges, des Bürgerkrieges und kriegsähnlicher Ereignisse. Auf diesen Gefahren beruhen zum Beispiel Schäden, verursacht durch Handlungen kriegerischer Art, insbesondere durch das Einsetzen der bewaffneten Macht, durch Blockade oder andere Sperren, sowie durch Beschlagnahme oder sonstige durch den Krieg veranlaßte, den versicherten Gegenstand betreffende Maßnahmen einer anerkannten oder nicht anerkannten Macht. Die Versicherung deckt außerdem nicht die Gefahren, die sich unabhängig vom Kriegszustand aus der Verwendung oder dem Vorhandensein von Minen, Torpedos, Bomben und anderen Kriegswerkzeugen ergeben." a) K r i e g i m v ö l k e r r e c h t l i c h e n S i n n e ist das letzte Mittel der Selbsthilfe, Anm. 7 die gewaltsame Rechtsbehauptung unter unabhängigen Staaten oder doch staatlich organisierten Parteien (vgl. Lehrb. des Völkerrechts, S c h e r z b e r g 32f.). In diesem Sinne kann insbesondere ein Bürgerkrieg nur einen vorübergehenden Aufstand oder aber bereits einen „Krieg" darstellen. Krieg im völkerrechtlichen Sinne ist immer auch Krieg im versicherungsrechtlichen Sinne (so auch S c h e r z b e r g 34). Aber nicht gilt auch das Umgekehrte. Das Versicherungsrecht zieht, der Verkehrsauffassung folgend, die Grenzen des Begriffs weiter ( E h r e n b e r g 321, K ö h l e r 14, S i e v e k i n g 139, V o i g t 396, H e y n e n 13, Z i m m e r m a n n 45 und 48, S c h e r z b e r g 34, K e r s t e n 44, R G 90. 380, R G HGZ 1888. 169, 1909. 214, HGZ 1888. 26, 1 9 1 1 . 53, O L G Hamburg APV 1908 I I

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Kriegsgefahr

§ 35

107, L G Hamburg H G Z 1887. 294). Im H G B kommt dies nicht besonders zum Ausdruck. Die A S V B dagegen (einem Antrag der hamburgischen Assekuradeure folgend) bestimmten ausdrücklich, daß die Nehmung, Beschädigung, Vernichtung und Plünderung durch Kriegsschiffe oder K a p e r auch dann als Kriegsereignisse angesehen werden sollten, wenn diese Schiffe „nicht anerkannten Mächten" gehörten ( A S V B § 1 0 1 ; vgl. dazu K ö h l e r 1 5 ; dabei ist nicht nur auf den Ausdruck „nicht anerkannte", sondern auch auf den Ausdruck „ M ä c h t e " — nicht: „ S t a a t e n " — Gewicht zu legen). E 1 9 1 0 strich diese Erläuterung der A S V B und bestimmte dafür im § 38 Abs. 4, der Kriegsgefahr solle „die Gefahr der auf gewaltsame Änderung von Staatseinrichtungen gerichteten Bewegungen" gleichstehen. Aber diese Bestimmung schien unzureichend, weil aufrührerische Bewegungen auch ein anderes Ziel haben, insbesondere lediglich darauf gerichtet sein können, bestimmten Personen oder Parteien zur Macht zu verhelfen, und weil auch die Gefahr solcher Bewegungen von der Verkehrsauffassung in die Kriegsgefahr eingeschlossen wird. Aus d i e s e m Grunde sind die A D S zu den A S V B zurückgekehrt: Krieg ist im versicherungsrechtlichen Sinne auch der K a m p f nicht anerkannter Mächte (siehe § 1 2 1 Abs. 1 : Maßnahmen einer, sei es anerkannten, sei es nicht anerkannten, kriegführenden Macht). Daß § 35 A D S dies nur für den Fall der Haftung des Versicherers für den durch Kriegsmaßnahmen kriegführender Mächte verursachten Schaden (z. B. nicht für den durch Plünderung der Truppen verursachten Schaden) ausspricht, darf nicht zu falschen Schlüssen verleiten, — so wenig, wie die Fassung des § 1 0 1 A S V B zu dem Schlüsse verleiten durfte, daß nur für die Nehmung usw. durch Kriegsschiffe oder K a p e r nicht anerkannte Mächte den anerkannten gleichstanden.

Anm. 8

b) K r i e g i m v e r s i c h e r u n g s r e c h t l i c h e n S i n n e ist also a u c h d e r d e m K r i e g e ä h n l i c h e G e w a l t z u s t a n d . Es gehören also unter den Begriff insbesondere „Bürgerkrieg", „revolutionäre Erhebung" ( S i e v e k i n g 139, V o i g t 398; vgl. H G Hamburg H H 439: die konföderierten Staaten im amerikanischen Sezessionskrieg) und „ A u f r u h r " ( O L G Hamburg A P V 1908 I I 107; unrichtig L u r i a Z f V W 1919. 278). Siehe dazu die in Anm. 6 am Ende wiedergegebene Fassung des Abs. 1 nach den Zusatzbestimmungen für die Güterversicherung 1947: „Gefahren des Krieges, des Bürgerkrieges und kriegsähnlicher Ereignisse". S c h e r z b e r g 35 (vgl. auch P l a a s 37) weist zutreffend darauf hin, daß man mit dem an die „warlike-operations" der englischen Kriegsklausel anknüpfenden „kriegsähnlichen Ereignissen" keine Haftungsverengerung des Seeversicherers bzw. eine Haftungserweiterung des Kriegsversicherers herbeiführen, sondern die bisherige Auffassung der Lehre und Rechtsprechung nur festlegen wollte, um etwaigen Zweifeln vorzubeugen (so auch K e r s t e n 45f.). Der in § 35 mitumfaßte, in den Zusatzbestimmungen für die Güterversicherung und in der DTV-Kriegsklausel (vgl. diese Anhang zu §§ 1 2 1 , 122) besonders aufgeführte Bürgerkrieg ist ein dem Krieg ähnlicher Gewaltzustand. Vgl. den Jahresbericht der Vereinigung der Einheitsversicherer in Dt. Vers. Presse 1933. 3 1 , wonach ein Bürgerkrieg nur vorliegt, wenn eine feste verfassungsmäßige Staatsgewalt als solche nicht mehr vorhanden ist, wenn insbesondere die Regierung die Machtmittel des Staates, insbesondere Heer und Polizei nicht mehr in vollem Umfange hinter sich hat. Siehe auch S c h e r z b e r g 35f., K e r s t e n 46. Anders als beim Bürgerkrieg ist bei sonstigen kriegsähnlichen Ereignissen noch eine feste verfassungsmäßige Staatsgewalt vorhanden und in der Lage, ihre Machtmittel gegen die sich auflehnenden Staatsbürger restlos zu gebrauchen (Jahresbericht der Vereinigung der Einheitsversicherer in Dt. Vers. Presse 1933. 3 1 , S c h e r z b e r g 37). Aufruhr ist natürlich nicht im Sinne des § 1 1 5 S t G B gemeint, sondern im landläufigen Sinne: der „ m i t den Mitteln der Gewalt durchgeführte, organisierte K a m p f der Untertanen gegen die bestehende Staatsgewalt ( R G H R Z 1909. 214, vgl. R G 97. 207, B G H 6. 30, S c h e r z b e r g 37).

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Von solchem Aufruhr kann man insbesondere noch nicht reden, „ w o bloße Plünde- § 3 5 rungen oder Gewalttätigkeiten vorgekommen sind", „insbesondere auch dann nicht, wenn solche Plünderungen oder Gewalttätigkeiten etwa durch ein momentanes Versagen der ordentlichen Staatsgewalt ermöglicht sind" ( R G H G Z 1909. 214, O L G Wien I T V M i t t 1 9 1 2 . 28). Unrichtig S i e v e k i n g 139 (unter irrtümlicher Berufung auf P e r e i s IntöffSeerecht 158): Es komme darauf an, ob „die Aufständischen als militärisch organisierte Macht kämpften, um der Regierung gegenüber die Herrschaft zu erringen, ob die Bewegung diejenigen Grenzen überschritten habe, innerhalb deren sie mit den regelmäßigen Mitteln des Strafgesetzes bekämpft w e r d e " ; vielmehr wird (wie gerade P e r e i s aaO ausführt) in diesem Falle die Bewegung regelmäßig den Charakter des Krieges im völkerrechtlichen Sinne angenommen haben. Unrichtig auch R G H G Z 1909. 214, 1 9 1 2 . 167: Es komme darauf an, ob durch den Zustand „die Transporte der Kaufleute bedroht seien" (ähnlich K ö h l e r 25: Es komme darauf an, ob „ d e m Handelsverkehr der gewohnte Schutz nicht mehr gewährt werden könne"). Gesetz und Bedingungen gewähren dafür keinen Anhalt; solange nicht der Zustand „die Transporte der Kaufleute bedroht", kann überhaupt kein Schaden entstehen, von dem zweifelhaft sein könnte, ob er ein Kriegsschaden oder ein anderer Schaden ist. Zustimmend S c h e r z b e r g 37, der die Erörterungen über den Aufruhr mit Recht mit der Bemerkung abschließt, daß sich eine allgemeine Richtlinie dafür, ob ein kriegsähnliches Ereignis oder ein bloßer Aufruhr im Sinne des Strafrechts vorliege, sich kaum aufstellen lasse. Es komme hier stets entscheidend auf die Umstände des Einzelfalls an (vgl. auch H e y n e n 14, Z i m m e r m a n n 48). — Als Krieg oder kriegsähnlicher Zustand ist hiernach insbesondere n i c h t ein durch b l o ß w i r t s c h a f t l i c h e B e w e g u n g e n (z. B. Streiks, Arbeiteraussperrungen) hervorgerufener Gewaltzustand anzusehen; vgl. die, deshalb besondere, I C C (bei A r n o u l d 1 3 1 0 ) : Warranted free of loss or damage caused by strikers, lockedout workmen, or persons taking part in labour disturbances, riots or civil commotions, ähnlich die französische Güterpolice: Sauf conventions et primes spéciales, les assureurs sont également affranchis des risques suivants et de leurs conséquences: éméutes, mouvements populaires, grèves, lockout et autres faits analogues, abw. die auch sonst bedenkliche Entscheidung eines französischen Schiedsgerichts I T V M i t t 1 9 1 3 . 102. Anders, wenn die Bewegung die Grenzen des Wirtschaftslebens überschreitet und sich, wenn auch nur mittelbar, gegen die Staatsgewalt richtet (z. B. Generalstreik zur Erlangung politischer Rechte; anders für diesen Fall S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 1 zu § 35 A D S ) . Siehe die Kündigungsklausel Nr. 26 der Zusatzbestimmungen für die Güterversicherung. Dagegen wird man wohl als kriegsähnlichen Gewaltzustand (so auch S c h e r z b e r g 38) auch den Zustand ansprechen müssen, in dem zwar nicht kriegsmäßige, aber doch den kriegsmäßigen ä h n l i c h e Z w a n g s m a ß n a h m e n zur Erledigung von Streitigkeiten u n t e r anerkannten oder nicht anerkannten M ä c h t e n , insbesondere zollkriegsmäßige Maßnahmen oder Repressalien, wie Beschlagnahmen von Schiffen oder Gütern oder die Friedens- oder politische Blockade angewendet werden ( K ö h l e r 26, Schiedsgericht Jurispr. du Port d'Anvers 1901. 204: Requisition von Leichtern durch die Kriegsschiffe der europäischen Großmächte in T a k u während der chinesischen Unruhen 1900). Jedenfalls ist die Interessenlage dieselbe und die Anwendung des § 35 deshalb geboten. Die Zulässigkeit der Friedensblockade ist streitig, der Streit für das Versicherungsrecht ohne Bedeutung. In keinem Falle ist sie eine „Friedens"-Maßnahme, in jedem Falle eine kriegsähnliche Gewaltmaßnahme. Friedensübungen der Kriegsschiffe u. dgl. sind natürlich dem Kriege nicht gleichzustellen; wohl aber Übungen, z. B. Minenlegübungen, die durch einen Krieg, insbesondere einen unmittelbar drohenden Krieg veranlaßt sind ( P a u l y Kriegsklausel 17).

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§ 35 5. Der Versicher (der „Seeversicherer" im engeren Sinne) trägt nicht die KriegsAnm. 9 gefahr. Er haftet insbesondere nicht für den durch K r i e g s e r e i g n i s s e verursachten Schaden. Der Begriff des Kriegsereignisses ergibt sich aus dem Begriff des Krieges. Zu eng: E h r e n b e r g 321, G e r h a r d 388, 556: nur Ereignisse im Gebiet der kriegerischen Operationen; hiergegen mit Recht: R G 90. 380. Siehe kritisch zu dem Begriff des „Kriegsereignisses" auch S c h e r z b e r g 30, der, an sich zu Recht, daraufhinweist, daß man eine länger andauernde Kriegsmaßnahme, etwa eine Blockade oder das Löschen der Leuchtfeuer schlecht als „Ereignis" bezeichnen könne. Es müsse deshalb richtiger heißen „Kriegsereignisse und Kriegsmaßnahmen". Trotzdem soll hier der Kürze wegen nur von Kriegsereignissen gesprochen werden, wobei davon ausgegangen wird, daß dieser Begriff auch „Kriegsmaßnahmen" umfaßt. — Ob das Kriegsereignis rechtmäßig ist oder rechtswidrig, insbesondere völkerrechtmäßig oder völkerrechtswidrig, ist natürlich ohne Bedeutung (Prot. 3313, B e n e c k e 3. 362, K ö h l e r 14, S c h e r z b e r g 77, S i e v e k i n g 139, R G H G Z 1917. 232, HG Hamburg K i e r u l f f ^ 6 1 1 , A r n o u l d 866 s. 901). — Ohne Bedeutung ist auch, ob ein V e r s c h u l d e n d e r S c h i f f s b e s a t z u n g mitgewirkt hat. Der Kriegsversicherer haftet, nicht der Seeversicherer, wenn das Schiff von einem Kriegsschiff genommen wird, dem es der Kapitän in die Hände gespielt hat; die Nehmung ist deshalb, weil die Schiffsbesatzung mit dem Feinde unter einer Decke steckt, natürlich nicht weniger ein Kriegsereignis (vgl. H G u. OG Hamburg, OAG Lübeck H G Z 1868. 176, 189, 238: Fall R o a n o k e , und dazu § 28 Anm. 33, § 33 Anm. 36, auch N o l t e 2. 267). Stoßen bei der Nehmung des Schiffes dieses und das Kriegsschiff infolge Verschuldens der Schiffsbesatzung des versicherten Schiffes zusammen, so haftet der Seeversicherer, nicht der Kriegsversicherer ( C h r i s t o p h H R Z 1918. 607). Stößt während des Krieges lediglich aus nautischen Gründen, insbesondere infolge eines nautischen Fehlers der Schiffsbesatzung, das Schiff mit einem Kriegsschiff zusammen, so haftet der Seeversicherer, nicht der Kriegsversicherer (so auch S c h e r z b e r g 94). Für den Seeversicherer mag die Gefahr solcher Zusammenstöße infolge der Kriegsgefahr erhöht sein, aber diese Erhöhung ist zu seinen Lasten. — Ohne Bedeutung ist auch, ob für den Kriegsschaden a n d e r w e i t eine E n t s c h ä d i g u n g g e w ä h r t wird oder nicht, ob insbesondere im Falle der Wegnahme, Beschlagnahme usw. aus öffentlichrechtlichen, insbesondere völkerrechtlichen Gründen eine Entschädigung zu zahlen ist (§45 Anm. 3, 5, H G Z 1917. 215, R G H G Z 1 9 1 7 . 2 3 1 ; abw. V r a n c k e n ITVMitt 1916. 86: Requisition gegen Entschädigung stelle „in Wirklichkeit einen Verkauf dar", weshalb — der Versicherer überhaupt nicht hafte). Nicht unter den Begriff des Kriegsereignisses fallen Verfügungen von Hoher Hand auf Grund Waffenstillstandes, so wenn die versicherte Sache auf Grund eines solchen an den Feind herausgegeben werden muß. Der Schaden ist hier vielmehr die Folge einer Maßnahme, die der Beendigung der Feindseligkeiten oder des Kriegszustandes dient ( S c h e r z b e r g 83f., R G 101. 330 im Fall „Gregor", O L G Hamburg H G Z 1921 Nr. 122 (Beschlagnahme von Ladungen der in neutralen Kriegsnothäfen liegenden deutschen Schiffe zwecks Durchführung der Waffenstillstandsbedingungen); anders H a g e n S V R 5 1 , nach welchem der Kriegsversicherer nicht nur für die aus dem Kriegszustand herrührenden, sondern auch für die Gefahren einzustehen habe, die sich aus dem Verlust des Krieges ergeben). Anm. 10

6. D e r K r i e g s v e r s i c h e r e r h a f t e t n i c h t f ü r den d u r c h das K r i e g s e r e i g n i s v e r u r s a c h t e n S c h a d e n . Kriegsereignis und Schaden müssen in adäquatem Kausalzusammenhang stehen. Das Kriegsereignis muß bei mehreren adäquaten Kausalreihen zudem die causa proxima des Schadens sein. Vgl. § 849 H G B : Der Versicherer haftet „nicht für den z u n ä c h s t durch Kriegsgefahr verursachten Schaden". Die ADS haben diesen Satz aus zwei Gründen nicht übernommen. Erstens deshalb

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nicht, weil der Grundsatz der nächsten Ursache nicht nur zur Scheidung der Kriegs- § 3 5 Versicherung von der reinen Seeversicherung dient, sondern im Seeversicherungs-Recht gemeingültig ist, und der, wenngleich oberflächliche, so doch naheliegende Gegenschluß abgewehrt werden sollte, daß der Grundsatz der nächsten Ursache, weil nur für den Fall des § 849 H G B hervorgehoben, im übrigen nicht gelte, etwa auch nicht einmal für den Fall der Kriegsversicherung (näheres: § 28 Anm. 17fr.). Vgl. dazu insbesondere auch R G 169. 1 = H a n s R G Z 1942 B 73. Zweitens deshalb nicht, weil einer Rechtsprechung entgegengetreten werden sollte, die sich namentlich in den Fällen des R o m u l u s ( R G 67. 2 5 1 , H G Z igo8. 2 1 7 ; siehe indessen zum Romulus-Fall auch L i n d e n m a i e r Z H R 1 1 3 . 2 4 9 Anm. 126), der S a n t a C a t h a r i n a ( R G 8 9 . 3 1 7 , H G Z 1916. 241) und der C a n a d i a ( R G 8g. 142, H G Z 1916. 229) mit der Verkehrsauffassung in Widerspruch gesetzt hatte (vgl. Mat. 1. 158, 170, insbesondere auch W i t t m a a c k Z H R 76. 337, § 28 Anm. 26, unten Anm. 12). a) Der Versicherer haftet nicht für den d u r c h e i n K r i e g s e r e i g n i s a d ä q u a t Anm. 1 1 v e r u r s a c h t e n Schaden. Er haftet z. B. nicht, wenn das versicherte Schiff von einem Kriegsschiff in den Grund gebohrt wird, oder wenn die versicherten Güter „infolge roher Behandlung bei einer durch die feindliche Regierung angeordneten Ausladung und Lagerung" beschädigt werden ( R G 94. 219). E r haftet insbesondere nicht, wenn das versicherte Schiff vom Feinde o h n e A u s s i c h t a u f W i e d e r e r l a n g u n g g e n o m m e n wird (so auch S c h e r z b e r g 82f., O L G Hamburg J W 1930. 3644). Anders die Rechtsprechung, insbesondere in den Fällen R o m u l u s und S a n t a C a t h a r i n a (anders auch M ö l l e r „ D i e Bank" 1942. 354), wo es sich allerdings darum handelte, aus zwei adäquaten Kausalreihen die wirksamste Ursache zu bestimmen. Wenn das Schiff genommen wird und hierauf strandet, soll die Nehmung die causa remota, die Strandung die causa proxima sein, der Seeversicherer, nicht der Kriegsversicherer haften. Diese Auffassung ist richtig, wenn die Nehmung nach L a g e des Falles den Schaden nicht herbeigeführt haben würde, falls das Schiff nicht gestrandet wäre, wenn, wie schon K l e f e c k e r 508 bemerkte, „eine wahrscheinliche Hoffnung zur Wiedererlangung des genommenen Schiffes, oder der Güter, vorhanden ist". So etwa, wenn ein neutrales Schiff genommen wird und freigegeben werden muß. So etwa auch im Falle A e n n e R i c k m e r s ( R G 90. 140): Das Schiff lag bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs mit deutschen kriegsversicherten Gütern in Port Said, wurde von dem in ägyptischen Diensten stehenden Hafenkapitän veranlaßt, die deutsche Mannschaft zu entlassen und unter englischer Führung in See zu gehen, wo es von einem englischen Kriegsschiff „genommen" und nach Alexandrien gebracht wurde. Die Kondemnation mißlang, weil das englische Prisengericht „die Behauptung (der Krone), es läge eine capture on the high sea vor, für eine Sophisterei" erklärte. So etwa auch im Falle V a l e r i a : Das deutsche Schiff Valeria war am 18. März 1 9 1 8 in der norwegischen Dreimeilen-Zone vom englischen Kriegsschiff G l e n d a l e rechtswidrig genommen. Auf der Fahrt nach dem englischen Visitationshafen Lerwick kam (wenigstens nach der englischen Sachdarstellung) so schlechtes Wetter auf, daß die Glendale die Besatzung der Valeria an Bord nahm und die Valeria preisgab: as a derelict she would have been a danger to navigation and she was properly sunk by gunfire (Privy Council Appeal 1920 Nr. 70). Die Valeria hätte, weil in der norwegischen Dreimeilen-Zone genommen, der norwegischen Regierung herausgegeben werden müssen. Sie wäre auch, wenn sie nicht untergegangen wäre, herausgegeben worden. Die norwegische Regierung hätte die Valeria ihrem Eigentümer wieder zugestellt. Die Valeria war also dem versicherten Eigentümer nicht ohne Aussicht auf Wiedererlangung entzogen. Sie war durch die Nehmung noch nicht total verlorengegangen. Sie konnte also noch total verlorengehen. Und sie ist tatsächlich durch einen dem Seeversicherer, nicht dem

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Kriegsversicherer zur Last fallenden Unfall total verlorengegangen. — Die Auffassung der Rechtsprechung ist dagegen unrichtig, wenn nach der Nehmung jede Aussicht auf Wiedererlagung geschwunden ist. Wenn ein infolge Kesselexplosion unrettbar dem Untergang geweihtes Schiff von zwei feindlichen Kriegsschiffen „genommen", auf beiden Seiten festgemacht, über Wasser gehalten, eingebracht und kondemniert wird, haftet der Seeversicherer, nicht der Kriegsversicherer. Der Fall ist dem der Nehmung ohne Aussicht auf Wiedererlagung nicht gleich. Denn das Schiff war durch die Kesselexplosion noch nicht verlorengegangen. Aber die Kesselexplosion, ein Seegefahr-Ereignis, hätte den Verlust des Schiffes sicher herbeigeführt, wenn nicht ein Kriegsgefahr-Ereignis, die Nehmung, den Verlust herbeigeführt hätte. Nach den besonderen, durch die Regel causa proxima, non remota spectatur beeinflußten Grundsätzen für die Unterbrechung des Kausalzusammenhangs (§ 28 Anm. 23) haftet der Seeversicherer, nicht der Kriegsversicherer. Der Fall ist also dem Falle der Nehmung ohne Aussicht der Wiedererlangung, also eines Ereignisses, das unmittelbar zum Verlust führt, nicht gleich. Aber er ist diesem Falle ähnlich und die Interessenlage ist ganz dieselbe. Die beiden Fälle müssen deshalb auch rechtlich gleich behandelt werden. Daß Entziehung einer Sache ohne Aussicht auf Wiedererlangung Verlust ist, ist allgemein anerkannt (§ 28 Anm. 38). Es wird durch § 71 noch besonders bestätigt. Der Versicherungsnehmer kann nach § 71 im Falle des Totalverlustes die Versicherungssumme verlangen; als total verloren gilt nach § 71 Abs. 2 ( H G B § 854) das Schiff auch dann, wenn es dem Versicherungsnehmer ohne Aussicht auf Wiedererlangung entzogen ist. Ist ihm das Schiff ohne Aussicht auf Wiedererlangung entzogen, so ist damit freilich das Verhältnis nicht ohne weiteres festgemacht, so daß es nun auf alles weitere nicht mehr ankommt ( § 7 1 Anm.). Der Versicherungsnehmer k a n n die Versicherungssumme verlangen. E r braucht sie nicht zu verlangen. Er kann abwarten, ob nicht etwa die Aussicht auf Wiedererlangung wiederkehrt. Aber wenn sie, aus welchen Gründen immer, nicht wiederkehrt, kann er immer noch die Versicherungssumme verlangen. Wenn das Schiff unrettbar gesunken ist und von einem Kriegsschiff geborgen und genommen wird, ist es dem Versicherungsnehmer von vornherein ohne Aussicht auf Wiedererlangung entzogen gewesen; der Versicherungsnehmer kann vom Seeversicherer, nicht vom Kriegsversicherer die Versicherungssumme verlangen. Wenn, umgekehrt, das Schiff von einem Kriegsschiff ohne Aussicht auf Wiedererlangung genommen wird und nunmehr unrettbar sinkt, ist es natürlich ebenso dem Versicherungsnehmer von vornherein ohne Aussicht auf Wiedererlangung entzogen gewesen. Es ist „so gut verloren, als wäre es untergegangen" (Mot. z. PreußE 352). Der Versicherungsnehmer kann vom Kriegsversicherer, nicht vom Seeversicherer die Versicherungssumme verlangen. Durch das Sinken „verliert" der Nehmestaat, nicht der Versicherungsnehmer ( A s c h e n h e i m 20). Daß durch die Nehmung, die mir das Schiff (oder die Ladung) nach menschlichem Ermessen unwiederbringlich entzieht, die Sache mir „ohne Aussicht auf Wiedererlangung" entzogen und damit an und für sich als „total verloren" anzusehen ist, daß mir eine total verlorengegangene Sache (ich hätte sie denn inzwischen wiedererlangt) nicht noch einmal total verlorengehen kann, kann denn auch die Rechtsprechung nicht leugnen. In dieser Notlage erklärt sie, daß „ n a c h d e u t s c h e m V e r s i c h e r u n g s r e c h t in der N e h m u n g für sich noch k e i n T o t a l v e r l u s t erblickt" werde ( R G 89. 319). M a n sollte annehmen, daß dieser seltsame Grundsatz aus der Interessenlage sorgfältig begründet wäre. Dem ist nicht so. Geltendgemacht wird: aa) „ N a c h § 854 H G B werde ein Totalverlust des Schiffes oder der Güter angenommen, wenn sie für g u t e P r i s e erklärt seien" ( R G 67. 258). Das ist richtig, aber beweist nichts. Denn nach §854 H G B soll es als Totalverlust „ n a m e n t l i c h "

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angesehen werden, wenn Schiff oder Ladung „ f ü r gute Prise erklärt sind", ist also keines- § 3 5 wegs ausgeschlossen, daß ein Totalverlust noch in anderen Fällen, namentlich auch im Falle einer den unwiederbringlichen Verlust bedeutenden Nehmung, angenommen wird. § 854 H G B will nur klarstellen: Sind Schiff oder Güter für gute Prise erklärt, sollen sie in j e d e m Falle als „ d e m Versicherten ohne Aussicht auf Wiedererlangung entzogen" gelten (Prot. 3347: „ S e i das genommene Schiff rechtskräftig kondemniert und dem Versicherten dadurch das Eigentum am Schiffe genommen, so könne es nicht mehr darauf ankommen, ob vielleicht noch eine Aussicht bestehe, daß das Schiff im Gnadenwege wieder freigegeben oder daß es wieder genommen werde"). Richtig auch R G H G Z 1 9 1 7 . 2 3 2 : „ D e r Fall der Kondemnation werde nur als besonders in Betracht kommendes Beispiel (des Totalverlustes) hervorgehoben". bb) „ N a c h § 628 Abs. 1 Nr. 1 H G B gelte es als Verlust des Schiffes, wenn das Schiff aufgebracht oder angehalten u n d für gute Prise erklärt werde" ( R G 67. 258). Das ist ebenso richtig und beweist ebensowenig. Wiederum macht das Gesetz durch das Wort „ i n s b e s o n d e r e " deutlich, daß es sich nur um einen Beispielfall handelt. Immerhin ist bezeichnend, daß das Gesetz nur von dem Falle spricht, daß das Schiff „aufgebracht oder angehalten" und für gute Prise erklärt wird, n i c h t von dem Falle, daß es „genommen" und für gute Prise erklärt wird. Denn Aufbringung kann zwar Nehmung sein, braucht es aber nicht zu sein (unten Anm. 16). cc) „Entscheidend" sei, d a ß „ d i e G e f a h r für den Versicherer bei der Versicherung ,Nur für Seegefahr' (nach § 849 H G B ) e r s t m i t d e r K o n d e m n a t i o n e n d i g e , sofern sie nicht auch bei Übernahme der Kriegsgefahr schon vorher endigen w ü r d e " ( R G 89. 3 1 9 ; folgend B o y e n s Z H R 76. 409, K ö h l e r 68, S i e v e k i n g 1 4 1 ) . Diese Erwägung verkennt vollständig den dem Gesetz zugrunde liegenden Gedanken. Es galt, den Versicherten für den Fall einer Ä n d e r u n g d e r G e f a h r durch ein Kriegsereignis zu schützen (Mot. z. PreußE 350) und „hauptsächlich den Gegensatz zu der Bedeutung der Klausel ,Frei von Kriegsmolest' hervorzuheben" (Prot. 3340), nach der die Versicherung „ n u r bis zum Eintritt einer Kriegsbelästigung dauern soll" ( H G B § 848). U n d es sollte klargestellt werden (nicht, daß die Versicherung im Falle der Wegnahme unter allen Umständen fortdauern solle, sondern), daß „ j e d e n f a l l s die Kondemnation als das Ende der Versicherung zu betrachten sei, und der Versicherer nach Eintritt derselben auch nicht mehr für die Seegefahren zu haften habe, selbst wenn das Schiff in der Folge wieder freigegeben werden sollte" (Prot. 3 3 1 1 ) . Eine andere Auffassung wäre j a auch töricht gewesen, da es nicht selten bei der einfachen Wegnahme bewendet, die Einleitung eines prisengerichtlichen Verfahrens unterbleibt (vgl. z. B. R G 97. 3 1 g , R G H G Z 1 9 1 7 . 2 3 1 ) . Freilich ist die Ausdrucksweise der Prot, an anderer Stelle verleitlich. M a n erwog, daß „die Entscheidung der streitigen Frage notwendig sei, welchen Einfluß die Nehmung des versicherten Schiffes durch feindliche Kriegsschiffe, K a p e r u. dgl. auf die Beendigung der Gefahr des Versicherers übe. Es sei von der höchsten praktischen Wichtigkeit, auszusprechen, daß das Risiko des Assekuradeurs n i c h t s c h o n w e g e n d e r b l o ß e n N e h m u n g erlösche" (Prot. 3 3 1 0 ) . Auch zweifle man „ i m Geschäftsverkehr nicht daran, daß der Assekuradeur für den Schaden haftbar sei, wenn das Schiff nach der Nehmung durch einen K a p e r in dessen Gewalt infolge eines Unwetters auf den Strand gerate" (Prot. 3308). Aber diese Äußerungen der Prot, verlieren die Beweiskraft, die ihnen die Rechtsprechung beimißt, ohne weiteres, wenn man berücksichtigt, daß in der T a t die „ b l o ß e " Nehmung nur eine Gefahränderung bildet und einen Totalverlust nur eine solche Nehmung darstellt, die den genommenen Gegenstand dem Versicherten ohne Aussicht auf Wiedererlangung entzieht (wie in den Fällen Romulus und Santa Catharina). Übrigens „erlischt" auch bei einer wirklichen Nehmung das Risiko des Assekuradeurs nicht ohne weiteres. Das

588 §35

Kriegsgefahr

o h n e Aussicht auf W i e d e r e r l a n g u n g gesunkene Schiff bleibt versichert. Das o h n e Aussicht auf W i e d e r e r l a n g u n g g e n o m m e n e Schiff bleibt versichert, m a g es mit oder o h n e Kriegsgefahr oder n u r f ü r Kriegsgefahr versichert sein (insoweit richtig R G H G Z 1918. 160). W i r d das „ F r e i von K r i e g s g e f a h r " versicherte Schiff w i e d e r g e n o m m e n , v o m Versicherungsnehmer „ w i e d e r e r l a n g t " , so k a n n es wieder d u r c h ein SeegefahrEreignis total verlorengehen. A b e r ohne „ w i e d e r e r l a n g t " zu sein, k a n n es n a t ü r l i c h nicht d e m Versicherungsnehmer „ o h n e Aussicht auf W i e d e r e r l a n g u n g e n t z o g e n " werden. — I m Ergebnis richtig R G H G Z 1917. 231: Das Schiff m i t versichertem Getreide wird a m 7. August 1914 aufgebracht, das Getreide in H a v r e gelöscht u n d v o n d e r französischen R e g i e r u n g f o r t g e n o m m e n ; weiteres Schicksal u n b e k a n n t . Die Vorinstanzen übersehen die R o m u l u s - E n t s c h e i d u n g u n d n e h m e n Totalverlust a n . Erst die Revision w e n d e t ein, d a ß die F o r t n a h m e o h n e K o n d e m n a t i o n kein Totalverlust sei. R G findet d e n Ausweg: „ H i e r liege . . . nicht n u r A u f b r i n g u n g , sondern a u c h E n t z i e h u n g des Eigentums v o r " , — obgleich ü b e r diese E n t z i e h u n g nichts b e k a n n t w a r u n d Sachverlust kein Eigentumsverlust zu sein b r a u c h t (unrichtig a u c h die weitere E r w ä g u n g , es k o m m e d a r a u f an, o b die F o r t n a h m e erfolgt sei „ n a c h Gesetzen, die die eigenen Staatsangehörigen, die der v e r b ü n d e t e n oder neutralen Staaten u n d die d e r feindlichen Staaten gleichmäßig träfen u n d die mit d e m völkerrechtlichen Prisenrecht nichts zu t u n h ä t t e n , o d e r o b es sich u m eine prisenrechtliche, gegen feindliches Eigent u m , das zugleich relative K o n t e r b a n d e sei, gerichtete M a ß n a h m e h a n d l e " ) . — I m Ergebnis richtig auch R G 97. 319: W e n n das Schiff mit kriegsversicherten G ü t e r n a u f g e b r a c h t w e r d e u n d das Gericht die G ü t e r nicht kondemniere. sondern n u r die Behörde zu i h r e m Verkauf ermächtige, seien die G ü t e r d e m Versicherungsnehmer o h n e Aussicht auf W i e d e r e r l a n g u n g entzogen, total verloren. — Vgl. a u c h B r u c k H R Z 1 9 1 8 . 2 1 : Der V H A h a b e solche Fälle stets als Totalverlust-Fälle b e h a n d e l t , „weil d u r c h die Requisition d e m Versicherten die versicherte Sache o h n e Aussicht auf W i e d e r e r l a n g u n g entzogen w o r d e n " sei. A u s n a h m e n bestätigen die Regel. Als im J a h r e 1915 kriegsversicherte deutsche D ä r m e in E n g l a n d w e g g e n o m m e n w a r e n u n d ü b e r ihr Schicksal nichts zu erfahren war, weigerte sich der Versicherer, zu entschädigen, u n d behielt R e c h t . Aussicht auf Wiedererlangung, m e i n t e H G Z 1918. 117 (im J a h r e 1918), „bestehe noch, solange die G ü t e r nicht k o n d e m n i e r t seien; a u c h n a c h englischem R e c h t e gehe das E i g e n t u m an i h n e n erst mit d e r K o n d e m n a t i o n auf den N e h m e s t a a t über, so d a ß bis d a h i n ein versicherbares Interesse noch fortbestehe". Ähnlich H G Z 1919. 95: Die ( „ O h n e A b a n d o n " ) kriegsversicherten Sardinen w u r d e n i m F r ü h j a h r 1916 von den E n g l ä n d e r n beschlagnahmt. I h r weiteres Schicksal ist nicht b e k a n n t geworden. Die Entschädigungsklage des Versicherungsnehmers w u r d e abgewiesen, weil m a n i m J a h r e 1919 die Sardinen f ü r noch nicht total verloren hielt. — Wie d e m a u c h sei, die A D S h a b e n , u m d e m „ e n t s c h e i d e n d e n " Beweisgrunde der R e c h t s p r e c h u n g zu entgehen, unterlassen, auszusprechen, d a ß „die G e f a h r f ü r den Versicherer erst mit der K o n d e m n a t i o n der versicherten S a c h e " endige ( M a t . 1. 149). dd) „ I n der A u f b r i n g u n g oder N e h m u n g erblicke das deutsche Versicherungsrecht n u r e i n e B e d r o h u n g des Gegenstandes der Versicherung, welche die A u s ü b u n g des besonderen, nicht v o m Totalverlust a b h ä n g i g e n Rechtsbehelfs des A b a n d o n s rechtfertige (§ 861 N r . 2 H G B . . . ) " ; so R G 89. 319. Dies w ä r e noch nicht einmal beweiskräftig, wenn § 861 H G B von der N e h m u n g spräche. § 861 H G B spricht aber (abgesehen von der N e h m u n g d u r c h Seeräuber) n u r von der „ A u f b r i n g u n g " , u n d w e n n a u c h die N e h m u n g stets mit der „ A u f b r i n g u n g " beginnt, so sind doch N e h m u n g u n d Aufb r i n g u n g verschiedene Begriffe (unten A n m . 16). E h e r w ä r e schon d a r a u f h i n z u w e i s e n , d a ß der Versicherer n a c h § 849 H G B „insbesondere nicht f ü r die N e h m u n g , Beschädigung, V e r n i c h t u n g u n d P l ü n d e r u n g d u r c h Kriegsschiffe u n d K a p e r h a f t e t " u n d d e r

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Ausdruck „ N e h m u n g " in diesem Zusammenhang, insbesondere neben den Ausdrücken § 3 5 „Beschädigung" und „Vernichtung", doch kaum etwas anderes bedeuten kann als Totalverlust durch unwiederbringliche Wegnahme. — Übrigens steht die Auffassung des R G in unvereinbarem Widerspruch mit seiner anderen Auffassung, daß n i c h t schon „in der Aufbringung oder Nehmung eine Bedrohung des Gegenstandes der Versicherung zu erblicken" sei, sondern daß zur Aufbringung oder Nehmung die Bedrohung mit Totalverlust (oder innerem Verderb oder Beschädigung) hinzukommen müsse, um den Versicherungsnehmer zum Abandon zu berechtigen (vgl. R G go. 146, 92. 254, 94. 219, 96. 3 1 2 , R G H G Z 1918. 38, 1919. 26; näheres: § 73 Anm.). ee) Aus § 1 0 1 Abs. 3 A S V B („Wird das Schiff infolge von Kriegsverhältnissen in einen Hafen verwiesen oder aufgebracht, so hat . . . der Versicherte . . . eine PrämienVerbesserung . . . zu zahlen") ergebe sich, daß sogar „die Aufbringung des Schiffes . . . nicht einmal als ein die Versicherung beendender Totalverlust angesehen werde" ( R G 67. 258, 89. 319). Aus § 101 A S V B ergibt sich ebenso wenig wie aus § 861 Nr. 2 H G B (näheres oben unter dd). Nach den A D S kann kein Zweifel sein: Wird die versicherte Sache o h n e A u s s i c h t a u f W i e d e r e r l a n g u n g g e n o m m e n , so ist für die Kriegsversicherung der V e r s i c h e r u n g s f a l l , und zwar nicht nur der versicherte Unfall, sondern auch der Schadensfall eingetreten. Der Kriegsversicherer muß auf Verlangen des Versicherungsnehmers ohne weiteres zahlen, d. h. ohne daß er sich auf den Ablauf der SechsmonatsFrist des § 1 2 1 Abs. 6 berufen kann. Daß trotz der Aussichtslosigkeit der Wiedererlangung die versicherte Sache noch einmal wiedererlangt werden kann (durch Freigabe im Prisengerichts-Verfahren, durch freiwillige Freigabe, durch Wiedernahme, durch den Friedensvertrag usw.) ist ebenso ohne Bedeutung, wie ohne Bedeutung ist, daß eine ohne Aussicht auf Wiedererlangung gesunkene Sache wider Erwarten noch einmal wiedererlangt wird (Beispiel: R G 77. 302). Die oft wiederholte Bemerkung des R G ( R G 67. 258, ebenso H G Z 1918. 160 und, unter dem Einfluß des R G : H G Z 1 9 1 8 . 3 0 , 1 1 7 , 1 9 2 0 . 2 2 1 , 2 9 6 , I T V M i t t 1916. 1 1 6 ) , daß die Nehmung des Schiffes „ d a s E i g e n t u m des Reeders und also ein v e r s i c h e r b a r e s I n t e r e s s e bestehen lasse", ist schief und überdies ohne alle Bedeutung (vgl. auch § 2 8 Anm. 1 2 ; siehe H a n s O L G H a n s R G Z 1930 B 3 = J W 1930. 3644 = Sasse Nr. 397). Schief, insofern man hier offenbar „versichertes" und „versicherbares" Interesse verwechselt. Selbstverständlich hat der Reeder des genommenen Schiffes noch ein „versicherbares" Interesse. Auch, wenn die Kondemnation ex tunc wirkt, bleibt „ R a u m für ein versicherbares Interesse" ( R G 8g. 324). Selbst nach der Kondemnation hat der Reeder noch ein versicherbares Interesse (de lege lata; nicht bloß de lege ferenda, wie R G 89. 324 in irrtümlicher Auffassung des § 849 H G B , wonach die Gefahr für den Versicherer mit der Kondemnation endigt, meint); wenn auch kein gewöhnliches Eigentümerinteresse, sondern nur ein Interesse an der Wiedererlangung des kondemnierten Schiffes. (Übrigens würde an der Prämie, die für die Versicherung genommener Schiffe zu zahlen wäre, die Aussichtslosigkeit der Wiedererlangung und damit der Tatbestand des „Totalverlustes" am besten zu erkennen sein; vgl. L G Essen, O L G H a m m bei H a s s e l m a n n 81.) Ebenso selbstverständlich aber ist, daß der Reeder noch das v e r s i c h e r t e Interesse hat. Gerade so selbstverständlich, wie daß der Reeder des unrettbar gesunkenen Schiffes noch das versicherte Interesse hat. Und wie er in diesem Falle gleichwohl die Versicherungssumme verlangen kann, kann er auch die Versicherungssumme verlangen, wenn das Schiff ohne Aussicht auf Wiedererlangung genommen ist, das versicherte Interesse aber (noch — nämlich bis zur Kondemnation, bis zum Verlust des Eigentums und dem dadurch herbeigeführten Interessewegfall) besteht. — Eine hiermit zusammenhängende Begründung des angeblich dem deutschen Ver-

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§ 3 5 sicherungsrecht eigentümlichen Grundsatzes (daß die Nehmung keinen Totalverlust begründe) versucht H G Z 1920. 222. Richtig wird zunächst bemerkt, daß Entziehung ohne Aussicht auf Wiedererlangung begrifflich „keineswegs den Eigentumsverlust voraussetze". Eine Ausnahme mache aber die Nehmung: „ D a ß im Falle der Nehmung der E i g e n t u m s v e r l u s t erfordert werde, sei auf die durch die Normen des Seekriegsrechts trotz des Besitzverlustes gegebene R e c h t s g e w ä h r zurückzuführen". Vielleicht ließe sich damit de lege ferenda der Rechtssatz begründen, daß im Falle der Nehmung die versicherte Sache erst mit der Kondemnation als total verloren anzusehen ist, — gegenwärtig besteht ein solcher Rechtssatz nicht, und mit Recht nicht, weil kein Grund besteht, den Versicherungsnehmer bis zur „Rechtsgewähr" des Feindes warten zu lassen. Wenn das versicherte Schiff ( „ B ü r g e r m e i s t e r S c h r ö d e r " ) von Kommunisten nach Rußland verschleppt wird, mag „durch die Normen", sei es des bürgerlichen, sei es des Völkerrechts, „trotz des Besitzverlustes die Rechtsgewähr gegeben" sein; gleichwohl kann der Versicherungsnehmer, wenn trotz der „ R e c h t s g e w ä h r " keine Aussicht auf Wiedererlangung besteht, die Versicherungssumme verlangen (wie H G Z 1920. 223 anerkennt, ohne sich des Widerspruchs bewußt zu sein). — Ebenso unfruchtbar ist schließlich die ebenso oft angestellte Überlegung, ob nicht Totalverlust der weggenommenen Sachen schon deshalb ausgeschlossen sei, weil für die Sachen E n t s c h ä d i g u n g gewährt werden müsse, und ob nicht die Entschädigung oder ein etwaiger Verkaufserlös an die Stelle der weggenommenen Sachen trete, so daß diese erst als verloren gelten könnten, wenn auch die Entschädigung oder der Erlös eingezogen sei ( H G Z 1 9 1 7 . 2 1 5 , R G H G Z 1 9 1 7 . 232). Als ob eine Sache weniger verloren wäre, weil für den Verlust Geldersatz geleistet wird (vgl. auch oben Anm. 9, § 4 5 Anm. 3). Capture is prima facie a case of total loss ( A r n o u l d 1069 s. 1096), ein Fall, where the assured is deprived of the possession of his ship or goods, by a peril insured against and it is unlikely that he can recover the ship or goods, as the case may be, ein Fall, der deshalb und gemäß § 60 M I A als ein Fall von constructive total loss erscheint und zur Abandonnierung berechtigt. Die Einrichtung des constructive total loss ist als solche dem deutschen Rechte unbekannt. Dafür behandelt es einerseits den Fall, daß die versicherte Sache dem Versicherungsnehmer „ o h n e Aussicht auf Wiedererlangung" entzogen ist, als wirklichen Totalverlust (§ 7 1 ) , andererseits den Fall, daß die versicherte Sache dem Versicherungsnehmer m i t Aussicht auf Wiedererlangung entzogen ist, als einen Fall, der erst nach Ablauf einer gewissen Frist den Anspruch auf Zahlung der Versicherungssumme begründet (§§ 73, 1 2 1 Abs. 7; enger: H G B §§ 861 ff.). Übrigens hat die englische Rechtsprechung in einem Falle, wo versicherte Güter genommen waren, und an eine Wiedererlangung nach Sachlage nicht zu denken war, actual total loss angenommen, ohne daß die Güter kondemniert waren (Mellish v. Andrews 1 8 1 2 bei A r n o u l d 1026 s. 1048). T h e loss is in its nature, total to him, who has no means of recovering his property, whether his inability arise from its annihilation or from any other insuperable obstacle ( A r n o u l d 1029 s. 1053). Anm. 12

b) Z u den Kriegsereignissen gehören kriegsmäßige Beeinträchtigungen des Seestraßenverkehrs, so Beseitigung von Seezeichen, Auslöschen von Leuchtfeuern, Anbringung falscher Seezeichen (z. B. Einrichtung von verleitlichen Leuchtfeuern), Versperrung von Seestraßen, und dergleichen. Sie bildeten, wenn infolge davon das Schiff strandete, nach der älteren englischen Rechtsprechung stets die causa remota des Schadens. Auf diesem Standpunkt stand die deutsche Rechtsprechung auch noch nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, und zwar sie allein ( S c h j e l d e r u p H R Z 1920. 70). In einem und demselben Falle haben ausländische Kriegsversicherer und deutsche Seeversicherer entschädigen müssen (wer entschädigt hat, hat den Anspruch gegen den anderen Versicherer — nicht nur einen Ausgleichsanspruch — erworben:

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§ 45). A m 1 1 . März 1 9 1 5 wurde der dänische Dampfer C a n a d i a von einem englischen § 3 5 Kreuzer angehalten und mit Prisenbesatzung, Order Kirkwall, Kurs zwischen Shetlands Inseln und Fair Isle, belegt. Der Kapitän wollte, da das Feuer an der Nordspitze von Fair Isle nicht brannte, nördlich der Shetlands Inseln und jedenfalls nicht nachts fahren. Der Führer der Prisenbesatzung lehnte wegen der Unterseeboot-Gefahr ab. Die Canadia fuhr nachts bei Fair Isle auf und ging verloren. Nach L G Hamburg H G Z 1916. 229 (ebenso die dänischen, norwegischen, nordamerikanischen Gerichte: H R Z 1920.69, H G Z 1918. 180, I T V M i t t 1 9 1 5 . 9 9 , 1 9 1 7 . 4 7 , auch Z f V W 1 9 1 6 . 5 6 1 ; ebenso auch die dänischen Gerichte im ähnlichen Falle K o n g H e l g e : I T V M i t t 1 9 1 7 . 47) war „kein Zweifel, daß nach der allgemeinen oder der natürlichen Anschauung die Kriegsgefahr die nächste Ursache des Schadens sei", und daß demgemäß der Kriegsversicherer, nicht der Seeversicherer hafte. Anders R G 89. 143, H G Z 1916. 2 3 1 : Es sei „ k a u m ein Zweifel . . ., daß . . . die unmittelbare Ursache des Verlustes in einer typischen Seegefahr bestanden habe, weil das Schiff infolge unabsichtlich fehlerhafter Navigierung auf den Felsen gelaufen sei", und daß demgemäß der Seeversicherer, nicht der Kriegsversicherer hafte (ebenso K ö h l e r 3 5 ; vgl. andererseits wieder zum selben Fall H G Z 1 9 1 8 . 80: Es sei „recht zweifelhaft, ob der . . . Schaden nicht durch eine direkte Kriegsgefahr verursacht worden sei"!). Mit der Unterscheidung zwischen „typischen" (oder „reinen") Seegefahren und „typischen" Kriegsgefahren ist natürlich nichts gewonnen. Die Strandung der Canadia war nur insofern zeitlich die causa proxima des Verlustes, als sie das letzte Glied in der Kette der Ereignisse bildete, die zum Verlust führten. Wie in Anm. 22 zu § 28 dargelegt, hat sich heute auch in Deutschland die Ansicht durchgesetzt, daß die causa proxima zwar die zeitlich nächste Ursache sein kann, aber nicht zu sein braucht, daß es vielmehr auf die wirksamste Ursache ankommt. Wenn deshalb das Schiff wegen der ihm bekannten Auslöschung von Leuchtfeuern vom Reiseweg abweicht und auf dem neuen Wege Schaden leidet, so steht der Schaden allerdings in Zusammenhang mit der Auslöschung, aber nicht im nächsten. Das Kriegsereignis ist nicht die wirksamste Ursache. Die Auslöschung hat die Änderung, insbesondere die Erhöhung der Gefahr veranlaßt. Die Gefahränderung schadet aber in diesem Falle nicht (unten Anm. 29). Der Seeversicherer, nicht der Kriegsversicherer, haftet, — ebenso wie er haftet, wenn das versicherte Schiff einem feindlichen Kriegsschiff ausweicht und vom Reiseweg abweicht (unten Anm. 29). Ebenso, wenn der Kapitän nicht abweicht, vielmehr trotz der ihm bekannten Auslöschung des Leuchtfeuers auf dem gewöhnlichen Wege sein Reiseziel zu erreichen sucht und dabei der durch die Auslöschung erhöhten Gefahr erliegt (insoweit richtig R G 89. 142: Die der Schiffsführung bekannte Löschung des Feuers auf Fair Isle habe nur einen gefahrerhöhenden Umstand gebildet, nicht die nächste Ursache der Strandung). Vgl. auch S c h e r z b e r g 100, H o c h g r ä b e r NeumannsZ 1941. 224: War dem Kapitän das Nichtbrennen des Feuers bekannt und hat er nicht mit der nötigen Sorgfalt navigiert oder hätte er das Nichtbrennen kennen müssen, so ist sein schuldhaftes Verhalten und nicht die Kriegsmaßnahme die causa proxima, wenn das Schiff aufläuft und ein Schaden eintritt. Dagegen haftet der Kriegsversicherer, nicht der Seeversicherer, wenn dem Kapitän die Auslöschung nicht bekannt ist und das Schiff, durch die Auslöschung irregeführt, strandet (so auch S c h e r z b e r g 1 0 1 ; ebenso auch in Schweden: I T V M i t t 1919. 76). Hier ist das Auslöschen die wirksamste Ursache des Schadens. Wenn der Feind verleitliche Feuer anzündet, verleitliche Seezeichen anbringt und das Schiff, hierdurch irregeführt, strandet, wird niemand behaupten, daß der Schaden nicht die nächste Folge der kriegsmäßigen Maßnahmen gebildet habe, die doch gerade bezweckten, feindliche Schiffe irrezuführen und stranden zu machen. Zwischen der Anbringung verleitlicher und der Beseitigung bekannter und notwendiger Seezeichen kann man aber natürlich nicht

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§ 35 unterscheiden, mag die Beseitigung auch nicht n u r die Irreführung, sondern auch die Abhaltung des Feindes bezwecken (so auch S c h e r z b e r g 99). Where a master is expecting to find a light and is carrying on his course in reliance of seeing whether it is necessary to alter his course by the light, and where a light is not lit, the darkness causes his destruction as much as a false light would (Le Quellec et fils v. Thomson HRZ 1920. 67). Ob es sich um die Legung eines Minenfeldes oder um die Anzündung neuer und verleitlicher, die Auslöschung alter und üblicher Leuchtfeuer handelt, macht grundsätzlich keinen Unterschied. Weicht das Schiff vom Reiseweg ab, um einem Minenfeld zu entgehen, so haftet der Seeversicherer, nicht der Kriegsversicherer, wenn das Schiff auf dem neuen Wege Seeschaden nimmt (trotz der durch ein Kriegsereignis veranlaßten Gefahränderung ausnahmsweise: unten Anm. 29). Fährt das Schiff im Minenfeld auf eine Mine, so haftet der Kriegsversicherer, nicht der Seeversicherer. Hat (wenn auch in Anlaß eines Krieges) eine neutrale Regierung die Leuchtfeuer geändert und die Änderung gehörig bekanntgemacht, so haftet der Seeversicherer natürlich für den Schaden, der durch die von der Änderung herbeigeführte Irreführung des versicherten Schiffes verursacht ist (nicht der Kriegsversicherer). Denn der Krieg war hier nur das Motiv für eine Maßnahme, die ebenso „auch in Friedenszeiten vorkommen" kann (HG Kopenhagen ITVMitt 1915. 31; ebenso SeeG Christiania ZfVW 1916.557: Fall S k o t f o s ) . — Hat der Kriegsversicherer die Leuchtfeuer-Gefahr besonders m i t ü b e r n o m m e n (wie im Falle Le Quellec et fils v. Thomson, HRZ 1920. 66: to cover war risks . . . including extinction of lights etc.), so wird er sie im Zweifel in den Grenzen übernommen haben, in denen nach obigen Grundsätzen der Seeversicherer die Leuchtfeuer-Gefahr trägt. — Im Falle der Canadia war dem Kapitän die Auslöschung des Feuers allerdings bekannt. Der Kapitän hatte aber nicht die Führung des Schiffes. Das Schiff wurde vom Führer der Prisenbesatzung in schwere Gefahr gestürzt und kam darin um. Der Seeversicherer haftet nicht, der Kriegsversicherer haftet. Ebenso, wie wenn das Kriegsschiff bei der Nehmung dem versicherten Schiff ein bestimmtes Rudermanöver befiehlt und das Schiff infolge des Manövers mit dem Kriegsschiff zusammenstößt. Die englischen Gerichte stellen bei der Frage, ob ein Kriegsschaden vorliegt, weitgehend darauf ab, ob der Schaden eine Folge von „warlike Operations" ist, ein von der Rechtssprechung sehr weit ausgelegter Begriff. Der Begriff hat sich insbesondere seit dem Ersten Weltkrieg entwickelt. Die Fahrt eines Kriegsschiffes in Kriegszeiten wird im allgemeinen als eine „warlike Operation" angesehen mit der Folge, daß ein bei einem Zusammenstoß mit einem Handelsschiff diesem zugefügter Schaden vom Kriegsversicherer zu ersetzen ist, und zwar auch dann, wenn das Kriegsschiff falsch navigiert hat. Der Seeversicherer soll nur dann haften, wenn das Handelsschiff die alleinige Schuld an der Kollison trifft. Vgl. S c h e r z b e r g 88. Ein Handelsschiff befindet sich immer dann in einer „warlike operation", wenn es Kriegsmaterial unmittelbar zum Hinterland des Kampfgebietes oder zu einem Kriegshafen fährt. Der Kriegsversicherer hat hier auch dann zu haften, wenn ein solches Schiff falsch navigiert. Anders nur wenn den Kollisionsgegner die alleinige Schuld trifft und er sich nicht in „warlike operation" befindet. Die Beförderung lediglich von Rohstoffen zur Herstellung von Kriegsmaterial und die Zureise eines Schiffes zu einem Hafen, in dem Truppen oder Kriegsmaterial an Bord genommen werden sollen, sind noch keine „warlike Operations". Auch das Stilliegen des Schiffes fällt im allgemeinen nicht darunter. Siehe S c h e r z b e r g 8gf. mit Angaben aus der englischen Rechtsprechung. Anm. 13 c) W e i t e r e B e i s p i e l f ä l l e zum Kausalzusammenhang (vgl. auch unten Anm. i 5 f f , 24fr., § 28 Anm. 12, 26, 30: Romulus, Santa Catharina, Ikaria, Gregor, General usw.):

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aa) Der Kriegsversicherer haftet, nicht der Seeversicherer, wenn das versicherte § 3 5 Schiff nachts bei dichtem Nebel mit einem Kriegsschiff z u s a m m e n s t ö ß t , weil das Kriegsschiff wegen des Krieges ohne Lichter und Nebelsignale fährt ( H G Bordeaux R e v . int. du droit mar. 1898/9. 664, engl. R s p r : I T V M i t t 1920. 15). Der Fall kann offenbar nicht anders beurteilt werden, als der Fall, daß das versicherte Schiff mit einer Mine zusammenstößt. — Der Kriegsversicherer haftet, nicht der Seeversicherer, wenn das im Dienste des kriegführenden Staates fahrende, versicherte Schiff mit abgeblendeten Lichtern fährt und mit einem anderen, in gleicher Weise fahrenden Schiffe zusammenstößt oder strandet (British & Foreign Steamship Co. v. K i n g bei P a u l y Kriegsgefahr 2 7 1 , I T V M i t t 1919. 36, 1910. 15). — Dagegen haftet der Seeversicherer, nicht der Kriegsversicherer, wenn das versicherte Schiff wegen der Kriegsgefahr lediglich die Gefahr erhöht und infolgedessen Schaden leidet, wenn es z. B. nur aus Vorsicht wegen des Krieges mit abgeblendeten Lichtern fährt und mit einem anderen Schiffe zusammenstößt, oder wenn es wegen der Kriegsgefahr mit ausgeschwungenen Booten fährt und diese von der See weggeschlagen werden, oder wenn es wegen der drohenden Einnahme des Hafens bei Ebbe ausläuft, auf Grund gerät und beschädigt wird (abw. S c h j e l d e r u p H R Z 1920. 59: Der Seeversicherer hafte nicht, wenn der Schaden durch eine von der Kriegsgefahr veranlaßte, gegen den gewöhnlichen Seemannsbrauch verstoßende Maßnahme verursacht sei; anders auch S c h e r z b e r g 97, wenn das Fahren mit abgeblendeten Lichtern auf Anweisung der zuständigen Behörde geschieht und dies die causa proxima sei; anders S c h e r z b e r g für den Fall, daß ein Navigationsfehler oder ein anderes Seegefahrenereignis vorliegt, daß die Kollision erst wahrscheinlich oder sogar unvermeidlich gemacht habe; vgl. dazu aber unten Anm. 29). Ein auf eine amtliche Anweisung, einen bestimmten Kurs innezuhalten, zurückzuführender Schaden fällt dem Kriegsversicherer zur Last, wenn die Segelanweisung wirklich als causa proxima in Betracht kommt ( S c h e r z b e r g 98). bb) Der Kriegsversicherer haftet, nicht der Seeversicherer, wenn das versicherte S c h i f f i m G e l e i t z u g , den Anordnungen des Führerschiffes gemäß, aber dem Seemannsbrauch zuwider im Fahrwasser des Führerschiffs folgt und die Fahrtgeschwindigkeit mindert oder stilliegt oder die Maschine forciert und hierdurch ein Schaden entsteht ( S c h j e l d e r u p H R Z 1920. 60, S c h e r z b e r g 95). Ebenso, wenn das Schiff bei der Nehmung mit dem Kriegsschiff zusammenstößt (oben Anm. 9, S c h e r z b e r g 96). Ebenso, wenn das Schiff ein Unterseeboot r a m m t ; ebenso selbst dann, wenn man das gerammte Schiff nur irrtümlich für ein Unterseeboot hielt (Henry & Co. Gregor v. Marten 1 9 1 8 bei P a u l y Kriegsgefahr 292). cc) Der Seeversicherer haftet, nicht der Kriegsversicherer, wenn das versicherte Schiff, wenngleich während eines Krieges, mit einem Kriegsschiff lediglich infolge eines nautischen Fehlers z u s a m m e n s t ö ß t (oben Anm. 9, S c h e r z b e r g 94; vgl. auch C h r i s t o p h H R Z 1918. 607; anders S c h e r z b e r g 95 für den Fall, daß das Kriegsschiff bei rauher See und stürmischem Wetter zum Zwecke der Untersuchung oder Nehmung so nahe an ein Handelsschiff heranfährt, daß die darauf stattfindende Kollison in den Rahmen einer Wahrscheinlichkeit von 5 0 % oder mehr fällt). Ebenso, wenn es mit einem anderen Schiffe zusammenstößt, das, torpediert und von der Besatzung verlassen, noch nicht gesunken ist (William France Fenwick & Co. v. North of England Prot. Ass. bei P a u l y Kriegsgefahr 266, I T V M i t t 1 9 1 7 . 106, K ö h l e r 68). Ebenso, wenn es auf ein torpediertes und bereits gesunkenes Schiff aufläuft und die Unfallstelle noch nicht hat gekennzeichnet werden können (William usw. bei P a u l y Kriegsgefahr 265, I T V M i t t 1 9 1 7 . 106, 1919. 36; vgl. auch unten Anm. 21). — Dagegen haftet der Kriegsversicherer, nicht der Seeversicherer, wenn der Eingang zum Hafen durch versenkte Schiffe gesperrt 38

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

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§ 3 5 ist und das versicherte Schiff auf ein versenktes Schiff aufläuft (William usw. bei P a u l y Kriegsgefahr 266, I T V M i t t 1917. 106). dd) Der Kriegsversicherer haftet, nicht der Seeversicherer, wenn das versicherte Schiff auf der Flucht vor dem Feinde s t r a n d e t (§ 28 Anm. 23). Ebenso, wenn die Schiffsbesatzung das Schiff, um es nicht in die Hände des Feindes fallen zu lassen, auflaufen läßt oder sonstwie vernichtet ( D r o z 1. 235). Anders, wenn das Schiff, um nicht in die Hände des Feindes zu fallen, vom Reiseweg abweicht und einem Orkan zum Opfer fällt ( D r o z 1. 235, oben Anm. 12, unten Anm. 29). Oder wenn das Schiff infolge eines Sturmes strandet und infolgedessen total verlorengegangen wäre, falls der Feind es nicht zuvor in Brand geschossen hätte (§ 28 Anm. 26 unter pp). ee) Der Kriegsversicherer (nicht der Seeversicherer) haftet für P l ü n d e r u n g e n . Insbesondere für unrechtmäßige Beschlagnahmen von Truppen oder Aufrührern; das sind Schäden, die unmittelbar durch den Krieg verursacht sind (vgl. auch oben Anm. 11; L G H a m b u r g H R Z 1925. 471 = Sasse Nr. 702: Unter Kriegsgefahr im Sinne der ADS fällt die Plünderung von Bierkisten in Ceuta durch spanische Fremdenlegionäre). Ebenso aber auch für solche Plünderungen, Diebstähle u. dgl., welche die unvermeidliche Folge von Kriegsereignissen sind. Der Seeversicherer haftete nicht, als nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs versicherte Schiffsgüter in Antwerpen nach Entfernung der Schiffsbesatzung unter belgische Bewachung gebracht und während der Belagerung und Eroberung Antwerpens bestohlen wurden (LG u. O G H a m b u r g H G Z 1916. 307; anders R G 8 9 . 141 in Widerspruch mit R G H G Z 1912. 168: nur wesentliche Erhöhung der Diebstahlsgefahr durch Kriegsereignisse). Der Versicherer, der die Kriegs-, insbesondere die Revolutionsgefahr übernommen hatte, haftete, als sich streikende Arbeiter und Bauern die russische Revolution von 1905 zunutze machten und (eine nach Auflösung der öffentlichen O r d n u n g unvermeidbare Folge) Eisenbahnwagen plünderten. So mit Recht R G H G Z 1912. 168 mit ausholender und nicht durchweg beifallswürdiger Begründung: „Die Ausplünderung der (russischen) Eisenbahnwaggons sei teils von der streikenden Arbeiterbevölkerung teils von den Bauern der nächstgelegenen Dörfer verübt. Es sei selbstverständlich zur Haftbarmachung des Versicherers nicht erforderlich, d a ß die Ausplünderung gerade von den Revolutionären verübt werde, welche ihre Angriffe gegen die Staatsgewalt richteten. Die Aufruhrgefahr habe darin bestanden, daß während des Aufruhrs die Bande der staatlichen Ordnung gelockert gewesen seien und daß infolgedessen die Güter in höherem Maße Angriffen ausgesetzt gewesen seien, gleichviel von welcher Seite die Angriffe kämen, wenn sie nur durch den Aufstand hervorgerufen wären. Soweit (insbesondere) der Verlust der Güter darauf zurückzuführen sei, daß Bauern der U m gegend die Gelegenheit benutzt hätten, ungehindert und vermeintlich ungestraft die Eisenbahnwagen auszuplündern, hätten diese Bauern an dem Aufruhr teilgenommen und Aufruhrhandlungen begangen. Für den Charakter der Bewegung sei entscheidend, daß sie sich im ganzen als einen aus sozialpolitischen Motiven unternommenen Kampf revolutionärer Elemente gegen die Regierungsgewalt darstelle. Es könne aber darauf nicht ankommen, ob bei allen, welche sich an den offenen Gewalttätigkeiten beteiligten, gerade auch jene Motive die leitenden gewesen seien. Auch in einem Kriege, der unter den Regeln des Völkerrechts ausgefochten werde, beschränke sich die eigentliche Kriegsgefahr nicht auf die unmittelbar von der kriegführenden Partei ausgehenden Handlungen. Was i m e n g s t e n ö r t l i c h e n u n d z e i t l i c h e n Z u s a m m e n h a n g m i t d e n k r i e g e r i s c h e n V o r g ä n g e n infolgedessen sich ereigne, weil unter dem Einfluß jener Vorgänge die öffentliche Ordnung versage, müsse als unmittelbare Folge eben des Kriegszustandes betrachtet werden." Ahnlich Vorinstanz H G Z 1911. 55. Ungenau V o i g t 586. Unrichtig L e w i s 2. 425: Der Seeversicherer hafte stets, wenn der Schaden „nicht durch ein Organ des feindlichen Staates, sondern durch einen zur Vornahme der

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in Rede stehenden Maßregeln nicht autorisierten Angehörigen desselben zugefügt § 35 worden wäre". Anders natürlich, wenn nichts weiter vorliegt, als daß durch den Krieg oder die Revolution die öffentliche Sicherheit vermindert, die Diebstahlsgefahr erhöht ist und gestohlen wird. — Der Kriegsversicherer haftet, nicht der Seeversicherer, wenn als unvermeidliche Folge von Kriegsereignissen ein Brand ausbricht und die versicherte Sache vernichtet ( G o e m a r e Komm, der Antw. Police 51, J a c o b s 315, Jurispr. du port d'Anvers 1909. 179, 1910. 168). ff) Der Kriegsversicherer, nicht der Seeversicherer, haftet für H a v a r i e g r o s s e B e i t r ä g e , wenn der Havariegrosse-Akt durch ein Kriegsereignis verursacht ist (§ 29 Anm. 20, 41). Ebenso für Aufenthaltskosten, die gemäß §§ 635, 629 HGB dispachiert und dadurch entstanden waren, daß das Schiff im deutsch-französischen Kriege von 1870/71 durch ein Kriegsschiff verhindert wurde, in den Kieler Hafen einzulaufen, und Eckernförde anlaufen mußte (HG u. O G Hamburg HGZ 1871. 110, 169), oder dadurch, daß im Balkankriege die Dardanellen gesperrt waren (HGZ 1914. 53: vgl. auch die Aufsätze Hansa 1915. 55, 69, 97). Ebenso für die nach dem Rücktritt des Schiffes vom Frachtvertrag wegen des Weltkriegs gemäß §§ 635, 629 HGB dispachierten, von den versicherten Gütern zu entrichtenden Kosten (HGZ 1918. 147). Oder für die Umladungs-, Lagerungs- und Weiterbeförderungs-Kosten des § 95 Abs. 3, die dadurch entstanden waren, daß das Schiff wegen Ausbruchs des Weltkriegs die Reise aufgab (HRZ 1918. 685, HGZ 1918. 147). gg) Der F r a c h t Versicherer, der die Kriegsgefahr nicht trägt, haftet nicht, wenn

Schiff oder Güter der Gefahr der Aufbringung ausgesetzt sind und der Frachtvertrag deshalb rückgängig gemacht wird (vgl. HGB § 629, The Knight of St. Michael 1898 bei A r n o u l d 777 s. 821). — Auch nicht, wenn das Schiff wegen eines Lecks in den Abgangshafen zurückkehrt und die ausgeladene Ladung wegen eines kriegshalber erlassenen Ausfuhrverbots nicht wieder einnehmen kann (HG Hamburg Ullrich Nr. 214, § 28 Anm. 26 unter aa). hh) Der Kriegsversicherer, nicht der Seeversicherer haftet für A u f w e n d u n g e n zur Abwendung oder Minderung des durch ein Kriegsereignis drohenden oder entstandenen Schadens (§ 32 Anm. 13). 7. Abs. 1 Satz 2 führt als Beispiele von Kriegsereignissen (verb. „insbesondere") Anm. 14 „die durch den Krieg veranlaßten Maßnahmen einer kriegführenden M a c h t " an. Damit ist aber auch kenntlich gemacht, daß auf diesem beschränkten Gebiet, für die Frage des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Krieg und Maßnahme (aber auch nur für sie), die Regel der nächsten Ursache nicht angewendet werden soll, daß der Krieg vielmehr nur den „ A n l a ß " der Maßnahme zu bilden braucht (§ 28 Anm. 25). Hiernach ist auch z. B. die inländische Beschlagnahme von Rohstoffen eine durch den Krieg veranlaßte Maßnahme, auch wenn die Rohstoffe für die Bedürfnisse der Zivilbevölkerung beschlagnahmt werden, sofern nur der Krieg den Rohstoffmangel verursacht hat, der die Beschlagnahme nötig macht (ebenso L G Hamburg HGZ 1921. 247: abw. O L G Hamburg ebendort, R G HGZ 1917. 232). Nur die durch den Krieg veranlaßten Maßnahmen einer k r i e g f ü h r e n d e n Macht sind Kriegsereignisse (so auch O G H Z 3. 16 = NJW1950. 67 = VersR 1950. 37, BGH VersR 1952. 117 (Anm. Prölß) = V R S 5. 524, O L G Hamburg V R S 1. 158 = Sasse Nr. 464, H a g e n SVR 50; a. A. P a u l y 18). Zwar führt Abs. 1 Satz 2 nur Beispiele an; der Schluß, daß nur die Maßnahmen einer kriegführenden Macht Kriegsereignisse sind, wäre also an sich nicht zwingend. Aber Abs. 1 letzt. Halbs., wonach b e s t i m m t e a n d e r e Mächte den kriegführenden Mächten gleichbehandelt werden sollen, und die Entstehungsgeschichte des § 35 (Mat. 1. 147, 151, 156, 161, 163, 166, 168, 170) ergeben, daß nur die Kriegsmaßnahmen k r i e g f ü h r e n d e r Mächte als Kriegsereignisse angesehen werden sollen. Beschlagnahmungen von Schiffen 38»

