Das Recht der Seeversicherung: Band 1 [Neudruck. Reprint 2020 ed.] 9783112320549, 9783112309353


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German Pages 779 [780] Year 1953

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Table of contents :
Abkürzungen.
Inhalt.
I. Geschichte und Vorgeschichte der ADS.
II. Auslegung und Anwendung der ADS.
III. Begriff des Seeversicherungs-Vertrags.
IV. Abschluß des Seeversicherungs-Vertrags.
V. Mitversicherung.
VI. Gemeinschafts-Versicherung.
VII. Erfüllungsort bei der Seeversicherung.
VIII. Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für dritte.
IX. Vorteilsausgleichung bei der Seeversicherung.
X. Zwingendes und nachgiebiges Seeversicherungs-Recht.
XI. Versicherung gegen Prämie und auf Gegenseitigkeit.
XII. Der Versicherer als Kaufmann.
XIII. Der Versicherungsvertrag als Handelsgeschäft.
XIV. Seeversicherungssachen als Handelssachen.
XV. öffentliches Seeversicherungs-Recht.
Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen.
I. Interesse.
II. Versicherungswert. Unter-, Ober-, Doppeiversicherung.
III. Versicherungstreue.
IV. Police. Prämie. Ristornogebühr.
V. Anzeigepüicht. Gefahränderung.
VI. Umfang und Dauer der Haftung des Versicherers.
VII. Unfallanzeige. Schadensabwendung.
VIII. Andienung. Auskunfterteilung. Entschädigung
IX. Obergang von Schadensersatzansprüchen.
X. Zahlungsunfähigkeit des Versicherers.
XI. Verjährung.
XII. Veräußerung der versicherten Sache. Verpfändung der Entschädigungsforderung.
XIII. Versicherung für fremde Rechnung.
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Das Recht der Seeversicherung: Band 1 [Neudruck. Reprint 2020 ed.]
 9783112320549, 9783112309353

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DAS R E C H T D E R SEEVERSICHERUNG Ein Kommentar zu den Allgemeinen Deutschen Seeversicherungs-Bedingungen

Im Jahre 1919 herausgegeben von den deutschen Seeversicherern nach Beratungen mit deutschen Handelskammern und Fachverbänden unter Vorsitz der Handelskammer Hamburg

Von D R . C A R L R I T T E R Senatspräsident am Hanseatischen Oberlandesgericht

NEUDRUCK

ERSTER BAND

CRAM, DE GRUYTER & CO. / 1953

HAMBURG

Druck : T h o r m a n n & Goetsch, Berlin

Abkürzungen. AbändVorschl. z. E. 1914 = Abänderungsvorschläge zum E. 1914. 1918. AComp. = Assecuranz-Compaß. Berlin-Wien. ADHGB. — Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch. ADS. = Allgemeine Deutsche Seeversichenmgs-Bedingungen. 1919. ÄndVorschl. Hamburg = Hamburgische Änderungsvorschläge zum E. 1864. ÄndVorschl. Stettin = Änderungsvorschläge der Stett.iner Seeversicherer zum E. 1863. AfcP. = Archiv für die Civilistische Praxis. Tübingen. AfHR. = Archiv für das Handelsrecht. Hamburg. AfVW. = Archiv für Versicherungswirtscbafl Berlin. AG. = Amtsgericht. Oder = Ausführungsgesetz. AHO. 1731 = Der Stadt Hamburg Assecuranz- und Havereyordnung vom 10. 9. 1731. AUgPlan 1847 = Revidierter allgemeiner Plan Hamburgischer Seeversicherungen von 1847. AllgYP. = Allgemeine Versicherungs-Presse. Berlin. AlteGP. = Bis 1920 verwendete Güterpolice des VHA. (Mat. 2. 99) AlteKRP. = Bis 1920 verwendete Easko-Reisepolice des VHA. (Mat. 2.106) AlteKZP. = Bis 1920 verwendete Kasko-Zeitpolice des VHA. (Mat. 2-102) Anhang = Anhang zu diesem Werke. Anm. = Anmerkung. AnmVHA. = Anmerkungen des VHA. zum E. 1S64. AnnVers. = Annalen des gesamten Versicherungswesens. Leipzig. Anträge VHK. = Anträge der vereinigten Handelskammern usw. zum E. 1910. 1911. APV. = Veröffentlichungen des Aufsichtsamts für Privatversicherung. Berlin. APV. II. = Anhang zu den APV. ArchBürgR. = Archiv für Bürgerliches Recht. Berlin. Ashers Rechtsfälle = Rechtsfälle aus dem Gebiete des Handelsrechts. Hsggbn. von Asher. Hamburg. AssJB. = Assecuranz-Jahrbuch. Wien. ASVB. — Allgemeine Seeversicherungs-Bedingungen von 1867. (Mat. 2.15) BadRpi. = Badische Rechtspraxis und Annalen der Badischen Gerichte. Karlsruhe. Baumgartners Gerichtspraxis = Gerichtspraxis in Versicherungssachen Hsggbn. von Baumgartner. Straßburg. BaumgartnersHdwbuch. = Handwörterbuch des gesamten Versicherungswesens. Hsggbn. von Baumgartner. Straßburg. BaumgartnersZ. = Zeitschrift für Versicherungs-Recht und -Wissenschaft. Hsggbn. von Baumgartner. Straßburg. BayZ. = Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern. München-Berlin-Leipzig. Begr. = Begründung. Bek. = Bekanntmachung. Bemerk. 1866 = Bemerkungen zu den Monitis zum E. 1864. 1866. Bemerk. Bremen = Bemerkungen der Vereinigten Commission zum E. 1864. 1865. Bemerk. Lübeck I = Bemerkungen der Lübecker HK. zum E. 1863. 1S64. Bemerk. Lübeck II = Bemerkungen der Lübecker HE. zum E 1864. 1S65.

IV Bemerk.VHE. = Bemerkungen der vereinigten Handelskammern usw. über die Äußerung der Assekuradeure zu den Anträgen VHK. BQ. = Bundesgericht. BGB. — Bürgerliches Gesetzbuch. Bolze = die Praxis des RG. in Zivilsachen. Hsggbn. von Bolze. Leipzig. Bremer Tarif = Waren-Tarife des Vereins Bremer See-Versicherungs-Gesellschaften. Bremen. BremSamml. = Sammlung der Entscheidungen des OAG. Lübeck in bremischen CivilRechtssachen. Bremen. BSchG. = G., betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt B8VB. = Versichernngs-Bedingungen der Bremischen See-Versicherungs-Gesellschaften. Bevidiert 1875. (Mat. 2. 117) BuschA. = Archiv für Theorie und Praxis des Allgemeinen Deutschen Handels- und Wechselrechts. Hsggbn. von Busch. Leipzig. C. de comm. — Code de commerce. DJT. = Verhandlungen des Deutschen Juristentages. Berlin. DJZ. = Deutsche Juristenzeitung. Berlin. DTV. = Deutscher Transport-Versicherungs-Verband. DTVMitt. = Die Transportversicherung, Mitteilungen des DTV. Berlin. DVflntSR. = Deutscher Verein für internationales Seerecht. DVfVW. = Deutscher Verein für Versicherungswissenschaft. DVfVWVeröff. = Veröffentlichungen des DVfVW. Berlin. DVPresse = Deutsche Versicherungs-Presse. Berlin. DVZ. = Deutsche Versicherten-Zeitung. Leipzig. DVZtg. = Deutsche Versicherungs-Zeitung. Berlin. E. 1S63 = Entwurf eines Neu revidierten Allgemeinen Plans hamburgischer See-Versicherungen. 1863. E. 1864 = Entwurf Allgemeiner Versichernngs-Bedingungen der Norddeutschen Versicherungs-Gesellschaften. 1864. E. 1866 = Entwurf Allgemeiner Versicherungs-Bedingungen der Norddeutschen SeeVersicherungs-Gesellscbaften. 1866. EhrenbergsHdbch. = Handbuch des gesamten Handelsrechts. Hsggbn. von Ehrenberg. Leipzig. EinhEonn. = Einheitskonnossement (Allgemeine Regeln). Z.B. im SchJB. 1920.233, SVJB. 1914.231. BisenbE. = Eisenbahn- und Verkehrsrechtliche Entscheidungen und Abhandlungen, Zeitschrift für Eisenbahn- und Verkehrsrecht. Berlin-Leipzig. E. 1910 = Entwurf der ADS. von 1910. (Mat. 2.165) E. 1914 = Entwurf der ADS. von 1914. (Mat. 2.225) EndemannsHdbch = Handbuch des gesamten Handelsrechts. Hsggbn. von Endemann. Leipzig. Erläuterungen 1863 = Erläuterungen znm E. 1863. EVO. = Eisenbahn-Verkehrsordnung. F. C. & S. clause = Free of capture and seizure clause. FGG. = Reichsgesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Fuchsberger = Die Entscheidungen des RG. usw. Hsggbn. von Fuchsberger. Gießen. G. (oder Ges.) = Gesetz. Gerhards Praxis = Praxis des Privat-Versicherungsrechts. Hsggbn. von Gerhard. Berlin. GewO. = Gewerbeordnung für das Deutsche Reich. GmbHG. = G., betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung.

V Gruchot •= Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts. Hsggbn. von Grucliot. Berlin. GrünhutsZ. = Zeitschrift für das Privat- und Öffentliche Recht der Gegenwart. Hsggbn. von Grünhut. Wien. GVG. = Gerichtsverfassungsgesetz. HA. = Herrschende Ansicht Hacke = Die Rechtsprechung des EG., des ROHG. usw. auf dem Gebiete des Versicherungsrechts. Hsggbn. von Hacke. Berlin. HAG. — Haudel8appellationBgericht. HambS. — Sammlung der Erkenntnisse und ErkenntnisgrUnde des OAG. zu Lübeck in Hamburgischen Rechtssachen. Hamburg. Hamburger Tarif = Obligatorische Vereinbarung (des VHA.) über Bedingungen und Prämien. Hamburg. Handeini. — Handel und Industrie. München. Hansa = Hansa, Deutsche nautische Zeitschrift, Hamburg. Hdbch. = Handbuch des gesamten Handelsrechts. Hsggbn. von Endemann. Leipzig. Heise u. Cropp = Juristische Abhandlungen von Heise und Cropp. Hamburg. HessRspr. = Hessische Rechtsprechung. Mainz. HG. = Handelsgericht. HGB. = Handelsgesetzbuch. HGB. a. F. = HGB. vor der HGB.-Novelle von 1908. HGB.-Novelle von 1908 = G., betreffend Änderungen der Vorschriften des HGB. über die Seeversicherung, vom 30. 5. 1908. HGZ. = Hamburgische Gerichtszeitung. 1861—186S. Hamburg. = Hamburgische Handelsgerichtszeitung. 1868—1879. Hamburg. = Hanseatische Gerichtszeitung. 1879 ff. Hamburg. (Wenn ohne Zusatz: Entscheidung des OLG.Hamburg). HH. — Sammlung seerechtlicher Erkenntnisse. Hsggbn. von Hermann und Hirsch. Hamburg. HirthsAnn. = Annalen des Deutschen Reichs für Gesetzgebung, Verwaltung und Statistik. Hsggbn. von Hirth. Leipzig. HE. = Handelskammer. HEG. = Handelskammer-Gesetz. HRZ. = Hanseatische Rechts-Zeitschrift. Hamburg. JCC. = Institute Cargo Clauses (z.B. bei Witherby, Marine Insurance Clauses). IFC. = Institute Freight Clauses (z. B. bei Witherby aaO.). IMIR. = International Marine Insurance Rules (International Law Association 1900/1901). ITC. = Institute Time Clauses (z.B. bei Witherby aaO.). ITV. = Internationaler Transport-Versicherungs-Verband (e.V.). ITVMitt. = Mitteilungen des ITV. Berlin. IVC. = Institute Voyage Clauses (z. B. bei Witherby aaO.). JehJ. = Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts. Jena. JfNatSt. = Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik. Jena. JW. = Juristische Wochenschrift. Berlin. EassH. = Kassationshof. KG. = Kammergericht. Kierulff = Sammlung der Entscheidungen des OAG. Lübeck. Hsggbn. von Kiernlff. Hamburg. KO. = Konkursordnung. LG. = Landgericht.

VI Lloyd's Police = Lloyd's S.G policy, MIA. Schedule 1. LübSamml. = Sammlung der Entscheidungen des OAG. zu Lübeck in Lübecker Rechtssachen. Hsggbn. von ßruhn. Lübeck. LZ. = Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht. München-Berlin-Leipzig. MasiusRundschau = Masius Bundschau, Blätter für VersicberungswiBsenschaft, Versicherungsrecht und bemerkenswerte Vorgänge im Versicherungswesen. Leipzig. Hat. — Materialien zu den ADS. Hamburg. 1919. MG. = Allgemeine Seeversicherungs-Bedingungen Ton 1910. Entwurf der Hamburger Assekuranzmakler. Hamburg. 1909. MecklZ. — Mecklenburgische Zeitschrift für Rechtspflege und Rechtswissenschaft. Rostock. MIA. = The Marine Insurance Act 1906 (6 Edward 7. C.41). MittöffFVA. — Mitteilungen für die öffentlichen Feuerversicherungsanstalten. Berlin. Mot. z. PreußE. = Motive zum PreußE. 1857. NAfHR. = Neues Archiv für Handelsrecht. Hamburg. NeumannsZ. = Zeitschrift für Versicherungswesen. Hsggbn. von.Neumann. Berlin. OAG. = Oberappellationsgericht. Oblig. Beschl. des VHA. = Obligatorische Beschlüsse des VHA. (insbesondere für „Kaskound Reederei-Interesse-Versicherungen"). Hamburg. OestRev. = Oesterreichische Revue. Organ für Assekuranz und Volkswirtschaft. Wien. OestVZ.— Oesterreichische Versicherungs-Zeitung. Wien. OestZ. = Oesterreichische Zeitschrift für öffentliche nnd private Versicherung. Wien. OG. = Obergericht. OLG. = Oberlandesgericht. Ord. de la mar. = Ordonnance de la marine 1681. OT. = Obertribunal. Plan 1800 — Bedingungen, nach welchen die Assekuradeurs . . . vom 1. Januar 1800 an Versicherungen übernehmen. PreußAHO. = Assecuranz- und Haverey-Ordnung vor sämtliche Königliche Preußische Staaten vom 18. 2. 1766. PreußALR. = Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. PreußE. = Entwurf eines HGB. für die Preußischen Staaten 1S57. PreußSeerecht = Königlich-Preußisches Seerecht vom 1. 12. 1727. PrivVUG. = Gesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen. Prot. = Protokolle der Kommission zur Beratung eines ADHGB. Hsggbn. von Lutz. Würzburg. RCP. = Rules for Construction of Policy (MIA., Schedule 1). Recht = Das Recht. Hannover. RG. = Reichsgericht. = Entscheidungen des RG. in Zivilsachen. Leipzig. RGSt = Entscheidungen des RG. in Strafsachen. Leipzig. RheinZfZuPR. -= Rheinische Zeitschrift für Zivil- und Prozeßrecht. Mannheim-BerlinLeipzig. RIA. = Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nnd des Grundbuchwesens. Berlin. ROHG. = Reichsoberhandelsgericht. = Die Entscheidungen des ROHG. Erlangen. RPAssAvAdj. = Rules of Practice of the Association of Average Adjusters (z. B. bei Arnould 1625). Rspr. = Die Rechtsprechung der OLG. auf dem Gebiete des Zivilrechts. Leipzig.

vn Rüdiger — Die Rechtsprechung des BO. in Versicherungssachen. Hsggbn. von Rüdiger. Leipzig-Wien. RWG. = Reichswirtschaftsgericht, s. = section. SA. = J. A. SeufEert's Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte usw. München. SächsA. = Sächsisches Archiv für Bürgerliches Recht und Prozeß (später: für Rechtspflege). Leipzig. SammelVB. = Sammlung von Versieherungsbedingungen deutscher Versicherungsanstalten. Berlin. SaskiZ. = Saskische Zeitschrift für das Versicherungswesen. Berlin. SchiffJB. = Schiffahrt-Jahrbuch. Hamburg-Berlin. SchlHolstAnz. = Schleswig-Holsteinische Anzeigen. Glückstadt. SE. = Entscheidungen des Oberseeamts und der Seeämter des Deutschen Reichs» Hamburg. Seebohm = Sammlung seerechtlicher Erkenntnisse. Hsggbn. von Seebohm. Hamburg. SeemO. = Die Seemannsordnung. SeufEBl. = Dr. J. A. Seuffert's Blätter für Rechtsanwendung. Nürnberg. SVJB. = Seeversicherungs-Jahrbuch. Hamburg. Thöls Entscheidungsgründe = Ausgewählte Entscheidungsgründe des OAG. Lübeck. Hsggbn. von Thöl. Göttingen. Ullrich = Sammlung von seerechtlichen Erkenntnissen. Hsggbn. von Ullrich. Hamburg. UVV. = Unfallverhütungsvorschriften der See-Berufsgenossenschaft. VAG. = G. über die privaten Versicherungsunternehmungen. Ver. = Verordnung. Vfreund = Der Versicherungsfreund. Wien-Berlin. VHA. Verein Hamburger Assecuradeure. ViertelJR. = Vierteljahresrundschau über das Versicherungswesen. Berlin. Y Lexikon = Versicherungs-Lexikon. Tübingen. VLexikonErgBd. = Versichernngs-Lexikon, Ergänzungsband. Tübingen. Vorb. = Vorbemerkung. VVG. — G. über den Versicherungsvertrag. WallmannsZ. = Wallmann's Versicherungs-Zeitschrift. Berlin. Witherby = Marine Insurance Clauses, bei Witherby & Co. London. 1919. WO. = Wechselordnung. Wörterbuch = Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. 2. Aufl. Tübingen. Wunderlich = Die Jurisprudenz des OAG. Lübeck in bürgerlichen Rechtssachen aus Lübeck. Hsggbn. von Wunderlich. Bremen. WuRVers. = Wirtschaft und Recht der Versicherung (Beiheft zu MittöffPVA.). Berlin.. YAR. = The York-Antwerp Rules 1890 (z.B. im SchJB. 1920.227). ZfHW. — Zeitschrift für Handelswissenschaft und Handelspraxis. Leipzig. ZfSuWG. = Zeitschrift für Social- und Wirtschaftsgeschichte. Freiburg-Leipzig. ZfVR. = Zeitschrift für Versicherungs-Recht. Leipzig. ZfVW. = Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft. Berlin. ZHR. = Zeitschrift für das Gesamte Handelsrecht und Konkursrecht. Stuttgart. ZPO. = Zivilprozeßordnung. ZwG. = G. über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung.

Vorbemerkungen. Inhalt. I. II. III. IV. V. VI. VII. Vin. IX. X. XI. XII. XIII. XIV. XV.

Geschichte und Vorgeschichte der ADS. Auslegung und Anwendung der ADS. Begriff des Seeversicherungs-Vertrags. Abschluß de3 Seeversicherungs-Vertraga. Mitversicherung. Gemeinschafts-Versicherung. Erfüllungort bei der Seeversicherung. Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für dritte. Vorteilsausgleichung bei der Seeversicherung. Zwingendes und nachgiebiges Seeversicherungs-Recht. Versicherung gegen Prämie und auf Gegenseitigkeit. Der Versicherer als Kaufmann. Der Versicherungsvertrag als Handelsgeschäft. Seeversicherungs-Sachen als Handelssachen. Öffentliches Seeversicherungs-Recht.

I. Geschichte und Vorgeschichte der ADS. 1. Materialien. Grasineyer's Materialien zu einem allgemeinen Plan für die Asseku- Anm. 1 radeurs in Hamburg, 1809. — Entwurf eines allgemeinen Plans hamburgischer SeeVersicherungen, 1843. — Entwurf eines Neurevidirten allgemeinen Plans hamburgischer See-Versicherungen, 1863. Erläuterungen zum E. 1863, 1863. Anmerkungen des VHA. zum E. 1863. Bemerkungen der HK. Lübeck zum E. 1863. — Entwurf Allgemeiner Versicherungs - Bedingungen der Norddeutschen Versicherungs - Gesellschaften auf der Grundlage des ADHGB., 1864. Bemerkungen der HK. Lüheck zum E. 1864. Bemerkungen der bremischen Kommission für die Abänderung der Assekuranz-Bedingungen zum E. 1864. Hamburgische Änderungsvorschläge zum E. 1864. Änderungsvorschläge der Stettiner Seeversicherer zum E. 1864 mit Erläuterungen. — Entwurf Allgemeiner Versicherungs-Bedingungen der Norddeutschen See-Versicherungs-Gesellschaften, 1866. Anträge der Stettiner See V e r s i c h e r e r zum E. 1866. Bemerkungen der Hamburger Assecuradeure zum E. 1866. Bemerkungen (Voigt's) zu den Monitis zum E. 1866. — Entwurf Allgemeiner deutscher Seeversicherungsbedingungen, 1910 (Mat. 2.165). Zusammenstellung der Neuerungen im Ei 1910. Anträge der vereinigten Ilandelskamnrern und . Anm. 5 Sie veranlaßte den Assekuradeur A u f f ' m Ordt, den Entwurf eines „Allgemeinen Plans" herzustellen. Auff'm Ordt legte 1843 den „Entwurf eines allgemeinen Plans hamburgischer See-Versicherungen" vor. Der Entwurf wurde mit jener „bedächtigen Sorgfalt" behandelt, welche auch die Verhandlungen über die späteren Entwürfe von Allgemeinen Seeversicherungs-Bedingungen gekennzeichnet haben (Vorb. zum AllgPlan 1846). Der „Allgemeine P l a n hamburgischer See-Versicherungen" konnte immerhin schon Ende 1846 von der Commerz-Deputation bekanntgemacht werden. Er wurde von 1847 an angewendet und machte damit „einem Tohuwabohu von über 30 Versicherungsplänen ein Ende" ( K n i t t e l 14). Er wurde 1852 in unwesentlichen Punkten „revidiert" und seitdem Ms „Revidierter Plan hamburgischer See-Versicherungen" nicht nur in Hamburg, sondern auch in den Ostseeplätzen den Seeversicherungen zugrunde gelegt. 6. Die Einführung des ADHGB. gab den Anstoß zu erneuter Revision des „Allge- Anm. ü meinen Plans" (vgl. V o i g t NAfHR. 3.464, 4.137). Zunächst glaubte man neben dem ADHGB. mit wenigen Policenbestimmungen auskommen zu können (vgl. „Entwurf der Hamburgischen See-Versicherungs-Police" und dagegen L a z a r u s Bedenken, 1862). Dann nahm die hamburgische Commerz-Deputation die Angelegenheit wieder in die Hand. Sie veranlaßte 1863 den Lübecker OAGRat V o i g t , den Entwurf eines revidierten Plans herzustellen. V o i g t legte im selben Jahre den Entwurf eines „Neu revidierten allgemeinen Plans hainburgischer See-Versicherungen" mit Erläuterungen vor. Bei den Verhandlungen hierüber (vgl. die Materialien oben Anm. 1) beschloß man, das System des Allgemeinen Plans zu verlassen und an das ADHGB. Anschluß zu suchen. Dabei war der Wuusch maßgebend, die Bedingungen an allen deutschen Seeplätzen einzuführen. Insbesondere auch in Bremen. Bremen hatte keine Assekuranzordnung. Man hatte in Bremen früher auf holländische Policen gezeichnet, sich aber schon 1818 auf einen allgemeinen Plan geeinigt, diesen 1836 geändert und 1853 „Versicherungs-Bedingungen der Bremischen See-Versicherungs-Gesellschaften, gültig vom 1. Januar 1854" veröffentlicht ( K i e ß e l b a c h 138, T e c k l e n b o r g System 7). Bremen, Emden, Leer, Lübeck, Rostock, Stettin, Stralsund wurden daher an den Verhandlungen beteiligt. 1864 legte V o i g t den Entwurf „Allgemeiner Versicherungs-Bedingungen der Norddeutschen Versicherungs-Geaellschaften" vor (vgl. dazu die Materialien oben Anm. 1). Auf Grund neuer Verhandlungen legte er 1866 den Entwurf „Allgemeiner Bedingungen der Norddeutschen Seeversicherungs-Gesellschaften" mit Anmerkungen vor (vgl. dazu die Materialien oben Anm. 1). Die Bedingungen wurden nunmehr angenommen, als „Allgemeine Seeversicherungs-Bedingungen von 1867" „auf den Wunsch der Beteiligten

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Auslegung

Vorb. II von der Handelskammer in Hamburg" veröffentlicht und vom 1. Januar 1868 an angewendet. Nur Bremen hatte sich ausgeschlossen, blieb „im unbeneideten Besitz" ( V o i g t XXXII) .«eine'- Bedingungen von 1854 und revidierte sie 1875. — Die ASVB. sind später von den Assekuradeuren mehrfach geändert worden (vgl. „Zusätze und Abänderungen" auf den Policen: Hat. 2. 100, 103, 107). — Die binnenländischen Assekuradeure übernahmen nach eigenen Sonderbedingungen Seeversicherung. Die vom ITV. veröffentlichten „Allgemeinen Bedingungen für die Versicherung von GüterTransporten zur See" haben sich nicht eingebürgert. Anm. 7 7. Das Gesetz, betreffend Änderung der Vorschriften des HGB. über die Seeversicherung, und das VVG. von 1908 veranlaßten den VHA., in Verbindung mit dem ITV. eine Kommission einzusetzen, die unter Berücksichtigung der Gesetzesänderungen, aber auch der inzwischen gemachten Erfahrungen und der in Handel und Schiffahrt entstandenen Veränderungen den Entwurf „ A l l g e m e i n e r D e u t s c h e r S e e v e r s i c h e r u n g s B e d i n g u n g e n " herstellen sollte, also den Entwurf von Bedingungen, die tunlichst für das ganze deutsche Seeversicherungs-Geschäft gelten sollten. Die aus Assekuradeuren der Seeplätze und des Binnenlandes, dem Generalsekretär des ITV. und hamburgischen Juristen zusammengesetzte Kommission veröffentlichte im Juli 1910 den Entwurf von ADS. (E. 1 9 1 0 ) . Die HK. Hamburg leitete darauf Verhandlungen ein, an denen eine Anzahl anderer Handelskammern, der Allgemeine Versicherungs-Schutzverband und eine Reihe von Interessenten-Vertretungen (VHA., Verein Bremer SeeversicherungsGesellschaften, Verein der am Futtermittelhandel beteiligten Firmen, Verein der Getreidehändlcr der Hamburger Börse, Verein Hamburger Exporteure, Verein Hamburger Reeder, Bremer Reedereiverein, Verband des Hamburger Einfuhrhandels, Ostasiatischer Verein, Zentralverband des deutschen Großhandels, Deutscher Wirtschaftsverband für Süd-.und Mittelamerika) beteiligt wurden. Über diese Verhandlungen vgl. die Materialien oben Anm. 1. Im Juni 1914 „konstatierte die Handelskammer (Hamburg) mit Befriedigung, daß nunmehr über alle noch verbliebenen Meinungsverschiedenheiten eine für alle Beteiligten annehmbare Verständigung erzielt worden sei". Der Entwurf wurde im Juli 1 9 1 4 gemäß dieser Verständigung geändert (E. 1 9 1 4 ) . Die ADS. sollten vom 1. Januar 1915 an angewendet werden, — da wurde Deutschland in den Weltkrieg gezerrt. Die Einführung der ADS. in den Verkehr unterblieb. — Ende 1916 erklärte die HK. Hamburg, mit Rücksicht auf die Erfahrungen des Krieges den Entwurf der ADS. nachprüfen zu wollen. Im Dezember 1917 fand in Hamburg eine Massenversammlung der Interessenten statt, in der die Versicherungsnehmer und Assekuranzmakler die Nachprüfung der gesamten Bestimmungen des Entwurfs durchsetzten. Das Spiel begann von neuem; vgl. die Materialien oben Anm. 1. Mit Mühe einigte man sich. Eine Redaktionskommission beseitigte so gut wie möglich die durch die Änderungen verursachten Unebenheiten. Am 1. Januar 1920 sollten die ADS. in Verkehr gebracht werden. Das scheiterte in den Hansestädten am Widerstande der Assekuranzmakler, im Binnenlande am Widerstreben der an ihre früheren Bedingungen gewöhnten und mit ihnen zufriedeneren Assekuradeure. Nur allmählich brechen sich die ADS. die Bahn.

II. Auslegung und Anwendung der ADS. Anm. 8

1. L i t t e r a t n r : F i c k , Die bei der Auslegung des Versicherungsvertragsreclits maßgebenden Grundsätze, 1917. H a g e n , AssJB. 28.9 (Zur Auslegung von Versicherungsbedingungen). Anm. 9 2. Die ADS. sind nient Gesetz. Sie sind B e s t a n d t e i l des V e r s i c h e r u n g s v e r t r a g s , der sie zu seiner Grundlage gemacht hat. Aber dieser Bestandteil ist kein gewöhnlicher, und zwar sowohl seinem I n h a l t wie seinem U r s p r u n g nach.

Auslegung

5

a) Der I n h a l t der ADS. besteht aus verschiedenartigen Elementen. Die über- Vorb. II wiegende Masse bilden Bestimmungen, die Gegenstand freier Vereinbarung sein können und gegebenenfalls sind. Andere Bestimmungen sind aber solche, die nicht Gegenstand freier Vereinbarung sein können. Diese Bestimmungen sind wiederum von Terschiedener Art. Es sind zunächst die Bestimmungen, die sich über die Gültigkeit des Versicherungsvertrags aussprechen. Was gültig, was ungültig, was teilweise gültig, teilweise ungültig sein soll, bestimmt das Gesetz so, daß es, zwingend, unnachgiebig, der freien Vereinbarung sich entzieht. Die Bestimmungen insbesondere, daß Interessen versichert werden „können" (§ 1), ein Vertrag, dem kein versicherbares Interesse zugrunde liegt, unwirksam ist (§ 2), Überversicherungen teilweise unwirksam, betrügerische Über- oder Doppelversicherungen ganz unwirksam sind (§§ 9 Abs. 2, 10 Abs. 3), die Taxe nicht erheblich höher sein darf als der wirkliche Versicherungswert (§ 6 Abs. 2), sind Bestimmungen, die zwar Gegenstand der Vereinbarung sein könnten, wenn das Gesetz den Parteien auch insoweit freie Hand ließe, die aber, da das Gesetz dies eben nicht tut, sondern unnachgiebig ist, bloße Wiederholungen der gesetzlichen Vorschriften, nur zur Vervollständigung des Gesamtbildes in die ADS. mit aufgenommen sind. — Es sind demnächst die Bestimmungen, die sich über gewisse Rechtsgestaltungen verhalten, die anzuordnen dem Gesetz wohl ansteht, die aber im Wege der Vereinbarung nicht oder doch nur in weniger vollkommener Weise herbeigeführt werden könnten. Daß z. B. der Erwerber einer versicherten Sache in (las Versicherungsverhältnis eintritt (§49 Abs. 1), der Versicherungsnehmer für fremde Rechnung die Rechte aus dem Versicherungsvertrag ausüben kann (§ 54), die Rechte an der versicherten Sache mit der Zahlung der Versicherungssumme auf den Versicherer übergehen (§ 71 Abs. 3 usw.), sind Bestimmungen, die jedenfalls so, wie sie getroffen sind, nur vom Gesetz getroffen werden können. Auch insoweit bilden die Bestimmungen der ADS. nur Wiederholungen der gesetzlichen Vorschriften. — Aber auch unter denjenigen Bestimmungen, die Gegenstand freier Vereinbarung sein können, sind viele, die entweder die Vorschriften des Gesetzes (und zwar teilweise des VVG., teilweise des HGB.) wiederholen oder doch sich eng an sie anschließen. — Alles in allem bilden die ADS. „eine vollständige Zusammenstellung der für den Inhalt, das Verständnis und die Wirksamkeit der zu schließenden Versicherungsverträge maßgebenden Regeln" (ROHG. 3.88, 7.400; vgl. auch ROHG.HGZ. 1873, 183: „ein die Gesamtheit des assekuranzkontraktlichen Rechtsverhältnisses unifassendes Regulativ"). Als solche sind sie zu werten, — wobei freilich zu berücksichtigen ist, daß die Vorstellung von der Vollständigkeit, der Einheit des Rechts mit jener Zurückhaltung verstanden werden muß, die allen gesetzgeberischen Erzeugnissen gegenüber am Platze ist (vgl. unteu Anm. 11, § 126 Anm.). b) Über den U r s p r u n g der ADS.: Vorb. I. Die ADS. sind nach fast zehn Jahre langen Verhandlungen zwischen den Assekuradeuren und der beteiligten Kaufmannschaft, „nach Beratungen mit deutschen Handelskammern und Fachverbänden unter Vorsitz (d. h. Leitung) der Handelskammer Hamburg" zustande gekommen. Ein nur oberflächlicher Vergleich der ADS. mit dem E. 1910, ein nur kurzer Einblick in die, übrigens der Natur der Sache nach unvollständigen, „Materialien" ergeben bereits, welchen gewaltigen Einfluß die Kreise der Versicherten unter der Führung der bedeutendsten Organe des Handelsstandes und der geschäftsklugen, alterfahrenen, hansestädtischen Assekuranzmaklerschaft auf die Gestaltung der ADS. ausgeübt haben. Es wäre daher nichts verkehrter, als wenn man die ADS. wie die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen" betrachten und behandeln wollte, welche die wirtschaftliche Überlegenheit des Verfrachters dem Befrachter, des Spediteurs dem Kommittenten, des Exporteurs dem Fabrikanten vorschreibt. Der Seeversicherung steht, wie keinem anderen Zweige des Handels, der Weltmarkt offen. Ihr tritt aber eben deshalb auch, wie keinem anderen

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Auslegung:

Vorb. II Zweige des Handels, der Wettbewerb der Welt auf die Füße. Wird der Hamburger Kaufmann von seinem Assekuradeur nicht „coulant" bedient,' geht er nach London. Nicht „social gleich kräftige und gleich geschäftsgewandte Interessentengrappen stehen sich einander gegenüber" (so E h r e n b e r g 25). Der Kaufmann hat das entschiedene Übergewicht. Wie er selbst unter Umständen vor dem geschlossenen Willen einer selbst kleinen Wirtschaftsgruppe kapitulieren muß, zwingt er die Assekuradeure, ihm zu Willen zu sein. Als die Hamburg-Altonaer Ewerführer-Baase nicht mehr haften wollten, gab der Kaufmann das so vergrößerte Risiko an die Assekuranz weiter, und diese mußte „in Bezug auf die der hamburgischen Kaufmannschaft seitens der Baase geschaffenen augenblicklichen Notlage ihrer Versicherten erklären, . . . die aus dem Einlassen auf jene Frachtbedingungen im Schadensfalle für den Versicherten . . . erwachsenden Präjudize nicht geltendmachen zu wollen" (Hamb. Bors. Hdbuch 8. Aufl. 293). ROHG. 3. 89 sagt von den ASVB., daß ihren „autonomischen Teil die Versicherer als einen von ihnen ausgehenden Contracts-Vorschlag (oder, nach HG. Hamburg HGZ. 1872.85, als „das Programm, welches die Versicherer ihrerseits für die von ihnen zu schließenden Verträge aufgestellt haben,") gelten lassen müßten; sei darin etwas mangelhaft oder dunkel und ergebe sich nicht etwa, mit Sicherheit aus dem Zusammenhang mit anderen Bestimmungen, in welchem Sinne der zweifelhafte Punkt aufzufassen sei, so müsse in Betreif desselben zu Ungunsten der Versicherer, als der Proponenten und Derer, qui clarius loqui debuissent, entschieden werden" (ähnlich RG. 9.124, OAG. Lübeck Kierulff 1.1148, HG. Hamburg HGZ. 1872.38, 1874.103, 1879.100 u. a.). Eine solche Auffassung war schon gegenüber den ASVB. unangebracht und nur möglich, indem man die Entstehungsgeschichte der ASVB. mißachtete. Sie wäre vollends unzulässig gegenüber einer kodifikationsähnlichen Regelung gleich derjenigen der ADS., die im engsten Einvernehmen mit den Kreisen der Versicherten und unter ihrem entscheidenden Einfluß zustande gekommen ist (Bruck JW. 1920.17). Anm. 10 3- Die ADS. sind „Bedingungen", Vertragsbestimmungen. Sie gelten nur, wenn und weil die Parteien sie, ausdrücklich oder stillschweigend, zum Bestandteil des Vertrags gemacht haben. Regelmäßig wird dies ausdrücklich geschehen. Denn über den Vertrag wird regelmäßig eine Police ausgestellt und das Policenmuster nimmt auf die ADS. Bezug (Anhang VfL). Haber, die Parteien versäumt, sich über Allgemeine Bedingungen zu einigen, so werden die ADS. gleichwohl als (stillschweigend) v e r e i n b a r t anzusehen sein Zwar sind sie nicht die Geschäftsbedingungen des einen Versicherungsvertrag abschließenden Assekuradeurs, wie etwa die (gehörig bekanntgemachten) Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Verkehrsuntemehmung, die nach allgemeinen Grundsätzen ohne weiteres als Bestandteil der von ihr geschlossenen Verkehrsverträge gelten (Ritter HGB.431). Aber es sind doch Geschäftsbedingungen, auf deren Grundlage Versicherungen zu übernehmen die deutschen Assekuradeure sich i allgemein, der breitesten Öffentlichkeit gegenüber, bereit erklärt haben. Nur wenn sich im einzelnen Falle ergeben würde, daß die ADS. oder daß jedenfalls die ADS. nicht die allgemeine Grundlage des Vertrags bilden sollen, würde anzunehmen sein, daß die §§ 779 ff. HGB. oder daß andere Bedingungen anzuwenden sind (vgl. RG. HGZ. 1892.193, HGZ. 1892.9; ähnlich schon Pöhls 4.520). — Sind, umgekehrt, die ADS. vereinbart, so kann sich natürlich niemand darauf berufen, daß das Gegenteil ihres Inhalts V e r k e h r s s i t t e , Handelsgebrauch (BGB. §157, HGB. § 346) geworden sei, und daß deshalb nicht sowohl die vereinbarten ADS., als vielmehr die Verkehrssitte gelte (HG. OG. Hamburg, OAG. Lübeck Ullrich Nr. 347, 350, Seebohm 122, LG. Hamburg HGZ. 1901.166). Z.B. darauf, daß die Versicherer sich üblicherweise, statt auf Schadensfeststellung gemäß §§ 91, 93 zu bestehen, mit „Attesten einseitig- von ihnen bezeichneter Sachverständigen" begnügten (HGZ. 1893.188: „Durch den Abschluß der

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Versicherung nach den ASVB. habe auch deren § 133 [ = § 93 ADS.] als von den Ver- Vorb. II tragschließenden vereinbarte Bestimmung zu gelten; unter den Sonderbestimmungen der Police befinde sich keine die Geltung des § 133 beseitigende; daneben könne eine für den Versicherer verbindliche Usance nicht bestehen, wie sie der Versicherte unter Verkennung der Bedeutung der ASVB. für die im einzelnen Falle auf Grund derselben geschlossene Versicherung behaupte"). Oder darauf, daß zwar nach § 42 ADS. schriftliche Andienung nötig sei, nach der Verkehrssitte aber mündliche Andienung als ausreichend angesehen werde (Voigt 764; HGZ. 1886.302: Habe der Versicherungsnehmer den Schaden trotz § 143 ASVB. [ = § 42 ADS.] nur mündlich angedient, so könne er nicht behaupten, daß „die in § 143 ASVB. vorgeschriebene schriftliche Andienung für Partialschäden durch Usance beseitigt und durch mündliche Andienung ersetzt sei . . . Die Berufung auf jene angebliche Usance verkenne die Bedeutung der ASVB. fOr die im einzelnen Falle geschlossene Versicherung; ihre Bedeutung sei die einer lex inter partes . . .; ob regelmäßig die Versicherer, welche sich den § 143 ASVB. als Vertragsbestimmung ausbedängen, von den dadurch ihnen gewährten Rechten überhaupt nicht oder nur in beschränktem Maße Gebrauch zu machen pflegten, sei für den vorliegenden Fall, wo sie ihr Hecht geltend machten, ohne alle Bedeutung"). — Auf bestehende Versicherungsverhältniase hat das „Inkrafttreten" der ADS. natürlich keinen Einfluß gehabt (vgl. einerseits JW. 1900.895, andererseits RG. 25.174) Auch im Falle der Verlängerung laufender Versicherungen, denen die ASVB. zugrunde liegen, gelten die ADS. nur, wenn es vereinbart ist. — Für Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit vgl. PrivVUG. § 41 Abs. 3. 4. Auslegung und Anwendung der ADS. müssen sich also nach den für die Ans- Aura, n legung und Anwendung von Gesetzen maßgebenden Grundsätzen richten. Die ADS. in solche Bestimmungen, die dem Gesetz entnommen sind, und solche „autonomischer" Art aufzuteilen und auf jene die für die Auslegung von Gesetzen, auf diese die für die Auslegung von Verträgen geltenden Grundsätze anzuwenden (so z. B. ROHG. 3.89, 7.401, RG. 4.17, HGZ. 1883.294, HG. Hamburg HGZ. 1872.38), hieße das Wesen der ADS. verkennen und die tatsächlichen Verhältnisse auf den Kopf stellen (richtig dagegen, wenn auch nur in dem hier gemeinten Sinne zu verstehen, OLG.Hamburg LZ. 1920.182: Die Bedingungen seien „das Gesetzbuch der Seeversicherung"). Andererseits versteht sich von selbst, daß die dem Gesetz entnommenen Bestimmungen, wenn sich nicht aus dem Zusammenhang der ADS. etwas anderes ergibt, ebenso verstanden werden müssen, wie die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften selbst (vgl. auch RG. 7.28, 10.16). Man muß also, vom W o r t l a u t der Bestimmungen ausgehend, die B e d e u t u n g ermitteln, die ihre Urheber oder, wenn es sich um eine dem Gesetz entnommene Bestimmung handelt, die Urheber des Gesetzes nach den für sie gegebenen Voraussetzungen, nach den allgemeinen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Anschauungen, die ihre Zeit erfüllten, und nach der besonderen Betrachtung, die den Ausgleich fordernden Interessen zuteil wurde, mit ihr haben verbinden wollen. Ergibt sich hierbei, daß es an Bestimmungen fehlt, die auf das Rechtsverhältnis angewendet sein wollen, so mag man aus einem oberen, den Bestimmungen zugrunde* liegenden Leitsatz abzuleiten suchen, welche Ordnung des Verhältnisses im Sinne der Urheber der ADS. gelegen haben kann (Analogieschluß). Der Richter wird sich dabei nur von der Auffassung freimachen müssen, daß er damit noch das Gesetz oder die ADS. anwende, sondern sich in diesem wie in jenem Falle, wo sich ein Obersatz nicht finden lassen will und unverkennbar eine „Lücke im Recht" sich auftut, darüber klar sein müssen, daß es an einer Norm fehlt, welche die widerstreitenden Interessen ausgleicht, und daß es seine Aufgabe ist, dem Gesetzgeber gleich, diese Interessen gegeneinander abzuwägen

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Vorb. II und neuem Rechte den Boden zu bereiten (vgl. insbes. E h r l i c h AfcP. 115.125, S t a m m l e r , Lehre von dem richtigen Rechte und in System. Rechtswiss., auch § 126 Amn.). Das darf freilich nicht zu der oberflächlichen Auffassung verleiten, daß Lücken im Versicherungsrecht ohne weiteres schon dann anzunehmen sind, wenn es an einer ausdrücklichen Regelung des Gegenstandes fehlt, daß insbesondere der Versicherer ohne weiteres dann entschädigen muß, wenu nicht das Gegenteil ausdrücklich bestimmt ist., daß mithin jedes Loch in der Versicherungsdecke auch eine Lücke im Versicherungsrecht und mit der Haftung des Versicherers zu stopfen ist (näheres: § 28 Anm.; vgl. auch LG. Hamburg, HGZ. 1916.86.: „Das Versicherungsgewerbe ist genau wie jedes andere kaufmännische Geschäft auf genauer Kalkulation aufgebaut, und ebensowenig wie bei sonstigen Verträgen es Aufgabe der Gerichte ist oder sein darf, etwas in dieselben durch Auslegung zu Lasten der einen oder anderen Partei hineinzutragen, kann der Standpunkt des Versicherten geteilt werden, daß bei den vorliegenden Verhältnisseil die Verpflichtungen der Versicherer nach den Grundsätzen der Analogie weiter ausgedehnt werden müßten, als es den Bestimmungen des Versicherungsvertrags entspricht"). — Nach diesen Grundsätzen kann z. B. mit Sicherheit festgestellt werden, daß im Falle einer Beschädigung der versicherten Güter trotz des § 93 Abs. 2 Satz 2 Gesundwert und Schadenswert der Güter ohne Abgaben zu schätzen sind, solange die Güter zollfrei wieder ausgeführt werden können (§ 93 Anm.), und ebenso, daß der Versicherungsnehmer bei Erfüllung seiner Obliegenheiten das Verschulden dritter in den Grenzen des § 278 BGB. vertreten muß (näheres unten Anm. 66). Anm. 12 5. Die Ü b e r s c h r i f t e n der Abschnitte und Einzelbestimmungen insbesondere. Sie sind Bestandteile der ADS. und als solche bei der Auslegung der ADS. von Bedeutung. Aber sie haben nicht den Zweck, als Hilfsmittel bei der Auslegung, sondern den Zweck, als Hilfsmittel bei der Übersicht über den in den ADS. geordneten Rechtsstoff zu dienen. Bei der Auswahl solcher Stichworte muß überdies oft mehr Rücksicht auf die Kürze als auf den Inhalt der Bestimmung usw. genommen werden (vgl. z. B. § 36 Anm.). Die Überschriften dürfen daher bei der Auslegung nur mit größter Vorsicht verwendet werden. Insbesondere darf ihnen selbstverständlich gegenüber dem im übrigen klaren Inhalt der Bestimmungen keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden ( R o e l l i 179, RG. 70.146). Anm. 13

6- Die Auslegung der b e s o n d e r e n B e s t i m m u n g e n des Versicherungsvertrags, insbesondere (nicht sowohl die der Klauseln der §§ 113—124, sondern) die der besonderen Klauseln muß sich natürlich nach den allgemeinen, für die A u s l e g u n g ' von V e r t r ä g e n geltenden Regeln richten, zu denen jedoch noch die besondere Regel des § 13 kommt (§ 13 Anm.). Es entscheidet also der „wirkliche Wille" der Parteien, nicht der „buchstäbliche Sinn des Ausdrucks" (BGB. § 133) und, wenn der wirkliche Wille nicht zu ermitteln ist, „Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte" (BGB. § 167), im kaufmännischen Verkehr der „Handelsgebrauch", die „Usance" (HGB. §346; näheres: R i t t e r HGB. 427), und zwar regelmäßig die am Erfüllungsort bestehende Verkehrssitte ( R i t t e r HGB. 444), insbesondere nicht die Verkehrssitte, die am Orte der Bestimmung des versicherten Schiffes oder der versicherten Güter gilt (HG. OG. Hamburg, OAG.Lübeck, Ullrich Nr. 347). — Besondere Versicherungsbedingungen g e h e n den a l l g e m e i n e n B e d i n g u n g e n v o r , insbesondere geschriebene den vorgedrucl.ten (RG. 59.160, LZ. 1910.786, LG. OLG. Hamburg HGZ. 1881.11, 1892.11, 1904.171 und bei Gerhard Praxis 2.239). 7. Besonders hervorzuheben ist: Anm. 14 a) Der besondere Teil des Versicherungsvertrags, insbesondere der besondere Inhalt der Police, wird vielfach, namentlich im hansestädtischen Versicherungsverkehr, nicht sowohl vom Versicherer, als vielmehr vom Versicherungsnehmer, meist nach seiner

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allgemeinen Anweisung vom Assekuranzmakler, bestimmt (vgl. z. B. HGZ. 1908. 271, Vorl». 11 wo freilich die Parteirollen mehrfach sinnentstellend verwechselt sind). Insoweit würde also „der alte Satz, daß L ü c k e n und D u n k e l h e i t e n zu ungunsten des Versicherers zu entscheiden sind" (so z . B . G e r h a r d 223, R o e l l i 176 und hier angef.) vielmehr umznkehren sein und überdies zugunsten des Versicherers der ältere Satz zu seinem Rechte kommen müssen, daß Vertragsbestimmungen über die Leistungspflicht des Schuldners im Zweifel zugunsten des Schuldners auszulegen sind (fr. 26 de reb. dub. 3 4 . 5 : ambiguitas contra stipulatorem; nach LG.Hamburg HGZ. 1881.11 sollen dagegen Klauseln sogar dann „gegen den Versicherer als den Proponenten" ausgelegt werden, wenn g a r nicht er, sondern der Makler des Versicherten die Klauseln „proponiert" hat). In Wirklichkeit hat keiner dieser beiden „alten Sätze" gegenüber den Auslegungsregeln des gemeinbürgerlichen Rechts, die, zumal im Lichte des § 13, auch für den Versicherungsverkehr ausreichen, Daseinsberechtigung. b) Versicherer und Versicherungsnehmer stehen regelmäßig in dauernder Geschäfts- Anm. 15 Verbindung. Im Laufe einer solchen Verbindung können g e m e i n s c h a f t l i c h e A n s c h a u u n g e n ü b e r «lie A u s l e g u n g sowohl der allgemeinen wie der sonst üblichen besonderen Versicherungsbedingungen zutage treten. Sie sind natürlich zu beachten ( R o e l l i 172). Wenn die Policen regelmäßig die Klausel enthalten, daß „etwaige Abweichungen von obigen Reisen oder gänzliche Veränderungen derselben nicht präjudizieren sollen, die Versicherung vielmehr vorkommendcnfalls in K r a f t bleiben soll gegen Prämienregulierung nacli Billigkeit, sobald definitive Nachrichten eingehen", und der Versicherer trotz monatelanger Verzögerung nicht den Standpunkt einnimmt, daß er von der Leistungspflicht befreit sei, sondern die Prämienzulage einzieht, muß er in künftigen Fällen sich gefallen lassen, daß die Klausel so ausgelegt wird, wie die Parteien sie in jenem Falle angewendet haben (RG. 3.148). Wenn der Versicherer, der „Frei von Beschädigung außer im Strandungsfall'' ist, in Fällen, in denen zweifelhaft ist, ob der Fäll ein Strandungsfall ist, Beschädigungsschaden vorbehaltlos ersetzt, kann er sich in späteren gleichliegenden Fälleu nicht darauf berufen, daß seine Auffassung vo> begriffe des Strandungsfalls unrichtig war, und Entschädigung verweigern, weil nach richtiger Auslegung der Fall nicht als Strandungsfall anzusehen sei (vgl. LG. Berlin LZ. 1911.167 über den Begriff des Brandes und dazu § 114 Anm., 124 Anm.). Anders, wenn von solchen Zweifeln über die Bedeutung einer Vertragsbestimmung keine Rede sein kann, (1er Versicherer vielmehr offenbar — aus C o n l a n z — zahlt, obwohl er zu zahlen nicht verpflichtet ist. Wenn der Versicherer zahlt, obgleich der Schaden nicht nach § 74 oder § 93 festgestellt ist; kann der Versicherungsnehmer darin natürlich nicht eine Auffassung des Versicherers über die „Auslegung" dieser Bestimmungen erblicken und auch in künftigen Fällen von der gehörigen Schadensfeststellung Abstand nehmen. Auch dann nicht, wenn solche „coulante" Behandlung sich wiederholt, zumal die „coulante" Abwicklung des Versicherungsverhältnisses im Seeversicherungsverkehr durchaus gewöhnlich ist ( R i t t e r ArchBürgR. 37.201; vgl. auch HGZ. 1892.222 für das Verhältnis des Vor- und des Rückversicherers). Anders HGZ. 1909.80: Der Versicherer „müsse sich darüber klar sein, daß, wenn er die Schäden reguliere, ohne sich irgendwie über die Nichtbeobachtung der Vorschriften des § 133 ASVB. ( = § 93 ADS.) zu äußern, der Versicherte angesichts des Umstandes, daß durch die Nichtbeobachtung des § 133 ASVB. Kosten erspart würden, sich in die Vorstellung einleben müsse, daß der Versicherer mit dem wiederholt eingeschlagenen Verfahren einverstanden sei. Unter solchen Uniständen sei es nach Treu und Glauben Sache des Versicherers gewesen, wenn er der Regulierung von Schäden trotz Nichtbefolgung des § 133 ASVB. den Charakter eines ausnahmsweisen Entgegenkommens habe bewahren wollen, den Versicherten darauf aufmerksam zu machen. Habe er fortgefahren, die Schäden ohne solchen Hinweis zu

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Vorb. II regulieren, so sei in seinem Verhalten eine stillschweigende Willenserklärung zu finden, daß er das vom Versicherten geübte, von § 133 ASVB. abweichende Verfahren bis auf Widerruf zulasse". Damit ist das Wesen der „Coulanz", des „ausnahmsweisen Entgegenkommens" bedenklich verkannt. Ihm ist weder eigentümlich, daß das Entgegenkommen mit Vorbehalten verbrämt wird, noch daß es der entgegenkommenden Partei in künftigen Fällen zum Fallstrick werden kann. Wer wiederholt seine Obliegenheiten nicht erfüllt und die Coulanz seines Vertragsfreundes mißbraucht, kann nicht damit rechnen, daß sein vertragswidriges Verfahren damit sanktioniert ist, sondern vielmehr nur damit, daß, wenn er gewohnheitsmäßig fortfährt, seine Obliegenheiten zu mißachten, der Gegenpartei schließlich einmal der Geduldsfaden reißt. —Vorsichtiger R o e l l i 173: Der Versicherer sei zum Gegenbeweis zuzulassen, daß die „Übung auf Irrtum oder lediglich auf einer dem Versicherungsnehmer erkennbaren Geschäftskulanz oder Liberalität (Kommiserationsgründe) beruhe". Richtig insbesondere HGZ. 1893. 188: „Hätten die Versicherer auch in dieser Beziehung (inbezug auf die Schadensfeststellung gemäß § 133 ASVB. = § 93 ADS.) in früheren Fällen Coulanz gezeigt, so könne das nicht wohl auf Grund der Klausel (daß Schäden durch Experten abgeschätzt werden könnten und kein Verkauf der versicherten Güter in Auktion stattfinden solle) geschehen sein", sei deshalb die Coulanz auch ohne Bedeutung. Ebenso RG. HGZ. 1892.195: „Die ohne Rechtsverwahrung auf die ältere Police geleisteten Zahlungen . . . würden eine Genehmigung zur Vernachlässigung der Vorschriften des § 133 ASVB. bei der Feststellung deT Schäden aus der jüngeren Police nicht in sich schließen". Richtig auch HGZ. 1919.64: Wenn der Versicherer gelegentlich kleinere, durch Havariegrosse-Beiträge untertaxierter Schiffe entstandene „Überschäden" (die Versicherungssumme übersteigende Schäden) vergütet hat, kann der Versicherungsnehmer nicht erwarten, daß diese „Kulanzregulierung" so fortgesetzt werde (bestätigt HGZ. 1919.184). Richtig auch HG. Havre ITVMitt. 1914.27: Wenn die Versicherer auch im allgemeinen die Verjährungseinrede nicht erhöben und der Versicherer auch in früheren Fällen die Verjährungseinrede nicht erhoben habe, könne der Versicherungsnehmer nicht damit rechnen, daß der Versicherer auch in späteren Fällen sich auf die Verjährung nicht berufe. Richtig auch HGZ. 1886.303, eine Entscheidung, die gleichzeitig zeigt, wie verschieden sich in verschiedenen Köpfen der Begriff von Treu und Glauben malt. Der Makler des Güterversicherten hatte den Versicherungsschaden mündlich angemeldet, der Versicherer eingewendet, daß § 143 ASVB. ( = § 42 ADS.) verletzt, der Schaden nicht schriftlich angedient sei. LG. Hamburg (HGZ. 1886.301) erwägt, ob nicht sogar „in der Entgegennahme der .Anmeldung des Schadens eine Anerkennung des Versicherers, daß er den Schaden zu tragen habe, liege" (!), gelangt zur Verneinung und urteilt: jedenfalls müsse „darin doch, falls nicht seitens des Versicherers ein Vorbehalt gemacht werde, die Anerkennung gefunden werden, daß den Vorschriften der Bedingungen bezüglich der Andienungspflicht Genüge geschehen sei, und es würde den Versicherer, der die mündliche Andienung ohne Vorbehalt entgegennehme, der Geltendmachung des Versicherungsanspruchs aber nach Ablauf der Andienungsfrist opponiere, daß die Andienung innerhalb solcher Frist nicht ordnungsmäßig schriftlich erfolgt sei, der Vorwurf des Dolus treffen". Dagegen HGZ. 1886.303 (zustimmend HGZ. 1902.55) mit Recht: Freilich könne der Versicherer eine mündliche Andienung genehmigen, „selbstverständlich brauche diese Genehmigung . . . nicht mit ausdrücklichen Worten erklärt zu sein, . . . sich nur aus den Umständen . . . zu ergeben; einen zu diesem Schlüsse berechtigenden Vorgang habe aber der Versicherte die Verpflichtung darzulegen und unter Beweis zu stellen . . . Der Versicherte habe aber offen erklärt, nicht mehr behaupten zu können, als eine mündliche Anzeige seines reklamierten Schadens, also eine für die Konservierung seiner Ersatzansprüche an und für sich wirkungslose Handlung, solange nicht eine Willens-

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äußerung des Versicherers, sich jene Anzeige als Andienung gefallen zu lassen, hin- Vorb. II zugekommen sei. Irgendeinen dahin zu deutenden Vorgang aber sei der Versicherte außerstande zu behaupten". c) Hin und wieder werden in Versicherungsverträge, die nach deutschem Recht, Anm. 16 insbesondere nach deutschen Bedingungen, zu beurteilen sind, ausländische, insbesondere englische Klaasein aufgenommen (vgl. z.B. die Fälle HGZ. 1916.113: englische Kriegsklausel, HGZ. 1906.11, 228: englische Strandungsklausel). Handelt es sich um sog. typische Klauseln, d. h. Klauseln, mit denen der ausländische Rechtsverkehr eine bestimmte Bedeutung verbindet, so ist diese Bedeutung maßgebend (abw. ohne-Begründung HGZ. 1916.114; vgl. insbesondere auch die im deutschen Frachtverkehr häufigen Fälle, in denen typische englische Klauseln in Frachtverträge nnd Konnossemente aufgenommen werden, und dazu: RG. 19.34, 25.107, 39.67, 59.113, 68.203, HGZ. 1871.226, 246, 382, 1899.69,72, 1904.134, 1908.231, 1911.139). Deshalb muß aber auch natürlich im umgekehrten Falle, wenn nämlich in einen nach ausländischem Recht oder nach ausländischen Bedingungen zu beurteilenden Versicherungsvertrag eine typisch deutsch-rechtliche Klausel aufgenommen ist, dieser Klausel die Bedeutung beigemessen werden, die sie im deutschen Rechtsverkehr hat (deshalb unrichtig: HG. OG.Hamburg HGZ. 1869.232, 240: Enthalte die Police einerseits die Bestimmung „Diese Versicherung valediert mit englischen Conditionen", andererseits die Klausel „Frei von Beschädigung außer im Strandungsfall", so dürfe dieser letzteren Klausel nicht die. ihr in Deutschland maßgebende Bedeutung, müsse ihr vielmehr die Bedeutung beigemessen werden, welche die ihr entsprechende englische Klausel „free of average, unless general, or tyie ship be stranded" habe). d) Auch während der Dauer des Versicherungsverhältnisses ergeben sich Anm. it oft Lagen, zu denen die Parteien in einer Weise Stellung nehmen oder nehmen müssen, die für die Auslegung des Vertrags von Bedeutung ist, insbesondere Lagen, die von der einen oder der anderen Partei nicht stillschweigend hingenommen werden dürfen, wenn nicht ihr Schweigen als Zustimmung aufgefaßt werden soll. Zwar gilt auch im VersicherungsverhältniB keineswegs allgemein Stillschweigen auf Willenserklärungen der anderen Partei als Zustimmung. Aber nach § 157 BGB. muß Schweigen dann als Zustimmung angesehen werden, wenn nach Tren und Glauben zu reden P f l i c h t ist, ist die Regel (zu welcher der gemeinrechtliche Jurist c. 43, 44 in 6 t0 de R. J. 5.12, 1.142 D. de R. J. 50.17 umgeformt hatte): qui tacet cum loqui debuit et potuit consentire videtur auch heute noch anwendbar (s. auch oben Anm. 15). Insbesondere darf man auf Mitteilungen über die Auslegung des Vertrags nicht schweigen, wenn der Vertrag der mitgeteilten Auslegung fähig ist (Nachweise bei R i t t e r HGB. 429; vgl. auch RG. HGZ. 1892.195). Dies ist namentlich dann von Bedeutung, wenn der Versicherungsnehmer auf eine laufende Police deklariert, zweifelhaft ist, ob die Police die Deklaration deckt und dieser Zweifel dem Versicherer bei der Entgegennahme der Deklaration erkennbar war oder erkennbar sein mußte (näheres: § 97 Anm.). Wenn die Reise des reiseversicherten Schiffes verzögert wird und der Versicherungsnehmer die Reiseverzögerung in Erklärungen gegenüber dem Versicherer als unerheblich im Sinne des Versicherungsvertrags bezeichnet, darf der Versicherer, der die Sachlage kennt oder kennen muß, nicht schweigen, widrigenfalls es so angesehen wird, wie wenn er die Auffassung des Versicherungsnehmers teilte (RG. 3.147). Vgl. ferner § 13 Anm 5. e) Der Versicherungsvertrag kann während der Dauer der Versicherung — auch Anm. 18 stillschweigend — geändert werden. Auch insoweit wird oft nach Treu und Glauben zu reden, zu widersprechen, Pflicht der eiuen oder der anderen Partei sein, ihr Schweigen also Zustimmung bedeuten. So insbesondere das Schweigen auf Mitteilungen über die Abwicklung des Versicherungsverhältnisses oder das Schweigen in Fällen, in denen es

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Begriff der Seeversicherung

Vorb. III erkennbar als Zustimmung aufgefaßt wird und zur Grundlage geschäftlicher Maßnahmen gemacht werden soll ( R i t t e r HGB. 429). Dies kann insbesondere im Schadenafeststellungsverfahren der §§ 74, 91, 93 von Bedeutung werden (§ 74 Anm.). Ebenso bei Gelegenheit von Sciiadenabwendungs-Maßnahmen. Aber gerade bei solchen Maßnahmen kommt es in erster Linie darauf an, den Schaden abzuwenden oder zu mindern, darf deshalb den Parteien aus ihren Maßnahmen kein Strick gedreht werden. Nach der waiver clause der Lloyd's Police (Anhang XI) gilt vorsichtigenveise als especially de clared and agreed that no acts of the inaurera or insured in recovering, saving, or preserving the property insured sliall be ::onsidered- as a waiver, or acceptance of abandonment (vgL dazu Gow 121). Dasselbe muß nach deutscher Rechtsauffassung ohne weiteres gelten („Verzichte werden nicht vermutet"; vgl. auch A r n o u l d 35 s. 23: in one case the Court of Queen's Bencli expressed the opinion that the clause ist superfluous). — Insbesondere über das Schweigen des Versicherers auf vertragswidrige Deklarationen: § 97 Anm. — Über einen besonderen Fall (den der stillschweigenden Stundung der Prämie): § 16 Abs. 1. — Offenbare C o u l a n z darf dem Versicherer nicht zum Fallstrick werden (oben Anm. 15). Wenn die Haftung des Versicherers für Regenschäden durch den Vertrag ausgeschlossen ist, kann der Versicherungsnehmer sich nicht darauf berufen, daß der Versicherer regelmäßig coulanterweise Regenschäden ersetzt hat: „Wenn der Versicherer in früheren Fällen . . . von seinem vertragsmäßigen .Rechte, die Entschädigung für Regenschäden abzulehnen, keinen Gebrauch gemacht haben sollte, so kann hierin noch kein dauernder Verzicht auf ein derartiges Vertragsrecüt gefunden werden" (KG. ZfVW. 1914.263). — Vgl. ferner § 13 Anm. 5.

III. Begriff des Seeversicherungs-Vertrags. Anm. 19

1. L i t t e r a t u r . B i e d e r m a n n MittöffFVA. 1911.722 (Wechsel in der Person des Versicherers). B r o d m a n n LZ. 1907.123,193 (Zur Theorie des Versicherungsvertrags). B r u c k HRZ. 1921.241. 523,1922.1 (ZumBegriff derTransportversicherung). E h r e n b e r g LZ. 1907.177 (Der Begriff des Versicherungsvertrags), VLexikon 209 (Begriff des Versicherungsvertrags); vgl. auch NeumannsZ. 1908.20 (Kraftwagen-Versicherung). E l b e r t z h ä g e n DJZ. 1904.431 (Die Beziehung des . . . VVG. zum BGB.). E m m i n g h a u s MasiusRundschau 1906.333 (Der Versicherungsbegriff). E n d e m a n n ZHR. 9.284, 511,10.242 (Das Wesen des Versicherungsgeschäfts). F i n g e r LZ. 1908.148 (Rücktritt von Versicherungsverträgen bei geänderten Umständen). Gier BuschsArch.NF. 1.405 (Wesen und rechtliche Natur der Versicherung). G i e r k e , Der Begriff der TransportVersicherung im deutschen Recht, 1910. Gobbi BaumgartnersZ. 1896.464, 1897.246 (Theorie der Versicherung usw.). G o t t s c h a l k NeumannsZ. 1912.645 (Die Befreiung des Versicherers von dir Verpflichtung zur Leistung usw.). G r i e s h a b e r , Das Synallagma des Versicherungsvertrags, 1914. G r u n e r NeumannsZ. 1921.541 (Grenzen der Transport-« Versicherung usw.). G ü n t h e r AnnVers. 1914.101, 113 (Die Transportversicherung in Verbindung mit anderen Versicherungsarten). H a g e n DJZ. 1908.864 (Automobilversicherung). H e c k e r , Zur Lehre von der rechtlichen Natur der Versicherungsverträge, 1894. H e r r m a n n , Theorie der Versicherung, 3.Aufl.l897. H ü l s s e ZfVW. 1903.539 (Die Versicherung als Deckung eines ungewissen Bedarfs). H u p k a ZHR. 66.546 (Der Begriff des Versicherungsvertrags). K o c h - G u l d i n AssJB. 29.88 (Definition des Begriffs Versicherung). K ö r t e , Über den Begriff der Versicherung, Diss. 1910. K r o s t a , Über den Begriff Versicherung, 1911. K ü b e l , ZfVR. 1.342 (Wesen des Versicherungsvertrages). L e u c k f e l d ZfVW. 1901.197 (Die Theorie der Versicherung usw.). Manes VLexikon ErgBd. 94 (Begriff des Versicherungsvertrags). M o l d e n h a u e r NeumannsZ. 1908.95 (Die Versicherung von Automobilen). R o h r b e c k WuRVers. 1913.228 (Theorie der Versiehe-

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rung). R o t h AssJB. 31.51 (Vorzeitige Auflösung des Versicherungsvertrags). S c h l i n k , Vorb. III Die Natur der Versicherung, Diss. 1887. S c h n e i d e r , OestRev. 1913.26, 81 (Der Begriff des Versicherungsverhältnisses); vgl. auch NeumannsZ. 1908.413 (Kraftwagen-Versicherung). S i l b e r s c h m i d t ZfVW. 1917.292 (Begriff und Einordnung des Versicheruugsrechts). V i v a n t e ZHR. 39.451 (Allgemeine Theorie der Versicherungsverträge). W e i s s OestRev. 1913.87,101 (Das Wesen der Versicherung). — Über die Bedeutung der Gesellschaftsfusion für das Versicherungsverhältnis: B e h r e n d ZfVW. 1907.32!, B i e d e r m a n n MittöffFVA. 1911.722, D r u m m LZ. 1916.855, E h r e n b e r g ZfVW. 1916.376, E m m i n g h a u s LZ. 1908.26, F u l d AssJB. 29.3, K i r c h m a n n , Fusion von Versicherungsunternehmungen nach dem geltenden deutschen Rechte, Diss. 1911, K o h l e r ZfVW. 1917.84, M i l t n e r LZ. 1916.442, Rehm ZfVW. 1916.23, LZ. 1916.584, S c h e l l w i e n ZfVW. 1911.269, W e r n e b u r g OestZ. 1919.136, W ö r n e r AssJB. 30.95. — Über die Bedeutung des Krieges für das Versicherungsverhältnis: Beume ZfVW. 1917.155, 297 und Diss. 1916, B r u d e r s DVfVWVeröff. 26.56, OestZ. 1913.373, C. C. DVZtg. 1913.242, 254, F u l d ZfVW. 1916, 623, HRZ. 1918.190, H a g e n DJZ. 1915.60, H e i n e OestZ. 1915.270, 278, 1916.250, Josef Recht 1914.601, K a u f m a n n JW. 1915.261, L. NeumannsZ. 1913.676, M a h l e r t JW. 1915.380, Manes Recht 1906.273, MasiusRundschau 1907.297, P e t e r s e n ZfVW. 1919.154, S c h w e i t z e r Recht 1915.463, U l l m a n n Oest?. 1915.21, W e h b e r g ZfVW. 1910.497, LZ. 1911.602. AnnVers. 1911.305, 1912.193, 1914.129, OestZ. 1913.144, 1914.265, AssJB. 34.40, W e r n e b u r g ZfVW. 1915.383, auch S c h u s t e r ZfintR. 1913 II. 21, S t r u p p ZfintR. 1913 11.118, ferner B e n d i x ZfVW. 1915.123,1916.250, Toop ZfVW. 1918.34. - Über die Bedeutung des Versailler Vertrags für das Versi cherungs Verhältnis: B e r l i n e r . Die Vorschriften des Friedensvertrags von Versailles über Versicherungsverträge, 1921, ZfVW. 1920.103, NeumannsZ. 1919.363, B r u c k , Die Behandlung der Versicherungsverträge im Friedensvertrag usw., 1920, JW. 1919.980, RuWirtschaft 1919.161, F ü h l HRZ. 1919.310, G o l d s c h m i d t u. Z a n d e r , Die Rechte Privater im deutschen Friedensvertrage, 1920, Josef MasiusRundschau 1919.301, K n o l l , Die Einwirkung des Versailler Vertrages auf die Privatversicherung, 1920, R o h r b e c k WuRVers. 1920.53 S c h ä f e r ZfVW. 1920.93. 2. Der Seeversicherungs-Vertrag ist ein T r a n s p o r t v e r s i c h e r u n g s - V e r t r a g Am«. 2-; (vgl. VVG. §§ 129—148, 186), der Transportversicherungs-Vertrag, wenigstens der Hauptsache nach, ein S a c h v e r s i c h e r u n g s - V e r t r a g , der Sachversicherungs-Vertrag ein S c h a d e n s v e r s i c h e r u n g s - V e r t r a g . — Der Seeversicherungs-Vertrag kann sich freilich a u c h auf P e r s o n e n beziehen. So im Falle der Versicherung von Überfahrtsgeldern (§ 1 Anm. 111) oder im Falle der Versicherung des Interesses an der wohlbehaltenen Ankunft eines Schiffes, wenn das Interesse sich an eine auf dem Sthiffe befindliche Person knüpft (§ 1 Anm. 35, 129). Aber im übrigen gelten heute Versicherungsverträge, die sich auf Personen beziehen, nicht als Seeversicherungs-Verträge (anders früher, insbesondere unter dem Einfluß der Türken- und Barbareskengefahr, vgl. z. B. AIIO. 1731 III. 1: „Alles, was über See.. . . versandt oder erwartet wird, es betreffe Schiffe oder Waaren . . ., wie auch der Menschen Leben und Freyheit, See- und Türkengefahr, und dergleichen, kann ein ieder andern versichern, oder durch andere sich versichern lassen", auch AHO. 1731 X, Anl.V: „Police, auf das Leben einer Person", Anl. VI: „Police, für Türkengefahr, auf die Ranzions-Gelder", ebenso Preuß. AHO. § 23, teilweise anders noch Preuß. Seerecht VI. 10; K i e ß e l b a c h 39, 82, 1£4, K n i t t e l 14). Insbesondere gelten Versicherungsverträge, die sich auf Personen beziehen, im allgemeinen nicht als Seeversicherungs-Verträge im Sinne des § 778 HGB., des § 186 W G . Auch ein Vertrag, durch den der Versicherer sich verpflichtet, im Falle eines dem Reisenden oder dem Kapitän zustoßenden Seeunfalls nur die wirklich entstehenden Heilungs- oder Beerdigung*-

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To i b . III kosten zu ersetzen ( E h r e n b e r g LZ. 1907.168: „wirkliche Schadensversicherung") wäre kein Seeversicherungs-Vertrag im Sinne des § 778 HGB., § 186 VVG. Ebensowenig die Versicherung des Gewinninteresses, das jemand daran hat, daß ein anderer, etwa ein Angestellter, am Bestimmungsort ankommt oder mit einem bestimmten Schiffe ankommt (vgl. jedoch auch oben und § 1 Anm. 35). Auf solche Versicherungsverträge finden insbesondere die zwingenden Vorschriften des W G . Anwendung. Zwar sind sie, wenn auch nicht Seeversicherungs-, so doch Transportversicherungsverträge. Zwar nahm der erste Entwurf des VVG. (§ 184) die Transportversicherung ohne Einschränkung von den zwingenden Vorschriften aus. Zwar hat die Reichstagskommission dies nur insofern ändern wollen, als die Kaskoversicherung den zwingenden Vorschriften des Gesetzes unterworfen werden sollte (Komm.Bericht 132). Aber das W G . (§ 187 Abs. 1) nimmt nur die „Transportversicherung von Gütern" aus. Anm. 21 3. Schadensversicherungs-Verträge sind Verträge, durch die der eine Teil (der Versicherer) sich in der Form der Übernahme einer bestimmten fremden Gefahr verpflichtet, den dem anderen Teile (dem Versicherungsnehmer) oder einem dritten (dem Versicherten) durch die Verwirklichung der Gefahr entstehenden Schaden zu ersetzen, der andere Teil sich dagegen verpflichtet, hierfür eine Vergütung zu entrichten (vgl. z.B. E h r e n b e r g 55 und ZHR. 32.129, K i s c h 2.87, H o l t 21; abw. G r i e s h a b e r 16 im Anschluß an K ö h l e r 363: im GegenseitigkeitsVerhältnis ständen nur Gefahrtragung und Prämie, die Entschädigung sei nur eine „Realisierung" oder „Konkretisierung" der Gefahrtragung). Eine solche Begriffsbestimmung ist für die Auslegung und Anwendung der ADS. insofern ohne Bedeutung, als die ADS. nur gelten, wenn sie vereinbart sind, und, wenn sie vereinbart sind, kein Zweifel daran bestehen kann, daß die Beteiligten einen Schadensversicherungs-Vertrag haben schließen wollen. Die Begriffsbestimmung ist aber nötig, weil sich nur mit ihr das Wesen des Versicherungsvertrags und damit sein Zusammenhang mit dem System des Vertragsrechts im allgemeinen und seine Verwandtschaft mit anderen Wirtschafts- und Rechtsformen, insbesondere auch erkennen läßt, inwieweit die für andere Vertragsarten bestehenden und auf der Interessenlage, nicht auf positiver Auswahl aus mehreren Regelungsmöglichkeiten beruhenden Grundsätze wegen Gleichheit der Interessenlage anzuwenden sind (vgl. Molt 18). Der Versicherer verpflichtet sich, S c h ä d e n zu e r s e t z e n (vgl. VVG. § 1 Abs. 1), sei es positive Schäden, sei es Gewinnausfälle. „Wettassekuranzen" sind also keine Versicherungsverträge, sondern Spiel oder Wette (wenigstens, wenn der Versicherer den Sachverhalt kennt,: § 2 Anm. 11). Daß der Versicherer oft weniger, oft mehr leistet, als zur Ausgleichung des Schadens nötig ist, daß er insbesondere den Taxwert der versicherten Sache auch dann zu ersetzen hat, wenn die Taxe übersetzt ist (§ 6 Anm.), hat hiermit nichts zu tun, sondern beruht auf Erwägungen, die vielmehr den Grundsatz bestätigen (deshalb unrichtig S i e v e k i n g 7, HGZ. 1900.245: Der Versicherungsvertrag gewähre „keinen Anspruch auf Schadensersatz im eigentlichen Sinne, sondern enthalte ein bedingtes Zahlungsversprechen des Versicherers", denn der Versicherte erhalte meist „mehr oder weniger als den wirklich erlittenen Schaden"; vgl. auch unten Vorb. IX). Nur für den Fall der Verwirklichung der Gefahr, nur b e d i n g t , soll der Versicherer ersetzen. Dadurch unterscheidet sich der Versicherungsvertrag von Verträgen, durch die jemand übernimmt, schon entstandene und bekannte Schäden zu ersetzen (vgl. § 5 Anm. 9). I n der F o r m der Ü b e r n a h m e e i n e r bestimmten fremden G e f a h r verpflichtet sich der Versicherer, Schäden zu ersetzen. Der Versicherer leistet durch Übernahme, nicht durch Abnahme der Gefahr. Er nimmt dem Versicherungsnehmer die Gefahr nicht derart ab, daß die Gefahr ihn träfe, nicht den Versicherungsnehmer, daß er etwa

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dritten (z.B. dem Verkäufer) zu leisten hätte, was der Versicherungsnehmer (z.B. der Vorb. Käufer) den dritten zu leisten hat, oder daß er gar hierauf unmittelbar dem dritten verpflichtet würde. Sondern er verspricht nur, zu zahlen, zu ersetzen, einen Ersatzwert zu leisten, wenn die Gefahr beim Versicherungsnehmer einschlägt. Deshalb übernimmt auch der Rückversicherer weder die Gefahr, die der Vorversicherte, noch die Gefahr, die der Vorversicherer trägt, als eine eigene Gefahr. Die Gefahrübernahme ist also nicht der Inhalt, sondern nur die Form, in welcher der Versicherer zu leisten verspricht und durch die der Versicherungsvertrag sich von anderen Verträgen ähnlicher Art unterscheidet ( E h r e n b e r g ZHR. 32.429, insbesondere Molt 21; vgl. auch Gahn27, H e c k e r 101). Hierdurch unterscheidet sich das Versicherungsverhältnis insbesondere von Vertragsverhältnissen, bei denen die Gefahr kraft Gesetzes (vgl. z. B. BGB. §§ 446, 447) vom einen auf den anderen übergeht oder kraft besonderer Nebenabrede eine gegenüber der gesetzlichen erweiterte Haftung übernommen wird (vgl. KG. 28.140, 88.32, APV.1902.15, 1904.19, 19051.68, 19071.81, 19091.179, auch B r u s c h e t t i n i AssJB. 21.125 über die frachtrechtliche Wertdeklaration). Aber es folgt daraus nicht, daß ein Versicherungsvertrag nur „selbständig", nicht auch in der Form einer Nebenvereinbarung geschlossen werden kann (Molt 21; vgl. auch H ä g e r - B r u c k 23). Würde z. B. in einem Cii-Kaufvertrage vereinbart werden, daß der Verkäufer nicht Versicherung nehmen, sondern nach den üblichen Bedingungen wie ein Versicherer haften solle, so würde insoweit ein Versicherungsvertrag vorliegen. Dagegen, gegen das Versprechen, die Verpflichtung, die Übernahme des Bisikos Anm. 22 hat der Versicherungsnehmer eine Vergütung (Prämie) au entrichten. Der Versicherungsvertrag ist, unstreitig, ein g e g e n s e i t i g e r V e r t r a g im Sinne der §§ 320ff. BGB. (Begr. z. W G . §§ 38, 39). Aber die gegenseitige Abhängigkeit der Leistungspflichten ist beim Versicherungsvertrag derart, daß für die Anwendung der §§ 320 ff. BGB. wenig Baum bleibt. — Das Recht des Schuldners, seine Leistung bis zur Gegenleistung zu verweigern (BGB. §§ 320, 322), kommt nicht in Betracht. Denn nach der Eigenart der Versicherung müssen beide, Versicherer und Versicherungsnehmer, vorleisten, der Versicherungsnehmer die Prämie zahlen, bevor ihm der Versicherungsschutz vollständig gewährt ist, der Versicherer das Risiko übernehmen, bevor die Prämie gezahlt ist. — Ebendeshalb ist § 321 BGB., wonach der vorleistungspflichtige Schuldner bei wesentlicher Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des anderen Teiles die Leistung bis zur Gegenleistung oder Sicherstellung verweigern darf, an und für sich anwendbar ( G r i e s h a b e r 38, W e i l ZfVW. 1911.115; abw. ohne Grund B i e d e r m a n n MittöffFVA. 1911.719). Gleichwohl kann der Versicherer sich nicht auf §321 BGB. berufen. Denn der Fall der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Versicherungsnehmers ist in den §§ 16, 17 besonders geregelt (§ 16 Anm.). Dagegen kann sich der Versicherungsnehmer auf § 321 BGB. berufen (§ 47 Anm.). Denn die Leistung des Versicherers erschöpft sich nicht in der Übernahme des Risikos; der Versicherer hat dauernd Versicherungsschutz zu gewähren und die Prämienzahlung ist insoweit Vorleistung. — Unanwendbar sind die §§ 323—325 BGB. (nachträgliche Unmöglichkeit der Leistung). Sowohl die Zahlung der Prämie wie die der Entschädigung sind (von unerheblichen Ausnahmefällen abgesehen) im Rechtssinne stets möglich. Der Wegfall des Interesses ist kein Fall der Unmöglichkeit, ebensowenig die Nichtentstehung eines künftigen Interesses. Außerdem sind die Fälle im § 4 besonders geregelt. Ansch. abw. F i n g e r LZ. 1908.154, AG. und LG. Straßburg LZ. 1908.153, OLG.Dresden Rspr. 14.395; abw. auch G r i e s h a b e r 45 für den Fall, daß der Versicherungsnehmer die Entstehung des Interesses ausschließlich deshalb verhindert, um vom Versicherungsvertrag frei zu werden. — Die §§ 326, 327 BGB. (Verzugsfolgen) sind bestenfalls nur beschränkt anwendbar. Für den Fall, daß der Versicherungsnehmer mit der Zahlung der

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V e r b . I I I Prämie im Verzug ist, bestimmt § 17 besonderes, weil die §§ 326, 327 BGB. „für die Verhältnisse des Versicherungsvertrags nicht ausreichen" (Begr. z. VVG. §§ 38, 39). Ist der Versicherer mit der Zahlung der Entschädigung im Verzug, so ist die Anwendung möglich, aber kaum je praktisch. — Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. R i t t e r , HGB. 544) sind die §§ 326, 327 BGB. auch in Fällen „positiver Vertragsverletzung" anzuwenden, wenn nämlich infolge der positiven Vertragsverletzung des anderen Teils „die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet wild", wenn z. B. der andere Teil sich vertragswidrig vom Vertrag lossagt, ihn unberechtigt für nicht abgeschlossen oder nichtig erklärt (vgl. z.B. RG. 57.112, 67, 317, HoldhMSchr. 1905.266, KG. Rspr. 10.256), wenn etwa der Versicherer unberechtigt erklärt, wegen Anzeigepflichtverletzung oder Gefahränderung frei zu sein. Die analoge Anwendung der §§ 326, 327 BGB. ist aber jedenfalls unstatthaft, wenn das Gesetz das Verhältnis anders geregelt wissen will, insbesondere, die Aufhebung (fristlose Kündigung) des Verhältnisses wegen wichtigen Grundes für zulässig erklärt (wie z. B. in den §§ 626, 723, 749 BGB.; einschränkend 0 e r t m a n n BGB. 2.708) oder wenn die Übertragung dieser gesetzlichen Regelungen wegen Gleichheit der Interessenlageu geboten ist. Letzteres ist hier der Fall. Wenn die Interessen der an einem Vertragsverhältnis Beteiligten für längere Zeit verbunden sind und die Entwicklung des Verhältnisses gegenseitiges Vertrauen voraussetzt, müssen die Beteiligten in der Lage sein, das Verhältnis aufzuheben, wenn die Dinge sich so ändern, daß ihnen nicht zuzumuten ist, darin auszuharren, zumal wenn erhebliche Risiken auf dem Spiele stehen. Auf dieser Erwägung beruht das Aufhebungsrccht für Dienst-, Miete- und Gemeinschaftsverhältnisse. Auf ihr und auf der Notwendigkeit der Annahme gleicher Rechtsfolgen bei gleichen Interessenlagen die Zulassung der Aufhebung bei anderen länger dauernden Iuteressenverbindungen aus „wichtigem Grunde" (z. B. D e r n b u r g BürgRecht 2 § 179III. H a g e n ZfVW. 20.150, M o l t 34, M ü l l e r - E r z b a c h DJZ. 1904.1158, S t a u d i n g e r BGB. Vorb. 10 vor § 705, ROHG. 23.137, RG. 50.258, 54.99, 57.113, 62.285, 63.297, LZ. 1909.60, 683,783, J W . 1902.81, 1903 Beil. 55, 1906.299, 1907.149, 1908.8, 1919.309). Ohne ein solches Aufhebungsrecht ist auch im Versicherungswesen nicht auszukommen (z.B. E h r e n b e r g 137.385, G e r h a r d 71, H a g e n ZfVW. 1920.150, K i s c h ZfVW. 1921.190, M o l d e n h a u e r DVfVWVeröff. 2.285, O b e r m a y e r 66, T I i i e s i n g MittöffFVA. 1911.716, 750, HG. OG. Hamburg ROHG.HGZ. 1873.371, RG. 60.59, J W . 1919.309, APV. 1917 II. 5, HGZ. 1919.176.. OLG. Colmar Recht 1907.262, OLG. Darmstadt HessRspr. 9.26, HG. Bordeaux ZfVW. 1912.178). Wichtige Gründe können Vertragsverletzungen des anderen Teils, aber auch andere Umstände bilden (vgl. APV. 1917 II. 5: die englischen Kriegsmaßnahmen nach der Verordnung v.!). September 1914, K i s c h ZfVW. 1921.188: katastrophale Umwälzung von Währungsverhältnisseu bei der Haftpflichtversicherung; über das Kündigungsrecht des bei eineir feindlichen Versicherer Versicherten vgl. Zitate Anm. 19 und Rechtsprechung bei P e t e r s e n ZfVW. 1919.154; vgl. auch HGZ. 1919.176: kein wichtiger Grund, wenn der Versicherer — mit annehmbarer Begründung — behauptet, der Versicherungsnehmer bestreitet, daß die Versicherung „ohne Abandon" geschlossen sei). Liquidation und Fusion (auch liquidationslose Fusion) beendigen das Versicherungsverhältnis nicht ohne weiteres und bilden auch für sich allein keinen wichtigen Grund zur Aufhebung (vgl. die Anm. 19 angef. Lit., z.B. B e h r e n d ZfVW. 1907.321, D r u m i n LZ. 1916.855, E l i r e n b e r g 384, ZfVW. 1904.24, 1916.376, RVR. 50, E m m i n g h a u s LZ. 1908.24, H a g e n ZfVW. 1920.151, v. M i l t n e r LZ. 1916.442, R e h m LZ. 1916.584, ZfVW 19111.23, S c h e l l w i e n ZfVW. 1911.269, W e i l ZfVW. 1911.115, W i e n e r ZHR. 27.348, RG. 56.292, 60.56, APV. 190511.35, 1909 II. 7, 84, KG., OLG. Dresden, Hamburg und Düsseldorf APV. 190611.40, 41, 43, 190911.14, HGZ. 1915.13, 199, 205, 1916.151

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Schiedsspruch LZ. 1916.421, auch Berichte APY. 1903.116, 1904.95, 1905.72,1909.195, V o r b . H l 1910.126 usw.). Nur wenn das Interesse des Versicherungsnehmers durch die Verschmelzung so beeinträchtigt wird, daß ihm nicht zuzumuten ist, im Versicherungsverhältnis zu bleiben, kann er dieses aufheben. Das wird insbesondere bei der Übernahme des Versicherungsbestandes durch eine ausländische Gesellschaft und bei laufenden Versicherungen leicht der Fall sein. Die verschmelzende Gesellschaft wird jedenfalls regelmäßig nicht berechtigt sein, wegen der Verschmelzung zu kündigen (abw. H a g e n ZfVW. 1920.151; übrigens auch sonst ungenau: „ein triftigerer Grund zum R ü c k t r i t t . . . als die Verschmelzung... dürfte sich kaum vorstellen lassen"). In einigen Fällen wird jedoch der allgemeine Grundsatz von besonderen versicherungsrechtlichen Grundsätzen durchkreuzt. Die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht (§§ 19, 20) oder der Gefahrstandspflicht (§ 23) könnte an sich einen „wichtigen Grund" zur Aufhebung des Versicherungsverhältnisses bilden. Aber der Gegenstand ist in anderer, der Interessenlage besser entsprechender Weise geregelt (§§ 19— 27). Die Verletzung der Schadenverhütungs-Pflicht (§ 33) oder der Schadenabwendungs-Pflicht (§ 11) ist zwar auch besonders behandelt, aber derart, daß das Recht des Versicherers zur Aufhebung wegen wichtigen Grundes dabei bestehen bleibt; immerhin wird bei der Tatsachenwürdigung zu berücksichtigen sein, daß das Interesse des Versicherers durch die §§ 33, 41 bereits bis zu einem bestimmten Grade geschützt ist. Die Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Versicherers würde an sich einet wichtigen Grund bilden können, weil mit der Zahlungsfähigkeit des Versicherers der Versicherungsschutz steht und fällt ( E h r e n b e r g 383, RG. 60. 60, Busch A. 18.166). Aber dieser Fall ist, deutlich erkennbar, abschließend im § 47 geregelt. Dasselbe gilt für den Fall der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Versicherungsnehmers (§§ 16. 17). — Wird die Aufhebung des Versicherungsverhältnisses durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teils veranlaßt, so ist dieser zum Ersatz des durch die Aufhebung entstehenden Schadens verpflichtet. Das ergibt sich, wiewohl oft besonders vorgeschrieben (z, B. BGB. § 628 Abs. 2), aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen. Zum Wesen des Versicherungsvertrags gehört nicht, daß er im „ p l a n m ä ß i g e r Anm. 23 B e t r i e b e " des Versicherers abgeschlossen ist, daß der VersicherÄr die Versicherung als Gewerbe betreibt. So streitig dies im allgemeinen ist (vgl. z. B. E h r e n b e r g 61, ZHR. 32.443, LZ. 1907.171, G e r h a r d 8, G i e r k e Transportversicherung 501, Versieh erungsf orderung 3, L e h m a n n ZHR. 37.557,Lewis Versicherungsrecht 20, M o 1121,27), so unstreitig ist, daß der Seeversicherungs-Vertrag auch vereinzelt geschlossen werden kann ( E h r e n b e r g LZ. 1907.172). Übrigens ist die Frage ohne praktische Bedeutung. Die Versicherung wird nur noch gewerbsmäßig betrieben ( R a u ZfVW. 1901, 301). Von kaum geringerer Bedeutung ist die Frage, ob der Versicherungsvertrag ein Anm. 24 K o n s e n s u a l v e r t r a g ist (z.B. G e r h a r d 17, G o l d s c h m i d t System 250, G r i e s h a b e r 26, 45, L e w i s Versicherungsrecht 187, R o e l l i 27), ein „unbedingter Konsensualvertrag" (ROHG. 5.118, RG. 3.106, OLG. Frankfurt LZ. 1908.149) oder kein Konsensualvertrag, sondern ein Vertrag sui generis ist (AG. Straßburg LZ. 1908.152). Dem geltenden Recht ist eine besondere Kategorie der Konsensualkontrakte unbekannt. Lehrmethodisch an ihr festzuhalten und den Versicherungsvertrag mit Rücksicht auf die ihm vom Gesetz gegebene Ausstattung als Konsensualvertrag zu betrachten, steht zwar nichts im Wege, nützt aber auch nicht. Ähnlich steht es um die Behauptung, daß der Versicherungsvertrag zu den sog. Anm. 25 a l e a t o r i s c h e n , den gewagten, den Glücksverträgen zu rechnen sei, d.h. zu den Verträgen, bei denen es von wesentlich zufälligen Umständen abhängt, ob die eine oder die andere Partei von ihnen Vorteil oder Nachteil hat (vgl. z. B. E h r e n b e r g 72. G i e r k e Versicherungsforderung 7, H u p k a ZHR, 66.582, N o l t e 2.1, S c h n e i d e r 31, 2

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V. Schaden kann mir durch die mannigfaltigsten Beziehungen zur Umwelt entstehen. Insbesondere d u r c h m e i n e B e z i e h u n g e n zu Sachen. Dadurch daß diese Sachen beschädigt werden oder abhandenkommen, Aufwendungen verursachen, anderen (und hierdurch auch mir) Schaden zufügen, ihren Zweck verfehlen. Die Beziehung einer Person zu einer Sache ist daher der Angelpunkt der Sachversicherung und insofern der „ G e g e n s t a n d " des S a c h v e r s i c h e r u n g s - V e r t r a g s . Anm. 4 Die Beziehung zur Sache wird kurz das Interesse an der Sache, kürzer das Interesse genannt (vgl. z. B. Cohn Versicherungsvertrag 4, E h r e n b e r g 8,286, Gerhard 234, L a b a n d ZHR. 19.644, L e w i s Versicherungsrecht 35 usw.) Denn interesse bedeutet Anteil haben an, beteiligt sein bei etwas, nnd in dieser Bedeutung wird das Wort „Interesse" im Verkehr noch heute gebraucht. Diese Bedeutung liegt auch, deutlich erkennbar, den Versicherungsgesetzen und den ADS. zugrunde. So, wenn man von dem Interesse als dem „Gegenstand der Versicherung" (HGB. § 778) spricht, von den Interessen, r die versichert werden können" (ADS. § 1), vom „versicherbaren Interesse" (ADS. §2, insurable interest: MIA-. ¿4), vom „versicherten Interesse" (HGB. § 895, ADS. § 6) oder vom „Interesse, für das die Versicherung genommen ist" (ADS. § 4), vom „Wert des Interesses" (ADS. § 6), davon, daß every person lias an insurable interest who is interested in a marine adventure (MIA. § 5) und daß the assured mnst be interested in the subject-matter insured (MIA. § 6) nsw. Deshalb z.B. unbegründet Kisch 3.15: Eine Beziehung lasse sich „nur gezwungen als Gegenstand des Schutzes denken"; geschützt sei nicht sowohl die Beziehung als vielmehr „der in der Sache verkörperte Vermögenswert, zu welchem ich in Beziehung stehe". Der Versicherungsschutz ist nicht ohne eine geschützte Person denkbar, und eben dies kommt in den Worten „Beziehung", „Anteil haben", „beteiligtsein", „Interesse" zum Ausdruck. Unbegründet ist auch der Einwand, daß in der Erklärung des Interessebegriffs als der Beziehung einer Person zu einer Sache das darin „liegende Merkmal der Vorteilhaftigkeit nicht zum Ausdruck komme" (Kisch 3.16). Im Begriff des Interesses liegt das Merkmal der Vorteilhaftigkeit nicht. Erst daraus, daß der Schadensversicherer Schaden ersetzen soll, ergibt sich, daß das Interesse „vorteilhaft"

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sein muß, um des Versicherungsschutzes teilhaftig werden zu können. Die von § 1 E i s c h 3.16, 21, 23, 25 gegebenen Definitionen des Interesses als a) des Vermögensgutes, welches dem Versicherten durch den Versicherungsfall entzogen würde, b) des dem Verlust ausgesetzten Geldwertes des konkreten Vermögensgutes (Tgl. dazu z.B. E h r e n b e r g 10, G i e r k e Versicherungsforderung 35, H e c k e r 26: wirtschaftlicher Wert der Beziehung), c) des Vorteils, den der Versicherte hat, wenn der Versicherungsfall nicht eintritt (ygl. dazu auch K i s c h JehJ. 63.362 und hierzu E h r e n b e r g Interesse 5, J o s e f AssJB. 38.4 und K i s c h 3.12), d) des Bedürfnisses des Schutzes gegen eine bestimmte Gefahr, erkenntnistheoretisch wertvoll, leisten dem praktischen Verständnis des Gesetzes und der ADS. keine Dienste und stellen in die Begriffsbestimmung dem Wesen des Interesses an sich fremde, den sonstigen Eigentümlichkeiten der Schadensversicherung entlehnte Merkmale ein, insbesondere das der Vorteilhaftigkeit. 4. Die Rechtslehre unterscheidet zwischen subjektivein und objektivem Aura. Interesse. Die Unterscheidung ist unrichtig und verlcitlich und hat sich als verhängnisvoll erwiesen. Jedes Interesse muß, dem Begriffe nach, einem Subjekt zugehören und deshalb „subjektiv" sein. Man versteht daher auch unter objektivem Interesse etwas, was diese Bezeichnung nicht verdient, nämlich ein Interesse ohne Bücksicht auf den jeweiligen Inhaber, und unter der Versicherung eines objektiven Interesses die Versicherung eines Interesses ohne Bücksicht darauf, wer jeweils der Interessent ist. Oder man versteht unter objektivem Interesse etwas, was diese Bezeichnung ebensowenig verdient, nämlich jedes jeweils an der Sache bestehende Interesse, also das durch das Eigentum nicht nur, sondern zugleich auch das etwa durch ein Pfandrecht oder durch obligatorische Beziehungen vermittelte Interesse. Vgl. ferner Molt 108, der unter dem „objektiven Interesse das „Voll- oder Eigentümerinteresse" versteht, F i c k , Grundbegriffe 35, der gar von „halb subjektiven, halb objektiven Interessen" spricht, und schließlich H o p p e ZfVW. 1907.569, der, mit gewiß richtigem Gefühl, als objektives Interesse den Sachwert bezeichnet. Das S e e v e r s i c h e r u n g s - R e c h t hat immer auf dem Standpunkt gestanden, daß Anm grundsätzlich das tautologisch sogenannte s u b j e k t i v e Interesse den Gegenstand der Versicherung bilde. So z.B. schon AHO. 1731 II.3: „Wer bey einem Schiffe oder Ladung weder directe noch indirecte Antheil hat, kann auch darauf keine Versicherung thun lassen, es wäre dann, daß er von einem dabey Interessirten dazu Ordre erhalten hätte", XIII. 2: „. . . ein Assecurirter . . . s o l l . . . nicht nur die Verunglückung des Schiffs, sondern auch, daß er wirklich Interesse darinn gehabt . . . zu beweisen gehalten seyn" (vgl. dazu OAG. Lübeck Thöls Entscheidungsgründe 354; daher auch z.B. unrichtig Kisch 3.27, HGZ. 1887.127). — A n d e r s das frühere B i n n e n v e r s i c h e r u n g s - R e c h t Hier vertrat wenigstens die Rechtsprechung einen Standpunkt, der im wesentlichen demjenigen entspricht, den die Vertreter der Lehre vom objektiven Interesse einnehmen. Danach galt nicht das Interesse als Gegenstand der Versicherung, sondern „die versicherte Sache selbst" (z.B. RG. 35.54, LZ. 1909.877. Gruchot 51.1028, APV. 1903.150, HGZ. 1887.126, 1889.279, 1890.95, 240, 1894.101, vgl. auch HGZ. 1879.279, OAG. Kiel SA. 6 Nr. 180). Dies entspreche besser „der natürlichen Anschauung des Lebens" (RG. 35,55,HGZ. 1887.127, 1889.280; dagegen schon die frühere Rechtslehre, z.B. Cohn Versicherungsvertrag 4, D e r n b u r g PreuflPrivR. 5.Aufl. 2 . 7 1 G , F ö r s t e r - E c c i u s PreußPrivR. 7. Aufl. 2.422, E h r e n b e r g 2 8 6 , G i e r k e Versicherungsforderung30, H e c k e r 9 4 , L a b a n d ZHR. 19.644, L e w i s Versicherungsrecht 35, Malss ZHR. 8.369, 13.418). Man rechtfertigte damit die Auffassung, daß die Person des Interessenten und die Art des Interesses beim

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¡5 1 Vertragsschluß nicht offenbart zu werden brauchten, daher insbesondere Pfandgläubiger, Kommissionäre, Lagerhalter usw. ohne weiteres die Sache selbst versichern könnten (LZ. 1907.440, 1909.877, SA. 22 Nr. 290, APV. 1903.150, 1907 11.99, HGZ. 1887.127, 1S89.279), und daß „die Versicherung ein Akzessorium des Eigentums an der versicherten Sache sei und mit letzterem auf jeden Erwerber übergehe" (RG. 5.319). Dieser Standpunkt ist im VVG. verlassen (vgl. z.B. B u r c h a r d LZ. 1911.329, Cahn 31, E h r e n b e r g ZfVW. 1903. 323, F i c k Grundbegriffe 21, H a g e n ZfVW. 1907.21, Kisch 3.29). Man hat erkannt und anerkannt, daß die sog. „ O b j e k t i v i e r u n g des I n t e r e s s e s " im Grunde nichts anderes ist als die B e g r e n z u n g der H a f t u n g des V e r s i c h e r e r s (wie etwa derjenigen des Frachtführers, Verfrachters usw.) n a c h o b j e k t i v e n M e r k m a l e n . Damit sollten auch die aus jenem Standpunkt abgeleiteten Schlußfolgerungen aufgegeben werden (vgl. unten Anm. 14). An ID. 7 5. Übrigens gebraucht der Rechtsverkehr sonst den Ausdruck Interesse auch in anderer Bedeutung, in der Bedeutung der rechtlichen Bestimmung eines Gutes für menschliche Bedürfnisse, also in der Bedeutung eiues subjektiven Rechts im privatrechtlichen, eines Rechtsguts im strafrechtlichen Sinne, oder auch in der Bedeutung von Schaden (vgl. z.B. BGB. §§ 122, 307, D e g e n k o l b AfcPr. 76.1) oder in der Bedeutung von Vorteil, Wert, Grund oder Anlaß (vgl. z.B. BGB. §§ 280, 286, 343, 486, 542, 634, 683, 745, 809, 810, 824 usw.). Diese Bedeutungen kommen für das Versieh erungsrecht nicht in Betracht (vgl. auch oben Anm. 4). Vum. 8 6. Die Beziehung zur Sache, das Interesse, kann von j e d e r beliebigen A r t sein. Das Interesse kann durch das Eigentum an der Sache vermittelt sein oder durch sonstige dingliche Rechte an der Sache (z.B. Pfandrecht, Nutzungsrecht) oder durch obligatorische Alisprüche auf die Sache (z. B. Kauf, Miete) oder durch obligatorische Ansprüche wegen der Sache (z. B. auf Fracht oder Schiffsmiete, auf Provision für die Vermittlung der Geschäfte des erwarteten Schilfes, auf Lagergeld für die Einlagerung der erwarteten Güter) oder auch nur durch die bloß wirtschaftlich sicher begründete Erwartung von Vorteilen aus der Sache (z.B. durch die auf Erfahrung und Übung gegründete Erwartung vorteilhafter Verwertung oder Ausnutzung oder Behandlung des Schiffes oder der Güter); vgl. K i s c h 3. Gl; anscheinend enger A r n o u l d 334 s. 257: the expectation of benefit to arise from some subject in which the party insuring is not actually interested, but only expects to be interested, is the mere expectation of an expectation, and is not an insurable interest (vgl. aber auch unten Anm. 66). Es genügt, daß der Versicherte stands in any legal or equitable relation to the adventure or to any insurable property at risk therein, in consequence of which he may benefit by the safety or due arrival of insurable property, or may be prejudiced by its loss, or by damage thereto, or by the detention thereof, or may incur liability in respect thereof (MIA. § 5 Abs. 2). Vgl. z. B. die Fälle Kierulff 3.387 (Versicherung des von der Ankunft des Schiffes erwarteten Ewerführerlohns), HGZ. 1883.312, 1891.24, 1892.180, 1893.59, 1894.2S3 (Versicherung imaginären Schiiisgewinns), HGZ. 1896.309 (Versicherung des Schiffsmaklers bei begründeter Aussicht auf Kommission für Besorgung der Schiffsgeschäfte, Ausklarierungsgebühr und Provision für Frachtvermittlung), ROHG. 15.115, HGZ. 1897.66 (Versicherung der vom Korrespondentrheder gezahlten Vorschüsse), HGB. § 500 Abs. 2, RG. 25. 79, HGZ. 1897. 66 (Versicherung von Vorschüssen eines Mitrheders), ROGH. 15.119, RG. 25. 84, HGZ. 1889.263 (Versicherung von Vorschüssen durch den Vorschußempfänger, von „Vorschußforderungen nach ihrer passiven Seite", wenn die Vorschüsse im Hinblick auf die versicherte Reise und zur Deckung regelmäßiger Schiffsausgaben aufgenommen sind; richtiger: Versicherung des aus dem Schiffsbetrieb erwarteten, zur Deckung von Ausgaben Bestimmten Gewinns), HGZ. 1S90.302, 1891.252 (Versicherung der vom Rheder selbst aufgewendeten

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Havariegelder; gegen V o i g t 14, 49G; vgl. A r n o u l d 313 s. 246 über die Versicherung § 1 von sog. dislmrsements), J W . 1889.257, HGZ. 1889.244 (Versicherung von Vorschüssen dritter, die in der Erwartung der Befriedigung aus den nach Ankunft des Schiffes einzunehmenden Frachten gegeben sind), RG. 47. 173, HGZ. 1900. 176 (Versicherung des Interesses einer Werft an der glücklichen Ankunft des Schiffes wegen ihrer Reparaturforderung), ITVMitt. 1919.48 (Versicherung des von der Ankunft der Güter erwarteten Lagerverdienstes), RG. 100.92 (Versicherung des Gewinns, den man davon erwartet daß neue Briefmarken für Liberia ankommen und der Versicherte dadurch berechtigt wird, solche Briefmarken abstempeln zu lassen und in den Verkehr zu bringen). Insbesondere sind, soweit das Interesse durch eine Forderung vermittelt wird, „nur solche Forderungen versicherbar, zu deren Deckung nach den Anschauungen des Verkehrs ein den Gefahren der See anvertrauter Gegenstand ausschließlich oder doch zunächst bestimmt ist," welche also mit diesem Gegenstand in einem besonderen Zusammenhang (als Schiffsschnlden, Pfandforderungen usw.) stehen und bei welchen eine persönliche Haftung des Schuldners entweder garnicht eintritt oder doch erst in zweiter Linie in Betracht kommt, weil der Gläubiger seine Befriedigung zunächst aus der sog. fortune de mer des Schuldners erwarten darf und nicht so sehr mit Rücksicht auf die Zahlungsfähigkeit des Schuldners im allgemeinen, als auf die ihm durch den, den Seegefahren anvertrauten, speziellen Vermögensgegenstand gewährte Sicherheit kreditiert hat. Die Gefahr, um deren Übernahme es sich bei der Versicherung handelt, besteht mithin nicht in der Zahlungsfähigkeit des Schuldners überhaupt, sondern vielmehr in dem Verluste eines bestimmten, den Seegefahren ausgesetzten Decknngsmittels gerade für die konkrete Forderung" (ROHG. 15.115, HG. Hamburg HH. 615, HGZ. 18S9.245, E l b e n b e r g 303, V o i g t 168). 7. Die Interessen sind n i c h t v o n g l e i c h e r w i r t s c h a f t l i c h e r Bedeutung-, Sie sind aber v o n g l e i c h e r r e c h t l i c h e r B e d e u t u n g . Es ist daher unrichtig und irreführend, von einem Haupt- oder primären Interesse (Eigentümerinteresse) und anderen, sekundären Interessen zu sprechen (so z.B. M o l t 107, W e y g a n d 23). Man kann höchstens sagen, daß das Eigentümerinteresse regelmäßig wirtschaftlich das bedeutsamste Interesse, das schutzbedürftigste Interesse und das demgemäß am häufigsten versicherte Interesse ist, daß mau es deshalb als Hauptinteresse, bezeichnen mag und daß deshalb auch im Verkehr unter der Versicherung der „Sache" die Versicherung des Eigentümerinteresses verstanden wird (unten Anm. 40). Vgl. auch K i s c h 3.83, der zwischen Inhaber-, Erwerbs-, Verwertungs-, Gebrauchs-, Gewinn- und Ersatzinteressen unterscheidet, eine Unterscheidung, die jedenfalls insofern bedenklich ist, als sie für den im Rechtsverkehr althergebrachten und mit einem bestimmten Begriff verbundenen Ausdruck „Eigentümerinteresse'' die farbloseren und deshalb verleitlichen Ausdrücke „Inhaberinteresse" usw. verwendet. 8. Alle Interessen sind, ihrem Wesen nach, s e l b s t ä n d i g (vgl. z.B. G i e r k e V e r sicherungsforderung 7, 30, H a g e n ZfVW, 1907.24, L e n n e 68). Im übrigen verhalten sie sich zu einander verschieden. Teils sind sie e i n a n d e r g l e i c h g ü l t i g (neutrale Interessen). Teils r e a g i e r e n sie auf e i n a n d e r (feindliche Interessen). Eigentümer und Pfandgläubiger können z. B. unbekümmert mn einander ihre Interessen versichern. Insbesondere hat der Eigentümer dasselbe Interesse, wenn die Sache pfandbelastet ist, wie wenn sie es nicht ist (Prot. 3019, G e r h a r d 348, H a g e n ZfVW. 1907.24, L e n n e 67, M o l t 10S, W e y g a n d 21, A r n o u l d 394 s. 299, RG. 83.169, RG.HGZ. 1891.255, OAG.Lübeck Wunderlich 1.335; abw. E h r e j i b e r g 312, W e i ß 20; unrichtig auch H a g e n s HRZ. 1919.55: Das Eigentümerinteresse werde durch das Bestehen eines Pfandrechts beeinträchtigt, — daß das Eigentumsrecht durch das Pfandrecht beschränkt wird, ist für das Wesen und den Umfang des Interesses ebenso bedeutungslos wie die

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§ 1 Tatsache, daß es regelmäßig unzweckmäßig, Prämienverschwendung ist, wenn Eigentümer sowohl wie Pfandgläubiger versichern). Anders schon, wenn hinter dem Pfandrecht keine persönliche Häftling steht. Soweit das Schiff für eine Bodmereiforderung haftet, hat der Rheder kein Eigentümerinteresse. Verläuft die Unternehmung glücklich, muß er die Bodmereischuld bezahlen. Verläuft sie unglücklich, ist er frei. Die Interessen des Eigentümers nnd des Bodmereigläubigers sind einander feindlich. Das erstere wird um das letztere geschmälert (RG. 7.13, RG. HGZ. 1891.254) oder doch verändert, nämlich in einen Schwebezustand gebracht. Der einfachste Beispielfall der Interessenschmälerung ist der Fall nur teilweiser Rechtszuständigkeit. Steht die versicherte Sache mehreren nach Bruchteilen zu, so steht ihnen auch das Interesse nach Bruchteilen zu, schmälern sich die mehreren Interessen gegenseitig bruchteilweise. Das Interesse kann aber auch in anderer Weise geteilt sein. So in dem oben angeführten Falle der Belastung des Schiffes mit einer Bodmereischuld. Stößt das versicherte Schiff mit einem anderen Schiffe zusammen, so fällt, soweit die Schadenshaftung reicht, das versicherte Interesse weg (so richtig die im übrigen bedenkliche Entscheidung RG. S3.168, vgl. § 28 Anm.). Das Interesse des Eigentümers und dasjenige des Kollisionsglänbigers sind einander feindlich. Das Interesse des Eigentümers wird durch dasjenige des Kollisionsgläubigers geschmälert oder doch verändert, nämlich in einen Schwebezustand gebracht, durch den Wegfall der Haftung bedingt. Zahlt der Eigentümer die Kollisionsschuld (im Falle der Verbodmung die Bodmereischuld), so fällt die Haftung, fällt die Bedingung weg. Das volle Eigentümerinteresse tritt wieder hervor. Geht das Schiff nunmehr total verloren, so kann der Versicherungsnehmer nach Totalverlust-Grundsätzen die Versicherungssumme verlangen. — Wenn Verkäufer und Käufer eines Schiffes vereinbaren, daß ein Teil des Kaufpreises nicht bezahlt zu werden braucht, falls das Schiff binnen drei Monaten nach dem Verkauf verlorengeht, hat der Verkäufer insoweit noch ein Interesse am Schiff; das Interesse des Käufers ist um ebensoviel geschmälert (Reed v. Cole 1764 bei A r n o u l d 371 s. 281; vgl. jedoch auch Hobbs v. Hannam bei A r n o u l d 339 s. 261). — Wenn der Eigentümer die Sache v e r k a u f t u n d ü b e r g e b e n hat, hat der Käufer ein Eigentümerinteresse. Aber der Kauf kann gegebenenfalls rückgängig gemacht werden oder sich als nichtig herausstellen. Dann würde ein Schaden den Verkäufer treffen. Deshalb hat auch der Verkäufer noch eine Beziehung zur Sache, ein Interesse, das dasjenige des Käufers schmälert (wenn auch in anderer Weise, als im Falle der Verbodmung usw.). Nach englisch-amerikanischen und romanischen Rechten (Sale of Goods Act 1893 §§ 20, 32, C. civil Art. 1138, 1583, 1585, C. de com. Art. 100, niederländ. BGB. Artt. 95—97 usw.) geht das Eigentum an der gekauften Sache regelmäßig mit dem Vertragsschluß, beim Kauf einer Gattungssache spätestens mit der Übergabe, insbesondere der Übergabe an den Beförderer über. Der Käufer hat von diesem Zeitpunkt an das Eigentümerinteresse. Aber der Verkäufer hat nach diesem Zeitpunkt auch noch eine Beziehung zur Sache, ein Interesse. Denn ehe der Kaufpreis nicht gezahlt nnd Rückgängigmachung des Kaufs nicht mehr zu besorgen ist, hat er keine Ruhe. Wäre dieses, sein Interesse unversichert, so würde er, wenn die Sache von einem Unfall betroffen würde und der Käufer den Kauf rückgängigmachen dürfte und rückgängigmachen würde, oder der Verkäufer von seinem right of stoppage in transitu Gebrauch zu machen Anlaß hätte, den Schaden selbst tragen müssen. Nach §§ 446, 447 BGB. geht mit der Übergabe der Kaufsache an den Käufer oder den Beförderer (noch nicht das Eigentum, wohl aber) die Gefahr über. Der K ä u f e r hat von diesem Zeitpunkt an das E i g e n t ü m e r i n t e r e s s e (Prot. 3058t 3118, 3564, 3637, 3640, H a g e n s HRZ. 1919.52, 54, L e o HRZ. 1918.379, ROHG. 14.130, RG. 74.126, RG.HGZ. 1S91.119, HGZ. 1890. 267, OLG. Dresden SA. 22 Nr. 290). Denn das Eigentümerinteresse ist

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nur eine ktirze Bezeichnung für das gewöhnliche Interesse eines Eigentümers und § 1 für die Interessen, die ihm gleichen, für das Interesse, wie es unter gewöhnlichen Umständen ein Eigentümer hat (Prot. 4232, Begr. z. VVG. § 52, ROHG. 14.413, 24.322, RG. 7.11, 13.100, 23.82, 26.220, HG.LG.Hamburg HGZ. 1878.314, 1887.123; vgl. auch Schweiz. VVG. § 49 Abs. 2: „dasjenige Interesse, das ein Eigentümer an deren Erhaltung hat"). Der V e r k ä u f e r hat aber a u c h n o c h eine Beziehung zur Sache, ein I n t e r e s s e (insoweit ungenau ROHG. 14.130; auch sonst, z.B. von C a h n , nicht genügend berücksichtigt; vgl. neuerdings K i s c h 3.91), denn der Kauf kann sich vielleicht als nichtig herausstellen oder rückgängig gemacht werden. Dann fällt ein Schaden dem Verkäufer zur Last Ob das Gesetz (wie in England usw.) das Eigentum (und damit zugleich die Gefahr) mit der Abladung auf den Käufer übergehen läßt, oder ob es (wie in Deutschland) nur die Gefahr mit der Abladung übergehen läßt, muß natürlich für die Frage nach dem Interesse ohne Bedeutung sein (unrichtig also KG. 23. S6: das Interesse des Verkäufers bleibe trotz Gefahrübergangs „qualitativ dasselbe"; richtig dagegen: ROHG. 14.132). Mau mag in solchen Fällen schwebender Interessen von einem „aktuellen", „prinzipalen", „zweifellosen", „unbedingten" oder „gewissen" Interesse des Käufers, von einem eventuellen, zweifelhaften, bedingten oder ungewissen des Verkäufers sprechen (so mit ROHG. 14.132 u. RG. 13.99: H a g e n s HRZ. 1919.49, Lennfe 58, S i e v e k i n g 7, 15; vgl. auch RG. 23.85, HGZ. 1888.244, 1893. 257, LG. Hamburg HGZ. 1898. 122). Viel ist mit solchen Kunstausdrücken nicht gewonnen, viel dagegen verloren, wenn sie zum Angelpunkt gewagter Konstruktionen gemacht werden. Es bleibt lediglich bei dem, was MIA. § 7 Abs. 1 ausdrücklich ausspricht: Auch schwebende Interessen sind versicherbar, a defeasible interest is insurable, as also is a contingent interest. Man denke dabei insbesondere an die Fälle einer Veräußerung der Sache uuter aufschiebender oder auflösender Bedingung, mit Rücktritts-, Rückkaufs- oder Vorkaufsrecht oder ähnliches und den dadurch herbeigeführten Schwebezustand (vgl. A r n o u l d 331 s. 255; auch Kisch 3.90, der jedoch infolge der Einführung der ungeläufigen Ausdrücke und Begriffe „Inhaberinteresse" und „Sacherwerbsinteresse" zu Mißverständnissen Anlaß gibt, auch aaO. 3.99). 9. Für den Fall des Verkaufs einer Sache ergibt sich übrigens unter Umständen Anm. n noch ein besonderes Verhältnis der Interessen des Käufers und des Verkäufers. Nach §§ 446, 447 BGB. geht die Gefahr „des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung" auf den Käufer über. Man hat diese Regel, in Verkennung des pericnlum interitus et deteriorationis, zu eng ausgelegt: Nur die G e f a h r des k ö r p e r l i c h e n U n t e r g a n g s und der k ö r p e r l i c h e n V e r s c h l e c h t e r u n g soll auf den Käufer übergehen (z.B. LZ. 1918.563, JW. 1918.218, HGZ. 1920.168, OLG.Hamburg LZ. 1917.687, OLG. Stuttgart LZ. 1917.1010 u. Recht 1917.268; vgl. jedoch auch Crome System des BürgR. § 213, D e r n b u r g B ü r g R . 2 § 174 VIII, D ü r i n g e r - H a c h e n b u r g HOB. 3.82, E n n e c c e r u s - K i p p - W o l f f BürgR. 1 § 269 HI, auch ADHGB. Art. 345 u. dazu Mot.z. BGB. 2.327; richtig auch RG. 62.332, 93.332: Der Käufer trägt die Gefahr der Auslieferung an einen unrichtigen Empfänger, OLG.Hamburg Rspr. 32.163: Die beschlagnahmte Ware „ist wie im Falle des Untergangs für den Käufer verloren", ebenso LG. Mannheim LZ. 1916.492, richtig auch HGZ. 1918.143: Kondemnation in England; zuweitgehend OLG.Hamburg JW. 1916.217: Ablieferung an den konnossementlegitimierten Londoner Bankier des Verkäufers, bzw. den vom Bankier erwerbenden Käufer, ebenfalls zuweitgehend HGZ. 1917.23: Ablieferung an und Veräußerung durch den Londoner Bankier des Verkäufers, ebenso HGZ. 1919.13S: Ablieferung an und Veräußerung durch den konnossementlegitimierten Agenten des Abladers, — denn Ablieferung an den Berechtigten ist niemals Verlust und insbesondere kein Untergang, vgl. hierzu RG. 93.332 mit schiefer u. RG. HGZ. 1918.102 mit

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g 1 gezwungener Begründung). Nach dieser Auffassung wäre also etwa die Enteignung(z. B. die Kriegsbeschlagnahme), die Versteigerung von Bahngnt nach der EVO., die Belastung mit fremden Rechten nicht zn Lasten des Käufers, sondern des Verkäufers. Wäre diese Ansicht richtig, so wäre das Interesse um ein weiteres geschmälert. Und zwar würde sich die Schmälerung hier aus der T e i l u n g der G e f a h r ergehen. Die Beziehimg des Käufers zur Sache, sein Interesse, wäre nur durch die Gefahr der körperlichen Beeinträchtigung, die des Verkäufers durch die Gefahr sonstiger Beeinträchtigung bedroht. Anm. 12 10. Dem Wesen des Versicherungsvertrags widerstrebt es nicht, fremde Interessen, die Interessen eines anderen zu versichern. Dies darf fteilich nicht so geschehen, daß dem Versicherungsnehmer im Versicherungsfall eine Entschädigung zu zahlen ist, die nicht zum Ausgleich des Schadens bestimmt ist. Das wäre Wettassekuranz. Wohl aber so, daß der Interessent, der versichert sein soll, unmittelbar den Entschädigungsanspruch erhält (gewöhnliche Versicherung für fremde Rechnung), oder so, daß zwar der Interessent nicht unmittelbar den Entschädigungsanspruch erhält, der Versicherungsnehmer aber, nach seinem Verhältnis zum Interessenten diesem die Entschädigung zur Ausgleichung des Schadens herausgeben muß (vgl. L e n n 6 9, 18). Aber es versteht sich von selbst, daß der Versicherer im allgemeinen wissen muß, ob eigenes oder fremdes Interesse auf dem Spiele steht, ob die Beziehung zur Sache vom Versicherungsnehmer oder (auch) von einem anderen gepflegt wird. Deshalb müssen die P a r t e i e n d a r ü b e r einig sein, ob eigenes oder f r e m d e s Interesse versichert sein soll, und soll, wenn sie sich darüber nicht aussprechen, es ohne weiteres so angesehen werden, wie wenn sie darüber einig wären, daß das Interesse des Versicherungsnehmers versichert sein soll (§ 52 Abs. 1). N i c h t als ob, wenn ein fremdes Interesse versichert werden soll, g e r a d e a u s d r ü c k l i c h „für fremde Rechnung" versichert werden müßte. Es genügt, daß man „nach dem aus der Berücksichtigung aller vorhandenen und vom Versicherer gewußten Umstände geschöpften Inhalt" des Vertrags darüber einig ist, daß ein fremdes Interesse versichert sein soll (RG.HGZ. 1891.251). Und wiederum nicht, als ob solche Einigkeit zum Wesen des Versicherungsvertrags gehörte. Der V e r s i c h e r e r k a n n darauf v e r z i c h t e n , zu e r f a h r e n , ob e i g e n e s oder f r e m d e s I n t e r e s s e versichert werden soll. Es kann dies „unbestimmt gelassen" werden (§ 52 Abs. 3). Aber die Parteien müssen eben dann doch wenigstens h i e r ü b e r e i n i g sein. Anm. 13 Ebensowenig steht etwas entgegen, daß die V e r s i c h e r u n g eines e i g e n e n u n d d i e e i n e s f r e m d e n I n t e r e s s e s durch einen und denselben Vertrag gedeckt werden. Aber natürlich muß v e r e i n b a r t werden, daß a u c h das fremde Interesse mitversichert sein soll; sonst „gilt die Versicherung als für Rechnung des Versicherungsnehmers genommen" (§ 52 Abs. 1), also nur als Versicherung des eigenen Interesses. Ahm. 14 Diese klare, von ROHG. 14.122 und der Vorinstanz richtig erkannte Rechtslage ist vom RG. bedenklich verwirrt worden (vgl. insbesondere RG. 13.99, 23.81, 89.34, 6S, ferner RG. 26.217, 84.410 HGZ. 1888.241, 1893.253, 1916.147,269, 1917.6, LG.Hamburg HGZ. 1898.121; richtig dagegen z.B. RG. HGZ. 1919.169). Das RG. gestattet dem Verkäufer trotz Gefahrübergaugs die Versicherung des gewöhnlichen Eigentümerinteresses für e i g e n e Rechnung. Es würde damit, trotz aller Verwahrung gegen die Zulässigkeit der Versicherung des objektiven Interesses (RG. S9.37), der „objektiven Anschauung" und „der Versicherbarkeit des objektiven Interesses Bahn gebrochen" haben (wie der Verfasser der Entscheidungen RG. 89.34, 68 in HRZ. 1919.55 selbst hervorhebt), — wenn nur nicht der Begriff des „objektiven Interesses" ein Widerspruch in sich selbst wäre (oben Anm. 5). Der Verkäufer soll sein eigenes (eventuelles) Interesse und das fremde (aktnelle) Interesse des Käufers durch eine Versicherung für eigene Rechnung decken können. Das ist ein Widersinn, dessen sich

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keine Rechtsordnung schuldig machen kann und wird, die auf die Unterscheidung der § j Versicherung f ü r eigene Rechnung von der Versicherung f ü r fremde Rechnung Wert Jegt. Denn die Versicherung für eigene Rechnung ist die Versicherung eigenen Interesses und kann daher begriffsnotwendig keine Versicherung fremder Interessen sein. Deshalb fehlt es auch der „objektiven" Anschauung des R. G. an nicht weniger als jeder Art von juristischer Begründung. Man hat dafür nur Torbringen können, dal., das Eigentümerinteresse „in mehrfacher Hinsicht als formalisiert und objektiviert erscheine, indem dabei von den besonderen konkreten Beziehungen und Interessen des Versicherten abstrahiert" werde, so z. B. bei der Bestimmung des Versicherungswerts, der Versicherungssumme, der anteiligen Haftung für Beiträge, Aufopferungen und Kosten bei der Teilversicherung, der Haftung im Falle des Totalverlustes, der Zulassung eines Abzugs im Falle einer Rettung, des Übergangs von Rechten auf den Versicherer, des Abandons usw. ( H a g e n s HRZ. 1919.53), — kurz bei der gesamten Regelung des SeeversicheTungs-Rechts. Von alledem ist nichts richtig. Die angeführten Vorschriften des Seeversicherungs-Rechts haben mit der „Formalisierung und Objektivierung" des Eigentümerinteresses (das Schlagwort findet sich übrigens schon z . B . bei H e c k e r 55), mit der „Abstrahierung von den konkreten Beziehungen und Interessen des Versicherten" nicht das geringste zn tun, sondern entspringen reineren und klareren Quellen. Richtiger wäre gewesen, das RG. hätte sich vergegenwärtigt, daß die Vorschriften des VVG. über die Veräußerung der versicherten Sache und über das Verhältnis der Eigenversicherung zur Fremdversicherung vom Standpunkt der „Objektivierung und Formalisierung" des Interesses aus ebenso unbegreiflich sind wie die Vorschriften des BGB. über die Wirkungen der Versicherung zugunsten des Hypothekeilgläubigers und des Nießbrauchers ( K i s c h 3.50 und JehJ. 63.377, 388, 304). Das RG. nimmt in Anspruch, daß seine Lösung „einfach und klar", seine „einfache Konstruktion" in besonderem Maße „praktisch" sei. Daß es nicht einfach und nicht klar ist, wenn man eine Eigenversicherung in eine Fremdversicherung unikonstruiert, bedarf keiner Ausführung. Dem Urheber des VVG. (und erst recht dein des HGB.) haben solche Konstruktionen fern gelegen: Bei der Eigenversicherung ist, „wenn der Versicherungsnehmer ein eigenes Interesse nicht nachzuweisen vermag, der Versicherer zur Zahlung nicht verpflichtet" (Begr. z. W G . § SO). Wie praktisch die Lösung ist, hat man sich offenbar nicht klar gemacht. Die Rechte aus dem Vertrag würden nach der „einfachen Konstruktion" das RG. dem Verkäufer zustehen, in seine Konkursmasse fallen. Er allein könnte, ob im Besitz der Police oder nicht, über die Rechte verfügen. Der Versicherer könnte, auch nach Übergang: der Rechte auf den Käufer, mit allen Forderungen gegen den Versicherungsnehmer aufrechnen. Für die vorvertragliche Anzeigepflicht und für alle sonstigen Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag, insbesondere für die Schadenverhütungs- und die Schadenabwendungs-Pflieht, käme die Person des Käufers, solange dieser nicht die Güter und mit ihnen die Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag erworben hat, nicht in Betracht. Hat auch der Käufer Versicherung genommen, so würde wohl gar angenommen werden müssen, daß keine Doppelversicherung' vorliegt, weil (loch jede Versicherung eine Versicherung für eigene Rechnung ist lind mithin ein eigenes Interesse deckt, — wenn das Reichsgericht nicht die Versicherung des eigenen Interesses zu einer Versicherung (auch) des fremden Interesses umgewendet hätte (vgl. hierzu S i e v e k i n g 7, der annimmt, daß nach dem Eigentumsübergang auf den Käufer „für den Käufer eine Doppelversichernng entstehe", und der Käufer „alsdann gemäß § 788 HGB. berechtigt sei, Herabsetzung der Versicherungssumme zu verlangen", aber auch, kaum damit vereinbar, daß „eine der beiden Versicherungen wegen Fehlens eines versicherbaren Interesses sich als ungültig herausstellen müsse"). Im Versicherungsfall würden nur die Rechte

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§ 1 und. Ersatzansprüche des Verkäufers, nicht auch die des Käufers auf den Versicherer Übergehen, unter jenen Ersatzansprüchen aber wohl auch die Kaufpreisforderung gegen den Käufer (was auch RG. 23. S6 annimmt: „Auch bei einem Verkaufe bleibt der Gegenstand der Versicherung für den Verkäufer . . . qualitativ derselbe und tritt durch den Verkauf nur noch der . . . Anspruch an den Käufer diesem Interesse hinzu, was nach Artt. 808, 826 ADHGB. ( = §§ 804, 822 HGB.) . . . nur zur Folge haben kann, daß der Versicherer nach Vergütung des Schadens in die Rechte des Versicherten eintritt"; ähnlich HGZ. 1888.245; widerspruchsvoll HGZ. 1893.258: Der Verkäufer müsse den Entschädigungsanspruch an den Käufer abtreten, und ebendort 259: Vielleicht sei zuzugestehen, daß der Versicherer Abtretung der Kanfpreisforderung verlangen könne). So sieht die „praktische Lösung" des RG. aus. Vgl. ferner insbesondere W e y g a n d 29, 102, 110. Das RG. war auf seinen Irrtum nachdrücklich hingewiesen (vgl. insbesondere K i s c h JehJ. 63.361). Es hat die schweren rechtlichen und rechtspolitischen Bedenken, die sich gegen seine Auffassung richten, kurz abgetan: Es wolle „einer unzulässigen Versicherung des objektiven Interesses den Weg nicht eröffnen" (RG. 89.37). Daß sich Wort und Wille des Gesetzes (lecken, daß man schon 1S59 gefürchtet hat, die Rechtsprechung könne noch einmal auf Abwege geraten, und deshalb die Zugänge zu ihnen mühsam verbaut hat, macht keinen Eindruck. Damals schon rangen die Lehre vom sog. objektiven Interesse und die hier vertretene Anschauung um die Oberhand, und — die erstere unterlag. „Man könne (heißt es Prot. 3658) von der Voraussetzung ausgehen, daß sich der Versicherer verpflichtet habe, denjenigen zu entschädigen, welcher das versicherte Interesse als das sqinige d a r t u n werde, und daß er diese Verpflichtung als eine unbedingte dem Nenmer gegenüber übernommen habe, sodaß er zahlen müsse, sobald jene Person auftrete und . . . die Genehmigung . . . des Nehmers erweise . . . Es stehe ihr aber eine a n d e r e entgegen. Sie beruhe auf der Unterstellung, daß die Versicherung für fremde Rechnung ohne Benennung des Versicherten nur wirksam sei, wenn der Nehmer das Interesse einer bestimmten Person . . . zu sichern bezwecke, daß dagegen ein Vertrag k e i n e r e c h t l i c h e G e l t u n g habe, durch welchen der Nehmer ohne alle Rücksicht auf die Person des Betheiligten nur das o b j e k t i v e I n t e r e s s e unter Versicherung zu bringen beabsichtige, um es der Z u k u n f t zu ü b e r l a s s e n , w e r s p ä t e r a l s der B e t h e i l i g t e sich h e r a u s s t e l l e n w e r d e . Diese zweite Anschauung . . . werde . . . im Norden Deutschlands . . . zur alleinigen Richtschnur genommen. Es erkläre sich dies aus dem Bestreben der Versicherer, die wichtige Anzeigepflicht nicht auf die Person des Nehmers beschränkt zu sehen. Die . . . Beschlüsse der Versammlung beruhten auf der A n e r k e n n u n g d i e s e s z w e i t e n . . . P r i n z i p s . Das letztere führe aber notwendig dahin, daß . . . derjenige, welcher den Ersatz des Schadens beanspruche, den Nachweis führen müsse, daß er der Versicherte oder diejenige Person sei, deren Rechte der Nehmer habe wahrnehmen wollen". Gegenüber dem Versuch der Verwässerung des Interessebegriffs wnrde ausgeführt, es dürfe nicht „eine der wichtigsten Fragen des Assekuranzrechts im Gesetze unentschieden bleiben, die Frage nämlich, ob es dem Versicherungsnehmer gestattet sein solle, auch o h n e eine desfallsige a u s d r ü c k l i c h e V e r a b r e d u n g mit dem Assekuradeur V e r s i c h e r u n g f ü r r e i n o b j e k t i v e I n t e r e s s e n zu nehmen. . .Vor allem sei in Betracht zu ziehen, daß der Versicherungsnehmer, wenn er befugt wäre, ohne nähere desfallsige Abrede für g a n z u n b e s t i m m t e P e r s o n e n und vielleicht auch f ü r unb e s t i m m t e I n t e r e s s e n Versicherung zu nehmen . . ., eine S p e k u l a t i o n w ü r d e m a c h e n k ö n n e n , welche mit den Grundsätzen des bürgerlichen Rechtes nicht im Einklang zu stehen und auch im Verkehre nicht als zu Recht bestehend anerkannt ku werden scheine, wenn auch vielleicht in vielen Fällen die Versicherungen unter

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der Klausel „für Rechnung, wen es angeht" schließlich zu einem ähnlichen Resultate § 1 führen könnten, wie eine Versicherung der in Rede stehenden Art. Keine Gesetzgebung habe dergleichen Versicherungen bisher ausdrücklich anerkannt, und kein Schriftsteller von Bedeutung sich für dieselben ausgesprochen . . . Eine andere Auffassung erscheine auch p r a k t i s c h ä u ß e r s t b e d e n k l i c h . Eine Versicherung der in Rede stehenden Art würde ein V e r t r a g m i t e i n e r p e r s o n a i n c e r t a , ein Kontrakt ohne Kontrahenten sein, und es wäre nicht abzusehen, wen die A n z e i g e p f l i c h t in solchen Fällen treffen solle; auch würde sie mit den Beschlüssen der Versammlung über den Abschluß der Versicherungen für fremde Rechnung n i c h t im E i n k l a n g stehen. Ferner würde . . . die Frage, was bezüglich allenfallsiger V e r s c h u l d u n g e n des V e r s i c h e r t e n und dgl. Rechtens sein solle, zu großen Verwicklungen führen. Es erscheine auch der Einwand, daß der Versicherer . . . nicht immer darauf rechnen könne, daß ihm nur der ursprüngliche Versicherte gegenüber stehe, nachdem die Übertragung der Versicherung bewilligt worden sei, nicht als begründet, denn bei einer Übertragung der Versicherung müßten die Anzeigepflicht und die aus dem Verschulden des Versicherten usw. herrührenden Rechtsverhältnisse fortwährend nach der Person des ersten Versicherten beurteilt werden. . . . W o l l e der Versicherer sich in der Weise verpflichten . . ., daß derjenige der Versicherte sein solle, welcher den Schaden leiden werde, so sei nichts dagegen zu erinnern . . .". Aber die „fraglichen Versicherungen seien im Verkehre e n t b e h r l i c h und die Versicherer darauf sich einzulassen bis jetzt gänzlich abgeneigt". Nach Erwiderungen des Vertreters der reichsgerichtlichen Auffassung wurde diese mit S gegen 2 Stimmen a b g e l e h n t . Man hat sich endlich auf d a s e n g l i s c h e R e c h t berufen. Zwar nicht dafür, daß eigene und fremde Interessen durch eine Versicherung für eigene Rechnung gedeckt werden können, sondern nur dafür, daß — der „Verkäufer, solange das Eigentum nicht übergegangen ist, ein insurable interest" hat ( H a g e n s HRZ. 1919.56), was niemand bestreitet; der Verkäufer kann es sogar noch nach dem Eigentumsübergang haben. Der Standpunkt des englischen Rechts ist jedoch in der Tat ein anderer als der des deutschen Rechts (so übrigens z.B. schon N i z z e NAfHR. 1.417). Aber dieser Unterschied kann natürlich nicht darin bestehen, daß das englische Recht schlechtweg die Fremdversicherung unter der Maske der Eigenversicherung zuließe. Das deutsche Recht hat an dem Grundsatz festgehalten, daß Jedes versicherbare Interesse einen besonderen Vertragsgegenstand bildet", „der Versicherer über das Interesse, dessen Sicherstellung beabsichtigt wird, in Gewißheit gebracht werden muß" (Prot. 3054, 3111, 3131, 3C17, 3630, 4231, E h r e n b e r g 289, 293, L e w i s Versicherungsrecht 45, 47, ROHG. 14.133). D a s I n t e r e s s e m u ß r i c h t i g , d.h. so b e z e i c h n e t w e r d e n , daß der Versicherer erkennen kann, um welche Beziehung zur Sache es sich handelt, sonst ist „die Versicherung für den Versicherer nicht verbindlich" (§ 1 Abs. 3). Daß der Versicherer auch das richtige Interesse gedeckt haben würde, ist ohne Bedeutung (ROHG. 20.131). Erst die Einigung über das Interesse setzt die Parteien, insbesondere den Versicherer, in den Stand, die Größe der Gefahr richtig zu schätzen und danach die Prämie zuverlässig zu bemessen. Die Parteien k ö n n e n zwar auch von einer Einigung über das Interesse absehen und es der Aufhellung im Versicherungsfall überlassen, weichfeg Interesse auf dem Spiele gestanden hat. Aber das bedarf dann eben besonderer V e r e i n b a r u n g (§ 120: Versicherung „für behaltene Ankunft" oder „für behaltene Fahrt", sog. V e r s i c h e r u n g n n b e n a n n t e r I n t e r e s s e n , auch kurz „ I n t e r e s s e n v e r s i c h e r a n g " genannt). Anders das englische Recht, das, überdies mißverstanden, vom RG. an die Stelle des deutschen Rechtes gesetzt wird. Allerdings: The subject-matter insured must be designated in a marine policy with reasonable certainty (MIA. § 26 Abs. 1). Aber nur the subject-matter. The natare and extent

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of the interest of the assured in the subject-matter insured need not he specified in the policy (MIA. § 26 Abs. 2). Der Pfandgläubiger kann „das Schiff-' versichern (Irving v. Richardson 1831 bei A r n o u l d 324 s. 251), der Mitrheder „die Fracht-1 (Rising- y. Burnett 1798 bei A r n o u l d aaO.), der nur zu 7/io an den Gütern Beteiligte „die Güter" (Carruthers v. Shedden 1815 bei A r n o u l d 324 s. 252), der Spediteur „die Güter" (Crowley v. Cohen 1832 bei A r n o u l d 325 s. 252), ja sogar der Versicherer „die Güter" (Mackenzie y. Whitworth 1875 bei A r n o u l d 323 s. 251). Where the policy designates the subject-matter insured in general terms, it shall be construed to apply to the interest intended by the assured to be covered (MIA. § 26 Abs. 3). Den sich darans ergebenden Bedenken hat man sich nicht verschlossen. Where the risk is of an exceptional kind, the insurer may be entitled to avoid the insurance, if the nature of the risk has not been disclosed to him ( A r n o u l d 326 s. 252a). Und ferner: Regard shall be had to any usage regulating the designation of the subject-matter insured (MIA. § 26 Abs. 4). Nach solchem Handelsgebrauch müssen z.B. respondentia und bottomry loans besonders angegeben werden (Arnould 308 s. 243, 327 s. 252a). Auch sonst scheint man es neuerdings mit der Bezeichnung des Interesses ernster zu nehmen. Als eine Lagerhausgesellschaft Güter „gegen Totalverlnst, wenn das Schiff, gleichviel au3 welchem Grunde, den in der Police genannten Bestimmungsort nicht erreicht", versichert hatte, um gegen den Verlust des von der Ankunft der Güter erwarteten Verdienstes gedeckt zu sein, wurde die Klage auf Entschädigung abgewiesen, weil, „wenn der Versicherte ein besonderes und ungewöhnliches Risiko im Sinne hatte, das er kannte, der Versicherer aber nicht, das Risiko nicht dadurch gedeckt wird, daß die Police allgemeine Bestimmungen enthält, die an sich weitreichend genug sind, um je nach der Auslegung das betreffende Risiko decken zu können" (ITVMitt. 1919.48). •Aber gleichwohl: In der Regel genügt die allgemeine Bezeichnung des Gegenstandes, um alle Interessen zu decken, die auf den Gegenstand Bezug haben, und die der Versicherungsnehmer gedeckt wissen wollte. Dazu kommt ein zweites. Lloyd's Police bestimmt seit Alters: BE IT KNOWN, that John Bull as well in his own name a," for and in the name and names of all and every -other person or persons to whom the same (der versicherte Gegenstand) doth, may, or shall appertain, in part or in all doth make assurance and cause himself and them, and every of them, to be insured . . . (MIA. Schedule 1; Anhang XI). Man hat sich daran gewöhnt, die Versicherung im Zweifel als Versicherung für Rechnung, wen es angeht, anzusehen, und bekennt sich mithin zu einem Grundsatz, der demjenigen des deutschen Rechts (§ 52 Abs. 1) gerade entgegengesetzt ist. Prima facie, no doubt, a person with a limited interest who insures, only protects his own interest (Arnould 1492 s. 1239, vgl. auch C h a l m e r s 21, 34). Aber tatsächlich gilt die Versicherung als Interessen- und Interessentenversicherung. Wenn nur die Police enthält the name of the assured, or of some person who effects the insurance on his behalf (MIA. § 23). Auch a mortgagee, consignee, or other person having an interest in the subject-matter insured may insure on behalf and for the benefit of other persons interested as well as for his own benefit (MIA. § 14 Abs. 2; vgl. auch § 52 Anm.). Das englische Recht steht auf einem ähnlichen Standpunkt wie das frühere deutsche Binnenversicherungsrecht, nach dem („im Gegensatz zum Seeversicherungsrecht"!) die Sache selbst als versichert angesehen wurde (z.B. RG. 35, 48: Die Feuerversicherung des Lagerhalters deckt ohne weiteres das Eigentümerinteresse des Kunden, OLG.Hamburg LZ. 1909.877, sehr weit gehend,: Einbruclisversicherung deckt auch das Eigentümerinteresse des Hinterlegers), wenngleich man sich nicht verhehlte: there is a distinction between the subject insured and the subject-matter of insurance (Rayner v. Preston 18S1 bei C h a l m e r s 6). Diese Grundsätze des englischen Rechts hat das RG. auf das deutsche Recht,

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obwohl dieses sie ausdrücklich ablehnt, aufgepfropft. Es hat auch dabei noch fehl- § 1 gegriffen. Denn der Qedank« ist natürlich auch dem englischen Hechte unbekannt, daß eine ausdrücklich für eigene Rechnung genommene Versicherung, also die ausdrückliche Versicherung eines eigenen Interesses, ein fremdes Interesse deckt. Der Pfandgläubiger kann für eigene Rechnung „die Güter" versichern. Aber gedeckt ist dann nur das durch sein Pfandrecht vermittelte Interesse (Irving v. Richardson 1831 bei A r n o n l d 324 s. 251). A party who has only a special interest in goods may recover on a general insurance, aber nur in respect of that interest (Palmer v. Pratt 1824 bei A r n o u l d 324 s. 252). Eine Versicherung nur des Eigeninteresses deckt kein Fremdinteresse. Die Versicherung des beim Verkäufer gebliebenen, rudimentären Eigentümerinteresses deckt nicht ohne weiteres das Interesse des Käufers. Freilich ist die Frage von keiner großen Bedeutung, weil ja nach Lloyd's Police die Versicherung als für Rechnung, wen es angeht, genommen gilt. Wenn der Verkäufer die Güter versichert, und das ganze, zwischen ihm und dem Käufer geteilte, Eigentümerinteresse gedeckt wissen will, ist auch das Interesse des Käufers versichert. Der Gegenstand wird daher auch im wesentlichen vom Gesichtspunkt der Interessenzuständigkeit behandelt. Dabei ist daran zu erinnern, daß das englische Recht Eigentum und Gefahrübergang an den Kaufabschluß, bei Gattungssachen an die Verschiffung- knüpft, wenn nichts anderes vereinbart ist. Therefore, in' general, if under a contract of sale the property in sea-borne goods does not vest in the buyer until arrival, he has no insurable interest in them during the transit. If, however, by the contract, the goods are to be at his risk during the voyage, he has an insurable interest in them during the same. Similarly, the parties may agree that the property in goods shall vest in the buyer at the time of shipment; but that the goods shall be at the seller's risk during the transit, or that the price shall not be paid unless they arrive safely. Obviously the seller has an insurable interest in this case ( A r n o u l d 375 s. 284). It would be contrary to the principles on which an insurable interest depends if a seller who had parted with the property and possession could insure the goods (Arnould 378 s. 286). Das Gesetz selbst hebt hervor: Where the buyer of goods has insured them, he has an insurable interest, notwithstanding that he might, at his election, have rejected the goods, or have treated tliem as at the seller's risk, by reason of the latter's delay iu making delivery or otherwise (MIA. § 7 Abs. 2). Der Käufer, der die Gefahr trägt, hat ein versicherbares Interesse, obgleich er den Kauf rückgängigmachen kann. He has an actual interest, defeasible only at his own option. Suppose A buys by sample, to be shipped from abroad, and insures them. Goods which are inferior to sample are shipped, and then partially sea-damaged on the voyage. A may accept the goods, and claim on the policy. If A rejects the goods, presumably he could not claim on the policy; but could he assign the policy to the seller, and then reject the goods? Probably not; but various complications may be suggested which still wait decision {Chalmers 15)! Man hat dem RG. vorgeworfen, daß es die Versicherung für Rechnung, wen es angeht, (richtiger: die Versicherung für fremde Rechnung) überflüssig mache (Christoph HGZ. 1917.149). In der Hauptsache mit Recht. H a g e n s (HRZ. 1919.56) wendet «in, daß doch die laufende Police die Aufgabe sowohl eigener wie fremder Interessen gestatte (die Versicherung für fremde Rechnung also doch noch einen gewissen Nutzen habe). Aber nach seiner Ansicht können ja mit eigenen auch fremde Interessen als eigene deklariert werden, und reine Fremdversichernngen sind selten. H a g ens glaubt schließlich, daß die Fremdversicherung von Nutzen sei wegen der „Möglichkeit, daß im voraus abzuladende Waren versichert werden, bei denen noch nicht feststeht, ob nicht schon bei der Abladung das Eigentumsinteresse des Verkäufers infolge endgültiger Bezahlung

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§ 1 oder Eigentumsübertragung gänzlich erloschen sein wird". Diese „Möglichkeit" ist wenig wahrscheinlich. Jedenfalls aber bedarf es der Fremdversicherung nicht. Der Verkäufer nimmt Eigenversichernng und läßt nach den Vorschriften über die Veräußerung versicherter Sachen die Versicherung auf den Käufer übergehen (§ 49 Anm.). Nun wäre es freilich schlimm, wenn der die Gefahr tragende Käufer sein Eigentümerinteresse, der Verkäufer seinen Interessenrest, wenn der Cif-Verkäufer zum Teil eigenes, zum Teil fremdes Interesse besonders unter Versicherung bringen müßte. Das ist ja aber auch nicht der Fall. Der Kaufmann hat, „praktischer" als der Jurist und früher als dieser, die Zwiespältigkeit der Interessen beim Kauf erkannt oder gefühlt und durch die Versicherung für Rechnung, wen es angeht, vorgesorgt ( C h r i s t o p h HGZ. 1917.147). Where different interests ave concerned it is common practice, as Blackburn, J., points out, for the broker to enter into the policy in his own name „but on behalf of and to protect the interests of different constituents" ( C h a l m e r s 34). Demgemäß war auch in allen Tom RG. behandelten Fällen Versicherung für Rechnung, wen es angebt, genommen. Wenn da« RG. sich gleichwohl mit der Frage befaßt hat, ob die Versicherung für eigene Rechnung auch ein fremdes Interesse decke, so beruht dies nur darauf, daß nach § 5 Abs. 1 ASVB. ( = HGB. § 782 Abs. 1) die Versicherung für fremde Rechnung nur verbindlich war, wenn der Versicherungsnehmer Auftrag hatte, Versicherung zu nehmen, oder den Mangel des Auftrags angezeigt hatte, und der Versicherer in jenen Fällen beides bestritt. Nur mittelst der Konstruktion der Versicherung eines fremden Interesses für eigene Rechnung glaubte das RG. die Situation retten zu kSnnen (übrigens ohne Grund; denn es handelte sich bei den vom Reichsgericht behandelten Fällen nicht nur um Versicherungen für fremde Rechnung, sondern auch um laufende Versicherungen, und bei laufenden Versicherungen kann der Auftragsmangel garnicht angezeigt werden und braucht er deshalb auch nicht angezeigt zu werden; § 57 Anm.). Das RG. wird in diese Lage kaum wieder geraten. Denn seine Rechtsprechung hat zur Folge gehabt, daß die Gültigkeit der Versicherung für fremde Rechnung nicht mehr davon abhängig ist, daß der Versicherte Auftrag erteilt hat oder der Auftragsmangel angezeigt ist. So die ADS. in Ubereinstimmung mit dem W G . ; § 782 HGB. ist durch G. vom 30. Mai 190S gestriehen. Anm 15

11. Die Objektivierung des Interesses, der das RG. im Falle cif verkaufter Güter die Bahn gebrochen zu haben glaubt, diese „Verflüchtigung des Interesse-Erfordernisses" ( G e r h a r d 374, H a g e n ZfVW. 1907.29) soll sich insbesondere in drei Beziehungen auswirken. Die Eigenversicherung des Eigentümerinteressenten umfaßt die Versicherung der übrigen sog. Konkurrenzinteressen. Die Eigenversicherung der übrigeu Konkurrenzinteressenten kann auch das Eigentümerinteresse umfassen. Bei der Versicherung für Rechnung, wen es angeht, sind alle möglichen zur Zeit de? Vertragsschlusses bestehenden oder später entstehenden Interessen gedeckt. a Anm. 16 ) „In dem Eigentümerinteresse sind zugleich sämtliche K o n k u r r e n z interessen an demselben Gegenstand mitversichert" ( E h r e n b e r g 309 und ZfVYV. 1903.323, 1906.375), genauer: nicht allein sie, die (wie z. B. da« Interesse des Bodmereigläubigers) das Eigentümerinteresse schmälern, sondern auch andere Interessen an der Erhaltung der Sache, wie z.B. das gewöhnliche Pfandgläubigerinteresse. „Mieter, Pächter, Pfand- und Hypothekengläubiger werden bei der Versicherung von dem Eigentümer mitvertreten" ( H a g e n s HRZ. 1919.55), sodaß es eigentlich der zum Schutze der Hypothekengläubiger dienenden Vorschriften des BGB. und des VVG. nicht bedarf (vgl. namentlich K i s c h 3 . 4 1 und JehJ. 63.377, 390). Wer sein Eigentümerinteresse für eigene Rechnung versichert, versichert gleichzeitig das Interesse des Pfandgläubigers, Nutznießers, Käufers und Verkäufers, Mieters und Vermieters usw. Der Verkäufer versichert mit der Eigenversicherung seines Eigentümerinteressen-Reste»

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auch das Eigentümerinteresse des Käufers, der Rheder mit der Kaskoversicherung- § 1 auch das Interesse des Schiffspfandgläubigers oder des Schiffsmieters, der Ladungseigentümer anch das Interesse der Lombardbank, der Verpächter von Weideland das Interesse des Pächters am Nichteintritt von Hagelschaden und dgl. m. Und zwar soll die Versicherung des Eigentümerinteresses den übrigen Konkurrenzinteressente» „ohne weiteres zugute kommen" ( H a g e n s HRZ. 1919.55, E h r e n b e r g 313; vgl. anch H e c k e r 48: „über das hier de lege ferenda Geforderte bereits hinausgehend"). Das soll bedeuten: Mit der Versicherung oder mit der Entstehung des Konkurrenzinteresses ist der Konkurrenzinteressei;t versichert ( E h r e n b e r g 395), die ßechte aus der Versicherung stehen hier (bei der Eigenversicherung, nicht etwa bei der Fremdversicherung) nicht dem Versicherungsnehmer, sondern dem Konkurrenzinteressenten zu (vgl. § 53 Abs. 1). Ob der Konkurrenzinteressent auch ohne Zustimmung des Versicherungsnehmers über diese Rechte verfügen kann (vgl. § 53 Abs. 2), ob, umgekehrt, der Versicherungsnehmer ohne Zustimmung des Konkurrenzinteressenten über die Rechte verfügen kann (vgl. §54, auch E h r e n b e r g 466: „gesetzliche Vollmacht", die dem Versicherungsnehmer jedoch vom Koukurrenzinteressenten entzogen werden kann), ob und wieweit der Versicherer gegenüber den Konkurrenzinteressenten Forderungen gegen den Versicherungsnehmer aufrechnen kann (vgl. § 56), ob und wieweit den Konkurrenzinteressenten die Anzeigepflicht und die sonstigen Obliegenheiten des Versicherungsnehmers treffen, ob der Konkurrenzinteressent Auftrag gegeben oder der Versicherungsnehmer den Mangel des Auftrags angezeigt haben muß (vgl. § 57 Abs. 5), wieweit überhaupt der Kreis der übrigen, durch die Eigenversicherung des Eigentümers geschützten Interessenten reicht, — dies und vieles andere mehr erfahren wir nicht. An einer Begründung fehlt es durchaus. Man behauptet, „die Summe sämtlicher Konkurrenzinteressen mache erst das versicherte Eigentümerinteresse aus" ( E h r e n b e r g 310); die Behauptung ist nur insoweit richtig, als sich mehrere in das Eigentümerinteresse teilen können, die Schlußfolgerung, also müßten mit, dam Eigentümerinteresse auch alle übrigen Konkurrenzinteressen versichert sein, mithin unstatthaft. Man behauptet, „daß dem Eigentümer von den Konkurrenzinteressenten ein stillschweigendes Mandat (zur Versicherung) erteilt sei" ( E h r e n b e r g 19S); mit der Unterstellung stillschweigender Vereinbarungen läßt sich alles beweisen (vgl. auch Vorb. vor § 1 Anm. 67). Auch der Wunsch „kühner Weiterentwicklung" des Interessebegriffs ( H a g e n s HRZ. 1919.52, 56) ist schwerlich ausreichend und z.B. mit der ausdrücklichen Vorschrift des § 779 HGB. kaum vereinbar, (laß in der Versicherung des Eigentümerinteresses k e i n e Versicherung des Pfandgläubigerinteresses enthalten ist. Dagegen insbesondere G e r h a r d 239, G i e r k e Versichernngsforderung 39, H a g e n ZfVW. 1907.21, K i s c h 3.39, Lennfe 60, V o i g t 18, OG.Hamburg HGZ. 1873.347, im allgemeinen auch noch RG. 13.101; vgl. auch unten Anm. 18. Dagegen jetzt such das RG. selbst (RG. 89. 25)! Vgl. auch Schweiz. W G . Art. 49 Abs. 2: „Im Zweifel gilt dasjenige Interesse als versichert, das ein Eigentümer an der Erhaltung der Sache hat"; also kein anderes. b) Die Eigenversicherung der übrigen Konkurrenzinteressen soll ancli Anm. v (las Eigentiimerinteresse umfassen können. Pfandgläubiger, Nutznießer, Verkäufer (oder Käufer), Mieter, Entleiher, Verwahrer, Beauftragter, Kommissionär, Spediteur, Lagerhalter, Treuhänder, Geschäftsführer ohne Auftrag usw. können durch eine Eigenversicherung auch das Eigentümerinteresse des Verpfänders, Nießbrauchgebers, Käufers (oder Verkäufers), Vermieters, Verleihers, Hinterlegers, Auftraggebers, Kommittenten. Versenders, Einlagerers, Treugebers, Geschäftsherrn usw. decken, wenn sie nur dem Eigentümer gegenüber „verpflichtet sind, die Sachen unter Versicherung zu bringen", oder wenn sie auch nur nach § 281 BGB. verpflichtet sind, dem Eigentümer im Ver-

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§ 1 sicherungsfalle die vom Versicherer erhaltene Entschädigung herauszugeben oder die Entschädigungsforderung gegen den Versicherer abzutreten ( E h r e n b e r g 814, G e r h a r d 2 4 1 , G i e r k e Versicherungsforderung41, H e l l w i g 544; schwankend L e n n e 2 0 und WußVers. 1913.TS: Zulässig sei die Versicherung fremder Interessen in der Form der Eigenversicherung, wenn nach dem Parteiwillen das fremde Interesse versichert sein solle, andererseits sei Aufklärung" des Versicherers darüber, daß fremdes Interesse versichert sein soll, „zwar stets zu empfehlen, aber nicht grundsätzlich erforderlich"; vgl. auch EG. 74.130, 89.38). In solchen Fällen „erweitere sich das eigentliche Interesse des Beschränktberechtigten bis zum vollen Belaufe des Eigentümerinteresses durch die obligatorischen Beziehungen des Versicherungsnehmers zum Eigentümer" ( G e r h a r d 241) und gestatte dem „Beschränktberechtigten", eine Eigenversicherung zu nehmen, die gleichzeitig sein „eigentliches" Interesse und das Interesse des Eigentümers decke. Bei dieser „Konstruktion", die der Einrichtung der Versicherung für fremde Rechnung vollends den Garaus macht ( L e n n e 25), sind seltsame .Mißverständnisse untergelaufen. Wenn ein Verkäufer im Kaufvertrag übernähme, die Gefahr zu tragen, die nach den §§ 446, 447 BGB. der Käufer tragen soll, wenn ein Kommissionär es übernähme, die Gefahr zu tragen, die von Rechtswegen den Kommittenten trifft, oder der Pfandgläubiger die Gefahr, die an sich der Verpfänder und Eigentümer trägt, würde sich freilich „das eigentliche Interesse des Beschränktberechtigten bis zum vollen Belaufe des Eigentümerinteresses erweitert" haben und der „Beschränktberechtigte" das Eigentümerinteresse versichern können. Wenn aber der Cif-Verkäufer, der Kommissionär, der Spediteur, der Lagerhalter, der Kürschner, der Pfandgläubiger nur die Verpflichtung übernommen haben, das Eigentümerinteresse zu versichern, kann keint Rede davon sein, daß sie die Gefahr übernommen haben, daß sie das Eigentümerinteresse besitzen, daß sie das Eigentümerinteresse durch eine Eigenversicherung decken könnten (Begr. z. VVG. § 74, C a h n 80, ROHG. 14. 133, RG. 7.12; abw. OAG. Lübeck Thöls Entscheidungsgründe 161, wozu richtig V o i g t ?>9: „ j e t z t kann nach den Art. 783—7S6 ADHGB. ( = HGB. §§ 779—7S2) über die Entscheidung kein Zweifel erhoben werden"). Freilich e i n e Gefahr laufen sie, nämlich die, aus Nachlässigkeit die Versicherung zu unterlassen. Freilich können sie sich gegen d i e s e Gefahr durch eine Eigenversicherung schützen. Diese Eigenversicherung ist aber natürlich nicht die Versicherung eines Eigentümerinteresses, sondern eine Haftpflichtversicherung, eine Versicherung gegen den Vermögensschaden, der dem Versicherungsnehmer dadurch erwächst, daß er auf Grund eines Vertrags einem dritten haftpflichtig wird (vgl. Begr. W G . §§ 149, 150). — Nicht weniger irrig ist die Auffassung, daß, „soweit die Verpflichtung aus § 2S1 BGB. reicht, auch das Vorliegen eines versiclierbaren Interesses anzunehmen ist" (vgl. auch K i s c h 3.46, J e h J . 63.389). Nach § 281 B G B . muß der Schuldner (der Verkäufer, der Kommissionär, der Spediteur, der Lagerhalter, der Pfandgläubiger usw.), w e n n er nicht leisten, die Ware nicht übergeben, die Pfandsache nicht zurückgeben, das Koimnissionsgut nicht zurück- oder herausgeben, das Speditionsgut nicht ausliefern, das Lagergut nicht ausliefern oder zurückgeben usw. kann und einen Ersatz oder Ersatzanspruch erlangt hat, dem Gläubiger auf Verlangen das als Ersatz Empfangene herausgeben oder den Ersatzanspruch abtreten. Wenn! Wenn nicht, —nicht. Wenn ein feuerversichertes Gemälde verkauft wird und, ehe die Gefahr auf den Käufer übergeht, durch Feuer vernichtet wird, kann der Käufer gegen Zahlung des Kaufpreises Abtretung der Entschädigungsforderung verlangen. Wenn das Gemälde nicht versichert ist, kann er regelmäßig nichts verlangen. Ans § 281 B G B . folgt also nur, daß Entschädigungsansprüche aus Eigenversicherungen abgetreten werden müssen, dagegen nicht, daß der Schnldner, z . B . der Verkäufer, ein „zum vollen Belaufe des Eigentümerinteresses erweitertes"

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luteresse versichern darf. Hat der Pfandgläubiger, der Spediteur, der Kommissionär § | usw. Versicherung genommen, so kann vollends keine Rede davon sein, daß die Zulässigkeit der Eigen Versicherung des Eigentümerinteresses sich auf § 231 BOB. stützen könnte. Sie laufen keine Gefahr. Denn sie brauchen nicht herauszugeben oder abzutreten, wenn sie nichts herauszugeben oder abzutreten haben. Sie können deshalb auch keine Eigenversicherung nehmen, sondern nur eine Fremdversichernng. Und sie haben selbst dann nichts abzutreten, weil die Rechte aus dieser Fremdversicherung ohne weiteres dem Gläubiger zustehen; sie haben nur etwa die Police herauszugeben, damit der Gläubiger über diese Eechte verfügen kann. — Nach der Lehre von der Erweiterung des beschränkten Interesses zum Eigentümerinteresse würde übrigens für die vorvertragliche Anzeigepflicht, für die sonstigen Obliegenheiten des Versicherungsnehmers aus dem Versicherungsvertrag, für den Übergang von Ersatzansprüchen und Rechten usw. nur die Person des Schuldners, nicht die des Gläubigers in Betracht kommen, — eine unleidliche Folge (vgl. oben Anm. 14). c) Schließlich sollen bei der Versicherung für Rechnung, wen es angeht, Anm. l« alle möglichen beim Abschluß des Vertrags bestehenden oder später entstehenden Interessen gedeckt sein. — Bei der Versicherung für Rechnung, wen es angeht, wird ja „uubestimmt gelassen, wessen Interesse versichert sein soll" (vgl. § 52 Abs. 3). Deshalb sind, so behauptet man zunächst, ohne weiteres alle diejenigen v e r s i c h e r t , die das Interesse haben oder erhalten. Ohne weiteres, d. h. ohne daß der neue Interessent gemäß § 49 in das Versicherungsverhältnis eintritt; die Vorschriften über die versicherungsrechtlichen Folgen der Veräußerung versicherter Sachen kommen nicht in Betracht. Aber nicht allein dies; auch die Art des versicherten I n t e r e s s e s bleibt unbestimmt. „Eine ganze Reihe von Trägern verschiedenartiger Interessen kann sich hier dem rechtlichen Schicksal der versicherten Sache folgend ablösen, z. B. der Absender, Spediteur, Frachtführer, der ablehnende Empfänger und der Lagerhalter". Der Versicherungsfall bringt dann an's Licht, welche Interessen und Interessenten versichert sind. Diese Unbestimmtheit hat nur zwei Grenzen. „Die Art des G e g e n s t a n d e s , an den sich die das Interesse bildenden Beziehungen knüpfen", muß bestimmt sein, und der Versicherer muß auch „ungefähr den Modus kennen, nach dem die Begründung der verschiedenen Interessen erfolgen soll, z. B. wissen, ob es sich um eine unter Umständen zu verkaufende und etwa noch zu verladende Ware handelt, also Interessen des Absenders, Spediteurs, Frachtführers usw. in Frage kommen können". Kurz, versichert ist nur das, aber auch j e d e s I n t e r e s s e , das z u r Z e i t des V e r s i c h e r u n g s f a l l s besteht. So L e n n e 96, G e r h a r d 374, S c h n e i d e r ZfVW. 1905.232 und teilweise (nämlich dafür, daß derjenige versichert ist, der zur Zeit des Versicherungsfalls der Inhaber des versicherten Interesses ist): K i s c h JehJ. 83.400,417,422, F. S i e v e k i n g ZHR. 55.151, V o r w e r k 73, 99. Vgl. auch H a g e n ZfVW. 1907.30: „Es lasse sich kaum verkennen, daß damit im Ergebnis genau der gleiche Zustand herbeigeführt werde, den man mit der Anerkennung der Versicherung des objektiven Interesses erreichen würde'' Über verwandte Anschauungen im französischen Rechtsverkehr: R i p e r t 2.76(5. Auch hier handelt es sich um ein offenbares Mißverständnis. Versicherung kann so genommen werden, daß sie sofort oder daß sie später (oder früher) beginnt, oder daß ein künftiges Interesse gedeckt wird (vgl. §§ 4, 5). Der Fall, daß die Versicherung für ein künftiges Interesse genommen wird (für die laufende Versicherung von großer, im übrigen von geringer Bedeutung) mag hier beiseite bleiben. In allen anderen Fällen ist das Interesse, für das Versicherung genommen wird, mit dem Abschluß des Vertrags „versichert". Nicht nur in den Fällen der Vergangenheitsversicherung oder der Versicherung, die mit dem Vertragsschluß beginnen soll. Sondern auch in

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den Fällen, in denen die Versicherung erst später beginnen soll. Das mag auffallend erscheinen, ist aber ohne jeden Zweifel der Standpunkt unseres Versicherungsrechts. Als „•versicherte Sache" betrachtet das Gesetz die Sache, über die ein Versicherungsvertrag geschlossen ist, mag auch die Versicherung noch nicht begonnen haben. Wird die „versicherte Sache'' in der Zeit zwischen Vertragsschluß und Versicherungsbeginn veräußert, so geht die Versicherung auf den Erwerber über (§ 49 Anm.). Ist aber die Sache schon vor dem Beginn der Versicherung, schon seit dem Abschluß des Versicherungsvertrags „versichert", so muß es natürlich auch seit dem Abschluß des Versicherungsvertrags einen „Versicherten" geben. Es ist also durchaus richtig, was die grundlegende und bisher nicht übertroffene Entscheidung des ROHG. 14.219 sagt: „daß immer schon bei Abschluß des Versicherungsvertrags ein individuell bestimmter, wenngleich nicht notwendig gekannter Versicherter vorhanden sein muß" (ähnlich schon 0AG.Lübeck LübS. 2. 321). Bei der E i g e n v e r s i c h e r u n g muß beim Vertragsschluß das Interesse d e r V e r s i c h e r u n g s n e h m e r , bei der F r e m d v e r s i c h e r u n g muß es d e r F r e m d e haben. Die Versicherung für eigene odeT fremde Rechnung, die Versicherung für Rechnung, wen es angeht, will aber nichts anderes sein und ist nichts anderes, als was ihr Name besagt: eine Versicherung e n t w e d e r für eigene o d e r für fremde Rechnung (Prot. 2080). Das kommt mit aller nur zu wünschenden Klarheit in der Begriffsbestimmung des Gesetzes zum Ausdruck: es ist die Versicherung, bei der „unbestimmt gelassen werden soll, ob eigenes oder fremdes Interesse versichert ist" (§ 52 Abs. 3), und in der Wirkungsbestimmung, daß, wenn (1er Schleier gelüftet, die Unbestimmtheit behoben ist, „wenn sich ergibt, daß f r e m d es I n t e r e s s e versichert ist", die V o r s c h r i f t e n ü b e r d i e V e r s i c h e r u n g f ü r f r e m d e R e c h n u n g Anwendung- finden, sc. wenn sich ergibt, daß e i g e n e s I n t e r e s s e versichert ist, die V o r s c h r i f t e n ü b e r d i e V e r s i c h e r u n g f ü r e i g e n e R e c h n u n g Anwendung finden (vgl. auch Begr. z. E. 1910 §§ 45—48). Deshalb muß auch, wenn die Vorschriften über die Versicherung; für fremde Rechnung Anwendung linden, der Versicherungsnehmer nach § 57 Abs. 4 (HGB. § 807 Abs. 4, HGB. a. F. § 782) Versicherungsauftrag gehabt oder den Mangel des Auftrags angezeigt haben (HG. Hamburg HGZ. 1873.346; vgl. oben Aum. 14), wovon keine Rede sein könnte, wenn die Versicherung für Rechnung, wen es angeht, zugunsten aller möglichen späteren Interessenten genommen wäre. Es kann also auch keine Rede davon sein, daß die Versicherung für Rechnung, wen es angeht, die Versicherung wäre, bei „ der unbestimmt gelassen werden soll, welche Personen während der Dauer der Versicherung „Träger des Interesses1' sein werden, und bei der alle diese Personen kraft des Vertrags als solchen ohne weiteres versichert wären. Soweit eine solche Unbestimmtheit besteht, besteht sie auch bei der Eigenversicherung (und bei der Versicherung für Rechnung eines bestimmten Fremden). Über den späteren Eintritt (unbestimmter) dritter in das Versicherungsverhältnis bestimmt das Gesetz eben in seinen Vorschriften Uber die Veräußerung der versicherten Sache. Diese Vorschriften sind es, die über den „Wechsel der Person des Versicherten" ( L e n n 6 96) bestimmen. Wird insbesondere „die versicherte Sache" zwischen Vertragsschluß und Versicherungsbeginn veräußert, so ist die Versicherung darum keine Versicherung für fremde Rechnung, sondern bleibt Versicherung für eigene Rechnung, und nicht die Vorschriften über die Versicherung für fremde Rechnung, sondern die Vorschriften über die Veräußerung versicherter Sachen finden Anwendung (vgl. jedoch auch § 49 Anm.); wie sollte sonst auch in diesem Falle beim Vertragsschluß der Mangel des Versicherungsauftrags angezeigt werden? Das haben Lennfe 96, F. S i e v e k i n g ZHR. 55.151 usw. verkannt; auch V o i g t 31, der im übrigen den Standpunkt des ROHG. teilt und auf den zu verweisen (so G e r h a r d 373,

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Lennfe, S i e v e k i n g , RG. 13.103) deshalb kein Grund ist. Diese Vorschriften (über die § 1 Veräußerung der versicherten Sache) befriedigen auch das „lebhafte wirtschaftliche Bedürfnis", dem die Umbildung der Versicherung für Rechnung, wen es angeht, aus einer Versicherung für eigene oder für fremde Rechnung in eine Versicherung des jeweiligen Interessenten abhelfen soll (Lennfc 96); jedenfalls dann, wenn man sie richtig auslegt und anwendet (§ 49 Anm.). Neben ihnen für den Fall der Veräußerung der versicherten Sache eine zweite Art des Eintritts in die Versicherung einzuführen, wäre ebenso willkürlich wie verwirrend. Allerdings k ö n n e n die Parteien eine Versicherung für fremde Rechnung und demnach auch eine Versicherung für Rechnung, wen ea angeht, auch so schließen, daß die Versicherung als für Rechnung des jeweiligen Interessenten genommen gilt. Auch k ö n n t e die Versicherung für Rechnung, wen es angeht, nach der Verkehrsanschauung als eine solche Versicherung des jeweiligen Interessenten anzusehen sein. Aber eine solche Verkehrsanschauung hat weder im Gesetz noch in den ADS. ihren Niederschlag gefunden. Wer auch immer lehrt, daß die Versicherung für Rechnung, wen es angeht, als eine Versicherung für Rechnung des jeweiligen Interessenten anzusehen sei, ist den Beweis für das Bestehen einer solchen Verkehrsanschauung schuldig geblieben. Die Sicherungen, die man im § 49 zugunsten des Erwerbers von (durchweg für Rechnung, wen es angeht,) versicherten Gütern angeordnet hat, beweisen, daß eine solche Verkehrsanschauung nicht besteht. Die Wirkungen, die eine Versicherung für Rechnung des jeweiligen Interessenten haben müßte, sind so bedenklich, daß eine solche Verkehrsanschauung sich auch nicht bilden kann. Die Folge wäre, daß mit jedem Wechsel des Interessenten die Versicherung gewissermaßen neu beginnen, oder genauer: neu begründet würde. Verstöße, die ein Interessent während der Dauer seinfes Interesses begangen hätte, z.B. eine Gefahränderung oder die Verletzung einer nachvertraglichen Anzeigepflicht, ja selbst die Unterlassung von Maßregeln, die den Schaden hätten abwenden können, würden dem späteren Interessenten, wenn der Schaden während der Dauer seines Interesses entsteht, nicht entgegengehalten werden können, weil der spätere Interessent ja nicht der Rechts- oder Interessennachfolger seines Vormanns ist, sondern „seine Versicherungsforderung unmittelbar aus dem ursprünglichen Vertrage des Versicherungsnehmers ableitet, durch welchen ja jeder künftige Erwerber . . . die Rechte ans der Versicherung erlangen soll" (Kisch JeliJ. 63.419). Der Versicherer könnte sogar, wenn „ein Zwischeneigentümer vorsätzlich oder grobfahrlässig einen Partialschaden herbeigeführt hat, aus diesem Tatbestand nur ihm gegenüber, dagegen nicht auch einem späteren Erwerber gegenüber die Befreiung von ' der Leistungspflicht ableiten" (Kisch JehJ. 63.431). Würde ein Interessent auf die Versicherung verzi< hten, so würde dieser Verzicht nur für seiue Person wirken; in der Person ein'es späteren Interessenten würde die Versicherung von selbst wieder aufleben (Kisch JehJ. 63.430). Würde die Versicherung für Rechnung, wen es angeht, von Anfang an Fremdversicherung iein, der erste Versicherte die Offenbarungspflicbt des § 5 oder die Anzeigepflicht des § 19 verletzt haben und der Schaden während der Dauer eines späteren Freindinteresses entstanden sein, würde der Versicherer entschädigen müssen. Das wären unleidliche Folgen. Schon vor bald 100 Jahren hat das OAG. Lübeck vor ihnen gewarnt: „Durch den erst nach Abschluß der Assecuranz (für Rechnung, wen es angeht,) erfolgten Uebergang des versicherten Objects kann der Versicherer nicht um die Einreden gebracht werden, welche ihm gegen den ursprünglichen Versicherten zustehen mögen" (Thöls Entscheidungsgründe 356). — Man hat nun freilich die Folgen der hier bekämpften Auffassung abschwächen wollen und ..Ausnahmen aus besonderen Gründen" zugelassen. Aber diese Ausnahmen müssen natürlich ebenso willkürlich sein, wie der, durch die bloße Behauptung gestützte, Grundsatz selbst. „Wegen einer besonderen Rechts5*

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§ 1 beziehung" des Interessenten zu seinem Vormann (z.B. weil er ,.Erbe oder sonstiger Rechtsnachfolger' ist) soll der Interessent das Verhalten auch Beiner Vormänner zu vertreten haben. Und wenn „die Vertragsverletzung des Vormanns einen objektiven Tatbestand geschaffen lmt, der als solcher dem Versicherer gewisse Rechte verleiht, so z.B., wenn er eine Gefahrerhöhung bewirkt hat, die während Jer Eigentuniszeit das Nachmanns noch fortbesteht1', soll sie auch diesem gegenüber wirken (Kiscb JehJ. 63.419). Und „wenn der Versicherer schon während der Eigentumszeit des Vormanns aus dessen vertragswidrigem Verhalten die versicherungsrechtlichen Folgen gezogen hat, indem er etwa (jenem gegenüber!) den Vertrag kündigte o d e r . . . zurücktrat", so soll davon auch „der spätere Interessenträger betroffen" werden (Kisch JehJ. 63.420). Das alles ist schwer verständlich, wenn doch die Versicherung für Rechnung, wen es angeht, gerade den jeweiligen Interessenten schützen soll, wenn jeder Interessent vom anderen „unabhängig" sein soll, sein Recht „unmittelbar aus dem ursprünglichen Vertrage des Versicherungsnehmers ableitet", „mehr oder weniger Rechte haben kann, als sein Vormann \ Auch müßte im Falle einer Versicherung des Eigentümerinteresses j e d e r spätere Interessent, also auch versichert sein, wer durch Aneignung, Ersitzung, Fund usw. erwirbt. Diese Folge wird abgelehnt, weil „der ursprüngliche Versicherungsvertrag meist so auszulegen sein wird, daß der versicherungsrechtliche Schutz nur demjenigen zustatten kommen soll, dessen Rechtserwerb irgendwie in direktem oder indirektem Zusammenhang mit der Person desjenigen steht, dem das versicherte Interesse im Zeitpunkte des Vertragsschlusses zukam" (Kisch JehJ. 63.432). Mit solchen Annahmen läßt sich aber schließlich alles begründen (Vorb. vor § 1 Anm. 67). — Zu der Auffassung, daß die Versicherung für Rechnung, wen es angeht, eine Versicherung für Rechnung des jeweiligen Interessenten ist, haben namentlich die Vorschriften des VVG. über die Veräußerung der versicherten Sache verleitet. Nach diesen Vorschriften kann der Erwerber kündigen, kann der Versicherer kündigen, und muß deshalb die Veräußerung dem Versicherer angezeigt werden (VVG. §§ 70, 71; anders übrigens teilweise gerade bei der Transportversicherung: VVG. §§ 142, 143, HOB. §§ 899, 900). Diese Vorschriften scheinen freilich für eine Versicherung für Rechnung, wen es angeht, für eine Versicherung also, bei der dem Versicherer gleichgültig ist, wer versichert ist, wenig geeignet. Aber man kann daraus natürlich nicht folgern, daß die Versicherung für Rechnung, wen es angeht, eine Vetsicherung für Rechnung des jeweiligen Interessenten ist. Sondern man könnte daraus nur folgern, daß diese Vorschriften nach dem insoweit deutlich erkennbaren Willen der Vertragsparteien nicht gelten sollen. Willkürlich ist erst recht, die Versicherung für Rechnung, wen es angeht, als eine Versicherung aufzufassen, bei der a u c h die A r t des I n t e r e s s e s — ob Eigentümer- oder Pfandgläubiger- oder Verdienstausfall-Interesse usw. — u n b e s t i m m t a e l a s s e n werden soll. Trotz der „Grenze" und trotz des „Modus", welche die schlimmsten Auswüchse dieser Auffassung wieder beseitigen sollen und diese damit freilich im praktischen Ergebnis wieder ausschiffen. Die richtige und auch verkebrsmäßige Auffassung bringt § 51 zum Ausdruck. Im Seeverkehr wird die Güterversicherung durchweg für Rechnung, wen es angeht, genommen (vgl. Anhang VII, VIII). Die lombardierende Bank ist aber nicht ohne weiteres als „Konkurrenzinteressentin" gedeckt (RG. 89.25). Es bedarf der Verpfändung auch der (künftigen) Entschädigungsforderung. Deshalb befreit § 51 die Bank von gewissen Einwendungen des Versicherers, denen sie als Forderungspfandgläubigerin nach der Regel des Rechts ausgesetzt sein würde. „Der Versicherer hat freilich dadurch, daß er den Vertrag für Rechnung, wen es angeht, abschließt, von vorneherein erklärt, daß er keinen Wert auf die Person des Versicherten lege, selbstverständlich aber keineswegs auch, daß ihm das zu versichernde Interesse nicht von Relevanz sei" (HGZ. 1889.242; richtig auch, grundsätzlich wenigstens,

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HGZ. 1887.127: „dem Versicherer müsse — auch im Falle einer Versicherung für § J eigene oder fremde Rechnung — das zu versichernde Interesse ausdrücklich bezeichnet werden"). Allerdings k a n n auch die Art des Interesses unbestimmt gelassen werden. Dann muß das aber gesagt, eine bloße „InteressenVersicherung'' genommen werden ( W e y g a n d 29 und anderw.). Das ist die Bedeutung des § 120 (oben Anm. 14). Diese Bestimmung ist mithin der bündigste Beweis dafür, daß im deutschen Seeversicherungs-Verkehr die Versicherung für Rechnung, wen es angeht, nicbt schon ohne weiteres als eine Interessenversicherung angesehen wird (so auch noch RG. 23.86). Dagegen ist freilich m ö g l i c h , m e h r e r e an d e m s e l b e n I n t e r e s s e B e t e i l i g t e d u r c h eine und dieselbe, gewöhnliche, V e r s i c h e r u n g f ü r B e c h n u n g , w e n es a n g e h t , zu s c h ü t z e n . Der Miteigentümer kann für Bechnung, wen es angeht, die ganze Sache versichern. Der Cif-Verkäufer kann für Rechnung, wen es angeht, den Teil des Eigentümerinteresses, den der Käufer hat, und den Teil,, der bei ihm zurückgeblieben ist, versichern. War das Interesse beim Vertragsschiaß in dieser Weise geteilt, so können irgendwelche späteren „Erklärungen" des Versicherungsnehmers daran natürlich nichts ändern. Die Versicherung bleibt teilweise für eigene, teilweise für fremde Rechnung genommen. Anders wieder das RG., um den Versicherungsnehmer vor den Folgen der Nichtanzeige des Auftragsmangels zu schützen: „Jedenfalls hat der Cif-Verkäufer im Regelfalle (?) das Recht, nachträglich zu erklären, daß die Versicherung die Bedeutung einer für eigene Rechnung genommenen Versicherung hat ' (RG. 89.69) oder doch „in gewissen Fällen (?) hat" (RG. 89.39), — und der Verkäufer kann die Entschädigung verlangen, weil nach der Konstruktion des RG. die Eigenversicherung des Verkäufers sowohl das Interesse des Verkäufers wie das des Käufers umfaßt. Eine Begründung dieses Rechts der „nachträglichen Erklärung" wird nicht für erforderlich erachtet, auch vom Verfasser der Entscheidungen des RG. (HRZ. 1919.49) nicht versucht, so wenig wie der Nachweis unternommen wird, daß der Verkäufer dieses Erklärungsrecht durch Indossierung «1er Police an den Käufer .ausüben kann. Ein solches Erklärungsrecht gibt es nicht ( C h r i s t o p h HGZ. 1917.147, L e o HRZ. 1918.379). Das RG. hat auch hier mißverstandene englische Rechtsanschauungen dem, grundsätzlich abweichenden, deutschen Rechte aufzunötigen versucht (vgl. A r n o u l d 227, 229, s. 172, 173). Da nach den ADS. der Auftragsmangel grundsätzlich nicht mehr angezeigt zu werden braucht, wird das RG. kaum mehr genötigt sein, zu einem Erklärungsrechte des Versicherungsnehmers seine Zuflucht zu nehmen. Zwar hat auch nach § 57 Abs. 4 die Nichtanzeige des Auftragsmangels gewisse Folgen. Aber diese werden kaum zu Rechtsstreitigkeiten führen, die das RG. veranlassen könnten, vom Wege des Gesetzes abzuweichen. 12. Eine Eigenversicherung kann also kein Fremdinteresse, eine Fremdversicherung Anm. 19 kein Eigeninteresse decken. Nur m i t t e l b a r kann eine D e c k u n g n i c h t V e r s i c h e r t e r I n t e r e s s e n in Betracht kommen, und zwar liei der Eigenversicherung in geringerem, bei der Fremdversicherung in höherem Grade. Die Ei g e n Versicherung des Verpfänders, des Käufers schützt auch den Pfandglaubiger, den Verkäufer, insofern sie dem Vermögen des Verpfänders, des Käufers Bestand verleiht und damit die Sicherheit der Pfand-, der Kaufpreisforderung verbessert. Die F r e m d Versicherung des Pfandgläubigers, des Verkäufers schützt den Versicherungsnehmer aber noch mehr. Denn sie verschafft ihm das Recht der Verfügung über die Versicherungsansprüche und der Vorwegbefriedigung im Konkurse des Versicherten und hiermit also sogar einen Ersatz für die Pfandsache oder die Kaufsache (§§ 54, 55; vgl. insbesondere OAG. Lübeck Wunderlich 1.335: Der Pfandgläubiger konnte „sein Pfandrecht nur auf einem doppelten Wege sicher stellen, entweder so, daß er direkt sein Pfandinteresse versichern ließ, oder so, daß er . . . sich die Originalpolice über die jedesmalige Versicherung des ganzen

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§ 1 Schiffs abseiten des Eigentümers desselben ausbändigen ließ und solche Vorkehrungen traf, daß eintretenden Falls die Vergütung von den Versicherern an niemand anders als an ihn . . . gezahlt werden konnte. . . . Von diesen beiden Wegen hat der Pfandgläubiger den zweiten eingeschlagen, und zwar, nm seinen Zweck am einfachsten zu erreichen, in der sehr gebräuchlichen Weise — B e n e c k e 1.209 —, daß er sich von dem Schiffseigner . . . durch einen Mandatsvertrag mit der Besorgung der Assecurauz für das ihm verpfändete Schiff für die Dauer seines Pfandrechts . . . hat beauftragen lassen; und in Folge dieser Ermächtigung hat er denn auch . . . das Schiff . . . auf ein Jahr versichern lassen"). Die mittelbare Deckung kann natürlich durch Vereinbarung erweitert werden (vgl. z.B. die sog. Spediteurklausel bei W e y g a n d 108, 124, auch § 5 3 Anm.). Eben deshalb sind auch die Konstruktionen des EG. so Uberflüssig wie schädlich. Anm. 20 13. Einzelheiten ans der Rechtsprechung. a) HOHO-. 7.374, 14.413. Wenn Sachen, die privatwirtschaftlich benutzt werden (z.B. Hausrat), versichert werden, so rechnet man im Verkehr damit, daß der Versicherungsnehmer verheiratet ist und im gesetzlichen Güterstand lebt, die Sachen ebensowohl der Frau wie dem Manne gehören können. Der Versicherungsnehmer braucht deshalb nicht besonders anzugeben, daß die Sachen der Frau gehören. Vielmehr „ergibt sich aus den Umständen" (VVG. § 80 Abs. 1, ADS. § 52 Alis. 1), daß die Versicherung für eigene oder der Frau Rechnung genommen ist. Davon, daß der Mann in solchem Falle lediglich sein eigenes Eigentümerinteresse unter Eigenversicherung bringen und auf diese Weise gleichzeitig das Interesse der Frau decken könnte (so L e n n e 5S), ist keine Bede (anders im Falle der Versicherung von Gesamtgut: Vorb. vor § 1 Anm. 53). Vgl. auch RG. 20.13S (unten i). b) ROHG. 14.122. Der Cif-Verkäufer versichert pflichtgemäß für Rechnung, wen es angeht. Hinter dem Käufer stehen „Hintermänner*, die dem Käufer die Gefahr abgenommen haben. Der Cif-Verkäufer verlangt Entschädigung und wird abgewiesen, weil die Versicherung Fremdversicherung sei (richtig), und weil die Hintermänner keinen Versicherungsauftrag erteilt hätten. Die Entscheidung hängt von dem Verhältnis des Käufers zu seinen Hintermännern ab, über das nichts bekannt ist. Würde der Käufer im Auftrag seiner Hintermänner cif gekauft haben, so würde die Entscheidung unrichtig, im anderen Falle würde sie richtig sein. — S. 132 wird bemerkt: Unerheblich sei, ob der Verkäufer während des Leiclitertransports im Abgangshafen noch die Gefahr getragen habe und versichert gewesen sei. In diesem Falle wäre die Versicherung Eigenversicherung gewesen und das versicherte Interesse mit der Einladung in das Seeschiff auf den Käufer übergegangen, die Sachlage also nach § 49 zu beurteilen gewesen. c) ROHG. 20.128. Der Versicherungsnehmer nimmt infolge eines Mißverständnisses Rückversicherung für eino Kaskoversicherung, statt Rückversicherung für eine Bückversicherung der Kaskoversicherung. „Es genügt nicht, daß der Versicherungsnehmer das körperliche Objekt, welches der Seegefahr ausgesetzt wird, dem Versicherer richtig bezeichnet. Außerdem muß der Versicherer über das I n t e r e s s e , dessen Sicherstellung beabsichtigt wird, in Gewißheit gebracht werden". Der Versicherungsnehmer muß den Versicherer „von der Art des Interesses in Kenntnis setzen". Er kann sich auch nicht darauf berufen, daß der Versicherer im Falle richtiger Angabe der Art des Interesses auf die Versicherung „nach Wahrscheinlichkeit eingegangen sein würde". Vgl. jedoch zu dieser Entscheidung auch unten Anm. 191. d) ROHG. 24.318. Eine Handelsgesellschaft, die Waren der Gesellschafter bearbeitet und für die Zeit des Besitzes der Waren den Gesellschaftern gegenüber die Gefahr übernommen hat, hat die Waren unter Eigenversicherung gebracht. Mit Recht.; denn sie hat das Eigentümerinteresse.