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§ 3 5 oder Gütern durch neutrale oder sonstige Mächte sind also grundsätzlich auch dann keine Kriegsereignisse, wenn sie durch den Krieg veranlaßt sind (Mat. i. 162, 170: Beschlagnahme deutscher Schiffe in Spanien: anders noch Mat. 1. 148). — Dagegen ist ohne Bedeutung, ob F e i n d o d e r F r e u n d die M a ß n a h m e getroffen hat (so auch S c h e r z b e r g 66f.). Deshalb liegt ein Kriegsschaden auch dann vor, wenn die eigene Regierung die versicherte Sache zur Durchführung von echten Kriegsmaßnahmen requiriert hat (anders, wenn dies in Folge eines Waffenstillstands geschieht, vgl. dazu oben Anm. 9 am Ende, S c h e r z b e r g 88; anders Kämmerer I T V M i t t 1916. 20, V r a n c k e n I T V M i t t 1916. 86). „Feindselige" Behandlung" ( B S V B § 2 i ) ist nicht vorausgesetzt ( R a u s n i t z I T V M i t t 1916. 22; abw. K a e m m e r e r I T V M i t t 1916. 20). Vgl. R G H G Z 1918. 189, H G Z 1917. 229: Versenkung eines kriegsversicherten deutschen Schiffes auf Weisung der deutschen Regierung zu Sperrzwecken (Die gegenteilige Entscheidung i. Sa. „ L o m e " O L G H a m b u r g 1917, R G 92. 65) beruhte nur darauf, daß nach § 21 der in diesem Fall zur Anwendung gelangenden BSVB die Haftung der Seeversicherer nur „ f ü r sonstige unmittelbare Folgen einer feindseligen Behandlung" ausgeschlossen war; s. dazu auch H a g e n SVR 40, S c h e r z b e r g 67). Unrichtig R G H G Z 1917. 232: Es komme darauf an, „ O b die Requisition erfolgt sei nach Gesetzen, die die eigenen Staatsangehörigen, die der verbündeten oder neutralen Staaten und die der feindlichen Staaten gleichmäßig träfen und die mit dem völkerrechtlichen Prisenrecht nichts zu tun hätten, oder ob es sich um eine prisenrechtliche, gegen feindliches Eigentum, das zugleich relative Konterbande sei, gerichtete M a ß n a h m e handle". Unrichtig daher auch H G Z 1921. 246: „Sowohl Veräußerungsverbote als Enteignungen durch den eigenen Staat seien ihrer Art nach kein Eingriff, den die Seeschiffahrt mit sich bringe". — Daß die Kriegsmaßnahme des eigenen, kriegführenden Staates dem Kriegsversicherer, die durch den Krieg veranlaßten Maßnahmen des fremden, nicht kriegführenden Staates dagegen dem Seeversicherer zur Last fallen, ist offenbar kaum erträglich. Anm. 15

8. Abs. 1 Satz 2 führt als Beispiele von Kriegsmaßnahmen (verb. „namentlich") an: a) Anhaltung ist ein dem Völkerrecht eigentümlicher Ausdruck. Er begreift die gewaltsame Verhinderung der Fortsetzung der Reise eines unterwegs befindlichen Schiffes zur Ausübung des Visitationsrechts. Gegensatz: Aufbringung, Nehmung, Beschlagnahme. Vgl. R G 89. 39, 90. 326, R G H G Z 1917. 253, S c h r a m m , Prisenrecht 297, S c h e r z b e r g 72, H e y e n 22, K e r s t e n 29 (unrichtig R G H G Z 1919. 27: „ U n t e r ,Anhalten' sei eine Verfügung von Hoher Hand zu verstehen, wodurch die Güter dauernd, d. h. nicht nur vorübergehend, festgehalten und der freien Verfügung des Berechtigten entzogen würden", inhaltlich zurückgenommen von RG96. 312). In diesem Sinne wird der Ausdruck „Anhaltung" im § 35 gebraucht, wie die weiteren Beispielfälle ergeben. — I m weiteren, wörtlichen Sinn ist Anhaltung jede gewaltsame Reiseverhinderung, insbesondere die Anhaltung, die das Kriegsschiff feindlichen Handelsschiffen gegenüber vor dem Angriff erklären muß, und die Reiseverhinderung zum Zweck der Aufbringung und Nehmung (RG 90. 326; vgl. H G B § 861: „Schiff . . . von einer kriegführenden Macht aufgebracht, auf a n d e r e Weise durch Verfügung von Hoher H a n d angehalten . . .", Prot, 3400: „ d a u e r n d e Anhaltung"). Aufbringung und Nehmung sind ohne Anhaltung im Wortsinn nicht denkbar. In diesem Sinne ist der Ausdruck im § 73 gebraucht. — Ist das Schiff nicht unterwegs, so kann man nicht von Anhaltung, sondern nur von Zurückhaltung sprechen. Eben deshalb spricht § 73 von Anhaltung o d e r Zurückhaltung (anders E 1910 § 72). Unterwegs ist das Schiff aber auch, wenn es im Zwischenhafen liegt (§ 68 Anm.). Wird das Schiff im Zwischenhafen zurückgehalten, so spricht man auch im gewöhnlichen Leben von Anhaltung. Aber wenn das Schiff, das im Nothafen liegt und ihn nicht verlassen will, (z. B. das deutsche, bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges im portugiesischen Hafen gebliebene Schiff durch ein De-

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kret der portugiesischen Regierung) beschlagnahmt wird, kann man weder von Anhal- § 3 5 tung noch von Zurückhaltung sprechen (anders R G 92. 253, 96. 3 1 1 , R G H G Z 1917. 161, 1919. 27, O L G Hamburg H R Z 1918. 529). — Anhaltung (und Aufbringung) des Schiffes ist im Zweifel ohne weiteres auch Anhaltung (und Aufbringung) der Ladung (RG H G Z 1918.38, H G Z 1 9 1 5 . 6 5 , 2 0 1 , 1 9 1 7 . 1 6 1 , 1 9 3 , 1 9 1 8 . 4 5 , O L G Hamburg H R Z 1917. 528; vgl. jedoch auch R G H G Z 1919. 27). b) Aufbringung ist die gewaltsame Inbesitznahme von Schiffen und ihren Anm. 16 Ladungen und ihre Einbringung in einen Hafen des besitznehmenden Staates, sei es aus Gründen des formellen Prisenrechts, insbesondere wegen nicht ausreichender Klärung des Sachverhalts (z. B. R G 89. 142: Anhaltung, Besetzung und Einbringung nach Kirkwall), sei es aus Gründen des materiellen Prisenrechts, also zur endgültigen Einziehung. Vgl. S c h e r z b e r g 79, K e r s t e n 33, H e l b e r g 57, S c h r a m m Prisenrecht 297 fr. Aufbringung und Nehmung sind also nicht gleichbedeutende Ausdrücke (abw. R G 89. 39, 90. 326, R G bei H a s s e l m a n n 4, R G H G Z 1917. 29, 1918. 13, H R Z 1919. 161, O L G Hamburg bei H a s s e l m a n n 3; die Berufung des R G go. 144 auf A r n o u l d 775 s. 820 ist unbegründet: Zwar nach A r n o u l d capture is a taking by enemy as prize, aber capture und Aufbringung sind nicht gleichbedeutend; richtig R G 67. 259: capture = Nehmung). Aber die Nehmung ist freilich regelmäßig auch Aufbringung. c) Nehmung (capture: Anon. ITVMitt 1916. 115) ist die Wegnahme von Schiffen Anm. 17 oder ihren Ladungen durch eine kriegführende Macht in der Absicht, sie endgültig zu behalten (Nolte 2. 266, S c h e r z b e r g 74, H e l l b e r g 5, K e r s t e n 34, R G 89. 39, 90. 144, R G H G Z 1917. 29, 1918. 13, 1921. 71, H G Z 1908. 219, 1916. 148; unrichtig R G 67. 256, 259: „ein rein tatsächlicher Vorgang, mittelst dessen der kriegführende Staat gegenüber den Angehörigen neutraler Staaten die Befolgung der völkerrechtlichen Pflichten zu sichern bestrebt ist", „die Beschlagnahme des Schiffes durch eine kriegführende Macht", vgl. hierzu W i t t m a a c k Z H R 76. 354; vorsichtiger: H G Z 1920. 221). A taking by the enemy as prize, with intent to deprive the owner of all dominion or right of property over the thing taken ( A r n o u l d 775 s. 820). Den Gegensatz bildet der „Arrest" (arrest), eine der sonstigen takings at sea, die Beschlagnahme zu anderen Zwecken, insbesondere zum Zwecke bloßer Untersuchung ( N o l t e 2. 266, 275, A r n o u l d 776 s. 820) oder bloßer Benutzung, oder die Inbesitznahme nur zu Sicherungszwecken (vgl. unten Anm. 20); oder auch die saisie, die Beschlagnahme des Schiffes zur Sequestration oder zur Löschung der Ladung, aber auch die Beschlagnahme nur der Ladung zur Einziehung ( S c h r a m m Prisenrecht 305). •— Man versteht unter „Nehmung" im Verkehr nicht nur die Nehmung zur See, sondern auch die in Häfen liegender Schiffe (s. dazu HansOLG H G Z 1918. 83). — Wird das Schiff genommen oder beschlagnahmt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß auch die (feindliche) Ladung genommen oder beschlagnahmet ist (RG 8g. 39, R G H G Z 1919. 27, 1921. 72). — Sind Güter nur gegen die Gefahr der Nehmung und nur für die Zeit, während welcher sie sich an Bord befinden, versichert, so haftet der Versicherer nicht, wenn das Schiff nach Ausbruch des Krieges die Reise abbricht und einen feindlichen Hafen anläuft, die Güter gelöscht und am Lande beschlagnahmt werden; die Güter gelten natürlich nicht als „genommen", wenn und weil der Kapitän die Reise verändert hat und infolgedessen die Beschlagnahme der Güter unvermeidlich wurde ( R G 8g. 70, go. 327, O L G Dresden bei H a s s e l m a n n 32, L G Bremen bei H a s s e l m a n n 6, abw. L G u. O L G Hamburg H G Z igiö. 85, 269). Ebensowenig, wenn der Güterversicherer nur „die direkte Kriegsgefahr, bestehend in der Wegnahme, Beschädigung oder Zerstörung durch Kriegsschiffe, Kaper, Torpedos oder Seeminen" übernommen hat, das Schiff nach Ausbruch des Krieges vom kriegführenden Staat angewiesen wird, einen seiner Häfen anzulaufen, das Schiff der Weisung folgt und die Güter gelöscht und weggenommen werden ( K G bei H a s s e l m a n n 33).

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§ 35 d) Zurückhaltung ist die gewaltsame Verhinderung der Abfahrt oder AbAnm. 18 beförderung (so auch S c h e r z b e r g 73, K e r s t e n 32). Dem Begriff entspricht also dem der Anhaltung zur See (oben Anm. 15). Doch kann die Zurückhaltung auch allgemein verfügt sein (Generalembargo). Allgemeine Ausfuhrverbote sind aber keine Zurückhaltung. Vgl. Lloyd's Police: restraints, and detainments of all kings, princes, and people (dazu A r n o u l d 781 s. 824). — Beispiele: H G Z 1918. 68, R G H G Z 1918. 184: Zurückhaltung verderblicher Güter in Rumänien vor Ausbruch des rumänischen Krieges O L G Hamburg H R Z ig 18. 528: Zurückhaltung des deutschen Schiffes mit versicherter Ladung in Syrakus unter italienischer Besatzung. L G Hamburg H G Z 1918. 2: Zurückhaltung durch zwangsweise Einlagerung unter Zollverschluß. H G Z igi8. 65. R G H G Z 1919. 10: Zurückhaltung der bei Ausbruch des italienischen Krieges im Ersten Weltkrieg bei einem Spediteur in Venedig lagernden deutschen Güter durch Ausfuhrverbot. — Zurückhaltung des Schiffes ist im Zweifel ohne weiteres auch Zurückhaltung der Ladung (oben Anm. 15). Anm. 19 e) Anforderung ist Beschlagnahme gegen Entschädigung (Abk. über Behandl. der feindl. Kauffahrteischiffe usw. vom 18. Oktober 1907 Art. 2—4). Anm. 20 f) B e s c h l a g n a h m e (Requisition) ist die Entziehung oder Beschränkung der Verfügungsgewalt über einen Gegenstand zugunsten eines anderen, insbesondere des Staates, sei es zur Aneignung (Aneignungsbeschlagnahme, Enteignung), sei es zur bloßen Benutzung (Gebrauchsbeschlagnahme), sei es nur zur Sicherung späterer Aneignung (Sicherungsbeschlagnahme). Unrichtig R G 89. 39, 90. 144, R G H G Z 1917. 29, H G Z 1916. 145, 1918. 13, OPrG H G Z 1916. 60: Beschlagnahme bedeute dasselbe wie Aufbringung und Nehmung. Aber die Beschlagnahme k a n n natürlich eine Nehmung sein und ebenso eine Zurückhaltung (vgl. §§ 73, 121 Abs. 6). Auch ist richtig, daß der Ausdruck Beschlagnahme vorzugsweise für die Sicherungsbeschlagnahme verwendet wird (vgl. LondSRErkl. Art. 14, 17, 19, 20, 30, 33, 35—38, 48, 49, 55, 64). Siehe über Verfügungen von Hoher Hand auf Grund Waffenstillstands oben Anm. 9 am Ende. Anm. 21 g) Legung von Minen. Man hat die Minengefahr besonders hervorgehoben, um der verbreiteten Ansicht entgegenzutreten, daß vor Kriegsbeginn und nach Kriegsende entstandene Minenschäden immer dem Seeversicherer, niemals dem Kriegsversicherer zur Last fallen (näheres: unten Anm. 25; abw. Mat. 1. 143). Deshalb ist auch (überflüssiger Weise) noch einmal hervorgehoben, daß die Minen „ i n A n l a ß des K r i e g e s " gelegt sein müssen. Wenn der Schaden durch Minen verursacht ist, die in anderem Anlaß, z. B. bei Übungen oder von Frevlers Hand, gelegt sind, haftet natürlich der Seeversicherer, nicht der Kriegsversicherer. — Ob die Minen fest sind oder treiben oder sich losgerissen haben, gilt gleich (Stoomvart usw. v. Merchants Mar. Ins. Co. 1918 ITVMitt 1920. 15, auch bei P a u l y Kriegsgefahr 290). — Der Kriegsversicherer, nicht der Seeversicherer, haftet auch dann, wenn der Schaden durch T o r p e d o s verursacht wird, die in Anlaß des Krieges abgeschossen sind, aber nicht gezündet oder ihr Ziel verfehlt haben und nicht unschädlich geworden sind ( K ö h l e r 44). Allerdings haben sie, anders als in der Regel Minen, nicht mehr den Zweck, Schaden zuzufügen. Aber mit der Möglichkeit, daß sie nicht zünden oder ihr Ziel verfehlen und anderweit Schaden anrichten, wird ebenso gerechnet, wie damit, daß Minen abtreiben und Schaden stiften. Man kann diese Fälle deshalb nicht ebenso behandeln, wie den Fall, daß ein zum Wrack geschossenes Schiff Schaden anrichtet. — Ebenso, wenn a n d e r e G e g e n s t ä n d e (Schiffe, Steinblöcke usw.; über die sog. Steinblockade: Pereis IntöffSeerecht 187) zu Angriffs- oder Verteidigungszwecken hingelegt, insbesondere versenkt sind und dadurch Schaden entsteht. Aber der Seeversicherer, nicht der Kriegsversicherer haftet, wenn Schiffe oder andere Gegenstände zu anderen als Angriffs- oder Abwehrzwecken vernichtet oder gesunken oder versenkt sind, z. B. Schiffe torpediert

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und gesunken sind oder als Wracks umhertreiben und Schaden anrichten (oben § 3 5 Anm. 13). 9. Abs. 1 Satz 2 führt also nur Beispiele von Kriegsmaßnahmen an. Die Liste ist Anm. 22 nicht erschöpfend, — nicht als Liste der Kriegsmaßnahmen, noch weniger als Liste von Kriegsereignissen. Sie dient im wesentlichen nur zur Erläuterung des Umfangs, in dem der Seeversicherer nicht haftet (und der Kriegsversicherer haftet: § 1 2 1 ) ; vgl. jedoch auch oben Anm. 14. Die Bedeutung der angeführten Maßnahmen zu bestimmen, ist aber auch deshalb nötig, weil die Policen oft K r i e g s k l a u s e l n enthalten, die dem Versicherer die Kriegsgefahr nicht in dem durch die §§ 35, 122 bestimmten, sondern in anderem, durch einzelne Maßnahmen oder sonstige Ereignisse bestimmten U m f a n g auferlegen (z. B. R G 89. 68, 90. 1 4 1 , 325, 91. 84, 92. 4 1 5 , 104. 216, R G H G Z 1 9 1 7 . 1 2 5 , 2 1 7 , 1 9 1 8 . 1 4 4 , 1 9 1 9 . 9 1 , 1 0 7 , 1 2 1 , 1 7 1 , 1 9 2 1 . 7 1 , H R Z 1 9 1 8 . 2 4 0 , H G Z 1916. 97, 145, 269, 1 9 1 7 . 1 8 , 1 2 5 , 2 0 4 , 1 9 1 8 . 1 2 , 6 8 , 8 3 , 1 1 7 , 1 9 1 9 . 7 6 , 9 4 , 1920. 1 4 1 , K G bei H a s s e l m a n n 33, O L G Hamburg H R Z 1 9 2 1 . 420, O L G Karlsruhe L Z 1916. 348 L G Bremen H G Z 1916. 97; vgl. auch R G H G Z 1918. 188, H G Z 1 9 1 7 . 229 zur Bremer „Bloß-für-Seegefahr"-Klausel, Vorb. vor § 1 1 3 ) . Sonstige in den Kriegsklauseln verwendete Ausdrücke sind z. B.: a) W e g n a h m e . M a n versteht darunter Aneignungsbeschlagnahme oder doch gewaltsame Inbesitznahme mit Aneignungsabsicht (vgl. LondSErkl. Art. 48, 50—52, Abk. über Anwendung der Grundsätze des Genfer Abk. auf den Seekrieg v. 18. Oktober 1907 Art. 1 — 3 , 9, 10, Abk. über gew. Beschr. in der Ausübung des Seebeuterechts v. 18. Oktober 1907 Art. 3—5, Abk. über die Erricht. eines Int. PrisHofs v. 18. Oktober 1907 Art. 1, 6, 8, R G 90. 325, H R Z 1 9 2 1 . 420, R G H G Z 1918. 145, H G Z 1916. 97, 1918. 13, O L G Karlsruhe L Z 1916. 349). — Als 400 Wagen Mais, der auf rumänischen Bahnstationen lagerte, für die „ W e g n a h m e " infolge Kriegsgefahr und für die Zeit vom 7. August bis zum 6. September 1 9 1 6 versichert war, Rumänien am 27. August 1 9 1 6 den Krieg erklärte und am selben Tage eine Verordnung erging, daß alle deutschen Güter zu beschlagnahmen seien, verlangte der Versicherungsnehmer schon am 29. August 1 9 1 6 Zahlung der Versicherungssumme, ohne daß über das Schicksal der Güter etwa bekannt war. Mit Unrecht. Der Versicherer würde zwar haften, wenn der Mais infolge der Verordnung und sei es auch erst nach Ablauf der Versicherungszeit beschlagnahmt worden wäre. Denn die Verordnung bildete das Gefahrereignis, das unvermeidlich zum Totalverlust geführt haben würde. Aber sie bildete nicht den Schadensfall, nicht den Totalverlust selbst, nicht den Versicherungsfall im Sinne des die Entschädigungspflicht des Versicherers auslösenden Gefahrereignisses. So auch (wenngleich mit bedenklichen Wendungen): R G H G Z 1919. 1 2 1 ; vgl. dazu den Fall H o c h f e l d : § 28 Anm. 30 unter hh, und den Fall M i l o s : § 73 Anm. — Uber den Ausdruck „ F o r t n a h m e " : R G H G Z 1919. 107. b) K o n f i s k a t i o n . Der Ausdruck war früher üblich (vgl. H G B § 849: „ D e r Versicherer haftet. . . insbesondere nicht für Konfiskation durch kriegführende M ä c h t e " . Der Ausdruck sollte heute vermieden werden. Denn man versteht darunter regelmäßig strafweise Einziehung. In Kriegsklauseln bedeutet er Aneignungsbeschlagnahme, insbesondere Kondemnation ( R G 89.70, H R Z 1 9 1 8 . 2 4 1 ; vgl. L o n d S R E r k l . Art. 2 1 , 39—46, 49, 53, 54, 63: „Einziehung", bzw. „Einziehung gegen Entschädigung", ebenso Abk. über die Behandlung der feindlichen Kauffahrteischiffe usw. v. 18. Oktober 1907 Art. 2, 3 ; vgl. auch P a u l y Kriegsklausel 20). — In dem bloßen Erlaß eines Gesetzes, das gestattet, fremde Schiffe unter die eigene Flagge zu stellen, oder einer Verordnung, die fremde Schiffe unter die eigene Flagge stellt, wird man jedoch (zwar vielleicht eine Vorbereitung der Konfiskation, aber) unmöglich die Konfiskation der einzelnen Schiffe erblicken können (abw. R G H G Z 1919. 3 1 , H G Z 1918. 82; vgl. auch § 28 Anm. 30 unter

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§ 3 5 hh). Wäre (im angeführten Falle )die Konfiskation der Verordnung nicht gefolgt, würde gewiß niemand angenommen haben, daß der Konfiskationsfall eingetreten sei, der Versicherungsnehmer sofort Zahlung der Versicherungssumme habe verlangen können. c) K o n d e m n a t i o n : § 121 Anm. Anm. 23 10. Sonstige Maßnahmen: a) E i n - und A u s f u h r v e r b o t e . Der Erlaß eines allgemeinen Einfuhrverbots (z. B. für Luxuswaren oder alkoholhaltige Getränke) oder eines allgemeinen Ausfuhrverbots (z. B. für Getreide im Falle einer Hungersnot) ist kein Ereignis, das zu den Gefahren der Seeschiffahrt gehört (§ 28 Anm. 11). Seine Schadensfolgen stehen daher nicht zur Verantwortung des Versicherers. Anders, wenn das Ein- oder Ausfuhrverbot sich gerade auf (oder auch auf) Schiff oder Ladung bezieht. Wenn das versicherte Vieh im Bestimmungshafen Buenos Aires wegen Krankheitsverdachts zurückgewiesen und infolgedessen die Reise nach einem neuen Bestimmungsort, Montevideo, gerichtet wird, hat der Versicherer die Schadensfolgen zu tragen (Miller v. Law Acc. Ins. Co. 1903 bei A r n o u l d 750 s. 795, C h a l m e r s 151; vgl. §§ 23 Abs. 3, 24 Abs. 2). Wird das Vieh am neuen Bestimmungsort mit Verlust verkauft, so braucht er zwar hierfür nicht aufzukommen; aber wenn es mit einem anderen Schiffe nach Montevideo weiterbefördert ist, muß er die Kosten der Umladung und die Mehrkosten der Weiterbeförderung ersetzen (§ 95 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3). Wenn Fracht versichert ist, nach Beginn der Versicherung infolge eines Krieges die Seeausfuhr über den Abladehafen verboten wird und infolgedessen die Fracht verlorengeht, haftet der Kriegsversicherer, natürlich nicht der Seeversicherer (HG Hamburg Ullrich Nr. 214, § 28 Anm. 26 unter aa). Wenn die von Savannah nach Svendborg versicherten Baumwollsaat-Kuchen im Nothafen New York durch ein anläßlich eines Krieges erlassenes Ausfuhrverbot für Futtermittel von Amerika nach Dänemark zurückgehalten und mit großem Verlust verkauft werden müssen, haftet weder der Seeversicherer noch der Kriegsversicherer. Der Seeversicherer schon deshalb nicht, weil der Verlust die Folge eines Kriegsereignisses ist; der Kriegs Versicherer deshalb nicht, weil die Güter nicht „infolge eines dem Versicherer zur Last fallenden Unfalls" haben verkauft werden müssen (§ 96 Abs. 2 Satz 2; vgl. HG Kopenhagen ITVMitt 1919. 47). b) Uber B l o c k a d e m a ß n a h m e n : LondSRErkl. Art. iff., Pariser Dekl. Nr. 4, S c h r a m m Prisenrecht 161. — Über E m b a r g o : Martin 56, A r n o u l d 789 s. 830. — Über A n g a r i e n : S c h r a m m Prisenrecht 274. Anm. 24 11. W a n n die Ereignisse sich zutragen (und Schaden stiften), ob vor, in oder n a c h dem Kriege, ist ohne grundsätzliche Bedeutung ( S i e v e k i n g 139, V o i g t 584, S c h e r z b e r g 38f., M ö l l e r J R P V 1942. 62). Die Interessenlage ist für Ereignisse, die sich vor oder nach einem Kriege zutragen, dieselbe, wie für Ereignisse, die sich während des Krieges zutragen. Die rechtliche Ordnung muß daher auch dieselbe sein. a) Ein Kriegsereignis bildet z. B. die Sperrung der Dardanellen, welche die türkische Regierung 1912 vor Ausbruch des ersten Balkankrieges für griechische Getreideschiffe anordnete ( K ö h l e r 26). Ebenso der Angriffeines Kriegsschiffes, dessen Kommandant von der Beendigung des Krieges noch keine Kenntnis hat (LG Hamburg ZfVW 1908. 476; vgl. aber auch unten Anm. 25) oder den nur drohenden Krieg irrtümlich für schon ausgebrochen hält. Ebenso die Requisition österreichischer Güter durch die französische Regierung vor der Kriegserklärung Frankreichs an Österreich im J a h r e 1914 (RG HGZ 1917. 231). Ebenso die Beschlagnahme deutscher Schiffe in Portugal vor dem Eintritt Portugals in den Ersten Weltkrieg (HGZ 1918. 83: „Gewaltakt", „bewußte Herausforderung, die unmittelbar zum Ausbruch des Krieges führte"; bestät. RG HGZ 1919. 3 1 ; vgl. dazu auch M ö n c k e b e r g ITVMitt 1916. 35). Ebenso die Zurückhaltung von Eiern durch die rumänische Regierung vor dem Eintritt Rumäniens

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in den Ersten Weltkrieg (LG H a m b u r g H G Z 1918. 69, R G H G Z 1918. 184; abw. H G Z § 3 5 1918. 70: nächste U r s a c h e nicht Krieg, sondern Schikane). Ebenso die Verweisung eines englischen Schiffes mit versicherten deutschen G ü t e r n in einen englischen H a f e n a m T a g e vor der englischen Kriegserklärung v o m 4. August 1914 ( O L G K a r l s r u h e L Z 1916. 348). Ebenso die Beschlagnahme von Schiffen n a c h d e m Waffenstillstand oder gar n a c h d e m Friedensschluß, „sofern sie mit d e m Kriege in u n m i t t e l b a r e m , unlöslichem Z u s a m m e n h a n g s t e h t " ( H G Z 1920. 224, L G H a m b u r g H G Z 1921. 247; a b w . H G Z 1921. 247; vgl. auch § 28 A n m . 12ff.). Ebenso die V e r n i c h t u n g feindlicher G ü t e r d u r c h den, d u r c h die K r i e g s d r o h u n g erregten, Pöbel. A m 19. M ä r z 1854, 9 T a g e vor A u s b r u c h des Krimkriegs, w u r d e das englische Schiff B e d l i n g t o n von den Russen in G r u n d geschossen; der Kriegsversicherer haftete, nicht der Seeversicherer ( B r ü d e r s Z u s a m m e n s t e l l u n g 11). A m 2. O k t o b e r 1899 w u r d e von T r a n s v a a l n a c h L o n d o n verfrachtetes, w a r r a n t e d free f r o m c a p t u r e a n d seizure versichertes Gold von der T r a n s v a a l R e g i e r u n g in anticipation of w a r b e s c h l a g n a h m t ; obgleich der K r i e g erst a m 11. O k t o b e r erklärt wurde, haftete der Kriegsversicherer, nicht der Seeversicherer (Robinson Gold M i n i n g Co. v. Alliance M a r i n e Assurance Co. 1902 bei C h a l m e r s 151). b) Die F r a g e ist von besonderer Bedeutung f ü r Schäden, die d u r c h M i n e n A n m . (Torpedos oder a n d e r e Schiffahrtshindernisse) entstehen (vgl. oben A n m . 21). Es k o m m t nicht d a r a u f an, d a ß die M i n e gerade w ä h r e n d der Krieges gelegt ist, der U n f a l l sich gerade w ä h r e n d des Krieges zuträgt. Es ist insbesondere schon ein Kriegsereignis, w e n n die M i n e n mit Rücksicht auf einen n u r d r o h e n d e n K r i e g gelegt sind (so a u c h S c h e r z b e r g 39, H e y n e n 16). U n d der d u r c h solche M i n e n e n t s t a n d e n e Schaden w ä r e selbst d a n n ein Kriegsschaden, w e n n der Krieg gar nicht a u s b r i c h t ; doch setzt § 35 Abs. 1 voraus, d a ß die M a c h t , welche die M i n e n gelegt h a t , a m Kriege teilnimmt oder doch b i n n e n gewisser Frist in den Krieg eintritt (oben A n m . 14, u n t e n A n m . 26). — D e r Kriegsversicherer, nicht der Seeversicherer, haftet also a u c h d a n n , w e n n der Schaden d u r c h eine in A n l a ß des Krieges gelegte M i n e n a c h Kriegsende entsteht, — wie er j a a u c h z. B. haftet, w e n n das versicherte Schiff n a c h Friedensschluß von einem mit d e m Friedensschluß nicht b e k a n n t e n Kriegsschiff vernichtet wird, oder w e n n es vor Kriegsausbruch von einem Kriegsschiff vernichtet wird, das den Krieg f ü r bereits ausgebrochen hält oder die feindliche H a n d l u n g mit Rücksicht auf d e n bevorstehenden K r i e g begeht (oben A n m . 24). Der Staat, dessen O r g a n e die M i n e n gelegt h a b e n , ist j e d o c h völkerrechtlich verpflichtet, sie n a c h Friedensschluß, soweit möglich, zu beseitigen. Verletzt er diese Verpflichtung, so ist die nächste U r s a c h e des d u r c h die M i n e n verursachten Schadens nicht die Legung d e r M i n e n , also das Kriegsereignis, sondern die, gerade d e m Friedenszustand eigentümliche, Verletzung d e r Pflicht zur Beseitigung u n d U n s c h ä d l i c h m a c h u n g . Die Lage ist keine andere, als w e n n der kriegführende S t a a t u n t e r l ä ß t , seine Kriegsschiffe v o m Friedensschluß in K e n n t n i s zu setzen u n d diese, i n f o l g e h i e r v o n mit d e m Friedensschluß nicht b e k a n n t , d e m versicherten Schiffe Schaden z u f ü g e n ; auch in solchem Falle haftet der Seeversicherer, nicht der Kriegsversicherer. O d e r w e n n der kriegführende Staat n a c h Friedensschluß u n t e r l ä ß t , die Leuchtfeuer rechtzeitig wieder a n z u z ü n d e n , u n d infolge hiervon das versicherte Schiff strandet (vgl. oben A n m . 12). D a b e i m a c h t es rechtlich keinen Unterschied, ob es sich u m verankerte oder treibende (unverankerte oder losgerissene) M i n e n handelt. Tatsächlich a b e r besteht d e r große Unterschied, d a ß treibende M i n e n (und ebenso Torpedos) schwer oder gar nicht zu beseitigen sind, der d u r c h eine treibende M i n e verursachte Schaden also noch lange n a c h Friedensschluß ein Kriegsschaden sein k a n n u n d regelm ä ß i g sein wird. E b e n s o : S i e v e k i n g 140; anders derselbe L Z 1908. 202: Der Zeitp u n k t des Friedensschlusses entscheide; Schäden, die n a c h Friedensschluß d u r c h treibende M i n e n verursacht w ü r d e n , fielen d e m Seeversicherer, nicht d e m Kriegsver-

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§ 3 5 sicherer zur Last. Anders W e h b e r g Seekriegsrecht 92: Minenschäden fielen ausschließlich dem Kriegsversicherer zur Last. Anders auch K ö h l e r 47: Die Gründe, die „sowohl den K a u f m a n n als den Versicherer veranlaßten, die Kriegsgefahr von den übrigen Gefahren der Seeschiffahrt zu trennen", rechtfertigten die Annahme, „ d a ß fortgetriebene Minen und Torpedos soweit und solange als Kriegsgefahr aufzufassen seien, als deren Vorhandensein vernünftiger und normaler Weise vorauszusetzen und zu erwarten sei". Anders auch S c h l e g e l b e r g e r SVR Bern. 6 zu § 35 ADS mit dem Hinweis, in der Kriegsauschlußklausel für die Güterversicherung werde diese Nachkriegsgefahr ausdrücklich als Kriegsgefahr behandelt. — Die ADS haben sich für die hier vertretene Auffassung entschieden: Es kommt nur darauf an, ob die Mienen in A n l a ß d e s K r i e g e s g e l e g t sind und der Schaden die adäquate Folge hiervon ist. Der Seeversicherer, nicht der Kriegsversicherer, haftet also, wenn der Staat, dessen Organe die Minen gelegt haben, widerrechtlich unterläßt, sie zu beseitigen, was bei treibenden Minen (und ebenso bei Torpedos oder dgl.) freilich kaum vorkommen kann. — Oft wird „ N u r f ü r M i n e n g e f a h r " oder „Auch für Minengefahr" Versicherung genommen. In solchem Falle muß (zumal diese Versicherung regelmäßig neben oder mit einer reinen Seeversicherung genommen wird) angenommen werden, daß der Versicherer für jeden Minenschaden, also auch für solchen Schaden haften soll, der durch Minen verursacht wird, die hätten beseitigt werden müssen. Es handelt sich also um eine besondere Versicherungsart, nicht um eine Unterart der Kriegsversicherung ( W e h b e r g Seekriegsrecht 93, Z f V W 1910. 510; vgl. auch den Fall L G Hamburg Z f V W 1908. 474). Siehe auch die DTV-Minen-Ausschlußklausel: „Die Versicherung deckt nicht die Gefahr der Beschädigung oder des Verlustes, verursacht durch Minen, Torpedos, Bomben und andere Kriegswerkzeuge jeglicher Art, gleichgültig, ob diese Gegenstände anläßlich eines Krieges von den kriegsführenden oder neutralen Mächten verwendet werden oder ob aus ihrem Vorhandensein im Frieden der Schaden entsteht." Anm. 26

c) § 35 Abs. 1 Satz 2 nimmt zu dieser Frage noch in einer zweiten Beziehung ausdrücklich Stellung. Die völkerrechtswidrigen Maßnahmen, die Portugal, Italien, Rumänien, Brasilien usw. vor ihrem Eintritt in den Ersten Weltkrieg begingen, überzeugten die Assekuradeure, daß es bei der bisherigen Ü b u n g nicht bewenden könne. Sie hielten für notwendig, daß den durch den Krieg veranlaßten Maßnahmen k r i e g f ü h r e n d e r Mächte die durch den Krieg veranlaßten Maßnahmen a n d e r e r Mächte gleichgestellt würden. Damit sind sie nicht durchgedrungen. Der Seeversicherer, nicht der Kriegsversicherer haftet z. B. für Schäden, welche durch Minenfelder entstehen, die von einer nicht kriegführenden Macht zwar in Anlaß des Krieges, aber nur zum Schutze ihrer Neutralität ausgelegt sind (anders P a u l y Kriegsklausel 18 für ASVB § 101, wie hier O G H Z 3. 13 = N J W 1950. 67 = VersR 1950. 37, O L G H a m b u r g V R S 1. 158 = Sasse Nr. 464, H a g e n SVR 50). Dagegen sind die durch den Krieg veranlaßten Maßnahmen nicht kriegführender Mächte für den Fall gleichgestellt, daß die Mächte binnen 6 Monaten nach der M a ß n a h m e (vgl. § 121 Abs. 6 Satz 2) in den Krieg eintreten. Es ist also vorausgesetzt, daß ein Krieg (oder ein kriegsähnlicher Zustand: oben Anm. 8) besteht. Der Krieg braucht aber noch nicht zur Zeit der Maßnahme zu bestehen. Die M a ß n a h m e kann vor Ausbruch des Krieges getroffen sein; wenn nur zunächst der Krieg zwischen anderen Mächten ausbricht. Maßnahmen der Mächte, zwischen denen der Krieg ausbricht, sind nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen. Nach diesen Grundsätzen sind auch Maßnahmen zu beurteilen, die eine am Kriege unbeteiligte Macht länger als 6 Monate vor ihrem Eintritt in den Krieg trifft, z. B. die Beschlagnahme von Schiffen durch eine Macht, die, zum Eintritt in den Krieg entschlossen, damit nach der Beschlagnahme noch 7 Monate wartet. § 35 Abs. 1 Satz 2 bedeutet nicht, daß solche Maßnahmen keinesfalls als Kriegsereignisse betrachtet werden

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sollen. — Die in letzter S t u n d e beschlossene Bestimmung ist nicht ausreichend überlegt. § 3 5 W i r d a m i . F e b r u a r das versicherte Schiff von einer unbeteiligten M a c h t beschlagnahmt, so k ö n n t e der Versicherungsnehmer vom Seeversicherer g e m ä ß § 73 n a c h 2 M o n a t e n die Versicherungssumme verlangen. D a j e d o c h u n g e w i ß ist, ob nicht die M a c h t in der sechsmonatigen Frist in den Krieg eintritt, so wird d e m Seeversicherer bis z u m Ablauf dieser Frist eine dilatorische Einrede zustehen, die j e d o c h i m übrigen das Verhältnis, insbesondere die Verzinsungspflicht des Versicherers, u n b e r ü h r t läßt. — Berechnung der Frist: BGB §§ 187, 188. 12. Der Seeversicherer haftet nach § 849 H G B „insbesondere nicht . . . f ü r die A n m . 27 K o s t e n , welche a u s d e r A n h a l t u n g u n d R e k l a m i e r u n g entstehen", also n a m e n t lich nicht f ü r die an sich g e m ä ß § 32 zu ersetzenden A u f w e n d u n g e n , die d u r c h die G e l t e n d m a c h u n g der A n s p r ü c h e oder E i n w e n d u n g e n des Versicherungsnehmers i m Prisengerichts-Verfahren (im sog. Reklameprozeß, vgl. P e r e i s IntöffSeerecht 305) entstehen, aber ebensowenig natürlich f ü r A u f w e n d u n g e n , die sonstwie zuin Zwecke der Freilassung g e n o m m e n e r Sachen g e m a c h t werden, z. B. nicht f ü r das Lösegeld, das auf G r u n d von sog. Loskauf- oder Ranzionierungsverträgen (die h e u t e freilich k a u m noch v o r k o m m e n ; vgl. B e n e c k e 3. 363, N o l t e 2. 26g, P e r e i s IntöffSeerecht 300, A r n o u l d 790 s. 831) zu zahlen ist. Der Versicherer haftet n a c h § 849 H G B a u c h „insbesondere nicht . . . f ü r die K o s t e n , welche . . . a u s d e r B l o c k a d e des Aufenthaltshafens oder der Z u r ü c k w e i s u n g von einem blockierten H a f e n oder aus d e m f r e i w i l l i g e n A u f e n t h a l t wegen Kriegsgefahr e n t s t e h e n " ; ebensowenig f ü r die „ K o s t e n der E n t l ö s c h u n g u n d L a g e r u n g " der G ü t e r u n d die „ K o s t e n ihrer W e i t e r b e f ö r d e r u n g " . Alles dies versteht sich von selbst ( H G Z 1917. 234, 1918. 147; vgl. a u c h H R Z 1918. 685), ergibt sich überdies noch besonders aus § 1 2 1 Abs. 3 u n d ist deshalb in den A D S nicht m e h r ausgesprochen (vgl. a u c h u n t e n A n m . 29). Aber a u c h noch aus einem a n d e r e n G r u n d e nicht. Die A n f ü h r u n g der Kosten i m § 849 H G B h a t zu d e m I r r t u m A n l a ß gegeben, d a ß der Kriegsversicherer a l l e „ z u n ä c h s t d u r c h Kriegsgefahr v e r u r s a c h t e n " Kosten zu ersetzen h a b e . So R G H G Z 1 9 1 8 . 7 1 : I m § 849 H G B „ t r e t e die A n s c h a u u n g hervor, daß, w ä h r e n d der Regel n a c h u n d i m Zweifel ein u n t e r die Seeversicherung fallender S c h a d e n einen Verlust oder eine Beschädigung des versicherten körperlichen Gegenstandes voraussetze, bei der Kriegsversicherung . . . auch die u n m i t t e l b a r d u r c h Kriegsgefahr verursachten Kosten den Versicherungsanspruch b e g r ü n d e t e n " (vgl. d a z u H a g e n s H R Z 1918. 681, auch H G Z 1917. 234). Der I r r t u m ist o f f e n b a r ; es wäre j a a u c h ein seltsames Beginnen, h ä t t e d e r Gesetzgeber d e m Kriegsversicherer in dieser F o r m , bei Gelegenheit der Regelung d e r „Nur-für-Seegefahr-Klausel, die H a f t u n g f ü r Kosten a u f b ü r d e n wollen, die der Versicherer n a c h allgemeinen G r u n d s ä t z e n nicht zu ersetzen hat. A u c h diesem I r r t u m entgegenzutreten, diente die sog. H a m b u r g e r Kriegsklausel (§ 121 A n m . ) . N a c h d e n A D S ist der I r r t u m jedenfalls nicht m e h r möglich. 13. Der Seeversicherer haftet n a c h § 849 H G B a u c h „insbesondere nicht . . . f ü r A n m . 28 die G e f a h r d e r E n t l ö s c h u n g u n d L a g e r u n g " der G ü t e r , w e n n Entlöschung u n d L a g e r u n g die „Folge eines freiwilligen Aufenthalts wegen Kriegsgefahr" sind, d. h. f ü r die m i t d e r A u s l a d u n g u n d L a g e r u n g a d ä q u a t v e r b u n d e n e n Schäden. A u c h dies versteht sich von selbst u n d ist deshalb in den A D S nicht besonders ausgesprochen (vgl. § 28 A n m . 17 fr.). Zuweitgehend, a u c h v o m S t a n d p u n k t des § 849 H G B , u n d m i t der Auffassung gerade der R e c h t s p r e c h u n g v o m Wesen der causa p r o x i m a unv e r e i n b a r : H G Z 1888. 28: „ D i e G e f a h r der L a g e r u n g sei das gesamte mit der letzteren v e r b u n d e n e u n d w ä h r e n d der letzteren verlaufende Risiko" (näheres: u n t e n A n m . 29). 14. Die Kriegsgefahr k a n n die Ä n d e r u n g , insbesondere E r h ö h u n g d e r ü b r i g e n A n m . 29 G e f a h r e n h e r b e i f ü h r e n (vgl. a u c h R G 169. 1). E n t w e d e r u n a b h ä n g i g v o m Willen des

604 § 35

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V e r s i c h e r u n g s n e h m e r s ; so e t w a , w e n n d a s versicherte Schiff v o m Kriegsschiff e i n e r k r i e g f ü h r e n d e n M a c h t z u r U n t e r s u c h u n g in einen v e r t r a g s f r e m d e n H a f e n verwiesen w i r d . O d e r m i t d e m W i l l e n des V e r s i c h e r u n g s n e h m e r s ; so e t w a , w e n n das Schiff d u r c h Kriegsereignisse genötigt, v o m R e i s e w e g a b w e i c h t o d e r d i e Reise n a c h e i n e m a n d e r e n B e s t i m m u n g s o r t richtet. N a c h d e n a l l g e m e i n e n G r u n d s ä t z e n ü b e r G e f a h r ä n d e r u n g e n w ü r d e die G e f a h r ä n d e r u n g i m ersten Falle k e i n e n E i n f l u ß a u f die S e e v e r s i c h e r u n g h a b e n , i m zweiten F a l l e d e n Seeversicherer v o n d e r E n t s c h ä d i g u n g s p f l i c h t b e f r e i e n (§§ 2 3 , 2 4 ) . Beides w ü r d e d e r V e r k e h r s a u f f a s s u n g w i d e r s p r e c h e n . § 849 H G B t r ä g t d e r V e r k e h r s a u f f a s s u n g in m i ß v e r s t ä n d l i c h e r u n d m i ß v e r s t a n d e n e r (oben A n m . 11 ) Weise w e n i g stens z u m T e i l e d a d u r c h R e c h n u n g , d a ß er die G e f a h r f ü r d e n Seeversicherer „ e r s t m i t d e r K o n d e m n a t i o n e n d e n " l ä ß t „ o d e r sobald sie g e e n d e t h ä t t e , w e n n d i e K r i e g s g e f a h r n i c h t a u s g e n o m m e n w o r d e n w ä r e " . § 35 A D S s p r i c h t z w a r n i c h t besonders aus, d a ß G e f a h r ä n d e r u n g e n , w e l c h e die K r i e g s g e f a h r m i t sich b r i n g t , n i c h t n a c h d e n allg e m e i n e n G r u n d s ä t z e n ü b e r G e f a h r ä n d e r u n g e n b e u r t e i l t w e r d e n sollen, l ä ß t a b e r d u r c h die b e s o n d e r e B e h a n d l u n g des G e g e n s t a n d e s in d e n Abs. 2 u n d 3 e r k e n n e n , d a ß K r i e g s e r e i g n i s s e f ü r d a s G e b i e t d e r G e f a h r s t a n d s p f l i c h t wie E r e i g n i s s e a n g e s e h e n w e r d e n sollen, „ f ü r d i e d e r V e r s i c h e r e r h a f t e t " (§ 24 Abs. 2). D a G e f a h r ä n d e r u n g e n , d i e d u r c h d e n K r i e g v e r a n l a ß t w e r d e n , d e n Seeversicherer n i c h t befreien, w i r d die v o r v e r t r a g l i c h e A n z e i g e p f l i c h t des V e r s i c h e r u n g s n e h m e r s v o n d e m Ausschluß der Kriegsgefahr k a u m berührt. Ü b e r das Verhältnis der Haftungsb e s c h r ä n k u n g z u r v o r v e r t r a g l i c h e n A n z e i g e p f l i c h t i m a l l g e m e i n e n : § 19 A n m . 26. — A u c h von der Verpflichtung zur Anzeige von Gefahrerhöhungen, die d u r c h Kriegsereignisse v e r u r s a c h t sind (§ 26), ist d e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r n a t ü r l i c h d u r c h § 35 n i c h t befreit. Die H a u p t b e d e u t u n g des Ausschlusses d e r K r i e g s g e f a h r liegt also in d e r Bes c h r ä n k u n g d e r H a f t u n g des Versicherers. D i e K r i e g s g e f a h r k a n n a u c h eine U m g e s t a l t u n g d e r versicherten U n t e r n e h m u n g h e r b e i f ü h r e n (vgl. § 23 A n m . 9). D a n n ist d e r V e r s i c h e r e r i m a l l g e m e i n e n frei, d e r Seeversicherer n i c h t n u r , s o n d e r n a u c h d e r Kriegsversicherer. So e t w a , w e n n d a s versicherte Schiff w e g e n d e r K r i e g s g e f a h r d i e versicherte Reise v o n e i n e m v e r t r a g s f r e m d e n H a f e n aus a n t r i t t ( § 2 3 A n m . 71). Als H a s e l n u ß k e r n e a u f G r u n d d e r A D S (oder wenigstens n a c h S e e v e r s i c h e r u n g s - B e d i n g u n g e n ) f ü r die Reise v o n K o n s t a n t i n o p e l n a c h H a m b u r g a u f d e r B a h n u n d p e n d a n t le t r a j e t d e fleuves o u d ' e a u x intérieures kriegsversichert w a r e n u n d w e g e n des E i n t r i t t s R u m ä n i e n s in d e n E r s t e n W e l t k r i e g die Bahnreise a u f geben u n d den D o n a u w e g einschlagen m u ß t e n , w a r die Gefahr natürlich nicht geändert, s o n d e r n die versicherte U n t e r n e h m u n g (mit o d e r o h n e Z u s t i m m u n g des V e r s i c h e r u n g s n e h m e r s ) u m g e s t a l t e t , d e r V e r s i c h e r e r a n u n d f ü r sich frei ( L G u. O L G H a m b u r g H R Z 1 9 2 1 . 455, 1922. 5 4 9 ; a b w . R G H R Z 1922. 547 in o f f e n b a r e r V e r k e n n u n g des K a u s a l i t ä t s p r o b l e m s u n d o h n e t a t s ä c h l i c h e n A n h a l t : Es sei z u p r ü f e n , o b d e r V e r s i c h e r e r „ n u r d i e sog. u n m i t t e l b a r e . . . o d e r a u c h die m i t t e l b a r e K r i e g s g e f a h r " ü b e r n o m m e n h a b e u n d d e s h a l b f ü r d e n a m B e s t i m m u n g s o r t festgestellten G e w i c h t s u n t e r s c h i e d h a f t e ) . D e r V e r sicherer w a r gleichwohl n i c h t frei, w e n n d i e G ü t e r d e n D o n a u w e g o h n e Z u s t i m m u n g des V e r s i c h e r u n g s n e h m e r s g e n o m m e n h a t t e n ; d e n n w e n n die A D S ü b e r h a u p t ( n a t ü r l i c h n u r s i n n g e m ä ß e ) A n w e n d u n g finden sollen, m u ß a u c h § 95 Abs. 2 Satz 2 s i n n g e m ä ß a n g e w e n d e t w e r d e n (vgl. § 95 A n m . , a u c h § 1 2 5 ; a b w . w i e d e r u m o h n e G r u n d R G H R Z 1922. 550).

A n m . 30

15. § 35 Abs. 1 ist n a t ü r l i c h n i c h t n u r a u f K a s k o - u n d G ü t e r v e r s i c h e r u n g e n , s o n d e r n a u c h auf a n d e r e V e r s i c h e r u n g e n a n z u w e n d e n . I m Abs. 1 Satz 2 h ä t t e es d e s h a l b s t a t t „ v e r s i c h e r t e S a c h e " v i e l m e h r „ S a c h e , a u f d i e sich die V e r s i c h e r u n g b e z i e h t " , h e i ß e n müssen.

Kriegsgefahr

605

16. A b s . 2. B e i Versicherungen, die sich auf das Schiff beziehen, ist der § 35 Versicherer frei, w e n n das Schiff infolge der Kriegsgefahr die Reise nicht Anm. 31 antritt oder nicht fortsetzt oder einen H a f e n anläuft. a) Über den Begriff der „Versicherung, die sich auf das Schiff b e z i e h t , " § 33 Anm. 32. b) „ I n f o l g e der K r i e g s g e f a h r " . Ob das Schiff durch das Kriegsereignis, Anm. 32 z. B. durch die Beschlagnahme, unmittelbar gezwungen wird, die Reise nicht anzutreten usw., oder ob es nur durch die Kriegsgefahr genötigt wird, die Reise nicht anzutreten usw., ob der Versicherungsnehmer oder ein anderer, z. B. der Kapitän, für ihn das Schiff infolge der Kriegsgefahr die Reise nicht antreten läßt usw., oder die Mannschaft sich wegen der Kriegsgefahr weigert, das Schiff die Reise antreten zu lassen usw., gilt gleich (vgl. R G H G Z 1888. 171, H G Z 1888. 28). Ebenso, ob das Schiff noch durch andere Gründe veranlaßt ist, die Reise nicht anzutreten usw. c) N i c h t a n t r i t t der R e i s e . a) R e i s e v e r s i c h e r u n g . Wird die Reise v o r Beginn der Versicherung nicht Anm. 33 angetreten, so ist die versicherte Gefahr nicht entstanden. Der Versicherer ist frei; der Versicherungsnehmer regelmäßig ebenfalls (§ 4 Abs. 1 § 5 Anm. 5, 15). — Wird die versicherte Reise n a c h Beginn der Versicherung nicht angetreten, so fällt die versicherte Gefahr weg. Der Versicherer ist frei; der Versicherungsnehmer nicht (§4 Abs. 2). — Wird die versicherte Reise nicht aufgegeben, der Antritt der Reise nur verzögert, so fällt die versicherte Gefahr nicht weg. Der Versicherer ist aber gemäß § 35 Abs. 2 frei, wird durch Erklärung des Versicherungsnehmers an der Entschädigungspflicht festgehalten, erhält in jedem Falle die Prämie und im Falle der Erklärung Zuschlagsprämie (§ 35 Abs. 4). — Wird die Reise nach einem anderen als dem vertragsmäßigen Bestimmungsort gerichtet, so wird sie „angetreten" (vgl. § 23 Abs. 3). ß ) Z e i t v e r s i c h e r u n g . Wird die Reise, die das Schiff vorhat, nicht angetreten, sei es, daß sie aufgegeben, sei es, daß der Antritt hinausgeschoben wird, so ist der Versicherer gemäß § 35 Abs. 2 frei. Er kann vom Versicherungsnehmer an der Entschädigungspflicht festgehalten werden, erhält in jedem Falle die Prämie und im Falle der Festhaltung Zuschlagsprämie (§ 35 Abs. 4). d) N i c h t f o r t s e t z u n g der Reise. Gemeint ist (wie der dritte Fall, der Fall Anm. 34 der Anlaufung eines Hafens, erkennen läßt) nur der Fall, daß das Schiff in einem Zwischenhafen liegenbleibt und von diesem Hafen aus die Reise nicht fortsetzt, d. h. nicht zu der Zeit fortsetzt, zu der sie fortgesetzt werden soll. Wird die versicherte Reise aufgegeben, so fällt die versicherte Gefahr weg. Der Versicherer ist frei. Der Versicherungsnehmer ist nicht frei (§ 4 Abs. 2). Wird die versicherte Reise nicht aufgegeben, so fällt die versicherte Gefahr nicht weg; der Versicherer ist aber gemäß § 35 Abs. 2 frei, wird durch Erklärung des Versicherungsnehmers an der Entschädigungspflicht festgehalten, erhält in jedem Falle die Prämie und im Falle der Erklärung Zuschlagsprämie (§ 35 Abs. 4). Wird die versicherte Reise nach einem anderen als dem vertragsmäßigen Bestimmungshafen gerichtet, so wird sie „fortgesetzt". — Bei Zeitversicherungen wird der Versicherer gemäß § 35 Abs. 2 frei, wenn das Schiff die Reise, die es vorhat, nicht fortsetzt. Er kann vom Versicherungsnehmer an der Entschädigungspflicht festgehalten werden, erhält in jedem Falle die Prämie und im Falle der Festhaltung Zuschlagsprämie (§ 35 Abs. 4). e) A n l a u f u n g eines H a f e n s . Ob das Schiff aus eigenem Antrieb, wenngleich Anm. 35 durch die Kriegsgefahr genötigt, den Hafen anläuft, oder ob es (vgl. ASVB §101 Abs. 3) in den Hafen verwiesen oder aufgebracht und in den Hafen eingebracht wird, gilt gleich.

606

Kriegsgefahr

§ 35 f) Der Versicherer ist f r e i (anders ASVB § 101, wonach der Versicherungsnehmer Anm. 36 auf die Fortdauer der Versicherung verzichten konnte). Ohne weiteres; insbesondere ohne daß es einer entsprechenden Erklärung gegenüber dem Versicherungsnehmer bedarf. — Der Versicherer ist aber nicht (wie etwa im Falle des § 20 Abs. 1) überhaupt frei. Er ist nur frei, wenn s p ä t e r ein Ereignis eintritt, das seine Entschädigungspflicht ausgelöst haben würde. Dies ist zwar nicht (wie im Falle des § 24 Abs. 1) ausdrücklich gesagt, ergibt sich aber schon aus dem inneren Zusammenhang des § 35 Abs. 2 mit den Bestimmungen über die Gefahränderung ohne weiteres. Wird das Schiff vor Erreichung des Nothafens durch Zusammenstoß beschädigt, so haftet der Versicherer. Ebenso, wenn es nach Aufbringung, aber vor Erreichung des Untersuchungshafens zusammenstößt und beschädigt wird. Strandet das Schiff nach der Aufbringung, so haftet der Versicherer nicht, wenn die Strandung die unvermeidliche Folge der Aufbringung ist, wenn etwa die auf das Schiff gelegte Besatzung schiffahrtsunkundig ist und unrichtige Anordnungen trifft (vgl. oben Anm. 12). — Der Versicherer b l e i b t frei, auch wenn die Reise später angetreten oder fortgesetzt, der Hafen wieder verlassen wird. Auch im Falle der Zeitversicherung. Der Versicherungsnehmer hat also in diesem Falle besonderen Anlaß, zu erwägen, ob er den Versicherer an der Entschädigungspflicht festhalten soll. •— Hat der Versicherer gezahlt, obgleich er frei ist, so kann er kondizieren (BGB §§ 812ff.; näheres: § 20 Anm. 5). Anm. 37

g) Der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r ist n i c h t frei. Er muß insbesondere die Prämie zahlen (wenn nicht etwa infolge Nichtantritts der Reise die versicherte Gefahr vor Beginn der Versicherung weggefallen ist: oben Anm. 33). Er ist auch von seinen sonstigen Verbindlichkeiten (von der Gefahrstandspflicht, der Schadenverhütungs-Pflicht usw.) nicht frei. Aber diese anderen Verbindlichkeiten werden doch durch die Befreiung des Versicherers von der Entschädigungspflicht vielfach beeinflußt. Soweit nämlich von ihrer Erfüllung die Entschädigungspflicht des Versicherers abhängt, werden sie mit dem Wegfall der Entschädigungspflicht gegenstandslos (vgl. R O H G 8. 232). Anders natürlich, wenn der Versicherer auf die Befreiung verzichtet (über stillschweigenden Verzicht: § 20 Anm. 6).

Anm. 38

h) Alles dies gilt natürlich auch, wenn das Schiff im Falle einer V e r g a n g e n h e i t s v e r s i c h e r u n g vor dem Vertragsschluß die Reise nicht angetreten hat usw. Denn im Wesen der Vergangenheitsversicherung liegt, daß das ganze Verhältnis auf den Zeitpunkt des Versicherungsbeginns zurückbezogen werden soll (vgl. § 5 Anm. 9, § 24 Anm. 9).

Anm. 39

17. Der Versicherungsnehmer kann jedoch dem Versicherer erklären, daß die Entschädigungspflicht bestehen bleiben soll. a) Der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r kann erklären. Uber den Begriff des Versicherungsnehmers: § 3 Anm. 4. Über den Fall, daß m e h r e r e Versicherungsnehmer beteiligt sind: Vorb. V I vor § 1. Insbesondere wird im Falle der Versicherung des im Miteigentum der Versicherungsnehmer stehenden Schiffes jeder Versicherungsnehmer für sich erklären können. —• Bei der Versicherung für f r e m d e Rechnung kann der Versicherungsnehmer erklären. Auch der Versicherte, wenn er die Zustimmung des Versicherungsnehmers oder die Police besitzt (§ 53 Abs. 2). Allerdings ist die Folge, daß der Versicherungsnehmer Zuschlagsprämie zahlen muß (§ 35 Abs. 4). Aber hiermit hat dieser sich durch den Abschluß des Versicherungsvertrags einverstanden erklärt. — Nach der Veräußerung der versicherten Sache muß der E r w e r b e r erklären (§ 49 Abs. 1). Für die Zuschlagsprämie des § 35 Abs. 4 haften Veräußerer und Erwerber als Gesamtschuldner (§25 Anm. 4). — Erklärung durch V e r t r e t e r : BGB §§174, 180. Der Makler ist nicht ohne weiteres ermächtigt, zu erklären.

Kriegsgefahr

607

b) Der Versicherungsnehmer k a n n e r k l ä r e n . Die Erklärung ist, ihrem natürlichen § 3 5 Begriff nach, eine empfangsbedürftige (im übrigen keiner besonderen Form bedürfende) Anm. 40 rechtsgestaltende, nämlich rechtserhaltende, Willenserklärung (näheres über empfangsbedürftige Erklärungen: Vorb. I V vor § 1 ) . Sie muß (gleich allen rechtsgestaltenden Erklärungen) b e s t i m m t sein. Der Versicherer muß wissen, woran er ist. Sie darf daher auch nicht bedingt sein, wenn die Bestimmtheit unter der Bedingtheit leidet. Unwirksam würde z. B. die Erklärung sein, daß die Versicherung fortdauern solle, wenn die etwa gerade eingeleiteten Friedensverhandlungen zum Friedensschluß führen würden. Wirksam dagegen die Erklärung, daß die Versicherung fortdauern solle, wenn sich bewahrheiten würde, daß das Schiff in einen Hafen eingebracht sei; denn die Einbringung würde ohnehin Rechtsvoraussetzung für die Wirksamkeit der Erklärung sein. — Der Versicherer braucht die Erklärung nicht anzunehmen oder sich mit ihr einverstanden zu erklären. Die Entschädigungspflicht wird nicht erst durch Vereinbarung aufrechterhalten, sondern unmittelbar durch die einseitige Erklärung. — A n f e c h t u n g wegen Irrtums usw.: B G B §§ 1 1 9 f f . •— R ü c k n a h m e der Erklärung ex tunc oder ex nunc ist natürlich unstatthaft. c) D e m V e r s i c h e r e r , gegenüber dem Versicherer, ist zu erklären. Erklärung Anm. 41 gegenüber einem V e r t r e t e r , insbesondere einem Gesamtvertreter des Versicherers: § 3 Anm. 18. — Sind m e h r e r e Versicherer beteiligt, so kann und muß der Versicherungsnehmer gegenüber jedem einzelnen erklären. Ist ein Versicherer „ F ü h r e r " , so ist Erklärung gegenüber dem Führer genügend, aber auch erforderlich. Näheres: Vorb. V vor § 1.

d) Der Versicherungsnehmer muß, sobald er v o m Nichtantritt der Reise usw. Anm. 42 K e n n t n i s e r l a n g t , u n v e r z ü g l i c h erklären. — „ U n v e r z ü g l i c h " bedeutet: ohne schuldhaftes Zögern (BGB § 1 2 1 ) . Näheres: § 3 Anm. 20. Das Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und seiner Hilfspersonen muß der Versicherungsnehmer in den Grenzen des § 278 B G B gegen sich gelten lassen; über die sinngemäße Anwendung des § 278 B G B : Vorb. vor § 1 Anm. 67. — Uber den Begriff der K e n n t n i s e r l a n g u n g : § 2 Anm. 15. Insbesondere genügt nicht Kennenmüssen. Auch die Kenntnis dritter muß der Versicherungsnehmer in den Grenzen des § 278 B G B gegen sich gelten lassen (näheres: § 3 Anm. 19). — Uber den Fall, daß m e h r e r e Versicherungsnehmer beteiligt sind: Vorb. V I vor § 1. Insbesondere schadet im Falle gemeinschaftlicher Versicherung des im Miteigentum der Versicherungsnehmer stehenden Schiffes Kenntnis und Verschulden des einen Versicherungsnehmers den übrigen nicht (vgl. oben Anm. 39). — Bei der Versicherung für f r e m d e Rechnung kommen auch Kenntnis und Verschulden des Versicherten in Betracht (vgl. oben Anm. 39). e) R e c h t s f o l g e n der Erklärung: Die Verpflichtung des Versicherers bleibt be- Anm. 43 stehen. Wie wenn der Versicherer nie frei geworden wäre. Hat sich zwischen dem Zeitpunkt der Befreiung und der Wiederaufnahme ein Versicherungsfall ereignet, so haftet der Versicherer. Auch dann, wenn der Versicherungsnehmer davon bei der Erklärung Kenntnis gehabt hat. — Dem Versicherer gebührt eine Zuschlagsprämie (§ 35 Abs. 4).

18. A b s . 3 Satz 1 u. 2. Bei Versicherungen, die sich auf dieGüter beziehen, ist Anm. 44 der Versicherer frei, wenn die Güter infolge der Kriegsgefahr ausgeladen werden. a) Über den Begriff der „Versicherung, die sich auf die Güter b e z i e h t " : § 3 3 Anm. 32. b) „ I n f o l g e d e r K r i e g s g e f a h r " . Ob die Ausladung die unmittelbare Folge des Kriegsereignisses ist, die Güter z. B. von einem Kriegsschiff übernommen werden, oder ob der Versicherungsnehmer durch die Kriegsgefahr genötigt ist, auszuladen, gilt gleich. Näheres: oben Anm. 32.