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e) ROHG. 25.40. Der Eigentümer einer Sache bat das Eigen tum erinteresse, auch § 1 wenn in dem Kaufvertrag, der dem Erwerb zugrunde liegt, der Verkäufer sich ein Rückkaufsrecht ausbedungen hat. Er kann und muß daher Eigenversicberung nehmen. Vgl. auch § 49 Anm. f) KG. 7.9. Der Käufer des von ihm eigenversicherten Schiffes hat das Eigentum an dem Schiff nur erworben, damit das Schiff unter deutscher Flagge fahren kann. Wirtschaftlicher Eigentümer und Eigentümerinteressent ist der Verkäufer geblieben. Nur der Verkäufer hätte daher für eigene Rechnung versichern und Entschädigung verlangen können. So auch, wenn der Käufer „verpflichtet gewesen ist, das Schiff unter Versicherung zu halten. Denn . . . es würde doch das sich hieraus ergebende Interesse ein ganz anderes gewesen sein, als das Eigentumsinteresse . . . Scheinbar fällt allerdings die Gefahr des znr Versicherungsnahme Verpflichteten mit demjenigen Interesse, für welches die Versicherung genommen werden soll, materiell zusammen. Aber nicht die Übernahme einer solchen Verpflichtung, sondern nur deren Verletzung würde bewirkt haben, daß die Gefahr als vom Käufer selbst übernommen angesehen werden könnte, während im Augenblicke der Versicherungsnahme diese ihm drohende Gefahr beseitigt, zur Zeit der Unfälle daher jedes Interesse auf seiner Seite erloschen war". g) RG. 13.99. Ein Spediteur hat auf seine laufende Versicherung für Rechnung, wen es angeht, im Auftrag und für Rechnung eines Versenders von diesem verkaufte Güter deklariert. Der Versender (und Verkäufer) verlangt Entschädigung. Der Versicherer wendet ein, daß nicht der Verkäufer, sondern der Käufer Eigentümerinteressent sei. Dazu das RG.: „Die Versicherung ist für eigene Rechnung des Verkäufers genommen. Der Verkäufer hatte am Gute kein a k t u e l l e s Eigentumsinteresse (wenigstens kein zweifelloses) mehr. Aber der Verkäufer kann . . . für den Fall Versicherung nehmen, daß der Kauf . . . rückgängig werden sollte . . . Diese Auffassung ermöglicht es, durch eine Versicherung das aktuelle und eventuelle Eigentumsinteresse des Verkäufers und des Käufers . . . zu decken . . . Der Versicherungsnehmer ist nicht verpflichtet, bei Abschluß des Vertrags anzugeben, daß das zu versichernde Interesse ein zweifelhaftes oder ein eventuelles sei . . . Denn überall ist es das Eigentumsinteresse, welches versichert wird". Der Versicherer hat deshalb zu entschädigen. Die Entscheidung ist im Ergebnis richtig, aber unrichtig begründet. Der Verkäufer kann sein „eventuelles Eigentumsinteresses" durch Eigenversicherung, das „aktuelle" des Käufers nur durch Fremdversicherung decken (oben Anm. 10,14). Die Versicherung war aber garkeine Eigenversicberung. Denn der Spediteur hatte auf seine laufende Versicherung für Rechnung, wen es angeht, das fremde Interesse des Verkäufers deklariert. Diese laufende Versicherung umfaßte ohne weiteres die beiden fremden Interessen des Verkäufers und des Käufers, also das gesamte Eigentümerinteresse. Die Deklaration konnte nichts dazu tun und nichts davon wegnehmen. Sie war falsch. Das hatte aber nur zur Folge, daß sie zu berichtigen war. Freilich soll so schnell wie möglich (richtig) deklariert werden (vgl. § 97 Abs. 6). Aber in einem Falle wie diesem wird man wohl noch annehmen dürfen, daß den Deklaranten und seine Hintermänner kein rechtserhebliches Verschulden an der falschen Deklaration trifft. So, wenn es überhaupt erforderlich ist, bei der Deklaration den Interessenten zu bezeichnen. Das ist aber nicht einmal der Fall (§ 97 Anm.). — Vorentscheidung: HGZ. 1884.177. h) RG. 19.207. Der Eigentümer versichert Ware für Rechnung, wen es angeht, und verkauft hierauf die Ware cif. OLG. Köln nahm an, der Versicherungsnehmer habe die Versicherung „für fremde Rechnung, nämlich fiir diejenige des erst von ihm aufzusnchenden Käufers genommen". „Diese Absicht, also implicite auch der Mangel eines Auftrags, sei durch den Inhalt der Police genügend zur Kenntnis des Versicherers gebracht; der Anzeige (des Auftragsmangels) habe es also nicht bedurft;

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§ 1 als der (raitversicherte) Gewinn sei mithin der vom Käufer erwartete Gewinn anzusehen". Das KG. bezeichnet diese Annahme mit Recht als durchaus „willkürlich und grundlos". Kein Zweifel, daß es sich um eine gewöhnliche Eigenversicherung handle. Der Käufer sei lediglich VersichernngsnaQhfolger des Verkäufers. Die Auffassung, daß die Versicherung für Rechnung', wen es angeht, eine Versicherung für Rechnung des jeweiligen Interessenten sei (oben Anm. 18), wird also abgelehnt. — Besonders war (offenbar endgültig bezahlter) Prachtvorschuß versichert. Das RG. nimmt an, der Käufer habe auch insoweit ein versicherbares und deshalb versichertes Interesse. Denn der Verkäufer habe dem Käufer zwar die Gesamtfracht gutgebracht, ihn dagegen mit dem Frachtvorschnß nach dem Unfall wieder belastet; Verkäufer und Käufer hätten also offenbar gewollt, daß der Käufer gegen Abtretung des Entschädigungsanspruchs die Gefahr des Frachtvorschusses tragen sollte. Eine gekünstelte Konstruktion. Das Eigentüinerinteresse umfaßt auch den endgültig bezahlten Frachtvovschuß (vgl. jetzt § 9 0 Abs. 1) und ist auch insoweit auf den Käufer übergegangen, der den Frachtvorschuß schon im Kaufpreise gezahlt hat und sich mit ihm nicht noch einmal belasten zu lassen braucht. i) RG. 20.138. Eine Mutter schenkt ihrer Tochter Sachen, behält sich dabei Nießbrauch und Verwaltung vor und nimmt hierauf Feuerversicherung für eigene Rechnung. Ihr Entschädigungsanspruch wird mit Recht abgewiesen. Im Falle der Versicherung durch den Ehemann muß der Versicherer gewärtig sein, daß die Sachen der Frau gehören, der Mann nur Nutznießer und Verwalter ist (oben unter a). Und sogar dieser Satz kann nicht einmal „allgemein ausgesprochen" werden. Es kommt auf die ,.besonderen Umstände des Falles" an. Dagegen braucht sich der Versicherer dessen nicht zu versehen, daß die versicherten Sachen nicht dem Versicherungsnehmer, sondern seinen Kindern gehören. k) RG. 23.81. Der Eigentümer für Rechnung, wen es angeht, versicherter Güter verkauft diese nach ihrem Untergang in Unkenntnis hiervon gegen Einräumung eines Bankkredits und verlangt vom Versicherer Entschädigung. Da die Güter zur Zeit des Versicherungsfalls noch nicht verkauft waren, der Verkäufer damals also noch das Eigentümerinteresse gehabt hat, ist sein Verlangen berechtigt. Das RG. begnügt sich nicht mit dieser Feststellung, sondern erörtert auch, wie die Rechtslage gewesen wäre, wenn die Güter vor dem Versicherungsfall verkauft gewesen wären, und schließt sich RG. 13.99 an. Überdies sei der Wille der Kaufparteien „offenbar dahin gegangen, daß der Verkäufer sein Eigentumsinteresse . . . nur dann aufgeben wollte und sollte, wenn und sobald er durch das ausbedungene Accept einer Londoner Bank Sicherheit erhalten werde". Die Kaufparteien werden sich schwerlich über das Eigentümerinteresse des Verkäufers den Kopf zerbrochen haben. — Ähnlich die Vorinstanzen: HGZ. 1888.241. 1) RG. 26.217. Ein Weidenbesitzer hat die von ihm verpachteten Weiden auf Kosten des Pächters, aber für eigene Rechnung hagelversichert. Das Kammergericht weist seine Klage auf Entschädigung mit Recht ab, weil das versicherte Interesse der Pächter, nicht der Verpächter gehabt habe. Anders das Reichsgericht vom Standpunkt seiner Auffassung, daß der Eigentümer auch nach dem Übergang der Gefahr auf einen anderen das Eigentümerinteresse durch Eigenversicherung decken könne. „Ein versicherbares Interesse des Verpächters würde insoweit vorliegen, als dem Pächter ein Anspruch auf Remission an der Pacht im Falle eines Hagelschadens zustehen würde". Hieraus ergibt sich aber doch nur, daß der Verpächter d i e s e s Interesse, dagegen nicht, daß n r das Interesse des Pächters durch Eigenversicherung decken kann. m) RG. 58.273. Der Pächter übernimmt das Inventar des Verpächters mit der Verpflichtung, nach Ablauf der Pacht die Sachen oder ihren Wert zurückzugeben. Er trägt also die Gefahr, er hat das Eigentümerinteresse und er kann das Eigentümer-

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interesse für eigene Rechnung versichern. Der Versicherer bat deshalb auch den § 1 Entschädigungeanspruch des eigenversicherten Pächters anerkannt. Streitig ist nur, ob der Verpächter den Anspruch im Konkurse des Pächters aussondern kann. n) KG. 74.126. M hat für das von ihm gepachtete Gut eine Maschine gekauft, und zwar mit Eigentumsvorbehalt für den Verkäufer bis zur Zahlung des Kaufpreises, B (der Garant des Pachtzinses) die Maschine gegen Feuer versichert, anscheinend auch dabei zum Ausdruck gebracht, daß die Maschine dem M gehöre. OLG. Celle hält den Entschädigungsanspruch des M mit Recht für begründet. Es handle sich, erkennbar, um eine Versicherung für fremde Rechnung. M habe die Gefahr getragen und mithin auch das Eigentümerinteresse gehabt. Das RG. unterstellt, daß der Verkäufer die Gefahr getragen habe', kommt aber gleichwohl, mit Unrecht, zum selben Ergebnis. Der Käufer habe dann ein „eventuelles Eigentumsinteresse" gehabt. Das ist unrichtig. Trägt der Verkäufer und Eigentümer die Gefahr, so hat auch er allein das Eigentümerinteresse. Aber auch wenn es richtig wäre, würde der Käufer doch eben nur das „eventuelle Interesse" haben lind deshalb nur dieses, nicht auch das Interesse des Verkäufers durch Eigenversicherung decken können. o) RG. S4.409. Das feuerversicherte Wohnhaus wird verkauft, am 1. April übergeben und brennt am 31. August nieder, bevor das Grundstück aufgelassen ist. Der Verkäufer verlangt Entschädigung und erhält sie. Der Käufer habe zwar gemäß § 446 BGB. ein Interesse gehabt, „das dem Eigentumsinteresse ähnlich sei". Auch „ließen sich Fälle denken, in denen das nach der Übergabe des Grundstücks fortbestehende Eigentum des Verkäufers nicht mehr einen berechtigten materiellen Inhalt habe . . . , so namentlich, wenn der gesamte Kaufpreis . . . bei der Übergabe gezahlt sei". Aber sonst „fehle es dem nach der Übergabe . . . fortbestehenden Eigentumsrecht und Eigentumsinteresse des Verkäufers nicht an sachlichem Gehalt". Jedenfalls „erscheine es in der Zeit nach der Übergabe bis zur Auflassung dem Interesse des Käufers . . . überlegen". Diese bedenkliche Auffassung führt dann auch dazu, daß das RG. die versicherungsrechtliche Schadenverhiitungs-Pflicht des Käufers leugnet. In Wirklichkeit war mit dqr Übergabe das Eigentümerinteresse der Hauptsache nach auf den Käufer übergegangen (oben Anm. 10, § 49 Anm.). Und da der Käufer mit der Fortdauer der Versicherung offenbar einverstanden gewesen war, konnte der Versicherungsnehmer die Rechte aus dem Vertrag ausüben und insbesondere die Entschädigungsforderung gerichtlich geltendmachen (§ 49 Anm.). p) RG. 89.21. Der Rheder hat auf die behaltene Ankunft seines mit einem Pfandrecht belasteten Schifies Versicherung für Rechnnng, wen es angeht, genommen. Die Versicherung erweist sich als eine Kaskoversicherung. Der Pfandgläubiger verlangt Entschädigung. Nach dem Grundsatz der Objektivität des Interesses, nach dem Grundsatz, daß die Versicherung des Eigentümerinteresses ohne weiteres auch den Konkurrenzinteressen usw. zugute kommt, mit Recht (oben Anm. 16). Das RG. hat aber diesen Grundsatz hier verleugnet und die Klage abgewiesen. — Da die Versicherung nicht nur eine Versicherung für Rechnung, wen es angeht, sondern auch eine sog. Interessenversicherung (§ 120) war, und da überdies „der eigentliche Zweck der Versicherungsnahme darin bestand, dem Gläubiger des Rheders Sicherheit für seine Forderung zu verschaffen", so wäre das RG. berechtigt und veranlaßt gewesen, die Versicherung als eine solche zu betrachten, die zugleich eigenes und fremdes Interesse, nämlich dasjenige des Rheders und dasjenige des Pfandgläubigers deckte (vgl. oben Anm. 18). q) RG. 89.34,68. Der Cif-Verkäufer deklariert auf seine laufende Versicherung für Rechnung, wen es angeht, und verlangt Entschädigung. Mit Recht. Denn die Versicherung ist Versicherung für fremde Rechnung, nämlich für Rechnung des Käufers, und der Versicherungsnehmer kann Zahlung verlangen (§ 54). Der Cif-Käufer hat

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§ 1 durch die Cif-Klausel Versicherungsauftrag erteilt. Auch wenn er es nicht getan hätte, käme es nicht in Betracht. Denn bei der laufenden Versicherung kann der Natur der Sache nach keine Bede davon sein, daß „hei der Schließung des Vertrags" der Auftragsmangel angezeigt werden könnte und anzuzeigen wäre; die Parteien sehen bei der laufenden Versicherung von dieser Anzeigepflicht ab. Das BG. kommt zum selben Ergebnis. Aber auf weitem Umweg. „Für den Cif-Verkäufer höre das versicherbare Eigentumsinteresse erst mit der endgültigen Bezahlung der Ware (?) oder mit der Eigentumsübertragung (?) a u f . Er könne deshalb das Eigentümerinteresse unter Eigenversicherung bringen und habe dies hier getan. Die Versicherung für Bechnung, wen es angeht, „diene insbesondere dem Falle, in dem es erst von zukünftigen Ereignissen oder Verfügungen abhänge, wer bei Eintritt eines Unfalls der Geschädigte sei"1 (als ob es bei der Eigen Versicherung nicht auch davon abhinge). Insbesondere „könne er die Ware behalten und erklären, daß die Versicherung für seine Bechnung gehe" (näheres hierzu oben Anm. IS). — Ich habe vorausgesetzt, daß auch der Verkäufer die Güter gekauft und bis zum Beginn der Versicherung die Gefahr nicht getragen hat. Im anderen Falle wäre die Versicherung Eigenversicherung gewesen. Denn, mag der Verkäufer beim Abschluß der laufenden Versicherung das Interesse gehabt, mag er es erst später erworben haben, in jedem Falle würde schon vor dem Beginn der Versicherung „die Sache versichert" gewesen sein (oben Anm. 18, § 49 Anm.). r) BG. 94.269, 100.90. Der Versicherungsnehmer hatte sich der liberianischen Begierung gegenüber verpflichtet, Briefmarken kostenfrei zu liefern, und zwar gegen das Becht, weitere Marken von der liberianischen Post stempeln zu lassen und an Markensammler usw. zu verkaufen. Er versichert die für die liberianische Begierung bestimmten Marken im Werte von kaum 10 000 für 30 000. BG. 94.270 nimmt mit Becht an, daß nur die Marken versichert seien, nicht das besondere Interesse, das durch den mit der liberianischen Begierung geschlossenen Vertrag über die Stempelung und Verwertung anderer Marken begründet sei, und verleugnet so abermals die Lehre vom objektiven Interesse, der es Bahn gebrochen zu haben glaubt Nur wenn „die Parteien darüber einverstanden gewesen seien, d a ß . . . ein anderes, der Versicherungssumme im wesentlichen entsprechendes Interesse des Versicherungsnehmers versichert werden sollte", würde die Versicherung wirksam sein. Dieses andere Interesse (welches das BG., übrigens mit Unrecht, ein „imaginäres Interesse" nennt) glaubt BG. 100.91 dann aus den Vertrags Verhandlungen der Parteien als tatsächlich versichert annehmen zu können. — Vorentscheidung: HGZ. 1918.135. s) HG. OG. Hamburg HGZ. 1868.9, 343. Wenn jemand Frachtvorschuß versichert, ist nicht das Darlehn versichert, das er dem Bheder zur Ausbesserung, Ausrüstung usw. des Schiffes gegeben und für das er sich Schiff und Fracht hat verpfänden lassen. t) HG. OG. Hamburg HGZ. 1872.343, 1873.15. Von Wien nach New Orleans verkaufte und vom Verkäufer Koch sowohl wie vom Käufer Isaac versicherte Güter gehen unterwegs verloren. Die Entschädigungsklage des Verkäufers wird abgewiesen. „Die Entscheidung . . . hängt davon ab, ob das Bechtsverhältnis zwischen Koch und Isaac sich so gestaltete, daß die Ware als für Bechnung des ersteren, oder so, daß dieselbe als für Bechnung des letzteren verladen gelten muß. Denn muß die Ware als für Isaac's Bechnung verladen gelten, so würde er auch die Gefahr der Beise zu tragen gehabt haben und Koch hätte kein Interesse mehr an der von ihm genommenen Versicherung gehabt, es würde somit die von demselben genommene Versicherung hinfällig geworden sein. In dem entgegengesetzten Fall würde es aber dem Isaac an einem versicherbaren Interesse gefehlt haben und demnach die von demselben genommene Versicherung nicht als rechtsbeständig gelten können"! u) HG. Hamburg HGZ. 1873.346.

Wenn „Anteil am Oasco, Maschine usw. des

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Dampfschiffes Stadt Ribnitz" versichert, ist, kann dies „nicht anders verstanden werden, als daß das . . . teilweise Eigentum am Schiff versichert sein soll; in der Versicherung des Eigentums würde aber die Versicherung eines Pfandrechts nicht enthalten sein nach § 2 des Plans (von 1847); vielmehr müßte eine Versicherung als unverbindlich erachtet werden, bei welcher das Interesse, welches versichert sein soll, der Gegenstand der Versicherung, unrichtig bezeichnet worden wäre" (wenn insbesondere der Eigentümer des Schiffes dieses dem Versicherungsnehmer „für verschiedene Gelder, welche er ihm geliehen, verpfändet haben" würde). v) HGZ. 1S79.278. Ein Spediteur versichert die von ihm in Schuten und Leichtern verladenen Waren jeder Art für die Beförderungen zwischen Lager, Speicher und Ladeplatz für eigene oder fremde Rechnung, wird vom Versender mit Erfolg haftbar gemacht und verlangt vom Versicherer Entschädigung. Das LG. Hamburg nimmt, den besonderen Umständen des Falles nach, mit Recht, an: Der Wortlaut der Police sei zwar nicht klar; aber nach der dem Versicherer bekannten Eigenart der vom Versicherungsnehmer betriebenen Geschäfte und bei der Höhe der Prämie sei kein Zweifel, daß die Vertragsparteien das Haftnngsinteresse des Spediteurs hätten schützen wollen. Unrichtig OLG.Hamburg: Hierauf komme es nicht an. Bei der Versicherung für Rechnung, wen es angeht, bleibe nicht nur die Frage, „für wen die Versicherung valediert, sondern auch, für welches Interesse sie valediert, offen". Der Spediteur könne daher erklären, daß sein Haftungsinteresse versichert sei. w) RG. HGZ. 1888.252, HGZ. 1S8S. 126. Wenn ein Spediteur „Waren aller Art für eigene n./o. fremde Rechnung lagernd in zwei . . . Speichern u./o. in den Gebäuden . . . der Quaianlagen" versichert, ist nur das Eigentümerinteresse an diesen Waren, nicht auch das Spediteurinteresse an ihnen versichert x) HGZ. 1893.'.), 189. Der Eigentümer verkauft zu verschiffende Ware zum Preise nach ausgeliefertem Gewicht mit der Klausel should vessel be lost contract to be void und versichert sie. Die Gerichte nahmen mit Recht an, daß der Verkäufer „betreffs des Eigentumsinteresses trotz dieses Verkaufs die Gefahr des Transports trug". Das schließt jedoch nicht ans, daß auch der Käufer einen Teil des Eigentümerinteresses gehabt hat. Würde z.B. der Marktpreis der Ware gestiegen sein, so würde für den Wertunterschied der Käufer das Eigentümerinteresse gehabt haben und die Ware insoweit für seine Rechnung zu versichern gewesen sein. y) HGZ. 1893.253. Der Eigentümer verkauft die versicherte Ware und verlangt, obgleich mit dem Verkauf die Gefahr auf den Käufer übergegangen ist, Entschädigung. Dazu OLG. Hamburg: Der Verkäufer habe sein Eigentümerinteresse behalten. Die obligatorischen Beziehungen des Versicherungsnehmers zu dritten gingen den Versicherer nichts an. Die Vorschriften über die Veräußerung der versicherten Sache bezögen sich nicht auf Kaufgeschäfte. Vgl. dagegen die richtige Entscheidung RG. 19.207 (oben h). — Ebenso, wie HGZ. 1893.253, jedoch mit noch seltsamerer Schlußfolgerung: LG. Hamburg HGZ. 1898.121. Der Fall zeigt gut, wie die Auffassung, nach der den Versicherer die Beziehungen des Versicherungsnehmers zu dritten nichts angehen, also der Verkäufer das uneingeschränkte Eigentümerinteresse hat und versichern kann, dazu führt, daß der Versicherer um die Ersatzansprüche des Käufers gegen dritte gebracht wird. z) HGZ. 1897.66. Der Korrespondent- und Mitrheder nimmt Kaskoversicherung für Rechnung, wen es angeht, und verlangt, nachdem das Schiff durch Verschulden des Kapitäns und Mitrheders verlorengegangen ist, die Versicherungssumme. Der Versicherer zahlt nur den der Schiffspart des Versicherungsnehmers entsprechenden Teil. LG. Bremen weist die Klage auf den Rest wegen Verschuldens des versicherten Kapitäns ab. In der Berufungsinstanz trägt der Kläger neu vor, er habe dem Kapitän einen

76 § 1

Unschätzbare Interessen

Vorschuß gegeben. Dazu OLG. Haniburg in den Gründen eines unanfechtbaren Urteils: Das Interesse könne nicht als unrichtig bezeichnet angesehen werden. Denn „zu einer Kaskoversicherung bis zum Belaufe der geleisteten Vorschüsse war der Kläger befugt, wenngleich die Versicherung dienen sollte zur Sicherheit der klägerischen Forderung". Das durch den Vorschuß vermittelte Interesse des Versicherungsnehmers als Gegenstand einer Kaskoversicherung für eigene Rechnung, — eine gute Illnstration zur Lehre von der Objektivität des Interessebegriffs. aa) HGZ. 1 9 0 9 . 2 5 5 . Wenn der Käufer von Übersee abzuladendem Kaffee zur Bezahlung des Kaufpreises Bankkredit in Anspruch nimmt, das Konnossement der Bank verpfändet, sich der B a n k gegenüber verpflichtet, den Kaffee zu versichern, und den Kaffee auf seine laufende Versicherung für Bechnung, wen es angeht, deklariert, ist das Eigentümerinteresse, nicht das Pfandgläubigerinteresse versichert. bb) RG. HGZ. 1919.169, HGZ. 1919.111. Der (einschließlich An- und Abfuhr mittelst Fuhre) für Rechnung, wen es angeht, laufend versicherte Verkäufer hat das Kaufgut zu versenden und läßt es von seinen Angestellten zur Bahn bringen. Auf (lern Bahnhof, noch vor der Ablieferung an die Bahn, winl es gestohlen. Der Versicherungsnehmer verlangt Entschädigung. OLG. Hamburg verurteilt: Die Gefahr sei gemäß § 4 4 7 B G B . noch nicht auf den Käufer übergegangen, die Versicherung also eine solche für eigene Rechnung, der Versicherungsnehmer also auch der Versicherte. RG. hebt auf: Die Gefahr sei gemäß § 447 B G B . schon mit der Fortschaffung' des Kaufguts aus den Räumen des Verkäufers auf den Käufer übergegangen, die Versicherung also eine solche für fremde Rechnung, nämlich für Rechnung des Käufers, Versicherter sei also nur der Käufer, nicht der Yerkäufer. Der Verkäufer und Versicherungsnehmer könne also die Entschädigung nur verlangen, wenn der Käufer gemäß § 76 Abs. 3 V V G . ( = ADS. § 54 Abs. 3) zugestimmt habe. — Die beiden Gerichte weichen also in der Beurteilung des § 447 B G B . ab. Sie Btimmen aber (richtig) darin überein, daß die Versicherung des auf Gefahr des Käufers reisenden Kaufguts Fremdversicherung ist. cc) OLG. Stuttgart A P V . 1913 I I . 91. Der Eigentümer eines Kraftwagens verkauft den Wagen mit Eigentumsvorbehalt, versichert ihn hierauf für eigene Rechnung und verlangt, als der Käufer den W a g e n fahrlässig hat verbrennen lassen, Entschädigung. Der Versicherer wird verurteilt, weil „doch der durch die Zerstörung des Automobils verursachte Schaden wirtschaftlich nach wie vor den Verkäufer getroffen habe, da dieser hierdurch die- mit dem Eigentumsvorbehalte bezweckte Sicherung seiner Kaufpreisforderung verloren habe", und weil der Verkäufer — dieses Interesse versichert habe.

Unschätzbare Interessen. Anm. 21

14. Das Interesse muß ,,in G e l d s c h ä t z b a r " sein, um versichert werden zu können (vgl. C. de com. Art. 3 3 4 : estimable ä prix d'argent, Schweiz. W G . § 4 8 : „wirtschaftlich" u. dazu F i c k Grundbegriffe 47). Das ergibt sich schon aus dem Begriffe der Schadensversichernng als eines auf Schadensersatz gerichteten Verhältnisses und daraus, daß Ersatz von Schaden, der nicht „Vermögensschaden" ist, nicht verlangt werden kann ( B G B . § 253). Nicht, als ob man sich nicht den Ersatz eines in Geld nicht schätzbaren ( moralischen" oder „idealen") Schadens ausbedingen könnte. Nichts steht im W e g e , daß der Frachtführer sich gegen Entgelt verpflichtet, für den "Verlust eines Familienbildes, daß keinen Geldwert, für die Familienangehörigen aber einen um so größeren „ ' A f f e k t i o n s w e r t ' 1 hat, Geld („Schmerzensgeld") zuzahlen. Deshalb kann sich auch jeder andere so verpflichten. Aber solche Verträge sind keine Versicherungsverträge. Auch nicht, wenn sie sich als solche ausgeben. Sind sich in diesem Falle „Versicherer" und „Versicherungsnehmer" bewußt, daß nicht Vermögens-

Erlaubte Interessen

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schaden, sondern ein anderer Schaden ersetzt werden soll, so ist der Versicherung«- § 1 vertrag nur der das wirkliche Geschäft verdeckende Vertrag, und die für das verdeckte Geschäft geltenden Vorschriften sind anzuwenden, nicht versicherungsrechtliche Grundsätze (wenigstens nicht, soweit sie nicht zulässigerweise vereinbart sind). Weiß der Versicherer dagegen nicht, daß nicht Vermögensschaden, sondern ein anderer Schaden ersetzt werden soll, so fehlt der „Versicherung" eine ihrer wesentlichen Voraussetzungen, die Möglichkeit eines Vermögensscliadens: die Versicherung ist unwirksam (§ 5 Anm. 5: abw., anscheinend allein, G e r h a r d 230: Auch der bloße Affektionswert, dessen Verlust kein Vermögensschaden sei, sei, wie § ¿53 BGB. ergebe, der Abschätzung in Geld zugänglich, — eine petitio principii). Wenn jemand aus Familienrücksichten ein Porträt von Franz Hals, das 100000 wert ist, für 150000 kauft und für 150000 versichert, ist die Versicherung nur für 100000 wirksam; im übrigen ist sie unwirksam, hat sie „keine rechtliche Geltung" (HGB. § 786 Abs. 2, vgl. dazu Begr. z. W G . § 55; abw. v. G e y e r ZfVW. 1912.711; schwankend F i c k Grundbegriffe 50: für den Käufer wirksam, für seine Erben unwirksam; vgl. auch O e r t m a n n BGB. 2.51 gegen P l a n c k BGB. 2.31). Ob Vermögensschaden entstehen kann, das Interesse r in Geld schätzbar" ist, ist X a t f r a g e . Nach Ansicht des Aufsichtsamts für Privatversicherung (APV. 1912.9, 13S; vgl. auch EG. 73.66) ist der sog. o b j e k t i v e L i e b h a b e r w e r t versicherbar, d.h. „der Wert, den ein bestimmter, wenn auch enger, Kreis von Personen aus besonderen Gründen beweglichen Sachen — z. B. Briefmarken, Autogrammen, Gegenständen, die früher im Besitz berühmter Personen waren, — beimißt, und deren Wert wegen des, wenn auch engen, Marktes, den diese Sachen immerhin haben, von sachkundigen Personen ermittelt werden kann"). Anders dagegen der sog. s u b j e k t i v e L i e b h a b e r w e r t , d.h. „die auf rein persönlichen Beziehungen eines Einzelnen beruhende Wertschätzung einer Sache" (APV. aaO.). Vgl. hierzu insbesondere D o m i t z l a f f VLexikon ErgBd. 286, E h r e n b e r g 297, F i c k Grundbegriffe 49, v. G e y e r ZfVW. 1912.711, H e c k e r 58, H o p p e ZfVW. 1907.549, M a t a j a Das Recht des Schadensersatzes 1888.152, P e t e r s e n ZfVW. 1914.283. Dabei ist nicht immer gehörig unterschieden zwischen dein Werte, der v e r s i c h e r b a r , und dem Werte, der im einzelnen Falle v e r s i c h e r t ist. Ein bestimmter Wert kann versicherbar, aber nicht versichert sein. Versicherbar ist insbesondere nicht nur der Wert, den eine Sache gleichmäßig für alle oder gleichmäßig für einen bestimmten Kreis von Personen hat, sondern auch der bloß subjektive Wert, der wirtschaftliche Wert, den die Sache nur für eine einzige Person hat (z. B. ein vom Eigentümer erfundenes, nur für ihn, für ihn aber mit wirtschaftlichem Vorteil, verwendbares Werkzeug). Versichert ist aber dieser besondere Wert im Zweifel nichtauch dann nicht, wenn der Versicherungswert taxiert ist (wie G e r h a r d 230 meint). Er muß besonders versichert werden (Kisch 3.70). Versicherbar und gegebenenfalls zum subjektiven wirtschaftlichen Wert versichert sind also auch z. B. Stammbäume, Testamente, Vertragsurkunden, Wechsel, Zeugnisse, Manuskripte (Kisch 3.72). Für die V e r s i c h e r u n g von „ K u n s t w e r k e n der Malerei, der Bildhauerei, von Zeichnungen, Stichen, Antiquitäten sowie allen sonstigen Gegenständen, die im Gegensatz zu einem wirklichen Handelswert einen vorherrschenden Kunst- oder Liebhaberwert haben", bestehen b e s o n d e r e B e d i n g u n g e n mit „Versicherungs-Höchstsummen" für den einzelnen Gegenstand, für den Inhalt einer Kiste, für einen Wagen, einen Eisenbahnzug, ein Flußschiff, einen Seedampfer.

Erlaubte Interessen. 15. Man sagt, das Interesse müsse „rechtlich e r l a u b t " (z. B. E h r e n b e r g 20, 299, Anm. 22 G e b h a r d 238), ..erlaubt" (OLG. Rostock LZ. 1920. 309), „rechtlich", „berechtigt", .,legal" (z.B. Prot. 2979, 3004, HGZ. 1896, 310, Schweiz. Expert.Komm. zum W G . 42),

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§ 1 „versicherungswürdig" sein ( F j c k Grundbegriffe 42). Damit ist verschiedenes ausgedrückt (vgl. auch K i s c h 2.96, 3 . 5 3 und ArchBürgR. 40.1, der zwischen Unversicherbarkeit des Interesses und Unversicherbarkeit der Gefahr oder der gefährdeten Unternehmung unterscheidet). Anm. 23 a ) V e r s i c h e r u n g s v e r t r ä g e , die g e g e n ein g e s e t z l i c h e s V e r b o t v e r s t o ß e n , sind nichtig (BGB. § 134). Es gibt nur ein gesetzliches Verbot: Die H e u e r f o r d e r u n g des Schiffers und der Schiffsmannschaft kann nicht versichert werden (HGB. § 780). Die Schiffsbesatzung sollte nicht durch die Versicherung der Heuer veranlaßt werden, die Verteidigung des Schiffes und der Ladung zu versäumen (Begr. z. PreußE. 330, Prot. 3005). Dieser Zweck war begreiflich, solange die Heuerforderung von der Bettung des Schiffes abhing (freight the mother of wages). Der Zweck ist nicht mehr verständlich, seitdem der Rheder für die Heuer unbeschränkt haftet. Das Verbot hat daher auch seine praktische Bedeutung verloren (Begr. z. E. 1910 § 1). Es wird sich deshalb auch nicht auf Grand Art. 30 EGzBGB. gegenüber dem ausländischen Rechte durchsetzen können, das etwa nach den Vorschriften des sog. internationalen Privatrechts das Versicherungsverhältnis beherrscht und die Versicherung der Heuerforderung gestattet (vgl. auch K i s c h ' 2 . 1 0 4 , 3.57, A m o u l d 904 s. 744, P a r d e s s u s 6 Art. 1492). Aber es besteht darum doch noch. Denn cessante ratione legis non cessât lex ipsa. Die Heuerforderung kann nicht versichert werden, mag sie nach Zeit- oder Reiseabschnitten oder für die ganze Reise bemessen sein (RG. HGZ. 1891.154). Ebenso früher in England: A m o u l d 310 s. 244; jetzt gilt MIA. § 11: The master or any member of the crew of a ship has an insnrable interest in respect of his wages. — Nicht verboten ist die Versicherung des der Schiffsbesatzung zustehenden Anteils an Fracht oder sonstigem Gewinn (SeemO. § 81, Prot. 3005, RG. HGZ. 1891.154). Ebensowenig die Versicherung von Seemannseffekten oder sonstigen von der Schiffsbesatzung mitgenommenen Gütern (RG.HGZ. 1891.154). Ebensowenig die Versicherung der Heuer durch den Rheder (vgl. § 70 Abs. 1, HGZ. 18S4.156 ; aber natürlich nicht für Rechnung der Besatzung: OAG. Lübeck HambS. 2.629). Ebensowenig die Versicherung des Unternehmergewinns derjenigen, die das Schiff nach einem anderen Orte zu überführen übernehmen, mit Einschluß (richtiger: unter Berücksichtigung) der Heuer (RG. HGZ. 1891. 155). — Nicht verboten ist insbesondere die Versichernng der V e r s i c h e r u n g s k o s t e n (ausdrücklich MIA. § 13: The assured has an insnrable interest in the charges of any insurance which he may effect, C. de comm. Art. 334 : Tonte personne intéressée peut faire assurer . . . le cout de l'assurance, für die Rückversicherung besonders Art. 342, vgl. d a e u R i p e r t 2 . 8 5 2 ) : Nach § 26 ASVB. „kann" zwar bei der Bodmereigelder-Versicherung die Versicherungsprämie nicht versichert werden. Das ist aber kein Verbot, sondern nur eine Erklärung, die darin ihren Grund hat, daß die Versicherungsprämie bei der Bodmereigelder-Versicherung in jedem Falle verloren und uneinbringlich ist, dem Vertrag also keiu Interesse zugrunde liegen würde (Begr. z. E. 1910 § 69, vgl. auch Prot. 3110). Dasselbe kann bei anderen Versicherungen der Fall sein, ist z . B . bei der Rückversicherung der Fall (§ 2 Anm. 25). Ebenso bei der Gewinn- und der Frachtversicherung (Begr. z. E. 1910 § 69). Es ist aber nicht allgemein der Fall. Insbesondere erwartet der Kaskoversicherte, daß die Versicherungskosten im Schiffsbetrieb, der Güterversicherte, daß sie aus der Verwertung der Güter wiedereingebracht werden. Näheres: § 2 Anm. 25, § 70 Anm., § 90 Anm., § 100 Anm., § 107 Anm., § 110 Anm. — Ein (später außer Kraft getretenes) englisches Gesetz von 1797 (38 Geo. 3 c. 76) erklärte Versicherungen für unwirksam und die Prämie für verfallen, wenn das Schiff nicht unter Convoy fuhr. — Über frühere Verbote' der Versicherung von imaginärem Gewinn und Fracht: unten Anm. 47, 62, 85. Anm. 24

b)

Versicherungsverträge, die gegen die guten Sitten verstoßen,

sind

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nichtig (BGB. § 138). Ein Verstoß gegen die guten Sitten wird sich aus der A r t § J des I n t e r e s s e s selten ergeben (Prot. 3004; etwa im Falle der Versicherung von Schmugglergewinu oder der Versicherung von Schmiergeldern, insbesondere sog. Retourkomraissionen, d. h. der Provision, die der die Ausrüstung des Schiffes besorgende Schiffsmakler vom Lieferanten erhält,: HGZ. 1896.311). Eher aus der A r t der v e r s i c h e r t e n U n t e r n e h m u n g , mag diese gegen das Gesetz oder gegen die guten Sitten verstoßen. Die Versicherung darf nicht dazu benutzt werden, Unternehmungen, die gegen Gesetz oder gute Sitten verstoßen, zu schützen. Wird sie doch dazu benutzt, so ist es dieser Z w e c k , der den Vertrag in Gegensatz zur allgemeinen Sittenanschauung bringt und deshalb nichtig macht. Die Versicherung von Schiffen oder Gütern, die zum Schmuggel bestimmt sind, wäre danach ungültig (vgl. RG. 42.295, 56. ISO: Spedition zum Schmuggel bestimmter Güter). Ebenso die Versicherung von Waren oder Wertpapieren, deren Aus- oder Einfuhr verboten ist, oder von Waren, die zu strafbaren Handlungen benutzt werden sollen oder wegen ihrer Gefährlichkeit nicht befördert werden dürfen. — Ob ein Versicherungsvertrag, der sich auf eine g e g e n a u s w ä r t i g e (insbesondere Zoll-, Steuer-, Ausfuhr- oder Einfuhr-) G e s e t z e v e r s t o ß e n d e U n t e r n e h m u n g bezieht, gegen die guten Sitten verstößt und deshalb nach § 138 BGB. nichtig ist, ist Tatfrage. Die Unternehmung kann im höchsten Grade den guten Sitten entsprechen, so etwa, wenn es sich um die Einfuhr von Lebens- oder Kriegsmitteln in Zeiten der Not handelt. Im übrigen wird sie regelmäßig gegen die guten Sitten verstoßen. Vgl. RG. 42.297: „Gewerbsmäßiger, gegen einen befreundeten Staat im Grenzbezirk betriebener Schmuggel ist wegen der hiermit verbundenen, in höchstem Grade demoralisierenden Wirkungen für unsittlich zu erachten, und Verträge, die seine Ausführung oder Beförderung unmittelbar zum Gegenstand haben, fallen unter die Bestimmung des" § 138 BGB. Ebenso Jur. Fakultät Göttingen und OAG. Celle SA. 1. Nr. 196. Anders z.T. das Ausland, insbesondere England vom Händlerstandpunkt: One nation does not take notice of the revenue laws of another (Planché v. Fletcher 1779, wozu Gow 269: But as a slight obliquity of vision or a temporary blindness of Justice, „as she is in England," prevents her from regarding as illegal any breach of foreign revenue laws by English subjects, foreign smuggling is not in English law illegal trading). Kiscli 2.105 und V o i g t 7 haben sich der englischen Auffassung angeschlossen; Deutschlands „eigenes Interesse an der Freiheit seines Handels müsse vorgehen" (vgl. auch Prot 3001, PreußALR. II 8.1955: „Sind Waaren und Güter, welche wider die Landesgesetze aus-, ein-, oder durchgeführt werden sollen, versichert: so ist der Versicherer aller Vortheile aus dem Vertrage verlustig", auch PreußE. Art. 603: Die Gefahren „dürfen nicht durch ein Verbotsgesetz herbeigeführt" sein und dazu Mot. 330; vgl. ferner OAG. Lübeck Thöls Entscheidungsgründe 334, AG. Hamburg HGZ. 1884.147). 16. Ist es der Zweck, der das Geschäft unsittlich macht, so muß den Parteien A»m. 26 natürlich b e w u ß t sein, worum es geht, mögen sie sich auch, auf dem Boden einer anderen Sittenanschauung stehend als die Allgemeinheit, der Sittenwidrigkeit selbst nicht bewußt sein. Der Versicherungsvertrag ist also nur dann unsittlich und nichtig, wenn beide, Versicherungsnehmer und Versicherer, sich bewußt sind, von welcher Art die versicherte Unternehmung ist, daß sie danach gegen Gesetz oder gute Sitten verstößt. Verstößt die versicherte Unternehmung gegen Gesetz oder g u t e Sitten, ohne daß dies beiden P a r t e i e n b e k a n n t ist, so ist der Vertrag nicht nach § 138 BGB. nichtig. Aber nur every l a w f u l marine adventure may be the subject of a contract of marine insurance (MIA. § 3). Und there is an implied warranty that the adventure insured is a l a w f u l one, and that, so far the assured can control the matter, the adventure shall be carried out in a l a w f u l manner MIA. §41). Diese Grundsätze haben vor der gesetzlichen Regelung in England gegolten (näheres unten Anm. 27) und

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§ 1 müssen auch, wenigstens ihrem wesentlichen Inhalt nach, neben den deutschen Versichernngsgesetzen gelten (vgl. KG.HRZ. 1921.812: ...Der Versicherungsnehmer könne nicht ans einem verbotenen und strafbaren Tun Rechte erwarten gegen den Versicherer"). Sie ergeben sich aus der Natur der Sache. Denn man kann nicht annehmen, daß der Versicherer eine gesetz- oder sittenwidrige Unternehmung hat schützen und mithin einen nichtigen Vertrag hat schließen wollen, und muß also annehmen, daß er nur einen gültigen Vertrag hat schließen wollen und mithin einen solchen, der sich auf eine Unternehmung bezieht, bei welcher gefahrerhebliche Umstände, wie sie mit jeder gesetz- oder sittenwidrigen Unternehmung verbunden sind, keine Rolle spielen. Hieraus folgt nicht, daß der Vertrag als nicht geschlossen zu behandeln ist (vgl. auch BGB. §§ 30ß, 307). Der Fall gleicht dem, daß die versicherte Unternehmung tatsächlich keinem Versicherungsschaden ausgesetzt ist, daß „die Möglichkeit des Eintritts des Versicherungsfalls ausgeschlossen ist-4 (vgl. K i s c h 2.107, 3. 58). Wie dieser Fall (§ •> Anm. 5), so ist auch unser Fall gleich dem dritten Falle zu behandeln, daß das versicherte Interesse fehlt. Das Interesse fehlt nicht. Aber es ist n i c h t „ v e r s i c h e r b a r " . Der Vertrag ist also u n w i r k s a m (§ 2 Abs. 1). Aber der Versicherer erhält (natürlich nur, wenn nicht auch er den Grund der Unwirksamkeit kennt und der Vertrag demgemäß nicht nach § 138 BGB. nichtig ist) die Prämie oder doch die Ristornogebühr (§ i Abs. 2, § 3). Nimmt die versicherte Unternehmung zwischen Vertragsschluß und Versicherungsbeginn den Charakter einer gegen Gesetz oder gute Sitten verstoßenden an, so erhält der Versicherer die Ristornogebühr (§ 4 Abs. 1). Nimmt sie diesen Charakter nach dem Beginn der Versicherung an, so erhält der Versicherer die Prämie (§ 4 Abs. 2). Ob der Versicherungsnehmer sich der Gesetz- oder Sittenwidrigkeit seiner Unternehmung bewußt ist, ist ohne Bedeutung (vgl. oben). Aber natürlich muß er den Sachverhalt kennen, der die Gesetz- oder Sittenwidrigkeit begründet; sonst kann von einer gesetz- oder sittenwidrigen Unternehmung nicht gesprochen werden (vgl. auch § 60 Anm., § 121 Anm.). Wenn der Kaskoversicherte gesetzwidrig auf Deck verlädt oder das Schiff ohne Ausklarierungs- oder ohne Passagierzertifikat fahren läßt, ist die Versicherung unwirksam; geschieht es ohne sein Wissen, so ist sie wirksam (vgl. einerseits Cunardv. Hyde 1859. Dudgeon v. Pembroke 1S74, andererseits Wilson v. Rankin 1865 bei A r n o u l d 906 s. 745, W h i t e 22). Es bedarf also keiner besonderen Bestimmung glcich derjenigen des englischen Rechts (vgl. auch M1A. § 84) oder derjenigen des PreußALR. II. S. 1953 („Jede künftige Gefahr, die nicht mit verbotenen Handlungen verknüpft ist, kann versichert werden", vgl. auch oben Anm. ¿4, auch Prot, 2986, 3001; über den Fall nur vorübergehender Unversicherbarkeit: K i s c h 3 . 60). Anm'. 26

17. Insbesondere im K r i e g e würde jeder Versicherungsvertrag gegen die guten Sitten verstoßen und nach § 138 BGB. nichtig sein, der unmittelbar oder mittelbar (z.B. durch Rückversicherung) Unternehmungen zugunsten des Feindes schützt (vgl. PreußALR. II. 8.1959—1961), Z.B.Versicherungsverträge, welche Güter schützen, die der Versichererstaat für Konterbande erklärt hat, oder Schiffe, die eine vom Versichererstaat verhängte Blockade brechen sollen. Ebenso jeder Versicherungsvertrag, der Unternehmungen zu Ungunsten des eigenen Landes schützt, z. B. ein Versicherungsvertrag, der die verbotene Ausfuhr von Nahrungsmitteln deckt. Natürlich nur, wenn der Versicherer um den Charakter der Unternehmung weiß. Im anderen Falle wäre oder würde die Versicherung nach den §§ 2—4 unwirksam. Insbesondere werden also vor Ausbruch" (les Krieges genommene Versicherungen unwirksam, wenn die Versicherung zur Stärkung der Wehr- oder Wirtschaftskraft des Feindes dienen würde, — auch soweit nicht schon allgemeine Handels-, insbesondere Zahlungsverbote die Wirksamkeit des Versicherungsvertrags beeinträchtigen. Ähnlich, aber auf anderer

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Grundlage, Kisch 2.100: Die Versicherung sei unwirksam, wenn das Unternehmen § 1 gegen die Interessen der deutschen Kriegführung gerichtet sei, oder wenn sie Gefahren decke, die gerade durch Maßregeln der deutschen Kriegführung herbeigeführt würden, einerlei, ob dies den Beteiligten bewußt oder unbewußt sei, ob das Unternehmen direkt oder indirekt geschützt werde, oh der Krieg schon bei Abschluß des Vertrags bestehe oder erst später ausbreche. Anders V o i g t 9: Bs sei zu unterscheiden, ob der Handel mit dem Feinde verboten sei oder nicht. — Über die Folgen der Verletzung von Kriegsgesetzen dritter, mit einander kriegführender Staaten: oben Anm. 24. Solche Kriegsgesetze binden nicht. Ihre Übertretung ist regelmäßig auch kein Verstoß gegen die guten Sitten. Dies gilt insbesondere von Konterbande- und Blockadevorschriften. Unternehmungen Neutraler, die sie verletzen, verstoßen nicht gegen die guten Sitten; der Versicherungsnehmer ist aber zur Anzeige verpflichtet ( E h r e n b e r g 321, A r n o u l d 897 s. 734, 925 s. 765). — Die Auffassung, daß Versicherungen feindlicher Unternehmungen unwirksam seien, findet sich schon im Libro del consolat del mar (Ende des 14. Jahrh.) und in Le Gnidon de la mer (Ende des 16. Jahrh.). Am schärfsten hat das englische Recht sie ansgeprägt. Näheres darüber: unten Anm. 27; vgl. auch die oben Anm. 2 angeführte Litteratur, N o l t e 1.19, A. Sie v e k i n g HRZ. 1918Beih. 109, 1919 Beih. 1. 18. Der Grundsatz des englischen Rechts, daß die versicherte Unternehmung Anm. 27 legal sein und bleiben muß (oben Anm. 25), hat, natürlich mit Abwandlungen, von jeher gegolten. Where a voyage is illegal, an insurance upon it is invalid; for it would be singular if, the original contract being invalid and incapable to be enforced, a collateral contract founded upon it could be enforced (Tindal, C. J., in Redmond v. Smith 1844 bei A r n o u l d 897 s. 735). Daraus entwickelte die Rechtsprechung die Sätze: a) that any illegality in the prior stages or at the outset of an integral voyage vitiates a policy, though effected only to protect some later stage of it on which there is no illegality, b) that an illegality in any part of an entire risk, or voyage insured, vitiates the insurance as to the whole of it (Lord Ellenborough bei A r n o u l d 909 s. 749: I have no scales to weigh degrees of illegality), c) that the illegality of a wholly distinct and separate voyage can have no effect on the voyage described in the policy (Arnould 901 s. 739). Die Versicherung ist oder wird u n w i r k s a m . Der Versicherer kann im Allgemeinen keine Prämie verlangen, braucht aber auch gezahlte Prämien nicht zurückzuzahlen, außer wenn der Versicherungsnehmer die Natur der Unternehmung zu erkennen außerstande war (Arnould 901 s. 740). Jede Versicherung insbesondere, die S c h m u g g e l zum b r i t i s c h e n N a c h t e i l deckt, ist unwirksam. Dagegen this country pays no attention to the revenue laws of another state (Lever v. Fletcher 1780 hei A r n o u l d 903 s. 742, vgl. oben Anm. 24; ebenso E m e r i g o n ch. 8 s. 5, E s t r a n g i n Nr. 58, P a r d e s s u s 2. Nr. 590, 771, V a l i n Komm, zur Ord. de la mar. 3 VI. 49, dagegen außer Gow: K e n t 3.263, M a r s h a l l 1.55, P o t h i e r Nr. 58, S t o r y Conil. of Laws § 256). Aber: Schiff und Güter sind der Gefahr der Beschlagnahme und Einziehung durch den fremden Staat ausgesetzt; der besondere Charakter der Unternehmung muß daher bei der Schließung des Vertrags a n g e z e i g t werden, und die Versicherung ist ohne solche Anzeige unwirksam (Arnould 904 s. 744, 925 s. 765). Der Umstand allein, daß im Laufe der versicherten Unternehmung Gesetzwidrigkeiten vorkommen, macht die Versicherung nur dann unwirksam, wenn der Versicherungsnehmer beim Vertragschluß darum wußte oder an den Gesetzwidrigkeiten teilnimmt (MIA. §41, A r n o u l d 906 s. 745); Gesetzwidrigkeiten der Schiffsbesatzungen sind 6

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Interessen an Schiff oder Ladung

§ 1 barratry (Australasian Ins. Co. v. Jackson 1875, Cory v. Burr 1883 bei A m o u l d 90G s. 745, C h a l m e r s 59). Staatsverträge sind englische Gesetze, Unternehmungen, die dagegen verstoßen, nicht versicherbar (Arnould 907 s. 746). — Im K r i e g e ist das Ziel, dem Feinde jeden Nachteil zuzufügen und ihn jeden Vorteils zu berauben, insbesondere seinen Handel zu vernichten (Arnould 911 s. 753). Jeder H a n d e l m i t dem F e i n d e (genauer: mit den Bewohnern des feindlichen Landes) ist (übrigens ebenso nach amerikanischer und französischer Auffassung) v e r b o t e n und: Les deux nations sont donc ennemis et tous les sujets de l'une sont ennemis de tous les sujets de l'autre (aus Valin Völkerrecht, angeführt in Janson v. Driefontein Cons. Mines 1902 A. C. 499). Versicherungen durch und zugunsten von alien enemies sind wholly illegal and void. Alien enemies können nicht klagen. Auch vor Ausbruch des Krieges genommene Versicherungen von alien enemies sind unwirksam. Ist die Versicherung vor Ausbruch des Krieges genommen und der Versicherungsfall vor Ausbruch des Krieges eingetreten, so kann nach Kriegsende Entschädigung verlangt werben ( A r n o u l d 117 s. 85, 911 s. 753, C h a l m e r s 136). Über den Begriff des alien enemy: A r n o u l d 123 s. 90. Über die zielbewußte Weiterbildung dieses Begriffs im Weltkrieg: A. S i e v e k i n g HEZ. 1918 Beiheft 112, 1919 Beiheft 8. Über die Versicherung von Unternehmungen, die gegen das Verbot des Handels mit dem Feinde verstoßen, vgl. insbesondere A r n o u l d 912 s. 754, Uber die Versicherung von Konterbande und Blockadebrechern: Arnould 918 8. 761, 926 s. 765. Zusammenfassend erklärte Lord Davey im Falle Janson v. Driefontein Cons. Mines 1901 (bei Chalmers 136): There are three rules, which are established in our common law. The first is that the King's subjects cannot trade with an alien enemy, i. e. a person owing allegiance to a Government at war with the king, without the king's license. Every contract made in violation of this principle is void, and goods which are the snbject of such a contract are liable to confiscation. The second principle is a corollary from the first, but is also rested on distinct grounds of public policy. It is that no action can be maintained against an insurer of an enemy's goods or ships against capture by the British Government. One of the most effectual instruments of war is the crippling of the enemy's commerce, and to permit such an insurance would be to relieve enemies from the loss they incur by the action of British arms, and would, therefore, be detrimental to the interests of the insurer's own country. The principle equally applies where the insurance is made previously to the commencement of hostilities, and was therefore legal in its inception, and whether the person claiming on the policy be a neutral or even a British subject, if the insurance be effected on behalf cf an alien enemy. The third rule is that, if a loss has taken place before the commencement of hostilities^ the right of action on a policy of insurance by which the goods lost were insured is suspended during the continuance of war and revives on the restoration of peace. — Über die f r a n z ö s i s c h e Auffassung vor dem Weltkrieg vgl. R i p e r t 2.957. Hier wird auch berichtet: Pendant la guerre de 1870—71 le» assureurs de Hambourg payèrent aux assurés français les dommages éprouvés à la suite des hostilités.

Interessen an Schilf oder Ladling. Anm. 28

19. Die Versicherung ist nach § 778 HGB. Seeversicherung nur, wenn die Beziehung zur Sache, das Interesse, eine Beziehung zu Schiff oder Ladung ist, die Versicherung sich auf Schiff oder L a d u n g bezieht. Das ist auch für die ADS. nicht ohne Bedeutung. Zwar sind die ADS. immer anzuwenden, wenn sie vereinbart, dem Vertrag zugrunde gelegt sind oder ihm, als allgemeine Geschäftsbedingungen der Versicherer, als zugrunde gelegt gelten müssen (Vorb. vor § 1 Anm. 9, 10), mag die

Interessen an Schiff oder Ladung

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Versicherung sich auf Schiff oder Ladung oder etwas anderes beziehen, mag die Yer- § 1 Sicherung Seeversicherung im Sinne des Gesetzes sein oder nicht. Aber die Anwendbarkeit der ADS. ist beschränkt, wenn die Versicherung keine Seeversicherung im Sinne des Gesetzes ist. Denn nur auf die Seeversicherung sollen die Vorschriften des W G . keine Anwendung finden (VVG. § 186). Ist die Versicherung keine Seeversicherung, weil sie sich n i c h t auf Schiff oder Ladung bezieht, so können die ADS. nur insoweit angewendet werden, als nicht z w i n g e n d e Vorschriften des VVG. entgegenstehen. 20. Schiff. Den Begriff des Schiffes festzustellen, ist nicht nur deshalb nötig, Anm. 29 weil nur Versicherungen, die sich auf „Schiffe" (oder Ladungen) beziehen, Seeversicherungen und als solche nach § 186 VVG. den zwingenden Vorschriften des VVG. nicht unterworfen sind. Es ist auch deshalb nötig, weil im einzelnen Falle zweifelhaft sein kann, ob die versicherte Sache ein Schiff ist und demnach SchiffsversicherungsGrundsätze anzuwenden sind, oder ob sie zu den „Gütern" gehört und demnach Güterversicherungs-Grundsätze anzuwenden sind (für die Praxis freilich nicht erheblich, weil die Police kaum je einen Zweifel darüber lassen wird, ob die Parteien die Versicherung, z. B. die Versicherung einer Docksektion, als Kasko- oder als Güterversicherung behandelt wissen wollen). Und es ist schließlich auch deshalb nötig, weil der Versicherer nach § 78 für den Schaden haftet, den der Versicherungsnehmer infolge des Zusammenstoßes des Schiffes mit einem anderen „Schiffe" ersetzen muß (für die Praxis freilich auch nicht erheblich, wenn die sog. Kollisionsklausel üblich wird, die den anderen „Schiffen" sonstige „schwimmende Gegenstände" gleichstellt; näheres hierüber: § 7S Anm.). Schiffe sind nach dem Sprachgebrauch g r ö ß e r e , h o h l e (engl.: hulls) F a h r z e u g e , Anm. so die auf dem W a s s e r sich b e w e g e n oder b e w e g t w e r d e n s o l l e n ( P a p p e n lieim Seerecht 1.4, S c h a p s Seerecht 7), also z.B. auch Bagger, Baggerschuten, zur Flußkorrektion verwendete Dampfschuten (RG. 34.38, 51.334, RGSt. 20.374, Bolze 23 Nr. 272, HGZ. 1887.19, 1893.312, 1914.295, OLG.Hamburg SA. 63 Nr. 187 u. HRZ. 1921. 321, OPrG. LZ. 1917.1191), Leichter (RG. 78.178) oder andere Schleppschiffe, größere Fähren, zur Bewegung auf dem Wasser bestimmte Getreideheber (HGZ. 1914.295), in einen Steven auslaufende Fischheger (HGZ. 1886.10), aus Schiffskörpern gebildeteHebeeinrichtungen (HGZ. 1906.190), Hebeprähme (RG. 55.320, HGZ. 1914.295). Keine Schiffe sind z.B. Boote und kleine Verbindungsfahrzeuge (JW. 1896.705, KG.Recht 1910 Nr. 277, OPrG. LZ. 1916.1259,1917.1191), schwimmende Badeanstalten (HGZ. 1878.247), Caissons (HGZ. 1893.312, 1914.295), schwimmende Leuchttürme (Wells v. Gas Float bei P a p p e n h e i m Seerecht 1.4), Feuerschiffe ( B o y e n s Seerecht 1.97, 2.51, G i e r k e Transportversicherung 474, P a p p e n h e i m Seerecht 1.4; vgl. RG. 38.86, 47.193; denn sie sind der Hauptsache nach — und hierauf kommt es an — so wenig wie schwimmende Leuchttürme zur Bewegung bestimmt; abw. S c h a p s Seerecht 7), Flöße und „ähnliche unförmliche Körper" (RGSt. 20.373), Schwimmdocks und Docksektionen (RG. 86.430, HGZ. 1914.295), Gasbojen (Schaps Seerecht 7), Pontons (Arnould 961 s. 795), Schießscheiben, Taucherglocken (Schaps Seerecht 7), Schiffbrücken, Wohnschiffe ( G i e r k e Transportversicherung 474), Schiffe im Bau (Boyens ZHR. 50.98; vgl. aber auch unten Anm. 37), Wracks (RG. 95.227, HGZ. 1919.95, Bnrnham v. China Mut. Ins. Co. 1905 bei A r n o u l d 961 s. 795), Wasserflugzeuge und auf dem Wasser bewegbare Luftschiffe S c h a p s Seerecht 7). — Die Versicherung eines Schiffsneubaus ist also keine Seeversicherung im Sinne des Gesetzes (abw. S i e v e k i n g 4 ; vgl. aber auch unten Anm. 37). Buch 4 HGB. und damit insbesondere die §§ 778 ff. HGB. finden nicht auf alle Anm. 31 Schiffe Anwendung, sondern nur auf S e e e r w e r b s s c h i f f e . Das Gesetz bestimmt es nicht ausdrücklich (über die .Entstehungsgeschichte des Gesetzes: P a p p e n h e i m Seerecht 1.8). Man muß es aus der Überschrift des vierten Buches (..Seehandel") und. 6"

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Interessen an Schiff oder Ladung

§ 1 aus dem Umstand ableiten, daß das Gesetz in dem § 474, der einleitenden Vorschrift des vierten Buches, von dem „zum Erwerbe durch die Seefahrt bestimmten Schiffe", in allen folgenden Vorschriften dagegen nur vom „Schiffe" spricht (vgl. auch HGB. § 1 Abs. 2 Nr. 5, EGzHGB. Artt. 6, 7, FlaggG. § 26 Abs. 1, RG. 47.193). — Die ADS. unterscheiden nicht. Sie sind immer anzuwenden, wenn sie dem Versicherungsvertrag zugrunde gelegt sind oder ihm, als allgemeine Geschäftsbedingungen der Versicherer, als zugrunde gelegt gelten müssen (Vorb. vor § 1 Anm. 9, 10). Aber es ist auch für ihre Anwendung nicht bedeutungslos, ob ein Schiff ein Seeerwerbsschiff ist, also ein Schiff, für das die Vorschriften des HGB. über Seeversicherung gelten. Denn nur auf die Seeversicherung, also die im HGB. geordnete Versicherung von S e e e r w e r b s s c h i f f e n (und ihren Ladungen) sollen die Vorschriften des VVG. keine Anwendung finden (VVG. § 186), und nur die Transportversicherung von G ü t e r n , n i c h t die S c h i f f s v e r s i c h e r u n g j ist v o n den im VVG. bestimmten B e s c h r ä n k u n g e n der V e r t r a g s f r e i h e i t v e r s c h o n t ( W G . §§ 187 Abs. 1, 188). Auf die Versicherung seegehender Lustyachten z . B . würden daher die zwingenden Vorschriften des W G . anzuwenden sein. Aber das entspricht nicht der aus den §§ 129, 188 W G . erkennbaren und deshalb beachtlichen Auffassung des Gesetzurhebers. Wenn insbesondere § 188 VVG. gestattet, die durch das W G . bestimmten Beschränkungen der Vertragsfreiheit für die „Versicherung von Schiffen gegen die Gefahren der Binnenschiffahrt" im Verordnungswege außer Anwendung zu setzen, so kommt darin die Auffassung zum Ausdruck, daß es solcher Freistellung für die Versicherung von Schiffen gegen die Gefahren dei Seeschiffahrt nicht bedarf. § 186 VVG. bedeutet also: Die Vorschriften des VVG. finden auf die V e r s i c h e r u n g von Schiffen ( i r g e n d w e l c h e n S c h i f f e n , See- oder Binnenschiffen, Seeerwerbsschiffen oder anderen Seeschiffen) g e g e n die G e f a h r e n der S e e s c h i f f a h r t keine Anwendung (vgl. auch VVG. § 147 = ADS. § 125, B o y e n s Seerecht 1.86, E h r e n b e r g AssJB.22.6, G i e r k e Transportversicherung 475). — L ü c k e n bleiben im Gesetz gleichwohl. Nur auf die Versicherung von Seeerwerbsschiffen gegen die Gefahren der Seeschiffahrt finden die Vorschriften der HGB. Anwendung. Nur auf die Versicherung von Schiffen (irgendwelchen Schiffen) gegen die Gefahren der Binnenschiffahrt finden die Vorschriften der §§ 129 ff. VVG. Anwendung. Auf die Versicherung von nicht zum Erwerb bestimmten Seeschiffen (z.B. seegehenden Lustyachten) und auf die Versicherung von Flußschiffen gegen die Gefahren der Seeschiffahrt (vgl. die Fälle RG. 43.1, RG.HGZ. 1913.180, HGZ. 1912.235) finden weder die Vorschriften des HGB. noch die Transportversicherungs-Vorschriften des W G . Anwendung. Die Vorschriften des HGB. finden auf seegeheude Lustyachten, Schulschiffe und für Rechnung Auswärtiger im Inland erbaute Seefahrzeuge nur Anwendung, wenn diese Schiffe die Reichsflagge führen, und auf Binnenschiffe, die ausschließlich in ausländischen Gewässern verkehren, wenn es besonders verordnet ist (FlaggG. §§ 26, 26a; vgl. dazu P a p p e n h e i m Seerecht 1.14, R i t t e r ArchBürgR. 31.227 u. Worterb. 3.348, S c h a p s Seerecht 30). Diese besondere, wenngleich höchst unvollkommene, Regelung (vgl. auch EGzHGB. Artt. 6, 7) schließt die analoge Anwendung des HGB. auf die Versicherung anderer als Seeerwerbs- oder ihnen gleichgestellter Schiffe aus (vgl. P a p p e n h e i m Seerecht 1.17, S c h a p s Seerecht 12). Anm. 32

Seeerwerbsschiffe sind Schiffe, die „zum E r w e r b e d u r c h d i e S e e f a h r t bes t i m m t " sind (HGB. § 474). Seefahrt ist Fahrt auf See (Gegensatz: Binnenschiffahrt, vgl. VVG. §§ 129, 188, BSchG. § 2, „Schiffahrt auf Flüssen oder sonstigen Binnengewässern": BSchG. § 1). Über den B e g r i f f der „ S e e " entscheidet seemännische Auffassung (RG. 13.72: Maßgebend seien „die Gefahren einer eigentlichen Seereise und die Schwierigkeiten, welche aus einer solchen hinsichtlich der Aufsicht über das Schiff und der Einwirkung auf dasselbe für den Eigentümer erwachsen"; vgl. auch HGZ.

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1894.124). Der Begriff der See und der Seefahrt ist für das FlaggG. (Bek. v. 10. No- § 1 vember 1S99), für die SeestrO. v. 5. Februar 1906 (Einleitung), für die Verordnung über das Verhalten der Schiffer nach einem Zusammenstoße usw. v. 15. August 1876 (§ 3), für die RVersO. (§§ 1047, 1048), für das FlottenwiederaufbauG. (§ 1) besonders bestimmt. Diese Bestimmungen entsprechen, wenn auch nicht überall (HGZ. 1894.124), so doch in der Hauptsache der seemännischen Auffassung und können daher für diese als Anhalt dienen (RG. 13.72, 51.335, HGZ. 1694.124, SAt. Stralsund SE. 6.169; Tgl. auch S c h a p s Seerecht 6, W a g n e r Seerecht 149). — Ob das Schiff u n m i t t e l b a r (durch seine bloße Fortbewegung) e r w e r b e n soll (z.B. Frachtschiff, Schlepper), oder ob die F o r t b e w e g u n g n u r M i t t e l zum Z w e c k ist (Fischerfahrzeuge: EG. 32.105, Lotsenfahrzeuge: RG. HGZ. 1894.250, Bergungsdampfer und Hebefahrzeuge: RG. 55.320, Bagger: oben Anm. 30, Kabelfahrzeuge, Eisbrecher: v. B a u m e r HRZ. 1919.446), gilt gleich. — Das Schiff muß zum Erwerb durch die Seefahrt „ b e s t i m m t " sein. Ob es dazu geeignet ist und ob es im einzelnen Falle dazu verwendet wird oder nicht, ist ohne Bedeutung (Bolze 19 Nr. 31, RG. HGZ. 1894.251, HGZ. 1905.188). Auch Schiffe des Staates oder öffentlichrechtlicher Korporationen können natürlich zum Erwerb durch Seefahrt bestimmt sein (Schaps Seerecht 19; Lotsenfahrzeuge: RG.HGZ. 1894.250, HGZ. 1894.9, vgl. RG. 39.185, HGZ. 1894.123; Kanalfahrzeuge: RG. 45.163; Bugsierdampfer: LG. Hamburg HGZ. 1905.15; nicht: Zollkreuzer: Bolze 17 Nr. 214, Staatsbagger: AppG.Kiel SchlHolstA. 1876.195, Marinetransport-Schiffe: OLG. Kiel SA. 38 Nr. 50). — Ist das Schiff sowohl zum Erwerb durch die Seefahrt wie zum Erwerb durch die Binnenschiffahrt bestimmt, so gilt es als Seeerwerbsschiff, es sei denn, daß der Erwerb durch die Seefahrt den Ausnahmefall bildet (Schaps SeerechtS, 10, RG.HGZ. 1894.251, HGZ. 1914.251; abw. HGZ. 1902.116, LG. Hamburg HGZ. 1903.272). 21. L a d u n g . Den Begriff der Ladung festzustellen ist nötig, weil nur Ver- Anm. Sicherungen, die sich auf „Schiff oder Ladung" beziehen, Seeversicherungen und als solche nach § 186 VVG. den zwingenden Vorschriften des VVG. nicht unterworfen sind (oben Anm. 29). Sie ist nötig, weil zweifelhaft sein kann, ob eine Sache zum Schiffe gehört und deshalb Schiffsversicherungs-Grundsätze anzuwenden, oder ob sie zur Ladung gehört und deshalb Güterversicherungs-Grundsätze anzuwenden sind (oben Anm. 29). Und sie ist auch deshalb nötig, weil die Versicherung für Güter aller Art genommen sein kann (§§ 80, 97) und in solchen Fällen festgestellt werden muß, welche Gegenstände die Versicherung umfaßt (vgl. jedoch auch § 97 Anm.). Der gesetzliche Begriff der Ladung ist kein einheitlicher. Jedenfalls hat der Amn Ausdruck in der heutigen Handelsgesetz- und Handelsverkehrs-Sprache seine Bedeutung als Tätigkeitswort eingebüßt und an andere Ausdrücke (Beladung, Einladung, Verladung, Abladung, Laden) abgegeben (vgl. jedoch auch z. B. ZPO. § 214). Im Sinne des Buch4HGB ist d e r A u s d r u c k g l e i c h b e d e u t e n d m i t G ü t e r n , die zur See, und zwar mit einem Seeerwerbsschiff (oben Anm. 32), befördert werden sollen (oder befördert werden sollten und befördert sind). Näheres: G i e r k e Transportversicherung 476, P a p p e n heim Seerecht 1.322, S c h a p s Seerecht 261, Schiedsspruch LZ. 1910.713 und unten Anm. 45. Immerhin denkt mau auch heute noch bei dem Ausdruck zunächst an Güter im S c h i f f e (vgl. RG. 9. 161, HGZ. 1883.10, LG. Hamburg HGZ. 1S82.180). — Zur Ladung gehören natürlich auch Postsendungen ( R i t t e r LZ. 1911.89, S c h a p s Seerecht 261, HGZ. 1911.231). — Zur Ladung gehört dagegen z.B. nicht das Reisegut (unten Anm. 46). Noch weniger Ballast, Mundvorräte, Feuerungsmaterialien, Schiffsgelder, Seemannseffekten ( P a p p e n h e i m Seerecht 1.324, S c h a p s Seerecht 261, Schiedsspruch LZ. 1910.713; abw. B o y e n s Seerecht 2.546; vgl. RCP. 17: The term „goods" means goods in the nature of merchandise, and does not include personal effects or provisions and stores for use on. board). Andererseits bilden diese Gegenstände aber auch

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Gefahren der Seeschiffahrt

§ 1 kein Zubehör des Schiffes (unten Anm. 43). Die Versicherung solcher Gegenstände wäre also, streng genommen, keine Seeversicherung und den zwingenden Vorschriften des VVG. unterworfen. Aber schon hieraus ergibt sich, daß das Gesetz hier nicht streng genommen sein will. Es läßt im § 796 HGB. selbst erkennen, daß die Schiffsausrüstung seeversichert werden kann. Anm. 35 22. Man wird also, zusammenfassend, unter „Schiff oder Ladung" das S c h i f f selbst u n d alle S a c h e n verstehen dürfen, die sich auf dem S c h i f f e b e f i n d e n u n d den G e f a h r e n der S e e s c h i f f a h r t a u s g e s e t z t w e r d e n sollen oder sind (vgl. Prot. 3131: Ablehnung eines Antrags, anstelle von „Schiff oder Ladung" die Worte „eine Sache" zu setzen, weil „als die Sache, an welcher das versicherbare Interesse bestehen müsse, nichts anderes als Schiff oder Ladung denkbar sei"). Das Gesetz ist hier ja auch sonst ungenau. Die Seeversicherung kann sich auch auf beides, Schiff u n d Ladung, beziehen und bezieht sich z.B. bei der Frachtversicherung begrifflich auf beides. Sie kann sich auch nur m i t t e l b a r auf Schiff oder Ladung beziehen, so etwa bei der Versicherung von Forderungen, die durch Fracht- oder Überfahrtsgelder gedeckt sind. Und sie kann sich überhaupt nicht nur auf Schiff oder Ladung, sondern auch auf P e r s o n e n beziehen. So z.B. bei der Überfahrtsgelder-Versicherung. Stirbt der Reisende vor Antritt der Reise, aber nach Beginn der Versicherung infolge eines dem Versicherer an sich zur Last fallenden Unfalls, so verliert der Rheder die Hälfte des Überfahrtsgeldes (HGB. § 667 Abs. 1) und kann vom Versicherer Ersatz verlangen. Ist im Überfahrtsvertrag vereinbart, daß, wenn der Reisende stirbt, das Überfahrtsgeld ganz oder teilweise nicht zu entrichten oder zurückzuerstatten ist, so verliert, wenn der Reisende nach Antritt der Reise infolge eines dem Versicherer an sich zur Last fallenden Unfalls stirbt, der Rheder gleichfalls das Überfahrtsgeld ganz oder teilweise und kann vom Versicherer Ersatz verlangen (.vgl. aber auch § 87 Anm., § 109 Anm.). Deshalb ist auch die Versicherung des Interesses, das jemand an der Ankunft einer Person mit einem bestimmten Schiffe hat, Seeversicherung (wenigstens, wenn der Versicherungsnehmer sich darauf beschränkt, für behaltene Ankunft des Schiffes mit der Person Versicherung zu nehmen; § 120, V o i g t 590). Dagegen wäre freilich die Versicherung des Interesses, das jemand daran bat, daß eine andere Person überhaupt die Gefahren der Seeschiffahrt besteht, oder gar daran, daß er selbst sie besteht, keine Seeversicherung ( S i e v e k i n g 3).

Gefahren der Seeschiffahrt. Anm. 36

23. Die Versicherung ist nach § 778 HGB. Seeversicherung nur, wenn das Interesse an der Überwindung von G e f a h r e n der S e e s c h i f f a h r t gedeckt ist. Das ist auch für die ADS. nicht ohne Bedeutung. Freilich sind die ADS. immer anzuwenden, wenn sie vereinbart, dem Versicherungsvertrag zugrunde gelegt sind oder ihm, als allgemeine Geschäftsbedingungen der Versicherer, als zugrunde gelegt gelten müssen (Vorb. vor § 1 Anm. 9, 10), mag ein Interesse an der Überwindung von Gefahren der Seeschifffahrt oder ein Interesse an der Überwindung anderer Gefahren gedeckt sein. Aber die Anwendbarkeit der ADS. ist beschränkt, wenn die Versicherung keine Seeversicherung im Sinne des Gesetzes ist. Denn nur auf die Seeversicherung sollen die Vorschriften des VVG. keine Anwendung finden ( W G . § 186), und nur die Güterversicherung, nicht auch die Schiffsversicherung kann sich von den zwingenden Vorschriften des VVG. freimachen (VVG. §§ 187 Abs. 1, 188). Anm. 87 24. Gefahren der Seeschiffahrt sind nach dem Wortsinn G e f a h r e n , die m i t der S c h i f f a h r t z u r See v e r b u n d e n sind (Gegensatz: Gefahren der Binnenschifffahrt, der Luftfahrt, der Landfahrt). Schiffahrt zur See ist dasselbe wie Seefahrt"

Gefahren der Seeschiffahrt

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(vgl. oben Anm. 32). Die Seefahrt muß die Fahrt eines Seeerwerbsschiffes (oder eines § 1 ihm gleichstehenden Schiffes) sein (vgl. oben Anm. 31, 32). Gefahren der Seeschiffahrt sind also die Gefahren, die m i t d e r S e e f a h r t d e s S e e e r w e r b s s c h i f f e s (oder seiner Ladung) v e r b u n d e n sind. Die Übernahme dieser Gefahren (und nur sie) ist Seeversicherung. Nicht als ob die Versicherung den Charakter einer Seeversicherung verlöre, wenn zusammen mit den Gefahren der Seefahrt des Seeerwerbsschiffes noch a n d e r e G e f a h r e n übernommen werden. Das HGB. (§§ 816, 827, 828) setzt sogar als selbstverständlich voraus, daß der Seeversicherer gewisse Gefahren der Binnenschiffahrt und selbst der Landbeförderung trägt. Die mit der Abfahrt und Ankunft, mit dem Aufenthalt im Zwischenhafen verbundenen Gefahren sind regelmäßig Gefahren nicht der Seefahrt, sondern der Binnenfahrt. Die Versicherung ist auch, soweit sie diese Gefahren mit deckt, reine Seeversicherung, keine kombinierte Versicherung im Sinne des § 147 W G . , § 125 ADS. (um dies Kenntlich zu machen, sind die Worte „Gefahren der See" durch die Worte „Gefahren der Seeschiffahrt" ersetzt: Prot.-2976, 4230; vgl. HGZ. 1920.289; schon die PreußAHO. 1766 bestimmte ausdrücklich, daß der Versicherer bei der Versicherung „auf Hin- und Herreise . . . auch vor die Gefahr des Stilliegens" hafte). Es genügt, daß die G e f a h r e n d e r S e e s c h i f f a h r t die H a u p t m a s s e bilden (LZ. 1909.938, HGZ. 1904.261). Demnach könnte man nicht von einer Seeversicherung im Sinne des Gesetzes sprechen, wenn Güter für die Reise des Seeschiffs von Hamburg nach Cuxhaven versichert werden, oder wenn ein Seeerwerbsschiff für die Dauer seines Aufenthalts im Hafen versichert wird (EG. 89.279, HGZ. 1916.247; vgl. auch A r n o u l d 645 s. 508 über port und harbour policies, Versicherung at port or ports, place or places in New Caledonia, Versicherung while at Leith), oder wenn Güter „lagernd in dem D. Mombassa im Londoner Hafen gegen Feuer-, Hafenund Reviergefahr inklusive Kriegsrisiko" versichert werden (RG.HGZ. 1918.125, HGZ. 1917.205), oder wenn ein Seeerwerbsschiff für die Zeit seines Umbaus (LZ. 1909.308) oder für die Dauer seiner Ausbesserung oder für die Dauer seines Stapellaufs versichert wird. Die Rechtsprechung hat gleichwohl in den angeführtem Entscheidungen keinen Anstand genommen, Versicherungen der bezeichneten Art als Seeversicherungen im Sinne des Gesetzes zu behandeln. Man wird darin eine, verständiger Interessenabwägung Rechnung tragende, Ausdehnung des Gebiets der Seeversicherung erblicken müssen und als Grundsatz aufstellen dürfen, daß die Versicherung v o n ü n t e r n e h m u n g e n , die m i t d e n j e n i g e n d e r S e e s c h i f f a h r t im e n g s t e n ö r t l i c h e n u n d w i r t s c h a f t l i c h e n Z u s a m m e n h a n g s t e h e n , nach den Regeln der Seeversicherung zu beurteilen ist. Dem entspricht auch die Entwicklung im Ausland. Where a ship in course of building', or the launch of a ship, or any adventure analogous to a marine adventure, is covered by a policy in the form of a marine policy, the provisions of this Act, in so far as applicable, shall apply thereto (MIA. § 2 Abs. 2, wenn auch mit der Einschränkung: but, except as by this section provided, nothing in this Act shall alter or affect any rule of law applicable to any contract of insurance other than a contract of marine insurance as by this Act defined). Ähnlich das französische Recht: R i p e r t 2.834. Vgl. auch S c h a p s Seerecht 9, S i e v e k i n g 4, auch B r u c k HRZ. 1921.241, der, teils zu eng, teils zu weit, definiert: Transportversicherung sei die Versicherung gegen alle Gefahren, die dem versicherten Interesse nicht nur während der Bewegung, sondern auch während der „Bewegungsbereitschaft" drohten. Zu eng jedenfalls G i e r k e Transportversicherung 500 (und ihm folgend KG.APV. 1920.11.34): Die Transportversicherung decke außer dem eigentlichen Transport nur „die Ruhezustände, wenn sie sich als vorübergehende kennzeichneten". 25. Daß Seeversicherung die Versicherung ist, die gegen die Gefahren der See- Anm. 38 Schiffahrt schützt, ist auch noch in anderer Beziehung von Bedeutung. Der Versicherer

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Interesse am Schiff

§ 1 trägt nach § 820 HGB., § 28 ADS. alle Gefahren. § 820 HGB. ist aus § 77S HGB., §28 ADS. aus § 1 ADS. auszulegen: Der Versicherer trägt zwar alle Gefahren, aber nur alle Gefahren der Seeschiffahrt. Oder auf § 1 hingesehen: Seeversicherung ist nicht schlechthin die Versicherang gegen die Gefahren, die mit der Seefahrt des Seeerwerbsschiffes verbunden sind, sondern die Versicherung gegen die Gefahren, die mit der Seefahrt des Seeerwerbsschiffes als solcher verbunden sind (näheres hierüber und über den Begriff der Gefahr: §28 Anm.). — Andererseits ist Seeversicherung nicht nur die Versicherung gegen alle Gefahren der Seeschiffahrt, sondern natürlich auch die Versicherung gegen nur eine oder einzelne dieser Gefahren, z. B. die Versicherung nur gegen Kriegsgefahr (§ 121) oder nur gegen Strandungsgefahr, die Rückversicherung nur gegen Feuersgefahr (unten Anm. 158) usw. Anm. 39 2 6. Abs. 2 Satz 1 enthält ein Verzeichnis von Interessen, die besonders häufig seeversichert werden. Ein Verzeichnis von Beispielfällen (verb. „insbesondere"). Es können auch alle nur möglichen Interessen anderer Art seeversichert werden (oben Anm. S und folgende Anm.). — Es handelt sich aber nicht nur um ein Verzeichnis von Beispielfällau. Durch den im § 1 Abs. 2 Satz 2 enthaltenen Grundsatz, daß „in der eineii dieser Versicherungen die andere nicht enthalten ist", erhält das Verzeichnis noch eine zweite, besondere Bedeutung (unten Anm. 189). Das Schilf. Anm. 40 27. Nicht die Sache, das Schiff, die Güter, werden versichert, sondern das Interesse an ihnen (oben Anm. 3 ff.). Man kann daher, genau genommen, nicht von der Versicherung „des Schiffes" sprechen. Aber diese Ausdrucksweise trifft nach der Verkehrsanschauung um so genauer das richtige: die Versicherung des sog. Eigentiimerinteresses (oben Anm. 9). Der bestimmte Artikel („das" Schiff, „die" Güter) will darauf hinweisen, daß „im Zweifel dasjenige Interesse als versichert gilt, das ein Eigentümer der Sache an deren Erhaltung hat" (Schweiz. W G . Art. 49 Abs. 2). Hin und wieder wird übrigens auch ausdrücklich „das Interesse am Kasko" versichert (z.B. Ii GZ. 1908.222). Anm. 4i D a s Eigentümerinteresse ist nicht das Interesse des Eigentümers, sondern das Interesse, wie es unter gewöhnlichen Umständen ein Eigentümer hat (oben Anm. 10). Der Eigentümer kann es haben und nicht haben. — Das Interesse kann, wie das Eigentum, bruchteilsweise zustehen. Das Eigentum kann auch mehreren zur gesamten Hand zustehen, der einzelne zwar Vollberechtigter, aber nicht Alleinberechtigter, sondern durch die Konkurrenz der anderen Teilhaber beschränkter Berechtigter sein; dann ist auch das Eigentümerinteresse des einzelnen in gleicher Weise beschränkt (vgl. auch Vorb. VI vor § 1). Das Eigentümerinteresse kann aber auch in der Weise geteilt sein, daß der eine es nur u n t e r einer B e d i n g u n g hat, unter welcher der andere es nicht hat, und umgekehrt. In dieser Weise ist das Interesse des Käufers, der die Gefahr der Beförderung trägt, dadurch bedingt, daß die Gefahr nicht wieder auf den Verkäufer zurückgeht, das Interesse des Verkäufers dadurch, daß die Gefahr auf ihn zurückkommt, oder beim Kauf unter aufschiebender Bedingung das Interesse des Käufers dadurch bedingt, daß die Bedingung eintritt, das Interesse des Verkäufers dadurch, daß sie nicht eintritt (oben Anm. 10). — Das Eigentümerinteresse kann auch dadurch berührt werden, daß die Sache mit fremden Hechten, insbesondere mit Pfandrechten belastet wird. Bildet die Sache das ganze Vermögen des Eigentümers, so mag, wenn sie zum vollen Werte verpfändet ist, der Eigentümer tatsächlich kein Interesse mehr haben mag tatsächlich nur noch der Pfandgläubiger

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ein Interesse an ihrer Erhaltung haben. Aber auf Tatsächlichkeiten dieser Art kann § 1 sich eine Rechtsordnung nicht aufbauen. Sie muß auf die Rechtsfolgen und darf nicht auf die tatsächlichen Folgen sehen, die entstehen, wenn die Sache nicht erhalten bleibt. Geht das verpfändete Schiff unter, so bleibt der Eigentümer persönlich verpflichtet. Er muß zur Befriedigung des Pfandgläubigers andere Mittel verwenden, als er im Falle der Erhaltung des Schiffes nötig gehabt hätte. Er ist deshalb der Eigentümerinteressent (Prot. 3019; oben Anm. 10), and die Versicherung geht deshalb auch nicht, auch nicht teilweise oder beschränkt, auf den Pfandgläubiger über, wenn die versicherte Sache nach Abschluß des Versicherungsvertrags verpfändet wird (§ 49 Anm.). Aber insofern trägt die Rechtsordnung den tatsächlichen Verhältnissen Rechnung, als sie anerkennt, daß der Pfandgläubiger a u c h ein Interesse (wenn auch eben kein Eigentümerinteresse) an der Erhaltung der Sache hat. Der Pfandgläubiger kann dieses Interesse versichern. Er steht sich dann besser, als wenn er sich die Entschädigungsforderung des Eigentümers hätte verpfänden lassen. Denn er wird z. B. von den Folgen eines Verschuldens des Eigentümers nicht berührt, die ihm im Falle einer Verpfändung der Entschädigungsforderung des Eigentümers verhängnisvoll werden müßten, weil der SchiffshypothekenGläubiger nicht wie der Grundstückshypotheken-Gläubiger (BGB. §§ 1127—1130, VVG. §§ 99—107) geschützt ist. Aber solche besondere Versicherung des Pfandgläubigers ist regelmäßig Prämienverschwendung. Der Schiffsbypotheken-Gläubiger tut daher besser, wenn er sich die Entschädigungsforderung des Eigentümers verpfänden oder zur Sicherheit abtreten läßt und sich, soweit dazu Anlaß besteht, dnrch besondere Vereinbarung mit dem Versicherer gegen die damit verbundenen Nachteile schützt (vgl. Molt 46 und Bedingungen für Schiffshypotheken-Versicherungen bei G e r h a r d 509), oder wenn er mit Zustimmung und für Rechnung des Eigentümers Kaskoversicherung nimmt (vgl. §§ 54, 55, OAG. Lübeck Wunderlich 1.335, oben Anm. 19). Anders, wenn dein Pfandrecht keine persönliche Haftung zugrundeliegt (oben Anm. 10). Geht das Schiff unter, ist der Rheder der Bodmereischnld ledig. Kommt es glücklich an, muß er die Bodmereischuld zahlen. Ihm (als Eigentümer!) ist es insoweit gleichgültig, "b das Schiff ankommt oder nicht ankommt. Er hat also in Höhe der Belastung nicht das Eigentümerinteresse. Er kann es also auch nicht versichern (Prot. 3018, N o l t e 1.75, RG.HGZ. 1891.255, A m o u l d 383 s.290; vgl. auch HG.Hamburg HGZHans. 1871.225: „Der Bodmereibrief greife den Gegenstand der Assekuranz an"). Der Bodmereigläubiger hat das Eigentümerinteresse und kann es versichern. Er könnte also „das Schiff" versichern. Aber hier versagt die Verkehrsanschauung die Gefolgschaft. Bodmereigelder-Inferesse und Eigentümerinteresse sind nach der Verkehrsaiischauung nicht dasselbe. In der Versicherung des Schiffes ist die Versicherung der Bodmereigelder, in der Versicherung der Bodmereigelder die Versicherung des Schiffes „nicht enthalten" ( § 1 Abs. 2 Satz 2; vgl. auch A m o u l d 308 s.343, 327 s.252a). Und die Verkehrsaiischauung hat Recht. Der Bodmereigläubiger ist Eigentümerinteressent, aber ein Eigentümerinteressent von besonderer Art. Er steht der versicherten Unternehmung anders gegenüber als der gewöhnliche Eigentümerinteressent, der Rheder. Seine Schadenverhiitungs-Pflicht, seine Schadenabwendungs-Pflicht, seine Gefahrstandspflicht, seine Anzeigepflicht usw. haben nur rechtsgrundsätzlich dieselbe Bedeutung wie diejenige des Rheders, tatsächlich aber einen ganz anderen Gehalt. Es läßt sich sogar sagen, daß sein Eigentümerinteresse ein nur bedingtes Interesse ist, und daß beim Rheder ein entsprechend bedingtes Eigentümerinteresse zurückgeblieben ist, ähnlich wie der Käufer, auf den die Transportgefahr übergegangen ist, ein bedingtes Eigentümerinteresse hat und beim Verkäufer ein entsprechend bedingtes Eigentümerinteresse zurückgeblieben ist (oben Anm. 10). Denn neben die Pfandhaftung kann eine persönliche Haftung des Rheders treten, sei es auf Grund besonderer Verein-

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§ 1 liarung, sei es aus anderen Gründen (vgl. HGB. §§ 692, 774, A r n o u l d 3S4 s. 290). Dann wacht das Eigentümerinteresse des Rheders wieder auf, schrumpft das Bodmereiglänbiger-Interesse zu einem bloßen Pfandgläubiger-Interesse zusammen. Deshalb fällt auch, wenn der Rheder nach Abschluß des Versicherungsvertrags Bodmereigelder aufnimmt, sein Eigentümerinteresse nicht vollständig weg, sondern bleibt als bedingtes Eigentümerinteresse bestehen, fähig, sich beim Eintritt der Bedingung wieder zum vollen Eigentfimerinteresse zu entwickeln (deshalb zwar grundsätzlich richtig, aber nicht ganz genau RG.HGZ. 1891.255: „Wenn der Rheder das Schiff verbodmet habe, könne er für sich als Schiffswert nur den nach Abzug der Pfandschuld verbleibenden Wert desselben versichern"; auch von S i e v e k i n g 16 verkannt). Andererseits müßte in diesem Falle die Versicherung des Eigentümerinteresses nach § 49 in den Grenzen, die durch die Beschränkung des auf den Bodmereigläubiger übergegangenen Eigentümerinteresses gezogen sind, auf den Bodmereigläubiger übergehen. Dies ist aber auch durch die positive Vorschrift ausgeschlossen, daß in der Versicherung „des Schiffes" die Versicherung von „Bodmereigeldern" nicht enthalten ist, das Eigentümerinteresse und das BodmereigläubigerInteresse als (auch im Sinne des §49) verschiedenartige Interessen anzusehen sind. An alledem wird auch dadurch nichts geändert, daß etwa die Aufwendungen, die zur Verbodmung Anlaß gegeben haben, dem Kaskoversicherer zur Last fallen (abw. RG. HGZ. 1891.255). Der Rheder erhält vom Kaskoversicherer Ersatz der Aufwendungen und im neuen Versicherungsfall Entschädigung für den ihm nach der Verbodmung verbliebenen Teil des Versicherungswerts (§37). — Das Eigentümerinteresse wird nicht dadurch geschmälert, daß der Interessent E r s a t z a n s p r ü c h e g e g e n d r i t t e hat (§45). Haben Rheder und Charterer vereinbart, daß der letztere dem ersteren im Verlustfall den vollen Schadenswert ersetzen soll, so kann darum doch der Rheder den vollen Schiffswert versichern, wie der Güterversicherte den vollen Güterwert, obgleich der Verfrachter Ersatz zu leisten hat (Hobbs v. Hannam 1811 bei A r n o u l d 339 s. 261). Natürlich hat in solchem Falle auch der Charterer (wie der Verfrachter im Salle der Güterversicherung) ein versicherbares (Haftpflicht-)Interesse (Oliver v. Greene bei P h i l l i p s 1 s. 325). Deshalb unrichtig OLG.HamburgHRZ. 1922. 63: Verspreche der Mieter eines Baggers dem Vermieter Ersatz auch zufälligen Schadens, so könne er ..den Bagger" versichern. Anm. 42 28. Über den Begriff des „Schiffes": oben Anm. 30. In und mit dem Schiffe sind natürlich alle wesentlichen Bestandteile des Schiffes, Rumpf, Mast, Segel, Ruder, Maschine (mit Schraube; unrichtig HGZ. 1891.264, 1892.111, 1894.37: Zubehör), notwendiges Tauwerk usw. versichert. Werden solche Teile (z. B. der Rumpf) während der Dauer der Versicherung d u r c h a n d e r e e r s e t z t , so kann aus dem alten versicherten Schiff ein neues unversichertes Schiff werden. Regelmäßig hat die Ersetzung einzelner Teile (z. B. des Mastes, der Schraube) auf den Bestand der Versicherung keinen Einfluß. Das versicherte Schiff ist „etwas anderes als die Summe seiner Teile" ( P a p p e n h e i m Seerecht 1.35). Die Ersetzung nicht wesentlicher Bestandteile (z.B. einer Bugverzierung) hat natürlich erst recht keinen Einfluß auf den Bestand der Versicherung. Vgl. auch unten Anm. 43. Anm 43 Mit dem Schiffe gilt auch sein Zubehör als versichert. Gesetz und ADS. sprechen sich darüber nicht besonders aus (anders z.B. HGB. §§709, 710, 717, 754, 755; vgl. auch BGB. §§314, 926, 1031, 1062, 1096,1120—1122,2164,2165, ZPO. §§865, 931 ZwG. §169, FGG. §54, auch ASVB. § 18 in Verbindung mit ADHGB. Art. 443). Das HGB. hält es aber für selbstverständlich; vgl. HGB. §821 Nr. 2: Der Versicherer haftet nicht für den „Schaden an Schiff und Z u b e h ö r , welche nur eine Folge der Abnutzung des S c h i f f e s im gewöhnlichen Gebrauch ist," und nicht für Altersschäden an „Schiff und Z u b e h ö r " (vgl. auch ADS. § 76 Abs. 4 Satz 3).

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Schiffszubehör sind alle beweglichen Sachen, die d e m w i r t s c h a f t l i c h e n § 1 Z w e c k e d e s S c h i f f e s z u d i e n e n b e s t i m m t sind und zum Schiffe in e i n e m dieser Bestimmung e n t s p r e c h e n d e n r ä u m l i c h e n V e r h ä l t n i s stehen, es sei denn, daß sie im Verkehr nicht als Zubehör angesehen werden (BGB. §97 Abs. 1). Die bloß vorübergehende Benutzung einer Sache für den wirtschaftlichen Zweck des Schiffes begründet die Zubehöreigenschaft nicht (BGB. § 97 Abs. 2 Satz 1). — Die See-Kaskoversicherung hat es regelmäßig mit Seeerwerbsschiffen zu tun (oben Anm.31). Maßgebend ist also regelmäßig für die Zubehöreigenschaft, ob die Sache z u m E r w e r b d u r c h d i e S e e f a h r t des Schiffes zu dienen bestimmt ist. Beispiele: Taue, Anker, Ankerketten (vgl. §§59, 76, HGB. §§706, 710, 872), Lot, Log, Kompaß, Signalapparate, Abdrücke schiffsrechtlicher Verordnungen (vgl. SeemO. § 133, G. v. 2. Juni 1902 § 10), Karten, Schiffspapiere ( P a p p e n h e i m Seerecht 1.38, S c h a p s Seerecht 83), Schiffsapotheke, Kajütsinventar (§ 65 Anm.). Auch die Fang-usw.Gerätschaften der Fischerfahrzeuge und die Schlepp- und Bergungsgerätschaften der Schlepp-, Bugsier- und Bergungsdampfer sind Zubehörstücke ( P a p p e n h e i m Seerecht 1.38, S c h a p s Seerecht83; abw. Boy ens Seerecht 1.149; vgl. MIA. §16 Abs. 1: The insurable value . . . includes, in a case of a ship engaged in a special trade, the ordinary fittings requisite for that trade). Anders, wenn die Gerätschaften nicht zum dauernden Gebrauch des Schiffes, sondern etwa nur für eine einzelne Reise, z.B. für eine Wallfischfahrt, bestimmt sind ( A r n o u l d 284 s. 219). Nicht Zubehör sind Sachen, die nicht sowohl dauernd Schiffszwecken dienen, als vielmehr Ladungszwecken, z.B. Stau- und Garnierungsmaterial, das von der Ladung gestellt wird (anders, wenn es dem Schiffe gehört, mag es aucl\ nicht gerade auf der versicherten Heise verwendet sein,: A r n o u l d 285 8.219) oder persönlichen Zwecken der Schiffsbesatzung, z. B. die Effekten der Schiffsbesatzung, den Schiffsoffizieren gehörende nautische Instrumente, dem Schiffsarzt gehörende ärztliche Instrumente oder Heilmittel (auch nicht ohne weiteres durch eine „Güter"-Police gedeckt: Anm. 46; vgl. insbesondere RCP. 17: The term „goods" does not include personal effects or provisions and stores for use on board; A r n o u l d 312 s.245). — Die „Benutzung- darf nach §97 Abs. 2 BGB. n i c h t eine bloß v o r ü b e r g e h e n d e sein. Gemeint ist: „Die Bestimmung" darf nicht nur vorübergehend sein ( P a p p e n h e i m Seerecht 1.40, Schiedsspruch LZ. 1910.712). Zum „bleibenden Gebrauch des Schiffes" sind z.B. nicht bestimmt: Ballast, Mundvorräte, Bunkerkohlen, Maschinenbedürfnisse, Schiffskasse (Heck 384, 392, Schiedsspruch LZ. 1910.712; vgl. KG.Rspr. 13.312: Kohlen für Ziegeleibetrieb, abw. RG. 77.37, OLG. Königsberg Rspr. 14.10; BayObLG. Recht 1904.191: Biervorräte einer Brauerei; arg. econtr.: BGB. §98). Dies folgt auch aus § 70 ( = HGB. § 796), wonach der Versicherungswert des Schiffes im Zweifel „Ausrüstungskosten" nicht umfaßt (vgl. Prot. 3073). Aber natürlich können auch diese Sachen seeversichert werden, und zwar nicht nur nach schiffsversicherungsrechtlichen, sondern auch nach güterversicherungs-rechtlichen Grundsätzen. Das e n g l i s c h e Recht weicht übrigens teilweise vom deutschen ab: Nach Lloyd's Police ist versichert the body, tackle, apparel, ordnance, munition, artillery, boat, and other furniture, nach MIA. § 16 the insurable value, in a case of a steamship, includes also the machinery, boilers, and coals and engine stores, if owned by the assured, und nach RCP. 15 the term „ship" includes the hull, materials and outfit, stores and provisions for the officers and crew and, in the case of vessels engaged in a special trade, the ordinary fittings, requisite for the trade, and also, in the case of a steamship, the machinery, boilers, and coals and engine stores, if owned by the assured. If owned by the assured: Das Gesetz bestimmt nicht, von wem die Sache zum bleibenden Gebrauch des Schiffes b e s t i m m t sein muß, um Zubehör zu sein. An und für sich kann jeder, der tatsächlich über beide Sachen verfügen kann, die eine zum bleibenden

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§ 1 Gebrauch der anderen, des Schiffes, bestimmen ( P a p p e n h e i m Seerecht 1.42). Aber nicht jeder, der über beide Sachen verfügen kann, kann sie versichern. Das kann nur, wer das Eigentümerinteresse hat (wenigstens für eigene Rechnung). — Das „entsprechende r ä u m l i c h e V e r h ä l t n i s " , in dem beide Sachen stehen müssen, ist „nach den tatsächlichen Verhältnissen des einzelnen Falles zu bestimmen" (RG. 51.274). Anders S c h a p s Seerecht 1. Aufl. 65, nach dem nur solche Sachen Zubehör sind, die „entweder sich auf dem Schiffe befinden oder an ihm befestigt" sind. Solche Annahme ist vom Gesetz .nicht geboten und bei S c h a p s Seerecht 2. Aufl. 83 mit Recht aufgegeben. Zubehör sind also z. B. auch Anker, die „auf dem Fuhrwerk vor dem Schiffe angelangt sind und wegen vorgerückter Zeit nicht mehr abgeladen und auf das Schiff geschafft werden können" (RG. 51.275) oder zur Anbordschaffung am Kai niedergelegt sind ( P a p p e n h e i m Seerecht 1.44; vgl. auch OLG.Breslau Rspr. 5.79, OLG. Kassel Rspr. 15'. 326: es genüge, daß die Sache „in ein solches räumliches Verhältnis zur Hauptsache gebracht werde, welches die bestimmungsmäßige Verwendung der Sache ermögliche"). Aber hieraus folgt freilich nicht ohne weiteres, daß solche Zubehörstücke auch von der Versicherung des Schiffes umfaßt werden (unten Anm. 44). — Nach § 478 Abs. 1 HGB. sind S c h i f f s b o o t e Zubehör des Schiffes. Diese Vorschrift hat indessen neben § 97 BGB. keine selbständige Bedeutung mehr ( P a p p e n h e i m Seerecht Ii45). Schiffsboote sind nur unter denselben Voraussetzungen Zubehör des Schiffes wie andere Sachen. Über die Haftung des Versicherers für ausgeschwungene "Rnnte: A r n o u l d 286. s. 221. — Nach § 478 Abs. 2 HGB. gelten Sachen, die in das S c h i f f s i n v e n t a r eingetragen sind, im Zweifel als Zubehör. Der Versicherer, der die Zubehöreigenschaft einer in das Schiffsinventar eingetragenen Sache bestreitet, ist also beweispflichtig. — Nur S a c h e n können Zubehör sein. N i e h l R e c h t e , insbesondere nicht die Fracht (vgl. Prot. 1490, 1604, 2847, 2914; unrichtig HGZ. 1894.95: Zwar nicht Zubehör des Schiffes, „aber angesehen und behandelt, als ob sie dies sei"). — Die E r s e t z u n g von Zubehörstücken d u r c h a n d e r e hat auf den Bestand der Versicherung als solcher keinen Einfluß. Aber die alten Stücke scheiden aus der Versicherung aus, die neuen treten ein. Der für die Inbegriffs-Versicherung maßgebende, auf den „mutmaßlichen Willen der Beteiligten" abstellende Gedanke (Begr. z. W G . § 54) trifft auch hier zu. Dadurch wird freilich die Entschädigungspflicht des Vefsicherers unter Umständen verändert. Versicherungswert (§ 70 Abs. 2) und Versicherungssumme bleiben zwar unberührt. Aber die Ausbesserungskosten werden nach §§ 75, 76 ersetzt. Wird z. B. auf der versicherten Reise ein altes Boot durch ein neues ersetzt, so ist, wenn das Boot verlorengeht, von den Ersatzkosten nichts abzuziehen (§76 Abs. 4 Satz 3). Nach den für die InbegriffsVersicherung geltenden Grundsätzen treten auch n e u e Z u b e h ö r s t ü c k e , die nicht dazu bestimmt sind, alte zu ersetzen, in die Versicherung ein (so etwa, wenn die Zahl der Schiffsboote um eines vermehrt wird). In dieser Beziehung stehen übrigens Bestandteile den Zubehörstücken gleich. Auch sie scheiden aus der Versicherung aus, wenn sie die Eigenschaft eines Schiffsbestandteils verlieren, und treten ein, wenn sie Bestandteil werden. Anscheinend abw. RG. HGZ. 1891.253: die vom Rheder aufgewendeten Havereigelder seien insoweit versicherbar, als die durch die Aufwendung geschaffenen Neuwerte wegen der Neuheit die bisherigen alten überstiegen; denn für diese Differenz gewähre die Kaskoversicherung keine Deckung, — richtig höchstens für den Fall des Totalverlustes, für den der durch die Aufwendung herbeigeführte Mehrwert zu decken wäre. Anm. 44

Die bloß v o r ü b e r g e h e n d e T r e n n u n g eines Zubehörstücks oder eines Bestandteils (z.B. die Trennung zum Zwecke der Ausbesserung) hebt die Zubehör- und Bestandteil-Eigenschaft nicht auf (BGB. § 97 Abs. 2 Satz 1. Prot. 1487). Aber nur mit dem Schiffe sind Bestandteile und Zubehörstücke versichert. Nur soweit das Schiff versichert ist oder versichert sein würde. Wenn das zeitversicherte Schiff, etwa zur

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Ausbesserung, über Land oder auf Binnengewässern befördert wird, ruht die Versicherung. § 1 Denn die Seeversicherung hat es nur mit den Gefahren der Seeschiffahrt und den mit ihr zusammenhängenden Gefahren zu tun. Die Haftung des Seeyersicherers ist insoweit durch den Vertrag objektiv beschränkt. Die Beförderung zu Lande usw. fällt aus den so bestimmten Grenzen heraus (abw. S i e v e k i n g 118). Deshalb ruht auch die Versicherung in Ansehung eines Maschinenteils, der zur Ausbesserung von Hamburg nach Augsburg geschickt wird, und ebenso die Versicherung in Ansehung von Bestandteilen oder Zubehörstücken, die bei einem Umbau von der Werft aus dem Schiffe genommen und an Land gebracht werden (LZ. 1909.937 ungenau: „versicherungstechnisch sei ein Brand am Lande etwas anderes als der gewöhnliche Gegenstand der Seeversicherung"). Deshalb sind auch Anker usw., die auf das Schiff gebracht werden sollen, aber einstweilen vor dem Schiffe auf dem Kai abgeladen sind, zwar schon Zubehör des Schiffes {oben Anm. 43), aber noch nicht in die Versicherung eingetreten. Die Grenze, welche die Gefahren der Seeschiffahrt von den anderen Gefahren trennt, ist flüssig (vgl. auch oben Anm. 37 und § 28 Anm.). Reise- oder zeitversicherte Schiffe, die sich zur Ausbesserung im Dock befinden, sind zwar nicht den Gefahren der Seeschiffahrt im engsten Sinne ausgesetzt, aber gleichwohl gedeckt (oben Anm. 37, § 28 Anm., Prot. 3275; vgl. auch § 66 Anm.). Die Güter. 29. Gemeint ist: Das Eigentümerinteresse an den Gütern. Näheres: oben Anm. 45 Anm. 10 und 41. 30. Der Ausdruck „Güter" bedeutet im wesentlichen dasselbe, wie der Ausdruck Anm. 46 ..Ladung" (oben Anm. 34). Güter sind körperliche Gegenstände, im Hinblick auf die Seetransport-Versicherung: körperliche Gegenstände, die zur See befördert werden sollen. Also nicht Ballast, Mundvorräte, Feuerungsmaterialien, Schiffspapiere, Seemannseffekten, Gerätschaften zum Fischfang, die sämtlich anderen Zwecken dienen als dem, befördert zu werden (oben Anm. 43; anders die Produkte des Fischfangs: Arnould 292 s. 226, Ripert 2.840). Enger das englische Recht, das zwischen dem allgemeinen Begriff der moveables und dem besonderen Begriff der goods unterscheidet (MIA. § 3 Abs. 2) und unter „moveables" means any moveable tangible property, other than the ship, and includes money, valuable securities, and other documents (MIA. § 90), während the term „goods" means goods in the nature of inerchandise,' and does not include personal effects or provisions and stores for use on board (RCP. 17; vgl. auch HGZ. 1895.38: Reisewagen Gegenstände des Handelsverkehrs?). — Auch das an Bord gebrachte R e i s e g u t (HGB. § 673) gehört nicht zu den „Gütern" (Pappenheim Seerecht 2.325; abw. Gierke Transportversicherung 477). Zwar soll auch das Reisegut befördert werden. Aber das ist nicht sein Hauptzweck, sondern nur Mittel zum Zwecke der Beförderung des Reisenden. Daß Reisegut im Sinne des Versicherungsrechts nicht zu den Gütern zählt, ist auch wirtschaftlich begründet. Denn die Gefahr ist beim gewöhnlichen Reisegut anders, als beim Frachtgut (HGB. § 673 Abs. 1), und zwischen gewöhnlichem und aufgegebenen Reisegut (HGB. § 673 Abs. 2) zu unterscheiden, hat man im Großverkehr keine Zeit. Auf eine laufende Police kann also z.B. Reisegut nicht deklariert werden; anders natürlich, wenn es als Frachtgut befördert wird. Die ..Reiseeffekten-Versicherung" und die „Musterkoffer- und ReiselagerVersichernng" bildet daher auch einen besonderen Zweig der Transportversicherung mit eigenen Bedingungen (vgl. z.B. HGZ. 1911.129). — Hiermit ist natürlich weder gesagt, daß solche Sachen, die . nicht „Güter" sind, nicht versichert werden können, noch auch, daß, wenn sie versichert werden, die Versicherung keine Seeversicherung ist. Das Gesetz will nicht in's Prokrustesbett gelegt werden. Näheres: oben Aura. 34.

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Mit den Gütern ist auch das Zubehör versichert Solches Zubehör kann insbesondere die Verpackung bilden, wenn die Verpackung einen selbständigen Wert hat oder doch zur Erhöhung des Wertes der Güter beiträgt (vgl. § 86 Abs. 2, § 90 Anm., § 93 Anm.). So etwa, wenn die Güter zum Weiterverkauf in der Verpackung bestimmt sind, oder wenn die Verpackung zur längeren Verwahrung und Erhaltung der Güter dient (z.B. Fässer, Flaschen, Säcke, Zigarrenkästen, Etuis für Schmuckstücke, sog. Originalverpackungen), oder wenn die Güter „seemäßig" verpackt sind; vgl. ROHG. 11.106, RG. 59.120, JW. 1911.158, Bolze 21 Nr. 482, OLG. Hamburg Rspr. 8.98, 19.400, Recht 1918 Nr. 1048, HGZ. 1895.179. Wenn der Versicherungsnehmer die Güter für eigene Rechnung versichert, aber in Ansehung der Verpackung die Gefahr nicht trägt (vgl. R i t t e r HGB. 601), so ist die Versicherung (als Versicherung für fremde Rechnung) doch auch für die Verpackung wirksam. Denn nach der Verkehrssitte kommt es nicht darauf an, wer die Gefahr für die Verpackung trägt, und die Versicherung für fremde Rechnung setzt nur voraus, daß der Versicherer mit der Versicherung eines fremden Interesses rechnen muß (oben Anm. 12, § 52 Anm.; vgl. auch VVG. §85). — Vgl. auch HGZ. 1898.38: Pferdegeschirre als Zubehör zu Reisewagen; dahingestellt und wohl, mit Recht, nicht gebilligt von RG. HGZ. 1898.39. Imaginärer Gewinn.

Anm. 47 31. Imaginärer Gewinn ist der „von der Ankunft der Güter am Bestimmungsort erwartete Gewinn". Die Versicherung imaginären Gewinns (Benecke 1.133: „eingebildeter Nutzen", 1.137: „imaginirter Gewinn", Pöhls4.92: „gehoffter Gewinn") war f r ü h e r vielfach verboten. Man glaubte nicht zulassen zu dürfen, daß der Versicherte Ersatz für etwas erhielte, was er nicht gehabt habe (Ripert 2.841). So bestimmte z.B. PreußSeerecht von 1727 VI. 10: „Die Versicherungen über verhoffte Gewinne, allerley Wetten und dergleichen Erfindungen, zu verdienende Schiffsfrachten, Heuer der Schiffsleute und Leben der Menschen sollen durchgehends unerlanbet und ohne Krafft seyn". Ebenso Ord. de la mar. III. 6.15, C. de comm. Art. 347; weitere Nachweise bei Pöhls4.93. Die Versicherung imaginären Gewinns hat sich dafür gerächt. Sie hat sich, im Laufe der Zeit, am weitesten vom Wesen der Schadensversicherung als einer auf Ersatz von Schaden mit Einschluß des entgangenen Gewinns gerichteten Versicherung entfernt. Anm. 48 32. Nach § 53 W G . umfaßt die Versicherung „den durch den Eintritt des Versicherungsfalls entgehenden Gewinn." nur, soweit dies besonders vereinbart ist. Ist Gewinn versichert, so nur „der durch den E i n t r i t t des Versicherungsfalls entgehende Gewinn". Das Binnenversicherungs-Recht schließt sich damit dem Wortlaut und, wie sich ergeben wird, im wesentlichen auch dem Sinne nach an das gemeinbürgerliche Schadensersatz-Recht an. Nach § 252 BGB. muß der Schadensersatz-Verpflichtete auch den entgangenen Gewinn ersetzen, den Gewinn, „welcher nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen mit Wahrscheinlichkeit e r w a r t e t werden konnte". Er muß den Gewinn ersetzen, der zur Zeit der Entstehung des Schadens, genauer zur Zeit der E r s t a t t u n g des Schadens oder, im Falle gerichtlicher Feststellung, zur Zeit des Urteils (genauer der letzten mündlichen Verhandlung) mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten war (Oertmann BGB. 2.50, SA. 63 Nr. 150). Der mit der Lieferung säumige Verkäufer muß dem Käufer den Gewinn erstatten, den dieser zur Zeit der Erstattung des Schadens mit Wahrscheinlichkeit erwarten kann. Es kommt nicht darauf an, welchen Gewinn der Käufer zur Zeit des Kaufabschlusses mit Wahrscheinlichkeit erwarten konnte.

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Und der Käufer kann nicht einmal den zur Zeit der Erstattung des Schadens mit § 1 Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Gewinn verlangen, wenn feststeht, daß dieser mit Wahrscheinlichkeit zu erwartende Gewinn ans irgendwelchen Gründen in W i r k l i c h k e i t n i c h t e r z i e l t sein würde, die Wahrscheinlichkeit getrögen hat ( O e r t m a n n BGB. 2.49, OLG. Bamberg SA. 62 Nr. 54). War der Gewinn nicht mit Wahrscheinlichkeit, sondern nur m ö g l i c h e r w e i s e za erwarten, so kommt er überhaupt nicht in Betracht ( O e r t m a n n BGB. 2.49). Alles dies gilt, nur mit einer Einschränkung, auch für die Binnenversichenmg entgangenen Gewinns. Die Gewinnversicherung ist, wie jede andere Schadensversicherung, Interessenversicherung. Der Versicherer ersetzt, auch wenn die Versicherungssumme höher ist als der Wert dieses Interesses zur Zeit des Versicherungsfalls, nicht mehr als den Betrag des Schadens ( W G . § 55). Maßgebend ist also (zwar nicht der Gewinn, der zur Zeit der Entschädigung oder des Urteils mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten war, wohl aber) der Gewinn, der z u r Z e i t des Vers i c h e r u n g s f a l l s mit W a h r s c h e i n l i c h k e i t zu e r w a r t e n war, und auch dieser nicht, wenn der Versicherer beweist, daß der Gewinn, obgleich er mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, doch in W i r k l i c h k e i t n i c h t e r z i e l t worden wäre. 33. Dieser, an und für sich folgerichtige, Standpunkt wurde früher auch für die Anm. 49 Seeversicherung vertreten. „Der Zweck der Versicherung auf eingebildeten Nutzen (meint B e n e c k e 1.134) kann kein anderer als dieser seyn: daß der Versicherer dem Versicherten, bei Verunglückung oder Beschädigung seinerWaare, denjenigen Gewinn bis zum Belauf der versicherten Summe ersetzt, den er bei glücklicher Ankunft derselben gehabt haben würde". „Danach ist die Versicherung auf imaginairen Gewinn so einzurichten, daß der Versicherer den Versicherten für das schadlos hält, was er nach dem wirklichen Preise der gesunden Ware im Bestimmungsorte mehr für dieselbe erhalten haben würde, als ihm dieselbe im Abgangsorte mit allen Kosten bis an Bord zu stehen kommt" (so noch P ö h l a 4.94). Dieser Standpunkt war zwar folgerichtig, aber mit der Notwendigen „größeren Leichtigkeit in den Geschäften" nicht recht vereinbar. Ans England und den Niederlanden soll „die Methode gekommen sein, bei welcher der wahre Zweck dieser Versicherung in vielen Fällen ganz verfehlt wird" ( B e n e c k e 1.137), eine Methode, die gleichwohl auf dem Gebiet der Seeversicherung gesiegt hat. Zwar gerade nicht in England (unten Anm. 61). Und auch in Deutschland nicht auf dem Gebiet der Binnenversicherung, wie oben nachgewiesen ist. Die Autfassung, daß die seeversicherungs-rechtlicfien Vorschriften „nicht auf seeversicherungsrechtlichen Eigentümlichkeiten und Besonderheiten beruhten und deshalb auf die Binnenversicherung zu übertragen seien" (so G e r h a r d 245, 335), ist offenbar irrig. Ebenso irrig, wie die Ansicht, daß § 53 W G . von der Begr. z. W G . „anstandslos als gleichbedeutend mit den seeversicherungsrechtlichen Vorschriften behandelt" werde; denn die Begr. z. W G . § 53 vermerkt lediglich die unbestreitbare Tatsache, daß § 53 W G . „mit den Vorschriften des HGB. über die Seeversicherung (zu vgl. § 779 Abs. 2) im Einklang stehe", also mit der Vorschrift (übrigens nicht so sehr des § 779 Abs. 2 HGB. = ADS. § 1 Abs. 2, als vielmehr) des § 801 Abs. 1 HGB., wonach „bei der Versicherung von Gütern der imaginäre Gewinn . . . als mitversichert nur anzusehen ist, sofern es im Vertrage bestimmt ist" (vgl. auch Molt 53). Für das Seeversicherungs-Recht kommt es nicht darauf an, welcher Gewinn zur Zeit des Versicherungsfalls zu erwarten ist. Nach den sonst das Seeversicherungs-Recht beherrschenden Grundsätzen müßte vielmehr der Zeitpunkt des Versicherungsbeginns maßgebend sein. Denn überall, wo das Seeversicherungs-Recht den Versicherungswert bestimmt hat, hat es ihn auf den Zeitpunkt des Versicherungsbeginns bestimmt (vgl. §§ 70, 90, 79, 99, 107, 108, 110). Hier ist das Seeversicherungs-Recht, um die letzte Quelle von Streitigkeiten zu verstopfen, über sich selbst hinausgegangen. Zwar

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bezeichnender Weise nicht in einer ausdrücklichen Vorschrift, sondern in der des § 793 Abs. 2 HGB., durch die es den Versicherer berechtigt, die Herabsetzung der Gewinntaxe zu verlangen, wenn die Taxe den Gewinn übersteigt, der zur Zeit des Vertragsschlusses zu erwarten war ( = ADS. § 100 Abs. 2). V e r s i c h e r b a r ist hiernach der Gewinn, der beim Abschluß des Versicherungsvertrags von der Ankunft der Güter am Bestimmungsort zu erwarten war, — ohne Rücksicht darauf, ob er noch znv Zeit des Versicherungsbeginns oder des Versicherungsfalls zu erwarten war, ohne Rücksicht auch darauf, daß er in Wirklichkeit nie erzielt worden wäre. Eben dieser Gewinn gilt im Zweifel auch tatsächlich als v e r s i c h e r t . Vgl. z.B. B o l z e ZHR. 42.42, B r o d m a n n 180, S i e v e k i n g 17, RG. 4.38, 15.91, RG. HGZ. 1893.194, 1898.38, HGZ. 1880.341, 1885.126, 1893.170, 174, 1895.258 (wobei freilich zu berücksichtigen ist, daß untaxierte Gewinnpolicen nicht vorkommen, und daß daher auch alle diese Entscheidungen Gewinnversicherungen mit taxierter Police behandeln). Die Versicherung imaginären Gewinns ist also, in noch größerem Umfang als die Güterversicherung, Konjunkturversicherung (über diese vgl. L e w i s Versicherungsrecht 60, auch PreußALR. II 8.1992—1994; ungenau HGZ. 1880.341: Die Konjunktur sei nur die Veranlassung zur Gewinnversicherung). Wie die Güterversicherung vom Zeitpunkt des Versichernngsbeginns an, so schützt die Gewinnversicherimg vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses an gegen Konjunkturverlust, — wenn auch eben nur für den Versicherungsfall. Gerade deshalb ist aber das Interesse des Gewinnversicherten an der Erhaltung der Güter durch die Versicherung noch mehr geschwächt als das des Güterversicherten und, wenn die Konjunktur fällt, so daß der beim Abschluß des Versicherungsvertrags erwartete Gewinn nicht mehr zu erwarten ist, geradezu in das Gegenteil verkehrt. Der Gewinnversicherte wird nunmehr daran interessiert, daß der Versicherungsfall eintritt. — Die durch solche Iuteressenkehrung begründete Gefahr wird dadurch noch größer, daß das Seeversicherungs-Recht auch in einem zweiten Punkte vom Binnenversicberungs-Recht abweicht. Nach § 55 VVG., § 252 BGB. kann man den Gewinn versichern, der mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann. Nach Seeversicherungs-Recht kann man den Gewinn versichern, der „möglicherweise" zu erwarten ist (übrigens eine Mißbildung der Sprache; denn nicht darauf kommt es an, daß man „möglicherweise erwartet", sondern darauf, daß der Gewinn möglicherweise erzielt wird). Auch dieser Grundsatz ist nicht ausdrücklich ausgesprochen. Er ist in dieselbe Form gekleidet, in welcher der Grundsatz ausgesprochen ist, daß schon beim Abschluß des Vertrags zu erwartender Gewinn versichert werden kann,: Nach § 793 Abs. 2 kann der Versicherer Herabsetzung der Taxe verlangen, wenn diese den Gewinn übersteigt, der „nach kaufmännischer Berechnung möglicherweise zu erwarten war" ( = ADS. § 100 Abs. 2; vgl. B r o d m a n n 180, S i e v e k i n g 17, RG.HGZ. 1893.194, HGZ. 1893.174). Danach ist als versicherbar und im Zweifel versichert zwar nicht der „denkbar höchste" Gewinn anzusehen, „sondern derjenige, welchen ein Kaufmann bei einer verständigen Gewinnspekulation in seine Rechnung aufnehmen darf"; aber „der Preis, auf welchen gerechnet werden kann, fällt keineswegs mit dem Preise zusammen, dessen Erzielung nach kaufmännischer Berechnung möglicherweise erwartet werden kann, auf welchen (eventuell viel höheren) Preis der Kaufmann garnicht rechnet, für dessen Chance er sich aber rechtswirksam decken kann" (RG. HGZ. 1893.128). Die Gerichte haben in diesem Falle angenommen, daß, wenn der Versicherungsnehmer auf einen Verkaufspreis von 16 bis 17 .Mi für die Einheit rechnen könne, die mit Einschluß imaginären Gewinns (gleichviel, wie hoch) auf 30 J t bestimmte Taxe nicht übersetzt sei, weil es darauf nicht ankomme, womit der Versicherungsnehmer gerechnet habe, sondern darauf, was möglicherweise habe erwartet werden können. Bei solcher Auffassung wird freilich die Anfechtung übersetzter

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Gewinntaxen praktisch nicht mehr in Betracht kommen, wenigstens dann nicht, wenn § 1 Gewinn „gleichviel wie hoch" versichert ist (eine abschließende Beurteilung des Falles HGZ. 1893.127 ist immerhin nicht möglich, weil es. an ausreichender Mitteilung des Sachverhalts fehlt, nach dem „in concreto allerdings besondere Verhältnisse vorlagen, welche nach kaufmännischer Berechnung die Erzielung des versicherten hohen Preises als möglich erscheinen ließen"; richtiger jedenfalls, wenn auch selbstverständlich, HGZ. 1S93.174: Es komme auf eine „verständige Möglichkeit" an, und RG. HGZ. 1898.39: „Ein versicherbares Interesse sei vorhanden, wenn und insoweit nach vernünftiger kaufmännischer Berechnung beim glücklichen Verlaufe der Reise auf einen Gewinn aus den Gütern gerechnet werden könne"; jedenfalls unrichtig S i e v e k i n g 39: „Es komme nicht darauf an, daß der Versicherte auf den Gewinn nicht habe rechnen können"). — Dagegen gilt natürlich für die Seeversicherung wie für die Binnenversicherong gleichmäßig der Satz, daß Gewinn, der nur v o n u n s i t t l i c h e n o d e r r e c h t s w i d r i g e n V e r a n s t a l t u n g e n e r w a r t e t werden kann, nicht versicherbar ist (vgl. oben Anm. 22ff. und für das gemeinbürgerliche Schadensersatz-Recht: O e i t m a n u B G B . 2.49). — Über die Berechnung des imaginären Gewinns bei der laufenden Versicherung: 97 Anm. Versicherbar (und im Zweifel versichert) ist also der Gewinn, der zur Zeit des Vertragsschlusses nach kaufmännischer Berechnung möglicherweise zu erwarten und durch den Versicherungsfall entgangen ist oder doch, weil die Möglichkeit als Gewißheit angenommen wird, als entgangen zu betrachten ist. 34. Gewinn (lucrum cessans) ist das G e g e n s t ü c k zum p o s i t i v e n S c h a d e n Anm. so (damuum emergens). Positiver Schaden ist nicht als Gewinn versicherbar. Positiven Schaden erleidet der Güterversicherte nicht nur durch Verlust oder Beschädigung der Güter als solcher, sondern unter Umständen auch dadurch, daß er Versendungskosten, insbesondere Fracht, ausgegeben hat, ohne in den, verlorenen oder beschädigten, Gütern einen Gegenwert zu besitzen. E n d g ü l t i g b e z a h l t e F r a c h t ist also z . B . nicht als imaginärer Gewinn versicherbar. Auch dann nicht, wenn der Versicherungsnehmer von der Ankunft der Güter am Bestimmungsort Gewinn und im Gewinn Deckung für die Fracht erwartet (§ 99 Satz 2). Endgültig bezahlte Fracht muß besonders versichert werden, wenn sie nicht in den Versicherungswert der Güter eingeschlossen ist (§ 90 Abs. 1). Dasselbe gilt von g e w ö h n l i c h e r B e f r a c h t e r s f r a c h t und sonstigen Versendungskosten (RG. 44.20). Sie können und müssen besonders versichert werden und werden auch tatsächlich besonders versichert (vgl. z . B . RG. 94.300, HGZ. 1917.225: Versicherung „auf imaginären Gewinn, Mehrwert u/o. andere Interessen", IIGZ. 1917.241: „inklusive Fracht u/o. Spesen u/o. imaginären Gewinn"). Bei der Feststellung, ob die Gewiuntaxe übersetzt ist, kommt Fracht nicht in Betracht. Auf die Entschädigung für imaginären Gewinn braucht der Versicherungsnehmer sieh ersparte Fracht nicht anrechnen zu lassen. — Aus demselben Grunde kommt „ M e h r w e r t d r ü b e n " für die Gewinnversicherung nicht in Betracht (näheres § 90 Anm.). Die Gewinnversicherung deckt keinen „Mehrwert drüben", die Versicherung von „Mehrwert drüben" keinen imaginären Gewinn (HRZ. 1918.6). — Aus anderen Gründen kommt auch g e w ö h n l i c h e r M e h r w e r t für die Gewinnversicherung nicht in Betracht (§ 90 Anm.). Mehrwert ist in einer Wertsteigerung sich ausdrückender Gewinn, der beim Abschluß des Versicherungsvertrags nicht „nach kaufmännischer Berechnung möglicherweise zu erwarten war". Das wird oft verkannt (z.B. HGZ. 1910.282, 1917.225, Mat. 1.344). Deshalb auch unrichtig HGZ. 1885.126: „Der prinzipale, gewöhnlichste und zunächst liegende Gegenstand, für den eine Versicherung von imaginärem Gewinn valediere, sei die aus günstiger Konjunktur sich ergebende Steigerung des Werts der Ware am Bestimmungsort". Hiergegen mit Recht RG. 15.91, das aber (mit RG. 4.88) auch noch zu weit gehend 7

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S| 1 erklärt: „Die steigend Konjunktur könne die Veranlassung zum Abschluß des Vertrags über Versicherm * anf imaginären Gewinn bilden . . . und werde sogar, wie sich aus § 860 HGB. ( = ADS. § 103 Abs. 2) ergebe, tatsächlich als die regelmäßige Veranlassung desselbe angesehen". Dagegen wieder richtig RG. 15.92: Der Versicherer „garantiere" i icht den Gewinn, den der Versicherungsnehmer „im Falle der Ankunft der Güter w Mich gehabt hätte, er garantiere ihm vielmehr etwas ganz anderes, nämlich . . in in der Versicherungssumme ein für allemal fixiertes Äquivalent für die infolge der vom Versicherer übernommenen Gefahr der Seereise dem Versicherten entgange en Möglichkeit eines zu machenden Gewinns" (vgl. auch oben Anm. 49). Näheres § ! ) Anm. Anm. äi 35. Der Gewinn muß „ n a c h k a u f m ä n n i s c h e r B e r e c h n u n g " z u e r w a r t e n sein. Dabei ist nur ai den Hauptfall gedacht, an den Fall einer Gewinnversicherung, die sich auf „Kaufm< tnschaften", zur Weiterveräußerung bestimmte Handelsgüter bezieht. Die E r g ä n z u n g bietet § 252 BGB.: Der Gewinn muß „nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen" zu erwarten sein. Der Fabrikant kann imaginären Gewinn für die Maschinen versichern, die er im Fabrikbetriebe verwenden, für das Quebrachoholz, das er zu Gerbmitteln (HGZ. 1S93.169), oder für das Holzöl, das er zu Lacken oder Farben verarbeiten (HGZ. 1903.153, 1904.64), oder für die Baumwolle, die er verspinnen will (EG. 15.94). Aber wenn ich mir für privatwirtschaftliche Zwecke ein Lesebuch, eine Polstergarnitur oder einen Luxuswagen kommen lasse, kann ich in der Regel keinen imaginären Gewinn versichern. Ebensowenig, wie ich vom Verkäufer des Buches, der Garnitur oder des Wagens, wenn er nicht liefert, Ersatz „entgangenen Gewinns" verlangen kann. Ich kann mich eindecken und Ersatz des positiven Schadens verlangen. Ich habe auch insoweit ein versicherbares Interesse und kann den „Mehrwert drüben" versichern oder als Versicherungswert den Wert am Bestimmungsort vereinbaren (§ 90 Anm.). Aber ein Gewinninteresse habe ich natürlich nicht. Anders RG. HGZ. 1898.30, HGZ. 1S9J>. 37: Das Interesse „bestehe in der Mehrausgabe, die der Käufer durch den Bezug von auswärts vermeiden wblle". Die, gequälte, Begründung verkennt, daß eine Ausgabe niemals entgangener Gewinn sein kann, und versagt ganz, wenn der Gegenstand überhaupt nur von auswärts bezogen werden kann. Anders auch S i e v e k i n g 18: „Unter Gewinn sei allgemein die von dem Transport der Güter zu erwartende Wertsteigerung zu verstehen", — was erst zu beweisen wäre und anf der Verwechselung der Versicherung imaginären Gewinns und der Versicherung des „Mehrwerts drüben" beruht. — Ebensowenig kann der Verkäufer sich durch eine Versicherung imaginären Gewinns gegen den positiven Schaden schützen, den er davon befürchtet, daß er nicht mit den erwarteten Gütern seine Lieferungspflicht erfüllen kann und sich infolgedessen teurer eindecken muß ( S i e v e k i n g 18: „sehr zweifelhaft"). Anm. 52

36. Der entgehende Gewinn kann a b s t r a k t u n d k o n k r e t b e r e c h n e t werden. A b s t r a k t : indem er „nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge" bestimmt wird; der Versicherungsnehmer braucht nicht etwa schon „Anstalten zur tatsächlichen Sicherung des Gewinns getroffen" zu haben ( B o l z e ZHR.42.42, RG. HGZ. 1898.39, HGZ. 1893.174). K o n k r e t : Der Versicherungsnehmer kann Bich darauf berufen, daß er „nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen" (BGB. § 252), „infolge individueller Verhältnisse" (RG. 15.89) einen höheren als den gewöhnlichen Gewinn erwarten konnte, etwa infolge eines besonders günstigen Verkaufs der auf seine Gefahr reisenden Güter oder infolge der besonders günstigen Produktions- und Absatzverhältnisse der Fabrik, in der die gewinnversicherten Güter verarbeitet werden sollen, oder etwa, wenn der Versicherungsnehmer neue Briefmarken

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an eine ausländische Regierung verkauft hat und für den Fall der glücklichen Ankunft § J[ der Marken berechtigt ist, eine größere Menge solcher Briefmarken abstempeln zu lassen und an Markensammler zu verkaufen (RG. 100.93, wo freilich anscheinend nicht berücksichtigt ist, ob der Versicherungsnehmer im Falle des Verlustes nicht andere Marken hätte liefern können und sollen und auch in diesem Falle berechtigt gewesen wäre, gestempelte Marken in den Verkehr zu bringen). — Aber „nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge" kann wegen der „besonderen UmstäDde", wegen der „getroffenen Anstalten und Vorkehrungen" auch g e r i n g e r e r G e w i n n z u e r w a r t e n sein, als u n t e r g e w ö h n l i c h e n U m s t ä n d e n . Trägt der Käufer die Gefahr der Reise, so kann er (nicht nur sein Eigentümerinteresse an den Gütern, sondern auch) den Gewinn versichern, der beim Abschluß des Versicherungsvertrags nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge möglicherweise, insbesondere von einem etwa möglichen Weiterverkauf, zu erwarten ist. Wenn aber der Verkäufer, ganz oder teilweise, die Gefahr der Reise trägt, wenn er z.B.mit der Klausel verkauft hat should vessel be lost, contract to be void (oder mit der Klausel verkauft hat vessel prevented delivering cargo contract to be void: HGZ. 1892.13, 1893.21, oder mit der Klausel verkauft hat „Falls das Schiff verlorengehen oder seinen Bestimmungsort nicht erreichen sollte, ist dieser Abschluß aufgehoben": HGZ. 1892.71, 91) und infolgedessen die Gefahr des Schiffsverlustes trägt, so kann er, falls sein von der Ankunft der Güter tatsächlich erwarteter Gewinn kleiner ist, als der unter gewöhnlichen Verhältnissen möglicherweise zu erwartende Gewinn, nicht schlechthin diesen letzteren versichern, sondern nur den kleineren, durch den Verkaufspreis begrenzten Gewinn (EG. HGZ. 1893.195, HGZ. 1893.14), — wie ja auch der Verkäufer, der die Gefahr der Reise nicht trägt, der Hauptsache nach nicht mehr das Eigentümerinteresse hat und deswegen auch nicht mehr (wenigstens nicht mehr für eigene Rechnung) versichern kann (vgl. oben Anm. 10, unten Anm. GO). Hat der Eigentümer die gewinnversicherten Güter erst nach dem Abschluß des Versicherungsvertrags so verkauft, daß die gesamte Gefahr der Reise auf den Käufer übergegangen ist, so ist (nicht nur die Güterversicherung: § 49, sondern auch) die Gewinnversicherung auf den Käufer übergegangen, der freilich in Höhe des durch den Verkauf realisierten Gewinns nicht Gewinn erwartet, sondern nur erwartet, durch die Verwertung der Güter Ersatz (auch) für den Kaufpreis und damit für den realisierten Gewinn zu erlangen (§ 49 Anm.). Hat der Eigentümer die gewinnversicherten Güter nach dem Abschluß des Versicherungsvertrags mit der Klausel should vessel be lost, contract to be void verkanft, so trägt er, der Verkäufer, die Gefahr des Schiffsverlustes, der Käufer die übrige Gefahr. Wie die Güterversicherung, so geht auch die Gewinnversicherung teilweise auf den Käufer über, — die Gewinnversicherung insbesondere wiederum ganz, soweit der Käufer die Gefahr trägt (also z. B. für den Fall, daß das versicherte Porzellan vollständig zerbrochen im Vertragsschiff den Bestimmungsort erreicht), teilweise (nämlich nur für den Überschuß des Wertes des Gewinninteresses über den Verkaufsgewinn), soweit der Verkäufer die Gefahr trägt, also für den Fall des Schiffsverlustes (vgl. RG. HGZ. 1893.195, wo freilich nur betont ist, daß das Gewinninteresse des Verkäufers, soweit der Verkaufsgewinn hinter dem Werte des Gewinninteresses zurückbleibt, wegfällt). — Die Höhe der Gefahr bleibt natürlich bei der Berechnung der Höhe des Gewinns anßer Betracht (RG. 94. 303). 37. Ist beim Abschluß des Versicherungsvertrags u n m ö g l i c h Gewinn z n Anm. 53 e r w a r t e n , so ist der Vertrag u n w i r k s a m und nach den §§ 2, 3 zu behandeln (§ 5 Anm. 5; Beispielfall: § 103 Anm.). Er wird auch nicht wirksam, wenn vor oder nach dem Beginn der Versicherung die Erwartung eines Gewinns möglich wird. Er wird auch nicht dadurch wirksam, daß tatsächlich Gewinn entgeht. Der Versicherungsnehmer wird zu dem Beweise, daß tatsächlich Gewinn entgangen sei, garaicht zugelassen. 7»

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§ 1 Nach herrschender Ansicht steht § 252 Satz 2 BGB. nicht im Wege, daß der Schadensersatz-Berechtigte sich auch auf später entstandene Umstände, die eine Gewimierwartung rechtfertigen, insbesondere auf eine spätere, bei der Entstehung des Schadens noch nicht zu erwartende Wertsteigerung beruft (z. B. O e r t m a n n BGB. 2.49, P l a n c k BGB. 2.28); § 252 Satz 2 BGB. wird als eine nur den Beweis erleichternde Vorschrift betrachtet (vgl. auch oben Anm. 48). Die Berechtigung dieser, die Schadensliquidation weiter erschwerenden und die Schadensprozeßführung zum Nachteil aller Beteiligten weiter belastenden, Auffassung kann hier dahingestellt bleiben. Denn die versicherungsrechtliche Vorschrift, daß der ganze Gewinn, der beim Abschluß des Versicherungsvertrags nach kaufmännischer Berechnung möglicherweise zu erwarten war, versicherbar, aber auch nur er zu ersetzen ist, bildet einen selbständigen, von der Vorschrift des § 252 BGB. jedenfalls insoweit unabhängigen, materiellen Rechtssatz. Der Versicherungsnehmer kann sich also insbesondere nicht darauf berufen, daß zwar beim Abschluß des Versicherungsvertrags ein so hoher Gewinn, wie der versicherte, nicht zu erwarten war, die Konjunktur aber gestiegen ist und nunmehr, beim Eintritt des Versicherungsfalls, der versicherte Gewinn zu erwarten gewesen wäre; bloße Konjunktursteigerung ist überdies durch Mehrwert-Versicherung zu decken (oben Anm. 50). — Anders natürlich wenn gerade für den Fall, daß noch nach dem Abschluß des Versicherungsvertrags die Erwartung eines Gewinns möglich wird, Versicherung genommen ist. Dann ist eben für ein künftiges Gewinninteresse Versicherung genommen (§ 4 Abs. 1). Das ist, der Natur der Sache nach, bei d e r l a u f e n d e n V e r s i c h e r u n g , der verbreitetsten Art von Versicherungen künftiger Interessen, der Fall. Bei der laufenden Versicherung kann natürlich der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht maßgebend sein. An die Stelle des Zeitpunkts des Vertragsschlusses muß hier, der Natur der Sache nach, dei Z e i t p u n k t treten, in dem der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r ,.nach kaufmännischen Grundsätzen V e r s i c h e r u n g zu n e h m e n " h ä t t e , wenn er nicht schon durch die laufende Versicherung gedeckt wäre (§ 97 Abs. 1; näheres: § 97 Anm.). Die Parteien können natürlich einen anderen, späteren Zeitpunkt, insbesondere denjenigen der Deklaration, als Stichtag vereinbaren. Eine solche Vereinbarung ist aber nicht schon die, daß der Gewinnversicherte nach Lage des Falles den Gewinn zu deklarieren hat und der Versicherer „verpflichtet ist, stets die erforderliche Summe bis zum Maximalbetrag von 60 000 für jedes einzelne Schiff versichert zu halten und die Aufgabe anzuerkennen" (RG. 94.300, HGZ. 1917.225 vgl. hierzu § 97 Anm.). Denn damit ist zwar vereinbart, daß der deklarierte Betrag als Gewinninteresse angesehen werden soll, nicht aber auch, daß für die Berechnung des wirklichen Versicherungswerts ein anderer als der gewöhnliche Zeitpunkt maßgebend sein sull (RG. 94.303). — War beim Abschluß des Versicherungsvertrags möglicherweise Gewinn zu erwarten, so ist ohne B e d e u t u n g , d a ß nach oder auch vor dem Beginn der Versicherung die M ö g l i c h k e i t w e g f ä l l t (HGZ. 1S85.126). Die besondere Vorschrift über den für den Versicherungswert maßgebenden Zeitpunkt schließt insoweit die entsprechende Anwendung des § 4 (vgl. dazu § 5 Anm. 5) aus, — gerade so, wie etwa die besonderen Vorschriften der §§ 70, 90 die Anwendung des § 4 für den Fall ausschließen, daß der Wert des versicherten Schiffes oder der versicherten Güter nach dem Beginn der Versicherung fällt. Anm. 54

38. Daß beim Abschluß des Versicherungsvertrags nur möglicherweise zu erwartender Gewinn versicherbar ist, widerstreitet nicht nur dem Zwecke der Versicherung und den allgemeinen Grundsätzen des Versicherungsrechts, sondern auch denjenigen des Schadensersatz-Rechts Uberhaupt (oben Anm. 4S, 49). Die Zulässigkeit solcher Versicherung konnte daher nur vom Gesetz, nicht von den ADS. angeordnet werden, — ähnlich, wie nur das Gesetz zulassen kann, daß auch eine übersetzte Taxe des Ver-

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sicherungswerts wirksam ist (§ 6 Anm. 19), oder daß Versicherungskosten jeder Art g 1 versicherbar sind (MIA. § 13). Die Vertragsparteien können selbstverständlich nicht noch weiter gehen und „Gewinn" versichern, obwohl noch weniger von einem Interesse die Bede sein kann ( V o i g t 154). Sie können insbesondere nicht noch „ e x t r a i r o a g i n ä r e n " Gewinn versichern, wenn damit gemeint ist, daß ein höherer als der nach § 793 Abs. 2 HGB. ( = ADS. § 100" Abs. 2) zulässige Gewinn versichert sein soll. Das wird aber auch regelmäßig nicht gemeint sein. „Extraimaginärer" Gewinn wird gewöhnlich im Hinblick auf eine Gewinnversicherung versichert, die 1 0 % des Versicherungswerts der Güter nnd damit nicht den ganzen, nach § 793 Abs. 2 HGB. versicherbaren imaginären Gewinn deckt. Die Versicherung „extraimaginären'* Gewinns soll nur den Rest des Gewinninteresses decken oder einen Gewinn, der beim Abschluß der früheren GewinnVersicherung noch nicht zu erwarten war und nach dem inzwischen eingetretenen „Laufe der Dinge" oder nach den inzwischen „getroffenen Anstalten oder Vorkehrungen" zu erwarten ist (vgl. auch § 100 Anm.). Deshalb mißverständlich und verleitlich: HGZ. 1 SOS. 173: „In der Bezeichnung des Gewinns als extraimaginären Gewinn liege eine Andeutung, daß es sich nicht um den g e w ö h n l i c h e n imaginären Gewinn handle". Tatsächlich handelte es sich in diesem Falle um das „gewöhnliche" Gewinninteresse, und das besondere des Falles bestand nur darin, daß dieses gewöhnliche Gewinninteresse nicht nur für die gewöhnlichen Schadensfälle, sondern auch für den besonderen Schadensfall gedeckt war, daß „die Ladung nicht mit demselben Schilfe ganz oder teilweise ihre Bestimmung erreichen sollte". Unrichtig auch OG.Hambnrg HGZ. 1873. 258: „Na«h der Bezeichnung des versicherten imaginären Gewinns als eines „extraimaginären" sei anzunehmen, daß der Versicherungsnehmer eine Versicherung habe nehmen wollen, welche auch dann als verfallen anzusehen sei, wenn die Ware zwar den Bestimmungsort erreiche, aber in einem anderen Schiffe als in demjenigen, in dem sie im Ahladehafen verladen worden sei" (ebenso HGZ. 1892.71; vgl. auch unten Anm. 5G). Aus demselben Grunde kann nicht mit der üblichen Klausel: „Taxiert zu x M Anm. 65 inklusive imaginären Gewinn, gleichviel w i e hoch," ein höherer als der nach § 793 Abs. 2 HGB. zulässige Gewinn versichert werden. Er soll auch nicht versichert sein. Die Klausel will nur der Auslegungsregel des § 801 Abs. 2 HGB. (— ADS. § 101) begegnen, nach der 10 % des Versicherungswerts der Güter als Versicherungswert des imaginären Gewinns angesehen werden sollen ( V o i g t 154, EG. 44.21, EG. HGZ. 1899.262, HGZ. 1898. 293, 1917.244, HG. OG. Hamburg HGZ. 1878.151). Es sollen nicht 1 0 % des Versicherungswerts der Güter, sondern es soll der ganze, nach § 793 Abs. 2 HGB. ( = ADS. § 100 Abs. 2) versicherbare Gewinn als versichert gelten. Würden also Güter „taxiert auf 100 000 Jt inklusive imaginären Gewinn, gleichviel wie hoch" versichert sein und der wirkliche Versicherungswert der Güter nur 80 000 Jt betragen, so würde der Versicherer gleichwohl Herabsetzung der Taxe nicht verlangen können, wenn von der Ankunft der Güter am Bestimmungsort ein Gewinn von 20 000 i l zu erwarten gewesen ist (vgl. auch § 101 Anm.). 39. Versicherbar ist, als versichert und gegebenenfalls als entgangen gilt der Anm. 56 Gewinn, der „von d e r A n k u n f t d e r G ü t e r " zu e r w a r t e n ist. Wie sonst im allgemeinen der Schaden das schadenstiftende Ereignis zur nächsten Ursache haben muß (§ 28 Anm.), so muß hier die Nichtankunft (oder die nicht gehörige Ankunft) der Güter am Bestimmungsort die nächste Ursache des Gewinnentgangs sein, — wenn auch nur in der Vorstellung, in der Erwartung. Als imaginärer Gewinn ist nur der Gewinn versicherbar, der von der Ankunft der Güter als seiner nächsten Ursache zu erwarten ist. In den imaginären Gewinn können nicht in ferner Zukunft liegende Gewinnmöglichkeiten einkalkuliert werden. Dagegen steht nichts im Wege, bei der Berechnung des von der Ankunft der Güter zu erwartenden Gewinns auch die Erwartung der A n k u n f t

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zu e i n e r b e s t i m m t e n Z e i t zu1 berücksichtigen. Wenn die Güter, sog. S a i s o n w a r e n , z.B. eine Salpeterladnng, bilden, so kann bei der Bemessung der Höhe des zu erwartenden Gewinns auch „die bei normaler Reisedauer zu gewärtigende Zeit des Eintreffens mit in Anschlag gebracht werden" (HGZ. 1893.173). Dies muß natürlich erst recht gelten, wenn nicht nur der „von der Ankunft der Güter" erwartete Gewinn, sondern der „von der Ankunft der Güter m i t d e m S c h i f f e Luise" erwartete Gewinn versichert i s t Der Unterschied zwischen einer solchen Gewinnversicherung und der üblichen Gewinnversicherung ist nur der, daß bei der üblichen Gewinnversicherung die Güter (erst) dann als total verloren gelten, wenn sie den Bestimmungsort nicht erreichen (vgl. § 103 Abs. 1), bei der Versicherung des von der Ankunft mit einem bestimmten Schiffe erwarteten Gewinns dagegen die Güter (schon) dann als total verloren gelten, wenn sie zwar den Bestimmungsort erreichen, aber nicht mit dem im Versicherungsvertrag bestimmten Schiffe (und deswegen, wenn überhaupt, gewöhnlich später) erreichen (richtig: HGZ. 1S92.75, 1893.22: „Schwereres Risiko"; ungenau ebendort: „Anderes Risiko"). Bei der Berechnung des von der Ankunft der Güter mit dem Schiffe Luise erwarteten Gewinns kann auch die Erwartung der Ankunft dieses Schiffes z u e i n e r b e s t i m m t e n Z e i t berücksichtigt werden. Und dies alles ist natürlich nicht anders, wenn die Gewinnversicherung sich unter einer Versicherung für behaltene Ankunft verbirgt, wenn also etwa „38000 M auf die behaltene Ankunft der Ladung Salpeter mit dem Schiffe Luise" versichert werden (HGZ. 1893. 10) und sich ergibt, daß diese „Interesscnversicherung" imaginären Gewinn zu decken bestimmt ist. Wenn freilich zunächst der Salpeter mit der Klausel should vessel be lost, contract to be void verkauft wird und nunmehr „38000 i l auf die behaltene Ankunft der Ladung Salpeter mit dem Schiffe Luise" versichert werden, kann die Versicherung des Verkäufers imaginären Gewinn nur noch beschränkt decken. Das Gewinninteresse ist durch den Verkauf beschränkt Die Versicherung deckt nur noch das durch den Verkauf beschränkte Gewinninteresse. Der Wert dieses Interesses ist durch „die besonderen Umstände, insbesondere die getroffenen Anstalten und Vorkehrungen", nämlich durch den Verkauf, auf den durch den Verkauf erzielten Gewinn bestimmt (oben Anm. 52). Nach ihm bemißt sich die Entschädigung (und das Recht des Versicherers auf Herabsetzung der Taxe), mögen die Güter den Bestimmungsort nicht erreichen, mögen sie ihn zwar erreichen, aber nicht mit dem Schiffe Luise. Und wenn zunächst der Salpeter „inklusive imaginären Gewinn, gleichviel wie hoch," versichert wird (HGZ. 1893.9), dann der Salpeter mit der Klausel should vessel be lost, contract to be void verkauft wird, nunmehr „38000 M> auf die behaltene Ankunft der Ladung Salpeter mit dem Schiffe Luise" versichert werden und diese Versicherung nur zur Ergänzung der ersten Gewinnversicherung dienen soll, so ist zwar die Versicherung für behaltene Ankunft aUch eine Versicherung imaginären Gewinns, aber eine Gewinnversicherung, die gegenüber der gewöhnlichen Gewinnversicherung insofern erweitert ist, als sie f ü r einen bestimmten, bei der gewöhnlichen Gewinnversicherung nicht wirksamen Fall (nämlich den Fall, daß die Güter zwar den Bestimmungsort erreichen, aber nicht mit dem bestimmten Schiffe) genommen ist, die aber gegenüber der gewöhnlichen Gewinnversicherung insofern beschränkt ist, als sie eben für die gewöhnlichen Fälle nicht genommen ist, z. B. nicht für den Fall, daß Schiff und Güter untergehen, also insofern vielmehr der ersten Gewinnversicherung den Vortritt läßt. Aber ohne zwingenden Grund darf natürlich nicht angenommen werden, daß die unter der Maske einer Versicherung für die behaltene Ankunft der Güter mit einem bestimmten Schiffe sich verbergende Versicherung imaginären Gewinns in diesem beschränkten Umfang gemeint ist. An und für sich ist auch eine solche Versicherung eine gewöhnliche GewinnVersicherung, die nur das besondere hat, daß der Versicherer auch dann haftet, wenn

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die Güter zwar den Bestimmungsort erreichen, aber nicht mit dem Schiffe. Und dies § J kann an und für sich auch nicht einmal dann anders sein, wenn, zunächst eine gewöhnliche Gewinnversicherang genommen wäre. Es würde dann eben teilweise Doppelversicherung vorliegen; beide Versicherer würden z.B. als Gesamtschuldner haften, wenn Schiff und Güter untergehen. Verkauft nach Abschluß des Gewinnversicherungs-Vertrags der Versicherungsnehmer die Güter mit der Klausel should vessel be lost, contract to be void, so fallt das versicherte Interesse teilweise weg. Der Versicherer würde nur noch haften, wie er haften würde, wenn die Güter zunächst mit dieser Klausel verkauft wären und nunmehr erst Gewinn Versicherung genommen wäre. In Wirklichkeit läßt dau Gesetz das Interesse nicht teilweise wegfallen, sondern insoweit auf den Käufer übergehen. Mit dieser Auffassung stimmen im wesentlichen Rechtslehre (Bolze ZHR. 42.42, S i e v e k i n g 144, V o i g t 594) und Rechtsprechung (BG. 36.133, BG.HGZ. 1893.155, HGZ. 1S93.11, 172, 1895.95, HG.OG. Hamburg HGZ. 1873.257, 1876.140, LG. Hamburg HGZ. 1885.103) überein. Dabei ist es jedoch nicht ohne Mißverständnisse abgegangen. a) Nach S i e v e k i n g 144 „wird das Interesse daran, daß . . . Güter in einem be- Anm. 67 stimmten Schiffe und zn einer bestimmten Zeit, d.h. innerhalb der bei normalem Verlaufe der Fahrt mit annähernder Richtigkeit feststellbaren Zeit ankommen, durch Versicherung auf behaltene Ankunft . . . von Gütern in einem bestimmten Schiffe nicht gedeckt". Das versteht sich von selbst, ist auch unbestritten und insbesondere nicht (wie S i e v e k i n g glaubt) in RG. 36.83, HGZ. 1893.169 bestritten worden. Wenn „38000 Mi auf die behaltene Ankunft der Ladung Salpeter mit dem Schiffe Luise" versichert werden und die Luise statt, wie vorausgesetzt, am 1. Februar 1922, erst am 1. April 1922 am Bestimmungsort eintrifft, kann der Versicherungsnehmer natürlich keine Entschädigung verlangen (HGZ. 1895.97). Der Versichernngsfall ist nicht eingetreten. Zwar hätte auch das Interesse des Ladungsbeteiligten an der rechtzeitigen Ankunft der Güter am 1. Februar 1922 versichert werden können (abw. ohne Grund L e w i s 2.258). Aber das ist eben nicht geschehen. b) Von dem gleichen unrichtigen Ausgangspunkt aus sind Bolze ZHR. 42.42 Anm. 58 und, ihm folgend, HGZ. 1895.96 zu unrichtigen Ergebnissen gelangt (richtig dagegen LG. Hamburg HGZ. 1895.94). Sie stellen die Frage, ob „das Zeitinteresse unter die Versicherung auf behaltene Ankunft einer Ware mit einem bestimmten Schiffe fallt, ob also anzunehmen ist, daß die Versicherungsgesellschaft das Risiko dafür hat übernehmen wollen, daß die Ware innerhalb einer relativ bestimmten oder bestimmbaren Zeit ankommt, — oder ob eine derartige Versicherung etwas so Ungewöhnliches ist, daß, wenn der Versicherte kein anderes besonderes Interesse nachweist, beim Eintreffen der Ladung in einem anderen Schiffe der Schadensfall nicht gegeben ist, daß er namentlich nicht schon um deswillen gegeben ist, weil die Ladung später eintrifft, als sie, wenn ein Seeunfall nicht eingetreten wäre, nach Wahrscheinlichkeit mit dem ersten Schiffe eingetroffen sein würde". Diese Ungewöhnlichkeit wird behauptet. Mit Recht. Die Versichererung bloßen Zeitinteresses kommt aus naheliegenden Gründen praktisch nicht vor (würde aber natürlich, wenn sie vorkäme, Seeversicherung sein, — was L e w i s 2.258 ohne Grund bestreitet). Aber der Schluß, daß deshalb bei der Versicherung imaginären Gewinns die Wahrscheinlichkeit oder Möglichkeit der Ankunft der Güter zu einer bestimmten Zeit nicht in Betracht komme, ist ein offenbarer Trugschluß. Denn die „Erwartung" eines Gewinns muß notwendig stets aus Gegenstand, Raum und Zeit ihre Nahrung schöpfen (oben Anm. 56; richtig insbesondere HGZ. 1893.174). Nicht darum handelt es sich, ob die Versicherung imaginären Gewinns auf die behaltene Ankunft der Güter mit dem Schiffe die Versicherung eines Zeitinteresses ist (wie HGZ. 1895.96 glauben machen will), sondern nur darum, ob bei der Berech-

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§ 1 nung der Höhe des erwarteten Gewinns auch die voraussichtliche Zeit der Ankunft der Güter zu berücksichtigen ist, ob die Erwartung sich auch an der voraussichtlichen Zeit der Ankunft der Güter zu bilden hat. Das ist aber begriffsnotwendig. Es ist deshalb auch unerläßlich sowohl im Interesse des Versicherungsnehmers wie in dem des Versicherers. Im Interesse des Versicherungsnehmers: Denn, wenn er den von der Ankunft einer Salpeterladung erwarteten Gewinn versichert, muß er gerade den Gewinn versichert wissen wollen, den er von der Ankunft des Salpeters zu der für die deutsche Landwirtschaft und damit für den deutschen Markt günstigen Zeit erwartet. Im Interesse des Versicherers: Wenn die Erwartung zeitlos wäre, würde es ihm eigentlich niemals gelingen können, zu beweisen, daß die Gewinntaxe erheblich übersetzt ist (worauf wiederum mit Recht HGZ. 1893.174 hingewiesen, woraus die Schlußfolgerung zu ziehen aber HGZ. 1895.95 unterlassen hat). Die Berücksichtigung der voraussichtlichen Ankunftszeit soll nach HGZ. 1895.95 „zu dem sonderbaren Ende führen können, daß der Versicherte, obwohl er auf behaltene Ankunft mit dem Schiffe versichert hat, sein Interesse darin erblickt, daß das bestimmte Schiff die Reise nicht vollendet, das Gut nicht heranbringt, das Gut also nicht mit dem bestimmten Schiffe ankommt". Aber dies Ende ist nichts weniger als sonderbar. Denn die Interessenkehrung ist gerade der Versicherung imaginären Gewinns in besonderem Maße eigentümlich (oben Anm. 49). Nicht minder unbegründet ist der Einwand, im Falle der Berücksichtigung der voraussichtlichen Ankunftszeit fehle jeder Anhalt dafür, „ob bei Ankunft der Ware mit einem Ersatzschiff zu späterer Zeit als der vermutlichen Ankunftszeit des in der Police genannten Schiffes ein Totalverlust vorliege oder nicht* (HGZ. 1895.97). Denn, da bei der gewöhnlichen Gewinnversicherung die Güter als total verloren gelten, wenn sie den Bestimmungsort nicht erreichen, muß natürlich, falls vereinbart wird, daß der von der Ankunft der Güter mit einem bestimmten Schiffe erwartete Gewinn versichert sein soll, auch als vereinbart angesehen werden, daß die Güter als total verloren gelten sollen, wenn sie nicht mit eben diesem Schiffe den Bestimmungsort erreichen, insbesondere also, wenn sie zwar den Bestimmungsort erreichen, aber mit einem anderen Schiffe. Und diese naheliegende Erwägung leitet zu einer anderen über, die das letzte Bedenken gegenüber dem „sonderbaren Ende'1 ausräumt, zu dem die hier vertretene Auffassung angeblich führen soll. Wenn nämlich bei der gewöhnlichen Gewinnversicherung als vereinbart gilt, daß, falls die Güter während der Reise verkauft werden und mehr als den Versicherungswert erzielen, der Gewinnversicherte sich den Mehrbetrag auf die Gewinnversicherungs-Summe anrechnen lassen muß (§ 103 Abs. 2), so muß natürlich, falls vereinbart wird, daß der von der Ankunft der Güter mit einem bestimmten Schiffe erwartete Gewinn versichert sein soll, auch als vereinbart angesehen werden, daß, falls die Güter mit einem anderen Schiffe am Bestimmungsort eiutreffen, der Gewinnversicherte sich den entsprechenden Mehrwert über den Versicherungswert der Güter auf die Gewinnversicherungs-Suinme aurechneri lassen muß. Das ergeben übrigens auch schon die Regelu über Vortcilsausgleichung (vgl. Vorb. IX vor § 1). Anm. 59

Eine Versicherung des von der Ankunft der Güter mit einem bestimmten Schiffe erwarteten Gewinns ist es jedoch nicht, wenn etwa nur vereinbart wird: „12 000 .>1 als extraimaginären Gewinn auf 1530 Tons loses Phosphat für behaltene Ankunft desselben, taxiert zu 12000 M im Dampfschiff Luise von Sombrero Island nach Stettin" (RG.HGZ. 1893.21, HGZ. 1892.73; vgl. auch die ähnlichen Fälle RG. 36.130, Bolze IG Nr. 458, RG. HGZ. 18S4.139, HGZ. 1SS4.138, 1895. 256, HG. OG. Hamburg HGZ. 1876.137, 138). In solchen Fällen bedeutet die Angabe des Schiffes nur, daß die Güter mit dem angegebenen Schiffe befördert werden sollen (vgl. § 95 Abs. 1, Güterpolice Anhang VII; näheres: § 101 Anm.). — Dagegen ist es allerdings eine (besondere)

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Versicherung des von der Ankunft der Güter mit eiuem bestimmten Schiffe erwarteten § 1 Gewinns, wenn Gewinn versichert wird auf die behaltene Ankunft des Schiffes am Bestimmungsort mit der Klausel: „Falls infolge Seeschadens oder einer Kondemnation oben bezeichneter Dampfer seinen Bestimmungsort nicht erreicht, ist die versicherte Summe mit 100% als Totalschaden zu zahlen"' (RG. ÖC. 130, HGZ. 1895.256; näheres über diese Klausel: § 120 Anm.). 40. Bei alledem ist vorausgesetzt und ans alledem geht bereits hervor, daß als Anm. 60 imaginärer Gewinn nicht jede Art von „Gewinn" versichert werden kann, den jemand von der Ankunft der Güter am Bestimmungsort erwartet. Agenten, Makler, Kommissionäre, Spediteure, Lagerhalter, Frachtführer, Leichter-, Schlepper-, Löschungsunternehmer, Getreidekontrolleure usw. können ein Gewinninteresse an der Ankunft der Güter haben und versichern. Selbst der Konsument kann ein Interesse an der Ankunft der Güter haben, da die Preise fallen, wenn große Zufuhren den Bestimmungsort erreichen, steigen, wenn sie ihn nicht erreichen. Aber als „imaginären Gewinn" können sie diese Interessen nicht versichern. Imaginären Gewinn kann nur versichern, w e r (las Eigentiimerinteresse h a t . Wie der Begriff des Schadens den positiven Schaden (damnum emergens) und den entgangenen Gewinn (lucrnm cessans) umfaßt, so umfaßt das Eigentümerinteresse im weiteren Sinne das Interesse des Eigentümers als solchen, keinen Schaden an seinem Eigentum zu erleiden und nicht die Möglichkeit eines Gewinns zu verlieren, den er, als Eigentümer, durch Verwertung oder Verwendung der ihm gehörenden Sache erzielen könnte. Das Gesetz bringt diesen Gedanken ebensowenig zu unmittelbarem Ausdruck wie den Gedanken, daß die Versicherung „des Schiffes" oder „der Güter" nur das Eigentümerinteresse im engeren Sinne umfaßt. Es läßt aber jenen Gedanken wie diesen deutlich durchblicken (vgl. insbesondere RG. 44.20, RG. HGZ. 1893.190, HGZ. 1884.13S, 1893.12, 1917.244, auch RG. HGZ. 1893.23). So insbesondere, indem es von der Versicherung des „im Falle der Ankunft der Güter erwarteten Gewinns" ausdrücklich die Versicherung „der von der Ankunft der Güter zu verdienenden Provision" unterscheidet (HGB. § 7T9 Abs. 1 = ADS. § 1 Abs. 2). Indem es von der „Mitversicherung" imaginären Gewinns zusammen mit der Versicherung der Güter spricht (HGB. §801 Abs. 2) oder von der „gemeinschaftlichen Versicherung der Güter und des Gewinns" (§101; freilich auch von der Mitversicherung der Provision, aber nur im Gedanken an die teils für eigene, teils für fremde Rechnung zu nehmende Versicherung der Güter und des Gewinns durch den Kommissionär, vgl. Prot. 4273). Indem es die Versicherung der Güter den Gewinn nur dann „umfassen" läßt, wenn es besonders vereinbart ist (VVG. §53, HGB. §8Q1 Abs. 1). Indem es bestimmt, daß der Gewinnversicherte sich den Überschuß des Verkaufserlöses, der Havariegrosse-Vergütung und des vom Verfrachter geleisteten Schadensersatzes auf die Versicherungssumme anrechnen lassen muß (HGB. §§ 860, 879 Abs. 3, ADS. § 103 Abs. 2). Über die versicherungstechnische Rätlichkeit solcher Unterscheidung läßt sich streiten. An der versicherungsrechtlichen Unterscheidung ist nicht zu zweifeln. Nur der Eigentiiraerinteressent kann imaginären Gewinn versichern. A n d e r e G e w i n n i n t e r e s s e n t e n m ü s s e n i h r l n t e r e s s e b e s o n d e r s b e z e i c h n e n (§ 1 Abs. 2 Satz 2) oder für behaltene Ankunft der Güter oder des Schiffes mit den Gütern Versicherung nehmen. Eigentümerinteressent ist insbesondere auch der Käufer, der die Gefahr der Reise trägt (oben Anm. 10). Eigentümerinteressent im Sinne der Gewinnversicherung ist der Käufer aber auch dann, wenn er nicht die Gefahr der Reise trägt. Denn das Gewinninteresse des Verkäufers ist zum Teil auf ihn übergegangen, wie das gewöhnliche Eigentümerinteresse dann auf ihn übergeht, wenn er die Gefahr der Reise übernimmt. Der Verkäufer kann nach Abschluß des Kaufvertrags nicht mehr den ganzen Gewinn versichern, der zur Zeit des Abschlusses des Versicherungsvertrags „nach kaufmännischer Berechnung möglicher-

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§ 1 weise zu erwarten" ist. Die Möglichkeit hat sich durch den Kauf teilweise in Gewißheit verwandelt. Das Gewinninteresse des Verkäufers ist teilweise liquidiert. Der Verkäufer kann nur noch den Gewinn versichern, den er nach dem Kaufvertrag zu erwarten hat (oben Anm. 52). Das restliche Gewinninteresse ist auf den Käufer übergegangen. Der Käufer kann es als imaginären Gewinn versichern (RG.HGZ. 1884.139, 1893.21, HGZ. 1S92.73; vgl. auch HG.OG. Hamburg HGZ. 1876.137, 138). Wenn die Güter nach dem Abschluß des Kaufvertrags im Werte steigen, kann der Käufer ja auch den restlichen Wert, den Mehrwert, als gewöhnliches Eigentümerinteresse versichern, obgleich er die Gefahr der Reise nicht trägt (oben Anm. 20 x). Geht die Gefahr der Reise nach § 447 BGB. auf den Käufer über, so kann dieser, wie das gewöhnliche Eigentümerinteresse, so auch das Gewinninteresse versichern. Maßgebend für den Wert des Gewinninteresses ist der Zeitpunkt, in dem der Käufer Versicherung nimmt. Waren Güter und Gewinn schon vom Verkäufer versichert, so gehen Güter- und Gewinnversicherung auf den Käufer über, natürlich mit dem ursprünglichen Versicherungswert. War beim Abschluß des Kaufvertrags die Ware im Preise gefallen, also der versicherte Gewinn nicht mehr zu erwarten, so kann der Käufer gleichwohl Entschädigung nach Maßgabe des höheren Versicherungswerts verlangen. War beim Abschluß des Kaufvertrags die Ware im Preise gestiegen, so kann er gleichwohl nur Entschädigung nach Maßgabe des niedrigeren Versicherungswerts verlangen. — Auch die F r a c h t ist „Gewinn", und zwar Gewinn, der (nicht nur von der Ankunft des Schiffes, sondern auch) von der Ankunft der Güter erwartet wird und sogar durch „Anstalten und Vorkehrungen", nämlich durch den Abschluß des Frachtvertrags gesichert ist. Aber das Frachtinteresse ist ebensowenig wie das Provisionsinteresse und ähnliche Interessen ein Gütereigentümer-Interesse und kann daher schon aus diesem Grunde nicht als imaginärer Gewinn versichert werden. Anm. ei 41, Auch in E n g l a n d ist Gewinn (profit, expected profit) versicherbar (MIA. § 3 Abs. 2). Trotz der sonst leichteren Auffassung des englischen Rechts über die Bezeichnung des Interesses (oben Anm. 14) wird Gewinn durch eine gewöhnliche Güterpolice nicht gedeckt. Die Versicherung muß besonders, on profits oder dgl., genommen werden ( A r n o u l d 307 s. 241: anders in den VerSt. von Amerika). Doch darf in die Gütertaxe Gewinn eingeschlossen werden ( L o w n d e s 16). — Versicherbar ist der Gewinn, den der Versicherungsnehmer erwartet. Aber im Versicherungsfall the right to recover under the policy is dépendent on proof that profits would have been made if the goods have arrived ( A r n o u l d 303 s. 237, 379 s. 287: anders in den VerSt von Am.: dort it is conclusive presumption arising on proof of ownership of the goods shipped that they would have realized a profit in the foreign market). — Zwischen der Versicherung von profits und von commissions wird nicht so scharf unterschieden, wie nach deutschem Recht zwischen der Versicherang imaginären Gewinns und der Versicherung von Provision ( v g l - A r n o u l d 307 s. 241,). Anm. 62 42. In F r a n k r e i c h war die Versicherung von Gewinn (profit espéré) nach Art. 347 C. de com. verboten. Man umging das Verbot, indem man den Versicherungswert der Güter mit einem Aufschlag von 1 0 % vereinbarte ( R i p e r t 2.841). Das Gesetz vom 12. August 18S5 hat die Gewinnversicherung erlaubt. Man hat aber am alten Verfahren festgehalten: Nach Art. 16 der französischen Güterpolice (Anhang XII) umfaßt der Versicherungswert der Güter 10 % imaginären Gewinn. Dabei läßt man es im wesentlichen bewenden. Die 10 % sind unter allen Umständen versicherbar. L'assurance maritime n'est plus un contrat d'indemnité au sens strict des termes. Elle devient la stipulation d'un capital payable a une certaine éventualité comme l'assurance-vie ( R i p e r t 2.842). Andererseits kann der Versicherungsnehmer mehr als 10% nur versichern, wenn er nachweist, daß die Güter am Bestimmungsort um so viel mehï wert

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sind als am Abgangsort ( R i p e r t 2.842). Der entgangene Gewinn wird lediglich unter § 1 dem Gesichtspunkt des Unterschiedes zwischen dem Âbgangswert und dem Anknnftswert betrachtet. Der Versicherungsnehmer kann also z. B., wenn er den ganzen profit espéré versichert, nicht daneben noch endgültig bezahlte Fracht versichern ( R i p e r t 2.843).

Schiffsgewinn. 43. Vom imaginären Gewinn spricht man im Verkehr im allgemeinen nnr im Znsammenhange mit der Güterversicherung. Yersicherbar ist aber natürlich auch der dem imaginären Gewinn entsprechende, von der A n k n n f t des Schiffes am B e s t i m m u n g s o r t e r w a r t e t e Gewinn (wenn auch Gesetz und ADS. die Versicherung von Schiffsgewinn nicht besonders erwähnen). Versicherbar ist aber nur der Gewinn, der „nach dem g e w ö h n l i c h e n L a u f e der D i n g e oder n a c h d e n b e s o n d e r e n U m s t ä n d e n , insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, m i t W a h r s c h e i n l i c h k e i t e r w a r t e t werden konnte" (BGB. § 252). Nicht der Gewinn der nur „möglicherweise zu erwarten" ist. Zwar gestattet das Gesetz (HGB. § 793 Abs. 2), imaginären Gewinn auch insoweit zu versichern, als er nur „möglicherweise zu erwarten" ist. Aber das Gesetz geht damit für einen Sonderfall über die allgemeinen Schadensersatz- und Schadensversicherungs-Grundsätze hinaus (oben Anm. 49, 54). Es kann daher auf andere Fälle nicht übertragen werden. — Aus denselben Gründen ist auch der Schiffsgewinn nicht versicherbar, der „zur Zeit des Abschlusses des Vertrags zu erwarten war", sondern nur der Schiffsgewinn, der beim Beginn der Versicherung zu erwarten ist. Ist der versicherte Gewinn beim Beginn der Versicherung nicht mehr oder nicht mehr ganz zu erwarten, so ist das versicherte Interesse ganz oder teilweise weggefallen, die Gewinnversicherung also nach § 4 Abs. 1 zu behandeln. 44. Im übrigen wird aber von der Versicherung des von der Ankunft des Schiffes am Bestimmungsort (oder auch in einem Zwischenhafen) erwarteten Gewinns grundsätzlich dasselbe gelten müssen, wie von der Versicherung des von der Ankunft der Güter am Bestimmungsort erwarteten Gewinns. Insbesondere muß angenommen werden, daß, wenn solcher Gewinn versichert ist, nur das Gewinninteresse des Eigentümers als versichert gelten kann. Denn für die Versicherung der Provision des Schiffsagenten, des Schiffsmaklers usw. haben Gesetz und ADS. die Versicherung der „im Falle der Ankunft des Schiffes am Bestimmungsorte zu verdienenden Provision" zur Verfügung gestellt. Insbesondere kann der erwartete Schiffsgewinn sowohl Verwertnngs- wie Verwendnngsgewinn sein. Die Versicherung von Verwertungsgewinn ist natürlich selten. Denn Schiffe hat man in der Kegel nicht, um sie zu verwerten, sondern um sie zu verwenden. Über einen Fall der Versicherung „auf imaginären Gewinn des Schiffes Christine": HGZ. 1891. 24 (Kauf und Weiterverkauf eines Schiffes mit einem Nutzen von 11 000, beides unter der Bedingung glücklicher Ankunft des Schiffes in einem bestimmten Hafen). Die Versicherbarkeit des Verwendungsgewinns, des von der Ankunft des Schiffes in einem Hafen erwarteten Betriebs- oder Nutzungsgewinns, ist s t r e i t i g . Die Versicherbarkeit eines solchen Interesses, die Zulässigkeit solcher Versicherungen kann indessen keinem begründeten Zweifel begegnen. Die Zeit, wo man die Chomageversicherung oder gar die Feuerversicherung von entgangenem Gewinn für unzulässig hielt, ist vorüber. Die Versicherung von Betriebs- und Mieteausfällen u. ähnL ist gang und gäbe. Dem Verwertungsinteresse des- Ladungsbeteiligten entspricht das Nutzungsinteresse des Rheders. Die Rollen können vertauscht sein. Der Ladungsbeteiligte kann ein Nutzungsinteresse, der Rheder ein Verwertungsinteresse haben.