608 § 35

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c) „ A u s l a d u n g " ist die Entfernung der Güter aus dem für die Reise bestimmten Schiffe, also nicht nur die Verbringung an Land, sondern auch die Umladung in andere Fahrzeuge. Im Abladehafen oder im Zwischenhafen. Auch im Bestimmungshafen können die Güter „infolge der Kriegsgefahr" ausgeladen werden; so etwa, wenn sie nur bis zur Umladung in ein anderes Schiff versichert sind und im Bestimmungshafen infolge der Kriegsgefahr an Land gebracht werden. — Wird die Reise des vertragsmäßigen Schiffes aufgegeben, die Reise der Güter dagegen nicht, so fällt die versicherte Gefahr weg. Aber die Versicherung würde gemäß § 95 Abs. 2 Satz 2 aufrechterhalten und der Versicherer für die anderweitige Weiterreise verpflichtet bleiben, wenn der Versicherer nicht gemäß § 35 Abs. 3 frei wäre. Der Versicherungsnehmer kann aber gemäß § 35 Abs. 3 den Versicherer an der Entschädigungspflicht festhalten. Die Umladungskosten usw. fallen dem Versicherer in diesem Falle gleichwohl und trotz § 95 Abs. 3 nicht zur Last; denn sie sind die unvermeidliche Folge des Kriegsereignisses (HGZ 1918. 147; vgl. auch H R Z 1918. 685); gemäß § 121 Abs. 3, der auf eben dieser Auffassung beruht, soll nicht einmal der Kriegsversicherer diese Kosten ersetzen. Übrigens ist der Rücktritt des Schiffes vom Frachtvertrag (HGB §§ 629, 634) keine Aufgabe der Reise des Schiffes (unrichtig: HGZ 1918. 147); das Schiff kann ja auch nach Ausladung der Güter die Reise fortsetzen. — Wird auch die Reise der Güter (freiwillig oder gezwungen) aufgegeben, so fällt die versicherte Gefahr weg, wird die Versicherung auch nicht gemäß § 95 Abs. 2 Satz 2 aufrechterhalten und demgemäß auch nicht gemäß § 35 Abs. 3 (§ 95 Anm.). d) Der Versicherer ist f r e i ; der Versicherungsnehmer nicht. Näheres: oben Anm. 36—38. e) Der Versicherungsnehmer kann jedoch dem Versicherer erklären, daß die Entschädigungspflicht bestehen bleiben soll. Dann bleibt sie bestehen. Natürlich nur, soweit sie vorher bestand. Der Versicherer haftet also nicht für Kriegsschäden. Insbesondere nicht für die durch „Entlöschung und Lagerung" der Güter entstandenen Schäden (HGB § 849). Aber nur dann nicht, wenn diese Schäden die unvermeidliche Folge der Ausladung und Lagerung bilden, wenn sie z. B. bei der Ausladung oder Einlagerung oder infolge der mangelhaften Lagerräume oder infolge der besonderen Unsicherheit des Lagerplatzes entstehen und nach Sachlage entstehen müssen. Infolge einer Revolution wurden kriegsfrei versicherte Güter in Arica ausgeladen und eingelagert. In Arica lagernde Güter waren in besonderem Maße der Diebstahlsgefahr ausgesetzt. Deshalb mag es richtig gewesen sein, den Versicherer von dem durch die Beraubung der Güter entstandenen Schaden freizuhalten (HGZ 1888. 28; vgl. § 28 Anm. 26 unter nn); unrichtig die Begründung, daß „die Gefahr der Lagerung das gesamte mit der letzteren verbundene und während der letzteren verlaufende Risiko" sei und der Versicherer deshalb ohne weiteres nicht hafte (HGZ 1888. 28; zustimmend RG HGZ 1888. 70, RG 89. 140; dagegen mit Recht K ö h l e r 36). Der durch den Wortlaut des Gesetzes irregeführten Rechtsprechung mußten auch hier die Versicherungsbedingungen entgegentreten: Die AlteGP (Zusatz zum § 101 ASVB; Mat. 2. 100) bestimmte, daß der Versicherer gegen Zuschlagsprämie „auch die Gefahr der Ausladung und Lagerung der Güter im Falle jeglichen Aufenthalts wegen Kriegsgefahr — soweit es sich nicht um Schäden handelt, die während der Ausladung oder Lagerung durch Kriegsereignisse eingetreten sind —", trage (vgl. dazu RG 89. 141, HGZ 1916. 307). Die ADS gehen nicht so weit, wie diese Bestimmung. Maßgebend ist lediglich der Grundsatz der nächsten Ursache in seiner in § 28 Anm. 17 ff. erläuterten Bedeutung. — D e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r kann erklären. Näheres: oben Anm. 39. — Der Versicherungsnehmer k a n n e r k l ä r e n . Näheres: oben Anm. 40. — D e m V e r s i c h e r e r ist zu erklären. Näheres: oben Anm. 41. — Der Versicherungsnehmer muß, sobald er

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von der bevorstehenden oder bewirkten Ausladung Kenntnis erlangt, u n v e r z ü g l i c h § 35 erklären. Näheres: oben Anm. 42. Erfährt der Versicherungsnehmer, daß die Güter ausgeladen werden sollen, oder beabsichtigt er gar selbst, sie ausladen zu lassen, so darf er nicht warten, bis sie ausgeladen sind. Unterbleibt die Ausladung nach der Erklärung, so muß er von dieser für den Versicherer erheblichen Tatsache dem Versicherer Mitteilung machen (§13 Anm. 6). Unterbleiben Erklärung und Ausladung, so bleibt die Entschädigungspflicht des Versicherers unberührt. — Zuschlagsprämie: § 35 A b s - 4ig. Abs. 3 Satz 3. Bei Versicherungen, die sich auf die Güter beziehen, wird Anm. 45 außerdem die Haftung des Versicherers gemindert, wenn die Versicherung trotz Ausladung fortdauert: Nach zweimonatigem Aufenthalt haftet der Versicherer für Beschädigung und Leckage nur noch i m Strandungsfall. a) Reiseverzögerung infolge Kriegsgefahr ist an und für sich ohne Einfluß auf die Haftung des Versicherers (oben Anm. 29). Ob infolge der Kriegsgefahr das Schiff mit den Gütern in einem Hafen liegenbleiben oder vom Reiseweg abweichen oder auf hoher See warten muß, ob das Schiff unmittelbar durch ein Kriegsereignis (z. B. Blockade, Sperrung) verhindert wird, die Reise rechtzeitig auszuführen, oder ob das Schiff nur durch die Kriegsgefahr genötigt wird, die Reise zu verzögern, gilt gleich. Nur wenn die Güter ausgeladen sind, der Versicherungsnehmer die Fortdauer der Versicherung erklärt und der Aufenthalt (nach Ausladung) länger als 2 Monate dauert, vermindert sich die Haftung des Versicherers (anders nach §101 ASVB: in jedem Falle freiwilligen Aufenthalts wegen Kriegsgefahr, also nicht bloß nach Ausladung). Daß die Güter wieder eingeladen werden, ist ohne Bedeutung. b) Der Versicherer haftet für die s p ä t e r entstehende Beschädigung und Leckage nur im Strandungsfall. Für die früher entstandene nach allgemeinen Grundsätzen (anders nach § roi ASVB, der zwischen früherer und späterer Beschädigung usw. nicht unterschied: RG HGZ 1888. 173, HGZ 1888. 29). Als früher entstanden ist die Beschädigung usw. auch dann anzusehen, wenn der Schaden zwar später entstanden, aber die unvermeidliche Folge des früheren Versicherungsfalls ist (vgl. § 28 Anm. 17fr.). — Der Versicherer haftet n u r im S t r a n d u n g s f a l l , „ a u c h w e n n er sonst n o c h in a n d e r e n F ä l l e n h a f t e t " . Für Beschädigung haftet er noch in anderen Fällen gemäß § 82 Abs. 2. Für Leckage haftet er aber nach den ADS in anderen Fällen nicht; für gewöhnliche Leckage haftet er sogar überhaupt nicht (§ 86). Deshalb hätte nicht bestimmt werden dürfen, daß der Versicherer für Leckage nur im Strandungsfall haftet, auch wenn er sonst noch in anderen Fällen haftet. Die Bestimmung erschien aber (wenngleich gesetzestechnisch verfehlt, so doch) erwünscht, weil der Versicherer nicht selten auch die Haftung für Leckageschäden in anderen als Strandungsfällen übernimmt und seine Haftung dann für den Fall des § 35 Abs. 3 Satz 2 auf Strandungsfälle beschränkt bleiben muß. — Uber „Beschädigung": § 28 Anm. 39. — Uber „Leckage": § 86 Anm. — Über „Strandungsfall": § 114 Anm. 20. Abs. 4. Nach § 25 gebührt dem Versicherer Zuschlagsprämie, wenn die Gefahr, Anm. 46 die er trägt, infolge einer Gefahr, die er nicht trägt, geändert und er gleichwohl nicht frei wird (hierüber: § 25 Anm. 5). § 25 gilt an und für sich auch, wenn die Gefahr des Seeversicherers durch Kriegsereignisse geändert wird. Deshalb bestimmte E 1910 § 38 nur für den Fall, daß der Versicherungsnehmer die Fortdauer der Versicherung erklärt, besonders, daß dem Versicherer eine Zuschlagsprämie gebühre. Immerhin schienen Zweifel möglich, weil § 35 die Rechtsfolgen der Gefahränderung durch Kriegsereignisse selbständig bestimmt. Auch erschien es wünschenswert, besonders auszusprechen, daß Zuschlagsprämie namentlich dann zu zahlen ist, wenn das Schiff infolge der Kriegsgefahr die Reise nicht antritt oder nicht fortsetzt oder einen Hafen anläuft. Deshalb 39

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

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§ 3 5 wiederholt § 35 Abs. 4 für den Fall der Gefahränderung durch Kriegsereignisse den § 25: Dem Versicherer gebührt Zuschlagsprämie, wenn die Gefahr infolge der Kriegsgefahr geändert wird, — mag die Gefahr „unabhängig vom Willen des Versicherungsnehmers", mag sie mit seinem Willen geändert sein. Natürlich nur, wenn der Versicherer nicht frei wird, mag er nicht frei sein, weil keiner der Fälle des § 35 Abs. 2 u. 3 vorliegt (vgl. oben Anm. 29), mag er nicht frei sein, weil einer der Fälle des § 35 Abs. 2 u. 3 vorliegt, der Versicherungsnehmer aber die Fortdauer der Versicherung erklärt hat. — „ I n s b e s o n d e r e " ist Zuschlagsprämie zu zahlen, wenn das Schiff infolge der Kriegsgefahr die Reise nicht antritt oder nicht fortsetzt oder einen Hafen anläuft und der Versicherer nicht frei wird. Sowohl im Falle einer Versicherung, die sich auf das Schiff bezieht, wie im Falle einer Versicherung, die sich auf die Güter bezieht. Der Fall, daß die Güter infolge der Kriegsgefahr ausgeladen werden (§35 Abs. 3), ist nur deshalb nicht auch hervorgehoben, weil die Ausladung im Falle einer Versicherung, die sich auf das Schiff bezieht, die Gefahr regelmäßig nicht erhöhen wird. — Näheres über die Zuschlagsprämie: § 16 Anm. 6, § 20 Anm. 21, § 25 Anm. 2. Insbesondere ist bei der Bemessung der Zuschlagsprämie nicht der Gefahrablauf, sondern die Gefahrlage bei der Gefahränderung zu berücksichtigen ( O L G H a m m bei H a s s e l m a n n 82). Jedoch ist zu beachten, daß die Gefahr gerade infolge eines Krieges oft mehrfach geändert werden kann. — Zuschlagsprämie ist für die Zeit zu zahlen, während welcher die Gefahr erhöht ist, unter Umständen also bis zum Ablauf der Versicherung, also bis zur Kondemnation, wenn die Versicherung erst mit dieser endigt (RG 88. 244). Anm. 47

31. B e w e i s l a s t . Nach §849 Abs. 2 HGB „wird im Zweifel angenommen, d a ß ein eingetretener Schaden durch Kriegsgefahr nicht verursacht sei" (ähnlich niederl. H G B Art. 648, belg. C. de com. Art. 180). Eine Beweisregel, die vom Standpunkt des H G B eine gewisse Berechtigung haben mag. Denn wenn b e s o n d e r s v e r e i n b a r t wird, daß gewisse Gefahren ausgeschlossen sein sollen, der Versicherer also nur gewisse Gefahren tragen soll, könnte die Meinung aufkommen, der Versicherungsnehmer müsse beweisen, daß der Schaden durch ein Gefahrereignis verursacht ist ( V o i g t 381, 585). Vom Standpunkt der ADS wäre solche Beweisregel überflüssig und deshalb schädlich, — schädlich auch deswegen, weil sie dazu verleitet, an die Beweisführung größere Anforderungen zu stellen, als nach allgemeinen Beweisgrundsätzen zulässig ist (vgl. R G 89. 141). Die ADS beruhen auf dem Grundsatz der allgemeinen Gefahrendeckung und machen hiervon im § 35 eine Ausnahme. Wer sich aber auf den Ausnahmefall beruft, muß nach allgemeinen Beweisgrundsätzen seine Voraussetzungen beweisen ( S c h e r z b e r g 102). Deshalb muß der Versicherungsnehmer, der Entschädigung verlangt, beweisen, daß der Schaden während der Dauer der Versicherung entstanden ist (näheres: § 28 Anm. 8, 9, 3 1 ; vgl. auch R G 8g. 142, R G H G Z 1919. 92), der V e r s i c h e r e r , daß der Schaden durch ein K r i e g s e r e i g n i s entstanden ist ( G e r h a r d 256, K ö h l e r 33, V o i g t N A f H R 4. 179, LZ 1913. 244, HöchstG Christiania I T V M i t t 1918. 76; im Ergebnis richtig, in der Begründung schief: R G H G Z 1919. 91 in einem Falle der Binnentransport-Versicherung: Das Seeversicherungs-Recht sei „zur entsprechenden Ergänzung" des Binnentransport-Versicherungsrechts heranzuziehen und deshalb „der im Seeversicherungs-Recht geltende Grundsatz" des § 849 Abs. 2 HGB anzuwenden). Ist insbesondere das Schiff v e r s c h o l l e n , so muß der Versicherer regelmäßig entschädigen. Denn er wird regelmäßig nicht beweisen können, daß der Schaden durch ein Kriegsereignis verursacht ist ( B e n e c k e 3. 334; ebenso, obgleich im englischen Rechte der Grundsatz der allgemeinen Gefahrendeckung nicht gilt: Green v. Browne 1744 bei A r n o u l d 860 s. 897, zweifelnd: Comp. mar. of Barcelona v. Wishart 1918

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bei P a u l y Kriegsgefahr 275). Regelmäßig! Unter Umständen mag dem Versicherer § 3 5 der Beweis gelingen. Denn beweisen heißt nur: die Wahrscheinlichkeit erbringen, die im gewöhnlichen Leben als Gewißheit hingenommen wird ( R G H G Z 1895. 6, Bolze 1 Nr. 1 9 1 8 , H G Z 1918. 137, O L G Rostock Rspr 22. 72). Verschwindet das Schiff im minenverseuchten Gebiet, in dem schon andere Schiffe verschwunden sind, ohne daß Grund zur Annahme einer sonstigen Schadensursache besteht, so kann angenommen werden, daß es durch eine Mine vernichtet ist ( O L G Königsberg H R Z 1918. 39: Fall S t o c k h o l m , HöchstH Christiania I T V M i t t 1918. 76, Macbeth & Co. v. K i n g 1 9 1 6 bei P a u l y Kriegsgefahr 262; anders, wenn alle Anzeichen fehlen und stürmisches Wetter geherrscht hat: L G Bremen Hansa 1 9 1 7 . 300, Rechtsb. Amsterdam I T V M i t t 1918. 4 5 ; abw. T h e Euterpe St. Co. v. North of E. Prot, and Ind. Ass. 1 9 1 7 bei P a u l y Kriegsgefahr 272, Brit. and Burm. St. N. Co. v. Liverpool & London Warrish Ass. bei P a u l y Kriegsgefahr 274, dagegen jedoch Comp. mar. of Barcelona v. Wishart 1 9 1 8 bei P a u l y Kriegsgefahr 276). Als ein Dampfer während des Ersten Weltkriegs auf der Reise von London nach Havre verschwand, zwischen Hastings und Dymchurch drei seiner Rettungsboote angetrieben wurden, das Wetter gut war und feindliche Unterseeboote in der Nähe von Havre bemerkt waren, auch andere Schiffe versenkt hatten, konnte angenommen werden, daß der Dampfer versenkt war, auch wenn nicht eine Flaschenpost ( O r i o l e , torpedo, sinking) angeschwemmt wäre (Gen. St. Nav. Co. v. Comm. Union Ass. Co. 1 9 1 5 I T V M i t t 1 9 1 5 . 56, auch bei P a u l y Kriegsgefahr 244). Vgl. auch H G Z 1918. 1 3 7 : Wenn ein Dampfer nach Explosion sinkt, Kesselexplosion ausgeschlossen ist und Minen in der Nähe festgestellt sind, kann Minenschaden angenommen werden. Vgl. ferner italien. Dekret vom 2. September 1 9 1 7 , wonach der Verlust eines Schiffes, wenn die Ursache nicht mit Sicherheit festzustellen ist, als Kriegsschaden angesehen werden soll ( I T V M i t t 1 9 1 7 . 1 1 5 , 1918. 12), und Übereinkunft der englischen Assekuradeure über die Teilung des Schadens in Verschollenheitsfällen: I T V M i t t 1 9 1 8 . 12. Siehe über die Anforderungen an den Nachweis einer Kriegsgefahr als Ursache des Unterganges eines verschollenen Schiffes H a n s O L G H a n s R G Z 1943 B 8 = Sasse Nr. 460. L G Hamburg H a n s R G Z 1941 B 231 hat einen Kriegsschaden angenommen bei einem 1938 erbauten Dampfer, der während des Zweiten Weltkrieges auf der Fahrt von Leningrad nach Oscarhamm aus unbekannten Gründen verlorenging. Von dem Schiff wurde nach einer Funkmeldung vom 10. Dezember 1939 nichts mehr gehört. Seeversicherer und Versicherungsnehmer waren sich darüber einig, der Untergang müsse so schnell erfolgt sein, daß es unmöglich gewesen war, Funksignale zu senden und die Rettungsboote auszusetzen. Es herrschte zur fraglichen Zeit stilles Wetter und es befanden sich in der Nähe der mutmaßlichen Unfallstelle keine Untiefen oder Riffe. Die Beweislage solle nach K ö h l e r 51 zum unbilligen Ergebnis führen, wenn außer der a l l g e m e i n e n Versicherung mit Rücksicht auf Zweifel in die Deckung einer bestimmten Gefahr gegen diese Gefahr noch b e s o n d e r s Versicherung genommen wird, wenn z. B. der Versicherungsnehmer Bedenken hat, ob die allgemeine Versicherung auch Streikschäden oder die Kriegsversicherung auch Minenschäden, die nach Friedensschluß entstehen, deckt und deshalb noch eine besondere Streik- oder Minenversicherung nimmt. In solchen Fällen sei keine Doppelversicherung anzunehmen, vielmehr hafte nur der Spezialversicherer, wenn dies „auch nach strengem Recht nicht einwandfrei sein möge". Weder nach strengem noch nach billigem Recht ist zu rechtfertigen, daß der Generalversicherer durch die SpezialVersicherung teilweise befreit wird. Ganz unbillig wäre es, wenn der Versicherungsnehmer im Schadensfall nicht vom Generalversicherer Entschädigung verlangen könnte, obgleich sicher ist, daß dieser, nicht sicher ist, daß der Spezialversicherer haftet; aus dieser L a g e hat das 39*

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Kriegsgefahr

§ 35 Doppelversicherungs-Recht des V V G und H G B den Versicherungsnehmer gerade befreien wollen. K ö h l e r ' s Berufung auf S c h a p s Z f V W 1908. 476 ist schon deshalb unbegründet, weil dessen Ausführungen nicht vom neuen Doppelversicherungs-Recht mit seiner gesamtschuldnerischen Haftung der Versicherer, sondern vom alten Doppelversicherungs-Recht mit seinem Prioritätsprinzip ausgehen. Ebensowenig begründet ist K ö h l e r ' s Berufung auf die schweizerische Police („Wenn die durch diese Police versicherten Gegenstände für gewisse Gefahren, z. B. Feuer, anderweitig versichert sind, so gilt die Versicherung durch gegenwärtige Police, soweit sie dieselben Gefahren deckt, erst in zweiter Linie und es soll der anderweitig genommenen diesbezüglichen Versicherung die Priorität gebühren"). Diese Police zeigt vielmehr, daß es einer besonderen Bestimmung bedarf, u m den Generalversicherer zu befreien. Überdies beruht diese Bestimmung (gleich den entsprechenden Klauseln in anderen Ländern) auf Erwägungen, die auf anderem Gebiet liegen (vgl. § 10 Anm. 29). Behauptet der Versicherer, gemäß § 35 Abs. 2 oder 3 frei zu sein, so muß er beweisen. Behauptet der Versicherungsnehmer, daß der Schaden vorher entstanden ist, so m u ß er beweisen; denn er muß beweisen, daß der Schaden während der Dauer der Versicherung entstanden ist (§ 28 Anm. 31). Behauptet der Versicherungsnehmer, daß er die Fortdauer der Versicherung erklärt habe, so muß er beweisen. Behauptet der Versicherer, daß die Erklärung verzögert sei, so muß er beweisen. Behauptet der Versicherungsnehmer, daß ihn keine Schuld an der Verzögerung treffe, so m u ß er beweisen (vgl. R G 49. 395, J W 1904. 196). Behauptet der Versicherer, daß die Zweimonats-Frist des § 35 Abs. 3 Satz 2 verstrichen sei, so muß er beweisen. Bestreitet der Versicherer, daß die Beschädigung oder Leckage vor Ablauf der Frist entstanden ist, so muß der Versicherungsnehmer beweisen; denn der Versicherungsnehmer m u ß beweisen, daß der Schaden während der Dauer der Haftung des Versicherers entstanden ist. Bestreitet der Versicherer, daß sich ein Strandungsfall ereignet hat, so muß der Versicherungsnehmer beweisen. Bestreitet der Versicherer, daß der Schaden durch die Strandung verursacht ist, so muß der Versicherungsnehmer gleichfalls beweisen; doch gilt die Beschädigung oder Leckage, die durch die Strandung entstanden sein kann, im Zweifel als durch sie verursacht ( § 1 1 4 Abs. 1 Satz 2); in diesem Falle muß also der Versicherer den Gegenbeweis führen. — Verlangt der Versicherer Zuschlagsprämie, so m u ß er beweisen, daß die Gefahr infolge eines Kriegsereignisses geändert, und zwar erhöht, ist, und daß er dadurch nicht frei geworden ist. Anm. 48

22. §35 gilt sinngemäß auch für die Rückversicherung (§ 1 Anm. 136). Der Rückversicherer trägt, wenn die ADS für die Rückversicherung maßgebend sind, nicht die Kriegsgefahr. H a t der zu Originalbedingungen rückversicherte Vorversicherer auch die Kriegsgefahr übernommen, so m u ß er dies dem Rückversicherer gemäß § 19 anzeigen (§ 1 Anm. 149, § 19 Anm. 58). Ebenso aber auch, wenn die Vorversicherung die Kriegsgefahr deckt, die Rückversicherung dagegen die Kriegsgefahr nicht decken soll. Denn für die Übernahme der kriegsfreien Rückversicherung ist erheblich, daß der Vorversicherer auch die Kriegsgefahr trägt. Übernimmt der Vorversicherer nach Abschluß des Rückversicherungs-Vertrags auch die Kriegsgefahr, so hat er mithin die rückversicherte Gefahr geändert. Die Rückversicherung deckt die Haftpflicht des Vorversicherers im Zweifel auch insoweit, als sie sich aus den nach dem Vorversicherungs-Vertrag zulässigen rechtsgestaltenden Erklärungen des Vorversicherten ergibt (vgl. auch § 67 Anm.). Wenn der Vorversicherte gemäß § 35 Abs. 2, 3 erklärt, daß die Versicherung fortdauern soll, wirkt dies ohne weiteres auch für die Rückversicherung. Der Vorversicherer braucht nicht auch dem Rückversicherer unverzüglich zu erklären, daß die Rückversicherung fortdauern soll. Er kann dadurch, daß er dies nicht erklärt, nicht bewirken, daß nur

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noch die Vorversicherung, nicht mehr die Rückversicherung bestehen bleibt und mithin § 35 die Zuschlagsprämie des § 35 Abs. 4 nur ihm, nicht auch dem Rückversicherer zugute kommt. Ist der Vorversicherer (wie regelmäßig) abwicklungsberechtigt, so braucht er sich dem Vorversicherten gegenüber auf § 35 nicht zu berufen, wenn auch ein nicht rückversicherter Versicherer sich verständiger und billiger Weise auf § 35 nicht berufen würde (§ 1 Anm. 154). 23. Fremde Rechte. Der Versicherer trägt im allgemeinen, wie nach § 820 HGB, Anm. 49 grundsätzlich auch die Kriegsgefahr. Anders z. B. belg. HGB Art. 178. — Kriegsausschluß-Klauseln IVO, ITC, ICC ( A r n o u l d 1296, 1306, 1310): Warranted free of capture, seizure, arrest, restraint, or detainment, and the consequences thereof, or any attempt thereat, and also from all consequences of hostilities or warlike operations, whether there be a declaration of war or not. Die Klausel schließt die Kriegsgefahr in weiterem Umfang aus, als die Klausel „Nur für Seegefahr" oder § 35 ADS (vgl. auch ME 233, K ö h l e r 65, 70, 79). Insbesondere ist der Versicherer frei, wenn der Versicherungsnehmer, durch Kriegsereignisse genötigt, die Gefahr ändert (O'Reilly v. Royal Exch. Ass. Co. 1815 bei A r n o u l d 767 s. 812, vgl. aber auch 452 s. 478, C h a l m e r s 67). Und seizure seems to be a larger term than „capture", and goes beyond it, and may reasonably be interpreted to embrace every act of taking forcible possession either by a lawful authority or by overpowering force (Cory v. Burr 1883 bei A r n o u l d 866 s. 901; vgl. Johnston v. Hogg 1883 bei C h a l m e r s 150: Der Versicherer hafte nicht, wenn Eingeborene das Schiff überfallen und zerstören, um die Ladung zu rauben). — Nach Art. 5 der französ. Kaskopolice les assureurs sont affranchis des dommages et pertes provenant de guerre civile ou étrangère, d'hostilités, représailles, captures, arrêts, saisies, contraintes, molestations ou détentions par tous gouvernements et autorités quelconques, d'explosion de torpilles, de mines sous-marines, et généralement de tous accidents et fortunes de guerre, ainsi que de piraterie, et d'actes de sabotage ou de terrorisme ayant un caractère politique ou se rattachant à la guerre. Ähnlich Art. 8 Abs. 1 der Güterpolice. — Über die Anbahnung internationaler Vereinbarungen über die Kriegsversicherung: B r ü d e r s DVfVWVeröff 26. 73. § 3 6 Haftung für Arrestgefahr Der Versicherer haftet für den durch gerichtliche Verfügungen oder ihre Vollstreckung entstehenden Schaden nur, wenn er dem Versicherungsnehmer zu ersetzen hat, was dieser zur Befriedigung des der Verfügung zugrunde liegenden Anspruchs leisten muß. Anm. 1 1. Vgl. HGB § 820 Abs. 2 Nr. 3, ASVB § 69 Abs. 2 Nr. 3. 2. Literatur: R a u s n i t z NeumannsZ 1916. m (Haftung des Nur-für-Seegefahr- Anm. 2 Versicherers für die Gefahr der Verfügung von Hoher Hand). R i t t e r ZfVW 1911. 761 (Arrestgefahr). Boye Hansa 1965. 2174 (Arrest gegen ausländische Linienreedereien). H e l b e r g , Der Abandon in der Seeversicherung auf rechtsvergleichender Grundlage, 1925. K e r s t e n , Die politischen Gefahren im Versicherungsrecht, Diss. Hamburg 1950. 3. Der Versicherer trägt auch die Arrestgefahr. Gemeint sind in § 36 alle Anm. 3 zivilgerichtlichen Verfügungen und Vollstreckungsmaßnahmen, insbesondere also auch der Arrest, die einstweilige Verfügung, aber auch die Pfändung der Frachtgüter. Die Überschrift des § 36 ist nur dem wichtigsten der hier geregelten Fälle entnommen. Siehe

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§ 36 über den Arrest als Verfügung von Hoher Hand im Sinne des § 73 dort Anm. 5. — Der Versicherer trägt deshalb auch diese Gefahren — wie alle anderen Gefahren (deshalb auch unrichtig V o i g t N A f H R 4. 207: Die Arrestgefahr sei nicht „als eigentliche Wirkung der Seereise anzuerkennen", M E 127: „Der Arrest sei an sich keine vom Versicherer übernommene Gefahr"; gemeint ist offenbar, die Arrestgefahr sei keine Gefahr der Seeschiffahrt, vgl. hierzu §28 Anm. 11). Er trägt die Arrestgefahr ebenso und im selben Umfang, wie jede andere Gefahr ( R i t t e r Z f V W 1 9 1 1 . 761, ArchBürgR 40. 409, S i e v e k i n g 92). In einzelnen Fällen der Arrestierung des versicherten Schiffes haben die Gerichte einen Anspruch auf Ersatz von Nutzungsverlust (OLG Hamburg ArchBürgR 40. 409, L G Hamburg Z f V W 1 9 1 1 . 762, 783) anerkannt. Als die Ladungsbeteiligten vom Schiffe wegen des Havariegrosse-Beitrags Sicherheit verlangten und mit der Arrestierung des Schiffes drohten und das Schiff Bankbürgschaft stellte, hat man den Anspruch des Kaskoversicherten auf Ersatz der Bankprovision anerkannt (LG Hamburg H G Z 1 9 1 1 , 9 3 ) . Diese Entscheidungen beruhen auf der Verkennung des Grundsatzes, daß der Versicherer zwar alle Gefahren trägt, aber nicht alle möglichen Schäden zu ersetzen hat (§ 28 Anm. 34). Der Versicherer haftet für Verluste und Beschädigungen, die durch Arreste entstehen, für die Aufwendungen, die zur Abwendung solchen Arrestschadens gemacht werden, für die durch den Arrest verursachten Kosten der Umladung, Lagerung und Weiterbeförderung der versicherten Güter (§ 95 Abs. 3). Durch den Arrest herbeigeführte Gefahränderungen gehen zu seinen Lasten, ohne daß er eine Zuschlagsprämie verlangen kann (§§ 24 Abs. 2, 25). Welche Umstände gefahrerheblich und deshalb bei der Schließung des Versicherungsvertrags anzuzeigen sind, wird auch dadurch mitbestimmt, daß der Versicherer „die Arrestgefahr trägt" usw. Nach R G 83. 172 sind im Falle der Versicherung von SchiffsMehrwert, wenn „der Reeder nicht in der Lage ist, die Sicherheit für die Kollisionsschuld zu leisten, und ihm dadurch das Schiff zunächst durch Arrest und im weiteren Verlauf endgültig verlorengeht, die weiteren Schäden, die er dadurch erleidet, nicht auf den Seeunfall, sondern auf den Mangel an bereiten Mitteln des Reeders zurückzuführen", ist also der Versicherer frei. Der Versicherer ist nicht ohne weiteres frei. Er trägt die Arrestgefahr. Der Versicherungsnehmer kann die Versicherungssumme verlangen, wenn das Schiff infolge des Arrestes total verlorengeht. Der Versicherungsnehmer muß aber diesen Verlust abwenden, zu diesem Zwecke die Weisungen des Versicherers einholen und befolgen, den zur Abwendung des Verlustes nötigen Vorschuß verlangen und zweckmäßig verwenden und, soweit er keinen Vorschuß verlangen kann, eigene Mittel aufwenden (vgl. §32 Anm. 16, 3 1 , §41 Anm. 10, 24, 33). — W e s w e g e n der Arrest erlassen ist, ob insbesondere wegen eines Anspruchs, für den der Versicherer einstehen muß (etwa wegen eines Anspruchs auf Ersatz von Kollisionsschaden), oder wegen eines anderen Anspruchs, ist für das H G B ohne Bedeutung ( S i e v e k i n g 92, R G H G Z 1901. 99; zweifelnd B r o d m a n n 191). — Nur in einem Punkte wird die Arrestgefahr vom H G B anders behandelt, als die übrigen Gefahren: Nicht der Versicherer muß beweisen, daß der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall herbeigeführt hat, sondern umgekehrt, der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r muß bew e i s e n , daß er den Arrest n i c h t „ v e r s c h u l d e t " hat (oben Anm. 6). Die ADS belassen es insoweit bei den allgemeinen Beweisgrundsätzen (vgl. § 33 Anm. 22), weichen aber in einem anderen Punkte von den Regeln ab, die für die Deckung der übrigen Gefahren gelten: Anm. 4

a) Der Versicherer haftet nur, wenn er dem Versicherungsnehmer zu ersetzen hat, was dieser dem Arrestgläubiger leisten muß. Diese (im E 1910 noch nicht enthaltene, erst 1 9 1 1 aufgenommene) Beschränkung des Risikos entspricht der Interessenlage. Der Versicherer kann nicht ohne weiteres erkennen, ob der Arrest-

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anspruch begründet oder unbegründet, und ob er demgemäß verpflichtet ist, bei der § 3 6 Abwehr des Anspruchs durch Vorschußleistung mitzuwirken, und soll in diese Lage nur insoweit verstrickt werden, wie es unumgänglich nötig ist. Deshalb sollte der Versicherer nach M E § 54 Abs. 2 Nr. 3 „die Gefahr des auf Antrag eines Dritten verhängten Privatarrestes" nur tragen, „sofern der demselben zugrunde liegende Anspruch sich auf einer übernommenen Gefahr gründet", — womit etwa dasselbe hat gesagt sein sollen, was § 36 ausspricht ( M E 1 2 7 ; vgl. auch M E § 45 Abs. 4). — Der Versicherer haftet also insbesondere, wenn er dem Versicherungsnehmer zu ersetzen hat, was dieser dem durch Schiffskollision geschädigten Arrestgläubiger leisten muß (§ 78). Oder wenn er dem Versicherungsnehmer zu ersetzen hat, was dieser zur Abwendung oder Minderung von Versicherungsschaden aufgewendet hat und dem Arrestgläubiger schuldig geworden ist, z. B. Hilfslohn (§ 32). Oder wenn er dem Versicherungsnehmer zu ersetzen hat, was dieser dem Arrest ausbringenden Havariegrosse-Genossen (§ 29), oder was der Güterversicherte dem Arrestgläubiger für Umladung, Lagerung oder Weiterbeförderung der Güter gemäß § 95 Abs. 3 zu zahlen hat. — In allen diesen Fällen haftet der Versicherer für den A r r e s t s c h a d e n . Insbesondere für den durch den Arrest entstandenen Verlust, etwa im Falle der nach ausländischem Recht zulässigen Zwangsversteigerung des arrestierten Schiffes oder im Falle der durch einstweilige Verfügung • zugelassenen Versteigerung der arrestierten Güter ( R G H G Z 1901. 98). Dauert die Arrestierung länger als zwei Monate, so kann der Versicherungsnehmer gemäß § 73 abandonnieren. Nach § 32 haftet der Versicherer auch für Aufwendungen, die zur Abwendung solchen Arrestschadens, insbesondere solchen Verlustes, gemacht werden. Hiernach k a n n also unter Umständen die Haftung des Versicherers für die Aufwendungen begründet sein, die der Versicherungsnehmer hat machen müssen, um dem Arrest des durch Schiffskollision Geschädigten vorzubeugen oder den bereits erlassenen und vollzogenen Arrest zu beseitigen (schief: H G Z 1 9 1 1 . 93, S i e v e k i n g 92: der Versicherer trage nicht die Gefahr eines „drohenden", sondern nur die Gefahr eines „wirklich verhängten" Arrestes). Läßt der Ladungsbeteiligte wegen des vom Schiffe zu entrichtenden Havariegrosse-Beitrags und der ihm nach § 730 H G B zu leistenden Sicherheit das Schiff arrestieren, so haftet der Kaskoversicherer nicht für den Arrestschaden, weil er (abgesehen von der im § 29 bestimmten Verpflichtung zur Bürgschaftsübernahme) für den Anspruch des Ladungsbeteiligten auf Sicherheitsleistung nicht einzustehen hat, und für die Abwendungskosten nicht, weil er nicht für den Schaden haftet (nach H G B haftet der Versicherer zwar grundsätzlich für den Arrestschaden; da aber die Sicherheitsleistung Sache nur des Versicherungsnehmers ist, würde dieser auch, wenn er nicht Sicherheit leistete und dadurch Arrest und Arrestschaden abwendete, die Folgen tragen müssen; R i t t e r Z f V W 1 9 1 1 . 781, S i e v e k i n g 92). — Wird durch den Arrest die G e f a h r g e ä n d e r t , insbesondere die Reise verzögert, so wird der Versicherer im allgemeinen nicht frei, weil der Versicherungsnehmer die Gefahränderung nicht vorgenommen oder gestattet haben wird (§ 23 Anm. 32). Anders insbesondere, wenn der Versicherungsnehmer, seiner Gefahrstandspflicht zuwider, dem Arrest vorzubeugen oder ihn zu beseitigen unterläßt, mag der Versicherer für den Arrestanspruch einzustehen haben oder nicht (vgl. § 23 Anm. 16). b) Der Versicherer haftet nur, wenn er dem Versicherungsnehmer ersetzen muß, Anm. 5 was dieser zur Befriedigung des Arrestanspruchs leisten muß. Es ist also vorausgesetzt, daß der A r r e s t a n s p r u c h sich g e g e n d e n V e r s i c h e r u n g s n e h m e r richtet. Richtet sich der Anspruch gegen einen Dritten, so ist § 36 unanwendbar, haftet also der Versicherer unbeschränkt. Wird z. B. das Schiff arrestiert, die Reise des Schiffes infolgedessen aufgegeben und die versicherte Ladung anderweit befördert, so haftet der Güterversicherer gemäß § 95 Abs. 3 für die Umladungs-, Lagerungs- und Weiter-

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§ 36 beförderungs-Kosten, obgleich der Versicherungsnehmer zur Befriedigung des Arrestanspruchs nichts zu leisten, der Versicherer ihm nichts zu ersetzen hat. Es ist derselbe Gedanke, der AHO 1731 V. 5 zugrunde lag: Der Versicherer haftet nicht „in Ansehung derjenigen, welcherwegen der Arrest geschehen", dagegen bleiben „die übrigen bey einem solchergestalt arrestirten Schiffe, mitinteressirten Rhedern und Befrachtern, derentwegen der Arrest nicht verhänget worden . . . iederzeit berechtiget" (oben Anm. 6); ähnlich AllgPlan 1847 §59: Der Versicherer ist frei, „wenn der Arrest auf den von ihm versicherten Gegenstand gelegt ist", und haftet, „wenn der versicherte Gegenstand nicht arrestiert gewesen ist" (vgl. auch P o h l s 4. 272). Im Falle R G 47. 173 hatte ein Schiffsgläubiger seine Forderung „Für behaltene Ankunft" des Schiffes versichert. Das Schiff wurde auf der versicherten Reise beschädigt, nahm Bodmereigelder auf, wurde repariert, von der ausbessernden Werft arrestiert und versteigert. Dabei fiel die versicherte Forderung aus, weil die späteren Schiffsgläubiger vorgingen. Der Versicherer haftete an und für sich; er würde auch nach § 36 ADS gehaftet haben, weil der Arrestanspruch sich nicht gegen den Versicherungsnehmer richtete. Gleichwohl haftete er nicht, ist der Versicherer mit Unrecht verurteilt worden (anders die Vorinstanz, aus freilich wiederum unzutreffenden Gründen: H G Z 1900. 176; vgl. dazu § 71 Anm.). Denn mit der Entstehung der späteren Schiffsgläubigerrechte war das versicherte Interesse weggefallen. Der Versicherungsnehmer hätte j a auch, wenn das Schiff nicht versteigert, sondern am Bestimmungsort wohlbehalten angekommen wäre, nichts erhalten. — Uber den Fall, daß das Schiff arrestiert wird und infolge hiervon die versicherte Fracht verlorengeht, vgl. § 105 Anm., auch HG Hamburg H H 26. Anm. 6

c) Der Arrestanspruch muß sich gegen den V e r s i c h e r u n g s n e h m e r richten. Uber den Begriff des Versicherungsnehmers: § 3 Anm. 4. Uber den Fall, daß mehrere Versicherungsnehmer beteiligt sind: Vorb. V vor § 1. — Wird die versicherte Sache veräußert, so rückt der Erwerber in die Stellung des Versicherungsnehmers ein. Es kann aber vorkommen, daß der Erwerber „leisten muß", was der Veräußerer schuldet (z. B. im Falle einer früheren Kollision). Wenn der Versicherungsnehmer die versicherten Güter verkauft hat, die Gefahr und damit der Hauptsache nach auch die Versicherung auf den Käufer übergegangen ist und der Darlehnsgläubiger des Verkäufers den Herausgabeanspruch des Verkäufers gegen den Transportführer arrestiert, kann der Käufer sich darauf berufen, daß der Arrest sich nicht gegen ihn, den Erwerber, sondern gegen den Verkäufer, den Veräußerer richtet. Der Verkäufer kann sich nicht darauf berufen, wenn sich ergibt, daß in Wirklichkeit er die Gefahr weiter getragen hat (§ 49 Anm.). — Im Falle der Versicherung für fremde Rechnung muß der Arrestanspruch gegen den Versicherten gerichtet sein. Denn Arrestschuldner und Versicherungsgläubiger müssen identisch sein. Anm. 7 d) § 36 beschränkt die Haftung des Versicherers. Dem § 36 darf also jedenfalls nicht die Auffassung entnommen werden, daß der Versicherer zwar nur unter den Voraussetzungen des § 36, im übrigen aber unbeschränkt für jeden Schaden hafte, der durch Arreste entsteht, z. B. für die Aufwendungen, die das wegen Schiffskollision arrestierte Schiff während der Dauer des Arrestes für den Unterhalt der Schiffsbesatzung machen muß, oder für den während dieser Zeit entgehenden Frachtgewinn. Der Versicherungsnehmer kann solchen Ersatz nur nach allgemeinen Grundsätzen verlangen, wenn der Versicherer mit der Erfüllung seiner Entschädigungspflicht oder mit der Erfüllung seiner Verpflichtung zum Ersatz oder zur Vorschußleistung von Schadenabwendungs-Kosten säumig ist. Wird also z. B. das versicherte Schiff wegen einer Schiffskollision (mit Recht) in Anspruch genommen und arrestiert, so wird der Versicherer auf Verlangen ungesäumt mitzuwirken haben, um den Arrest zu beseitigen und sich nicht Schadensersatz-Ansprüchen auszusetzen. Kann aber der Versicherer

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ohne Verschulden nicht erkennen, ob der Arrestanspruch mit Recht erhoben wird, so S 3 6 k o m m t er nicht in Verzug (vgl. auch § 44 A n m . 2). 4. § 36 gilt sinngemäß auch f ü r die Rückversicherung (§ 1 A n m . 136; vgl. § 35 Anm. 8 A n m . 48). 5. Fremde Rechte. N a c h englischem Recht trägt der Versicherer die Arrest- Anm. 9 gefahr ü b e r h a u p t nicht (oben A n m . 6). Ebenso in Frankreich (vgl. § 28 Anm. 44).

§ 3 7 Grenzen der H a f t u n g (1) Der Versicherer haftet für den während der versicherten Reise entstehenden Schaden nur bis zur Höhe der Versicherungssumme. Bei einer Versicherung, die sich auf das Schiff bezieht, finden die Bestimmungen des § 34 Abs. 3 entsprechende Anwendung. (2) Aufwendungen, die der Versicherer gemäß § 32 zu ersetzen hat, fallen ihm ohne Rücksicht darauf zur Last, ob sie zusammen mit der übrigen Entschädigung die Versicherungssumme übersteigen. (3) Sind Aufwendungen zur Abwendung oder Minderung oder zur Ermittlung oder Feststellung eines Schadens oder zur Wiederherstellung oder Ausbesserung der durch einen Versicherungsfall beschädigten Sache gemacht oder Beiträge zur großen Haverei geleistet oder ist eine persönliche Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Entrichtung solcher Beiträge entstanden, so haftet der Versicherer für einen Schaden, der durch einen späteren Versicherungsfall verursacht wird, ohne Rücksicht auf die ihm zur Last fallenden früheren Aufwendungen und Beiträge. (4) Soweit die Entschädigung und die Aufwendungen oder Beiträge die Versicherungssumme mit Rücksicht darauf übersteigen, daß der Versicherungsnehmer den einem Dritten durch einen Schiffszusammenstoß zugefügten Schaden ersetzen muß, finden die Bestimmungen der Absätze 2 und 3 keine Anwendung. 1. Vgl. H G B §840, ASVB §§92, 140 Abs. 2, BSVB §66 Abs. 1, V V G §§50, 63 Anm. 1 Abs. 1 Satz 2, 144. 2. Literatur: B r u c k H R Z 1922.495 (Gleitende Versicherungssumme). K n i t t e l Anm. 2 H R Z 1919. 10 ( H a f t u n g des Versicherers über 100%). K r e u t z i g e r , Die K o m m a n d o brücke 1963. 216 (Zu § 37 Abs. 1 ADS). P a u l y H R Z 1918. 394 (Zu §§ 92, 93 ASVB), H R Z 1919. 14, 245 (Wann haftet der englische Seeversicherer über 100%?). W ö r n e r L Z 1918. 233 (Beseitigung der Versicherungssumme als Ersatzgrenze). 3. A b s . 1 . Der Versicherer haftet nur bis zur H ö h e der Versicherungs- Anm. 3 s u m m e . Das versteht sich von selbst. D e n n es ist j a das Wesen der Versicherungssumme, d a ß sie den Höchstbetrag dessen angibt, was der Versicherer leisten will u n d soll (§ 6 A n m . 10; vgl. H a n s O L G H a m b u r g VersR 1963. 499). W e n n z. B. das versicherte Schiff auf der Reise in englischen Gewässern zweimal mit anderen Schiffen zusammenstößt u n d infolge der im englischen Recht geltenden beschränkt persönlichen H a f t u n g des Reeders (die auch in der Bundesrepublik Deutschland nach Ratifizierung des Übereinkommens über die beschränkte Reederhaftung vom 10. Oktober 1957 — vgl. dessen Wiedergabe bei Schaps-Abraham I I 67 — eingeführt werden wird) der Versicherungsnehmer den geschädigten Schiffen das Doppelte der Versicherungssumme

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Haftungsgrenze

§ 37

als Schadensersatz zahlen m u ß , haftet der Versicherer doch nur mit der Versicherungssumme. Ebenso, w e n n auf der versicherten Reise ein Teilschadens-Fall und ein Havariegrosse-Fall eintreten und die dem Kaskoversicherer zur Last fallenden Ausbesserungskosten zusammen mit dem Havariegrosse-Beitrag mehr betragen als die Versicherungssumme (§ 29 A n m . 3g). — V i e l f a c h finden sich neuerdings bei Kasko- und Frachtversicherungen sog. Separathaftungsklauseln (vgl. A r g y r i a d i s V e r s R 1963. 607), die entweder nur für mittelbare Kollisionsschäden gelten oder auch für j e d e n Fall der H a f t u n g des K a s k o - oder des Frachtversicherers infolge der Inanspruchnahme des Versicherungsnehmers durch Dritte. V g l . die bei A r g y r i a d i s a . a . O . angegebenen K l a u s e l n : „ D i e Haftpflicht in Kollisionsfällen Dritten gegenüber gilt als gedeckt, als ob sie separat von den anderen Gefahren versichert wäre. Etwaiger Schadensersatz an Dritte ist also bis zur H ö h e der Versicherungssumme zu bezahlen, unbeschadet des etwaigen gleichzeitigen eigenen Schadens auf K a s k o " , oder „ D e r z u Lasten dieser Versicherung gehende Schadenersatz a n Dritte gilt als gedeckt, als o b er separat von den anderen Gefahren versichert wäre. Solcher Schadenersatz an Dritte ist also bis zur vollen H ö h e der Versicherungssumme zu zahlen, unbeschadet des etwaigen gleichzeitigen eigenen Schadens auf Frachtgelder." D u r c h derartige Klauseln wird die mögliche H a f t u n g des Versicherers entgegen § 37 Abs. 1 bis z u m Doppelten der V e r sicherungssumme erhöht, was v o n Bedeutung sein kann, w e n n durch einen v o m V e r sicherungsnehmer z u vertretenden Schiffszusammenstoß einerseits das Schiff oder die Frachtforderung des Versicherungsnehmers untergegangen, andererseits aber eine Haftpflicht des Versicherungsnehmers Dritten gegenüber entstanden ist, ohne d a ß seine H a f t u n g auf Schiff und Fracht beschränkt ist, z. B. wegen persönlichen V e r schuldens und wegen H a f t u n g nach fremdem R e c h t mit summenmäßiger Begrenzung der Reederhaftung ( A r g y r i a d i s a. a. O . ) .

Anm. 4

4. Für das H G B gilt es gleich, ob die Versicherung für Zeit oder für Reisen, für eine oder für mehrere Reisen, für eine einheitliche oder für eine zusammengesetzte Reise genommen ist. Der Versicherer haftet, wenn das versicherte Schiff z w a r auf verschiedenen Reisen, aber während der D a u e r der Versicherung z w e i m a l mit anderen Schiffen zusammenstößt und der Versicherungsnehmer deshalb mit dem Doppelten des ganzen Schiffsvermögens haftet, doch nur mit der Versicherungssumme. Anders nach der Verkehrsanschauung (vgl. V o i g t 504, 510). Dieser sind die A D S gefolgt, wenngleich nicht gerade in vorbildlicher Form.

Anm. 5

5. § 37 Abs. 1 Satz 1 spricht den Grundsatz, daß der Versicherer nur mit der V e r sicherungssumme haftet, nur für den Fall der R e i s e Versicherung aus (verb. ,,während der versicherten R e i s e " ; gegen diese übliche und leicht verständliche Bezeichnung der „Reise, für deren D a u e r die Versicherung genommen ist", ohne G r u n d K i s c h 2. 83; vgl. auch H G B § § 8 1 3 , 814, 827, 828, a u c h A r n o u l d 400 s. 428 usw.: v o y a g e insured). Nicht als ob der Grundsatz für die Zeitversicherung überhaupt nicht gälte. Sondern, weil er für die Zeitversicherung regelmäßig nicht unbeschränkt gilt, die Versicherungszeit hier nämlich regelmäßig in Haftungsreisen aufgelöst wird.

Anm. 6

a) Bei Versicherungen, die sich auf das Schiff beziehen, findet § 34 Abs. 3 entsprechende A n w e n d u n g , — m a g die Versicherung für Zeit oder Reise, eine oder mehrere Reisen, eine einheitliche oder eine zusammengesetzte Reise genommen sein. Die Versicherung wird für den U m f a n g der Haftung des Versicherers in einzelne Versicherungsabschnitte, Haftungsreisen, aufgelöst. Die Versicherungssumme wird z w a r durch den während einer Haftungsreise entstandenen Schaden gemindert, füllt sich aber mit dem A b l a u f der Haftungsreise von selbst wieder auf. •— Die Haftungsreisen sind dieselben wie die Franchisereisen (deshalb näheres: § 34 A n m . 10). — Ü b e r den Begriff der Versicherung, die „sich auf das Schiff b e z i e h t " : § 33 A n m . 32.

Haftungsgrenze

619

b) Versicherungen, die sich auf die G ü t e r beziehen, werden regelmäßig ReiseVersicherungen sein. Welche Reise versichert ist, muß der Vertrag ergeben; so insbesondere, wenn etwa Hin- und Rückreise zusammen versichert sind. — Ist die Güterversicherung für Z e i t genommen, so bewendet es im allgemeinen bei dem unausgesprochenen, aber aus dem Wesen der Versicherungssumme sich ergebenden Grundsatz, daß der Versicherer nur mit der Versicherungssumme haftet. Unter Umständen mag aber auch § 37 Abs. 1 Satz 2 sinngemäß anzuwenden sein, so etwa im Falle der Zeitversicherung von Seemannseffekten (vgl. § 34 Anm. 10). 6. Ist keine Versicherungssumme bestimmt, so bildet der V e r s i c h e r u n g s w e r t die Höchstgrenze der Leistung des Versicherers (§6 Anm. 17). Ebenso im Falle der Uberversicherung (§ 9 Abs. 1). 7. A b s . 2 , 3 . E r s t e A u s n a h m e : D e r V e r s i c h e r e r h a f t e t f ü r d i e A u f w e n d ü n g e n d e s § 3 2 ü b e r d i e V e r s i c h e r u n g s s u m m e h i n a u s (siehe z. B. H a n s O L G Hamburg V e r s R 1963. 449). Nicht auch für andere Aufwendungen. Nicht für Aufwendungen, die zur großen Haverei gehören (§ 29 Anm. 39). Nicht für die Aufwendungen des § 95 Abs. 3. Z w e i t e A u s n a h m e . Abs. 2 würde (ebenso wie § 840 Abs. 2 H G B ) auch anwendbar sein, wenn in mehreren Versicherungsfällen Aufwendungen gemacht sind. Abs. 3 bestimmt darüber aber noch besonders: Der Versicherer haftet für die Aufwendungen des § 32 auch i n s p ä t e r e n V e r s i c h e r u n g s f ä l l e n über die Versicherungssumme hinaus. Aufwendungen des § 32 mindern also die Versicherungssumme in k e i n e m Sinne. Ist das versicherte Schiff gesunken und geborgen und hierauf zum zweiten Male gesunken und geborgen, so hat derVersicherer die inzwischen gezahlten Kosten der ersten Bergung ohne Rücksicht auf die Versicherungssumme zu ersetzen. Sind die Kosten der ersten Bergung noch nicht gezahlt und nur durch den der Versicherungssumme entsprechenden Wert des Schiffes gedeckt, so haftet der Versicherer für sie nur mit der Versicherungssumme; der Versicherungsnehmer kann natürlich nicht die Kosten der ersten Bergung, auch soweit er (sie zwar schuldet, aber) für sie nicht haftet, zahlen und vom Versicherer Ersatz über die Versicherungssumme hinaus verlangen (ebenso mit teilw. abw. Begründung L G u. O L G Hamburg H G Z 1920. 1 3 : Fall T u r i n ; vgl. dazu auch § 32 Anm. 1 1 ) . Wenn das Schiff 1 000000 wert und für 1000000 versichert ist, die Kosten der ersten Bergung 750000, die der zweiten Bergung 500000 betragen, hat der Versicherer nur 1000000 zu zahlen. Aber auch wenn das Schiff 2000000 wert und für nur 1000000 vollversichert ist, braucht der Versicherer regelmäßig nicht mehr als 1000000 zu zahlen; denn Aufwendungen von mehr als 1000000 sind zur Abwendung von Versicherungsschaden nicht geboten ( § 3 2 Anm. 19).

§ 37 Anm. 7

Anm. 8

Anm. 9

Anm. 10

D r i t t e A u s n a h m e . D e r V e r s i c h e r e r h a f t e t f ü r A u f w e n d u n g e n , d i e z u r Anm. 11 W i e d e r h e r s t e l l u n g o d e r A u s b e s s e r u n g der durch den Versicherungsfall beschädigten Sache gemacht sind, ü b e r d i e V e r s i c h e r u n g s s u m m e h i n a u s : die Versicherung wird mit wieder aufgefüllter Versicherungssumme fortgesetzt. Der Versicherungsnehmer soll nicht genötigt sein, von neuem Versicherung zu nehmen. — Solche Aufwendungen können auch Aufwendungen zur Abwendung des Versicherungsschadens sein und fallen dann dem Versicherer schon nach § 37 Abs. 2 ohne Rücksicht auf die Versicherungssumme zur Last. So etwa, wenn die vollständige Ausbesserung des versicherten Schiffes im Zwischenhafen zu teuer ist und infolgedessen eine Notreparatur erforderlich wird. Solche Notreparatur wird insbesondere auch zur Abwendung von versichertem Frachtschaden erforderlich sein können. Doch fallen solche Aufwendungen regelmäßig nur dem Kaskoversicherer, nicht dem Frachtversicherer zur Last (§ 32 Anm. 16). Auch die Aufwendungen für die endgültige Reparatur können Aufwendungen zur Abwendung von Frachtverlust sein; aber auch sie fallen, nach der Verkehrsanschauung, nicht dem

620

Haftungsgrenze

§ 37

Frachtversicherer, sondern nur dem Kaskoversicherer zur Last. Die Aufwendungen für Heuer und Unterhalt der Schiffsbesatzung im Reparaturhafen fallen weder dem Fracht- noch dem Kaskoversicherer zur Last (§ 29 Anm. 32). — Aufwendungen sind zur Ausbesserung usw. auch dann „ g e m a c h t " , wenn die Ausbesserungskosten noch nicht gezahlt sind, sondern noch g e s c h u l d e t werden (vgl. § 32 Anm. 6, 20). Z w a r läßt § 37 Abs. 3 ausdrücklich nur für den Fall der Entstehung einer persönlichen Verpflichtung zur Zahlung von Havariegrosse-Beiträgen den Versicherer über die Versicherungssumme hinaus haften. Zwar stellt § 38 Abs. 2 ausdrücklich den „verwendeten" Ausbesserungskosten die Kosten gleich, „zu deren Zahlung der Versicherungsnehmer persönlich verpflichtet ist". Aber gegenüber dem allgemeinen Rechtsbegriff der „Aufwendungen" (§ 32 Anm. 6), gegenüber der Interessenlage und dem Zwecke der Bestimmung kann das argumentum e contrario nicht verschlagen. Anders, wenn der Versicherungsnehmer die Ausbesserungskosten zwar schuldet, aber nicht für sie haftet. Ist das Schiff für die Ausbesserungskosten verbodmet und später untergegangen, so hat der Versicherer nur die Ausbesserungskosten und den Unterschied zwischen Versicherungssumme und Ausbesserungskosten, im Ergebnis also die Versicherungssumme zu zahlen (§ 71 Anm., T h e Dora Forster 1900 bei A r n o u l d 1008 s. 1 0 3 2 ; vgl. auch § 1 Anm. 10, 106).

Anm. 12

Vierte Ausnahme. Der Versicherer haftet f ü r Havariegrosse-Beiträge nicht ü b e r d i e V e r s i c h e r u n g s s u m m e h i n a u s (§ 29 Anm. 39). Anders, w e n n d i e B e i t r ä g e g e l e i s t e t sind, wenn z. B. Schiff und Güter unterwegs voneinander scheiden und der versicherte Reeder bei der sofort gemäß § 727 H G B vorgenommenen Havariegrosse-Verteilung seinen Beitrag an die Havariegrosse-Genossen leistet. Das durch das Beitragspfandrecht beeinträchtigte Eigentümerinteresse ist wiederhergestellt. Die Versicherung wird mit wiederaufgefüllter Versicherungssumme fortgesetzt. — Der Zahlung des Beitrages wird die S i c h e r h e i t s l e i s t u n g für den Beitrag gleichzustellen sein. So etwa, wenn die Ladung den Bestimmungsort erreicht, vom versicherten, beitragsbelasteten Schiffe Sicherheit verlangt und das Schiff den Hafen verlassen will, um die Reise fortzusetzen (vgl. H G B § 730). Oder wenn die versicherten, beitragsbelasteten Güter Sicherheit leisten müssen und die Versicherung fortdauert; wenn sie z. B. Sicherheit leisten, ausgeladen werden, gemäß § 88 Abs. 3 noch 10 T a g e versichert bleiben und während dieser 10 T a g e verbrennen. So natürlich erst recht, wenn der Versicherer gemäß § 29 Abs. 1 durch Übernahme der Bürgschaft Sicherheit leistet.

Anm. 13

F ü n f t e A u s n a h m e . Der Versicherer haftet für Havariegrosse-Beiträge über die Versicherungssumme hinaus, w e n n d e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r (oder der Versicherte) z u r E n t r i c h t u n g d e r B e i t r ä g e p e r s ö n l i c h v e r p f l i c h t e t ist, d. h. nicht nur mit dem versicherten Gegenstand haftet. So etwa, wenn der versicherte Reeder die Beitragspflicht kennt und das Schiff gleichwohl zur neuen Reise in See sendet ( H G B § 774 Abs. 1). Aber auch, wenn der Empfänger die Beiträge kennt und die versicherten Güter annimmt, der Versicherungsnehmer ihm auch den Beitrag erstatten muß ( H G B § 726 Abs. 2). Der Versicherungsnehmer kann also auf diese Weise die Haftung des Versicherers erweitern. Das darf natürlich nicht willkürlich geschehen. Das Verhältnis ist demjenigen ähnlich, das zwischen Rückversicherer und abwicklungsberechtigtem Vorversicherer besteht. Die dafür geltenden Grundsätze werden daher auch hier anzuwenden sein. Der Versicherungsnehmer muß also so verfahren, wie er, unversichert, verständlicher Weise verfahren würde (§ 1 Anm. 154); sonst ist die SchadenabwendungsPflicht verletzt und der Versicherer frei.

Anm. 14

8. A b s . 4 . Die Ausnahmen gelten n i c h t , s o w e i t d i e V e r s i c h e r u n g s s u m m e deshalb ü b e r s c h r i t t e n wird, w e i l d e r V e r s i c h e r e r auch f ü r i n d i r e k t e n K o l l i s i o n s s c h a d e n h a f t e t . Beispiel: Die Versicherungssumme beträgt 100000, der indirekte

Haftungsgrenze

621

Kollisionsschaden 60000, der direkte Kollisionsschaden 30000, ein Havariegrosse-Beitrag § 3 7 20 000 ; die erfolglos g e m a c h t e n A u f w e n d u n g e n zur A b w e h r des vom Gegensegler geltendg e m a c h t e n Schadenersatz-Anspruchs b e t r a g e n 10000. Der Versicherer h a t zu ersetzen 60000 + 30000, v o m Havariegrosse-Beitrag 10000, von den A u f w e n d u n g e n nichts. Gleichwohl bleibt d e r Versicherungsnehmer g e m ä ß § 41 z u r A b w e n d u n g u n d M i n d e r u n g des Schadens verpflichtet; er m u ß also die d a f ü r erforderlichen A u f w e n d u n g e n u n t e r U m s t ä n d e n selbst tragen (näheres: § 78 A n m . ) . — Die Bestimmung des Abs. 4 wird d u r c h G r ü n d e der Logik oder der Zweckmäßigkeit nicht gerechtfertigt. Es h a n d e l t sich u m eine positive Bestimmung zur E i n s c h r ä n k u n g der H a f t u n g des Versicherers f ü r indirekten Kollisionsschaden, die erst in letzter S t u n d e u n d gegen den W i d e r s p r u c h V o i g t s (Bemerk. 1866. 8) in die A S V B a u f g e n o m m e n ist. Eine a u s d e h n e n d e Auslegung des Abs. 4 ist unzulässig, so etwa auf den Fall der Beschädigung eines Kabels d u r c h den Anker des versicherten Schiffes ( H a n s O L G H R Z 1924. 495 = H G Z 1924 N r . 82 = Sasse N r . 319). 9. Die (ausnahmsweise) U b e r h a f t u n g ist d e m Versicherer unerwünscht. Der Ver- A n m . 15 Sicherungsnehmer w a r deshalb n a c h § 68 A S V B verpflichtet, f ü r Havereigelder den versicherten Gegenstand zu v e r b o d m e n oder Versicherung zu n e h m e n : Diese Verpflichtung ist weggefallen. N ä h e r e s : § 41 A n m . 17. 10. § 37 gilt s i n n g e m ä ß a u c h f ü r die Rückversicherung (§ 1 A n m . 136). D a b e i A n m . 16 ist zu berücksichtigen, d a ß d e r Rückversicherungs-Wert a u c h die A u f w e n d u n g e n u m faßt, die der Vorversicherer d e m Vorversicherten ersetzen m u ß (vgl. § 6 A n m . 41), u n d RückVersicherungssummen deshalb nicht vereinbart zu w e r d e n pflegen. Das ist z w a r nicht so sehr f ü r § 37, wohl a b e r f ü r § 38 von Bedeutung. 11. F r e m d e Rechte, a) E n g l i s c h e s R e c h t . Der Versicherer haftet n u r mit der A n m . 17 Versicherungssumme, insbesondere a u c h f ü r particular charges u n d salvage charges (hierüber § 32 A n m . 33). N a c h der suing a n d labouring clause (§ 32 A n m . 33) haftet er f ü r particular charges ü b e r die Versicherungssumme hinaus (dagegen nicht f ü r general average losses a n d contributions: M I A § 78 Abs. 2). F ü r Schadenfeststellungs-Kosten haftet er wie n a c h d e u t s c h e m R e c h t (§ 32 A n m . 33). — A b e r dies gilt nur, wenn sich ein Versicherungsfall ereignet hat. Ereignen sich m e h r e r e Versicherungsfälle, so haftet d e r Versicherer jedesmal von n e u e m in derselben Weise: the insurer is liable for successive losses, even t h o u g h t h e total a m o u n t of such losses m a y exceed the s u m insured ( M I A § 77 Abs. 1). A b e r : where . . . a partial loss which has not been repaired or otherwise m a d e good, is followed by a total loss, the assured can only recover in respect of the total loss ( M I A § 77 Abs. 2; vgl. d a z u I T C Ziff. 16: I n no case shall U n d e r w r i t e r s be liable for u n r e p a i r e d d a m a g e in addition to a subsequent total loss sustained d u r i n g t h e period covered by this Policy or any extension thereof u n d e r Clause 4). W e n n ein mit d e r r u n n i n g d o w n clause f ü r 300000 versichertes Schiff auf der versicherten Reise in englischen Gewässern d r e i m a l mit a n d e r e n Schiffen zusammenstößt u n d jedesm a l infolge der i m englischen R e c h t geltenden, beschränkt-persönlichen H a f t u n g des Reeders 300000, i m g a n z e n also 900000 zu zahlen hat, haftet d e r Versicherer, d e r n a c h der r u n n i n g d o w n clause n u r % des indirekten Kollisionsschadens zu ersetzen h a t (§ 78 A n m . ) , f ü r d r e i m a l 225000 = 675000. b) F r a n z ö s i s c h e s R e c h t . Der Versicherer haftet n u r mit der Versicherungssumme A n m . 18 (vgl. § 32 A n m . 34). Zeitversicherungen pflegen in Reiseversicherungen zerlegt zu werden (sog. assurance à temps et à p r i m e liée). N ä h e r e s : R i p e r t N r . 2719 (hier auch ü b e r den, h e u t e nicht m e h r v o r k o m m e n d e n , Ausnahmefall des Loskaufs).

622 §

A b a n d o n des Versicherers § 3 8

3 8

Befreiung v o n d e r H a f t u n g n a c h d e m V e r s i c h e r u n g s f a l l (1) Der Versicherer ist nach dem Eintritte des Versicherungsfalls berechtigt, sich durch Z a h l u n g der Versicherungssumme von allen weiteren Verbindlichkeiten zu befreien. (2) Der Versicherer

bleibt

trotz der Befreiung z u m

Ersätze der

Kosten

verpflichtet, die zur A b w e n d u n g oder Minderung des Schadens oder zur Wiederherstellung oder Ausbesserung der versicherten Sache verwendet worden sind, bevor seine Erklärung, daß er sich durch Z a h l u n g der befreien wolle,

dem Versicherungsnehmer

zugegangen

Versicherungssumme ist; den

verwendeten

Kosten stehen solche Kosten gleich, zu deren Z a h l u n g der Versicherungsnehmer persönlich verpflichtet ist. D i e Bestimmung des § 37 Abs. 4 findet entsprechende Anwendung. (3) Das R e c h t , sich durch Z a h l u n g der Versicherungssumme zu befreien, erlischt, wenn die im Absatz 2 Satz 1 bezeichnete Erklärung dem Versicherungsnehmer nicht binnen fünf Werktagen nach dem Zeitpunkt, in dem der V e r sicherer von dem Versicherungsfall und seinen unmittelbaren Folgen Kenntnis erlangt hat, zugeht. (4) D e r Versicherer erwirbt durch die Z a h l u n g keine Rechte an den versicherten Anm. 1

Gegenständen.

1. V g l . H G B §§ 841, 842, A S V B §§ 93, 94, 140 A b s . 2, V V G § 145.

Anm. 2

2. L i t e r a t u r . F l e i s c h f r e s s e r H R Z 1 9 2 1 . 8 5 7 ( G r o ß e H a v a r i e — Versicherera b a n d o n ) . H e l b e r g , D e r A b a n d o n in der Seeversicherung, 1925. 147f.. W ö r n e r D V Z 1905. 180 ( K ü n d i g u n g s r e c h t des Versicherers b e i m Versicherungsfall). — W e i t e r e L i t e r a t u r : § 37 A n m . 2.

Anm. 3

3. A b s . 1. W e n n das versicherte S c h i f f oder die versicherten G ü t e r vernichtet w e r d e n , ist die S a c h - u n d R e c h t s l a g e einfach. W e n n a b e r das S c h i f f sinkt, w e n n es strandet, w e n n es v o m F e i n d e g e n o m m e n w i r d , entsteht, m a g a u c h i m A u g e n b l i c k keine Aussicht a u f R e t t u n g bestehen, eine Z e i t der U n g e w i ß h e i t , die d e m V e r s i c h e r e r verhängnisvoll w e r d e n k a n n . D e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r k a n n n a c h §§ 7 1 , 91 die V e r sicherungssumme v e r l a n g e n . W e n n er sie v e r l a n g t , ist die L a g e w i e d e r klar. D e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r k a n n a b e r a u c h w a r t e n . E r k a n n f ü r die R e t t u n g g r o ß e A u s g a b e n m a c h e n . O b die R e t t u n g E r f o l g h a t oder nicht, die K o s t e n fallen d e m V e r s i c h e r e r z u r Last. D e r V e r s i c h e r e r m u ß sie ü b e r die V e r s i c h e r u n g s s u m m e hinaus v e r g ü t e n . D i e K o s t e n k ö n n e n ins U n g e m e s s e n e w a c h s e n . D e r V e r s i c h e r e r m u ß diesem Z u s t a n d ein E n d e m a c h e n k ö n n e n . D a s M i t t e l d a z u ist der sog. A b a n d o n d e s V e r s i c h e r e r s (Prot. 3464; ein anderes M i t t e l : § 32 A n m . i g , § 41 A n m . 20). — D e r A b a n d o n des Versicherers ist a b e r n a t ü r l i c h a u c h v o n B e d e u t u n g , w e n n das S c h i f f oder die G ü t e r , a u f w e i c h e die V e r s i c h e r u n g sich bezieht, n o c h nicht v e r l o r e n g e g a n g e n sind, a b e r T o t a l verlust oder a u c h nur T e i l s c h a d e n u n d U b e r h a f t u n g d r o h e n (Prot. 3466). So insbesondere, w e n n das versicherte Interesse u n t e r t a x i e r t ist. — D e s h a l b b e s t i m m t e schon A H O 1731 X I V . 2 : „ W a n n ein A s s e c u r a d e u r sein gezeichnetes C a p i t a l sofort b e z a h l e t , u n d z u d e n U n k o s t e n , die z u r B e r g u n g u n d W i e d e r - E r h a l t u n g der S c h i f f e u n d e i n g e l a d e n e n G ü t e r erfordert w e r d e n , keinen E i n s c h u ß t h u n w i l l ; so ist er d a m i t v o n seiner V e r p f l i c h t u n g befreyet, u n d z u e i n e m m e h r e r n nicht g e h a l t e n " .

Abandon des Versicherers

623

4. Der Versicherer kann im Versicherungsfall die Versicherungssumme aufgeben und dadurch die Versicherung aufheben, „abandonnieren". Sind m e h r e r e Versicherer beteiligt, jeder einzelne. Ist einer von ihnen „Führer", so kann er auch für die übrigen Versicherer abandonnieren (Vorb. vor § 1 Anm. 46). — Der Versicherungsnehmer kann die Versicherung nicht aufheben (anders für die Feuer-, Hagel- und Haftpflichtversicherung: V V G §§ 96, 1 1 3 , 158; anders in beschränktem Umfang auch nach den ADS §§ 71, 72 usw.). 5. Der Versicherer ist berechtigt, zu abandonnieren. Ein an eine bestimmte Ausübungsfrist gebundenes Gestaltungsrecht. Es wird im Konkurs des Versicherers vom Konkursverwalter ausgeübt. Der Konkursverwalter kann es aber nur so ausüben, wie der Gemeinschuldner es hat und ausüben kann. Er muß also Zahlung der g a n z e n Versicherungssumme anbieten. Er kann nicht bloß Zahlung der Konkursdividende anbieten. Vgl. R G 52. 408. 6. Der Versicherer kann nach d e m Eintritt des Versicherungsfalls abandonnieren. Versicherungsfall ist das Ereignis, durch das die Leistungspflicht des Versicherers begründet wird, die Verpflichtung, Versicherungsschaden zu ersetzen oder auch nur Aufwendungen zu ersetzen oder vorzuschießen (§ 5 Anm. 31). Die bloße Tatsache, daß ein Gefahrereignis, insbesondere ein Unfall, sich zugetragen hat, berechtigt den Versicherer noch nicht zu abandonnieren. — Treten während der Dauer der Versicherung mehrere Versicherungsfälle ein, so kann der Versicherer nach jedem einzelnen abandonnieren, wenn er nicht schon früher abandonniert hat. 7. Der Versicherer ist berechtigt, sich durch Zahlung der Versicherungss u m m e zu befreien. Hiernach würde das Gestaltungsrecht durch Zahlung auszuüben sein. Das ist aber nicht die Meinung. Diese kommt im § 38 Abs. 2, 3 zum Ausdruck: Das Gestaltungsrecht wird ausgeübt durch die „ E r k l ä r u n g (des Versicherers), daß er sich durch Zahlung der Versicherungssumme befreien wolle", dadurch, daß der Versicherer „seinen Entschluß", sich zu befreien, „erklärt" (so HGB § 842; vgl. K i s c h WuRVers 1916. 302, auch E 1910 § 40 Abs. 2, der gerade, um Mißverständnisse zu vermeiden, geändert ist; besser: AllgPlan 1847 § 1 1 4 : „Sind einem Schiffe . . . Unglücksfälle überkommen, so ist der Versicherer, wenn er . . . sein gezeichnetes Capital zum Vollen . . . bezahlen zu wollen erklärt, damit . . . befreiet . . ."). a) Über den Begriff der V e r s i c h e r u n g s s u m m e : § 6 Anm. 10. Ist keine Versicherungssumme bestimmt, so muß sich der Versicherer zum Ersatz des V e r s i c h e rnugswerts erbieten (§ 6 Anm. 17). Ebenso im Falle der Uberversicherung (§ 9 Abs. 1). b) Die E r k l ä r u n g ist eine empfangsbedürftige (im übrigen keiner besonderen Form bedürfende) Willenserklärung (§ 38 Abs. 3). Über empfangsbedürftige Erklärungen : Vorb. I V vor § 1. Uber Erklärungen gegenüber Vertretern, insbesondere Gesamtvertretern des Versicherungsnehmers: § 3 Anm. 18. — Bei der Versicherung für f r e m d e Rechnung ist gegenüber dem Versicherungsnehmer zu erklären. Der Versicherer kann aber auch dem Versicherten erklären, wenn dieser die Zustimmung des Versicherungsnehmers oder die Police besitzt und demgemäß über die Rechte aus dem Vertrag verfügen kann (§ 53 Abs. 2; ansch. abw. K i s c h WuRVers 1916. 304). Denn das Verfügungsrecht schließt die Befugnis ein, Erklärungen entgegenzunehmen, die Verfügungswirkungen haben (Begr. z. V V G §§ 75, 76; näheres: § 53 Anm.). — Ist die versicherte Sache (vor oder nach dem Versicherungsfall) v e r ä u ß e r t , so kann der Versicherer gleichwohl (auch) dem Veräußerer erklären. Anders, nachdem er von der Veräußerung Kenntnis erlangt hat (§ 49 Abs. 2). — Der Versicherungsnehmer braucht die Erklärung nicht anzunehmen oder sich mit ihr einverstanden zu erklären. Die Befreiung tritt nicht erst durch Vereinbarung ein, sondern unmittelbar durch die e i n s e i t i g e Erklärung. — Die Erklärung muß (gleich allen rechtsgestaltenden Erklärungen) b e s t i m m t sein.