Anm. 63

Anm. «4

Anm. 65

Anm. 66

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§ 1 Der Ladungsbeteiligte kann eine für seine Fabrik bestimmte Maschine oder eine znr Verarbeitung in seiner Fabrik bestimmte Ware, der Rheder kann ein Ton ibm zum Verkauf bestimmtes Schiff gewinnversichern (vgl. oben Anm. 51, 65). Gewöhnlich ist es aber umgekehrt, und das gewöhnliche hat dem Gesetz und den ADS. sein Gepräge gegeben. Beide, Ladungsbeteiligter und Rheder, können ihr Verwertungs- wie ihr Nutzungsinteresse, j e nachdem sie jenes oder dieses haben, versichern. „Ein lebens- und konkurrenzfähiger Import- und Exporthandel hängt von der Aussicht auf einen den Wert der Güter am Abladeplatz übersteigenden Gewinn und die Möglichkeit seiner Sicherung gegen die Seegefahr ebenso wesentlich ab, wie ein lebens- und konkurrenzfähiger Rhedereibetrieb" von der Aussicht auf Frachterwerb (RG. HGZ. 1S93.59), — vielleicht nicht „ebenso", sonst wäre die Versicherung gegen Betriebsausfälle ebenso häufig wie die Versicherung der Betriebsgegenstände; aber das ist nur ein äußerer, kein innerer Unterschied. So auch die herrschende Ansicht: RG. HGZ. 1893.58, HGZ. 1892.180, 1894.283, LG. Hamburg 1883.312. Anders S i e v e k i n g 6: Zwar habe der Rheder ein Interesse daran, daß. ihm die Möglichkeit späteren Frachtverdienstes nicht durch den Verlust des Schiffes entzogen werde. Aber dies Interesse sei nicht versicherbar. Es sei nach dem Gesetze nicht dermaßen mit dem Bestehen der^Gefahr auf der versicherten Reise verknüpft, daß es versicherbar sei. Denn das Gesetz schreibe vor, daß der Frachtversicherer für einen Unfall, von dem das Schiff betroffen werde, nur hafte, wenn die Frachtverträge bereits abgeschlossen seien, und verneine damit ein versicherbares Interesse an dem Verdienst noch nicht durch Vertrag gesicherter Frachten. Demgemäß erkenne auch das englische Recht ein versicherbares Interesse an Frachtverdienst nur an, wenn there Is at the time of loss an inchoate right of freight ( A r n o u l d s. 266, V o i g t 492). Höchstens könne bei Dampfschiffslinien, die regelmäßige Fahrten unterhielten, gegen die Schäden Versicherung genommen werden, welche unmittelbar aus der durch den Schiffsverlust verursachten Betriebsstörung entständen, wie z.B. Vermögensverluste durch verhinderte oder verzögerte Expedition von Waren oder Passagieren (so anscheinend im Anschluß an LG. Hamburg HGZ. 1892.178). Diese Auffassung steht allerdings in unvereinbarem Widerspruch mit dem Anerkenntnis, daß der Fabrikant den von der Verwendung der Maschine erwarteten Nutzen als imaginären Gewinn, und daß sogar der Privatmann für den zu seinem persönlichen Gebrauch bestimmten Divan „imaginären Gewinn" versichern könne ( S i e v e k i n g 18; vgl. dazu oben Anm. 51). Im übrigen ist der Irrtum offenbar. Das argumentum e contrario hat sich wieder als Trugschluß erwiesen. § 825 Abs. 3 HGB. verbietet nicht die Versicherung der durch Frachtvertrag nicht gesicherten Fracht, sondern bestimmt nur dispositiv über den Umfang der Haftung des Versicherers. It would indeed be extraordinary, if (expected) freight could not be made the subject of protection by an instrument which had its origin in commerce, and was introduced for the very purpose of giving security to mercantile transactions; it is a solid substantial interest as ascertained by contract, and arising out of labour and capital employed for the purposes of commerce (Chambers, J., bei A r n o u l d 296 s. 230; freilich wird in England vorausgesetzt, daß der Gewinn nicht nur zu erwarten gewesen ist, sondern auch tatsächlich erzielt worden wäre, wenn der Versicherungsfall es nicht verhindert hätte, vgl. oben Anm. 61). Trotz § 825 Abs. 3 HGB. steht daher auch in Deutschland nichts im Wege, expected freight unter Frachtversicherung zu bringen; es muß nur besonders ausbedungen werden (§ 105 Abs. 2). Aber es kommt hierauf garnicht an. Denn es handelt sich garnicht um eine Frachtversicherung. Als Frachtversicherung kann freilich ein Schiffsbetriebsausfall nicht versichert werden. Hierauf haben schon RG. HGZ. 1893.59, HGZ. 1892. ISO, 1894.283 aufmerksam gemacht. Hierauf bezieht sich auch allein A r n o u l d 296 s. 230, 345 s. 266: The party who

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insures freight must have ail inchoate right to it. Whether a shipowner can insure the profit which he expects to make by the use of his ship is a question which has not been determined (it is clear that he cannot insure such profit as "freight" unless he have entered into a binding contract for freight!). In a recent case the plaintiff contended that the benefit to be derived from the use of a ship is insurable, although there be no actual contract for freight, and Walton, J., agreed that a shipowner has an interest in the use of his vessel, and may insure against loss through his being deprived of such use by perils of the sea, or other causes (Arnould 306 s. 239, 369 s. 279, 381 s. 288). Im Verkehr geht man heute noch darüber hinaus. Nach den IFC. in the event of the total loss, whether absolute or constructive, of the vessel, the amount underwritten by this policy shall be paid in full, whether the vessel be fully or only partly loaded or in ballast, chartered or unchartered (Witherby 25, 27). — Im f r a n z ö s i s c h e n Versicherungsverkehr unterschied man früher zwischen fret acquis und fret ä faire (C. de com. Art. 347). Fret ä faire war nicht versicherbar. Die Unversicherbarkeit wurde aber durch das Gesetz vom 25. August 1885 beseitigt. 45. Allerdings hat auch dieses Interesse seinen natürlichen, durch die allgemeinen Regeln vom Schadensersatz bestimmten Grenzen (oben Anm. 21). Der Betriebsgewinn muß, um versicherbar zu sein, nach dem gewöhnlichen L a u f e der Dinge oder nach den besonderen Umstünden, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit e r w a r t e t werden können" (BGB. § 252). Es ist nicht nötig, daß er schon durch Vertrag gesichert ist. Es genügt nicht, daß er nur „möglicherweise" zu erwarten ist. Anders HGZ. 1892.180, wo vom Versicherer der Beweis verlangt wird, daß es „unmöglich" gewesen sei, den vom Versicherungsnehmer behaupteten Gewinn zu erzielen (noch weiter gehend LG. Hamburg HGZ. 1883.312: nicht nur die Möglichkeit neuen Frachtverdienstes nach Beendigung der versicherten Reise, sondern auch die Möglichkeit „ferneren Frachtverdienstes" komme in Betracht). Hier wird übrigens die Verteilung der Beweislast damit begründet, daß die Police die Klausel enthalte: „Im Falle von Totalverlust des Schiffes ist die versicherte Summe zum Vollen zu bezahlen". Diese Klausel bedeutet an sich nur, daß der Versicherungsnehmer die Versicherungssumme verlangen kann; der Versicherer muß nachweisen, daß der Schaden kleiner ist als die Versicherungssumme, nicht aber auch, daß das Interesse nicht besteht oder den vom Versicherungsnehmer behaupteten Wert nicht gehabt hat. Gleichwohl ist die Verteilung der Beweislast richtig. Denn die Vereinbarung einer Versicherungssumme ist nicht nur die Vereinbarung der Höchstleistung des Versicherers, sondern auch eine Vereinbarung über den Wert des versicherten Interesses; sie befreit daher den Versicherungsnehmer vom Beweise des Versicherungswerts und bürdet dem Versicherer den Gegenbeweis auf (§ G Anm. 11). Überdies wird man, wenn die Police über eine Versicherung des Schiffsgewinns eine Klausel gleich der bezeichneten enthält, wohl annehmen müssen, daß die Parteien, wie es bei der Versicherung von Gütergewinn die Regel ist (§ 100 Abs. 1), die Versicherungssumme als Taxe haben behandelt wissen wollen. 46. Auch die F r a c h t ist „Gewinn", der (nicht nur von der Ankunft der Güter, sondern auch) von der Ankunft des Schiffes erwartet wird. Aber die Fracht muß, wie § 1 Abs. 2 ausdrücklich bestimmt, als solche besonders versichert werden. 47. Ist auch die Versicherung des Schiffsgewinns das Gegenstück zur Versicherung imaginären Gewinns, so folgt daraus natürlich n i c h t , daß die V o r s c h r i f t e n ü b e r d i e V e r s i c h e r u n g i m a g i n ä r e n G e w i n n s ohne w e i t e r e s auf d i e V e r s i c h e r u n g des S c h i f f s g e w i n n s zu ü b e r t r a g e n sind, — so wenig, wie aus dem Verhältnis der Kaskoversicherung zur Güterversicherung folgt, daß die für die eine geltenden Vorschriften auf die andere angewendet werden können. Unanwendbar ist namentlich

§ 1

Anm. i;r

Anm «s

Anm. 69

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Pro Visionsinteresse

§ 1 die besondere Bestimmung, daß gewinnversicherte Güter schon dann als total verloren gelten, wenn sie ans einem anderen Grunde als dem des Totalyerluatea den Bestimmungsort nicht erreichen (§ 103 Abs. 1, § 71 Anm., § 103 Anm., § 120 Anm.). Anwendbar ist dagegen die Bestimmung, daß, wenn der Gewinn nicht besonders taxiert ist, die Versicherungssumme als Taxe gilt (§ 100 Abs. 1). Denn diese Bestimmung beruht auf Erwägungen, die für die Schiffsgewinn-Versicherung dieselbe Bedeutung haben, wie für die Gütergewinn-Versicherung.

Provision. Anm. 70

48. I m F a l l e der Ankunft des Schiffes am Bestimmungsort kann Provision zu verdienen sein, z . B . vom Schiffsmakler für den Abschluß neuer Frachtverträge (HGZ. 1896.309). Anm. 71 Die Provision muß nicht gerade am Bestimmungsort zu verdienen sein. Sie kann z.B. auch in einem Z w i s c h e n h a f e n zu verdienen sein. § 1 Abs. 2 ist eben nur ein Verzeichnis der gewöhnlichsten Beispielfälle. — Ebensowenig muß gerade „Provision" zu verdienen sein. Es kann auch s o n s t i g e r V e r d i e n s t sein. So etwa die Vergütung des Schiffsmaklers für die Besorgung der Schiffsgeschäfte, für die Ausklarierungdes Schiffes usw. (HGZ. 1896.310; auch Provision im weiteren Sinne genannt, vgl. HGB. § 354), oder der Gewinn, den ein Schiffsausrüstungs-Händler von der Ankunft und Ausrüstung des Schiffes erwartet. Vgl. MIA. § 3 Abs. 2b: The earning or acquisition of any . . . commission, profit, or other pecuniary benefit . . . endangered by the exposnre of insurable property to maritime perils. Anm. 72 Die Provision muß, um versicherbar zusein, „nach dem g e w ö h n l i c h e n L a u f e der D i n g e oder nach den b e s o n d e r e n U m s t ä n d e n , insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit W a h r s c h e i n l i c h k e i t e r w a r t e t werden können" (BGB. § 252; B r o d m a n n 167). Daß sie nur „möglicherweise" zu erwarten ist, genügt nicht. Allerdings kann von der Ankunft der Güter am Bestimmungsort erwarteter Gewinn schon dann versichert werden, wenn er nur „möglicherweise" zu erwarten ist (vgl. HGB. § 793 Abs* 2, ADS. § 100 Abs. 2, oben Anm. 49). Aber § 793 Abs. 2 HGB. weitet die Grenzen der Versicherbarkeit für einen bestimmten Fall über das hinaus, was durch die allgemeinen Begeln über den Schadensersatz sonst bestimmt und deshalb auch für die Schadensversicherung maßgebend ist. § 793 Abs. 2 HGB. ist also eine Sondervorschrift, die keine analoge Anwendung verträgt Noch weniger ist natürlich die bloß „denkbar höchste" Provision versicherbar (so LG. Hamburg HGZ. 1896.310). Aber die Provision braucht andererseits nur „wahrscheinlich", ihre Erwartung insbesondere keine „sichere, durch fest abgeschlossene Verträge begründete" (so B r o d m a n n 167) zu sein (richtig S i e v e k i n g 145: „begründete Aussicht"). — Auch sonst können die B e s t i m m u n g e n über die V e r s i c h e r u n g i m a g i nären Gewinns n i c h t ohne w e i t e r e s h i e r h e r ü b e r t r a g e n werden. Dies gilt insbesondere von der Vorschrift, daß der Gewinnversicherer Herabsetzung der Taxe verlangen kann, wenn diese den zur Zeit des Vertragsschlusses zu erwartenden Gewinn übersteigt, als wirklicher Versicherungswert also der zur Zeit der Schließung des Versicherungsvertrags zu erwartende Gewinn anzusehen ist (HGB. § 793 Abs. 2, ADS. § 100 Abs. 2). Denn auch diese Vorschrift ist eine (überdies unmotivierte) Ausnahme nicht nur von allgemeinen schadensersatz-rechtlichen, nicht nur von allgemeinen versicherungsrechtlichen, sondern auch von transportversicherungs-rechtlichen Grundsätzen (oben Anm. 49, 54). Wirklicher Versicherungswert ist vielmehr der Wert des versicherten Provisionsinteres'es zur Zeit des Beginns der Versicherung (§§ 79, 70). — Ebensowenig ist die Bestimmung übertragbar, daß die gewinnversicherten Güter als total verloren auch dann gelten, wenn sie aus einem anderen Grunde als dem des Totalverlustes der

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Güter den Bestimmungsort nicht erreichen (§ 103 Abs. 1; vgl. § 71 Anm., § 103 Anm., § 1 § 120 Anm.). 49. I m Falle der A n k n n f t der O ü t e r am Bestimmungsort kann Provision zu Anm. vs verdienen sein, Provision des Kommissionärs, des Spediteurs, des Maklers, des Agenten, Löschungsvergütung, Binnenfracht usw. (oben Anm. 60). — Für die Versicherbarkeit der Güterprovision gilt im allgemeinen d a s s e l b e w i e f ü r die V e r s i c h e r b a r k e i t von S c h i f f s p r o v i s i o n (oben Anm. 71, 72). B e s o n d e r e s : § 104. Aus der hier angeordneten „entsprechenden" Anwendung der für die Versicherung imaginären Gewinns geltenden Vorschriften darf nicht gefolgert werden, daß Güterprovision schon dann versicherbar ist, wenn sie auch nur „ m ö g l i c h e r w e i s e " zu erzielen ist. Denn über die Versicherbarkeit eines Interesses entscheidet nur das Gesetz, und das Gesetz (HGB. § 793 Abs. 2) hat zwar die Versicherbarkeit „möglicherweise" zu erzielenden Gewinns, nicht aber die Versicherbarkeit nur „möglicherweise" zu erzielenden Provision zugelassen. Wenn 2000 i t Ewerführer- und Arbeitslohn für die Güter des von Bakers Island nach Hamburg bestimmten Schiffes versichert sind, und das Schiff nach dem Frachtvertrag nicht ohne weiteres nach Hamburg, sondern „nach Rotterdam, Antwerpen oder Hamburg, in Falmouth Order einzuholen" fahren soll, mag es schon vor dem Beginn der Reise „möglich" sein, daß das Schiff nach Hambnrg kommt und in diesem Falle Ewerführerlohn zu verdienen ist; aber als „wahrscheinlich" kann man es angesichts der möglichen drei Alternativen nicht bezeichnen (OAG.Lübeck K i e r u l f f 3.391). — Ebensowenig ist der V e r s i c h e r u n g s w e r t der Provision nach den für die Versicherung imaginären Gewinns maßgebenden Grundsätzen zu bestimmen. Maßgebend ist nicht der Wert, den das versicherte Provisionsinteresse zur Zeit der Schließung des Versicherungsvertrags hat, sondern der Wert, den es beim B e g i n n der V e r s i c h e r u n g hat (§§ 99, 90). Hiernach also wäre in dem angeführten Beispielfalle der Versicherung von erwartetem Ewerführerlohn der Versicherungswert zu bestimmen gewesen, wenn das Schiff nicht schon bei Bakers Island total verlorengegangen wäre, sondern Falmouth angelaufen und Order nach Hamburg erhalten hätte und auf der Weiterreise nach Hambnrg uutergegangen wäre. Die Versicherung war die Versicherung eines bedingten, eines contingent interest (MIA. § 7 Abs. 1; vgl. OAG.Lübeck Kierulff 3.395: „für den Fall, daß das Schiff. . . nach Hamburg destiniert" werden würde), eines Interesses, das nach dem Eintritt der Bedingung nach den Verhältnissen zur Zeit des Beginns einer gewöhnlichen Provisionsversicherung zu bewerten gewesen wäre. 50. In E n g l a n d wird die Versicherung von commissions im wesentlichen ebenso Anm. 74 behandelt, wie diejenige von profits: A r n o u l d 30(5 s. 240, 1311 s. 1090.

Fracht1). 51. Der Verfrachter übernimmt (gegen Vergütung) Beförderung (HGB. § 556). Anm. 75 Er verspricht nicht Arbeit, sondern Arbeitserfolg. Der F r a c h t v e r t r a g ist also kein ') Der Ausdruck „Fracht" ist wahrscheinlich von fructus, Frucht, abzuleiten; vgl. P a p p e n h e i m Seerecht 2.498 und dort angef., R e i c h e l JehJ. 42.229, hamb. schiprecht aus der Zeit vor 1270: Urugt, Urugt-Lude = Befrachter, L a n g e n b e c k Einleitung. Die von Pappenheim angeführte Urkunde von 1259 (bei L a p p e n b e r g , Die ältesten Stadt-, Schiff-und Landrechte, 1847.82) spricht nicht etwa, wie bei L a p p e n b e r g irrtümlich angegeben wird, von vrechtlude, sondern von vrchtlude (Hamb.UrkBuch 1.509, Hansisches UrkBuch 1.189). Die Schreibgewohnheiten des Mittelalters machen den Ausfall eines u wahrscheinlicher als den eines e. Im Westen kam freilich auch die e-Form vor (Grimm Deutsches Wörterbuch, t e n D o o r n k a a t K o o l m a n Wörter-

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g l

Dienstvertrag. E i ' ist eine besondere Art von W e r k v e r t r a g (BGB. §631; vgl. P a p p e n h e i m , Seerecht 2.S6, 103, W ü s t e n d ö r f e r Studien 97, 187, 475 und dort angef.). Mag das Schiff auf Stückgüter angelegt (HGB. §§ 556 Nr. 2: S t ü c k g ü t e r v e r t r a g ) oder zu einem Teile oder im ganzen verfrachtet sein (HGB. §§ 556 Abs. 1, 557: C h a r t e r v e r t r a g ) , mag es für eine bestimmte Eeise oder für Zeit verfrachtet sein, mag dem Befrachter jede unmittelbare Einwirkung auf die Beförderung versagt, mag er berechtigt sein, der Schiffsbesatzung gewisse Anweisungen (z.B. für Übernahme, Stauung, Verwahrung, Ablieferung des Frachtguts) zu erteilen (vgl. die Fälle HGZ. 1873.293, 1890.16, 1897.284, 1899.197, 1915.97). Das unterscheidet den Frachtvertrag auch von der S c h i f f s m i e t e . Durch den Schiffsmietevertrag verspricht der Rheder, dem Mieter das Schiff zum Gebrauch zu überlassen (BGB. § 535). Solche gewöhnlichen Miete verträge sind z. B. die im Hafenverkehr üblichen Schuten-Miete vertrage. Im eigentlichen Seeverkehr kommen solche Mieteverträge nicht vor, weil der Rheder den Besitz des Schiffes nicht aufgeben kann und will, und die gewöhnliche Sachmiete, die gewöhnliche Gebrauchsüberlassung, natürlich (tatsächlich wenigstens) ohne den Besitz des Mieters nicht zu verwirklichen ist. Sie kommen dort aber in Verbindung mit einem N e b e n v e r t r a g vor, durch den der Rheder sich verpflichtet, dem Mieter außer dem G e b r a u c h des S c h i f f e s auch denjenigen d e r S c h i f f s b e s a t z u n g zu überlassen, und sich das Recht der (notwendigen) Kontrolle über die vertragsmäßige Benutzung des Schiffes vorbehält (vgl. aus der Rechtslehre z.B. P a p p e n h e i m Seerecht 2.88, S c h a p s Seerecht 304, S c h ü t z e HRZ. 1919.568, W ü s t e n d ö r f e r Studien 136 und dort angef., aus der Rechtsprechung: RG. 25.109, 48.91, 56.361, 69.129, 71.333, 82.429, RG.HGZ. 1920.134, HGZ. 1898.103, 1904.17, 32, 1906.226, 1908.211, 289, 1912.125, 1913.64, 1914.284, 1916.137, Schiedsspruch LZ. 1910.710; vgl. insbesondere auch die Uniform Time-Charter der Baltic and White Sea Conference in Kopenhagen as revised Berlin 1912, die sog. Baitime, in ihrer ersten Ausgabe bei W ü s t e n d ö r f e r Studien Anl. 4, in ihrer neuen Ausgabe unten Anm. 103. Anm. 76 52. Dieser Mischvertrag mag mit seinem typischen Inhalt Schiffsheuervertrag oder Schiffsheuerung (so P a p p e n h e i m Seerecht 2.88) oder, kürzer, nach Analogie des zugleich den Typus und die Vergütung bezeichnenden Ausdrucks, Schiffsbeuel- genannt werden. Trifft der Ausdruck vielleicht die Sache nicht ganz ( R i t t e r ArchBürgR. 43.459), so ist es doch besser, eine einzige, kurze, einheitliche Bezeichnung zu haben, als viele umständliche Bezeichnungen („Miete- und Dienstv§rschaffungsvertrag", „Miete- und Dienstvertrag'', locatio conductio navis et operarum magistri et nauticorum) zu haben oder eine zwar kurze, aber fremdländische und noch weiliger treffende Bezeichnung, wie Time-Charter. — Denn der Vertrag ist kein Charter-, k e i n F r a c h t v e r t r a g (Herrsch. Ansicht, vgl. insbesondere RG. 48.91, 56.361, 69.129, 98.328, HGZ. 1908.291). Er bezweckt nicht die Beförderung von Gütern, — jedenfalls nicht anders und nicht mehr, als der Kauf eines Schiffes, das nach der Absicht des Käufers Güter befördern soll. Oder, wenn man das typenabgrenzende Merkmal hier nicht so sehr in dem (ja nicht erklärten) Vertragszweck erblicken will, als vielmehr in der Art der den Vertragsgegenstand bildenden Leistung: Bei der Schiffsheuer besteht die Leistung nicht in der Herbeiführung eines Erfolgs durch Arbeit oder Dienste, — jedenfalls nicht

buch der ostfries. Sprache unter „Iracht"). Es ist offenbar die die sich im Westen in vrecht, fret, freight verwandelt hat. — K l u g e Seemannssprache, P a u l Deutsches Wörterbuch, S t e n z e l T o b l e r Sitzungsb. derBerl. Akad. 1902 usw. unter „Fracht": aus fir-eht, freht, freiht, ver-eht, vreht (gleich Verdienst) oder aus vgl. dazu auch Grimm aaO.

Pluralform Fruechte, Andere Erklärungen: Deutsches Seem. WB., dem althochdeutschen fret (gleich fractum);

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anders und nicht mehr, als es beim Kauf eines Schiffes der Fall ist, das vom Käufer § 1 mit der Schiffsbesatzung Übernommen wird. Die Schiffsheuer ist auch Kein D i e n s t v e r t r a g (Herrsch. Ansicht; abw. L o t m a r Arbeitsvertrag 1.203, M i t t e l s t e i n Miete 2. Aufl. 34, anders 3. Aufl. 42 und b e i S c h a p s Seerecht 304). Der Verheuerer verspricht zwar Dienste (wenn auch regelmäßig nicht die eigenen, sondern diejenigen anderer, — worauf es indessen nicht ankommt, vgl. BGB. § 613). Aber er verspricht sie nur nebenher, nur weil die Hauptsache, die Überlassung des Schiffsgebrauchs, sich sonst nicht bewerkstelligen ließe. Die Überlassung des Schiffsgebrauchs ist die Hauptsache. Deshalb ist die Schiffsheuer in der Hauptsache S c h i f f s m i e t e . Die Ansicht, daß Miete nur in Verbindung mit Besitzüberlassung möglich sei, hat weder im Rechte noch in den tatsächlichen Verhältnissen eine Stütze und kann als widerlegt gelten (vgl. insbesondere P a p p e n h e i m Seerecht 2.91, W ü s t e n d ö r f e r Studien 101). Aber die Schiffsheuer ist eben n u r i n d e r H a u p t s a c h e Schiffsmiete. Die Einordnung eines Vertrags in das Rechtssystem der Leistungsverträge, die Konstruktion des Vertrags, ist nur eines der Mittel zur Erkenntnis des Vertragswillens der Parteien. Soweit die Parteien ohne Verletzung der typenabgrenzenden Merkmale insbesondere Elemente anderer Vertragstypen in den Vertrag aufnehmen, verändern sich in diesen nebensächlichen Punkten die Rechtsfolgen, die sich aus dem reinen Vertragstypus ergeben würden. Soweit bei der Schiffsheuer D i e n s t e versprochen werden, sind die für den Dienstvertrag geltenden Regeln anwendbar, aber immer nur sinngemäß, d.h. hier insbesondere im Lichte der Art der in der Hauptsache gewollten Leistung, der Überlassung des Schiffsgebrauchs (was z.B. D a l b e r g JW. 1911.141 für die Haftung des Verheuerers für Verschulden der Schiffsbesatzung verkennt). Und soweit die Parteien etwa dem Frachtrecht eigentümliche Regeln übernommen haben (z.B. die Regel der Fortzahlung der Miete bei Beförderuugsverzögerung), ist die entsprechende Anwendung der für den Frachtvertrag geltenden Vorschriften notwendig; wieder aber stets mit der nötigen Rücksicht auf die hauptsächliche Leistung, die Überlassung des Schiffsgebrauchs. Die Schiffsheuer ist, wenigstens in ihrer typischen Gestalt, auch A u s r ü s t e r v e r t r a g im Sinne des § 510 HGB. ( G ü c s c h o w ZfVW. 1913.370 und Drucksachen des DVflntSR. 1909.10 SitzProt. vom 26. Juni 190S. 10, NeumannsJahrb. 1914.579, R i t t e r ArchBürgR. 43.459, HGZ. 1906.226, LG.Hamburg HGZ. 1906.226, 190S.177; für analoge Anwendung des § 5 1 0 HGB.: P a p p e n h e i m Seerecht 2.96, W ü s t e n d ö r f e r HRZ. 1920.348 und schon früher: Studien Nachtrag XVI, HGZ. 1908 Beil. 1.8, AfcP. 110.270, teilweise auch S c h a p s Seerecht 178; de lege ferenda empfohlen von B r a n d i s HGZ. 1909 Beil. 1.5, S c h a p s Seerecht 179 und ZHR. 69.102, W ü s t e n d o r f e r Studien 172; abw. Herrsch. Ansicht, aus der Rechtsprechung insbesondere RG. 48.91, 56.361, 98.328, RG. HGZ. 1920.134, HGZ. 1908.178, 289, 1914.284, 1921.140). Denn Ausrüster ist, wer ein fremdes Schiff für eigene Rechnung verwendet und es selbst führt oder „die Führung einem Schiffer anvertraut" (HGB. § 510). Der Heuerer vertraut die Führung dem Kapitän an. Daß er es muß, daß er dazu durch den Schiffsheuervertrag verpflichtet ist, ist nur Motiv. Ob der Heuerer dem Kapitän traut, vertraut, ist gleichgültig. Trauen, vertrauen ist nicht dasselbe wie anvertrauen. Man muß viele Dinge Personen anvertrauen, denen man nicht traut, nicht vertraut. Man „vertraut" auch der See, den Seegefahren, sein Schiff, seine Güter, sein Leben „an" (wie ROHG. 15.115 mit Recht sagt). Anvertrauen ist ein objektiver Begriff: Uberlassen, anheimgeben; der subjektive Einschlag nicht das wesentliche. DeT Heuerer muß den Kapitän einsetzen oder ihn durch einen dritten einsetzen lassen und ihn in seiner Stellung belassen, damit einverstanden sein, daß er das Schiff führt, — was alles im Rechtseffekt dasselbe sein muß und dasselbe ist. Hat doch der Ausrüster die Führung des Schiffes sogar demjenigen 8

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§ 1 Kapitän „anvertraut", dessen Einsetzung er Überhaupt nicht zugestimmt, den vielmehr der Reichskonsul eingesetzt hat (worauf P a p p e n h e i m Seerecht 2.97 mit Becht aufmerksam macht; vgl. auch Prot. 1659). Die Prot. 165G ergeben, daß man unterschieden wissen wollte: a) das Zeitfrachtverhältnis, b) das Verhältnis, bei dem „der bloße Körper des Schiffes-' vermietet ist und der Mieter das Schiff ausrüstet und bemannt, c) das Verhältnis, bei dem das Schiff vermietet ist und „obgleich der Kapitän des Eigentümers auf dem Schiffe verbleibt, damit der Letztere noch einige Garantie für eine entsprechende Behandlung des Schiffes behalte, doch der Schiffer seiner (des Mieters) Direktion untergeben bleibt", d) das Verhältnis, bei dem das Schiff vermietet ist und die Schiffsbesatzung des Eigentümers auf dem Schiffe bleibt, aber nicht der „Direktion" des Mieters, sondern deijenigen des Eigentümers untersteht. Im zweiten und dritten Falle erblickte man Fälle eines Äusrüsterverhältnisses. Danach wäre also die Schiffsheuer ein Ausrüsterverhältnis. Aber wieder einmal hat die beiläufige, unvorsichtige Äußerung eines Kommissionsmitgliedes den Grund füc verhängnisvolle Meinungsverschiedenheiten gelegt Dieses Mitglied meinte nämlich, der „Hauptgedanke" des§510HGB. sei, daß der Kapitän nicht im Vertragsverhältnis zum Eigentümer stehen dürfe, sondern im Vertragsverhältnis zum Mieter stehen müsse. Dieser „Hauptgedanke" eines Kommissionsmitgliedes war fortan der Leitstern insbesondere der Rechtsprechung (vgl. z.B. RG. 48.91, 56.361). Er. hat die Mehrheit der Urheber des Gesetzes nicht geleitet, im Gesetz keinen Ansdruck gefunden, keinen Ansprach auf Rechtsgeltung; das diesem „Hauptgedanken" vorschwebende Gebilde kommt nur in der Phantasie, nicht im Leben vor. Die Erkenntnis der Schiffsheuer als eine» Ausrüstervertrags hätte die Frage gar nicht aufkommen lassen, ob der Verheuerer für die vom Schiffe beförderten Güter als Verfrachter hafte (RG. 25.109), ob er für die Zeit, während welcher das Schiff dem Heuerer vorübergehend entzogen ist, Vergütung verlangen kann (RG. 48.91), ob die Heuervergütung zur großen Haverei beiträgt 'Schiedsspruch LZ. 1910.710), ob die Vergütung als Fracht versichert werden kann (RG. 69.129, HGZ. 1908.289), ob der Verheuerer das Verhalten der Schiffsbesatzung im Verhältnis zum Heuerer und im Verhältnis zu dritten vertreten muß (RG. 56.362, 71.330, 82.427, HGZ. 1900.83, 1904.17,31, 1908.167, 178, 1913.63, 1914.2S4, AG.LG. Hamburg HGZ. 1912.125,1913.61 näheres Pappenheim Seerecht 2.93, gegen die von ihm befürwortete, nur analoge Anwendung des §510 BGB.: R i t t e r ArchBürgR. 43.459) usw. 53. „Fracht kann versichert werden". Und zwar nur als F r a c h t (mit einer Aura 77 Ausnahme: unten Anm. 105). Freight must be insured eo nomine (Arnould 29S s. 233). Aber zunächst ist daran zu erinnern, daß es nicht körperliche oder unkörperliche Gegenstände sind, die versichert werden können, sondern Interessen. Fracht bedeutet also: Frachtinteresse. Und weiter ist daran zu erinnern, daß der Ausdruck „Fracht" (ähnlich, wie etwa der Ausdruck „Havereigelder": unten Anm. 119) in verschiedenem Sinne gebraucht wird, im Sinne der für die Güterbeförderung zu entrichtenden V e r g ü t u n g und im Sinne der F r a c h t f o r d e r u n g (schließlich auch noch in einem dritten, hier aber nicht in Betracht kommenden Sinne, nämlich im Sinne von Ladung). Aum. 78 a) Grundsätzlich sind nur Frachtforderangen yersicherbar (RG. 71.395, RG.HGZ. 1908.290; insbesondere über die Klausel: „Einerlei, ob die Fracht gemacht wird oder nicht, und ob dieselbe durch bereits abgeschlossene Verträge gesichert ist oder nicht,": RG.71.395). Der F r a c h t v e r t r a g muß abgeschlossen sein (vgl. auch §105 Abs. 2).. Natürlich; denn ohne Frachtvertrag keine „Fracht". Darum ist aber die Frachtversicherung nicht etwa K r e d i t v e r s i c h e r u n g , auch keine Kreditversicherung

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gegen Sachgefahren, keine Versicherung, die nach kredityersicherungs-rechtlichen Grund- § 1 Sätzen zu beurteilen ist. Hierfür ist nicht entscheidend, daß „erst mit der Abladung der Güter die Fracht verdient, erst jetzt der Unternehmer die Frachtforderung erworben, erst jetzt sie kreditieren kann" (so MoltG2, wenigstens mißverständlich). Denn erworben wird die Frachtforderung mit dem Abschluß des Frachtvertrags. Bei der Kreditversicherung wird Versicherung gegen die Gefahr genommen, daß der Schuldner nicht leistet, sei es, daß er nicht leisten kann (weil er von vorneherein leistungsunfähig ist, also fehlerhaft Kredit gewährt ist, oder weil er leistungsunfähig geworden ist, die Forderung also wegen des Eintritts der Kreditunfähigkeit des Schuldners entwertet ist), sei es, daß der Schuldner (z.B. der Bodmereischuldner) nicht zu leisten braucht, weil er zwar schuldet, aber nicht haftet, das Haftungsobjekt nämlich verlorengegangen ist, sei es, daß der Schuldner (z. B. der gewöhnliche Schiffspfandschuldner) nicht leistet, weil er zwar schuldet, auch haftet, aber das Haftungsobjekt, das ihn leistungsfähig erhalten sollte, z.B. das schiffspfftndbelastete Schiff, verlorengegangen ist. Der Fall, daß die Forderung erlischt, ist bei der Kreditversicherung niemals der Versichernngsfall, sondern ein Fall, in dem „die Kreditgefahr beendigt" wird (Molt 88), genauer: nur ein Fall, in dem da» versicherte Interesse wegfällt. Anders bei der Versicherung der Frachtforderung. Sie ist keine Versicherung gegen die Gefahr, daß der Schuldner nicht leistet, sondern, umgekehrt, die Versicherung dagegen, daß der Schuldner die Schuldnereigenschaft verliert, daß die Forderung aus bestimmten Gründen erlischt, und das Erlöschen der Forderung aus diesen Gründen ist gerade (nicht nur ein Fall des Interessewegfalls, sondern auch) der Versicherungsfall (so wenigstens in erster Linie; vgl. auch den Fall des Verlustes der Frachtforderung durch Vollstreckung oder sonstige Verfügung von hoher Hand). Deshalb haftet z. B. der Frachtversicherer nicht, wenn die Güter am Bestimmungsort so beschädigt ankommen, daß sie die Fracht nicht mehr decken und das Pfandrecht des Verfrachters und damit etwa auch die Frachtforderung entwertet wird. — Aber eines hat die Versicherung der Frachtforderung mit der Versicherung von Forderungen gegen Sachgefahren, z.B. von Bodmereigebern, natürlich gemein. Nicht die Forderung ist versichert, sondern das durch die Forderung vermittelte, durch sie erst begründete I n t e r e s s e an der Erhaltung der Sachen, von deren Erhaltung sie abhängig ist, also an der glücklichen Ankunft des Schiffes und der Güter (näheres: § 105 Anm.). Auch die Frachtversicherung ist eine Versicherung des Interesses „daran, daß Schiff oder Ladung die Gefahren der Seeschiffahrt besteht" (§ 1 Abs. 1), eine Versicherung, die „auf das Schiff sich bezieht" (§ 79), und eine Versicherung, die „auf die Güter sich bezieht" (§ 99). b) Fracht kann aber unter Umständen auch als Fracht versichert werden, wenn Anm. 79 keine Frachtforderung besteht, oder wenn keine Frachtforderung mehr beBteht. F ü r R h e d e r s g U t e r kann Fracht versichert werden, obgleich von einer Frachtforderung keine Bede ist und demgemäß auch von Fracht keine Bede sein könnte. Die Versicherung von Fracht für Rhedersgüter ist an und für sich die V e r s i c h e r u n g e i n e s r e i n e n G ü t e r i n t e r e s s e s , ebenso etwa, wie die Versicherung subject to insurance endgültig bezahlter Fracht (unten Anm. 89, § 90 Anm.). Nicht die Versicherung des durch eine Frachtforderang vermittelten Interesses, sondern die Versicherung des Interesses, das durch die vom Gütereigentümer aufgewendeten Beförderungskosten vermittelt und begründet wird. Der Rheder k a n n dieses Interesse natürlich auch als solches versichern. E r kann in d e n V e r s i c h e r u n g s w e r t d e r G ü t e r die übliche F r a c h t e i n s c h l i e ß e n , wie der gewöhnliche Güterversicherte nach § 9 0 die endgültig bezahlte Fracht ohne weiteres in den Versicherungswert der Güter eingeschlossen findet. Dann gelten lediglich die für die Güterversicherung maßgebenden Grundsätze (§ 99). Der Rheder kann aber auch Fracht für Rhedersgüter als F r a c h t versichern. So will 8*

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§ 1 es der Verkehr. So will es darum auch das Recht (vgl. §§ 105 Abs. 2, 107 Abs. 1, OAG. Lübeck Kierulff 6.351). „Freight" inclndes the profit derivable by a shipowner from the employment of his ship to carry his own goods or moveables, as well as freight payable by a third party (MIA. § 90, RCP. 16). Das Verhältnis ist dann (soweit möglich, und soweit nicht besonderes bestimmt ist,: §§ 105 Abs. 2, 107 Abs. 1) so zu beurteilen, wie wenn eine Frachtforderung bestände, ein Frachtvertrag zu den üblichen Bedingungen geschlossen wäre (vgl. OAG. Lübeck Kierulff 6.351: „fingierte" Fracht). Ob der Versicherungsnehmer angezeigt hat, daß es sich um Fracht für Bhedersgüter handelt, oder nicht, ist (wenn auch dieser Umstand für das Versicherungsverhältnis keineswegs unerheblich ist) ohne Bedeutung (ansch. abw. OAG. Lübeck Kierulff 6.351), wenn die Anzeige nicht etwa bedeuten' soll, daß die Fracht nicht als Fracht, sondern als GüterMehrwert versichert gelten soll. Ob der Rheder Fracht für Rhedersgüter als Fracht oder aber als Güter-Mehrwert versichert, ist dagegen von erheblicher Bedeutung. Versichert er z. B. die Fracht durch Einrechnung in den Versicherungswert der Güter, so beginnt die Versicherung gemäß § 88 Abs. 2 (§ 8S Anm.); versichert er die Fracht als solche, so beginnt die Versicherung gemäß § 106. — Es kann aber auch sein, daß eine Frachtforderung bestanden hat und nicht mehr besteht, aber gleichwohl Fracht versichert werden kann. Das ist der Fall, wenn die Fracht vorausbezahlt, aber zurückzuzahlen ist, falls die Frachtunternehmung mißglückt. Die Frachtforderung ist erloschen. Aber an ihre Stelle ist die bedingte Verpflichtung zur Zurückzahlung der Fracht entstanden, die das versicherungsrechtliche Surrogat der Frachtforderung bildet und das Interesse als versicherbares (und als versichertes) Frachtinteresse wachhält. Anders, wenn die Fracht e n d g ü l t i g bezahlt ist. Die Frachtforderung ist ohne Rückstand erloschen, das Interesse weggefallen, richtiger: niemals entstanden. Insoweit ist 4aher auch nichts zu versichern. Aber die Fracht kann dem Rheder wieder weggenommen werden. Sie kann insbesondere trotz endgültiger Bezahlung in Havariegrosse beitragen müssen oder dritten, namentlich Kollisionsgläubigern, haften. Diese Gefahr, dieses Interesse ist nicht erloschen. Ein freilich wiederum nicht durch eine Frachtfordernng vermitteltes, sondern durch die Gefahr des Wiederverlierens bereits eingestrichenen Gewinns begrenztes Interesse (genauer natürlich: das Haftpflichtinteresse). Es müßte eigentlich als solches versichert werden. Aber auch hier entscheidet die Verkehrsanschauung; sie läßt die Versicherung als Frachtversicherung zu (näheres unten Anm. SS). The word freight in insnrance law has a more extensive signification than in the general law of shipping and is used compreliensively to denote the benefit derived by the shipowner from the employment of his ship (Lord Tenterden bei Arnould 294 s. 22!)). — Schließlich kann selbstverständlich auch eine Frachtforderung versichert werden, die zwar nicht mehr besteht, aber während der Zeit der (Vergangenheits-) Versicherung bestanden hat (§ 5), — ebenso, wie eine Frachtforderung, die zwar noch nicht besteht, aber noch entstehen soll (§ 4 Abs. 1). ADm. 80 54. Die Fracht kann Reisefracht oder Zeitfracht sein. Die Reisefraclit kann Fracht für eine Reise oder für mehrere Reisen sein, insbesondere auch etwa Fracht für alle während einer bestimmten Zeit zu machenden Reisen (Zeitreisefracht, laufende Fracht; Pappenheim Seerecht 2.58). — Die Zeitfracht kann eigentliche Zeitfracht (ohne Rücksicht auf eine bestimmte Reise, lediglich für eine bestimmte Zeit bedungene Fracht) oder uneigentliche Zeitfracht sein (für eine bestimmte Reise oder für mehrere Reisen nach Zeit bedungene Fracht; vgl. HGB. §§ 622, 637 Abs. 2, 638 Satz 2). — Ist Fracht ohne nähere Angabe v e r s i c h e r t (z.B. zeitversichert), so sind sowohl Reise- wie Zeitfrachtinteressen gedeckt. Freilich hat der Versicherer ein Interesse daran, zu wissen, von welcher Art die Fracht ist. Denn die Umstände sind bei den verschiedenen Frachtarten nicht gleich gefahrerheblich. Insbesondere geht Reisefracht

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durch bloße Reiseverzögerung im allgemeinen nicht verloren (HGB. § 637 Abs. 1). § 1 Ebensowenig freilich auch Zeitfracht (HGB. § 622 Abs.4, P a p p e n h e i m Seerecht 2.522, W i i s t e n d " r f e r Studien 154. RG. 48.94; irrig S c h a p s Seerecht 477). Aber Zeitfracht ist in zwei für die Frachtversicherung besonders wichtigen Fällen nicht zu entrichten, nämlich dann nicht, wenn das Schiff durch Verfügung von hoher Hand aufgehalten wird (HGB. § 637 Abs. 2), und dann nicht, wenn daa Schiff unterwegs ausgebessert werden muß und der Befrachter die Wiederherstellung abwartet (HGB. § 638 Satz 2). Diesem Unterschied könnte das Versicherungsrecht dadurch Rechnung tragen, daß es die besondere Angahe der Art des Frachtinteresses vorschriebe (§ 1), oder daß es den Abschluß eines Zeitfrachtvertrags als gefahrerheblichen Umstand im Sinne der vorvertraglichen Anzeigepflicht und der Gefahrstandspflicht (§§ 19, 23) behandelte (so der Standpunkt des Versicherers im Falle HGZ. 1867.18). Es ist aber nicht die Aufgabe des Versicherungsrechts, dem Verkehr Fußangeln zu legen, sondern ihm Erleichterungen zu verschaffen und gleichzeitig die Interessen einander anzugleichen und damit die Grundlage für einen Marktpreis der Versicherung zu schaffen. Der Unterschied wird deshalb vom Gesichtspunkt der vertragsmäßigen objektiven Beschränkung des Risikos aus behandelt, die Zeitfrachtversicherung der Reisefrachtversicherung angeglichen. Auch bei der Zeitfrachtversicherung soll der Versicherer für Frachtverlust infolge von Reiseverzögerung ebensowenig haften, wie hei Reisefrachtversicherungen (§ 105 Abs. 5). 55. Die Fracht kann Charterfracht sein, Fracht für die Verfrachtung des Schiffes „im ganzen", oder Fracht für die Verfrachtung eines verhältnismäßigen Teiles oder eines bestimmten Raumes des Schiffes, Fracht für die Verfrachtung en ronche oder en rouge1)) affrètement à forfait oder en bloc, Fracht „in Bausch und Bogen" (HGB. §§ 616, 617), lump chartered freight, oder aber F r a c h t für Stückgüter (HGB. § 556). Ist Fracht ohne n ä h e r e A n g a b e v e r s i c h e r t , so ist trotz der nicht überall gleichen Rechtsfolgen (vgl. insbesondere HGB. § 641) die eine wie die andere Art des Interesses gedeckt. 56. Die Fracht kann Bruttofracht oder Nettofracht sein. B r u t t o f r a c h t ist die ganze Fracht. Nettofracht ist der Teil der Fracht, der dem Verfrachter nach Abzug der Betriebskosten als Unternehmergewinn bleibt (vgl. HGB. §§ 621, 721, 756, 796—798, 800, 86S). Im Z w e i f e l gilt die B r u t t o f r a c h t als v e r s i c h e r t (vgl. § 107 Abs. 1; ausdrücklich: HGB. § 798 Abs. 1; vgl. auch Begr. z. E. 1910 § 102). Näheres: § 107 Anm. 57. Die Fracht kann besegelte und unbesegelte Fracht sein. B e s e g e l t e F r a c h t ist die Fracht, die für Bordgüter geschuldet wird (oder geschuldet würde, wenn die Güter nicht Rhedersgüter wären), unbesegelte F r a c h t die Fracht, die für Güter geschuldet wird, die nach dem Frachtvertrag erst noch an Bord gebracht werden sollen. Ist Fracht versichert, so ist grundsätzlich sowohl besegelte wie unbesegelte Fracht gedeckt (RG. 71.397). Anders, wenn es sich um Rhedersgüter handelt. Die Versicherung bezieht sich nur auf besegelte Fracht (§ 105 Abs. 2). Anders auch im Falle einer Zeitversicherung der Fracht. Sie bezieht sich grundsätzlich überhaupt nur auf besegelte Fracht (§ 105 Abs. 4). Näheres: § 105 Anm. 58. Die Fracht kann der Rheder, der Ausrüster, des Schiffes (HGB. § 510), der Mieter des Schiffes, der Oberverfrachter, der Unterverfrachter (vgl. HGB. § 622) zu fordern haben. Ist Fracht versichert, so ist die Fracht gedeckt, die dem ver') Der Ausdruck entstammt nicht der französischen, sondern der niedersächsischen und friesischen Rechtssprache. Nachweise bei P a p p e n h e i m Seerecht 2.57. Vgl. aber auch AUgPlan 1847 § 20: „Verfrachtung en rouge" bei einheitlicher Fracht für mehrere Reisen, insbesondere einheitlicher Aus- und Rückfracht.

Anm. 81

Anm. bî

Aum. 88

Anm. «4

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Frachtinteresse

g 1 sicherten Interessenten gebührt. Insbesondere über die Versicherung von Ober- und Unterfracht: traten Anm. 93 ff. Aum. 85 59. Über die Versicherbarkeit der Fracht nach englischem Recht: oben Anm. 77, 79. — Der französische C. de com. (Art. 347) verbot die Versicherung der Fracht. Man meinte (proceeding rather on scholastic refinements than mercantile considérations: Arnonld 296 s. 231), das Interesse des Rheders an der Erhaltung des Schiffes nicht schwächen zu dürfen. Das Verbot wurde ebenso umgangen, wie das Verbot der Versicherung imaginären Gewinns (oben Anm. 62). Der Rheder verlangte endgültige Vorausbezahlung der Fracht und vergütete dem Befrachter die Kosten der (nicht verbotenen) Versicherung des fret acquis à tout événement ( R i p e r t 2.837; über die Nichtbeachtung des Verbots im österreichisch-italienischen Rechtsgebiet: W e i n b e r g e r OestZ. 1920.192, 205). Das Gesetz vom 12. August 1SS5 hob das Verbot der Frachtversicherung auf (vgl. nunmehr C. de com. Art. 334). Aum. 8« 60. Die Fracht kann vom Befrachter im voraus bezahlt, vom Verfrachter im voraus erhalten sein. DaB Frachtinteresse wird davon nicht berührt. Auch dann nicht, wenn die Vorauszahlung vereinbart ist. Denn vorausbezahlte Fracht muß an und für sich, wenn die Güter verlorengehen, zurückgezahlt werden (vgl. HOB. § 617 Abs. 1, P a p p e n h e i m Seerecht 2.545, ROHG. 15.60, RG.HGZ. 1891.189. HGZ. 1891.54, 1896.175). Allerdings hat auch der Befrachter, der vorausbezahlt hat, ein versicherbares Interesse. Denn der Befrachter muß unter Umständen Fracht zahlen oder vorausbezahlte Fracht dem Verfrachter belassen, obgleich er den erwarteten Gegenwert nicht erhält. So etwa, wenn die Güter beschädigt ankommen. Versichert der Befrachter in solchen Fällen die Fracht, so ist die Versicherung keine Frachtversicherung, sondern eine Versicherung, die sich auf die Güter bezieht (§ 90 Anm.; vgl. auch den Fall HH. 244, in dem noch besonders bedungen war, daß die Versicherung „zur Befriedigung rechtmäßiger Ansprüche des Schiffers pro rata des zurückgelegten Weges auf die gelieferten Waren" dienen sollte). — Der Befrachter, der vorausbezahlt hat, kann auch insofern ein Interesse haben, als er im Falle des Verlustes der Güter zwar die Fracht zurückverlangen, aber, weil der Verfrachter infolge des Verlustes von Schiff und Fracht zahlungsunfähig geworden ist, nicht zurückerlangen kann. Aber die Versicherung dieses Interesses wäre wieder keine Frachtversicherung, sondern die Versicherung einer Vorschußforderung (LG. Hamburg HGZ. 1891.52). Anm. 87 gl. Die Fracht kann aber auch vom Befrachter, ganz oder teilweise, „endgültig bezahlt", vom Verfrachter endgültig erhalten sein. Als „endgültig bezahlt" bezeichnet man im Verkehr auch die Fracht, die zwar noch nicht gezahlt, aber nach dem Frachtvertrag auf alle Fälle, ohne Rücksicht auf den Ausgang der Befördernngsunternehmung, zu zahlen ist, „Fracht, welche der Befrachter auf Grund des Frachtvertrages vorauszuzahlen hat, ohne daß eine Rückzahlungspflicht des Verfrachters für den Fall eintritt, wenn keine verdient werden sollte" (ASVB. § 20 Abs. 3), „definitiv bezahlte Fracht", freight (to be considered as) earned goods lost or not lost, ship lost or not lost (vgl. RG. 11.111.), fret acquis à tout événement oder même en cas de sinistre (vgl. französische Police Art. 16 Abs. 2: Anhang XII), fret payé ou dû à tout événement (Droz 2.388). In England betrachtet man die Fracht ohne weiteres als endgültig bezahlt, wenn nur on account of freight gezahlt ist (Arnould 342 s. 263, P a p p e n h e i m Seerecht 2.546), und auch in Deutschland betrachtet man mehr und mehr „Frachtvorschufi" und „vorausbezahlte Fracht" als endgültig bezahlt (vgl. EinhKonn. Regel 16 Abs. 2 : „Im voraus zahlbare Fracht kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn Schiff und Ladung verlorengehen." und die frühere Laufende Police des VHA. : Anhang I V ; vgl. auch Comité mar. int. Bull. 30.283, 323, 329, DVflntSR. Bericht vom 4. November 1911.2", 33, 36, 38: Le fret payé d'avance et les avances sur fret ne peuvent être recouvrés

Frachtinteresse

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quoique les marchandises en dehors de toute faute du transporteur soient totalement § | ou partiellement perdues pendant le voyage de condition que le navire ait commencé le voyage; vgl. auch HGZ. 1908.73). In diesem Falle ist die G e f a h r des V e r l u s t e s der Fracht vereinbarungsgemäß und entgegen der gesetzlichen Begel (BGB. § 644, HGB. § 617) vom Verfrachter auf den B e f r a c h t e r ü b e r g e g a n g e n , ähnlich wie die Gefahr des Untergangs und der Verschlechterung der Güter nach §§ 446, 447 BGB. vom Verkäufer auf den Käufer übergeht (oben Anm. 10, 11). Wie in jenem Falle der Käufer, so hat hier, wenn die Fracht endgültig bezahlt ist, nur der Befrachter ein versicherbares Interesse (und auch er nicht, wenn für die Deckung der Fracht aus den Gütern keine Aussicht besteht, z.B. ein wirtschaftlich wertloses Familienbild befördert wird und die dafür zu entrichtende Fracht endgültig bezahlt ist). In the case of advance freight, the person advancing the freight has an insurable interest, in so far as such freight is not repayable in case of loss (MIA. § 12). Die Versicherung dieses Interesses ist k e i n e F r a c h t v e r s i c h e r u n g (Leo 179, Seebohm bei Voigt 752, S i e v e k i n g 11, A r n o u l d 299 s. 233; abw. B r o d m a n n 165, Voigt. 133, 138, EG. 38.53, 40.51, Bolze 23 Nr. 542, HGZ. 1880.280, 1896.177, 1897.139, OAG.Lübeck Kierulff 3.352, übrigens im wesentlichen, und wohl mit Recht, mit Rücksicht auf § 137 Abs. 2 Satz 3 ASVB., eine Bestimmung, deren Herkunft ungewiß ist: V o i g t 753). Das Interesse de« Versicherungsnehmers ist kein Interesse daran, daß die nach dem Frachtvertrag zn entrichtende Vergütung nicht infolge eines dem Versicherer zur Last fallenden Unfalls verlorengeht (oben Anm. 7 7 ff.). Diese Vergütung, die Fracht, kann garnicht mehr ..verloren" gehen. Es ist vielmehr das Interesse daran, daß die Deckung nicht leidet, die für die endgültige Einbuße des Frachtbetrags dienen soll. Endgültig bezahlte Fracht erhöht nicht nur den Anknnftswert der Güter (Begr. z. E. 1910 § 1), sondern schon den Abgangswert, also den gewöhnlichen Versicherungswert der Güter (§ 90 Anm.). Die Versicherung endgültig bezahlter Fracht ist also regelmäßig Versicherung des GütereigentümerInteresses, Versicherung ..der Güter". Deshalb wird auch endgültig bezahlte Fracht in den Versicherungswert der Güter eingerechnet (§ 90 Abs. 1). Deshalb führte E. 1910 § 1 als besonderen Gegenstand der Versicherung die .,vom Befrachter endgültig bezahlte Fracht" neben der „sonstigen Fracht" an. Diese Anführung ist nur deshalb weggelassen, weil danach (verb.: „sonstige") endgültig bezahlte Fracht als von dem weiteren Begriff der Fracht doch noch umfaßt erschienen wäre, weil die besondere Versicherung endgültig bezahlter Fracht kaum vorkommt, weil der Versicherungswert der Güter nunmehr nach § 90 Abs. 1 auch endgültig bezahlte Fracht umfaßt und weil schließlich die vom Unterverfrachter dem Oberverfrachter endgültig bezahlte Fracht als Fracht muß versichert werden können (unten Anm. 92 ff., — weshalb freilich auch im § 99 Satz 2 nicht hätte ausgesprochen werden sollen, daß die Bestimmungen über die Güterversicherung „insbesondere . . . im Falle einer besonderen Versicherung endgültig bezahlter Fracht" entsprechende Anwendung finden sollen, — ein Schönheitsfehler, den fchon E. 1910 § 104 Abs. 1 enthält). Vereinbaren Verfrachter und Befrachter n a c h A b s c h l u ß einer gewöhnlichen Frachtversicherung, aber v o r dem B e g i n n der Frachtversicherung, daß die Fracht endgültig zu bezahlen ist, so fällt das Interesse des Versicherungsnehmers (des Verfrachters) weg; der Versicherer erhält nur die Ristornogebühr (§ 4 Abs. 1). Vereinbaren nie n a c h dem B e g i n n der Frachtversicherung, daß die Fracht endgültig zu bezahlen ist, so fällt wieder das versicherte Interesse weg; dem Versicherer gebührt jedoch die Prämie (§ 4 Abs. 2 ; vgl. HG. Hamburg Seebohm 480). Die Frachtversicherung kann nicht etwa als Kreditversicherung aufrechterhalten werden. Denn sie ist nicht als solche genommen. Ebensowenig läßt sich annehmen, daß mit dem Übergang der Gefahr und

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Frachtin teresse

§ 1 des Interesses auch die Versicherung auf den Befrachter übergegangen ist (vgl. § 49 Anm.). Denn in der Frachtversicherung ist die Güterversicherung nicht enthalten (§ 1 Abs. 2 Satz 2). Die Frachtversicherung kann nicht infolge des Interessentenwechsels zur Güterversicherung werden, am wenigsten zu einer Güterversicherung, die nach den für die Güterversicherung, nicht nach den für die Frachtversicherung geltenden Bestimmungen zu beurteilen wäre, sodaß etwa der Frachtversicherer auch im Falle der Seeuntüchtigkeit des Schiffes haftete. Anm. 88 Ist Fracht endgültig bezahlt, so hat gleichwohl n i c h t j e d e s I n t e r e s s e f ü r den V e r f r a c h t e r a u f g e h ö r t . Von der Gefahr des Verlustes der Fracht ist der Verfrachter freilich befreit. Aber nicht von der Gefahr, daß ihm die Fracht infolge eines Unfalls weggenommen wird. Insbesondere besteht die Gefahr, daß er Schiffsgläubigern mit der Fracht haften muß (Begr. z. E. 1910 § 1, B r o d m a n n 165, L e o 191, S i e v e k i n g 11, RG. 33.70, 38.65, HGZ. 1893.43; unrichtig V o i g t 126, RG. 38.54, RG. HGZ. 1891.189, HGZ. 1891.54, 1894.282), z. B. Schiffsgläubigern aus einer Kollision (HGB. §§ 754 Nr. 9, 756) oder aus einer nur das Schiff angehenden Hülfeleistung (HGB. §§ 754 Nr. 6, 756; E h r e n b e r g Beschränkte Haftung 277, R i t t e r ArchBürgR. 40.398, S c h r ö d e r inEnd.Hdbcb. 4.278, Phillips2.146, HGZ. 1897.140; a b w . B r a n d i s Seerecht 2.100, Heck 395, S c h a p s Seerecht 654, A. S i e v e k i n g Seerecht 257, U l r i c h 1.18-2, HGZ. 1893.43, 1896.178, HG. OG. Hamburg HGZ. 1869.71,157,1872.372: beitragspflichtig seien Befrachter oder Empfänger; vgl. auch § 31 Anm.). Der Verfrachter kann gegen diese Gefahr Versicherung nehmen. Deshalb führte E. 1910 § 1 als besonderen Gegenstand der Seeversicherung die „vom Verfrachter e n d g ü l t i g e r h a l t e n e Fracht'1 an. Die Anführung ist nur deshalb weggelassen, weil man auch die Versicherung endgültig erhaltener Fracht als echte (wenn auch beschränkte) Frachtversicherung betrachtete und deshalb die schwerfällige und schwer verständliche Bestimmung notwendig geworden wäre, daß „der Versicherer sich nicht darauf berufen kann, daß endgültig erhaltene Fracht als Fracht bezeichnet ist" (E. 1910 § 1 Abs. 2; vgl. jedoch auch oben Anm. 80). Hat der Verfrachter 100 000 Fracht versichert und davon 20 000 endgültig erhalten, so muß der Versicherer, wenn im Falle einer Kollision die gauze Fracht dem Gegensegler haftet, 100 000 zahlen. Aber die Tatsache, daß gewöhnliche Fracht und endgültig erhaltene Fracht von einander verschieden sind, das durch die endgültig erhaltene Fracht vermittelte Interesse eigentlich ein Haftpflichtinteresse ist (oben Anm. SO), wird doch auch versicherungsrechtlich wirksam sein müssen. Hat der Verfrachter von den 100 000 nur 80 000 versichert, so kann der Versicherer, wenn Schiff und Güter und mit ihnen die 80 000 verlorengehen, die 20 000 aber dem Verfrachter verbleiben, nicht einwenden, daß Unterversichernng vorliege und daß er demnach nur für 4/5 von 80 000 hafte. Die endgültig erhaltene Fracht ist „nicht in den Versicherungswert der Fracht einzurechnen-' (so ausdrücklich ASVB. § 20 Abs. 3). Anm. 89 Der B e f r a c h t e r k a n n noch mehr tun. Er kann dem V e r f r a c h t e r auch noch das R i s i k o a b n e h m e n , in dem die e n d g ü l t i g e r h a l t e n e F r a c h t s t e h t . Er kann sich verpflichten, die endgültig bezahlte Fracht noch einmal zn zahlen, wenn sie dem Verfrachter weggenommen wird. Solche Verpflichtung erblickt man insbesondere in der Vereinbarung, daß der B e f r a c h t e r die F r a c h t v e r s i c h e r n soll (Brodmann 165, L e o 190). Übliche Wendungen sind: „Der Kapitän ist verpflichtet, die verausgabten Assekuranzspesen darauf zu ersetzen" (HG. Hamburg Ullrich Nr. 239), subject to i n s u r a n c e (ROHG. 15.60, HG. Hamburg HGZ. 1870. 89), with insurance (HG. OG. Hamburg HGZ. 1S69.70, 157), less cost of insurance (HG. OG. Hamburg HGZ. 1879.34,39, OAG. Lübeck Kiemlff 3.352), subject to 5 % for all charges (HGZ. 1880.280), interest and insurance paid (HGZ. 1891.53, 189), including insurance and interest (HG. Hamburg HGZ. 1872.342), against interest and insurance (HGZ. 1S91.53, 189),

Frachtinteresse

121

the Charterers are to insure the amount of the advance a t Steamers expense (HQZ. g 1 1896.173, Bolze 23 Nr. 542), an advance of £ 600 on account of the freight, less 6 % for interests and insurance (RG. 40.50, HGZ. 1897.139, AppH. Brüssel ITVMitt. 1913.102), L'affréteur fera assurer les avances mit oder ohne den Zusatz: la prime demeurant à la charge du fréteur (ROHG. 15.60); vgl. ferner OAG. Lübeck HambS. 2.392, HGZ. 1906.150, HG. Hamburg HGZ. 1873.291. Nach englischer Rechtsauffassung kann überhaupt nur the person advancing the freight die endgültig bezahlte Fracht versichern (vgl. oben Anm. 87). The shipowner therefore has not an insurable interest in it ( C h a l m e r s 19). Die Klauseln subject to insurance und dgl. bedeuten nur to show that it is a payment on account of freight, and not a mere loan ( A r n o u l d 344. s. 264). Man wild bei Anwendung solcher dem englischen Rechtsverkehr entlehnten Klauseln die mit ihnen in England verbundene Bedeutung zugrunde legen, also annehmen müssen, daß der Befrachter sich nicht sowohl verpflichtet, die endgültig bezahlte Fracht für Rechnung des Verfrachters zu versichern, als vielmehr sich verpflichtet, im Versicherungsfall noch einmal zu zahlen ( A r n o u l d 344 8. 264: The charterer . . . can insure if he chooses; vgl. auch § 90 Anm. und über die Bedeutung englischer Klauseln: Vorb. vor § 1 Anm. 16). Der V e r f r a c h t e r hat nunmehr j e d e s I n t e r e s s e v e r l o r e n . N u r d e r B e f r a c h t e r kann Versicherung nehmen. Versichert er nur endgültig bezahlte Fracht, so ist er gegen die nochmalige Zahlung der Fracht nicht geschützt. Die Versicherung endgültig bezahlter Fracht deckt nicht auch die Gefahr, daß die Fracht dem Verfrachter von Schiffsgläubigern weggenommen wird (und vom Befrachter zu erstatten ist). Denn die im 2 . 1910 § 1 Abs. 2 ausgesprochene Unterscheidung zwischen endgültig bezahlter und endgültig erhaltener Fracht ist in der Natur der Sache begründet. Die Versicherung endgültig bezahlter Fracht ist Güterversicherung (oben Anm. 89, § 90 Anm.), die Versicherung endgültig erhaltener Fracht, auch wenn der Befrachter sie nimmt, Frachtversicherung. Jene wird durch die Vorschriften über Güterversicherung, diese durch die Vorschriften über Frachtversicherung geregelt. Der Befrachter muß also, wenn er auch gegen nochmalige Zahlung geschützt sein will, es sagen. Kommt nicht zum Ausdruck, daß der Befrachter auch die Gefahr der Wegnahme der endgültig erhaltenen Fracht übernommen hat und versichert wissen will, hat er nur endgültig bezahlte Fracht oder „Frachtvorschuß" versichert, so ist zwar das Interesse nicht (ganz) unrichtig bezeichnet, die Versicherung nicht (ganz) unverbindlich ; aber der Versicherer haftet nicht, wenn die Fracht verdient ist, jedoch von dritten in Anspruch genommen wird. In E n g l a n d , wo man es mit der Bezeichnung des Interesses-'nicht so genau . A n m nimmt, im allgemeinen nur the subject-matter insured must be designated . . . with reasonable certainty und the nature and the extent of the interest of the assured in the subject-matter need not be specified in the policy (MIA. § 26 Abs. 1, 2, oben Anm. 14). wird trotz RCP. 16 (The term „freight" includes the profit derivable by a shipowner from the employment of his ship to carry his own goods . . . , as well as freight payable by a third party usw.) angenommen, daß auch endgültig bezahlte Fracht a l s F r a c h t versichert werden kann,: RCP. 16 does not profess to be exhaustive and therefore it does not prevent the insurance of advance freight simply as freight ( A r n o u l d 299 s. 233). Ob Fracht „endgültig bezahlt", insbesondere ein Frachtvorschuß als endgültig A n m ' bezahlt anzusehen ist, ist T a t f r a g e (RG.HGZ. 1891.189, HGZ. 1891.53). Wer sich darauf beruft, daß Fracht, Frachtvorschuß endgültig bezahlt ist, muß es beweisen (HGZ. 1896.176). Aber freilich pflegt man heute im Frachtvertrag bedungenen Frachtvorschuß im Verkehr als e n d g ü l t i g bezahlt zu betrachten, wie in England (oben Anm. 89, C h a l m e r s 19). Auch Gelder, die der Befrachter dem Kapitän für

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Frachtinteresse

{jj 1 Schiffsbedürfnisse gegeben hat., können als endgültig bezahlter Frachtvorschuß gegeben sein (Bolze 23 Nr. 542, HGZ. 1896.175).

Selbst ein als Darlehnsbetrag

bezeichneter

Vorschuß kann als endgültig bezahlter Frachtvorschuß gemeint sein (RG. HGZ. 1S91.191, IIGZ. 1891.53).

Hat der Befrachter dem Kapitän Frachtvorschuß weniger Zinsen und

Versicherungskosten gezahlt, so ist, auch wenn der Kapitän Bückzahlung bei Ankunft am Bestimmungsort versprochen hat, der Frachtvorschuß doch als endgültig

bezahlt

anzusehen, falls der Befrachter Unterverfrachter ist und der Kapitän die Konnossementsfracht einziehen (und der Vorschuß eben aus ihr „zurückgezahlt" werden) soll (HGZ. 1891.49). Anm. 92

Der Befrachter wird regelmäßig die Deckung der endgültig

bezahlten Fracht

aus dem Mehrwert der Güter am Bestimmungsort erwarten, also nur Befrachter sein. Er kann aber auch die Deckung aus der Unterfracht erwarten, also auch Verfrachter, Unterverfrachter sein.

Erwartet er D e c k u n g nicht aus den Gütern, sondern aus den

Unter-, insbesondere den K o n n o s s e m e n t s f r a c h t e n , so ist die Versicherung endgültig bezahlter Fracht keine Güterversicherung, sondern F r a c h t v e r s i c h e r u n g besonderer Art (OAG. Lübeck Kierulff 3.352).

Gleichwohl wird man nicht sagen können, daß das

Interesse unrichtig bezeichnet und die Versicherung mithin unwirksam ist, wenn der Befrachter endgültig bezahlte Fracht versichert und die Deckung aus der Unterfracht erwartet, die Versicherung also nicht Güterversicherung, sondern Frachtversicherung ist.

Denn die besondere Versicherung des durch den Mehrwert der Güter gedeckten

Frachtvorschusse? ist ebenso selten, wie die Versicherung des durch Unterfrachten gedeckten Frachtvorschusses und im Verkehr wird im Falle der besonderen Versicherung endgültig bezahlten Frachtvorschusses hierunter die Versicherung sowohl des einen wie des anderen verstanden.

Es wird also auch nach den ADS. noch richtig sein, daß

..keine Präsumtion für das eine oder das andere besteht und der Versicherer,

der auf

vorausbezahlte Fracht zeichnet, deshalb mit beiden Möglichkeiten zu rechnen hat-' ( E G . H G Z . 1S91.192, HGZ. 1891.54; anders etwa, wenn für die Versicherung der endgültig bezahlten Fracht ein Güterpolicen-Formular oder ein Formular für gewöhnlich Frachtpolicen benutzt wird).

Über einen Fall der Versicherung eines deutlich erkenn-

baren Oberfracht-Vorschusses: HGZ. 1908.73. Aum. »8

62. Insbesondere Ober- und U n t e r f r a c h t . fracht sein.

Die Fracht kann Ober- oder Unter-

Der Oberverfrachter kann die Oberfracht, der Unterverfrachter die Unter-

fracht versichern.

Der Unterverfrachter kann die Unterfracht auch insoweit versichern,

wie Oberfracht und Unterfracht sich decken.

Beträgt also die Oberfracht 100 000, die

Unterfracht (regelmäßig Konnossementsfracht) 150 000, so kann der Oberverfrachter 100 000, der Unterverfrachter 150 000 versichern.

Denn der Oberverfrachter hat dem

Unterverfrachter nicht etwa die Gefahr abgenommen.

Oberverfrachtung und Unter-

verfrachtung sind zwei wirtschaftlich zusammenhängende Unternehmungen, insofern die eine erst durch die andere ermöglicht ist, auch zwei durch § 662 HGB. zusammengefaßte Unternehmungen, aber im übrigen zwei rechtlich völlig selbständige Unternehmungen.

Der Oberverfrachter trägt die Gefahr der einen, der Unterverfrachter die

der anderen Unternehmung.

Jeder

von beiden hat deshalb auch das durch seine

Unternehmung begründete Interesse und k a n n

dieses Interesse v o l l

versichern.

Die Anschauung, daß der Unterverfrachter, soweit Ober- und Unterfracht sich decken, im obigen Beispielfall also für 100 000, die Gefahr nicht trage und deshalb kein versicherbares Interesse habe (so RG. 38.54; zustimmend S i e v e k i n g irrig.

12), ist offenbar

Eine andere Frage ist, ob es sich wirtschaftlich rechtfertigen läßt und nicht

vielmehr Prämienverschwendung ist, wenn der Oberverfrachter die ganze Oberfracht, der Unterverfrachter die ganze Unterfracht versichert, und ob nicht vielmehr zweckmäßig der Oberverfrachter die Überfracht, der Unterverfrachter nur den Frachtüberschuß

Franhtinteresse

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versichert. Diese Frage ist natürlich im Sinne der letzteren Alternative zu beant- § 1 Worten; zwar nicht für alle Fälle (denn der Unterverfrachter kann ein Interesse daran haben, die Auseinandersetzung mit dem Oberverfrachter dem Versicherer der Unterfracht zn Überlassen), wohl aber für die Kegel. Denn im Versichernngsfall geht in der Regel nicht nur die Unterfracht, sondern anch die Oberfracht verloren. Ein und derselbe Fall bringt dem Unterverfrachter Nachteil und Vorteil. Nach den Kegeln über Vorteilsausgleichung muß er sich den Vorteil auf den Nachteil anrechnen lassen (Vorb. IX vor § 1; vgl. auch A r n o n l d 340 s. 262). — Hieraus ergibt sich für obigen Beispielfall (Oberfracht: 100 000, Unterfracht: 150 000): a) Geht die Fracht total verloren, so kann der Unterfracht-Versicherte vom Ver- Anm. «4 sicherer 150 000 verlangen, muß sich aber den durch den Versichernngsfall herbeigeführten Vorteil des Verlustes der Oberfraclit anrechnen lassen und erhält mithin nur 50 000. Hat der Unterverfrachter dem Oberverfrachter auf die Oberfracht vorschußweise 40 000 gezahlt, so kann er vom Oberverfrachter Rückzahlung verlangen. Erhält er sie zurück, so muß er sie sich auf die Versicherungssumme anrechnen lassen, erhält also vom Versicherer wieder nur 50 000. Verweigert der Oberverfrachter die Rückzahlung, so kann der Unterfracht-Versicberte vom Versicherer 150 000 — 60 000 = 90 000 verlangen; der Anspruch auf Rückzahlung rler 40 000 geht nach § 45 (nicht nach §§ 71 Abs. 3, 79) auf den Versicherer über. b) Der Unterverfrachter hat dem Oberverfrachter 20 000 endgültig bezahlt. Anm. »5 1. Der Oberverfrachter kann 100 000 Fracht versichern. Doch gilt die Versicherung in Höhe von 20 000 nur als Versicherung endgültig erhaltener Fracht. — Der Oberverfrachter kann auch 80 000 gewöhnliche Fracht und 20 000 endgültig erhaltene Fracht versichern. — Er kann auch nur 80 000 „Fracht" versichern. 2. Der Untevverfrachter kann 150 000 Fracht versichern (RG. 38.51). — Er kann auch 130 000 gewöhnliche Fracht und 20 000 endgültig bezahlte Fracht versichern. — Er kann auch 150000 Fracht beim einen, 20 000 endgültig bezahlte Fracht beim anderen Versicherer versichern; doch wäre das teilweise Doppelversicherung (RG. 38.53; vgl. auch HGZ. 1908.73). — Er kann auch — und wird in der Regel zweckmäßig so verfahren — die endgültig bezahlte Fracht von 20 000 und den Frachtüberschuß von 50 000 versichern. Er kann auch 20 000 + 50 000 = 70 000 als Fracht versichern. Aber er muß dabei angeben, daß 20 000 endgültig bezahlte Fracht und 50 000 Frachtüberschnß sind (OAG. Lübeck Kierulif 3.553). Zwar ist auch die Fracht, die der Unterverfrachter endgültig zu zahlen hat, Fracht und ihre Versicherung Frachtversicherung (oben Anm. 92). Zwar ist auch der Frachtüberschuß (difference in freight, profit on charter) Fracht und seine Versicherung Frachtversicherung ( V o i g t 134, 138, RG. HGZ. 1891.192, HGZ. 1891.55, 1S96.11S, OAG. Lübeck Kierulff 3.352). Aber der Unterverfrachter ist Frachtversicherungs-Interessent für 150 000, und die Frachtversicherung für nur 70 000 wäre mithin Unterversicherung. Vgl. auch Plan 1800 Nr. 34 d: Assekuranz auf Gewinn auf Frachten . . . muß . . . in der Polize angezeigt werden, wenn sie gültig' seyn soll". Ähnlich schon Hamb. FrachtVBed. von 1785 § 7 (Vorb. vor § 1 Anm. 3). c) Der Unterverfrachter hat 20000 subject to insurance endgültig bezahlt. Anm. 96 1. Der Überverfrachter kann nur 80 000 Fracht versichern. 2. Der Unterverfrachter kann 150000 Fracht versichern. — Er kann auch 130000 gewöhnliche Fracht und 20000 subject to insurance endgültig bezahlte Fracht versichern. — Er kann auch 150000 Fracht beim einen, 20000 subject to insurance endgültig bezahlte Fracht beim anderen Versicherer versichern. Doch würde das teilweise Doppelversicherung sein. — Er wird in der Kegel zweck-

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mäßig nur die endgttltig bezahlte Fracht von 20000 und den Frachtüberschuß von 50000 versichern. Anm . 97 d) Der Unterverfrachter hat 20000 endgültig bezahlt, der Befrachter 40000 endgültig bezahlt. 1. Der Oberverfrachter k a m 100000 Fracht versichern. — Er kann auch 80000 gewöhnliche Fracht, 20000 endgültig erhaltene Fracht versichern. — Er kann auch nur SO 000 als Fracht versichern. 2. Der Unterverfrachter kann 150000 versichern. — Er kann auch 130000 gewöhnliche Fracht und 20 000 endgültig bezahlte Fracht versichern. — Er kann auch 90000 gewöhnliche Fracht, 20000 endgültig bezahlte Fracht und 40000 endgültig erhaltene Fracht vei sichern. — Er wird zweckmäßig die von ihm endgültig bezahlte Fracht von 20 000, den Frachtüberschuß von (150 000—100 000 — 40 000 —) 10000, gegebenenfalls auch noch die endgültig erhaltene Fracht von 40000 versichern. 3. Der Befrachter kann 40000 endgültig bezahlte Fracht versichern. Anm. 98 e) Der Unterverfrachter hat 20000 endgültig bezahlt, der Befrachter 40000 subject to insurance endgültig bezahlt. 1. Der Oberverfrachter kann 100000 Fracht versichern. — Er kann auch SO 000 gewöhnliche Fracht, 20000 endgültig erhaltene Fracht versichern. — Er kann auch nur SO 000 als Fracht versichern. 2. Der Unter Verfrachter kann 110000 Fracht versichern. — Er kann auch (110000 — 20000 —) 90000 gewöhnliche Fracht und 20000 endgültig bezahlte Fracht versichern. — Er wird zweckmäßig nur die von ihm endgültig bezahlte Fracht von 20000 und den Frachtüberschuß von 10000 versichern 3. Der Befrachter kann 40000 subject to insnrance endgültig bezahlte Fracht versichern. An». 9» f) Der Unterverfrachter hat 20000, der Befrachter 40000 endgültig bezahlt, beide subject to insurance. 1. Der Oberverfrachter kann nur SO 000 Fracht versichern. 2. Der Unterverfrachter kann 110000 Fracht versichern. — Er kann auch 90000 gewöhnliche Fracht und 20000 subject to insurance endgültig bezahlte Fracht versichern. — Er wird zweckmäßig nur die von ihm endgültig bezahlte Fracht von 20000 und den Frachtüberschuß von 10000 versichern. 3. Der Befrachter kann 40000 subject to insurance endgültig bezahlte Fracht, versichern. Anm. ioo 63. Der B e f r a c h t e r k a n n auch nicht endgültig bezahlte, also g e w ö h n l i c h e F r a c h t v e r s i c h e r n . Denn er muß unter Umständen Fracht zahlen, ohne in den Gütern den entsprechenden Gegenwert zu haben. So z.B. wenn Tiere unterwegs sterben (HGB. § 61S Abs. 1), oder wenn die Güter am Bestimmungsort beschädigt ankommen und deshalb die Fracht nicht decken (Prot. 3035). Der Befrachter hat für solche Fracht, für die Fracht in solchen Beziehungen ein versicherbares Interesse. Aber das Interesse ist kein Frachtinteresse, sondern ein Güterinteresse (vgl. HGB. §§ 799 Abs. 2, 800, ASVB. §§ 22 Abs. 2, 23; § 90 Anm.). Nicht die Bestimmungen über Frachtversicherung, sondern diejenigen über G ü t e r v e r s i c h e r u n g sind anzuwenden. Anm. IOI 64. Schlepplohn. Der Begriff des Frachtvertrags setzt nicht voraus, daß die zu befördernden Sachen sich in oder auf dem befördernden Schiff befinden ( P a p p e n h e i m Seerecht 2.17, RG. 6.99, 67.11, 86.429, HGZ. 1900.215). Insbesondere können die Frachtgüter auch im Seeleichter durch Schlepper befördert werden. Die Fracht ist darum nicht minder Fracht und a l s F r a c h t v e r s i c h e r b a r , wenn und weil die Güter in dieser Weise befördert werden. Aber die Regel bildet diese Art der Beförde-

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rung nicht, und die Vorschriften des Seeversicherungs-Rechts haben sie ebensowenig im § 1 Auge, wie diejenigen des Seefracht-Rechts ( P a p p e n h e i m Seerecht 2.17). Sie ist mit erheblich größeren Gefahren verbunden, als die gewöhnliche Beförderung über See, und bildet daher jedenfalls einen g e f a h r e r h e b l i c h e n U m s t a n d im Sinne des § 19. — Dasselbe ist der Fall, wenn die Fracht nicht sowohl für die Beförderung der Güter allein, sondern für die B e f ö r d e r u n g des g e s c h l e p p t e n S c h i f f e s mit den Gütern bedungen ist oder auch nur für die Beförderung des geschleppten Schiffes Auch in Fällen dieser Art handelt es sich, mag das geschleppte Schiff eigene Besatzung haben oder nicht, um Frachtverträge, vorausgesetzt immer, daß die Obhut über das geschleppte Schiff und die Güter beim Schlepper ist (ROHG. 23.320, RG. 6.100, 67.11, 86.429, HGZ. 1903.290). Aber auch in diesen Fällen ist der Frachtversicherte natürlich anzeigepflichtig. Von Schleppfrachtverträgen dieser Art ist der eigentliche Schleppvertrag (Schlepp- Anm.ua vertrag im engeren Sinne) zu unterscheiden, der Vertrag des „Schleppschiffunternehmers" (HOB. § 1 Abs. 2 Nr. 5), der Vertrag, durch den der eine Teil zu schleppen, der andere Teil eine Vergütung zu zahlen sich verpflichtet und die O b h u t über das Geschleppte nicht oder n i c h t a u s s c h l i e ß l i c h beim S c h l e p p e r ist. Dieser Vertrag ist k e i n F r a c h t v e r t r a g ( P a p p e n h e i m Seerecht 2.20, Schaps Seerecht 308 und hier angef. Litt. u. Rspr.), sondern "Werkvertrag gewöhnlicher Art oder Dienstvertrag, der Schlepplohn nicht Fracht und deshalb n i c h t als F r a c h t v e r s i c h e r b a r , sondern gewöhnliche Werk- oder Dienstvergütung (vgl. insbesondere ROHG. 23.231, RG. 10.167, 67.11. HGZ. 1889.105, 1894.5, 1897.92, 284, 1898.103, 1902.99, 1905.56; vgl. auch unten Anm. 107). Schiffsmiete. 65. Gemeint ist: Schiffsmietzins, genauer: die Forderung auf Schiffsmietzins (vgl. Auin wi oben Anm. 78). Das Schiff kann vermietet, es kann vereinbart sein, daß der Vermieter den Gebraiich des Schiffes während der Mietzeit zu gewähren, der Mieter den vereinbarten Mietzins zu entrichten hat (BGB. § 535). Und zwar so, daß „der bloße Körper des Schiffes" vermietet ist (Prot. 1656), wie z.B. beim Schuten-Mietevertrag gewöhnlich. Oder so, daß das Schiff mit der Besatzung vermietet wird, und die Besatzung zwar den Anordnungen des Mieters zu entsprechen, gleichzeitig aber auch die vertragsmäßige Verwendung des Schiffes zu beaufsichtigen, vertragswidriger Verwendung des Schiffes sich zu versagen hat, — die Schiffslieuer (oben Anm. 76). Typisch ist hierfür die Uniform Time-Charter der Baltic and White Sea Conference as revised Berlin 1912 (eine Revision von 1920 ist gescheitert), die sog. B a l t i m e , : It is this Day mutually agreed between . . . Owners of the good Steamer called . . . of — R e g i s t e r , classed . . . of . . . indicated Horse power, carrying about . . . Tons dead weight on Board of Trade summer freeboard inclusive of Bunkers, having als per Builder's plan . . . cubic-feet j j ^ capacity, exclusive of permanent Bunkers, which contain about. . . Tons, and capable of steaming about. . . knots an hour in good weather and smooth water on a consumptiou of about . . . tons best. Cardiff coal, now . . . and . . . of . . . as Charterers. 1. That the said Owners agree to let, and the said Charterers agree to hire the said Steamer for the term of . . . calendar months from the time (the day not to be a Sunday or a legal Holiday) the said Steamer is delivered and placed at the disposal of the Charterers ready to load and after written notice has been given between the hours of 9 a.m. and 6 p.m., or between 9 a.m. and 2 p.m. if on Saturday, at . . . in such dock or at such wharf or place immediately available and where she can always safely lie afloat, as Charterers may direct, she being then tight, staunch, strong, and

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in every way fitted for ordinary cargo service (with her complement of officers and crew); to be employed in lawful trades for the conveyance of lawful, not injurious, inflammable or dangerous merchandize (such as acids, explosives, calcium carbide, ferro silicon, naphtha, petroleum, tar, or any of their products), also no live stock to be shipped, between good and safe ports or places within the following limits: . . . where she can always safely lie afloat, as Charterers or their Agents shall direct, on the following conditions •J. That the Owners shall provide and pay for all the provisions and wages, and for the insurance of the steamer and for all deck and engine-room stores and maintain her in a thoroughly efficient state in hull and machinery for and during the service. Owners to provide one winchman per hatch, if further winchmen are required or if the stevedores will not work with men from the crew at the winches, charterers to provide and pay winchmen from land. а. That the Charterers shall provide aud pay for all the coals, fuel, water for boilers, portcliarges, pilotages (whether compulsory or not), canal steersmen, boatage, lights, tug-assistance, consulages (except consular shipping and discharging fees of the Captain, officers, engineers, firemen and crew) canal, dock and other dues and charges, (also to pay all dock, harbour and tonnage dues at the port of delivery and re-delivery unless incurred through cargo carried before delivery or after re-delivery) agencies, commissions, expenses of loading, trimming, stowing, unloading, weighing, tallying and delivery of cargoes, surveys on batches and protests (if relating to cargo) and all other charges and expenses whatsoever, except those above stated. 4. That the Charterers at the port of delivery and the Owners at the port of re-delivery shall take over and pay for all coal remaining in Steamer's bunkers, at the current price of the respective ports. The steamer to be redelivered with not less than . . . tons and not exceeding . . . tons coals in Steamer's bunkers. 5. That the said Chatterers shall pay as hire for the said Steamer: . . . per calendar month, commencing from the time the Steamer is placed at the disposal of Charterers, and pro rata for any fractional part of a month (the days to be taken as fractions of a mouth of 30 days) until her re-delivery to Owners als herein stipulated. That the payment of the hire shall be made as follows: In . . . in cash, without discount, monthly in advance. In default of such payment or payments, as herein specified, the Owners shall have the faculty of withdrawing the said Steamer from the service of the Charterers, without prejudice to any claim they (the Owners) may otherwise have on the Charterers under this Charter. б. That the cargo or cargoes shall be laden (with due regard to seaworthiness) and/or discharged by Stevedores appointed by Charterers in any dock, or at any wharf or place the Charterers or their Agents may direct, where the Steamer can always safely lie afloat. The owners shall provide gear capable of handling lifts up to two tons and maintain the ordinary cargo gear of the Steamer as fitted, but gear for heavier lifts, shall be for Charterers' account. Any other special gear including any special ropes, hawsers and chains required by the custom of the port for mooring shall be for Charterers' account. All runners, ropes and slings actually used for loading and discharging shall be paid for by Charterers. 7. That the Steamer (unless lost) shall be re-delivered on the expiration of this Charter-Party, in same good order as when delivered to the Charterers (fair wear and tear excepted) at an ice-free port in Charterers' option in the United Kingdom or on

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the Continent between Havre and Hamburg, both included, . . . between the hours of 6 a.m. and 6 p.m., but the day of re-delivery shall not be a Sunday or legal Holiday, always unless owners agree to take re-delivery earlier. The Charterers to give the Owners not less than ten days' written notice at which port and on about which day the steamer will be re-delivered. Should the Steamer be on a voyage at the expiration of the period fixed by this Charter, the Charterers are to have the use of the Steamer at the rate and on the conditions herein stipulated to enable them to complete the voyage, provided always that the said voyage was reasonably calculated to be completed about the time fixed for the termination of the Charter. Money in dispute to be deposited in the joint names of the parties to this charter party with approved bankers at the place of payment of the hire until the dispute has been settled by the arbitrators. 8. That the whole reach and lawful burthen of the Steamer, including lawful deck-capacity (compatible with vessel's seaworthiness), not exceeding what she can reasonably stow and carry, shall be at the Charterers' disposal, reserving only proper and sufficient space for Steamer's officers, crew, tackle, apparel, furniture, provisions and stores. When cargo is shipped on deck it shall be at Charterers' or Shippers' risk. 9. That the Captain shall prosecute his voyages with the utmost dispatch, and shall render all customary assistance with Ship's crew. Although appointed by the Owners the Captain shall be under the orders and direction of the Charterers as regards employment, agency, or other arrangements; and the Charterers hereby agree to indemnify the Owners from all consequences or liabilities that may arise from the Captain or Officers personally or by Agents signing Bills of Lading or other documents or otherwise complying with such orders, as well as from any irregularity in the Steamer's papers or for overcarrying goods. Owners shall not be responsible for shortage, mixture, marks, nor for number of pieces or packages, nor for damage to or claims on cargo caused by bad stowage or otherwise, the Stevedore being employed by the Charterers. 10. That if the Charterers shall have reason to be dissatisfied with the conduct of the Captain, Officers, or Engineers, the Owners shall, on receiving particulars of the complaint, investigate the same, and, if necessary and practicable, make a change in the appointments. 11. That the Charterers shall furnish the Captain from time to time with all requisite instructions and sailing directions in writing and the Captain and Engineer shall keep full and correct logs of the voyage or voyages, which logs are to be accessible and patent to Charterers or their Agents. 12. That in the event of loss of time from deficiency of men or Owners stores, breakdown of machinery, or damage to hull or other accident preventing the working of the Steamer and lasting more than twentyfour consecutive hours, the hire shall cease from the commencement of such loss of time until she be again in an efficient state to resume her service; but should the Steamer be driven into port, or to anchorage by stress of weather, or from any accident to the cargo, or in the event of the Steamer trading to shallow harbours, rivers, or ports where there are bars causing detention to the Steamer through grounding or otherwise, time so lost and expenses incurred (other than repairs) shall be for Charterers' account. 13. That the Charterers shall give Owners sufficient time for cleaning boilers. 14. That throughout this Charter losses or damages whether in respect of goods carried or to be carried or in other respects arising or occasioned by the following causes shall be absolutely excepted, viz: The Act of God, perils of the seas, fire on board, in hulk, craft, or on shore,

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§ 1 barratry of the Master or Crew, enemies, pirates, robbers, or thieves, arrests anii restraints of princes, rulers, and peoples, collisions and strandings, explosions, bursting of boilers, breakage of shafts, or any latent defect, even if existing at the beginning of the voyage, in the hull, boilers, machinery, or appurtenances, negligence, default, or error of judgment of the Pilot, Master, or Crew, or other servants of the Owners, in the management or navigation of the Steamer. The Steamer has liberty to tow or to be towed and to assist, vessels in distress, and to deviate for the purpose of saving life or property. 15. That should the Captain require funds for ordinary disbursements for Steamer s account at any port, Charterers or their Agents are to advance the same, such advances shall be deducted from the next hire, but Charterers shall in no way be responsible for the application of such advance. 16. That the steamer shall not be ordered to any port where fever or pestilence is prevalent, or any port blockaded or where hostilities are being carried on, or any ice-bound port, or any port where lights or lightships are or are about to be withdrawn by reason of ice or war, or where there is risk that in the ordinary course of things the steamer will not be able on account of ice to enter the port or to get out after having completed loading or discharging, nor shall steamer be obliged to force ice. Should the steamer be detained by any of the above causes such detention shall be for Charterers account. Nevertheless, if on account of ice Captain should consider it dangerous to remain at port of loading for fear of steamer being frozen in and/or damaged he shall have liberty, (but not be obliged) to sail to a convenient open place and await Charterers fresh instructions. 17. That detention and all expenses arising through quarantine (including cost of fumigation), strikes, lock-outs, shall be for Charterers' account. IS. That should the steamer be lost or missing, the hire shall cease from the date when she was lost or last spoken, or if not spoken, then from the date when last seen, and hire paid in advance and not earned shall be returned to the Charterers. 19. That the Steamer is to work day and night if required, all overtime to be paid by Charterers. The Charterers shall pay all overtime (six pence per hour per man) to Officers, Engineers, Firemen and Crew and for all meals properly supplied to Pilots, Stevedores, Tallymen, Custom House Officials and Labourers. •20. That the Charterers shall supply and pay for all dunnage required, but .sba'i have the free use of any dunnage that may be in the steamer. 21. That the Owners have a lien upon all cargoes and all sub-freights for hire and general average contribution, and for all expenses and damages due under or tor breach of this charter and Charterers to have a lien on the Steamer for all moneys paid in advance and not earned. 22. That all salvage and assistance to other vessels be for Owners' and Charterers equal benefit after deducting Master's and Crew's proportion, all legal and other expense-, and repairs of damages incurred, including loss of time and coal. 23. That the Charterers shall have the option of subletting the Steamer giving due notice to Owners, but the original Charterers always to remain responsible To Owners for due performance of this Charter. 24. That in the event of war between the nation to whose flag the chartered Steamer belongs and any European power or any other power operating or likely to operate in European waters, Charterers and/or Owners shall have the option of cancelling this Charter. That no voyage be undertaken, and no goods, documents or persons shipped that would involve risk of seizure, capture, repatriation or penalty by Rulers or Governments.

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25. That the Charterers have the option of continuing the Charter for further § 1 . . . periods of . . . calendar months each on giving written notice thereof to the Owners at least . . . days previous to expiration of the first named and any subsequent term. 26. That the Steamer shall be delivered under this Charter: . . . and should the steamer not have been delivered latest on the . . . day of . . . 19 . ., Charterers to have the option of cancelling this Charter. That should it be proved that the Steamer through unforeseen circumstances cannot be delivered by the cancelling date, Charterers, if required, shall within 48 hours after receiving notice thereof declare whether they cancel or will take delivery of the Steamer. 27. That any dispute arising under this Charter shall be referred to Arbitration in London (or another port if arranged: . . . ) one Arbitrator to be nominated by the Owners and another by the Charterers, and in case such Arbitrators shall not agree, then to the decision of an Umpire who shall be appointed by the said Arbitrators, and the award of the said Arbitrators or Umpire shall be final and binding upon both parties hereto. The Arbitrators including the Umpire shall be Commercial men. 28. General Average shall be settled according to York and Antwerp Bules, 1890. 29. Penalty for non-performance of this contract, proved damages. 30. A Commission of . . . per cent on the hire paid and earned under this Charter and on any continuation is payable to: . . . In Deutschland ist auch ein vom Beederei-Verband „auf Grundlage der Baltime" ausgearbeiteter „Zeitfrachtvertrag" (sog. „Deuzeit") in Gebrauch, der zwar nur von „verfrachten" und „befrachten" spricht, aber seinem Wesen nach, wie die Baltime, nichts anderes ist als Schiffsheuer. 66. Die Versicherung der Schiffsmiete ist, wie die Versicherung der Prachtforderung, Anm. 104 keine Versicherung der Forderung und insbesondere keine Kreditversicherung (oben Anm. TS). Sie ist die Versicherung des dnrch die Mietzins-Forderung vermittelten Interesses an der Erhaltung des Schiffes. Sie ist demgemäß auch eine „auf das Schiff sich beziehende" Versicherung im Sinne des § 79 (oben Anm. 7S). 67. Verfrachtung und Vermietung von Schiffen sind in ihren Voraussetzungen Anm. 105 und Wirkungen verschiedene .Rechtserscheinungen (oben Anm. 76). Deshalb hat man mit Becht die Versicherung von Fracht für unwirksam gehalten, wenn nicht Fracht, sondern Schiffsmiete geschuldet wild (EG. 69.129, HGZ. 190S. 289). Die Unterschiede schließen nicht aus, daß die beiden Verhältnisse durch Vereinbarung, ohne Verletzung ihrer typenabgrenzenden Merkmale, einander angeglichen werden. Das ist ja auch insbesondere im Schiffsheuervertrag geschehen, der vom Zeitfrachtvertrag entlehnt hat (oben Anm. 103). Auf dem Gebiet der Seeversicherung sind die ADS. gefolgt. Von den Unterschieden, die Frachtverhältnisse und Mieteverhältnisse trennen, hat sich als der verhängnisvollste der erwiesen, der an den Wirkungen von E e i s e v e r z ö g e r u n g e n zu Tage tritt. Während die Eeisefracht durch solche Verzögerung kaum beeinträchtigt wird, ist die Zeitfracht schwer, die Schiffsmiete noch schwerer durch sie gefährdet. Deshalb darf an und für sich Zeitfracht nicht als Fracht, Schiffsmiete nicht als Zeitfracht, geschweige denn als Fracht versichert werden. Aber der Unterschied wird für das Gebiet der Versicherung a u s g e g l i c h e n , wenn der Versicherer die Haftung für den durch Verzögerung verursachten Verlust überhaupt ablehnt. Dies tut § 105 Abs. 5 für die Zeitfrachtversicherung und § 108 Abs. 1 für die Schiffsmieteversicherung. Nun ist der Weg für eine verkehrsgerechte Behandlung der Schiffsmieteversicherung frei. Wie der Frachtvertrag geschichtlich der Schiffsmiete entwachsen ist, hat diese in der Schiffsheuer wieder in den Zeitfrachtvertrag eingelenkt. Die rechtlichen Unter9

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Überfahrtsgelder-Interesse

§ 1 schiede zwischen Schiffshener und Zeitfrachtvertrag liegen nicht so zu Tage, daß sie im schnelllebigen Verkehr ohne weiteres zu erkennen wären. Da kann es insbesondere leicht vorkommen, daß Schiffsheuer als Fracht versichert wird, zumal im englischen Rechtsverkehr insoweit kein Unterschied gemacht wird ( A r n o u l d "298. s. 232, — wenngleich auch nicht verkannt wird, daß the hire of the ship . . . is, strictly speaking, rather to he called charter-money than freight: A r n o u l d 346 s. 266). Unter diesen Verhältnissen braucht der Versicherungsnehmer nicht mehr zu leiden: Er kann „Schiffsmiete als für bestimmte Zeit geschlossene F r a c h t " und „solche F r a c h t als Schiffsmiete" versichern (§ 1 Abs. 3 Satz 2). Und da er eigentliche sowohl wie nneigentliche Zeitfracht (wenn auch nicht als „Reisefracht", so doch) auch als „Fracht" versichern Vann, so kann er auch Schiffsmiete (wenn auch nicht als „Reisefracht", so doch) als „Fracht" versichern. Anm. loe 68. Ob das Schiff zur Güterbeförderung oder z u r P e r s o n e n b e f ö r d e r u n g vermietet ist, ist versicherungsrechtlich im allgemeinen ohne Bedeutung (anders natürlich vom mieterechtlicheu Standpunkt; vgl. HGZ. 1901.160, wonach Schiffe im Zweifel nur als zur Güterbeförderung vermietet gelten). Nur unter besonderen Umständen würde der Vermieter, der Schiffsmiete versichert, anzuzeigen haben, daß das Schiff zur Personenbeförderung vermietet ist. Der Versicherungsnehmer kann auch nach § 1 Abs. 3 Satz 2 Schiffsmiete als „Fracht" versichern, wenn das Schiff zur Personenbeförderung vermietet ist. Die darin liegende Unebenheit ist bei den Verhandlungen über den E. 1910 erwogen, aber zu leicht befunden, um eine Unterscheidung und Verkehrserschwerung zu rechtfertigen. Anm. 107 69. Schiffsmiete ist nur Sachmiete. Insbesondere nicht auch Dienstmiete (vgl. BGB. §611). Das Schiff kann auah Gegenstand einer bloßen Dienstmiete sein. Der Eigentümer des Schiffes kann mittelst des Schiffes zu leistende Dienste, der Dienstberechtigte eine Vergütung versprechen. So. z.B., wenn das Seeschiff einen Hafengchlepper annimmt, nicht, um sich von ihm in den Hafen schleppen zu lassen, sondern nur um die Einfahrt in den Hafen zu sichern, dienstbereit zu sein und die etwa verlangten Dienste zu leisten. Ebenso aber auch, wenn der Schlepper zwar schleppen soll, aber unter der Leitung und nach den Anweisungen des geschleppten Schiffes, ä son Service, the command or governing power being with the tow, and the motive power with the tug (vgl. R i t t e r Denkschrift zu den Entwürfen der Com. Mar. Int. von Verträgen über Ansegelung usw. 29), wenn der Schlepper „nur die fortbewegende Kraft des geschleppten Schiffes" ist (Hamb. SeeschleppB. in HRZ. 1919. 612; vgl. auch HGZ. 1902.43, 1903.145, 1906.8). Die für solche Dienstleistung zu entrichtende Vergütung ist keine Fracht und keine Schiffsmiete und nicht als solche versicherbar (vgl. auch oben Anm. 102).

Überfahrtsgelder. Anm. ios

70. Überfahrtsgeld ist die Vergütung, die der Unternehmer nach dem Überfahrtsvertrag f ü r die von ihm übernommene B e f ö r d e r u n g eines Reisenden von diesem (oder von dem sonstigen Vertragschließenden) zu verlangen hat, — aber auch die F o r d e r u n g , deren Gegenstand die Vergütung bildet (vgl. oben Anm. 77). Anm. 109 71. Der Überfahrtsvertrag ist kein F r a c h t v e r t r a g (deshalb rechts- und auch sprachmißbräuchlich: HGB. Überschrift vor § 664: „Frachtgeschäft", § 676: „Verfrachtung eines Schiffes zur Beförderung von Reisenden", §§ 669, 671, 674: „Verfrachter"). Das Überfahrtsgeld ist nicht Fracht. Aber es ist der Zwilling der Fracht. Anm. 110 72, Auch der Überfahrtsvertrag kommt, wie der Frachtvertrag, m i t E l e m e n t e n der S a c h m i e t e d u r c h s e t z t vor (z.B. Ausbedingung eines bestimmten Schiffsraums: S c h a p s Seerecht 574; vgl. jedoch auch den Frachtvertrag über einen „bestimmt be-

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Überfahrtsgelder-Interesse

zeichneten Raum" des Schiffes: HGB. § 55G Nr. 1), verliert aber, solange die typen- § 1 abgrenzenden Merkmale des Werkvertrags nicht verwischt sind, nicht seinen juristischen Charakter als Überfalirtsvertrag (näheres oben Anm. 76). 73. Bei der nahen Verwandtschaft des Überfahrtsgeldes und der Fracht muß die Anm. i n Versicherung von Überfahrtsgeld grundsätzlich dasselbe Gepräge tragen, wie die Frachtversicherung (vgl. daher oben Anm. 77 ff.). Aber sie unterscheidet sich von der Frachtversicherung in einer wesentlichen Beziehung. Sie ist zwar, wie die Frachtversicherung, eine Versicherung, die „sich auf das S c h i f f bezieht". Die Bestimmungen über Kaskoversicherung finden daher nach § 79 auf die Überfahrtsgelder-Versicherung entsprechende Anwendung. Aber sie ist, anders als die Frachtversicherung, keine Versicherung, die uicli auch auf die G ü t e r bezieht und sich deshalb gemäß § 99 auch nach den für die Versicherung von Gütern geltenden Bestimmungen richtet. Auch nicht etwa, wenn und weil der Unternehmer Reisegut befördert. Denn diese Beförderung geschieht nur nebenher (vgl. HGB. § 672) und macht die Versicherung von Überfahrtsgeldern so wenig zu einer auf Güter sich beziehenden Versicherung, wie den Überfahrtsvertrag zum Frachtvertrag. Die Überfahvtsgelder-Versicherung b e z i e h t s i c h statt auf Güter vielmehr a u f P e r s o n e n . Sie müßte daher, soll sie der Frachtversicherung gleichen, als die Versicherung des Unternehmerinteresses an der Erhaltung des Schiffes und der Reisenden gestaltet werden. Gesetz und ADS. haben indessen fast ihre ganze Aufmerksamkeit den Arten der Seeversicherung zugewandt, die es mit dem Interesse an der Erhaltung von „Schiff oder Ladung" zu tun haben (§ 1 Abs. 1; oben Anm. 28). Allgemeine Vorschriften über Seeversicherungen, die sich auf Personen beziehen nnd deren entsprechende Anwendung auf die Überfahrtsgelder-Versicherung hätte angeordnet werden können, gibt es nicht. Es könnte sich daher nur fragen, ob an ihrer Stelle die für die Güterversicherung geltenden Vorschriften sinngemäß anzuwenden sind. Dies ist angesichts des Standpunkts, den Gesetz und ADS. der Überfahrtsgelder-Versicherung gegenüber eingenommen haben, unmöglich, soweit sich nicht ans der besonderen Bestimmung des § 109 Abs. 1 ein anderes ergibt. Es ist aber auch nicht nötig. Vielmehr wird man hier, auf einem Sonder- und Nebengebiet der Seeversicherung, m i t d e n a l l g e m e i n e n G r u n d s ä t z e n d e s S e e v e r s i c h e r u n g s R e c h t s , insbesondere mit dem Grundsatz der allgemeinen Gefahrendeckung (§ 28), a u s k o m m e n können. Würde z.B. ein Reisender an Bord, aber noch vor dem Antritt der Reise infolge eines Seeunfalls sterben, so würde nach dem Beginn der Überfahrtsgelder-Versicherung (§§ 109 Abs. 1, 66 Abs. 1; § 66 Anm.) das halbe Überfahrtsgeld verloren sein (HGB. § G67 Abs. 1), der Versicherer auch haften, weil der Unfall zwar ein solcher sein würde, von dem der Reisende, kein solcher, von dem das Schiff betroffen wäre, dies aber mangels einer entsprechenden, die Haftung d(s Versicherers einschränkenden Bestimmung ohne Bedeutung i s t Würde der Reisende eines natürlichen Todes sterben, so würde der Versicherer nach § S6 nicht haften, weil § 86 nach §§ 109 Abs. 1, 105 Abs. 1 sinngemäß anzuwenden ist (vgl. aber auch HG., OG. Hamburg, ROHG.HGZ. 1875.202, 1880.385: Ausbruch der Cholera an Bord eines Auswandererschiffs: nach § 86 würde der Versicherer nur für den Passagier nicht haften, der den Cholerakeim eingeschleppt hat). Würde das Überfahrtsgeld verloren gehen, weil der Reisende mit Rücksicht darauf zurücktritt, daß das Schiff infolge Kriegsansbruchs nicht mehr frei und der Auf bringungsgefahr ausgesetzt ist oder durch Verfügung von hoher Hand zurückgehalten wird (HGB. § 669 Abs. 1), so würde der Versicherer schon deshalb haften, weil das Ereignis, das den für den Versicherungsnehmer nicht vermcidlichen Rücktritt herbeigeführt hat, ein solches ist, von dem das Schiff betroffen ist. — Dieser Unterschied zwischen der Frachtversicherung und der ÜberfahrtsgelderVersicherung wäre groß genug, um nicht zu gestatten, daß (etwa in einem Falle, wo 9*

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Überfahrtggelder-Interesse

§ 1 ein Passagierdampfer Beiladung fährt) F r a c h t als „Überfahrtsgeld" versichert wird. E r wäre aber vielleicht nicht ^roß genug, um zu verbieten, daß Überfahrtsgeld als „Fracht" versichert wird. Indessen übernimmt auf der anderen Seite der Versicherer von Überfahrtsgeld doch auch die Deckung von Schäden, die der Prachtversicherung fremd sind (vgl. § 109 Abs. 3). Deshalb ist (nicht nur in einer ÜberfahrtsgelderVersicherung keine Frachtversicherung, sondern auch) in einer F r a c h t v e r s i c h e r u n g k e i n e Ü b e r f a h r t s g e l d e r - V e r s i c h e r u n g enthalten (§ 1 Abs. 2 Satz 2). Freiglit . . does not include passage money (MIA. § 90, RCP. 16) Anm. 112 74. Das Überfahrtsgeld kann, wie die Fracht, brutto oder netto versichert, besegelt oder nnbesegelt, noch zu bezahlen oder im v o r a u s bezahlt sein (oben Anm. 82 ff.). Das Überfahrtsgeld kann auch endgUltig bezahlt sein. Die Versicherung endgültig bezahlten Überfahrtsgeldes ist keine Versicherung von Überfahrtsgeldern, so wenig, wie die Versicherung endgültig bezahlter Fracht Frachtversicherung ist (oben Anm. 87; vgl. A r n o u l d 300 s. 235). Aber während f ü r die Versicherung endgültig bezahlter Fracht die Bestimmungen über die Güterversicherung zur Verfügung stehen, fehlt es hier an Bestimmungen, die anwendbar wären. Indessen dürften doch die B e s t i m m u n g e n ü b e r d i e G ü t e r v e r s i c h e r u n g s i n n g e m ä ß a n z u w e n d e n sein. Dem mutmaßlichen Parteiwillen wird es entsprechen, daß als versichert das Interesse anzusehen ist, welches der Versicherungsnehmer daran hat, das Überfahrtsgeld, sei es aus Gründen, die im Schiffe, sei es aus Gründen, die in der Person des .Reisenden liegen, nicht umsonst aufgewendet zu haben. Diese Person ist regelmäßig, wenigstens votn Standpunkt des Wirtschaftslebens aus betrachtet, um das Überfahrtsgeld wertvoller geworden. Man kann daher in diesem Falle nicht g u t von den Unfällen, welche die Person betreffen, absehen. Der Versicherer würde z. B. haften, wenn der Reisende an Bord, aber noch vor Antritt der Reise infolge eines Seeunfalls ums Leben käme. Denn die Versicherung würde nicht nach §§ 109 Abs. 2, 6G Abs. 1, sondern nach § SS Abs. 2 schon dann begonnen haben, als der Reisende vom Unternehmer zum Zwecke der Beförderung aufgenommen war. — So wenig, wie endgültig bezahlte Fracht als „Fracht", kann natürlich endgültig bezahltes Überfahrtsgeld als „Überfahrtsgeld" versichert werden (oben Anm. 87). Anm. 113 75. Der Überfahrtsvertrag kann, gleich dem Ober- und Unterfrachtvertrag, O b e r und U n t e r v e r t r a g sein (näheres oben Anm. 62 ff.). Anm. 114 76. Nur eine besondere Art des Überfahrtsvertrags bildet, trotz der mißverständlichen Ausdrncksweise des Gesetzes (HGB. § 670), der Fall der „ V e r f r a c h t u n g eines Schiffes z u r B e f ö r d e r u n g v o n R e i s e n d e n " . Der Verfrachter kann die „Fracht" nur als Ü b e r f a h r t s g e l d versichern. Findet auch auf das Verhältnis zwischen „Verfrachter" und „Befrachter" Frachtrecht Anwendung, so doch nur, „soweit die Natur der Sache seine Anwendung zuläßt" (HGB. § 676), und die aus der Natur der Sache sich ergebenden Abweichungen sind groß genug, um die Versicherung des Überfahrtsgeldes als „Fracht" zu verbieten. Anm. liö

77. A u s w a n d e r e r v e r s i c h e r u n g . Nach §§ 27—30 des Gesetzes über das Auswanderungswesen vom 9. J u n i 1897 muß der Auswanderungsunternehmer den Auswanderern bei Reise Verzögerungen unentgeltlich Unterkunft und Verpflegung gewähren, sie erforderlichenfalls, anderweit an den Bestimmungsort befördern und ihnen unter Umständen das Überfahrtsgeld zurückerstatten. Nach § 32 AuswG. kann der Unternehmer verpflichtet werden, „zur Sicherstellung" dieser Verpflichtungen „eine das Überfahrtsgeld um den halben B e t r a g übersteigende Summe zu versichern". Nach § 14 der Bekanntmachung des Bundesrats vom 14. März 1898 (RGBl. 39) kann die Auswanderungsbehörde eine solche Versicherung verlangen. Die Auswahl des Versicherers und der Inhalt des Versicherungsvertrags bedürfen ihrer Genehmigung. Die Police

Überfahrtsgelder-Interesse

133

ist ihr einzuliefern. Ist der Unternehmer in der Erfüllung der dnrch die Versicherung § 1 sichergestellten Verpflichtungen säumig, sodaß die Behörde einschreiten muß, so kann sie die durch die Säumnis entstandenen Kosten aus der Versicherungssumme decken und zu diesem Zwecke die Versicherungssumme erheben; ein entsprechender Vermerk ist in die Police aufzunehmen. Wird nur nach diesen Bestimmungen Versicherung genommen, so ist die Versicherung weder eine Uberfahrtsgelder-Versicherung noch überhaupt eine Seeversicherung. Die Versicherung ist ja genommen „zur Sicherstellung" gewisser dem Unternehmer obliegender Verpflichtungen. Nicht dagegen, daß Überfahrtsgelder verlorengehen. Auch nicht dagegen, daß die Forderung auf Erfüllung jener Verpflichtungen infolge eines dem Versicherer zur Last fallenden Unfalls nicht mehr durch Schiff und Überfahrtsgelder gedeckt wird. Sondern überhaupt gegen die Gefahr der Nichterfüllung oder der nicht gehörigen Erfüllung, aus welchem Grunde immer (ROHG. 17.344). Die Versicherung ist eine g e w ö h n l i c h e K r e d i t v e r s i c h e r u n g f ü r f r e m d e R e c h n u n g , nämlich für Rechnung der Auswanderer, nur mit der Besonderheit, daß die Auswanderungsbehörde gegenüber dem Unternehmer, dem Auswanderer und dem Versicherer berechtigt ist, die Versicherungssumme zur Deckung ihrer für den Unternehmer gemachten Ausgaben einzuziehen. Der Unternehmer ist der Versicherungsnehmer, die Auswanderer sind die Versicherten ( V o i g t 136, ROHG. 7.402, 17.343, HG.OG.Hamburg HGZ. 1875.118). Deshalb finden weder die Vorschriften über Überfahrtsgelder-Versicherung noch überhaupt die Vorschriften über Seeversicherung Anwendung, soweit die Parteien nicht etwa ihre Anwendung (z.B. durch Bezugnahme auf die ADS.) vereinbart haben. Der Versicherer kann sich insbesondere nicht auf die Beschränkungen der Haftung des Kaskoversicherers berufen. Er kann sich auch darauf nicht berufen, daß der Unternehmer 4ie Gefahr geändert oder den Versicherungsfall vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt oder die Schadensabwendungs-Pflicht verletzt hat, obgleich der Unternehmer der Versicherungsnehmer ist ( V o i g t 136, ROHG. 7.401, 17.344). Denn die Versicherung ist ja gerade für die Forderung gegen den Unternehmer genommen. Der Unternehmer kann daher auch selbst, als Versicherungsnehmer, im Besitz der Police, nach § 54 Abs. 2 die Entschädigung verlangen, obgleich er die ihm obliegenden Verbindlichkeiten aus dem Versicherungsverhältnis nicht erfüllt hat; doch würde der Versicherer einwenden können, daß mit der Zahlung der Entschädigung die versicherte Forderung auf ihn übergehen würde und er das soeben gezahlte wieder würde zurückfordern können (exceptio doli, L e w i s 2.376, S i e v e k i n g 14, wo jedoch mit Unrecht auf § 804 HGB. verwiesen wird und, wenn überhaupt, auf § 805 HGB. hätte verwiesen werden sollen; mißverständlich auch OG. Hamburg HGZ. 1875.121; vgl. ferner Molt 137, ROHG. 17.345). Übrigens kann es kaum vorkommen, daß der Unternehmer im Besitz der Police ist und demgemäß Entschädigung verlangen kann; denn die Police ist ja der Auswanderungsbehörde zu übergeben. Der Unternehmer kann natürlich neben der Versicherung für Rechnung der Auswanderer auch die Ü b e r f a h r t s g e l d e r f ü r e i g e n e R e c h n u n g v e r s i c h e r n , was zweckmäßig, zur Vermeidung unnützer Versicherungskosten, in Verbindung mit der Versicherung für Rechnung der Auswanderer geschieht (vgl. ROHG. 7.395, 17.341, OAG. Lübeck Kierulff 4. 409, auch ROHG. HGZ. 1879.386, HG. OG. Hamburg HGZ. ¡875.118,202, 1876.147). In solchem Falle würde der Versicherer gegenüber dem Entschädigungsanspruch des Überfahrtsgelder-Versicherten sich auf die Beschränkungen der Haftung des Überfahrtsgelder-Versicherers berufen können, der Unternehmer dagegen gegenüber der auf den Versicherer übergegangenen Forderung auf die von ihm für eigene Rechnung genommene Versicherung (Voigt 137, ROHG. 17.345; vgl. auch HG. OG. Hamburg, OAG. Lübeck HGZ. 1S68.15, 133: Versicherung von „Verwondungs-

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Bodmereigelder-Interesse

§ l und Passagegeldern für 237 Erwachsene, 66 Kinder und 24 Säuglinge, als Passagiere, um solche im Fall eines Schadens zu landen, zu beköstigen, zu behausen und eventuell zu befördern, Schaden auch über 100% zu bezahlen", — eine Versicherung, welche die Gerichte noch als eine gewöhnliche Schadensversicheruug des Unternehmers behandelt haben, obgleich nach § 11 der hamburg. Auswanderer-Verordnung „der Expedient verpflichtet war, im Interesse der Auswanderer für 150 % der Passagegelder Versicherung zu nehmen, auch die Police darüber bei der Polizeibehörde zu deponieren, um im Schadensfalle zur Deckung der notwendig werdenden außerordentlichen Verwendungen für Beköstigung, Behausung und Weiterbeförderung der Passagiere zu dienen").

Bodmereigelder. 78. Bodmereigelder (von Boden, Schiffsboden, vgl. z.B. K l e f e c k e r 7.302,— Anm. 116 daher in England bottomry loan auf Schiffsdarlekn beschränkt: unten Anm. 117) sind bestimmte Forderungen, zu deren Deckung der Seegefahr ausgesetzte Gegenstände dienen, nämlich Forderangen,, a n s einem „Darlehnsgeschäft, welches von dem Schiffer als solchem kraft der in diesem Gesetzbuch (im HGB.) ihm erteilten Befugnisse u n t e r Zusicherung einer P r ä m i e und unter V e r p f ä n d u n g von Schiff, Fracht und Ladung oder von eiuem oder mehreren dieser Gegenstände in der Art eingegangen wird, daß der Gläubiger wegen seiner Ansprüche n u r an die verpfändeten (verbodmeten) Gegenstände nach der Ankunft des Schiffes an dem Orte sich halten kann, wo die Beise endigen soll, für welche das Geschäft eingegangen ist" (HGB. § 679). Die Versicherung von Bodmereigeldern ist also die besondersartige V e r s i c h e r u n g e i n e s E i g e n t ü m e r i n t e r e s s e s (nach älterer und noch heutiger englischer Auffassung eine Art Rückversicherung, da Bodmereidarlehen themselves a species of insurance: A r n o u l d 307 s. 242). Daraus folgt aber nicht, daß .der Bodmereigläubiger „das Schiff" versichern könnte. Denn § 1 will in der Versicherung des Schiffes die Versicherung des Bodmereigläubiger-Interesses nicht enthalten wissen (oben Anm. 41). Daraus folgt deshalb auch nicht, daß die Kaskoversicherung nach § 49 auf den Bodmereigläubiger übergeht (oben Anm. 41, § 49 Anm.). Daraus folgt auch nicht, daß der E i g e n t ü m e r in Höhe der Bodmereigelder überhaupt kein versicherbares Eigentümerinteresse hat. Er hat noch ein durch den Wiederwegfall der Bodmereischuld oder durch die Entstehung einer auch persönlichen Haftung bedingtes Eigentümerinteresse und kann dies versichern und b l e i b t deshalb auch insoweit v e r s i c h e r t (oben Anm. 41). Sein Interesse ist auch in gewissen Beziehungen unbedingt. Der Eigentümer der Güter hat ein Interesse daran, daß-die Güter deh Bestimmungsort erreichen, auch wenn dies mit dem im Versicherungsvertrag bestimmten Schiffe nicht möglich ist, und dies Interesse ist besonders geschützt. Der Güterversicherte erhält sogar Ersatz der Umladnngs-, Lagerangs- und Weiterbeförderungskosten (§ 95). Der Bodmereigläubiger ist an der Weiterbeförderung der Güter nur insoweit interessiert, als die Bodmereiforderung gefährdet wäre, ihre Deckung nicht ausreichte, wenn die Güter nicht weiterbefördert würden. Er ist zwar während der Weiterbeförderung versichert (§ 95 Abs. 2); aber die Umladnngs-, Lagerungs- und Weiterbeförderungskosten würden dem Versicherer der Bodmereigelder nur nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 zur Last fallen, wenn der Bodmereigläubiger sie zur Schadensabwendung aufgewendet haben würde. Wenn der Güterversicherte sie aufwendet, muß der Güterversicherer sie ersetzen. — Über einen besonderen Fall der Verbodmung, in dem der Wegfall des Interesses infolge Verbodmung als Versicherungsfall behandelt wird, nämlich den Fall der Verbodmung versicherter Güter zur Fortsetzung der Reise: § 81. — Näheres unten zur Versicherang von Forderungen überhaupt (Anm. 12Sff.).

Havereigelder-Interesse

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79. In England wird bottomry (Verbodmung von Schiff und Ladung) und respon- g J dentia (Verbodmung der Güter) unterschieden. Der Geldgeber has an insurable interest in Anm. 117 respect of the loan (MIA. § 10). Obgleich im allgemeinen, where the policy désignâtes the subject-matter insured in general terms, it shall be construed to the interest intended by the assured to- be covered (MIA. § 2G Abs. 3), müssen doch nach Handelsgebrauch (vgl. MIA. § 26 Abs. 4) Bodmereigelder bei der Versicherung als solche besonders bezeichnet werden, widrigenfalls die Versicherung unwirksam ist ( A r n o u l d 308 s. 243).

Havereigelder1). 80. Der Ausdruck „Haverei" (engl, average, französ. avarie, ähnlich in vielen Anm. Iis anderen Sprachen: H e c k 628) bezeichnet u n t e r w e g s durch Seeunfall entstandene Schäden, also insbesondere nicht Abnutzungs-, Alters-, Beschaffenheitsschäden oder die gewöhnlichen Schiffsbetriebskosten (vgl. HGB. § 621 Abs. 2), die Nachteile, die früher wohl k l e i n e , ordinäre oder kommune Haverei genannt wurden. — Die Haverei wird eingeteilt in g r o ß e (oder gemeinschaftliche) Haverei (HGB. § 700; general average, avarie grosse oder commune) und b e s o n d e r e (oder einfache oder Partikular-) Haverei (HGB. §§ 701, 707; particular average, avarie particulière oder simple). Doch bezeichnet man im Verkehr und auch im Versicherungsrècht (vgl. insbesondere MIA. § 64, Chalmers 164) oft nur Teilschaden als besondere Haverei oder anch nur als Haverei (vgl. HGB. §§ §45, 893), oft auch nur die Unfälle allein als Haverei (vgl. HGB. § 893). 81. Mit dem Ausdruck „Havereigelder" bezeichnet man also Gelder oder Anm. u» Kosten, die u n t e r w e g s infolge eines Seeunfalls zur Beseitigung seiner Folgen a u f g e w e n d e t w e r d e n müssen und aufgewendet werden (Prot. 327IV Mit dieser Bedeutung haben Gesetz (HGB. §§ 779, 826, S40, 857, 8S0) und ADS. (§§ 1, 110—112) den Ausdruck übernommen. Ohne zu berücksichtigen, daß der Ausdruck nur über Ursache und Zweck von Aufwendungen etwas aussagt, nicht aber über die Art des Interesses. Das wäre freilich nicht weiter schlimm, wenn, wie die Ausdrücke v das Schiff" oder „die Güter" das Eigentümerinteresse decken, so auch der Ausdruck „Havereigelder" verkehrsgemäß eine bestimmte Art von Interessen deckte. Das ist aber nicht der Fall (weshalb E h r e n b e r g AssJB. 22.11 den Ausdruck für „verwerflich" hält). Der Ansiruck wird (ähnlich, wie der Ausdruck „Fracht": oben Anm. 77) für verschiedenartige, sich hinter ihm verbergende Interessen gebraucht: a) zunächst im Sinne von Forderangen f ü r gezahlte Havereigelder, denen A n m 12l) Schiff und F r a c h t z u r Deckung dienen, sei es zur dinglichen, insbesondere pfandmäßigen Deckung, sei es nur als vorzugsweise Gegenstände der Befriedigung (Sievek i n g 17, RG.HGZ. 1891.252, HGZ. 1890. 299; abw. Voigt 15, 371, 496). Das sind die Havereigelder, die nach der Ausdrucksweise des Gesetzes „vorgeschossen'1 werden (HGB. §§ 826, 857, 880), nach der Ausdrucksweise der ADS. „gewährt" werden. Sie begründen gewöhnlich ein bloßes F o r d e r u n g s i n t e r e s s e ; ihre Versicherung ist die Versicherung einer Forderung gegen Sachgefahren. Sind sie dem Kapitän unter Beschränkung der Haftung auf Schiff und Fracht gegeben (vgl. HGB. §5 52S, 532, 541, 754 Nr. 6), so ist ihre Versicherung, gleich derjenigen von Bodmereigeldern, eine eigenartige Versicherung des Eigentümerinteresses (oben Anm. 10, 41, 116; vgl. auch ') Der Ausdruck „Haverei" oder „Havarie" stammt wahrscheinlich vom romanischen haver, avere (lat. habere) gleich haben, guthaben für Verluste. Vgl. insbesondere die sorgfältigen Untersuchungen von Heck 629. Nach anderer Ansicht ist der Ausdruck aus dem arabischen äwär (Schaden) über den italienischen Ausdruck avaria zu uns gekommen. Vgl. auch K l u g e Seemannssprache 359, S t e n z e l Deutsches Seem.WB. 164.

136 §1

Havereigelder-Interesse

die nicht überall zutreffenden Ausführungen Prot. 3092 und L e w i s 2.256). — Die Havereigelder brauchen aber nicht immer „vorgeschossen" oder „gewährt" zu sein. Z. B. kann auch ein Havariegrosse-Beteiligter seine Forderung auf Havariegrosse-Vergütung unter der Bezeichnung „Havereigelder" versichern. — § 779 HGB., § 1 ADS. und die Überschrift des fünften Titels im zweiten Abschnitt der ADS. erwecken den Anschein, als ob Oesetz und ADS. nur solche Forderungen als „Havereigelder" betrachtet wissen wollen, als oh im Falle einer Versicherung von „Havereigeldern" nur Havereigelder-Forderungen als versichert gelten sollen und das Interesse mithin falsch bezeichnet ist, die Versicherung unwirksam sein soll, wenn in solchem Falle tatsächlich keine Havereigelder-Fordernng besteht. Denn § 779 HGB. und § 1 ADS. sprechen von „Havereigeldern" und „anderen" oder „sonstigen F o r d e r u n g e n " , zu deren Deckung Schiff, Fracht usw. dienen. Der Schein trügt ( B r o d m a n n 160, L e o 171, S i e v e k i n g l 7 , RG.HGZ. 1891.252, HGZ. 1900.299, 303; abw. V o i g t ¡4, 49ß). Der Ausdruck wird, der VeTkehrsauffassung gemäß, gebraucht: Anm 121 b) auch im Sinne von Havereigeldern, die der R h e d e r „ v e r a n s g a b t " h a t (vgl. HGB. §§ 826, 840, 857, 880), „aufgewendet" hat (§ 112; B r o d m a u n 166 im Anschluß an RG.HGZ. 1891.253: „uneigentliche" Havereigelder). Ergibt sich in dem Falle, wo ein dritter die Havereigelder gegeben hat, regelmäßig ohne weiteres, welches Interesse und welcher Interessent versichert ist, so ist dies nicht der Fall, wenn der Rheder Havereigelder aufgewendet hat und versichert. Das kann nicht Wunder nehmen. Gesetz und Verkehr sprechen oft von der Versicherung von Geldern und Kosten, von der Versicherung von Havereigeldern, Ausrüstungskosten, Versicherungskosten, ja sogar von Schulden (unten Anm. 132), und meinen etwas ganz anderes, — eine Unklarheit, die zu vielen Mißverständnissen Anlaß gegeben und z. B. auch V o i g t 14, 371, 496 irregeführt hat. Anm. 122 l. Der Rheder, dessen Schiff unterwegs beschädigt wird, erhält vom Kaskoversicherer nur die Ausbesserungskosten unter Abzug des sog. Drittels wegen des Unterschiedes zwischen neu und alt (§75 Abs. 3). Dieses Drittel muß er selbst „verausgaben", „aufwenden". Um dieses Drittel ist das Schiff (theoretisch wenigstens) mehr wert geworden. D i e s e n M e h r w e r t k a n n d e r R h e d e r natürlich, wie jeden anderen Schiffs-Mehrwert (§70 Anm.), v e r s i c h e r n (RG.HGZ. 1891.253, HGZ. 1S90.302). Regelmäßig versichert er die H a v e r e i g e l d e r . Diese Havereigelder-Versicherung ist also eine Versicherung des Schiffseigentümer-Interesses, aber keine K a s k o v e r s i c h e r u n g (§ 70 Anm.). Die Versicherung eine „Nachversicherung auf das Kasko" zu nennen (so RG.HGZ. 1891.253, HGZ. 1900.303), wird deshalb besser vermieden. Anm. 128 2. Der Rheder, dessen Schiff unterwegs beschädigt wird, hat oft auch Schaden an Ausrüstungsgegenständen. Die Ausrüstungsgegenstände sind durch die Kaskoversicherung nicht gedeckt (§ 70). Die Bruttofracht und ihre Versicherung decken zwar die Ausrüstungsgegenstände; aber in besonderem Sinne. Die Bruttofracht und ihre Versicherung dienen nur dazu, die Frachtunternehmung davor zu bewahren, daß die Ausrüstungskosten nicht umsonst ausgegeben werden. Ersatz für verlorengegangene Ausrüstungsgegenstände gewähren sie nicht oder doch nicht immer (§ 70 Anm.). Der Rheder muß neue Ausrüstungsgegenstände anschaffen, neue Ausrüstungskosten aufwenden, „Havereigelder verausgaben". Er kann die neuen Gegenstände, die Kosten, natürlich, wie Ausrüstungsgegenstände, Ausrüstungskosten überhaupt, versichern, und zwar, nach der Verkehrsanschauung, auch als „ H a v e r e i g e l d e r " (HGZ. 1890.299). Die Versicherung ist, ebenso wie die Mehrwert-Versicherung, zwar eine Versicherung des Eiifentünierinteresses, aber k e i n e K a s k o v e r s i c h e r u n g .

Havereigelder-Interesse

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?>. Der Bheder, dessen Schiff unterwegs beschädigt wird and ausgebessert werden § 1 muß, hat unerwartet Unkosten, z. B. an Heuer und Kosten der Schiffsbesatzung, Anm. die der Kaskoversicherer nicht ersetzt. Er hat, wenn das Schiff unterwegs einen Nothafen anläuft, dort oft Kosten, die ihm nicht in Havariegrosse ersetzt werden, weil sie nach dem maßgebenden Havariegrosse-Rechte nicht zur Havariegrosse gehören, z. B. Heuer und Kosten der Schiffsbesatzung, die nach gewissen Rechtsordnungen keine Havariegrosse-Kosten sind (vgl. den Fall HGZ. 1890.297, 1891.249) und ihm auch außerhalb der Havariegrosse vom Kaskoversicherer nicht ersetzt werden. Er muß also diese Kosten aus eigener Tasche bestreiten. Auch solche Gelder werden „ H a v e r e i g e l d e r " genannt. Aber hieraus folgt n i c h t , daß sie v e r s i c h e r b a r sind (so mit Recht RG.HGZ. 1891.252 gegen HGZ. 1S90.302). Diese Gelder sind und bleiben verloren und Verlorenes kann man nicht versichern. Es ist nicht, wie beim Kasko-Mehrwert oder bei den Ausrästungskosten, ein Gegenwert da, der die Grundlage für ein Interesse bildete. „Kommt der Rheder bei einer Frachtreise mit dem lediglich durch die gewöhnliche Abnutzung im Werte verminderten Schiffe an und bezieht die Fracht, so hat er alles, was er von dieser Reise erhoffen durfte. Ebenso ist er für alles zu Erhoffende entschädigt, wenn er durch Versicherungen für den Schiffswert und die entgangene Fracht entschädigt wird. Den Ersatz außergewöhnlicher auf der Reise erlittener Verluste kann er von dem Erfolg dieser Reise nicht erwarten. Sie verschlingen vielleicht seinen Frachtgewinn auf dieser und auf ferneren Reisen. Sie werden kaufmännisch durch Abschreibung dieses Gewinns zu decken sein. Aber die Erstattungsmöglichkeit, nachdem sie einmal entstanden sind, bildet kein Risiko für die Fortsetzung dieser Reise" (RG.HGZ. 1891.255). 4. Wenn das versicherte Schiff unterwegs beschädigt und ausgebessert wird, kann Anm. der Rheder die von ihm aufgewendeten Ausbesserungskosten als „Havereigelder" versichern. Daß er schon versichert ist, daß der Kaskoversicherer nicht nur die Ausbesserungskosten zu ersetzen hat, sondern auch noch für die volle Versicherungssumme haftet (§ 37), ändert daran nichts. Ein an sich versicherbares Interesse wird nicht dadurch unversicherbar, daß es versichert ist (deshalb ungenau: RG.HGZ. 1891.253). Die Folge der Versicherung des versicherten Interesses ist nur Doppelversicherung mit Solidarhaftung der Versicherer (§ 10; entgegen dem früheren Prioritätsprinzip; A r n o u l d 316 s. 247). — Anders, wenn der Rheder für fremde Rechnung, f ü T R e c h n u n g des K a s k o v e r s i c h e r e r s diese Havereigelder versichert. Der Kaskoversicherer hat offenbar ein eigenes Interesse an solcher Versicherung. Denn er muß, wenn das Schiff auf der Weiterreise verlorengeht, nicht nur die Ausbesserungskosten, sondern auch noch die ganze Versicherungssumme zahlen (§ 37). Aber diese Versicherung der Havereigelder für den Kaskoversicherer ist keine Versicherung der AusbesserungskostenSchuld des Versicherers. Schulden kann man nicht versichern (oben Anm. 8, unten Anm. 132). Die Versicherung ist also auch keine Versicherung der Ausbesserungskosten, — so wenig, wie die Ausrästungskosten-Versicherung eine Versicherung der Ausrüstungskosten ist (§ 70 Anm.). Sondern sie ist eine T e i l - K a s k o v e r s i c h e r u n g , eine Versicherang, die etwa die Kehrseite einer Mehrwert-Versicherung bildet, nämlich die Versicherung dagegen, daß der Kaskoversicherer nicht für mehr als die Differenz zwischen Versicherungssumme und Ausbesserungskosten in Anspruch genommen wird. Und hieraus ergibt sich weiter, daß sie auch nicht einmal eine gewöhnliche Kaskoversicherung, sondern daß sie eine Kasko-Rückvers i c h e r u n g ist. Der Kaskoversicherer nimmt, oder der Kaskoveisicherte nimmt für ihn, teilweise Rückdeckung. Die direkte Versicherung ist auch nicht etwa

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Havereigelder-Interesse so möglich, daß der Kaskoversicherer dem Versicherten einen Vorschuß gewährt, eine Vorschußforderung zu seinen gunsteu begründet und diese als HavereigelderForderung versichern läßt. Denn für diese Vorschußfordernng würden Schiff und Fracht nicht als Deckung dienen, und auf den Havereigelder-Versicherer soll im Falle der Entschädigung keine Vorschußforderung gegen den Rheder Übergehen. Auch hier trifft zu, daß „künstliche Veranstaltungen, um ein versicherbares Interesse zu konstruieren, wo in Wahrheit keines vorhanden ist, keine Rechts Wirkungen erzeugen können" (RG.HGZ. 1891.256). Nur ein Rückversicherungs-Interesse besteht ( R e a t z Edbch. 356). Dieses Interesse, diese „Havereigelder auf Kosten und Gefahr seines Versicherers versichern zu lassen", war der Kaskoversicherte nach § 68 ASVB. sogar verpflichtet (§ 79 Anm.). — Darüber, daß es sich um ein Rückversichenings-Interesse handelt, war man sich offenbar nicht klar. Dem Verkehr genügte auch in diesem Falle, daß „die Havereigelder" versichert wurden. Und dies muß auch in Zukunft genügen, trotz der Regel des § 1 Abs. 2 Satz 2, nach der eine Versicherung nur dann als Rückversicherung gelten soll, wenn sie ausdrücklich als solche bezeichnet wird. Denn der Verkehr rechnet ohne weiteres damit, daß eine Havereigelder-Versicherung, wenn sie „auf Kosten und Gefahr" eines dritten, insbesondere eines Versicherers genommen wird, eine Rückversicherung ist. Aber freilich: „Auf Kosten und Gefahr" des Versicherers, für fremde Rechnung, muß diese Havereigelder-Versicherung genommen werden. Der Rheder darf sie nicht für eigene Rechnung nehmen (oben Anm. 12). Aber es brauchen auch nicht gerade jene Ausdrücke gewählt zu sein (§ 52 Anm.). Es genügt, daß sich nach dem „aus der Berücksichtigung aller vorhandenen und vom (Havereigelder-)Versicherer gewußten Umstände geschöpften Inhalt" des Vertrags ergibt, daß die Havereigelder für fremde Rechnung versichert werden sollen (RG.HGZ. 1891.251). — Hat der Versicherer die Havereigelder „vorgeschossen" (vgl. insbesondere § 44 Abs. 1 Satz 2), so wird er natürlich, wenn überhaupt, selbst die Havereigelder (rückversichern. In solchem Falle werden die Umstände regelmäßig ohne weiteres den Havereigelder-Versicherer erkennen lassen, daß es sich um eine Versicherung des Kaskoversicherers, also um eine Rückversicherung handelt. Hat der Rheder Zweifel, ob oder inwieweit der Kaskoversicherer entschädigungspflichtig ist, der Kaskoversicherer Zweifel, ob er nicht zuviel vorgeschossen hat, so mögen sie Versicherung für Rechnung, wen es angeht, nehmen.

82. Havereigelder können auch f ü r die G ü t e r gewährt oder aufgewendet sein. So etwa, wenn der Kapitän auf Grund seiner gesetzlichen Vollmacht im Havereifall für den Ladungsbeteiligten ein Kreditgeschäft abschließt (HGB. §§ 535, 53?) und damit ein gesetzliches Ladungspfandrecht begründet (anal. HGB, § 754 Nr. 6, P a p p e n h e i m Seerecht 1.346). 83. Der Versicherung von Havereigeldern entspricht in E n g l a n d bis zu einem gewissen Grade die Versicherung von d i s b u r s e m e n t s . Die Versicherung solcher disbursements gestattet MIA. § 3 Abs. 2 b ausdrücklich. Die Bedeutung des Ausdrucks disbursements steht in England freilich ebensowenig fest, wie die Bedeutung des Ausdrucks „Havereigelder" in Deutschland. In its ordinary sense, a disbursement means au expenditure of money, versicherbar, wenn represented by some interest in the tangibie property at risk, i. e., in the ship or the property on board ( A r n o u l d 313 s. 246; vgl. auch G o w 332 und HGZ. 1896.174, Bolze 23 Nr. 542). Man hat aber auch hin und wieder den Ausdruck in weiterem Sinne verstanden, als a compendious term commonly used to describe any interest which is outside the ordinary and wellknown interests of „hull", „machinery", „cargo" and „freight" and that it would cover

Forderungs-Interesse

139

the commission and brokerage which the managing owners and insurance brokerg of § 1 a ship expected to earn in the fnture ( A r n o u l d 314 8.246). Insbesondere aber nehmen die Rheder in weitein Umfang Zeitversicherung für disbnrsements, nm irgendeinen Betrag über den Wert von Schilf nnd Fracht hinaus (regelmäßig nur für Totalverlust) zu decken ( A r n o u l d 3 1 4 s. 247, Gow 232). In solchen Fällen wird es an einem durch den Ausdruck gedeckten Interesse oder doch an dem Nachweis eines solchen Interesses leicht fehlen. Deshalb nearly all disbureement policies are valued, and contain the p. p. i. clause, whereby the underwriter agrees that he will not contend that the assured has no interest in the thing assured ( A r n o u l d 315 s. 247). Deshalb wickeln sich diese Versicherungsverhältnisse auch regelmäßig hinter den Kulissen des Versicherungsverkehrs und, ohne daß die Gerichte mit der Klärung des Begriffs behelligt werden, ab.

Sonstige Forderungen. 84. Sonstige F o r d e r u n g e n , z u d e r e n D e c k u n g d e r S e e g e f a h r a u s g e s e t z t e Anm. 128 Gegenstände dienen, sind z.B. Schiffshypothekeu-Forderungen, Kollisionsfordeningen usw. — Der Ausdruck „sonstige" Forderungen ist nicht genau. Denn er bezieht sich auch auf das Wort „Havereigelder" zurück. Havereigelder brauchen aber keine Forderungen zu sein (oben Anm. 119 ff.). 85. Die Gegenstände, die zur Deckung der Forderung dienen müssen, kOnnen Anm. 1» k ö r p e r l i c h e und n n k S r p e r l i c h e sein, insbesondere „Schiff, Fracht, Uberfahrtsgeldei oder Güter" (HGB. § 779), aber auch z. B. Schiffsmiete. Aber auch wenn unkörperliche Gegenstände zur Deckung dienen, sind es doch mittelb&r immer „Schiff oder Ladung", welche die Deckung bilden, auf welche die Forderungsversicherung sich bezieht. Die seerechtliche Forderungsversicherung ist allemal K r e d i t v e r s i c h e r u n g gegen Sachg e f a h r e n (Molt 2, 6 usw., K i t t e r LZ. 1907.257). — P e r s o n e n sind keine Gegenstände, können aber auch „zur Deckung dienen". Eine Darlehnsforderung kann für den Fall versichert werden, daß der Darlehnsschnldner die Seereise nicht übersteht Die Versicherung wäre jedoch keine Seeversicherung oder wäre es doch nur dann, wenn der Gläubiger ein Interesse daran hat, daß der Schuldner mit dem ScLiffe ankommt, und auf die behaltene Ankunft des Schiffes mit dem Schuldner Versicherung nimmt (vgl. oben Anm. 35, auch A r n o u l d 309 s. 243: Versicherung eines bottomry bond, der made the lender's claim under it depend, not on the arrival of the ship, but on the arrival of the master). 86. Als Kreditversicherung gegen Sachgefahren ist die seerechtliche Forderungs- Aam.uo Versicherung teils nach kreditversichernngs-rechtlichen teils nach sachversicherungsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen. Nach k r e d i t v e r s i c h e r a n g s - r e c h t l i c h e n G r u n d s ä t z e n kann der Versicherer z.B. die dem Schuldner zustehenden Einreden geltendmachen ( E h r e n b e r g AssJB. 22.9, Molt 95, V o i g t 13) oder einwenden, daß der Schuldner das der Forderung zugrunde liegende Geschäft a n f e c h t e n könne (anal. BGB. § 770 Abs. 1, OAG. Lübeck Thüls Entscheidungsgründe 361). Der Versicherer kann auch einwenden, daß der Versicherungsnehmer a u f r e c h n e n könne (vgl. BGB. § 770 Abs. 2). Doch hat die Einwendung hier keine große Bedeutung. Denn der Versicherungsnehmer muß schon nach Schadensabwendungs-Grundsätzen aufrechnen (vgl. M o l t 127, HGZ. 1S90.82), und überdies haftet der Schuldner regelmäßig nur beschränkt. — Ist das der „Forderung" zugrunde liegende Geschäft n i c h t i g , so ist natürlich keine Forderung und damit auch kein Interesse entstanden, die Versicherung unwirksam. Ist anstelle der versicherten Forderung eine andere Forderung entstanden, z.B anstelle der nichtigen Bodmereigelder-Forderung eine Forderung auf Herausgabe des vom Versicherungsnehmer gezahlten Darlehnsbetrags wegen ungerechtfertigter Be-

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Forderungs-Interesse

§ 1 reicherung, so tritt die Ersatzforderung anstelle Versicherung

ein, wenn

im übrigen

Interesse

der versicherten Forderung und

Gefahr

gleich

( M o l t 89; abw. OAG. Lübeck Thöls Entscbeidungegründe 361).

in die

geblieben

sind

Z w a r dient in solchem

Falle der Deckungsgegenstand nicht im selben Umfang zur Deckung der Forderung, wie er zur Deckung der Bodmereiforderung gedient hätte (worauf M o l t 93 zu großes Gewicht legt). geblieben.

Das Interesse ist deshalb geringer. Aber es ist seiner A r t nach gleich

Zwar war ferner die Bezeichnung

des versicherten Interesses als eines

Bodmereigläubiger-Interesses Tinrichtig (worauf S i e v e k i n g 17 zu großes Gewicht legt). Aber

diese Unrichtigkeit

ist unerheblich,

weil

Bodmereigelder,

Havereigelder

und

„sonstige Forderungen" in solchem Zusammenhang stehen, daß es wohl gerechtfertigt ist, den Grundsatz, daß f i n

der einen dieser Versicherungen

die

andere nicht

ent-

halten ist", hinter Verkehrs- und interessenmäßige Gesichtspunkte zurückzustellen (vgl. H G Z . 1891.253), wie das j a auch sonst noch in geeigneten Fällen möglich und nötig ist ( v g l . oben Anm. 119 ff.). Anm. 181

€7. Die Forderungen können durch die Deckungsgegenstände d i n g l i c h g e s c h ü t z t , z. B . Schiffshypotheken-Forderungen, Schiffsgläubiger-Forderungen,

Ladungsgläubiger-

Forderungen, sein ( v g l . auch RG. 47.175, H G Z . 1900.176: Reparaturforderung einer W e r f t ) . Insbesondere liegen auch den Schiffsgläubiger- und Ladungsgläubiger-Rechten, selbst wenn

nur der belastete

Gegenstand

haftet,

„Forderungen"

P a p p e n h e i m Seerecht 1.290), wofür eben auch § 779 H G B . ( =

zugrunde

(vgl.

A D S . § 1) Zeugnis

ablegt. Haftet der Schuldner unbeschränkt, so ist dies doch für den Eintritt des Versicherungsfalls ohne Bedeutung.

Der Versicherer kann sich nicht darauf berufen, daß

der Versicherungsnehmer vom zahlungsfähigen Schuldner Befriedigung erlangen kann. Die persönliche Haftung des Schuldners bildet hier nur eine Rettungsmöglichkeit,

die

für die Schadensabwendungs-Pflicht des Versicherungsnehmers und f ü r den Übergang der Forderung auf den entschädigenden Versicherer in Betracht kommt ( H G B . § S05 Abs. 2, M o l t 61, 108). — Soweit der Schuldner nur mit dem Schiffe oder den Gütern haftet, ist die Versicherung der Forderang eine besondersartige Versicherung des Eigentümerinteresses.

Soweit er nur mit der Fracht haftet, ist sie die besondersartige Ver-

sicherung eines Frachtinteresses. Näheres hierüber oben Anm. 41, 116. — Die Forderung b r a u c h t aber n i c h t d i n g l i c h o d e r s o n s t w i e g e s c h ü t z t z u sein.

Indessen ist

nun auch „nicht in dem Sinne zu verstehen, daß wegen einer j e d e n Forderung einen Rheder oder Ladungseigentümer Seeversicherung genommen werden kann,

dies an weil

j e d e r Gläubiger ein Interesse daran hat, daß k e i n V e r m ö g e n s b e s t a n d t e i l s e i n e s Schuldners

verlorengehe.

Vielmehr sind versicherbar nur solche

Forderungen,

zu deren Deckung n a c h d e n A n s c h a u u n g e n d e s V e r k e h r s ein den Gefabren der See anvertrauter Gegenstand ausschließlich oder doch zunächst b e s t i m m t ist, welche also mit diesem Gegenstande i n e i n e m b e s o n d e r e n Z u s a m m e n h a n g e (als Schiffsschulden, Pfandforderungen usw.) stehen und bei welchen eine p e r s ö n l i c h e Haftung des Schuldners entweder g a r n i c h t eintritt oder doch erst in z w e i t e r Linie in Betracht kommt, weil der Gläubiger seine Befriedigung z u n ä c h s t aus der sogenannten fortune de mer des Schuldners erwarten darf und nicht so sehr mit Rücksicht auf die Zahlungsfähigkeit des Schuldners i m a l l g e m e i n e n , als auf die ihm durch den der Seegefahr anvertrauten s p e z i e l l e n

Vermögensgegenstand

gewährte Sicherheit

kreditiert

hat.

Die Gefahr, um deren Übernahme es sich bei der Versicherung handelt, besteht mithin nicht in der Zahlungsfähigkeit des Schuldners ü b e r h a u p t , Verluste gerade

eines für

die

bestimmten, konkrete

den

Seegefahren

Forderung"

sondern vielmehr in dem

ausgesetzten

(ROIIG. 15. 116,

ebenso

Deckungsmittels schon

früher

HG.

OG.Hamburg H H . 615, Seebohm 478; zustimmend B r o d m a n n 166, E h r e n b e r g 303, L e w i s 2.257, S i e v e k i n g 5, R e a t z

in End. Hdbch. 4.357, V o i g t 168, R G . 47.175,

Forderungs-Interesse

141

RG. HGZ. 1SS9. 244, Bolze 12 Nr. 480, 4SI. HGZ. ISST. 123; vgl. auch HGB. § 1 § 500 Abs. 2, Prot. 3132, 3721, K i s c h 3 . 7 4 , 10S». Dies ergibt sich ans dem Wesen der Sachversicherung von selbst. Ebensowenig, wie das Schiff, die Güter, die Pracht usw. versichert werden, wird hier „die Forderung" versichert. Wie dort das Eigentümerinteresse, das Frachtinteresse usw. versichert werden, das durch das Eigentum, die Frachtforderung usw. vermittelte Interesse an der Erhaltung einer Sache, von „Schiff oder Ladung'1 versichert ist, so wird hier vielmehr das durch die Forderung vermittelte Interesse an der Erhaltung eines bestimmten Befriedigungsgegenstandes versichert, und dieses Interesse ist mithin immer nur vorhanden, w e n n die F o r d e r u n g i n f o l g e von G e f a h r e n der S e e s c h i f f a h r t zu e n t w e r t e n d r o h t (Molt43). Die Versicherung nicht nur gegen Sacbgefahren, sondern gegen die Gefahr „der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners überhaupt", genauer: die Versicherung gegen alle Gefahren der Forderungsentwertung ist keine Seeversicherung, sondern reine Kreditversicherung (vgl. H o l t 40; RG. 47.175: „allgemeine Delkredere-Versicherung"). SS. Zu den hiernach versicherbaren Forderungen gehört anch die F o r d e r u n g Aj>mdes K o r r e s p o n d e n t r h e d e r s f ü r Auslagen (Vorschußgelder), deren Deckung der Korrespondentrheder natürlich zunächst aus den Einnahmen des Schiffsbetriebs erwartet (ROHG. 15.115, HGZ. 18S9.242; schief: S c h a p s Seerecht 156, der von „analoger" Anwendung des § 500 Abs. 2 HGB. spricht). — Hat der Korrespondentrheder als solcher oder der Einzelrheder oder ein Vertreter im Namen der Rhederei „Vorschußgelder in dem Schiffe" versichert, so ist freilich anzunehmen, daß er nicht eine Vorschußforderung hat versichern wollen, sondern die (mit den Vorschußgeldern bestrittenen) Ausrüstungskosten, genauer: die mit diesen Kosten angeschafften A u s r ü s t u n g s g e g e n s t ä n d e (§70Anm.). Zur Versicherung solcher Gegenstände ist der Korrespondentrheder als solcher ermächtigt (HGB. § 493 Abs. 2). Würde insbesondere der Korrespondentrheder seine Vorschußforderung versichern, so würde er seinen Zweck nicht erreichen, weil, wenn der Versicherer ihn entschädigen würde, die Vorschußforderung gegen die Rhederei auf den Versicherer übergehen würde (§ 110 Abs. 3; ROHG. 15.119). Der vom ROHG. 15.119 gebildete, vom RG. 25.84 übernommene Kunstausdruck einer „ V e r s i c h e r u n g von V o r s c h n ß g e l d e r n n a c h i h r e r p a s s i v e n S e i t e " oder einer „ V e r s i c h e r u n g e i n e r durch die Vorschüsse begründeten S c h u l d der Rhederei" sollte vermieden werden. Schulden sucht man loszuwerden, nicht zu versichern. Solche mißlungenen Scblagworte können nur zu Mißverständnissen führen, wie demjenigen, dem HGZ. 1889.264 zum Opfer gefallen ist: „Ein Rheder könne nie etwas anderes versichern, als das Kasko und die Fracht"; dürfte er „auch seine Schuld unter Versicherung bringen, so . . . würde er bei eingetretenem Verlust des Schiffes eventuell außer dem von den Versicherern zu ersetzenden Wert des Kaskos uud der Fracht anch noch die für die passive Seite der Vorschußforderang versicherte Summe erhalten, um damit dann die Schuld zn bezahlen, zu deren Bezahlung er sonst das Schiff u/o. die Fracht verwenden müßte" (vgl. dazu über das Verhältnis der Frachtversicherung zur Versicherung der Ausrüstungskosten: § 70 Anm.). Nicht als ob nicht auch eine Schuld ein versicherbares Interesse vermitteln oder, besser, den Anstoß zur Versicherung geben könnte (vgl. A r n o u l d 3S4 s. 290, R i p e r t 2.851). Der Rheder, der einen Vorschuß erhalten hat und ihn auf alle Fälle zurückzahlen muß, hat ein besonderes Interesse an der glücklichen Ankunft des Schiffes, weil ihm sonst der Gegenstand fehlt, aus dessen Nutzung er den Vorschuß zurückzahlen könnte. Aber man darf sich nicht ^darüber täuschen, daß ein solches Interesse nur dann besteht und versichert werden kann, wenn wahrscheinlich ist, daß der Vorschuß demnächst durch den in Aussicht stehenden Betriebsgewinn eingebracht wird, daß es sich mithin im Falle einer solchen Versicherung um nichts anderes als Chomageversicherung handelt, die, schon wegen ihrer besonderen

142

Fordernngs-Interesse

§ 1 Natur, als solche kenntlich gemacht werden muß (vgl. oben Anm. 66, auch K i s c l i 3 . 1 1 2 : Versicherung eines „Sachverwertungsinteresses' 1 ). Anm. 133 89. Nach § 500 Abs. 2 HOB. hat der Mitrlieder, der für einen anderen, beitragspflichtigen, aber im Zahlungaverzug befindlichen Mitrheder in V o r s c h u ß geht, deswegen „ein versicherbares Interesse hinsichtlich der Schiffspart" dieses anderen Mitrheders. Natürlich; denn in solchem Falle hat der Vorschußgeber regelmäßig nicht aus dem sonstigen Vermögen des zahlnngsnnwilligen Partners Deckung zu erwarten, sonderi nur aus dem, was ans dem Schiffsbetrieb für die Part abfällt (Prot. 3721, ROHG. 15.116; vgl. insbesondere auch HGB. § 504 Abs. 3). Eine solcht Vorschußforderung ist aus denselben Gründen auch dann versicherbar, wenn der Partner nicht im Zahlungsverzug ist (ROHG. 15.116, HGZ. 1897.67). — Der Mitrheder hat regelmäßig keinen Anlaß, außer der Part des säumigen MitrhedeTS auch noch dessen A n t e i l an d e r F r a c h t zu versichern. Denn sein Interesse ist durch die Versicherung der Part gedeckt. Die Versicherung des Frachtanteils würde ihm nicht mehr verschaffen (vgl. BGB. § 756, HGB. § 501 Abs. 3). Sie würde Doppelversicherung sein. Im übrigen besteht an sich gegen die Versicherung des Fraclitanteils kein Bedenken ( L e w i s 1 . 8 2 ; vgl. auch ROHG. 15.162, wo die Versicherung des Frachtanteils nur vom Standpunkt des Rheiiereiverhältnisses aus betrachtet wird; deshalb irrig: S c h a p s Seerecht 1. Aufl. 117). Der Standpunkt von S c h a p s aaO.: der Frachtanteil gehöre nicht zur Schiffspart und sei deshalb nach § 500 HGB. nicht versicherbar, ist offenbar irrig (so j e t z t auch S c h a p s Seerecht 2. Aufl. 156). § 500 HGB. verbietet die Versicherung nicht. § 779 HGB. gestattet sie sogar ausdrücklich. — Natürlich kann die Vorschußforderung nicht versichert werden, wenn die Part so belastet ist, daß sie keine Deckung gewährt ( S c h a p s Seerecht 156). — Nicht minder selbstverständlich ist, daß die Versicherung der VorschußforderuDg nicht als Kaskoversicherung genommen werden kann (abw. ohne jeden Grund HGZ. 1897.67 und, folgend, S c h a p s Seerecht 156, S i e v e k i n g 5, — wohl irregeführt durch den Wortlaut des § 500 Abs. 2 HGB.). Anm. 184 90. Der Gegenstand, der zur Deckung dient, muß auch z u r D e c k u n g g e e i g n e t sein. Das Gesetz bestimmt darüber nichts besonderes. Aber es versteht sich von selbst ( M o l t 60). Denn wenn kein Deckungsgegenstand oder soweit kein Deckungsgegenstand vorhanden ist, kann er keinen Sehaden nehmen, kann kein Schaden entstehen, von Entschädigung keine Rede sein. Wenn 100000 Bodmereigelder für ein Schiff gegeben werden, das nur 80 000 wert ist, so fehlt für 20 000 das Interesse, ist deshalb bierfür auch die Versicherang unwirksam. Ebenso S i e v e k i n g 16, V o i g t 16, 643 und auch RG.HGZ. 1891.254, das zwar ausdrücklich die Frage unentschieden, aber doch unter Hinweis auf die Unzulässigkeit erheblich übersetzter Taxen deutlich erkennen läßt, daß es „wesentliche Wertübersetzungen" für unstatthaft hält. Anders nur die auch sonst bedenkliche Entscheidung HGZ. 1890.303, die, im Anschluß an eine vereinzelte und nicht unwidersprochen gebliebene Meinungsäußerung in Prot. 3404, den „Beweis, daß das verbodmete Objekt von Anfang an weniger wert gewesen sei, als die Bodmereiforderung, nicht zulassen will, da sonst Handel und Verkehr nicht würden bestehen können (1), man solche Beweisführung auch für unstatthaft anzusehen gewohnt sei und namentlich die Assekuradeure gerade deshalb für die Versicherung von Bodmereigeldern größere Prämien zu berechnen pflegten, weil sie sich bewußt seien, daß sie auch die Gefahr (!) mitzutragen hätten, daß die Bodmereiforderung größer als der ursprüngliche Wert des versicherten (rectius verbodmeten) Gegenstandes sei und der Eintritt eines Seeunfalls den Versicherten in eine bessere Lage bringe". § 110 Abs. 1 läßt hierüber (im Anschluß an ASVB. § 28) keinen Zweifel. — Ganz läßt sich freilich anch hier nicht vermeiden, daß der Versicherungsnehmer sich unter Umständen besser steht, wenn die Reise unglücklich, als wenn sie glücklich verläuft

Rückversicherung

143

(vgl. Vorb. IX vor § 1). Wenn 100000 Bodmereigeber für ein Schiff gegeben werden, § 1 das 100 000 wert nnd wegen Alters und Abnutzung nach Beendigung der Reise nur noch 80000 wert ist, kann der Bodmereigläubiger aus dem Schiff nnr 80000 erlangen. Geht das Schiff total verloren, so erhält er vom Versicherer 100000. Aber das ist gewollt, liegt am Grundsatz vom fixen Versicherungswert und hat hiermit wiederum darin seinen Grund, daß „die Sätze des Seeversicherungsrechts auf eine praktische, für den Großverkehr geeignete Handhabung gemünzt sind und häufig auf eine glatte Erledigung der Schadensfälle mehr Rücksicht nehmen, als auf absolute Korrektheit" (RG. 77.307). — Deckungsgegenstand kann auch die F r a c h t , die Frachtforderung sein. Ist sie noch zur Deckung geeignet, wenn sie v o r a u s b e z a h l t ist? Wenn auf ein Schiff im Werte von 80000 und vorausbezahlte Fracht im Werte von 20000 ein Vorschuß von 100000 gegeben ist, kann der für 100000 versicherte VorschußgebeT, wenn Schiff und Fracht total verlorengehen, 100000 oder nur 80000 verlangen? Nach RG.HGZ. 1889.245 (vgl. zu dieser Entscheidung auch § 107 Anm.) nur SO 000. Denn aus der Fracht habe der Vorschußgeber „niemals Befriedigung erwarten dürfen". Das ist eine Auffassung, die au der Oberfläche haftet. Wie der Verfrachter das Frachtinteresse nicht verloren hat und noch versichern kann (oben Anm. 86), kann der Vorschußgeber versichern. Die Frachtforderung ist zwar durch die Zahlung erloschen. Aber das Interesse des Vorschußgebers daran, daß der Verfrachter die vorauserhaltene Fracht nicht zurückzahlen muß, ist ein gleichwertiger Ersatz für das durch die Frachtforderung vermittelte Interesse und wenigstens ein gleichartiger Ersatz, wenn der Vorschußgeber in der Frachtforderung pfandmäßige Deckung gehabt haben würde. Anders natürlich, wenn die Fracht endgültig vorausbezahlt, insbesondere subject to insurance endgültig vorausbezahlt ist. Sie ist dann nicht mehr den Gefahren der Seeschiffahrt ausgesetzt. Weder Verfrachter noch Vorschußgeber haben Interesse und Anlaß, sie zu versichern (näheres oben Anm. 87).

Rückversicherung. 91. L i t t e r a t n r . B a c h e OestRev. 1906.179, 1912.55 (Voraussetzungen der Anm. 185 Haftung des Rückversicherers), Nordisk FörsäkrTidskr. 1922.11 (Über moderne Rückversicherung). B r u m m , Beiträge zur Rückversicherung, Diss. 1911. De C o u r c y , Les deux sortes de réassurances, 1885, Questions de droit mar. 4.260 (La réassurance usw.). E h r e n b e r g , Die Rückversicherung, 18S5, Das künftige Rückversicherungsrecht, DVfVWVeröff. 15, ZfVW. 1918.75, 292 (Die Provision bei der laufenden Rückversicherung), WallmannsZ. 46. 983 (Über die Rückversicherung). Ehrenzweig, AssJB. 1.24 (Aphorismen zur Rückversicherung), AssJB. 2.75 (Der Rückversicherungsvertrag und seine Usancen), AssJB. 7 II. 172 (Vertragsrecht und RückversicherungsBetrieb), AssJB. 17 II. 157 (Die generelle obligatorische Excedenten-Rückversicherung usw.). E m m i n g h a u s HdWB. der Staatswiss. 7.164 (Rückversicherung). H a g e n ZfVW. 1920.137 (Begriff und Grundlagen der Rückversicherung). H a l l , Die deutsche Lebensrückversicherung (auch ZfVW. 1914.144). H a n z l i k , Die juristische Natur der Rückversicherung, Diss. 1911. H e n n e DVfVWVeröff. 31.97 (Selbstbehalt und Rückversicberungsverhältnisse). H e r r m a n n s d o r f e r , Wesen und Behandlung der Rückversicherung, 1921. H e r z i e l d e r VLexikon ErgBd. 568 (Rückversicherung). H ö n g e n ITVMitt. 1921.109 (Verpflichtung des Rückversicherers zur Schadenszahlung bei Kulanzregelung durch den Erstversicherer). J a h n , Studien über Rückversicherung und deren Statistik, 1912 (auch ZfVW. 1912.546, 803). J o s e f AssJB. 37.3 (Die Rückversicherung nach deutschem Recht). Kisch ZfVW. 1918.144 (Die Provision bei der laufenden Rückversicherung}. K l e e b e r g AssJB. 3411.151 (Die wirtschaftliche Natur der Rück-

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Bückversicherung

§ 1 Versicherung). K u l i n i c k , Der Maximalkontrolleur bei der Seeversicherung, 1918. K ü b e l ZfVR. 2.96 (Rückversicherung). M o l d e n h a u e r VLexikon 1036 (Rückversicherung); vgl. auch DVfVWVeröff. 2.272, 281. O b e r m a y e r , Die Rückversicherung, 1912. P l a s s , Die Besonderheiten der Rückversicherung in den einzelnen Versicherungszweigen, Diss. 1910. P l a s s OestRev. 1911.59 (Rückversicherung und Mitversicherung). R a u ZfVW. 1901. 298, 399, 1902. 42 (Die Rückversicherung der Gegenwart; auch Diss. 1901). R e i l s t a b AssJB. 2.92 (Ein Risiko). S c h a e f e r , Die Feuerrückversicherung, 1900. S m e d a l ITYMitt. 1921.85 (Anspruch les Rück- und Mitversicherers auf Prämie im Falle des Nicbteingangs beim Erstversicnerer). S t u t z , Die Rückversicherung im Transport-Versicherungsgeschäft, 1893. S t u t z , AssJB. 18 IL 168 (Anzeigeverpflichtung bei der fakultativen Rückversicherung). T h i e s i n g MittöffFVA. 1911.747 (Die Rückversicherung, ihre rechtliche Natur und ihre Bedeutung usw.). U l r i c h , Per Rückversicherungs-Vertrag in der Seeversicherung usw., 1884. V a l l e b o n a AssJB. 10II. 131 (Die Rückversicherung, ihr Wesen usw.). De V a l r o g e r Rev. Int. de droit mar. 8.619 (Des réassurances d'abonnement). W a l t e r AssJB. 14.27 (Beiträge zur Auslegung von Feuerrückversicherungs-Verträgen). W e r n e b u r g AnnVers. 1916.61, 70 (Juristische Natur der Rückversicherung), OestZ. 1919.136 (Rückversicherung und Fusion).

a) Grand and Formen der Rückversicherung. Anm. 186

92. Die wirtschaftliche Grundlage der Versicherung ist die Notwendigkeit der Verteilung grofier Risiken über möglichst viele Schultern. Das bei einem Versicherer versicherte Risiko wird durch ihn hindurch über die vielen bei ihm Versicherten verteilt. Alle diese Versicherten sind so am Geschäftsbetrieb des Versicherers beteiligt. Aber der Geschäftsbetrieb kann zu klein, das Risiko zu groß, die aus diesem Mißverhältnis sich für den Versicherer und die bei ihm Versicherten ergebende Last noch zu schwer sein. Das Mißverhältnis wird um so bedenklicher, je gleichartiger das „Aliment" des Versicherers, seine Bezugsquelle ist, die Quelle, aus der er seine Versicherungsgeschäfte schöpft, je gleichartiger deshalb die „versicherten" Reisen und Transportmittel sind, und je größer damit die Gefahr ist, daß die versicherten Interessen sich zusammenballen, zu viele auf einer Karte stehen, die Risiken sich häufen („kumulieren"; sog. Kumulbildung, die zu verhindern oder unschädlich zu machen, eine der vornehmsten Aufgaben der Assekuranztechnik ist; näheres über den „Kumul": R a u ZfVW. 1901.407, S t u t z 1, 58). Der Versicherer müßte also gegebenenfalls das Risiko ablehnen, — dadurch würde sein Geschäftsbetrieb nicht größer. Oder er könnte nur einen Teil des Risikos übernehmen, — damit wäre der versicherungsuchenden Geschäftswelt nicht gedient (vgl. jedoch auch Vorb. V vor § 1 über Mitversicherung). Er könnte sich mit anderen Versicherern zum Zwecke gemeinschaftlicher Tragung des Risikos zu einer Gesellschaft verbinden, — zu solcher Verbindung und Bindung sind die anderen aber selten bereit oder doch nur dann, wenn die gewöhnlichen Mittel der Assekuranztechnik versagen, wie z. B. bei der Valorenversicherung (vgl. unten Anm. 152 u. § 80 Anm.). Er verbindet deshalb die anderen sich und sich den anderen anders. Er schließt einen zweiten V e r s i c h e r u n g s v e r t r a g m i t u m g e k e h r t e n R o l l e n . Er nimmt Rückversicherung. — Älteste bekannte Rückversicherung: 1370 (Bensa 200). Über die geschichtliche Entwicklung der hamburgischen Rückversicherung: K i e ß e l b a c h 73, 88, 90, 111. Anm. 137 93. Die Rückversicherung ist also ihrer wirtschaftlichen Bestimmung nach nicht dazu da, die Risiken vollständig von einem Versicherer auf den anderen überzuwälzen. Wenigstens ihrer vornehmsten Bestimmung nach nicht. Die Rückversicherung kann natürlich auch dazu gebraucht werden, das versicherte Risiko v o l l s t ä n d i g auf einen anderen zu übertragen. Der Versicherer kann ein berechtigtes Interesse daran haben,

Rückversicherung

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sich ans der versicherten Unternehmung ganz herauszuziehen und zu diesem Zwecke § 1 sein ganzes durch die Versicherung begründetes Interesse, wenn nötig seihst zu einer höheren, als der von ihm eingenommenen Prämie, rückzudecken ( R ü c k v e r s i c h e r u n g zn s p e k u l a t i v e r Prämie). Die Rückversicherung kann zu solcher vollständigen Abwälzung auch mißbraucht werden. Der Versicherer kann ohne Versicherung^-* technischen Grund seine ganzen Interessen zu billigerer Prämie rückdecken und das Versicherungsgeschäft damit zu einem bloßen P r ä m i e n - D i f f e r e n z g e s c h ä f t machen (vgl. E h r e n h e r g RV. 165, R a u ZfVW. 1901.409). In England war das PrämienDifferenzgeschäft um die Mitte des 18. Jahrhunderts so eingerissen, daß man die Rückversicherung 1745 überhaupt verbot ( A m o u l d 4 1 9 s. 322, R a u ZfVW. 1901.409, vgl. auch ZHR. 9.134, 12 Beil. 39, ZfVR. 1.200). Das Verbot wurde erst 1864 aufgehoben; vgl. jetzt MIA. § 9. — Der Regel nach wird, dem Rückversicherungszweck gemäß, nur so viel abgegeben, daß dem Vorversicherer ein gewisser Teil des Risikos verbleibt, — das sog. Maximum oder P l e i n , der Eöchstbetrag, zu dem nach den in „Maximaltabellen" (tableaux de plein) niedergelegten Erfahrungsgrundsätzen der Vorversicherer das Risiko zu behalten pflegt (oder auch: der Rückversicherer das Risiko zu übernehmen pflegt). Näheres Uber die Maximaltabellen und ihre assekuranztechnische Bedeutung: C r u z i g e r 152, J a h n 9, 50, v. L i e b i g 139, R a u ZfVW. 1901.302, S t u t z 46, insbesondere K u l n i c k , Der Maximalkontrolleur. 94. Die Einzcl-Riickversichernng (réassurance particulière) ist heute Verhältnis- A n m - 138 mäßig selten (vgl. aber auch unten Anm. 142). Bei der großen Menge der rückversicherungs-bedürftigen Risiken lohnt die Einzel-RUckversicherung nicht. Überdies muß der Vorversicherer regelmäßig schon beim Abschluß des Vorversicherungs-Vertrags der Rückdeckung gewiß sein. Schließlich kann er auch regelmäßig nicht sofort übersehen, mit welchen Summen er bei einem Unternehmen (z.B. der Reise eines Schiffes mit Stückgütern) beteiligt ist. Die laufende Rückversicherung ist deshalb die Regel. EinzelRückversicherung wird insbesondere für die in laufenden Rückversicherungs-Verträgen ausgeschlossenen Risiken genommen (etwa für überfällige Schiffe, die oft auch zu spekulativer Prämie „rückversichert" werden). Oder für den sog. Superexcedenten, d. h.» den Excedenten, der über das Maximum des Vorversicherers und die durch laufende Rückversicherungs-Verträge gedeckten Excedenten hinausragt. 95. Die laufende Rückversicherung zeigt die mannigfachsten Formen und A"™-189 Begrenzungen (näheres: S t u t z 37, auch H e r r m a n n s d o r f e r 4, de V a l r o g e r Rev. Int. de droit mar. 8.619). Von besonderer Bedeutung sind: a) Die laufende Excedenten-Rückversichernng (traité d'excédent oder de trop A"™- u o plein; zuerst in der Feuerversicherung Mitte des 19. Jahrhunderts: E i e ß e l b ach 74). Zunächst wird für die im Rückversicherungs-Vertrag bezeichneten Versicherungen ein erster Betrag bestimmt, an dem der Rückversicherer nicht beteiligt ist ( P r i o r i t ä t ) , demnächst ein zweiter Betrag, mit dem der Rückversicherer beteiligt wird, ein Betrag, der also die Priorität übersteigt (daher E x c e d e n t ) , und der gleichzeitig in der Regel •die Höchstgrenze angibt, bis zu welcher der Rückversicherer haftet (vgl. auch ROHG. 5.166 und hierzu E h r e n b e r g RVR. 33, R a u ZfVW. 1901.404). Beispiel einer Rückversicherung, die für ein bestimmtes Gebiet von Versicherungen den Excedenten deckt: „Die unterzeichnete Gesellschaft beurkundet hierdurch für sich und ihre Rechtsnachfolger, daß sie Rückversicherung übernommen hat: an die A s s e c u r a n t i a , A l l g e m e i n e V e r s i c h e r u n g s - A k t i e n g e s e l l s c h a f t , in Mannheim für 60 000 Jt als Excedenten von 20 000 M bis 80 000 i t . In der Priorität von von 20 000 Mi sind Zeichnungen der rückversicherten Gesellschaft auf Kasko, Fracht und Interesse eingeschlossen, > 10

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auf Waren aller Art, frei von Beschädigung außer im Strandungsfall oder in analogen Fällen, per Dampfschiff, von Brasilien '""tyoder La Plata, direkt oder indirekt, nach Europa, Nord- und Ostsee, Mittel- und/oder Adriatisches Meer, zur Prämie des Hamburger Tarifs von 1914, gegen eine Provision von 7 V2 % , Order laut Börsenslip, nur für Seegefahr. Diese Rückversicherung valediert zu den Bedingungen der Originalpolice, und wird darauf im Schadensfalle pro rata ebenso bezahlt, wie die rückversicherte Gesellschaft auf ihre Zeichnung zu zahlen hat. Zur Einkassierung einer Rückentschädigung bedarf es nur der Quittung über den von der rückversicherten Gesellschaft geleisteten Ersatz. Es präjudiciert nicht, wenn das Datum der Originalpolice nicht angegeben, oder wenn solche eventuell noch nicht gezeichnet ist, oder wenn die Beteiligung der rückversicherten Gesellschaft in Rückversicherung oder in Retrocession gezeichnet ist. Etwaiger Ristorno für Minderwert geschieht franko. Dieser laufende Rückversicherungsvertrag ist ab 1. Januar 1914 auf unbestimmte Zeit geschlossen. Es steht den Kontrahenten frei, diesen Vertrag mit einmonatiger Frist zu kündigen, jedoch erstmalig per 31. Dezember 1914. Diese Rückversicherung ist geschlossen durch Schlau & Meier. So geschehen zu Hamburg, den 23. November 1913. Reassecurantia, R U c k v e r s i c h e r u n g s - A k t i e n g e s e l l s c h a f t , in Hamburg." Wird bei der einzelnen Versicherung das Maximum nicht überschritten, so ist der Rückversicherer nicht beteiligt. — Wird das Maximum überschritten, so ist die Rückversicherung eine gewöhnliche Unterversicherung. Der Rückversicherer haftet also verhältnismäßig, nicht etwa nur, wenn, dann aber auch soweit der Schaden da» Maximum überschreitet. Beträgt im obigen Beispielfall der Versicherungswert 50000, der Schaden 25000, so hat der Rückversicherer nicht 25 000—20 000 = 5000 zu zahlen, sondern % von 25000 = 15000. — Anders bei der sogenannten Schadense x c e d e n t e n - R ü c k v e r s i c h e r u n g . Der Rückversicherer trägt nur den Schadensexcedenten, diesen aber ganz. Würde es sich also im obigen Beispielfall um ein» Schadensexcedenten-Rückversicherung handeln und der Schaden 25000 betragen, so würde der Rückversicherer nur 5000 zu zahlen haben. Die SchadensexcedentenRückversicherung ist aber in der Transport-Rückversicherung nicht üblich (näheres: H e r r m a n n s d o r f e r 12 usw.). Der Rückversicherer kann auch in anderer Weise am Excedenten beteiligt werden. Er kann (nicht sowohl mit einem bestimmten Excedentenbetrag, als vielmehr) mit der Quote eines E x c e d e n t e n beteiligt sein. Er erhält an den im RückversicherungsVertrag bestimmten Excedenten einen verhältnismäßigen Anteil (z.B. 1 0 % ; Beispielfälle bei v. L i e b i g 142, S t u t z S4). Die Excedenten sind regelmäßig durch die in der Maximaltabelle verzeichneten Maxiraa begrenzt. Wenn der Vorversicherer z. B. aus den im Rückversicherungs-Vertrag bestimmten Vorversicherungen Versicherungssummen von 1000000 erhält, behält er die ersten 100000 und deklariert auf zehn mit Rückversicherern geschlossene und durch Maxima von 100000 begrenzte Rückversicherungs-Verträge je 10% des Restes, also je 90000. Man hat diese

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Rückversicherung

Verträge in der Literatur Quotenexcedentenverträge genannt (PI as s Besonder- § 1 heiten 16, K a u ZfVW. 1404). In der Praxis wird diese Bezeichnung jedoch für eine Verbindung des Quotenvertrags und des ExcedentenVertrags gehraucht (Herrm a n n s d o r f e r 9). Als die Risiken immer größer wurden, reichten die Maxirna der Rückversicherer oft nicht aus, entstanden immer häufiger die Maxim a übersteigende Beträge, Superexcedenten. So kamen die S u p e r e x c e d e n t & n - R ü c k v e r s i c h e r u n g s v e r t r ä g e auf. Wenn der Vorversicherer z.B. aus den in den Rückversicherungs-Verträgen bestimmten Vorversicherungen Versicherungssummen von 2000000 erhält, behält er die ersten 100000, deklariert auf die erste Gruppe von Rückversicherungen je 10 % von 1000 000, also je 100 000 (das Maximum) und deklariert auf die zweite Gruppe von Rückversicherungen j e 1 0 % des Restes von 900000, also j e 90000. Aber auch die Versicherung des Superexcedenten versagt oft, weil auch dieser Excedent natürlich begrenzt ist Überdies erfordert das Excedentenversicherungs -Verhältnis zu umfangreiche und kostspielige Verwaltungskontrollen. Diese Nachteile werden durch den Vorteil nicht aufgewogen, daß der Vorversicherer alle Risiken allein läuft, die noch in sein Geschäft hineinpassen, von dem Gewinn, den diese Risiken ihm lassen, also an den Rückversicherer nichts abzugeben braucht. Deshalb wird die laufende Excedenten-Rückversicherung mehr und mehr verdrängt durch: b) Die Quoten-Rückversicherung (traité de partage). Der Rückversicherer Anm. 141 erhält von allen im Rückversicherengs-Vertrag bestimmten Versicherungen einen verhältnismäßigen Anteil, eine Quote. Zwar pflegen auch diese Verträge Maxima zu bestimmen; doch wird gleichzeitig vereinbart, daß bei unvorhersehbaren Überschreitungen des' Maximums der Rückversicherer auch über das Maximum hinaus haftet. — Beispiel eines Quoten-Rückversicherungsvertrags (vgl.auch v. L i e b i g 151, Rau ZfVW. 1901.404, S t u t z 79, 81): „Zwischen der A s s e c u r a n t i a , A l l g e m e i n e V e r s i c h e r u n g s - A k t i e n g e s e l l s c h a f t , in Mannheim (kurz Rückversicherte) und der R e a s s e c u r a n t i a , R ü c k v e r s i c h e r u n g s - A k t i e n g e s e l l s c h a f t , in Hamburg (kurz Rückversicherer) ist nachstehender Rück versicherungs-Vertrag abgeschlossen worden. § 1. Die Rückversicherte verpflichtet sich, dem Rückversicherer von ihren sämtlichen Versicherungen und Rückversicherungen, welche sie direkt oder indirekt zeichnet, oder auf Grund einer zwischen ihr und ihren Schwesteranstalten bestehenden Interessen-Gemeinschaft erhält und als Transport-VersicherungsGeschäft behandelt, eine feste Quoten-Beteiligung von 2V»% z u übertragen, maximiert mit 100000 JH.. Für „Reederei-InteresBeu-Versicherungen ermäßigt sich dag Maximum auf 50000 Mi. Die Maxima gelten gesondert Der Rückversicherer schließt sich hinsichtlich der Grundlage für die Maximierung den Maßnahmen bzw. Grundsätzen der Rückversicherten an. Eine Überschreitung dieser Maxima soll nicht präjudizieren bei: 1. Umladungen im Verlauf der Reise und dadurch entstehenden Kumuls. 2. Versicherungen von Kasko-Nebenrisiken (wie Kollisions-Excedenten, Havariegrosse-Excedenten, Havarie-part-Excedenten und ähnlichen Spezial-Versicherungen). 3. Überweisungen aus Rückversicherungs-Verträgen, soweit solche nicht postenweise, sondern summarisch vierteljährlich verarbeitet werden (— sogenannte Retrozessionsgeschäfte). 10*

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§ 2. Ausgeschlossen von diesem Vertrage sind: 1. Valoren, aber nur, soweit sie als Valorengeschäft von der Transport-Abteilung verarbeitet und gegen Sonder-Abkommen deklariert werden. 2. Überfällige Risiken. 3. Alle Zeichnungen, welche die Rückversicherte laut Akte für eigene Rechnung behält oder ganz oder teilweise anderweitig vorweg abdeckt. Im letzteren Falle bilden nur die noch verbleibenden Nettobeträge die Grundlage zu einer Abgabe gegen diesen Vertrag. Etwaige von den Agenten selbst besorgte Rückversicherungen werden ebenfalls von den Agenturzeichnnngen in Abzug gebracht in der Weise, daß gegen diesen Vertrag nur die verbleibenden Nettobeträge zur Abgabe kommen. § 3. Die auf Grund dieses Vertrages gewährte und genommene Rückversicherung geschieht stets zu Original-Bedingungen und beginnt und erlischt dementsprechend die Verbindlichkeit des Rückversicherers stets in vollen. Umfange gleichzeitig mit derjenigen der Rückversicherten. Der Rückversicherer stellt sich also bezüglich des ihm aus diesem Vertrage zufließenden Geschäftes ganz und gar an Stelle der Rückversicherten und erkennt rückhaltlos der Rückversicherten gegenüber alle Bedingungen der von dieser gezeichneten Polizen und Verträge an, genehmigt im voraus jede Schadensregulierung im Verhältnis seiner Beteiligung und verzichtet auf jede Einrede, einerlei welchen Namens und Grundes, gegen den Anspruch der Rückversicherten auf Ersatz der von dieser bezahlten Schäden. Ferner nimmt der Rückversicherer gemäß seiner Beteiligung an etwaigen durch Zahlungseinstellungen oder sonstwie verursachten Prämienausfällcn teil. § 4. Die Rückversicherte verpflichtet sich, eine Mindestquote von 10 % für eigene Rechnung zu behalten, jedoch hat sie das Recht, diesen Eigenbehalt gegen Feuers- oder Explosionsgefahr, sowie überfällige Risiken anderweitig und besonders rückzudecken. Unbeschadet der Bestimmung des § 2 Absatz 3, ist die Rückversicherte berechtigt, Rückversicherung für gemeinschaftliche Rechnung zu nehmen. § 5. Der Rückversicherer erhält Originalprämien abzüglich Courtagen, Rabatte, Rückversicherungs- und Agentur-Provisionen. Außerdem darf die Rückversicherte da, wo den Agenten oder RückversicherungsGesellschaften Fixum oder Gewinn-Vergütungen usw. gewährt werden, oder sonstige Kosten sind, diese dem Rückversicherer in Form von festen Abzügen in Anrechnung bringen. Die prozentweise Bestimmung dieser Abzüge geschieht in gewissenhafter Weise. Auf die so gebildete Original-Nettoprämie gewährt der Rückversicherer bei Abrechnung der Rückversicherten eine Rückvergütung von 10 %• Für „Reederei-Interesse"-Versicherungen ermäßigt sich dieser Satz auf 7 V2 °/o und für Überweisungen aus summarisch bearbeiteten Rückversicherungs-Verträgen (sogenanntes Retrozessionsgeschäft laut § 1, Schlußpassns) auf 2'/2 °/oAußerdem erhält die Rückversicherte einen Gewinnanteil von 10°/o. Die Berechnung des Gewinnes geschieht nach Ablauf von drei Jahren getrennt für jedes Kalenderjahr, und zwar unter Zugrundelegung der zu dem Jahre verrechneten Prämien, abzüglich darauf lastender Rückprovision, Schäden oder etwaiger sonstiger Abzüge. Spätere Rückvergütungen oder Schäden werden auch nach Auskehrung des Gewinnes dem betreffenden Jahre nachträglich angerechnet. Zeichnungen in fremder Währung, sofern dieselben nicht in Gemäßheit des § 2 vorweg abgedeckt werden, werden von der Rückversicherten in deutsche Mark

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umgewandelt Der in jedem einzelnen Falle angenommene Prämien-Kurs bleibt § l für alle aus demselben sich ergebenden Rechnungs-Verhältnisse maßgebend, mit der alleinigen Ausnahme, daß für Prolongationen das Kegulierungsdatum der Prolongationen maßgebend ist und der entsprechende Kurs für alle Phasen der Prolongationen gilt. Die Umwandlung in Reichsmark erfolgt auf Grund der jeweilig von der Rückversicherten festgesetzten Kurstabelle. § 6. Die Überweisung der gegen diesen Vertrag fallenden Deklarationen geschieht teils summarisch, teils durch Regulierungsaufgaben. Vorläufige Aufgaben finden nicht statt, doch wird von der Rückversicherten auf evtl. Anfrage Mitteilung von bevorstehender oder eingetretener Beteiligung auf ein bestimmtes Risiko gemacht. Solche Mitteilungen sollen jedoch ohne jegliche Präjudiz für die Rückversicherte hinsichtlich der Richtigkeit sein. Unabsichtlich unterlassene oder verzögerte Aufgaben heben die Haftung des Rückversicherers unter keinen Umständen- auf. § 7. Über Schäden, Verluste und Kosten werden Aufgaben ausgestellt und dem Rückversicherer belastet. Schadensbeträge, welche für den Rückversicherer auf einem Risiko die Summe von 5000 M erreichen oder übersteigen, müssen auf Verlangen der Rückversicherten innerhalb 3 Tagen nach Eingang der Reklamation an die Rückversicherte ausgeglichen werden. Schadensbeträge, welche diese Summe nicht erreichen, werden in laufender Rechnung vergütet. Dagegen kann die Rückversicherte in Fällen, wo der Schadensanteil des Rückversicherers 10 000 M . > und darüber beträgt, verlangen, daß derselbe seinen Anteil vergütet, ehe die Rückversicherte den Schaden bezahlt hat. § S. Die Abrechnung und Regulierung findet im übrigen vierteljährlich statt, und zwar per ultimo März, Juni, September und Dezember, durch ein dem Rückversicherer einzureichendes Konto-Korrent, dessen Saldo zugunsten der einen oder der anderen Partei nach Richtigbefund, worüber binnen 14 Tagen nach Empfang der Abrechnung eine Erklärung zu erfolgen hat, unverzüglich auszugleichen i s t § 9. Beide Parteien verpflichten sich, diesen Vertrag nach Kräften geheim zu halten. Sollten über die Auslegung oder die Ausführung desselben und/oder über die daraus sich ergebenden Rechte und Verpflichtungen Streitigkeiten entstehen, so unterwirft sich der Rückversicherer den hamburgischen Gerichten und der denselben vorgesetzten höheren Instanz. Es kann, falls beide Parteien damit einverstanden sind, über etwaige Streitigkeiten jedoch auch durch ein Schiedsgericht von drei Personen endgültig entschieden werden. Dieses Schiedsgericht ist so zusammenzusetzen, daß jede Partei einen Schiedsrichter ernennt und vom Präsidenten der Hamburger Handelskammer ein Obmann erbeten wird. § 10. Dieser Vertrag beginnt mit dem 1. Januar 1922 und ist vorläufig auf ein Jahr, also bis zum 31. Dezember 1922, geschlossen. Er umfaßt alle in diesem Zeitraum zum Abschluß gelangenden Versicherungen (ohne Rücksicht auf das Zeichnungsdatum der Polize), mit Ausnahme von Zeit-Versicherungen, für welche das Risikoanfangsdatum für die Deklaration gegen diesen Vertrag maßgebend ist. Für Deklarationen gegen laufende Polizen sowie Rückversicherungen ist derjenige Jahrgang maßgebend, der für die Versicherten bzw. Rückversicherten maßgebend ist. Hat 4 (vier) Monate vor Ablauf, also bis zum 31. August 1922, von der einen oder anderen Seite eine Kündigung nicht stattgefunden, so erneuert sich der

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Vertrag stillschweigend yon Jahr zn Jahr, und eine Eündignng kann von der einen oder anderen Seite nur unter Einhaltung einer viermonatigen Kündigungsfrist auf den Schluß des betreffenden Kalenderjahres stattfinden. Doppelt ausgefertigt und unterschrieben. Mannheim, den 20. Dezember 1921. Assecurantia, Allgemeine Versicherungs-Aktiengesellschaft (als Rückversicherte). Hamburg, den 30. Dezember 1921. Reassecurantia, Rückversicherungs-Aktiengesellschaft (als Rückversicherer)." Die Qnotenversicherung kann auch mit der Excedentenvereicherung verbunden werden ( Q u o t e n - E x c e d e n t e n - V e r t r a g ) . Der Rückversicherer erhält, wie beim gewöhnlichen Quotenvertrag, eine Quote und beteiligt sich außerdem an der für den Vorversicherer verbleibenden und für diesen noch zu großen Quote mit einem Excedenten. Anm. 142 96. Wie die laufende Versicherung überhaupt (§ 97 Anm.), so kann auch die laufende Rückversicherung f a k u l t a t i v (freibleibend) genommen werden. Sie kann für den R ü c k v e r s i c h e r t e n f a k u l t a t i v , für den R ü c k v e r s i c h e r e r o b l i g a t o r i s c h sein (sei es so, daß sie für den Rückversicherten unbeschränkt fakultativ ist, sei es so, daß der Rückversicherte zwar frei ist, aber, wenn er rückversichern will, die Versicherung dem Vertragsfreunde überweisen muß); sie kommt in dieser Form nicht mehr häufig vor, die Rückversicherer haben ein Haar darin gefanden (vgl. auch das fakultative Angebot bei K u l l n i c k 22). Sie kann für den R ü c k v e r s i c h e r e r f a k u l t a t i v , für den R ü c k v e r s i c h e r t e n o b l i g a t o r i s c h sein; aber das kommt natürlich sehr selten vor, weil dem Rückversicherten dabei gerade die Sicherheit fehlt, die er durch die Rückversicherung erlangen möchte (vgl. hierzu H e r r m a n n s d o r f e r 57, M o l d e n h a u e r ZfVR. 1901. 33). Sie kann schließlich f ü r b e i d e , Rückversicherer und Rückversicherten, fakultativ sein. Mit einem solchen beiderseits fakultativen Rückversicherungs-Vertrag hatte es RG. 55. S7 zu tun. Beispiel eines solchen Vertrags: „Zwischen der H a m b u r g e r V e r s i c h e r u n g s - A k t i e n g e s e l l s p h a f t in Hamburg und der M a n n h e i m e r V e r s i c h e r u n g s - A k t i e n g e s e l l s c h a f t in Mannheim ist unter den nachstehenden Bedingungen folgender Vertrag abgeschlossen, welcher sowohl für Überweisungen ersterer Gesellschaft an letztere, wie letzterer an erstere gelten soll. Je nachdem ist in dem folgenden Texte unter Rückversicherter oder Rückversicherer: die H a m b u r g e r Y e r s i c h e r u n g s - A k t i e n g e s e l l s c h a f t in Hamburg oder die M a n n h e i m e r V e r s i c h e r u n g s - A k t i e n g e s e l l s c h a f t in Mannheim zu verstehen. Die Rückversicherte beteiligt den Rückversicherer an allen denjenigen Risiken auf Versicherungsgegenstände jeder Art gegen Transportgefahr, sei es per Dampfer oder Segler, oder anderer Beförderungsart, welche sie nach freihändigem Angebot von dem Rückversicherer angenommen und genehmigt erhält und zwar, falls nicht anders vereinbart, zu Original-Bedingungen und Prämien unter Abzug von Rabatten, Courtagen, Agentur-Kommission, Skonti etc. Der Rückversicherer vergütet dem Rückversicherten auf die so gebildete Netto-Prämie bei Abrechnung eine RetourKommission, welche von Fall zu Fall zu vereinbaren ist. Die Höhe der Beteiligung richtet sich je nach der Eigenart des betreffenden Risikos und wird von Fall zu Fall festgestellt Spätere Änderungen angenommener Beteiligungen sind stets sobald wie

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möglich aufzugeben und mitzuteilen und monatlich eine Liste der endgültigen § 1 Verrechnungen aufzustellen. Etwaige Schäden sind im Verhältnis der Beteiligung des Rückversicherers mittels Listen mitzuteilen und zu verrechnen, und erklärt derselbe sich vorher mit der Schadenvermittlung, Feststellung und Zahlung seitens der Uberweisenden Gesellschaft einverstanden. Dieser Vertrag ist der Zeit nach unbeschränkt, und erlischt drei Monate nach Kündigung, die jeder Seite zusteht. Doppelt ausgefertigt und unterschrieben. Hamburg, den 10. Januar 1920. Hamburger Versicherungs-Aktiengesellschaft. Mannheim, den 15. Januar 1920. Mannheimer Versicherungs-Aktiengesellschaft." Man kann solchen Vertrag mit RG. 55.88 einen V o r v e r t r a g nennen (abw. H e r r m a n n s d o r f e r GO). Denn er geht dem eigentlichen Rückversicherungs-Vertrag vorauf, der erst durch Angebot und Annahme der Vorversicherung geschlossen wird. Und er ist auch ein „Vertrag" (abw. H e r r m a n n s d o r f e r 61), bezeichnet sich mit Recht als solchen und wird als solcher empfunden. Zwar braucht weder der Rückversicherte anzubieten noch der Rückversicherer anzunehmen. Insbesondere wird mau nicht annehmen dürfen, daß, da die Parteien doch immerhin einen Vertrag geschlossen haben, sie einander nach Treu und Glauben verpflichtet sind, anzubieten und anzunehmen, soweit nicht berechtigte Interessen sie davon abhalten, also einander verpflichtet sind, den „Vertrag" nicht völlig leer laufen zu lassen. Aber der Rückversicherer ist jedenfalls insofern gebunden, als er auf Angebote des Rückversicherten, die in den Rahmen des Rückversicherungs-Vertrags fallen, innerhalb der regelmäßig besonders vereiubarten Frist oder, mangels einer Vereinbarung hierüber, unverzüglich a n t w o r t e n muß, wenn nicht das Angebot als angenommen gelten soll (vgl. auch § 97 Anm., auch HG6. § 362). — Der Rückversicherungs-Vertrag, der auf Grund eines solchen beiderseits fakultativen Vertrags geschlossen wird, ist natürlich wie eine gewöhnliche Einzel-Rückversicherung zu behandeln ( H e r r m a n n s d o r f e r 62). Anders, wenn der laufende Rückversicherungs-Vertrag zwar für den Rückversicheren fakultativ, für den R ü c k v e r s i c h e r e r dagegen o b l i g a t o r i s c h ist. Dann gelten nach der Verkehrssitte die Grundsätze, denen § 102 für den Fall Ausdruck gibt, daß der laufend Gewinnversicherte einen höheren als den im Vertrage bestimmten Gewinn deklarieren darf: Der Rückversicherer ist frei, wenn der Rückversicherte bei der Deklaration weiß oder wissein muß, daß die Reise einen ungünstigen Verlauf genommen hat (näheres: § 5 Anm. 44). Aber anch die beiderseits fakultative laufende Rückversicherung hat heute nur noch geringe Bedeutung. Die Versicherer sind dazu übergegangen, befreundeten Rückversicherungs-Gesellschaften oder Maklern ohne weiteres, ohne Vertrag, Einzelvereicherungs-Anträge auf Formularen zu übersenden, die etwa folgenden Inhalt haben: „Wir bieten Ihnen hiermit die unten näher bezeichneten Rückversicherungen an. Die Rückversicherung gilt, falls nicht Gegenteiliges vermerkt, zu OriginalBedingungen (inkl. oder exkl. Kriegsrisiko). Maßgeblich ist die Original-Police, auch wenn die Original-Versicherung nach Abschluß dieser Rückversicherung gezeichnet ist. Die Risiken können direkt, in Rückversicherung oder Retrozession gezeichnet sein. Der Rückversicherer genehmigt stillschweigend Änderungen, auch Prolongationen der ursprünglichen Versicherung. An Zulagen und Rückgaben nimmt der Rückversicherer teil. Treten nach erfolgter Ermäßigung wieder Erhöhungen ein, so entfallen diese auch auf den Rückversicherer nach Maßgabe des ursprünglich von ihm übernommenen Anteils. Ristomi erfolgen franko.