§ 38 Anm. 4

Anm. 5

Anm. 6

Anm. 7

Anm. 8 Anm. 9

624

A b a n d o n des Versicherers

§ 3 8 Der Versicherungsnehmer m u ß wissen, w o r a n er ist. Sie darf also nicht bedingt sein, w e n n die Bestimmtheit u n t e r der Bedingtheit leidet. U n w i r k s a m w ü r d e z. B. die Erk l ä r u n g des Versicherers sein, d a ß er f ü r den Fall a b a n d o n n i e r e , d a ß das versicherte, d u r c h die Kollision beschädigte Schiff a n der Kollision Schuld h a b e u n d deswegen den Schaden des Gegenseglers ersetzen müsse. W i r k s a m dagegen die E r k l ä r u n g , d a ß er f ü r den Fall a b a n d o n n i e r e , d a ß sich b e w a h r h e i t e n werde, d a ß der Versicherungsfall eingetreten, das Schiff z. B. gesunken sei; d e n n der Eintritt des Versicherungsfalls ist ohnehin Voraussetzung der Wirksamkeit des A b a n d o n s . — A n f e c h t u n g der E r k l ä r u n g wegen I r r t u m s usw.: BGB §§ 119, 123. I r r t u m ü b e r die Rettungsaussicht ist I r r t u m i m Beweggrund u n d berechtigt d a h e r nicht z u r A n f e c h t u n g ( K i s c h W u R V e r s 1916. 302). — E r k l ä r u n g d u r c h V e r t r e t e r : BGB §§ 174, 180. A n m . 10

8. R e c h t s f o l g e n des A b a n d o n s :

a) Der Versicherer m u ß die Versicherungssumme zahlen (oder den Versicherungswert erstatten: oben A n m . 8). A n u n d f ü r sich die g a n z e Versicherungss u m m e . A u c h d a n n , w e n n m e h r e r e Gegenstände versichert sind, n u r eine Versicherungss u m m e bestimmt ist u n d einzelne Gegenstände besonders taxiert sind; d e n n die einzelnen Gegenstände gelten z w a r als besonders versichert, aber n u r zugunsten des Versicherungsnehmers (§ 7 Abs. 1). — » W a r . . . ein Teil der versicherten Sachen der . . . G e f a h r bereits entzogen, so h a t d e r Versicherer . . . den auf j e n e n Teil fallenden Teil d e r Versicherungssumme nicht zu e n t r i c h t e n " . So ausdrücklich § 841 Abs. 2 H G B . Es versteht sich von selbst u n d ist deshalb i m V V G u n d in den A D S nicht besonders ausgesprochen ( K i s c h W u R V e r s 1916. 305). Ist die H ä l f t e der versicherten K o h l e n i m Zwischenhafen abgeliefert u n d die Versicherung insoweit (wenngleich vor d e r Zeit) beendigt, so b r a u c h t der Versicherer, w e n n später ein Versicherungsfall eintritt, natürlich n u r die halbe Versicherungssumme a n z u b i e t e n u n d zu zahlen. Ebenso versteht sich von selbst, d a ß , w e n n das versicherte Schiff beschädigt ist u n d , noch nicht ausgebessert, einen Versicherungsfall erleidet, der Versicherer n u r die Versicherungssumme weniger den Beschädigungsschaden anzubieten u n d zu zahlen b r a u c h t (vgl. § 4 A n m . 5, 13). H a t er a u c h den Beschädigungsschaden zu ersetzen, so bleibt er n a t ü r l i c h a u c h insoweit verpflichtet (unten A n m . 11). Ähnlich, w e n n infolge eines f r ü h e r e n Versicherungsfalls eine Kollisions- oder Beitragsschuld auf d e m Schiffe r u h t , f ü r die der Versicherungsn e h m e r nicht u n b e s c h r ä n k t haftet. — Gerettetes k a n n der Versicherer nicht abziehen (§ 38 Abs. 4). W o h l aber, was der Versicherungsnehmer anderweit zur Ausgleichung des Schadens erlangt h a t (§ 71 A n m . ; vgl. a u c h V o r b . I X vor § 1 u n d u n t e n A n m . 19).

Anm. 11

b) Der Versicherer ist von allen weiteren Verbindlichkeiten

befreit

(natürlich nicht von f r ü h e r e n Verbindlichkeiten: oben A n m . 10). A u c h d a n n , w e n n die versicherte Reise oder die versicherte Zeit g e m ä ß § 37 Abs. 1 Satz 2 in m e h r e r e Haftungsreisen zerfällt. — Der Versicherer b r a u c h t d e n Versicherungsschaden nicht zu ersetzen. E r b r a u c h t keine A u f w e n d u n g e n zu erstatten. E r b r a u c h t z. B. H a v a r i e grosse -Beiträge nicht zu ersetzen; a u c h d a n n nicht, w e n n der Versicherungsnehmer sie bereits gezahlt h a t oder z u r Z a h l u n g u n b e s c h r ä n k t verpflichtet ist ( H G B 1919. 63). H a t er g e m ä ß § 29 Abs. 1 Satz 1 f ü r die Beiträge die Bürgschaft ü b e r n o m m e n , so k a n n er Befreiung v o n der Bürgschaft verlangen (BGB § 812). Er b r a u c h t insbesondere keine Schadenfeststellungs-Kosten zu ersetzen, die etwa bereits aufgewendet sind. — A u s n a h m e n : Abs. 2. — Der Versicherungsnehmer ist nicht frei. Insbesondere n a t ü r l i c h n i c h t frei von der Prämienpflicht. Soweit dagegen von der Erfüllung seiner sonstigen Verbindlichkeiten (zur V e r h ü t u n g u n d A b w e n d u n g von Schaden usw.) die Entschädigungspflicht des Versicherers a b h ä n g t , werden die Verbindlichkeiten mit d e m Wegfall der Entschädigungspflicht gegenstandslos.

Abandon des Versicherers

625

c) Ist das versicherte Interesse doppelt versichert, so wird die D o p p e l v e r s i c h e r u n g für die Zukunft b e s e i t i g t . In diesem Versicherungsfall aber müssen die DoppelVersicherer noch gemäß § 10 Abs. 2 ausgleichen, und zwar so, wie sie auszugleichen hätten, wenn nicht der eine Versicherer seine Befreiung erklärt hätte. Denn die Zahlung der Versicherungssumme ist auch Entschädigung. Wenn das versicherte Interesse für 100000 doppelt versichert ist und die Entschädigung 80000 betragen haben würde, falls der eine Versicherer nicht gemäß § 38 100000 gezahlt hätte, kann der eine Versicherer vom anderen 40000 verlangen. g. Abs. 2. Ausnahmen von der Befreiung: a) Der Versicherer muß die Kosten ersetzen, die bei Abgabe der Erklärung bereits zur Abwendung oder Minderung des Schadens verwendet sind. Nur die „Kosten"; nicht allgemein alle „Aufwendungen" (über diesen Begriff: § 32 Anm. 6). b) Der Versicherer muß die Kosten ersetzen, die bei Abgabe der Erklärung bereits zur Wiederherstellung oder Ausbesserung der versicherten Sache verwendet worden sind. Natürlich nur, wenn er den Schaden zu ersetzen gehabt hätte. c) Den verwendeten Kosten stehen solche Kosten gleich, zu deren Zahlung der Versicherungsnehmer persönlich (nicht nur mit dem versicherten Gegenstand haftend) verpflichtet ist. Das versteht sich wohl von selbst (§ 32 Anm. 6, 20, § 37 Anm. 11; abw. HGZ 1919. 74). Solche Kosten stehen aber den tatsächlich verwendeten nur insoweit gleich, als der Versicherungsnehmer sich von der Verpflichtung nicht wieder befreien kann. Hat z. B. der Versicherungsnehmer die Ausbesserung des versicherten Schiffes bei der Werft bereits bestellt, so kann er nur Erstattung der Kosten verlangen, die er der Werft zu zahlen haben würde, wenn er sich durch Kündigung des Ausbesserungsvertrags (BGB § 649) von der Verpflichtung zur Zahlung der vereinbarten Vergütung befreien würde. d) § 37Abs.4flndetjedochentsprechendeAnwendung: Der Versicherer haftet auch für die Kosten nicht, wenn und soweit indirekter Kollisionsschaden, sonstiger Versicherungsschaden und Kosten die Versicherungssumme übersteigen ( S c h l e g e l b e r g e r SVR Bern. 4 zu § 38 ADS hält diese Auslegung für möglich, aber nicht für zwingend). Betragen z.B. die Versicherungssumme 100000, die Ausbesserungskosten 6000, der indirekte Kollisionsschaden (etwa, weil der Wert des Schiffes inzwischen trotz der Beschädigung auf 100000 gestiegen ist) 100000, so braucht der Versicherer nur 100 000 anzubieten und zu zahlen. 10. Der Abandon des Versicherers kann u n b e r e c h t i g t sein, — etwa, weil der Versicherungsfall nicht eingetreten ist. Dann kann der Versicherungsnehmer den darin liegenden Antrag auf Änderung und Beendigung des Vertragsverhältnisses annehmen. Widerspricht er nicht, so wird es regelmäßig so anzusehen sein, wie wenn er zugestimmt hätte. Anfechtung des Antrags und der Annahme wegen Irrtums usw.: BGB §§ 119, 123. — Widerspricht der Versicherungsnehmer der unberechtigten Erklärung, so ist der Abandon unwirksam. Unberechtigte und treuewidrige Erklärung verpflichten den Versicherer zum Schadensersatz (vgl. § 13 Anm. 6, 9). 11. Abs. 3. Das Abandonrecht des Versicherers erlischt nach allgemeinen Grundsätzen. Z. B. durch Verzicht. Es erlischt ferner nach 5 Werktagen. Ob ein Tag Werktag oder Sonn- oder Feiertag ist, richtet sich nach dem Rechte des Erfüllungsorts. Zu beachten ist für das deutsche Recht § 193 BGB i. d. Fass. des Gesetzes vom 10. August 1965, BGBl. I 753, der lautet: „Ist an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag o d e r e i n e n S o n n a b e n d , so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag". — Die Frist beginnt, 40 Ritter-Abraham, Seeversicherung Bd. I

§38 Anm. 12

Anm. 13

Anm. 14 Anm. 15

Anm. 16

Anm. 17

Anm. 18

626

Abandon des Versicherers

§ 38 w e n n der V e r s i c h e r e r von d e m V e r s i c h e r u n g s f a l l u n d s e i n e n u n m i t t e l b a r e n F o l g e n K e n n t n i s e r l a n g t , und zwar mit dem Ablauf des Tages (BGB § 187 Abs. 1). So auch, wenn dieser Tag ein Sonn- oder Feiertag ist. Ist der nächste Tag ein Sonn- oder Feiertag, natürlich erst mit dem Ablauf dieses Tages. — „ U n m i t t e l b a r " sind diejenigen Folgen, die nicht bloß „unvermeidlich" sind (näheres: § 28 Anm. 17fr.; vgl. auch Mat 1. 180). Natürlich kommen nur solche Folgen in Betracht, die für die Haftung des Versicherers von Bedeutung sind. Dazu gehört z. B. auch der Umstand, daß das versicherte Schiff oder daß der Gegensegler an der Kollision die Schuld trägt und demgemäß Schaden ersetzen muß oder Schadenersatz verlangen kann. —• Uber den Begriff der K e n n t n i s e r l a n g u n g : § 2 Anm. 15. Insbesondere genügt nicht Kennenmüssen. Über die Kenntnis von dritten vgl. die Ausführungen Vorb. vor 1 Anm. 67, 68, die auch für diesen Fall zutreffen. — Die Frist e n d i g t mit Ablauf des letzten Werktags. Bis dahin muß die Erklärung dem Versicherungsnehmer zugegangen sein (vgl. oben Anm. 9, Vorb. I V vor § 1). Nicht genügt, daß sie in der Frist abgesandt wird. Ob den Versicherer die Schuld daran trifft, daß die Frist nicht gewahrt ist, oder nicht, gilt gleich. — Die rechtzeitig zugehende Erklärung ist unwirksam, wenn dem Empfänger vorher oder gleichzeitig ein W i d e r r u f zugeht (BGB § 130). Wenn die Erklärung rechtzeitig abgesandt, aber zu s p ä t zugegangen ist, und der Versicherungsnehmer jenes erkennen mußte, so muß der Versicherungsnehmer dies unverzüglich anzeigen; sonst gilt die Erklärung als rechtzeitig zugegangen (vgl. BGB § 149). — Solange der Versicherer nur von einzelnen, nicht von a l l e n unmittelbaren Folgen des Versicherungsfalls Kenntnis erlangt hat, beginnt die Frist nicht zu laufen (deshalb unbegründet die Besorgnis der Assekuradeure Mat. 1. 180). 12. A b s . 4. D e r V e r s i c h e r e r e r w i r b t durch die Zahlung keine R e c h t e a n den v e r s i c h e r t e n G e g e n s t ä n d e n . Natürlich nicht. Der Fall braucht ja kein Totalverlust-Fall zu sein. Und wenn er ein Totalverlust-Fall ist, hat doch der Versicherungsnehmer nicht die Zahlung der Versicherungssumme verlangt. Gegen seinen Willen könnten ihm seine Sachen nur weggenommen werden, wenn Gesetz oder ADS es so bestimmten. Das ist nicht der Fall. Deshalb fehlt § 38 Abs. 4 auch im § 145 V V G . — Dagegen gehen E r s a t z a n s p r ü c h e gegen dritte gemäß §§ 30 Abs. 7, 45 auf den Versicherer über. Denn die Zahlung der Versicherungssumme ist auch Entschädigung (vgl. oben Anm. 12). Der Nachteil, für den die Ersatzansprüche den Ausgleich bilden, wird gerade durch Zahlung der Versicherungssumme gutgemacht. Der nach § 31 Abs. 2 auf den Versicherer schon übergegangene Anspruch ist also auch nicht auf den Versicherungsnehmer zurückzuübertragen, wenn der Versicherer abandonniert. Anm. 20 13. § 38 gilt auch für die l a u f e n d e V e r s i c h e r u n g . Aber natürlich nicht für die laufende Versicherung als solche, sondern für die in ihr enthaltene Einzelversicherung. — Die laufende Versicherung kann aber gemäß § 97 Abs. 9 mit Frist, aus wichtigem Grunde auch ohne Frist gekündigt werden (Vorb. vor § 1 Anm. 22, § 97 Anm.). Anm. 21 14. § 38 gilt sinngemäß auch für die R ü c k v e r s i c h e r u n g (§ 1 Anm. 136, § 37 Anm. 16). Auch der Rückversicherer kann abandonnieren. Auch wenn der Vorversicherer wegen Ablaufs der Abandonfrist nicht mehr abandonnieren kann. Daß in solchem Falle der Vorversicherer für die Zukunft nicht mehr gedeckt ist, kann natürlich nicht entscheiden. Das ist j a gerade eine der Folgen des Versichererabandons überhaupt. — Der Vorversicherer ist dem Rückversicherer gegenüber grundsätzlich nur dann berechtigt und verpflichtet, zu abandonnieren, wenn der Abandon zur Schadensabwendung dient (§ 41). Aber regelmäßig ist der Vorversicherer abwicklungsberechtigt. Dann kann er abandonnieren, wenn auch ein nicht rückversicherter Versicherer verständiger und billiger Weise abandonniert hätte (§ 1 Anm. 154). Ist der Abandon des Anm. 19

Zeitversicherung

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Vorversicherers dem Rückversicherer gegenüber unwirksam, so ist der Rückversicherer § 3 8 wegen des durch den Abandon bewirkten Wegfalls des rückversicherten Interesses für die Zukunft frei; im übrigen haftet er, wie wenn der Vorversicherer nicht abandonniert hätte. 15. Fremde Rechte. Dem e n g l i s c h e n Rechte ist der Versichererabandon fremd. Anm. 22 Er würde auch für die englische Versicherung noch weniger passen, als für die deutsche, in mehrere Haftungsperioden aufgelöste Versicherung. Denn nach englischem Rechte haftet der Versicherer in jedem Versicherungsfall mit der ganzen Versicherungssumme (§ 37 Anm. 17). —• Auch dem f r a n z ö s i s c h e n Rechte ist der Versichererabandon unbekannt. Aber aus dem entgegengesetzten Grunde, nämlich weil der Versicherer nicht über die Versicherungssumme hinaus haftet (§ 37 Anm. 18).

§ 3 9 Zeitversicherung Ist die Dauer der Versicherung nach Tagen, Wochen, Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum bestimmt, so beginnt die Versicherung am Mittage des Tages, an dem der Vertrag geschlossen wird. Sie endigt am Mittage des letzten Tages der Frist. Für die Zeitberechnung ist der Ort, an dem das Schiffsich befindet, maßgebend. 1. Vgl. HGB § 830, ASVB § 79, BSVB § 6 Abs. 1, VVG § 7. — L i t e r a t u r : § 5 Anm. 1 Anm. 2, § 28 Anm. 2. 2. Die Versicherung kann a u f u n b e s t i m m t e Z e i t genommen werden. Dann Anm. 2 wird sie regelmäßig von jeder Partei mit angemessener Frist gekündigt werden können (vgl. E h r e n b e r g 354). Versicherungen auf unbestimmte Zeit sind jedoch nicht üblich. 3. Die Versicherung kann für die Zeit einer Reise oder mehrerer Reisen (Ziel- oder Anm. 3 Zweckreisen: § 23 Anm. 51) genommen werden ( R e i s e v e r s i c h e r u n g ) oder für Kalenderzeit ( Z e i t v e r s i c h e r u n g ) . Die Zeitversicherung kann für „Tage, Wochen, Monate oder einen mehrere Monate umfassenden Zeitraum" genommen werden. Dann beginnt sie am Mittag des Abschlußtags und endigt am Mittag des letzten Tages (ebenso V V G § 7; anders HGB a. F., ASVB § 79: von Mitternacht bis Mitternacht mit Einschluß des ersten und des letzten Tages, so daß der Versicherer noch einen Tag über die vereinbarte Zeit hinaus haftet, z. B. die am 1. April für ein J a h r genommene Versicherung erst mit Ablauf des nächsten 1. April endigt; L e w i s 2. 397). In der Seeversicherung kommt aber auch diese Art der Zeitbestimmung kaum vor. Die Zeitversicherung wird v o n e i n e m bestimmten späteren (oder auch früheren) Z e i t p u n k t bis z u e i n e m a n d e r e n bestimmten Z e i t p u n k t genommen. Die Versicherung beginnt mit dem Beginn des ersten und endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Zeit (BGB §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 1). Doch wird auch in diesem Falle für die Berechnung der Zeit der S c h i f f s o r t m a ß g e b e n d sein müssen (vgl. § 39 Satz 3). Denn dies entspricht der Verkehrsauffassung (Prot. 3239). Der Umstand, daß infolge hiervon die Versicherung tatsächlich kürzer oder länger als vereinbart dauert, spielt im Verkehr keine Rolle (vgl. V o i g t 505, C h a l m e r s 136: bei englischen Versicherungen: Greenwich-Zeit, A r n o u l d 456 s. 483 40«

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Zeitversicherung

§ 39 grundsätzlich für die Zeit am Orte des Vertragsschlusses, aber mit Rücksicht darauf, d a ß regelmäßig Greenwich-Zeit vereinbart werde, für diese). — In den Fällen der See-Haftpflichtversicherung (der Versicherung für Havariegrosse-Beiträge, für indirekten Kollisionsschaden usw.) kann der Versicherungsfall (hier: die Geltendmachung des Ersatzanspruchs durch den dritten Ersatzberechtigten) noch nach dem „ E n d e " der Versicherung eintreten. Das bedeutet, daß die Versicherung insoweit so lange fortdauert, als noch Ersatzansprüche Dritter geltendgemacht werden können, also insoweit nicht endigt. U n d dies ist z. B. für die Andienungs- und Verjährungsfristen von Bedeutung, die mit dem „ E n d e " der Versicherung beginnen (§ 42 Anm. 20, 21, § 48 Anm. 5.). Anm. 4

4. Die Parteien können vereinbaren, daß die Zeitversicherung als stillschweigend verlängert gelten soll, wenn sie nicht vor Ablauf der Versicherungszeit gekündigt wird (vgl. V V G § 8). Solche Prolongationsklauseln sind wohl in der BinnentransportVersicherung, aber nicht in der Seeversicherung üblich (ausgenommen die laufende Rückversichereng: § 1 Anm. 131). Uber einen Seeversicherungs-Fall: H G Z 1886. 19: Wenn das mit Prolongationsklausel versicherte Schiff total verlorengeht und der Versicherungsnehmer die Versicherungssumme verlangt, ist das Interesse weggefallen, bedarf es also keiner Kündigung, um die Versicherung zu beendigen. — Ohne Prolongationsklausel gilt die Zeitversicherung n i c h t als s t i l l s c h w e i g e n d v e r l ä n g e r t ( R i p e r t Nr. 2722, HöchstG Christiania I T V M i t t 1919. 47: Auch keine Verpflichtung des Versicherers zur Benachrichtigung des Versicherungsnehmers vom Ende der Versicherung). Vgl. aber auch § 68.

Anm. 5

5. Regelmäßig werden in Zeit-Kaskopolicen Fahrtgrenzen vorgeschrieben. Überschreitungen der Fahrtgrenzen können „Abweichungen vom Reiseweg" (§ 23 Anm. 52) oder Reiseveränderungen sein (§ 23 Anm. 69).

Anm. 6

6. O b das Schiff während der versicherten Zeit fährt oder stilliegt, ist grundsätzlich ohne Bedeutung. Anders nach der Liege- oder Stilliegeklausel (Vorb. vor § 113), die indessen nur für den Umfang der Prämienschuld, nicht für die Berechnung der Versicherungsdauer von Bedeutung ist. Anders auch bei der mixed policy des englischen Versicherungsverkehrs (a contract for both voyage and time: M I A § 25 Abs. 1), z. B. der Versicherung from the ist of J a n u a r y 1923 to the ist of J u n e 1923 at and from Liverpool to New York; der Versicherer haftet nur, wenn und während das Schiff sich am Abgangsort, u m die versicherte Reise anzutreten, befindet, und die Reise macht ( A r n o u l d 458 s. 485; vgl. auch R i p e r t Nr. 2719). 7. Die laufende Versicherung, wenngleich für bestimmte Zeit genommen, ist ist keine Zeitversicherung im gewöhnlichen Sinne (§ 97 Anm., A r n o u l d 453 s. 478). 8. § 39 ist für die Rückversicherung ohne praktische Bedeutung. Rückversicherungen auf Zeit kommen nur als laufende Versicherungen vor. Bei diesen wird überdies die Zeit nicht nach „Tagen, Wochen, Monaten usw." bestimmt, sondern durch Bezeichnung des Anfangs- und Endtages. 9. Fremde Rechte (vgl. auch oben Anm. 3, 4, 6). a) E n g l i s c h e s Recht. M I A schweigt. Die Versicherung wird gewöhnlich von Moment zu Moment genommen. Greenwich-Zeit ist maßgebend. Nach § 11 Finance Act 1901, § 25 Abs. 2 M I A a time policy which is made for any time exceeding twelve months is invalid. Näheres: A r n o u l d 453fr. s. 478fr. b) F r a n z ö s i s c h e s Recht. C. de comm. schweigt (vgl. Art. 332, 335, 363). Im Zweifel läuft die Versicherung von Moment zu Moment; für die Zeitberechnung ist der Ort, wo die Police gezeichnet ist, maßgebend ( R i p e r t Nr. 2720).

Anm. 7

Anm. 8

Anm. g

Anm. 10

Unfallsanzeige

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VII. Unfallsanzeige. Schadensabwendung

§ 40

§ 4 0 Unfallsanzeige

Der Versicherungsnehmer hat dem Versicherer den Versicherungsfall unverzüglich anzuzeigen sowie jeden Unfall, der das Schiff oder die Ladung trifft, auch wenn dadurch ein Entschädigungsanspruch für ihn nicht begründet wird, sofern der Unfall für die von dem Versicherer zu tragende Gefahr erheblich ist. 1. V g l . H G B § 818, A S V B § 65, B S V B § 54, V V G §§ 33, 146. Anm. 1 2. Literatur. C r o p p Heise u. C r o p p i. 89 (Pflicht des auswärtigen Ordergebers, A n m . 2 den eingetretenen Unfall schleunigst einzuberichten). E u l e , Die Pflicht zur Anzeige v o m Eintritt des Versicherungsfalls, Diss. 1912. K ü b e l Z f V R 2. 54 (Anzeigepflicht . . . des Versicherten bei Eintritt des Schadens). L i e s k e A n n V e r s 1917. 404 (Zur Anzeigepflicht des Unfalls). W e r n e b u r g O e s t R e v 1920. 24 (Der Eintritt des Versicherungsfalles). W ö r n e r D V Z 1905. 180 (Anzeigepflicht des Versicherten . . . beim V e r sicherungsfall). — Weitere Literatur: § 5 A n m . 2. 3. Der Versicherer hat beim Vertragsschluß ein Interesse daran, gefahrerhebliche A n m . 3 Umstände z u erfahren (§ 19). Er hat nach dem Vertragsschluß (aus anderen Gründen) ein Interesse daran, sobald wie möglich Gefahrerhöhungen zu erfahren (§ 26). Z u den Ereignissen, die solche Gefahrerhöhungen herbeiführen, gehören auch Unfälle, die „ f ü r die v o m Versicherer zu tragende Gefahr erheblich" sind (§ 40). Die §§ 26 und 40 decken sich also insoweit (unten A n m . 10). Der Versicherer hat aber a u c h ein Interesse daran, andere gefahrerhebliche Unfälle z u erfahren, und z w a r aus ähnlichen Gründen, aus denen er ein Interesse daran hat, Gefahrerhöhungen zu erfahren (§ 26 A n m . 3). D e r Versicherer hat endlich ein Interesse daran, den Versicherungsfall sobald wie möglich z u erfahren. D e n n im Versicherungsfall kann er abandonnieren (§ 38), kann er Weisungen zur Schadensabwendung erteilen (§ 41), hat er Grund den Schaden und die Schadensursache sobald und so genau wie möglich festzustellen. Deshalb w a r der Versicherungsnehmer immer verpflichtet, dem Versicherer den Versicherungsfall sobald wie möglich mitzuteilen (z. B. A H O 1731 V . 18, X I V . 1, X V . 1, vgl. auch X V I . 1). 4. Der Versicherungsnehmer m u ß anzeigen. U b e r den Begriff des Versicherungs- A n m . 4 nehmers: § 3 A n m . 4. U b e r den Fall, d a ß m e h r e r e Versicherungsnehmer beteiligt sind: V o r b . V I vor § 1 ; vgl. auch J W 1901. 426. — A u c h bei der Versicherung für f r e m d e R e c h n u n g m u ß an und für sich nur der Versicherungsnehmer anzeigen. Nicht der Versicherte. D e n n man kann durch V e r t r a g einem Dritten zwar Rechte zuwenden, nicht aber Verbindlichkeiten, deren Verletzung z u m unbeschränkten Schadensersatz verpflichtet. Anders, w e n n der Versicherte der für seine R e c h n u n g genommenen V e r sicherung zugestimmt hat. Näheres: § 52 A n m . , § 53 A n m . , auch § 26 A n m . 4 ; vgl. a u c h H e l l w i g 573; wie hier auch P r ö l ß A n m . 3 zu § 75 V V G ; anders B r u c k M ö l l e r A n m . 12 z u §33 V V G , K i s c h 3. 454 ( „ w e n n der Versicherte ebenso gut oder besser wie der Versicherungsnehmer in der L a g e sei, die maßgebenden Tatsachen z u erfahren", S i e v e k i n g 82 unter irrtüml. Berufung auf E h r e n b e r g JheJ 3 0 . 4 6 7 : Der Versicherte müsse anzeigen, wenn er von der Versicherung Kenntnis habe, R o e l l i 249: Der Versicherte brauche überhaupt nicht anzuzeigen, L e n n e 140, folgend F i s c h e r 32: „ I m Regelfalle" braucht der Versicherte nicht anzuzeigen, wohl aber „ i m einzelnen Falle häufig nach T r e u und G l a u b e n " , „stets bei der Unfallsanzeige in der Seeversicherung nach § 818 H G B " , obgleich § 818 H G B nicht von der Anzeige-

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Unfallsanzeige

§ 40 pflicht des Versicherten, sondern nur davon spricht, daß der Unfall „angezeigt werden muß, sobald . . . der Versicherte, wenn dieser von der Versicherung Kenntnis hat, Nachricht von dem Unfall erhält". — Wird die versicherte Sache v e r ä u ß e r t , so muß der Erwerber anzeigen, wenn der Fall nach der Veräußerung eintritt (§ 49 Abs. 1 ; anders nach § 26, weil dieser auf die Kenntnis abstellt: § 26 Anm. 4). Tritt der Fall vorher ein, so muß der Veräußerer anzeigen; aber auch, wenn die Unverzüglichkeitsfrist noch nicht verstrichen ist, der Erwerber, da die Anzeigepflicht fortbesteht und sie mithin auch „während der Dauer seines Eigentums aus dem Versicherungsverhältnis ergibt" (§ 49 Abs. 1). — Erfüllung der Anzeigepflicht durch Dritte: BGB § 267. Anm. 5 5. Der Versicherungsnehmer hat anzuzeigen. Er ist dazu verpflichtet ( B r o d m a n n J h e J 58.288, J o s e f Z f V W 1 9 1 1 . 2 0 9 , L e n n e 1 3 1 , W e r n e b u r g OestRev 1920. 24, J W 1902. 152, S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 1 zu § 40 ADS, HansOLG H R Z 1924. 743 = Sasse Nr. 320; abw. B r u c k - M ö l l e r Anm. 4 zu § 33 V V G : gesetzliche Obliegenheit; abw. auch H a g e n 1. 563: Die Anzeige sei „Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs", in welchem Falle freilich, worauf schon B r o d m a n n J h e J 58. 288 hingewiesen hat, die Nichtanzeige die Verwirklichung des Entschädigungsanspruchs zur Folge haben müßte; näheres § 26 Anm. 5). Die Anzeigepflicht ist die Verbindlichkeit eines Schuldners. Sie gehört zu den „Verpflichtungen des Versicherten aus dem Versicherungsvertrage" (Uberschrift vor § 812 HGB, R O H G 1. 112). Deshalb ist auch § 278 BGB anwendbar; der Versicherungsnehmer muß insbesondere das Verschulden der Personen, deren er sich zur Erfüllung der Anzeigepflicht bedient, gegen sich gelten lassen. Zu diesen Personen wird bei der Versicherung für fremde Rechnung regelmäßig auch der Versicherte gehören, wie, umgekehrt, der Versicherungsnehmer regelmäßig zu den Personen gehören wird, deren der Versicherte sich zur Erfüllung der ihm obliegenden Anzeigepflicht bedient (vgl. oben Anm. 4). Zu diesen Personen gehört auch der Makler, den der Versicherungsnehmer anzeigen läßt (vgl. Vorb. vor § 1 Anm. 42, § 19 Anm. 11). 6. Dem Versicherer ist anzuzeigen. Gegebenenfalls dem gesetzlichen Vertreter Anm. 6 oder dem Bevollmächtigten oder dem Vermittlungsagenten. Der Makler ist natürlich als solcher nicht Vertreter des Versicherers. Zeigt der Versicherungsnehmer nur seinem Makler an, so läuft er Gefahr, die Unverzüglichkeitsfrist zu versäumen (vgl. auch oben Anm. 5). Näheres § 26 Anm. 6. — Sind an der Versicherung m e h r e r e Versicherer beteiligt, so ist allen anzuzeigen. Auch dann, wenn über die mehreren Versicherungen nur eine Police ausgestellt ist. Ist ein Versicherer „Führer", so ist Anzeige an ihn genügend, aber auch erforderlich (näheres: Vorb. V vor § 1 ) . Anm. 7 7. Unverzüglich ist anzuzeigen. Ohne schuldhaftes Zögern (BGB § 121 Abs. 1 ; näheres: § 3 Anm. 20). Insbesondere wird es regelmäßig nicht fahrlässig sein, wenn der Versicherungsnehmer zögert, weil er weiß oder annimmt und annehmen darf, daß der Versicherer den Fall kennt, wenn z. B. der Fall am Wohnsitz des Versicherers „börsennotorisch" ist (Mat. 1. 182). Der Versicherungsnehmer darf aber nicht ohne weiteres annehmen, daß Zeitungsnachrichten dem Versicherer bekannt geworden sind ( L e w i s 2. 357, V o i g t E 1866 § 64 Anm.). Natürlich ist es stets fahrlässig, wenn der Versicherungsnehmer nicht anzeigt, weil er sich der Anzeigepflicht als solcher nicht bewußt ist ( R G 95. 255). Weiß der Versicherungsnehmer zwar um den Fall, aber schuldloserweise nicht, daß für ihn Versicherung genommen ist, so ist die Verzögerung der Anzeige nicht schuldhaft. Ebenso, wenn der Versicherte zwar um den Fall, aber schuldloserweise nicht weiß, daß für seine Rechnung Versicherung genommen ist (anders H G B § 818, wonach schuldhafte Unkenntnis des Versicherten nicht in Betracht kommt). „Sollte der Versicherte zwar nicht von der Versicherung Kenntnis

Unfallsanzeige

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erhalten, aber zur Versicherungsnehmung Auftrag gegeben haben", so trifft ihn selbst- § 40 verständlich ein Verschulden, wenn er nicht „den ihm kund gewordenen Unfall sofort seinem Beauftragten behufs weiterer Meldung mitteilt" (ASVB § 65 Abs. 2). — Die Unverzüglichkeitsfrist b e g i n n t mit dem Eintritt des Versicherungsfalls oder des sonstigen Unfalls. Nicht erst, wenn der Versicherungsnehmer oder der Versicherte von dem Falle Kenntnis erlangt hat (so V V G § 33: „sobald der Versicherungsnehmer vor dem Eintritte Kenntnis erlangt"; ebenso HGB § 818: „sobald der Versicherungsnehmer oder der Versicherte . . . Nachricht von dem Unfall erhält"). Der Versicherungsnehmer hat also eine E r k u n d i g u n g s p f l i c h t . Er muß sich über die versicherte Unternehmung unterrichtet halten ( G e r h a r d 549). Der Versicherungsnehmer muß unverzüglich anzeigen, wenn er vom Versicherungsfall oder vom sonstigen Unfall Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen. — Unerheblich für die Anzeigepflicht ist es, daß der Versicherer in früheren Fällen aus Kulanz keine Folgerungen aus der Pflichtversäumung gezogen hat (HansOLG HansRGZ 1932 B 1 1 5 = Sasse Nr. 420, 1930 B 5 1 5 = Sasse Nr. 412). 8. Der Versicherungsnehmer hat anzuzeigen. Die Anzeige ist, ihrem natürlichen Begriff nach, eine empfangsbedürftige (im übrigen keiner besonderen Form bedürfende) Wissenserklärung. Sie muß also unter Anwesenden dem Versicherer gegenüber so gemacht werden, daß dieser sie vernimmt oder doch, wenn er nur wollte, vernehmen müßte. Unter Abwesenden muß sie dem Versicherer zugehen (anal. BGB § 130). Näheres: Vorb. vor § 1 Anm. 33. 9. Den Versicherungsfall muß der Versicherungsnehmer anzeigen. Versicherungsfall ist das Ereignis, das die Entschädigungspflicht des Versichers auslöst (§5 Anm. 29). 10. Aber auch jeden gefahrerheblichen Unfall muß der Versicherungsnehmer anzeigen. U n f ä l l e sind nach der Wortbedeutung und nach der verkehrsmäßigen Bedeutung Ereignisse, die das Interesse einer bestimmten Person (hier: das mit der versicherten Unternehmung verknüpfte Interesse) unmittelbar treffen und als nachteilig empfunden werden, z. B. die Strandung. Der Unfall braucht kein „äußerer Unfall" zu sein (so BSVB § 36 Abs. 1 ; vgl. dazu H G Z 1882. 52, 1889. 1 1 1 ) . Er braucht auch keinen Schaden zu stiften, keinen Versicherungsschaden, keinen Aufwendungsschaden, keinen versicherungsfreien Schaden, wenn er auch regelmäßig Schadensursache sein wird. Zu eng also z. B. S i e v e k i n g 76: „ein die Güter oder das Schiff treffendes schädigendes Ereignis", und noch enger 89: „äußeres, schadenbringendes Ereignis, dessen Eintritt als etwas Zufälliges erscheine" (vgl. dazu § 28 Anm. g). — Der Unfall kann also Versicherungsfall sein. Dann ist er schon als solcher anzuzeigen. — Der Unfall kann auch die Ursache einer Gefahrerhöhung sein. Dann ist er schon gemäß § 26 anzuzeigen (vgl. insbesondere § 26 Anm. 12). Gemäß § 26 braucht aber der Versicherungsnehmer erst anzuzeigen, sobald er von der Gefahrerhöhung Kenntnis erlangt hat. Gemäß § 40 muß er anzeigen, sobald er von dem Unfall Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen (oben Anm. 7). a) „ J e d e r " Unfall ist anzuzeigen. Eindringlich fordern Gesetz und ADS den Versicherungsnehmer auf, keinen Unfall zu verschweigen. Der Unfall ist insbesondere auch dann anzuzeigen, wenn er für die Gefahr, die der Versicherer trägt, nur wenig erheblich ist. b) Jeder U n f a l l , der das S c h i f f o d e r die L a d u n g t r i f f t , ist anzuzeigen. Das ist nicht genau. Regelmäßig wird der Unfall, der das Schiff trifft, auch für die Ladung und den Güterversicherer von Interesse sein, oft der Unfall, der die Ladung trifft, auch für das Schiff und den Kaskoversicherer. Aber nicht immer. Der Kaskoversicherer hat z. B. regelmäßig kein Interesse daran, zu erfahren, daß Güter durch eingedrungenes Seewasser beschädigt sind. Dann bedarf es auch keiner Anzeige (unten

Anm. 8

Anm. 9 Anm. 10

Anm. 11

Anm. 12

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Unfallsanzeige

§ 40 Anm. 13). — Aber nicht nur Unfälle, die das Schiff oder die Ladung treffen, sind anzuzeigen. Auch Unfälle, die P e r s o n e n treffen (s. B. Tod des Kapitäns, ansteckende Krankheiten unter der Besatzung oder den Passagieren) sind anzuzeigen, wenn sie erheblich sind. M a n kann auch sagen, daß sie in solchem Falle Schiff oder Ladung treffen. Besser jedenfalls § 818 H G B , dem der Relativsatz („der das Schiff oder die Ladung trifft") fehlt. Anm. 13 c) Der Unfall muß „ f ü r d i e v o n d e m V e r s i c h e r e r z u t r a g e n d e G e f a h r e r h e b l i c h " sein. Gesetz und A D S schließen hier, deutlich erkennbar, an §§ 19, 23 an. Der Unfall muß geeignet sein, auf den Entschluß des Versicherers Einfluß zu üben, wenn dieser gegenwärtig den Vertrag zu schließen hätte, objektiv gefahrerheblich vom Standpunkt der Gegenwart aus (vgl. § 23 Anm. 39). Das versteht sich auch für § 8 1 8 H G B von selbst, obgleich § 818 H G B es nicht besonders ausspricht ( G e r h a r d 548, V o i g t 3 5 1 ; abw. Mat. 1. 1 8 1 , 182), sondern nur an der Rechtsfolge der Pflichtverletzung (Kürzung der Entschädigung um den „Betrag, um den sie sich bei rechtzeitiger Anzeige gemindert hätte") erkennen läßt. Gefahrerheblich können auch Versicherungsfälle sein. Aber Versicherungsfälle (z. B. der Fall der vollständigen Vernichtung) brauchen nicht gefahrerheblich zu sein (müssen dann jedoch nach § 40 als solche angezeigt werden und nach § 818 H G B dann, wenn die Entschädigung „sich bei rechtzeitiger Anzeige mindern" läßt, der Versicherer also ein Interesse daran hat, den Versicherungsfall möglichst bald zu erfahren). Gefahrerheblich können andererseits auch Unfälle sein, „ f ü r die der Versicherer nicht haftet", „die dem Versicherer nicht zur Last fallen" (vgl. §§ 95, 96, ferner § 19 Anm. 25, 26). — Umstände, die zwar gefahrerheblich, aber keine Unfälle sind, brauchen nicht gemäß § 40 angezeigt zu werden (müssen aber gegebenenfalls gemäß § 26 angezeigt werden). Anm. 14

d) Der Unfall muß auch dann angezeigt werden, w e n n dadurch ein E n t s c h ä d i g u n g s a n s p r u c h für den Versicherungsnehmer n i c h t b e g r ü n d e t wird, wenn z. B. das „ N u r für Totalverlust" versicherte Schiff einen Unfall erleidet, der es gefahrerheblich beschädigt (Begr. z. V V G § 146). Natürlich; denn wenn der Unfall einen Entschädigungsanspruch auslöst, ist er ein Versicherungsfall, und Versicherungsfälle müssen schon als solche angezeigt werden. Anm. 1 5 e) Nur Unfälle, die n a c h dem Vertragsschluß eintreten, brauchen angezeigt zu werden. Das ergibt sich aus dem Zusammenhang der §§ 19, 26, 40 ohne weiteres. Ist der Vertrag unter Anwesenden geschlossen, so muß der Versicherungsnehmer aber auch Unfälle anzeigen, die zwar noch vor dem Vertragsschluß, aber so spät eingetreten sind, daß sie vor dem Vertragsschluß nicht mehr angezeigt werden konnten (§ 19 Anm. 52, § 26 Anm. 10). — I m Falle einer V e r g a n g e n h e i t s V e r s i c h e r u n g müssen auch Unfälle (und natürlich erst recht Versicherungsfälle) angezeigt werden, die vor dem Vertragsschluß eingetreten sind. Die vorvertragliche Anzeigepflicht wird hierdurch natürlich nicht berührt (vgl. § 24 Anm. 9, § 26 Anm. 10). — Die Unfälle müssen auch dann angezeigt werden, wenn die Versicherung erst später beginnen soll und die Unfälle z w i s c h e n V e r t r a g s s c h l u ß u n d V e r s i c h e r u n g s b e g i n n eintreten (vgl. § 5 Anm. 14). Die A D S unterscheiden nicht. § 818 H G B behandelt die Anzeigepflicht als eine „ V e r pflichtung des Versicherten aus dem Versicherungsvertrage". Auch die Interessenlage veranlaßt nicht, zu unterscheiden. Anm. 16

1 1 . Für den Inhalt der Anzeige ist im übrigen das Interesse des Versicherers maßgebend, das den § 40 veranlaßt hat (oben Anm. 3 ; vgl. auch § 26 Anm. 12). Der Versicherungsnehmer darf sich natürlich nicht darauf beschränken, anzuzeigen, daß ein Unfall oder daß der Versicherungsfall eingetreten ist. E r braucht dies andererseits auch nicht anzuzeigen. E r muß den S a c h v e r h a l t m i t t e i l e n , der ihn zu der Anzeige veranlaßt. Die nötigen Schlüsse aus der Anzeige zu ziehen, kann er dem Versicherer

Unfallsanzeige

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überlassen. Zu weiterer Auskunft ist er nur gemäß § 43 verpflichtet. Auch braucht § 40 er nicht zu gestatten, daß der Versicherer durch eigene Ermittlung, Besichtigung oder Untersuchung eingreift. Nur unter besonderen Umständen wird sich aus der Treuepflicht des § 13 etwas anderes ergeben. Teilweise anders auch die Tenderklausel: Vorb. vor § 1 1 3 . — Unrichtig O L G Köln L Z 1907. 762: Wenn das transportversicherte Pferd unterwegs stürze, brauche der Versicherungsnehmer nicht den Sturz (also den Unfall), sondern nur den (späteren) Tod des Pferdes anzuzeigen. 12. Verletzt der Versicherungsnehmer vorsätzlich oder fahrlässig die Anzeige- Anm. 17 pflicht, so muß er dem Versicherer den dadurch verursachten Schaden ersetzen (BGB § 276, W e i n b e r g e r OestZ 1920. 491, S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 1 zu § 40 A D S ; so auch H a g e n 1. 568, obgleich nach seiner Ansicht der Versicherungsnehmer nicht verpflichtet, die Anzeige vielmehr „die bedingungsmäßige Voraussetzung für die Entstehung eines Entschädigungsanspruchs" ist; anders H G B § 818: Der Versicherer kann nur von der Entschädigungssumme abziehen, um was sie sich bei rechtzeitiger Anzeige gemindert hätte, vgl. Prot. 3199; irrt. B r u c k H R Z 1920. 11 : Die Rechtsfolgen des § 40 ADS und des § 818 H G B = § 65 Abs. 1 A S V B seien gleich). Hat der Versicherer von dem Falle rechtzeitig anderweit Kenntnis erlangt, so kann er sich regelmäßig auf die Verletzung der Anzeigepflicht nicht berufen (vgl. § 26 Anm. 5, 10, 13). Denn durch die Nichtanzeige kann regelmäßig kein Schaden entstanden sein. In diesem Sinne noch heute richtig: Eum qui certus est certiorari ulterius non oportet (R 31 in V I de reg. jur. 5. 12). — Aufrechnung der Schadensersatzforderung im Falle der Versicherung für fremde Rechnung: § 56 Anm. — Verlangt der Versicherer Schadensersatz, so muß er beweisen, daß der Fall eingetreten, insbesondere, daß der Unfall für die versicherte Gefahr erheblich ist, daß der Versicherungsnehmer nicht oder nicht ohne Zögern angezeigt hat, daß und welcher Schaden dadurch entstanden ist. Auf diese Weise kann es zu einer Teilung der Anzeige kommen, wenn sich nicht sofort übersehen läßt, ob und in welchem Umfange ein Schaden eingetreten ist (vgl. z. B. HansOLG HansRGZ 1928 B 435 = Sasse Nr. 389). Der Versicherungsnehmer muß beweisen, daß die Unterlassung oder Verzögerung der Anzeige nicht verschuldet ist (näheres § 3 Anm. 24; HansOLG H R Z 1924.743 = Sasse Nr. 320; L G Berlin J R P V 1928.219 = Sasse Nr. 7 1 2 ; abw. G e r h a r d 147). Zum Nachweis des Schadens genügt z. B. der Beweis, daß der Versicherer wegen des Unfalls nach Lage der Umstände und nach seinen Gepflogenheiten wahrscheinlich Rückversicherung genommen hätte (zu eng V o i g t 353, folgend G e r h a r d 549, S i e v e k i n g 82; nur der Beweis, daß der Versicherer „für den Fall einer ihm gemeldeten Unfallsnachricht im Voraus entschlossen gewesen sei, Rückversicherung zu nehmen"). Schadensersatz kann auch in der Weise gefordert werden, daß der Versicherte eine bei rechtzeitiger Schadensandienung möglich gewesene Kündigung der laufenden Police gegen sich gelten lassen muß (HansOLG HansRGZ 1932 B 115). 13. § 40 gilt auch für die Rückversicherung (§ 1 Anm. 136). Tatsächlich be- Anm. 18 gnügen sich die Rückversicherer regelmäßig mit Schadensaufgaben. (Näheres über die Rückversicherung mit Abwicklungsrecht des Vorversicherers: § 1 Anm. 158). 14. Fremde Rechte, a) E n g l i s c h e s Recht. Die Anzeigepflicht ist im allgemeinen Anm. 19 unbekannt. Nach den I T C und I V C aber in the event of accident whereby loss or damage may result in a claim under this Policy, notice shall be given to Underwriters prior to survey and also, if the vessel is abroad, to the nearest Lloyd's Agent . . . In the event of the Assured failing to comply with the conditions of this clause, 15 per cent, shall be deducted from the amount of the ascertained claim. b) F r a n z ö s i s c h e s Recht. Dans le cas où le délaissement peut être fait, et dans le cas de tous autres accidents aux risques des assureurs, l'assuré est tenu de signifier

Schadensabwendung

634

§ 40 à l'assureur les avis qu'il a reçus. L a signification doit être faite dans les trois jours de la réception de l'avis. C . de comm. A r t . 374 (vgl. auch Art. 387, 390, 395). V e r letzung der Anzeigepflicht verpflichtet z u m Schadensersatz ( R i p e r t Nr. 2783).

§ 4 1 A b w e n d u n g und M i n d e r u n g des Schadens (1) D e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r

ist v e r p f l i c h t e t , b e i d e m E i n t r i t t e des

Ver-

sicherungsfalls n a c h M ö g l i c h k e i t f ü r die A b w e n d u n g u n d M i n d e r u n g des S c h a d e n s z u sorgen. E r h a t d a b e i die W e i s u n g e n des V e r s i c h e r e r s z u b e f o l g e n u n d , w e n n die U m s t ä n d e es g e s t a t t e n , solche W e i s u n g e n e i n z u h o l e n . S i n d m e h r e r e

Ver-

s i c h e r e r b e t e i l i g t u n d sind v o n i h n e n e n t g e g e n s t e h e n d e W e i s u n g e n g e g e b e n , so hat der Versicherungsnehmer n a c h eigenem pflichtmäßigen Ermessen zu handeln. (2) D e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r h a t die W e i s u n g e n des V e r s i c h e r e r s a u c h d a n n z u b e f o l g e n , w e n n ein T e i l des V e r s i c h e r u n g s w e r t s n i c h t v e r s i c h e r t ist. D i e s e Bestimmung

findet keine A n w e n d u n g ,

sicherungswerts Bestimmung

wenn

n i c h t v e r s i c h e r t ist; j e d o c h

mehr findet

als die H ä l f t e

des

in d i e s e m F a l l e a u c h

des § 32 A b s . 2 S a t z 2 ü b e r E r s e t z u n g v o n A u f w e n d u n g e n

Verdie und

Vorschußleistung keine A n w e n d u n g . (3) D e r V e r s i c h e r e r h a f t e t f ü r e i n e n S c h a d e n i n s o w e i t n i c h t , als dieser d u r c h e i n e V e r l e t z u n g d e r V e r p f l i c h t u n g z u r A b w e n d u n g o d e r M i n d e r u n g des S c h a d e n s v e r u r s a c h t w i r d , es sei d e n n , d a ß d i e V e r l e t z u n g n i c h t auf e i n e m V e r s c h u l d e n beruht. Anm. 1 Anm. 2

1. H G B § 819, A S V B §§ 66—68, B S V B § 53, V V G § 62. 2. Literatur: A r z t , Die vorbeugenden Obliegenheiten, zugleich ein Beitrag zur Auslegung der §§ 32 und 6 A b s . 1 und 2 V V G , ungedr. Diss. H a m b u r g 1951. G o t t s c h a l k N e u m a n n s Z 1912. 645 (Befreiung des Versicherers von der V e r p f l i c h t u n g zur Leistung im V V G ) . E n g e V e r s R 1965. 308 (Die Behandlung von Verschuldenstatbeständen in der deutschen und englischen Seekaskoversicherung). H a g e n S V R 139. 142. H e n n i g , Die Rettungspflicht des Versicherungsnehmers, Diss. Leipzig '936- J o s e f Masius R u n d s c h a u 1920. 360 (Rechtslage des Versicherers bei Beschädigungen anläßlich der Feuerlöschhilfe). K i s c h W u R V e r s 1926. 1 (Die Rettungspflicht des Versicherungsnehmers). K l i n g e n b e r g , Rettungspflicht und Rettungskosten im Versicherungsrecht nach allgemeinen Grundsätzen und insbesondere in der Haftpflichtversicherung, Diss. Zürich 1930. K r e u t z i g e r , Die K o m m a n d o b r ü c k e 1964. 298—300 (Die Rettungspflicht i m Seeversicherungsrecht), V e r s R 1964. 995—1003 ( Z u r Seeuntüchtigkeit im Seeversicherungsrecht). K ü b e l Z f V R 2. 54 (Rettungspflicht des Versicherten bei Eintritt des Schadens). M a l s s Z H R 13. 438 (Diligenz des V e r sicherten beim Brande). O h l i g m a c h e r , Die Verpflichtung des Versicherten zur A b w e n d u n g des Schadens vor und nach dem Versicherungsfall, Diss. M ü n c h e n 1918. S c h n e i d e r L Z 1918. 82 (Eintritt des Versicherungsfalls im Sinne des § 62 V V G ) . S c h w e i g h ä u s e r M i t t ö f T F V A 1920. 271 (Verpflichtung des Versicherten zur A b wendung und M i n d e r u n g des Schadens). S i e b e c k , Die Schadenabwendungs- und -minderungspflicht des Versicherungsnehmers (Veröffentlichungen des Seminars für Versicherungswissenschaft der Universität H a m b u r g und des Versicherungswissenschaftlichen Vereins in H a m b u r g e. V . , Neue Folge — H e f t 20), 1963. W o e s n e r , Die

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Pflicht des Versicherers z u m Ersatz der A u f w e n d u n g e n des Versicherungsnehmers § 4 1 zwecks A b w e n d u n g und M i n d e r u n g des Versicherungsschadens, ungedr. Diss. H a m b u r g 1961. Weitere Literatur: V o r b . vor § 1 A n m . 59, § 5 A n m . 2, § 32 A n m . 2. 3. A b s . 1. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, die Gefahr nicht zu ändern, A n m . 3 den Versicherungsfall nicht herbeizuführen, im Versicherungsfall den Schaden abzuwenden und z u mindern, — alles Verpflichtungen, die sich nicht (oder doch nicht ohne Ausnahmen) aus d e m Wesen des Versicherungsvertrags, auch nicht aus allgemeinen Grundsätzen des bürgerlichen Rechtes ergeben und deshalb besonders bestimmt sind (für § 4 1 : Prot. 4422, 4426, L e w i s 2. 359, R O H G 25. 370, R G 32. 13, 68. 115, 8 8 . 3 1 5 ; abw. V o i g t 357; vgl. auch § 2 8 A n m . 8, § 3 3 A n m . 3, aber auch § 23 A n m . 9; S i e b e c k 7 hält die Frage für belanglos). Insbesondere ist es unrichtig, nützt es auch nicht, zu sagen, d a ß im Versicherungsfall „ d a s Gesetz den Versicherten zwinge, negotiorum gestor des Versicherers z u sein, und der Versicherte bei der R e t t u n g demnach auch nicht seine eigene, sondern stets des Versicherers Angelegenheit betreibe" (so Prot. 4423, E h r e n b e r g Z f V W 1906. 383, L e w i s 2. 359, S i e v e k i n g 83, R G 32. 13, H G Z 1893. 89, H e n n i g 14, W o e s n e r 49; dahingest. R G 68. 1 1 5 ; dagegen mit R e c h t K i s c h W u R V e r s 1916. 284, auch H G Z 1906. 194, ferner S i e b e c k 7). — Das ältere R e c h t beschränkte sich meist auf Vorschriften für bestimmte Fälle (vgl. A H O 1731 V I I I . 4 : Kollision, X I V . 1: Strandung, X V : A u f b r i n g u n g ; ähnlich noch A l l g P l a n 1847 §§ 113, 122 und heute noch C . de comm. unten A n m . 3 7 ) ; anders z. B. PreußSeerecht Art. 20: „ B e y vorgefallenen Schaden oder U n g l ü c k sind so wol der Schiffer mit seinem Volck, als auch die etwan in der N ä h e verhandene Assurirte, und dererselben Correspondenten, Factoren oder Bediente befugt und verbunden, überall nach Möglichkeit der abwesenden Assuradeurs Bestes zu besorgen und z u befördern, a u c h folglich zur R e t t u n g oder Bergung und Erhaltung Schiffes und Gutes, mit R a h t und T h a t , es sey durch V o r s c h u ß der nötigen Unkosten, Veranstaltung des erfoderten Transports oder Verkaufes der beschädigten Waaren, Schiffs-Geräthschafft und dergleichen, oder, wie es sonst a m besten geschehen kann, und mag, alles mögliche beyzutragen und vorzukehren . . . " . 4. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet. Ü b e r den Begriff des Versiehe- A n m . 4 rungsnehmers: § 3 A n m . 4. — Ü b e r den Fall, daß m e h r e r e Versicherungsnehmer beteiligt sind: V o r b . V I vor § 1. H a b e n insbesondere Miteigentümer die Sache gemeinschaftlich versichert, so ist jeder einzelne verpflichtet. Verletzt einer die Schadenabwendungs-Pflicht, so schadet es nicht ohne weiteres auch den anderen (Vorb. vor § 1 A n m . 54, § 23 A n m . 20, § 33 A n m . 13). — I m Falle der Versicherung für f r e m d e R e c h n u n g ist der Versicherungsnehmer verpflichtet ( K i s c h 3. 448 und W u R V e r s 1928.73, Lenne 138, R G 9 . 1 2 2 ; abw. E h r e n b e r g JheJ 30.466, G e r h a r d 370: nur, wenn die versicherte Sache sich in der G e w a l t des Versicherungsnehmers befinde; näheres: § 23 A n m . 25). A b e r auch der Versicherte (Begr. z. V V G § 79, K i s c h 3. 449, Lenne 138, S i e b e c k 25; a b w . G e r h a r d 370; näheres: § 23 A n m . 25). — W i r d die versicherte Sache v e r ä u ß e r t , so wird der Erwerber verpflichtet, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Denn er tritt nach § 49 Abs. 1 in die „ P f l i c h t e n " des V e r sicherungsnehmers ein und die Schadenabwendungs-Pflicht ist eine „ P f l i c h t " , eine Verbindlichkeit des Versicherungsnehmers (oben A n m . 3, unten A n m . 5; A u s n a h m e : § 50 Abs. 2). Ist der Versicherungsfall vor der V e r ä u ß e r u n g eingetreten, so bleibt (auch) der V e r ä u ß e r e r zur Schadensabwendung verpflichtet. — I m Falle einer bloßen A b t r e t u n g der Entschädigungsforderung bleibt nur der Versicherungsnehmer verpflichtet. D e r Versicherer kann aber gegenüber dem Zessionar einwenden, d a ß dieser wider T r e u und G l a u b e n den Schaden nicht abgewendet hat (vgl. B G B § 162 Abs. 2, A D S

636

Schadensabwendung

§ ^

§ 49 Anm.), gegebenenfalls auch, d a ß er auf G r u n d des auf ihn übergehenden Schadensersatz-Anspruchs des Versicherungsnehmers Rückerstattung der von ihm gezahlten Entschädigung w ü r d e verlangen können (exceptio doli generalis). Anm. 5 5. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet. Es handelt sich u m eine der „Verpflichtungen des Versicherten aus dem Versicherungsvertrage", wie die Uberschrift über §§812—819 H G B ausdrücklich sagt. U m eine „Nebenpflicht" ( K o h l e r 458, L e n n e 131, M o l t 35; R e a t z H d b c h 4. 430: Nebenobligation), u m eine Nebenverpflichtung ähnlich der Nebenverpflichtung des Kommissionärs und des Spediteurs, das Interesse des Geschäftsherrn w a h r z u n e h m e n ( H G B §§ 384, 408), u m eine „Pflicht zur Diligenz in eigenen Angelegenheiten" ( M o l t 17; ähnlich schon Prot. 4426). Nicht u m eine „Obliegenheit" (wie hier S c h l e g e l b e r g e r S V R Anm. 1 zu § 4 1 ADS, P r ö l ß Anm. 3 zu §62 V V G , E h r e n z w e i g V V 272, H a g e n H d b . I 639, K i s c h W u R V e r s 1928. 86f.; für Obliegenheit: B r u c k P V R 342, G e r h a r d Anm. 1 zu §62, S i e b e c k 8—17). Auch nicht u m eine Risikobeschränkung ( S i e b e c k 17—23). Ebensowenig u m einen bloßen Tatbestand, dessen Verwirklichung Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs ist; so wohl V o i g t 358: keine „absolute Pflicht des Versicherten in der Art, d a ß ihr ein entsprechendes Zwangsrecht des Versicherers gegenüberstände", sondern „eine Voraussetzung f ü r das Recht des Versicherten, Ersatz des . . . Schadens . . . zu f o r d e r n " ; folgend, aber noch bedenklicher, H G Z 1898. 268: „ D i e gehörige Erfüllung der (Schadenabwendungs-) Pflicht sei insoweit eine Bedingung seines Anspruchs, als auch nur die Möglichkeit bestehen bleibe, d a ß der Schaden im Falle d e r Erfüllung abgewendet w ä r e " ; folgend auch B r o d m a n n 274, S i e v e k i n g 88, H G Z 1906. 194. Der hierbei leitende Gedanke, d a ß der Versicherer kein „ Z w a n g s r e c h t " , kein Klagerecht hat (so auch z. B. G e r h a r d 292, H e c k 495, H G Z 1906. 194) ist f ü r das Wesen der Schadenabwendungs-Pflicht ohne Bedeutung. Er ist aber auch irrig. D a ß regelmäßig nicht auf Schadensabwendung geklagt werden kann, liegt nur d a r a n , d a ß der Schaden regelmäßig nicht m e h r abzuwenden oder zu mindern ist. Die Lage kann aber ausnahmsweise auch eine andere sein. W a r u m sollte der Versicherer, der entschädigt hat, nicht gemäß § 46 darauf klagen können, d a ß der Versicherungsnehmer den Schadensersatz-Anspruch gegen den schuldigen Gegensegler gerichtlich geltendm a c h t u n d d a d u r c h den Schaden m i n d e r t ? Überdies steht einer Klage auf Feststellung, d a ß der Versicherungsnehmer verpflichtet ist, Schaden abzuwenden u n d zu mindern, nichts im Wege. — Der Versicherungsnehmer m u ß deshalb das Verhalten seines gesetzlichen Vertreters gegen sich gelten lassen u n d haftet daneben in den Grenzen seiner Verantwortlichkeit f ü r sein eigenes Verhalten (BGB § 278). Bedient er sich zur Erfüllung seiner Schadenabwendungs-Pflicht eines Dritten, so m u ß er dessen Verhalten vertreten (BGB § 278, R T K z u m V V G 1. 61; vgl. auch L e w i s 2. 361, W o l f f 437, S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 1 zu § 41 ADS, H G Z 1892.97). Näheres: Vorb. V I I I vor § 1, vgl. auch § 23 A n m . 14, 2off., § 33 Anm. 14, jedoch auch unten Anm. 7. 6. Der Versicherungsnehmer ist beim Eintritt des Versicherungsfalls verpflichtet. D. h. beim Eintritt des Gefahrereignisses, das den Schaden (oder größeren Schaden) unvermeidlich herbeiführen würde, wenn der Schaden nicht abgewendet wird, oder auch den Schaden wirklich herbeiführt. Vorher ist der Versicherer d u r c h die Schadenverhütungs-Pflicht des § 33 geschützt. Näheres: § 5 Anm. 28, § 32 Anm. 12, § 33 Anm. 5. Anm. 7 7. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, nach Möglichkeit f ü r die A b wendung und Minderung des Schadens zu sorgen. a) Gesetz ( V V G §62, H G B §819) u n d A D S sagen nicht etwa einfach, d a ß der Versicherungsnehmer verpflichtet sei, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Mit Vorbedacht nicht (Prot. 4425). Der Versicherungsfall stellt den VersicherungsAnm. 6

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nehmer regelmäßig vor eine Lage, die er mit eigener K r a f t nicht überwinden kann. § Den Schaden abzuwenden oder zu mindern, ist er regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen. Für etwaige Versehen des Helfers in der Not aufzukommen, kann ihm nicht zugemutet werden. Wenn er einem zuverlässigen Berger die Bergung des versicherten Schiffes überträgt, kann er für Versehen des Bergers nicht einstehen (so wenig, wie im umgekehrten Falle der Versicherer, der es übernimmt, das gesunkene Schiff zu bergen, für Versehen des Bergers einzustehen hat: H G Z 1903. 275). Deshalb braucht der Versicherungsnehmer nur für die Abwendung und Minderung des Schadens zu s o r g e n . U n d auch dies nur „ n a c h M ö g l i c h k e i t " , „tunlichst" ( H G B § 8 1 9 ; vgl. Prot. 4426), „ n a c h K r ä f t e n " (Begr. z. V V G § 62), nicht „bis an die äußersten Grenzen der menschlichen Möglichkeit" (Prot. 4425; vgl. P r ö l ß Anm. B zu § 6 2 V V G , S i e b e c k 8of., E h r e n z w e i g V V 273 Anm. 1), — was sich freilich nach allgemeinen Grundsätzen von selbst versteht. Andererseits kann er sich nicht darauf berufen, daß er sich verhalten habe, wie wenn er nicht versichert gewesen wäre ( H a n s O L G H a n s R G Z 1934 B 395 = Sasse Nr. 4 3 1 ) . S o w e i t n a c h d e r V e r k e h r s s i t t e D r i t t e mit der Ausführung von Maßregeln zur Schadensabwendung oder -minderung b e t r a u t w e r d e n , genügt es, wenn der Versicherungsnehmer g e e i g n e t e P e r s o n e n damit b e t r a u t und ihre Verrichtungen ü b e r w a c h t . Diese Dritten sind also nicht seine Erfüllungsgehilfen. Ihr Verhalten braucht er nicht gemäß § 278 B G B zu vertreten. Soweit er dagegen nach der Verkehrssitte den Schaden selbst abwenden oder mindern muß, muß er auch das Verschulden Dritter, deren er sich dabei bedient, vertreten ( R G J W 1926. 1969 mit Anm. R i t t e r = Sasse Nr. 13). Und ebenso muß er das Verschulden derjenigen vertreten, deren er sich zur Anstellung oder Überwachung solcher Personen bedient, deren Verhalten er nicht zu vertreten braucht. Ähnlich E h r e n b e r g 439, G e r h a r d 295, S c h l e g e l b e r g e r S V R Anm. 1 zu § 4 1 A D S , H G Z 1906. 195 (Reklamierung der im russisch-japanischen Kriege von den J a p a n e r n beschlagnahmten Teeladung durch eine im Assekuranzverkehr erfahrene, mit guten Verbindungen nach J a p a n ausgerüstete Person), H G Z 1903. 276 (Beauftragung eines geeigneten Tauchers mit der Hebung der gesunkenen Barkasse). Hieraus ergibt sich auch ohne jeden Zwang, daß der Versicherungsnehmer bei der Minderung des Schadens durch Erhaltung und Einziehung von Ersatzansprüchen gegen Dritte zwar „verpflichtet ist, seine und, den U m ständen nach, seiner Korrespondenten Mitwirkung zur erfolgreichen Geltendmachung des Anspruchs zu leisten" (so ausdrücklich A S V B § 71 Abs. 1 Satz 3), daß er aber „keine Haftung für das Verschulden seiner Korrespondenten übernimmt" ( R G 9. 124). — Hieraus ergibt sich auch, inwieweit der versicherte Reeder das V e r s c h u l d e n d e s K a p i t ä n s zu vertreten hat. Das Verhalten des Kapitäns a l s s o l c h e n braucht er überhaupt nicht zu vertreten. Dies bestimmt § 33 Abs. 3 freilich nur für das Verhalten des Kapitäns bei der Erfüllung der dem Versicherungsnehmer obliegenden Schadenverhütungs-Pflicht. Aber diese ist die unmittelbare Vorläuferin der Schadenabwendungs-Pflicht. Bei dieser ist die Interessenlage dieselbe wie bei jener. Wie für jene muß für diese die Erwägung maßgebend sein, daß dem Reeder in den meisten Fällen nichts anderes übrig bleibt, als die Führung des Schiffes einem Kapitän zu überlassen. Der Grundsatz des § 33 Abs. 3 ist deshalb auch hier anzuwenden. Der Versicherungsnehmer braucht Verletzungen der Schadenabwendungs-Pflicht, die der Kapitän als solcher sich hat zuschulden kommen lassen, nicht zu vertreten. Das ist auch unbestritten (vgl. E h r e n b e r g 439, S i e v e k i n g 86, § 33 Anm. 36, 44). Ebenso unbestritten ist, daß er im übrigen das Verschulden des Kapitäns im allgemeinen vertreten muß. Aber er braucht das Verhalten derjenigen nicht zu vertreten, die der Kapitän verkehrsüblicherweise mit der Ausführung von Schadenabwendungs-Maßregeln betraut, gehörig ausgewählt und gehörig überwacht hat. — Bei der G ü t e r v e r s i c h e r u n g (oder

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Anm. 8

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der Versicherung von Bodmereigeldern usw.) ist der Kapitän im allgemeinen keine Person, deren sich der Versicherungsnehmer zur Erfüllung seiner SchadenabwendungsPflicht bedient. Dagegen wird man wiederum aus § 33 Abs. 2 ableiten müssen, daß der Versicherungsnehmer bei einer Versicherung, die sich auf die Güter bezieht, das Verschulden des A b l a d e r s oder E m p f ä n g e r s auch dann vertreten muß, wenn diese Personen etwa nicht als Erfüllungsgehilfen des Versicherungsnehmers anzusehen sind (Prot. 4424, R G 9. 120, H G Z 1883. 76, H G u. O G Hamburg Seebohm 438, H H 120; zweifelnd E h r e n b e r g 439); dagegen nicht auch das Verhalten derjenigen, die der Ablader oder Empfänger verkehrsüblicherweise mit der Ausführung von Schadenabwendungs-Maßregeln betraut, gehörig ausgewählt und gehörig überwacht hat. Näheres: § 23 Anm. 24, § 33 Anm. 27fr. Zu eng und äußerlich R G 9. 1 2 3 : Die Eigenschaft des Empfängers höre auf, „wenn die Tätigkeit des Empfängers mit beendigter Ausladung ihr Ende erreicht habe". Insbesondere muß der Versicherungsnehmer es vertreten, wenn der Empfänger nach der Ausladung der Güter es versäumt, die Ersatzansprüche gegen Verfrachter oder Frachtführer zu erhalten (§ 45 Anm. 27).

b) A b w e n d u n g ist gänzliche oder teilweise Verhinderung des Schadens (Prot. 3206). Dazu gehört auch die Abwehr unbegründeter Ansprüche Dritter, für die der Versicherer haftet, z. B. die Verhütung der Verurteilung zum Ersatz indirekten Kollisionsschadens (§ 32 Anm. 13, § 78 Anm.) oder unbegründeter Belastung in der Havariegrosse-Dispache (§ 30 Anm. 22). Anm. 9 c) M i n d e r u n g ist die gänzliche oder teilweise Beseitigung des Schadens (Prot. 3206: z. B. Trocknung einer durch Wasser beschädigten Kornladung). Aber auch die Erhaltung und Ausnutzung von Ersatzmöglichkeiten, insbesondere von Ersatzansprüchen gegen dritte Schadenstifter (vgl. G e r h a r d 3 1 7 , H a l l b a u e r L Z 1910. 377, M o l t 142, H G u. O G Hamburg Seebohm 438, 505, R G 1 1 2 . 149 = J R P V 1 9 2 6 . 6 6 = Sasse Nr. 12, § 45 Anm. 25). Deshalb verweist § 822 H G B auf § 8 1 9 H G B . Deshalb „ b l e i b t " nach § 46 der Versicherungsnehmer auch nach Übergang des Ersatzanspruchs auf den entschädigenden Versicherer verpflichtet, für die Minderung des Schadens durch Zurückbehaltung der Fracht zu sorgen, usw. Anm. 10 d) W o f ü r d e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r i m e i n z e l n e n z u „ s o r g e n " , was er zu tun, was er zu lassen hat, ist Tatfrage (vgl. O A G Lübeck Thöls Entscheidungsgründe 353 zu einem Falle der Versicherung von Bodmereigeldern). V o n dieser Frage ist jedenfalls die der Verantwortlichkeit zu trennen, die Frage, ob den Versicherungsnehmer ein V e r s c h u l d e n trifft oder nicht. Das ist nicht immer berücksichtigt, insbesondere nicht bei der Aufstellung des Grundsatzes, daß der Versicherungsnehmer wie ein p r u d e n t u n i n s u r e d o w n e r handeln müsse, aber auch dürfe (so z. B. Prot. 4425, L e w i s 2. 359, V o i g t 359, R O H G 24. 395, R G 32. 1 1 3 , H G Z 1892. 97, 1902. 302, 304, H G Hamburg Seebohm 693; dagegen E h r e n b e r g 437, G e r h a r d 292, S i e v e k i n g 85, R e a t z Hdbch. 4. 434, R O H G 18. 285, M E 1 1 2 ; näheres: § 33 Anm. 18). Soll damit nur gesagt sein, daß der Versicherungsnehmer die verkehrsmäßige Sorgfalt nicht außer acht lassen darf, so versteht sich der „Grundsatz" von selbst. Soll damit mehr gesagt sein, so ist er unrichtig. I m Verhältnis des Schadenstifters zum Geschädigten mag es richtig sein, daß der Geschädigte gemäß § 254 B G B nur zu tun braucht, was er, um dem Schaden zu begegnen, voraussichtlich tun würde, wenn er niemanden hätte, der ihm dafür aufkommt (vgl. K o m m , zum § 254 BGB). Denn der Schadenstifter kann regelmäßig nicht mehr verlangen. Anders hier. Dem Versicherungsnehmer ist durch den Versicherungsvertrag eine besondere Verbindlichkeit auferlegt, die erfüllt sein will. E r kann sich nicht darauf berufen, daß die Unterlassung einer zur Schadensabwendung erforderlichen Maßregel in seinem Interesse gelegen, daß er z. B. den Totalverlust des unrentablen Schiffes nicht abgewendet, den Schadensersatz-Anspruch gegen seinen

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Verfrachter zur Aufrechterhaltung einer vorteilhaften Geschäftsverbindung aufgegeben § 4 1 habe und verständigerweise so auch verfahren haben würde, wenn er nicht versichert gewesen wäre ( O A G Lübeck N A f H R 3 . 4 0 9 ; vgl. auch § 3 0 Anm. 22). Der Versicherungsnehmer muß für Abwendung und Minderung des Schadens sorgen, „wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern" ( B G B § 242), und dabei „ T r e u und Glauben im höchsten Maße betätigen" (§ 1 3 ; V o i g t 358; vgl. L Z 1907. 5gg, H a n s O L G H a n s R G Z 1934 B 395 = Sasse Nr. 4 3 1 ) . Freilich nur „nach Möglichkeit", „tunlichst", „nach K r ä f t e n " (oben Anm. 7). Nicht mit Opfern an Zeit, K r a f t und Mitteln, die ihm billigerweise nicht zuzumuten sind. Die Abwendungspflicht kann u. U . auch dadurch verletzt werden, daß der Versicherungsnehmer es unterläßt, auf Berichtigung der Dispache bei bekannter oder erkennbarer Unrichtigkeit zu bestehen ( H a n s O L G J R P V 1938. 155 = Sasse Nr. 446). •— Hiernach bestimmt sich z. B., inwieweit der Versicherungsnehmer A u f w e n d u n g e n machen muß ( L e w i s 2. 359). Die Ansicht S i e v e k i n g s 83, daß der Versicherungsnehmer überhaupt nicht verpflichtet sei, „Aufwendungen aus seinem Vermögen zu machen", steht in Widerspruch nicht nur mit der Interessenlage, sondern auch mit dem Gesetz, das den Versicherer verpflichtet, einen Teil, und zwar n u r einen Teil der Aufwendungen, die der Versicherungsnehmer machen muß, vorzuschießen ( H G B §893 Nr. 1 ) ; im Falle der Unterversicherung oder der Versicherung „ F ü r behaltene Ankunft" oder „ N u r für Totalverlust" wäre die Schadenabwendungs-Pflicht des Versicherungsnehmers überhaupt ohne Bedeutung, da sie regelmäßig nur mit Kosten erfüllt werden kann. Der Versicherungsnehmer kann auch nicht einwenden, daß es ihm in Ermangelung von Mitteln nicht „möglich" gewesen sei, Aufwendungen zu machen. Denn er ist verpflichtet, sie zu machen, und muß sich also darauf einrichten. Freilich darf er dabei auch damit rechnen, daß der Versicherer gemäß § 32 Abs. 2 die Aufwendungen auf Verlangen vorschießen muß. Ahnlich: E h r e n b e r g 438, G e r h a r d 293, S c h l e g e l b e r g e r S V R B e m . 2 zu §41 A D S . — Hiernach bestimmt sich insbesondere auch, ob der Versicherungsnehmer verpflichtet ist, dem in Seenot befindlichen versicherten Schiffe m i t e i n e m a n d e r e n i h m g e h ö r e n d e n S c h i f f e zu Hilfe zu kommen (vgl. dazu H a n s O L G H a n s R G Z 1934 B 680 = Sasse Nr. 432). Anders ohne Grund S i e v e k i n g 85: „ D e r Versicherte sei in seinem Verhältnis zum Versicherer zur Hilfeleistung nicht verpflichtet". Anders auch R G 32. 1 5 : Die Schadenabwendungs-Pflicht des Versicherungsnehmers könne „unmöglich" sich darauf erstrecken, daß er „sich seinerseits auf gewagte, auch sein übriges Vermögen gefährdende und ihm im Falle des Nichterfolges überall keinen Ersatz gewährende Unternehmungen, wie es das Bergen und die Hilfeleistung in Seenot seien, einzulassen habe". Das R G verwechselt bergungsrechtliche und versicherungsrechtliche Grundsätze. Allerdings sind „das Bergen und die Hilfeleistung in Seenot im Falle des Nichterfolgs überall keinen Ersatz gewährende Unternehmungen". Nach Bergungsrecht kann Berge- oder Hilfslohn nicht verlangt werden, wenn die geleisteten Dienste ohne Erfolg geblieben sind ( H G B § 741 Abs. 1). Anders nach Versicherungsrecht. Als Versicherungsnehmer kann der Reeder Ersatz von Aufwendungen (insbesondere Ersatz für Schäden, Ausrüstungskosten, Vergütung für die Schiffsbesatzung, Nutzungsverlust) auch dann verlangen, wenn „die ergriffenen Maßregeln erfolglos geblieben sind" ( H G B § 834 Nr. 3). Auch ist nicht einzusehen, warum der Versicherungsnehmer zwar alle übrigen Teile seines Vermögens aufwenden muß, aber gerade ein ihm gehörendes Schiff zur Schadensabwendung nicht zu verwenden braucht. Es kommt also darauf an, ob der Versicherungsnehmer nach den für seine Schadenabwendungs-Pflicht im allgemeinen geltenden Grundsätzen verpflichtet erscheint, durch Verwendung seines Schiffes dem anderen, versicherten Schiffe zu helfen (so mit Recht H G Z 1892. 97). Wird diese Frage bejaht, so kann der Versicherungs-

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§ 41

nehmer im Falle der Verwendung gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 1 Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. Siehe dazu auch M ö h r i n g I T V M i t t 1935. 14. Wird die Frage verneint, so ist zu unterscheiden, ob der Reeder die Verwendung für geboten halten durfte oder nicht. Durfte er sie für geboten halten, so kann er wiederum gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 1 Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. Durfte er sie nicht für geboten halten, so kann er keinen Ersatz verlangen; nur im Falle des Erfolgs könnte er kondizieren. Näheres: § 32 Anm. 7. — Hiernach bestimmt sich insbesondere auch, ob der Versicherungsnehmer im Falle eines versicherten und unversicherten Sachen gemeinsam drohenden Schadens die versicherten Sachen v o r d e n u n v e r s i c h e r t e n retten muß. Dabei wird besonders das Wertverhältnis der bedrohten Sachen in Betracht kommen müssen. Die Frage ist übrigens dem Versicherungsrecht nicht eigentümlich, sondern taucht auch bei anderen Sorgeverhältnissen (Miete, Leihe, Verwahrung usw.) auf; vgl. K o m m . z. B G B und § 3 2 Anm. 3fr. — B e i s p i e l f ä l l e :

Anm. 1 1

aa) Ist das versicherte Schiff mit Ladung gestrandet, so darf der Versicherungsnehmer die Abbringung nicht deshalb unterlassen, weil die Abbringungskosten mehr betragen würden, als das Schiff wert ist. Denn die Kosten würden nicht vom Schiffe allein zu tragen, sondern in großer Haverei über Schiff, Fracht und Ladung zu verteilen sein. R O H G 18. 289; Vorentscheidungen: H G Z 1875. 42. — Wenn das Schiff gleichwohl nicht abgebracht wird und infolgedessen total verlorengeht, so haftet der Versicherer zwar nach Totalverlust-Grundsätzen; er kann aber gemäß § 41 Abs. 3 von der Versicherungssumme abziehen, was er nicht zu zahlen gehabt hätte, wenn das Schiff abgebracht wäre und die Kosten in großer Haverei verteilt worden wären. Der Versicherer kann sich nur auf § 41 Abs. 3, nicht auf § 33 berufen. Denn wir sind im Stadium der Schadensabwendung, nicht in dem der Schadensverhütung. Der Versicherungsfall ist eingetreten, kein neuer, von ihm unabhängiger Versicherungsfall hinzugetreten (anders im Falle Anm. 1 3 ; vgl. auch § 32 Anm. 8).

Anm. 12

bb) Wenn das versicherte Schiff wegen einer Kollisionsschuld, die seinen Wert übersteigt, gepfändet ist, versteigert wird und dabei für den dritten Teil der T a x e erstanden werden kann, muß der Versicherungsnehmer durch Ersteigerung des Schiffes den Schaden zu mindern suchen. O A G Lübeck N A f H R 3. 399. Anm. 13 cc) Ist das versicherte Schiff unterwegs beschädigt, so muß es unverzüglich ausgebessert werden (§ 75). Wenn der Versicherungsnehmer das Schiff nicht unverzüglich ausbessert und das Schiff infolgedessen und weil, etwa wegen Einbruchs des Winters, die zur Ausbesserung erforderlichen Materialien nicht mehr zum Nothafen gebracht werden können, reparaturunfähig wird, kann der Versicherungsnehmer das Schiff nicht gemäß § 77 kondemnieren lassen. Denn so wenig wie der nach Entstehung eines Teilschadens durch Verschulden des Versicherungsnehmers verursachte Totalverlust zu Lasten des Versicherers ist, ist es der nach Entstehung eines Teilschadens durch Verschulden des Versicherungsnehmers verursachte Fall der Reparaturunfähigkeit (§ 33, H G Z 1890. 198). Der Versicherungsnehmer kann sich insbesondere nicht darauf berufen, daß die Ausbesserung im Nothafen nicht möglich, die Beförderung nach einem Ausbesserungshafen aber kostspielig gewesen sei, weil das Schiff notweise habe repariert und die Materialien von auswärts hätten herbeigeschafft werden müssen, die Versicherer aber nicht bereit gewesen seien, die Kosten zu zahlen ( L G Hamburg H G Z 1890. 196). Unrichtig H G Z 1890. 198: Während die Versicherer „nicht etwa ihrerseits sich zur Ausführung der beiden Maßregeln — Beschaffung des Holzes und Requisition eines Dampfers (zur Beförderung nach dem Ausbesserungshafen) — bereit erklärten, habe es nach § 66 A S V B ( = A D S § 4 1 ) nicht innerhalb der Pflicht des Versicherten gelegen, zu dem Zwecke, um eine Notreparatur im Nothafen zu ermöglichen, mit unverhältnismäßigen Opfern an Zeit und Kosten verbundene Geschäftsunternehmungen einzu-

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gehen, wie z. B. das passende Holz von (auswärts) zu beziehen". Denn es handelt sich um Maßregeln nicht sowohl zur Schadensabwendung, als vielmehr zur Schadensfeststellung (§ 74 Anm.). Der Versicherer hat die Ausbesserungskosten als solche nicht vorzuschießen. Er hat nur gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 vorzuschießen. Im übrigen ist es Sache des Versicherungsnehmers, sich die zur Ausbesserung erforderlichen Gelder zu beschaffen; sein Interesse ist dadurch gewahrt, daß der Versicherer auch die zur Beschaffung dieser Gelder nötigen Kosten ersetzen muß (§ 75 Abs. 4). Übrigens war die Berufung des Gerichts auf die Vorschußpflicht des § 41 überflüssig; denn das Gericht stellte fest, daß das Schiff nur mit „ganz außergewöhnlichen Mitteln" hätte ausgebessert werden können und demgemäß reparaturunfähig war (hierüber: § 77 Anm.). dd) Wenn der Kapitän Anstalten trifft, die versicherten Güter rechtswidrig zu verkaufen, muß der Versicherungsnehmer den Verkauf zu verhindern suchen. O G Hamburg HH 124. ee) Der Gewinnversicherte muß, wenn das Schiff unterwegs die Reise aufgibt, dafür sorgen, daß die Güter anderweit zum Bestimmungsort befördert werden und so der Gewinnverlust abgewendet wird. Anders, wenn die Güter should vessel be lost contract to be void verkauft sind, das durch diesen Verkauf bestimmte Gewinninteresse versichert ist und das Schiff die Reise aufgibt. Der Schaden ist nicht abzuwenden. Werden die Güter anderweit zum Bestimmungsort befördert und dort mit Gewinn verwertet, so bildet dieser Gewinn keinen anrechenbaren Ersatz. RG 36. 132 (gegen HGZ 1895. 258), R G HGZ 1893. 189, HGZ 1893. 12. Vgl. auch Vorb. vor § 1 Anm. 71. ff) Auch der V e r k a u f des v e r s i c h e r t e n G e g e n s t a n d e s kann eine Maßregel zur Minderung des Schadens sein. Natürlich regelmäßig nur ein solcher Verkauf, bei dem der Ubergang der Versicherung auf den Käufer ausgeschlossen wird. So etwa, wenn das gegen Kriegsgefahr versicherte Schiff, um es der sonst sicheren Beschlagnahme zu entziehen, verkauft wird. Vgl. R O H G 18. 281, HG u. O G Hamburg HGZ 1872. 182, 366, 1875. 12, auch § 71 Anm. — Im Falle des Totalverlustes kann der Verkauf des Geretteten zur Schadensminderung dienen. Auch nach Zahlung der Versicherungssumme und Ubergang der Rechte am Geretteten; der Versicherungsnehmer ist aber in diesem Falle nur verpflichtet, zu verkaufen, wenn der Versicherer es verlangt (§71 Abs. 4). — Auch in den Fällen der Reparaturunfähigkeit oder Reparaturunwürdigkeit des versicherten Schiffes kann der Verkauf zur Schadensminderung dienen und notwendig sein. Doch muß der Versicherungsnehmer in diesen Fällen regelmäßig den dafür besonders vorgeschriebenen Weg gehen (§ 77); nur in besonderen Fällen, die keinen Aufschub gestatten, kann (und muß) er das Schiff sonstwie verkaufen. — Insbesondere kommt auch der Verkauf der versicherten G ü t e r als Maßregel zur Schadensminderung in Betracht. Den Fall, daß die Güter „infolge eines Unfalls verkauft werden müssen", behandelt §96 Abs. 2 besonders (näheres: §96 Anm.). Der Verkauf kann aber auch infolge eines anderen Gefahrereignisses geboten sein. So etwa, wenn die Güter infolge eines am Bestimmungsort ausgebrochenen Streiks oder Kriegs nicht alsbald weiterbefördert werden können und infolge hiervon der dringenden Gefahr des Versicherungsschadens ausgesetzt sind (ROHG 24. 395), wenn z. B. das Schiff mit kriegsversichertem Gold im neutralen Zwischenhafen kriegshalber vorläufig liegen bleibt, die Gefahr dringend ist, daß der neutrale Staat in den Krieg eintritt und das Gold beschlagnahmt, und das Gold aus diesem Grunde verkauft wird (vgl. R G 88. 315 im Falle O r t e g a l ; mit Recht wurde die Entschädigungsklage abgewiesen, weil die Gefahr, daß der neutrale Staat — Spanien — in den 1. Weltkrieg eintreten würde, nicht dringend war, mit Unrecht aber die Abweisung damit begründet, daß „ein unter die Versicherung fallender Unfall noch nicht vorgelegen" habe; vgl. dazu auch § 32 Anm. 12, §33 Anm. 6). Der Versicherer haftet in solchen Fällen zwar nicht gemäß 41

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

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Schadensabwendung

§ 41 § g6. Aber er haftet nach gewöhnlichen Totalverlust- oder Teilverlust-Grundsätzen (§32 Anm. 8). Anders, wenn Pelzwerk free of average kriegsversichert ist, das Schiff kriegshalber einen Zwischenhafen anlaufen muß und die Güter hier verkauft werden müssen, um sie vor Beschädigung und daraus folgendem Verderb zu bewahren; der Verkauf bezweckt nicht die Minderung eines Versicherungsschadens (Hadkinson v. Robinson 1803, mit teilw. abw. Begr., bei A r n o u l d 785 s. 827). Als Fleischkonserven, die für die Reise von San Francisco nach Wladiwostok kriegsversichert waren, nach Ausbruch des russisch-japanischen Krieges und vor Antritt der Reise wieder ausgeladen und verkauft wurden, verlangte der Versicherungsnehmer ohne Grund Entschädigung; der Verkauf war keine Maßregel zur Minderung von Versicherungsschaden; überdies war der Versicherungsfall noch gar nicht eingetreten (engl. Entsch. ITVMitt 1915. 98 mit teilw. abw. Begr.). Anm. 17

gg) Als einen Beispielfall der Schadenminderungs-Pflicht bezeichnete E 1910 §44 (im Anschluß an ASVB § 68) die Verpflichtung des Versicherungsnehmers, bei der B e s c h a f f u n g und V e r s i c h e r u n g von H a v e r e i g e l d e r n mitzuwirken, die zur Abwendung oder Minderung des Schadens aufzuwenden sind (über den Begriff der Havereigelder: § 1 Anm. 109). Die Beschaffung von Havereigeldern kann vorbereitende Maßregel zur Schadensabwendung sein. Soweit der Versicherungsnehmer Schadenabwendungs-Kosten nicht aus eigenen Mitteln zu bestreiten braucht (oben Anm. 10), muß er sich die Mittel zu beschaffen suchen, — ob durch Verbodmung oder sonstwie, müssen die Umstände des Falles bestimmen; dabei ist nicht mehr maßgebend, daß die Verbodmung zwar das teuerste Mittel zur Geldbeschaffung ist, aber auch die Haftung des Versicherers begrenzt (anders noch ASVB § 68: „Der Versicherte ist gehalten, . . . für Sicherstellung der Havereigelder durch Bodmereibrief des Schiffers Sorge zu tragen"). Auch soweit der Versicherer Vorschuß leisten muß, muß der Versicherungsnehmer dafür sorgen, daß der Vorschuß seinem Zwecke dienstbar gemacht wird. Aber bei der Beschaffung der Vorschußgelder braucht der Versicherungsnehmer nicht mehr mitzuwirken. Sie ist lediglich Sache des Versicherers, keine Maßregel zur Schadensminderung. — Nach § 68 ASVB sollte der Versicherungsnehmer die Havereigelder, wenn Verbodmung nicht möglich war, „auf Kosten und Gefahr seines Versicherers . . . versichern lassen". Auch solche Versicherung ist keine Maßregel zur Schadensabwendung. Sie sollte den Versicherer nur für den späteren Versicherungsfall vor Überhaftung schützen (wie die Verbodmung). Zu solcher Versicherung ist der Versicherungsnehmer gleichfalls nicht mehr verpflichtet. Näheres hierüber: § 1 Anm. 108ff., § 79 Anm. Anm. 18 8. Abs. 1 Satz 2, 3. Bei der Erfüllung der Schadenverhütungs-Pflicht des § 33 ist der Versicherungsnehmer auf sich selbst gestellt. Der Versicherer braucht nicht gefragt zu werden und hat nicht dreinzureden. Man kann für die SchadenabwendungsPflicht des § 41 den gleichen Standpunkt einnehmen. So auch ohne Einschränkung das englische Recht (unten Anm. 36). So grundsätzlich auch §819 HGB; doch soll der Versicherungsnehmer, „wenn tunlich, über die erforderlichen Maßregeln vorher mit dem Versicherer Rücksprache nehmen". Dabei war hauptsächlich die formaljuristische Erwägung maßgebend, daß „der Versicherte, ungeachtet des eingetretenen Unglücksfalles, Eigentümer des versicherten Gegenstandes bleibe" und „also auch die aus dem Eigentumsrechte fließende Dispositionsbefugnis behalten müsse" (Mot. z. PreußE 341, Prot. 3201, 4327). Nach AllgPlan 1847 § 1 1 3 , ASVB §66 sollte der Versicherungsnehmer das, was zur Schadensabwendung „am geeignetsten und zweckmäßigsten ist, verabreden" und der Verabredung gemäß verfahren. Etwas weiter gehen §62 V V G und, im Anschluß daran, §41 Abs. 1 Satz 2 ADS: Der Versicherungsnehmer muß dabei (bei der Sorge für die Abwendung und Minderung des

Schadensabwendung

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Schadens) die Weisungen des Versicherers befolgen. Das Verhältnis wird dadurch § 41 dem Auftrags- und Geschäftsbesorgungs-Verhältnis rechtsähnlich (vgl. BGB §§ 665, 675, auch H G B §§ 384, 408). Wie der Beauftragte und der Geschäftsbesorger bei der Ausführung des Auftrags oder bei der Geschäftsbesorgung die Weisungen des Geschäftsherrn befolgen muß, muß der Versicherungsnehmer bei der Schadensabwendung die Weisungen des Versicherers befolgen. Die für die Weisungen des Geschäftsherrn geltenden Grundsätze sind deshalb auch auf die Weisungen des Versicherers sinngemäß anzuwenden (unten Anm. 21). a) W e i s u n g e n sind, dem natürlichen Begriff"nach, empfangsbedürftige (im übrigen Anm. 19 keiner besonderen Form bedürfende), rechtsgestaltende, nämlich der Schadenabwendungs-Pflicht Richtung gebende, W i l l e n s e r k l ä r u n g e n (über empfangsbedürftige Erklärungen: V o r b . vor § 1 A n m . 33). Sie sind dem Verpflichteten gegenüber abzugeben (oben A n m . 4). A b g a b e gegenüber einem Vertreter, insbesondere einem Gesamtvertreter: § 3 A n m . 18. — Die Weisung muß, gleich allen rechtsgestaltenden Willenserklärungen, b e s t i m m t sein. Der Versicherungsnehmer muß wissen, woran er ist. Bloße Meinungsäußerungen sind noch keine Weisungen. Ebensowenig die bloße Zustimmung zu Vorschlägen des Versicherungsnehmers (aber der Versicherungsnehmer ist, wenn der Versicherer bei der Zustimmung die Sachlage kennt oder solche Kenntnis bei ihm vorausgesetzt werden muß, gegen die Einwendung geschützt, d a ß er die zur Durchführung der vorgeschlagenen Maßregel erforderliche A u f w e n d u n g nicht habe für geboten halten dürfen). Noch weniger das bloße Schweigen auf Vorschläge oder sonstige Mitteilungen des Versicherungsnehmers; der Versicherer gibt durch sein Schweigen nur zu erkennen, daß er die Schadensabwendung dem pflichtmäßigen Ermessen des Versicherungsnehmers überlasse. Das Schweigen kann höchstens den Umständen des Falles nach als Zustimmung gelten (Prot. 3207: W e n n „ d e r Versicherer wegen Anwesenheit am Aufenthaltsort des Schiffes, bzw. der Ladung, oder aus anderen Gründen, ebensowohl wie der Versicherte in der L a g e gewesen sei, die Angemessenheit oder Unangemessenheit der Maßregeln zu beurteilen"; vgl. auch H G Z 1910. 117, 1913. 54, dazu aber auch § 71 Anm.). Die (stillschweigende) Zustimmung würde dann wieder die Folge haben, daß der Versicherer gegebenenfalls nicht einwenden kann, der Versicherungsnehmer habe die Maßregel nicht für geboten halten dürfen (oben). A b e r natürlich nicht die Folge, daß der Versicherungsnehmer gebunden ist und nicht abweichen, keine anderen, geeigneteren Maßregeln zur Schadensabwendung ergreifen darf ( H G Z 1910. 23). Noch viel weniger die Folge, daß der Versicherer gemäß § 32 Abs. 2 Satz 2 die ganzen Aufwendungen vorschießen muß, obgleich ein Teil des Versicherungswerts unversichert ist. — I m übrigen kann die Weisung, wie jede andere Willenserklärung, a u s d r ü c k l i c h oder s t i l l s c h w e i g e n d , durch schlüssiges Verhalten, erklärt werden. Erklärt der Kaskoversicherer, daß er „bis zur rechtskräftigen Entscheidung durch die Gerichte eine den Versicherten aus dem Zusammenstoß treffende Schadensersatz-Pflicht nicht anerkenne", so kann darin die Weisung an den Reeder erblickt werden, sich vom Gegensegler verklagen zu lassen ( R G 38. 57; näheres: § 78 Anm.). b) Der Versicherungsnehmer muß „ d a b e i " , bei der Sorge um die Schadens- Anm. 20 abwendung, die Weisungen des Versicherers befolgen. Hieraus, aus dem Zusammenhang der ersten beiden Sätze des § 4 1 Abs. 1 und aus der Interessenlage folgt, d a ß Weisungen erst im Versicherungsfall erteilt werden dürfen. Der Versichererkann dem Versicherungsnehmer nicht schon vorher Verhaltungsmaßregeln für den Versicherungsfall erteilen (abw. Begr. z. E 1910 § 44, P r ö l ß A n m . 2 B zu § 63 V V G : bei Vertragsschluß, in Allgemeinen Versicherungsbedingungen oder besonderen Bedingungen oder nach dem Versicherungsfall speziell). Er kann es nur im Versicherungsfall: Ist

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Schadensabwendung

§ 41

der Schadensfall kein Versicherungsfall, so kann der Versicherer auch keine Weisungen erteilen, braucht der Versicherungsnehmer Weisungen nicht zu befolgen. Erteilt der Versicherer gleichwohl Weisungen, so erkennt er damit nicht ohne weiteres seine Entschädigungspflicht an. Läßt sich z. B. der Kaskoversicherte der Weisung des Versicherers gemäß vom Gegensegler auf Schadensersatz verklagen, so braucht der Versicherer nicht die Prozeßkosten zu ersetzen, wenn die Klage abgewiesen wird und die Erstattung der Prozeßkosten vom Gegensegler nicht zu erlangen ist (näheres: § 78 Anm.). — Hieraus folgt aber auch, daß die Weisungen m i t d e r S c h a d e n s b e k ä m p f u n g z u s a m m e n h ä n g e n müssen. Die Schadenabwendungs-Pflicht des Versicherungsnehmers wird durch die Weisungen „genauer festgelegt, mit einem bestimmten sachlichen Inhalt ausgestattet" ( K i s c h W u R V e r s 1916. 283). Die Weisungen brauchen aber nicht zur Schadensabwendung objektiv geeignet zu sein. Wenn der Versicherer die Weisung erteilt, die versicherten seebeschädigten und im Nothafen gelöschten Güter trotz der Gefahr größeren Schadens nicht zu verkaufen, sondern an den Bestimmungsort zu befördern, muß der Versicherungsnehmer (wenn er die versicherte Reise nicht aufgeben will) folgen ( O G Hamburg H G Z 1879. 88). Verlangt der Kaskoversicherer, daß der Reeder sich vom Gegensegler verklagen lasse, so muß der Reeder folgen, auch wenn er, und zwar mit Recht, den Schadensersatz-Anspruch des Gegenseglers für begründet hält ( R G 38. 58, H G Z 1898. 267; näheres: § 78 Anm.). Der Versicherer kann sogar den Versicherungsnehmer anweisen, die Bekämpfung des Schadens zu unterlassen, um sich der Haftung für die Aufwendungen des § 32 Abs. 1 Nr. 1 zu entziehen (§ 32 Anm. 19). Die Weisung darf aber auch n i c h t v e r t r a g s w i d r i g sein. Der Versicherer kann deshalb nicht verlangen, daß der Versicherungsnehmer die versicherte Unternehmung aufgebe, um Schaden zu vermeiden, der sonstwie abgewendet werden kann, daß der Güterversicherte z. B. die Güter verkaufe, die unterwegs beschädigt sind, aber ausgebessert und weiterbefördert werden können ( R O H G 23. 384, Vorentscheid.: H G u. O G Hamburg H G Z 1 8 7 7 . 3 4 0 , 3 8 9 ) . Der Versicherer kann auch nicht verlangen, was nicht in der „Möglichkeit" des Versicherungsnehmers liegt (oben Anm. 7, 1 0 ; vgl. P r ö l ß Anm. B zu § 62 V V G , S i e b e c k 8of., E h r e n z w e i g 273 Anm. 1). Siehe auch § 183 V V G für die Unfallversicherung. Selbstverständlich darf die Weisung nicht nur den Zweck haben, dem Versicherungsnehmer zu schaden ( B G B § 2 2 6 ) ; der Kaskoversicherer kann z. B. den Reeder nicht anweisen, sich vom Gegensegler verklagen zu lassen, wenn die Abwehr des Schadensersatz-Anspruchs „offenbar frivol und chikanös" sein würde ( H G Z 1895. 1 3 1 ) .

Anm. 21

c) Der Versicherungsnehmer m u ß die Weisungen des Versicherers b e f o l g e n . Auch wenn es nicht in seinem Interesse ist ( H a n s O L G H a n s R G Z 1934 B 395 = Sasse Nr. 4 3 1 ) . Er muß z. B. die vom Versicherer angeordneten Bergungsmaßregeln treffen, obgleich die T a x e des versicherten Schiffes den wirklichen Versicherungswert übersteigt, die Frachten gesunken sind, der Versicherungsnehmer keine Verwendung für das Schiff hat (vgl. über Weisungen des Kommittenten: R O H G 6. 3 1 4 , J W 1901. 408). — Der Versicherungsnehmer b r a u c h t die Weisungen dagegen n i c h t zu befolgen, wenn er den Umständen nach annehmen darf, daß der Versicherer bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen würde (anal. B G B § 665), — unbeschadet der Pflicht des Versicherungsnehmers, neue Weisungen einzuholen (unten Anm. 23). — Der Versicherungsnehmer d a r f die Weisungen n i c h t befolgen, wenn er den Umständen nach annehmen muß, daß der Versicherer bei Kenntnis der Sachlage die Weisungen nicht erteilt haben, andere Weisungen erteilen würde (anal. B G B § 6 6 5 ; ähnlich K i s c h W u R V e r s 1916. 2 7 3 : Wenn „sich der Versicherer bei Erteilung der Weisung in einem Irrtum befunden habe", sei „der Versicherungsnehmer wegen besserer Kenntnis der Umstände verpflichtet, von ihrer Durchführung abzusehen"). Der Versicherungsnehmer

Schadensabwendung

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d a r f die Weisungen auch dann nicht befolgen, wenn die Weisungen erkennbar im § 41 Hinblick auf eine bestimmte Sachlage erteilt sind und diese Sachlage sich so ändert, daß die Weisungen als für die neue Sachlage nicht mehr erteilt erscheinen, der Versicherungsnehmer vielmehr neue Weisungen einholen muß. — B e f o l g t der Versicherungsnehmer die Weisungen berechtigterweise, so ist er gedeckt. Der Versicherer kann sich nicht darauf berufen, daß ohne die Weisungen die SchadenabwendungsPflicht verletzt sein würde (RG 6. 195). — Befolgt der Versicherungsnehmer die Weisungen unberechtigterweise n i c h t , so ist die Schadenabwendungs-Pflicht verletzt. Der Versicherer braucht nur noch zu beweisen, daß oder inwieweit infolge der Nichtbefolgung der Schaden nicht abgewendet oder nicht gemindert ist. Der Versicherungsnehmer kann jedoch beweisen, daß die Nichtbefolgung nicht auf einem Verschulden beruht (§ 41 Abs. 3). •— Der Versicherungsnehmer hat die Anweisungen des Seeversicherers auch dann zu befolgen, wenn das Schiff bei der Inseesendung seeuntüchtig war, denn der Seeversicherer erteilt die Weisungen unter der stillschweigenden Bedingung der Seetüchtigkeit des Schiffes. Der Seeversicherer darf ein seeuntüchtiges Schiff als Ausnahme betrachten ( K r e u t z i g e r VersR 1964. 999). Doch braucht, abgesehen von sich nach § 13 regelnden Härtefällen, der Seeversicherer dann weder den Substanzschaden (wegen § 58) noch die Aufwendungen zu ersetzen, denn § 58 ist gegenüber § 32 Abs. 1 Ziff. 2 Ausnahmebestimmung ( K r e u t z i g e r a. a. O.). d) Der V e r s i c h e r e r ist nicht v e r p f l i c h t e t , Weisungen zu erteilen (Prot. 3207, Anm. 22 H G Z 1896. 44). Er ist insbesondere nicht verpflichtet, zweckmäßige Weisungen zu erteilen ( K i s c h WuRVers 1916. 297). Er haftet also nicht für den Schaden, der dadurch entsteht, daß er fahrlässig unzweckmäßige Weisungen erteilt und der Versicherungsnehmer sie befolgt, •— oder doch nur aus unerlaubter Handlung. Er haftet nur für die Aufwendungen, die der Versicherungsnehmer gemäß den Weisungen des Versicherers macht (§ 32 Abs. 1 Nr. 2). In diesen Grenzen freilich auch für Schäden sowohl an den versicherten wie an unversicherten Sachen, z. B. für die Schäden, die das Schwesterschiff bei der Rettung des versicherten Schiffes erleidet (§ 32 Anm. 7). Vgl. Prölß Anm. 2 zu § 63 V V G . Siehe über die entsprechende Frage beim Auftragsverhältnis die Komm, zum BGB § 670. e) Der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r m u ß , w e n n die U m s t ä n d e es gestatten, vom Anm. 23 Versicherer (und seinen etwaigen Platzvertretern, insbesondere Havariekommissaren: 74 Anm.) Weisungen einholen, d. h. dem Versicherer Gelegenheit zur Erteilung geeigneter Weisungen geben und ihm zu diesem Zwecke alles Nötige mitteilen (Begr. z. V V G §62; H G Z 1898. 267 im Kollisionsfall: „dem Versicherer den Hergang der Kollision schildern, ihm die etwaigen Verklarungen und sonstigen Beweisstücke vorlegen, kurz ihm ein Urteil darüber ermöglichen, ob eine gerichtliche Bekämpfung des auf Grund der Kollision erhobenen Schadensersatz-Anspruchs Aussicht auf Erfolg bietet"). — „ W e n n die U m s t ä n d e es g e s t a t t e n " : nicht nur, wenn es möglich ist, Weisungen einzuholen; das würde sich von selbst verstehen. Gemeint ist, daß der Versicherungsnehmer, wenn sofort Maßregeln zur Schadensabwendung getroffen werden müssen, nicht warten darf, bis Weisungen eingetroffen sind oder eingetroffen sein können. f) A b s . 1 Satz 3. Sind m e h r e r e Versicherer beteiligt und von ihnen ent- Anm. 24 gegenstehende Weisungen erteilt, so hat der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r nach e i g e n e m pfiichtmäßigen E r m e s s e n zu handeln, d. h. so, wie wenn überhaupt keine Weisungen erteilt worden wären. a) Vorausgesetzt ist, daß mehrere Versicherer bei demselben Interesse beteiligt sind (der Fall der M i t v e r s i c h e r u n g : Vorb. V vor § 1). Ubernimmt der Versicherer

646 § 41

Schadensabwendung

nur einen Teil des Interesses (z. B. am Schiff oder an den Gütern), so muß er damit rechnen, daß der andere Teil anderweit versichert wird, und kann nicht erwarten, daß nur seine Weisungen befolgt werden. Es ist deshalb in diesem Falle nur billig, daß beim Widerspruch der Weisungen die Fürsorge für das versicherte Interesse dem pflichtmäßigen Ermessen des Versicherungsnehmers anheimgestellt wird. Es ist deshalb aber auch unzulässig, den Grundsatz des § 41 Abs. 1 Satz 3 auf Konfliktsfälle anderer Art zu übertragen. So z. B. auf den Fall, daß beim einen Versicherer die G ü t e r , beim anderen Versicherer imaginärer G e w i n n oder M e h r w e r t versichert sind (vgl. auch HansOLG H R Z 1925. 556 = Sasse Nr. 340). Anders S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 5 zu § 41 ADS. Der Fall ist praktisch nicht von großer Bedeutung, weil Güter, Gewinn und Mehrwert meist (nicht immer: R G 77. 302, H G Z 1910. 280) beim selben Versicherer gedeckt werden (über Anschlußklauseln: Vorb. vor § 1 Anm. 49). — Ein zweiter Konfliktsfall ist der Fall der D o p p e l v e r s i c h e r u n g . Auch in diesem Falle ist §41 Abs. 1 Satz 3 unanwendbar (anders wiederum S c h l e g e l b e r g e r aaO). Der Versicherer braucht nicht damit zu rechnen, daß der Versicherungsnehmer im Versicherungsfall durch eine zweite Versicherung gehindert wird, seine Weisungen zu befolgen. Der Versicherungsnehmer kann nicht berechtigt sein, das Weisungsrecht des Versicherers durch den Abschluß eines zweiten Versicherungsvertrags zu zerstören. — Ein dritter Konfliktsfall ist der Fall, daß mehrere Versicherer bei demselben Interesse beteiligt sind, n u r d e r e i n e Weisungen (z. B. die Weisung, den Schaden nicht zu bekämpfen) erteilt und diese Weisung des einen Versicherers zwar befolgt werden muß, ihre B e f o l g u n g aber g e g e n ü b e r d e n ü b r i g e n Versicherern eine V e r l e t z u n g der Schadenabwendungs-Pflicht bedeuten würde. Doch ist in diesem Falle die Interessenlage dieselbe, wie in dem Falle, daß die mehreren Versicherer entgegenstehende Weisungen erteilt haben. In diesem Falle ist deshalb § 41 Abs. 1 Satz 3 sinngemäß anzuwenden.

ß) Ob die mehreren Versicherer g l e i c h m ä ß i g o d e r u n g l e i c h m ä ß i g bet e i l i g t sind, gilt gleich. Die darin liegende Unangemessenheit zu beseitigen, einigen die Mitversicherer sich häufig auf einen „Führer" (hierüber Vorb. vor § 1 Anm. 45). Der Führer erteilt die Weisungen für sich und für die übrigen Mitversicherer. Der Versicherungsnehmer braucht nur von ihm Weisungen einzuholen, darf ihn aber auch nicht übergehen (Vorb. vor § 1 Anm. 46). Trotz der Führung können auch die übrigen Versicherer Weisungen erteilen. Widersprechen sich die Weisungen, so ist § 43 Abs. 1 Satz 3 anzuwenden. y) Ob die Weisungen einander e n t g e g e n s t e h e n , ist Tatfrage. Weist der eine Kaskoversicherer den Reeder an, sich vom Gegensegler verklagen zu lassen, der andere, sich nicht verklagen zu lassen, so stehen die Weisungen einander nur scheinbar entgegen; in Wirklichkeit kann und muß der Versicherungsnehmer beide befolgen. Anm. 25 g) A b s . 2. Wenn von dem Interesse, bei dem ein Versicherer beteiligt ist, ein Teil nicht versichert ist, ist für diesen Teil der Versicherungsnehmer als Selbstversicherer anzusehen (§8). Der Versicherungsnehmer würde deshalb, wenn er sich mit dem Versicherer über die Maßregeln zur Schadensabwendung nicht einigen kann, also „entgegenstehende Weisungen" der bei dem versicherten Interesse beteiligten Versicherer im Sinne des § 41 Abs. 1 Satz 3 vorliegen, in jedem Falle nach eigenem pflichtmäßigen Ermessen zu handeln haben. Das wäre unangemessen, wenn der Versicherungsnehmer, wie bei der Kaskoversicherung oft, nur einen kleinen Teil des Risikos selbst läuft. Deshalb soll entscheiden, ob der Versicherungsnehmer oder der Versicherer den größeren Teil des Risikos läuft; bei gleichem Risiko geht der Versicherer vor:

Schadensabwendung

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Der Versicherungsnehmer muß die W e i s u n g e n des Versicherers b e f o l g e n (und ein- § 41

holen), wenn die Hälfte des Versicherungswerts oder weniger unversichert i s t , — s o n s t n i c h t . — Über den Begriff des Versicherungswerts: § 6 Anm. 3 . Ist der Versicherungswert t a x i e r t , so ist die Taxe maßgebend (§ 6 Abs. 2 Satz 1). Beträgt z. B. die Taxe 120000, der wirkliche Versicherungswert 100000, die Versicherungssumme 55000, so brauchen die Weisungen des Versicherers nicht eingeholt und befolgt zu werden, obgleich das wirkliche Risiko des Versicherers größer ist als das des Versicherungsnehmers. — B r a u c h t hiernach d e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r Weisungen des Versicherers n i c h t e i n z u h o l e n und n i c h t z u b e f o l g e n , so kann natürlich auch von dem Ausnahmerecht n i c h t die Rede sein, das § 3 2 A b s . 2 S a t z 2 dem Versicherungsnehmer einräumt: Der Versicherer braucht Aufwendungen, die der Versicherungsnehmer gemäß den gleichwohl erteilten und befolgten Weisungen des Versicherers macht, nur insoweit vorzuschießen und zu ersetzen, wie es seiner Beteiligung entspricht. So ausdrücklich: §41 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2. 9. A b s . 3 . R e c h t s f o l g e n

der

V e r l e t z u n g der Schadenabwendungs-Pflicht. Anm. 26

a) H G B § 819 bestimmt darüber nichts (anders V V G § 62 Abs. 2) Die Schadenabwendungs-Pflicht des Versicherungsnehmers ist die Verbindlichkeit eines Schuldners. Der Versicherungsnehmer muß also gemäß § 276 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit vertreten und Schadensersatz leisten, wenn er schuldhaft die Schadenabwendungs-Pflicht verletzt (Begr. z. V V G § 62 i. d. F. vor Einfügung des Abs. 2 durch V O v. 19. 12. 1939, R G 9. 122, 25. 100). Anders natürlich diejenigen, welche die Schadensabwendung als „Voraussetzung" oder „Bedingung" des Entschädigungsanspruchs betrachten; nach ihnen wird durch die Verletzung der Schadenabwendungs-Pflicht der Entschädigungsanspruch des Versicherungsnehmers „ausgeschlossen" (HGZ 1898. 268) oder „verwirkt" ( V o i g t 358, S i e v e k i n g 84, 86). Anderer Auffassung müssen auch diejenigen sein, die in der Schadenabwendungs-Pflicht eine „bloße Obliegenheit" erblicken (eine Obliegenheit, deren Verletzung den Versicherer nach § 6 V V G „ z u m Rücktritt berechtigt oder von der Verpflichtung zur Leistung frei" macht). b) Anders § 41 Abs. 3: D e r V e r s i c h e r e r ist frei (ebenso § 62 Abs. 2 V V G ) . E r Anm. 27

haftet für den Schaden insoweit nicht, als dieser sich hätte abwenden oder m i n d e r n l a s s e n , kürzer (wenngleich ungenau): als der Schaden durch die Verletzung der Schadenabwendungs-Pflicht verursacht ist. Das ist natürlich nicht bestimmt, weil der Urheber der A D S der Meinung gewesen ist, daß es sich von selbst versteht (vgl. oben Anm. 26). Sondern deshalb, weil es zweckmäßig ist, weil es unzweckmäßig wäre, an die Verletzung der Schadenabwendungs-Pflicht andere Rechtsfolgen zu knüpfen als an die Verletzung der Schadenverhütungs-Pflicht (§ 33), und weil so kein Zweifel aufkommen kann, daß der Versicherer bei der Versicherung für fremde Rechnung sich auch auf die Verletzung der Schadenabwendungs-Pflicht durch den Versicherten berufen kann. c) Der Versicherer haftet nur insoweit nicht, als der Schaden durch die Pflicht- Anm. 28 v e r u r s a c h t ist. Über den Kausalzusammenhang: § 28 Anm. 17fr., § 33 Anm. 20. — Wenn sich (z. B. aus der allgemeinen Instruktion für die Havariekommissare: § 74 Anm.) ergibt, daß der Versicherer mit dem Verhalten des Versicherungsnehmers, falls er es gekannt hätte, einverstanden gewesen wäre, so folgt daraus noch nicht, daß der Schaden überhaupt nicht durch die Pflichtverletzung verursacht ist. Es folgt daraus nur, daß der Schaden nicht dadurch verursacht ist, daß der Versicherungsnehmer versäumt hat, Weisungen des Versicherers einzuholen. Und es ist ein starkes Argument dafür, daß das Verhalten des Versicherungsnehmers nach der Verkehrssitte keine Verletzung der Schadenabwendungs-Pflicht bildet (vgl. R O H G 18. 287). Verletzung

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Schadensabwendung

§ 41 d) Der Versicherungsnehmer kann einwenden, daß die Verletzung der SchadenA n m . 29 abwendungs-Pflicht nicht auf Verschulden beruht. — Verschulden ist Vorsatz oder Fahrlässigkeit ( B G B § 276 A b s . 1). U b e r diese Begriffe: § 20 A n m . 18, § 33 A n m . 19. V g l . auch O G H a m b u r g Ullrich Nr. 286: „ D i e Erfahrung lehre, d a ß bei plötzlichen Unglücksfällen auch sonst besonnene und pflichtgetreue Personen nicht selten die nötige Umsicht verlören und unbesinnlich w ü r d e n " . Anders der durch die V O v. 19. 12. 1939 eingefügte Abs. 2 des § 62 V V G : Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit; doch bleibt bei grobfahrlässiger V e r l e t z u n g der Versicherer zur Leistung insoweit verpflichtet, als der U m f a n g des Schadens a u c h bei gehöriger Erfüllung der Obliegenheiten nicht geringer gewesen wäre. — Schaden, der auf gewöhnlicher Fahrlässigkeit bei der F ü h r u n g des Schiffes beruht, m u ß der Versicherer j e d o c h ersetzen (vgl. § 2 3 A n m . 19). Freilich bestimmt § 33 A b s . 1 Satz 2 dies nur für die Schadenverhütungs-Pflicht. A b e r diese ist die unmittelbare Vorläuferin der Schadenabwendungs-Pflicht. Bei dieser ist die Interessenlage dieselbe, wie bei jener. — U b e r die H a f t u n g des Versicherungsnehmers für das Verschulden Dritter: oben A n m . 5, 7. A n m . 30

e) B e w e i s l a s t . Der Versicherer m u ß beweisen, d a ß die SchadenabwendungsPflicht verletzt ist, und d a ß und wieweit dadurch der Schaden verursacht ist ( O L G Karlsruhe H a n s R G Z 1934 B 79 = J R P V 1934. 29 = Sasse Nr. 430). D e n n die gehörige Bekämpfung des Schadens ist keine „ V o r a u s s e t z u n g " oder „ B e d i n g u n g " des Entschädigungsanspruchs (oben A n m . 5). Allerdings m u ß im allgemeinen der Schuldner beweisen, d a ß er erfüllt hat. A b e r nur, w e n n er aus der Erfüllung Ansprüche oder Einwendungen herleitet. D a v o n ist hier nicht die Rede. Der Versicherer kann insbesondere nicht die Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrags erheben und deswegen und g e m ä ß § 320 B G B die Entschädigung verweigern. Ist die Schadenabwendungs-Pflicht verletzt und dadurch Schaden entstanden (oder nicht beseitigt oder die Möglichkeit seines Ersatzes verlorengegangen), so ist die Schadenabwendungs-Pflicht nicht mehr z u erfüllen. V g l . auch § 20 A n m . 4, § 24 A n m . 32, § 33 A n m . 21. Ebenso G e r h a r d 292; abw. für ähnliche Fälle R O H G 1. 112, 2. 247, 11. 133, R G 1. 304. Z u w e i t gehend a u c h H G Z 1898, 268: Der Versicherer könne sich schon darauf berufen, d a ß „ n u r die Möglichkeit bestehen bleibe, d a ß der Schaden im Falle der Erfüllung (der Schadenabwendungs-Pflicht) abgewendet w ä r e " (zustimmend S i e v e k i n g 84, 86), — übrigens ein alter, schon von P o h l s 4. 314 behandelter Irrtum (vgl. auch § 33 A n m . 21). D e r versicherte Reeder w a r in diesem Falle auf Ersatz eines Kollisionsschadens verklagt und im Versäumnisweg verurteilt w o r d e n ; er verlangte v o m Versicherer, der die Schadensersatz-Pflicht bestritten hatte, Entschädigung und hätte zunächst z u m Beweise zugelassen werden sollen, d a ß der Versicherungsfall eingetreten, der SchadensersatzAnspruch begründet war. R i c h t i g dagegen über den Nachweis des Kausalzusammenhangs R O H G 17. 195: „ D a , w o es sich u m die Folgen schuldvoller Unterlassung einer für notwendig zu achtenden M a ß r e g e l (der Einlegung eines Rechtsmittels) handelt, dürfe angenommen werden, die Maßregel, wenn zu ihr gegriffen worden wäre, hätte den nach den Gesetzen ordentlicher Weise zu erwartenden Erfolg g e h a b t ; die Wirkungslosigkeit der M a ß r e g e l in concreto würde von demjenigen z u begründen und eventuell z u erweisen sein, welcher sich darauf berufe". — H a t der Versicherer bewiesen, d a ß die Schadenabwendungs-Pflicht verletzt und dadurch Schaden verursacht ist (oder nicht beseitigt ist usw.), so m u ß der Versicherungsnehmer beweisen, daß ihn kein Verschulden trifft. Das würde sich schon aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergeben, ist aber im § 41 Abs. 3 noch ausdrücklich bestimmt (verb. „es sei d e n n " ) .

A n m . 31

f ) H a t der Versicherer e n t s c h ä d i g t , o b g l e i c h e r n i c h t h a f t e t , so kann er kondizieren ( B G B §§ 8 i 2 f f . ) . W a r die Versicherung für fremde R e c h n u n g genommen, so kann der Versicherer v o m Versicherungsnehmer kondizieren, wenn er diesem gezahlt

Schadensabwendung

649

hat. Ist der Versicherungsnehmer um den Entschädigungsbetrag nicht mehr bereichert, § 4 1 weil er ihn an den Versicherten weitergegeben hat, so kann der Versicherer nach §§ 818, 819 BGB vom Versicherungsnehmer den Betrag nur kondizieren, wenn der Versicherungsnehmer die Nichthaftung kannte, im anderen Falle nur den Kondiktionsanspruch gegen den Versicherten. Näheres: § 53 Anm. 17. g) Schuldhafte Verletzung einer Vertragspflicht verpflichtet im allgemeinen den Anm. 32 Schuldner zum S c h a d e n s e r s a t z (oben Anm. 26). Das gilt auch für den Versicherungsnehmer, der schuldhaft die Schadenabwendungs-Pflicht verletzt (so auch P r ö l ß Anm. 11 zu § 6 V V G , S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 7 zu § 41 A D S ; dagegen die h. M., siehe insbesondere R e i m e r S c h m i d t , Obliegenheiten 221 Anm. 1174, S i e b e c k 90). Hat z. B. der Auswanderungsunternehmer für Rechnung der Auswanderer Versicherung genommen, und zwar derart, daß die versicherten Auswanderer sich Einwendungen aus der Person des Versicherungsnehmers, insbesondere die Einwendung der verletzten Schadenabwendungs-Pflicht, nicht gefallen zu lassen brauchen, so kann der Versicherer, der den Auswanderern zahlen muß, vom Versicherungsnehmer Schadensersatz verlangen, wenn dieser schuldhaft die Schadenabwendungs-Pflicht verletzt hat (näheres: § 1 Anm. 105). Ist aber der Versicherer gemäß § 41 Abs. 3 frei, so hat es dabei sein Bewenden (vgl. auch § 20 Anm. 40, § 24 Anm. 10, § 33 Anm. 21). Die besondere Regel des § 41 geht nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen der allgemeinen Regel des § 276 BGB vor. Wenn z. B. der versicherte Reeder den Kollisionsprozeß durch sein Verschulden verliert, ist zwar der Versicherer gemäß § 41 Abs. 3 frei; er kann aber vom Versicherungsnehmer nicht gemäß § 276 BGB Erstattung der durch seine Nebenintervention verursachten Kosten verlangen. Nur wenn die Verletzung der Schadenabwendungs-Pflicht den Tatbestand einer unerlaubten Handlung erfüllen würde, würde der Versicherer (auch) Schadensersatz verlangen können. 10. Über den Ersatz der A u f w e n d u n g e n , die durch die Erfüllung der Schaden- Anm. 33 abwendungs-Pflicht entstehen: § 32. Der Versicherungsnehmer ist aber auch dann verpflichtet, für Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen, wenn er Ersatz der Aufwendungen nicht verlangen kann, wie etwa im Falle der Versicherung „Für behaltene Ankunft" oder „Nur für Totalverlust" (§ 32 Anm. 16, L G Hamburg H G Z 1906. 292). 1 1 . § 41 gilt auch für die Vergangenheitsversicherung. Es wird so angesehen, Anm. 34 wie wenn der Vertrag beim Beginn der Versicherung geschlossen wäre (vgl. § 5 Anm. 9, § 23 Anm. 9, § 32 Anm. 30, § 33 Anm. 46). Der Versicherungsnehmer muß insbesondere das Verhalten solcher Personen verantworten, deren Verhalten er gemäß § 278 BGB wie eigenes vertreten muß. Weisungen einzuholen, „gestatten die Umstände" natürlich vor dem Vertragsschluß nicht. 12. § 41 gilt auch für die Rückversicherung (§ 1 Anm. 136, H G Z 1906. 194. Anm. 35 Der Vorversicherer muß zunächst bei der Schadensabwendung durch den Vorversicherten, insbesondere durch Erteilung sachdienlicher Weisungen, mitwirken (§ 33). Er muß sich aber auch gegen unbegründete Entschädigungsansprüche des Vorversicherten zur Wehr setzen. Denn die Rückversicherung ist Haftpflichtversicherung (§ 1 Anm. 145). — Der Vorversicherer ist aber regelmäßig abwicklungsberechtigt (§ 1 Anm. 154). Er braucht sich dann gegen den Entschädigungsanspruch des Vorversicherten nur insoweit zu verteidigen, wie es auch ein nicht rückversicherter Versicherer verständiger- und billigerweise tun würde (§ 1 Anm. 154). Vgl. hierzu auch Schiedsgericht I T V M i t t 1922, 83, das im Falle einer „reinen Kulanzzahlung" den Rückversicherer verurteilt, aber die Hauptfrage, auf die es ankam, nicht berührt hat, ob der Rückversicherer auch dann haftet, wenn ein nicht rückversicherter Versicherer verständiger- und billigerweise nicht entschädigt haben würde (gegen diese Entscheidung auch K . NeumannsZ 1922. 319).

650

A n d i e n u n g des Schadens

§ 41 13. F r e m d e R e c h t e , a) E n g l i s c h e s R e c h t . I t is the d u t y of the assured a n d A n m . 36 his agents, in all cases, to take s u c h measures as m a y b e reasonable for the purpose of a v e r t i n g or minimising a loss ( M I A § 78 A b s . 4 ; A r n o u l d 742 s. 788). E i n besonderes W e i s u n g s r e c h t des Versicherers ist d a n e b e n n i c h t ausgebildet. U b e r d e n F a l l des V e r k a u f s d e r versicherten S a c h e z u m Z w e c k e der S c h a d e n s m i n d e r u n g v g l . o b e n A n m . 16, § 71 A n m . , § 96 A n m . b) F r a n z ö s i s c h e s R e c h t . C . de c o m m . A r t . 381, 388, 395 b e s t i m m e n die S c h a d e n a b w e n d u n g s - P f l i c h t f ü r besondere Fälle ( n a u f r a g e , é c h o u e m e n t avec bris, arrêt de la p a r t d ' u n e puissance, prise). A b e r a u c h d a r ü b e r hinaus l ' o b l i g a t i o n d ' a t t é n u e r les effets d u risque consiste d ' a b o r d p o u r l'assuré à faire m a t é r i e l l e m e n t tout ce q u i est en son p o u v o i r p o u r éviter le risque et, lorsqu'il s'est p r o d u i t , le rendre moins o n é r e u x ( R i p e r t N r . 2479). N a c h d e n Policen m u ß der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r a u c h d e n V e r sicherer bei M a ß r e g e l n z u r S c h a d e n s a b w e n d u n g g e w ä h r e n lassen ( K a s k o p o l i c e A r t . 16, G ü t e r p o l i c e A r t . 16). S c h u l d h a f t e V e r l e t z u n g der S c h a d e n a b w e n d u n g s - P f l i c h t verpflichtet z u m Schadensersatz ( R i p e r t a . a . O . ) .

VIII. Andienung. Auskunfterteilung. Entschädigung § 4 2 A n d i e n u n g des S c h a d e n s (1) Der Versicherungsnehmer hat einen Schaden, für den der Versicherer haftet, diesem binnen fünfzehn M o n a t e n seit der Beendigung der Versicherung und, wenn das Schiff verschollen ist, seit dem A b l a u f e der Verschollenheitsfrist durch eine schriftliche Erklärung anzudienen. D u r c h die A b s e n d u n g der Erklärung wird die Frist gewahrt. (2) Der Entschädigungsanspruch des Versicherungsnehmers erlischt, wenn der Schaden nicht rechtzeitig angedient wird. (3) Diese Bestimmungen finden auf die von dem Versicherungsnehmer zu entrichtenden Beiträge zur großen Haverei keine A n w e n d u n g . Anm. 1 Anm. 2

1. V g l . A S V B § 143, B S V B §§ 54, 7 1 , V V G § 12 A b s . 2, 3. 2. L i t e r a t u r . B u r c h a r d B a u m g a r t n e r s H d w b u c h 1. 387 ( A n d i e n u n g d e s Schadens). G o t t s c h a l k H R Z 1922. 122 ( V e r s ä u m u n g der Ausschlußfrist usw.). J o s e f O e s t Z 1913. 102 ( V e r s ä u m u n g der K l a g e f r i s t ) . M a n e l e s , V e r j ä h r u n g u n d S c h a d e n a n d i e n u n g , 1888.

Anm. 3

3. D e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r m u ß n a c h § 40 d e n Versicherungsfall u n d j e d e n sonstigen g e f a h r e r h e b l i c h e n U n f a l l anzeigen, d a m i t der V e r s i c h e r e r sein Interesse w a h r n e h m e n k a n n . E r ist d a z u verpflichtet. V e r l e t z u n g der A n z e i g e p f l i c h t verpflichtet z u m Schadensersatz. M i t dieser A n z e i g e p f l i c h t d a r f die N o t w e n d i g k e i t der A n d i e n u n g d e s S c h a d e n s n i c h t v e r w e c h s e l t w e r d e n (wie z. B. v o n P o h l s 4. 725). D i e A n d i e n u n g des S c h a d e n s ist seit Alters i m deutsch-niederländischen S e e v e r s i c h e r u n g s - V e r k e h r ü b l i c h ( V e r g l e i c h der A s s e c u r a t o r e n v o m 17. M ä r z 1697 bei L a n g e n b e c k 4 2 9 : „ I n t i m a t i e u n d N a c h r i c h t v o n d e m e r g a n g e n e n S c h a d e n " , L a n g e n b e c k 4 1 8 : „ I n t i m a t i o n " ; vgl. a u c h Policen bei L a n g e n b e c k 377, 3 7 g ; A H O 1731 X V I I : „ F ö r m l i c h e A n d e u t u n g " , ebenso P r e u ß A H O 1766 u n d P r e u ß A L R ) . Die A n d i e n u n g soll nur d a z u b e i t r a g e n , d a ß das Versicherungsverhältnis so schnell w i e m ö g l i c h liquidiert w i r d , u n d (ähnlich der V e r j ä h r u n g ) verhindern, d a ß K a p i t a l i e n f ü r l ä n g e r e Z e i t festgelegt w e r d e n müssen u n d der S c h u l d n e r n o c h n a c h l a n g e r Z e i t mit A n s p r ü c h e n ü b e r z o g e n w i r d , mit denen er

Andienung des Schadens

651

nicht mehr zu rechnen braucht (Mat. i. 187, R O H G 2. 395). Demgemäß ist der Ver- § 4 2 sicherungsnehmer nicht verpflichtet, anzudienen, und nicht verpflichtet, Schaden zu ersetzen, wenn er nicht andient. Das schließt natürlich nicht aus, daß im einzelnen Falle in der Anzeige des Versicherungsfalls zugleich die Andienung des Schadens, in der Andienung des Schadens zugleich die Anzeige des Versicherungsfalls erblickt werden kann. 4. A b s . 1. D e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r hat anzudienen. Uber den Begriff des Anm. 4 Versicherungsnehmers: § 3 Anm. 4. Uber den Fall, daß m e h r e r e Versicherungsnehmer beteiligt sind: Vorb. VI vor § 1. Ist insbesondere die im Bruchteilseigentum der Versicherungsnehmer stehende Sache gemeinschaftlich versichert, so kann und muß jeder einzelne Versicherungsnehmer andienen. Denn die Andienung ist die Erklärung, daß man Entschädigung verlangen werde; andienen kann also nur, wer Entschädigung verlangen kann. Deshalb kann auch, wenn die Entschädigungsforderung abgetreten ist, nur der Z e s s i o n a r andienen (LG Hamburg H G Z 1898. 267, das freilich auch den Versicherten für berechtigt hält, anzudienen). Deshalb kann bei der Versicherung für f r e m d e Rechnung nur andienen, wer nach §§ 53, 54 die Entschädigung verlangen kann. Ebenso im Falle der Veräußerung der versicherten Sache (§ 49 Abs. 1). — Für den Versicherungsnehmer kann sein ermächtigter V e r t r e t e r andienen (vgl. auch unten Anm. 10). Andienung durch einen anderen (z. B. durch den nicht bevollmächtigten Makler) genügt nicht (BGB § 180); hat der Andienende sich aber als Vertreter ausgegeben und der Versicherer den Mangel der Vertretungsmacht nicht beanstandet, so kann der Versicherungsnehmer die Andienung genehmigen (BGB §§ 180, 177; vgl. R O H G 15. 216). 5. Der Versicherungsnehmer h a t anzudienen. Aber er ist nicht dazu verpflichtet. Der Versicherer hat kein Interesse an der Andienung; im Gegenteil. Er hat keinen Anspruch. Sowenig, wie er einen Anspruch darauf hat, daß der Versicherungsnehmer zur Unterbrechung der Verjährung klagt (vgl. auch Vorb. vor § 1 Anm. 62). Demgemäß ist die Rechtsfolge der Nichtandienung bestimmt: Der Entschädigungsanspruch erlischt (§ 42 Abs. 2). Demgemäß ist auch von der Anwendung des § 278 BGB keine Rede. 6. D e m V e r s i c h e r e r ist anzudienen. Gegebenenfalls dem gesetzlichen V e r t r e t e r oder dem Bevollmächtigten oder dem Vermittlungsagenten (vgl. § 26 Anm. 6). Der Makler als solcher ist natürlich nicht Vertreter des Versicherers. Dient der Versicherungsnehmer also nur dem Makler an, so läuft er Gefahr, die Andienungsfrist zu versäumen (vgl. auch Vorb. vor § 1 Anm. 42, § 19 Anm. 11). — Sind an der Versicherung m e h r e r e Versicherer beteiligt, so ist allen anzudienen. Auch dann, wenn über die mehreren Versicherungen nur eine Police ausgestellt ist. Ist ein Versicherer „Führer", so genügt, daß ihm angedient wird (näheres: Vorb. V vor § 1). 7. Der Versicherungsnehmer hat „ e i n e n S c h a d e n , f ü r den d e r V e r s i c h e r e r h a f t e t " , den Versicherungsschaden, anzudienen. Nicht nur gewöhnlichen Versicherungsschaden, sondern auch Aufwendungsschaden (vgl. § 32 Anm. 3). So insbesondere, wenn kein Schaden am versicherten Interesse, sondern nur Aufwendungsschaden entstanden ist. 8. Der Versicherungsnehmer hat den Schaden a n z u d i e n e n . a) Die A n d i e n u n g ist eine rechtsgestaltende, nämlich rechtserhaltende, Willenserklärung. Die Erklärung ist empfangsbedürftig; denn der Schaden muß dem Versicherer, „dem Versicherer gegenüber", angedient werden. Aber nur unter Anwesenden. U n t e r A b w e s e n d e n g e n ü g t „die A b s e n d u n g der Erklärung" (§ 42 A b s . 1 S a t z 2). Absendung ist Abgabe an einen Dritten zur Übermittlung an den Versicherer, z. B. Abgabe an die Post oder an einen besonderen Boten, etwa einen Angestellten des Versicherungsnehmers (vgl. Komm, zum H G B §377, H G Z 1905.54). Aber, nach der Interessenlage und nach der Verkehrsauffassung, natürlich nur Abgabe unter Umständen, die

Anm. 5

Anm. 6

Anm. 7

Anm. 8

652

Andienung des Schadens

§ 42 nach der Erfahrung die Ankunft gewährleisten, insbesondere Abgabe nicht an einen beliebigen, sondern nur an einen zuverlässigen Dritten, nicht Absender eines unfrankierten oder nicht gehörig frankierten oder adressierten Briefes (vgl. Z H R 26. 571). Kommt die nicht gehörig abgesandte Erklärung gleichwohl rechtzeitig an, so ist sie zugegangen, der Mangel also ohne Bedeutung. — Der Versicherer braucht den Empfang der Andienungserklärung nicht zu bescheinigen (anders A S V B § 143 Abs. 1). Insbesondere nicht gemäß § 368 BGB; denn der Versicherer ist kein „Gläubiger", der eine „Leistung empfängt". Anm. 9 b) I n h a l t der Andienung. Der S c h a d e n ist anzudienen (hierüber: oben Anm. 7). Der Versicherer soll darauf vorbereitet werden, zu entschädigen. Die Erklärung muß zu erkennen geben, daß man entschädigt sein will (HGZ 1896. 42; vgl. auch L G Hamburg H G Z 1924 Nr. 22 = H R Z 1924. 180 = Sasse Nr. 702: Andienung des Schadens stellt keine Mahnung dar), daß man „den Versicherer auf Schadensvergütung in Anspruch zu nehmen haben werde" (ASVB § 143 Abs. 1). Die H ö h e der Entschädigung braucht nicht angegeben zu werden. Aber der „Schaden", die A r t des Schadens muß (richtig) angedient werden. Wenn der Frachtversicherte einen Havariegrosse-Beitrag andient, kann er nicht erwarten, daß der Versicherer sich auf einen Frachtverlust einrichtet (HGZ 1902. 55). Im übrigen muß die Andienung, gleich allen rechtsgestaltenden Erklärungen, b e s t i m m t sein. Der Versicherer muß wissen, woran er ist. Der Versicherungsnehmer kann natürlich nicht Schaden andienen, der nur möglicherweise entstehen wird. Aber, wenn das Schiff lange Zeit nichts von sich hat hören lassen, genügt die Erklärung, daß man für den Fall fruchtlosen Ablaufs der Verschollenheitsfrist Entschädigung verlange, oder auch die bloße Andienung eines Totalschadens (HG u. O G Hamburg H G Z 1874. 103, 104). Vgl. auch H G Hamburg H G Z 1877. 275: Genügend die Erklärung, „daß nach Mitteilungen das Schiff am 16. März an der patagonischen Küste verlorengegangen sei" (vgl. auch oben Anm. 3). Wird indirekter Kollisionsschaden angedient, so schadet es natürlich nicht, wenn der Versicherungsnehmer gleichzeitig mitteilt, daß er den Schadensersatz-Anspruch des Gegenseglers für unbegründet halte (HGZ 1896. 42). Anm. 10

c) F o r m der Andienung. Die Andienung muß schriftlich, die Andienungserklärung vom Versicherungsnehmer eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet sein (BGB § 126 Abs. 1). Telegraphische Andienung genügt (BGB § 127). Ebenso genügen Klageerhebung (vgl. H G Hamburg H H 535; Schriftsatz: H G Z 1902.55) und Streitverkündung (LG Hamburg H G Z 1898. 266), wenn sie nur sonst die Voraussetzungen einer rechtswirksamen Andienung erfüllen. Widerspruchslose Entgegennahme einer mündlichen Andienung enthält keinen V e r z i c h t auf schriftliche Andienung (HGZ 1886. 303, 1902. 55; näheres: Vorb. vor § 1 Anm. 15). Denn der Versicherer darf erwarten, daß schriftliche Andienung folgt. Ebendeshalb wird widerspruchslose Entgegennahme unzureichender schriftlicher Andienung regelmäßig den Verzicht des Versicherers auf ordnungsmäßige Andienung bedeuten. Auch darauf kann der Versicherungsnehmer sich nicht berufen, daß der Versicherer sich regelmäßig mit mündlicher Andienung begnüge. Auch darauf nicht, daß man sich im Versicherungsverkehr regelmäßig an mündlichen Andienungen genügen lasse. Denn Verkehrssitte und Handelsgebrauch können den von ihnen abweichenden Vertrag, dessen Bestandteil die ADS sind, nicht ändern (Voigt 764, H G Z 1886. 302, 1893. 188; näheres: Vorb. vor § 1 Anm. 10). — Unterzeichnung durch V e r t r e t e r : § 14 Anm. 7. Anm. 11 d) Z e i t der Andienung. Der Schaden ist binnen 1 5 Monaten anzudienen. — Die Frist beginnt mit dem Ende der Versicherung. Die Versicherung kann auf gew ö h n l i c h e Weise endigen: die Zeitversicherung mit Ablauf der vereinbarten Zeit, die Reiseversicherung gemäß §§ 66, 88, 106 usw., aber auch vor der Zeit (§ 50 Abs. 2)

Andienung des Schadens

653

oder nach der Zeit (§§ 67, 68). Die Versicherung kann auch auf u n g e w ö h n l i c h e § 4 2 Weise endigen. So, wenn der Versicherer gemäß § 24 Abs. 1 oder § 35 Abs. 2, 3 oder § 38 frei wird. Oder wenn das versicherte Interesse oder die versicherte Gefahr wegfällt, die versicherte Sache z. B. vernichtet oder die versicherte Reise aufgegeben wird. Wird dem Versicherungsnehmer die versicherte Sache ohne Aussicht auf Wiedererlangung entzogen, so endigt die Versicherung noch nicht ohne weiteres; sie endigt erst, wenn der Versicherungsnehmer die Versicherungssumme verlangt (vgl. § 71 Anm., auch H G Z 1886. 20). Die V e r g a n g e n h e i t s v e r s i c h e r u n g kann also sogar vor dem Vertragschluß endigen. Bei der l a u f e n d e n Versicherung beginnt die Frist nicht mit der Beendigung der laufenden, sondern mit der Beendigung der Einzelversicherung. — Die Versicherung kann auch nur t e i l w e i s e e n d i g e n , die versicherte Ladung z. B. teilweise im Zwischenhafen abgeliefert werden (§ 88 Abs. 3). Dann beginnt die Frist für Schäden, die den Teil betreffen, mit der teilweisen Beendigung. — Ist das Schiff verschollen, so würde sich das Ende der Versicherung nicht feststellen lassen. Deshalb soll das E n d e d e r V e r s c h o l l e n h e i t s f r i s t (§ 72) m a ß g e b e n d sein. Anders, wenn das Schiff durch Verfügung von Hoher Hand angehalten usw. wird (§ 73). In diesem Falle endigt die Versicherung (spätestens), wenn der Versicherungsnehmer Zahlung der Versicherungssumme verlangt. — Fällt hiernach der Beginn der Andienungsfrist mit dem Beginn eines Tages zusammen, so wird dieser T a g bei der Berechnung der Frist mitgerechnet ( B G B § 187 Abs. 2); sonst wird der Anfangstag nicht mitgerechnet ( B G B § 1 8 7 Abs. 1). Die Andienungsfrist endigt im letzten Falle mit dem Ablauf des Monatstages, der dem (nicht mitgerechneten) Anfangstag entspricht, im ersten Falle mit dem Ablauf des Tages, der dem (mitgerechneten) Anfangstag vorhergeht; fehlt dem letzten Monat der entsprechende Tag, so endigt die Frist mit dem letzten Monatstag ( B G B § 188). Fällt der letzte T a g auf einen Sonntag oder einen am Erklärungsort staatlich anerkannten Feiertag oder einem Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag ( B G B § 193). Erklärungsort ist der Ort, wo die Erklärung gehöriger Weise unter Anwesenden abzugeben, unter Abwesenden abzusenden ist. 9. A b s . 2. R e c h t s f o l g e d e s f r u c h t l o s e n F r i s t a b l a u f s . Der E n t s c h ä d i - Anm. 12 g u n g s a n s p r u c h e r l i s c h t , w e n n der Schaden n i c h t r e c h t z e i t i g (in der Andienungsfrist) a n g e d i e n t ist. a) Der Entschädigungsanspruch wird verwirkt. Abs. 2 ist eine sog. V e r w i r k u n g s k l a u s e l (siehe zu dem Begriff kritisch R e i m e r S c h m i d t , Obliegenheiten 265, auch B r u c k - M ö l l e r Anm. 20 zu § 6 V V G . ) Die Rechtsprechung hat den Grundsatz aufgestellt, daß der Versicherer sich auf Verwirkungsklauseln nicht berufen kann, wenn der Versicherungsnehmer den mit der Verwirkungsfolge ausgestatteten Tatbestand nicht zu vertreten hat. Vgl. z. B. R G 10. 160, 16. 122, 26. 64, 27. 152, 39. 177, 49. 291, 7 1 . 440 usw., insbesondere über Verwirkung wegen Fristversäumnis: R G ig. 134, 50. 295, 62. 191 usw.; siehe ferner R G 88. 295, A P V 1 9 1 8 I I . 50: Die Verwirkung wegen Versäumnis gesetzlicher Fristen trete im Zweifel auch ohne Verschulden, die Verwirkung wegen Versäumnis vertraglicher Fristen trete nur im Falle eines Verschuldens des Beteiligten ein, weil „ f ü r die vertragliche Ausschlußfrist eben wegen ihrer Vertragsnatur die Grundsätze von Treu und Glauben (§§ 1 3 3 , 157, 242 BGB) in Betracht zu ziehen seien". Diese Begründung ist anfechtbar (vgl. z. B. P e t e r s e n Z f V W 1 9 2 1 . 248; vgl. auch G e r h a r d 68, H a s s e l m a n n H R Z 1918. 638, O L G Stuttgart A P V 1 9 1 3 I I . 5). Aber auch wenn sie richtig wäre, könnte keine Rede davon sein, daß der Versicherungsnehmer sich darauf berufen könnte, ihn treffe an der Versäumung der fünfzehnmonatigen Andienungsfrist k e i n V e r s c h u l d e n . Einmal deshalb, weil Auslegung und Anwendung der A D S sich nach den für die Auslegung und Anwendung von Gesetzen maßgebenden Grundsätzen richten müssen (näheres: Vorb. I I vor § 1 ) . Zweitens deshalb, weil auch nach der Auf-

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Andienung des Schadens

§ 4 2 fassung des R G natürlich der „wirkliche Wille" (BGB § 133) der Beteiligten maßgebend bleibt und über diesen kein Zweifel sein kann. Wenn die A D S die Verwirkung im Falle des Verschuldens eintreten lassen wollen, haben sie es, dem Gesetz gleich, ausdrücklich gesagt (vgl. §§ 4 Abs. 1 Satz 2, 3 Abs. 1, 2, 5 Abs. 1 Satz 2, 20 Abs. 2 usw.). Von jeher hat man im Verkehr die Andienungsfrist als Ausschlußfrist angesehen, nach deren Ablauf der Entschädigungsanspruch ohne weiteres erloschen war (so auch S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 4 zu § 42 A D S ) , haben Reeder und Kaufleute deshalb gegen sie Sturm gelaufen, — so früher ( B e n e c k e 4. 370), so auch wieder bei der Herstellung der A D S (Mat. 1. 186). Z u m Ausgleich hat man die Andienungsfrist von 12 auf 1 5 Monate verlängert (Mat. 1. 187). Anm. 13

b) Der Entschädigungsanspruch erlischt also „gänzlich" ( A S V B § 143 Abs. 2). Auch dann, wenn die Andienung n i c h t m ö g l i c h war (anders ausdrücklich B S V B § 71 Abs. 2). Abw. R G H G Z 1893. 223, H G Z 1893. 122 in einem Falle, in dem der Versicherungsnehmer (Johann Orth) mit dem Schiffe verschollen w a r ; dabei wurde überdies übersehen, daß der Bevollmächtigte des Versicherungsnehmers den Entschädigungsanspruch geltend gemacht, also den Schaden angedient hatte, daß dagegen nichts einzuwenden war, und daß deshalb die Möglichkeit oder Unmöglichkeit der Andienung gar nicht in Betracht kam. — Der Versicherungsnehmer kann auch die erloschene Entschädigungsforderung n i c h t a u f r e c h n e n . § 390 Satz 2 B G B (Aufrechnung trotz Verjährung) ist unanwendbar. — Die Andienungsfrist wird auch n i c h t (wie die Verjährung nach §§ 202 ff. BGB) g e h e m m t oder u n t e r b r o c h e n ( G e r h a r d 66, O L G Stuttgart A P V 1 9 1 3 I I . 5). Klageerhebung und Streitverkündung können aber eine gehörige Andienung sein (oben Anm. 10).