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Umladungen sowie Verladungen mit andeten Fahrzeugen als zuerst aufgegeben, sind stillschweigend gedeckt. Es präjudiziert nicht, daß das Schiff nicht im Ladehafen liegt oder bereits gesegelt ist. Bei Rückversicherungen in fremder Währung ohne Valuta-Klausel findet die Verrechnung in Original-Währung statt. Die rückversichernde Gesellschaft ist, auch bei Angabe ihres Selbstbehaltes, berechtigt, ohne besondere Anzeige die Feuers- bzw. Explosionsgefahr und/oder die Repressaliengefahr anderweitig abzudecken. Im Schadensfalle teilt der Rückversicherer in jeder Beziehung das Schicksal der rückversichernden Gesellschaft; er unterwirft sich deren Schadensreguliernng und verpflichtet sich, seinen Schadensanteil der rückversicherten Gesellschaft auf Anfordern zur Verfügung zu stellen. Wir sehen bei Annahme umgehender Rückgabe der vollzogenen zweiten Ausfertigung entgegen. Im Ablehnungsfalle bitten wir um sofortige Nachricht. Nr.

Schiffsname

Reise oder Zeit

Gegenstand

Bedingungen Rückvers.- Prämie Abzüge Summe

Hamburg, den Hamburger Versicherungs-Aktiengesellschaft." Anm. ms

97. Der Rückversicherer kann seinerseits Rückversicherung, der zweite Rückversicherer weitere Rückversicherung nehmen (Retrocession). Anm. 144 9S. Unternehmungen, die ausschließlich Rückversicherung betreiben, bedürfen (mit Ausnahme der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit) k e i n e r Z u l a s s u n g und werden n i c h t b e a u f s i c h t i g t (PrivVUG. § 116; vgl. dazu jedoch auch Ver. vom 18. Juni 1908, RGBl. 409, und APV. 1909.2, 1911.88 über Rechnungslegung usw. der Versicherungsunternehmungen, die Rückversicherung in beaufsichtigten Versicherungszweigen betreiben). Anm. 146 99. Nach § 186 W G . sollen die V o r s c h r i f t e n des VVG. auf die Rückversicherung k e i n e A n w e n d a n g finden. Die Vorschrift hat für die See-Rückversicherung keine Bedeutung. Denn die See-Rückversicherung ist „Seeversicherung" (HGB. §§ 778, 779, H e r r m a n n s d o r f e r 1, 24, HGZ. 1918.179). Und auf die Seeversicherung finden ohnehin die Vorschriften des W G . keine Anwendung ( W G . § 186; irrig: H a g e n ZfVW. 1920.141; vgl. auch unten Anm. 146).

b) Begriff der Rückversicherung. Anm. 146

100. Rückversicherung ist „Versicherung der von dem Versicherer übernommenen Gefahr" (HGB. § 779 Abs. 1). Sie ist die Versicherung des für den Vorversicherer (auch Hauptversicherer, Erstversicherer, Direktversicherer, Originalversicherer, Cedent genannt, original insurer)1) durch den Abschluß eines Versicherungsvertrags begründeten Interesses. The insurer under a contract of marine insurance has an insurable interest in his risk, and may re-insure in respect of it (MIA. § 9 Abs. 1). Insbesondere ist die

') Der Ausdruck „VorVersicherer" entspricht dem Ausdruck „Rückversicherer". Er ist deshalb der faßlichste. Gegen den Ausdruck spricht nur der Umstand, daß auch der Rückversicherer im Verhältnis zum zweiten Rückversicherer (Retrocessiönar) Vorversicherer ist. Aber das Verhältnis der zweiten Rückversicherung spielt in der Lehre eine untergeordnete Rolle. Überdies muß man sich bei der Behandlung der zweiten Rückversicherung ohnehin mit besonderen Ausdrücken (Retrocedent, Retrocession; erster, zweiter Rückversicherer usw.) behplfen.

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See-Rückversicherung die Versicherung des durch die Vorversicherung ver- § 1 mittelten Interesses,, das der Vorversicherer daran hat, dafi Schiff oder Ladung die Gefahren der Seeschiffahrt besteht (HGB. § 778, ADS. § 1 Abs. 1). Wie die Bodmereidarlelius-Versicherung die Versicherung des durch die Bodmereiforderung vermittelten Interesses des Bodmereigläubigers an der glücklichen Ankunft von Schiff und/oder Ladung ist (oben Anm. 116), so ist die See-Rückversicherung die Versicherung des durch die bedingte Versicherungsschuld des Vorversicherers vermittelten Interesses ac der glücklichen Ankunft von Schiff oder Ladung. Die SeeRückversicherung ist also gleich jeder anderen Seeversicherung eine Versicherung, die „sich auf das .Schiff oder auf die Güter bezieht" (vgl. §§ 35, 79, 99 usw.). The thing which the reassured insures is the thing originally insured. Iu this thing he has an insurable interest to the extent of the liability which he may incur under and by reason of his original contract of insurance ( A r n o u i d 420 s. 323). Die V o r s c h r i f t e n ü b e r S e e v e r s i c h e r u n g finden daher ohne weiteres auch auf die See-Rückversicherung A n w e n d u n g ( E h r e n b e r g 2.19, RV.49, RVR. 39, H e r r m a n n s d o r f e r 24, Voigt2S2, Droz 1.172, HGZ. 1918.179: „eine besondere Art des Seeversicherungs-Vertrags"; irrig G e r h a r d 4 u. H a g e n ZfVW. 1920.141, 150, die annehmen, daß es an gesetzlichen Vorschriften über die Rückversicherung vollständig fehle, und übersehen, daß die §§ 77Sff. HGB. auch die See-Rückversicherung regeln; vgl. auch HGB. § 864 Abs. 3). Sie finden unmittelbare oder nur mittelbare, sinngemäße, „entsprechende" Anwendung (vgl. insbesondere §§ 79, 99). Die Anwendung dieser Vorschriften muß daher auch überall zu angemessenen Ergebnissen führen (deshalb unrichtig E h r e n b e r g RVR. 39 Anm. 1). Freilich darf man dabei nicht vergessen, daß die Rückversicherung, gleich vielen anderen Arten der Seeversicherung, ihre Eigenheiten hat, daß sie, wie z. B. die Kaskoversicherung im Falle des § 78, Haftpflichtversicherung ist und, wie jene, auch als solche behandelt werden will und muß (unten Anm. 155, § 78 Anm.), — ähnlich, wie die Versicherung von Forderungen gegen Sachgefahren Kreditversicherung ist und diese Natur auch im Gewände der Seeversicherung nicht ganz verleugnen kann (oben Anm. 130). — Übrigens gelten die ADS. auch für das Rückversicherungs-Verhältnis n u r , wenn sie v e r e i n b a r t sind (Vorb. vor § 1 Anm. 10). Wenn aber der Vorversicherung die ADS. zugrunde liegen, liegen sie regelmäßig auch der Rückversicherung zugrunde. Denn regelmäßig wird vereinbart, daß die Rückversicherung „zu den B e d i n g u n g e n der O r i g i n a l p o l i c e valedieren" soll (vgl. die Verträge oben Anm. 140ff. und unten Anm. 158). Diese Klausel bedeutet nicht nur, daß der Rückversicherer dem laufend Rückversicherten überläßt, zu den gewöhnlichen Bedingungen Versicherung zu geben, sondern auch, daß diese Bedingungen auch für das Rückversicherungs-Verhältnis maßgebend sein sollen, soweit nicht besonderes vereinbart ist. Und was diese Klausel bestimmt, muß nach der Verkehrssitte auch dann gelten, wenn die Klausel nicht besonders vereinbart, aber auch nichts abweichendes bedungen ist (vgl. E h r e n b e r g RVR. 59, OAG. Lübeck HambS. 4.190, HG. Hamburg Ullrich Nr. 353, PreußALR. Ii. 8. 2019, A r n o u i d 420 s. 323 und unten Anm. 159). Über die Anwendung insbesondere des § 97 auf laufende Rückversicherungs-Verträge: § 97 Anm. 101. Die Rückversicherung ist keine Gesellschaft. Auch die laufende Rück- Anm. Versicherung, insbesondere die laufende Excedentenversicherung und die laufende. Quotenversicherung, nicht. Auch dann nicht, wenn der Vorversicherer einen Teil des Risikos behalten muß. Seltsam genug, daß dies ausgesprochen werden muß. In der englischen Litteratur und Rechtsprechung z. B. findet sich keine Spur der Auffassung, daß man es hier nicht mit einem Versicherungsverhältnis, sondern mit einem Gesellgchaftsverhältnis (oder auch mit einem Gesellschaftsverhältnis) zu tun hat. Die französische Auffassung hat freilich geschwankt. Man betrachtete die Rückversicherung

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g 1 zunächst als Mandat, später, vveinzelt, auch wohl als Bürgschaft. Als der Excedentenvertrag aufkam, glaubte man darin zunächst einen Gesellschafts vertrag erblicken zu müssen. Man ist aber von dieser Auffassung bald wieder zurückgekommen (näheres: R i p e r t 2.911,920; vgl. auch Droz 1.169, KassH.Paria ZHR. 21.291,22.254). In Deutschland hat man zunächst nicht gezweifelt, daß die Rückversicherung ist, was sie sein will,: Versicherung (BOHG. 5.163, BOHG. OG. HG.Hamburg HGZ. 1873.371, 1S74.39, BG. 4.14, HGZ. 1880.203). Bis V o i g t 294 erklärte: „Die Excedenten Verträge seien überhaupt keine Versicherungsverträge und nach den über diese geltenden Prinzipien zu beurteilen; der sogenannte ExcedentenVersicherer werde durch den Vertrag Teilhaber seines Mitkontrahenten bei dessen Versicherungsgeschäften, je nach der Verschiedenheit des Verabredeten bei allen oder bei gewissen Teilen derselben; er partizipiere für seinen Anteil unter gewissen, dem anderen Teile gemachten Zugeständnissen an dessen Gewinn und trage zu dessen etwaigem Verlust bei; den Charakter eines Versicherungsvertrags trage der Excedentenvertrag in keiner Beziehung; wenn in den darüber vollzogenen Urkunden die Benennung „Rückversicherung" und „Rückversicherer" vorkomme, so sei dies eine ungenaue Bezeichnung und selbstverständlich folgenlos; möge man seinen Blick auf die den Versicherungsvertrag betreffenden Bestimmungen des HGB. oder auf diejenigen der „Bedingungen" richten, so ergebe sich, daß sie unanwendbar seien auf das zwischen den Excedentkontrahenten bestehende Rechtsverhältnis" (ähnlich freilich schon H i n r i c h s ZHR. 20.383 unter unzutreffender Berufung auf BOHG. 5.163; bedenklich auch bereits HGZ. Beibl. 1881.95: „Durch die Rückversicherung wolle der Erstversicherer sich einen Gesellschafter erwerben, der die übernommene Gefahr mit ihm teile"). Diese ebenso lebensunwahre wie unwissenschaftliche Betrachtungsweise hatte zunächst vollen Erfolg. RG. 20.42 erklärte die Quoten-Excedenten-Versicherung „nicht nur für ein societätsähnliches Verhältnis, sondern, da es eine auf einem Vertrag beruhende Vermögensgemeinschaft begründe, als eine wahre Societät" (ebenso HGZ. 1888.261: „wirkliche Societät", HGZ. 1896.280: „Gesellschaftsverhältnis", HGZ. 1897.43: „Societät"). In der Folge läßt das RG. freilich ab. Nach RG. 3S. 206 soll es sich nur noch um eine „Interessengemeinschaft, also eine Gesellschaft oder ein gesellschaftsähnliches Verhältnis" handeln, nach RG. 39.199 nur noch um ein „der Gesellschaft ähnliches Verhältnis'1' (ebenso übrigens auch schon RG. 5.120, auch HGZ. 1894.263). RG. 55.90 läßt die Frage dahingestellt (ebenso LG. Hamburg APV. 190711.72). Dem RG. folgend z.B. E h r e n z w e i g AssJB. 7 II. 174, H a n z l i k 45, S i e v e k i n g 20. Schwankend E h v e n b e r g (RV. 37, RVR. 13, ZfVW. 1903.207); er räumt aber wenigstens für die See-Rückversicherung ein, das Gesetz habe „das Prinzip festgehalten, daß die Rückversicherung lediglich ein Versicherungsvertrag sei, und daß für die Rückversicherung dieselben Grundsätze wie für die betreffende direkte Versicherung gälten" (RVR. 39). Dagegen z.B. Bache (Nordisk FörsäkrTidskr. 1922.19: „nur graue Theorie"), B r u s c h e t t i n i (AssJB. 24.95), H a g e n (ZfVW. 1911.174, 1920.143: „in unvereinbarem Gegensatz nicht nur mit dem geschichtlichen und geschäftlichen Wesen der Rückversicherung, sondern anch mit den Grundsätzen des Gesellschaftsrechts"), Hall (ZfVW. 1914.414), J o s e f (AssJB. 37.7), K o h l e r 504 („Verzerrung des Gesellschaftsbegriffs"), L e w i s Versicherungsrecht 112, M o l d e n h a u e r (ZfVAV. 1901.155), Obermayer 15, 22, Ran (ZfVW. 1901.405), W a l t e r (AssJB. 14.53); insbesondere Molt 30,73, auch LG.Hamburg HGZ. 1903.63; neuerdings namentlich H e r r m a n n s d o r f e r 18,190 und dazu H j u l e r (Nordisk FörsäkrTidskr. 1922.170): „Es wäre das vernünftigste, anzunehmen, daß die Theorie der Rückversicherung . . . auf eigenen Beinen stehen kann, und einfach festzustellen, daß eine Rückversicherung eine Rückversicherung und nichts anderes ist, und daß infolgedessen zwischen den Parteien alle Rechts-

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regeln gelten, die man ans dem Charakter des Verhältnisses als einer Rückversicherung § \ ableiten kann". Wer behauptet, daß Wort und Wille des Gesetzes oder des Vertrags sich nicht decken, muß es beweisen. Das ist der Behanptnng, die Rückversicherung sei keine. Versicherung, sondern Gesellschaft, so wenig gelungen, wie etwa der kaum weniger unbegründeten Behauptung, daß das Schiffsgläubigerrecht, das doch das Gesetz selbst (HOB. §§ 755, 756, 759) als Pfandrecht bezeichnet, gleichwohl kein Pfandrecht, sondern etwas anderes, ein selbständiges Âneignungsrecht (so Boy en s 1.188) oder ein gegen dritte wirksames Forderungsrecht (so E h r e n b e r g Beschränkte Haftung 264, 434, ZHR. 27.322) sei (vgl. hierüber insbesondere P a p p e n h e i m Seerecht 1.290 und, ihm folgend, S c h a p s Seerecht 10S). Insbesondere ist von der Behauptung, daß „die den Versicherungsvertrag be- Anm. 148 treffenden Bestimmungen des HGB. auf den Excedentenvertrag unanwendbar seien", und daß andererseits „die über Gesellschaftsverträge geltenden Prinzipien" sich zur Anwendung eigneten, eine Behauptung, die zu begründen man nicht einmal für nötig hält, so ziemlich das gerade Gegenteil richtig. Die V o r s c h r i f t e n ü b e r S e e v e r s i c h e r u n g sind ohne Ausnahme unentbehrlich und a n w e n d b a r . Sie haben nicht alle für die Excedentenversicherung dieselbe Bedeutung, wie für die gewöhnliche Versicherung. Denn die Excedentenversicherung ist Rückversicherung, also Haftpflichtversicherung, und sie ist regelmäßig laufende Versicherung. Von geringer Bedeutung sind z.B. die Vorschriften über die vorvertragliche Anzeigepflicht. Aber dies liegt nicht daran, daß diese Vorschriften nicht anwendbar sind oder auch nur entbehrt werden können. Es liegt nur daran, daß bei der laufenden Excedentenversicherung regelmäßig weniger anzuzeigen ist, als bei einer gewöhnlichen Einzelversicherung, — ein Schicksal, das die laufende Excedentenversicherung mit jeder laufenden Versicherung teilt (§ 19 Anm., § 97 Anm.). Il y a dans le traité de réassurance une indétermination fatale de l'objet. Mais, dans toute police flottante, il en est de même ( R i p e r t 2.921). — Die Vorschriften über Seeversicherung sind auch nicht ohne jede Ausnahme unmittelbar, sondern in einzelnen Fällen nur sinngemäß anwendbar. So wird ü. B. der Vorversicherer dem Rückversicherer den Schaden gemäß § 42 auch dann noch andienen können, wenn die Andienungsfrist zwar verstrichen, aber nur deshalb verstrichen ist, weil der Vorversicherte den Schaden so spät angedient bat, daß der Vorversicherer die Andienungsfrist nicht mehr hat einhalten können (nimmt man übrigens an, daß Rückversicherungs-Schaden erst entsteht, wenn der Vorversicherte den Entschädigungsanspruch geltendmacht, so ist auch § 42 unmittelbar anwendbar; näheres: § 4 2 Anm.). Aber die Notwendigkeit solcher nur sinngemäßen Anwendung liegt nur daran, daß die Vorschriften über Seeversicherung in erster Linie auf die Direktversicherung und auch insoweit wiederum in erster Linie auf die Direktversicherung des Schiffes und der Ladung zugeschnitten sind, nicht so sehr anf sonstige Versicherungen, die „sich auf Schiff oder Ladung beziehen", und zu denen auch die Rückversicherung gehört (obeu Anm. 8, 146, § 79 Anm., § 99 Anm.). Andererseits sind die V o r s c h r i f t e n d e s G e s e l l s c h a f t s r e c h t s überwiegend Anm. Ui besonders w e n i g zur Anwendung g e e i g n e t . Hier sind schon die Umstände bezeichnend, von denen die Auffassung, daß die Excedentenversicherung eine Gesellschaft oder etwas „societätsähnliches" sei, ihren Ursprung genommen hat. In Frankreich les arrêts qui ont admis l'idée de participation ont voulu simplement écarter la prescription quinquennale de l'article 432 du Code de commerce ( R i p e r t 2.921; vgl. auch die franz. Entscheid. ZHR. 21.291, 22.254). In Deutschland verdankt der Gedanke seine Entstehung dem Bestreben, dem Rückversicherer das Recht auf E i n s i c h t in die G e s c h ä f t s b ü c h e r usw. des Vorversicherers zuzuerkennen ( E h r e n b e r g RVR. 3, RG. 20. 43). Das Versicherungsrecht schien hierfür keine Handhabe zu bieten. Die allgemeinen

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§ 1 Grundsätze über die Gewährung von Einsicht in Urkunden (BGB. § 810) schienen sich gleichfalls zu versagen (anders J o s e f AssJB. 37.32, H e r r m a n n s d o r f e r 205: analoge Anwendung des § 810 BGB). Da? Gesellschaftsrecht schien willfähriger zu sein. Es versagt aber schon in diesem Punkte. Nach § 7IG BGB. kann der Gesellschafter sich von den Angelegenheiten der Gesellschaft persönlich unterrichten, die Geschäftsbücher und Papiere der Gesellschaft einsehen und sich aus ihnen eine Übersicht über den Stand des Gesellschaftsvermögens anfertigen. Ein solches Kontrollrecht kann dem Rückversicherer natürlich nicht eingeräumt werden ( E h r e n b e r g RVR. 42, H e r r m a n n s d o r f e r 202, M o l t 78). Deshalb ist auch schon RG. 20.45 an der Societätsähnlichkeit der Excedentenveisicherung gescheitert. Der Rückversicherer hatte nämlich mit der „wirklichen Societät" Ernst gemacht, die Einsicht in sämtliche Geschäftsbücher usw. des Vorversicherers und die Erlaubnis zur Anfertigung von Auszügen daraus verlangt und damit bei den Instanzgerichten der Hauptsache nach Erfolg gehabt. RG. 20.46 ist aber doch davor zurückgeschreckt, dem Vorversicherer „eine Durchmusterung und Kontrolle seines gesamten Seeversicherungsgeschäfts seitens des Rückversicherers" zuzumuten, hat die Sache zurückverwiesen und das OLG. Hamburg vor die nicht leichte Aufgabe gestellt, „das Maß der Einsichtnahme" zu bestimmen. Näheres über das Kontrollrecht des Rückversicherers: § 43 Anm. 41 ff. Übrigens wird dem Versicherer (im Binnenland wenigstens) bei der laufenden Direktversicherung ein Kontrollrecht eingeräumt, das viel weiter geht, als das dem Rückversicherer zustehende (§ 97 Anm.). Und doch hat noch niemand die laufende Direktversicherung als Gesellschaft angesprochen. — Ähnlich steht es mit den übrigen Vorschriften des Gesellschaftsrechts. Nach § 708 BGB. hat der Gesellschafter nur für die S o r g f a l t einzustehen, die er in seinen eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt. Davon kann bei der Rückversicherung keine Rede sein. Auch der abwicklungsberechtigte Vorversicherer haftet für jede Sorgfalt (unten Anm. 166). Ihm kann auch das Abwicklungsrecht nicht nach § 712 BGB. e n t z o g e n werden ( E h r e n b e r g RVR. 11, H e r r m a n n s d o r f e r 243, M o l t 77). Der Rückversicherer kann dem Vorversicherer nicht wie ein Gesellschafter nach § 713 BGB. W e i s u n g e n erteilen (unten Anm. 1G8). Der Vorversicherer hat keine V e r t r e t u n g s m a c h t gemäß §§ 714, 715 BGB. Die Ansprüche aus dem Rückversicherungsverhältnis sind nicht gemäß § 717 BGB. u n ü b e r t r a g b a r . Ein „ G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n " gibt es nicht ( H e r r m a n n s d o r f e r 26, 138), usw. (vgl. auch E h r e n b e r g Z f V W . 191G.3S5). Insbesondere sind Abwicklungsrecht und -pfliclit des Vorversicherers weder aus dem Versicherungsrecht noch aus dem Gesellschaftsrecht zu erklären (abw. E h r e n b e r g RVR. 3S). Sie ergeben sich entweder ausdrücklich aus dem Inhalt des Rückversicherungs-Vertrags (wie sich Geschäftsführungsrecht und -pflicht des Gesellschafters aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben müssen). Oder sie ergeben sich, soweit sie nicht ohne weiteres eine Folge des Umstandes sind, daß am Vorversicherungs-Vertrag nur der Vorversicherer beteiligt ist, aus der partiarischen Natur des auf Verteilung des Risikos gerichteten Rückversicherungs-Vertrags und aus der Verkehrssitte (unten Anm. 164). Anm. 150 Die Rechtsprechung, in der sich die Auffassung von der Societäts- oder societätsäbnlichen Natur des Rückversicherungs-Vertrags niedergeschlagen hat, bestätigt dies. HüZ. 1897.42 folgert aus der „Societätsnatur des Excedentenvertrags", daß der Vorversiclierer die Rückversiclierungs-Prämic nicht zu zahlen habe, wenn er vom Vorversicherten keine Prämie erhalten habe. Die Entscheidung zeigt gut, zu welchen seltsamen Ergebnissen die Lehre von der „Societätsnatur" der Rückversicherung führt. Sie würde übrigens wohl kaum zu jenem Ergebnis gelangt sein, wenn nicht nach dem Rückversicherungs-Vertrag „der Rückversicherer die ursprüngliche Prämie, . . . d. i. die reine Prämie, welche der Vorversicherer erhält",

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erhalten sollte (vgl. auch § 16 Anm. 30). — Im l a l l e HGZ. 1392. 221 fehlte § 1 solche Vertragsbestimmung. Im Rückversicherungs - Vertrag war ntir die Prämie bestimmt und ferner, daß „für die Rückversicherung im übrigen die Klauseln und Bedingungen der Originalversicherung gelten . . . und die auf der Originalversicherung getroffenen und ferner zu treffenden Abmachungen und Vereinbarungen als maßgebend für diese Rückversicherung anerkannt" werden sollten. Die Originalpolice enthielt die Stilliegeklausel, nach welcher der Versicherer im Falle des Stilliegens des versicherten Schiffes nur geringere Prämie erhält (Vorb. vor § H3). Der Vorversicherer verlangte vom Rückversicherer auf Grund dieser Klausel Minderung der Rückversicherungs-Prämie. Ohne Erfolg! — HGZ. 1903.65 folgert aus der „Societätsnatur" des Excedentenvertrags, daß der Vorversicherer im Versicherungsfall, „solange er nicht selbst gezahlt habe, nur anteilsmäßige Entfreiung von der Schuld von dem Rückversicherer fordern könne", also nicht Zahlung, — eine Auffassung, die im Versicherungsverkehr keine Spuren hinterlassen hat und deshalb auf ihre Richtigkeit oder Unrichtigkeit nicht untersucht zu werden braucht (vgl. auch H e r r m a n n s d o r f e r 251 und RG. 5.116, 5 5 . 9 0 ) . — Kam es schon einmal darauf an, so ist die Rechtsprechung auch ohne Bedenken zu den Grundsätzen des Versicherungsrechts zurückgekehrt, — wenngleich unter der falschen Flagge der „Societätsnatur" des Vertrags. Als der Rückversicherer eines Excedenten „für 6000 M valedierend auf Weizen per Segler Robert Mackenzie" Versicherung nahm, hätte er sein durch den Gesellschaftsvertrag vermitteltes, also sein Gesellschaftsinteresse versichern müssen. Er nahm aber, in den Irrgängen der juristischen Konstruktion nicht zu Hause, nur „Rückversicherung" und hätte nun mit seiner Entschädigungsklage gegen den zweiten Rückversicherer abgewiesen werden müssen. Das ist ihm auch in der ersten Instanz widerfahren. Anders und richtig HGZ. 1896.280 mit der, freilich wenig einleuchtenden, Begründung: Zwar sei das Excedenten-Versicherungsverhältnis ein Gesellschaftsverhältnis, kein RückversicherungsVerhältnis; aber dadurch, „daß das Interesse des Excedentenversicherers eine Quotenbeteiligung sei, erhielten seine Beziehungen zum zweiten Rückversicherer nichts besonderes"! fTnd als der zweite Rückversicherer sich darauf berief, daß zwar nicht dem Excedentenversicherer, wohl aber seinem Vorversicherer bei der Schließung des Vertrags bekannt gewesen sei, daß der Versicherungsfall schon eingetreten gewesen sei, hätte wiedemm die Klage abgewiesen werden müssen, weil die Kenntnis des einen Gesellschafters dem anderen zuzurechnen ist, — was wiederum das LG. Hamburg, der höchstrichterlichen Auffassung von der Societätsnatur der Excedentenversicherung folgend, auch getan hat. Aber das OLG. Hamburg (HGZ. 1896.280) verleugnete diese Auffassung abermals, und zwar mit der Begründung: Der zweite Rückversicherer sei zu dem Socius des Excedentenversicherers, dem Vorversicherer, „auch nicht einmal in ein Vertragsverhältnis getreten, da der Rückversicherte nicht namens der Gesellschaft, sondern nur für sich, bezüglich seiner eigenen Quote mit ihm kontrahiert habe"! Schon auf diesem Wege hat sich ergeben, daß Rückversicherungs-Verträge, ins- Anm. 151 besondere laufende Excedenten- und Quotenverträge, auch b e g r i f f l i c h keine Gesellschaftsverträge sein können. Gesellschafter „verpflichten sich gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten" (BGB. § 705). Davon kann nun natürlich überhaupt keine Rede sein, wenn der Vorversicherer durch den Rückversicherungs-Vertrag sein ganzes Risiko auf den Rückversicherer abwälzt. Schon folgegemäß muß dasselbe gelten, wenn der Vorversicherer nur einen Teil des Risikos auf den Rückversicherer abwälzt. Außerdem kann es begrifflich keinen Unterschied machen, ob das ganze Risiko oder nur ein Teil des Risikos vom Rückversicherer übernommen wird, und deshalb unmöglich in jenem Falle Versicherungsrecht, in diesem Falle

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g 1 Gesellschafterecht gelten ( O b e r m a y e r 11). Es kann aber auch in 1 sind Zeichnungen der rückversicherten Gesellschaft auf Kasko, Fracht und Interesse eingeschlossen", d.h.: Die Priorität muß unversichert bleiben, darf aber gleichwohl anderweit rückversichert werden, wenn der Vorversicherer für 20 000 .M. am Kasko usw. beteiligt bleibt). Wenn es versäumt wird, ausdrücklich zu vereinbaren, daß der Vorversicherer einen Teil des Risikos selbst behalten soll, versteht es sich deshalb auch von seihst, daß der Rückversicherer, der nur einen Teil des Risikos übernimmt, damit rechnet, daß der Vorversicherer einen angemessenen Teil selbst behält. Deshalb versteht sich ebenso von selbst, daß, wenn der Vorversicherer das ganze Risiko oder den bei ihm verbliebenen Rest des Risikos rückversichert, dies einen für die Übernahme der Gefahr durch den Rückversicherer sehr erheblichen Umstand bildet, daß es also gemäß § 19 angezeigt werden muß, und daß der Vorversicherer, wenn er nach Abschluß des RückversicherungsVertrags den Rest des Risikos rückversichert oder sonstwie aufgibt, die Gefahr ändert, und der Rückversicherer gemäß § 24 frei wird ( E h r e n b e r g RV. 72, E m m i n g h a u s Hdwbch. der Staatswiss. 7.165, H e r r m a n n s d o r f e r 22, Josef AssJB. 37.27, M o l d e n h a u e r DVfVWVeröff. 2.282, S t u t z 31, T h i e s i n g MittöffFVA. 1911.74S, ROHG. 10.380, HG. Mainz ZfVR. 2.220; ebenso auch LG. Hamburg HGZ. 1897. 19 für den Fall des obligatorischen Selbstbehalts bei der Direktversicherung des Schiffes oder der Güter usw.). Es ist deshalb auch unrichtig, zu fragen, ob sich'ein Gewohnheitsrechtssatz gebildet hat, nach dem der Vorversicherer verpflichtet ist, einen Teil des Risikos selbst zu behalten (so RG. 53.147 und, folgend, E h r e n b e r g RVR. 21, O b e r m a y e r 35, T h i e s i n g MittöffFVA. 1911.748, RG. 74.415), oder ob eine solche Verpflichtung „als selbstverständliche Voraussetzung eines jeden RückversicherungsVertrags, als Gewohnheitsrecht und Grundprinzip der Rückversicherung" anzusehen ist (so H a g e n ZfVW. 1920.154, H a n z l i k 24 im Anschluß an E h r e n b e r g RV. 14, RVR. 21), — eine Frage, die zu verneinen natürlich leicht ist. Und ebenso unrichtig, die Frage zu stellen, ob der Vorversicherer die Verpflichtung zum Selbstbehalt als „vertragsmäßige Gegenleistung" übernommen hat und im Falle der Verletzung dieser Verpflichtung den Entschädigungsanspruch verwirkt (so HGZ. 1897.19, 1913.195 für

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den Fall der Vereinbarung eines obligatorischen Selbstbehalts bei einer Direktver- § 1 Sicherung), oder den Rückversicherer „von der Leistung befreit" (so H a g e n ZfVW. 1920.155), oder ob die Anzeigepflicht „dem zu vermutenden vernünftigen Willen der Beteiligten entspricht und daher als stillschweigend bedungen und selbstverständlich gelten muß" (so Josef AssJB. 37.27), oder ob der Rückversicherer, wenn der Vorversicherer von seinem Risiko nichts zurückbehält, den Rückversicherungs-Vertrag wegen „Irrtums über das Wesen des Vertragsgegenstandes" anfechten kann (RG. 53.142; dagegen E h r e n b e r g RVR. 23, H a g e n ZfVW. 1920.155; vgl. auch über das Verhältnis der Anzeigepflicht zur Irrtumsanfechtung: § 20 Anm. 38). Sondern es handelt sich lediglich um die nach Gesetz, Bedingungen und Verkehrsanschauung zu beantwortende Frage, ob die Rückdeckung eines angemessenen, nach dei allgemeinen Übung und Verkehrsanschauung oder nach ausdrücklicher Vereinbarung zurückzubehaltenden Risikoanteils ein Umstand ist, der für die Übernahme der Gefahr durch den Rückversicherer e r h e b l i c h ist und demgemäß anch, wenn die Rückdeckung später erfolgt, eine Gefahränderung bedeutet. Und daß dies der Fall ist, ist bisher ernstlich von niemand bestritten worden und kann nicht bestritten werden, — es sei denn von den Assekuradeuren selbst (vgl. hierzu insbesondere die sachverständigen Ausführungen des Assekuradeurs S t u t z 31). Nach ROHG. 24.392 soll der Vorversicherer nicht verpflichtet sein, anzuzeigen, Anm. 178 weil § 58 ASVB. ihn verpflichte, b e s t i m m t e Umstände anzuzeigen, nnd zu diesen Umständen der hier fragliche n i c h t gehöre. Die Unschlüssigkeit dieser Beweisführung hat schon E h r e n b e r g RV. 73 nachgewiesen; gegenüber den ADS. kommt sie schon deshalb nicht in Betracht, weil die ADS. eine dem § 58 ASVB. entsprechende Bestimmung nicht enthalten. — Nach ROHG. 24.392 soll der Vorversicherer ferner nicht verpflichtet sein, anzuzeigen, weil es n i c h t s u n g e w ö h n l i c h e s sei, daß der Vorversicherer sein ganzes Risiko versichere (von H a g e n ZfVW. 1920.155 aufgenommen). Das ist tatsächlich unrichtig und überdies unschlüssig. Tatsächlich behält der Vorversicherer, von verschwindenden Ausnahmen abgesehen, einen Teil des Risikos zurück ( E h r e n b e r g RV. 74; vgl. auch die Verträge oben Anm. 140flF.), — wie sich dies auch nach dem wirtschaftlichen Zwecke der Rückversicherung von selbst versteht. Und die verschwindenden Ausnahmefälle sind regelmäßig solche, bei denen Vor- und Rückversicherer über die Überwälzung des gesamten Risikos einig sind (weshalb H a g e n ZfVW. 1920.155 mit Unrecht auf die Fälle der Abtretung des Portefeuilles in der Form der Rückversicherung verweist). Oder es sind Fälle höchst ungewöhnlicher oder gar bedenklicher Art (wie der Fall RG. 74.413: Der Agent des Vorversicherers, der zugleich der Agent des Rückversicherers ist, deckt „in sich selbst" das gesamte Risiko des Vorversicherers beim Rückversicherer). Die Beweisführung des ROHG. 24.392 ist aber auch unschlüssig. Denn selbst wenn die Rückversicherung des ganzen Risikos nichts ungewöhnliches wäre, könnte es doch etwas ungewöhnliches sein, daß dabei die Tatsache der vollständigen Rückdeckung und des dadurch herbeigeführten Interesseverlustes beim Vorversicherer dem Rückversicherer nicht angezeigt wird, — und daß dies etwas ungewöhnliches ist, ist, wie gesagt, noch nie bestritten worden. — Nach O b e r m a y e r 39 soll der Vorversicherer nicht nach den Grundsätzen über die vorvertragliche Anzeigepflicht (sondern gewohnheitsrechtlich) verpflichtet sein, anzuzeigen, weil der Vorversicherer nach Abgabe des Selbstbehalts es nicht „notwendig" an der erforderlichen Sorgfalt fehlen zu lassen brauche. Die „Notwendigkeit" der Entstehung eines Schadens oder auch nur eines bestimmten Gefahrzustandes ist aber keine Voraussetzung der Anzeigepflicht (vgl. unten Anm. 179, § 19 Anm. 23 ff.). Man hat der hier vertretenen Auffassung einen (wie z. B. die Ausführungen von Anm. 17» H a g e n ZfVW. 1920.154 zeigen) verhängnisvollen Dienst erwiesen, als man sie von ihrer natürlichen Grundlage entfernte und die Pflicht des Selbstbehalts als eine ,.selb12

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§ 1 s t ä n d i g e A s s e k u r a n z v e r p f l i c h t u n g " (deren Voraussetzungen, Rechtsfolgen und Ausnahmen erst noch festzustellen wären) auf den brüchigen Boden eines G e w o h n h e i t s r e c h t s s a t z e s stellte (so E h r e n b e r g RVR. 20). Es geschah, weil man meinte, die Auffassung, daß es sich um eiue Angelegenheit des Anzeigepflicht- und des Gefahränderungs-Rechtes handle, habe „etwas Gezwungenes, da die Gefahr des Risikos selber von dem Seibstbehalt des Erstversicherers . . . nicht berührt werde und ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden . . . nicht denkbar sei". Es ist das etwa derselbe Irrtum, der HGZ. 1905.154 geleitet und verleitet hat, anzunehmen, der Versicherungsnehmer brauche nicht anzuzeigen, daß die zu versichernden Güter sogenannte Retourwaren (§ S3 Abs. 2) seien, weil sie mit dieser Eigenschaft Versicherungsschäden nicht in höherem Maße ausgesetzt seien als ohne sie (näheres: § 19 Anm. 25). Oder derselbe Irrtum, der es sein würde, wenn man behauptete, der Vorversicherer brauche nicht anzuzeigen, daß die Vorversicherung zu ungewöhnlichen und den Rückversicherer deshalb nicht bindenden Bedingungen abgeschlossen ist (oben Anm. 159, § 19 Anm. 25). Für die Übernahme der Gefahr, für den Entschluß des Versicherers, sich auf den Versicherungsvertrag einzulassen, sind natürlich nicht nur solche Umstände von Bedeutung, welche die Möglichkeit der Entstehung versicherungsmäßiger Schäden betreffen, sondern auch andere Umstände, insbesondere Umstände, welche die Gefahr nahelegen, daß dem Versicherer auch versicherungsfremde Schäden mit Erfolg zur Last gelegt werden (§ 19 Anm. 25), oder die Gefahr, daß der Versicherer im Entschädigungsfall von dritten nicht den Ersatz erhält, mit dem er rechnen darf (§ 19 Anm. 25, § S7 Anm.). Deshalb hat man z.B. auch in der englischen Rechtsprechung den Umstand als anzeigebedürftig anerkannt, daß die Taxe (wenngleich im allgemeinen nicht anfechtbar: § 6 Anm. 43) übermäßig übersetzt ist, sodaß one claes of underwriters would not take the risk at all, and anotlier class would take it only if a sufficient premium were offered ( A r n o u l d 749 s. 604), und ebenfalls anerkannt, daß die Verletzung der Selbstbehalts-Pflicht als a bre.tch of warranty giU ( A r n o u l d 964 s. 797). Allerdings haben sich die englische Wissenschaft und Rechtsprechung mit der Verpflichtung zur Anzeige der vollständigen Deckung des Versichererrisikos usw. anscheinend bisher nicht beschäftigt. Aber es wäre verfehlt, hieraus den Schluß zu ziehen, daß „das englisch-amerikanische Recht diesem Umstand überhaupt keine große Bedeutung beilegt" (so RG. 74.415). Denn das englische RückversicherungsGeschäft ist ein wesentlich anderes, als das deutsche gewesen (vgl. auch M a n e s Versicherungswesen 461). Als „etwas Gezwungenes" könnte m a n e s z.B. auch bezeichnen, daß unrichtige Angaben über frühere Schäden oder Versicherungen eine Verletzung der Anzeigepflicht darstellen, „da die Gefahr des Risikos selber" von der Tatsache früherer Schäden oder Versicherungen „nicht berührt wird und ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden . . . nicht denkbar ist". Und doch hat man niemals bezweifelt, daß in diesen Fällen die Anzeigepflicht verletzt ist ( G e r h a r d 91, E i s c h 2.198). Dem Vorversicherer mag häufiger, als dem Versicherungsnehmer sonst, der Nachweis gelingen, daß die Deckung des Selbstbehalts auf den Eintritt des (Rück-)Versicherungsfalls oder auf den Umfang der Leistungspflicht des (Rück-)Versicherers keinen Einfluß gehabt hat ( W G . § 21, HGB. § 811 Abs. 3, — f ü r die See-Rückversicherung nach den ADS. ohne Bedeutung: §§ 19—22) oder hat üben können (§ 24 Abs. 2). An der Eigenschaft der Deckung als eines gefahrerheblichen Umstandes kann dies natürlich nichts ändern. — Eine „selbständige Assekuranzverpflichtnng", eine besondere „Pflicht des Selbstbehalts" gibt es also nicht Die sogenannte Pflicht des Selbstbehalts geht teils in der vorvertraglichen Anzeigepflicht, teils in der Gefahrstandspflicht auf. Wer also diese beiden Pflichten nicht als Pflichten, sondern als „bloße" Obliegenheiten des Versicherungsnehmers betrachtet, muß auch die

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Pflicht des Selbstbehalts als solche bloße „Obliegenheit" ansehen (so auch H e r r m a n n s - § 1 d o r f e r 95; näheres hierüber Yorb. vor § 1 Anm. 63, § 19 Anm. 9, § 23 Anm.). Wenn der Vorversicherer zwar einen angemessenen Teil des Risikos zurückbehält, Anm. im s p ä t e r aber ihn a n d e r w e i t r ü c k v e r s i c h e r t , ist im ersten RückversicheruugsVerliältni8 die Gefahr erhöht, im zweiten (gegebenenfalls) die Anzeigepflicht verletzt. — Wenn der Vor Versicherer zwar einen angemessenen Teil des Risikos zurückbehält, aber schon bei der S c h l i e ß u n g des Rückversicherungs-Vertrags b e a b s i c h t i g t , ihn später anderweit zu decken, muß er diese Absicht anzeigen ( E h r e n b e r g RV. 72; abw. ROHG. 10.380). Denn auch bloße Absichten sind „Umstände" und nach § 19 anzuzeigen, wenn sie für die Übernahme der Gefahr erheblich sind (§ 19 Anm. 23). Der Rückversicherer braucht sich nicht darauf verweisen zu lassen, daß die Ausführung der Absicht, die spätere Deckung des Selbstbehalts, die Gefahr erhöht und ihn gemäß § 24 Abs. 1 befreit, zumal er nach § 24 Abs. 2 nicht frei sein würde, wenn die Erhöhung auf den Eintritt des Versicherungsfalls oder auf den Umfang der Leistung des Rückversicherers keinen Einfluß hätte üben können. Der zum Selbstbehalt verpflichtete Vorversicherer darf den Selbstbehalt natürlich Anm. 181 a u c h n i c h t auf a n d e r e W e i s e als dnrch Rückversicherung a b s t o ß e n , z.B. nicht durch Vereinbarung mit dem Vorversicherten. 119. A r t und Umfang des Selbstbehalts werden meist im Rückversicherungs- Anm. 182 Vertrag bestimmt (vgl. die Verträge oben Anm. 140ff.). Ist nichts vereinbart, so muß der Vorversicherer im Zweifel einen angemessenen Teil des Risikos zurückbehalten. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Selbstbehalt das Interesse des Vorversicherers an der umsichtigen Abwicklung der Vorversicherung wachhalten soll. Der Selbstbehalt müßte daher regelmäßig nach der Höhe der Versicherungssumme bemessen werden. Würde der Vorversicherer für das Schiff und die Güter Versicherung übernommen haben und das ganze Güterrisiko rückversichern, so würde er sich nicht darauf berufen können, daß er das Kaskorisiko behalten habe. Der Behalt des Kaskorisikos würde keine Gewähr sein, daß der Vorversicherer nicht bei der Abwicklung der Güterversicherung aus der Haut des Rückversicherers Riemen schneidet. Aber hier weicht die Verkehrsanschauung (die darüber entscheiden muß, was als „gefahrerheblich" anzusehen ist), wie so manches Mal, von den Regeln der Logik ab. Es genügt dem Rückversicherer durchweg, wenn der Vorversicherer von dem überhaupt versicherten, aus Schiff, Pracht, Ladung usw. bestehenden, Gesamtrisiko so viel selbst; läuft, daß er au der Gesamtunternehmung in angemessenem Umfang interessiert bleibt (vgl. den Vertrag oben Anm. 140). Hat der Vorversicherer Versicherung übernommen für „Stabeisen per St. Andrew von Cardiff nach Galatz zur Taxe von Jl 21600 (nur) gegen Kriegsgefahr zur Prämie von 2 %", das ganze Risiko „Nur für Kriegsgefahr" rückgedeckt und dabei verschwiegen, daß er kein anderes Risiko als das Kriegsrisiko läuft, so wäre die Anzeigepflicht verletzt (abw. ROHG. 24.392; vgl. oben Anm. 178). Würde der Vorversicherer auch für das übrige Güterrisiko Kriegsversicherung übernommen haben oder würde er durch eine Kaskooder eine Interessenversicherung, welche die Kriegsgefahr deckt, an der Gesamtunternehmung beteiligt geblieben sein, so würde er nach der Verkehrsanschauung die Anzeigepflicht nicht verletzt haben (im Ergebnis ebenso E h r e n b e r g RV. 77, der sich jedoch in der grundsätzlichen Beurteilung von dem gewöhnlichen Inhalt der RückversicherungsVerträge hat beeinflussen lassen). Man könnte freilich aus dem Umstand, daß die Rückversicherungs-Verträge regelmäßig ausdrücklich bestimmen, daß der Selbstbehalt eines andersartigen Teiles des Gesamtrisikos genügt, auch den Gegenschluß ziehen, daß der Verkehr sich ohne solche ausdrückliche Bestimmung an solchem Selbstbehalt nicht genügen läßt. Aber nach den tatsächlich unter den Assekuradeuren herrschenden Anschauungen wäre dieser Schluß nicht gerechtfertigt. Die gewöhnlichen Rück12*

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§ 1 versicherungs-Verträge spiegeln die Verkehrsanschauung richtig wieder. Danach würde es insbesondere auch genfigen, wenn der Vorversicherer zwar nicht mehr unmittelbar, wohl aber noch als Rückversicherer für den bei einem anderen Vorversicherer versicherten Teil des Risikos beteiligt bleibt ( E h r e n b e r g RV. 78). — Anders bei der heute üblichsten Art der laufenden Rückversicherung, beim Quotenvertrag (oben Anm. 141). Hier wird der Selbstbehalt in einer „Mindestquote" bestimmt, die natürlich von jedem einzelnen Risiko zu berechnen ist. Anm. 183 120. Der Rückversicherer, der w e i t e r e R ü c k v e r s i c h e r u n g nimmt und nichts zurückbehält, wird hiervon jedenfalls dann Anzeige machen müssen (und, wenn er den zurückbehaltenen Rest des Risikos später deckt, hierzu jedenfalls dann nicht berechtigt erscheinen), wenn der Vorversicherer nicht abwicklungsberechtigt ist und ihm, dem Rückversicherer, deshalb ein Einfluß auf die Abwicklung der Vorversicherung zustehen würde, der mit Rücksicht auf den Mangel eines eigenen Interesses dem zweiten Rückversicherer gefährlich werden könnte. Dasselbe wird aber auch sonst gelten müssen ( E h r e n b e r g RV. 79, RVR. 22, H e r r m a n n s d o r f e r 76, 80; teilw. abw. O b e r m a y e r 36). Freilich findet sich in Retrocessions-Verträgen hin und wieder die Bestimmung, daß der erste Rückversicherer auch den Rest seines Interesses retrocedieren darf. Aber diese Bestimmung ist nicht gewöhnlich und drückt nicht die Verkehrsanschauung aus. Freilich hat in der Hauptsache nicht der erste Rückversicherer, sondern der Vc Versicherer das Abwicklungsrecht. Aber alle anderen Gründe, die für die Pflicht des Selbstbehalts sprechen, gelten auch hier. Und wenn auch der Vorversicherer das Abwicklungsrecht hat, steht doch auch dem ersten Rückversicherer in seinem Verhältnis zum zweiten Rückversicherer grundsätzlich dasselbe Abwicklungsrecht zn. Zwar kann es sich seinem Gehalt nach mit demjenigen des Vorversicherers nicht messen; denn es wird durch eben dieses stark beschränkt. Aber es ist darum nicht bedeutungslos. Denn der erste Rückversicherer hat das Recht, die Abwicklung des Vorversicherers zu beaufsichtigen (oben Anin. 168), mit dem Vorversicherer Vereinbarungen über die Abwicklung zu treffen usw. Tatsächlich holt der Vorversicherer auch nicht selten trotz seines Abwicklungsrechts Weisungen des Rückversicherers ein. — Hat der erste Rückversicherer dem Vorversicherer das ganze Risiko abgenommen, ihm aber das Abwicklungsrecht belassen, so muß er auch diesen Umstand dem zweiten Rückversicherer anzeigen. Denn es ist auch für die Übernahme der Gefahr durch den zweiten Rückversicherer erheblich, ob der abwicklungsberechtigte Vorversicherer noch ein Risiko läuft oder nicht. — Ha* der erste Rückversicherer dem Vorversicherer das ganze Risiko abgenommen und ihn damit die Abwicklung der Vorversicherung entzogen, so wird er auch hiervon regelmäßig dem zweiten Rückversicherer Anzeige machen müssen. Denn der zweite Rückversicherer hat regelmäßig ein Interesse daran zu wissen, in wessen Händen die Abwicklung in erster Linie liegt. Anm. 184

121. ROHG. 24.392 hält den abwicklungsberechtigten Vorversicherer nicht für verpflichtet, anzuzeigen, daß es das ganze Risiko ist, das er rückversichert (oben Anm. 178). Die gefährlichen Folgen einer solchen Auffassung mögen dem Gericht nicht ganz entgangen sein. Denn es stellt, wohl zum Ausgleich, schließlich noch den Satz auf, der abwicklungsberechtigte Vor Versicherer sei, „wenn . . . d e r g e s a m t e R i s i k o r ü c k v e r s i c h e r t worden sei, verbunden, d e n K u n d g e b u n g e n d e s R ü c k v e r s i c h e r e r s s o w e i t zu f o l g e n , a l s d i e s e r n i c h t s R e c h t s w i d r i g e s , U n b i l l i g e s o d e r e i n e r v o n i h m , dem Rückversicherten, g e h e g t e n w o h l b e g r ü n d e t e n U b e r z e u g u n g W i d e r s p r e c h e n d e s v e r l a n g e " (ROHG. 24.394; wörtlich ebenso: H a g e n ZfVW. 1920.157; zustimmend V o i g t 292). Ob dieser sogenannte Grundsatz nur für den Fall gelten soll, daß „der Rückversicherte sich mit dem Rückversicherer über das einzuhaltende Verfahren in Beziehung setzt und dessen Ansichten und Willensmeinungen

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einholt (so unmittelbar vorher ROHG. 24.394), oder ob der Rückversicherer auch un- § 1 aufgefordert „Kundgebungen" der bezeichneten Art erlassen kann (so H a g e n aaO.), lassen die Gründe des ROHG. nicht erkennen. Ebensowenig, ob dieser Grundsatz nur für den Fall gelten soll, daß das gesamte Risiko rückversichert ist (so anscheinend ROHG. aaQ.: .jedenfalls" in diesem Falle), oder auch in anderen Fällen (so H a g e n aaO.). Wie dem auch sei, irgendwelche Berechtigung hat der Grundsatz n i c h t , soweit er überhaupt auf irgendeine selbständige Bedeutung Anspruch machen kann. „Kundgebungen, die nichts Rechtswidriges, Unbilliges oder einer vom Vorversicherer gehegten wohlbegründeten Überzeugung Widersprechendes verlangen", werden in aller Regel Maßnahmen betreffen, zu denen der Vorversicherer auf Grund seiner durch das Abwicklungsrecht nur in bestimmter Richtung beeinflußten Versicherungspflichten, insbesondere durch seine Schadenabwendungs- und Schadenminderungs-Pflicht, ohnehin verpflichtet ist. Insoweit würde dein Grundsatz also jede selbständige Bedeutung fehlen. Soll er aber bedeuten, daß der abwicklungsberechtigte Vorversicherer bei der Auswahl mehrerer gleich pflichtmäßiger Maßnahmen an das Weisungsrecht des Rückversicherers gebunden ist, so würde er im Gesetzesrecht so wenig, wie in den ADS., eine Stütze haben. Sollte das ROHG. dagegen nur haben aussprechen wollen, daß Rückversicherer und Vorversicherer sich über Abwicklungsmaßnahmen einigen können und der Vorversicherer dann an die Einigung gebunden ist, so würde es wieder etwas ' selbstverständliches ausgesprochen haben. Und sollte es schließlich in der bloßen „Einholung einer Ansicht" des Rückversicherers eine Willenserklärung des Vorversicherers erblicken, die, wenn der Rückversicherer „nichts Rechtswidriges usw." verlangt, zu einer solchen, den Vorversicherer wie den Rückversicherer bindenden, Einigung führt, so würde es sich mit der Verkehrsanschauung in bedenklichen Widerspruch gesetzt haben, die in der „Einholung von Ansichten" und in der Äußerung von Ansichten keinen Verzicht des einen und keine Falle für den anderen erblickt. f) Rückversicherungs-Prämie. Provision. 122. Die Rückversicherung ist nicht dazu da, dem Vorversicherer Unternehmer- Anm. 186 gewinn zu vermitteln. Aber sie soll natürlich auch vom Vorversicherer nicht mit Nachteilen erkauft werden. Der Vorversicherer muß für die U n k o s t e n E r s a t z erhalten, die auf den rückversicherten Risikoanteil entfallen, und eine V e r g ü t u n g f ü r die A b w i c k l u n g des Vorversicherungs-Verhältnisses, soweit die Abwicklung den rückversicherten Risikoanteil angeht. Das folgt schon daraus, daß der Kaufmann nichts umsonst tut (HGB. § 354). Insbesondere aber entspricht die Teilung der Unkosten bei der auf Teilung des Risikos gerichteten Rückversicherung der partiarischen Natur dieses Verhältnisses. Denn der partiarisch Beteiligte soll nur am Reingewinn des Geschäfts teilnehmen. Reingewinn ergibt sich aber erst nach Abzug der auf das Geschäft verwendeten Kosten ( H e r r m a n n s d o r f e r 261). Kostenersatz und Vergütung können in dem U n t e r s c h i e d z w i s c h e n Vor- Anm. 186 und R ü c k v e r s i c h e r u n g s - P r ä m i e zum Ausdruck kommen. Bei der l a u f e n d e n Rückversicherung verbleibt dem Vorversicherer r e g e l m ä ß i g der U n t e r s c h i e d zwischen B r u t t o - und N e t t o p r ä m i e . Hierüber hinaus erhält er eine „ P r o v i s i o n " („Kommission", „Retourkommission", „Rückvergütung") für allgemeine Geschäftsunkosten (bei Kaskoversicherungen regelmäßig 5 %, bei Güterversicherungen regelmäßig 772 % der Nettoprämie), oft auch noch einen Anteil am Nettogewinn (vgl. den Vertrag oben Anm. 141 und E h r e n b e r g RV. 163, Anon. WallmannsZ. 7. 921). Durch diesen Gewinnanteil wird der Vorversicherer noch besonders veranlaßt, bei der Abwicklung sorgfältig zu verfahren ( H e r r m a n n s d o r f e r 267). — Über den in der See-Rückversicherung kaum vorkommenden Fall, daß die laufende Rückversicherung endigt und damit auch die

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Richtige Bezeichnung des Interesses

§ 1 Rückdeckung der noch nicht beendigten Vorversicherungen erlischt, sowie über die Berechnung der Provision in solchen Fällen: E h r e n b e r g und K i s c h Z f V W . 1918.75, 144, 292. — Näheres: § 16 Anm. 29ff. 123. Abs. 2 Satz 2. Das Interesse muß richtig bezeichnet werden (§ 1 Abs. 3; oben Anm. 3 ff.). Natürlich, — denn das Interesse ist der Gegenstand der Versicherung. Es bestimmt den Versicherungswert und entscheidet damit über Unterversicherung, Überversicherung, Doppelversicherung, Anfechtbarkeit der Taxe. Es entscheidet über den Einfluß des Versicherungsnehmers auf die versicherte Unternehmung und damit Uber den Umfang der vorvertraglichen Anzeigepflicht und die Möglichkeit einer den Versicherer befreienden oder nicht befreienden Gefahränderung, über die Voraussetzungen schuldhafter Herbeiführung des Versicherungsfalls, über die Möglichkeit von Schadenabwendungs- oder Schadenminderungs-Maßregeln. Es entscheidet über den Umfang der Haftung des Versicherers und über die Art der Entschädigung. Es beeinflußt auch die Art der Schadensfeststellung. Näheres hierüber bei den einzelnen Bestimmungen der ADS. Anm. 188 Darüber, was eine r i c h t i g e B e z e i c h n u n g des zu versichernden Interesses ist, können im einzelnen Falle Zweifel bestehen (unten Anm. 193 ff.). Denn das Wort baut eine Brücke nicht nur zum Verständnis, sondern auch zum Mißverständnis. Die englische Verkehrsanschauung nimmt es in dieser Beziehung im allgemeinen nicht so genau (oben Anm. 14). Nur die Sache, zu der die Beziehung, an der das Interesse besteht, auf welche die Versicherung „sich bezieht", the subject-matter must be designated in a marine policy with reasonable certainty (MIA. § 26 Abs. 1). Wird das Interesse genan bezeichnet (regelmäßig kurz auf der, Schiff und Güter zugleich umfassenden, Lloyd's Police: Anhang XI; z.B. on profits, on freight, on bottomry, on disbursements, on 100 bales cotton marked usw.: A r n o u l d 27 s. 15), so ist natürlich auch nur dieses so bezeichnete Interesse versichert. Aber the nature and extent of the interest of the assured in the subject-matter insured need not be specifled in the policy (MIA. § 26 Abs. 2). Und: Where the policy designates the subject-matter insured in general terms, it shall be construed to apply to the interest intended by the assured to be covered (MIA. § 26 Abs. 3). Nur regard shqjl be had to any nsage regulating the designation of the subject-mattter insured (MIA. § 26 Abs. 4). Nach der Verkehrssitte können z. B. Ioans on bottomry and respondentia nur als solche versichert werden ( C h a l m e r s 39; vgl. auch oben Anm. 117). Das deutsche Recht hat es mit der „richtigen" Bezeichnung des Interesses von jeher aus den oben angegebenen Gründen ernster genommen (was das RG. verkannt hat: Anm. 14ff.). Anm. 189 Welche Bezeichnung als „richtig" zu gelten hat, muß natürlich, wenn die Parteien über die Bedeutung der Bezeichnung nicht einig gewesen sind, die V e r k e h r s anschauung ergeben. Die Verkehrsanschauung festzustellen, mag aber im einzelnen Falle schwierig sein. Auch mag die Verkehrsanschauung, die für den Versicherer maßgebend ist, von derjenigen abweichen, die für den Versicherungsnehmer maßgebend ist. Nur um in dieser Beziehung Zweifel hintanznhalten und um die Wichtigkeit richtiger Bezeichnung des Interesses noch einmal hervorzuheben, bestimmen § 779 Abs. 2 HGB. und § 1 Abs. 2 Satz 2 ADS. für die Beispielfälle des § 1 Abs. 2 Satz 1, daß die eine der hier aufgeführten Interessenbezeichnungen kein a n d e r e s der hier bezeichneten Interessen deckt. Denn wenn auch selbstverständlich die Versicherung „des Schiffes" keine Versicherung „der Güter" und keine Versicherung „der Fracht", die Versicherung „der Güter" keine Versicherung „des Schiffes" ist, so möchte man doch, zumal wenn das RG. seine Konstruktionsversuche am „objektiven Interesse" fortsetzen sollte, vielleicht der Versuchung erliegen, in der Versicherung „des Schiffes"1 auch die Versicherung von Forderungen gegen Schiffsgefahren oder von Schiffsgewinn, in der Versicherung „der Anm. 187

Richtige Bezeichnung des Interesses

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Güter" auch die Versicherung von Forderungen gegen Ladungsgefahren oder yon § 1 imaginärem Gewinn zu erblicken, zumal es sich doch im einen wie im anderen Falle um die Versicherung von Eigentümerinteressen handelt. Auch wäre zn befürchten, daß man in der Versicherung von Fracht auch die Versicherung von Schiffsmiete sehen, und insbesondere, daß man in der Versicherung „des Schiffes" oder „der Güter" usw. auch eine Rückversicherung erblicken würde. 124. Die englische Rechtsprechung ist auch in bezug auf die Rückversicherung Anm. dem von der deutschen Verkehrsanschauung abweichenden englischen Herkommen treu geblieben. Die Rückversicherung braucht nicht als Rückversicherung bezeichnet zu werden. As it is, apart from usage, never necessary in a contract of insurance to describe the interest of the assured, but it is sufficient to specify simply what is the thing assured, it follows that a contract of re-assurance need only show that the thing intended to be covered is ship, freight, goods, or whatever it may be; it is not as a matter of law necessary that it should appear on the face of it to be a contract of re-assurance (Arnould 420 s. 323). Die Versicherung on cotton deckt also auch das Interesse des Vorversicherers (z.T. ebenso die französische Rechtsprechung: Droz 1.348). Versuche, diesen Grundsatz zu erschüttern (1896: Chalmers 38, und bei Gelegenheit der Verabschiedung des MIA.: Arnould 420 s. 323), schlugen fehl. Der Verkehr hatte sich mit der Auffassung der Gerichte abgefunden. Having regard of the length of time during which this decision has been unquestioned law, it. was thought better not to disturb it (Chalmers 38). Man schätzt eben in England die Beständigkeit von den Vätern überkommener, im allgemeinen Rechtsbewußtsein verankerter, vielleicht minder guter Einrichtungen und Anschauungen höher, als die Unrast des die Grundlagen des Staatswesens bedrohenden Wechsels. Deshalb hat sich auch any usage regnlating the designation of the subject-matter insured (MIA. 26 Abs. 4) für die Notwendigkeit der Bezeichnung einer Rückversicherung als solcher bisher nicht gebildet. Immerhin ist es neuerdings üblich geworden, in der Police die Rückversicherung als solche zu bezeichnen, weil dem Vorversicherer wertvoll ist, sich im RückversicherungsVertrag anszubedingen, daß für die Rückversicherung die Bedingungen der Vorversicherung maßgebend sind, und daß der Rückversicherer hat to pay as may be paid thereon (Arnould 420 s. 323; vgl. auch oben Anm. 170). — Auch nach f r a n z ö s i s c h e m Rechte braucht die Rückversicherung nicht als solche bezeichnet zu werden (vgl. C. de comm. Art. 342). § 1 Abs. 2 Satz 2 hebt hervor, daß „insbesondere" eine Versicherung nnr dann Anm. als Rückversicherung gilt, wenn sie bei der Schließung des Vertrags (hierüber: § 2 Anm. 20, § 19 Anm. 16) ausdrücklich, d.h. „unzweideutig durch Worte" (RG. 63.30) als Rückversicherung bezeichnet wird, — wie dies immer gewesen ist (vgl. AHO. 1731 x v m . 1 , AllgPlan 1847 § 7, ASVB. § 58, PreußALR.IL 8.2017), und wie es der Natur der Rückversicherung als einer Versicherung des nur nnd gerade durch die Vorversicherung vermittelten Interesses an der glücklichen Ankunft von Schiff oder Ladung entspricht. Von Schiff oder Ladung; d. h. auch das versteht sich von selbst, daß richtig bezeichnet werden muß, ob die Rückversicherung sich auf das Schiff oder auf die Ladung oder auf beides bezieht. — Dagegen braucht die Rückversicherung n i c h t als e r s t e oder z w e i t e usw. Rückversicherung bezeichnet zu werden. Das Interesse ist richtig bezeichnet, wenn man Rückversicherung nimmt, mag man Vor- oder Rückversicherer sein (Malss ZHR. 13.511, OG. Hamburg HGZ. 1876.19; vgl. auch HG. Aix ZfVR. 2.285, aber dazu auch oben Anm. 190; abw. E h r e n b e r g RV. 70, ROHG. 20.129, HG. Hamburg HGZ. 1875.342). Der Umstand, daß die Versicherung eine zweite Rückversicherung ist, wird aber oft g e f a h r e r h e b l i c h sein und deshalb gemäß § 19 a n g e z e i g t werden müssen (im wesentlichen Ergebnis ebenso: E h r e n b e r g RV. 70,

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Richtige Bezeichnung des Interesses

§ 1 ROHG. 20.129 gegen OG. Hamburg Hans. 1S76. Iii). So insbesondere, wenn der Direktversicherer das Abwicklungsreclit hat (oben Anm. 165), und der zweite Rückversicherer zwar dem ersten Rückversicherer, nicht aber dem Direktversicherer zu vertrauen Anlaß hat ( E h r e n b e r g liV. TO, H e r r m a n n s d o r f e r '216, ROHG. 20.133; vgl. auch A r n o u l d 1 s. 323). Insbesondere ist der Umstand, daß es sich um eine zweite Rückversicherung handelt, immer dann als gefahrerheblich anzusehen, wenn der erste Rückversicherer zugesichert oder absichtlich unrichtig angezeigt hat, daß die Versicherung eine erste Rückversicherung sei (wie im Falle ROHG. 20.128, HGZ. 1875.342, 1876.19\ oder absichtlich verschwiegen hat, daß es sich um eine zweite Rückversicherung handelt, sowie im Zweifel auch dann, wenn der zweite Rückversicherer ausdrücklich danach gefragt hat (§ 21). Haftet der Direkt Versicherer nach dem Direktversicherungs-Vertrag in weiterem Umfang, als der erste Rückversicherer, wenu er Direktversicherer wäre, haften würde, so braucht der zweite Rückversicherer die Erweiterung der Haftung nicht gegen sich gelten zu lassen, wenn ihm nicht angezeigt ist, daß es sich um eine zweite Rückversicherung handelt (oben Anm. 15S). Insoweit besteht also auch im allgemeinen keine Anzeigepflicht (abw. E l i r e n b e r g RV. 71, ROHG. 20.134; vgl. jedoch auch über das Verhältnis der Anzeigepflicht zur vertragsmäßigen Beschränkung des Risikos: § 19 Anm. 26). — Anders natürlich, wenn im zweiten Rückversicherungs-Vertrag abweichendes vereinbart ist, wenn der Vertrag z.B. die Klausel enthält: „Es präjudiciert nicht, felis diese Rückversicherung von Rückversicherung erste oder fernere Rückversicherung von Rückversicherung ist" (HGZ. 1881.19; vgl. auch die Verträge Anm. 140, 141). Anm. 192 Ist die Rückversicherung nicht als solche bezeichnet, so ist die Versicherung für den Versicherer unverbindlich (§ 1 Abs. 3 Satz 1). Anm. 198 125. Abs. 3. Wenn (oder soweit) das Interesse unrichtig bezeichnet wird, ist die Versicherung für den Versicherer unverbindlich. Das Interesse ist eine bestimmte Beziehung einer bestimmten Person zu einer bestimmten Sache. Die unrichtige Bezeichnung des Interesses kann also nicht nur darin bestehen, daß die A r t der Beziehung unrichtig bezeichnet wird, sondern auch darin, daß die P e r s o n , der Interessent, und endlich darin, daß die Sache, zu der die Beziehung besteht, unrichtig bezeichnet wird. Anm. 194 1 26. Ob die Bezeichnung des Interesses richtig oder unrichtig ist, ist nicht etwa nur nach objektiven Merkmalen festzustellen. Es handelt sich ja darum, festzustellen, auf welches Interesse der Vertrag, die Willenserklärungen der Parteien sich beziehen, also um die A u s l e g u n g des Vertrags. Deshalb ist in erster Linie der wirkliche Wille der Parteien zu erforschen (und nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften) und erst in zweiter Linie festzustellen, was nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte unter der Bezeichnung zn verstehen ist (BGB. §§ 133, 157, HGB. § 346). Wenn jemand „Vorschußgelder in dem Schiffe Helens Bank" versichert, ist nach dem Sprachgebrauch und der Verkehrsanschauung eine durch das Schiff gedeckte Forderung versichert; wenn aber ein Korrespondentrheder solche Vorschußgelder versichert und dem Versicherer die Eigenschaft des Versicherungsnehmers als Korrespondentrheders bekannt ist, ist als „der wirkliche Wille" des Versicherungsnehmers nicht nur, sondern auch des Versicherers anzunehmen, daß das Interesse der Rhederei au der Erhaltung des Schiffes und der dadurch bedingten Möglichkeit der Rückzahlung des Vorschusses aus dem zu erwartenden Schiffsgewinn versichert (und die Versicherung demnach auch für die Rhederei, im Namen oder für Rechnung der Rhederei, genommen) sein soll (und daß mithin auch Erstattungsforderungen des Versicherungsnehmers gegen die Rheder nicht auf den entschädigenden Versicherer übergehen sollen); vgl. ROHG. 15.119 und oben Anm. 132. Wenn ein

Sichtige Bezeichnung des Interesses

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bekannter Transportunternehmer „die von ihm in Schuten und sonstigen gebräuchlichen § 1 ,Leichterfahrzengen verladenen Waren jeglicher Art während des Transports von einem Lager, Speicher oder Ladeplatz zum anderen bis zum Belaufe von GO 000 M" für ein Jahr versichert, muß der Versicherer damit rechnen, daß nicht das Eigentümerinteresse, sondern das Haftpflichtinteiesse des Frachtführers gemeint ist (HG. Hamburg HGZ. 1879. 279). Wenn ein Werftbesitzer für die auf seiner Werft befindlichen „fertigen und unvollendeten, alten und neuen Fahrzeuge für eigene und/oder fremde Rechnung" Feuerversicherung nimmt, braucht der Versicherer nicht damit zu rechnen, daß auch das Haftpflichtinteresse des Werftbesitzers gedeckt sein soll (HGZ. 1916.123; abw. LG. Hamburg HGZ. 1916.121). — Daß für die Beurkundung des Versicherungsvertrags ein für gewisse Interessen bestimmtes Policenformular (z.B. eine „Güterpolice", vgl. Anhang VII) verwendet ist, schließt den Nachweis nicht aus, daß nach dem erkennbaren Willen des Versicherungsnehmers nicht das Eigentümerinteresse, sondern ein anderes Interesse hat versichert werden sollen. Ist z.B. laut „Güterpolice" „das Interesse der Herren Versicherten an der Ladung Blauholz . . . im Segelschiffe Sölyst" versichert, so muß der Versicherer den Umständen nach und nach der Verkehrsanschauung darauf gefaßt sein, daß nicht das Eigentümerinteresse, sondern „das Interesse des Verkaufskommissionärs an der Provision" gemeint ist (HGZ. 1S95.79). Was von der Art des Interesses gilt, gilt auch von dem G e g e n s t a n d , auf den Amn. das Interesse sich bezieht, the subject-matter (vgl. oben Anm. 188, 193). Sind „Wollenwaren" versichert, so muß der Versicherer auch mit Tuchwaren aus Wolle rechnen (HG.Hamburg Seebohm 419; vgl. aber auch HG.Hamburg HGZ. 1874.266). Sind „Kurzwaren" versichert, so muß der Versicherer auch mit Spielwaren und Goldleisten-Spiegeln rechnen (HG. Hamburg HGZ. 1SS2.126), sind „Eramwaren" versichert, sogar mit Gewehren (so, recht bedenklich, OG. Hamburg, OAG. Lübeck gegen. HG. Hamburg HH. 730). Ist „Wachs" versichert, und hierunter nach der Verkehrsanschauung sowohl Bienenwachs wie Baumwachs zu verstehen, so muß der Versicherer mit dem einen wie mit dem anderen rechnen (HG. OG.Hamburg HGZ. 1871. 38, 96); anders, wenn nur Bienenwachs „Frei von 3 % Beschädigung", Baumwachs dagegen „frei von Beschädigung außer im Strandungsfall" versichert zu werden pflegt und das Wachs „Frei von 3 °/o Beschädigung" versichert ist (insofern bedenklich: OG. Hamburg HGZ. 1871.96). Ist „Passagiergut" versichert, so muß der Versicherer nach HG. Hamburg HGZ. 1875.402 auch damit rechnen, daß es als Frachtgut befördert wird (auch damit, daß der Passagier nicht mitreist). Hat jemand „Contanten" versichert, so kann er nicht erwarten, daß der Versicherer darunter Gelder versteht, die der Käufer der Ladung für diese schuldet (HG.Hamburg Ullrich Nr. 249). Hat der Rheder Fracht für eine „Ladung Kaffee usw." versichert, so braucht der Versicherer nicht damit zu rechnen, daß ausschließlich Zedemholz geladen wird (LG. OLG. Hamburg HGZ. 18S5.159, 1886.28, 1S87.134 mij; freilich teilweise unzutreffender Begründung; vgl. dazu § 19 Anm. 24, § 20 Anm. 28). 127. Die Versicherung ist f ü r den Versicherer unverbindlich. N i c h t ohne A n t n weiteres auch f ü r den V e r s i c h e r u n g s n e h m e r . Ist das Interesse unrichtig bezeichnet, so besteht es zwar. Aber es „liegt dem Vertrag nicht zugrunde" (§ 2 Abs. 1). Dem Vertrag liegt (wenn nicht etwa der Versicherungsnehmer noch ein zweites, der Bezeichnung entsprechendes Interesse hat) überhaupt kein Interesse zugrunde. Die Rechtsfolgen werden also durch die §§ 2, 3 bestimmt (ungenau O b e r m a y e r 28: Wenn nur eine Partei nicht wisse, „daß es sich um eine Rückversicherung handle, dann bestehe eben hinsichtlich des Vertragsgegenstands keine Einigung unter den Parteien und folgeweise sei ein gültiger Vertrag überhaupt nicht zustandegekommen"). Anders, wenn das Interesse -nicht unrichtig, sondern so ungenau bezeichnet ist daß man darunter das wirklich vorhandene Interesse sowohl wie ein anderes nicht vorhandenes

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Vertrag ohne Interesse

§ 2 Interesse verstehen kavn, und der Versicherungsnehmer jenes, der Versicherer dieses gemeint hat. So, wenn z. B. „Vorschußgelder" versichert sind nnd der Versicherungsnehmer darunter (mit Recht) einen ihm vom Käufer geschuldeten Kaufpreisrest, der Versicherer darunter (mit Becht) einen vom Befrachter gezahlten Frachtvorschuß verstehen würde (vgl. HGZ. 1889.237, 301). Das ist versteckter Dissens (Vorb. vor § 1 Anm. 37). Der Vertrag ist nur scheinbar zustandegekommen, in Wirklichkeit nicht. Der Versicherungsnehmer kann nicht Entschädigung, der Versicherer weder Prämie noch Ristornogebühr verlangen. Anm. 197 1 28. Ist die Versicherung für den Versicherer unverbindlich, so kann der Versicherungsnehmer sich nicht etwa darauf berufen, daß der Versicherer auch die Versicherung des Interesses, das der Versicherungsnehmer hat versichern wollen, unter denselben Bedingungen übernommen haben würde (ROHG. 20.131). Anm. 198 129. A u s n a h m e : Schiffsmiete kann als f ü r bestimmte Zeit geschlossene F r a c h t (nicht als gewöhnliche Zeitfracht) bezeichnet werden und umgekehrt. Näheres: oben Anm. 104. Anm. 199 130. Das I n t e r e s s e b r a u c h t n i c h t rechtsnotwendig b e z e i c h n e t zu w e r d e n . Weder die Person des Interessenten (vgl. § 52 Abs. 3: Versicherung für Rechnung, wen es angeht), noch die Art der Beziehung (§ 120), noch endlich die Sache, auf die sich das Interesse bezieht (§ 120 Anm.). § 2 . Fehlendes Interesse.

(1) Ein Vertrag, dem ein versicherbares Interesse nicht zugrunde liegt, ist unwirksam. Dies gilt insbesondere von Wettversicherungen. (2) Dem Versicherer gebührt gleichwohl die Prämie, es sei denn, daß er bei der Schließung des Vertrags den Grund der Unwirksamkeit kannte. Anm. l Anm. 2 Anm. 8

1. VgL HOB. §§ 895, 896, ASVB. §§ 4 Abs. 4, 155, 156, W G . § 68 Abs. 1. 2. L i t t e r a t n r : § 1 Anm. 2. 3. Abs. 1. Ein Versicherungsvertrag, dem kein Interesse zugrunde liegt, ist unwirksam. Natürlich. Denn nur ein Interesse „kann Gegenstand der Seeversicherung sein", „kann versichert werden" (näheres: § 1 Anm. 3 ff.). — I n t e r e s s e ist eine bestimmte Beziehung einer bestimmten Person zu einer bestimmten Sache. Daß dem Vertrag kein Interesse zugrunde liegt, kann also auch daran liegen, daß ein Interesse zwar besteht, aber nicht der bestimmten P e r s o n zusteht, daß ein Interesse zwar an einer Sache besteht, aber nicht an der bestimmten S a c h e , daß die bestimmte Person zwar ein Interesse an der bestimmten Sache hat, aber nicht die bestimmte, also die im Vertrag bezeichnete B e z i e h u n g (§ 1 Anm. 3 ff., IST ff.). An™-4 4. „Dem Vertrag zugrunde liegen" bedeutet nicht: „beim Vertragsschluß bestehen". Die Versicherung kann sowohl für ein gegenwärtiges, wie für ein erst künftiges, wie für ein bereits vergangenes Interesse genommen werden. Anm. 6 a) Für ein g e g e n w ä r t i g e s I n t e r e s s e . Der Rheder versichert z.B. sein Schiff. Er kann es so versichern, daß die Versicherung s o f o r t b e g i n n e n soll. Oder so, daß sie erst s p ä t e r beginnen soll (vgl. § 4 Abs. I). Oder so, daß sie schon f r ü h e r beginnen soll (vgl. § 5). In allen Fällen liegt dem Vertrag ein Interesse zugrunde. Soll die Versicherung erst später beginnen, so kann das Interesse noch vor dem Beginn der Versicherung wegfallen, — der Versicherungsnehmer schuldet dann regelmäßig nur die Ristornogebühr (§ 4 Abs. 1). Soll die Versicherung schon früher beginnen, so kann das versicherte Interesse bereits weggefallen, das versicherte Schiff z. B. zerstört sein, — dann liegt dem Vertrag ein gegenwärtiges Interesse nicht zugrunde.