Anm. 14

c) Die Andienungsfrist läuft auch, wenn der V e r s i c h e r e r vom Versicherungsfall und vom Schaden w e i ß (Mat. 1. 187). Auch dann, wenn Versicherungsfall und Schaden a l l g e m e i n b e k a n n t sind (Mat. 1. 187). Der Versicherungsnehmer kann nur einwenden, daß der Versicherer ihn abgehalten habe, rechtzeitig anzudienen (replica doli, B G B § 826), oder daß der Versicherer auf die rechtzeitige Andienung verzichtet habe (unten Anm. 15), oder daß der Versicherer gar den Entschädigungsanspruch anerkannt habe ( G e r h a r d 68).

Anm. 1 5

d) Der Versicherer kann auf das Erlöschen des Entschädigungsanspruchs, auf sein Einwendungsrecht v e r z i c h t e n . V o r oder nach dem Ablauf der Andienungsfrist. Ausdrücklich oder stillschweigend. Aber Verzichte sind nach allgemeiner Regel nicht zu vermuten. O b das Verhalten des Versicherers einen Verzicht schlüssig zum Ausdruck bringt, ist Tatfrage. Wenn der Versicherer sich im Versicherungsfall auf Verhandlungen über Schadensabwendung, Schadensfeststellung und Entschädigung einläßt, so kann darin kein Verzicht auf (schriftliche) Andienung erblickt werden; denn solange die Andienungsfrist läuft, bleibt ihm nichts anderes übrig ( H G Z 1886. 303, 1902. 5 5 ; näheres hierüber: Vorb. vor § 1 Anm. 15, vgl. auch § 24 Anm. 6).

Anm. 16

e) B e w e i s l a s t . Der Versicherer muß (die rechtsvernichtende Tatsache) beweisen, daß der Schaden nicht rechtzeitig angedient ist. Der Versicherungsnehmer aber muß nach den für die prozeßrechtliche Behauptungspflicht geltenden Grundsätzen angeben, wann, wie und wo er (oder wer sonst für ihn) angedient hat, oder beweisen, daß der Versicherer auf gehörige Andienung verzichtet hat.

Anm. 17

f ) Hat der Versicherer gezahlt, obgleich der Entschädigungsanspruch erloschen war, so kann er nach §§ 8 1 2 ff. B G B k o n d i z i e r e n (näheres: § 20 Anm. 5, § 53 Anm. 17). Regelmäßig wird er freilich gewußt haben, daß der Schaden nicht schriftlich angedient ist, und deshalb nicht kondizieren können (BGB § 814). — § 222 B G B (keine Kondiktion bei Zahlung nach Verjährung) ist unanwendbar.

Aufklärungspflicht

655

g) Nach § 143 A S V B war die „Klagbarkeit" des Entschädigungsanspruchs von der vorherigen Andienung abhängig (vgl. dazu H G Hamburg Ullrich Nr. 226, H H 535). Davon ist nicht mehr die Rede. 10. Die R e c h t s f o l g e o r d n u n g s m ä ß i g e r A n d i e n u n g ist Rechtserhaltung, die Erhaltung des Entschädigungsanspruchs. Und nur diese. Auch im Falle der Andienung eines Haftpflichtschadens, insbesondere eines indirekten Kollisionsschadens (näheres: § 78 Anm.). 11. A b s . 3. Ausnahme: Vom Versicherungsnehmer zu entrichtende H a v a r i e g r o s s e B e i t r ä g e b r a u c h e n n i c h t a n g e d i e n t z u w e r d e n . Die Bestimmung entspricht einem Antrag der Kaufmannschaft (Mat. 1. 188). Sie beruht auf der unschlüssigen Erwägung, daß die Höhe der Havariegrosse-Beiträge oft erst nach langer Zeit bekannt wird. Der Versicherungsnehmer braucht bei der Andienung die Höhe der Entschädigung gar nicht anzugeben (oben Anm. 9), und daß Havariegrosse-Beiträge zu entrichten sind, erfährt er stets so früh, daß er in der fünfzehnmonatigen Frist andienen kann. — Von größerer Bedeutung wäre eine Ausnahme für die übrigen Fälle der See-Haftpflichtversicherung gewesen, für den Fall der Rückversicherung (unten Anm. 21), den Fall der Haftung des Kaskoversicherers für indirekten Kollisionsschaden (§ 78) und den Fall der Haftung des Uberfahrtsgelder-Versicherers für Schaden am Reisegut (§ 109 Abs. 3). In Wirklichkeit bedarf es in keinem dieser Fälle einer Ausnahmebestimmung, weil der Haftpflichtversicherungs-Fall erst eintritt, wenn der Ersatzberechtigte gegen den Versicherungsnehmer den begründeten Ersatzanspruch geltend macht und die Versicherung mithin insoweit und so lange nicht endigt, wie noch solche Ersatzansprüche geltend gemacht werden können. — Uber den Begriff der vom Versicherungsnehmer zu entrichtenden Beiträge: § 29 Anm. 8, 9.

§ 42 Anm. 18 Anm. 19

Anm. 20

12. § 42 gilt auch für die R ü c k v e r s i c h e r u n g (§ 1 Anm. 136, E h r e n b e r g R V 105; Anm. 21 abw. V o i g t 764; vgl. H G u. O G Hamburg H G Z 1869. 289, 1873. 54, 1877. 94). Aber solange noch begründete Entschädigungsansprüche gegen den Vorversicherer erhoben werden können, ist die Rückversicherung nicht beendigt, beginnt also die Andienungsfrist nicht zu laufen (vgl. § 1 Anm. 147, § 5 Anm. 45, oben Anm. 20). — Ist im Rückversicherungs-Vertrag eine kurze Frist für die Anzeige des vom Vorversicherten angemeldeten Schadens bestimmt, so wird es sich regelmäßig nicht um eine Andienungsfrist im Sinne des § 42, sondern um eine Frist zur Anzeige des Versicherungsfalls (§ 40) handeln (HG u. O G Hamburg H G Z 1873. 54: Anzeigefrist von 72 Stunden). — Ist der Entschädigungsanspruch des Vorversicherten erloschen, so haftet auch der Rückversicherer nicht. Ist der Vorversicherer (wie gewöhnlich) abwicklungsberechtigt, so haftet der Rückversicherer gleichwohl, wenn der Vorversicherer sich auf das Erlöschen nicht beruft und auch ein nicht rückversicherter Versicherer sich verständigerund billigerweise nicht darauf berufen hätte (§ 1 Anm. 154). 13. Dem e n g l i s c h e n und f r a n z ö s i s c h e n Recht ist die Andienung unbekannt. Anm. 22 Aber nach englischem Equity-Recht kann der Versicherungsnehmer die Entschädigungsforderung nicht mehr geltend machen, wenn er sie nach Treu und Glauben und, um den Versicherer vor Schaden zu bewahren, früher hätte geltend machen sollen (sog. acquiescence; vgl. S c h i r r m e i s t e r - P r o c h o w n i c k , Bürgerl. Recht Englands, 1.826). § 4 3 Auskunfterteilung Der Versicherer kann nach dem Eintritte des Versicherungsfalls verlangen, d a ß der Versicherungsnehmer j e d e Auskunft erteilt, die zur Feststellung des

656

Aufklärungspflicht

§

Versicherungsfalls oder des U m f a n g s der Leistungspflicht des Versicherers erforderlich ist. Belege kann der Versicherer insoweit fordern, als die Beschaffung dem Versicherungsnehmer billigerweise zugemutet werden k a n n ; die Herbeiführung einer Verklarung kann er verlangen, wenn er an ihr ein berechtigtes Interesse hat.

Anm. i

i . V g l . H G B §§ 882, 884, 885, A S V B §§ 144, 1 4 6 — 1 4 8 , A l t e G P Z u s a t z z u § 146 ( M a t . 2 . 101), B S V B § 55, V V G § 34. 2. L i t e r a t u r . A n o n . A f V W i r t s c h . 1914. 1 1 4 (Belege i m E n t w u r f der A D S ) .

Anm. 2

B e j e u h r I T V M i t t 1932. 4 4 — 4 7 (Uber S c h a d e n s b e l e g e in d e r G ü t e r v e r s i c h e r u n g ) . E b e r h a r d , D e r S c h a d e n s n a c h w e i s in d e r V e r s i c h e r u n g , Diss. 1 9 1 7 . E b e r l e , A u s kunftspflicht des V e r s i c h e r u n g s n e h m e r s , 1913. K i s c h , D i e Bank, 1936. 242. R e i m e r S c h m i d t , O b l i e g e n h e i t e n 229fr. Anm. 3 3. Les assureurs n ' o n t j e m a i s eu la r é p u t a t i o n d ' ê t r e faciles à se rendre justice. O n les a c o m p a r é s a u x f e m m e s q u i conçoivent a v e c plaisir, et q u i enfantent avec d o u l e u r . . . M a i s (fügt der gewissenhafte Chronist, É m é r i g o n ch. 18 Einl., h i n z u ) , s'il est des Assureurs q u i élevent de mauvaises difficultés, il en est b e a u c o u p q u i sont la v i c t i m e de l e u r b o n n e foi. Les Assureurs ne v o y e n t q u e p a r les y e u x des Assurés. Ils ne p e u v e n t se défendre q u e p a r les pièces qui leur sont c o m m u n i q u é e s ; et souvent ils p a y e n t ce qu'ils seroient en droit de disputer. D e s h a l b g i b t § 43 A D S (im A n s c h l u ß a n V V G § 34) d e m V e r s i c h e r e r f ü r d e n Versicherungsfall ein besonderes R e c h t a u f A u s k u n f t u n d Belege, ein besonderes R e c h t a u f A u f k l ä r u n g . Dieses R e c h t u n d die i h m entsprechende, „selbständige, v o m P r o z e ß u n a b h ä n g i g e R e c h t s p f l i c h t des V e r s i c h e rungsnehmers g e g e n d e n V e r s i c h e r e r " (Begr. z. V V G § 34) h a t mit d e r p r o z e ß r e c h t lichen Beweislast nichts z u tun (vgl. a u c h § 28 A n m . 9, H G Z 1882. 49 u n d insbesondere O A G O l d e n b u r g S A 23 N r . 1 3 1 ) . Anm. 4

4. D e r V e r s i c h e r e r k a n n v e r l a n g e n . W e n n m e h r e r e V e r s i c h e r e r beteiligt sind, j e d e r e i n z e l n e ; n i c h t d e r eine f ü r d e n anderen, w o h l a b e r der „ F ü h r e r " a u c h f ü r die ü b r i g e n ( V o r b . v o r § 1 A n m . 46).

Anm. 5

5. D e r V e r s i c h e r e r k a n n v e r l a n g e n . D e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r ist nicht o h n e weiteres v e r p f l i c h t e t , a u f z u k l ä r e n (wie er z. B. o h n e weiteres verpflichtet ist, d e n V e r sicherungsfall o d e r sonstige U n f ä l l e a n z u z e i g e n ) , — soweit er nicht e t w a z u r E r f ü l l u n g seiner S c h a d e n a b w e n d u n g s - P f l i c h t verpflichtet ist, o h n e weiteres a u f z u k l ä r e n . D i e A u f k l ä r u n g s p f l i c h t entsteht, die d e m V e r s i c h e r u n g s n e h m e r obliegende L e i s t u n g w i r d erst fällig, w e n n der Versicherer v e r l a n g t u n d eine angemessene Frist verstrichen ist. — D a s V e r l a n g e n ist, seinem n a t ü r l i c h e n Begriff n a c h , eine e m p f a n g s b e d ü r f t i g e (im ü b r i g e n keiner besonderen F o r m b e d ü r f e n d e ) , rechtsgestaltende, n ä m l i c h die F ä l l i g k e i t des A u f k l ä r u n g s a n s p r u c h s herbeiführende, W i l l e n s e r k l ä r u n g (näheres ü b e r empfangsb e d ü r f t i g e E r k l ä r u n g e n : V o r b . I V v o r § 1). Uber E r k l ä r u n g e n g e g e n ü b e r V e r t r e t e r n , insbesondere G e s a m t v e r t r e t e r n des V e r s i c h e r u n g s n e h m e r s : § 3 A n m . 18. — D e r V e r sicherungsnehmer b r a u c h t das V e r l a n g e n nicht a n z u n e h m e n oder sich m i t i h m einverstanden z u erklären. D e r A u f k l ä r u n g s a n s p r u c h w i r d d u r c h die e i n s e i t i g e E r k l ä r u n g des Versicherers fällig. — D a s V e r l a n g e n m u ß (gleich allen rechtsgestaltenden E r k l ä r u n g e n ) b e s t i m m t sein. D e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r m u ß wissen, w o r a n er ist. A b e r es g e n ü g t n a t ü r l i c h hier, w o der V e r s i c h e r e r erst a u f g e k l ä r t w e r d e n soll, d a ß dieser i m H i n b l i c k a u f d e n Versicherungsfall v e r l a n g t , d a ß i h m „ j e d e erforderliche A u s k u n f t " erteilt w i r d u n d alle Belege v o r g e l e g t w e r d e n , deren „ B e s c h a f f u n g d e m V e r s i c h e r u n g s n e h m e r billigerweise z u g e m u t e t w e r d e n k a n n " .

Anm. 6

6. D e r Versicherer k a n n v o m V e r s i c h e r u n g s n e h m e r v e r l a n g e n . Uber d e n Begriff des V e r s i c h e r u n g s n e h m e r s : § 3 A n m . 4. —• Uber den Fall, d a ß m e h r e r e V e r s i c h e r u n g s -

Aufklärungspflicht

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nehmer beteiligt sind: Vorb. V I vor § i. — Auch bei der Versicherung für f r e m d e § 4-3 Rechnung kann der Versicherer an und für sich nur vom Versicherungsnehmer Aufklärung verlangen. Nicht auch vom Versicherten. Denn man kann durch Vertrag einem Dritten zwar Rechte zuwenden, nicht aber Verbindlichkeiten, deren Verletzung zum unbeschränkten Schadensersatz verpflichtet. Anders, wenn der Versicherte der für seine Rechnung genommenen Versicherung zugestimmt hat. Näheres: § 52 Anm. 8, § 53 Anm. 12, auch § 40 Anm. 4 ; vgl. auch L e n n e 141 (folgend F i s c h e r 3 3 ) : Der Versicherte sei „aus Billigkeitsgründen" und, weil er „als Inhaber der fraglichen Interessen am besten Auskunft erteilen könne", aufklärungspflichtig; ähnlich K i s c h 3. 446: „nach L a g e der Umstände" und, weil die Erfüllung der Aufklärungspflicht „ i n gewissem Sinne als Bedingung der Versicherungsforderung erscheine". — Wird die versicherte Sache v e r ä u ß e r t , so muß der Erwerber aufklären, wenn der Versicherungsfall nach der Veräußerung eintritt (§ 49 Abs. 1). Tritt der Versicherungsfall vor der Veräußerung ein, so muß der Veräußerer aufklären; aber auch der Erwerber, da die Aufklärungspflicht fortbesteht und sich mithin auch „während der Dauer seines Eigentums aus dem Versicherungsverhältnis ergibt" (§ 49 Abs. 1). 7. Der Versicherungsnehmer m u ß auf Verlangen aufklären. Anm. 7 a) E r ist dazu verpflichtet ( E b e r l e 7, 67, L e n n e 1 3 1 , W o l f f 437, H G Z 1882. 49). Die Aufklärungspflicht ist die „selbständige Rechtspflicht" eines Schuldners (Begr. z. V V G § 34). Anders G e r h a r d 1 5 2 : Die Erfüllung der Aufklärungspflicht sei „eine Art Bedingung oder Voraussetzung" für den Entschädigungsanspruch; ähnlich K i s c h 3. 446, der aber gleichwohl (wie wenn es sich um eine gewöhnliche Verpflichtung handelte) den Versicherungsnehmer, der die Aufklärungspflicht schuldhaft verletzt, zum Schadensersatz verpflichtet wissen will; folgerichtig R o e l l i 476: keine Verpflichtung und deshalb auch keine Schadensersatz-Pflicht bei schuldhafter Verletzung; folgewidrig ders. a. a. O . : Der Versicherer könne, bis der Versicherungsnehmer die verlangte Auskunft gegeben habe, die Entschädigung verweigern, da man doch nach § 273 B G B nur zurückhalten kann, wenn man einen „ A n s p r u c h " hat (deshalb folgerichtig K i s c h 3. 446, der dem Versicherer das Zurückbehaltungsrecht nur für den Fall zugesteht, daß die Nichterfüllung der Aufklärungspflicht den Versicherer „nach dem V e r t r a g " berechtigt, die Entschädigung zu verweigern); folgerichtig R e i m e r S c h m i d t a. a. O. 229, 230: Obliegenheit, aber kein Schadenersatzanspruch. Der Versicherer kann den Aufklärungsanspruch auch gerichtlich geltend machen und hieran unter Umständen auch ein dringendes Interesse haben (vgl. auch Vorb. vor § 1 Anm. 62; abw. ohne Grund E b e r l e 7). b) Deshalb ist auch § 278 B G B anwendbar. Der Versicherungsnehmer muß ins- Anm. 8 besondere das V e r s c h u l d e n d e r P e r s o n e n , d e r e n er s i c h zur Erfüllung der Aufklärungspflicht b e d i e n t , gegen sich gelten lassen ( E b e r l e 66; vgl. § 3 Anm. 17, § 5 Anm. 35, § ig Anm. 1 1 usw.; auch R G 58. 346, das zwar die Aufklärung, deren Unterlassung nach den Versicherungsbedingungen den Verlust des Entschädigungsanspruchs zur Folge hat, als „Voraussetzung" des Entschädigungsanspruchs betrachtet, aber gleichwohl dem Versicherungsnehmer das Verschulden des „Vertreters in Erfüllung der fraglichen Bedingung" zurechnet). Z u diesen Personen wird bei der Versicherung für fremde Rechnung regelmäßig auch der Versicherte gehören, — wie, umgekehrt, der Versicherungsnehmer regelmäßig zu den Personen gehören wird, deren der Versicherte sich bei Erfüllung der ihm obliegenden Aufklärungspflicht bedient (ähnlich im Ergebnis, ohne Begründung, K i s c h 3. 447: Der Versicherte müsse, auch wenn von ihm keine Aufklärung verlangt sei, es verantworten, „wenn er nicht den Versicherungsnehmer durch die erforderlichen Mitteilungen in den Stand setze, der diesem obliegenden Aufklärungspflicht zu genügen"). Zu diesen Personen gehört auch der Makler, dem 42

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

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Aufklärungspflicht

§ 4 3 der Versicherungsnehmer die A u f k l ä r u n g überläßt (vgl. Vorb. vor § i A n m . 42, § 19 A n m . 11). Anm. 9 Bringschuld. c ) D i e Aufklärungspflicht ist nach der N a t u r des Verhältnisses Der Versicherungsnehmer m u ß d e m Versicherer die A u f k l ä r u n g auf eigene Kosten u n d Gefahr übermitteln. K o m m e n insbesondere Auskunft oder Belege aus G r ü n d e n , die der Versicherungsnehmer nicht zu vertreten hat, nicht an, so m u ß der Versicherungsnehmer die Aufklärung noch einmal versuchen (vgl. § 3 Anm. 17, Vorb. V I I vor § 1 ) . Anm. 10 8. Der Versicherer k a n n n a c h d e m E i n t r i t t d e s V e r s i c h e r u n g s f a l l s verlangen, d. h. nach d e m Eintritt des die Entschädigungspflicht des Versicherers auslösenden Ereignisses (näheres: § 5 A n m . 29). O b der Versicherungsnehmer Entschädigung verlangt, ist grundsätzlich ohne Bedeutung. Aber wenn der Versicherungsnehmer auf Entschädigung verzichtet, wird die Aufklärungspflicht gegenstandslos. Ebenso, wenn feststeht, d a ß der Versicherer trotz des Versicherungsfalls „von der Verpflichtung zur Leistung frei" ist, etwa weil die vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt oder die G e f a h r geändert oder der Versicherungsfall vom Versicherungsnehmer herbeigeführt ist (§ 20 A n m . 3, § 24 Anm. 7 usw.). Anm. 11 9. Der Versicherer kann j e d e A u s k u n f t verlangen, die z u r F e s t s t e l l u n g d e s V e r s i c h e r u n g s f a l l s e r f o r d e r l i c h ist. „ J e d e " Auskunft. Eindringlich fordern Gesetz u n d A D S den Versicherungsnehmer auf, nichts zu verschweigen, was erforderlich ist, u m festzustellen, ob der Fall ein Versicherungsfall, ob der Entschädigungsanspruch d e m G r u n d e n a c h b e r e c h t i g t ist. a) Z u m G r u n d e des Entschädigungsanspruchs gehört natürlich in erster Linie, d a ß d e m Versicherungsnehmer oder Versicherten zur Zeit des Versicherungsfalls das versicherte I n t e r e s s e versicherbar zustand (ausdrücklich: H G B § 882 Abs. 2 Nr. 1). Vgl. auch O A G Lübeck Thöls Entscheidungsgründe 354 (Für die Versicherung des Eigentümerinteresses „genüge es, d a ß die Entstehung des Eigentums zu einer früheren Zeit nachgewiesen werde; die Fortdauer des Eigentums werde sodann ohne weiteres präsumiert") u n d 355 (Auskunft im Falle der Versicherung von Bodmereigeldern f ü r Rechnung, wen es angeht). A n m . 12 b) Ebenso, „ d a ß der versicherte Gegenstand d e n G e f a h r e n d e r S e e a u s g e s e t z t worden ist" ( H G B § 882 Abs. 2 Nr. 2), — d a ß die Versicherung begonnen hat. Anm. 13 c) Ebenso, d a ß „ d e r U n f a l l , auf den der Anspruch gestützt w i r d " ( H G B § 882 Abs. 2 Nr. 3) sich zugetragen hat, u n d zwar w ä h r e n d der D a u e r der Versicherung (§ 28 A n m . 27fr.). Woraus nicht etwa folgt, d a ß der Versicherungsnehmer in j e d e m Falle einen „ U n f a l l " als Ursache des Schadens d a r t u n m u ß (§ 28 Anm. 9). Anm. 14 d) Ebenso, d a ß „ S c h a d e n " , gewöhnlicher Versicherungsschaden oder Aufwendungsschaden, entstanden ist ( H G B § 882 Abs. 2 Nr. 4). Anm. 15 e) Z u m G r u n d e des Entschädigungsanspruchs gehört auch, d a ß der Versicherer nicht wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht, der Gefahrstandspflicht, der Schadenverhütungs- oder der Schadenabwendungs-Pflicht „von der Verpflichtung zur Leistung f r e i " ist ( O A G Lübeck Thöls Entscheidungsgründe 353, O G H a m b u r g u n d dazu V o i g t N A f H R 1. 318, 325; anders S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 3 zu § 43 ADS). Ebenso, d a ß der Versicherungsnehmer nicht Ersatzansprüche gegen dritte aufgegeben h a t u n d der Versicherer insoweit frei geworden ist ( H G Z 1882. 244, H G u. O G H a m b u r g H G Z 1872. 214, Seebohm 438). Anm. 16 f ) Die Auskunft m u ß z u r F e s t s t e l l u n g d e s V e r s i c h e r u n g s f a l l s e r f o r d e r l i c h sein. Z u r Feststellung des Versicherungsfalls: nicht zu anderen Zwecken, z. B. nicht zur Feststellung, ob der Versicherer beim Vertragsschluß arglistig getäuscht worden ist. U n d erforderlich: bei objektiver Beurteilung geboten. Daraus folgt z. B., d a ß der Versicherungsnehmer über Umstände, die dem Versicherer ohnehin bekannt sind, keine

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Auskunft zu erteilen braucht (vgl. auch §40 A n m . 17). V g l . H G Z 1898. 267 für den Fall § 4 3 eines indirekten Kollisionsschadens: Der Versicherungsnehmer müsse d e m Versicherer „ d e n H e r g a n g der Kollision schildern, ihm die etwaigen Verklarungen und sonstigen Beweisstücke vorlegen, kurz ihm ein Urteil darüber ermöglichen, ob eine gerichtliche Bekämpfung des auf G r u n d der Kollision erhobenen Schadensersatz -Anspruchs Aussicht auf Erfolg biete". V g l . a u c h H a n s O L G H a n s R G Z 1941 B 305 = J R P V 1941. 163 = Sasse Nr. 458 und O L G H a m b u r g = Sasse Nr. 473. •— Die Auskunftspflicht ist nicht auf Tatsachen beschränkt, die dem Versicherungsnehmer bekannt sind. Sie erstreckt sich auf Tatsachen, von denen der Versicherungsnehmer Kenntnis erlangen und über die er deshalb Auskunft erteilen kann. W o Gesetz oder A D S O f f e n barungs- oder Anzeigepflichten auf solche Umstände haben beschränkt wissen wollen, die d e m Versicherungsnehmer bekannt sind, haben sie es ausdrücklich gesagt ( A D S §§ 3 A b s . 2, 11 Abs. 1, 19 A b s . 1, 26 usw). Der Versicherungsnehmer hat also auch eine E r k u n d i g u n g s p f l i c h t . Deshalb m u ß er auch Belege nicht nur, soweit er sie h a t , sondern a u c h soweit er sie b e s c h a f f e n kann, vorlegen (§ 43 Satz 2; vgl. auch B G B § 259 und d a z u K o m m . ) . Er m u ß sich erkundigen, soweit T r e u und G l a u b e n mit R ü c k sicht auf die Verkehrssitte, soweit insbesondere die Assekuranztreue es erfordern ( B G B § 242, A D S § 13). Es gilt also von der Erkundigungspflicht ungefähr dasselbe, wie von der Belegungspflicht des § 43 Satz 2: Der Versicherungsnehmer m u ß sich erkundigen, soweit ihm dies „billigerweise zugemutet werden k a n n " ; denn auch bei dieser Z u m u t u n g ist j a die besondere Assekuranztreue z u berücksichtigen. g) Die Auskunft m u ß selbstverständlich nach bestem Wissen und Gewissen des A n m . Versicherungsnehmers w a h r und v o l l s t ä n d i g sein. UnVollständigkeiten und U n richtigkeiten, die sich später herausstellen, sind (ohne besondere Aufforderung) z u berichtigen ( E b e r h a r d 42). h) F o r m der Auskunft. Die Erteilung der Auskunft ist (wie die Anzeige des § 40), A n m . ihrem natürlichen Begriff nach, eine empfangsbedürftige Wissenserklärung (über empfangsbedürftige Erklärungen: V o r b . I V vor § 1). I m übrigen kann sie in jeder F o r m erteilt werden. A b e r a u c h insoweit gilt, d a ß der Schuldner leisten m u ß , wie T r e u und G l a u b e n mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern ( B G B § 242, A D S § 13). D a n a c h wird die Auskunft regelmäßig schriftlich erteilt werden müssen. i) Z e i t der Auskunft. Die Auskunft m u ß in angemessener Frist erteilt werden ( B G B § 242, A D S § 13). Der Versicherungsnehmer k o m m t in V e r z u g , wenn er die Auskunft nicht in angemessener Frist erteilt und der Versicherer mahnt ( B G B § 284). — D e r Versicherer kann so lange Auskunft verlangen, wie Auskunft erteilt werden kann und der Aufklärungsanspruch nicht verjährt ist. Insbesondere auch noch nach Entschädigung (Anwendungsfall: § 46 Satz 1). A b e r w e n n der Versicherer entschädigt oder sich sonstwie durch die Auskunft befriedigt erklärt hat, kann er nur noch insoweit Auskunft verlangen, als die erteilte Auskunft unvollständig oder unrichtig w a r und er die U n vollständigkeit oder Unrichtigkeit beweist ( B G B § 363; A u s n a h m e : § 46 Satz 1). k) Die K o s t e n der Auskunft fallen grundsätzlich dem Versicherungsnehmer zur Last ( R o e l l i 480; A u s n a h m e : § 45 Abs. 1 Satz 2, § 46 Satz 3). Soweit sie j e d o c h durch die Ermittlung oder Feststellung des Versicherungsschadens entstehen, m u ß der V e r sicherer sie g e m ä ß § 32 A b s . 1 Nr. 3 ersetzen.

Anm.

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10. Der Versicherer kann auch jede A u s k u n f t verlangen, die zur Feststellung A n m . des U m f a n g s der Leistungspflicht des Versicherers erforderlich ist. Jede Auskunft, die erforderlich ist, u m festzustellen, in welcher H ö h e der Entschädigungsanspruch berechtigt ist, u m „ d e n Schaden und dessen U m f a n g " ( H G B § 882) festzustellen, den gewöhnlichen Versicherungsschaden oder den Aufwendungsschaden (vgl. § 32 A n m . 3). Unbeschadet natürlich der besonderen Schadenfeststellungs-Bestimmun-

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§ 43 gen (§§ 74, 93 usw.; so ausdrücklich ASVB § 144 Abs. 2). Zur Feststellung der Höhe des Entschädigungsanspruchs gehört auch die Feststellung des Versicherungswerts. Ebenso, daß der Versicherungsnehmer etwas erhalten hat, was er sich auf die Entschädigung anrechnen lassen muß (HG u. OG Hamburg, ROHG HGZ 1872. 39, 101, 208). Ebenso, daß Ersatzansprüche gegen Dritte bestehen (§45 Anm. 24). Näheres: oben Anm. i6ff. — Siehe auch die Erläuterungen bei B r u c k - M ö l l e r Anm. 14 zu § 34 VVG und bei P r ö l ß Anm. 2 zu § 34 VVG. Anm. 22 11. Bis die Auskunft erteilt ist, kann der Versicherer die E n t s c h ä d i g u n g v e r w e i g e r n (BGB § 273; oben Anm. 7; HGZ 1918. 8, 18 beruft sich auf § 320 BGB, Aufklärung und Entschädigung stehen aber nicht im synallagmatischen Verhältnis). Aber noch mehr. Aus § 44 Abs. 1 ergibt sich, daß der Entschädigungsanspruch überhaupt n i c h t f ä l l i g wird, bevor die Auskunft erteilt ist (§ 44 Anm. 2). — Verletzt der Versicherungsnehmer vorsätzlich oder fahrlässig die Auskunftspflicht, so muß er dem Versicherer den dadurch verursachten S c h a d e n e r s e t z e n (BGB § 276; oben Anm. 7). A n m . 23

12. Der Versicherer kann zur Auskunft Belege fordern, soweit die B e schaffung dem Versicherungsnehmer billigerweise zugemutet werden kann. —

Belege sind (regelmäßig urkundliche) Nachweise über Tatsachen (vgl. BGB § 259). Der Versicherer kann sie nur für Tatsachen fordern, auf die sich nach § 43 Satz 1 die Auskunftspflicht erstreckt. Und nur soweit, wie der Versicherungsnehmer die Belege hat oder sie beschaffen kann und billigerweise beschaffen sollte. Vgl. hierüber oben Anm. 16. — Hiernach sind (HGB § 884, Begr. z. VVG § 34) „als genügende Belege im allgemeinen solche Belege anzusehen, die im Handelsverkehr, namentlich wegen der Schwierigkeit der Beschaffung anderer Beweise, nicht beanstandet zu werden pflegen insbesondere Anm. 24 1. zum Nachweis des I n t e r e s s e s :

bei der Versicherung des S c h i f f e s die üblichen Eigentumsurkunden" (z. B. Schiffsregister-Auszüge: Prot. 3557); „bei der Versicherung von G ü t e r n die Fakturen und Konnossemente, sofern nach deren Inhalt der Versicherte zur Verfügung über die Güter befugt erscheint", d. h. sofern der Versicherte durch das Konnossement legitimiert und damit und gemäß § 650 HGB als Eigentümer ausgewiesen ist (Prot. 3557, 3561). Daß die Güter verlorengegangen, die Konnossemente infolgedessen Leerkonnossemente geworden sind, ist natürlich ohne Bedeutung (RG 88. 241, 89. 41). Kopie des Konnossements genügt, HansOLG HansRGZ 1928 B 820 = Sasse Nr. 390. Die Beibringung der Fakturen kann der Versicherer insbesondere verlangen, um zu prüfen, ob die Taxe erheblich übersetzt ist ( S i e v e k i n g 191, Voigt 101, HansOLG HRZ 1925. 433 = Sasse Nr. 336; abw. HGZ 1882. 66, 69). „bei der Versicherung der F r a c h t die Chartepartien und Konnossemente; Anm. 25 2. zum Nachweise der V e r l a d u n g der Güter die Konnossemente". Das Konnossement belegt auch ausreichend, daß die danach abgeladenen Güter sich noch zur Zeit des Schiffsuntergangs im Schiffe befunden haben (OAG Lübeck Kierulff 4. 61). Ist das Konnossement gemäß § 642 Abs. 5 HGB über Güter ausgestellt, die zwar zur Beförderung übernommen, aber noch nicht eingeladen sind, so ist es natürlich zum Nachweis der Verladung nicht, wohl aber gemäß § 88 Abs. 2 zum Nachweis des Beginns der Versicherung geeignet. — Zu beachten ist, daß nach § 656 Abs. 2 Satz 1 HGB das Konnossement nur die Vermutung begründet, daß der Verfrachter die Güter so übernommen hat, wie sie nach §§ 643 Nr. 8, 660 HGB beschrieben sind. Nach § 643 Nr. 8 hat das Konnossement die Art der Güter anzugeben, ferner deren Maß, Zahl oder Gewicht, ihre Merkzeichen und ihre äußerlich erkennbare Verfassung und Beschaffenheit. Doch gilt die Vermutung nach § 656 Abs. 2 nicht, wenn das Konnossement einen

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Zusatz nach § 646 HGB enthält oder hinsichtlich des Inhalts solcher Güter, die nach dem § 43 Konnossement dem Schiffer in Verpackung oder in geschlossenen Gefäßen übergeben worden sind, wenn das Konnossement mit dem Zusatz „Inhalt unbekannt" oder mit einem gleichbedeutenden Zusatz versehen ist. Vgl. bezüglich des Vermerks „quantity and quality unknown" auch K G J R P V 1931, 198 = Sasse Nr. 418. „ 3 . zum Nachweise des U n f a l l s die Verklarung und das Tagebuch, in Kon- Anm. 26 demnationsfällen das Erkenntnis des Prisengerichts, in Verschollenheitsfällen glaubhafte Bescheinigungen über die Zeit, in welcher das Schiff den Abgangshafen verlassen hat, und über die Nichtankunft des Schiffes im Bestimmungshafen während der Verschollenheitsfrist". In diesem Punkte weichen die ADS ab. Ein Zusatz der AlteGP zum § 146 A S V B lautete: „Die Versicherer verzichten in den Fällen, wenn in Dampfschiffe verladene Güter frei von gewissen Prozenten der Beschädigung versichert worden sind und Beschädigung sich ereignet, auf die Beibringung der Verklarung" (Mat. 2. 101). Die Kaufmannschaft wünschte die Beibehaltung dieses „Verzichts" (Mat. 1. 190). Hierauf beruht die (nunmehr für Versicherungen jeder Art geltende) Bestimmung des § 43: Der Versicherer kann die Herbeiführung einer Verklarung verlangen, wenn er an ihr ein berechtigtes Interesse hat. Die Verklarung ist eine besondere gerichtliche Beweisverhandlung mit der Schiffsbesatzung über Reiseunfälle (HGB §§ 522—525; siehe auch die V O zur Vereinfachung des Verfahrens über Verklarungen v. 16. 8. 1944, RGBl. I. 183, und dazu S c h a p s - A b r a h a m II. 198, 203fr.). Sie ist vom Kapitän herbeizuführen (HGB § 522). Der Kapitän kann von den vom Unfall Betroffenen ( S c h a p s - A b r a h a m I I Anm. 3 zu § 522 HGB), insbesondere den Reiseinteressenten (HGB § 512), zur Anmeldung der Verklarung gezwungen werden. Solchen Zwang auszuüben, ist der Versicherungsnehmer also regelmäßig in der Lage und, ihn auszuüben, ist er dann (nur dann, aber auch immer dann) verpflichtet, wenn der Versicherer es verlangt und an der Herbeiführung der Verklarung ein berechtigtes Interesse hat. „ B e r e c h t i g t e s I n t e r e s s e " ist nicht ein im Rechte begründetes Interesse, sondern jedes nach verständigem Ermessen gerechtfertigte Interesse (vgl. BGB § 824, StGB § 193, GBO § 1 1 , H G B § 9, F G G § 78, Z V G § 76). Solches Interesse wird der Versicherer regelmäßig haben; denn er ist nicht nur wegen seiner Entschädigungspflicht, sondern auch mit Rücksicht auf den Ubergang von Schadensersatz-Ansprüchen an der Aufklärung des Sachverhalts beteiligt. Siehe über die Beweiskraft der Verklarung R G J R P V 1928. 783 = Sasse Nr. 32. In Fällen, in denen mehrere Schiffe beteiligt sind, insbesondere in Kollisionsfällen, kann der Versicherer auch verlangen, daß der Versicherungsnehmer die Verklarung des anderen Schiffes herbeiführt, wenn der Versicherungsnehmer dazu in der Lage ist und der Versicherer ein berechtigtes Interesse daran hat. Verlangt der Versicherer die Herbeiführung der Verklarung, so hat er doch die Kosten nicht zu tragen, wenn und weil der Kapitän ohnehin verpflichtet ist, Verklarung abzulegen (§ 32 Anm. 23). Ist Verklarung abgelegt, ohne daß der Versicherer ihre Herbeiführung verlangt hat, so wird der Versicherungsnehmer regelmäßig eine A u s f e r t i g u n g beizubringen haben, da ihm die Beschaffung einer solchen regelmäßig billigerweise zugemutet werden kann. — Die Klausel der Güterpolice „ I m Schadensfalle soll fehlende Verklarung nicht präjudicieren" soll nach H G Z 1882. 68 (folgend H G Z 1896. 244) nicht nur bedeuten, daß der Versicherungsnehmer keine Verklarung vorzulegen brauche, sondern auch (offenbar zu weitgehend), daß der Versicherer „damit zugleich auf den Nachweis über Schicksale der Reise und den Hergang, der die Beschädigung veranlaßte, verzichtet habe". — Bei Güterversicherungen braucht der Versicherungsnehmer das Schiffstagebuch regelmäßig nicht vorzulegen, weil er dazu regelmäßig nicht imstande ist (HG Hamburg H G Z 1871. 7; vgl. aber auch oben über die Verpflichtung des Güter-

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§ 4 3 versicherten zur Veranlassung einer Verklarung, die nach § 524 H G B „ a u f der Grundlage des Tagebuchs geschieht"). Der versicherte Reeder kann natürlich nicht die Beibringung des Schiffstagebuchs mit der Entschuldigung verweigern, daß der Kapitän es nicht eingesandt habe ( H G u. O G Hamburg Seebohm 617). Während § 524 H G B für die Verklarung die Vorlegung des Tagebuches verlangt, begnügt sich die jedenfalls vorübergehend den § 524 außer K r a f t setzende V O v. 16. 8. 1944 in § 2 mit einer gerichtlich oder notarisch beglaubigten Abschrift der den Unfall betreffenden Eintragungen zum Schiffstagebuch. Anm. 27 „ 4 . zum Nachweise des S c h a d e n s und dessen Umfanges die den Gesetzen oder Gebräuchen des Ortes der Schadensermittlung entsprechenden Besichtigungs-, Abschätzungs- und Versteigerungsurkunden sowie die Kostenanschläge der Sachverständigen, ferner die quittierten Rechnungen über die ausgeführten Ausbesserungen und andere Quittungen über geleistete Zahlungen . . . " . Belege dieser Art kommen jedoch nur in Betracht, soweit nicht die A D S über die Schadensfeststellung besonderes bestimmen (§§ 74, 96 usw.). Vgl. auch R G 15. 164: Wenn der Versicherungsnehmer die Versicherungssumme verlange, weil das versicherte Schiff unrettbar gesunken und demgemäß total verloren sei, so „bedürfe es . . . nicht etwa unbedingt immer noch eines vom Versicherten zu erbringenden besonderen Beweises oder Belegs für die Unrettbarkeit . . ., sondern die Beantwortung dieser tatsächlichen Frage . . . werde in manchen Fällen schon aus den sonstigen erwiesenermaßen vorliegenden konkreten Umständen . . . entnommen werden können, und in solchen Fällen könne der Versicherer nach dem Prinzip von Treu und Glauben sich nicht darauf berufen, daß der Versicherte erst noch einen weiteren Beleg für die Existenz eines Totalschadens zu liefern habe, um die Fälligkeit seiner Forderung zu begründen". Anm. 28

Dies sind „ i m allgemeinen genügende Belege". Sie sind also auch nach § 884 H G B weder immer nötig noch immer genügend ( R G 88. 240, 89. 4 1 , H G Z 1882. 242, 244, 1 9 1 6 . 14, 1 4 7 ; vgl. auch H G Hamburg H G Z 1875. 402: Passagiergut). S o n s t i g e verkehrsübliche B e l e g e : Auszüge aus Geschäfts- und Lagerbüchern, Inventur (vgl. J W 1909. 324), Bilanzen, zuverlässige Zeitungsberichte über den mit der Besatzung erfolgten Untergang des Schiffes ( H G Z 1884. 7) oder über die Aufbringung des Schiffes oder über die Kondemnation ( R G Hansa 1 9 1 7 . 172). Uber das Schadenszertifikat des Havariekommissars des Versicherers als ausreichenden Beleg siehe H a n s O L G H G Z 1926. 40 = Sasse Nr. 354. Enthält das Konnossement die Klausel „Gewicht und Menge unbekannt", so bedarf es für Gewicht und Menge eines anderen Belegs ( H G Z 1909. 1 7 1 , K G J R P V 1 9 3 1 . 198 = Sasse Nr. 418), etwa einer Gewichtsbescheinigung der Zollbehörde oder des Abladers (vgl. auch A r n o u l d 1244 s- 1 2 6 7 über den Fall, daß das Konnossement die Klausel Contents unknown enthält). Die Verklarung ist nur dann ein ausreichender Beleg, wenn sie „ohne V e r z u g " ( H G B § 522 Abs. 2, H G u. O G Hamburg H G Z 1872. 2 1 3 , 3 8 3 ; vgl. H G Z 1895. 235) und auch im übrigen gemäß den gesetzlichen Vorschriften abgelegt ist, so im Ausland nach den ausländischen Vorschriften ( O A G Lübeck H a m b S 5. 136, H G u. O G Hamburg H G Z 1 8 7 1 . 6, 88, 1874. 2 1 8 ) . Besteht begründeter Verdacht, daß Konnossemente, Fakturen usw. unrichtig sind, so muß der Versicherungsnehmer andere Belege beibringen (Prot. 3555, H G u. O G Hamburg Ullrich Nr. 85). Das Konnossement verliert aber noch nicht dadurch die Eigenschaft eines genügenden Belegs, daß der Kapitän die versicherten Güter unterwegs rechtswidrig verkauft und mit dem Erlös flieht ( H G u. O G Hamburg Seebohm 346; anders im Falle „betrüglichen Verhaltens hinsichtlich des Verlustes des Schiffes und eidlich abgelegter falscher V e r k l a r u n g " : H G Hamburg Ullrich Nr. 85). — Nach R G 97. 320 darf „während des Krieges an die Notwendigkeit der Beibringung von Belegen nicht derselbe Maßstab gelegt werden, wie im Frieden". Das war und

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ist richtig, soweit es selbstverständlich ist: Der Versicherer konnte früher und kann § 4 3 heute Belege nur soweit fordern, wie die Beschaffung dem Versicherungsnehmer billigerweise zugemutet werden kann, und außergewöhnliche Verhältnisse ( j e d e r Art) verlangen eine außergewöhnliche Beurteilung. Es ist aber unrichtig, wenn das R G a. a. O. hierüber hinaus für den Fall des Krieges auch an den Beweis der Voraussetzungen des Entschädigungsanspruchs geringere Anforderungen stellt, als sie prozeßrechtlich angeordnet sind, und damit Belegungspflicht und Beweislast verwechselt; freilich kommt es am Ende zu dem Schluß, daß „allerdings . . . die richterliche Uberzeugung, ob ein Versicherungsfall vorliege, des genügenden Anhalts an feststehenden tatsächlichen Umständen nicht entbehren dürfe", und nimmt damit das vorher Gesagte wieder zurück (vgl. auch unten 33). Der Versicherer kann die „Belege" fordern, nicht nur ihre „ V o r l e g u n g " (so B G B §§259, 8 0 9 — 8 1 1 ) . E r kann jedenfalls ihre U b e r g a b e fordern, ihre „Beibringung": A D S § 44 Abs. 1). Soweit er dafür nach § 32 Abs. 1 Nr. 3 zu zahlen hat, ihre Übergabe zu Eigentum; im übrigen ihre Belassung während der zur Prüfung erforderlichen Zeit (vgl. B G B § 402). I m übrigen gilt für die Belegungspflicht dasselbe wie von der Auskunftspflicht. Vgl. daher oben Anm. 1 1 ff. 1 3 . Ist die Leistung, die Erteilung von Auskunft, insbesondere die Beibringung von Belegen, u n m ö g l i c h , so ist der Versicherungsnehmer nicht verpflichtet (oben Anm. 19, H G u. O G Hamburg H H 269; schief R G 89. 40, R G H G Z 1919. 26, H G Z 1 9 1 6 . 149: I m §884 H G B werde „die Möglichkeit der Beschaffung dieser Urkunden durch den Versicherten stillschweigend unterstellt"). Wird sie unmöglich, so wird er von der Verpflichtung frei — ohne weiteres, wenn sie unvertretbar, gegen die Pflicht zum Schadensersatz, wenn sie vertretbar unmöglich wird (BGB §§ 275, 280; H G Z 1 9 1 8 . 6, 8, 18). Ist oder wird die Beibringung der nächstliegenden Belege unmöglich, so kann es kommen, daß dem Versicherungsnehmer die Beibringung anderer Belege zuzumuten ist ( E h r e n b e r g 478; vgl. auch oben Anm. 28). Siehe über die Zumutbarkeit der Beschaffung auch B r u c k - M ö l l e r Anm. 24 zu § 34 V V G . 14. B e w e i s l a s t . Der Versicherer, der Auskunft und Belege verlangt, muß beweisen, daß der Versicherungsfall eingetreten ist; der Versicherungsnehmer, daß er die erforderliche Auskunft erteilt, die Belege, die er hat, und diejenigen, deren Beschaffung ihm billigerweise zugemutet werden kann, beigebracht hat oder die Erteilung von Auskunft, die Beibringung von Belegen unmöglich geworden ist ( E h r e n b e r g 478). Verlangt der Versicherer bestimmte Belege, so hat er zu beweisen, daß der Versicherungsnehmer den Beleg hat oder daß ihm die Beschaffung billigerweise zugemutet werden kann. — Verlangt der Versicherer Schadensersatz wegen Verletzung der Aufklärungspflicht, so muß er auch beweisen, daß der Versicherungsnehmer die erforderliche Auskunft nicht erteilt oder die Belege nicht beigebracht hat, die er hatte oder deren Beschaffung ihm billigerweise zugemutet werden konnte; der Versicherungsnehmer, daß ihm kein Verschulden trifft (vgl. §40 Anm. 17). 15. Die Aufklärungspflicht des Versicherungsnehmers ist eine „ v o m Prozeß unabhängige Rechtspflicht" (was oft verkannt ist, vgl. § 28 Anm. 9, auch R G 97. 3 1 g . H G Z 1918. 67). Sie erlischt selbstverständlich nicht mit Erhebung der Entschädigungsklage ( E b e r h a r d 34). U n d sie „entbindet deshalb den Versicherungsnehmer nicht von der B e w e i s l a s t , die ihm in einem Rechtsstreit mit dem Versicherer obliegt; i m P r o z e ß muß der Versicherungsnehmer, wenn er obsiegen will, den Eintritt des Versicherungsfalls und den U m f a n g des Schadens nach Maßgabe der Vorschriften der Z P O dartun" (Begr. z. V V G § 3 4 ) ; „ a u c h in Assekuranzstreitigkeiten müssen die gewöhnlichen Grundsätze von der Beweislast Anwendung finden" (so mit Recht schon

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§ 4 3 O A G Lübeck Thöls Entscheidungsgründe 358). Hiernach ist z. B. die Auffassung unhaltbar, daß „die glaubwürdige und ordnungsmäßige Aufstellung (abhandengekommener oder zerstörter Waren) genügt, um dem Versicherer den Gegenbeweis aufzubürden" (so O A G Lübeck S A 23 Nr. 132 und Z H R 19. 280, H A H Nürnberg S A 27 Nr. 1 7 1 , O L G Kiel S A 41 Nr. 56). Ebenso die Auffassung, daß auch für die Beweisführung im Prozeß die Beibringung der im § 884 H G B bezeichneten „Belege" genüge und es hiernach Sache des Versicherers sei, den Gegenbeweis zu führen (so offenbar S i e v e k i n g 1 9 1 , H G Z 1882. 68, 1909. 170, 1910. 2 1 1 , H G u. O G Hamburg Ullrich Nr. 8 5 ; O A G Lübeck Kierulff 4. 60: „ I m Assekuranzprozeß brauche, insoweit es auf die Feststellung des Schadens ankomme, ein den Anforderungen der Theorie des gemeinen Zivilprozesses entsprechender Beweis nicht notwendig geliefert zu werden, reichten unter Umständen selbst einfache Bescheinigungen aus, um die richterliche Überzeugung zu bestimmen"; ähnlich O A G Lübeck, O L G Kiel S A 23 Nr. 1 3 2 , 41 Nr. 56, auch H G Z 1909. 1 7 1 : „ G e r a d e , weil vertragsmäßig eine weitgehende Beweiserleichterung wegen der Schwierigkeit der Beschaffung anderer Beweise bedungen worden sei, müsse da auf schlüssige und hinreichende Beweisführung gedrungen werden, wo eine solche Schwierigkeit nicht vorliege oder gar, wie im gegenwärtigen Falle, der Versicherte eine auffällige und ausdrücklich gerügte Lässigkeit in der Beschaffung von Feststellungen und Nachweisen unaufgeklärt lasse"). Allerdings war es die Auffassung, die dem A D H G B zugrunde lag, daß auch für die Beweisführung im Prozeß die Vorlegung der im § 884 H G B bezeichneten Belege im allgemeinen genüge. Art. 889 A D H G B bestimmte: „ A u c h im Falle eines Rechtsstreits ist den im Art. 888 bezeichneten Urkunden in der Regel und, insofern nicht besondere Umstände Bedenken erregen, Beweiskraft beizulegen" (vgl. auch Prot. 3553—3555). Aber Art. 889 A D H G B ist durch § 1 3 E G z Z P O aufgehoben worden und für Versicherungsprozesse gilt seitdem nichts anderes als für andere Rechtsstreitigkeiten. K a n n der Güterversicherte die Konnossemente nicht vorlegen, so entfällt zwar seine Verpflichtung, sie vorzulegen. K a n n er aber nur durch Vorlegung der Konnossemente nachweisen, daß er zur Zeit des Versicherungsfalls der Interessent war, so muß die Entschädigungsklage abgewiesen werden, wenn er die Konnossemente nicht vorlegen kann ( H G Z 1 9 1 8 . 67, freilich mit einer Begründung, die erkennen läßt, daß man sich über den Unterschied zwischen der privatrechtlichen Belegungspflicht und der prozeßrechtlichen Beweislast nicht klar war). — Auch im Rechtsstreit wirksame Beweisvereinbarungen enthalten nur die Bestimmungen der A D S über die Feststellung von Schäden: §§ 74, 93 usw. Über die Zulässigkeit solcher Vereinbarungen: E b e r h a r d 68, L Z 1 9 1 3 . 2 4 4 ; H G Z 1 8 8 2 . 4 9 z u §§58, 60 B S V B . Anm. 34

16. Die Parteien können a b w e i c h e n d e s v e r e i n b a r e n . Sie können vereinbaren, daß der Versicherungsnehmer von der Aufklärungspflicht des § 43 frei sein soll. Sie können auch vereinbaren, daß der Versicherungsnehmer von der prozeßrechtlichen Beweislast frei sein soll. — B e i s p i e l e solcher Klauseln: „Interesse erwiesen". R G 43. 143. „ O h n e weiteren Beweis als die Police". R G 83. 166. „ I m Schadensfall soll die Police als alleiniger Beweis des Interesses gelten". H G Hamburg H H 1 4 1 . „ I m Schadensfall bedarf es keines weiteren Nachweises des Interesses als nur diese Police". R G H G Z 1893. 189, H G Z 1893. 10, 1897. 13. „ O h n e weiteren Nachweis des Interesses". R G 25. 79, R G H G Z 1890. 83, H G Z 1889. 261, 1895. 79. „ O h n e Nachweis des Interesses abseiten des Versicherungsnehmers". L G Hamburg H G Z 1896. 309.

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„ D a s Interesse wird auf 50000 M taxiert, ohne d a ß d a f ü r ein weiterer Beweis als § 43 diese Police oder eine A n g a b e des Interesses gefordert werden k a n n " . H G Z 1903. 41. „ D a s Interesse dieser Police ist als erwiesen anerkannt u n d bedarf es im Schadensfall keines weiteren Nachweises als dieser Police". H G Z 1916. 94. „ D e r Versicherer verzichtet auf jeden weiteren Nachweis der T a x e u n d des Interesses". R G 15. 84. „Taxiert zu 10000 M als Versicherungswert geltend, auf Basis gegenseitiger Übereinkunft ohne weiteren Beweis". R G 36. 1 3 1 , H G Z 1895. 257. „ O h n e weiteren Nachweis des Interesses u n d der T a x e " . H G u. O G H a m b u r g H H 614. „Diese Police allein genügt als Beweis des vorhandenen Interesses sowohl wie der Taxe, welche beide als erwiesen angesehen w e r d e n " . H G u. O G H a m b u r g , O A G Lübeck Kierulff 3. 998, H G Z 1866. 201. „ O h n e weiteren Nachweis hinsichtlich der T a x e " . H G u. O G H a m b u r g H G Z 1872. 32, 382. „ I m Schadensfall gilt diese Police als alleiniger Beweis des Interesses u n d der stattgefundenen V e r l a d u n g " . A G u. L G H a m b u r g H G Z 1884. 145. „Die Police soll als alleiniger Beweis des Interesses sowie der H ö h e desselben d i e n e n " . L G H a m b u r g H G Z 1885. 102. „ I m Schadensfall gilt diese Police als alleiniger Nachweis des Interesses u n d der Versicherungssumme". H G Z 1893. 169. „ T a x i e r t zu M 8000 ohne weiteren Beweis . . . " . H G Z 1895. 95. „ O h n e weiteren Nachweis des Interesses u n d der T a x e als diese Police". H G Z 1908. 217. „ T a x i e r t zu 12000 M ohne weiteren Nachweis des Interesses u n d Betrags". H G Z 1 9 1 1 . 297. Klauseln dieser Art sind übrigens nicht so sehr bei der Versicherung des Schiffes Anm. 35 oder der Güter, also bei der Versicherung des gewöhnlichen Eigentümerinteresses, als vielmehr bei der Versicherung von Nebeninteressen, insbesondere von Gewinn-, Provisions-, Mehrwert-Interessen, üblich. Sie b e f r e i e n den Versicherungsnehmer in erster Linie v o n d e r p r o z e ß r e c h t l i c h e n B e w e i s l a s t . I h r e Zulässigkeit war streitig. „ D a das Verbot der Versicherungen ohne Interesse auf rechtspolitischen G r ü n d e n beruht, so m ü ß t e , streng genommen, ein Verzicht auf den Nachweis des Interesses nicht gestattet sein", — meinte Begr. z. P r e u ß E 364 (vgl. auch Prot. 3570). Überdies w a r das ältere hamburgische R e c h t u n d w a r u n d ist das englische R e c h t solchen Klauseln abhold ( § 2 Anm. 12). Hieraus erklärt sich die ausdrückliche Vorschrift des § 885 H G B , d a ß solche Klauseln „gültig" sind, „jedoch unbeschadet des Rechtes des Versicherers, das Gegenteil zu beweisen". Die Vorschrift ist überflüssig. D e n n m a n kann sich abstrakt verpflichten; also so, d a ß der Kläger den Schuldgrund nicht einmal anzugeben b r a u c h t (weshalb es sich auch, genauer, nicht sowohl u m die prozeßrechtliche Beweislast, als vielmehr u m die privatrechtliche Zulässigkeit einer bestimmten Verpflichtungsart handelt). U n d das R e c h t des Versicherers, das Gegenteil zu beweisen, k a n n natürlich nicht wegbedungen werden; denn es gehört d e m öffentlichen Rechte, d e m Prozeßrecht an. Klauseln dieser Art befreien den Versicherungsnehmer aber auch v o n d e r p r i v a t - A n m . 36 r e c h t l i c h e n B e l e g u n g s p f l i c h t . D e n n auch diese ist eine Beweispflicht. Zwischen ihr u n d der prozeßrechtlichen Beweispflicht h a t m a n f r ü h e r nicht immer scharf unterschieden (oben A n m . 33). Die Klauseln lassen nicht erkennen, d a ß der Versicherungsnehmer n u r von der prozeßrechtlichen Beweispflicht frei sein soll. Die Assekuradeure

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§ 4 3 sind zwar bei der Abfassung der A D S anderer Meinung gewesen (vgl. auch Mat. i. 189). Sie hatten sich gegen die Gefahr des Mißbrauchs der Klauseln durch die Bestimmung schützen wollen, daß der Versicherungsnehmer, der keine Belege vorzulegen brauche, seine Angaben über das versicherte Interesse usw. wenigstens glaubhaft machen müsse (E 1 9 1 0 §47). Diese Bestimmung war nicht durchzusetzen. Die Assekuradeure haben sich deshalb im § 43 an V V G § 34 angeschlossen und geglaubt, die damit angeordnete privatrechtliche Auskunfts- und Belegungspflicht werde durch die Klauseln nicht berührt. Diese Auffassung wird sich aber für die B e l e g u n g s p f l i c h t nicht rechtfertigen lassen. Der Versicherungsnehmer braucht nicht zu belegen, soweit die Klausel ihn vom Nachweis befreit. Sein Entschädigungsanspruch wird insoweit trotz § 44 Abs. 1 auch ohne Beibringung von Belegen fällig. Die A u s k u n f t s p f l i c h t dagegen wird durch die Klauseln jedenfalls n i c h t b e r ü h r t . Weder durch ihren Wortlaut noch durch ihre Bedeutung. Auch die Auskunftspflicht wegzubedingen, besteht j a auch für den redlichen Geschäftsverkehr kein Grund. Demgemäß hat man auch früher stets angenommen, daß der Versicherungsnehmer trotz der Klauseln verpflichtet sei, das Interesse, den Schaden usw., kurz die tatsächlichen Voraussetzungen seines Entschädigungsanspruchs, anzugeben, darzulegen ( V o i g t 595, 7 7 1 , S i e v e k i n g 194, F. S i e v e k i n g Z f V W 1906. 594, H G Z 1889. 261, 1892. 180, 1897. 14, L G Hamburg H G Z 1896. 309). Das war auch die Auffassung der Urheber des A D H G B , vgl. Prot. 3 5 7 1 : „ E s verstehe sich von selbst, daß der Versicherte durch die fragliche Verabredung von nichts weiter als dem Beweise, also nicht auch von der Verbindlichkeit, alles zur Begründung seines Anspruchs Erforderliche zu behaupten, frei werde. Die fragliche Verabredung könne somit keine andere Folge haben, als daß die von dem Versicherten behaupteten, zur Begründung seiner Forderung ausreichenden Tatsachen ihm ohne Beweisführung, jedoch vorbehaltlich des Gegenbeweises, geglaubt würden". Mißverständlich R G 83. 1 7 1 : Bei der Interessenversicherung mit der Klausel „ohne weiteren Beweis als die Police" sei der Versicherungsnehmer „ a n sich nicht gehalten, sein Interesse darzutun" (gemeint ist wohl: „ z u beweisen"). Anm. 37

I m einzelnen: a) Die Klausel, die vom N a c h w e i s d e s I n t e r e s s e s befreit. Das Interesse muß beim Vertragsschluß richtig bezeichnet werden (§ 1 Anm. 177). Ist es bezeichnet, so braucht der Versicherungsnehmer es im Versicherungsfall nicht zu beweisen und natürlich auch nicht einmal anzugeben. Sind „ a n den Kapitän geleistete Vorschußgelder" mit der Interessenbeweis-Klausel versichert, so ist damit das Interesse bezeichnet und nicht mehr anzugeben; der Versicherungsnehmer muß aber auf Verlangen des Versicherers (wenn auch nicht belegen, so doch) Auskunft darüber geben, von welcher Art die versicherte Forderung ist ( H G u. O G Hamburg H H 6 1 3 , O G Hamburg Kierulff 3. 1 0 1 3 ; abw. ohne Grund O A G Lübeck Kierulff 3. 1 0 1 6 : diese Auskunft könne der Versicherer erst nach der Entschädigung verlangen). Ist extraimaginärer Gewinn für die behaltene Ankunft der Güter mit einem bestimmten Schiffe versichert und die Interessenbeweis-Klausel vereinbart, so ist damit das Interesse bezeichnet und nicht mehr anzugeben; der Versicherungsnehmer muß aber auf Verlangen des Versicherers darüber Auskunft geben, weshalb der Gewinn von der Ankunft der Güter gerade mit dem bestimmten Schiffe abhing (dahingest. H G Z 1893. 172). Sind „ E f f e k t e n " und „ P r o v i a n t " mit der Interessenbeweis-Klausel versichert, so muß der Versicherungsnehmer angeben, welche Effekten und welcher Proviant den Gefahren der Seeschiffahrt ausgesetzt worden sind (ansch. abw. H G Z 1 9 1 1 . 298). Ist die Versicherung für Rechnung, wen es angeht, genommen, so befreit die InteressenbeweisKlausel den Versicherungsnehmer nicht von der Verpflichtung, Auskunft darüber zu geben, für wessen Rechnung die Versicherung genommen ist ( H G Hamburg H H 1 4 1 ) , den Versicherten nicht von der Verpflichtung, darüber Auskunft zu geben, welches

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Interesse versichert ist und daß dies Interesse ihm zusteht ( H G Z 1916. 94). Die Inter- § 43 essenbeweis-Klausel befreit nur vom Nachweis des Interesses, nicht vom Nachweis, daß (objektiv) Versicherungsschaden entstanden ist ( H G Z 1855. 102, 1893. 189, 1897. 13, 1908. 222). — Bei der Güterversicherung befreit die Klausel, „ d a ß das Konnossement nicht vorzulegen ist", nur vom Nachweis der Verladung, nicht vom Nachweis des Interesses, auch nicht vom Nachweis, daß der Schaden während der Dauer der Versicherung entstanden ist ( H G B § 885 Abs. 2 ; vgl. dazu Begr. z. E 1 9 1 0 §§ 45—48: dies ergebe sich „aus den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen"). — Hin und wieder wird der Versicherungsnehmer auch von der Verpflichtung, das Interesse nur anzugeben, also über das Interesse Auskunft zu erteilen, befreit (vgl. H G Z 1903. 4 1 : „ A u f die behaltene A n k u n f t . . . des Schiffes . . ., wobei . . . das Interesse auf M 50000 taxiert wird, ohne daß dafür ein weiterer Beweis als diese Police oder eine Angabe des Interesses gefordert werden kann"). b) Die Klausel, die vom N a c h w e i s d e r T a x e befreit. Sie ist von geringerer Anm. 38 Tragweite. Denn es ist j a gerade die Bedeutung der Taxe, daß sie für den Versicherungswert „maßgebend" ist. Der Versicherer kann nur Herabsetzung der T a x e verlangen und muß, wenn er Herabsetzung verlangt, ohnehin beweisen, daß die T a x e erheblich übersetzt ist (§6 Abs. 2; vgl. die, freilich unklare, Entscheidung H G Z 1 9 0 8 . 2 2 2 ; ähnlich übrigens schon die Police bei L a n g e n b e c k 378: . . . taxeerd . . . op . . . waermeede w y te vreden zyn, al is't, dat deselve meer ofte minder kosten of waerdig zyn, soo dat den geassureerden in Cas van Schade of Verlies, (dat Godt verhoede) ongehouden sal zyn, hier van eenig ander Bewys of Reekening te toonen, als alleenlyk dese Police, vgl. auch die Police von 1628 bei K i e s s e l b a c h 173). Aber in gewissen Fällen ist die T a x e nicht maßgebend; insbesondere gilt dies von der Frachttaxe ( § 1 0 7 Abs. 3 ; ferner §§ 108 Abs. 3, 109 Abs. 1). Für diese Fälle hat die Taxenbeweis-Klausel die gewöhnliche Bedeutung (worauf A S V B § 16 Abs. 5 a. E. noch besonders hinweist); in diesen Fällen pflegt deshalb auch die Taxenbeweis-Klausel vorzugsweise vereinbart zu werden ( § 6 Anm. 25). U n d in jedem Falle braucht der Versicherungsnehmer über den wirklichen Versicherungswert (zwar Auskunft zu erteilen, aber) keine Belege beizubringen (§6 Anm. 34). — Die Taxenbeweis-Klausel befreit allein natürlich nicht vom Nachweis des Interesses ( R G 36. 1 3 1 , H G Z 1895. 95, 257, H G u. O G Hamburg H G Z 1 8 7 2 . 3 2 , 3 8 2 ; abw. G e r h a r d 2 3 9 , 2 6 9 unter irrtümlicher Berufung auf R G 25. 83, ansch. auch R e h m Z f V W 1 9 1 1 . 473). — Der Versicherungsnehmer braucht natürlich auch nicht den Wert der taxierten Sachen a n z u g e b e n . Denn der Wert ist j a schon in der T a x e angegeben. Hat der Versicherungsnehmer Effekten und Proviant „taxiert zu 12000 M ohne weiteren Nachweis des Interesses und Betrags" versichert und vereinbart, daß, „ w a s von den versicherten 12000 M nicht auf Effekten und Proviant valediere, ohne irgendwelchen Nachweis auf die behaltene Ankunft und Entlöschung des Dampfers taxiert gelte", so kann er sich zunächst auf die T a x e und die Taxenbeweis-Klausel berufen und braucht sein sonstiges Interesse und dessen Wert erst anzugeben, wenn dem Versicherer der Beweis gelungen ist, daß die T a x e von 12000 M erheblich übersetzt und deshalb herabzusetzen ist (vgl. H G Z 1 9 1 1 . 2 9 8 ) . c) Die Klausel, die vom N a c h w e i s d e s S c h a d e n s befreit, ist gewöhnlich die Anm. 39 Erreichungsklausel: „ D i e Versicherungssumme ist mit 1 0 0 % zu bezahlen, wenn das Schiff wegen Seeschadens seinen Bestimmungsort nicht erreicht" (näheres über diese Klausel: § 120 Anm.). Der Versicherungsnehmer braucht nur zu beweisen, daß das Schiff wegen Seeschadens den Bestimmungsort nicht erreicht hat; der Versicherer muß beweisen, daß kein Versicherungsschaden entstanden ist (vgl. z. B. H G Z 1893. 169). Die Klausel befreit natürlich nicht vom Nachweis des Interesses ( S i e v e k i n g 193, H G Z 1895. 257; vgl. auch oben Anm. 38; abw. H G Z 1889. 284, eine Entscheidung, die

668 §

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offenbar dadurch beeinflußt ist, daß auch die Klausel vereinbart war: „Die Police gilt als alleiniger Beweis des Interesses"; mißverständlich R G 47. 179: Der Versicherungsnehmer könne „im Schadensfall die volle Versicherungssumme einfordern, ohne daß ihm noch eine genauere Darlegung seines Interesses oder die Beibringung weiterer Belege angesonnen werden dürfe"; mißverständlich auch V o i g t 169, F. S i e v e k i n g Z f V W 1906. 595, H G Z 1892. 180, 1894. 283). — Darüber, daß in diesen Fällen die Versicherungssumme auch als Taxe gilt: § 6 Anm. 22, auch H G Z 1897. 17. Anm. 40 d) Der Versicherer kann sich bei der F ü h r u n g des ihm nach den Beweisklauseln obliegenden G e g e n b e w e i s e s natürlich aller Beweismittel bedienen. Er kann insbesondere gemäß §§ 421 ff. Z P O beantragen, daß dem Versicherungsnehmer aufgegeben werde, Urkunden, die sich in seinen Händen befinden, vorzulegen (OG Hamburg, O A G Lübeck H G Z 1869. 243, 439; abw. H G Z 1 9 1 1 . 298, H G Hamburg H G Z 1869. 242). Er kann auch den Beweis durch Parteivernehmung gemäß §§ 445 fr. ZPO führen. Aber auch nur gemäß diesen Vorschriften. Insbesondere kommen nur Tatsachenurteile, die dem Versicherungsnehmer zugemutet werden können, für die Parteivernehmung in Betracht. Hiernach bestimmt sich z. B., ob eine Parteivernehmung des Versicherungsnehmers darüber zulässig ist, daß er das von ihm behauptete Interesse besessen habe oder besitze, oder ob dieses Interesse den behaupteten Wert gehabt habe. Anm. 41 17. § 43 gilt auch für die Rückversicherung (§ 1 Anm. 136). Der Rückversicherer kann an und für sich nur vom Vorversicherer Aufklärung verlangen. Aber der Vorversicherer hat im Rahmen seiner Auskunftspflicht auch die Erkundigungspflicht (oben Anm. 16). Der Rückversicherer kann also auch verlangen, daß der Vorversicherer vom Vorversicherten Auskunft einhole (§ 1 Anm. 158); der Vorversicherer muß, wenn der Rückversicherer Auskunft verlangt, auch ohne weiteres pflichtgemäß vom Vorversicherten Auskunft einholen. Das ergibt sich hier übrigens regelmäßig auch schon aus der Schadenabwendungs-Pflicht des Vorversicherers. — Hat der Vorversicherer (wie regelmäßig) das Abwicklungsrecht, so braucht er vom Vorversicherten Auskunft nur einzuholen, wenn und soweit ein verständiger, billig denkender, nicht rückversicherter Versicherer sie verlangen würde (§ 1 Anm. 154). Dasselbe gilt von der Verpflichtung des Vorversicherers, vom Vorversicherten die Herbeiführung einer Verklarung zu verlangen. Anm. 42 Die zum Schutze des Versicherers bestimmten Kontrollvorschriften, insbesondere die Aufklärungspflicht des § 43, genügen an und für sich auch für die Rückversicherung. Anders, wenn der Vorversicherer des Abwicklungsrecht hat. Die Aufklärungspflicht würde insbesondere nicht hindern, daß der Vorversicherer wichtige Vorkommnisse dem Rückversicherer verschweigt oder entstellt. Man ist daher einig, daß dem Rückversicherer, der die Abwicklung dem Vorversicherer überlassen hat, über die rein versicherungsrechtlichen hinausgehende Kontrollrechte zustehen müssen und zustehen (freilich auch, daß die Ausübung dieser Rechte den Beweis ernsten Mißtrauens darstellen, die Grundlage des Rückversicherungs-Verhältnisses erschüttern würde und deshalb tatsächlich so gut wie niemals vorkommt). Man ist auch einig, daß der Rückversicherer nach § 259 BGB verlangen kann, daß der Vorversicherer R e c h e n s c h a f t ablegt, „eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitteilt" und die zugehörigen Belege vorlegt. „Das BGB hat die Voraussetzungen der Rechenschaftspflicht nicht durch eine allgemeine Formel festgelegt. Es hat die Pflicht in zahlreichen Einzelfällen ausgesprochen; so namentlich für den Beauftragten (§ 666), den Geschäftsführer infolge Dienst- oder Werkvertrags (§ 675), den unbeauftragten Geschäftsführer (§ 681 Abs. 2) und den geschäftsführenden Gesellschafter (§ 7 1 3 ) • • • Aus diesen Einzelfällen darf man den Grundsatz ableiten, daß rechenschaftspflichtig ist, wer fremde Angelegenheiten oder solche, die zugleich eigene und fremde

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sind, besorgt. W e n n in der Rechtsprechung d e m tantiemeberechtigten Angestellten . . . § 43 der Anspruch auf Rechnungslegung versagt wird, so steht das hiermit nicht in Widerspruch. Handelt es sich nur u m ein R e c h t auf Gewinnanteil, so erscheint die Erwägung, d a ß der Bezugsberechtigte keinen Einfluß auf die F ü h r u n g des Geschäfts haben soll, geeignet, das Ergebnis zu rechtfertigen. Anders verhält es sich aber da, w o j e m a n d nicht nur a m G e w i n n beteiligt ist, sondern die Verpflichtung übernommen hat, zutreffendenfalls zur D e c k u n g eines Verlustes beizutragen. In solchen Fällen wird das Geschäft auf gemeinschaftliche R e c h n u n g geführt, und w o das gilt, entspricht es T r e u und Glauben, d a ß der Inhaber den anderen Teil in den Stand setzt, die R e c h n u n g nachzuprüfen". So im allgemeinen mit R e c h t R G 73. 288. Der Rückversicherer hat sich verpflichtet, „zutreffendenfalls zur D e c k u n g eines Verlustes beizutragen". Der Vorversicherer führt das Geschäft „ a u f gemeinschaftliche R e c h n u n g " . Er ist also n a c h § 259 B G B verpflichtet, R e c h n u n g zu legen. D a m i t allein aber ist dem R ü c k versicherer nicht gedient ( H e r r m a n n s d o r f e r 274). O f t wird vereinbart, d a ß der Rückversicherer B ü c h e r u n d P a p i e r e d e s V o r Versicherers

einsehen

kann.

V g l . z . B. R G

A n m . 43

4. 1 5 i m F a l l e eines wechselseitigen,

beiderseits fakultativen Rückversicherungs-Vertrags: „ E s steht den beiden Kontrahenten frei, ihre Bücher und Skripturen gegenseitig . . . einsehen zu lassen, soweit dieselben sich auf Versicherungen beziehen, die den vorstehenden V e r t r a g berühren". A b e r a u c h ohne besondere V e r e i n b a r u n g wird m a n dem Rückversicherer ein solches R e c h t in solchem U m f a n g zugestehen müssen. Aus d e m Rechte der gemeinbürgerlichen Gesellschaft ist es nicht abzuleiten (§ 1 A n m . 13g, 154). Ebensowenig aus § 810 B G B (§ 1 A n m . 159). Ebensowenig aus dem Wesen der laufenden Versicherung (§ 97 A n m . ) , abgesehen davon, d a ß es a u c h bei der Einzel-Rückversicherung bestehen muß. W o h l aber aus der Natur der auf T e i l u n g des Risikos gerichteten Rückversicherung als eines partiarischen Geschäfts (§ 1 A n m . 154, 157). So mit R e c h t H e r r m a n n s d o r f e r 277. Die Rückversicherungs-Prämie ist nicht das Entgelt für die Beteiligung. Was als G e w i n n sich herausstellt, kann nicht allein v o m Vorversicherer festgestellt werden. Wenigstens m u ß der Rückversicherer die Feststellung nachprüfen können. Andererseits kann der Rückversicherer, da er nur an fremden Geschäften beteiligt, nicht Gesellschafter ist, die Einsicht in die Bücher und Papiere des Vorversicherers, der meist auch sein K o n k u r r e n t ist, nicht unbeschränkt verlangen. D e m Zwecke der Kontrolle und der Interessenlage entspricht, d a ß er Bücher und Papiere nur insoweit einsehen kann, als es z u r F e s t s t e l l u n g s e i n e r B e t e i l i g u n g n ö t i g ist. Er kann dieses R e c h t auch durch geeignete Bevollmächtigte ausüben lassen. Er darf es nicht zur U n z e i t ausüben ( H e r r m a n n s d o r f e r 278). In Rückversicherungs-Verträgen übliche B e w e i s k l a u s e l : „ Z u r Einkassierung A n m . 44 der Rückentschädigung genügt allein die V o r l a g e der Q u i t t u n g über den geleisteten E r s a t z " oder ähnlich (vgl. § 1 A n m . 154). Die Klausel befreit den Vorversicherer nicht von der Verpflichtung, Auskunft zu erteilen (oben A n m . 36), auch nicht von der V e r pflichtung, Belege beizubringen ( E h r e n b e r g R V 136), insbesondere die Vorversicherungs-Police ( H G H a m b u r g H G Z 1866. 52), die Schadensrechnung des Vorversicherten und die über die Schadensfeststellung ausgestellten U r k u n d e n ( H G H a m b u r g H G Z 1874. 34g, Seebohm 607). Der Entschädigungsanspruch des Vorversicherers wird j e d o c h trotz § 44 Abs. 1 ohne Beibringung weiterer Belege als der Q u i t t u n g des V o r versicherten fällig, und der Rückversicherer kann nicht wegen weiterer Belege zurückhalten. Hierauf beschränkt sich die W i r k u n g dieser Beweisklausel ( E h r e n b e r g R V 137). — Die Klausel hat noch eine andere Bedeutung. Sie gewährt dem V o r v e r sicherer das (ihm freilich im Zweifel ohnehin zustehende) Abwicklungsrecht (§ 1 A n m . 154).

Schadensrechnung. Fälligkeit der Entschädigung

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§ 43 18. F r e m d e R e c h t e . Das e n g l i s c h e R e c h t h a t keine besondere privatrechtliche A n m . 45 A u f k l ä r u n g s p f l i c h t ausgebildet. Es bewendet bei den a l l g e m e i n e n Grundsätzen ü b e r die Beweislast. V g l . A r n o u l d 1242fr. s. 1264fr. U b e r p . p . i.-Policen: § 2 A n m . 12. — Ahnlich das f r a n z ö s i s c h e R e c h t .

§ 4 4 S c h a d e n s r e c h n u n g . Fälligkeit des Entschädigungsanspruchs (1) Der Versicherungsnehmer kann die Zahlung nicht eher verlangen, als er dem Versicherer eine Schadensrechnung mitgeteilt sowie die von dem V e r sicherer geforderten Belege beigebracht hat und seit der Erfüllung dieser Obliegenheiten ein Monat verstrichen ist. Sind die Obliegenheiten bis zum Ablauf eines Monats seit der Andienung des Schadens infolge eines Umstandes, den der Versicherungsnehmer nicht zu vertreten hat, nicht erfüllt, so kann der V e r sicherungsnehmer in Anrechnung auf die Gesamtforderung die Zahlung von drei Vierteilen des Betrags verlangen, den der Versicherer nach Lage der Sache mindestens zu zahlen hat. (2) Die Schadensrechnung muß eine geordnete Zusammenstellung der Beträge enthalten, die der Versicherer für die einzelnen Schäden und Aufwendungen zu entrichten hat. Im Falle einer besonderen Haverei ist sie auf Verlangen des Versicherers von einer nach dem Gesetze oder nach dem Ortsgebrauche dazu berufenen Person an dem Orte, wo die Entschädigung zu entrichten ist, aufzustellen. 1. V g l . H G B §§ 882, 892, A S V B §§ 69 Abs. 3 Satz 3, 142, 152, 153, B S V B §§ 55, 63, 66 Abs. 2. — L i t e r a t u r : § 43 A n m . 2. Anm. 2 2. A b s . 1 S a t z 1. S c h a d e n s e r s a t z - A n s p r ü c h e w e r d e n a n u n d f ü r sich mit der Entstehung des Schadens fällig. Anders n a c h § 44 Abs. 1: Der Entschädigungsanspruch ist nicht eher fällig, der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r k a n n die Z a h l u n g (die Entschädig u n g für gewöhnlichen Versicherungsschaden oder f ü r A u f w e n d u n g s s c h a d e n ) n i c h t Anm. 1

eher verlangen (vgl. auch RG 121. 396 = HansRGZ 1928. B 643 = H R R 1929 Nr. 326 = J W

1928. 3178), als

a) er dem Versicherer eine Schadensrechnung mitgeteilt hat (unten Anm. 3ff-), b) er die (vom Versicherer mit R e c h t v e r l a n g t e A u s k u n f t e r t e i l t u n d die d a z u gehörenden, n a c h § 43 S a t z 2 mit R e c h t ) v o m Versicherer geforderten B e l e g e b e i -

gebracht hat ( § 43 A n m . 23ff.), und

c) seitdem ein Monat verstrichen ist. Fristberechnung: BGB §§ 187 Abs. 1,

188 Abs. 2, 3, 193. W e n n der S c h a d e n a m 1. F e b r u a r entsteht, d e m Versicherer a m 15. F e b r u a r S c h a d e n s r e c h n u n g mitgeteilt wird, der Versicherer a m 1. M ä r z Auskunft u n d Belege (oder a u c h Aufstellung der S c h a d e n s r e c h n u n g d u r c h eine d a z u berufene Person: § 44 Abs. 2 Satz 2) verlangt, d e m V e r l a n g e n a m 15. M ä r z entsprochen w i r d , w i r d der Entschädigungsanspruch a m 16. April fällig. Der Versicherer k a n n so d i e Fälligkeit hinausschieben. Geschieht dies gegen T r e u u n d Glauben, so h a t der V e r sicherungsnehmer die replica doli (BGB § 826, A D S § 13; ähnlich, a b e r wohl z u weitg e h e n d : R o e l l i 499: Fordere der Versicherer nicht binnen angemessener Frist Aufk l ä r u n g , so könne er sich nicht auf die Fälligkeitsfrist berufen). L ä u f t n a c h M i t t e i l u n g

Schadensrechnung, Fälligkeit der Entschädigung

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der Schadensrechnung die Monatsfrist ab, ohne d a ß der Versicherer Auskunft usw. § 4 4 verlangt, so wird der Entschädigungsanspruch ohne weiteres fällig; der Versicherer k a n n die Fälligkeit nicht d a d u r c h wieder beseitigen, d a ß er nachträglich Auskunft usw. verlangt. Doch h a t der Fristablauf auch lediglich die Wirkung, d a ß die Fälligkeit eintritt. I n der Geltendmachung seiner Einwendungen gegen den Entschädigungsanspruch wird der Versicherer d u r c h den Fristablauf nicht beschränkt (LG Berlin J R P V 1928. 2 1 9 = Sasse Nr. 712). — D u r c h die bloße Fälligkeit k o m m t der Versicherer nicht in V e r z u g . Die Fälligkeit hat nur die Folge, d a ß er gemäß § 353 H G B Zinsen zahlen m u ß . Der Versicherungsnehmer m u ß den Versicherer durch M a h n u n g in Verzug setzen (BGB § 284). Aber auch die M a h n u n g f ü h r t den Verzug nicht herbei, wenn der Versicherer nicht zahlt, ohne d a ß ihn ein V e r s c h u l d e n trifft (BGB § 285). Das kann insbesondere der Fall sein, wenn der Entschädigungsanspruch d e m G r u n d e nach, sei es tatsächlich, sei es rechtlich, streitig ist. „ W e n n der Versicherer in redlicher Ü b e r z e u g u n g streitet u n d die gerichtliche Entscheidung u n d Feststellung über unaufgeklärte tatsächliche oder zweifelhafte rechtliche Fragen herbeiführt, so befindet er sich nicht im Verzug, si quis solutioni quidem m o r a m fecit, Judicium a u t e m accipere paratus fuit, non videtur fecisse m o r a m , utique si juste ad j u d i c i u m provocavit; m o r a non adest, q u a m d i u quod debetur, justa causa litigandi est (1. 24 D. de us. 22. 1, 1. 63 D. de R . J . usw.)". So H G Z 1899. 18. Sehr viel zurückhaltender O L G H a m b u r g H R Z 1922. 2 0 1 : Mit der Entschuldigung „sei es so streng zu nehmen, d a ß tatsächlich in der Regel Verzug festzustellen sein w e r d e " (dagegen G o t t s c h a l k N e u m a n n s Z 1922. 389, J o s e f M i t t ö f f F V A 1922. 145, nicht überall zutreff.). Die erste Entscheidung geht n a c h der einen, die zweite nach der anderen Seite zu weit. Vgl. auch A n o n . N e u m a n n s Z 1922. 2 2 1 , D u r s t N e u m a n n s Z 1922. 285 über den d u r c h Währungssturz herbeigeführten Verzugsschaden, auch K G A P V 1921. II. 63, 78. I n L G H a m b u r g H R Z 1924. 180 = H G Z 1 9 2 4 ^ . 22 = Sasse Nr. 702 ist zutreffend d a r a u f h i n g e w i e s e n worden, d a ß in der Andienung (§ 42) keine M a h n u n g liegt. Vgl. f ü r unverschuldeten Rechtsirrtum als Verzug ausschließenden U m s t a n d insbesondere auch R G 146. 133, 148. 225, 156. 120, ferner B G H L M 1 zu § 285 BGB u n d L M 2 zu ADS. I n der letztgenannten Entscheidung heißt es, der Seeversicherer könne sich für Verzug ausschließenden Rechtsirrtum nicht darauf berufen, d a ß er f ü r die W e r t u n g des Verhaltens eines Kapitäns als grobe Fahrlässigkeit das Urteil eines gerichtlichen nautischen Sachverständigen abgewartet habe, wenn das tatsächliche Verhalten des K a p i t ä n s u n d alle f ü r die W e r t u n g seines Verhaltens maßgebenden U m s t ä n d e feststehen u n d es sich nur noch u m dieses Werturteil selbst handelt. 3. S c h a d e n s r e c h n u n g , a) Der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r m u ß sie mitteilen. Anm. 3 Ü b e r den Begriff des Versicherungsnehmers, über den Fall, d a ß mehrere Versicherungsnehmer beteiligt sind, über den Fall der Abtretung des Entschädigungsanspruchs, über den Fall der Versicherung f ü r fremde R e c h n u n g u n d der V e r ä u ß e r u n g : § 42 A n m . 4. b) D e m V e r s i c h e r e r ist die R e c h n u n g mitzuteilen. Näheres: § 42 A n m . 6. Anm. 4 c) Die M i t t e i l u n g der R e c h n u n g ist eine empfangsbedürftige Tatsachener- Anm. 5 klärung. Ü b e r empfangsbedürftige E r k l ä r u n g e n : Vorb. vor § 1 Anm. 33. — Eine besondere F o r m ist nicht vorgeschrieben. Aus d e m Begriff der „ R e c h n u n g " aber folgt, d a ß sie eine (nicht notwendig unterschriebene) U r k u n d e sein m u ß . — I m F a l l e e i n e r b e s o n d e r e n H a v e r e i ist die R e c h n u n g auf V e r l a n g e n d e s V e r s i c h e r e r s v o n e i n e r nach d e m Gesetz oder nach d e m Ortsgebrauch dazu berufenen Person aufzus t e l l e n ( A b s . 2 S a t z 2 ) . Siehe auch die Schadensfeststellungsklausel 21 der Zusatzbestimmungen. Z u den A D S f ü r die Güterversicherung (1947), wonach, falls in der Police oder einem Policenzertifikat Schadensfeststellung durch einen bestimmten Havereikommissar vorgeschrieben ist, dieser unverzüglich zuzuziehen ist.

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Schadensrechnung. Fälligkeit der Entschädigung

§ 44

i. B e s o n d e r e H a v e r e i ist jeder Versicherungsschaden (gewöhnlicher Versicherungsschaden oder Aufwendungsschaden), der kein Havariegrosse-Schaden ist, sowie derjenige Havariegrosse-Schaden, der gemäß § 31 wie besondere Haverei behandelt werden soll. Vgl. HGB § 701, aber auch § 30 Anm. n . 2. Der V e r s i c h e r e r kann verlangen. Wenn mehrere Versicherer beteiligt sind, jeder einzelne; nicht der eine für den anderen; wohl aber der „Führer" auch für die übrigen (Vorb. vor § 1 Anm. 46). 3. Der Versicherer kann v e r l a n g e n . Das Verlangen ist, seinem natürlichen Begriff nach, eine empfangsbedürftige (im übrigen keiner besonderen Form bedürfende) Willenserklärung. Über empfangsbedürftige Erklärungen: Vorb. vor § 1 Anm. 33. Das Verlangen ist gegenüber demjenigen zu erklären, der Entschädigung verlangen kann und verlangt. Über Erklärungen gegenüber Vertretern, insbesondere Gesamtvertretern: § 3 Anm. 18. 4. Personen, die n a c h dem Gesetz zur Aufstellung von Schadensrechnungen in Fällen besonderer Haverei b e r u f e n sind, gibt es in Deutschland im allgemeinen nicht (Ausnahme: HGB § 884 Nr. 4 für den Fall des Teilschadens am Schiffe; vgl. aber § 126). Gemeint sind die nach dem Gesetz zur Aufstellung von Havariegrosse-Dispachen berufenen Personen, obwohl es sich hier nicht um eine Dispache im Sine des Havereirechts handelt (HansOLG J R P V 1927. 150 = Sasse Nr. 370). Zu dem vorstehenden Satz: § 30 Anm. 12. — Uber Personen, die n a c h dem Ortsg e b r a u c h berufen sind: § 30 Anm. 12. — Unter mehreren hiernach berufenen Personen hat der Versicherer die Wahl. 5. Die Schadensrechnung ist aufzustellen, wo die E n t s c h ä d i g u n g zu e n t r i c h t e n ist, wo der Versicherer zu entschädigen hat, wo für den Versicherer der Erfüllungsort ist. Näheres: Vorb. V I I vor § 1.

Anm. 6

d) Die Schadensrechnung muß eine geordnete Z u s a m m e n s t e l l u n g der Beträge enthalten, die der Versicherer für die einzelnen Schäden und (oder) A u f w e n d u n g e n zu entrichten hat (Abs. 2 Satz 1). — Sie „muß": sonst ist sie keine Schadensrechnung im Sinne des § 44 Abs. 1. — „ Z u entrichten hat"; gemeint ist: nach Ansicht des Versicherungsnehmers zu entrichten hat. Ob die Rechnung vollständig oder unvollständig, richtig oder unrichtig ist, gilt gleich, — wenn sie nur nicht infolge der Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit „ungeordnet" wird. Ist sie unvollständig, so muß der Versicherungsnehmer für den Rest eine weitere Schadensrechnung mitteilen, für die dasselbe gilt wie für die erste.

Anm. 7

e) Die K o s t e n der Schadensrechnung hat der Versicherungsnehmer zu tragen. Die Kosten, die durch die vom Versicherer verlangte Aufstellung der Schadensrechnung durch dazu berufene Personen entstehen, muß aber der Versicherer tragen (anal. § 32 Abs. 1 Nr. 3), — natürlich nur, „wenn demselben ein Schaden zur Last fällt" (ASVB § 69 Abs. 3 Satz 3; vgl. § 32 Anm. 24).

Anm. 8

4. A b s . 1 Satz 2 ist den §§ 94 Abs. 2, 3, 124 V V G nachgebildet; ähnlich schon z. B. AHO 1731 X I V . 3. Der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r kann ohne weiteres % der Mindestentschädigung (früher, z. B. Plan 1800 Nr. 12, AllgPlan 1847, § 118, und noch heute im Versicherungsverkehr auch „Einschuß" genannt) verlangen, wenn a) ein Monat seit der Andienung (§42) verstrichen ist. Fristberechnung: BGB §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 3, 193. ß ) Schadensrechnung, Auskunftserteilung und Belegung infolge von U m ständen unterblieben sind, die der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r nicht zu vertreten hat.

Schadensrechnung. Fälligkeit der Entschädigung

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a) Als Umstände, die der Versicherungsnehmer nicht zu v e r t r e t e n hat, kann § 44 nach Sachlage nur schuldhaftes Verhalten in Betracht kommen (vgl. auch V V G § 94 Abs. 3). Der Versicherungsnehmer muß also das Verschulden Dritter gemäß § 278 BGB vertreten (Vorb. V I I I vor § 1 ) . Bei der Versicherung für fremde Rechnung kommt es auf das Verschulden des ausübungsberechtigten Versicherungsnehmers und des ausübungsberechtigten Versicherten an (vgl. § 53 Anm. 13, § 54 Anm. 4). b) % des Betrags, den der Versicherer n a c h S a c h l a g e m i n d e s t e n s zu z a h l e n Anm. hat. Das kann nidht wohl bedeuten: % des Betrags, der durch die Belege so nachgewiesen ist, daß der Versicherer im Rechtsstreit den Gegenbeweis führen müßte. Sondern, da hier ein außergerichtliches Nachweisverfahren in Betracht kommt,: durch Belege so wahrscheinlich ( S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 8 zu § 44 A D S : sicher) gemacht, daß man im Verkehr daraufhin zu zahlen pflegt. Hieraus folgt aber auch, daß dem Versicherer eine angemessene F r i s t z u r P r ü f u n g gelassen werden muß (vgl. H G Z 1916. 149). Wenn der Schaden am 1. Februar angedient wird und am 1. März an sich ausreichende Belege beigebracht werden, kann der Versicherungsnehmer regelmäßig nicht schon am 2. März Zahlung von % der Mindestentschädigung verlangen; an diesem Tage würde sich eben noch nicht ergeben haben, welcher Betrag „nach Lage der Sache mindestens zu zahlen" ist. — E r k e n n t der Versicherer an, einen bestimmten Betrag mindestens zahlen zu müssen, so steht dieser damit ohne weiteres als ein solcher fest, den er „nach Lage der Sache mindestens zu zahlen hat". Gleichwohl kann der Versicherungsnehmer nur % davon verlangen. — Ist der G r u n d des Entschädigungsanspruchs nicht gehörig belegt, so kann der Versicherungsnehmer, wie nicht nach Satz i, so auch nicht nach Satz 2 des § 44 Abs. 1 Entschädigung verlangen ( B r o d m a n n 229; vgl. auch AllgPlan 1847 § 1 1 8 : „vorausgesetzt, daß dem Versicherer durch vorgelegte Verklarung oder sonstige Dokumente hinreichend erwiesen worden, daß der Schaden zu seiner Verantwortlichkeit nach den Bedingungen der Police sei"). — Im Falle eines K a s k o - T e i l s c h a d e n s ist für die Bemessung des Mindestbetrags von Bedeutung, daß der gemäß § 74 Abs. 5 von den Sachverständigen geschätzte Betrag nur die Grundlage der Entschädigung bildet, und auch dies nicht einmal, wenn sich ergibt, daß die Ausbesserungskosten kleiner sind (§ 75 Abs. 3). Offenbar willkürlich H G Z 1899. 16: Der Kaskoversicherte könne noch vor der Reparatur den ganzen geschätzten Betrag weniger das Drittel verlangen, weil durch die Schätzung „eine Garantie geschaffen sei, daß die geschätzte Summe dem Preise entsprechen werde, welchen hiesige Werften für die Reparatur in Rechnung stellen würden, und der, wenn es zur Reparatur komme, aller Wahrscheinlichkeit nach vom Versicherten aufzuwenden sein werde". Bevor der Schaden gemäß den besonderen Schadenfeststellungs-Bestimmungen (§§ 30, 74 usw.) festgestellt ist, braucht der Versicherer natürlich überhaupt nicht zu zahlen (§ 29 Anm. 15, § 74 Anm. ). c) Der Versicherungsnehmer kann nur verlangen, daß „in A n r e c h n u n g a u f Anm. d i e G e s a m t f o r d e r u n g " gezahlt wird. Also nicht, daß auf bestimmte Posten der Schadensrechnung gezahlt wird, so daß diese damit erledigt wären. d) V e r l a n g e n kann der Versicherungsnehmer. Der Anspruch auf die Mindest- Anm. entschädigung ist nicht ohne weiteres mit dem Ablauf des Monats fällig. — Das Verlangen ist eine empfangsbedürftige (im übrigen keiner besonderen Form bedürfende) Willenserklärung. Hierüber und darüber, wer verlangen kann, und von wem zu verlangen ist: § 71 Anm. e) Wenn der Versicherer % der Mindestentschädigung zahlt und sich später ergibt, Anm. daß zuviel gezahlt ist, kann der Versicherer R ü c k z a h l u n g verlangen. Auf Grund des Vertrags; nicht auf Grund der ungerechtfertigten Bereicherung des Empfängers. Denn was der Versicherer leistete, leistete er nicht ohne Grund. Er mußte zahlen. 43

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

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Schadensrechnung, Fälligkeit der Entschädigung

§ 44 Er zahlte „vorläufig" (HGB § 892), „vorschußweise, unter Vorbehalt der Zurückforderung desjenigen, wovon sich etwa später herausstellt, daß es dem Versicherten nicht gebührt" (HGZ 1899. 16). Der „Einschuß" ist ein „vorläufig eingezahlter und . . . eventuell zurückzuzahlender Betrag" (HG Hamburg H G Z 1876. 95). Der Versicherungsnehmer muß diesen Betrag dem Vertrag gemäß zurückerstatten (HGZ 1897. 16). Deshalb bestimmte auch § 153 Abs. 2 A S V B (also der Vertrag selbst) ausdrücklich und richtig: „Bei allen vorläufigen Zahlungen, welche der Versicherer leistet, ist der Versicherte zu unverzüglicher Rückzahlung desjenigen verpflichtet, wovon sichspäter herausstellt, daß es dem Versicherten nicht gebühre". Deshalb ist auch, wenn der Versicherungsnehmer die Mindestentschädigung verlangt und erhalten hat, er (nicht der Versicherte) zur Rückzahlung verpflichtet (abw. B r o d m a n n 230, L e w i s 2. 500, ansch. auch S i e v e k i n g 200). Deshalb verjährt der Anspruch auf Rückzahlung gemäß § 47 ADS nicht gemäß § 195 BGB (HGZ 1897. 16). Deshalb kann der Versicherungsnehmer sich nicht auf § 818 Abs. 3 BGB, nicht darauf berufen, daß er den gezahlten Betrag an den Versicherten weitergezahlt habe und mithin nicht mehr bereichert sei. Teilweise anders § 153 Abs. 2 A S V B : „Auf demjenigen, welcher für fremde Rechnung . . . Versicherung genommen hat, lastet deshalb keine persönliche Verbindlichkeit" (gemeint war: keine Haftung über den noch in seinem Besitz befindlichen Betrag hinaus). Mit Recht bemerkt V o i g t 785 (unter Hinweis auf R O H G 2 . 4 1 2 ) , daß diese Bestimmung des § 153 A S V B „nicht überflüssig" erscheine (abw. ein Mitglied der ADHGB-Kommission: Prot. 3583). Die ADS haben sie nicht übernommen; absichtlich nicht. Sie haben auf der anderen Seite auch die Bestimmung des § 153 Abs. 3 A S V B nicht übernommen, wonach der Versicherer bei der Versicherung für Rechnung „eines Auswärtigen . . . vorläufige Zahlungen . . . nur gegen eine zu bestellende sichere Kaution zu leisten braucht" (vgl. hierzu insbesondere V o i g t N A f H R 4.320). — Rückzahlungs-Anspruch und -Verpflichtung entstehen mit der Entschädigung. Der Versicherungsnehmer kann also im Konkurs des Versicherers gegen die Rückzahlungsforderung aufrechnen, auch wenn sich erst nach Eröffnung des Konkurses die Berechtigung der RückzahlungsForderung herausstellt (HGZ 1902. 185). — Zieht der entschädigte Versicherungsnehmer Schadensbeträge vom dritten Schadenstifter (oder sonstigen Ersatzpflichtigen) ein, so schuldet er diese Beträge dem Versicherer natürlich nicht auf Grund der vertragsmäßigen Rückzahlungs-Pflicht, sondern, weil er verpflichtet war, durch Einziehung der Beträge den Schaden zu mindern (vgl. § 46), oder weil er die Einziehung besonders übernommen hatte, oder weil er um die Beträge ungerechtfertigt bereichert ist. In allen Fällen entsteht der Herausgabeanspruch des Versicherers nicht (auch nicht bedingt) vor dem Zeitpunkt, in dem der Versicherungsnehmer den Schadensbetrag erhält ( R G 53. 328; abw. H G Z 1902. 184). Erhält der Versicherungsnehmer den Schadensbetrag also erst nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Versicherers, so kann er Gegenforderungen, die vorher entstanden sind, nicht aufrechnen (RG 53. 328). -— Verlangt der Versicherer Rückzahlung, so muß er die Voraussetzungen des RückzahlungsAnspruchs beweisen, also daß der Entschädigungsanspruch dem Grunde oder der Höhe nach nicht bestanden hat. Anm. 13

5. § 44 gilt insbesondere auch im F a l l e des T o t a l Verlustes u n d des A b a n d o n s , auch wenn in solchen Fällen die Schadensrechnung sich in dem Verlangen nach der Versicherungssumme erschöpft (HG Hamburg H G Z 1874. 102). Der Versicherer kann in solchen Fällen aber regelmäßig nicht Aufstellung der Schadensrechnung durch Personen verlangen, die vom Gesetz oder Ortsgebrauch dazu berufen sind (BGB § 226; vgl. A S V B § 142: nur, wenn „die Berechnung der aufgewendeten Kosten und der etwa aus geretteten Gegenständen gelösten, von der Versicherungssumme in Abzug zu bringenden Beträge umfangreich oder verwickelt ist").

Schadensrechnung. Fälligkeit der Entschädigung

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6. § 44 gilt insbesondere auch in den Fällen, in denen die Seeversicherung H a f t P f l i c h t v e r s i c h e r u n g ist, z. B. wenn der Versicherer Havariegrosse-Beiträge oder indirekten Kollisionsschaden zu ersetzen hat. Nach § 154 V V G braucht der Haftpflichtversicherer erst zu entschädigen, wenn der Dritte vom Versicherungsnehmer befriedigt oder sein Anspruch durch Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt ist. § 154 V V G ist hier nicht anwendbar, sondern durch § 44 ersetzt (vgl. auch § 1 Anm. 147, § 29 Anm. 8). Die Mindestentschädigung des § 44 Abs. 1 Satz 2 kann aber der Versicherungsnehmer natürlich nicht verlangen, solange der Anspruch des Dritten streitig ist; denn so lange fehlt es an einem Betrag, „den der Versicherer nach Lage der Sache mindestens zu zahlen hat" (vgl. auch oben Anm. 9). — Im Falle der großen Haverei wird der Umfang der Haftung des Versicherers durch die Dispache bestimmt (§ 30 Abs. 1). Solange die Dispache nicht aufgemacht ist, fehlt also der Schadensrechnung jede Grundlage. So lange kann der Versicherungsnehmer auch keine Mindestentschädigung verlangen (§ 29 Anm. 15). Für die Schadensrechnung genügt natürlich die Bezugnahme auf die Havariegrosse-Dispache (vgl. auch PreußE Art. 670 und dazu Mot. 362). 7. Die Parteien können a b w e i c h e n d e s v e r e i n b a r e n . Klauseln, die den VerSicherungsnehmer von der Belegungspflicht befreien, bewirken, daß der Entschädigungsanspruch fällig wird und der Versicherer nicht zurückhalten kann, obgleich keine Belege beigebracht sind. Aber sie befreien den Versicherungsnehmer nicht von der Verpflichtung, Auskunft zu erteilen und eine Schadensrechnung mitzuteilen. Näheres § 43 Anm. 34 fr. 8. § 44 gilt auch für die Rückversicherung (§ 1 Anm. 136). — Der Vorversicherer muß dem Rückversicherer eine S c h a d e n s r e c h n u n g mitteilen und die nötigen B e l e g e beifügen. Er muß insbesondere mitteilen, daß und warum ein Entschädigungsanspruch des Vorversicherten gegen ihn entstanden ist. Er braucht aber nicht nachzuweisen, daß er entschädigt hat, sondern nur, daß er entschädigen muß oder als abwicklungsberechtigter Vorversicherer auch ohne Entschädigungspflicht entschädigen darf (§ 1 Anm. 154, E h r e n b e r g R V 120, R G 5. 119, 55. 94, H G Z 1903. 65, L G Hamburg H G Z 1903. 62). Auch dann nicht, wenn der Rückversicherungs-Vertrag die Einkassierungsklausel enthält, also vereinbart ist, daß die Vorlegung der Quittung des Vorversicherten über die empfangene Entschädigung zur Einkassierung der Rückentschädigung genügt, oder ähnlich ( E h r e n b e r g R V 109, R G 55. 8g, H G Z 1881 Beibl. 94, 1903. 67, L G Hamburg H G Z 1903. 63). Denn diese Klausel soll die Einkassierung erleichtern, nicht erschweren, insbesondere die Entschädigungspflicht des Rückversicherers nicht von einer Voraussetzung abhängig machen, von der sie ohne die Klausel nicht abhängt (anders H e r r m a n n s d o r f e r 321 für den Fall, daß die Einkassierungsklausel lautet: „ Z u r Einkassierung der Rückversicherungs-Summe b e d a r f es der Vorlage der Originalquittung"). — Der Vorversicherer braucht auch nicht nachzuweisen, daß die Entschädigung tatsächlich dem V o r v e r s i c h e r t e n z u g u t e kommt. Der Rückversicherer kann sich nicht darauf berufen, daß der Vorversicherte dem Vorversicherer die Entschädigung schenkweise erlassen hat ( E h r e n b e r g R V 128, fimerigon ch. 8 s. 14; vgl. R G 55. 93; abw. K ü b e l Z f V R 2. 99, anders auch noch Preuß. A L R 2. 8. 2022), oder daß der Vorversicherer mit dem Vorversicherten außergerichtlich akkordiert hat ( E h r e n b e r g R V 128), oder daß der Vorversicherer Konkurs gemacht hat (§ 47 Anm. 29). Anders natürlich, wenn der abwicklungsberechtigte Vorversicherer sich mit dem Vorversicherten verglichen oder der Vorversicherte aus anderen Gründen als schenkweise verzichtethat ( E h r e n b e r g R V I 2 7 , R G 5 5 - 91). — Der Nachweis, daß der Vorversicherer den Vorversicherten entschädigen muß, genügt aber natürlich nur, wenn der Rückversicherer den Vorversicherer u n t e r d e n s e l b e n B e d i n g u n g e n entschädigen muß, wie der Vorversicherer den Vorversicherten. Ist z. B. die Rückver43«

§ 44 Anm. 14

Anm. 15

Anm. 16

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Ubergang von Ersatzansprüchen

§ 44 Sicherung im Gegensatz zur Vorversicherung nur für Feuersgefahr oder „Nur für Totalverlust" genommen, so muß auch der abwicklungsberechtigte Vorversicherer nachweisen, daß oder wieweit er aus Gründen entschädigen muß, die auch den Rückversicherer zur Rückentschädigung verpflichten ( E h r e n b e r g R V 131; vgl. § 1 Anm. 148). — Der Rückversicherer kann nach § 44 Abs. 2 Satz 2 eine Rückversicherungs- D i s p a c h e verlangen. Der abwicklungsberechtigte Vorversicherer muß vom Vorversicherten eine Dispache verlangen, wenn auch ein nicht rückversicherter Versicherer sie verständigerund billigerweise verlangen würde (vgl. H G Hamburg H G Z 1874. 349)- Die Verpflichtung folgt in diesem Falle regelmäßig schon aus der Schadenabwendungs-Pflicht des Vorversicherers. — Hat der Vorversicherer gegenüber dem Vorversicherten seine Entschädigungspflicht anerkannt und gezahlt, damit aber die G r e n z e n s e i n e s A b w i c k l u n g s r e c h t s ü b e r s c h r i t t e n , so sind Anerkennung und Zahlung dem Rückversicherer gegenüber unverbindlich (§ 1 Anm. 164). Hat der Rückversicherer gezahlt, so kann er kondizieren. Die Grundsätze über Gefahränderung, Schadensabwendung, Schadensverhütung sind unanwendbar (abw. E h r e n b e r g R V R 38). — Auch der Vorversicherer kann vom Rückversicherer Zahlung erst n a c h A b l a u f d e r M o n a t s f r i s t des § 44 Abs. 1 verlangen. Infolgedessen wird freilich der Entschädigungsanspruch des Vorversicherten regelmäßig früher fällig als derjenige des Vorversicherers. Soll diese Folge vermieden werden, so müssen Vorversicherer und Rückversicherer besonderes vereinbaren. Dies geschieht auch in der Regel. — Der Rückversicherer hat n u r a n d e n V o r v e r s i c h e r e r zu zahlen. Der Vorversicherer kann nicht verlangen, daß der Rückversicherer an den Vorversicherten zahle. Der Rückversicherer kann nicht mit befreiender Wirkung an den Vorversicherten zahlen. Der Vorversicherte kann nicht Zahlung vom Rückversicherer verlangen. Der Rückversicherer kann also z. B. nicht Forderungen gegen den Vorversicherten aufrechnen. Näheres: § 1 Anm. 150. 9. Fremde Rechte, a) I n E n g l a n d läßt der Versicherungsnehmer (oder für ihn der Makler) den Schaden herkömmlicherweise durch einen average adjuster feststellen und durch den Makler vom Versicherer einziehen. Der Makler läßt die Police bei den beteiligten Versicherern umlaufen, die, wenn einverstanden, die Entschädigung dem Makler gutschreiben — sog. settling the claim. Der Makler erhält über die Entschädigung einen Scheck. Im Verkehr mit Lloyd's Underwriters claims fall due seven days after settlement. Gewöhnlich wird die Entschädigung im Kontokorrent verrechnet. Der Versicherungsnehmer, der die Police in den Händen des Maklers gelassen hat und mit Lloyd's Gebräuchen bekannt ist oder bekannt sein muß, muß die Verrechnung gegen sich gelten lassen. Näheres: A r n o u l d i38f. s. 158, 155 s. 178; vgl. auch § 16 Anm. 34, § 52 Anm. 22. Anm. 18 b) F r a n z ö s i s c h e s Recht. Nach Art. 383 C. de comm. les actes justificatifs du chargement et de la perte sont signifiés à l'assureur avant qu'il puisse être poursuivi pour le paiement des sommes assurées. Nach den Policen toutes pertes et avaries à la charge des assureurs sont payées comptant, trente jours après la remise complète des pièces justificatives . . . (Kaskopolice Art. 30, Güterpolice Art. 25). Anm. 17

IX. Ubergang von Schadensersatzansprüchen § 4 5 Ubergang (1) Steht d e m Versicherungsnehmer ein A n s p r u c h auf Ersatz des Schadens gegen einen Dritten zu, so geht der A n s p r u c h auf d e n Versicherer über, soweit

Ü b e r g a n g von Ersatzansprüchen

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dieser d e m V e r s i c h e r u n g s n e h m e r d e n S c h a d e n ersetzt. D e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r ist v e r p f l i c h t e t , d e m V e r s i c h e r e r d i e z u r G e l t e n d m a c h u n g d e s A n s p r u c h s

§ 45

er-

f o r d e r l i c h e A u s k u n f t z u e r t e i l e n u n d i h m d i e z u m B e w e i s e des A n s p r u c h s d i e n e n d e n U r k u n d e n , s o w e i t sie sich in s e i n e m Besitze b e f i n d e n , a u s z u l i e f e r n , i h m a u c h auf V e r l a n g e n

eine ö f f e n t l i c h b e g l a u b i g t e U r k u n d e ü b e r d e n Ü b e r g a n g

des

A n s p r u c h s a u s z u s t e l l e n ; die K o s t e n h a t d e r V e r s i c h e r e r z u t r a g e n . (2) G i b t d e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r s e i n e n A n s p r u c h g e g e n d e n D r i t t e n o d e r e i n z u S i c h e r u n g des A n s p r u c h s d i e n e n d e s R e c h t a u f , so w i r d d e r V e r s i c h e r e r v o n seiner E r s a t z p f l i c h t i n s o w e i t frei, als er aus d e m A n s p r u c h o d e r d e m R e c h t e hätte Ersatz erlangen können. 1. V g l . H G B §§ 804, 822, A S V B §§ 27, 71, B S V B § 57, V V G §§ 67, 148.

Anm

2. Literatur. B l u m h a r d t N e u m a n n s Z 1914. 279 ( Z u § 67 V V G ) , O e s t R e v 1912. 311 (Regreßansprüche des Versicherers gegen Dritte). F l e i s c h f r e s s e r Masius R u n d s c h a u 1920. 252 ( Z u m . . . § 67 V V G ) . F u l d BaumgartnersZ 5. 965 (Geltendm a c h u n g der R e c h t e des Versicherten seitens der Versicherer), D V Z 1906. 17 u. AssJB 26. 82 (Abtretung des Schadensersatzanspruchs des Versicherten gegen Dritte). J . v. G i e r k e V S R I I 2 0 8 — 2 1 1 . H a l l b a u e r L Z 1910. 3 6 7 , 6 4 6 (Gesetzlicher Rechtsüberg a n g im Privatversicherungsrecht). H a r t e n , Der Rechtsübergang in der Seeversicherung, Diss. H a m b u r g 1959/60. H o f f m e y e r Z H R 125. 1 2 5 — 1 6 0 (Zur Aktivlegitimation ausländischer Ladungsversicherer bei Regreßklagen). J o s e f AssJB 35. 3 (Gesetzlicher Rechtsübergang auf dem Gebiete des Privatversicherungsrechts). K a r r e r , D e r R e g r e ß des Versicherers gegen Dritthaftpflichtige, Rechtsvergleichung und internationales Privatrecht, Z ü r c h e r Beiträge zur Rechtswissenschaft, Neue Folge, Heft 244, 1965. K i s c h L Z 1916. 13 (Eintritt des Versicherers in den Entschädigungsanspruch des Versicherten), Z f V W 1916. 349 ( Z u m Eintritt des Versicherers in den Entschädigungsanspruch des Versicherten), W u R V e r s 1935 Nr. 2 (Der Ü b e r g a n g der Entschädigungsansprüche des Versicherungsnehmers auf den Versicherer). K l i n g m ü l l e r JherJb 64. 107 (Verhältnis zwischen Versicherer und Delinquenten). K ü b e l Z f V R 2.68 (Eintritt des Versicherers in die R e c h t e des Versicherten). P r ö l ß zu § 6 7 V V G . R a i s e r V e r s R 1951. 1 ( K a n n der Versicherer aus eigenem R e c h t R e g r e ß nehmen?). R i t t e r L Z 1907. 250 (Cessio legis im Versicherungsrecht). S c h n e i d e r JheJ 65. 187 (Ersatzrecht des Versicherers nach § 67 V V G und § 281 BGB), Z f V W 1916. 223, 353 (Rückgriffsrechte des Versicherers gegen Dritte als Schadensstifter, § 67 V V G ) . R e i m e r S c h m i d t V e r s R 1 9 5 3 . 4 5 7 (Der R e g r e ß des Versicherers). S c h m i t t , Das Regreßrecht des Versicherers, Diss. Z ü r i c h 1941. S c h u l t z , Grundsätze der versicherungsrechtlichen Vorteilsausgleichung, 1934 ( H a m b u r g e r Rechtsstudien H e f t 22). T h u t , Der R e g r e ß des Versicherers, Diss. Zürich 1924. V o g e l J W 1921. 506 (Gesetzliche Beschränkungen des Forderungsübergangs). W e r n e b u r g HessRspr 19. 8 u. O e s t R e v 1918. 74 (Rückgriffsrecht des Versicherers g e m ä ß § 67 V V G ) .

Anm

3. A b s . 1 Satz 1. Die Entschädigungspflicht wird grundsätzlich nicht davon berührt, d a ß der Schaden noch von einem Dritten zu ersetzen ist. D e r Versicherungsnehmer „ k a n n sich wegen des Schadens zunächst an den Versicherer h a l t e n " . So ausdrücklich H G B § 822 (anders B S V B § 57). D e m Versicherungsnehmer wäre nicht gedient, wenn er sich zunächst an den regelmäßig zahlungswilligen Dritten halten m ü ß t e (s. d a z u R G J W 1926. 1330 mit A n m . R i t t e r , H a g e n S V R i53f.). O d e r w e n n der Versicherer nur haftete, w e n n und soweit der Versicherungsnehmer v o m Dritten keinen Ersatz verlangen oder erlangen kann. O d e r wenn der Versicherungsnehmer sich den W e r t des Ersatzanspruchs auf die Entschädigung anrechnen lassen müßte. Die A D S

Anm

678

U b e r g a n g von Ersatzansprüchen

§ 45

bestimmen nicht besonders, d a ß er sich ohne weiteres an den Versicherer halten kann. A b e r sie lassen es in den §§ 45, 46, auch in den § § 7 1 , 96, deutlich erkennen (vgl. auch V o r b . vor § 1 A n m . 73). Will der Versicherer nur beschränkt haften, so m u ß es besonders vereinbart werden. Solche V e r e i n b a r u n g e n bilden nicht etwa die § § 7 1 Abs. 1 Satz 2, 96 Abs. 2 Satz 1, w o n a c h der Versicherungsnehmer sich auf die Entschädigung den W e r t dessen anrechnen lassen m u ß , was er anderweit zur Ausgleichung des Schadens erlangt hat. D e r Versicherer kann nicht einwenden, d a ß der Versicherungsnehmer den Ersatzanspruch zur Ausgleichung des Schadens erlangt habe und sich deshalb seinen W e r t anrechnen, v o n der Entschädigung abziehen lassen müsse. Das ergibt schon die Behandlung des Gegenstandes im § 45. Überdies hat der Versicherungsnehmer den Ersatzanspruch nicht zur Ausgleichung des Schadens erlangt. Erst das, was er auf Grund des Ersatzanspruchs erhält, erlangt er zur Ausgleichung des Schadens. D a g e g e n bildet § 64 allerdings eine besondere, v o m § 45 abweichende V e r e i n b a r u n g (unten A n m . 5). — So wenig wie der Versicherer einwenden kann, d a ß der Dritte ersetzen müsse, kann der Dritte einwenden, d a ß der Versicherer entschädigen müsse ( H G Z 1886. 175, O T Berlin S A 24 Nr. 154).

Anm. 4

4. W e r Schaden erlitten und Ersatz zu verlangen hat, soll sich regelmäßig mit einf a c h e m Ersatz begnügen. H e cannot take with both hands ( A r n o u l d 1192 s. 1215). U n d unter mehreren Ersatzpflichtigen soll, sofern unter ihnen kein echtes Gesamtschuldverhältnis besteht, der Schaden schließlich bei d e m bleiben, der ihn deliktisch oder quasideliktisch zu vertreten hat, oder, w e n n die mehreren Ersatzpflichtigen vertragsg e m ä ß haften, bei dem, der auf Grund Verschuldens oder aus gleichgeordnetem Rechtsgrund haftet, unter U m s t ä n d e n bei dem, der zuerst die H a f t u n g übernommen hat. A u f dieser E r w ä g u n g beruht § 255 B G B : W e r für den Verlust einer Sache oder eines Rechtes Schadensersatz z u leisten hat, ist z u m Ersatz nur gegen A b t r e t u n g der A n sprüche verpflichtet, die dem Ersatzberechtigten auf G r u n d des Eigentums an der Sache oder auf G r u n d des Rechtes gegen Dritte zustehen. A u f derselben (schon dem römischen R e c h t e geläufigen) E r w ä g u n g beruhen die den § 255 B G B ersetzenden § 804 H G B § 67 V V G , § 45 A D S : Ansprüche des Versicherungsnehmers auf Ersatz des Schadens gehen auf den entschädigenden Versicherer über.

Anm. 5

5. Ein A n s p r u c h m u ß es sein, ein R e c h t , v o m Dritten etwas z u verlangen ( B G B § 194 A b s . 1). O b der Anspruch im privaten oder im öffentlichen R e c h t e begründet ist, gilt gleich (PrisG H a m b u r g H R Z 1918. 250, H G H a m b u r g H G Z 1872. 15). — Besteht kein Anspruch, sondern (wie etwa bei gewissen Beschlagnahmen im kriegsbesetzten Gebiet) nur die tatsächliche, auf Billigkeit gestützte Möglichkeit des Ersatzes, oder z w a r ein Anspruch, aber kein Anspruch des Versicherungsnehmers, sondern nur ein völkerrechtlicher Ersatzanspruch (vgl. L e h m a n n Kriegsbeschlagnahme 1916), so ist § 45 nicht (auch nicht sinngemäß) anwendbar. D e r entschädigte Versicherungsnehmer m u ß den Ersatz für R e c h n u n g des Versicherers einziehen. W a s er vor der Entschädigung zur Ausgleichung des Schadens erlangt, m u ß er sich auf die Entschädigung anrechnen lassen ( V o r b . I X vor § 1). Ä h n l i c h die englische Rechtsprechung; vgl. A r n o u l d I202f s. 1225. — Ansprüche kann m a n nur g e g e n a n d e r e , „ D r i t t e " haben. Uberflüssigerweise sagen Gesetz und A D S besonders, d a ß der Anspruch „ g e g e n einen D r i t t e n " bestehen müsse. Z . B. besteht kein Anspruch, kann also auch kein A n spruch auf den Versicherer übergehen, w e n n das versicherte Schiff mit einem anderen Schiffe desselben Reeders zusammenstößt, und das andere Schiff Schuld hat ( R O H G 23. 395, R G 45. 51, 47. 168, H G Z 1887. 297, 1899. 217, 1900. 241). D a ß der Reeder a m eigenen Schiffe ein Pfandrecht erwerben kann (vgl. S c h a p s - A b r a h a m I I A n m . 1 4 — 1 6 V o r b e m . z u § 754 mit weiteren Hinweisen), ändert natürlich nichts daran, d a ß kein Anspruch besteht. Deshalb bestimmt die Schwesterschiff-Klausel, daß „ w e n n

Übergang von Ersatzansprüchen

679

mehrere Schiffe des Versicherungsnehmers zusammenstoßen, die Schiffe als mehreren § 4 5 Reedern gehörig gelten" sollen (Vorbem. vor § 1 1 3 ) . Ebensowenig besteht ein Anspruch, wenn das versicherte Schiff ein anderes Schiff desselben Reeders rettet. Z w a r kann nach § 743 H G B Berge- oder Hilfslohn „beansprucht" werden, wenn das Schiff ein Schwesterschiff rettet (vgl. dazu S c h a p s - A b r a h a m a. a. O. Anm. 14, R G 32.8, 5 8 . 1 9 0 , R G H G Z 1897. 160, 1900. 65, 1903. 139, 1904. 23). Aber auch in diesem Falle kann es sich natürlich nur um ein Pfandrecht an der eigenen Sache handeln, nicht um einen „Anspruch gegen einen Dritten", Deshalb bestimmt auch für diesen Fall die Schwesterschiff-Klausel, daß die Schiffe „als mehreren Reedern gehörig gelten" sollen (Vorb. vor § 1 1 3 ; ebenso die sistership clause aaO). Der Versicherer würde also auf die Entschädigung anrechnen können, was das gerettete Schiff, wenn es einem anderen Reeder gehörte, ihm zu zahlen haben würde. E r kann es gleichwohl nicht; denn er haftet in solchem Falle für den Schaden des versicherten Schiffes nach § 64 überhaupt nicht. 6. Der Anspruch muß a u f E r s a t z d e s S c h a d e n s gerichtet sein. Der Anspruch Anm. 6 wird nicht durch seinen Grund gekennzeichnet, sondern durch sein Ziel: E r muß auf eine Leistung abzielen, die einen Ersatz des Schadens (genauer: des Verlorenen, Beschädigten, Aufgewendeten) bildet, die, wenn sie bereits bewirkt wäre, etwas wäre, was der Versicherungsnehmer „anderweit zur Ausgleichung des Schadens erlangt" haben würde und sich demgemäß auf die Entschädigung anrechnen lassen müßte (oben Anm. 3). Der Rechtsgrund des Anspruchs kann sein, welcher er will, Gesetz, Vertrag, unerlaubte Handlung, ungerechtfertigte Bereicherung (unten Anm. 28) oder was sonst ( W o l f f 440, P r ö l ß Anm. 1 zu § 67 V V G ) . As between the underwriter and the assured, the underwriter is entitled to the advantage of every right of the assured, whether such right consists in contract, fulfilled or unfulfilled, or in remedy for tort capable of being insisted on, or in any other right, whether by way of condition or otherwise, legal or equitable, which can be or has been exercised or has accrued, and whether such right could or could not be enforced by the insurer in the name of the assured, by the exercise or acquiring of which right or condition the loss against which the assured is insured, can be or has been diminished (Castellain v. Preston 1883 bei A r n o u l d 1 1 9 2 s. 1 2 1 4 ) . Gesetz und A D S beschränken sich (verständiger Weise) nicht auf Ersatz - Ansprüche aus unerlaubter Handlung. Sie beschränken sich (verständigerweise) auch nicht, wie § 255 B G B , auf Schadensersatz-Ansprüche, die dem Versicherungsnehmer „ A u f Grund des Eigentums an der Sache oder auf Grund des Rechtes gegen Dritte zustehen". Sie beschränken sich (verständigerweise) überhaupt nicht auf „Schadensersatz-Ansprüche". a) Der Anspruch kann also auch z. B. g e g e n e i n e n z w e i t e n (Doppel-) V e r - Anm. 7 s i c h e r e r gerichtet sein. Anders H G Z 1900. 245 (folgend S i e v e k i n g 50): Der Anspruch müsse „ a u f Ausgleich der durch Nichterfüllung (oder mangelhafte Erfüllung) des Vertrags verletzten Interessen gerichtet" sein (dahingest. R G 47. 170). Diese Ansicht ist weder begründet noch zu begründen. Allerdings können Ansprüche gegen den zweiten Versicherer nicht übergehen, wenn für beide Versicherungen das Prioritätsprinzip gilt; denn dann ist j a eine der beiden Versicherungen ungültig. Allerdings können Ansprüche gegen den zweiten Versicherer nicht übergehen, wenn für beide Versicherungen das Ausgleichungsprinzip des § 10 gilt; denn dann sind die Doppelversicherer j a durch das Gesamtschuld- und Ausgleichungsverhältnis miteinander verbunden (ebenso S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 4 zu § 45 A D S , P r ö l ß für § 59 V V G , Anm. 2 zu § 67 V V G ; vgl. aber auch § 10 Anm. 20). Allerdings können Ansprüche gegen den späteren Versicherer nicht übergehen, wenn der früheren Versicherung das Ausgleichungsprinzip, der späteren Versicherung das Prioritätsprinzip zugrunde liegt; denn die spätere Versicherung ist j a wiederum ungültig. Liegt aber, umgekehrt, der früheren Versicherung das Prioritätsprinzip, der späteren Versicherung das Ausgleichungsprinzip

680 §45

Übergang von Ersatzansprüchen

zugrunde, so muß natürlich der spätere Versicherer, wenn er entschädigt, den Entschädigungsanspruch gegen den früheren Versicherer erhalten (vgl. § 10 Anm. 29). Ebenso, wenn die spätere Versicherung „unter der Bedingung geschlossen wird, daß der Versicherer nur insoweit haftet, als der Versicherte sich an dem früheren Versicherer wegen Zahlungsunfähigkeit desselben nicht zu erholen v e r m a g " ( H G B a. F. § 789 Nr. 2, § 10 Anm. 29). Oder wenn von zwei Versicherern einer zwar entschädigt, aber in Wirklichkeit gar nicht zu entschädigen braucht, sondern nur „aus K u l a n z " zahlt (vgl. H G Z 1886. 179, auch unten Anm. 1 1 ) .

Anm. 8

b) Wenn das Schiff mit kriegsversicherten Gütern von der kriegführenden Macht aufgebracht wird und die Güter einer Behörde zum Verkauf überwiesen werden, geht der Anspruch auf Erstattung des Verkaufserlöses auf den entschädigenden Versicherer über ( R G 97. 3 1 9 , das aber irrtümlich A S V B § 1 1 4 = A D S § 71 anwendet). — Wenn der Befrachter das Konnossement über die Abladung der (in unbestimmten Schiffen versicherten) Güter im Schiffe G e m m a erhalten hat, die Güter aber tatsächlich nicht mit der Gemma, sondern mit der J e s s i c a (einem anderen Schiffe desselben oder auch eines anderen Reeders) verschifft werden und mit der Jessica untergehen, geht der Schadensersatz-Anspruch des versicherten Befrachters gegen den Verfrachter natürlich auf den entschädigenden Versicherer über ( L G Hamburg H G Z 1886. 1 7 2 ; abw. H G Z 1886. 176, weil „ d e r Versicherer einen Schaden per D.Jessica bezahlt h a b e " und nicht einen „Schaden per D. G e m m a " ) . Anm. 9 c) Der Anspruch muß auf E r s a t z e b e n d e s S c h a d e n s gerichtet sein, den der Versicherer ersetzt. Kollidiert das versicherte Schiff, so ersetzt der Versicherer nur den Kaskoschaden, keinen Nutzungsverlust; der Anspruch gegen den Gegensegler geht also nur so weit über, wie er auf Ersatz des Kaskoschadens, nicht auch insoweit, als er auf Ersatz von Nutzungsverlust gerichtet ist ( A r n o u l d 1200 s. 1223). — Hat der Verfrachter oder Frachtführer nach §§ 430, 658, 659 H G B Schadensersatz zu leisten, so geht der Schadensersatz-Anspruch auf den Güterversicherer insoweit über, als der Versicherungswert der Güter und der vom Verfrachter oder Frachtführer zu erstattende Wert sich decken. Im übrigen müßte der Schadensersatz-Anspruch auf die Versicherer des imaginären Gewinns, des Mehrwerts, der Befrachters-Fracht übergehen, und zwar j e nachdem, ob und wieweit in dem Überschuß Gewinn, Mehrwert oder Versendungskosten enthalten sind (vgl. R G 15. 89). Gesetz ( H G B §§ 860, 879 Abs. 3) und A D S (§ 103 Abs. 2) bestimmen jedoch, daß der Überschuß des nach §§ 658, 659 H G B Ersetzten über den Versicherungswert der Güter auf die Gewinnversicherungs-Summe angerechnet werden soll (näheres: § 103 Anm.). Hieraus folgt, daß auch der Anspruch auf den Überschuß zunächst auf den Gewinnversicherer übergehen und nur, was danach noch übrigbleibt, auf Fracht- und Mehrwertversicherer übergehen kann. Der Ersatzanspruch aus § 430 H G B wird sinngemäß ebenso behandelt werden müssen. — Von welcher Art der zu ersetzende Schaden ist, ob er insbesondere gewöhnlicher Versicherungsschaden oder Aufwendungsschaden ist, gilt gleich. Von welcher Art der Ersatz ist, ob er insbesondere in Geld oder in anderem besteht, gilt ebenfalls gleich. Anm. 10

d) Unrichtig also G e r h a r d 3 1 4 , H a g e n 1. 650, H a l l b a u e r L Z 1 9 1 0 . 368: Ersatzanspruch und Entschädigungsanspruch müßten „sich ihrem Gegenstand nach völlig decken, sachlich identisch sein". Ebenso H a g e n 1. 650: „ E s fehle zur Zeit noch an sicheren Anhaltspunkten, wo gegenüber den rein vertraglichen Ansprüchen die Grenze zu ziehen sei". Wenn der Kaskoversicherte an Stelle des untergegangenen Schiffes ein neues Schiff kauft oder bestellt, geht der Lieferungsanspruch gegen den Lieferanten natürlich nicht auf den entschädigenden Versicherer über. Das neue Schiff dient nicht zum Ausgleich des Schadens, sondern zum Ausgleich des Kaufpreises oder der Werkvergütung.