Vertrag ohne Interesse

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b) Fiir ein k ü n f t i g e s I n t e r e s s e . Der Känfer z.B., der die Reisegefahr trägt, § 2 versichert die erst noch abzuladenden Güter, bevor die Gefahr vom Verkäufer auf ihn Anm. e übergegangen ist. Die Versicherung muß „ f ü r ein k ü n f t i g e s I n t e r e s s e genommen" sein (§ 4 Abs. 1), wenn sie als Versicherung eines künftigen Interesses gelten soll. Sonst ist anzunehmen, daß die Versicherung eines gegenwärtigen Interesses getrollt ist, liegt also dem Vertrag kein Interesse zugrunde, wenn es nicht schon beim Vertragsschluß besteht. Aber es genügt natürlich, wenn sich aus den Umständen ergibt, daß für ein künftiges Interesse Versicherung genommen werden soll. So insbesondere, wenn ein Importeur Übersee abzuladende Güter versichert. Entsteht das Interesse nicht, so kann der Versicherer regelmäßig nur die Bistornogebühr verlangen (§ 4 Abs. 1). — Wenn das Interesse nicht entstehen kann, where . . . the contract is entered into with no expectation of acquiring such an interest (MIA. § 4 Abs. 2 a), liegt dem Vertrag kein Interesse zugrunde. Die §§ 2, 3 sind anzuwenden; nicht § 4 Abs. 1. c) Für ein v e r g a n g e n e s Interesse. Der Rheder versichert z.B. am 1. Februar Anm. 7 sein Schiff für die Zeit vom 1. Januar an; am 15. Januar ist das Schiff bereits zerstört worden. — Die Versicherung muß „so genommen" sein, daß sie auch das schon vergangene Interesse deckt (§ 5 Abs. 1). Sonst ist anzunehmen, daß die Versicherung eines gegenwärtigen Interesses gewollt ist, liegt also dem Vertrag kein Interesse zugrunde, wenn das Interesse schon vergangen, weggefallen, das „versicherte" Schiff z.B. schon zerstört ist. — Hat seit dem Beginn der Versicherung das Interesse nicht bestanden, war z. B. das „versicherte" Schiff schon vor dem Versicherungsbeginn zerstört, so liegt dem Vertrag kein Interesse zugrunde; die §§ 2, 3 sind anzuwenden (nicht § 4 Abs. 1). Ist das Interesse inzwischen weggefallen, das versicherte Schiff z. B. zwischen Versicherungsbeginn und Vertragsschluß zerstört, so liegt dem Vertrag ein Interesse zugrunde; dem Versicherer gebührt die Prämie (§ 4 Abs. 2; wenn nicht etwa der Versicherer um den Wegfall des Interesses wußte,: § 5). Ist das Interesse infolge eines versicherungsfreien Ereignisses weggefallen, z. B. das „Frei von Kriegsgefahr" versicherte Schiff vom Feinde zerstört, so ist der Versicherer frei. Ist das Interesse infolge eines versicherungsmäßigen Ereignisses weggefallen, z. B. das versicherte Schiff im Sturm untergegangen, so muß der Versicherer entschädigen (wenn nicht etwa der Versicherungsnehmer um den Eintritt des Versicherungsfalls wußte oder wissen mußte,: § 5). 5. Die interesselose Versicherung ist also unwirksam. Nicht deshalb, weil sie eine Aam. 8 Wette wäre (so S i e v e k i n g 2). Sie braucht keine W e t t e zu sein (HGZ. 1897.14, 15). A policy without interest is not necessarily a wager policy ( C h a l m e r s 8). Der Versicherer ist also auch nicht durch § 762 Abs. 1 Satz 2 BGB. gehindert, die auf Grund einer interesselosen Versicherung gezahlte Entschädigung zurückzufordern (abw. S i e v e k i n g 2). Er kann sie nur dann nicht zurückfordern, wenn er wußte, daß er nicht zu zahlen brauchte, und trotzdem zahlte, oder wenn er (was kaum vorkommen wird) mit der Zahlung einer sittlichen Pflicht oder einer Anstandsrücksicht entsprach (BGB. § 814), oder wenn die Versicherung nur ein Scheingeschäft ist und eine Wette verdeckt (BGB. §§ 117 Abs. 2, 762). — Die interesselose Versicherung ist nur „unwirksam". Sie ist nur teilweise, n i c h t volls t ä n d i g n i c h t i g . Unter Umständen schuldet der Versicherungsnehmer gleichwohl die Prämie oder doch die Bistornogebühr (§§ 2 Abs. 2, 3 Abs. 2 u. 3). 6. Dem Falle der interesselosen Versicherung steht ein zweiter gleich: der Fall, Anm. 9 daß dem Vertrag zwar ein Interesse zugrunde liegt, aber nur ein Interesse, das nicht „versicherbar" ist, nicht versichert werden darf. Es handelt sich hierbei nicht etwa um den Fall, daß die Versicherung des Interesses gesetzlich verboten ist oder gegen die guten Sitten verstößt. Denn in diesem Falle ist der Vertrag schon nach den §§ 134, 138 BGB. nichtig (§ 1 Anm. 23, 24). Nicht versicherbar ist das Interesse, das so beschaffen ist, daß der Versicherer, wenn er darum gewußt hätte, den Versicherungsschutz nicht

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Wettversicherung

§ 2 bätte übernehmen können, ohne daß der Vertrag nach § 13S BGB. der Nichtigkeit verfallen wäre. Nicht versiclierbar ist das Interesse, wenn die versicherte Unternehmung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt (§ 1 Anm. 23, 24). Aus einem ganz anderen Grunde bezeichnet man auch als nicht versicherbar das Interesse, das nicht „in Geld schätzbar" ist (§ 1 Anm. 21). — Ob ein Interesse versicherbar ist, richtet sich, wenn der Fall von deutschen Gerichten zu entscheiden ist, nach dem Rechte, das nach den deutschen Vorschriften des sogenannten internationalen Privatrechts maßgebend ist. Gegebenenfalls also nach a u s l ä n d i s c h e m Eecht. Aber ob ein Vertrag gemäß § 138 W S . nichtig sein würde, weil die versicherte Unternehmung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt, und wenn dem Versicherer dies bekannt gewesen wäre, kann natürlich nur nach der für die deutschen Gerichte gemäß § 13S BGB. maßgebenden Sittenanschauuug beantwortet werden (EGzBGB. Art. 30). Anm. 10 7. Anfechtung wegen I r r t u m s oder arglistiger Täuschung (BGB. §§ 119 ff.). Soweit der Versicherungsvertrag unwirksam ist, kann er natürlich nicht angefochten werden. Was unwirksam ist, kann nicht unwirksam gemacht werden. Soweit der Versicherungsvertrag dagegen wirksam ist, insofern also der Versicherungsnehmer Prämie oder Ristornogebühr zahlen muß, kann die Wirksamkeit durch Anfechtung beseitigt werden. Der Versicherungsnehmer kann aber natürlich nicht anfechten, weil er irrtümlich annahm, daß ein Interesse bestehe. Denn für diesen Fall bestimmen gerade die §§ 2, 3 besonderes (vgl. insbesondere § 3 Abs. 1, auch § 5 Anm. 24, § 20 Anm. 38). Anm. Ii s. „Insbesondere" sind Wettversichertingen unwirksam (police d'honneur, police de pari, honour policy, wager policy; a gaming or wagering contract: MIA. § 4). — Wettversicherungen sind n i c h t n o t w e n d i g W e t t e n . Mau versteht unter Wettversicherungen solche Versicherungen, bei deren Abschluß dem Versicherungsnehmer bekannt ist, daß kein Interesse zugrunde liegt ( V o i g t 41; anders und weitergehend: MIA. § 1 Abs. 2: . . . a gaming or wagering contract — where the assured has not an insurable i n t e r e s t . . . and the contract is entered into with no expectation of acquiring such an interest). Weiß der Versicherungsnehmer nicht, daß dem Vertrag kein Interesse zugrunde liegt, so ist die Versicherung keine Wettversicherung (aber natürlich gleichwohl unwirksam). Weiß auch der Versicherer, daß dem Vertrag kein Interesse zugrunde liegt, so ist der Versicherungsvertrag eine verdeckte Wette (oben Anm. S). Weiß nur der Versicherer, daß dem Vertrag kein Interesse zugrunde liegt, so ist die Versicherung keine Wettversicherung (aber gleichwohl ganz unwirksam: § 2 Abs. 2). Anm. 12 i u England hielt man Wettversicherungen bis 1746 allgemein, bis 1906 für ausländische Schiffe und ihre Ladungen für gültig; in Irland waren sie noch bis 1900 allgemein gültig. Wenigstens solche Versicherungen, die ihre Natur als bloße Wettversicherungen dadurch an den Tag legten, daß dem Versicherungsnehmer der Beweis des Interesses erlassen, dem Versicherer der Gegenbeweis des Interessemangels versagt war, sog. p. p. i. (policy proof of interest)-Policen; übliche Klauseln: Interest or no interest, without further proof of interest than the policy itself, without benefit of salvage to the insurer, full interest admitted usw. Die Folge dieses Rechtszustandes waren nicht nur wilde Wettassekuranzen, sondern auch fraudulent loss, destruction or capture of great numbers of ships, with their cargoes und encouragement of the exportation of wool, and the carrying on of many prohibited and clandestine trades, which, by means of such insurances, have been concealed (Begr. des Gesetzes von 1746). Das Gesetz von 1746 (19 Geo. 2 c. 37) verbot deshalb Wettversicherungen dieser Art für britische Schiffe und ihre Ladungen (ähnlich übrigens schon allgemein die Ordonnanzen Barcelonas ans dem 15. Jahrh., vgl. G o l d s c h m i d t Universalgeschichte 371,

Vertrag ohne Interesse

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R e a t z Geschichte 104). Nach MIA. § 4 Abs. 2 b gilt jeder Versicherungsvertrag als Wettversicherung, where the policy is made „interest or no interest," (vgl. PreußALR. II 8.1995: „Versicherungen auf Interesse oder Nichtinteresse" und die italien. Klauseln des 15. Jahrh.: habeat vel non habeat, participet vel non participet, habeat vel non, die span. Klausel des 15. Jahrh.: haje ö no haje, B e n s a 66, G o l d s c h m i d t Universalgeschichte 370, R e a t z Geschichte 104), or „without further proof of interest than the policy itself", or „without benefit of salvage to the insurer", or subject to any other like term. Doch macht die Klausel without benefit of salvage to the insurer die Versicherung nur dann zur Wettversicherung, wenn der Versicherungsnehmer ohne die Klausel dem Versicherer Gerettetes überlassen müßte (UIA. § 4 a. E.; so schon früher Lucena v. Crauford 1806 bei C h a l m e r s 9, vgl. ebendort Wilson v. Jones 1867: Versicherung der glücklichen Legung eines unterseeischen Kabels durch einen Aktionär der Kabelgesellschaft). Aber in spite of this illegality such policies continue to be executed, . . . they are . . . without any legally obliging effect on the underwriter and perhaps on that account are respected with the most studious care (Gow 77, B r ü d e r s DVfVWVVeröff. 26.64). Näheres: A r n o u l d 409 s. 311, C h a l m e r s 8, G o w 76. Die MI(Gambling Policies)A. 1909 (9 Edw. 7 c. 12) verbietet contracts by way of gambling on loss by maritime perils bei Gefängnisstrafe bis zu 6 Monaten oder Geldstrafe bis zu 100 £ und Verfall aller auf Grund der Versicherung erhaltenen Gelder. Bestraft wird jeder, der versichert ohne any bona fide interest, direct or indirect, either in the safe arrival of the ship in relation to which the contract is made or in the safety or preservation of the subject-matter insured, or a bona fide expectation of acquiring such an interest ( A r n o u l d 9. Aufl. 424 s. 313a). Bestraft werden ferner ebenso Angestellte des Rheders, die ohne Schiffspartner zu sein p. p. i. Schiffsversicherung nehmen (selbst wenn sie tatsächlich ein Interesse haben) sowie Makler oder sonstige Personen, die wissentlich eine nach dem MIA. 1909 verbotene Versicherung vermitteln (vgl. auch NeumannsZ. 1909.554, ZfVW. 1909.621). — Das f r a n z ö s i s c h e Recht beschränkt sich auf den selbstverständlichen Grundsatz, daß interesselose Versicherungen unwirksam sind ( R i p e r t Nr. 2313). — Auch in Deutschland sind Sondervorschriften gleich den englischen unbekannt (anders früher AHO. 1731XIII2: „Obgleich in der Police die Clausul enthalten, daß ein Assecurirter im Falle des Schadens weiter nichts als nur die Police zu produciren habe, so soll dennoch derselbe nicht nur die Verunglückung des Schiffs, sondern auch, daß er würklich Interesse darin gehabt, . . . z u beweisen gehalten seyn"). „Leider" ( V o i g t 771). Denn durch Klauseln jener Art („Interesse erwiesen", „Im Schadensfalle dient diese Police als alleiniger Nachweis des Interesses" usw.) wird „unlauteren Manipulationen Tür und Tor geöffnet" (ME. 12). Im Gegenteil: § 8S5 HGB. läßt sogar ausdrücklich Vereinbarungen zu, durch die der Versicherte vom Nachweis des Interesses (und des Schadens) befreit wird. Der Versuch, die Wirksamkeit der Klauseln wenigstens zu beschränken, den Versicherungsnehmer wenigstens zur Glaubhaftmachung seines Interesses zu verpflichten (E. 1910 §47), scheiterte am Widerstand derselben Kreise, welche die Klauseln als Mittel zu „unlauteren Manipulationen" gebrandmarkt hatten (Mat. 1.18S). — Näheres über die deutschen Klauseln: § 43 Anm.

§2

9. A b s . 2. Der Vertrag ist unwirksam. Der Versicherer braucht nicht zu ent- Anm. is schädigen, der Versicherungsnehmer nicht anzuzeigen, die Gefahr nicht unverändert zu lassen, nicht Schaden zu verhüten, nicht Schaden abzuwenden usw. — Der Vertrag ist aber nicht ganz unwirksam. Der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r s c h u l d e t die P r ä m i e . Die bedungene Prämie. Wenn keine b e s t i m m t e Prämie bedungen ist, die ü b l i c h e Prämie, insbesondere die in den üblichen Tarifen bestimmte Prämie (BGB. §§ 157, 242; vgl. OLG. Dresden LZ. 190S. 957). Wenn auch keine Üblichkeit besteht, die Prämie, die n a c h b i l l i g e m E r m e s s e n zu bestimmen gewesen wäre, wenn die Versicherung

190 § 2

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wirksam wäre (BGB. §§ 133, 157, 315, 316). Die g a n z e Prämie. Außer der Prämie auch die N e b e n k o s t e n (Stempel usw.). Denn diese stehen der Prämie gleich; es wäre unbillig, sie vom Versicherer tragen zu lassen. Dagegen umfaßt die Prämie natürlich k e i n e Z u s c h l a g s p r ä m i e (wolil aber P r ä m i e n z u l a g e n ) . Ob die Versicherung Reise- oder Zeitversicherung ist., gilt gleich. — Der Vertrag ist also teilweise wirksam. Ihm solche teilweise Wirksamkeit! beizulegen, ist nicht etwa verboten (abgesehen von dem Falle, daß der Versicherer den Grund der teilweisen Unwirksamkeit kennt). Es ist sogar ausdrücklich gestattet (HGB. § 895). — Ist Prämie zu zahlen, so muß der Versicherer auch dem Makler die P r o v i s i o n zahlen, die er ihm versprochen hat. Anm. u 10. Der Vertrag ist g a n z u n w i r k s a m , w e n n der V e r s i c h e r e r den G r a n d der U n w i r k s a m k e i t k a n n t e . Der Versicherungsnehmer ist b e w e i g p f l i c h t i g (vgl. die Worte „es sei denn", die eine Ausnahme von der Regel andeuten). — Grund der Unwirksamkeit ist entweder, daß dem Vertrag kein Iuteresse, oder daß ihm zwar ein Interesse, aber kein versicherbares, zugrunde liegt (oben Anm. 9). Der Versicherer muß das eine oder das andere gewußt haben. Ob er auch gewußt hat, daß aus diesem Grunde der Vertrag unwirksam ist, ist ohne Bedeutung (vgl. die Ausdrucksweise im BGB. §§ 122, 134t, 1345, 1699, 1701 usw.). Anm. 16 a) K e n n t n i s eines Umstandes ist die g e g e n w ä r t i g e U b e r z e u g u n g von seinem Bestehen (vgl. ROHG. 2.35). Nicht ein früheres, der Erinnerung vollständig oder für die entscheidende Zeit entschwundenes Wissen. Auch nicht ein f r ü h e r e s , durch spätere Mitteilungen überholtes und deshalb der gegenwärtigen Überzeugung nicht mehr zugrunde liegendes Wissen. Auch nicht der bloße V e r d a c h t , daß dem Vertrag kein versicherbares Interesse zugrunde liegt. Nur auf die „wirkliche Wissenschaft" kommt es an, „wohingegen es auf dasjenige, was der Versicherer mit geringerer oder größerer Bestimmtheit vermutet oder angenommen haben mag, nicht ankommt" (OAG.Lübeck Kiernlff 2.36). Näheres: § 5 Anm. 18, § 20 Anm. 10. — Dagegen genügt nicht, daß der Versicherer k e u n e n m u ß t e , d.h. infolge von Fahrlässigkeit nicht kannte (BGB. § 122); auch nicht, daß er grobfahrlässig nicht kannte. Der Versicherer hat keine Erknndigungspflicht (vgl. auch § 5 Anm. IS). Doch kann er sich auf seine Unkenntnis nicht berufen, wenn er sich der Kenntnis a r g l i s t i g e n t z o g e n hat (näheres: § 5 Anm. 18). — Sind m e h r e r e V e r s i c h e r e r beteiligt, so kommt es auf die Kenntnis jedes einzelnen an. Insbesondere kann der Versicherungsnehmer die Kenntnis des „Führers" oder des Vorzeichners nicht auch den übrigen Mitversicherern entgegenhalten. Näheres: Vorb. V vor § 1. Anm. 16 b) Hat der Versicherer durch einen V e r t r e t e r abgeschlossen, so kommt es nicht auf die Kenntnis des Versicherers, sondern auf die Kenntnis seines Vertreters an (BGB. § 166 Abs. 1). Hat der Bevollmächtigte des Versicherers jedoch nach dessen bestimmten Weisungen gehandelt, so kommt es auch auf die Kenntnis des Versicherers an (BGB. § 166 Abs. 2). — Hat der Versicherer durch einen U n t e r b e v o l l m ä c h t i g t e n abgeschlossen, so kommt es auf dessen Kenntnis an, auch auf die Kenntnis des Bevollmächtigten und des Versicherers, wenn der Unterbevollmächtigte nach deren bestimmten Weisungen gehandelt hat (anal. B G B . § 166 Abs. 2). — Auf die Kenntnis von Vertretern des Versicherers, die bei der Schließung des Vertrags n i c h t b e t e i l i g t sind, kommt es nicht an (vgl. hierzu den Fall OLG. Naumburg J W . 1921.6S7 und darüber G e r h a r d J W . 1921. 6S7, J o s e f HRZ. 1921.796). — Hat der Versicherer den Vertrag durch mehrere G e s a m t v e r t r e t e r geschlossen, so genügt die Kenntnis nur eines der mehreren Gesamtvertreter (vgl. RG. 53.231, J W . 1893.429, 1899.47, 305 usw.). Kenntnis eines nicht beteiligten Gesamtvertreters genügt nicht (vgl. HG. Hamburg HGZ. 1879.99); doch kann die Verschweigung den Tatbestand einer unerlaubten Handlung bilden (BGB. §§ 823 Abs. 2, 826), der Versicherer gemäß § 31 oder § 831

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BGB. auch für unerlaubte Handlungen eines Gesamtvertreters haften (vgl. EG. 43.106, § 2 57.94, JW. 1 ?93.429, 1899.47,305 usw.). — § 166 BGB. ist regelmäßig auch dann anwendbar, wenn der Vertrag durch einen A g e n t e n des Versicherers nicht abgeschlossen, sondern nur v e r m i t t e l t ist. Denn der Verinittlungsagent hat als ständiger Geschäftsvermittler des Versicherers (im Gegensatz zum Gelegenheitsvermittler), wenngleich keine Abschlußvollmacht, so doch eine Handlungsvollmacht beschränkteren Umfangs. Er nimmt im Namen des Versicherers die Versicherungsofferte des Versicherungsnehmers entgegen und bewirkt hierdurch, daß der Versicherungsnehmer gemäß den §§ 145, 146, 147 Abs. 2 BGB. gebunden wird. Hieraus folgt, daß der Versicherer das von ihm gebilligte und abgeschlossene Geschäft so, wie der Agent es mit dem Versicherungsnehmer beredet hat, gegen sich gelten lassen muß (vgl. RG. 30. '28, 217, 36. "247, 51.150, JW. 1S98.360, 1S99.50 usw.), und insbesondere, daß § 160 BGB. anwendbar ist (vgl. RG. 30.30, 214, JW. 1893.25, 1S98.360). Deshalb bestimmt auch §44 VVG. für die Binnenversicherung ausdrücklich, daß die Kenntnis des Vermittlungsagenten der Kenntnis des Versicherers n i c h t gleichgeachtet werden soll. c) Verlangt der M a k l e r P r o v i s i o n , so kann sich der Versicherer auf seine Anm. 17 Kenntnis und die daraus sich ergebende vollständige Unwirksamkeit des Vertrags berufen (vgl. EG. 76.354, OLG.Hamburg Eecht 1913 Nr. 670; abw. OLG. Hamburg Bspr. 18.16). Hat er den Makler arglistig getäuscht, so muß er ihm den dadurch verursachten Schaden ersetzen (OLG. Hamburg Recht 1913 Nr. 670). d) Hat a u c h der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r g e w u ß t , daß dem Vertrag k e i u Anm. 18 I n t e r e s s e zugrunde liegt, so ist der Vertrag eine Wette und § 2 unanwendbar (oben Anm. 8, 10). — Hat auch der M a k l e r darum g e w u ß t , so kann er keine Provision verlangen. Der Wettauftrag ist ebenso unwirksam, wie die „Versicherung". — Hat nur der Makler oder haben Versicherer und Makler oder Versicherungsnehmer nnd Makler darum gewußt, so kann der Makler ebenfalls keine Provision verlangen (anal. BGB. § 654). e) Hat a u c h der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r g e w u ß t , daß das dem Vertrag Anm. 18zugrunde liegende I n t e r e s s e u n v e r s i c h e r b a r ist, daß also die versicherte Unternehmung gesetzlich verboten ist oder gegen die guten Sitten verstößt, so ist der Vertrag nach § 138 BGB. nichtig und § 2 nnanwendbar. f) Bei der Schließung des V e r t r a g s muß der Versicherer gekannt haben. Anm. 20 Es kommt nicht darauf an, daß der Versicherer gerade beim Abschluß des Veitrags gekannt hat, sondern darauf, daß er bei den V e r h a n d l u n g e n , die zum Abschluß geführt haben, gekannt hat. Andererseits genügt nicht eine Kenntnis, die zwar bei diesen Verhandlungen vorhanden, aber beim Abschluß des Vertrags zerstört war (doch würde solche Zerstörung nach allgemeinen Beweisgrundsätzen vom Versicherer zu beweisen sein). Dagegen genügt die Kenntnis bei den Verhandlungen, auch wenn dem Versicherer der Grund der Unwirksamkeit gerade beim Abschluß des Vertrags nicht gegenwärtig war (ROHG. 12.171). — Hat der Versicherer zwar noch vor Abschluß des Vertrags Kenntnis erlangt, aber so s p ä t , d a ß der A b s c h l u ß n i c h t a u f z u h a l t e n war, so kommt es auf die Kenntnis nicht an. So etwa, wenn der Versicherer nach Absendung, aber noch vor Ankunft des Telegramms, das den Versicherungsantrag des Versicherungsnehmers annimmt, Kenntnis erlangt. — Vgl. insbesondere auch § 5 Anm. 22 und § 19 Anm. 16. 11. Hat der Versicherungsnehmer die P r ä m i e gezahlt, obgleich" er sie gemäß Anm. 21 § 2 Abs. 2 nicht schuldete, so kann er sie nach den Grundsätzen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (BGB. §§ 812fi.) zurückverlangen. Ebenso, wenn ein dritter in seinem Namen gezahlt hat. Anders, wenn der dritte die Schuld des Versicherungsnehmers im eigenen Namen bezahlt hat (EG. 60.287). Im Falle einer

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§ 2 Versicherung für fremde Rechnung kann also, wenn der Versicherungsnehmer oder in seinem Namen der Versicherte gezahlt hat, nnr der Versicherungsnehmer Rückzahlung verlangen (HGZ. 1898.209); hat der Versicherte im eigenen Namen gezahlt, so kann (nur) er Rückzahlung verlangen. Anm. 22 12. T e i l w e i s e N i c h t i g k e i t oder U n w i r k s a m k e i t des Vertrags. a) Wenn der Vertrag teilweise g e g e n G e s e t z oder g u t e S i t t e n verstößt, ist er nur teilweise nichtig. Er ist g a n z nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, daß er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen wäre (BGB. § 139). b) Hat der Versicherungsnehmer das versicherte I n t e r e s s e nur z u e i n e m T e i l e , so ist die Versicherung zum anderen Teile unwirksam. Wenn ein Mitrheder mit halbem Anteil für eigene Rechnung „das Schiff" versichert, ist die Versicherung zur einen Hälfte wirksam, zur anderen unwirksam. Hat dieser Mitrheder das Schiff im Werte von 100000 zu 50000 versichert, so ist also nicht etwa der Anteil voll gedeckt; der Mitrheder erhält im Falle des Totalverlustes nur 25000, nicht 50000. Der Mitrheder kann sich nicht darauf berufen, daß die Versicherungssumme den Versicherungswert des Anteils nicht übersteigt (vgl. § 9 Abs. 1). Denn es kommt nicht auf den Versicherungswert des nicht versicherten Anteils, sondern auf denjenigen des versicherten Schiffes an. — Würde der Versicherer oder der Versicherungsnehmer den Vertrag ohne den unwirksamen Teil nicht geschlossen haben, so ist die g a n z e Versicherung unwirksam (anal. BGB. § 139; vgl. R o e l l i 141). — K e n n t der Versicherer den Grund der teilweisen Unwirksamkeit, so kann er den entsprechenden Teil der Prämie nicht verlangen. Der sogenannte „Grundsatz der Unteilbarkeit der Prämie" steht nicht entgegen. Zwar lehrt die herrschende Ansicht einen solchen Grundsatz. Tatsächlich aber gibt es ihn nicht. Wenn die Prämie nicht geteilt werden soll, ist es besonders gesagt (vgl. z.B. § 4 Abs. 2). Näheres hierüber: § 16 Anm. 27. c) Wenn der Versicherungsnehmer zwar das versicherte Interesse hat, dieses Interesse aber t e i l w e i s e n i c h t v e r s i c h e r b a r ist, die versicherte Unternehmung also teilweise gegen Gesetz oder gute Sitten verstößt, gilt grundsätzlich dasselbe. Man wird aber in solchen Fällen oft nicht teilen können (vgl. § 1 Anm. 25). So z. B. kann man nicht, wenn eine Schmuggelunternehmung versichert ist, nach Reiseabschnitten teilen; Schmuggelware bleibt Schmuggelware, beim Grenzübertritt nicht nur, sondern auch diesseits und jenseits der Grenze. Vgl. auch OLG. Rostock LZ. 1920.309: Versicherung zu Schleichhandelspreisen, und dazu H a g e n J W . 1920.503, J o s e f HRZ. 1920.699. d) Über den Fall, daß das I n t e r e s s e ü b e r b e w e r t e t und aus diesem Grunde teilweise nicht versicherbar ist,: § 6 Anm. 19, § 9 Anm. 4. Anm. 28 13. § 2 gilt auch für die R ü c k v e r s i c h e r u n g (§ 1 Anm. 146). Der Rückversicherung liegt insbesondere kein Interesse zugrunde, wenn der V o r v e r s i c h e r e r aus irgendeinem Grunde n i c h t h a f t e t (§ 1 Anm. 158). Ist z.B. die Vorversicherung wegen Interessemangels unwirksam, so ist nach § 2 auch die Rückversicherung unwirksam. Aber nicht unter allen Umständen. Ist der Vorversicherer a b w i c k l u n g s b e r e c h t i g t , so braucht er sich auf die Unwirksamkeit der Vorversicherung dem Vorversicherten gegenüber nicht zu berufen, wenn es ein verständiger, billig denkender Versicherer, falls er nicht rückversichert wäre, nicht tun würde (§ 1 Anm. 164). In diesen Grenzen ist die Rückversicherung wirksam ( E h r e n b e r g RV. 117). Der Rückversicherte schuldet also auch nach § 2 Abs. 2 die Prämie nur dann nicht, wenn (er beweist, daß) die Vorversicherung wegen Interessemangels unwirksam ist und ein verständiger, billig denkender Versicherer sich hierauf berufen würde. — Ist die Vorversicherung wegen nur t e i l w e i s e n Interessemangels nur teilweise unwirksam und die Rückversicherung Unterversicherung, so mindert sich die Wirksamkeit der Rückversicherung im selben Verhältnis (§ ?, § 6 Anm. 13, 33). — gleichgültig, ob der Rückversicherer von der Vor-

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versicherungs-Summe einen bestimmten zahlenmäßigen Teil oder einen Bruchteil übernommen hat. Wenn also die Vorversicherungs-Summe 100 000 beträgt und die Vorversicherung nur zur Hälfte wirksam ist, haftet der Rückversicherer nur für 25000, gleichgültig, ob er 50000 oder 5 0 % der Vorversicherungs-Summe übernommen hat. Nach § 2 Abs. 2 gebührt dem Rückversicherer die P r ä m i e auch dann, wenn der Vorversicherte nach § 3 Abs. 1 deshalb keine Prämie schuldet, weil er den Mangel des Interesses weder kannte noch kennen mußte. Anders, wenn der Rückversicherer den Mangel kannte (und wußte, daß der abwicklungsberechtigte Vorversicherer verständiger und billiger Weise sich darauf berufen würde). Anders natürlich auch, wenn die Rückversicherongs-Prämie von der Vorversicherungs-Prämie abhängig gemacht ist. Das Interesse des Vorversicherers reicht bis zur vollen Höhe der VorversicherungsSumme. Der Rückversicherer kann nicht einwenden, daß der Vorversicherer für den Betrag der V o r v e r s i c h e r u n g s - P r ä m i e kein Interesse habe und die VorversicherungsPrämie deshalb von der Vorversicherungs-Summe a b g e z o g e n werden müsse (PreußALR. II 8.2018, Prot. 3052, E h r e n b e r g RV. 142, H e i s e bei Heise u.Cropp 2.604, P o h l s 4.98, A r n o u l d 424 s. 326, B o u l a y - P a t y 2 X s. 10, ISmferigon 1 ch. 8 s. 14, P o t h i e r Nr. 35 und E s t r a n g i n Nr. 36, V a l i n III 6.20). Natürlich. Denn, daß mit der Übernahme der Vorversicherung eine Einnahme verbunden ist (und noch dazu eine zur Deckung von Entschädigungen, Geschäftsunkosten und Unterhalt verbundene Einnahme) schließt nicht aus, daß die ganze Vorversicherungs-Summe im Risiko ist, — so wenig, wie etwa der Umstand, daß der Bodmereigläubiger sich eine Bodmereiprämie ausbedungen hat, ausschließt, daß auch die Bodmereiprämie im Risiko ist (§ 110 Abs. 1; vgl. insbesondere auch § 6 Anm. 41). — Aber der Vorversicherer kann natürlich n i c h t auch noch die Vorversicherungs-Prämie versichern. Denn sie steht in keiner Beziehung zum Gelingen oder Mißlingen der versicherten Unternehmung. — Ebensowenig kann der Vorversicherer die R ü c k v e r s i c h e r u n g s - K o s t e n , insbesondere die Rückversicherungs-Prämie, versichern. Denn er hat, auch wenn die Unternehmung glückt und seine Haftpflicht nicht in Anspruch genommen wird, keine Aussicht, für die Rückversicherungs-Kosten Ersatz zu erhalten. Diese Kosten sind endgültig ausgegeben, verloren und mithin nicht im Risiko (§ 1 Anm. 23, E h r e n b e r g RV. 143, H e i s e bei Heise u. Cropp 2.604; vgl. auch Prot. 3053, 3105; anders MIA. §§ 13, 16; vgl. hierzu A r n o u l d 425 s. 326). Ist dem abwicklungsberechtigten Vor Versicherer eine A b w i c k l u n g s v e r g ü t u n g bewilligt, so bleibt ihm diese trotz Unwirksamkeit der Vorversicherung. Denn auch auf unwirksamen Verträgen beruhende Verhältnisse bedürfen der Abwicklung. 14. Englisches Reclit. Interesselose Versicherungen sind unwirksam (oben Anm. 12). Where the consideration for the payment of the premium totally fails, and there has been no fraud or illegality on the part of the assured or his agents, the premium is thereupon returnable to the assured (MIA. § 84 Abs. 1). Where the consideration for the payment of the premium is apportionable and there is a total failure of any apportionable part of the consideration, a proportionate part of the premium is, under the like conditions, thereupon returnable to the assured (MIA. § 84 Abs. 2). Insbesondere where the policy is void, or is avoided by the insurer as from the commencement of the risk, the premium is returnable, provided that there has been no fraud or illegality on the part of the assured (MIA. § 84 Abs. 3 a) und where the assured has no insurable interest throughout the currency of the risk, the premium is returnable, provided that this rule does not apply to a policy effected by way of gaming and wagering (MIA. § 84 Abs. 3 c). F r a n z ö s i s c h e s Recht. Vgl. oben Anm. 12 u. R i p e r t Nr. 2156, 2274. 13

§ 2

Aura. 24

Anm. 25

Anm. 26

Anm. 27

194 §3

Vertrag ohne Iuteresse § 3 . Prämienzahlung bei fehlendem Interesse.

(1) Der Versicherungsnehmer ist im Falle des § 2 Abs. 1 von der Verpflichtung zur Zahlung der Prämie frei, wenn er bei der Schließung des Vertrags den Grund der Unwirksamkeit weder kannte noch kennen mußte. Wird der Vertrag von einem Vertreter geschlossen, so kommt in bezug auf die Kenntnis und das Kennenmüssen nicht nur die Person des Vertreters, sondern auch diejenige des Versicherungsnehmers in Betracht. (2) Die Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Zahlung der Prämie bleibt bestehen, wenn der Versicherungsnehmer nicht, sobald er von dem Grunde der Unwirksamkeit Kenntnis erlangt, dies dem Versicherer unverzüglich mitteilt. Das Gleiche gilt, wenn seit dem Abschlüsse des Vertrags ein Jahr verstrichen ist und der Versicherungsnehmer den Grund der Unwirksamkeit dem Versicherer nicht innerhalb eines Jahres mitgeteilt hat. (3) Ist der Versicherungsnehmer von der Verpflichtung zur Zahlung der Prämie frei, so kann der Versicherer die Kistornogebühr verlangen. Anm.i Anm. 2

l. Vgl. HGB. §§ 895, 896, ASVB. §§ 155, 156, 159, W G . § 6S Abs. 1. 2. L i t t e r a t u r : § 1 Anm. 2. B e n e k e , Der Ristorno in der Seeversicherung, 1891. D u r s t ZfVW. 1919.223 (Ristorno oder volle Prämie). Kn. Ashers Rechtsfälle 18351.75 (Über Ristorno). M o l d e n h a u e r VLexikon 1032 (Ristorno). Pöhla Ashers Rechtsfälle 1834 IL 197 (Über Ristorno). Z a l u d , Das Storno, 1902. Anm 3 3. Abs. 1 Satz 1. Versicherungsverträge ohne I n t e r e s s e oder ohne versicherbares Interesse sind unwirksam (§ 2 Abs. 1). G a n z , — wenn der Versicherer den Unwirksamkeitsgrund kennt (§ 2 Abs. 2). Bis auf d i e Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Zahlung der P r ä m i e , — wenn der Versicherer den Unwirksamkeitsgrund nicht kennt (§ 2 Abs. 2). Bis auf die Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Zahlung einer R i s t o r n o g e b ü h r , — wenn der Versicherer den Unwirksamkeitsgrund nicht kennt und der Versicherungsnehmer ihn weder kennt noch kennen muß (§ 2 Abs. 2, § 3 Abs. 1, 3). — Verlangt der Versicherer die Prämie, so muß der Versicherungsnehmer beweisen nicht nur, daß dem Vertrag kein Interesse (oder kein versicherbares Interesse) zugrunde liegt, sondern auch, daß der Versicherer den Unwirksamkeitsgrund kannte, oder daß der Versicherungsnehmer ihn weder kannte noch zu kennen brauchte. Insbesondere stehen § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 1 im Verhältnis von Regel und Ausnahme. Anm. 4 4. „Versicherungsnehmer" ist, wer die Versicherung nimmt, den Versicherungsvertrag (sei es selbst, sei es durch einen Vertreter) mit dem Versicherer schließt. Regelmäßig ist er auch der „ V e r s i c h e r t e " , d.h. derjenige, der durch die Versicherung geschützt wird, dessen Schaden gegebenenfalls gutgemacht werden soll, und dem deshalb die Rechte aus dem Vertrag zustehen. Deshalb spricht man auch im Verkehr regelmäßig nur vom „Versicherten". Deshalb spricht das HGB. regelmäßig nur vom „Versicherten". Deshalb sprechen auch die Versicherungsgesetze fast aller anderen Länder regelmäßig nur von dem „Versicherten", the assured, l'assuré usw. Nur ausnahmsweise, im Falle der Veräußerung der versicherten Sache und im Falle der Versicherung für fremde Rechnung, fallen Versicherungsnehmer und Versicherter auseinander (§ 49 Anm., § 52). Deshalb spricht das I1GB. nur ausnahmsweise (§ 781 usw.)

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vom „Versicherungsnehmer . Verkehrsfremde Erwägungen (vgl. K ö n i g e Recht 1903.379, 448) haben den Urheber des W G . (und den des Schweiz, und des österr. VVG.) veranlaßt, sich vom allgemeinen Sprachgebrauch abzuwenden, die Vertragspartei als „Versicherungsnehmer" zu bezeichnen und ihm nur bei der Versicherung für fremde Rechnung den „Versicherten" gegenüberzustellen. Die ADS., die sich in weitem Umfang dem VVG. angeschlossen haben, haben dem VVG. hierin folgen müssen. — Der Begriff des „Versicherungsschließers" (als desjenigen, der — sei es in eigenem, sei es in fremdem Namen — den Vertrag schließt: G i e r k e Versicherungsforderung 37) ist der Rechts- wie der Verkehrssprache fremd geblieben. 5. Der Versicherungsnehmer d a r f den U n w i r k s a m k e i t s g r u n d n i c h t g e k a n n t h a b e n , ü b e r den Begriff des Unwirksamkeitsgrundes: § 2 Anm. 14. Uber den Begriff der Kenntnis: § 2 Anm. 15. Der Versicherungsnehmer darf den Unwirksamkeitsgrund aber auch n i c h t h a b e n k e n n e n m ü s s e n . Kennenmüssen ist fahrlässiges Nichtkennen (BGB. § 1*21 Abs. 2). Fahrlässigkeit ist Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (BGB. § 276 Abs. 1). Ist der Versicherungsvertrag für den Versicherungsnehmer ein Handelsgeschäft, so ist Fahrlässigkeit die Außerachtlassung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (HGB. § 347). Näheres: § 5 Anm. 20. — Der Versicherungsnehmer hat also eine Erkundigungspflicht. An der Erfüllung dieser Pflicht ist der Versicherer dringend interessiert. Zwar haftet er nicht und, wenn die Erkundigungspflicht verletzt ist, erhält er sogar die ganze Prämie. Aber Versicherungen ohne (versicherbares) Interesse sind verdächtig; zumal dann, wenn, wie so oft, „Interesse erwiesen", without further proof of interest than the policy itself oder eine ähnliche Klausel vereinbart ist (§ 2 Anm. 12). Der Versicherungsnehmer darf „bei d e r S c h l i e ß u n g d e s V e r t r a g s " nicht gekannt haben usw. Über diesen Begriff: § 2 Anm. 20. 6. Der Versicherungsnehmer, der den Unwirksamkeitsgrund nicht gekannt hat usw., b r a u c h t k e i n e P r ä m i e zu z a h l e n . Wohl aber Nebenkosten (Stempel usw.). Die Ristornogebühr (Abs. 3) ist zur Deckung der Nebenkosten nicht bestimmt (§ 1S Anm. 3). — Der Versicherungsnehmer braucht auch dann keine Prämie zu zahlen, wenn der Versicherer, falls ein (versicherbares) Interesse bestände, doch, aus anderen Gründen, frei wäre und gleichwohl Prämie verlangen könnte, wenn z. B. die Anzeigepflicht verletzt ist und der Versicherer deshalb gemäß § 20 Abs. 1 frei wäre (vgl. HGB. § 896, Prot. 4449); selbst wenn der Versicherungsnehmer dabei fahrlässig oder gar arglistig verfahren ist, braucht er keine Prämie zu zahlen ( G e r h a r d 322; anders ASVB. § 156; abw. V o i g t 791). 7. A b s . 1 S a t z 2. Wird der V e r t r a g v o n einem V e r t r e t e r des Versicherungsnehmers g e s c h l o s s e n , so kommt nicht nur die Kenntnis usw. des Vertreters in Betracht (so BGB. § 16G Abs. 1), sondern auch die K e n n t n i s u s w . des V e r s i c h e r u n g s n e h m e r s . Nach E. 1910 sollte die Kenntnis des Versicherungsnehmers nur dann von Bedeutung sein, wenn der Vertrag „von einem Bevollmächtigten oder einem Vertreter ohne Vertretungsmacht" geschlossen ist. Eine sachliche Änderung ist nicht beabsichtigt (näheres: § 5 Anm. 34). § 3 Abs. 1 Satz 2 ist deshalb im Sinne des E. 1910 zu verstehen: Wird der Vertrag von einem B e v o l l m ä c h t i g t e n des Versicherungsnehmers oder einem V e r t r e t e r o h n e V e r t r e t u n g s m a c h t geschlossen, so kommt es (auch) auf die Kenntnis usw. des Versicherungsnehmers an; wird der Vertrag von einem g e s e t z l i c h e n V e r t r e t e r des Versicherungsnehmers geschlossen, so bewendet es grundsätzlich bei der Regel des § 166 Abs. 1 BGB., wonach es auf die Kenntnis usw. des Vertreters ankommt. Nicht als ob es auf die Kenntnis des gesetzlich vertretenen Versicherungsnehmers überhaupt nicht ankäme. Der Versicherungsnehmer hat eine Erkundigungspflicht (oben Anm. 6) und eine mit ihr verbundene Offenbarungspflicbt (näheres: § 5 Anm. 20, 25). 18*

§ 3

Anm. 5

Anm. 6

Anm. 7 Anm. 8

Anm. 9

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§ 3 E'' m i ß also eigene und fremde Kenntnis usw. hier ebenso vertreten, wie hei der Offen barungspflicht des § 5 und der Anzeigepflicht des § 19. Ist er gesetzlich vertreten, so muß er mithin die eigene Kenntnis usw. in den Grenzen seiner Verantwortlichkeit gegen sich gelten lassen (Vorb. VIII vor § 1, § 5 Anm. 34, § 19 Anm. 43). Bedient er sich zur Erfüllung seiner Mitteilungspflicht eines dritten, so muß er dessen Kenntnis usw. wie eigene gegen sich gelten lassen (Vorb. VIII vor § 1, § 5 Anm. 35, § 19 Anm. 45). Vgl. auch unten Anm. 19. Anm. 10 Hat ein U n t e r v e r t r e t e r des Versicherungsnehmers denVertrag geschlossen, so kommt es gemäß § 166 Abs. 1 BGB. auf die Kenntnis usw. des Untervertreters an. Aber auch die Kenntnis usw. des Hauptbevollmächtigten ist von Bedeutung. Denn nach § 166 Abs. 2 BGB. kommt es, wenn der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt hat, auch auf die Kenntnis usw. des Vollmachtgebers, d. h. im Falle der Untervollmacht: des Hauptbevollmächtigten, an, und an die Stelle dieser Vorschrift ist eben hier die Bestimmung getreten, daß es immer, d. h. auch dann, wenn der Vertreter nicht nach bestimmten Weisungen gehandelt hat, auch auf die Kenntnis usw. des Versicherungsnehmers, d.h. im Falle der Untervollmacht: auch des Hauptbevollmächtigten, ankommt. Umsomehr kommt es auch auf die Kenntnis usw. des Hauptvertreters an, wenn dieser gesetzlicher Vertreter ist oder ein Untervertreter ohne Vertretungsmacht den Vertrag abschließt. — Auf die Kenntnis usw. von Vertretern des Versicherungsnehmers, die bei der Schließung des Vertrags n i c h t b e t e i l i g t sind, kommt es nicht an (näheres: § 5 Anm. 40). — Hat der Versicherungsnehmer den Vertrag dnrch mehrere G e s a m t v e r t r e t e r geschlossen, so genügt die Kenntnis usw. nur eines der mehreren Gesamtvertreter. Die Kenntnis eines nicht beteiligten Gesamtvertreters genügt im allgemeinen nicht. Näheres: § 5 Anm. 40. Anm. n s. Bei der Versicherung für fremde Rechnung kommt es regelmäßig nicht nur auf die Kenntnis usw. des Versicherungsnehmers, sondern auch auf die Kenntnis usw. des V e r s i c h e r t e n an (§ 57). Anm. 12 9. Hat der Versicherungsnehmer die P r ä m i e g e z a h l t , obgleich er sie gemäß § 3 Abs. 1 (bis auf die Ristornogebühr drs § 3 Abs. 3) nicht schuldete, so kann er sie nach den Grundsätzen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherling z u r ü c k f o r d e r n (BGB. §§S12f£.). Ebenso, wenn ein dritter in seinem Namen gezahlt hat. Anders, wenn d e r d r i t t e in e i g e n e m N a m e n die Prämienschuld des Versicherungsnehmers bezahlt hat (RG. 60.287). Im Falle einer Versicherung f ü r fremde Rechnung kann also, wenn der Versicherungsnehmer oder wenn der Versicherte im Namen des Versicherungsnehmers gezahlt hat, nur der Versicherungsnehmer Rückzahlung verlangen (HGZ. 1S98.209). Hat der Versicherte in eigenem Namen gezahlt, so kann (nur) er Rückzahlung verlangen. Teilw. abw. S i e v e k i n g 203, nach dem „der Ristorno ein besonderes versicherungsrechtliches Rücktrittsrecht" ist; hierüber unten Anm. 29). Anm. 13 io. Nach § 895 HGB. (§ 155 ASVB.) ist der Versicherungsnehmer von der Verpflichtung zur Prämie frei, wenn er „in g u t e m G l a u b e n " war. In gutem Glauben sein bedeutet in diesem Zusammenhange: den Grund der Unwirksamkeit ohne grobe Fahrlässigkeit nicht kennen. Anders ohne Begründung S i e v e k i n g 203: Der Versicherungsnehmer brauche nur dann die Prämie zu zahlen, wenn, „wissentlich das Interesse unrichtig bezeichnet oder wissentlich über den Versicherungswert hinaus versichert sei". — Nach § S4 Abs. 3 MIA. the premium is returnable, provided tliat there has been no fraud or illegality on the part of the assured. Anm. 14 u . Abs. 2. Der Versicherer hat ein dringendes Interesse daran, sobald wie möglich zu erfahren, ob der Vertrag wirksam oder unwirksam, die Prämie zu zahlen oder nicht zu zahlen ist. Deshalb bestimmt Abs. 2 zwei A u s n a h m e n von der Regel des Abs. 1.

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a) Die Prämienpflicht des Versicherungsnehmers bleibt bestehen (richtiger: § 3 entsteht), wenn der Versicherungsnehmer von dem Unwirksamkeitsgrunde Kenntnis Anra. 16 erlangt und dies dem Versicherer nicht unverzüglich mitteilt. Der Versicherungsnehmer muß mitteilen. Über den Begriff des Versicherung«- Anm. n nelimers: oben Anm. 4. Auch im Falle einer Versicherung für fremde Rechnung muß nur der Versicherungsnehmer mitteilen. Aber der Versicherte kann natürlich für den Versicherungsnehmer mitteilen (BGB. § 2G7). Der Versicherungsnehmer ist v e r p f l i c h t e t mitzuteilen. Wie in den Fällen der Anm. 17 Anzeige von Gefahränderungen, Unfällen, insbesondere Versicherungsfällen, Doppelversicherungen. Der Versicherer hat ein Interesse an solcher Mitteilung und kann sie verlangen. Daß er nicht darauf klagen kann, daß er im Falle der Nichterfüllung nicht Schadensersatz verlangen kann, daß die Rechtsfolge der Nichterfüllung in besonderer (den Versicherer regelmäßig besser schützender) Weise bestimmt ist, der Versicherer statt Schadensersatz die (ganze und nur die) Prämie verlangen kann, ändert nichts daran, daß der Versicherungsnehmer verpflichtet ist, mitzuteilen T o r b . VIII vor § 1). Deshalb ist auch § 278 BGB. anwendbar. Bedient sich insbesondere der Versicherungsnehmer bei Erfüllung seiner Mitteilungspflicht eines dritten, so muß er dessen Verschulden vertreten. Er bedient sich des dritten z.B., wenn er ihm den Auftrag gibt, dem Versicherer mitzuteilen. Er bedient sich des dritten auch, wenn er ihn allgemein beauftragt hat, die mit der Versicherung zusammenhängenden Angelegenheiten zu erledigen, und den dritten damit für die Erfüllung der aus der Versicherung sich ergebenden Obliegenheiten an seine Stelle gesetzt hat (§ 5 Anm. 35). Er bedient sich des dritten insbesondere auch dann, wenn ein solcher Auftrag in einem noch allgemeineren enthalten ist, z.B. eine Frau die Führung ihres Handelsgeschäfts und damit auch die Besorgung der damit zusammenhängenden Angelegenheiten ihrem Manne überlassen hat (vgl. RG. 51.21, OLG. Rostock SA. 54 Nr. 107). Er bedient sich des dritten nicht schon dann, wenn er ihn einzelne der durch seine Beziehung zum versicherten Gegenstande bedingten Geschäfte besorgen läßt. Bedient er sich zur Übersendung der Mitteilung eines dritten, insbesondere der Post, so bedient er sich des dritten nicht zur Erfüllung seiner Mitteilungspflicht. Die Mitteilungspflicht ist nicht am Orte der Hauptniederlassung des Versicherers zu erfüllen. Der Versicherungsnehmer ist nur verpflichtet, dem Versicherer die Mitteilung durch eine vertrauenswürdige Person zu übersenden (Vorb. VII vor § 1). Täuscht die mit der Übersendung betraute Person das Vertrauen, unterschlägt sie die Mitteilung, so hat der Versicherungsnehmer dies nicht so zu vertreten, wie wenn er selbst die Mitteilung vorsätzlich unterlassen hätte. Zwar ist seine Mitteilungspflicht noch nicht erfüllt, weil die bloße Absendung nicht genügt. Aber sie kann noch mit der Wirkung erfüllt werden, daß der Versicherungsnehmer von der Prämienpflicht frei bleibt; er bleibt frei, wenn er unverzüglich, nachdem er von der Fehlsendung Kenntnis erlangt hat, die Mitteilung erneut durch eine vertrauenswürdige Person zu übersenden versucht. Dem Versicherer ist mitzuteilen. Ist der Versicherer g e s e t z l i c h v e r t r e t e n , Anm. 18 regelmäßig dem gesetzlichen Vertreter. Ist der Versicherer r e c h t s g e s c h ä f t l i c h v e r t r e t e n , so kann auch dem Vertreter mitgeteilt werden. Auch dem A g e n t e n des Versicherers, selbst wenn er nur vermittelt hat (HGB. § 8G Abs. 2, vgl. W G . §§ 43 Nr. 2, 47). — Ist der Versicherer durch G e s a m t v e r t r e t e r vertreten, so genügt Mitteilung an nur einen Gesamtvertreter (vgl. RG. 53.231). — Sind an der Versicherung m e h r e r e V e r s i c h e r e r beteiligt, so ist allen mitzuteilen. Auch dann, wenn über die mehreren Versicherungen nur eine Police ausgestellt ist. Ist ein Versicherer „Führer", so ist Mitteilung an ihn genügend, aber auch erforderlich (näheres Vorb. V vor § 1). Sobald der Versicherungsnehmer von dem Unwirksamkeitsgrnnde Kenntnis Anm. l»

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§ 3 erlangt, maß er mitteilen. Über den Begriff der Kenntniserlangnng: § 2 Anm. 15. — Ist der Versicherungsnehmer g e s e t z l i c h v e r t r e t e n , so wird es regelmäßig nur auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters ankommen. Unter Umständen ist aber anch die Kenntnis des gesetzlich vertretenen Versicherungsnehmers von Bedeutung. Die Frage hängt eng mit der anderen Frage zusammen, inwieweit der gesetzlich vertretene Versicherungsnehmer bei der Erfüllung von Verbindlichkeiten aus dem Versicherungsvertrag eigenes Verhalten gegen sich gelten lassen muß. Denn die Kenntnis vom Unwirksamkeitsgrunde ist die Voraussetzung für die Entstehung der Mitteilungspflicht, einer Verbindlichkeit, bei deren Erfüllung der gesetzlich vertretene Versicherungsnehmer in gewissem Umfang auch eigenes Verhalten vertreten muß (oben Anm. 17, Vorb. VIII vor § 1). Die Grundsätze, die im allgemeinen für die Haftung des gesetzlich vertretenen Versicherungsnehmers für eigenes Verhalten maßgebend sind, werden daher auch für die Beantwortung der Frage maßgebend sein müssen, inwieweit die Kenntnis des gesetzlich veitretenen Versicherungsnehmers die Mitteilungspflicht erzeugt. Näheres über diese Grundsätze: Vorb. VIII vor § 1. Kenntniserlangung durch einen von mehreren gesetzlichen Gesamtvertretern genügt (vgl. RG. 59.408). — Auch auf die K e n n t n i s e i n e s s o n s t i g e n d r i t t e n kommt es unter Umständen an. Die Frage, inwieweit der Versicherungsnehmer die Kenntnis solcher dritten gegen sich gelten lassen muß, hängt eng mit der anderen Frage zusammen, inwieweit bei der Erfüllung von Verbindlichkeiten der Geschäftsherr das Verhalten der dritten vertreten muß. Denn die Kenntnis von dem Grunde der Unwirksamkeit ist die Voraussetzung für die Entstehung der Mitteilnngspflicht, einer Verbindlichkeit, bei deren Erfüllung der Versicherungsnehmer das Verhalten derjenigen vertreten muß, deren er sich dazu bedient (oben Anm. 17, Vorb. VIII vor § 1). Die Grundsätze, die im allgemeinen die Haftung des Versicherungsnehmers für das Verhalten dritter bei Erfüllung der Verbindlichkeiten aus dem Versicherungsvertrag beherrschen, werden daher auch für die Beantwortung der Frage maßgebend sein müssen, inwieweit die Kenntnis dritter die Mitteilungspflicht erzeugt. Der Versicherungsnehmer wird demgemäß die Kenntnis dritter nur dann, aber auch immer dann gegen sich gelten lassen müssen, wenn der dritte eine Person ist, die mit der Erfüllung der Mitteilungspflicht, besonders oder allgemein, betraut ist. Vgl. auch § 84 MIA.: Where tliere has been no fraud or illegality on the part of tlie assured or Iiis a g e n t s , the premium . . . is returnable . . . Näheres hierüber oben Anm. 16, Vorb. VIH vor § 1. Ahnlich nunmehr auch RG. 101.402 im Falle einer Haftpflichtversicherung: „Wenn der verantwortliche Leiter eines geschäftlichen Unternehmens dessen Innenbetrieb in der Weise regle, daß Tatsachen, deren Kenntnis von Rechtserheblichkeit sei, nicht von ihm selbst, sondern von einem bestimmten Angestellten zur Kenntnis genommen würden, so müsse er sich im Verhältnis zu einem dritten, der aus der Tatsachenkenntnis Rechte herleite, die Kenntnis wie eine eigene anrechnen lassen. Wenn auch der Angestellte nicht sein Stellvertreter im Willen sei, eine Willenserklärung überhaupt nicht in Betracht komme, so sei er doch zum W i s s e n s v e r t r e t e r bestellt, und der Leiter des Unternehmens würde in einem solchen Falle gegen Treu und Glauben im geschäftlichen Verkehr verstoßen, wenn er aus der inneren Geschäftsverteilung dem dritten gegenüber den Einwand der Unkenntnis herleiten wollte" (so gegen KG.). — Diese selben Grundsätze sind auch, mangels besonderer Vorschriften, für die Beantwortung der Frage maßgebend, inwieweit bei der Versicherung für fremde Rechnung die Kenntnis des V e r s i c h e r t e n die Mitteilungspflicht erzeugt. Aus diesen Grundsätzen ergibt sich insbesondere, daß es auf die Kenntnis des Versicherten nicht nur dann ankommt, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherten mit der Erfüllung der durch den Vertrag begründeten Verbindlichkeiten besonders betraut hat, sondern schon dann, wenn es dem Versicherten allgemein überlassen ist, die mit der versicherten Unternehmung

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zusammenhängenden Angelegenheiten zn erledigen, der Versicherte mithin vollständig § 3 an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist oder von vornherein die versicherte Unternehmung geleitet hat. Unverzüglich nach Kenntniserlangung ist mitzuteilen. Das bedeutet nicht: Anm 20 „sofort", bedeutet vielmehr: „ohne s c h u l d h a f t e s Z ö g e r n " (BGB. § 121 Abs. 1, Begr. z. E . 1910 § 3 ) . — „ Z ö g e r n " , „Verzögerung" ist nicht „Verzug" (vgl. BGB. § 285), sondern bezeichnet einen nur objektiven Sachverhalt (vgl. HGB. § 601 Abs. 1, BSchG. § 36 Abs. 4, TVG. § 113 Abs. 2). Verzögerung ist das Nicht-sofort-Handeln, nicht handeln, obwohl zu handeln möglich ist (KG. 49.395). Vgl. auch Anm. zu §§ 23, 66, 88, 124. — „ S c h u l d h a f t " ist die Verzögerung, wenn der Versicherungsnehmer die Mitteilung vorsätzlich oder fahrlässig hinausschiebt. Vorsätzlich ist die Verzögerung, wenn der Versicherungsnehmer sie will (§ 33 Anm.). Fahrlässig ist sie, wenn der Versicherungsnehmer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht läßt (§ 33 Anm.). Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, daß der Versicherer ein dringendes Interesse daran hat, die Mitteilung sobald wie möglich zu erhalten, da er „für sein Verhalten wissen muß, ob das Rechtsgeschäft wirksam oder unwirksam ist" (RG. 49.395, 64.163, Recht 1908 Nr. 1330). Deshalb ist „so rasch, wie die Umstände es gestatten", mitzuteilen (RG. 49.395, Recht 1903.179). Wenn man am Sonnabend Kenntnis erlangt, ist Hitteilung am Montag rechtzeitig (RG. 64.163). Die Verzögerung, die dadurch entsteht, daß man zunächst einen Anwalt um Rat fragt, ist nicht fahrlässig (Recht 190S Nr. 3). Fahrlässig ist es natürlich stets, wenn sich der Versicherungsnehmer der Mitteilungspflicht als solcher nicht bewußt ist und aus diesem Grunde die Mitteilung hinausgeschoben wird (RG. 95.255). Nicht fahrlässig wird es sein, wenn der Versicherungsnehmer zögert, weil er weiß oder annimmt und annehmen darf, daß der Versicherer den Unwirksamkeitsgrund kennt. Denn der Zweck der Mitteilung ist, wenn der Versicherer den Unwirksamkeitsgrund erfahren hat, wenngleich auf anderem Wege, erreicht, und gegen die Unsicherheit, ob der Versicherungsnehmer sich auf die Prämienfreiheit berufen wird, ist der Versicherer durch § 3 Abs. 2 Satz 2 geschützt. Kannte der Versicherer den Unwirksamkeitsgrund schon beim Vertragsschluß, so ist der Vertrag vollständig unwirksam (§ 2 Abs. 2), § 3 Abs. 2 unanwendbar. — Ist der Versicherungsnehmer g e s e t z l i c h v e r t r e t e n , so muß er die schuldhafte Verzögerung seines gesetzlichen Vertreters wie eigene gelten lassen. Im Falle einer Gesamtvertretung genügt das Verschulden eines Gesamtvertreters. Daneben hat der Versicherungsnehmer in den Grenzen seiner Verantwortlichkeit eigenes Verschulden zu vertreten. — Die schuldhafte Verzögerung d e r j e n i g e n , d e r e n s i c h der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r zur Erfüllung seiner Mitteilungspflicht b e d i e n t , muß er wie eigene vertreten. Nach diesem Grundsatze bestimmt sich auch, inwieweit der Versicherungsnehmer bei der Versicherung für fremde Rechnung das Verschulden des Versicherten zu vertreten hat. Näheres über alles dies: oben Anm. 17 und Vorb. VJJLL vor § 1. Die Mitteilung ist, ihrem natürlichen Begriffe nach, eine e m p f a n g s b e d ü r f t i g e Anm 21 (im übrigen keiner besonderen Form bedürfende) W i s s e n s e r k l ä r u n g . Sie muß also unter Anwesenden dem Versicherer gegenüber so gemacht werden, daß dieser sie vernimmt oder doch, wenn er nur wollte, sie vernehmen müßte. Unter Abwesenden muß sie dem Versicherer zugehen (anal. BGB. § 130). Näheres: Vorb. vor § 1 Anm. 33. I n h a l t der Mitteilung. Der Versicherungsnehmer mnß „dies", muß mitteilen, Anm. 22 daß er vom Grunde der Unwirksamkeit Kenntnis erlangt hat. Nicht genügt die bloße Mitteilung des Unwirksamkeitsgrundes, also die bloße Mitteilung, daß dem Vertrag kein oder kein versicherbares Interesse zugrunde liegt. Der Versicherer muß wissen, daß der Versicherungsnehmer nicht schon beim Vertragsschluß den Unwirksamkeitsgrund gekannt, daß er erst später „Kenntnis erlangt" bat. Auch, wann der Ver-

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§ 3 Sicherungsnehmer Kenntnis erlangt hat, und woran es liegt, daß dem Vertrag kein versicherbares Interesse zugrunde liegt. Denn davon hängt der Prämienanspruch des Versicherers ab. — Die Mitteilung braucht nicht auszusprechen, daß der Versicherungsnehmer von der Prämienpflicht frei sein will (vgl. KG. 54.68). Sie ist keine Willenserklärung, sondern eine bloße Wissenserklärung. Die Rechtsfolge der Prämienfreiheit tritt ohne Rücksicht darauf ein, ob sie gewollt ist (vgl. RG. 53.368). Nicht einmal die Mitteilung selbst braucht gewollt zu sein. Sie setzt deshalb auch nicht Willensfähigkeit des Mitteilenden voraus. Es genügt, daß sie zum Zwecke der Erfüllung gemacht ist (vgl. Komm, zum § 362 BGB.). Anm. 28 Die Mitteilungspflicht ist, nach der Natur des Schnldverhältnisses, B r i n g s c h u l d . Der Versicherungsnehmer muß dem Versicherer die Mitteilung auf eigene Kosten und Gefahr übermitteln. Kommt sie, sei es auch aus Gründen, die der Versicherungsnehmer nicht zu vertreten hat, nicht an, so muß der Versicherungsnehmer den Mitteilungsversuch wiederholen. Vgl. oben Anm. 17 und Vorb. VII vor § 1. Anm. 24 Verlangt der Versicherer die Prämie, so muß der Versicherungsnehmer b e w e i s e n , daß dem Vertrag kein (versicherbares) Interesse zugrunde liegt, der Versicherer, daß die Mitteilung verzögert ist, der Versicherungsnehmer, daß die Verzögerung nicht schuldhaft. ist. So für den Fall der Anfechtung im Falle des § 121 BGB.: RG.49.395, JW. 1904.196. Anm. 25 b) Die Prämienpflicht des Versicherungsnehmers bleibt jedenfalls bestehen, w e n n seit dem Vertragsschluß ein Jahr verstrichen ist und der Versicherungsnehmer den Unwirksamkeitsgrund nicht in dem Jahre dem Versicherer mitgeteilt hat. Ob der Versicherungsnehmer oder ob der Versicherer von dem Unwirksamkeitsgrund Kenntnis erlangt hat oder nicht, gilt gleich. Hat der Versicherer schon beim Vertragsschluß den Unwirksamkeitsgrund gekannt, so ist der Vertrag ganz unwirksam (§ 2 Abs. 2), § 3 Abs. 2 Satz 2 unanwendbar. — Über den Begriff des „Unwirksamkeitsgrundes": § 2 Anm. 14. Über die Bedeutung der „Mitteilung": oben Anm. 21. Anm. 2« Die J a h r e s f r i s t beginnt mit dem Vertragsschlnß, mit dem Zustandekommen des Vertrags (Vorb. IV vor § 1). Der Tag des Vertragsschlusses wird nicht mitgerechnet (BGB. § 187 Abs. 1). Fällt der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag oder einen am Erklämngsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag, so endigt die Frist erst am nächstfolgenden Werktag (BGB. § li)3). Erklärungsort ist der Ort, an dem die Mitteilung wirksam wird, also, wenn dem abwesenden Versicherer mitzuteilen ist, der Ort, wo die Mitteilung zugehen muß (näheres R i t t e r HGB. 480). Anm. 27 Die Jahresfrist ist nicht Verjährungsfrist (so, auch für § 159 ASVB., unrichtig: V o i g t 793), sondern A u s s c h l u ß f r i s t . Die Mitteilung muß jedenfalls binnen Jahresfrist gemacht sein. Auch § 27S BGB. ist unanwendbar. Es kommt nur darauf an, ob tatsächlich binnen Jahresfrist mitgeteilt wird oder nicht. Wird nicht mitgeteilt, so bleibt die Prämienpflicht des Versicherungsnehmers bestehen, aus welchem Grunde immer die Mitteilung unterblieben sein mag'. Anm. 28 § 3 Abs. 2 Satz 2 wirkt wie eine Verwirkungsklausel. Für solche Klauseln hat die Rechtsprechung den Grundsatz aufgestellt, daß der Versicherer sich auf sie nicht berufen kann, wenn den Versicherungsnehmer an der Unterlassung, mit der die Verwirkungsfolge verknüpft ist, kein Verschulden trifft. Dieser Grundsatz ist hier natürlich unanwendbar. Vgl. § 42 Anm. Anm. 29 12. Abs. 3. Ristornogebühr. Der Ausdruck „Ristorno" (ristourne, return of premium, aus dem italienischen: Rückbuchung, näheres B e n e k e 4 ) ist seit alters in den verschiedensten Wendungen gebraucht, — das Schicksal vieler unverstandener Fremdworte. Der Versicherte „läßt sich die Prämie, gegen Zurücklassung eines halben pro Cents, ristorniren oder wieder geben" (AHO. 1731 VI. 1). „Das Ristorno soll jederzeit

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über alle Assecuradeurs . . . . verteilet und . . . . pro rata . . . . reguliret werden" § 3 (AHO. 1731 VI 2). Der Versicherte kann „die Assecuranz ristorniren oder aufheben" (AHO. 1731 VI 3). „Ristorno der Prämie findet nicht statt" (AllgPlan 1847 § 78). Die Versicherung kann „durch Ristorno nicht wieder aufgehoben werden" (AllgPlan 1S47 § 78). Der Versicherte hat „die Macht zu ristorniren" (AllgPlan 1847 § 80). „Der Ristorno fällt auf die jüngere Police" (AllgPlan 1S47 § 80). „Die Versicherung ist zu ristorniren" (AllgPlan 1847 § 81). „Der Ristorno oder die Prämienrückgabe" (AllgPlan 1847 § 83). „Die Prämie kann bis auf eine . . . Vergütung zurückgefordert oder einbehalten werden (Ristorno)": HGB. § S94 Abs. 1. „Ein Ristorno findet nicht statt" (HGB. § 897). „Der Ristorno muß innerhalb Jahresfrist gefordert werden" (ASVB. § 159). „Ristorno, Italicum: a Ritornar, ist so viel als die Premie wieder zurück haben, welche an den Ausgeber quasi wieder zurück gehet" ( L a n g e n b e c k 404). Der Ausdruck bezeichnet in der plastischen Art der älteren Gesetze die Folge für die Ursache, die tatsächliche Rückgängigmachung (Rückbuchung) für den Ansprach auf Rückgabe. Dieser Anspruch kann, wie regelmäßig jeder Anspruch, angriffs- oder verteidigungsweise geltendgemacht werden. Ristorno bedeutet also nichts anderes, als was das Gesetz in der terminologischen Vorschrift des § S94 HGB. darunter versteht,: das A n s p r u c h s oder E i n r e d e r e c h t des V e r s i c h e r u n g s n e h m e r s , die P r ä m i e (teilweise) z u r ü c k z u f o r d e r n o d e r e i u z u b e h a l t e n . Man kann also den Ristorno nicht als ein „besonderes versicherungsrechtliches Rücktrittsrecht" des Versicherungsnehmers bezeichnen (so S i e v e k i n g 203, auch M o l d e n h a u e r VLexikon 1032, wohl verleitet durch Prot. 3606, V o i g t 788 und die Überschrift vor§894 HGB.: „Aufhebung der Versicherung und Rückzahlung der Prämie", vgl. dazu: B e n e c k e 4.260). Der Versicherungsnehmer braucht nicht, um „die Prämie zurückfordern oder einbehalten" zu können, zurückzutreten. Die an den Rücktritt geknüpften Rechtsfolgen (BGB. §§ 346ff.) entstehen nicht. Ist die Prämie gezahlt, so muß der Versicherungsnehmer sie condicieren (oben Anm. 12). Ist sie noch nicht gezahlt, so hat er die Einrede. Wo das Gesetz dem Versicherungsnehmer ein Rücktrittsrecht hat einräumen wollen, hat es sich dieser Absicht •cemäß und richtig ausgedrückt; so z.B. im § 898 HGB. Vgl. auch HGZ. 1898.209 (obwohl gleichfalls ungenau): Das Recht des Versicherungsnehmers als des Zahlenden sei kein Recht auf „Minderung oder nachträgliche Rückgängigmachung der Prämie", es bestehe „keiu Anhalt für die Rechtsansicht des Versicherers, Ristorno sei ein selbständiger Anspruch des Versicherten als solchen". 13. Ristornogebühr ist zu zahlen, wenn keine Prämie zu zahlen ist. Genaner: Anm. 80 wenn gemäß § 3 Abs. 1 keine P r ä m i e zu zahlen ist. Hat der Versicherer bei der Schließung des Vertrags den Unwirksamkeitsgrund gekannt, so gebührt ihm weder Prämie noch Ristornogebühr; auf den Fall des § 2 Abs. 2 ist § 3 Abs. 3 nicht anzuwenden. Ebensowenig ist § 3 Abs. 3 anwendbar, wenn der Versicherungsnehmer aus anderen Gründen keine Prämie zu zahlen braucht. So etwa, wenn eine dem Vertrag zugrunde liegende Willenserklärung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung mit Recht angefochten ist (vgl. aber auch § 2 Anm. 10). Insbesondere kann der Versicherer, der wegen arglistiger Täuschung mit Recht angefochten hat, keine Ristornogebühr verlangen (wohl aber Schadensersatz: BGB. §§ 823, 826). — H ö h e der Ristornogebühr: § 18. 14. Wenn das versicherte Interesse n u r zu einem T e i l e b e s t e h t o d e r v e r - Anm. 81 s i c h e r bar ist und die Versicherung deswegen zum anderen Teile unwirksam ist, so ist der Versicherungsnehmer gemäß § 3 Abs. 1 von der Prämienpflicht zum verhältnismäßigen Teile frei und muß von diesem Teile gemäß § 3 Abs. 3 die Ristornogebühr zahlen (vgl. HGB. §§ 894, 895, ASVB. §§ 154, 155, Begr. z. E. 1910 § 4). Denn es gibt keinen allgemeinen Grundsatz der Unteilbarkeit der Prämie. Näheres: § 2 Anm. 22, § 16 Anm. 27.

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Wegfall des Interesses.

Künftiges Interesse

§ 4 15- Die Ristornogebühr soll das Entgelt für vergeblich aufgewendete Zeit, llühe Anm. 32 nnd Kosten des Versicherers sein. Es ist daher „wirtschaftlich nicht gerechtfertigt" ( V o i g t 7S9), sie wegzabedingen. Oleichwohl geschieht es oft. So etwa mit den Klaasein: „Etwaiger Bistorno geschieht franko" oder kürzer „ R i s t o r n o f r a n k o " ( P o h l s Ashers Rechtsfälle 1834 II. 209, RG. 23.88, HGZ. 1888.245, vgl. hierzu auch § 18 Anm. 5; über eine besondere Ristornoklausel für den Fall der Veräußerung des versicherten Schiffes: HGZ. 1906.49 nnd dazu § 4 Anm. 16). Zur Zahlung der Nebenkosten bleibt der Versicherungsnehmer natürlich verpflichtet (vgl. oben Anm. 8). Anm.88 ig. Gebührt dem Versicherer nur eine Ristornogebühr, so kann der M a k l e r regelmäßig auch nur von der Ristornogebühr Provision verlangen (Vorb. IV vor § 1). Anm. 84 17. § 3 gilt auch für die R ü c k v e r s i c h e r u n g (§ 1 Anm. 146). Für die Rückversicherung kommt aber auch in Betracht, ob der Vorversicherer vom Vorversicherten Prämie oder nur 'Ristornogebühr verlangen kann. Denn die Rückprämie wird in den Rückversicherungs-Verträgen regelmäßig von der Vorprämie abhängig gemacht. Dann kann, wenn der Vorversicherer nur die Ristornogebühr erhält, auch der Rückversicherer nur Anteil an der Ristornogebühr verlangen. Zwar ist die Ristornogebühr nicht „Prämie". Aber sie ist doch Ersatz für den Teil der Prämie, der Unkosten und Arbeit des Versicherers decken soll. — Ist die Rückprämie von der Vorprämie nicht abhängig, die Rückversicherung z. B. bloße Gefahren-Rückversicherung gegen besondere Prämie, so ist die Ristornogebühr lediglich nach den §§ 3, 18 zu bestimmen (abw. H e r r m a n n s d o r f e r 188). Es ist also insbesondere die halbe Rückprämie und höchstens i/s"lo der Versicherungssumme zu zahlen. Bei der Berechnung der Ristornogebühr bleibt die dem abwicklungsberechtigten Vorversicherer gebührende Provision außer Betracht. Ist dem ahwicklungsberechtigten Vorversicherer keine besondere Vergütung bewilligt, dafür aber die Rückprämie entsprechend niedriger bestimmt, so muß diese zur Berechnung der Ristornogebühr entsprechend erhöht werden. Übrigens hat der Vorversicherer bei der Gefahren-Rückversicherung das Abwicklungsrecht nur, wenn es besonders bedungen ist (§ l Anm. 164). — Über den Fall, daß das vorversicherte Interesse nur zum Teile besteht oder versicherbar ist: § 2 Anm. 23. Anm. 85 18. F r e m d e R e c h t e : § 2 Anm. 27.

§ 4 . Wegfall des Interesses.

Küuftiges Interesse.

(1) Fällt das Interesse, für das die Versicherung genommen ist, vor dem Beginne der Versicherung weg oder gelangt, falls die Versicherung für ein künftiges Interesse genommen ist, das Interesse nicht zur Entstehung, so ist der Versicherungsnehmer von der Verpflichtung zur Zahlung der Prämie frei. Die Verpflichtung bleibt bestehen, wenn seit dem Abschlüsse des Vertrags ein Jahr verstrichen ist und der Versicherungsnehmer dem Versicherer nicht unverzüglich nach dem Ablaufe des Jahres mitteilt, daß das Interesse weggefallen oder nicht entstanden ist. Ist der Versicherungsnehmer von der Verpflichtung zur Zahlung der Prämie frei, so kann der Versicherer die Ristornogebühr verlangen. (2) Die Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Zahlung der Prämie wird dadurch, daß das Interesse, für das die Versicherung genommen ist, nach dem Beginne 4er Versicherung wegfällt, nicht berührt.

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1. VgL HOB. §§ 894 Abs. 1, 896, 897, ASVB. §§ 154 Abs. 1, 156, 157, 159, BSVB. 8 4 §§ 67, 68, W f l . § 68. Anm. l 2. L i t t e r a t u r : § 1 Anm. 2, § 3 Anm. 2. Josef LZ. 1908.501 (Auflesend bedingte Ann. 2 Versicherungsverträge und der nachträgliche Wegfall des versicherten Interesses). K ü b e l ZfVR. 2.89 (Erlöschung der Versicherung). 3. Abs. 1 setzt vorans, daß dem Vertrag ein yersicherbares Interesse zugrunde Anm. 8 liegt, der Vertrag also wirksam ist (§ 2). Ist z. B. im Falle einer Vergangenheitsversicherung das versicherte Interesse vor dem Beginn der Versicherung weggefallen, so ist nicht § 4 Abs. 1, sondern sind §§ 2, 3 anzuwenden (§ 2 Anm. 7). 4. Die Transportversicherung wird in der Begel so genommen, daß sie erst später Anm. 4 beginnen soll. Fällt das Interesse noch vor Beginn der Versicherung weg, so fällt die Rechtsbedingung ans, von der die, ihrerseits bedingte, Entschädigungspflicht des Versicherers abhängt. Die Interessenlage ist derjenigen ähnlich, die besteht, wenn bei anderen Gegenseitigkeitsverträgen der Schuldner nicht leisten kann. Das Verhältnis müßte daher an sich nach Analogie der Vorschriften über die Rechtsfolgen nachträglicher Unmöglichkeit beurteilt werden. Anders § 4 Abs. 1 nach alter Übung: Der Versicherungsnehmer ist von der Prämienpflicht frei. — Verlangt der Versicherer die Prämie, so muß der Versicherungsnehmer beweisen, daß das Interesse vor Beginn der Versicherung weggefallen (oder unversicherbar geworden) ist. 5. Das versicherte Interesse kann aus den verschiedensten Gründen wegfallen Anm. 6 (oder auch: unversicherbar werden); vgl. § 2 Anm. 3ff. — Die B e z i e h u n g , die Person und Sache verknüpft, kann wegfallen. Das am 1. Dezember 1922 für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1923 versicherte Schiff wird am 15. Dezember 1922 durch Feuer vollständig zerstört. Wird es dem Versicherungsnehmer nur ohne Aussicht auf Wiedererlangung entzogen, so braucht die Beziehung nicht gelöst, das Interesse nicht weggefallen zu sein. Der Versicherungsnehmer verliert z.B. nicht das Eigentum an dem unrettbar gesunkenen oder vom Feinde ohne Aussicht auf Wiedererlangung genommenen versicherten Schilfe, das Interesse ist nicht weggefallen, die Versicherung dauert fort nnd kann insbesondere, wenn das Schiff, wider Erwarten, geborgen oder vom Feinde zurückgenommen wird, wirksam werden. Aber der Fall wird dem des Interessewegfalls gleiclizubehandeln sein (§ 5 Anm. 14). — Oder die P e r s o n , die durch das Interesse mit der Sache verknüpft ist, fällt weg. Das am 1. Dezember 1922 für die Zeit vom 1. Januar 19:23 bis 31. Dezember 1923 versicherte Schiff wird am 15. Dezember 1922 veräußert (vgl. jedoch §§ 49, 50 und Anm. dazu). — Nicht hierher gehört der Fall, daß die versicherte U n t e r n e h m u n g a u f g e g e b e n oder der versicherte Gegenstand sonstwie den versicherten Gefahren nicht ausgesetzt wird (HGB. § 894 Abs. I; vgl. aber § 5 Anm. 5, 15). Das Interesse bleibt unberührt. Die Gefahr fällt weg (unrichtig Begr. z. VVG. § 68, G e r h a r d 322). Die Gefahr fällt insbesondere weg, wenn die Sache für eine bestimmte Reise, z. B. das Schiff für die Reise von Santos nach Hamburg versichert ist und vor Beginn der Versicherung nach Triest bestimmt wird. Solche Veränderung der versicherten Reise wird aber als Gefahränderung behandelt (§ 23 Abs. 3). Die Versicherung beginnt; der Versicherer wird, wfenn das Schiff den versicherten Reiseweg verläßt und den Weg nach Triest einschlägt, frei und erhält gemäß § 4 Abs. 2 die Prämie. — Fällt das Interesse nur v o r ü b e r g e h e n d weg,, so ist § 4 Abs. 1 nicht anwendbar. Das am 1. Dezember 1922 für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1923 versicherte und auf 500 000 taxierte Schiff wird am 31. Dezember 1922 um 50 000 beschädigt. Das Schiff soll ausgebessert werden. Die Versicherung beginnt. Der Versicherer erhält die ganze Prämie. Brennt das Schiff am 2. Januar 1923 vollständig auf, so erhält der Versicherungsnehmer 500 000 weniger den Beschädigungsschaden. Anders in einem Falle, in dem die Ausbesserung bereits

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Wegfall des Interesses. Künftiges Interesse

§ 4 begonnen hatte, Lidgett v. Secretan 1871 bei A r n o u l d 1247 s. 1032b: The assured was entitled to recover . . . the füll amount insured as for a total loss; vgl. auch § 37 Anm. Anm. 6 Aus w e l c h e m G r u n d e das Interesse wegfällt, ist ohne Bedeutung ( K ü b e l ZfVR. 2.90). Der Versicherungsnehmer braucht auch dann keine Prämie zu zahlen, wenn er den Wegfall des Interesses vorsätzlich herbeigeführt hat. Anders nur etwa, wenn er, um den Versicherer um die Prämie zu bringen, also wider Treu und (glauben den Wegfall herbeigeführt haben würde (anal. BGB. § 162 Abs. 2; vgl. A r n o u l d 1502 s. 1247; abw. G r i e s h a b e r 47: nach § 324 BGB; vgl. auch § 97 Anm.). Der Fall, daß der Versicherer den Wegfall des Interesses zu vertreten hat, wird kaum vorkommen; wenn doch, könnte der Versicherungsnehmer gegebenenfalls den Anspruch des Versicherers auf Ristornogebühr mit der exceptio doli abwehren (auders wieder G r i e s h a b e r 48: nach BGB. § 325). Anm. 7 6. Vor dem „ B e g i n n e der Versicherung" muß das Interesse wegfallen. Da die Versicherung, wenn das Interesse wegfällt, garnicht beginnen kann, ist hier (wie im § 68 TO.) gemeint: vor dem Zeitpunkt, in dem die Versicherung beginnen soll. Der Ausdruck ist nur der Kürze wegen gewählt, um den Gegensatz zum Falle des § 4 Abs. 2 (Wegfall des Interesses nach dem Beginn der Versicherung) zu kennzeichnen. — Über den Beginn der Versicherung vgl. insbesondere §§ 39, 66, 88, 106, 112, 124. Anm. 8 7. Die Versicherung kann für ein künftiges Interesse genommen sein (§ 2 Anm. 6). Den Hauptfall bildet die laufende Versicherving (§97 Anm.; vgl. aber auch unten Anm. 11). Entsteht das Interesse nicht, so ist die Rechtsbeilinguug, von der die Entschädigungspflicht des Versicherers abhängt, ausgefallen. Der Fall gleicht dem, daß das Interesse vor Beginn der Versicherung wegfällt. Er wird deshalb ebenso behandelt: Der Versicherungsnehmer ist von der Prämienpflicht frei. Ob ein Interesse überhaupt nicht entsteht, z.B. die noch herzustellenden Güter nicht hergestellt werden (Begr. z. E. 1910 § 4), oder ob es zwar entsteht oder besteht, aber nicht in der Person des Versicherten entsteht, z. B. die Gefahr der abzuladenden Güter auf den versicherungnehmenden Käufer nicht übergeht, ob es zwar entsteht, aber nicht versicherbar, ob der Versicherungsnehmer die Nichtentstehnng des Interesses zu vertreten hat oder nicht, ist grundsätzlich ohne Bedeutung. Näheres: oben Anm. 6. Anm. 9 s. Der Versicherer hat ein dringendes Interesse daran, sobald wie möglich zu erfahren, ob das Interesse weggefallen oder das künftige Interesse nicht entstanden, die Prämie zu zahlen oder nicht zu zahlen ist. Deshalb bestimmt Abs. 1 Satz 2 eine Ausnahme von der Regel des Abs. 1 Satz 1: Die Prämienpflicht des Versicherungsnehmers bleibt bestehen (oder lebt wieder anf), wenn a) ein J a h r seit dem Vertragsschluß verstrichen ist (näheres: § 3 Anm. 26—2S), und b) der Versicherungsnehmer dem Versicherer nicht nnverzüglicli nach Jahresablauf mitteilt, daß das versicherte Interesse weggefallen oder nicht entstanden (oder unversiclierbar geworden oder unversicherbar entstanden) ist. Der Versicherer, der Prämie verlangt, ist beweispflichtig. — Der V e r s i c h e r u n g s n e h m e r muß mitteilen. Uber den Begriff des Versicherungsnehmers; § 3 Anm. 4. Auch im Falle einer Versicherung für fremde Rechnung muß nur der Versicherungsnehmer mitteilen (§ 3 Anm. 16). Uber den Fall, daß mehrere Versicherungsnehmer beteiligt sind,: Vorb. VI vor § 1. — Der Versicherungsnehmer ist v e r p f l i c h t e t mitzuteilen. Er muß daher das Verschulden seiner gesetzlichen Vertreter und Erfüllungsgehülfen wie eigenes gelten lassen (§ 3 Anm. 17). — Der Versicherungsnehmer muß u n v e r z ü g l i c h mitteilen. Ohne schuldhaftes Zögern (BGB. § 121 Abs. 1; näheres: § 3 Anm. 20). Nach einem Jahre soll der Versicherer jedenfalls alsbald Gewißheit haben, ob er mit der Prämie rechnen kann oder nicht. Der Versicherungsnehmer muß also auch dann ohne schuldhaftes Zögern mitteilen, wenn die Versicherung immer

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noch beginnen, das Interesse immer noch entstehen kann. Sonst kann der Versicherer § 4 die Prämie verlangen, anch wenn tatsächlich die Versicherung nicht mehr beginnt, das Interesse nicht mehr entsteht. Der Versicherungsnehmer kann sich nicht darauf berufen, daß sein Zögern nicht schuldhaft gewesen sei, weil nach dem Ablauf des Jahres noch nicht festgestanden habe, daß die Versicherung nicht mehr beginnen, das Interesse nicht mehr entstehen werde Fällt das Interesse vor Ablauf des Jahres weg oder wird vor Ablauf des Jahres gewiß, daß das Interesse nicht entstehen wird, so braucht der Versicherungsnehmer hiervon dem Versicherer doch nicht sofort, sondern erst unverzüglich nach Ablauf des Jahres Mitteilung zu machen. — Dem V e r s i c h e r e r ist mitzuteilen. Ist der Versicherer gesetzlich vertreten, regelmäßig dem gesetzlichen Vertreter. Ist der Versicherer rechtsgeschäftlich vertreten, so kann auch dem Vertreter mitgeteilt werden. Mitteilung an einen Gesamtvertreter genügt. Sind mehrere Versicherer beteiligt, so ist allen mitzuteilen. Mitteilung an den führenden Versicherer genügt. Näheres: § 3 Anm. 18. — Die M i t t e i l u n g ist, ihrem natürlichen Begriffe nach, eine empfangsbedürftige (im übrigen keiner besonderen Form bedürfende) Tatsachenerklärung (vgl. aber auch unten Anm. 10). Sie muß also unter Anwesenden dem Versicherer gegenüber so abgegeben werden, daß dieser sie vernimmt, oder doch, wenn er nur wollte, sie vernehmen müßte. Unter Abwesenden muß sie dem Versicherer zugehen (anal. BGB. § 130). Näheres: Vorb. IV vor § 1 Anm 33. — Der Versicherungsnehmer muß mitteilen, daß das versicherte Interesse weggefallen oder das künftige Interesse nicht entstanden i s t Auch, woran es liegt, daß das Interesse weggefallen oder nicht entstanden ist. Denn von dem Wegfall usw. hängt der Prämienanspruch des Versicherers ab und der Versicherer muß nachprüfen können. Die Mitteilung braucht nicht auszusprechen, daß der Versicherungsnehmer von der Prämienpflicht frei sein wolle. Sie ist keine Willenserklärung, sondern bloße Tatsachenerklärung (vgl. aber auch unten Anm. 10). Nicht einmal die Mitteilung selbst braucht gewollt zu sein (vgl. aber auch unten Anm. 10). Näheres: § 3 Anm. 22. — Die Mitteilungspflicht ist B r i n g s c h u l d . Näheres: § 3 Anm. 23. — Verlangt der Versicherer die Prämie, so muß der Versicherungsnehmer b e w e i s e n , daß das Interesse weggefallen oder nicht entstanden ist, der Versicherer, daß die Jahresfrist verstrichen und die Mitteilung verzögert ist, der Versicherungsnehmer, daß die Verzögerung nicht schuldhaft ist (§ 3 Anm. 24). 9. Wenn das Interesse wegfällt oder nicht entsteht und der Versicherungsnehmer Anm 10 rechtzeitig mitteilt, braucht der Versicherungsnehmer k e i n e P r ä m i e zu zahlen. Wohl aber Ristornogebühr (§ 3 Abs. 2 Satz 3). Auch Nebenkosten (Stempel usw.); die Ristornogebühr ist zur Deckung der Nebenkosten nicht bestimmt (§18 Anm. 3). — Der Versicherungsnehmer braucht auch dann keine Prämie zu zahlen, wenn der Versicherer, wäre das Interesse nicht weggefallen oder wäre es entstanden, doch aus anderen Gründen frei wäre und gleichwohl Prämie verlangen könnte, wenn z.B. die Anzeigepflicht verletzt ist und der Versicherer deshalb gemäß § 20 Abs. 1 frei wäre (vgl. HGB. § S96, Prot. 4449); selbst wenn der Versicherungsnehmer dabei fahrlässig oder gar arglistig verfahren ist, braucht er keine Prämie zu zahlen ( G e r h a r d 322; anders ASVB. § 156; abw. V o i g t 791). — Wenn der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aber nach § 4 Abs. 1 frei ist, kann er die Prämie (bis auf die Ristornogebühr) nach den Grundsätzen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückfordern (BGB. §§ 812 ff.). Ebenso, wenn ein dritter in seinem Namen gezahlt hat. Anders, wenn der dritte in eigenem Namen die Prämienschuld des Versicherungsnehmers bezahlt hat. Näheres: § 3 Anm. 12. — Dagegen bleibt die Prämienpflicht trotz Jahresablaufs und rechtzeitiger Mitteilung unberührt, wenn die Versicherung noch beginnen, das Interesse noch entstehen kann. Die Mitteilung des Versicherungsnehmers hebt den

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g 4 Versicherungsvertrag nicht anf. Auch der Versicherer maß trotz der Mitteilung damit rechnen, daß die Versicherung noch beginnt, das Interesse noch entsteht. Anders natürlich, wenn sich aus den Umständen des Falles, insbesondere ans dem Vertrag selbst, eine zeitliche Begrenzung ergibt; vgl. Art. 19 der französischen Güterpolice (Anhang XII): Quand la police n'a pas exprimé la durée pour laquelle elle est souscrite, elle ne peut plus produire aucun efiet au profit de l'assuré après deux mois de Sa date pour toute assurance dont les risques n'auraient pas commencé dans ce délai (vgl. auch § 23). Den Umständen nach wird aber in der Mitteilung regelmäßig aucli die Erklärung zu finden sein, daß man nicht mehr erwarte, die Versicherung werde noch beginnen, das Interesse noch entstehen, und demgemäß der Antrag auf Aufhebung des Vertrags bis auf die Bistornogebühr. Erklärt sich der Versicherer damit ausdrücklich oder stillschweigend, insbesondere durch Abrechnung auf der Grundlage der Bistornogebühr, einverstanden, so ist der Vertrag aufgehoben. Aura. Ii 10. Wenn der Versicherungsnehmer nicht rechtzeitig mitteilt, so ist die Folge nur, daß der Versicherungsnehmer verpflichtet bleibt, die Prämie zu zahleu. Insbesondere bleibt die Entschädigungspflicht des Versicherers unberührt. Die Versicherung kann noch beginnen'(vgl- jedoch auch §23). Das Interesse kaun noch unter dem Schutze der Versicherung entstehen. Anders natürlich wiederum, wenn sich aus den Umständen des Falles eine zeitliche Begrenzung ergibt (oben Anm. 10). Anm. 12 11. Nach Abs. 1 Satz 3 ist Bistornogebühr zu zahlen, wenn nach Abs. 1 Satz 1 keine Prämie zu zahlen ist. Näheres: § 3 Anm. 30. — Oft wird abweichendes vereinbart (§ 3 Anm. 32, unten Anm. 16). Oft ergibt sich ohne weiteres aus den Umständen des Falles abweichendes. So für die gewöhnliche l a u f e n d e Versicherung, die üblichste Versicherung künftiger Interessen (§ 97 Anm.). Von welchem Umfang und Werte die Interessen sind, die von der laufenden Versicherung umfaßt werden, ist nicht besonders bestimmt, steht einstweilen ganz dahin. Ebenso mithin, welche Prämien oder Ristornogebühren in Betracht kommen könnten. Von der Zahlung einer Prämie oder Ristornogebülir kann daher, weDn künftige Interessen nicht entstehen, ebensowenig die Bede s