Ubergang von Ersatzansprüchen

681

7. Der V e r s i c h e r e r muß den Schaden ersetzt haben, als „Versicherer", gemäß § 4 5 dem Versicherungsvertrag, durch diesen dazu verpflichtet (vgl. H G B § 804: Hat Anm. der Versicherer „seine Verpflichtungen erfüllt"; auch B G B §§ 426, 774, 1 1 4 3 , 1225, W o l f f 440). Ersetzt der Versicherer (irrtümlich) einen Teilschaden, obgleich er nur einen Havariegrosse-Beitrag zu erstatten gehab1" hätte, so geht der Anspruch auf Havariegrosse-Vergütung nicht gemäß § 804 H G B auf ihn über ( H G Z 1903. 1 5 5 ; nunmehr: § 3 1 ) . Ersetzt der Versicherer (irrtümlich) v e r s i c h e r u n g s f r e i e n Schaden, so gehen keine Ersatzansprüche über. Der Versicherer kann nur kondizieren. So auch, wenn der Versicherer (irrtümlich) indirekten Kollisionsschaden ersetzt hat, obgleich der Versicherungsnehmer den Gegensegler schadlos zu halten nicht verpflichtet w a r ; hat der Versicherungsnehmer dem Gegensegler bereits gezahlt, so kann der Versicherer vom Versicherungsnehmer nur den Kondiktionsanspruch gegen den Gegensegler kondizieren (BGB § 818). Anders, wenn der Versicherer entschädigt, obgleich er w e i ß oder doch d a m i t r e c h n e t , daß er nicht zu entschädigen braucht. Dann muß es verständigerweise so angesehen werden, wie wenn die Parteien darüber einig wären, daß Ersatzansprüche jedenfalls auf den entschädigenden Versicherer übergehen sollen (vgl. den Fall I T V M i t t 1919. 1 1 4 : Der Seeversicherer zahlt trotz Ungewißheit, ob der Schaden durch eine Seegefahr- oder durch ein Kriegsereignis verursacht ist, ferner R W G H G Z 1922. 73, L G Hamburg H G Z 1886. 22; abw. H G Z 1922. 168: nur Anspruch aus auftragloser Geschäftsführung [?] oder ungerechtfertigter Bereicherung). Ahnlich die englische Rechtsprechung (King v. Victoria Ins. Co. 1896 bei A r n o u l d 1 1 9 2 s. 1 2 1 4 : A payment bona fide made by insurers in satisfaction of a claim made under the policy is enough to give the insurers a right of Subrogation, and it is not open to a third party to object to the insurer's right to sue that the payment was not actually due under the policy). Wie hier auch S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 6 zu § 45 A D S , B r u c k P V R 666; anders für den Fall bewußter Kulanz P r o l ß Anm. 4 zu § 67 V V G mit weiteren Angaben, insbesondere auch B G H V e r s R 1963. 1 1 9 2 = A P V 1 9 6 4 . 5 7 = N J W 1964. 1 0 1 , O L G Düsseldorf V e r s R 1962. 4 1 6 = M D R 1962. 4 1 2 , O L G Köln V e r s R i960. 994, O L G Oldenburg V e r s R 1955. 1 8 1 . Anders auch H a n s O L G Hamburg Hansa 1966. 256: Der Tatbestand des § 67 Abs. 4 V V G , der mit dem des § 45 Abs. 1 gleichlautend sei, setze nach seinem insoweit klaren Wortlaut keine Verpflichtung des Versicherers gegenüber dem Versicherten zur Schadensdeckung voraus. 8. Der Versicherer muß d e m V e r s i c h e r u n g s n e h m e r den Schaden ersetzt haben. Anm. I m Falle der Versicherung für fremde Rechnung: dem legitimierten Versicherungsnehmer oder dem (legitimierten oder unlegitimierten) Versicherten (vgl. § 53 Anm. 10, J o s e f AssJB 35. 26, K i s c h 3. 5 1 8 ) . — Ersetzt der Versicherer dem Konkursverwalter des Versicherungsnehmers den Schaden, so geht der Ersatzanspruch zur vollen Höhe der Entschädigung über. 9. Ersatzansprüche d e s V e r s i c h e r u n g s n e h m e r s gehen über (vgl. über einen Anm. Ausschluß des Ubergangs im Falle des § 67 V V G O L G Köln V e r s R 1964. 140. § 67 Abs. 1 Satz 1 V V G wird als abänderlich angesehen; s. P r ö l ß Anm. 9 zu § 67 V V G , R G 97. 76, L G Hamburg V e r s R 1950. 166). I m Falle der Versicherung für f r e m d e Rechnung gehen Ersatzansprüche des Versicherten über ( R G 148. 137, B G H 26. 133, 30. 40, 33. 97, P r ö l ß Anm. 3 zu § 67 V V G , S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 5 zu § 45 A D S , v. G i e r k e V S R I I 209, K i s c h 3. 5 1 6 ) . Denn der Versicherer ist zu entschädigen und muß also sich anrechnen lassen oder herausgeben. Bei Zusammentreffen von Eigenund Fremdversicherung können die Ansprüche beider übergehen ( R G 170. 250, P r ö l ß Anm. 3 zu § 67 V V G ) . Ersatzansprüche des nur zur Einziehung der Entschädigungsforderung legitimierten Versicherungsnehmers zu berücksichtigen, besteht kein Grund (abw. unter irrtüml. Berufung auf R G 9. 1 2 3 : H a g e n 1. 7 1 3 ) . Sie kommen nur in Be-

682

Ubergang von Ersatzansprüchen

§

tracht, soweit der Versicherungsnehmer sie dem Versicherten (insbesondere gemäß § 281 BGB) übertragen muß; dann geht der Anspruch des Versicherten auf Übertragung auf den entschädigenden Versicherer über ( K i s c h 3. 518). — Ahnlich im Falle der V e r ä u ß e r u n g der versicherten Sache. Ersatzansprüche des Erwerbers gehen jedenfalls auf den entschädigenden Versicherer über. Ersatzansprüche des Veräußerers kommen nur in Betracht, soweit der Veräußerer sie dem Erwerber übertragen muß; der Anspruch des Erwerbers auf solche Übertragung geht gemäß § 45 auf den Versicherer über. Anm. 14 10. Der Ersatzanspruch geht über, w e n n der Versicherer entschädigt. Nicht schon mit dem Eintritt des Versicherungsfalls oder der Entstehung des Schadens (Ausnahme: § 31 Abs. 2). — Der Ersatzanspruch geht über, s o w e i t der Versicherer entschädigt. Nicht erst, wenn der Versicherer die ganze Entschädigung gezahlt hat (mit Unrecht abw. für §804 H G B : S i e v e k i n g 49 unter Berufung auf H G u. O G Hamburg H G Z 1872. 38, 1 0 1 ) . Auch wenn der Versicherer nur teilweise zahlt, geht der Ersatzanspruch (natürlich nur teilweise) auf ihn über (vgl. auch B G H 13. 28). So auch, wenn der Versicherer gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 % der Mindestentschädigung zahlt. Freilich zahlt der Versicherer in diesem Falle nur vorläufig (§ 44 Anm. 12). Aber er zahlt doch pflichtgemäß. Wenn er Rückzahlung verlangen kann und verlangt, muß er natürlich den übergangenen Ersatzanspruch wieder herausgeben. Hat der Versicherungsnehmer vom Dritten einstweilen Ersatz für den halben Schaden erhalten, so kann der Versicherer, der % der Mindestentschädigung vorläufig gezahlt hat, nicht ohne weiteres Herausgabe des ganzen gezahlten Betrags, auch nicht % davon verlangen, sondern nur soviel, wie ihm nach endgültiger Abrechnung zukommt, aber auch wohl sofort soviel, wie ihm „nach L a g e der Sache mindestens" zukommt (vgl. H G u. O G Hamburg, R O H G H G Z 1872. 37, 100, 286). In § 45 fehlt die in § 67 Abs. 1 Satz 2 V V G enthaltene Vorschrift, daß der Ubergang des Ersatzanspruchs nicht zum Nachteile des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden kann. Doch ist in dieser Vorschrift ein Prinzip zu sehen, welches sich regelmäßig im Anschluß an gesetzliche Forderungsübergänge im Bürgerlichen Gesetzbuch und in anderen Gesetzen findet (BGB §§ 268, 426, 274; Bundesbeamtengesetz § 168). Diese Bestimmungen haben die Bedeutung, daß sie dem alten Gläubiger, dem ein Teil der Forderung verblieben ist, bei der Befriedigung den Vorrang gewähren ( B G H 13. 28, S c h ü t t e n s a c k D R 1944. 173). Dieses Prinzip muß auch im Rahmen des § 45 Abs. 1 Satz 1 gelten (anders wohl R i t t e r in den Vorauflagen dieses Kommentars Anm. 22 zu § 45). Doch ist dafür Voraussetzung, daß der Ersatzanspruch auf den vollen Schaden des Versicherungsnehmers geht, der Ersatzanspruch indessen nur teilweise verwirklicht werden kann ( P r ö l ß Anm. 6 zu § 67 V V G ) . Siehe über den Fall der Unterversicherung und denjenigen, daß der Anspruch gegen den Dritten ebenfalls hinter dem Schaden zurückbleibt unten Anm. 22. — Der Ersatzanspruch geht v o n G e s e t z e s w e g e n über, nämlich gemäß § 804 H G B . Freilich sollen nach § 126 die Vorschriften über Transportversicherung keine Anwendung finden; aber in diesem besonderen Falle hat § 45, deutlich erkennbar, die Vorschrift des Gesetzes aufgenommen und bestehen lassen wollen. Irrtümlich R G 97. 321 unter irrtümlicher Berufung auf Prot. 4385: Der Versicherte müsse abtreten (vgl. zu dieser Entsch. auch § 43 Anm. 28). Anm. 1 5

1 1 . R e c h t s f o l g e n d e s U b e r g a n g s , a) V e r h ä l t n i s z w i s c h e n V e r s i c h e r e r u n d D r i t t e m . Der Versicherer ist Gläubiger. Aber der Dritte, der den Übergang nicht kennt und den Versicherungsnehmer als Gläubiger behandelt, wird geschützt (BGB §§ 4 1 2 , 407, 408). E r kann dem Versicherer einwenden, was er dem Versicherungsnehmer einwenden könnte ( B G B §§ 4 1 2 , 4 0 4 ) , und ihm gegenüber Forderungen gegen den Versicherungsnehmer aufrechnen ( B G B §§ 4 1 2 , 406). E r braucht nur gegen Aushändigung einer vom Versicherungsnehmer ausgestellten Urkunde über den Übergang

Übergang von Ersatzansprüchen

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zu zahlen und kann Kündigungen und Mahnungen, die ohne Vorlegung solcher Urkunde § 4 5 erfolgen, zurückweisen; anders, wenn der Versicherungsnehmer ihm den Übergang schriftlich angezeigt hat ( B G B §§ 4 1 2 , 40g, 410). E r kann auch regelmäßig nicht einwenden, daß der Versicherer nicht verpflichtet gewesen sei, zu entschädigen, und der Ersatzanspruch deshalb nicht auf ihn übergegangen sei (oben Anm. 1 1 ) . b) Verhältnis z w i s c h e n V e r s i c h e r u n g s n e h m e r u n d D r i t t e m . Der Ver- Anm. 16 Sicherungsnehmer ist nicht mehr Gläubiger. Aber der Dritte kann ihn noch als Gläubiger behandeln (oben A n m . 15). — Soweit der Versicherer den Schaden nicht ersetzt, bleibt der Versicherungsnehmer natürlich Gläubiger. Wenn z. B. die T a x e kleiner ist als wirklicher Versicherungswert und Versicherungssumme, der Versicherer die Versicherungssumme zahlt, der Versicherungsnehmer vom Dritten Ersatz der Differenz verlangt, kann der Dritte nicht einwenden, daß der Versicherungsnehmer keinen Ersatzanspruch mehr habe ( H G u. O G Hamburg H G Z 1877. 200). Siehe dazu auch oben Anm. 14 und unten Anm. 22. c) Verhältnis z w i s c h e n V e r s i c h e r e r u n d V e r s i c h e r u n g s n e h m e r . Der Anm. 17 Versicherer ist Gläubiger, der Versicherungsnehmer nicht mehr. Wenn der Dritte (gutgläubig oder schlechtgläubig) dem Versicherungsnehmer leistet, kann der Versicherer vom Versicherungsnehmer kondizieren; für das Geleistete ist „der rechtliche Grund (der Entschädigung) später weggefallen" ( B G B § 8 1 2 ; ebenso R G 97. 79, H G Hamburg H G Z 1872. 375, 1873. 4 0 1 : auch R G 89. 27, aber mit der unbegründeten, hilfsweisen, Voraussetzung, daß der Versicherungsnehmer nicht schon „auf Grund des § 27 Abs. 3 A S V B " , d. h. wegen Beeinträchtigung der Rechte des Versicherers, verpflichtet sei; abw. J o s e f AssJB 35. 1 0 : B G B § 816). Hat der Versicherungsnehmer das Geleistete erst nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Versicherers erhalten, so kann er gegen die Kondiktionsforderung der Masse nicht alte Gegenforderungen aufrechnen; denn der rechtliche Grund ist erst nach Konkurseröffnung weggefallen, der Kondiktionsanspruch der Masse erst nach Konkurseröffnung entstanden, der Versicherungsnehmer erst nach Konkurseröffnung „etwas zur Masse schuldig geworden", die Aufrechnung also nach § 55 Nr. 1 K O unzulässig ( L G Hamburg H G Z 1902. 182, R G 53. 330 gegen H G Z 1902. 183). Der Versicherer kann auch kondizieren, wenn der Versicherungsnehmer sonstwie (vgl. B G B §§ 407, 408) den Dritten befreit (ADS § § 4 1 Abs. 3, 45 Abs. 2, 46, B G B §§ 8 1 2 , 816). — Der Versicherungsnehmer muß dem Versicherer über den Ersatzanspruch Auskunft erteilen und Beweisurkunden ausliefern (ADS §§ 45 Abs. 1, B G B §§ 4 1 2 , 402) und eine Zessionsurkunde ausstellen (ADS § 45 Abs. 1, B G B § § 4 1 2 , 403), ihm auch sonst bei der Einziehung des Ersatzanspruchs behilflich sein ( A D S § 46). — Hat der Versicherungsnehmer zur Minderung des Schadens oder im besonderen Auftrag des Versicherers eingezogen, so haftet er natürlich auch auf Grund des Versicherungsvertrags oder des Auftrags (§ 44 Anm. 1 2 ; mißverständlich R G 53. 328: „ w i e ein Mandatar oder Geschäftsführer ohne A u f t r a g " , H G Z 1902. 184: wie ein „ M a n datar"). d) Mit dem Ersatzanspruch gehen N e b e n r e c h t e , insbesondere Pfandrechte, ins- Anm. 18 besondere das durch Schiffszusammenstoß begründete Pfandrecht auf den Versicherer über (BGB §§ 4 1 2 , 401). e) Nach §§ 4 1 2 , 399 B G B geht der Ersatzanspruch nicht über, wenn die Leistung Anm. 19 an den Versicherer einen a n d e r e n I n h a l t haben würde, als die Leistung an den Versicherungsnehmer (was selten der Fall sein wird), oder wenn der U b e r g a n g durch Vereinbarung mit dem D r i t t e n a u s g e s c h l o s s e n ist. Solche Vereinbarungen kommen vor und können vom Dritten natürlich dem Versicherer entgegengehalten werden ( R G 97. 78, L Z 1 9 1 3 . 945, L G Mannheim, O L G Karlsruhe I T V M i t t 1919. 1 1 5 , O L G Hamburg Rspr. 22. 248). Der entschädigte Versicherungsnehmer muß den Ersatzanspruch

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§ 4 5 für Rechnung des Versicherers einziehen (gemäß § 4 1 ; nicht, wie R G 97. 79 meint, gemäß „stillschweigend übernommener Verpflichtung"). Sind Vereinbarungen dieser Art nicht verkehrsüblich, so müssen sie beim Vertragsschluß angezeigt werden ( J o s e f AssJB 35. 14, K o h l e r 403, R G 97. 79, franz. Entscheid, bei B e h r e n d Z f V W 1908. 557) und bilden, nach Abschluß des Versicherungsvertrags getroffen, Gefahränderungen (§ 87 Anm.). Anm. 20 f ) P r o z e ß . Zur gerichtlichen Geltendmachung des Ersatzanspruchs ist grundsätzlich nur der Gläubiger, also der Versicherer berechtigt (vgl. aber auch § 46 Anm. 6). Geht der Ersatzanspruch erst, nachdem der Versicherungsnehmer Klage erhoben hat, über, so bleibt der Prozeß unberührt ( Z P O § 265 Abs. 2 Satz 1). Insbesondere kann der Versicherer nicht ohne Zustimmung des Dritten den Prozeß als Hauptpartei an Stelle des Versicherungsnehmers übernehmen oder Hauptintervention erheben ( Z P O § 265 Abs. 2 Satz 2). Tritt er als Nebenintervenient auf, so gilt er nicht als Streitgenosse des Versicherungsnehmers ( Z P O § 265 Abs. 2 Satz 3). Der Versicherungsnehmer muß aber nach wie vor den Prozeß unter sorgfältiger Wahrnehmung der Interessen und nach den Weisungen des Versicherers führen (§§ 4 1 , 46). Das auf den Namen des Versicherungsnehmers ergehende Urteil wirkt für und gegen den Versicherer ( Z P O § 325 Abs. 1). Der Versicherer kann aber für sich eine vollstreckbare Ausfertigung des Verurteilungsurteils verlangen ( Z P O §§ 727, 7 3 1 ) . Ahnliches gilt für das Arrestverfahren. — Wenn der Ersatzanspruch nur teilweise auf den Versicherer übergegangen ist (der Versicherungsnehmer z. B. vom Gegensegler noch Ersatz von Selbstbehalt-Schaden oder Nutzungsverlust verlangt), können Versicherer und Versicherungsnehmer als Streitgenossen klagen ( Z P O § 59); doch ist die Streitgenossenschaft keine notwendige ( Z P O § 62; H a l l b a u e r L Z 1910. 379). Anm. 21

12. V o r d e m Ü b e r g a n g ist der Versicherungsnehmer Gläubiger. E r kann über den Ersatzanspruch verfügen, ihn geltend machen usw. Der Versicherer ist nicht Gläubiger, kann nicht über den Ersatzanspruch verfügen. Aber was der Versicherungsnehmer vom Dritten zur Ausgleichung des Schadens erlangt, „mindert" den Schaden und die Entschädigung, muß der Versicherungsnehmer sich auf die Entschädigung „anrechnen lassen" (Vorb. I X vor § 1, L e o H R Z 1919. 483). Wenn der Versicherer ohne Anrechnung entschädigt, kann er kondizieren ( B G B § 812). Wenn er ohne Anrechnung entschädigt, obgleich er weiß, daß und was der Versicherungsnehmer zur Ausgleichung des Schadens erlangt hat, kann er nicht kondizieren ( B G B § 814). Ebensowenig kann er kondizieren, wenn er sich (etwa aus prozeßtaktischen Gründen: um gewisse Streitfragen entscheiden zu lassen) rechtskräftig zur Entschädigung verurteilen läßt, ohne die ihm bekannte Tatsache einzuwenden, daß der Versicherungsnehmer vom Dritten Ersatz erhalten hat ( L e o H R Z 1 9 1 9 . 4 8 3 gegen O L G Hamburg). — Hat der Dritte nicht nur Versicherungsschaden, sondern auch versicherungsfreien Schaden zu ersetzen (der Gegensegler z. B. versicherten Substanzschaden und unversicherten Nutzungsverlust), so fragt sich, wie Teilersatz anzurechnen ist. Den Dritten bestimmen zu lassen (vgl. B G B § 366), besteht kein Grund. Nach Treu und Glauben wird verhältnismäßig zu teilen sein (vgl. H G u. O G Hamburg R O H G H G Z 1872. 37, 100, 286; wegen Zinsen und Kosten vgl. B G B § 367). — Nur der Versicherungsnehmer kann den Ersatzanspruch gerichtlich (insbesondere im Arrestverfahren) geltend machen. E r muß es auch unter Umständen. U n d er muß es sorgfältig. Denn er muß für die Minderung des Schadens sorgen. Der Versicherer kann dem Rechtsstreit als Nebenintervenient beitreten ( Z P O §§ 66, 74; klagen erst nach gesetzlichem Ubergang oder Zession, insbesondere auch Legitimationszession, vgl. § 46 Anm. 6).

Anm. 22

13. I m Falle der U n t e r v e r s i c h e r u n g geht der Ersatzanspruch über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Versicherer und Versicherungsnehmer werden sich

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also regelmäßig in den Ersatzanspruch teilen. Siehe dazu im einzelnen oben Anm. 14. § 4 5 Wenn der Anspruch gegen den Dritten aus irgendeinem Grunde gleichfalls hinter dem Schaden zurückbleibt, wenn insbesondere der Dritte nach § 254 B G B nur für einen Teil des Schadens haftet, so bedürfen die Ausführungen in Anm. 14 einer Ergänzung. Die Vorauflage dieses Kommentars meinte, in einem solchen Falle hätten sich Versicherer und Versicherungsnehmer in Ersatzansprüche gegen Dritte und in den von Dritten bereits erlangten Ersatz v e r h ä l t n i s m ä ß i g zu teilen. Siehe wegen dieser sog. relativen Theorie außer R i t t e r auch K i s c h W u R V e r s 1935. 50, L Z 1916. 13, auch R G 89. 28, O L G Hamburg H a n s R G Z 1 9 3 1 . 145. Demgegenüber geht nach der sog. absoluten Theorie der Ersatzanspruch ohne Rücksicht auf den U m f a n g des Schadens bis zur Höhe der Versicherungsleistung auf den Versicherer über (vgl. S c h ü t t e n s a c k D R 1944. 173). Nach der sog. Differenztheorie bleibt der Versicherungsnehmer in Höhe des Unterschiedes zwischen Schaden und der erhaltenen Versicherungssumme Gläubiger der Ersatzforderung. Der Versicherer kommt nach dieser Theorie erst nach voller Entschädigung des Versicherungsnehmers zum Zuge. Der Bundesgerichtshof hat in B G H 13. 28 (31) ausgeführt, der Zweck eines Versicherungsvertrages bestehe bei der Schadensversicherung in der Regel darin, dem Versicherungsnehmer einen etwaigen Schaden auf jeden Fall bis zur Höhe der Versicherungssumme ohne Rücksicht auf andere Ersatzmöglichkeiten zu ersetzen. Der Übergang der Ersatzforderung solle andererseits nur dazu dienen, eine Begünstigung des Ersatzpflichtigen und eine Bereicherung des Versicherungsnehmers zu verhindern. Der Versicherer hingegen habe sein Entgelt für seine Leistung bereits in Gestalt der Versicherungsprämien erhalten. Hieraus rechtfertige sich der Schluß, daß nach dem Willen des Gesetzgebers (zu § 67 V V G ) die Ersatzforderung erst dann auf den Versicherer übergehen solle, wenn und soweit dies zur Vermeidung einer Bereicherung des Versicherungsnehmers notwendig sei. Eine solche würde aber erst dann eintreten, wenn die Versicherungsleistung und die Ersatzforderung zusammen den Schaden überstiegen. Es bestehe rechtspolitisch gesehen keine Veranlassung, dem Versicherer, der bereits das Entgelt für seine Leistung erhalten habe, einen weiteren Gegenwert zuzuführen, solange der Versicherungsnehmer keine volle Deckung für seinen Schaden erhalten habe. Der Satz des § 67 V V G sei daher einschränkend dahin auszulegen, daß, soweit der Versicherungsvertrag nicht im Einzelfalle andere Bestimmungen enthalte, der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers nur insoweit auf den Versicherer übergehe, als er zusammen mit der gezahlten Versicherungsentschädigung den Schaden des Versicherungsnehmers übersteige. Dieser heute herrschenden Auffassung (vgl. B G H 13. 28, 22. 136, 25. 340, O L G H a m m D R 1939. 1636, O L G Stuttgart H R R 1932 Nr. 2296, O L G Freiburg V e r s R 1953. 178, O L G Braunschweig V e r s R 1953. 201, P r ö l ß D R 1944. 429 und Anm. 6 zu § 67 V V G mit weiteren Angaben aus der Rechtsprechung, S c h m i d t V e r s R 1953. 457, E h r e n z w e i g V V 287) ist auch für § 45 Abs. 1 Satz 1 zu übernehmen (so auch S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 1 zu § 45 A D S ) . Wenn somit für den hier erörterten Fall das Ergebnis das gleiche sein mag, wie in dem in Anm. 14 oben angesprochenen Fall, wo der Ersatzanspruch auf den vollen Schaden des Versicherungsnehmers ging, der Ersatzanspruch indessen nur teilweise verwirklicht werden konnte, so ist doch jedenfalls die Begründung eine unterschiedliche. In Anm. 14 beruht sie auf der analogen Anwendung des § 67 Abs. 1 Satz 2 V V G oder der Heranziehung des in der Bestimmung liegenden allgemeinen Prinzips, in Anm. 22 in einer Einschränkung des §45 Abs. 1 A D S bzw. des § 67 Abs. 1 Satz 1 V V G selbst. Mit Recht hat der Bundesgerichtshof in B G H 13. 28 (31) die Ansicht abgelehnt, auch auf den in dieser Anmerkung angesprochenen Fall komme für § 67 V V G dessen Abs. 1 Satz 2 zur Anwendung (so z. B. J . v. G i e r k e V S R I I . 209). Es bedarf deshalb für § 45 in dieser Anmerkung anders als in dem in Anm. 14 behandelten Sachverhalt keiner Erörterung der Anwendbarkeit

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§ 45 des in § 67 Abs. 1 Satz 2 enthaltenen allgemeinen Prinzips auf § 45, die andernfalls ebenso wie in Anm. 14 zu bejahen wäre (anders R i t t e r in der Vorauflage dieses Kommentars: Die Teilansprüche konkurrieren; der Versicherungsnehmer hat vor dem Versicherer keinen Vorzug). Anm. 23 14. Auch im Falle der Versicherung von N e b e n i n t e r e s s e n , insbesondere im Falle der Versicherung von imaginärem Gewinn oder Mehrwert, geht, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt, der Anspruch auf Ersatz dieses Schadens auf den Versicherer über. Aber eben nur der Anspruch auf Ersatz gerade dieses Schadens. Die Versicherer des Hauptinteresses und der Nebeninteressen konkurrieren. — Der Versicherungsnehmer gilt nicht etwa für das nicht versicherte Nebeninteresse als Selbstversicherer; § 8 ist unanwendbar. Der Versicherer des Hauptinteresses und der Versicherungsnehmer konkurrieren also unbeschränkt, soweit nicht die beschränkte und pfandmäßige Haftung des Dritten ohne weiteres zu verhältnismäßiger Verteilung führt (oben Anm. 22). Der Versicherungsnehmer wäre hiernach in entschiedenem Vorteil vor dem Versicherer, weil er vor der Entschädigung und dem erst damit erfolgenden Ubergang die Konkurrenz des Versicherers nicht zu befürchten hat. Aber er muß sich, was er vor dem Ubergang vom Dritten erhält, nach §§ 71,91, 92, 96 usw. anrechnen lassen, und zwar nach § 13 verhältnismäßig (oben Anm. 21). Nach dem Ubergang fällt diese Beschränkung weg. Anders wiederum ohne Grund R G 8g. 28 für den Fall der Konkurrenz des Kasko- und des Frachtversicherers oder des Kaskoversicherers und des nicht frachtversicherten Versicherungsnehmers: Was der Versicherungsnehmer vom Dritten erhalte, sei in allen Fällen verhältnismäßig auf Kasko und Fracht zu verteilen. Anm. 24 15. A b s . 1 Satz 2. Der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r m u ß dem Versicherer die zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs erforderliche A u s k u n f t erteilen (dem § 402 BGB entnommen). Das ergibt im wesentlichen schon § 43 — gewiß für den Fall, daß der Ersatzanspruch noch nicht übergegangen ist, aber auch wohl für den Fall, daß er schon übergegangen ist. Deshalb näheres: § 43 Anm. Der Versicherungsnehmer muß dem Versicherer die z u m B e w e i s e des Ersatzanspruchs dienenden U r k u n d e n , soweit sie sich in seinem Besitz befinden, a u s liefern (dem §402 BGB entnommen). Das ergibt im wesentlichen auch schon §43. § 43 ist jedenfalls neben § 45 anzuwenden. — Bei nur teilweisem Ubergang genügt regelmäßig Auslieferung einer (beglaubigten) Abschrift. Der Versicherungsnehmer muß dem Versicherer auch auf Verlangen eine öffentlich beglaubigte Urkunde über den Ü b e r g a n g des Ersatzanspruchs ausstellen (und aushändigen). Die Bestimmung ist dem §403 BGB entnommen (vgl. auch BGB §410). Uber den Begriff des „Verlangens": § 43 Anm. 5. Die Kosten der Auskunft usw. muß der Versicherer ersetzen (nicht auch vorschießen; vgl. BGB §403 Satz 2, ADS §46 Satz 3). Auch wohl im Falle der Unterversicherung ganz. Mitversicherer gleichen, soweit sie beteiligt sind, untereinander verhältnismäßig aus. — Der Versicherungsnehmer kann wegen der Kosten zurückhalten (BGB § 273). Anm. 25 16. A b s . 2. Der Versicherungsnehmer muß für die Minderung des Schadens, insbesondere für die Erhaltung und Einziehung von Ersatzansprüchen, sorgen (§ 41 Anm. 9). Wenn auch der Versicherungsnehmer „sich wegen des Ersatzes des Schadens zunächst an den Versicherer halten kann" (oben Anm. 3), so folgt hieraus doch nicht, daß er sich um Ersatzansprüche nicht zu kümmern braucht. Er muß insbesondere, wenn Ersatzansprüche verlorengehen oder Einwendungen ausgesetzt zu werden oder auch nur an ihrer tatsächlichen Wirksamkeit einzubüßen drohen, das Nötige vorkehren. So insbesondere, wenn der Haftungsgegenstand (z. B. der schuldige Gegensegler) sich

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der Verstrickung zu entziehen sucht, oder wenn Verjährung droht. Hieraus, also „aus § der Natur der Sache ergibt sich" bereits, daß der Versicherungsnehmer Ersatzansprüche und mit ihnen verbundene Nebenrechte nicht aufgeben darf (Begr. z. V V G § 67). § 45 Abs. 2 behandelt also nur einen Sonderfall der SchadenabwendungsPflicht. Vgl. HansOLG Hamburg Hansa 1966. 405 = VersR 1966. 441. a) „ A u f g e b e n " bedeutet dem Wortsinn nach: ohne Gegenleistung erlöschen Anm. 26 machen. Der Versicherungsnehmer gibt also z. B. den Entschädigungsanspruch nicht auf, wenn er ihn abtritt (abw. G e r h a r d 315, P r ö l ß Anm. 7 zu § 67 V V G ; •— aber er verletzt damit unter Umständen die allgemeine Schadenabwendungs-Pflicht); oder wenn er den Ersatzanspruch verjähren läßt (Mat. 1. 197; vgl. für § 776 BGB: R G 65.397, O L G Hamburg Rspr. 18.46; aber er verletzt damit unter Umständen die allgemeine Schadenabwendungs-Pflicht: R G 25.99, P r ö l ß a. a. O.), oder wenn er beim Abschluß von Verträgen mit Dritten (z. B. Fracht- oder Schleppverträgen) auf Ersatz verzichtet (aber er verletzt damit unter Umständen die Gefahrstandspflicht: § 87 Anm.), oder wenn ein Gläubiger des Versicherungsnehmers den Ersatzanspruch pfändet und überwiesen erhält (aber der Versicherungsnehmer muß gemäß § 41 für die Befreiung des Ersatzanspruchs sorgen und, wenn er durch die Uberweisung von einer Schuld befreit wird, sich das so Erlangte auf die Entschädigung anrechnen lassen; teilw. abw. H a l l b a u e r L Z 1907. 375). Der Kaskoversicherte gibt natürlich auch keine Ersatzansprüche auf, wenn er das versicherte Schiff durch seine eigenen Schlepper schleppen läßt und hierdurch bewirkt, daß (zwar Ersatzansprüche gegen die am Versicherungsfall schuldige, aber ersatzunfähige Schlepperbesatzung, dagegen) keine Ersatzansprüche gegen den Eigentümer des Schleppers entstehen (HGZ 1887. 300). Daraus folgt aber nicht, daß es ohne alle Bedeutung ist, ob der Versicherungsnehmer die versicherte Unternehmung mit fremden oder mit eigenen Schleppern ausführt (abw. H G Z 1887. 300, S i e v e k i n g 52). Ob das eine oder das andere geschehen soll, ist für die Übernahme der Gefahr natürlich sehr erheblich. Der Versicherungsnehmer muß also beim Vertragsschluß anzeigen, daß er beabsichtigt, eigene Schlepper zu verwenden, und ändert die versicherte Unternehmung, erhöht die Gefahr, wenn er später den Entschluß hierzu faßt und ausführt (vgl. § 19 Anm. 23ff., § 23 Anm. 5fr.). Anders, wenn allgemein bekannt ist, daß der Versicherungsnehmer eigene Schlepper verwendet ( § 1 9 Abs. 1 Satz 1). b) „Aufgeben" bedeutet v o r s ä t z l i c h aufgeben. Erforderlich ist ein p o s i t i v e s Anm. 27 v o r s ä t z l i c h e s H a n d e l n des Versicherungsnehmers. Anders die Vorauflage: §45 Abs. 2 behandle nur einen Beispielfall der Schadensabwendungspflicht, sei also aus § 41 zu verstehen (so wohl auch S c h l e g e l b e r g e r S V R Anm. 12 zu §45 ADS). Wie hier für §67 Abs. 1 Satz 3 V V G P r ö l ß Anm. 7 zu §67 V V G , K i s c h 3. 520, J . v. G i e r k e V S R I I 209, H a g e n Hdb. I 654 Note 1, E h r e n z w e i g V V 288, S i e b e c k 35. Das schließt freilich nicht aus, daß ein fahrlässiges Verhalten unter §41 Abs. 3 fallen kann, so das Verjährenlassen des Ersatzanspruchs (bestr., wie hier P r ö l ß a.a.O.) oder ein sonstiges passives Verhalten. Nach § 41 Abs. 3 ist der Güterversicherer deshalb auch frei, wenn der Versicherungsnehmer fahrlässigerweise die Güter annimmt und die Fracht bezahlt, ohne für die Erhaltung des Ersatzanspruchs gegen Verfrachter oder Frachtführer zu sorgen (HGZ 1882. 244, H G u. OG Hamburg H G Z 1866. 370, 1867. 47, 1872. 213, Seebohm 438; vgl. auch § 30 Anm. 25. — Ein „Aufgeben" i. S. des § 45 Abs. 2 ist z. B. der Erlaß der Schuld gegenüber dem Schädiger (RG L Z 1926.383, O L G Köln VersR 1958.620), ein Vergleich mit diesem (Prölß a.a.O.). Dagegen ist der Tatbestand nicht gegeben, wenn von vornherein die Möglichkeit der Entstehung von Ersatzansprüchen ausgeschlossen wird (RG 97. 76, 122. 292, BGH 22. 109, 33. 216, BGH VersR 1956. 301, P r ö l ß a. a. O.); anders nur, wenn die Abreden

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§ 45 die Interessen des Versicherers ungewöhnlich beeinträchtigen, wie Ausschluß grober Fahrlässigkeit, was nach B G H Z 22. 109, 33. 216 zu einer analogen Anwendung des § 67 Abs. 1 Satz 3 V V G führen kann. Der Versicherer muß beweisen, daß der Versicherungsnehmer den Anspruch aufgegeben hat und er daraus hätte Ersatz verlangen können. Für den Fall eines fahrlässigen Verhaltens des Versicherungsnehmers, das nach den obigen Ausführungen unter §41 Abs. 3 fallen würde, vgl. H G Z 1882. 244, H G u. OG Hamburg H G Z 1866. 370, 1867.47, 1872. 213, Seebohm 438: Da der Verfrachter sich gemäß § 606 HGB exkulpieren müsse, müsse der Versicherungsnehmer, der den Schaden nicht gehörig habe feststellen lassen und deshalb vom Verfrachter jedenfalls Schadensersatz nicht verlangen könne, beweisen, daß dem Verfrachter der Exkulpationsbeweis gelungen sein würde (vgl. a u c h R G J W 1926. 1969 = Sasse Nr. 13). Unrichtig oder ungenau S i e v e k i n g 109 (unter mißverständlicher Berufung auf R G 25. 100): „Dem Anspruch des Versicherten gegenüber könne der Versicherer sich auf das Verschulden des Versicherten nur berufen, wenn bereits feststehe, inwieweit infolge des Verschuldens der Regreßanspruch gegen den Dritten verlorengegangen sei." — Siehe die während der Drucklegung ergangenenEntscheidungen des HansOLG Hamburg Hansa 1966. 405 = VersR 1966. 441: Wirksamkeit und Nichtbeachtung einer Schadensklausel, und Hansa 1966. 407: Nässebeschädigung einer Ladung Zwiebeln durch Schiffsschweiß oder infolge innerer Beschaffenheit. Keine Entschädigungspflicht der Versicherer wegen Verletzung des § 45 Abs. 2, da begründete Ansprüche gegen den Verfrachter aufgegeben wurden, weil sie nicht innerhalb der Jahresfrist gemäß Art. 3 § 6 Abs. 4 des I Ü K geltend gemacht wurden. Anm. 28

17. §45 (und ebenso §46) gilt auch für die Rückversicherung (§ 1 Anm. 136). Ansprüche gegen einen „Dritten" sind z. B. Ausgleichungsansprüche des Vorversicherers gegen Doppelversicherer oder auch Ersatzansprüche des Vorversicherers gegen den Vorversicherten, z. B. Kondiktionsansprüche, die auf den Rückversicherer übergehen, der entschädigt, obgleich er damit rechnet, daß er nicht dazu verpflichtet ist (oben Anm. 11). — Ersatzansprüche, die gemäß §45 auf den V o r v e r s i c h e r e r ü b e r g e g a n g e n sind, gehen, soweit der Rückversicherer zahlt, was der Vorversicherer gezahlt hat, weiter auf den Rückversicherer über (abw. für das BinnenversicherungsRecht: H e r r m a n n s d o r f e r 331 und P r ö l ß Anm. 4 zu § 67 V V G ) . So kann es unter Umständen kommen, daß drei Teilgläubiger, Rückversicherer, Vorversicherer und Vorversicherter bei der Geltendmachung des Anspruchs gegen den „Dritten" konkurrieren. Entschädigt der Rückversicherer, bevor der Vorversicherer entschädigt hat, so kann der Ersatzanspruch regelmäßig auf ihn nicht übergehen, weil der Vorversicherer noch nicht Gläubiger ist. Aber wenn später der Vorversicherer den Vorversicherten entschädigt, geht insoweit der Ersatzanspruch unmittelbar auf den Rückversicherer über; er ist also nie im Vermögen des Vorversicherers gewesen. Entschädigt der Konkursverwalter des Vorversicherers den Vorversicherten, so fällt also der Ersatzanspruch nicht in die Konkursmasse, sondern geht ohne weiteres auf den Rückversicherer über. Natürlich nur für den Betrag, den der Konkursverwalter zahlt. Soweit der Rückversicherer den ihm gebührenden Ersatzanspruch nicht erhält, kann er als Konkursgläubiger wegen Nichterfüllung der dem Vorversicherer obliegenden Schadenabwendungs-Pflicht kondizieren (vgl. auch oben Anm. 17). Anders, wenn der Rückversicherer bei Eröffnung des Konkurses noch nicht entschädigt hat. Hat der Vorversicherer bereits entschädigt, so geht der Ersatzanspruch auf den entschädigenden Rückversicherer über. Hat der Vorversicherer noch nicht entschädigt, so braucht der Rückversicherer nur soviel zu zahlen, wie er zu zahlen haben würde, wenn der Vorversicherer die ganze Entschädigung dem Vorversicherten zahlen und dadurch den Ubergang des Ersatzanspruchs auf den Rückversicherer vorbereiten würde (§ 41 Abs. 3).

Schadensminderung nach Übergang

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Der a b w i c k l u n g s b e r e c h t i g t e Vorversicherer ist nicht nur berechtigt und ver- § 45 pflichtet, das Verhältnis zum Vorversicherten, sondern auch die Verhältnisse zu Anm. 29 „Dritten" abzuwickeln ( E h r e n b e r g R V R 38). Das schließt nicht aus, daß § 45 Abs. 1 anwendbar ist. Der Vorversicherer ist schon durch den Rückversicherungs-Vertrag so gestellt, wie wenn der Rückversicherer gemäß § 46 verlangt hätte, daß er den Ersatzanspruch im eigenen Namen geltend mache. Der Ersatzanspruch geht gemäß § 45 Abs. 1 auf den entschädigenden Rückversicherer über. Der Vorversicherer hat aber die Stellung eines fiduziarischen Zessionars (§46 Anm. 6); der Rückversicherer, der entschädigt hat, kann also den Ersatzanspruch im Konkurse des Vorversicherers aussondern. •— Aus der Abwicklungsvereinbarung wird sich auch ergeben müssen, daß sich Rückversicherer und Vorversicherer nicht nur, wenn die Rückversicherung Unterversicherung ist, sondern auch, wenn der Vorversicherer neben dem rückversicherten Schaden noch rückversicherungs-freien Schaden (z. B. Gewinn- oder Mehrwertschaden) gedeckt hat, in das zum vollständigen Ersatz bestimmte, aber nicht zureichende Ergebnis des Ersatzanspruchs teilen müssen ( E h r e n b e r g R V 190). 18. Fremde Rechte (vgl. auch oben Anm. 6, 9, 11, 21, 22).

Anm. 30

a) E n g l i s c h e s Recht. Der Versicherungsnehmer, der Ersatzansprüche gegen Dritte hat, kann sich ohne weiteres an den Versicherer halten und Entschädigung verlangen (MIA § 14 Abs. 3, Vorb. vor § 1 Anm. 74). Where the insurer pays for a total loss, . . . he is thereby subrogated to all the rights and remedies of the assured in and in respect ofthat subject-matter as from the time of the casualty causing the loss (MIA § 79 Abs. i ; principle of subrogation im Gegensatz zu dem im § 71 Abs. 3 A D S angewandten principle of abandonment, vgl. A r n o u l d 1193 s. 1216), — jedoch nur for the purpose of diminishing the insurer's loss ( A r n o u l d 1198 s. 1220). Und where the insurer pays for a partial loss, . . . he is thereupon subrogated to all rights and remedies of the assured in and in respect of the subject-matter insured as from the time of the casualty causing the loss, in so far as the assured has been indemnified, according to this Act, by such payment for the loss ( M I A § 79 Abs, 2; vgl. auch HansO L G M D R 1957. 679). Der Versicherungsnehmer darf das Subrogationsrecht des Versicherers nicht beeinträchtigen und muß, tut er es doch, den Versicherer schadlos halten ( A r n o u l d 1208 s. 1232). b) F r a n z ö s i s c h e s Recht. C. de comm. schweigt. Aber der Ubergang des Ersatz- Anm. 31 anspruchs gegen den Dritten auf den entschädigenden Versicherer est tellement usuelle que la loi la présume ( R i p e r t Nr. 2793). L'assuré qui ne conserve pas à l'assureur recours qui lui appartient contre les tiers, commet une faute de nature à engager sa responsabilité ( R i p e r t Nr. 2794). § 4 6 Schadenminderung nach Ubergang Der Versicherungsnehmer bleibt auch nach d e m U b e r g a n g e des Anspruchs verpflichtet, für die M i n d e r u n g des Schadens, insbesondere durch Zurückbehaltung der Fracht, z u sorgen. Er hat, sobald er eine für die Geltendmachung des Anspruchs erhebliche Nachricht erhält, dem Versicherer unverzüglich A n zeige zu machen und ihm auf Verlangen die zur Geltendmachung des Anspruchs erforderliche Hilfe z u leisten, insbesondere den Anspruch im eigenen N a m e n gerichtlich geltend zu machen. Die Kosten hat der Versicherer zu tragen und auf Verlangen vorzuschießen. 44

R i t t e r - A b r a h a m , Seeversicherung Bd. I

690 § 46 Anm. 2 Anm. 3

Anm. 4

Anm. 5

Anm. 6

Anm. 7

Schadensminderung nach Ubergang

i. Vgl. HGB § 822, ASVB § 71. 2. Literatur: § 45 Anm. 2, T r ü m m e r A f H R 2. 346 (Pflicht des Versicherten bei Überseglung). 3. § 46 steht in untrennbarem Zusammenhang mit § 45. §§ 45, 46 bildeten § 49 E 1910. Diese Bestimmung ist nur deshalb getrennt, weil §46 E 1910 (Vorb. vor § 1 Anm. 66) in letzter Stunde ausfiel und die Paragraphenfolge möglichst unberührt bleiben sollte (vgl. auch Mat. 1. 198). 4. Der Versicherungsnehmer muß im Versicherungsfall für Minderung des Schadens sorgen (§41 Abs. 1). Er „bleibt" natürlich verpflichtet, wenn der Versicherer entschädigt hat. Er „bleibt" insbesondere verpflichtet, wenn Ersatzansprüche auf den Versicherer übergegangen sind, und bleibt insbesondere verpflichtet, für Minderung des Schadens durch Einziehung des Ersatzanspruchs zu sorgen. — Der Versicherungsnehmer nicht nur, sondern (im Falle der Versicherung für fremde Rechnung) auch der V e r s i c h e r t e (§41 Anm. 4). Nach Sieveking 108 soll die Verpflichtung des Versicherungsnehmers erlöschen, wenn „der Versicherte in einen rechtlichen Nexus mit dem Versicherer getreten ist". Was mit diesen (anscheinend V o i g t 471 entlehnten) Worten ausgedrückt sein soll, ist nicht klar. Das Gesetz gibt jedenfalls keinen Anhalt; ebensowenig die Entscheidung R G g. 118, auf die Sieveking sich beruft (Anklänge bei G e r h a r d 355, H a g e n 1. 696 in der mit Recht allgemein abgelehnten Lehre von der „Konzentration" der Versicherung in der Person des Versicherten). 5. Zur Verpflichtung, für Minderung des Schadens zu sorgen, gehört natürlich auch, daß der Versicherungsnehmer dem Verfrachter oder dem Frachtführer, gegen den Ersatzansprüche bestehen, „nach Möglichkeit" (§ 41 Abs. 1) die Fracht vorenthält (§ 45 Anm. 27), daß er dem Versicherer Nachrichten, die für die Geltendmachung des Ersatzanspruchs erheblich sind, unverzüglich mitteilt, und daß er dem Versicherer bei der Geltendmachung des Ersatzanspruchs auf Verlangen, soweit erforderlich, hilft. 6. Der Versicherungsnehmer (oder der Versicherte) muß „insbesondere (auf Verlangen) den Anspruch im eigenen Namen gerichtlich geltend machen" — mag dies zur Minderung des Schadens, zur Geltendmachung des Anspruchs erforderlich sein oder nicht. Dies bedeutet natürlich nicht, daß er auf Verlangen des Versicherers den Dritten auf Zahlung an den Versicherer verklagen muß. Man kann im allgemeinen nicht fremde Ansprüche im eigenen Namen gerichtlich geltend machen (JW 1905. 718). Es bedeutet, daß der Versicherer durch Ausübung des ihm durch § 46 eingeräumten Gestaltungsrechts das Verhältnis ändern, den Versicherungsnehmer legitimieren kann, den Ersatzanspruch im eigenen Namen geltend zu machen (siehe BGH 5. 110), ihn so auch verpflichten kann, den Ersatzanspruch gerichtlich geltend zu machen (die Vorauflage nahm fiduziarische Rechtsübertragung an, doch bedarf es einer solchen nicht, wenn sie auch zulässig ist). In Kollisionssachen ist eine solche Abrede bis zum Beweise des Gegenteils anzunehmen (OHGZ 2. 379 = MDR 1950. 95, HansOLG HGZ 1924. 66 = Sasse Nr. 317, L G Bremen Hansa 1955. 603, L i e s e c k e Hansa 1965. 1898). 7. Die Kosten hat der Versicherer zu tragen. Das ergibt schon § 32 Abs. 1. Näheres deshalb im allgemeinen: § 32 Anm. Insbesondere hat der Versicherer die Kosten auch dann zu tragen, wenn die Kosten erfolglos aufgewendet sind (§ 32 Abs. 2; vgl. auch R G 1891. 192, HGZ 1891. 59). Vergütung für eigene Bemühungen kann der Versicherungsnehmer nicht verlangen (§ 32 Anm. 6). — Die Kosten hat der Versicherer auf Verlangen vorzuschießen. Das ergibt schon § 32 Abs. 2. Deshalb näheres: § 32 Anm. 28.

Zahlungsunfähigkeit des Versicherers

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8. Rechtsfolgen der P f l i c h t v e r l e t z u n g : § 41 Anm. 26fr., § 45 Anm. 25. 9. R ü c k v e r s i c h e r u n g : § 45 Anm. 28, 29. 10. F r e m d e R e c h t e . Besondere Vorschriften gleich der des § 4 6 sind im all gemeinen unbekannt.

§ 4 7

Anm. 9 Anm. 10

X. Zahlungsunfähigkeit des Versicherers § 4 7

Im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Versicherers kann der Versicherungsnehmer von dem Vertrage zurücktreten oder auf Kosten des Versicherers anderweit Versicherung nehmen. Der Versicherer kann die Ausübung dieses Rechtes durch Sicherheitsleistung abwenden. 1. Vgl. H G B § 898, A S V B § 160 Abs. 1, V V G §§ 13, 40 Abs. 3. 2. L i t e r a t u r : A l e x a n d e r H a n s R G Z 1932 A 75 (Konkurs des Seeversicherers). B i e d e r m a n n M i t t ö f f F V A 1 9 1 1 . 719 (Unsicherheit des Versicherers). B u e r s c h a p e r , Einfluß des Konkurses auf schwebende Versicherungsverhältnisse usw., Diss. 1 9 1 1 . E w a l d H a n s R G Z 1928 A 449—468 (Die Geschäftsgrundlage im Versicherungsrecht; Unsicherwerden des Versicherers). H e i n e L Z 1 9 1 5 . 746 (Einfluß des Konkurses des Versicherers usw.). J o s e f M i t t ö f f F V A 1 9 1 1 . 6 0 1 (Der Konkurs des Versicherers). K i r c h b e r g e r Z H R 68. 162 (Einfluß des Konkurses auf schwebende Versicherungsverhältnisse). L e s s e r J R P V 1 9 3 0 . 4 1 . P a g e n s t e c h e r H a n s R G Z 1931 A 9. S e u f f e r t L Z 1909. 97 (Die konkursrechtlichen Vorschriften des V V G ) . F. S i e v e k i n g Z H R 55. 172 (Zu §898 H G B ) . 3. Die Versicherung hat keinen Sinn oder verliert ihren Sinn, wenn der Versicherer unsicher ist oder wird. M a n hat daher schon früh für diesen Fall vorgesorgt. „ W a n n ein Assekuradeur schlecht wird, oder sonst in den Zustand gerät, daß er seiner übernommenen Verpflichtung nicht nachkommen kann, so ist dem Assekurierten erlaubt, sich durch einen andern aufs neue versichern zu lassen, und kann er von dem insolvent gewordenen oder unvermögenden Assekuradeur, gegen Tilgung dessen Namen in der Police, die Prämie zurückfordern", — bestimmte schon A H O 1 7 3 1 X V I I I . 2 (unter der Titelüberschrift „ V o n Reassekuranz"). Ähnlich § 4 7 : Bei Zahlungsunfähigkeit des Versicherers kann der Versicherungsnehmer zurücktreten oder sich auf Kosten des Versicherers decken. 4. Z a h l u n g s u n f ä h i g k e i t ist der Zustand nicht bloß vorübergehenden Mangels bereiter Mittel zur Bezahlung fälliger Geldschulden. Zahlungsunfähigkeit ist insbesondere bei Zahlungseinstellung anzunehmen (vgl. K O § 102). Zahlungseinstellung ist die erkennbar gewordene, tatsächliche Verweigerung der Bezahlung fälliger Geldschulden im allgemeinen, und zwar wegen nicht bloß vorübergehenden Mangels an Mitteln; nicht schon bloße Zahlungsstockung. Näheres: K o m m . z. K O . — O b die Zahlungsunfähigkeit schon b e i m V e r t r a g s s c h l u ß bestanden hat oder erst s p ä t e r entstanden ist, gilt gleich (anders H G B § 898). Hat aber der Versicherungsnehmer beim Vertragsschluß die Zahlungsunfähigkeit gekannt, so kann er natürlich nicht zurücktreten usw.

Anm. 1 Anm. 2

Anm. 3

Anm. 4

5. Der Versicherungsnehmer kann vom Vertrag zurücktreten. Man hat Anm. 5 keinen Grund, den Ausdruck „zurücktreten" nicht im technischen Sinne zu verstehen, sondern etwa in der Bedeutung des Ausdrucks „ a u f h e b e n " oder „ohne Einhaltung einer Frist kündigen". Das Ergebnis dieser Auffassung ist allerdings unbefriedigend. Der Versicherungsnehmer wird natürlich im allgemeinen nicht zurücktreten, wenn er be44»

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Zahlungsunfähigkeit des Versicherers

S 4 7 reits f ü r einen Teilschaden entschädigt ist. T r i t t er (im a n d e r e n Falle) zurück, so k a n n er R ü c k e r s t a t t u n g d e r P r ä m i e a u c h insoweit verlangen, als der Versicherer die G e f a h r bereits getragen h a t . Vgl. hierzu Prot. 3612. Anm. 6

Anm. 7

a) Der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r k a n n zurücktreten. Ü b e r d e n Begriff des Versicherungsnehmers: § 3 A n m . 4. — Ü b e r den Fall, d a ß m e h r e r e Versicherungsnehmer beteiligt s i n d : V o r b . V I vor § 1. Insbesondere wird im Falle gemeinschaftlicher Versicherung der i m M i t e i g e n t u m der Versicherungsnehmer stehenden Sache j e d e r Versicherungsnehmer z u r ü c k t r e t e n können. — Bei d e r Versicherung f ü r f r e m d e R e c h n u n g h a t der Versicherte das Rücktrittsrecht (§ 53 Abs. 1). Aber der Versicherte k a n n das Rücktrittsrecht n u r g e m ä ß § 53 Abs. 2 (also i m Besitz der Police oder mit Z u s t i m m u n g des Versicherungsnehmers), d e r Versicherungsnehmer k a n n es g e m ä ß § 54 Abs. 1 a u s ü b e n ( K i r c h b e r g e r Z H R 68. 168). — Ist die versicherte Sache v e r ä u ß e r t , so k a n n n u r der E r w e r b e r zurücktreten (§ 49 Abs. 1). — R ü c k t r i t t d u r c h V e r t r e t e r : BGB §§ 174, 177, 180.

b) Der Versicherungsnehmer k a n n z u r ü c k t r e t e n . Der R ü c k t r i t t ist eine empfangsbedürftige (im übrigen keiner besonderen F o r m b e d ü r f e n d e , rechtsgestaltende, n ä m lich r e c h t s a u f h e b e n d e ) Willenserklärung (BGB § 349; ü b e r empfangsbedürftige Erk l ä r u n g e n : V o r b . vor § 1 A n m . 33). — Der R ü c k t r i t t m u ß (gleich allen rechtsgestalt e n d e n E r k l ä r u n g e n ) bestimmt sein. D e r Versicherer m u ß wissen, w o r a n er ist. D e r R ü c k t r i t t darf d a h e r insbesondere nicht b e d i n g t sein, w e n n die Bestimmtheit u n t e r d e r Bedingtheit leidet. D e r Versicherungsnehmer k a n n z. B. nicht u n t e r der Bedingung zurücktreten, d a ß es i h m gelingt, das Risiko a n d e r w e i t zu decken. E r k a n n a b e r u n t e r der Bedingung zurücktreten, d a ß der Versicherer z a h l u n g s u n f ä h i g ist. D e n n diese Bedingung ist bloße Rechtsbedingung. — A n f e c h t u n g des Rücktritts wegen I r r t u m s usw.: BGB §§ 119fr. Anm. 8 c) Der R ü c k t r i t t ist d e m V e r s i c h e r e r g e g e n ü b e r zu erklären. I m Falle d e r Mitversicherung natürlich n u r d e m z a h l u n g s u n f ä h i g e n Versicherer gegenüber. D e r „ f ü h r e n d e " Versicherer ist z u r E n t g e g e n n a h m e der E r k l ä r u n g nicht e r m ä c h t i g t (vgl. V o r b . vor § 1 A n m . 46). •— E r k l ä r u n g gegenüber einem Vertreter, insbesondere einem Gesamtvertreter des Versicherers: § 3 A n m . 18. Anm. 9 d) Der Versicherungsnehmer k a n n o h n e w e i t e r e s zurücktreten. O h n e A n d r o h u n g , o h n e Fristsetzung, o h n e d a ß d e m Versicherer Gelegenheit gegeben wäre, das R ü c k trittsrecht d u r c h Sicherheitsleistung zu beseitigen (Prot. 3612, 4450). D e r zahlungsu n f ä h i g e Versicherer m u ß mit d e r Möglichkeit des Rücktritts r e c h n e n u n d darf d a h e r mit G e g e n m a ß r e g e l n nicht warten. Doch wird die Assekuranztreue u n t e r U m s t ä n d e n A n d r o h u n g gebieten (§ 13). A n m . 10 e) Das Rücktrittsrecht ist z e i t l i c h n i c h t b e s c h r ä n k t . Der Versicherer k a n n aber d e m Versicherungsrecht f ü r die A u s ü b u n g eine Frist b e s t i m m e n ; das Rücktrittsr e c h t erlischt, w e n n es nicht fristgemäß ausgeübt wird (BGB § 355). — Das Rücktrittsrecht erlischt ferner, w e n n der Versicherer wieder zahlungsfähig wird. U n d zwar ohne weiteres; a u c h ohne, d a ß der Versicherungsnehmer d a v o n K e n n t n i s erlangt. Doch wird d e r Versicherer u n t e r U m s t ä n d e n d e m Versicherungsnehmer von der W i e d e r e r l a n g u n g d e r Zahlungsfähigkeit Mitteilung m a c h e n müssen ( § 1 3 ) . — Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn es auf die Zahlungsfähigkeit des Versicherers nicht m e h r a n k o m m t , w e n n der Versicherungsnehmer nicht m e h r anderweit wirksam Versicherung n e h m e n k a n n , w e n n insbesondere sicher ist, d a ß Entschädigungsansprüche nicht m e h r zu e r h e b e n sind. Das entspricht d e m Sinne des § 47 (oben A n m . 3). Der Versicherungsnehmer k a n n natürlich nicht noch v o m V e r t r a g zurücktreten, n a c h d e m das Vertragsverhältnis längst abgewickelt ist. D a ß die Versicherung beendigt ist, ist also nicht o h n e weiteres entscheidend.

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f) Der u n b e r e c h t i g t e Rücktritt hat keine besonderen Rechtsfolgen. Der Ver- § 47 sicherer kann ihn aber regelmäßig als Antrag auf Rückgängigmachung des Versiehe- Anm. 11 rungsvertrags betrachten und behandeln. Schweigt er, so liegt darin noch keine Zustimmung (vgl. Vorb. vor § i Anm. 18). Unter Umständen bildet der Rücktritt für den Versicherer einen wichtigen Grund zur Aufhebung des Versicherungsverhältnisses (Vorb. vor § i Anm. 22). g) Der b e r e c h t i g t e Rücktritt wirkt gemäß §§ 346fr. BGB. Insbesondere müssen Anm. 12 „die Parteien einander die empfangenen Leistungen zurückgewähren" (BGB § 346 Abs. 1). Insbesondere der Versicherer die Prämie. Und zwar „die ganze Prämie" (HGB §898; abw. O b e r m a y e r 72: weniger die Ristornogebühr). Der Versicherer hat nichts geleistet, was ihm zurückgewährt werden könnte (wenn er nicht etwa entschädigt hat). Zwar hat er die Gefahr getragen (wenigstens soweit es ihm seine Zahlungsfähigkeit erlaubte). Aber das kann man nicht als Leistung im Sinne des § 346 BGB bezeichnen (vgl. auch Vorb. vor § 1 Anm. 21). Diese „Leistung" unter diesen Verhältnissen zu bewerten, würde auch unüberwindlichen Schwierigkeiten begegnen. Anders, wenn dem Versicherungsnehmer nicht das Rücktrittsrecht, sondern das Recht zur unbefristeten Aufhebung zustehen würde. Dann würde dem Versicherer der entsprechende Teil der Prämie zu belassen sein (vgl. auch R G 21. 329); der sog. Grundsatz der Unteilbarkeit der Prämie würde nicht im Wege stehen, da es ihn nicht gibt (§ 16 Anm. 27). •— Besonders unbillig wäre das Ergebnis, wenn der laufend Versicherte mit der Wirkung zurücktreten könnte, daß der Versicherer auch die Prämien zurückgeben müßte, die auf die (schadenfrei) abgewickelten Einzelversicherungs-Verhältnisse entfallen (so S i e v e k i n g 206). Das ist abzulehnen. Zwar ist die laufende Versicherung „der Vertrag", nicht bloß ein Mantel- oder Rahmenvertrag für künftige Versicherungsverträge (§97 Anm.). Aber gemeint ist offenbar im § 47 überhaupt nicht der Rücktritt vom Vertrag, sondern der „in einem Vertrag" (BGB § 346), der im Versicherungsvertrag bedungene Rücktritt vom Versicherungsverhältnis. Soweit diese Verhältnisse so erledigt sind, daß es auf die Zahlungsfähigkeit des Versicherers nicht mehr ankommt, ist das Rücktrittsrecht erloschen (vgl. auch oben Anm. 10). 6. Der Versicherungsnehmer kann auch auf Kosten des Versicherers Anm. 13 anderweit Versicherung nehmen, sich decken. a) Der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r . Näheres: oben Anm. 6. b) Der Versicherungsnehmer kann sich regelmäßig o h n e w e i t e r e s decken (oben Anm. 14 Anm. 9), ohne dem Versicherer die Deckung anzudrohen. Das Recht ist dem Deckungsrecht ähnlich, das der Gläubiger hat, der kein Interesse mehr an der Erfüllung hat und deswegen ohne weiteres Erfüllung ablehnen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen kann (BGB §§ 286, 326). Die für dieses Deckungsrecht maßgebenden Grundsätze werden nach der Interessenlage auch hier anzuwenden sein. Der Versicherungsnehmer muß insbesondere bei der Deckung s o r g f ä l t i g verfahren (vgl. BGB § 254 Abs. 2). Er darf günstige Deckungsgelegenheit nicht versäumen, muß geeignete Deckungsgelegenheit aufsuchen und darf sich nicht (d. h. nicht auf Kosten des Versicherers) besser decken, als er gedeckt war. Regelmäßig darf er sich auch nur so decken, daß keine Doppelversicherung mit Ausgleichung entsteht, sondern nur so, daß der Anspruch gegen den zahlungsunfähigen Versicherer gemäß § 45 auf den neuen Versicherer übergeht (vgl. § 45 Anm. 7). Denn solche Deckung entspricht der Sachlage und ist billiger. Hieran ändert natürlich nichts, daß der Versicherungsnehmer nach § 898 H G B a. F. berechtigt war, „nach Maßgabe des § 789" neue Versicherung zu nehmen, nach § 789 aber die neue Versicherung unter Abtretung der Rechte gegen den ersten Versicherer oder gegen die Zahlungsunfähigkeit des ersten Versicherers oder unter Entlassung des ersten Versicherers aus seinen Verpflichtungen zu nehmen

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§ 47 war, und die Worte „nach Maßgabe des § 789" durch das Gesetz vom 30. Mai 1908 gestrichen sind. Denn man hat mit der Streichung dieser Worte nicht beabsichtigt, den § 898 HGB inhaltlich zu ändern (Begr. der HGB-Novelle von 1908). Anm. 15 c) Der Versicherungsnehmer kann a n d e r w e i t Versicherung nehmen. Er kann sich nicht etwa als Selbstversicherer betrachten und Ersatz der Kosten verlangen, die entstanden wären, wenn er „anderweit" Versicherung genommen hätte. Anm. 16 d) Das Deckungsrecht ist z e i t l i c h n i c h t b e s c h r ä n k t . Aber es erlischt, wenn der Versicherer wieder zahlungsfähig wird, oder wenn es auf seine Zahlungsfähigkeit nicht mehr ankommt (oben Anm. 10). Anm. 17 e) Die anderweitige Deckung läßt das V e r s i c h e r u n g s v e r h ä l t n i s u n b e r ü h r t . Der Versicherungsnehmer bleibt insbesondere zur Zahlung der Prämie verpflichtet (RG 52. 407, HGZ 1902. 143). Aber er muß die neue Versicherung unverzüglich mitteilen (§ 12). Und er kann Erstattung der Kosten der neuen Versicherung verlangen. Anm. 18 7. Der Versicherungsnehmer hat die W a h l (so ausdrücklich HGB § 898). Tritt er zurück, so kann er sich natürlich nicht mehr auf Kosten des Versicherers decken. Aber er kann auch nicht mehr zurücktreten, wenn er sich gedeckt hat. Die Ausübung des Gestaltungsrechts macht das Rechtsverhältnis wieder fest. Anm. 19 8. Der Versicherer kann die Ausübung des Rücktritts- und Deckungsrechts durch Sicherheitsleistung abwenden, richtiger wohl: das Rücktritts- und Deckungsrecht durch Sicherheitsleistung beseitigen. Auch ein Gestaltungsrecht. a) D e m V e r s i c h e r u n g s n e h m e r ist Sicherheit zu leisten. Bei der Versicherung für fremde Rechnung dem Versicherten, und zwar so, daß darüber der Versicherte gemäß § 53 Abs. 2, der Versicherungsnehmer gemäß § 54 verfügen kann. b) A r t der Sicherheitsleistung: BGB §§ 232fr. Nach §232 Abs. 2 BGB ist auch Sicherheitsleistung durch Stellung eines tauglichen Bürgen zulässig, wenn in anderer Weise Sicherheit nicht geleistet werden kann. Gemäß § 233 BGB erwirbt der Versicherungsnehmer am Hinterlegten ein Pfandrecht. c) Der U m f a n g der Sicherheit richtet sich nach der Entschädigungspflicht des Versicherers (nicht nach dem Grade seiner Zahlungsunfähigkeit) und wird besonders bei Zeit- und laufenden Versicherungen oft schwer oder gar nicht zu bestimmen sein. Maßgebend ist, daß der Versicherungsnehmer „im Schadensfalle volle Befriedigung durch Zahlung der Versicherungssumme erhält" (so, wenngleich ungenau, RG 52. 407). d) N a c h S i c h e r h e i t s l e i s t u n g darf der Versicherungsnehmer nicht mehr zurücktreten oder sich auf Kosten des Versicherers decken. Auch dann nicht, wenn er von der Sicherheitsleistung keine Kenntnis hat. Der Versicherer ist aber nach § 13 verpflichtet, dem Versicherungsnehmer von der Sicherheitsleistung unverzüglich Mitteilung zu machen (vgl. § 13 Anm. 6). e) Der Versicherungsnehmer muß in die R ü c k g a b e der Sicherheit willigen, wenn der Versicherer wieder zahlungsfähig ist, oder wenn sicher ist, daß es auf die Zahlungsfähigkeit des Versicherers nicht mehr ankommt. Anm. 20 9. Der Versicherungsnehmer hat noch ein d r i t t e s R e c h t (wenn auch nur für den Fall, daß der Versicherer nach Vertragsschluß unsicher wird; nicht auch für den Fall, daß er schon beim Vertragsschluß unsicher ist). Wer aus einem gegenseitigen Vertrag vorleisten muß, kann nach § 3 2 1 BGB, wenn die Vermögensverhältnisse des anderen sich so verschlechtern, daß der Anspruch auf die Gegenleistung gefährdet wird, seine Leistung verweigern, bis die Gegenleistung bewirkt oder Sicherheit geleistet ist. Der Versicherungsnehmer muß in der Regel die Prämie vorleisten. Zwar hat der Versicherer vielleicht gar keine Gegenleistung zu bewirken. Vielleicht aber muß er entschädigen. Die Prämie ist also, einstweilen jedenfalls, Vorleistung (vgl. auch Vorb. vor § 1 Anm. 22). Der Versicherungsnehmer kann sie z u r ü c k h a l t e n . Er muß sie

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zahlen, wenn die Verhältnisse des Versicherers wieder besser werden oder nicht mehr in Betracht kommen. Er kann sie im Versicherungsfall auf die Entschädigungsforderung verrechnen. 10. Der Versicherungsnehmer hat nicht noch ein viertes Recht, das Recht auf Abtretung der A n s p r ü c h e des V e r s i c h e r e r s g e g e n R ü c k v e r s i c h e r e r (vgl. E h r e n b e r g 386 und R V R 52, H a g e n Z f V W 1920. 158, R o e l l i 458). The original assured has no right or interest in respect of such re-insurance (MIA § 9 Abs. 2). 1 1 . Der Versicherungsnehmer kann das Versicherungsverhältnis wegen wichtigen Grundes ohne Einhaltung einer Frist k ü n d i g e n (Vorb. vor § 1 Anm. 22). Einen wichtigen Grund bildet auch die Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Versicherers, die den Versicherungsschutz ernstlich in Frage stellt. Aber hier greift § 47 ein (Vorb. vor § 1 Anm. 22). Die Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Versicherers kommt nur unter den Voraussetzungen und mit den Rechtsfolgen des §47 in Betracht (so auch E w a l d HansRGZ 1928 A 449fr.; anders H a g e n S V R 103, der den Grundsatz vom Rücktrittsrecht des Versicherungsnehmers bei Eintreten der Unsicherheit des Versicherers auch außerhalb der Regelung des § 47 gelten läßt. Vgl. auch L G Hamburg HansRGZ 1936 B 512 über das Verhältnis des § 47 zu anderweitiger, im Ergebnis ähnlicher vertraglicher Regelung). Das gilt insbesondere auch im Falle der laufenden Versicherung. 12. Der Versicherungsnehmer kann noch in a n d e r e n F ä l l e n in die Lage kommen, eine N o t v e r s i c h e r u n g zu nehmen. So etwa, wenn der Versicherer behauptet, frei zu sein, weil die vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt sei, oder weil die versicherten Güter mit einem anderen als mit dem im Vertrag bestimmten Schiffe verladen seien (vgl. den Fall Ullrich Nr. 7, auch Vorb. vor § 1 Anm. 22). Die Kosten der Notversicherung fallen dem Versicherer nur dann zur Last, wenn ihn ein Verschulden trifft (BGB §276; ansch. abw. H G u. O G Hamburg Ullrich Nr. 7; vgl. auch § 13 Anm. 6, 9). 13. Konkurs des Versicherers. a) Die E n t s c h ä d i g u n g s f o r d e r u n g des Versicherungsnehmers ist Konkursforderung. Dabei hat es sein Bewenden, wenn der Versicherungsvertrag im übrigen vollständig erfüllt ist. Schuldet der Versicherungsnehmer noch Prämie, so kann er die Entschädigungsforderung gegen die Prämienforderung aufrechnen. § 80 V A G kommt zur Anwendung. Er lautet: „ I n Versicherungszweigen, wofür nicht die besonderen Vorschriften der §§ 65 bis 79 über die Deckungsrücklagen gelten, gehen bei Konkurs die Forderungen aus Versicherungsverträgen auf Rückerstattung eines auf die Zeit nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses entfallenden Teiles des Versicherungsentgelts und auf Ersatz eines zur Zeit der Konkurseröffnung bereits eingetretenen Schadens den übrigen Konkursforderungen des § 61 Nr. 6 der Konkursordnung im Range vor. Dabei werden Forderungen auf Rückerstattung des Teiles eines Versicherungsentgelts im Range nach den Forderungen auf Ersatz eines Schadens, Forderungen derselben Rangordnung nach Verhältnis ihrer Beträge berichtigt." Nach h. A. gilt § 80 V A G nicht nur für die aufsichtspflichtige Schadenversicherung, sondern auch für die im Rahmen des § 148 V A G aufsichtsfreie Transport- und Rückversicherung. Vgl. P r o l ß Anm. 3 zu § 80 V A G , Anm. 3 zu § 13 V V G , B r u c k - M ö l l e r Anm. 8 zu § 13 V V G . B ö h l e - S t a m m s c h r ä d e r K O , 6. Aufl. 1961, Anm. 9 zu § 61 K O , M e n t z e l - K u h n K O 7. Aufl. Anm. 77 (a. A. die 6. Aufl. Anm. 42), R G 147. 69, 149. 257, 153. 184, 155- 138» i 6 2 . 244, 164. 212.

§ 47

Anm. 21

Anm. 22

Anm. 23

Anm. 24

b) Teilweise anders, wenn der Versicherungsnehmer die P r ä m i e (ganz) g e z a h l t Anm. 25 hat, aber noch u n g e w i ß ist, ob V e r s i c h e r u n g s s c h a d e n entsteht oder entstanden ist. Freilich ist die Entschädigungsforderung auch in diesem Falle Konkursforderung,

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§ 4 7 mag der Versicherungsfall vor oder nach Konkurseröffnung eingetreten sein. Insbesondere auch, wenn er n a c h Konkurseröffnung eingetreten ist. Z w a r sind nach § 59 Nr. 2 K O Masseforderungen die Ansprüche aus zweiseitigen Verträgen, die nach der Konkurseröffnung erfüllt werden müssen. Solche Ansprüche sind nach §§ ig, 2 1 , 22 K O Ansprüche aus Miet-, Pacht- und Dienstverträgen. Solche Ansprüche sind nach § 1 3 V V G im allgemeinen auch Ansprüche aus Versicherungsverträgen; der Versicherungsvertrag bleibt, wenigstens bis zu einem gewissen Zeitpunkt, „ d e r Konkursmasse gegenüber wirksam". Aber es gibt keine Vorschrift, wonach auch der SeeversicherungsVertrag „gegenüber der Konkursmasse wirksam" sein soll, also insbesondere vom Konkursverwalter ohne Rücksicht auf den Konkurs erfüllt werden muß (und es besteht für eine solche Vorschrift auch kein Grund, da dem Seeversicherten anderweit geholfen ist). Würden die Entschädigungsforderungen, die aus den nach Konkurseröffnung eintretenden Versicherungsfällen entstehen, Masseforderungen sein, so würde das (wie H G Z 1902. 142 in anderem Zusammenhang mit Unrecht bemerkt, in diesem mit Recht hätte bemerken können) „die Masse in unbilliger Weise belasten" und jenen Entschädigungsforderungen einen ganz unberechtigten Vorrang vor den Entschädigungsforderungen einräumen, die aus den vor Konkurseröffnung eingetretenen Versicherungsfällen entstanden sind. Konkurspraxis und Rechtsprechung betrachten es deshalb auch als selbstverständlich, daß Entschädigungsforderungen auch dann Konkursforderungen sind, wenn der Versicherungsfall nach Konkurseröffnung eingetreten ist ( H G Z 1902. 1 4 2 ; vgl. auch G e r h a r d 72, S e u f f e r t L Z 1909. 99). Anders K i r c h b e r g e r Z H R 68. 165 (folgend S i e v e k i n g 206) aus der (belanglosen) Erwägung, daß der Versicherungsnehmer die ganze Prämie an den Konkursverwalter zahlen müsse. — Im übrigen ist § 47 A D S anwendbar. Denn der Konkurs setzt Zahlungsunfähigkeit des Versicherers voraus; die Ausnahmefälle, in denen Zahlungsunfähigkeit nicht die Voraussetzung der Konkurseröffnung bildet, werden den Fällen der Zahlungsunfähigkeit gleichzuachten sein ( K i r c h b e r g e r Z H R 68. 164, H G Z 1902. 144). Der Versicherungsnehmer kann z u r ü c k t r e t e n oder s i c h d e c k e n , der Konkursverwalter diese Rechte durch Sicherheitsleistung beseitigen (anders A l e x a n d e r H a n s R G Z 1932 A 75, nach welchem mit der Konkurseröffnung der Versicherungsvertrag enden soll. Aber eine dem § 1 3 V V G entsprechende Vorschrift gibt es für das Seeversicherungsrecht nicht). Wenn der Versicherungsnehmer sich deckt, bleibt das Versicherungsverhältnis unberührt. Tritt er zurück, wird das Versicherungsverhältnis aufgelöst. Deckt er sich, so ist der Anspruch auf Erstattung der Deckungskosten, tritt er zurück, so ist der Anspruch auf Rückerstattung der Prämie Konkursforderung ( S e u f f e r t L Z 1909. 99, R G 52. 408, H G Z 1902. 1 4 3 ; abw. H G Z 1902. 1 4 1 ) . Denn die Ansprüche beruhen auf dem vor Konkurseröffnung geschlossenen Vertrag. Siehe wegen § 80 V A G oben unter a. Anm. 26

c) Anders auch, wenn v o n b e i d e n S e i t e n n o c h n i c h t oder noch nicht vollständig e r f ü l l t ist, wenn die Prämie ganz oder teilweise noch nicht gezahlt ist und wenn noch ungewiß ist, ob Versicherungsschaden entsteht oder entstanden ist. Der K o n k u r s v e r w a l t e r k a n n nach § 17 K O erklären, daß er erfüllen wolle, und E r f ü l l u n g v e r l a n g e n . § 17 K O ist nicht etwa deshalb unanwendbar, weil § 17 K O nach § 25 K O keine Anwendung finden soll, „soweit das bürgerliche Recht besondere Bestimmungen über die Wirkung der Eröffnung des Konkursverfahrens enthält" (so B r o d m a n n 2 3 1 , K i r c h b e r g e r Z H R 68. 163, H G Z 1902. 142 im Anschluß an Mot. z. K O § 25; richtig, wenngleich ohne Begründung, H G Z 1902. 1 4 1 ) . Denn § 898 H G B ( = § 47 A D S ) bestimmt gar nichts über „die Wirkung der Eröffnung des Konkursverfahrens", sondern über die Wirkung der Zahlungsunfähigkeit des Versicherers (Nach S c h l e g e l b e r g e r S V R Bern. 5 zu §47 A D S soll die Frage recht belanglos sein, weil bei ihrer Verneinung der Versicherungsnehmer auch gegenüber dem Er-

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füllungsverlangen des Konkursverwalters sein Wahlrecht ausüben könnte, da der § 4 7 Konkursverwalter in das Rechtsverhältnis so eingetreten ist, wie es bei Konkurseröffnung bestand).